Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Wie mit Schreiben des Präsidenten bereits mitgeteilt, findet heute im Anschluß an die Fragestunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Zwangsumtausch für Reisen in die DDR" statt.
Die Fraktion der SPD schlägt als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß für den Abgeordneten Westphal den Abgeordneten Gobrecht vor.
Für die aus dem Gemeinsamen Ausschuß nach Art. 53 a des Grundgesetzes ausgeschiedenen Abgeordneten Westphal und Wischnewski benennt die Fraktion der SPD die Abgeordneten Walther und Voigt ({0}) als ordentliche Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses.
Ist das Haus mit diesen Vorschlägen einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Damit sind der Abgeordnete Gobrecht als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß und die Abgeordneten Walther und Voigt ({1}) als ordentliche Mitglieder im Gemeinsamen Ausschuß bestimmt.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 9/1631 Wir beginnen mit dem Bereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Das Haus ist durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär Becker vertreten.
Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Börnsen auf:
Ist es richtig, daß die Bemessung der Tätigkeit der Postbediensteten in den Poststellen I und II zu einer Reduzierung der Öffnungszeiten der Poststellen bis zu 35 Prozent führen wird, und hält die Bundesregierung diese Einschränkung für vereinbar mit dem am 2. Dezember 1981 durch den Bundestag beschlossenen Konzept für die Postversorgung auf dem Lande?
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich gern im Einverständnis mit dem Fragesteller die von diesem eingebrachten beiden Fragen zusammenhängend beantworten.
Herr Abgeordneter, sind Sie einverstanden? - Dann rufe ich noch die Frage 2 des Abgeordneten Börnsen auf:
Welche Initiativen hat die Bundesregierung unternommen, um das Dienstleistungsangebot der Poststellen auf dem Lande zu vergrößern?
Die Ergebnisse der Bemessung der Poststellen I und II werden für den Gesamtbereich der Deutschen Bundespost erst Ende Mai 1982 vorliegen. Bereits jetzt ist aber zu erkennen, daß es bei den Poststellen I und II nicht generell zu einer Reduzierung der Schalterstunden bzw. der Kundenbereitschaftszeiten bis zu 35 % kommen wird.
Grundlage für das zeitliche Angebot sind das Verkehrsaufkommen und die Struktur der in Anspruch genommenen Dienstleistungen. Die Anpassung der Öffnungszeiten der Poststellen an das Kundenbedürfnis steht nicht im Widerspruch zu dem Konzept des Bundespostministers für die künftige Postversorgung auf dem Lande. Die Deutsche Bundespost ist bemüht, das Dienstleistungsangebot bei Poststellen auszuweiten und an den Stand der Postämter heranzuführen. So sind die Poststellen z. B. in den Ausbau des Reisegepäckservice und den Fahrkartenverkauf für die Deutsche Bundesbahn und andere Verkehrsträger einbezogen worden. Im vergangenen Jahr wurden alle Poststellen I und viele Poststellen II zum Ausstellen von Postsparbüchern ermächtigt. Andere Verbesserungen und Erweiterungen des Dienstleistungsangebots betreffen die fernmündliche Sofortkündigung im Postsparkassendienst bei den Poststellen II, das Ratensparen mit Prämien sowie das Sparen mit wachsenden Zinsen.
Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, in dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom Dezember 1981 wurde festgelegt, daß die ortsfeste Poststelle auch künftig Eckpfeiler der Postversorgung auf dem Lande sein soll. Sie sagten in Ihrer Antwort, daß eine generelle Reduzierung der Öffnungszeiten um bis zu 35 % nicht festzustellen sei. Können Sie mir aber z. B. die Zahl aus dem Bezirk Weser-Ems bestätigen, die ich von der Deutschen Postgewerkschaft erhielt,
daß die Öffnungsstunden dort von 12 500 auf 5 750 reduziert werden? Das würde in dem dortigen Bezirk eine Kürzung der Öffnungszeiten um 58 % bedeuten.
Herr Kollege Börnsen, ich möchte Ihnen mit Blick auf diese Frage generell noch einmal etwas dazu sagen, was das wirtschaftliche Handeln der Post bestimmt. Nach den Bestimmungen des Postverwaltungsgesetzes muß die Post ihre Dienste so einrichten, daß sie den Kundenbedürfnissen entspricht, sich aber insgesamt auch ein verantwortbarer finanzieller Aufwand ergibt.
Aus den genannten Gründen ist eine vertretbare Einschränkung der Schalterstunden, also der Kundendienstbereitschaft, bei den nur in sehr geringem Umfange von der Landbevölkerung in Anspruch genommenen Poststellen eine unumgängliche Konsequenz. Wenn in Einzelfällen Poststellen wegen eines nicht mehr zu begründenden Kundenbedürfnisses geschlossen werden müssen, trägt die Deutsche Bundespost auch weiterhin durch Bereitstellung vollwertiger Ersatzeinrichtungen - fahrbare Postschalter, Landzusteller, öffentliche Münzfernsprecher, Wertzeichengeber, Briefkästen - Sorge für eine angemessene postalische Versorgung der Kunden auf dem Lande.
Was nun Ihre spezielle Frage nach den Feststellungen der Deutschen Postgewerkschaft im Bereich des OPD-Bezirks Bremen angeht, so kann ich darauf noch nicht antworten. Ich habe Ihnen schon gesagt, daß erst Ende Mai dem Postministerium die Zahlen insgesamt vorliegen werden. Es bleibt aber dabei, daß die Deutsche Bundespost im wesentlichen die Poststellen auf dem Lande - Poststellen I und II - erhalten will. Wir haben zur Zeit 7 662 Poststellen I und 4 001 Poststellen II. Die Bundespost ist also bestrebt, diesen Bestand an Poststellen im wesentlichen zu erhalten. Nur, wenn die Kunden die Poststellen nicht in Anspruch nehmen, ist damit zu rechnen, daß die eine oder andere Poststelle in dem einen oder anderen Bereich geschlossen werden muß.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börnsen.
Herr Staatssekretär, Sie sagten zu Recht, daß eine Gesamtbeurteilung der Auswirkungen der Bemessung erst Ende Mai zu erwarten sei. Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß eine Einflußnahme des Deutschen Bundestages, so wie es auch in der Entschließung vom Dezember 1981 ausgedrückt ist, nicht mehr möglich wäre, wenn die Auswirkungen dieser Bemessung bereits zum 1. Juni dieses Jahres in Kraft träten?
Herr Abgeordneter, die Auswirkungen könnten so nicht eintreten; denn der Ausschuß hat laut Bundestagsdrucksache 9/1070 folgendes festgestellt:
Der Ausschuß geht davon aus, daß die Zahl der
derzeit vorhandenen Poststellen im wesentlichen erhalten bleibt. Sollte die tatsächliche Entwicklung bei der Verwirklichung des Konzeptes dieser Annahme widersprechen, erwartet der Ausschuß, daß der Bundespostminister dem Ausschuß unverzüglich berichtet und an der Konzeption entsprechende Korrekturen anbringt.
Dies gilt jedoch nicht für Reduzierungen bei Schalteröffnungszeiten auf Grund von Bemessungen; das heißt also: wenn sich im Laufe der Jahre erwiesen hat, daß das Verkehrsaufkommen wesentlich geringer ist als angenommen.
Herr Abgeordneter Börnsen, zu einer weiteren Zwischenfrage.
Herr Staatssekretär, ich gestehe zu, daß eine Schließung von Poststellen auf dem Lande in einem großen Umfang nach den bisherigen Erkenntnissen nicht zu erwarten sein wird, bin aber der Auffassung, daß eine erhebliche Reduzierung der Öffnungszeiten ebenfalls zu einer erheblichen Zurücknahme des Angebots der Deutschen Bundespost auf dem Lande führen würde und daß dies weiterhin auf die Dauer zu einer Gefährdung der Existenz dieser Poststellen führen würde, da die Bürger Poststellen, die am Tage nur ein bis zwei Stunden geöffnet sind, nicht mehr annehmen, so daß mindestens auf lange Sicht eine Schließung von Poststellen durch eine Reduzierung der Öffnungszeiten in einem so erheblichen Umfange geradezu provoziert wird.
Herr Kollege Börnsen, es werden nicht nur Öffnungszeiten reduziert. Das kann in einer Bandbreite bis zu minus 53 % sein - da haben Sie recht -, das heißt bis zur Hälfte der bisherigen Öffnungszeiten. Es ist aber gleichzeitig nach diesen Bemessungsergebnissen möglich, daß Öffnungszeiten bis zu 74 % erweitert werden. Hier muß man also wirklich auf die Einzelfälle in den einzelnen Bereichen abstellen. Generell darf ich nur noch einmal sagen: die Deutsche Bundespost ist nach wie vor bemüht, durch weitere Anreize und neue Leistungen den Bestand der Poststellen auf dem Lande auch für die Zukunft generell zu sichern.
Zu Ihrer letzten Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Börnsen.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zugestehen, daß diese Frage bei einer so erheblichen Rücknahme des Leistungsangebots der Bundespost vor dem 1. Juni - das ist mir von den entsprechenden Postämtern gesagt worden -, also bevor das in Kraft tritt, noch einmal in Deutschen Bundestag oder im zuständigen Fachausschuß behandelt werden sollte?
Herr Kollege Börnsen, ich glaube nicht, daß die zu realisierenden Ergebnisse der Bemessung der Poststellen II, die ja nicht die Aufhebung von Poststellen zum Inhalt haben, noch einmal diskutiert werden können. Dies ist ein längst abgeschlossener Prozeß. Diskutiert werden sollte aber - und dies war ja auch das Anliegen
des Ausschusses - der Problemkreis, wenn größere Stillegungen von Poststellen in verschiedenen Bereichen in Frage kämen. Hierzu kann ich sagen: Das wird nicht stattfinden, ohne daß diese Angelegenheit mit dem Ausschuß noch einmal eingehend beraten wird.
Herr Abgeordneter Stutzer zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, aus Ihrer Antwort entnehme ich, daß weitere Poststellen auf dem Lande geschlossen und die Öffnungszeiten weiterhin reduziert werden. Darf ich Sie bitten, mir bis zum 1. Juni eine Aufstellung über die im Lande Schleswig-Holstein geplanten Maßnahmen zu geben?
Herr Kollege Stutzer, ich tue das sehr gern, sobald mir die erforderlichen Zahlen, die von der Oberpostdirektion Kiel geliefert werden müßten, vorliegen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Herberholz.
Herr Staatssekretär, mir ist ein Landkreis bekannt, in dem die Poststellen um ein Drittel reduziert werden sollen. Glauben Sie, daß bei dieser Reduzierung der Sinn der Entschließung vom Dezember, nämlich „die Poststelle ist Eckpfeiler der Postversorgung auf dem Lande", noch gewahrt ist?
Nein, das glaube ich nicht, Herr Kollege Herberholz. Und solche Fragen würden wir in jedem Fall vorher im Ausschuß behandeln.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Herberholz.
Herr Staatssekretär, sehen Sie denn einen Zusammenhang zwischen der Reduzierung der Schalterstunden und einer darauf folgenden möglichen Schließung der Poststelle?
Dieser Zusammenhang ist in verschiedenen Punkten gegeben. Jedenfalls läßt er sich nicht gänzlich bestreiten. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, Herr Kollege Herberholz, daß ich auf Anfrage aus den beiden Koalitionsfraktionen allen Angehörigen der Koalitionsfraktionen eine ausführliche Darstellung der Situation für die Poststellen auf dem Lande habe zugehen lassen. Dies gilt auch für eine Reihe von Kollegen der Opposition, die sich darum bemüht haben. In diesem sechs Seiten umfassenden Schriftwerk sind noch einmal in allen Einzelheiten sowohl das Konzept der Post in bezug auf die Organisationsform als auch der Zusammenhang zwischen dieser Organistionsform und den jetzt laufenden Bemessungsverfahren dargelegt.
Herr Abgeordneter Auch zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Sorge der Deutschen Postgewerkschaft berechtigt, daß es in Zukunft im ländlichen Bereich viele Posthalter I geben wird, deren Vollbeschäftigung in Frage gestellt ist?
Jawohl, Herr Kollege Auch, dies ist eine berechtigte Frage. Solche Auswirkungen können durchaus eintreten. Sie wissen aber, daß die Bundespost über einen umfangreichen Rationalisierungsschutz verfügt und daß dieser Rationalisierungsschutz für den Bereich solcher in Mitleidenschaft gezogenen Posthalter für die Zukunft sichergestellt ist. Das heißt, erst nach der Vorlage der dort gegebenen Voraussetzungen kann die Reduzierung von Schalterstunden bzw. die Schließung von Schaltern überhaupt betrieben werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang außerdem noch darauf hinweisen, daß ich mich immer wieder bemüht habe - und auch diese Fragestunde des Deutschen Bundestages ist mir wieder ein willkommener Anlaß -, einen Appell an die Betroffenen zu richten, nämlich an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger auf dem Lande, daß sie unsere postalischen Einrichtungen tatsächlich in Anspruch nehmen. Dann ist eine Reduzierung von Öffnungszeiten ebenso wenig zu befürchten wie etwa die Schließung ganzer Stellen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stutzer.
Herr Staatssekretär, warum machen Sie bezüglich der Information einen Unterschied zwischen der Koalition und der Opposition?
Herr Kollege Stutzer, das ist ganz einfach. Die beiden Koalitionsfraktionen haben mich gebeten, daß ich das zur Verfügung stelle, eine Reihe von Kollegen aus der Oppositionsfraktion auch, und so bin ich verfahren.
Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen abgeschlossen.
Wir gehen über zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Für das Ressort ist anwesend Herr Parlamentarischer Staatssekretär Sperling.
Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Lennartz auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß viele Bürger auf Grund der Bund-Länder-Vereinbarung, energieeinsparende Maßnahmen zu fördern, Anträge auf Bewilligung von Zuschüssen gestellt haben, wegen des erheblichen Antragsüberhangs aber nicht mehr in den Genuß von Zuschüssen kommen werden, und befürchtet sie nicht, daß das Vertrauen dieser Burger, das ja nicht zuletzt durch die intensive Werbung und die Aufforderung zur Energieeinsparung entstanden ist, auf diese Weise verletzt wird und dies gegebenenfalls zu weiterer Staatsverdrossenheit führt?
Herr Präsident, wäre es möglich, die Frage 4 gleichzeitig aufzurufen? Dann würde ich die Fragen im Zusammenhang beantworten.
Herr Kollege, sind Sie damit einverstanden?
({0})
- Dann können wir so verfahren. Ich rufe auch die Frage 4 des Abgeordneten Lennartz auf:
Ist die Bundesregierung bereit, unter diesem Gesichtspunkt das aufgelegte Programm doch noch über das Jahr 1982 hinaus fortzuführen oder zumindest die bis zum 31. Dezember 1981 vorliegenden Anträge noch in irgendeiner Form zu bezuschussen?
Herr Kollege Lennartz, das Interesse an energiesparenden Maßnahmen in der Bevölkerung hat durch den Anstieg der Energiepreise und durch die Werbung von unterschiedlichen Seiten stark zugenommen, so daß in der Tat eine Vielzahl von Anträgen auf Bezuschussung energiesparender Maßnahmen bei den zuständigen Stellen eingegangen sind. Da die Mittel begrenzt waren, sind in manchen Ländern auch Antragsüberhänge entstanden. Allerdings war von Anfang an bekannt, daß für dieses Förderungsprogramm auf Grund des Modernisierungs- und Energiespargesetzes Haushaltsmittel nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen und daß dieses Programm auch nur für einen begrenzten Zeitraum gilt. Eine Bereitstellung zusätzlicher Mittel für dieses gegenwärtig laufende Programm mit dem Ziel des Abbaus von Antragsüberhängen ist folglich nicht beabsichtigt.
Die Energieverteuerung der letzten Jahre hat dazu geführt, daß zahlreiche Energiesparmaßnahmen für diejenigen rentabel geworden sind, die sie durchführen, so daß eine Förderung nicht mehr nötig ist. Die Bundesregierung hält deshalb eine Fortsetzung des Energiesparprogramms von 1983 an in veränderter Form und in verringertem Umfang für notwendig und sinnvoll. Sie hat im Rahmen der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms den Ländern ein Angebot unterbreitet. Die Verhandlungen mit den Ländern sind allerdings bisher noch nicht abgeschlossen, so daß nicht gesagt werden kann, ob eine Fortsetzung des Energiesparprogramms realisiert werden wird.
Herr Abgeordneter Lennartz zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, mir sind Fälle bekanntgeworden, in denen Anträge bereits im Jahre 1980 gestellt und die Baumaßnahmen nach Rücksprache mit den genehmigenden Stellen dann auch durchgeführt worden sind, in denen in den letzten Wochen dann aber diese Anträge ablehnend beschieden wurden. Im Klartext: Mittel stehen nicht mehr zur Verfügung für den interessierten Personenkreis, der auf Grund der Werbemaßnahmen von seiten der Bundesregierung sowie von seiten der Landesregierungen im Interesse der energieeinsparenden Maßnahmen erhebliche Mittel bereits im Jahre 1980 im Vertrauen darauf investiert hat, daß er eine entsprechende Direktbezuschussung erhält. Sind Sie nicht der Auflassung, daß man von seiten der Länder und des Bundes eine entsprechende Information hätte herausgeben müssen, aus der erkennbar gewesen wäre, daß von einem bestimmten
Zeitpunkt an derartige Anträge nicht mehr angenommen werden können, weil eben voraussichtlich keine Mittel mehr zur Verfügung stehen?
Herr Kollege Lennartz, dieses Programm wird nicht von einer Bundesverwaltung durchgeführt. Der Bund hat keine Verwaltung vor Ort. Die Länder würden auch entsprechend reagieren, wenn wir uns in den Verwaltungsvollzug, der voll in ihrer Hoheit liegt, einmischen wollten.
Die Bewirtschaftung der Bundesmittel wie der Landesmittel aus diesem Programm ist daher Sache der Länder. Wir bekommen von den Ländern über die Art und Weise, wie der Verwaltungsvollzug von den Bürgern empfunden wird, und über etwaige Unzuträglichkeiten, die dabei entstehen, keine unmittelbaren Berichte. Die Länder sind auch nicht berichtspflichtig. Wenn in manchen Ländern solche Probleme entstehen, wie Sie sie genannt haben, wäre es Sache dieser Länder, den Verwaltungsvollzug so zu ändern, daß jene Enttäuschungen gar nicht erst herbeigeführt werden. Der Bund kann mit den Ländern keine Verwaltungsvereinbarungen über den Verwaltungsvollzug schließen, den die Länder als eigene Sache wahrzunehmen haben.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lennartz, bitte schön.
Herr Staatssekretär, mit Wirkung vom 1. Januar 1983 soll die Dritte Fortschreibung des Energieprogramms in Kraft treten, sofern eine Einigung mit den Ländern herbeigeführt wird. Besteht nicht die Möglichkeit, in dieser Dritten Fortschreibung des Energieprogramms zumindest den Antragstellern im nachhinein einen Zuschuß zu gewähren, die bereits im Jahre 1980 die Baumaßnahmen im Vertrauen auf eine Direktbezuschussung durchgeführt haben?
Ich darf noch darauf hinweisen: Manche Interessenten sind auf diese Direktzuschüsse angewiesen, weil sie nicht die steuerlichen Möglichkeiten des § 82 a des Einkommensteuergesetzes ausschöpfen können, nämlich die Investitionsmaßnahmen steuerlich abzuschreiben und so eine indirekte Bezuschussung in Anspruch zu nehmen.
Herr Kollege Lennartz, zum ersten Teil der Frage: Das nachträgliche Bezuschussen von bereits abgeschlossenen Baumaßnahmen ist nach dem Haushaltsrecht des Bundes nicht statthaft. Ein nachträgliches Bezuschussen in einem neuen Programm kann also nicht in Frage kommen.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Länder hatten die Möglichkeit, im Rahmen dieses Gesetzes Vorränge und Nachränge zu bilden, wenn es darum ging, Antragsteller mit Bescheiden zu versehen. Die Verwaltung dieses Programms ist in einigen Ländern eine Zeitlang so gehandhabt worden, daß bestimmten Personengruppen unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen - von den Ländern in eigener Regie bestimmt - der Vorzug hinsichtlich der direkten Bezuschussung gegeben wurde, während andere
auf den steuerrechtlichen Teil des Energiesparprogramms verwiesen wurden. Ich vermag nicht zu sagen, in welchem Ausmaß dies in den Ländern dazu geführt hat, daß entsprechend soziale Gerechtigkeit entstanden ist. Ich kann nur sagen: Als das Programm 1978 hier beschlossen wurde, war Streit zwischen Bundestagsmehrheit und Bundesratsmehrheit über die Art der Förderung. Die Bundestagsmehrheit hatte dem zugeneigt, was Sie in Ihrer Fragestellung vorgeschlagen haben. Darüber war aber kein Einvernehmen mit der Bundesratsmehrheit zu erzielen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lennartz.
Herr Staatssekretär, es ist viel von Staatsverdrossenheit die Rede. Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß das Verfahren, wie es bisher abgelaufen ist, daß nämlich Personen, die bereits 1980 Anträge gestellt haben und erst heute die Ablehnung bekommen, den Begriff Staatsverdrossenheit inhaltlich mehr oder weniger auffüllt? Sind Sie nicht der Auffassung, daß man die Länder bei der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms verpflichten sollte, im Rahmen einer Mitteilung kundzutun, inwieweit Anträge bezuschußt werden können, damit eben der Vertrauensschwund beim Bürger, der derartige Anträge gestellt hat, gestoppt werden kann?
Herr Kollege Lennartz, eine solche Verpflichtung der Länder durch einseitigen Akt des Bundes ist nicht möglich; wenn, dann müßte so etwas in einer Verwaltungsvereinbarung stehen. Ich hatte schon gesagt, daß sich die Länder auf Grund der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung zu Recht dagegen wehren, daß man sich in ihre Verwaltung einmischt.
Wenn Sie Staatsverdrossenheit befürchten, so würden das sicher auch die Kollegen in den Landtagen tun und die Landesverwaltungen dort zu einer entsprechenden Änderung ihres Verhaltens bringen müssen.
Zu Ihrer letzten Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lennartz.
Herr Staatssekretär, aus dem Energiewirtschaftsbericht vom April 1982 geht hervor, daß im ersten Quartal 1982 im Verhältnis zum ersten Quartel 1981 ca. 16,7 % weniger Heizöl importiert worden ist. Ich kann das zwar nicht quantifizieren, aber ein großer Teil dieser Minderimporte ist auch dadurch entstanden, daß energiesparende Maßnahmen durchgeführt worden sind, Maßnahmen, die der Bürger durch Vorleistung erbracht hat. Wäre es nicht möglich, dies in Betracht zu ziehen und in der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms jenen Dank an den Bürger auszusprechen, indem man nämlich von seiten der Bundesregierung den Ländern vorschlägt, wiederum Mittel bereitzustellen?
Herr Kollege Lennartz, die Bereitschaft der Bundesregierung,
Energiesparmaßnahmen weiter zu unterstützen, beschränkt sich nach unserer Dritten Fortschreibung auf einen begrenzten Teil von Energiesparmaßnahmen, weil andere sich bereits als Investitionen der Bürger selber lohnen, für die es keine Zuschüsse und keine Steuerbegünstigungen geben müßte. Im übrigen wird man in einer Zeit knapper Haushaltsgelder weder dem Bund noch den Ländern anraten können, Dinge, die sich eh lohnen, auch noch zusätzlich zu bezuschussen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, zeigt sich nicht angesichts der soeben zur Sprache gekommenen Beschwernisse vieler Bürger, daß es vernünftiger gewesen wäre, wenn man diese Zuschüsse anstatt in direkter Form in geeigneten und entsprechend ausgestalteten steuerrechtlichen Formen gegeben hätte, sei es als Sonderausgaben, sei es als außergewöhnliche Belastung, so daß auch derjenige, der nicht Haus- und Grundeigentümer ist, sie hätte in Anspruch nehmen können, und zwar eben auch dann noch, wenn die Fristen abgelaufen und die Kontingente erschöpft sind?
Herr Kollege Jäger, dies ist ein Vorschlag, der ja auch zur Hälfte Gesetzeskraft erlangt hat. Denn das Modernisierungsund Energiespargesetz hat einen steuerrechtlichen Teil, allerdings auch den befristet. Nur muß man hinzufügen, daß Bürger, die wenig oder gar keine Steuern zahlen und bei bescheidenem Einkommen trotzdem Energie sparen müssen, von einer Steuerbegünstigung nichts haben. Deswegen ist der Zuschußteil für die Bürger, die keine Steuerpflicht zu erfüllen haben, sicher der richtige gewesen. Es wäre möglich gewesen, im Vollzug dieses Gesetzes diesen Bürgern bei der Bezuschussung einen Vorrang zukommen zu lassen und andere, die Steuerverpflichtungen tragen, auf den steuerrechtlichen Teil zu verweisen. Dies haben die Länder aber unterschiedlich gemacht.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau sind beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Wrede wird das Haus vertreten.
Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Lintner auf:
Kann die Bundesregierung den Bericht einer deutschen Tageszeitung vom 16. April 1982 bestätigen, wonach ein Bundesbürger bei der Einreise in die DDR am Übergang Hirschberg in schikanöser Weise fünf Stunden lang von DDR-Grenzorganen kontrolliert worden ist?
Herr Kollege Lintner, die Bundesregierung kann den in der Tageszeitung „Bild" vom 16. April 1982 geschilderten Vorgang mit den im Bericht enthaltenen Einzelheiten nicht bestätigen. Das Ministerium für innerdeutsche Be5948
ziehungen hat die Zeitung um die Anschrift des in dem Artikel zitierten Reisenden gebeten und ihn darauf hin vor 14 Tagen schriftlich um eine Schilderung des Vorgangs aus seiner Sicht und um Übersendung der von der DDR ausgestellten Bescheide gebeten. Bisher hat der Betroffene auf das Anschreiben nicht geantwortet.
Herr Abgeordneter Lintner zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen in der jüngeren Vergangenheit ähnliche Vorfälle bekanntgeworden?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist darauf angewiesen, daß ihr solche Vorgänge entweder auf amtlichem Wege oder aber über die Betroffenen selbst zur Kenntnis gebracht werden. Mir sind im Moment ähnliche Vorgänge konkret nicht in Erinnerung.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Eigen.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß beim Übergang Lübeck-Schlutup ähnliche Vorfälle geschehen sind und daß für die Betroffenen diese schikanöse Behandlung am Grenzübergang eigentlich noch schlimmer ist als der Zwangsumtausch, daß sie von Ihnen zumindest so empfunden wird?
Herr Kollege, ich hatte eben auf meinen Erkenntnisstand hingewiesen und wiederhole: Erstens ist die Bundesregierung in solchen Fällen auf Informationen angewiesen, und zweitens - dies ist Ihnen sicher bekannt, weil es in diesem Hause wiederholt zur Sprache gekommen ist - wird sie die Probleme solcher Fälle immer in entsprechender Weise an die andere Seite heranbringen und dafür sorgen, und uns darum bemühen, daß sich solche Vorfälle nicht wiederholen.
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Lintner auf:
Hat die Bundesregierung gegebenenfalls gegen diese Art des Vorgehens der DDR-Grenztruppen protestiert, und ist sie bereit, die DDR-Behörden darauf hinzuweisen, daß eine Häufung derartiger Vorfälle nicht ohne Konsequenzen auf das Verhalten der Bundesregierung bleiben könne?
Herr Kollege, wenn sich der Zeitungsbericht bestätigen sollte, wird die Bundesregierung gegenüber den zuständigen Stellen der DDR die unzumutbare Kontrollpraxis ansprechen lassen und dagegen protestieren.
Herr Abgeordneter Lintner zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich glaube, ich kann als bekannt voraussetzen, daß es eine Reihe schikanöser Kontrollmaßnahmen gibt und immer gegeben hat, z. B. Geschwindigkeitskontrollen oder Strafmandate, wenn weiße Linien überfahren worden sind, u. ä. Sind denn solche Vorfälle, die in der Tat für die Betroffenen ein großes Ärgernis
darstellen, von der Bundesregierung - wenn ja, wann und mit welchem Erfolg - dem Gesprächspartner seitens der DDR einmal vorgetragen worden?
Herr Kollege Lintner, ich habe bei der vorherigen Frage schon in einer Zusatzantwort darauf hingewiesen, daß immer dann, wenn der Bundesregierung solche Fälle zur Kenntnis gelangen, sie die DDR in geeigneter Form ansprechen wird, selbstverständlich mit dem Ziel, solche Vorkommnisse für die Zukunft auszuschließen.
Herr Abgeordneter Lintner zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich gehe eben auf Grund der Tatsache, daß solche Vorfälle ja seit längerer Zeit beobachtet werden, davon aus, daß solche Gespräche schon einmal stattgefunden haben. Welche Antwort haben Sie von DDR-Gesprächspartnern dabei erhalten?
Ich kann Ihnen im Moment keinen konkreten Fall nennen und keine konkrete Antwort zitieren, Herr Kollege Lintner. Aber Sie wissen, wie solche Gespräche und Verhandlungen ablaufen. Daß das bei den unterschiedlichen Strukturen der beiden Staaten nicht immer den von uns gewünschten Erfolg haben kann, muß ich nicht besonders betonen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Eigen.
Herr Staatssekretär, hat denn die Bundesregierung keinen Kontakt zu den Beamten des Bundesgrenzschutzes, die doch ständig Zeugen solcher Übergriffe und solcher schikanöser Untersuchungen an der Grenze sind?
Herr Kollege, ich habe eben darauf hingewiesen: die Bundesregierung ist darauf angewiesen, daß ihr solche Fälle entweder auf amtlichem Wege - dies wäre ein solcher - oder aber durch die Schilderung der Betroffenen selbst zur Kenntnis gelangen. In diesem angesprochenen Fall lag der Bundesregierung eine amtliche Meldung nicht vor.
({0})
Wir gehen über zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Egert wird das Ressort vertreten.
Ich rufe Frage 7 des Abgeordneten Müntefering auf:
Inwieweit sind die Betriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes der Empfehlung ihres Dachverbands gefolgt, bis 20. März den Arbeitsämtern ihren Bedarf an Arbeitskräften für die Saison 1982 zu melden?
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich - das Einverständnis des
Fragestellers vorausgesetzt - die Fragen 7 und 8 im Zusammenhang beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch Frage 8 des Abgeordneten Müntefering auf:
Wieviel freie Stellen sind in diesem Zusammenhang gemeldet worden?
Herr Kollege Müntefering, für die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit ist nicht erkennbar, daß der von Ihnen angesprochenen Empfehlung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes bisher in nennenswertem Umfang Folge geleistet worden ist. Offenbar hat sich das Hotel- und Gaststättengewerbe bis jetzt wegen der Witterungsverhältnisse und aus Furcht vor weiterem Rückgang des Fremdenverkehrs mit der Meldung offener Stellen zurückgehalten.
Der Bundesanstalt für Arbeit ist es nicht möglich festzustellen, wieviel offene Stellen gegenwärtig im Hotel- und Gaststättengewerbe gemeldet sind. Die nächste, bis in die einzelnen Wirtschaftszweige aufgegliederte Auszählung der offenen Stellen findet Ende Mai im Rahmen der jährlichen Strukturanalyse statt. Auch dabei kann aber nicht unterschieden werden, ob sich die Stellenangebote auf Dauerarbeitsplätze oder auf Saisonarbeitsplätze beziehen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müntefering.
Herr Staatssekretär, könnten Sie auf Grund Ihres Hinweises, daß diese Meldungen nicht überall eingegangen sind, eine regionale Spezifizierung vornehmen, indem Sie mir mitteilen, wo denn solche Meldungen eingegangen sind?
Wir haben eine Übersicht aus dem Landesarbeitsamtsbezirk Südbayern, einem fremdenverkehrsreichen Gebiet. Dort wird für die Saison 1982 mit etwa 5 000 Angeboten von Saisonarbeitsplätzen und etwa 1500 Angeboten von Dauerarbeitsplätzen gerechnet. Bislang sind allerdings auch dort Meldungen von offenen Arbeitsplätzen in dieser Zahl ausgeblieben. Die Zentrale und Internationale Fachvermittlung für Hotel- und Gaststättenpersonal konnte ihre für März geplante Anwerbeaktion von Fachkräften in Großbritannien für die Saison 1982 in Südbayern wegen der geringen Zahl gemeldeter Stellen nicht durchführen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müntefering.
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, falls - wie auch in den vergangenen Jahren zur Sommerzeit, in denen sich die betreffenden Gebiete immer gemeldet haben - auch in diesem Jahr wieder offene Stellen aus dem Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes gemeldet werden sollten, über das Arbeitsamt die Bemühungen zur Vermittlung von Arbeitskräften in diesem Bereich zu unterstützen?
Unterstellt, wir hätten eine größere Zahl von offenen Stellen zur Verfügung, würden sich die Arbeitsämter intensiv in die Vermittlungsbemühungen einschalten. Aber gegenwärtig sieht es nicht so aus, als ob eine entsprechende Entwicklung eintritt.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Abgeordneter Müntefering.
Können Sie mir bitte noch kurz sagen, ob in diesem Zusammenhang auch Ausbildungsplätze, die in diesem Bereich angeblich auch noch immer im Überhang zur Verfügung stehen, gemeldet worden sind und ob es Bemühungen gibt, eventuellen Bedarf auch an Interessenten weiterzugeben und so dafür zu sorgen, daß Jugendliche, die möglicherweise Ausbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich suchen, auch auf die offenen Ausbildungsstellen hingewiesen werden?
Herr Kollege Müntefering, ich bin nicht in der Lage, Ihnen hier darüber Auskunft zu geben. Ich werde Ihrer Frage selbstverständlich nachgehen und Ihnen die Antwort schriftlich nachreichen.
({0})
Zu einer Zusatzfrage, Abgeordneter Stutzer.
Herr Staatssekretär, gilt Ihre Antwort auch für die Bäder an der Ost- und Nordsee - Sie sprechen immer nur von Südbayern -, haben Sie auch Schleswig-Holstein berücksichtigt? Wenn ja, wie ist dort die Entwicklung?
In der Antwort auf die erste Frage des Kollegen Müntefering ist auch Schleswig-Holstein berücksichtigt. Für diesen speziellen Sachverhalt liegen mir die Zahlen von Schleswig-Holstein gegenwärtig nicht vor. Aber ich kann sie auch Ihnen nachreichen. Ich werde mich im Haus sachkundig machen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stutzer.
Herr Staatssekretär, gehe ich richtig in der Annahme, daß nicht das schlechte Wetter, von dem Sie gesprochen haben, dafür verantwortlich ist, daß mehr oder weniger Stellen gemeldet werden, sondern daß vor Beginn der Saison die Stellen unabhängig von dem derzeitigen Wetter gemeldet werden?
Ich würde sagen, daß die Ursachen, die ich hier genannt habe, sicherlich nur ein Teil der Ursache sind; ich will nicht ausschließen, daß es darüber hinaus weitere Ursachen gibt.
Herr Abgeordneter Auch zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie verträgt sich die Tatsache, daß aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe immer wieder die Forderung nach einer Auf5950
hebung des Anwerbestopps erhoben wird, mit Ihrer Auskunft?
Mir scheint, nach der Antwort, die ich hier gegeben habe, ist dies gegenwärtig eine rhetorische Forderung.
Ich rufe Frage 9 des Abgeordneten Stutzer auf:
Wie viele der von der Bundesanstalt für Arbeit angeschriebenen 2,5 Millionen Kindergeldempfänger, die von der Herabsetzung der Altersgrenze der Kinder betroffen sind, haben bis zum 1. Mai 1982 nicht geantwortet, und wie viele davon wären nach den Schätzungen der Bundesregierung weiterhin empfangsberechtigt, wenn sie reagiert hätten?
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich mit Einverständnis des Fragestellers die Fragen 9 und 10 gern im Zusammenhang beantworten.
Herr Kollege Stutzer, sind Sie einverstanden? - Danke. Dann rufe ich zusätzlich Frage 10 des Abgeordneten Stutzer auf:
Wie hoch war bisher der mit dieser Aktion verbundene Gesamtaufwand für die Bundesanstalt für Arbeit, die Arbeitsämter und die Eltern ({0}), und um wieviel v. H. haben in Kindergeldfragen in den ersten vier Monaten dieses Jahrs die formlosen Eingaben, Beschwerden und Rückfragen gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs zugenommen ({1})?
Herr Kollege Stutzer, auf Grund der von Ihnen angesprochenen Änderungen im Kindergeldrecht durch das 9. Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes hat die Bundesanstalt für Arbeit 2,5 Millionen Berechtigte mit 2,8 Millionen Kindern gebeten, Nachweise vorzulegen, ob die Voraussetzungen für eine Weiterzahlung des Kindergeldes über den 30. April 1982 hinaus vorliegen. Von diesen Berechtigten sind 1,5 Millionen mit 1,67 Millionen Kindern von der Herabsetzung der Altersgrenze von 18 auf 16 Jahre und 1 Million Berechtigte mit 1,13 Millionen Kindern über 18 Jahre von der neuen Verheiratetenklausel betroffen.
Für 1,28 Millionen Kinder im Alter von 16 und 17 Jahren konnte bis zum 20. April 1982 - spätere Angaben und Angaben für über 18 Jahre alte Kinder liegen gegenwärtig nicht vor - die pünktliche Weiterzahlung des Kindergeldes sichergestellt werden. Für 390 000 Kinder lagen dem Rechenzentrum der Bundesanstalt zu diesem Zeitpunkt Anweisungen für die Weiterzahlung des Kindergeldes noch nicht vor. Nach den Schätzungen der Bundesregierung dürfte für etwa 160 000 dieser Kinder kein Anspruch mehr bestehen; für 230 000 Kinder könnte das Kindergeld weitergezahlt werden, wenn die Berechtigten die angeforderten Nachweise beibringen.
Angaben über den zusätzlichen Personalaufwand, über Überstundenvergütungen u. ä. liegen nicht vor. Für den Versand der Anfragen an die Berechtigten, für Rückfragen, erneute Zustellungen usw. wurden 1,34 Millionen DM, für Vordrucke u. ä. 300 000 DM aufgewendet.
Die Änderungen im. Kindergeldrecht haben viele Berechtigte veranlaßt, sich mit Anfragen an die Arbeitsämter zu wenden. Es liegen jedoch keine aussagefähigen Angaben vor, die eine Schätzung ermöglichten, in welchem Umfang Eingaben, Beschwerden und Rückfragen in den ersten vier Monaten dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreszeitraum zahlenmäßig zugenommen haben.
Herr Abgeordneter Stutzer, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie viele der schriftlich gestellten Fragen nicht beantworten konnten, erlauben Sie mir folgende Frage: Ist die Bundesregierung nun bereit, eine Anpassung des Kindergeldrechts an das Steuerrecht vorzunehmen, wenn die Bundesratsinitiative auf Drucksache 160/82 Gesetz wird, und, wenn nein, warum nicht?
Ich sehe keinen unmittelbaren Zusammenhang mit den vorhin gestellten Fragen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Stutzer.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesanstalt für Arbeit gravierende Härtefälle bekanntgeworden, bei denen eine Abhilfe nicht möglich ist, und, wenn ja, welche?
Herr Kollege Stutzer, Sie wissen, daß die Regelung, die im 9. Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes getroffen worden ist, viele Väter hat, und ich würde Sie bitten abzuwarten, wie sich diese Regelung auswirkt.
Zu einer weiteren Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Stutzer.
Herr Staatssekretär, wie viele Mädchen sind nach den Schätzungen der Bundesregierung nach dem Schulabschluß zu Hause geblieben, um die Mutter zu unterstützen, weil sie noch keinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz gefunden haben, und sieht die Bundesregierung es nicht als eine Härte an, daß dieser Personenkreis jetzt nicht mehr bezugsberechtigt sein soll?
Herr Kollege Stutzer, auf diese Frage kann ich Ihnen im Moment keine Antwort geben. Ich werde den Sachverhalt prüfen und Ihnen schriftlich Auskunft geben.
Zu Ihrer letzten Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stutzer.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich die Differenzen zwischen den hier erteilten Antworten und den Angaben im Statistischen Jahrbuch?
Ich sehe diese Differenzen nicht. Sie müßten mich auf etwaige Differenzen präziser hinweisen.
Frage 11 der Abgeordneten Frau Steinhauer wird entsprechend der Bitte der
Vizepräsident Windelen
Fragestellerin schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 12 des Abgeordneten Graf von Waldburg-Zeil auf:
Trifft es zu, daß im Hinblick auf die Schülerunfallversicherung Unterschiede zwischen Schülern allgemeinbildender bzw. beruflicher Schulen im Bereich der Privatschulen gemacht werden ({0}), die zu erheblichen Kostennachteilen für den beruflichen Bereich führen, und, wenn ja, beabsichtigt die Bundesregierung, in dieser Legislaturperiode ein Änderung dieser Ungleichbehandlung herbeizuführen?
Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Das Gesetz über die Schülerunfallversicherung aus dem Jahre 1971 hat einen beitragsfreien Versicherungsschutz für Schüler an - staatlichen und privaten - allgemeinbildenden Schulen begründet; dabei sind die Länder Versicherungsträger. Die Schüler an berufsbildenden Schulen waren schon vor 1971 versichert; dabei sind die Schüler privater berufsbildender Schulen bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft versichert. Die Berufsgenossenschaft erhebt von diesen Schulen einen Beitrag von zur Zeit 1,05 DM je Schüler und Monat.
Um die privaten berufsbildenden Schulen mit den allgemeinbildenden und den öffentlichen berufsbildenden Schulen in Zukunft gleichzubehandeln, wäre es erforderlich, daß die Länder für diese die gleichen Aufwendungen wie für die genannten Schulen übernehmen. Ob eine entsprechende Regelung bald verwirklicht werden kann, hängt von den Ländern ab und wird selbstverständlich auch von deren Finanzlage aus beurteilt werden. Mit den Ländern ist in dieser Frage bereits 1974 korrespondiert worden. Eine Vereinheitlichung wird jetzt im Zusammenhang mit der Einordnung der Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch angestrebt.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf von Waldburg-Zeil.
Herr Staatssekretär, würden Sie nicht in der Beibehaltung des jetzigen Zustandes, nämlich der Benachteiligung einer Schülergruppe privater Schulen, eine Beeinträchtigung des Rechtes des Art. 7 Abs. 4 GG sehen, da ja nicht nur betuchte Schüler, sondern alle Schüler private Schulen besuchen können sollten?
Herr Kollege, ich habe Ihnen einen Weg gewiesen und auch die Unterstützung aufgezeigt, die notwendig ist, damit es zu einer Bereinigung des von Ihnen angesprochenen Sachverhalts kommen kann.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf von Waldburg-Zeil.
Ich darf also davon ausgehen, daß sich die Bundesregierung bemühen wird, in dieser Richtung einen Ausgleich zu schaffen?
Herr Kollege, die Bundesregierung wird ihren Teil tun. Ich wäre Ihnen
dankbar, wenn Sie im Land Baden-Württemberg auf die dortige Regierung einwirken würden, damit die Bemühungen der Bundesregierung zusammen mit den anderen Ländern erfolgreich sein können.
Die Frage 13 des Abgeordneten Dr. Hupka wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Das gleiche gilt für die Fragen 14 und 15 des Abgeordneten Milz. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir verlassen damit den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung.
Wir gehen über zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Penner wird das Haus hier vertreten.
Die Fragen 16 und 17 des Abgeordneten Breuer werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Sielaff auf:
Stimmen Äußerungen der „Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen", wonach es einen Regierungsentwurf geben soll, der vorsieht, daß Zeitsoldaten, die sich während ihrer Dienstzeit zur Kriegsdienstverweigerung entschließen, mit Beträgen bis zu eintausend DM regreßpflichtig gemacht werden sollen ({0}), und würde solch eine Maßnahme nicht den Bemühungen um eine gerechtere Behandlung von Kriegsdienstverweigerern aus Gewissensgründen widersprechen?
Dr. Penner, Parl Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Sielaff, der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrrechts und des Zivildienstrechts sieht unter anderem vor, daß alle Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, die auf eigenen Antrag vor Ablauf der festgesetzten Dienstzeit entlassen werden, die Kosten erstatten müssen, die dem Dienstherren durch ihr Studium oder ihre Fachausbildung entstanden sind. Das ist auch sinnvoll, denn mit der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses ist ein wesentlicher Grund für die Aufwendung öffentlicher Mittel entfallen. Die Kostenerstattungspflicht gilt unter den geschilderten Voraussetzungen allgemein und ist keineswegs nur auf Kriegsdienstverweigerer beschränkt.
Im übrigen erlaube ,ich mir, darauf hinzuweisen, daß auf die Erstattung der Kosten des Studiums oder der Fachausbildung ganz oder teilweise verzichtet werden kann, wenn sie für den entlassenen Soldaten eine besondere Härte bedeuten würden.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sielaff.
Herr Staatssekretär, wäre es vielleicht sinnvoll gewesen, mit diesen Überlegungen zu warten, bis die Neuregelung des Kriegsdienstverweigerungsgesetzes weiter fortgeschritten wäre, um hier einheitliche Überlegungen anzustellen?
Ich sehe da keinen sachlichen Zusammenhang.
Die Fragen 19 und 20 des Abgeordneten Broll werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Hornhues auf:
Ist beabsichtigt, das Bundeswehrkrankenhaus in Osnabrück zu schließen?
Herr Kollege Dr. Hornhues, es ist nicht beabsichtigt, das Bundeswehrkrankenhaus Osnabrück zu schließen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hornhues.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihnen für die Auskunft herzlich danken?
Sie dürfen.
({0})
Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Wimmer ({0}) auf. Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Damit wird sowohl für die Frage 22 wie auch für die Frage 23 desselben Abgeordneten entsprechend unserer Geschäftsordnung verfahren.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Böhm ({1}) auf:
In welcher konkreten Art und Weise ({2}) ist die Bundesregierung darauf „eingerichtet", wenn entsprechend ihrem Kampfauftrag Stoßtrupps der DDR-Grenztruppen überraschend und handstreichartig in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vordringen sollten?
Herr Kollege Böhm, bei dem von Ihnen unterstellten Sachverhalt wird es sich um den Verteidigungsfall handeln. Sie werden verstehen, daß die konkreten Planungen hierfür der Geheimhaltung unterliegen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Böhm.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß die im Zonenrandgebiet Hessens, Niedersachsens und Bayerns betroffenen Bürger sich mit einer derartigen Antwort nicht zufriedengeben können, weil sie wissen wollen, in welcher Weise ihre Sicherheit und ihr Frieden durch die Bundesregierung geschützt wird?
Herr Kollege Böhm, wichtig ist allein, daß die Bürger auch dieses Landesteils wissen, daß wir für ihre Sicherheit garantieren.
Abgeordneter Böhm zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie sich die Reaktion auf der anderen Seite der Demarkationslinie vorstellen, wenn dort bekannt würde - was nicht bekannt werden kann, weil es nicht existiert -, daß der Bundesgrenzschutz
ähnliche Stoßtruppunternehmen in handstreichartiger Form gegen Objekte in der DDR in seinem Kampfauftrag hätte?
Ich kann mir mancherlei vorstellen, aber den von Ihnen unterstellten Sachverhalt kann ich mir nicht vorstellen.
Wir gehen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern über. Das Haus wird durch seinen Staatssekretär Herrn Dr. Hartkopf vertreten.
Ich rufe Frage 33 des Herrn Abgeordneten Jaunich auf. - Er ist nicht im Saal. Damit werden die Fragen 33 und 34 entsprechend unserer Geschäftsordnung behandelt.
Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Dr. Hennig auf:
Ist die Bundesregierung bereit, den Bund der Vertriebenen, der von Anfang an an der Gestaltung und Verbesserung des Lastenausgleichs mitgearbeitet hat, über ihre Erwägungen, einschneidende Änderungen im Lastenausgleichsrecht vorzunehmen, zu informieren und die Vertretung der davon betroffenen Vertriebenen rechtzeitig anzuhören, damit sie ihre umfangreichen Erfahrungen auf diesem Gebiet in die anstehenden Planungen einbringen kann?
Herr Abgeordneter, dem Bund der Vertriebenen wird - wie auch anderen Verbänden - in Kürze der Referentenentwurf eines Gesetzes über Eingliederungshilfen für Aussiedler und Übersiedler zugeleitet. Die Verbände werden damit rechtzeitig und ausreichend Gelegenheit erhalten, noch vor Entscheidung des Bundeskabinetts ihre Erfahrungen einzubringen.
Ich rufe Frage 36 des Herrn Abgeordneten Herberholz auf:
Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der beabsichtigten Änderung der Lärmschutzzone II des Flugplatzes Büchel, nämlich der Veränderung der Einflugschneise, und der am 12. März 1982 bekanntgewordenen Absicht der Gesellschaft für Deutsche Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen, im Bereich der dann „ehemaligen" Einflugschneise eine Wiederaufbereitungsanlage für abgebrannte Kernbrennstoffe zu bauen?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung sieht zwischen der regelmäßigen, gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung des Lärmschutzbereiches für den militärischen Flugplatz Büchel auf Grund des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm und der erwähnten Absichtserklärung der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen keinen Zusammenhang.
Herr Abgeordneter Herberholz zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir denn darin zustimmen, daß die Veränderungen der Einflugschneise Vorbedingungen für diese Ankündigung der DWK waren?
Herr Abgeordneter, das kann ich nicht bestätigen, da nach dem Gesetz nach objektiven Kriterien verfahren werden muß und die Reaktionen privater Firmen auf diese Änderung ihnen freigestellt bleibt.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Herberholz.
Würden Sie mir zustimmen können, Herr Staatssekretär, daß der Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage in einer Einflugschneise eines militärischen Flugplatzes sicherlich abgelehnt worden wäre?
Ich glaube, Herr Abgeordneter, wir haben Vergleichsfälle in anderen Bereichen. Mit Sicherheit ist dies ein Fall von § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung.
Dann rufe ich die Frage 37 des Abgeordneten Herberholz auf:
Bei wieviel anderen militärischen Flugplätzen in der Bundesrepublik Deutschland ist in der Vergangenheit bei der Erarbeitung der relevanten Flugbetriebsdaten durch Optimierung von Flugverfahren und Flugstrecken der Lärmschutzbereich neu festgesetzt worden, und bei wieviel Flugplätzen ist diese Neufestsetzung in Zukunft geplant?
Nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 13. März 1971 sind bisher für 29 militärische Flugplätze Lämschutzbereiche festgesetzt worden. Hierzu zählt auch der militärische Flugplatz Büchel.
Spätestens nach Ablauf von fünf Jahren seit Festsetzung des Lärmschutzbereiches ist nach dem Fluglärmgesetz zu prüfen, ob sich die Lärmbelastung wesentlich verändert hat oder innerhalb der nächsten zehn Jahre voraussichtlich wesentlich verändern wird. Ferner sieht das Gesetz vor, daß der Lärmschutzbereich neu festzusetzen ist, wenn eine Änderung in der Anlage oder im Betrieb des Flugplatzes zu einer wesentlichen Veränderung der Lärmbelastung in der Umgebung des Flugplatzes führen wird. Diesen Vorschriften entsprechend, sind alle festgesetzten Lärmschutzbereiche regelmäßig zu überprüfen.
Bisher wurden die Lärmschutzbereiche für fünf militärische Flugplätze neu festgesetzt. Für weitere 14 militärische Flugplätze ist die Überprüfung der festgesetzten Lärmschutzbereiche eingeleitet. Hierzu zählt der Lärmschutzbereich für den militärischen Flugplatz Büchel.
Herr Abgeordneter Herberholz zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sie sprechen in Ihrer Antwort von 29 Lärmschutzzonen. Kann ich davon ausgehen, daß es nicht mehr als 29 militärische Flugplätze gibt?
Herr Abgeordneter, in dieser Zahl sind auch Luft-Boden-Übungsplätze enthalten, so daß wir insgesamt 29 Lärmschutzbereiche für Flugplätze und für vergleichbare Anlagen haben.
Herr Abgeordneter Herberholz zu einer weiteren Zusatzfrage.
Ich frage noch einmal nach: es handelt sich bei einer Änderung der Lärmschutzzone um eine routinemäßige Überprüfung innerhalb der von Ihnen angegebenen Zeiträume?
Das ist zutreffend, denn der Lärmschutzbereich war im Dezember 1976 festgesetzt worden. Also war ab Dezember letzten Jahres die Überprüfung einzuleiten. Dies haben wir getan.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dallmeyer.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, hier zu beantworten, für wie viele Militärflugplätze bisher Lärmschutzmaßnahmen in der Zone I noch nicht durchgeführt worden sind?
Herr Abgeordneter, ich würde dieses gerne überprüfen lassen, da der Bundesminister des Innern für die Finanzierung dieser Maßnahmen nicht zuständig ist. Ich werde das zuständige Haus fragen und Ihnen einen schriftlichen Bericht geben.
({0})
Der Herr Abgeordnete Biehle hat für die von ihm gestellten Fragen 38 und 39 um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 40 des Abgeordneten Müller ({0}) auf. - Er ist nicht im Saal. Die von ihm gestellten Fragen 40 und 41 werden entsprechend der Geschäftsordnung behandelt.
Ich rufe Frage 42 des Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Wird die Bundesregierung die Bewertung des Bundesinnenministers in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Innenausschusses vom 27. April 1982, daß die vom IFEU-Institut Heidelberg als Ergebnisse einer vom Bundesforschungsminister mit 0,73 Millionen DM geförderten Studie über „Sekundärkreislaufemissionen an Leichtwasserreaktoren" aufgestellten wesentlichen Behauptungen „technisch und wissenschaftlich nicht haltbar sind", sowie die Bewertung von Schlußfolgerungen in einer IFEU-Studie über Mißbildungen an Neugeborenen als „unzutreffend und unseriös" durch den Parlamentarischen Staatssekretär von Schoeler ({1}) zum Anlaß nehmen, die Förderung des IFEU-Instituts mit Steuergeldern umgehend einzustellen?
Herr Abgeordneter, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Forschung und Technologie beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Selbstverständlich wird die Bundesregierung die Erkenntnisse aus der Bewertung der bereits durchgeführten Arbeiten bei der Vergabe weiterer Forschungsaufträge an das Institut für Energie- und Umweltforschung in Betracht ziehen. Die Bewertung ist noch nicht abgeschlossen.
Die Ausführungen im Schreiben des Bundesministers des Innern vom 27. April 1982 an den Vorsitzenden des Innenausschusses beziehen sich auf einen Bericht des IFEU über Sekundärkreisemissionen an Leichtwasserdruckreaktoren. Im Rahmen dieses Vorhabens ist auch ein Rechenprogramm entwickelt worden, das noch nicht abgeliefert worden ist. Nach dessen Vorlage wird beim Bundesminister für Forschung und Technologie eine abschließende Diskussion im Expertenkreis mit dem Projektleiter und seinen Mitarbeitern stattfinden.
Zur Sache hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Forschung und Technologie im sozialdemokratischen Pressedienst „Wirtschaft" am 13. April 1982 Stellung genommen. Wenn Sie es wünschen, Herr Abgeordneter, kann ich den entsprechenden Auszug zitieren.
Die von Ihnen zitierte weitere IFEU-Studie über die Gefährdung der Bevölkerung in der Umgebung des Kernkraftwerks Neckarwestheim ist von den Grünen in Baden-Württemberg in Auftrag gegeben worden. Zu dem Teil dieser Studie, durch den in der Öffentlichkeit der Eindruck über erhöhte Mißbildungsraten in der Umgebung des Kernkraftwerks entstanden ist, hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern in der Fragestunde vom 28. April 1982 Stellung genommen und ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich dieser nur auf drei von insgesamt 216 Seiten bezieht.
Das IFEU hat inzwischen in einem Schreiben vom 4. Mai 1982 erläutert, in der Studie sei nicht behauptet worden, der Anstieg von Säuglingsmißbildungen sei ursächlich oder statistisch signifikant aus dem Betrieb des Kernkraftwerks Neckarwestheim erklärbar. Es sei vielmehr darum gegangen, Pauschalaussagen, wonach bisher keine Schäden aufgetreten seien, wissenschaftlich zu problematisieren. Es ist allerdings in dem Bericht nicht der Nachweis geführt worden, daß Schäden aufgetreten sind. Einer solchen Behauptung über Schäden würde die Bundesregierung nach wie vor mit Nachdruck entgegentreten.
Unabhängig von dieser Sachfrage wird der Bundesminister des Innern die anderen Sachaussagen der Studie - insbesondere zu den radioökologischen Aussagen des geplanten Kernkraftwerkes Neckarwestheim II, soweit sie nicht offenkundig unzutreffend sind - sorgfältig prüfen und auch der Reaktorsicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission für die anstehenden Beratungen zur Verfügung stellen.
Abschließend darf ich für die Vergabepraxis von Forschungsaufträgen ausdrücklich betonen, daß sich die Bundesregierung ebenso wie der Deutsche Bundestag bei der Vergabe von Aufträgen nicht entscheidend daran orientiert, welche Haltung der Auftragnehmer gegenüber der friedlichen Nutzung der Kernenergie einnimmt. Für die Auftragsvergabe ist ausschließlich die wissenschaftliche Qualifikation für die spezifische Aufgabe maßgebend, die sich nur auf Grund der vorgelegten Arbeiten und deren abschließender Würdigung beurteilen läßt.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Laufs.
Herr Staatssekretär, ausgehend von Ihrer letzten Bemerkung: Wie kann es angesichts der von der Bundesregierung getroffenen, in meiner Frage auch zitierten Beurteilung des IFEU überhaupt noch Zweifel daran geben, daß sich weitere Zuwendungen an dieses Institut verbieten?
Herr Abgeordneter, ich möchte hier darauf verweisen, daß aus der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages danach noch ein Auftrag als Unterauftrag an das IFEU vergeben worden ist.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Laufs.
Habe ich Sie, Herr Staatssekretär, richtig dahin gehend verstanden, daß sich die Bundesregierung nach wie vor über die Einschätzung anerkannter Wissenschaftler hinwegsetzen wird, die erhebliche Zweifel an der wissenschaftlichen Qualifikation dieses Instituts geäußert haben?
Herr Abgeordneter, ich habe in meiner Antwort gesagt, daß wir uns an der wissenschaftlichen Qualifikation für die jeweilige spezifische Aufgabe ausrichten. Dieses mag in Einzelfällen auch eine Beauftragung des IFEU beinhalten.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jansen.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihre Ausführungen so verstehen, daß die Bundesregierung, wenn irgendwo auch nur im Ansatz Erkenntnisse deutlich werden, die eine Verstärkung von Zivilisationskrankheiten, von Mißbildungen, von Krebs andeuten, alles daransetzen wird, Untersuchungen darüber durchführen zu lassen und diese Untersuchungen auch nicht auf die Problematik Kernenergie einzugrenzen, sondern diese mit einzubeziehen, weil das ja wohl eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein sollte?
Herr Abgeordneter, es gehört zur Regierungsaufgabe, allen Hinweisen nachzugehen, von welcher Seite sie auch kommen.
Ich rufe die Frage 43 des Abgeordneten Clemens auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß aus akutem Personalmangel im Bundesgrenzschutzeinzeldienst das Grenzschutzamt Braunschweig nicht, wie unbedingt notwendig, rund um die Uhr besetzt ist und beispielsweise die Übergangsstellen zur DDR Duderstadt und Bergen-Dumme nur mit einem einzigen Beamten besetzt sind, und was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun, um die Grenze hinreichend zu sichern?
Die Grenzschutzämter, Herr Abgeordneter, sind bislang nicht rund um die Uhr besetzt. Es ist jedoch sichergestellt, daß ständig ein entscheidungskompetenter Beamter erreichbar ist.
Eine vom Bundesminister des Innern veranlaßte Überprüfung der Tätigkeit der Grenzschutzämter hat dazu geführt, daß zur Zeit in einem Modellversuch in Saarbrücken untersucht wird, ob diese Art der Erreichbarkeit der Ämter für deren polizeiliche Tätigkeit ausreicht und welche Ausgestaltung die Ämter künftig personell und sachlich haben müßten. Vom Ergebnis dieses Modellversuchs wird auch die Ausgestaltung des Grenzschutzamtes Braunschweig abhängen. Die nach den Stellenkürzungen schwierige Personallage des Bundesgrenzschutzes wird voraussichtlich für diese Entscheidungen Grenzen setzen.
Für die von Ihnen angesprochenen Grenzschutzstellen Duderstadt und Bergen-Dumme stehen zur Zeit jeweils elf Planstellen für Polizeivollzugsbeamte zur Verfügung. Der Umfang des grenzüberschreitenden Verkehrs erfordert an diesen Übergangsstellen grenzerfahrungsgemäß nur in seltenen Ausnahmefällen mehr als einen Kontrollbeamten. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß an beiden Übergängen auch mindestens jeweils ein Beamter der Zollverwaltung eingesetzt ist.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Clemens.
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung bereit, im Interesse eines sinnvollen Einsatzes des Bundesgrenzschutzeinzeldienstes den bestehenden Dualismus, nämlich Truppe auf der einen Seite und Einzeldienst auf der anderen Seite, aufzugeben oder zumindest durch verstärkte Abordnungen aus der Truppe zum Einzeldienst den Personalmangel auszugleichen?
Herr Abgeordneter, soweit die von Ihnen zitierten Grenzschutzstellen in Betracht kommen, reicht die Besetzung nach meinen Ausführungen aus. Selbstverständlich finden Abordnungen statt. Vor allen Dingen in den Hauptreisezeiten werden über 200 BGS-Beamte aus den Verbänden an die Grenzschutzstellen abgeordnet. Im übrigen hilft auch der Zoll. Hier gibt es Kooperationsabsprachen mit der Zollbehörde, so daß insoweit eine darüber hinausgehende Abordnung nicht erforderlich sein wird.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Clemens.
Wären Sie bereit, diese Angaben, die mir gegenüber gemacht worden sind, zu verifizieren und, falls Personalmangel festgestellt wird, eventuell doch eine Entscheidung in Richtung auf verstärkte Abordnung auch außerhalb der Reisezeit vorzunehmen?
Selbstverständlich. Wir werden Ihnen die Möglichkeiten der Abordnung sagen und die Planungen für dieses Jahr mitteilen, natürlich insbesondere für die Hauptreisezeit. Was die beiden Grenzschutzstellen angeht, Herr Abgeordneter, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß je elf Planstellen für den anfallenden Reiseverkehr ausreichend sind.
Ich rufe die Frage 44 des Abgeordneten Clemens auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß der Bundesgrenzschutz bei den einzelnen Grenzschutzstellen nur mangelhaft ausgerüstet ist, so daß im Bereich des Grenzschutzamts Braunschweig noch nicht einmal für die Hälfte der Beamten Helme und Schlagstöcke bei notwendigen Einsätzen zur Verfügung stehen?
Die Grenzschutzämter sind nach einem an ihrer Personalstärke ausgerichteten Verteilerschlüssel zum Zweck der Eigensicherung mit Schutzhelmen ausgestattet. Die danach errechnete Zahl von Schutzhelmen steht dem Grenzschutzamt Braunschweig zur Verfügung. Von mittlerweile eingetretenen Bedarfsänderungen und dadurch aufgetretenen Deckungslücken ist nichts bekannt, und Entsprechendes gilt für die Ausstattung mit Schlagstöcken.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Clemens.
Wären Sie auch insoweit bereit, die von mir hier gemachten Angaben über die Grenzschutzdirektion in Hannover zu recherchieren, die ein Ansinnen des Grenzschutzamtes Braunschweig abgelehnt hat, die ausreichende Anzahl von Schlagstöcken und Helmen zur Verfügung zu stellen?
Herr Abgeordneter, in den letzten 30 Jahren ist an der Grenze zur DDR nicht ein einziges Mal ein Helm oder ein Schlagstock gebraucht worden. Gleichwohl hat das Grenzschutzamt in Braunschweig 68 Schutzhelme und 160 Schlagstöcke. Ich glaube, dieses reicht aus, vor allen Dingen, wenn Sie berücksichtigen, daß im Schichtdienst gearbeitet wird.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Clemens.
Herr Staatssekretär, könnten Sie sich vorstellen, daß es an der Grenze durchaus zu Demonstrationen - aus welchem Grund auch immer - kommen könnte und daß ein Einsatz des Bundesgrenzschutzes durchaus notwendig wäre, und halten Sie es für angebracht, daß, wie mir berichtet wurde, dann noch nicht einmal 50 % der einsatzfähigen Leute des Bundesgrenzschutzes über Helme und Schlagstöcke verfügen?
Herr Abgeordneter, wir sprachen jetzt über den Grenzschutzeinzeldienst. Die jeweilige Schicht ist mit Helmen und mit einer übermäßigen Zahl von Schlagstöcken ausgestattet. Soweit Sie an die Einheiten denken, ist zu sagen, daß diese selbstverständlich entsprechend ausgestattet sind.
({0})
Ich rufe die Frage 45 des Abgeordneten Böhm ({0}) auf:
Wieviel Mann der an der Zonengrenze stationierten 16 Abteilungen des Bundesgrenzschutzes ({1}) sind im Bereich der Zonen5956
Vizepräsident Windelen
grenze einsatzbereit, und ist es überhaupt ihr Auftrag, stoßtruppartigen Übergriffen der DDR-Grenztruppen entgegenzuwirken?
Die Soll-Stärke der an der Grenze zur DDR stationierten 16 Einsatzabteilungen des Bundesgrenzschutzes beträgt 8 960 Polizeivollzugsbeamte. Von diesen Beamten sind 350 zu anderen Bedarfsträgern und 2 450 innerhalb des Bundesgrenzschutzes - z. B. zu Laufbahnlehrgängen - abgeordnet. Etwa 1 600 Beamte befinden sich noch in der Ausbildung. Im Notfall können die Abordnungen jederzeit aufgehoben wie auch die Ausbildung unterbrochen werden, so daß die Einsatzabteilungen fast in Soll-Stärke eingesetzt werden könnten.
Bei stoßtruppartigen Übergriffen der DDR-Grenztruppen auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, die im Rahmen eines militärischen Auftrages gesehen werden müssen, würde es sich um einen Verteidigungsfall mit grenzüberschreitenden Auswirkungen handeln. Ich darf insoweit auf die Antwort von Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Penner von vorhin verweisen.
Dem Bundesgrenzschutz als Polizei des Bundes obliegen im Spannungs- und Verteidigungsfall polizeiliche Aufgaben sowohl im Grenzgebiet als auch im Innern der Bundesrepublik Deutschland. Militärische Vorhaben der Gegenseite erfordern aber militärische Gegenmaßnahmen. Diese obliegen nach dem Grundgesetz allein der Bundeswehr sowie ihren Verbündeten.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Böhm ({0}).
Herr Staatssekretär, wie können Sie es erklären, daß in zahlreichen Presseberichten, aber auch bei Besuchen in den Unterkünften des BGS von Angehörigen des Bundesgrenzschutzes immer wieder beklagt wird, daß es nicht mehr möglich ist, einen verbandsmäßigen Einsatz an der Demarkationslinie durchzuführen, weil dazu die Ausbildungs- und Ausrüstungsvoraussetzungen nicht mehr gegeben sind?
Herr Abgeordneter, der Grenzschutz muß alle Aufgaben, die ihm zugewiesen sind, wahrnehmen. Selbstverständlich sind Abordnungen, insbesondere zu den deutschen Auslandsvertretungen oder zum Schutz der Verfassungsorgane des Bundes, zu berücksichtigen. Die betreffenden Beamten sind auch von der Grenze abzuziehen. Im übrigen kennen Sie die Auswirkungen des BGS-Personalstrukturgesetzes. Es gibt Beamte alter und neuer Art. Wir sind mitten in der Umstrukturierung, was bedingt, daß ein Teil der auslaufenden Beamten noch in der Ausbildung für einen privaten Beruf ist und die anderen, die Beamten neuen Rechts, sich in der Ausbildung für ihre künftige Tätigkeit befinden. Diese Ausbildung ist aber so weit fortgeschritten, daß die Beamten im Notfall einsetzbar sind.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Böhm ({0}).
Herr Staatssekretär, sehen Sie die Notwendigkeit, daß aus dem Bekanntwerden des Kampfauftrages an die Grenztruppen der DDR, im Spannungsfall beim Übergang zu kriegerischen Auseinandersetzungen möglicherweise stoßtruppartige Unternehmungen in den Bereich des Bundesgebietes vorzunehmen, seitens der Bundesregierung irgendwelche Schlußfolgerungen gezogen werden, oder bleibt alles beim alten?
Herr Abgeordneter, ich darf darauf hinweisen, daß ich ausgeführt hatte, daß stoßtruppartige Übergriffe von seiten der DDR nicht im Rahmen eines polizeilichen Auftrages aufgefangen werden können, sondern daß dann ein Verteidigungsfall oder ein Spannungsfall gegeben ist und die Bundeswehr zuständig wäre, hier einzugreifen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rayer.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob es in der Vergangenheit solche stoßtruppartigen Übergriffe gegeben hat, und wie beurteilen Sie oder beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit solcher Übergriffe für die Zukunft?
Es hat in der Vergangenheit keinen solchen Übergriff gegeben. Ich halte die Frage für relativ hypothetisch.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Clemens.
Herr Staatssekretär, Sie haben soeben ausgeführt, daß die Bundeswehr zuständig wäre. Könnten Sie sich vorstellen, daß die Bundesrepublik, aber auch das Land Niedersachsen, zumindest ein Interesse daran hätte, durch den Bundesgrenzschutz ein lückenloses Frühwarnsystem zu bekommen?
({0})
Herr Staatssekretär, die Frage steht in keinem Zusammenhang mit der Ausgangsfrage. Sie brauchen sie nicht zu beantworten. Wenn Sie sie dennoch beantworten wollen, stelle ich es Ihnen anheim.
Wir würden Ihnen diese Frage gerne im Einvernehmen mit dem Verteidigungsministerium beantworten.
Für die Fragen 46 und 47 hat die Fragestellerin Frau Dr. Lepsius um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Das gleiche gilt für die Fragen 48 und 49 des Abgeordneten Topmann.
Ich rufe die Frage 50 des Abgeordneten Dr. Schäuble auf:
Hält die Bundesregierung die fristlose Kündigung des Bundestrainers Vlado Stenzel durch den Deutschen Handballbund für vereinbar mit der Bundestrainervergütungsordnung, und wie stellen sich die Vertragsbeziehungen dar?
Bitte schön.
Herr Abgeordneter, Ihr Einverständnis voraussetzend, möchte ich Ihre beiden Fragen zusammen beantworten.
Dann rufe ich auch die Frage 51 des Abgeordneten Dr. Schäuble auf:
Welche Konsequenzen ergeben sich für die Bundesregierung aus diesem Vorgang hinsichtlich der Behandlung des Deutschen Handballbunds und der von ihm eingestellten Bundestrainer?
Arbeitgeber von Herrn Stenzel ist der Deutsche Sportbund, der den Bundestrainer dem Deutschen Handballbund zur Dienstleistung zugewiesen hat. Das Dienstverhältnis von Herrn Stenzel unterliegt noch der alten, bis zum 31. Dezember 1979 gültigen Bundestrainervergütungsordnung, die ein Dauerdienstverhältnis vorsah, das, abgesehen von der Möglichkeit eines Auflösungsvertrages, nur durch eine ordentliche fristgemäße Kündigung oder durch eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde beendet werden konnte.
Der Deutsche Sportbund als der dafür zuständige Arbeitgeber hat das Dienstverhältnis von Herrn Stenzel bislang weder gekündigt noch einen Auflösungsvertrag geschlossen. Die vom Deutschen Handballbund beschlossenen Maßnahmen, nämlich Herrn Stenzel nicht mehr als Bundestrainer zu verwenden, und die Entscheidung für einen Nachfolger waren weder mit dem Deutschen Sportbund noch mit dem Bundesminister des Innern, der dem Deutschen Sportbund Haushaltsmittel für die Vergütung der Bundestrainer zur Verfügung stellt, abgestimmt. Der Deutsche Handballbund hat den Deutschen Sportbund zwischenzeitlich gebeten, das Dienstverhältnis von Herrn Stenzel möglichst kurzfristig zu lösen. Darüber, welche Maßnahmen geboten sind, finden derzeit Verhandlungen zwischen dem Deutschen Sportbund, dem Deutschen Handballbund und dem Bundesminister des Innern statt.
Im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Bundeszuwendung kann die Bundesregierung nur Kosten für Bundestrainer tragen, die auch als solche beschäftigt werden. Die Bundesregierung wird keinesfalls darüber hinaus gleichzeitig Kosten für zwei Bundestrainer des Deutschen Handballbundes übernehmen. Das gilt unabhängig davon, daß die Bezuschussung des Deutschen Handballbundes mit öffentlichen Mitteln im Hinblick auf ein günstiges Wirtschaftsergebnis der Handballweltmeisterschaft 1982 unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität geprüft wird.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäuble.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort folgern, daß bisher mit dem Nachfolger von Herrn Stenzel ein rechtsverbindlicher Vertrag seitens des Deutschen Sportbundes nicht geschlossen ist?
Sie können das daraus schließen, Herr Abgeordneter.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäuble.
Herr Staatssekretär, ist die Information zutreffend, daß der Deutsche Handballbund erklärt hat, er werde notfalls oder gegebenenfalls die Finanzierung des von ihm neu eingestellten Bundestrainers Schobel aus eigenen Mitteln übernehmen?
Wir haben das nur der Presse entnommen, nicht einer offiziellen Mitteilung des Deutschen Handballbundes.
Ich rufe die Frage - Dr. Schäuble ({0}): Meine zwei Fragen sind im Zusammenhang beantwortet worden. Ich habe vier Zusatzfragen.
Ich habe das nicht registriert; ich bitte um Entschuldigung. Sie haben noch zwei weitere Zusatzfragen. Bitte schön.
Ich bedanke mich, Herr Präsident.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wie es mit dem Prinzip der Subsidiarität bei der Förderung eines Spitzenverbandes zu vereinbaren ist, daß ein Bundestrainer für diesen Verband aus Bundesmitteln finanziert wird, obwohl dieser Verband erklärt, daß er einen solchen Bundestrainer aus eigenen Mitteln finanzieren könne.
Herr Abgeordneter, der Bund finanziert die Trainer, um dem jeweiligen Fachverband eine Spitzenkraft unabhängig von seiner Finanzkraft zur Verfügung zu stellen. Der Deutsche Handballbund ist vorübergehend in einer finanziell besseren Situation. Dies ändert allerdings nichts an der grundsätzlichen Einstellung zur Finanzierung der Trainer.
({0})
Sie wollten eine Zusatzfrage stellen? Dann müssen Sie das dem Präsidenten zu erkennen geben und sich rechtzeitig zum Mikrophon begeben. - Bitte schön.
Herr Staatssekretär, können Sie mir vielleicht die Frage beantworten, wie hoch der Zuschuß für den Trainer ist und ob der Zuschuß höher ist als die Diäten eines Bundestagsabgeordneten?
Herr Abgeordneter, ich kenne den Gesamtansatz im Bundeshaushalt und bin gleichzeitig für die Besoldung zuständig. Die Antwort auf Ihre Frage ist: Nein, er ist nicht höher.
({0})
Ich darf berichtigend zu Protokoll geben, daß die Fragen 48 und 49 des Abgeordneten Topmann nicht auf dessen Bitte schriftlich
Vizepräsident Windelen
beantwortet werden, sondern auf Grund Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde.
Ich rufe die Frage 52 des Abgeordneten Dr. Hupka auf. Er hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Das Haus wird durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär Dr. de With vertreten.
Für die Fragen 53 und 54 hat der Abgeordnete Conradi um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 55 des Abgeordneten Fischer ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung die verwaltungsgerichtliche Praxis bekannt, bei Klagen gegen die Erteilung von Genehmigungen zum Bau eines Kernkraftwerks von der Möglichkeit abzusehen, Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung zu verbinden, mit der Folge, daß jeder einzelne Kläger mit den vollen Verfahrenskosten belastet wird ({1}), und welche gesetzliche Möglichkeit sieht sie, dies zu verhindern?
Die Verwaltungsgerichte entscheiden über die Verbindung oder Trennung von Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen. Die unterschiedlichen Einzelfallgestaltungen erfordern eine flexible Regelung.
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß Gerichte von ihrem Ermessensspielraum unsachgemäß Gebrauch gemacht hätten. Nähere Erkenntnisse über den von Ihnen angesprochenen Fall liegen der Bundesregierung nicht vor. Nach § 8 des Gerichtskostengesetzes werden Gerichtskosten, „die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären", nicht erhoben. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden ({0}), daß eine unrichtige Sachbehandlung auch dann vorliegt, wenn ein Gericht „ein bei ihm anhängiges Verfahren ohne verständigen Grund und ohne Rücksicht auf die damit verbundene Kostenfolge in mehrere Einzelverfahren" trennt. Von der Einziehung von Gerichtskosten kann im übrigen ganz oder zum Teil abgesehen werden, wenn die Einziehung mit besonderen Härten für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Fischer ({0}).
Herr Staatssekretär, gilt diese Konsequenz hinsichtlich des Kostenrechts auch dann, wenn es sich um außergerichtliche Kosten handelt?
Nein, ich habe ausdrücklich nur auf Gerichtskosten Bezug genommen.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz beantwortet. Der Abgeordnete Schröer ({0}) hat für die Fragen 56 und 57 um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Das Ressort wird durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär Huonker vertreten.
Ich rufe die Frage 58 der Abgeordneten Frau Benedix-Engler auf:
Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der inzwischen in mehreren Ländern erfolgten Anhebung der Kilometervergütung im öffentlichen Dienst von 36 auf 42 Pfennig die Frage einer Erhöhung der steuerlichen Kilometerpauschale nunmehr zu erwägen?
Huonker, Parl. Staatssektretär beim Bundesminister der Finanzen: Sehr geehrte Frau Kollegin, bei der Beantwortung Ihrer Frage gehe ich davon aus, daß Sie den steuerlichen Kilometerpauschbetrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes ansprechen, der bei der Benutzung des eigenen Kraftwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz gewährt wird.
Die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz, die von mehreren Bundesländern von 36 auf 42 Pfennig erhöht worden ist, steht nicht im Zusammenhang mit dem Kilometerpauschbetrag. Diese Wegstreckenentschädigung wird bei der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs für Dienstfahrten gezahlt und dient somit zur Abgeltung eines unmittelbar dienstlich veranlaßten Aufwands. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind indessen mit reinen Dienstfahrten nicht vergleichbar.
Ich füge hinzu: Eine Erhöhung des Kilometerpauschbetrags nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes wird aus haushalts- und energiepolitischen Gründen von der Bundesregierung nicht erwogen.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Benedix-Engler.
Herr Staatssekretär, erkennt die Bundesregierung, daß besonders die Muß-Pendler im Zonenrandgebiet, die keine alternativen öffentlichen Verkehrsmittel haben, weil sie nicht vorhanden sind, und die oft höhere Betriebsstoffkosten zu zahlen haben, diese Diskrepanz zwischen Kilometervergütung und Kilometerpauschale als Ungerechtigkeit empfinden müssen, und sind Sie der Meinung, daß man diesen Muß-Pendlern diese Ungerechtigkeit weiterhin zumuten muß?
Frau Kollegin, ich möchte erneut nachdrücklich darauf hinweisen - ich wiederhole mich -, daß ein Zusammenhang zwischen Wegstreckenentschädigung einerseits und Arbeitnehmer-Kilometerpauschale andererseits nicht besteht. Ich möchte hinzufügen, daß der Bundesregierung natürlich die Probleme insbesondere der Fernpendler in ländlichen Räumen ohne ausgebautes öffentliches Personennahverkehrssystem durchaus bekannt sind.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Frau Abgeordnete Benedix-Engler.
Gedenken Sie daraus, daß diese Ungerechtigkeit besteht und von den Betreffenden als solche auch empfunden werden muß, irgendwann Konsequenzen zu ziehen, auch wenn zugegebenermaßen ein Zusammenhang nicht existiert?
Da ein solcher Zusammenhang nicht vorhanden ist, werden natürlich - das scheint mir ein Gebot der Logik meiner Ausführungen zu sein - daraus keine Konsequenzen gezogen.
Was die Frage der Erhöhung der Kilometerpauschale angeht - das wurde ja hier zuletzt im Oktober in der Fragestunde intensiv diskutiert -, kann ich nur das wiederholen, was ich gesagt habe: daß die Bundesregierung aus haushaltsmäßigen und energiepolitischen Gründen nicht an eine Erhöhung der Kilometerpauschale denkt.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Abgeordneter Stiegler.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Steuersenkungsprogramm 1984 prüfen, ob nicht in diesem Bereich Mittel für einen Abbau der Nachteile der Fernpendler eingesetzt werden können, d. h. eine entsprechende Anhebung der Kilometerpauschale erfolgt?
Nach den Erklärungen der Bundesregierung - ich erinnere an den Jahreswirtschaftsbericht, ich erinnere an eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU - ist nicht vorgesehen, die Kilometerpauschale im Zusammenhang mit der beabsichtigten Mehrwertsteuererhöhung anzuheben, die über die Lohn- und Einkommensteuer wieder ausgeglichen werden soll. Aber ich füge hinzu, daß es noch keine detaillierten Festlegungen darüber gibt, in welcher Weise diese Steuermehreinnahmen zurückgegeben werden.
Ich rufe die Frage 59 des Abgeordneten Dr. Häfele auf:
Wann wird die Bundesregierung den nunmehr von allen Seiten als erforderlich gehaltenen Nachtragshaushaltsplan 1982 im Deutschen Bundestag einbringen?
Sehr geehrter Herr Dr. Häfele, die Bundesregierung beabsichtigt, den Entwurf des Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan am 18. Juni dieses Jahres im Deutschen Bundestag einzubringen.
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. Häfele, bitte schön.
Bedeutet das, daß die erste Lesung noch vor der Sommerpause stattfinden kann?
Herr Kollege, die Bundesregierung geht davon aus, daß die erste Lesung noch im Juni stattfindet - das wäre die letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause -, sofern man sich nicht darauf verständigt, den Entwurf nach § 94
der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages unmittelbar an den Haushaltsausschuß zu überweisen.
Ich rufe die Frage 61 des Abgeordneten Glos auf. - Er ist nicht im Saal. Hinsichtlich der Fragen 61 und 62 des Abgeordneten Glos verfahren wir entsprechend unserer Geschäftsordnung.
Der Abgeordnete Dr. Jahn ({0}) hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 63 und 64 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 65 des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup auf:
Kann die Bundesregierung Presseberichte ({1}) bestätigen, nach denen sich die Anzahl der Ausbildungsplätze bei den sechs größten Unternehmen mit Bundesbeteiligung im Jahr 1982 gegenüber 1981 verringert hat?
Sehr geehrter Herr Kollege, wenn Sie einverstanden sind, möchte ich gerne beide Fragen zusammen beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 66 des Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup auf:
Welche Gründe werden für diese Verringerung des Angebots an Ausbildungsplätzen angegeben?
Die Bundesregierung kann die genannten Presseberichte in der „Wirtschaftswoche" nicht bestätigen. Die Zahl der bei den dort genannten sechs größten Unternehmungen mit Bundesbeteiligung - also die Unternehmen, auf die der Presseartikel ausdrücklich Bezug nimmt - zur Verfügung stehenden Lehrstellen steigt nach den vorliegenden Planungen auch in diesem Jahr weiter an.
In den Zahlen der „Wirtschaftswoche" sind offenbar neben den Auszubildenden in anerkannten Ausbildungsberufen auch Praktikanten und Volontäre enthalten. Nur bei diesem Personenkreis, also Praktikanten und Volontären - das ist ein Problem, das bildungs- und ausbildungspolitisch weniger bedeutsam ist -, gehen die Planzahlen leicht zurück. Hingegen wird die Ausbildungsleistung für Ausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz und nach der Handwerksordnung zunehmen.
Der Anstieg der Lehrstellen wird bei den sechs großen Industriekonzernen des Bundes 1982 voraussichtlich 1 % betragen. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß diese industriellen Bundesunternehmen in den letzten drei Jahren, in denen bekanntlich besonders geburtenstarke Jahrgänge in das Berufsleben integriert werden mußten, ihre Ausbildungskapazität um rd. 39 % erhöht haben, im letzten Jahr um 13 % - das sind 2 245 zusätzliche Ausbildungsplätze in 1981. Demgegenüber haben Handel und Industrie - das sind die vergleichbaren Bereiche - ihr Ausbildungsplatzangebot bekanntlich um 8,3 % verringert. Die genannten industriellen Bundesunternehmen haben also heute bei nur geringfügig höherer Beschäftigtenzahl fast doppelt soviele Ausbildungs5960
plätze wie 1973. Die Bilanz der Bemühungen der Bundesregierung in diesem Bereich läßt sich also im Vergleich zur Gesamtwirtschaft durchaus sehen.
Ich habe noch nachzutragen, daß auch die Frage 60 auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Poß, schriftlich beantwortet wird. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir können den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen damit verlassen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Das Haus ist durch seinen Parlamentarischen Staatssekretär Grüner vertreten.
Ich rufe die Frage 67 der Abgeordneten Frau Hürland auf:
Zu welchem Zeitpunkt haben die Bergbauunternehmen im Jahr 1981 die Erhöhung des Kohlepreises beantragt, und mit welcher Begründung wurde die Kohlepreiserhöhung abgelehnt?
Ich würde beide Fragen gern im Zusammenhang beantworten, Herr Präsident.
Sind Sie damit einverstanden, Frau Abgeordnete? - Dann können wir so verfahren.
Ich rufe also auch die Frage 68 der Abgeordneten Frau Hürland auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob der beantragte erhöhte Kohlepreis bereits von Antragstellung an von den Bergbauunternehmen den Abnehmern in Rechnung gestellt wurde, und wenn ja, mit welchen Mitteln wird sie gegen diese nichtgenehmigte Kohlepreiserhöhung gegebenenfalls vorgehen?
Die Bergbauunternehmen setzen ihre Listenpreise in eigener Verantwortung unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Energiemarkts fest; es bedarf hierzu keiner behördlichen Genehmigung und damit auch keiner vorherigen Beantragung. Die Unternehmen sind nach dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl lediglich verpflichtet, ihre Preislisten und Verkaufsbedingungen zu veröffentlichen und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vor Inkrafttreten mitzuteilen. Eine Sonderregelung gilt für den sogenannten angemessenen Kraftwerkskohlenpreis, der im Rahmen der Verstromungsregelung festgelegt wird.
Auch bei Lieferungen von Kraftwerkskohle an die Elektrizitätsversorgungsunternehmen legen die Bergbauunternehmen ihre Listenpreise in eigener Verantwortung fest. Diese Listenpreise zahlen die Energieversorgungsunternehmen unter dem Vorbehalt, daß dieser Preis nach Überprüfung durch das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft auch als angemessen festgestellt wird. Soweit der vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft als angemessen festgesetzte Preis unter dem Listenpreis liegt, kommt es - je nach der Vertragsgestaltung zwischen dem Bergbauunternehmen und dem einzelnen Energieversorgungsunternehmen - zu Rückzahlungen oder Verrechnungen in der nächsten Preisperiode.
Die Angemessenheit des Preises wird gemäß § 3 Abs. 7 des Dritten Verstromungsgesetzes in Verbindung mit den hierzu ergangenen Richtlinien beurteilt. Danach soll der angemessene Kraftwerkskohlenpreis grundsätzlich kostendeckend sein; er wird auf der Basis der sogenannten Schwantag-Formel ermittelt.
Im Jahre 1981 hat der Bergbau beim Bundesminister für Wirtschaft Änderungen des der Ermittlung des angemessenen Preises zugrunde liegenden Kostenrechnungssystems beantragt. Bis auf Einzelfragen ist die Prüfung der Anträge abgeschlossen und die entsprechende Grundsatzentscheidung getroffen worden.
Bevor das Bundesamt für das Jahr 1981 die angemessenen Kraftwerkskohlenpreise feststellen kann, haben die Bergbauunternehmen eine Reihe von Berechnungen vorzulegen. Hiermit ist nach Auskunft des Bergbaus Ende April/Anfang Mai 1982 zu rechnen. Wenn diese Berechnungen durch das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft überprüft sind, wird die endgültige Feststellung des angemessenen Preises erfolgen. Ob und inwieweit es dann zu Rückzahlungen oder Verrechnungen zwischen Bergbauunternehmen und Energieversorgungsunternehmen kommen wird, kann erst danach festgestellt werden; in der Presse verbreitete Zahlen sind spekulativ.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Hürland.
Herr Staatssekretär, Sie haben zwar geantwortet, was sein wird, aber meine Frage lautete, wann die Kohleunternehmen im Jahre 1981 den Antrag auf Genehmigung der Erhöhung des Kraftwerkskohlenpreises gestellt haben. Das ging aus Ihrer Antwort leider nicht hervor.
Ich bitte um Entschuldigung, Frau Kollegin. Es ist tatsächlich richtig, daß ich den Zeitpunkt der Antragstellung nicht zur Hand habe. Es hat in dieser Frage sehr langwierige Verhandlungen gegeben. Ich werde Ihnen aber den exakten Zeitpunkt nachliefern. Er ist für den hier dargestellten Gesamtzusammenhang nicht entscheidend.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Frau Abgeordnete Hürland.
Entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär, daß ich noch einmal nachfrage. Für mich ist es sehr entscheidend, wann der Antrag gestellt worden ist. Ist Ihnen bekannt, daß die Bergbauunternehmen den erhöhten Kohlepreis gegenüber den Abnehmern bereits von der Antragstellung an gefordert haben? Ich möchte von Ihnen auch gerne wissen, um welche Summen es sich hierbei handelt.
Frau Kollegin, gerade weil nach Feststellung des angemessenen Preises die Bergbauunternehmen verpflichtet sind, etwaige Mehrzahlungen der Energieversorgungsunternehmen mit Zinsen zurückzuerstatten bzw. zu verrechnen, ist die Frage, ab wann dieser erhöhte LiParl. Staatssekretär Grüner
stenpreis berechnet worden ist, nicht von so entscheidender Bedeutung. Das ist übrigens die Praxis all der vergangenen Jahre gewesen, die auch hier angewandt worden ist.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Frau Abgeordnete Hürland.
Entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär, wenn ich hier einen Widerspruch feststelle. Zum einen sagen Sie, die Kohlebetreiber nähmen den höheren Preis von Antragstellung an - es handelt sich um enorme Beträge -, und zum anderen sagen Sie, der Zeitpunkt der Antragstellung sei nicht ausschlaggebend. Ich komme hier nicht ganz klar.
Zum zweiten möchte ich gerne wissen, ob die Schwantag-Formel in Zukunft nicht mehr Grundlage Ihres Genehmigungsverfahrens sein wird.
Der Zeitpunkt der Antragstellung ist deshalb nicht von materieller Bedeutung, weil etwaige Überzahlungen der Energieversorgungsunternehmen vom Bergbau an die Energieversorgungsunternehmen mit Zinsen zurückzuerstatten sind, so daß den Energieversorgungsunternehmen und damit auch dem Energieverbraucher daraus kein materieller Schaden entsteht.
({0})
Die Schwantag-Formel bleibt auch in Zukunft Grundlage zur Ermittlung des angemessenen Kraftwerkskohlenpreises. Im Jahre 1981 haben allerdings die Bergbauunternehmen eine beträchtliche Ausweitung der Kostenelemente, die in die SchwantagFormel aufgenommen werden sollten, beantragt. Die Verhandlungen darüber, ob eine Erweiterung der Schwantag-Formel im Sinne des Bergbaus erfolgen solle oder nicht, haben verhältnismäßig lange Zeit in Anspruch genommen. Es bleibt aber bei der Anwendung der Schwantag-Formel in der bisherigen Form.
Zu einer letzten Zusatzfrage Frau Abgeordnete Hürland.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Stromversorgungsunternehmen die Strompreiserhöhung zum 1. Oktober 1981 mit der Kohlepreiserhöhung begründet haben, und ist dann die durch die jeweiligen Landesminister erfolgte Strompreiserhöhung nicht hinfällig?
Die Landesminister sind verpflichtet, auf Grund der nachgewiesenen und anerkannten Kosten der Energieversorgungsunternehmen Preiserhöhungen zu genehmigen. Das heißt: In diese Kostenbetrachtung gehen auch Erstattungen ein, die der Bergbau etwa an die Energieversorgungsunternehmen zu leisten hat.
({0})
Ich rufe die Frage 69 des Abgeordneten Funk ({0}) auf.
Kann die Bundesregierung die Zahl der Selbständigen nennen, welche im Jahr 1981 ihre Betriebe bzw. ihre selbständige Tätigkeit aufgegeben haben, und wie viele Arbeitskräfte von dieser Entwicklung betroffen sind?
Nach vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes hat die Zahl der Selbständigen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1981 um 46 000 von 2 418 000 auf 2 372 000 abgenommen. Ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft betrug der Rückgang 40 000; von 1 879 000 auf 1 839 000. Über die Höhe der Zu- und Abgänge, die sich hinter dieser Bestandsveränderung verbergen, und über die Zahl der Arbeitskräfte, die von dieser Entwicklung betroffen sind, liegt kein statistisches Material vor.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Funk.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir sagen, wieviel Ausbildungsplätze und wieviel Ausbildungsangebote dadurch verlorengegangen sind?
Nein, Herr Kollege, auch darüber haben wir keine statistischen Unterlagen.
({0})
Ich rufe die Frage 70 des Abgeordneten Funk ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, welche Branchen und Berufszweige von diesen Betriebsauflösungen besonders betroffen sind und welche Gründe für den Rückgang der Selbständigen maßgebend sind?
Der Rückgang der Zahl der Selbständigen außerhalb der Landwirtschaft im Jahre 1981 ist auf die Entwicklung in den Bereichen produzierendes Gewerbe sowie Handel und Verkehr zurückzuführen, die eine Abnahme von 24 000 bzw. 18 000 zu verzeichnen hatten. Im Bereich Dienstleistungen ergab sich dagegen auch 1981 eine Zunahme um 2 000.
Statistische Angaben über die Selbständigen nach Berufsgruppen liegen für 1981 nicht vor. Der Rückgang der Zahl der Selbständigen dürfte maßgeblich von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung beeinflußt worden sein. Die Entwicklung der Zahl der Selbständigen kann nicht isoliert von der allgemeinen wirtschaftlichen Lage gesehen werden. Die schwierigen konjunkturellen Bedingungen des letzten Jahres haben auch an Selbständige besondere Anforderungen gestellt und ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit verlangt. Festzuhalten ist jedoch, daß sich der Rückgang der Zahl der Selbständigen von 1970 bis 1981 im Vergleich zum davorliegenden Jahrzehnt abgeschwächt hat: von 1960 bis 1970 ein Rückgang um 202 000, von 1970 bis 1981 ein solcher von 84 000. Diese Entwicklung ist auf eine verlangsamte Abnahme im produzierenden Gewerbe zurückzuführen, während im Dienstleistungsbereich eine kontinuierliche positive Entwicklung zu verzeichnen war: 1960 bis 1970 plus 65 000, 1970 bis 1981 plus 63 000. Auch die Selbständigenquote, d. h. der Anteil der Zahl der Selbständigen an der Zahl der
Erwerbstätigen, die ein aussagekräftigeres Bild der Entwicklung als die absolute Zahl allein bietet, ist von 1970 mit 7,9 % bis 1981 mit 7,6 % erheblich weniger zurückgegangen als im Vergleich 1970 zu 1960, wo der Rückgang 9,4 % betragen hat.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Funk.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, diesen zweifellos verhängnisvollen Rückgang an selbständigen Existenzen zu stoppen, und was gedenkt die Regierung dagegen zu tun?
Wir haben durch ein umfassendes Programm zur überdurchschnittlichen steuerlichen Entlastung der Selbständigen - ich erinnere an die Erhöhung der Gewerbeertragsteuerfreibeträge und an die Einführung von Gewerbekapitalsteuerfreibeträgen - und u. a. auch durch ein Existenzgründungsprogramm mit eigenkapitalähnlicher Beteiligung des Bundes sowie durch Erhöhung der Vorwegabzüge für die Selbständigen den Versuch gemacht, von den Rahmenbedingungen her die Lage der Selbständigen und die Möglichkeit zur Gründung von selbständigen Existenzen zu erleichtern.
Zu einer letzten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Funk.
Herr Staatssekretär, ist auch daran gedacht, die Selbständigen von bürokratischen Hemmnissen etwas zu befreien, und wo, denken Sie, kann man hier ansetzen?
Daran ist gedacht. Wir erwarten insbesondere auch konkrete Vorschläge zur Entlastung von bürokratischen Hemmnissen; u. a. verlangen wir keine Statistiken, deren Fehlen Sie gerade hier bedauert haben, Herr Kollege.
Die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen. - Herr Abgeordneter Peter, ich kann Ihre Zusatzfrage deswegen leider nicht mehr zulassen.
Meine Damen und Herren, wie ich Ihnen zu Beginn der Sitzung schon mitgeteilt habe, hat die Fraktion der CDU/CSU gemäß Nr. 1 c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Zwangsumtausch für Reisende in die DDR" verlangt. Das Verlangen ist fristgerecht entsprechend Nr. 2 b der Richtlinien gestellt worden. Interfraktionell ist vereinbart worden, die Aktuelle Stunde jetzt durchzuführen. Darf ich das Haus fragen, ob es damit einverstanden ist? - Ich stelle dies fest. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache in der Aktuellen Stunde.
Das Wort hat der Abgeordnete Lorenz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem 10. Oktober 1980 sind die innerdeutschen Beziehungen außerordentlich belastet. Durch die skrupellose Erhöhung des Zwangsumtauschs hat Ost-Berlin die finanzielle Abgrenzungsmauer ein entscheidendes Stück nach oben gezogen. Der Reiseverkehr in die DDR und nach Ost-Berlin ist dadurch nachhaltig gedrosselt, sein Volumen ist praktisch halbiert worden.
Getroffen wurden in erster Linie die Menschen im geteilten Deutschland, getroffen wurde aber auch ein Kernstück der innerdeutschen Vertragspolitik,
({0})
und dies ist in der Tat ein Politikum ersten Ranges.
({1})
Ich glaube, in dieser Bewertung sollten wir uns alle einig sein.
Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, sie werde sich mit der Erhöhung des Zwangsumtausches nicht abfinden. Sie hat, hierin endlich der Union folgend, den Gesamtzusammenhang der Beziehungen mit der DDR hervorgehoben und dabei auf die anstehenden Swing-Verhandlungen verwiesen. Bundesminister Franke z. B. hat sehr bildhaft das „Ende der Fahnenstange" für den Swing angekündigt, ja, er hat sogar Konsequenzen mit Blick auf die Straßenbenutzungspauschale angedeutet.
Meine Damen und Herren, dies alles hört sich sehr nach Festigkeit und nach Entschlossenheit an.
({2})
Wir haben es mit Aufmerksamkeit und mit wohlwollendem Interesse zur Kenntnis genommen.
Doch seit die SPD in den letzten Wochen damit begonnen hat, die Festigkeit der Bundesregierung auch zu testen, ist die bisherige Position der Bundesregierung offenbar immer mehr ins Wanken geraten.
({3})
Kaum hat die DDR Härte signalisiert und gleichzeitig mit Konsequenzen für den Fall gedroht, daß der Swing auf seine vertragliche Höhe von 200 Millionen absinken könnte, macht die Bundesregierung offenbar einen Rückzieher nach dem anderen. Da wird z. B. erklärt, der Swing sei kein Hebel, um die DDR zu einem Entgegenkommen im humanitären Bereich zu bewegen.
Nun, meine Damen und Herren, natürlich ist der Swing kein Hebel, mit dem man die SED zu allem und jedem zwingen könnte - wir machen uns da keine Illusionen -, aber er ist eines der noch vorhandenen Instrumente, das man nach unserer Auffassung eben nicht freiwillig wegwerfen darf!
({4})
Ob man das nun „Junktim" oder „Gesamtzusammenhang" nennt: Zwischen Swing und Zwangsumtausch besteht selbstverständlich eine innere Verbindung. Beides sind doch Deviseneinnahmequellen für die DDR. Die Lösung der einen Frage liegt im Interesse der DDR, die Lösung der anderen in unserem Interesse, und wir sind der Meinung, daß zwiLorenz
schen beidem ein fairer Interessenausgleich gefunden werden muß, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Von seiten der Regierung wird schließlich gelegentlich dafür plädiert, man dürfe die SED nicht überfordern; ihre Spielräume seien eben begrenzt. Lassen Sie mich ganz klar sagen, daß wir dafür in diesem Zusammenhang überhaupt kein Verständnis haben!
({5})
Worum geht es denn? Es geht darum: Die DDR-Regierung hat mutwillig die innerdeutsche Geschäftsgrundlage schwer beschädigt.
({6})
Sie hat klar gegen die Ziele des Grundlagenvertrages, gegen die Ziele des Verkehrsvertrages und auch gegen die KSZE-Schlußakte verstoßen. Wir fordern doch jetzt nicht mehr als die Rücknahme von Vertragsverstößen und die Einhaltung von Verträgen. Wenn das der SED nicht mehr zumutbar sein sollte, dann allerdings wäre das, meine Damen und Herren, der Zusammenbruch der Vertragspolitik;
({7})
dann wäre nämlich die DDR nicht mehr vertragsfähig.
Jedenfalls demontieren sowohl die Spekulationen als auch die Signale des Zurückweichens die Verhandlungsposition der Bundesrepublik Deutschland und nützen nur der SED. In dieser Lage hält die CDU/CSU-Fraktion es für dringend geboten, der Bundesregierung Standhaftigkeit zu empfehlen; denn auf dem Spiel stehen die Glaubwürdigkeit der Vertragspolitik,
({8})
die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung und auch die Glaubwürdigkeit der Begegnung am Werbellinsee, meine Damen und Herren.
({9})
Im Rahmen der Rollenverteilung zwischen Regierung und Opposition sehen wir es als unsere Pflicht an, die Verhandlungsposition der Bundesrepublik Deutschland zu stärken. Genau das und allein das ist der Zweck der von uns beantragten Aktuellen Stunde.
Die richtige Richtung hat Bundesminister Graf Lambsdorff aufgezeigt, als er am 12. Dezember 1981 in Biesenthal erklärte, daß „wir" - d. h. in diesem Falle die Bundesregierung - „eine Swing-Verlängerung nicht nur als eine rein ökonomische und kommerzielle Frage ansehen, sondern daß sie im politischen Gesamtzusammenhang gesehen werden muß"; und er nannte dabei die Frage der Heraufsetzung der Mindestumtauschsätze.
Wir begrüßen diese Position ausdrücklich, und wir erwarten, daß die Bundesregierung an dieser klaren Linie festhält.
({10})
Das bedeutet konkret: Erstens. Die Frage des Swing darf nicht von der Frage des Zwangsumtauschs abgekoppelt werden.
Zweitens. Die DDR muß Voraussetzungen schaffen, die einen innerdeutschen Reiseverkehr in seinem früheren Umfange wieder ermöglichen. Andernfalls darf es keine Neuverhandlungen über den Swing geben.
Drittens. Ein bloßer Sozialrabatt für Rentner und Jugendliche führt nicht zur Wiederherstellung der innerdeutschen Geschäftsgrundlage. Menschliche Erleichterungen auf anderen Gebieten - so sehr wir sie begrüßen würden - können kein Ersatz für den Abbau der Hürden im innerdeutschen Reiseverkehr sein.
Wenn die Bundesregierung diese Maßstäbe beachtet und sie mit Festigkeit vertritt, dann wird sie die Opposition immer auf ihrer Seite haben.
({11})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Professor Dr. Diederich.
Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lorenz! Wir finden uns in einer Linie, wenn es darum geht, festzustellen, daß die Erhöhung des Mindestumtauschs die Beziehungen zwischen den beiden Staaten auf deutschem Boden erheblich belastet hat und den Fortgang des Entspannungsprozesses ein wenig zum Anhalten gebracht hat.
({0})
Wir müssen aber gleichzeitig hinzufügen, daß unseres Erachtens die Bundesregierung bisher mit Festigkeit auf eine Revision hingewirkt hat und daß wir in der Koalition - und ich hoffe, mit Ihnen gemeinsam - alles tun werden, um diese Festigkeit der Bundesregierung zu bestärken. Wir können in der Silben- und Wortklauberei an einzelnen Äußerungen nicht erkennen, daß die Bundesregierung hier von ihrem ursprünglichen Standpunkt abgegangen ist.
Wir sollten uns aber auch hüten, jetzt durch eine Diskussion am falschen Ort den Fortgang der Verhandlungen zu stören.
({1})
Sie wissen ganz genau, daß die Ursachen der Erhöhung des Mindestumtausches seitens der DDR kaum in ökonomischen Problemen zu finden sind. Es ist ein Fehler, die Rechtfertigung der DDR zur Grundlage eigener Handlungsentscheidungen zu machen und zu glauben, daß man die DDR mit einem kleinen ökonomischen Hebel zur Rücknahme veranlassen kann.
({2})
Das Drohen mit Sanktionen hat sich in der Vergangenheit immer als ein ungeeignetes Mittel erwiesen. Ich möchte nur an das erinnern, was schon einmal im Jahre 1960 im innerdeutschen Handel passiert ist; ich brauche das nicht auszuführen. Damals hat sich das, was die Bundesregierung damit bewirken wollte, nicht erreichen lassen.
Dr. Diederich ({3})
Die DDR-Regierung ist an einer Abgrenzung interessiert. Wir können nur versuchen, mit sehr viel Geduld und mit außerordentlicher Zähigkeit darzustellen, daß ein Zusammenhang zwischen allen Aspekten der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten - also einschließlich Mindestumtausch und Swing - besteht. Wir sind aber nicht bereit, ein Junktim im Sinne einer Selbstfesselung herzustellen. Wir sind auch nicht bereit, der CDU bei ihrer „Methode Rumpelstilzchen" zu folgen.
({4})
Die DDR wird sicherlich in Rechnung stellen müssen, was passiert, wenn sie ihr entspannungsfeindliches Verhalten beibehält.
({5})
Wir sind aber nicht der Meinung, daß man den Swing hier als Hebel einsetzen kann. Vielmehr sind wir zuversichtlich, daß die ja noch fortgehenden Gespräche - -({6})
Meine Damen und Herren, die Zeit, in der die Gespräche laufen, ist doch noch gar nicht vorbei. Wir sind in einem Gesprächs- und Verhandlungsprozeß, und Sie verlangen Vorabfestlegungen.
({7})
Sie verlangen Vorabfestlegungen, während beide Seiten in einem mühseligen Verhandlungsprozeß dabei sind, die Positionen zu finden, auf die man sich einigen kann.
({8})
Wir haben die Zuversicht, daß die Bundesregierung mit Klarheit und Festigkeit hier Ergebnisse erreichen wird, die im weiteren Fortgang der Verhandlungen zwischen beiden deutschen Staaten auch der Bevölkerung, den Bürgern in beiden deutschen Staaten zugute kommen.
({9})
Ich erteile dem Abgeordneten Ronneburger das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der „Deutsche Depeschen-Dienst" brachte unter dem Datum des 10. Mai folgende Meldung - ich zitiere auszugsweise -:
Spekulationen und ins Kraut schießende Tartarenmeldungen über den Mindestumtausch für Reisende in die DDR hat der deutschlandpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Peter Lorenz als eine überaus schädliche Entwicklung bezeichnet.
Ich frage Sie allerdings, Herr Kollege Lorenz, wie Sie dann den Grund für die heutige Aktuelle Stunde auf der Basis von Spekulationen und nicht von abgeschlossenen Entwicklungen gegenüber dieser Ihrer
eigenen Aussage als nicht schädlich bezeichnen wollen.
({0})
Im Namen der FDP-Fraktion kritisiere ich nachdrücklich den Zeitpunkt, zu dem diese Aktuelle Stunde stattfindet, und ich werde das begründen. Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff hat bei der Pressekonferenz in Biesenthal/Bogensee festgestellt, daß über die Verlängerung des Swing innerhalb der nächsten sechs Monate, also bis zum 30. Juni 1982, eine Einigung herbeigeführt werden müsse. Mit Recht hat der Bundeswirtschaftsminister darauf hingewiesen, daß wir eine Swing-Verlängerung nicht als eine rein ökonomische und kommerzielle Frage ansehen, sondern daß sie im politischen Gesamtzusammenhang gesehen werden muß.
Des weiteren ist, wie ich meine, zu Recht darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Frage der Heraufsetzung der Mindestumtauschsätze einen Eingriff in den Kernbereich der innerdeutschen Beziehungen darstellt. Dies ist überhaupt nicht aus der Welt zu reden und sollte auch von der DDR so gesehen werden. Daher können und wollen wir überhaupt nicht die Frage der menschlichen Erleichterungen, der humanitären Probleme, der Reiseerleichterungen etwa völlig trennen von den finanziellen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die wir im Verhältnis zur DDR gelten lassen.
Aus diesen Gründen halte ich die Debatte zum heutigen Zeitpunkt für überflüssig und vielleicht sogar für schädlich. Denn die Frist für die von beiden Regierungen übereinstimmend bekundete Absicht endet am 30. Juni. Ich stelle die Frage, ob wir durch diese Aktuelle Stunde, in der wir in unserer Argumentation angesichts der Verhandlungssituation der Bundesregierung gehemmt und eingeschränkt sind, nicht der Gruppe im Politbüro der DDR die Arbeit abnehmen, die sich gegen Honeckers Worte vom Werbellinsee zu stellen scheint.
({1})
Wir diskutieren hier nicht über Fakten, sondern besorgen womöglich das Geschäft derjenigen, die ein Interesse daran haben, daß die Menschen in beiden deutschen Staaten nicht zueinander kommen. Aus gutem Grund haben seinerzeit der Bundeskanzler und die Bundesminister Lambsdorff und Franke in der DDR Gespräche ohne Vorbedingungen geführt. Sie haben die sichtbare Bereitschaft gezeigt, Kompromisse zu suchen, ohne daß der eine dem anderen oder der andere dem einen einen Gesichtsverlust zumutet.
({2})
Die FDP-Fraktion wird die Bundesregierung in ihrem Bemühen weiterhin unterstützen, unsere Politik sowohl gegenüber den Menschen in der DDR als auch gegenüber der Führung der DDR berechenbar und konsequent zu halten. Auch die Menschen in der
DDR wissen schließlich, was Honecker am 23. April auf dem Zehnten Gewerkschaftskongreß des FDGB erklärt hat. Er hat gesagt: Die Zeichen, die damals am Werbellinsee gesetzt worden sind, haben unseres Erachtens auch heute noch ihre volle Gültigkeit.
({3})
Wenn man diese Worte ernstnimmt - und ich bin bereit, das trotz der erkennbaren Mehrheitsverhältnisse im Politbüro zu tun -, dann erwarten wir allerdings nicht nur Worte, sondern wir erwarten, Herr Kollege Reddemann, auch Taten. Aber in dem Maße, in dem wir bereit sind, in unser politisches Handeln Empfindlichkeiten und Schwierigkeiten der anderen Seite mit einzukalkulieren, muß auch die DDR bereit sein, unsere Wünsche und Motive zu respektieren und zu berücksichtigen.
({4})
Im Gegensatz zu Teilen der Führung der DDR wissen wir uns mit der überwiegenden Zahl der Deutschen in beiden deutschen Staaten, in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, darin einig,
({5})
daß die Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten keine Einbahnstraße sein können und dürfen.
Noch eines - ich sage das in aller Deutlichkeit - sollte in der DDR nicht übersehen werden: Die internationale Glaubwürdigkeit dieses Staates wird Schaden leiden, wenn die Grenze in ihrer Unmenschlichkeit und ihrer weitgehenden Undurchlässigkeit - jedenfalls in einer Richtung - so bleibt, wie sie heute ist; denn noch so viele Bilder von Staatsbesuchen Honeckers wie z. B. in Österreich, Japan oder Mexiko können die Weltöffentlichkeit auf Dauer nicht von dem Bild dieser Grenze quer durch unser geteiltes Land ablenken. Dazu gehört neben allem anderen auch die Frage des Zwangsumtausches.
Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion baut auf das konsequente Handeln der Bundesregierung und wird diese nach Kräften dabei unterstützen, in dem so komplizierten, aber gleichzeitig so empfindlichen Spannungsfeld zwischen zwei Staaten eines Volkes nach der Gewährung selbstverständlicher Rechte und der Verwirklichung von Freiheit für Deutsche in Deutschland zu streben. - Ich danke Ihnen.
({6})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Lintner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ronneburger, Sie haben die heutige Aktuelle Stunde als schädlich bezeichnet. Da muß ich mir aber nun doch erlauben, sie darauf hinzuweisen, daß wir den Anlaß für diese Aktuelle Stunde nicht geliefert haben. Diese Aktuelle Stunde ist notwendig, weil die Verwirrung zu dem
Thema durch Äußerungen seitens Regierungsmitglieder geschaffen worden ist.
({0})
Die Öffentlichkeit hat ein Bedürfnis, daß die Dinge wieder eindeutig klargestellt werden. Deswegen, Herr Kollege Diederich, geht es nicht darum, irgendwelche Wortklaubereien zu betreiben. Wir verlangen vielmehr, daß die Regierung bei diesem elementaren Thema weiterhin zu dem steht, was vorhin der Kollege Lorenz bereits gesagt und was der Herr Minister Franke immer betont hat.
({1})
Erstens glaube ich feststellen zu können, daß die Opposition das Treffen des Bundeskanzlers mit Herrn Honecker sehr konstruktiv begleitet hat. Obwohl sehr viel Anlaß bestand, den geradezu euphorischen Lobpreisungen des Bundeskanzlers über den „Geist vom Werbellinsee" zu mißtrauen, haben wir der Bundesregierung die sich von ihr selbst eingeräumte Halbjahresfrist durchaus zugestanden und diese Angelegenheit toleriert. Wir haben akzeptiert, daß Sie sich ein halbes Jahr Zeit nehmen wollten, um z. B. die Frage der Reduzierung des Mindestumtausches zu erledigen. Wenn nun Zweifel an der Festigkeit dieses Willens seitens der Bundesregierung entstanden sind, dann deshalb, weil plötzlich Herr Bölling und andere davon gesprochen haben, daß der postulierte Gesamtzusammenhang nicht mehr gelten soll.
Meine Damen und Herren, es bleibt daher festzuhalten, daß die Bundesregierung, sprich: der Bundeskanzler höchstpersönlich hinsichtlich dessen, was zwischen der Bundesrepublik und der DDR nach seinem Treffen mit dem SED-Chef regelbar sei, einen sehr hohen Erwartungshorizont geschaffen hat und daß eben zwangsläufig heute, wo sich herausstellt, daß solche Hoffnungen nicht berechtigt sind, eine tiefe Enttäuschung und eine heftige Diskussion zu verzeichnen sind.
Zweitens bewegt uns die Sorge, meine Damen und Herren, daß die Interessen der Bundesrepublik Deutschland durch die Verhaltensweise von Repräsentanten der Bundesregierung und der SPD-Fraktion Schaden erlitten haben,
({2})
und zwar deshalb, Herr amtierender Fraktionsvorsitzender, weil es sich zwangsläufig dahin auswirken muß, wenn all die Worte angeblicher Festigkeit plötzlich in den Reihen der SPD in Zweifel gezogen werden, daß damit natürlich der DDR so quasi der Versuch nahegelegt wird, den immer betonten Gesamtzusammenhang nun tatsächlich zu durchbrechen und zu lösen. Die Überlegung, dafür könnte es eine Chance geben, ist der DDR-Führung quasi regierungsamtlich oder SPD-amtlich nahegelegt worden. Nun droht etwas, was ich hier auch nicht verschweigen will: Wenn so weiter verfahren wird, dann droht die Deutschlandpolitik zum Spielball der SED zu werden, d. h. Ihnen droht die Führung in diesem
wichtigen politischen Bereich aus den Händen genommen zu werden.
Nun, meine Damen und Herren, die Union bleibt ihrer konstruktiven Linie treu. Wir meinen, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zur Höhe des zinslosen Überziehungskredites besteht. Wir meinen auch, daß auf der Reduzierung des Swing auf 200 Millionen DM und auf der Rücknahme der Höhe des Mindestumtausches auf den Stand vor Oktober 1980 bestanden werden muß. Wir empfehlen Ihnen auch, bei Verhandlungen, die darüber zu führen sind, endlich dafür zu sorgen, daß solche Vereinbarungen schriftlich abgesichert werden, damit wir bei den Sanktionen dann nicht immer auf allgemeine Vertragsgrundlagen oder den „Geist von Verträgen" angewiesen sind, sondern die Sanktionen vertraglich abgesichert sind, damit hier Politik mit Hand und Fuß betrieben werden kann.
({3})
Die Bundesregierung sollte auch aufhören, quasi durch augenzwinkerndes Verständnis - solche Signale sind ja vorhanden - der SED zu signalisieren, sie könne damit rechnen, von der Verpflichtung freigestellt zu werden, etwa den Mindestumtausch zu senken; und die Bundesregierung sollte aufhören, zu glauben, bereits durch bloßes Goodwill seitens der Bundesrepublik könnten bereits Zugeständnisse erreicht werden. Wir als Opposition werden jedenfalls - das ist unser Grundsatz - eine feste, beständige, den Gesamtzusammenhang wahrende Deutschlandpolitik auch weiterhin konstruktiv begleiten.
({4})
Das Wort hat der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollten uns darüber klar sein, warum diese Aktuelle Stunde heute hier stattfindet. Sie wird nicht veranstaltet, weil das Parlament über einen aktuellen Vorgang von Wichtigkeit unterrichtet werden müßte.
({0})
- Ich darf doch wohl sagen, was ich dazu meine. Sie tun das doch auch. - Anlaß - darüber sind wir uns doch wohl auch einig - sind vielmehr Pressemitteilungen offensichtlich spekulativen Charakters, deren Urheber und Hintergründe nicht bekannt sind.
({1})
- Nicht bekannt sind. Ich betone noch einmal: Die Bundesregierung weiß nicht von solchen Überlegungen, die in dieser Pressemitteilung behandelt wurden.
({2})
Zum Sachverhalt kann ich hier nur noch einmal die längst bekannte Position der Bundesregierung bestätigen: Die DDR hat im Herbst 1980 den Mindestumtausch drastisch erhöht und die bis dahin geltende Befreiung der Rentner, Kinder und Jugendlichen von der Pflicht zum Mindestumtausch aufgehoben. Die Folge war ein erheblicher Rückgang des Reise- und Besuchsverkehrs in die DDR und nach Berlin ({3}).
({4})
- Die Bundesregierung
({5})
hat von Anfang an den Standpunkt eingenommen, die Neuregelung verstoße gegen die Geschäftsgrundlage der innerdeutschen Beziehungen und stelle einen schwerwiegenden Eingriff in die Substanz dieser Beziehungen dar.
({6})
Die DDR, die über den Mindestumtausch in eigener Souveränität entscheidet, kann nicht den geringsten Zweifel hegen, wie ernst die Bundesregierung diesen Vorgang nimmt. Ferner ist der DDR die Entschlossenheit der Bundesregierung bekannt, die Auswirkungen des Mindestumtausches in die Gesamteinschätzung der innerdeutschen Beziehungen einzubeziehen. Dieser Gesamtzusammenhang umfaßt viele Probleme. Für eines dieser Probleme steht zum 30. Juni eine Entscheidung an - für eines dieser Probleme!
Der Oppositionsführer wird von der Bundesregierung rechtzeitig informiert werden, so wie der Berliner Senat bzw. der Regierende Bürgermeister von Berlin, Herr von Weizsäcker, in all den Fragen, die Berlin berühren oder betreffen, ebenfalls zum Meinungsbildungsprozeß und Entscheidungsprozeß mit in Anspruch genommen wird.
Die Entwicklung bis heute wird an der Begegnung vom Werbellinsee gemessen. Warum sind wir im Dezember letzten Jahres an den Werbellinsee gefahren?
({7})
- Lassen Sie mich doch antworten. Ich wollte Ihre Zwischenrufe erst einmal hören. Wir haben nämlich sehr ausführlich darüber gesprochen. Aber wie immer: Die Vergeßlichkeit ist ein begleitender Faktor, von dem auch Abgeordnete nicht befreit sind.
Ich wiederhole: Die Entwicklung bis heute wird an der Begegnung vom Werbellinsee gemessen.
({8})
- Ja, damit auch Sie es begreifen. - Zu dieser Begegnung kam es aus einer Reihe von Gründen. Der wichtigste, j a, der ausschlaggebende Grund war der, den Landsleuten in der DDR gerade in diesen Zeiten der Ungewißheit ein Zeichen der Verbundenheit zu geben,
({9})
ein Zeichen der Gewißheit, daß die politische Führung der Bundesrepublik, verkörpert in der Person des Bundeskanzlers, alles ihr Mögliche unternimmt, um die innerdeutsche Entspannungspolitik lebendig zu halten. Das war die wesentliche Besuchsabsicht. Alle, die sich um unser Thema und die davon direkt betroffenen Menschen wirklich kümmern, wissen und versichern, daß der Besuch des Bundeskanzlers in der DDR tatsächlich weitgehend so verstanden wurde. Wenn Sie Kontakte zu Bewohnern der DDR haben, werden Sie dies bestätigt bekommen haben
- oder Sie haben sich mit denen nicht beschäftigt.
({10})
Meine Damen und Herren, diese Darstellung bedeutet u. a. - um es ganz klar zu sagen -, daß es eine nachträgliche Verfälschung wäre, jetzt so zu tun, als sei die DDR wegen dieses Besuches sozusagen in unserer Schuld und müsse diese nun abzahlen. So ist es nicht. Was jetzt oder in den nächsten Monaten an Verhandlungen ansteht, hat sich wie bisher auf dem Wege des Interessenausgleichs zu bewegen. Auch die DDR hat Wünsche und Interessen.
({11})
- Wenn Sie das überrascht, bin ich erstaunt. Es zeigt, wie wenig Sachkenntnis Sie zu diesem diffizilen Thema aufzuweisen haben. Ich habe mich überhaupt über gewisse Zurufe vorhin gewundert und war überrascht, daß ausgerechnet sehr frische, junge, neue Kollegen, die zu diesem lange gewachsenen Thema überhaupt keine innere Beziehung aufzuweisen haben,
({12})
die kräftigsten Zwischenrufe machten.
({13})
- Das spürt man doch an der Sachaussage, die darin widerklingt.
({14})
So ist es also nicht. Ich sage noch einmal: Was jetzt oder in den nächsten Monaten an Verhandlungen ansteht, hat sich wie bisher auf dem Wege des Interessenausgleichs zu bewegen. Wir haben am Werbellinsee gegenüber der Führung der DDR eine Reihe von Themen und Problemen angesprochen, die uns beschweren oder im Hinblick auf die wir Erleichterungen erwarten.
({15})
Letze Woche hat der Ständige Vertreter der DDR Antworten auf einige unserer Fragen überbracht. Allein daraus kann jeder ersehen, daß sich die Gespräche am Werbellinsee substantiell fortsetzen, daß die Ansätze des Treffens fortwirken.
Natürlich haben wir am Werbellinsee besonders ausfürlich und eindringlich den Gesamtkomplex des Reiseverkehrs vorgetragen, der uns, wie jeder weiß, besonders am Herzen liegt. Im Februar hat die DDR
Erleichterungen im Reiseverkehr für DDR-Bürger in dringenden Familienangelegenheiten eingeführt, und zwar als Folge der Begegnung am Werbellinsee. Als Folge davon stieg die Zahl der Reisen im März dieses Jahres um mehr als 20 % gegenüber dem Vergleichswert vom März des Vorjahres an. Meine Damen und Herren, das sind meßbare Ergebnisse. Nehmen Sie diese Bitte auch zur Kenntnis. Wir wissen, daß es uns allen sympathischer wäre, wenn noch viel mehr erreicht würde. Manchmal sind aber die kleinen Schritte auf dem Wege zum richtigen Ziel viel wertvoller als nur pathetisch gehaltene Reden.
({16})
Es ist also alles andere als richtig, zu sagen, die Gespräche am Werbellinsee seien eine folgenlose Episode gewesen. Ich denke, das wird sich im Laufe des Jahres noch weiter zeigen. Jetzt schreiben wir Mai. Am Werbellinsee und danach haben wir sowohl hier im Plenum wie auch in der Pressekonferenz die Erwartung zum Ausdruck gebracht, daß wir in diesem Jahr Bewegungen in Richtung auf Lösung der Fragen, die wir dort angesprochen haben, sehen werden.
Die Bundesregierung wird bei ihrer bewährten Haltung bleiben. Wir werden unverdrossen, mit Augenmaß und Festigkeit die Zusammenarbeit mit der DDR suchen, soweit es eben möglich ist. Aus Erfahrung wissen wir, daß Zwang und Automatismen jeder Art keine tauglichen Mittel sind. Wir werden nur vorankommen, wenn wir uns die Fähigkeit zum Interessenausgleich bewahren. Anders gibt es überhaupt keine Lösung. - Ich danke Ihnen.
({17})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Geßner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es steht natürlich außer jedem Zweifel, daß die Erhöhung des Zwangsumtauschgeldes dem Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und der DDR in ganz erheblicher Weise geschadet und es beeinträchtigt hat. Aus den Debatten im innerdeutschen Ausschuß weiß ich allerdings sehr gut, daß die Bundesregierung mit Standhaftigkeit bemüht gewesen ist, das Ihre zu tun, um den alten Zustand wiederherzustellen.
Eben ist davon gesprochen worden, die Regierung solle Standhaftigkeit beweisen. Ich muß sagen: Hier wird mit einer Unterstellung gearbeitet. Diese Regierung ist standhaft gewesen, ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht.
({0})
Wenn der Kollege Lintner eben meinte, es herrsche Verwirrung, dann muß ich Sie fragen: Verwirrung bei wem? Bei uns nicht. Bei Ihnen! Dann muß ich allerdings hinzufügen: Das ist bei Ihnen doch kein neuer Zustand; den habe ich schon sehr, sehr oft erlebt.
({1})
Auch diesmal ist es wieder so.
Wenn man eine Aktuelle Stunde auf der Grundlage von Gerüchten beantragt,
({2})
dann frage ich mich: Wem soll sie eigentlich dienen?
Ich möchte erklären: Wenn die DDR wirklich, wie es in einem Magazin gestanden hat, weiter erhöhen würde, würde nicht nur die Gesprächsatmosphäre weiter belastet, sondern - hier gebe ich dem Kollegen Ronneburger absolut recht - international bekäme das der DDR auch nicht gut; dies wäre gewiß keine vertrauensbildende Maßnahme.
Nun hat die ADN, regierungsamtliche Nachrichtenagentur der DDR, eine Klarstellung vorgenommen. Diese Klarstellung ist wichtig. Sie hat das, was hier in der Öffentlichkeit bei uns verbreitet worden ist, als Erfindung bezeichnet.
Nun kommt es, glaube ich, für uns darauf an - Herr Kollege Lorenz, da müssen Sie mir eigentlich recht geben -, daß wir - ({3})
- Ich komme darauf, Sie brauchen sich nicht künstlich zu erregen. - Wir müssen die DDR beim Wort nehmen. Darauf kommt es jetzt an. Sie hat eine Klarstellung gemacht. Nun müssen wir sagen: Okay, wir nehmen sie beim Wort.
({4})
Aber was tut die Opposition beispielsweise in ihrem „Pressedienst" vom 10. Mai? Sie stellt polemische Fragen zu diesem Thema. Indem Sie das tun, halten Sie das Gerücht am Kochen. Dies liegt genau nicht in unserem Interesse.
Deswegen hätte die Opposition gut daran getan, wenn sie auf diese Aktuelle Stunde verzichtet hätte.
({5})
Alle Beteiligten haben dementiert. Trotzdem gibt es diese Aktuelle Stunde. Die Opposition macht dies weiter zum Thema und gibt damit weiterhin Gerüchten in der Öffentlichkeit Nahrung.
({6})
- Ich habe aber von Ihrem „Pressedienst" und von Ihren Kollegen in der Öffentlichkeit gehört, was Sie dazu zu sagen haben.
({7})
Der Aufhänger ist doch das, was im „Spiegel" gestanden hat.
({8})
- Natürlich ist das so. Ich kann nur empfehlen, alles zu unterlassen, was eine weitere Erhöhung herbeizureden geeignet wäre.
({9})
Ich muß mich fragen, was die Opposition veranlaßt hat, diese Klarstellung nicht zur Kenntnis zu nehmen. Sollte wirklich jemand in der DDR erhöhen wollen, so kann es doch für uns überhaupt nicht in Betracht kommen, den Boden für eine etwaige Erhöhung in der Bundesrepublik psychologisch vorzubereiten. Wenn die DDR-Führung das wirklich machen wollte, dann müßte sie das Geschäft selbst betreiben und nicht etwa mit unserer Unterstützung so etwas machen dürfen.
({10})
Ich habe keinen Zweifel, daß wir auch in der Zukunft darauf zu achten haben, daß das Gespräch mit der DDR besonders diffizil ist. Das ist ein Staat, der mit vielen Komplexen behaftet ist. Wir haben uns so zu verhalten, daß die Verhandlungen und Gespräche, die wir mit ihnen führen,
({11})
nicht belastet werden. Was Sie in der Vergangenheit hier getan haben - ich habe das j a seit 1969 gut verfolgen können -, ist immer eine Belastung der Gespräche gewesen. Dies haben Sie dann hingestellt als angeblich im deutschen Interesse liegend. Dies ist nicht die Politik, die ich mir vorstelle.
({12})
Wenn Sie Sanktionen wollen, dann müssen Sie deutlich sagen, wie und in welchem Umfang Sie sich das konkret vorstellen. Dann müssen Sie auch den deutschen Arbeitnehmern, die davon betroffen sind, erklären, was das für sie bedeuten würde. Ich bin gespannt, was sie sagen werden. Sie behaupten, die Bundesregierung tue nicht genug gegen die Arbeitslosigkeit;
({13})
andererseits versuchen sie, durch Sanktionen Arbeitsplätze zu vernichten.
({14})
- Das wollen Sie nicht hören. So ist das.
({15})
Ich will in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen: Die Koalitionsfraktionen haben Vertrauen zur Regierung. Wir haben die Standhaftigkeit der Regierung erlebt, und für uns gibt es keinen Zweifel.
({16})
- Daß Sie lachen, regt mich nicht auf. ({17})
Ich weiß sehr wohl - und dieses Lachen beweist es erneut -, daß auch in der Zukunft von Ihnen nichts zu erwarten ist.
({18})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Bergerowski.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion heute zeichnet sich dadurch aus, daß sie über dasselbe Thema und in der ganz gleichen parteipolitischen Konstellation im Jahre 1973 und 1974 schon einmal geführt worden ist. Ende 1973 hat die Regierung der DDR eine willkürliche Verdoppelung der Mindestumtauschsätze vorgenommen, zu der am 30. Mai 1974 der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Wolfgang Mischnick, in einem Zeitungsbeitrag feststellte:
Die Deutschlandpolitik ist wieder in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt, nachdem Ost-Berlin seine Bereitschaft, über eine Modifizierung des Zwangsumtauschbetrages für Reisen in die DDR signalisiert hat. Wir haben seinerzeit die eigenmächtig verfügte Verdoppelung des Umtauschbetrages als einen Akt wider den Geist des Grundvertrages und des Berlin-Abkommens charakterisiert. Die wechselvolle Geschichte der Beziehungen beider deutschen Staaten zeigt, daß über allen tagespolitischen Schwankungen die langfristige Perspektive der Entspannungspolitik nicht verlorengehen darf, sondern daß wir mit festem Beharren, nüchterner Einschätzung der Gegebenheiten und Ausdauer an den gesetzten Zielen festhalten müssen, um ihnen schrittweise näherzukommen.
Unsere Beharrlichkeit, unsere Ausdauer und die Berechenbarkeit haben sich für die Menschen in beiden deutschen Staaten damals bezahlt gemacht: Die Erhöhung wurde damals rückgängig gemacht.
Am 27. Oktober 1974 fanden sich dann folgende bemerkenswerte Worte im „Neuen Deutschland" unter der Überschrift „Zur Förderung der Touristik":
Die Analyse des Finanzministeriums zeigt deutlich, daß die Erhöhung der verbindlichen Mindestumtauschsätze ungenügend den Touristenverkehr aus den nicht-sozialistischen Staaten und West-Berlin förderten. Bei der Berechnung und Festlegung der Sätze ging der Minister der Finanzen der DDR davon aus, daß sie sich günstiger für die Entwicklung des Touristenverkehrs auswirken.
({0})
Den Verantwortlichen in Ost-Berlin kann die Lektüre gerade dieses Artikels nur anempfohlen werden. Ich meine, er könnte auch bei ihren jetzigen Entscheidungen und Vorgängen des Überlegens ein Vorbild sein; denn alle Abgrenzungsbemühungen können an einen Punkt gelangen, an dem sich die Regierung der DDR mit der Wirkung dieser Abgrenzungsmaßnahmen unmittelbar konfrontiert sehen muß. Eine hemmungslose Abgrenzung werden auch die Bürger der DDR nicht tolerieren.
Die Diskussion über die Modalitäten des Swing begleiten die Beziehungen beider deutscher Staaten seit Jahrzehnten. So sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß Bundeskanzler Adenauer durch das Berliner Abkommen vom August 1960 zu außerordentlich günstigen Konditionen den zinslosen Überziehungskredit der DDR eingeräumt hat.
({1})
In der Zeit der Großen Koalition ist diese Politik in der Erwartung fortgesetzt worden, daß dadurch der innerdeutsche Handel belebt werde, und die Verbindung zwischen beiden deutschen Staaten verstärkt werden könne.
Nun kann man heute ohne Vorwurf feststellen, daß sich die Große Koalition dies alles einiges hat kosten lassen, daß jedoch Gegenleistungen in Form menschlicher Erleichterungen damals nicht erreicht wurden. Erst mit dem Grundlagenvertrag und den anderen Verträgen konnte für die Menschen im geteilten Deutschland eine spürbare Verbesserung erzielt werden.
({2})
Ich will zum Schluß kommen und namens der FDP-Fraktion all denjenigen danken, die trotz der gestiegenen Umtauschsätze in den vergangenen Jahren bereit waren, in die DDR zu reisen und dadurch die Kontakte aufrechtzuerhalten. Sie haben damit deutlich gemacht, daß sich Deutsche nicht trennen lassen.
({3})
So gesehen kann man sagen, daß sich auch die Qualität der menschlichen Beziehungen seit 1980 erheblich erhöht hat.
Die FDP-Fraktion wird sich wie in den vergangenen Jahren weiter darum bemühen, eine Deutschlandpolitik mit Augenmaß und Realitätssinn zu machen.
({4})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Böhm ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Dr. Geßner ist bei dem Versuch, von der Sache abzulenken, um die es hier geht, wieder einmal in Dinge geflüchtet, die überhaupt nicht zur Debatte stehen, nämlich in die Frage, warum eine Aktuelle Stunde stattfinden und warum sie seiner Meinung nach besser nicht hätte stattfinden sollen.
Wir haben, um das noch einmal klar und deutlich zu sagen, diese Aktuelle Stunde beantragt, um der Regierung Gelegenheit zu geben, endlich Festigkeit zu beweisen und die widersprüchlichen Äußerungen aus ihrem Lager, die wir in der letzten Zeit gehört haben,
({0})
aus dem Wege zu schaffen. Das ist der Sinn dieser Aktuellen Stunde.
({1})
Wenn auf der einen Seite Bundesminister Franke
sagt, wenn sich beim Zwangsumtausch nichts tue,
Böhm ({2})
sei beim Swing „das Ende der Fahnenstange erreicht", und auf der anderen Seite der wieder zurückgekehrte Regierungssprecher Klaus Bölling erklärt, die Zurücknahme des im Oktober 1980 verdoppelten Mindestumtauschsatzes für DDR-Reisen bedeute nicht, daß beide Bereiche unmittelbar zusammengekoppelt seien, dann liegt der Wirrwarr doch bei Ihnen. Sie müssen das ausräumen, um der DDR wieder überzeugend entgegentreten zu können.
({3})
Noch eine Bemerkung zu dem, was Bundesminister Franke gesagt hat. Er erklärt immer wieder - nicht nur heute -, es handle sich hier um souveräne Entscheidungen der DDR. Herr Bundesminister, wissen Sie nicht, daß im Zusammenhang mit den Verhandlungen über das Viermächteabkommen viermal auch über die Umtauschsätze gesprochen
({4})
und daß das seinerzeit verbindlich vereinbart worden ist?
Und im übrigen: Warum schließt man denn Verträge? Man schließt Verträge, um im eigenen Hoheitsbereich Maßnahmen zu ergreifen, zu denen man sich gegenüber dem Vertragspartner nach außen hin verpflichtet hat. Unsere Aufgabe ist es, auf diese Weise auf menschliche Erleichterungen in der DDR und in den Beziehungen zur DDR hinzuwirken.
Was bedeutet eigentlich die Verdopplung des Zwangsumtauschsatzes für die Menschen in unserem Land? Es ist schon vom Kollegen Lorenz gesagt worden.
({5})
- Sie sollten noch einmal zuhören, um genau zu erkennen, worum es uns heute geht.
({6})
Die DDR hat eine dritte Mauer errichtet. Neben der Mauer aus Beton und Stacheldraht, neben der Mauer aus Schikanen bei der Ein- und der Ausreise
({7})
hat sie jetzt durch die Erhöhung des Zwangsumtausches die finanzielle Mauer errichtet. Wenn Sie sagen, daß Sie das wüßten, muß ich sagen: Dann richten Sie doch Ihre Politik danach ein, und geben Sie sich nicht Illusionen hin!
({8})
Ich glaube, für manchen Kollegen in diesem Saal ist es sehr interessant, einmal zu hören, was es bedeutet, daß die DDR den Zwangsumtauschsatz in dieser Weise erhöht hat. Wenn ein westdeutsches Ehepaar mit zwei Kindern im Alter von sechs bis 15 Jahren die ihm formal zustehende Möglichkeit ausnutzen will, für 30 Tage zu den Großeltern in die DDR zu fahren, dann kostet das hinsichtlich Zwangsumtausch und Visagebühren 1 980 DM, also rund 2 000 DM.
({9})
Das muß man sich einmal klarmachen, um zu sehen, was das für die innerdeutschen Beziehungen in unserem geteilten Land bedeutet.
In diesem Zusammenhang ist auch noch interessant, daß die DDR ihren Rentnern, die in die Bundesrepublik reisen dürfen, nur die Möglichkeit gibt, jährlich 15 DM der DDR in 15 D-Mark umzutauschen. Das bedeutet: Wenn ein Rentner sein gesamtes Reisekontingent ausnutzt, so werden ihm von der DDR pro Tag ganze 50 Pfennig zum Umtausch freigegeben. Das sollten wir alle in Deutschland einmal wissen, wenn über die innerdeutschen Beziehungen in unserem Land diskutiert wird.
({10})
Meine Damen und Herren, die Folgen dieser Geldschneiderei haben zu einem ganz erheblichen Rückgang des Reiseverkehrs geführt. Damit war die Verdoppelung des Zwangsumtausches ein Stoß in das Herzstück der innerdeutschen Beziehungen.
({11})
Wir alle in diesem Haus - ob Regierung oder Opposition -, für die die Menschlichkeit in Deutschland das Grundmotiv unserer Deutschlandpolitik ist, sind der permanenten Erpressung durch diejenigen ausgesetzt, die von völlig anderen Motiven ausgehen, als das bei uns der Fall ist. Diese Erkenntnis wünschte ich mir auf allen Seiten dieses Hauses, damit künftig nicht Illusionen, sondern Realismus die Deutschlandpolitik, vielleicht eine gemeinsame Deutschlandpolitik bestimmt.
({12})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Löffler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Lorenz hat die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten mit der Frage verbunden, was der SED zugemutet werden kann. So kann man das natürlich betrachten, Herr Lorenz, ich sehe das allerdings nicht als den richtigen Ansatzpunkt an. Denn die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten dienen ganz eindeutig den menschlichen Erleichterungen. Sie sollen die schmerzlichen Auswirkungen der deutschen Spaltung lindern.
({0})
Es liegt auf der Hand, daß wir an diesen Erleichterungen ein größeres Interesse haben als die Staatsführung der DDR.
({1})
Diese dürfte von politischen Auswirkungen außerhalb des deutsch-deutschen Verhältnisses in einem Maße abhängig sein, das wir vielleicht erahnen, aber mit Sicherheit nicht genau kennen. - Jetzt hat Herr Lorenz schon dreimal mit dem Kopf genickt; das finde ich gut. ({2})
- Sie können ruhig schreien, junger Freund; das interessiert mich nicht.
Die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten bestehen aus einer ganzen Reihe von Regelungen, Abmachungen, Kooperationen und gemeinsamen Vorhaben auf den verschiedensten Gebieten. Nun erhebt sich doch die Frage: Soll man dieses ganze Gespinst der Beziehungen auf den angeblichen Zusammenhang zinsloser Überziehungskredit und Mindestumtausch reduzieren?
({3})
Die Konstruierung eines festen Zusammenhanges zwischen beiden Fragen, nämlich zwischen Swing und Mindestumtausch, engt den politischen Spielraum beider Seiten ein.
({4})
Die SPD-Fraktion legt allergrößten Wert darauf, daß der Verhandlungspielraum der Bundesregierung gegenüber der DDR möglichst groß bleibt; denn ohne einen Verhandlungsspielraum kommen wir nicht weiter.
Im übrigen halten wir es in dieser Frage, sehr geehrter Herr junger Kollege, mit Konrad Adenauer, der im November 1960 in einer ähnlichen Situation erklärt hat:
Ich habe unseren Unterhändler angewiesen, elastisch vorzugehen. Mit starren Vorbedingungen kommen wir nicht weiter.
({5})
Mit automatischen Zwangsläufigkeiten und einer Umrechnungstabelle des gegenseitigen Gebens und Nehmens kann man im deutsch-deutschen Verhältnis keine Politik betreiben. Es gibt zwar, sehr geehrter Herr Kollege Stark, im innerdeutschen Handel mit Waren eine Verrechnungseinheit, aber eine Verrechnungseinheit in politischen Fragen zwischen beiden deutschen Staaten läßt sich beim besten Willen nicht aufstellen.
Nun will ich einmal eines in aller Deutlichkeit sagen. Es fällt mir zwar schwer, das hier zu tun, aber es muß einmal gesagt werden: Unser Beitrag in diesen Beziehungen, politisch und materiell, wird immer größer sein müssen, weil wir aus unserer Verpflichtung gegenüber unseren Landsleuten in der DDR handeln, einer Verpflichtung, die die Staatsführung der DDR überhaupt nicht kennt.
({6})
- Nein, das muß man einmal sagen, Herr Hackel,
und darf nicht so tun, als gäbe es einen solchen Zusammenhang nicht, als könnten wir mit denen ganz anders verhandeln, so, als ob wir mit einem x-beliebigen Staat verhandeln.
Dabei ist eines völlig klar und muß natürlich deutlich gesagt werden und ist von den Sprechern meiner Fraktion auch deutlich gesagt worden: Wer Regelungen und Bedingungen im deutsch-deutschen Verhältnis einseitig gegen das ausdrücklich bekundete Interesse des Partners verändert, belastet die Beziehungen.
({7})
- Man wird doch wohl einmal ausreden dürfen. - Daraus ergibt sich mit Selbstverständlichkeit, daß belastete Beziehungen in vielen anderen Bereichen Regelungen erschweren.
Ein Wort zum Swing. Der zinslose Überziehungskredit ist in den Beziehungen zur DDR eine wichtige Regelung. Wichtig deshalb, weil unsere Landsleute in der DDR dadurch in einem gewissen Maße Erleichterungen erfahren, von deren Bedeutung wir uns in unserem reichen Land nur im unmittelbaren Kontakt mit den Menschen drüben eine Vorstellung machen können. Deshalb ist der Überziehungskredit als Druckmittel nicht geeignet. Deshalb meine Warnung am gestrigen Tage in Berlin: Wir dürfen die noch nicht allzu feste Brücke zwischen uns und der DDR von unserer Seite aus an keiner Stelle demontieren. - Herzlichen Dank.
({8})
Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Hoppe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erhöhung des Zwangsumtausches hat den Kernbereich der deutsch-deutschen Beziehungen beschädigt.
({0})
Die DDR muß diesen von ihr herbeigeführten Zustand wieder beseitigen.
({1})
Die DDR-Führung weiß j a auch ganz genau, daß sie mit dieser Maßnahme überzogen und überreizt hat. Wir sollten ihr dieses Wissen nicht nehmen.
({2})
Und sie weiß ebenso - und wir wissen das auch -, daß Deutschlandpolitik nur dann wieder ersprießlich wird, wenn dieses Stück Gesamtbelastung von uns genommen wird. Da Deutschlandpolitik inzwischen, wie mir scheint, auch für die DDR mehr bedeutet als nur Instrument für ein gegenseitiges Ärgernis oder für ein gegenseitiges Zulangen, wird sie sich, glaube ich, sehr wohl eines Besseren besinnen können.
Nun will ich mit dem Teilaspekt Swing hier nicht allein und ausschließlich argumentieren und daraus schon gar keinen Knüppel machen. Aber wir werden natürlich auch nicht zu Swing-Dienern werden; denn das, was dem Ausgleich politischer Interessen
dienende Politik sein kann, von der Herr Lorenz gesprochen hat, verlangt in der Tat ein Geben und Nehmen.
({3})
Es gehört dazu, wie ein Gesprächspartner einmal gesagt hat, daß in der Tat eine Hand die andere wäscht.
({4})
Wer aber mutwillig eine Hand erst beschmutzt, muß sie wieder reinigen, damit man zu diesem dem Interessenausgleich dienenden Verfahren auch wieder zurückfinden kann.
Aber ich frage mich, ob das in dieser Situation unserer Politik wirklich die Stunde des Parlaments war
({5})
oder ob wir nicht eigentlich hier eine auflagensteigernde Veranstaltung gemacht haben. Gewiß, die „Spiegel"-Redaktion wird es uns danken. Eines darf uns jedoch nicht passieren
({6})
- Sie haben Verständnis dafür, Herr Reddemann, was Auflagen angeht -: Wir dürfen aus einem so wichtigen Thema nicht einen Flopp werden lassen und auf die Schippe einer Wochenzeitschrift springen.
({7})
Das, meine Damen und Herren, sollte uns eigentlich nicht passieren.
Nachdem wir, wie ich meine, an der Stelle durch eine gewisse Übereifrigkeit, würde ich sagen, eine Übersteuerung des politisch-parlamentarischen Instrumentariums hier an dieses Thema geführt worden sind, sollten wir sagen: Da es sich um ein so wichtiges Thema der deutschen Politik und der Menschen in beiden deutschen Staaten handelt, wollen wir nicht leugnen, daß es ein Thema des Parlaments ist; ich hätte mir allerdings eine bessere Stunde dafür gewünscht.
({8})
Ich erteile dem Abgeordneten Werner das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst drei Vorbemerkungen.
Erstens. Herr Geßner, Sie und auch Ihre Kollegen sprachen hier die ganze Zeit über einen Artikel, den nicht wir in diese Diskussion eingeführt haben; er beschäftigt sich mit der Erhöhung des Umtausches. Uns geht es um die Absenkung des Zwangsumtausches!
({0})
In dieser Zielsetzung müßten Sie alle - einschließlich der Herr Bundesminister - doch mit uns einer Meinung sein. Das war doch bis vor kurzem noch Ihre große Forderung.
Zweitens. Sie scheinen völlig vergessen zu haben, daß Herr Bölling es war, der sagte, das Thema Absenkung des Zwangsumtausches sei kein Thema für Verhandlungen. Ich meine, Herr Minister, damit ist dieser Gesamtzusammenhang, von dem Sie vorhin etwas vage gesprochen haben, durchtrennt. Dieser Gesamtzusammenhang hätte von Ihnen hier zweifelsohne etwas näher dargelegt und formuliert werden müssen.
Ich möchte zum dritten dem Kollegen Hoppe recht herzlich für seine klaren Ausführungen danken, die nämlich in die Richtung gingen, daß die Absenkung offensichtlich auch nach seiner Meinung eine Art Conditio sine qua non darstellt. An diesem Punkt werden wir uns zweifelsohne treffen.
Ich möchte jedoch noch folgendes kurz anfügen: Meine Damen und Herren, der DDR ist es doch bisher gelungen, unsere Leistungen jeweils vertraglich zu vereinbaren und gleichzeitig entgegen vertraglicher Regelungen die Eintrittsschwelle durch Auflagen und Bestimmungen jeweils zu erhöhen und nach dem Prinzip vorzugehen: Menschlichkeit gegen Kasse. Dabei werden wir immer aufgefordert, mehr in die Kasse hineinzulegen. Die Bundesregierung, Herr Minister, hat hiergegen bisher kein Rezept gefunden. Es muß zuweilen auch der Eindruck entstehen, daß die Bundesregierung ein Konzept auch gar nicht will, weil sie sich dann dem lächerlichen Vorwurf der DDR aussetzen könnte, Reibungsflächen im innerdeutschen Verhältnis zu schaffen. Gleichwohl - darauf lege ich Wert - ist der Grundlagenvertrag ein Vertrag, der auf das besondere Verhältnis zwischen den beiden Staaten in Deutschland hinweist.
Nun, meine Damen und Herren, wir sind zu einem gemeinsamen Handeln bereit, und wir haben dafür Maßstäbe. Wenn wir uns gemeinsam auf diese Grundsätze einigen könnten, dann wären wir schon recht froh. Wir fordern Sie deswegen zu diesem gemeinsamen Handeln auf und bieten Ihnen folgende Grundsätze an:
Erstens. Eine gemeinsame Politik muß unseres Erachtens von Beharrlichkeit, Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit unserer Regierung gekennzeichnet sein.
({1})
Die Ziele müssen klar formuliert werden, und man muß über Rückschläge durch das Verhalten der DDR hier auch ohne Schönfärberei reden.
({2})
Zweitens. Die DDR muß aufgefordert werden, die große Zahl internationaler Pakte und Willenserklärungen, die sie unterschrieben hat, auch konkret an der innerdeutschen Grenze und in der DDR selber anzuwenden.
({3})
Wir müssen die DDR bei ihrer Unterschrift pakken!
Zum dritten müssen wir die DDR darauf hinweisen, daß es das Ziel der Politik in Deutschland sein
muß, mehr menschliches Miteinander und eben nicht mehr trennende Staatlichkeit herbeizuführen.
Viertens. Bestehende Verträge müssen im Sinne von mehr menschlichem Miteinander von der DDR erfüllt werden; sie müssen nach Möglichkeit in gemeinsamen Verhandlungen ausgeweitet werden. Gerade hier ist Ost-Berlin immer wieder an die Vertragstreue zu erinnern. - Herr Hoppe, ich begrüße es, daß Sie darauf hinweisen, daß die früheren Vereinbarungen und Regelungen die Geschäftsgrundlage bilden müssen.
Fünftens. Die Gespräche und Verhandlungen über die noch aus- und offenstehenden Verabredungen und Abkommen infolge des Grundlagenvertrages sind gezielt zu einem erfolgreichen Abschluß zu führen.
Sechstens. Wir sind der Auffassung, daß alle Vereinbarungen in Form eines Stufenplanes von flexibler Handhabung angestrebt werden müssen, wobei der Gesichtspunkt von Leistung und Gegenleistung, von Auslegungsklarheit und Überprüfbarkeit Geltung finden muß.
Wir sind siebentens der Auffassung, daß vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen sind, die die Deutschen in beiden Teilen in unmittelbaren Kontakt zueinander bringen. Wir denken hierbei, wie sie wissen, an den innerdeutschen Jugendaustausch, an den Kulturaustausch, an innerdeutsche Gesprächsforen und Partnerschaften, wobei wir gerade hier auf Vielfalt der Meinungen und der Teilnehmer besonderen Wert legen.
Achtens. Das Verhältnis zwischen den beiden Staaten in Deutschland muß unseres Erachtens eben nicht nur im Zusammenhang mit der weltpolitischen Lage gesehen werden, sondern alle Bereiche in den wechselseitigen Beziehungen bilden unserer Meinung nach einen politischen Gesamtzusammenhang, und im Sinne des Prinzips der kommunizierenden Röhren können daher wirtschaftspolitische Maßnahmen wie etwa der Swing nicht für sich allein betrachtet werden.
({4})
- Herr Büchler, die Aufrechterhaltung der finanziellen Leistungen zugunsten der DDR und die Verstärkung der Wirtschaftsbeziehungen mit der DDR sind deswegen unseres Erachtens nur dann möglich, wenn zuvor im Rahmen der Gesamtbeziehungen die Voraussetzungen geschaffen sind.
Herr Abgeordneter, ich muß Sie bitten, zum Schluß zu kommen.
Dies, meine Damen und Herren, sind die Voraussetzungen, von denen wir ausgehen und von denen her wir Ihnen die Hand zur Zusammenarbeit bieten.
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Ich erteile dem Abgeordneten Steiner das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Werner, worum es Ihnen wirklich geht, können Sie Ihrem eigenen Pressedienst vom 10. Mai 1982 entnehmen. Wenn Sie solche Eingangsbemerkungen machen, sollten Sie sich erst einmal vergewissern, was Ihr Sprecher, nämlich Dr. Eduard Ackermann, dazu ausgesagt hat.
Damit es hier nicht zu neuen Mißverständnissen kommt bzw. damit von Ihnen nicht neue Mißverständnisse aufgebaut werden, möchte ich zum eigentlichen Thema folgendes erklären:
Erstens. Wir haben die willkürliche Erhöhung der Umtauschsätze durch die DDR am 9. Oktober 1980 genau wie Sie als einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten politischen Geschäftsgrundlagen der deutsch-deutschen Beziehungen verurteilt.
({0}) Das gilt auch heute.
Zweitens. Wir bestehen uneingeschränkt auf dem Abbau der erhöhten Mindestumtauschsätze. An dieser Forderung halten wir fest, davon machen wir keine Abstriche.
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Wer das trotzdem bezweifelt, wer unterstellt, dies sei eine nur taktische Forderung von uns, wer so tut - oder dies andeutet -, als gäbe es in diesem Parlament in der Forderung nach einer Senkung der Umtauschsätze unterschiedliche Gewichtungen oder gar Auffassungen, der hilft nicht, die für uns alle unerträgliche Situation beim Mindestumtausch zu verbessern. Im Gegenteil - und das sage ich hier ganz deutlich -, er macht sich damit indirekt denen nützlich, die die Grenze noch undurchlässiger machen wollen.
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Drittens. Wir haben unsere Forderungen nach einer Reduzierung des erhöhten Mindestumtauschsatzes oder nach menschlichen Erleichterungen gegenüber der DDR immer in einen gesamtpolitischen Zusammenhang gestellt. Wir haben stets deutlich gemacht, daß alle politischen Einflußmöglichkeiten zur Durchsetzung unserer Anliegen angemessen genutzt werden müssen. Gesamtzusammenhang heißt aber nicht nur „Swing und Zwang". Wir haben es deshalb bewußt unterlassen, starre Fronten aufzubauen, um den sowieso geringen Spielraum an Verhandlungsmöglichkeiten nicht noch unnötig weiter einzuengen.
Ihre Forderung, den Swing zu reduzieren, sollte die DDR die erhöhten Mindestumtauschsätze nicht bis zum 30. Juni 1982 zurücknehmen, gleicht einem Disziplinarverfahren gegen die DDR mit einer Strafmaßvorgabe. Das ist Sanktionspolitik, die wir nicht mittragen können.
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Viertens. Wir haben auch kein Verständnis dafür - ich gehe jetzt auf das ein, was der Kollege Werner anfangs im Zusammenhang mit Veröffentlichungen sagte -, wenn spekulative Zeitschriftengeschichten von der Opposition zum Anlaß genommen werden, um die Tagesordnung des Parlaments zusätzlich zu befrachten.
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Mein Kollege Löffler hat Konrad Adenauer zitiert und das wird ja für Sie sicherlich noch Gültigkeit haben.
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Ich möchte hinzufügen: Wenn das, was Konrad Adenauer seinerzeit gesagt hat, für sie gilt, dann sollten Sie, wenn es um menschliche Erleichterungen geht, die Klimmzüge am Mindestumtausch unterlassen.
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Meine Damen und Herren, die Aktuelle Stunde ist damit beendet.
Wir sind am Schluß der heutigen Tagesordnung angelangt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 13. Mai 1982, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.