Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
- Drucksache 9/33 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Herr Abgeordneter Kroll-Schlüter, der die Frage 1 eingebracht hat, bittet um schriftliche Beantwortung seiner Frage. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Dann rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Buschfort steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 2 der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die gesundheitlichen Gefahren von Asbestfasern in der Luft für Arbeitnehmer und Verbraucher, und wird sie gegebenenfalls die Verwendung von Asbest - wie in Schweden, Dänemark und den Niederlanden - verbieten?
Frau Kollegin Martiny, um die Gefährdung der Arbeitnehmer durch Asbestfeinstaub am Arbeitsplatz zu beseitigen oder zu vermindern, sind in letzter Zeit erhebliche Anstrengungen unternommen worden. Dazu gehört insbesondere die am 1. Oktober 1980 in Kraft getretene neue Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe. Sie enthält als wichtigste neue Vorschrift eingehende Bestimmungen über den Umgang mit 43 krebserzeugenden Arbeitsstoffen, darunter Asbest. Daneben besteht seit 1973 eine Unfallverhütungsvorschrift „Schutz gegen gesundheitsgefährlichen mineralischen Staub". Diese Vorschriften enthalten z. B. ein Verbot des Asbestspritzverfahrens. Die Gewerbeaufsicht kann danach ferner die Verwendung von Asbest oder asbesthaltigen Produkten unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall verbieten. Ein Nachtrag zur Unfallverhütungsvorschrift „Staub" sieht das Verbot der Verwendung von Asbestzementprodukten für Innenisolierungen, bestimmten Filtern, Anstrichstoffen, Kitten, Klebstoffen, Mörtel- und Spachtelmassen sowie Boden- und Straßenbelägen vor, das nach einer Übergangszeit am 1. April 1984 wirksam werden soll.
Auch die Europäischen Gemeinschaften bereiten zur Zeit Richtlinien über Schutzmaßnahmen beim Umgang mit Asbest und über bestimmte Verbote vor, mit deren Erlaß 1981 zu rechnen ist. Auch die Einhaltung der nach dem Stand der Technik möglichen Mindestkonzentrationen von Asbestfasern in der Luft am Arbeitsplatz ist vorgeschrieben.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin, bitte.
Herr Staatssekretär, Sie haben hier ausgeführt, was im Arbeitsleben, am Arbeitsplatz zum Schutz vor Asbeststaub unternommen worden ist. Wie steht es eigentlich mit dem Schutz vor Schäden durch Asbest im privaten Bereich? Auch dort sind wir ja permanent mit Asbestprodukten konfrontiert.
Frau Kollegin, hierauf kann ich antworten, daß breit angelegte Forschungsvorhaben darauf abzielen, die Gefährdung durch Asbeststoffe, auch soweit sie den privaten Bereich berühren, dadurch aufzuheben, daß Ersatzstoffe eingesetzt werden. Ich kann Ihnen hier mitteilen, daß allein für den Bereich „Humanisierung des Arbeitslebens" derzeitig 13 Forschungsvorhaben laufen. Aber in vielen Bereichen bemüht man sich heute schon, gleichwertige Ersatzstoffe einzusetzen, wo immer dies möglich ist.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Das Umweltbundesamt hat offensichtlich gerade ein Gutachten zur Frage der Gefahr durch Asbest veröffentlicht. Im Zusammenhang damit hat der „Spiegel" einen Artikel publiziert, in dem von etwa 10 000 Toten durch Lungenkrankheiten und Krebskrankheiten infolge von Asbest die Rede ist. Auf welche Statistik oder Statistiken stützt sich die Bundesregierung bei ihren Maßnahmen, und wie könnte diese Zahl von 10 000 Toten zustande kommen?
Frau Kollegin, ich kann die Zahl von 10 000 Toten derzeit nicht bestätigen. Mir ist auch nicht bekannt, woher diese Zahl im einzelnen kommt Sicher ist allerdings, daß Asbest
- das weiß man heute - gesundheitsschädlich ist und daß, wenn Asbeststaub in bestimmter Konzentration vorkommt, auch Lungenkrebs entsteht. Sicherlich sind auch Todesfälle vorgekommen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Laufs.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, in die von Ihnen angesprochenen Forschungsvorhaben auch die Fragen über das Gefahrenpotential der nicht verbotenen Verwendung von Asbestzement für Rohrleitungen und Kanäle mit einzubeziehen?
Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß im Zusammenhang mit den Forschungsvorhaben alle Asbestverwendungsbereiche mit erfaßt werden. Die beachtlichen Erkenntnisse in diesem Zusammenhang zwingen uns einfach dazu, alle Felder, die den Verbraucher, alle Felder, die den Maschinenbenutzer, alle Felder, die die industrielle und handwerkliche Fertigung berühren, mit einzubeziehen. Ich bin dafür, daß wir eine umfassende Beobachtung und auch Beurteilung der Anwendungsbereiche sicherstellen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Danke sehr, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Herr Abgeordneter Dr. Lenz ({0}) wünscht schriftliche Beantwortung der von ihm eingebrachten Frage. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Stahl zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Reuschenbach auf. - Ich sehe ihn nicht im Saal. Die von ihm eingebrachten Fragen 53 und 54 werden nicht beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Die Fragen 4 und 5 des Herrn Abgeordneten Pieroth werden auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Paterna auf:
Trifft es zu, daß seitens der Polizeien des Bundes und der Länder der Aufbau einer Datensammelstelle ({1}) geplant ist, und trifft es ferner zu, daß in dieser Datensammelstelle die Namen aller Personen gespeichert werden sollen, die jemals mit der Polizei in Berührung gekommen sind, sei es als Zeuge, als Anzeigender, als Opfer oder als Verdächtiger?
Er ist im Saal. Bitte schön, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär beirr Bundesminister des Innern: Die Überlegungen von Bund und Ländern über den Inhalt und die Form der Führung des Kriminalaktennachweises sind noch nicht abgeschlossen. Die Vorlagen für die Innenministerkonferenz werden zur Zeit in einem Bund-Länder-Arbeitskreis unter Leitung Bayerns erarbeitet. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz wird über den Bundesminister des Innern beteiligt.
Schon jetzt steht fest, daß in dem Kriminalaktennachweis keineswegs alle jemals mit der Polizei in Berührung gekommenen Personen, wie etwa die von ihnen genannten Zeugen, Anzeigenden und Opfer, aufgenommen werden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Paterna.
Herr Staatssekretär, wird bei diesen Vorbereitungen sichergestellt, daß die Schutzregelungen des Bundeszentralregistergesetzes nicht unterlaufen werden können - ich denke insbesondere an § 39 Abs. 1, der den Umfang der Auskunft regelt, und an Abs. 4, der bestimmt: Auskunft nur auf ausdrückliches Ersuchen, Verwertung nur für den angegebenen Zweck -?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, was Auskunftsregelungen gegenüber dem Bürger betrifft, so gibt es parallel zu den Beratungen über den Kriminalaktennachweis Beratungen über die Richtlinien zur Führung kriminalpolizeilicher Aktensammlungen. Was die Frage der Auskunft gegenüber anderen Stellen betrifft, so gibt es eine ausführliche Diskussion darüber, inwieweit das Bundeszentralregistergesetz auch für den Bereich der Polizei unmittelbar Anwendung findet. Dabei handelt es sich um eine sehr umfassende Diskussion, die auch bereits im Innenausschuß des Deutschen Bundestages geführt wurde. Ich bin gerne bereit, zum Meinungsstand in dieser Frage, die nicht unmittelbar mit dem Kriminalaktennachweis verbunden ist, sondern sich über diesen Kriminalaktennachweis hinaus generell für die polizeiliche Arbeit stellt, Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) wird auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Welche gesetzgeberischen Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, um die Genehmigungsverfahren für Kernkraftwerke, wie in Nummer 56 der Regierungserklärung vom 24. November 1980 angesprochen, zu beschleunigen, und wie sollen dabei die durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 1979 ({1}) und den Beschluß des OVG Lüneburg vom 28. August 1980 ({2}) aufgeworfenen, auch die Rechtssicherheit betreffenden Fragen der wesentlichen Änderung von Kernenergieanlagen und deren Offenlegung gelöst werden?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung wird entsprechend der Ankündigung in der Regierungserklärung ihre Bemühungen verstärken, zusammen mit den Ländern die Genehmigungsverfahren für kerntechnische Anlagen ohne Einbuße an Sicherheit und Rechtsschutz für den Bürger zu beschleunigen. Sie wird deshalb in
Parl. Staatssekretär von Schoeler
Gesprächen mit den Genehmigungsbehörden der Länder sowie mit Herstellern und Betreibern auf eine bessere Koordination bei der Prüfung standortunabhängiger Anlagenteile drängen.
Gleichzeitig wird sie auch mit den an den Genehmigungsverfahren beteiligten Sachverständigenorganisationen Gespräche mit dem Ziel führen, eine bessere Abstimmung bei der Begutachtung zu erreichen und ein möglichst einheitliches Vorgehen bei der Genehmigung gleichartiger Anlagen zu gewährleisten.
Die Bundesregierung ist im übrigen schon seit längerem bemüht, eine Rationalisierung der atomrechtlichen Verwaltungsverfahren durch folgende Schritte zu erreichen:
Erstens. Vereinheitlichung der nach der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung vom Antragsteller vorzulegenden Unterlagen, z. B. des Sicherheitsberichts.
Zweitens. Vereinheitlichung sicherheitstechnischer Anforderungen - z. B. hinsichtlich Auslegung, Qualitätssicherung und Dokumentation - an die für die Sicherheit wesentlichen Anlagenteile durch Erarbeitung von Behörden-Richtlinien, sicherheitstechnischen Regeln des beim Bundesminister des Innern gebildeten Kerntechnischen Ausschusses und Leitlinien der Reaktor-Sicherheitskommission.
Die Bundesregierung ist über die von den Herstellern verfolgten Pläne einer möglichst weitgehenden Standardisierung von Kernkraftwerken informiert. Sie erhofft sich dadurch eine wesentliche Arbeitserleichterung für Genehmigungsbehörden und Gutachter.
Die Bundesregierung sieht nach dem gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse keine Notwendigkeit für gesetzgeberische Initiativen. Die vorhandenen Probleme sollen auf Grund des vorhandenen Rechtsinstrumentariums durch verbesserte administrativorganisatorische Maßnahmen gelöst werden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Laufs, bitte.
Herr Staatssekretär, verstehe ich Ihre Antwort dahin gehend richtig, daß die Bundesregierung gegenwärtig weder eine fünfte Novelle des Atomgesetzes noch eine Klarstellung des § 4 Abs. 2 der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung für notwendig erachtet?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, was die Atomrechtliche Verfahrensverordnung betrifft, so würde man hier sicherlich eine Änderung nur nach einer grundsätzlichen und sorgfältigen Vorbereitung in Erwägung ziehen können. Das gilt insbesondere, nachdem das Bundesverfassungsgericht in der Mülheim-Kärlich-Entscheidung die Grundsätze dieser Verfahrensverordnung voll bestätigt hat.
Zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort die Absicht der Bundesregierung entnehmen, § 4 Abs. 2 der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung so klarzustellen, daß bei wesentlichen Änderungen, die nach Auffassung der Genehmigungsbehörde in ihrer Gesamtheit eine sicherheitstechnische Verbesserung darstellen, von einer erneuten Offenlegungs- und Anhörungspflicht abzusehen ist?
von Schoeler, Parl Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, so war meine Antwort nicht zu verstehen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hirsch.
Herr Staatssekretär, würden Sie noch einmal bestätigen, daß die Bundesregierung der Sicherheit der Kernenergieanlagen den absoluten Vorrang gibt, auch vor den wirtschaftlichen Interessen der Verkäufer elektrischer Energie, und ist die Bundesregierung bereit, unter diesem Gesichtspunkt auch die Zusammensetzung der Reaktor-Sicherheitskommission im Hinblick auf Interessenverfilzungen so zu überprüfen, wie es der Bericht der Enquete-Kommission empfiehlt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Präsidentin, wird die Frage zugelassen? Sie steht nicht im Sachzusammenhang, aber ich wäre selbstverständlich gerne bereit, sie zu beantworten.
Ich muß gestehen, daß mir die Frage zu kompliziert war, Herr Staatssekretär. - Bitte.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat selbstverständlich ein Interesse daran, daß die Qualität ihrer Beratung durch die ReaktorSicherheitskommission optimal ist. Dazu hat man Personen in diese Kommission entsandt, die über Erfahrung auf diesem Gebiet verfügen. Es gibt nach Auffassung der Bundesregierung keinen Grund, an der Qualität und Sachkunde der Beratung durch die Reaktor-Sicherheitskommission zu zweifeln.
Ich glaube, damit ist die Frage beantwortet. Im übrigen wird die Reaktor-Sicherheitskommission demnächst neu berufen werden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, hat es bei den bisherigen Genehmigungsverfahren irgendeinen Fall gegeben, von dem die Bundesregierung behaupten könnte, dabei seien Sicherheitsinteressen nicht absolut vorrangig gewesen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Nein. Vielen Dank, Herr Kollege Broll, für die Zusatzfrage. Sie gibt mir Gelegenheit, auf den ersten Teil der Frage von Herrn Kollege Hirsch einzugehen. Selbstverständlich gilt für die Bundesregierung der Grundsatz, daß der Sicherheit in den Genehmigungsverfahren für kerntechnische Anlagen absolute Priorität einzuräumen ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Auf welche Weise beabsichtigt die Bundesregierung, dem Beschluß des Deutschen Bundestags ({0}) nachzukommen, die Aufklärung der Bevölkerung über die im Krisen- und im Verteidigungsfall zu erwartende vielfältige Bedrohung zu verbessern und sie dadurch in ihrer Motivation und Fähigkeit zur Selbstbehauptung zu bestärken, und wie insbesondere werden sich im Bundeshaushalt die finanziellen Aufwendungen für die Öffentlichkeitsarbeit entwickeln?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist sich der Tatsache bewußt, daß die Aufklärung der Bevölkerung über die Bedrohung im Krisen- und Verteidigungsfall und über Schutzmöglichkeiten eine wichtige Aufgabe darstellt. Sie hat daher 1979 die Broschüre „Zivilschutz heute" herausgegeben, die mittlerweile mit 133 000 Exemplaren eine beachtlich hohe Auflage erzielt hat. Darüber hinaus hält der Bundesverband für den Selbstschutz, dessen Aufgabe die von Ihnen angesprochene Aufklärung .der Bevölkerung ist, ein umfassendes Ausbildungsprogramm sowie umfangreiches Informationsmaterial vor. Diese Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverbands für den Selbstschutz wird demnächst u. a. durch eine neue Vorsorge-Broschüre sowie einen Film über selbstschutzgemäßes Verhalten erweitert und verbessert. Außerdem hat vor kurzem ein vom Bundesministerium des Innern initiierter Modellversuch zur Verbesserung des Selbstschutzes in den Gemeinden begonnen.
Zu den zukünftigen finanziellen Aufwendungen
- um auf den zweiten Teil Ihrer Frage einzugehen
- kann ich zur Zeit keine detaillierte Aussage machen, weil das Kabinett den Entwurf des Haushalts 1981 noch nicht verabschiedet hat. Das Bundesministerium des Innern wird jedoch bemüht sein, ausreichende Mittel für diese Aufklärungsarbeit im Haushalt zu erreichen.
Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Dr. Laufs, bitte.
Herr Staatssekretär, welche Stellung bezieht die Bundesregierung zur Erklärung von Carl-Friedrich von Weizsäcker, daß eine Verzehnfachung der heutigen jährlichen Ausgaben im Bereich des Bevölkerungsschutzes notwendig sei?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, die Bundesregierung muß bei ihren Bemühungen, die Aufwendungen für den Bereich des Zivilschutzes zu verstärken, die insgesamt gegebenen finanziellen Möglichkeiten im Auge behalten. Sie tut dies. Sie hat im Rahmen dieser Möglichkeiten in den letzten Jahren insbesondere im Bereich der Hilfsorganisationen und des erweiterten Katastrophenschutzes einiges an Mittelverstärkungen erreichen können, beispielsweise für das Ihnen bekannte Fahrzeugbeschaffungsprogramm. Der Bundesminister des Innern wird sich bemühen, auch im Bereich der Ausstattung der Organisation und der persönlichen Ausstattung der Helfer einen weiteren Schwerpunkt zu setzen.
Die zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung den von Ihnen dargestellten, doch relativ bescheidenen Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit im Zivilschutz für ausreichend, die Bevölkerung über improvisierbare Maßnahmen des Selbstschutzes gegen Einwirkungen von Radioaktivität und chemischen Substanzen mit den notwendigen konkreten Einzelheiten aufzuklären?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, ich halte das, was im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit gegenwärtig getan wird, für durchaus ausreichend. Es ist allerdings auch notwendig, daß von den Angeboten, die z. B. über den Bundesverband für den Selbstschutz gemacht werden, Gebrauch gemacht wird. Wenn ich Ihrer Frage entnehmen darf, daß Sie dazu auffordern, möchte ich Ihre Frage insoweit begrüßen.
Danke schön, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Böhme steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller auf:
Hält die Bundesregierung es für richtig, steuerliche Vergünstigungen für Unternehmen, die in Entwicklungsländern investieren, zu geben, während die gleichen Unternehmen Zweigbetriebe in der Bundesrepublik Deutschland schließen?
Private Kapitalanlagen deutscher Unternehmen in Entwicklungsländern tragen vor allem zur wirtschaftlichen Entwicklung dieser Länder, aber auch zur Erschließung und Erhaltung ausländischer Märkte und zur Sicherung der eigenen Energie- und Rohstoffversorgung in der Bundesrepublik Deutschland bei. Die steuerliche Förderung dieser drei Ziele auf Grund des Entwicklungsländer-Steuergesetzes ist unabhängig vom Umfang der betrieblichen Investitionstätigkeit im Inland. Die Schließung eines inländischen Zweigbetriebs kann deshalb nicht zur Versagung der gewährten Steuervergünstigung in Entwicklungsländern führen. Eine solche Rechtsfolge könnte nur auf Grund einer Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes geschaffen werden. Eine gesetzliche Regelung jedoch, durch die die Steuervergünstigungen des Entwicklungsländer-Steuergesetzes von der betrieblichen Investitionstätigkeit im Inland abhängig gemacht werden, ist wegen der Vielschichtigkeit der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Investitionen in Entwicklungsländern und der Auswirkungen im Inland - in der Bundesrepublik Deutschland - nicht beabsichtigt.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller.
Herr Staatssekretär, wie will die Bundesregierung Hunderten von Arbeitern in der Unterhaltungselektronik, die ihre ArbeitsDr. Müller
plätze verlieren und kaum eine Chance haben, gleichwertige zu finden, diese Politik der Bundesregierung erläutern?
Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen soeben die Rechtsfolgen des Entwicklungsländer-Steuergesetzes geschildert. Die Bundesregierung kann nichts anderes tun, als dieses Gesetz anwenden. Wenn hier eine Änderung vorgenommen werden sollte, müßte dies auf gesetzlichem Wege, im Wege einer Rechtsänderung erfolgen.
Ich darf darauf hinweisen, daß dies dann natürlich generell erfolgen müßte. Auch müßte der Nachweis geführt werden, daß z. B. die Schließung eines Zweigbetriebes im Inland unmittelbar mit der Gründung entsprechender Betriebe in Entwicklungsländern zusammenhängt. Dieser Nachweis dürfte vielleicht in dem von Ihnen angesprochenen Fall leicht zu führen sein. Aber da die gesetzliche Regelung in Zukunft generell gelten würde, wäre dies sicher eine schwergewichtige Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes. Ich hätte auch größte Bedenken unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten.
Zweite Zusatzfrage, Herr Müller.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht vielleicht sinnvoll für die Bundesregierung, eine entsprechende Gesetzesänderung vorzuschlagen, die die Erhaltung von Arbeitsplätzen in - den Entwicklungsländern fast gleichzustellenden - strukturschwachen Räumen ermöglicht?
Ich habe vorhin darauf hingewiesen, daß eine generelle Regelung zum einen erhebliche Probleme aufwerfen würde. Es kann ja nicht nur auf den Einzelfall, den Sie jetzt schildern - vielleicht zu Recht schildern; ich will das gar nicht in Abrede stellen -, ankommen.
Zusätzlich muß man ausführen, daß natürlich auch Investitionen in den Entwicklungsländern der Sicherung von Arbeitsplätzen im Inland dienen können, weil die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen dadurch gestärkt wird und damit die im Inland verbliebenen Arbeitsplätze zusätzlich gesichert werden. Das Problem ist, wie ich vorhin sagte, außerordentlich komplex.
Zusatzfrage, Abgeordneter Vohrer.
Herr Staatssekretär, sehen Sie in der Frage des Kollegen, der hier doch letztlich eine andere Ausgestaltung des EntwicklungsländerSteuergesetzes anstrebt, nicht ein Instrument der Investitionslenkung,
({0})
wenn von unserer Seite dann Strukturpolitik im Inland betrieben würde? Und können Sie vielleicht noch auch auf die ordnungspolitische Problematik, die in der Frage steckt, hinweisen?
Ich kann dies gerne tun und sagen, daß da, wie in vielen anderen Gesetzen, eine solche Folge möglich wäre.
Ich möchte aber nachdrücklich noch einmal darauf hinweisen, daß die Bundesregierung im Hinblick auf die Vielschichtigkeit des Problems eine derartige Abhängigkeit entwicklungspolitischer Maßnahmen von speziellen inländischen Auswirkungen nicht für vertretbar hält. Der Wert einer entwicklungspolitischen Maßnahme ist für sich zu betrachten, auch im Hinblick auf die Entwicklungsländer.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Westphal.
Herr Staatssekretär, nachdem die Vielschichtigkeit des Problems hier so vielschichtig erörtert worden ist, frage ich: sehen Sie denn nicht darin, daß ein Angehöriger der Opposition Ihnen die Frage nach der Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes gestellt hat, obwohl die Opposition diesem Gesetz ja zugestimmt hat, eine Chance, die Sache doch insgesamt noch einmal zu prüfen; denn es handelt sich um eine Subvention, die leider ohne ein Enddatum in unserem Gesetz steht und nicht einen Abbaucharakter hat, was eigentlich wünschenswert wäre?
Die Bundesregierung hätte dafür viel Verständnis.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voss.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie, nachdem Sie die Rechtslage geschildert haben, offensichtlich nicht bereit sind, diese Subventionen noch einmal zu überdenken und auf diese Weise unerträgliche Zustände in unserem Lande zumindest teilweise zu beheben?
Ich habe vorhin ausgeführt, daß die Bundesregierung gegen eine derartige Abhängigkeit der steuerlichen Förderung größte Bedenken hätte, und zwar aus entwicklungspolitischen Gründen, aber auch aus Gründen, die für das Inland vorhin dargestellt worden sind.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, muß ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung es billigt, wenn deutsche Arbeitsplätze dadurch in Gefahr geraten oder vernichtet werden, daß Betriebe unter Ausnutzung der Chancen dieses Gesetzes Betriebsteile oder Betriebsstätten ins Ausland verlagern?
Wie ich vorhin ausführte, Herr Kollege, ist die Bundesregierung auch hier an das geltende Recht gebunden. Eine Initiative zu einer generellen Änderung möchte ich aus den von mir genannten Gründen ablehnen. Ich habe
nichts dagegen - ich habe vorhin größtes Verständnis dafür gezeigt -, wenn aus den Reihen der Opposition Anstöße für Überlegungen bezüglich des Entwicklungsländer-Steuergesetzes erfolgen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 12 und 13 der Abgeordneten Frau Will-Feld werden auf Wunsch der Fragestellerin schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Welche Auswirkungen hat das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zur Handhabung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO im Falle von steuerverkürzenden Parteispenden auf die Auskunftspflicht der Finanzverwaltung, und wird die Bundesregierung bei den Bundesländern auf eine dieses Urteil berücksichtigende einheitliche Auskunftspraxis hinwirken?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Ich würde gerne beide Fragen im Zusammenhang beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Kann ein zwingendes öffentliches Interesse nach § 30 AO zum Verzicht auf das Steuergeheimnis im Sinne des einschlägigen Urteils des OLG Hamm auch in anderen Fällen, wie z. B. der Steuervergünstigung nach § 6 b EStG, gegeben sein?
Zunächst zur Frage 14: Im Steuerstrafverfahren gewonnene Erkenntnisse über beschuldigte Personen und andere Beteiligte unterliegen dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung. An das Steuergeheimnis ist auch die Staatsanwaltschaft gebunden.
Nach § 30 der Abgabenordnung ist die Offenbarung steuerlicher Verhältnisse geschützt. Eine solche Offenbarung liegt vor, wenn sie konkrete Rückschlüsse auf einen einzelnen Steuerpflichtigen oder auf andere Personen zuläßt. Rein abstrakte Darstellungen eines Steuerfalles stellen dagegen schon begrifflich keine Offenbarung dar und sind deshalb zulässig. Die Finanzverwaltung hat daher stets die Auffassung vertreten, daß eine Unterrichtung der Öffentlichkeit über Steuerstrafverfahren zulässig ist, sofern dabei die Namen der Beteiligten nicht genannt werden und auch sonst aus der Veröffentlichung keine Rückschlüsse auf die Person des Beteiligten gezogen werden können.
Darüber hinaus sind Auskünfte über Steuerstrafverfahren unter gleichzeitiger Namensnennung der Betroffenen nur zulässig, wenn einer der in § 30 der Abgabenordnung - das ist die Regelung über das Steuergeheimnis - im einzelnen aufgeführten Offenbarungsgründe vorliegt. Eine Veröffentlichung über Steuerstrafverfahren mit Namensnennung des Beschuldigten kommt daher z. B. in Betracht, wenn der Beschuldigte zustimmt - das ist selbstverständlich - oder aber wenn die Veröffentlichung für die Durchführung des Steuerstrafverfahrens erforderlich ist, z. B. zur Verfolgung eines flüchtigen Straftäters mit Hilfe eines Steckbriefes.
Das Oberlandesgericht Hamm, Herr Kollege - auf das sich Ihre Frage offensichtlich bezieht -, hält
jetzt mit Beschluß vom 14. Juli 1980 eine Unterrichtung der Öffentlichkeit über Steuerstrafverfahren unter dem Gesichtspunkt des zwingenden öffentlichen Interesses nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 der genannten Vorschrift in der Abgabenordnung grundsätzlich für zulässig. Nach seiner Auffassung verdichtet sich der durch die Presse vermittelte Informationsanspruch der Öffentlichkeit in Fällen wie z. B. der Parteispendenaffäre zu einem zwingenden öffentlichen Interesse mit der Folge, daß die Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses gegebenenfalls hinter dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit zurücktreten muß.
Allerdings - und das ist der wichtige Punkt - hat das OLG Hamm den von ihm aufgestellten Grundsatz in einem wesentlichen Punkt auch selbst wieder eingeschränkt. In dem Beschluß wird nämlich unter Hinweis auf Nr. 23 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren ausgeführt, daß der Informationsanspruch der Presse in der in allen Strafverfahren zu beachtenden Rücksichtnahme auf überwiegende Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten seine Grenze findet. Unnötige Bloßstellungen seien zu vermeiden. Die Bekanntgabe von Ermittlungsergebnissen hält das Gericht deshalb selbst nur für zulässig, soweit das ohne Preisgabe der Identität der Beschuldigten möglich sein kann.
Das gilt nach Nr. 23 der bereits erwähnten Richtlinien nicht nur für den Namen des im Strafverfahren Beschuldigten, sondern auch für die Namen anderer Beteiligter. Im praktischen Ergebnis ist es deshalb auch bei Anwendung der vom Gericht aufgestellten Grundsätze z. B. nicht möglich, offenzulegen, wer welche Partei finanziert hat und wem die Empfänger der Spenden politisch verpflichtet sein könnten.
Nun zur Frage 15, die damit im Zusammenhang steht. Der Beschluß des OLG Hamm befaßt sich nur mit Auskünften über Steuerstrafverfahren im Zusammenhang mit Parteispenden. Unmittelbare Auswirkungen auf die Auskunftserteilung in anderen Fragen, z. B. im Verwaltungsverfahren über Steuerbegünstigungen nach § 6 b des Einkommensteuergesetzes, hat er nicht. Unabhängig davon wären die praktischen Konsequenzen die gleichen wie zur Beantwortung Ihrer ersten Frage ausgeführt. Das bedeutet, daß die Vorschrift über das Steuergeheimnis zwar einer abstrakten Darstellung über derartige Steuervergünstigungen nicht entgegensteht, daß aber aus der Information keine Rückschlüsse auf die Person des betreffenden Steuerpflichtigen gezogen werden dürfen.
Eine Änderung dieser Rechtslage nach § 30 Abgabenordnung könnte, wie im Zusammenhang mit § 6 b des Einkommensteuergesetzes in der Fragestunde schon oft ausgeführt, nur durch eine Gesetzesänderung erfolgen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Herr Staatssekretär, wäre nicht nach Ihrer Interpretation des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm dieses Urteil völlig wertlos unter
dem Gesichtspunkt der Informations- und Auskunftspflichten, wenn man berücksichtigt, daß Sie ja gesagt haben, daß ein Name nicht erwähnt werden darf, und daß in dieser Urteilsbegründung als wesentlicher Punkt ganz deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist, daß der Bürger seine Rechte als Staatsbürger und Demokrat nur wahrnehmen kann, wenn er über derartige Spendenvorgänge informiert wird und wenn diese Vorgänge bei den Parteien für den Wähler transparent werden?
Herr Kollege, ich verstehe Ihre Frage sehr gut. In dem Urteil findet aber eine Abwägung statt. Auf der einen Seite steht der Informationsanspruch der Öffentlichkeit. Dies wurde bejaht nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 der Reichsabgabenordnung. Im zwingenden öffentlichen Interesse kann ein Informationsanspruch bestehen. Insofern ist dies eine neue Lage durch das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm. Auf der anderen Seite steht das Schutzbedürfnis des Betroffenen. Insofern sind dies zwei Teile in dem Urteil. Zu dem zweiten Teil hat das Urteil ausgeführt - ich darf zitieren - :
Im Ermittlungsverfahren reicht deshalb nach Ansicht des Senates eine Information ohne Namensnennung aus.
Das Urteil hat sich also selbst dagegen gewandt, im Ermittlungsverfahren eine Namensnennung zuzulassen.
Das ist auch der Grund, weshalb ich hier in der Exegese des Urteils diese beiden Pole herausstellen und feststellen muß, daß auch auf der Grundlage des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm z. B. eine Namensnennung des Beschuldigten nicht möglich ist. Das ist hier ausdrücklich ausgeschlossen.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Darf ich Ihre Ausführungen auf jeden Fall dahin gehend interpretieren, daß Sie es für möglich halten, daß in einem konkreten Fall durchaus z. B. Staatsanwaltschaften eine Güterabwägung vornehmen können und vielleicht zu dem Urteil kommen können, daß das demokratische Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch einmal bei einem schwerwiegenden Fall gegen das Schutzinteresse des Betroffenen durchschlagen kann?
Als Antwort führe ich am besten aus, was das Urteil weiter sagt. Ich zitiere:
Dagegen ist nicht ersichtlich, was der Mitteilung des Gegenstands des Ermittlungsverfahrens und der bisherigen Ermittlungsergebnisse in gedrängter Form sowie auch der Kennzeichnung der Beschuldigten nach ihrer etwaigen Bedeutung in Öffentlichkeit und Gesellschaft, soweit das ohne Preisgabe der Identität möglich sein sollte, entgegenstehen könnte.
Das heißt, hier hat das Urteil schon etwas Freiraum geschaffen. Die Grenze ist jedoch, daß die Preisgabe der Identität nicht möglich sein soll. Darüber hinaus ist dem Informationsanspruch der Offentlichkeit, soweit dies möglich ist, entsprochen worden.
Dritte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Spöri.
Herr Staatssekretär, eine Zusatzfrage zu Ihrer Antwort auf meine Frage im Zusammenhang mit § 6 b des Einkommensteuergesetzes. Ist es nicht so, daß in § 30 der Abgabenordnung die Gründe, aus denen das Steuergeheimnis durchbrochen werden kann, nicht abschließend aufgezählt sind, und daß man durchaus neue Gründe anfügen kann?
Auf gesetzlichem Wege ja. Soweit dies im Moment normiert ist, nach geltendem Recht, würde ich sagen, ist die Aufzählung ausschließlich. Es wäre nicht möglich, im Wege der Gesetzesinterpretation - auch bei weitester Auslegung - neue Gründe zu finden. In § 30 steht im ersten Teil die Pflicht, das Steuergeheimnis zu wahren. In Abs. 4 ist in fünf Ziffern eine ausschließliche Aufzählung der Möglichkeiten enthalten, das Steuergeheimnis zu durchbrechen. Es sind die Auslegungen der Rechtsprechung maßgeblich. Ich habe vorhin das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm erwähnt. Die Aufzählung ist ausschließlich und umfassend.
Vierte Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege.
Ist es nicht so, Herr Staatssekretär, daß angesichts der Knappheit öffentlicher Mittel ein Steuerausfall durch Steuerbegünstigungen in einem Umfang von Hunderten von Millionen DM durchaus einen hinreichenden Grund darstellt, um zu sagen: „Hier liegt ein zwingendes Interesse der Öffentlichkeit vor, über solche Steuerbegünstigungen informiert zu werden"?
Herr Kollege, das „zwingende öffentliche Interesse" ist in der Ziffer 5 des § 30 Abs. 4 der Abgabenordnung ausgeführt, und danach haben keine Möglichkeiten bestanden, von dem bisherigen Standpunkt abzugehen. Ich habe schon mehrfach ausführen müssen, daß hier nach geltendem Recht keine andere Beurteilung möglich ist.
Im übrigen darf ich im Hinblick auf den Fall des § 6 b des Einkommensteuergesetzes und auf die bekannten Umstände dieses Falles darauf hinweisen, daß ja durch Veröffentlichung durch den Betroffenen selbst die maßgeblichen Anträge bekannt geworden sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kühbacher.
Herr Staatssekretär, darf ich dem Flickenteppich Ihrer Antworten entnehmen, daß sich die Bundesregierung bei der Zitierung des OLG-Urteils einer eigenen politischen Wertung der Güterabwägung enthält, und würden Sie mir die Frage beantworten können, ob bei dieser Güterabwägung dann, wenn dem öffentlichen Interesse kein
Persönlichkeitsschutz eines einzelnen, sondern der einer Firma gegenübersteht, eigentlich auch nach der politischen Auffassung der Bundesregierung die Öffentlichkeit das Prä haben müßte?
Das waren zwei Fragen, ja?
Ja, es waren zwei Fragen.
Gut. - Bitte.
Die Bundesregierung muß sich natürlich einer Bewertung von Justizakten enthalten. Dies geschieht auch im vorliegenden Fall. Ich habe vorhin zum Ausdruck gebracht, daß die Bundesregierung im Falle Flick an die gesetzliche Lage gebunden ist und daß nach der Auslegung des § 30 der Abgabenordnung keine anderen Möglichkeiten als die bestanden haben, von denen in der Praxis Gebrauch gemacht worden ist. Ob dies nun erwünscht ist oder nicht, ist eine andere Frage, aber jedenfalls war die Bundesregierung nach Recht und Gesetz gehalten, sich so zu verhalten, wie sie es getan hat.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe Frage 16 des Herrn Abgeordneten Hoffie auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Tatbestand, daß Finanzverwaltungen bei der Abgrenzung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb bei Werbe- und Public-Relations-Beratern das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25. April 1978, VIII R 149/74, entgegen der Intention des Bundesfinanzministers und der obersten Finanzbehörden der Länder insoweit schematisch anwenden, als sie nicht in jedem Einzelfall prüfen, ob Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit oder Gewerbebetrieb vorliegen, und wie wird der Bundesfinanzminister sicherstellen, daß die Finanzverwaltung in Zukunft auch tatsächlich in die Einzelfallprüfung eintritt?
Der Bundesminister der Finanzen hat Anfang Februar 1979 mit den obersten Finanzbehörden erörtert, welche Folgerungen aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25. April 1978 zu ziehen sind. Es wurde dabei Einvernehmen darüber erzielt, daß die Finanzämter von den Grundsätzen des Urteils auszugehen, jedoch in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen haben, ob Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit vorliegen.
Damit ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß es in einzelnen Fällen Meinungsverschiedenheiten zwischen Steuerpflichtigen und Finanzämtern gibt. Zur Klärung solcher Streitfälle sind jedoch die Finanzgerichte berufen, soweit eine Anrufung der zuständigen Oberfinanzdirektion oder des zuständigen Landesfinanzministeriums erfolglos bleibt. Der Bundesminister der Finanzen nimmt auf Grund des Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes auf Einzelfälle grundsätzlich keinen Einfluß und kann dies auch nicht tun.
Frau Präsidentin, wenn Sie gestatten, würde ich gern gleich die zweite Frage mit beantworten, weil sie hiermit unmittelbar in Zusammenhang steht.
Dann rufe ich Frage 17 des Abgeordneten Hoffie auf:
Hält die Bundesregierung es überhaupt für rechtlich zulässig, daß Finanzverwaltungen Werbe- und Public-Relations-Berater, die jahrelang ohne Beanstandung als freier Beruf behandelt wurden, ohne Begründung in der Sache von einem Veranlagungszeitraum auf den anderen als Gewerbebetrieb einstufen, oder sind die Finanzverwaltungen in solchen Fällen nicht vielmehr auch aus Gründen der Beweislast verpflichtet, in die Einzelfallprüfung einzutreten und konkret den Nachweis zu führen, daß die Umstufung begründet ist?
Dr. Böhme, Parl. Staatsekretär: Danke schön.
Ihre zweite Frage beantworte ich in ihrem ersten Teil mit Nein - es kann also in der Einstufung nicht ohne Begründung in der Sache übergegangen werden - und in ihrem zweiten Teil mit Ja. Das heißt, daß die Finanzverwaltung verpflichtet ist, hier eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.
Falls im Einzelfall die rechtliche Würdigung tatsächlich ohne weitere Begründung und Uberprüfung des Sachverhalts geändert worden ist, empfehle ich dem betroffenen Steuerpflichtigen, die seinem Finanzamt vorgesetzten Landesfinanzbehörden mit seinem Fall zu befassen. Zuständig wäre in diesem Fall die Oberfinanzdirektion.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hoffie.
Herr Staatssekretär, zum Grundsätzlichen: Wird denn die Bundesregierung aus dem Bericht zur Lage der freien Berufe, in dem ja die Werbe- und Public-Relations-Berater als Freiberufler eingestuft werden, auch steuerrechtlich klarere Konsequenzen ziehen?
Dr. Böhme, Parl. Staatsekretär: Wie ich Ihnen schon sagte, sind die Gesetze, die vom Bund gemacht werden, die eine Seite. Ihre Anwendung obliegt auf der anderen Seite den Finanzämtern und damit den Landesfinanzbehörden.
`Ich kann den Einzelfall, der mir jetzt durch Ihre Frage bekanntgeworden ist, natürlich nicht im einzelnen beurteilen; das steht mir auch nicht zu. Deswegen meine Bitte, daß die rechtliche Beurteilung und Entscheidung des Finanzamts eventuell den oberen Landesfinanzbehörden zur Überprüfung vorgelegt oder durch die Finanzgerichte einer Uberprüfung zugeführt wird.
({0})
Zu einer Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Spöri.
Herr Staatssekretär, taucht nicht im Zusammenhang mit der von dem Kollegen Hoffie formulierten Frage die Zusatzfrage auf, ob dieser Zusammenhang nicht genereller gesehen werden muß, nämlich in dem Sinne, daß bisher ein steuerliches Gerechtigkeitsgefälle zwischen Freiberuflern und vielen Kleingewerbetreibenden bestanden hat und daß es möglich sein sollte, zu überprüfen, ob dieses steuerliche Gerechtigkeitsgefälle zwischen den beiden Berufsgruppen etwas eingeebnet werden kann?
Ich weiß nicht konkret, auf welches Gerechtigkeitsgefälle Sie anspielen. Sie können die Gewerbesteuerpflicht gemeint haben. - Ich entnehme Ihrem Nicken, daß dies so ist. In dem Falle muß ich darauf hinweisen, daß dieser Fall j a so liegt, daß er als Gewerbebetrieb eingestuft wird und nicht mehr als Freiberufler, d. h. daß er gerade als Gewerbebetrieb die Folge der GeParl. Staatssekretär Dr. Böhme
werbesteuerpflicht hätte, so daß er nach Ihrer Vorstellung in der Beurteilung der Besteuerung in den negativen Bereich des Gerechtigkeitsgefälles käme.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Voss auf:
Ist es zutreffend, daß - wie in Presseberichten verlautete - die Bundesregierung für Kredite von ölexportierenden Ländern einen deutlich höheren Zinssatz zu zahlen hat, als sie für Kredite erhält, die sie beispielsweise an die Sowjetunion gewährt, und ist die Bundesregierung bereit, die entsprechenden Durchschnittssätze mitzuteilen?
Herr Kollege, derartige Presseberichte können gar nicht zutreffen, da, wie Sie wissen, die Bundesregierung Kredite an die Sowjetunion nicht gewährt. Zwischen den Kreditgewährungen deutscher Banken an die UdSSR im Zusammenhang mit Ausfuhrgeschäften und den Kreditaufnahmen des Bundes bei OPEC-Staaten, die zu marktgerechten Konditionen erfolgten, besteht somit überhaupt kein Zusammenhang.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voss.
Herr Staatssekretär, Sie haben vor kurzem die Antwort gegeben, daß Sie beispielsweise von Saudi-Arabien einen Kredit in Höhe von 5,8 Milliarden DM aufgenommen haben. Sind Sie bereit, mir die Zinssätze zu nennen, die Sie hier zu zahlen hatten, und sind Sie weiter bereit, das in Relation zu den Zinsen zu stellen, die wir im Rahmen der Ostgeschäfte wahrscheinlich erhalten werden?
Ich muß darauf hinweisen, Herr Kollege, daß die Verträge zwischen den deutschen Banken und Unternehmen und der Sowjetunion noch nicht abgeschlossen sind, so daß ich mich dazu nicht konkret äußern kann.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es nicht zutreffend, daß Sie einem Kollegen auf eine Frage die Antwort gegeben haben, daß Sie beispielsweise für die Kredite aus Saudi-Arabien in Höhe von 5,8 Milliarden DM einen sehr hohen Zinssatz zahlen müssen?
Ich persönlich habe die Antwort nicht gegeben. Sie beziehen sich wohl auf eine Antwort meines Kollegen Grüner vom Bundeswirtschaftsministerium. Ich kann diese Antwort des Kollegen Grüner natürlich nur bestätigen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Jungmann wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Carstens ({0}) auf:
Auf welche unerwartet hohen Schadensfälle ist die überplanmäßige Ausgabe bis zur Höhe von 100 Millionen DM bei den Ausgaben für Gewährleistungen im Haushaltsjahr 1980 zurückzuführen?
Die überplanmäßige Ausgabe bis zur Höhe von 100 Millionen DM für Zahlungen aus Gewährleistungen des Bundes ist durch eine noch in diesem Jahr zur Entschädigung anstehende weitere Forderung aus einem Iran-Geschäft notwendig geworden. Es handelt sich hier um einen Zahlungsanspruch in entsprechender Höhe für Bauleistungen im Zusammenhang mit einem inzwischen annullierten Kernkraftwerksgeschäft. Bei Feststellung des Haushaltsplans 1980 im Dezember 1979 war unterstellt worden, daß diese Rate nicht 1980 zur Entschädigung kommen würde.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? - Keine Zusatzfrage.
Darf ich gleich die Frage 21 beantworten?
Ich bitte darum, Herr Staatssekretär:
In welcher Höhe hat die Bundesregierung bereits Zahlungen auf Grund der 50-Millionen-DM-Bundesbürgschaft zugunsten der in Konkurs gegangenen Firma Beton- und Monierbau AG, Düsseldorf, leisten müssen, und haben solche Zahlungen zu der überplanmäßigen Ausgabe bis zur Höhe von 100 Millionen DM bei den Ausgaben für Gewährleistungen beigetragen?
Auf Grund der Bundesbürgschaft zugunsten der Firma Beton- und Monierbau AG i. K. sind einschließlich gedeckter Zinsen rund 54,81 Millionen DM gezahlt worden. Diese Zahlung konnte wegen Wegfalls einer ursprünglich eingeplanten anderen Entschädigungsleistung in etwa gleicher Höhe im binnenwirtschaftlichen Bereich aufgefangen werden. Insoweit hat diese Zahlung also nicht zu einer überplanmäßigen Ausgabe geführt.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Carstens.
Herr Staatssekretär, zu der Bürgschaft für die Firma Beton- und Monierbau AG möchte ich gerne wissen, ob mit der Zahlung von über 54 Millionen DM der Fall aus der Sicht der Bundesregierung abgeschlossen ist oder ob es zu weiteren Zahlungen kommen könnte.
Herr Kollege, das kann ich im Moment nicht beurteilen. Ich möchte bitten, daß ich Ihnen die Frage schriftlich beantworten darf.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, können Sie uns mitteilen, ob die Bundesregierung beabsichtigt, in dem Fall der Frage 20, wo durch die Erfüllung der Bürgschaft j a der insoweit bestehende Schadensersatzanspruch auf den Bürgen, also die Bundesrepublik Deutschland, übergeht, beim Verursacher Regreß zu nehmen, also in diesem Falle beim persischen Staat?
Ich möchte jetzt eigentlich sagen, daß die Frage 20 abgeschlossen ist; aber vielleicht sind wir hier großzügig.
Herr Kollege, es soll an nichts fehlen, derartige Versuche anzustellen. Es wird in allen Fällen geprüft, ob Regreß genommen wird. Ob dies im vorliegenden Falle sinnvoll ist, wage ich allerdings zu bezweifeln.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Grüner steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Die Fragen 22 und 23 der Abgeordneten Löffler und Gansel werden auf Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß in der Bundesrepublik Deutschland Gelder für Waffenkäufe gesammelt und ins Ausland weitergeleitet werden?
Er ist im Saal. Bitte, Herr Staatssekretär.
Bei den von Ihnen angesprochenen Sammlungen, Herr Kollege, geht es um ein Problem des Sammlungswesens. Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes sind für die Regelung und Beaufsichtigung von Sammlungen nicht der Bund, sondern die Länder zuständig. Dies ist auch in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 5. August 1966 bestätigt worden. Die Zulässigkeit derartiger Sammlungen muß daher der Beurteilung der zuständigen Landesbehörden überlassen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.
Hält die Bundesregierung an dieser Feststellung fest, auch wenn man weiß, daß von einem Konto einer großen Berliner Bank bereits 30 000 DM für Waffenkäufe für Guerillas in El Salvador überwiesen wurden?
Derartige Informationen liegen mir nicht vor, Herr Kollege. Wir würden derartige Sammlungen, wenn sie wirklich stattfinden würden, politisch für unerträglich halten. Aber ich kann nur noch einmal auf die Kompetenz hinweisen, die hier bei den Ländern liegt. Diese wären gegebenenfalls dafür zuständig, derartige Sammlungen zu unterbinden. Ich kann nur empfehlen, die entsprechenden Landesbehörden einzuschalten.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.
Welche Schlußfolgerungen würden Sie im Hinblick auf die Wirkungsmöglichkeiten der für die Staatssicherheit zuständigen Organe ziehen, wenn ein einfacher Abgeordneter durch Zeitungslektüre solche Informationen hat, die die Bundesregierung nicht hat.
({0})
Die Bundesregierung ist leider nicht in der Lage, alle Zeitungen zu lesen, die in der Bundesrepublik erscheinen.
({0})
Insofern sind wir für die Hilfestellung, die ein „einfacher Abgeordneter" hier geleistet hat, sehr dankbar. Wir werden diesen Vorgang wegen seiner politischen Brisanz selbstverständlich im Auge behalten.
({1})
Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Würtz auf:
Durch welche Maßnahmen stellt der Koordinator für die Deutsche Luft- und Raumfahrt sicher, daß beim vorgesehenen Zusammenschluß der Firmen MBB und VFW - der ja von der Bundesregierung gewünscht wird - der Verlust des „Technologiezentrums des Nordens" unterbleibt?
Frau Präsident, ich möchte gern beide Fragen im Zusammenhang beantworten.
Ja, bitte. Dann rufe ich auch die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Würtz auf:
Ist der Bundesregierung in diesem Zusammenhang der Begriff Blechschmiede" bekannt, und welche Vorstellungen verbindet sie gegebenenfalls damit?
Die Bundesregierung hat sich stets für die Erhaltung des Technologiezentrums Bremen eingesetzt. Das war ein vordringliches Ziel-der Sanierung von VFW durch den Bund im Jahre 1977. Das ist auch ein wichtiges Ziel bei der Zusammenführung mit MBB. Die Bundesregierung hat deshalb von Anfang der Verhandlungen mit den Beteiligten an darauf hingewirkt, daß VFW und MBB im Werkstättenkonzept für das zusammengeführte Unternehmen in qualitativer und quantitativer Hinsicht regional ausgewogene Lösungen vereinbaren. In den vorliegenden Vereinbarungen sind dementsprechend dem Standort Bremen u. a. auch wesentliche Entwicklungskapazitäten und Leistungsfunktionen zugeordnet, um den gewachsenen technologischen Schwerpunkten Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung wird auch weiterhin im Rahmen ihrer Politik für die Luft- und Raumfahrtindustrie regionalpolitische Mitverantwortung übernehmen.
Kritiker des Werkstättenkonzepts bezeichnen mit dem Begriff „Blechschmiede" Produktionskapazitäten der Luft- und Raumfahrtindustrie. Es ist allerdings keine Frage, daß mit dieser Bezeichnung die Aufgaben hochqualifizierter Arbeitnehmer in den Flugzeugfertigungsbetrieben, z. B. in Bremen, Varel, Hamburg oder Augsburg, nicht angemessen umschrieben sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Würtz.
Herr Staatssekretär, muß ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie eine Nachbesserung des jetzt gefundenen Werkstättenkonzepts für ausgeschlossen halten?
Herr Kollege, das von den beiden Verhandlungsführern, Staatsminister Streibl und Senator Willms, unterzeichnete Verhandlungskonzept ist für die Gesellschafter dieser beiden Unternehmen bindend. Es ist sicher, daß dieses Konzept, wie vorgesehen, in den Gesprächen mit den Belegschaften der Erläuterung bedarf, weil aus dem Konzept selbst für den Laien, mit den betrieblichen Verhältnissen nicht Vertrauten, nicht alle notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen sind. Deshalb bedarf es einer Information, einer Erläuterung. Aber nachdem die Vertreter der Gesellschaften das unterzeichnet haben, ist es für die beiden Gesellschaften ohne Zweifel bindend.
Zusatzfrage, Herr Würtz.
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß der Verlust der Leitungsfunktionen für die Entwicklung im Raumfahrtsektor katastrophale Folgen für den doch sehr strukturschwachen Unterweserraum haben wird?
Nein, Herr Kollege, ich meine das nicht. Ich halte das für ein ausgewogenes Konzept. Ich stütze mich vor allem auf den Hinweis - und das ist in dem Verhandlungskonzept auch schriftlich festgehalten worden -, daß nach übereinstimmender Meinung die heute vorhandenen Kapazitäten personeller und produktionstechnischer Art an den heutigen Standorten erhalten bleiben sollen, daß Entlassungen in diesen Unternehmensbereichen nicht anstehen und daß die angesichts der dort konzentrierten personellen Fähigkeiten, die auch durch ein unabhängiges Gutachten bestätigt wurden, gegebenen Chancen für den Unterweserraum und seine Beschäftigten nicht so groß wären, wenn die Zusammenführung nicht erfolgte.
Keine weitere Zusatzfrage von Herrn Würtz. - Herr Grobecker, Sie haben die nächste Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, liegt es eigentlich im Interesse der Bundesregierung, daß dieser so geschaffene nationale Luft- und Raumfahrt-Konzern nun wegen der Kapitalverteilung völlig von der Bayerischen Landesregierung beherrscht wird?
Nein, das liegt nicht im Interesse der Bundesregierung. Aber erfreulicherweise besteht zwischen den Gesellschaftern Übereinstimmung darin, daß in Zukunft die Industrie an diesem zusammengeführten Konzern mehrheitlich beteiligt sein soll. Das wird auch eintreten, wenn nicht etwa die Länder Bremen, Hamburg oder Bayern einen vermehrten Einfluß anstreben, was sie erklärtermaßen nicht beabsichtigen.
Bitte, Sie haben noch eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, worin besteht eigentlich der Einfluß der Bundesregierung auf die Kapitaleigner, das, was Sie für notwendig halten, wirklich zu tun?
Dieser Einfluß besteht in der Überzeugungskraft der Argumente und in der Einsicht aller Anteilseigner, daß der Hochlauf der Airbus-Produktion einen Kapitalaufwand erfordert, der durch eine staatliche Beteiligung an diesem Unternehmen nicht bewältigt werden könnte.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Metz.
Herr Staatssekretär, gehen Sie davon aus, daß der Schwerpunkt der Raumfahrt im Bereich Bremen bleibt, obwohl der Schwerpunkt der Leitungssitze - sowohl nach Anzahl als auch nach Bedeutung - in München angesiedelt werden soll?
Herr Kollege, dieses Werkstättenkonzept ist das Ergebnis einer sehr intensiven, sich über Monate hinziehenden Beratung zwischen den Geschäftsführungen beider Unternehmen, ein Konzept, dessen Schlußfassung von den Sprechern der Gesellschaften abgesegnet worden ist. Alle Gesichtspunkte, die diskutiert werden und mit Recht diskutiert wurden, sind bei diesem Konzept berücksichtigt worden. Es ist ganz klar, daß dabei auch Kompromisse geschlossen worden sind, die aus der Sicht des einen oder anderen nicht als optimal angesehen werden können.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Martiny-Glotz.
Herr Staatssekretär, können Sie mir als einer bayerischen Abgeordneten bestätigen, daß sowohl der Betriebsrat als auch die Konzernleitung von MBB den Eindruck haben, zugunsten dieser Fusion Vorteile aufgegeben zu haben, und würden Sie meinem Urteil zustimmen, daß vermutlich eben wirklich eine ausgewogene Regelung gefunden worden ist?
Ich kann Ihrer Beurteilung nur voll zustimmen, Frau Kollegin.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Börnsen.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir trotz Ihrer Beurteilung, daß dieses Konzept ausgewogen sei, nicht zustimmen, daß für den Unterweserraum die Notwendigkeit kompensatorischer Maßnahmen gegeben ist? Ich denke dabei insbesondere an Projekte der Kohleveredelung und der Kohleverflüssigung.
Herr Kollege, diese Frage steht in keinem Zusammenhang mit der Luft-und Raumfahrtindustrie. Es ist selbstverständlich, daß wir als Bundesregierung uns insgesamt bemühen, arbeitsplatzschaffende neue Investitionen zu fördern, wo immer sich dafür die Chance und die wirtschaftliche Möglichkeit bieten.
Danke, Herr Staatssekretär, daß Sie die Frage dennoch beantwortet haben.
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Grobecker auf:
Hält die Bundesregierung den zwischen den Luft- und Raumfahrtunternehmen MBB und VFW ausgehandelten Kompromiß über die Fusion beider Firmen angesichts der ohnehin vorhandenen Strukturschwäche des Nordens für ausgewogen?
In den Vereinbarungen von VFW und MBB zum Werkstättenkonzept des zusammengeführten Luft- und Raumfahrtunternehmens ist festgelegt, daß dem Unterweserraum - wie bisher - wesentliche Entwicklungs- und Produktionskapazitäten sowie Leitungsfunktionen zugeordnet bleiben. Dabei konnte auch ein vertretbarer Interessenausgleich zwischen den norddeutschen Standorten Bremen und Hamburg gefunden werden. Die von VFW und MBB erzielten Verhandlungsergebnisse stellen somit auch nach Auffassung der Bundesregierung eine gute Grundlage für eine regional ausgewogene Betriebsstättenstruktur des zusammengeschlossenen Unternehmens dar.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Grobecker.
Herr Staatssekretär, können Sie nicht auch wie ich aus diesem vorgelegten Konzept herauslesen, daß ausschließlich Bremen an Hamburg und Ottobrunn abgeben mußte und niemand sonst „geblutet" hat?
Ich kann das in dieser Form nicht bestätigen, Herr Kollege, weil der Zuwachs an Bedeutung, an Einfluß und an Auftragsvolumen ja unmittelbar dem Werk Bremen zugute kommt. Ich will nur darauf hinweisen, daß das zusammengeführte Unternehmen einen militärischen und zivilen Auftragsanteil von jeweils 50 % haben wird, während etwa das alleingelassene Unternehmen VFW einen weit überdurchschnittlichen privatwirtschaftlichen Anteil haben würde. Allein das ist für die Strukturfrage und für die Überlebensfähigkeit des Unternehmens sehr aussagekräftig und für jeden Kenner der Verhältnisse aussagewirksam.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die Verhandlungen durch die Mittelsperre, die im Sommer in Richtung Airbus ausgesprochen worden ist, zwar beschleunigt worden sind, daß sich dies allerdings zugunsten des ohnehin stärkeren Südens auswirkte, und können Sie mir sagen, ob Sie, was die Vergabe von Aufträgen der Bundesregierung betrifft, Einfluß haben und darauf achten, daß auch der Norden entsprechend berücksichtigt wird und daß nicht nur der Konzern diese Entscheidungen trifft?
Die Entscheidungen der Bundesregierung hinsichtlich der Freigabe von Airbus-Mitteln waren ausschließlich von der Überlegung bestimmt, eine Unterstützung für diese Entscheidung schließlich auch im deutschen Parlament suchen und finden zu müssen. Es gab für die Gesellschafter der beteiligten Unternehmen keinen triftigen Grund, mit den Zusammenführungsvereinbarungen so lange zuzuwarten, wie das tatsächlich geschehen ist. Von daher war die Bundesregierung durch die beteiligten Gesellschafter in eine schwierige Situation gebracht worden, der sie in dieser Form, wie Sie sie beschrieben haben, Rechnung getragen hat.
Wir haben im übrigen immer betont - auch in Briefen, die der Bundeswirtschaftsminister und der Bundeskanzler an die beteiligten Unternehmen und an die beteiligten Arbeitnehmer gerichtet hat -, daß uns an einer ausgewogenen Lösung liegt und daß die Arbeitsplätze in München für die Bundesregierung ebenso wichtig sind wie die in Hamburg und in Bremen.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Würtz.
Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Informationen vor, nach denen der ausgehandelte Kompromiß nun doch noch zu scheitern droht?
Derartige Informationen liegen mir vor.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Terborg.
Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Informationen vor, wonach insbesondere die Region Unterweserraum durch die Werft-, Stahl-und Fischereikrise wirtschaftlich sehr geschwächt wurde, und was beabsichtigt die Bundesregierung bei der Fusion von VFW und MBB zu tun, um diese Strukturschwäche nun zu beheben?
Diese Strukturschwäche ist bekannt. Sie ist übrigens auch kennzeichnend für die Probleme, die sich in Hamburg stellen. Der Hauptgegensatz, wenn ich das einmal so deutlich sagen darf, in dieser Frage der Zusammenführung, in der Frage: „Wo wird denn künftig das Schwergewicht liegen?" liegt ja gerade in den Differenzen zwischen dem Raum Hamburg und dem Raum Bremen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Carstens ({0}).
Herr Staatssekretär, unter Bezugnahme auf die Frage des Kollegen Würtz möchte ich ganz gern wissen: Inwieweit haben sich die beiden Vertragspartner überhaupt verpflichtet, den ausgehandelten Kompromiß nun auch wirklich rechtswirksam einzugehen?
Wir haben uns mit den Vertragspartnern in Person der Herren Staatsminister Streibl und Senator Willms darauf verständigt, daß nur eine von beiden Ministern unterzeichnete vertragliche Regelung Grundlage einer Kabinettsentscheidung sein kann. Wir sind übereinstimParl. Staatssekretär Grüner
mend mit beiden Herren davon ausgegangen, daß ihre Unterschrift eine notarielle Unterschrift ersetzt und daß kein Anlaß dazu besteht, an der Gültigkeit einer derartigen Unterschrift unter einem Vertragswerk zu zweifeln. Ich füge hinzu, daß diese Unterschriften bis jetzt nicht vorliegen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Müntefering und die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Dr. Voss auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Zinssubventionen gegenüber dem Ostblock unter den Vorbehalt der bestehenden Verträge sowie eines der Schlußakte von Helsinki gemäßen Verhaltens zu stellen?
Die Bundesregierung gewährt keine Zinssubventionen zur Verbilligung von Krediten deutscher Banken oder Lieferanten. Dies gilt auch gegenüber den Staatshandelsländern. Die Frage der Beachtung der bestehenden Verträge sowie eines der Schlußakte von Helsinki gemäßen Verhaltens stellt sich somit in diesem Zusammenhang nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Voss.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Ihre Antwort auch darauf zurückzuführen ist, daß Sie, wie Sie eben gesagt haben, nicht alle Zeitungen lesen können?
Ich habe in den letzten Wochen sehr häufig gelesen, daß darüber philosophiert wird und man sich darüber Gedanken macht. Ich verstehe daher Ihre Antwort nicht.
Herr Kollege, ich kann nur noch einmal betonen, daß die Bundesregierung keinerlei Zinssubventionen gewährt und daß sie sich auch in den internationalen Verhandlungen gegenüber anderen Ländern ständig bemüht, Zinssubventionen dort abzubauen, wo sie von anderen Ländern gewährt werden.
Wenn im Zusammenhang mit diesem ErdgasRöhren-Geschäft von Zinssätzen gesprochen worden ist, so ist das eine Angelegenheit der Vertragspartner. Die Bundesregierung hat keinen Einblick in diese Verhandlungen, auch nicht in die Frage, ob die dort genannten Zinssätze der Realität entsprechen und ob auf dieser Basis überhaupt eine Vereinbarung zustande kommt.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, vermögen Sie mir denn zu sagen, worin diese Gerüchte ihren Ursprung haben könnten?
Diese Gerüchte haben ihren Ursprung darin, daß die Sowjetunion beim Abschluß derartiger Geschäfte bekanntermaßen einen internationalen Zinsvergleich durchführt und daß solche Geschäfte im Wettbewerb mit Ländern abgeschlossen werden, die im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland Zinssubventionen gewähren, so daß deutsche Geschäftspartner vielfach gezwungen sind, in derartige Konditionen einzusteigen - natürlich mit der Folge, daß sie das in ihren eigenen Bereichen unterbringen müssen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, spielt bei der Vereinbarung der Zinssätze auch die Tatsache der Bundesbürgschaft eine erhebliche Rolle?
Die Bundesbürgschaft spielt bei der Höhe der Zinssätze keine Rolle. Sie deckt j a in erster Linie das politische Risiko ab. Da es sich aber um einen potenten Partner handelt, ist, wie gesagt, auch lediglich das politische Risiko maßgeblich, so daß ich sagen würde: In diesem Falle ist die Bundesbürgschaft kein zinssenkendes Element.
Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Rapp ({0}) auf:
Welches ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der in der EG-Kommission zur Frage des Wegfalls bzw. der Verlängerung des Ende 1981 auslaufenden Welttextilabkommens angestellten Überlegungen und Vorarbeiten, und sind eventuell ins Auge gefaßte Änderungen auf verstärkte Restriktion oder auf mehr Liberalisierung gerichtet?
Die Bundesregierung tritt wie die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für eine Verlängerung des Welttextilabkommens ein. Das Welttextilabkommen ist zwar ein Fremdkörper im Rahmen einer marktwirtschaftlich orientierten Handelspolitik. Wenn das Abkommen nicht verlängert würde, käme es aber aller Voraussicht nach zu einer Vielzahl nationaler Schutz- und Retorsionsmaßnahmen, die Industrie- und Entwicklungsländern gleichermaßen schaden würden. Bei unserer starken weltwirtschaftlichen Verflechtung wäre die Bundesrepublik Deutschland dabei besonders verwundbar.*)
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rapp.
Herr Staatssekretär, ergeben sich aus der im vergangenen Jahr unter Dach und Fach gebrachten Tokio-Runde des GATT Konsequenzen, die bei der Verlängerung des Welttextilabkommens zu beachten sind?
Wir werden jedenfalls bei der Verhandlung über dieses Abkommen sehr stark auf die Grundsätze des GATT abheben.
*) Versehentlich wurde die Antwort auf die Frage 32 vorgetragen.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wohin gehen die Vorstellungen der Kommission zur Geltungsdauer der Verlängerung, und entsprechen diese Vorstellungen denen der Bundesregierung?
Herr Kollege, ich würde diese .Zusatzfrage gerne zusammen mit der zweiten von Ihnen eingebrachten Frage beantworten - wenn Sie es erlauben, Frau Präsident -, weil hier ja ein sachlicher Zusammenhang besteht.
Dann möchte ich jetzt aber erst einmal die Kolleginnen und Kollegen zu Wort kommen lassen, die zu der ersten Frage Zusatzfragen stellen möchten.. Wir stellen die soeben formulierte Zusatzfrage also zurück.
Jetzt hat Frau Dr. Däubler-Gmelin zu einer Zusatzfrage das Wort.
Herr Staatssekretär, meine Zusatzfrage bezieht sich auf das Verlängerungsprotokoll von 1977. Haben eigentlich alle Staaten, die das Welttextilabkommen 1974 unterschrieben haben, auch das Verlängerungsabkommen unterschrieben, und wie ist deren Einstellung zu einem neuen Welttextilabkommen?
Es läßt sich im Augenblick über deren Einstellung noch keine verläßliche Aussage machen, weil noch keine Verhandlungen über die Verlängerung des Abkommens stattfinden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Spöri, bitte.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß sich der Bundeswirtschaftsminister in der Öffentlichkeit gegen eine Verlängerung des Welttextilabkommens ausgesprochen hat, weil das eine protektionistische Maßnahme sei?
Das trifft in dieser Form nicht zu. Er hat nur darauf hingewiesen, daß die Kritik am Welttextilabkommen sehr nachdrücklich aus Entwicklungsländern kommt, die darauf pochen, daß das Textilabkommen dazu verwendet worden sei, gerade Einfuhren aus Entwicklungsländern in die Industrieländer zu verhindern, und er hat gerade auch in diesem Zusammenhang auf die Problematik, die mit jeder protektionistischen Regelung verbunden ist, aufmerksam gemacht.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wolfram.
Herr Staatssekretär, gibt es einen Überblick, in welchem Umfange deutsche oder europäische Textilkonzerne in sogenannten Niedriglohnländern eigene Produktionsstätten errichtet haben und die dort erzeugten Waren auf unsere Märkte bringen?
Darüber gibt es keinen Überblick. Aber es ist keine Frage, daß das ein recht beachtlicher Anteil ist.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Rapp ({0}) auf:
Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu diesen Fragen ein, und stimmt die Auffassung der Bundesregierung mit den Auffassungen der anderen EG-Staaten überein?
Die Europäische Gemeinschaft hat sich im GATT-Textilausschuß am 9./ 10. Dezember 1980 dafür ausgesprochen, daß Verhandlungen zur Verlängerung des Welttextilabkommens aufgenommen werden. Es war nicht erforderlich und wäre auch verhandlungstaktisch verfehlt gewesen, jetzt schon zu Einzelheiten Stellung zu nehmen. Andere große Importländer haben das ebenfalls nicht getan. Das Welttextilabkommen läuft noch bis zum 31. Dezember 1981, die von der Europäischen Gemeinschaft abgeschlossenen Selbstbeschränkungsabkommen meist sogar bis zum 31. Dezember 1982. Sachverhandlungen über die Anschlußregelung werden aller Erfahrung nach nicht vor Mitte 1981 stattfinden.
Die Europäische Kommission wird den Rat rechtzeitig um Weisungen für diese Verhandlungen bitten. Sie wird bei ihrem Vorschlag sowohl den fortdauernden Problemen der europäischen Textil- und Bekleidungsindustrie als auch dem Einwand der Entwicklungsländer Rechnung tragen müssen, daß ihr Anteil an den Textil- und Bekleidungseinfuhren der Europäischen Gemeinschaft in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Nur bei einem fairen Ausgleich der Interessen von Industrieländern und von Entwicklungsländern wird es gelingen, das Welttextilabkommen zu verlängern. *)
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rapp.
Herr Staatssekretär, mit welchen Vorstellungen geht die Bundesregierung in diese Verhandlungen bezüglich der Geltungsdauer der Verlängerung, bezüglich der 1977 eingeführten Möglichkeiten, zeitbegrenzt vom allgemeinen Abkommen abzuweichen, auch bezüglich der Frage der Differenzierung der Quoten zwischen Schwellenländern und den eigentlichen Entwicklungsländern?
Wir möchten unsere eigene Verhandlungsposition auch vom Verhalten anderer Länder abhängig machen. Ich bitte deshalb um Verständnis dafür, daß ich heute an dieser Stelle eine Äußerung über unsere Positionen nicht machen möchte.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, wenn möglicherweise auf Grund einer Nichtverlängerung des Welttextilabkommens weitere Betriebe im Münsterland
*) Versehentlich wurde die Antwort auf die Frage 31 vorgetragen.
ihre Tore schließen müssen? Teilen Sie mit mir die Meinung, daß es nach den Strukturkrisen bei Kohle und Stahl nun im Westmünsterland zu einer Textilkrise kommt, und meinen Sie nicht auch, daß diese Strukturkrisen für das Land nicht verdaubar sind und insofern der besonderen Aufmerksamkeit der Bundesregierung bedürfen?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat nicht allein die Betriebe des Westmünsterlandes im Auge.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß unsere größte Sorge bei einer Nichtverlängerung des Welttextilabkommens darin liegt, daß es zu autonomen Entscheidungen einzelner Importländer kommen könnte, die Einfuhren zu sperren. Die Bundesrepublik Deutschland ist der Welt größter Exporteur von Textilien und Bekleidung, auch wenn wir gleichzeitig einen noch sehr viel höheren Import haben. Daraus erhellt schon, welche negativen Auswirkungen eine Nichtverlängerung des Welttextilabkommens sowohl beim Import als auch beim Export gerade auf die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland haben könnte.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Spöri.
Herr Staatssekretär, wie haben sich die Ausfuhren der deutschen Textilindustrie während der Gültigkeit des Welttextilabkommens und während der Gültigkeit des Verlängerungsprotokolls in der Tendenz entwickelt?
Ich kann hier leider nur eine Globalzahl nennen, Herr Kollege, und nicht so differenziert antworten, wie Sie das vielleicht wünschen. Ich will nur sagen, daß unser Anteil an der Textil- und Bekleidungseinfuhr der Europäischen Gemeinschaft aus den Niedrigpreis-Ländern von 33,9 % 1977 über 32,8 % 1978 auf 31,7 % 1979 zurückgegangen ist. Der prozentuale Anteil der Bundesrepublik Deutschland an den EG-Einfuhren aus Niedrigpreis-Ländern ist also rückläufig.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß Bundeswirtschaftsminister Lambsdorff gesagt hat, die Bundesregierung strebe die Verlängerung des Welttextilabkommens auf jeden Fall an, so wie das ja anläßlich des Europäischen Demonstrationstages der Gewerkschaft Textil und Bekleidung zur Sicherung der Arbeitsplätze in diesem Bereich zitiert worden ist?
Ich kann das bestätigen. Sie können davon ausgehen, daß ich hier auch nichts erklären würde - ich habe das ja ausdrücklich getan -, was nicht auch die Meinung des Bundeswirtschaftsministers wäre.
Danke. - Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 33 und 34 des Herrn Abgeordneten Kretkowski, 35 und 36 des Herrn Abgeordneten Dr. Häfele sowie 55 und 56 des Herrn Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Gallus steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Die Fragen 37 und 38 des Herrn Abgeordneten Eigen werden auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Schröder ({0}) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, in Verhandlungen mit der Europäischen Gemeinschaft darauf hinzuwirken, daß sichergestellt wird, daß Butterexporte zu Niedrigpreisen in die Sowjetunion künftig tatsächlich unterbleiben, und ist sie bereit, statt dessen sich dafür einzusetzen, daß der polnischen Bevölkerung eine Nahrungsmittelhilfe gewährt wird, um die bestehenden Versorgungsschwierigkeiten vor allem bei Fleisch und tierischen Fetten in Polen zu beseitigen?
Herr Kollege Schröder, die Bundesregierung ist gegen den Export von EG-Butter zu Niedrigpreisen an die Sowjetunion. Sie wird sich dafür einsetzen, daß 1981 keine derartigen Butterlieferungen in die Sowjetunion zustande kommen. Andere Mitgliedstaaten haben wegen ihres starken Exportinteresses bei Agrarprodukten bisher eine andere Haltung eingenommen.
Um die Voraussetzungen von Exporterstattungen für Butterlieferungen in die UdSSR, die sich für 1981 anbahnten, zu verhindern, hat Herr Bundesminister Ertl die Kommission aufgefordert, die Vorausfixierung vorerst auszusetzen. Diesem Anliegen wurde Rechnung getragen.
Im Hinblick auf die Versorgungslage Polens haben die Regierungschefs anläßlich der jüngsten Sitzung des Europäischen Rates ihre Bereitschaft bekräftigt, dem an sie gerichteten Ersuchen Polens um wirtschaftliche Unterstützung nachzukommen, soweit es ihre Mittel ermöglichen. Die polnischen Wünsche richten sich insbesondere auf folgende Erzeugnisse: Butter, Rindfleisch, Futtergetreide, Vollmilchpulver, Ölsaaten und Olivenöl. Die EG-Kommission berät heute über Möglichkeiten einer Realisierung.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schröder.
Kann die Bundesregierung schon Angaben darüber machen, um welche Mengen es sich im einzelnen handelt und zu welchen finanziellen Bedingungen diese beabsichtigte Nahrungsmittelhilfe gegeben werden soll?
Herr Kollege, es tut mir leid, aber da die Verhandlungen im Augenblick laufen, kann ich keine näheren Angaben machen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? - Bitte schön.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, daß die in Zeitungsberichten genannten Mengen, die von Polen gewünscht werden, kurzfristig aus den Vorräten der Gemeinschaft geliefert werden können, oder wird die Gemeinschaft unter Umständen sogar gezwungen sein, angesichts der geschrumpften Vorräte Käufe auf dem Weltmarkt vorzunehmen, um diese Wünsche Polens erfüllen zu können?
Herr Kollege, einen Großteil der angeforderten Waren könnten wir aus der EG ohne weiteres liefern, aber es ist nicht eine Frage des Liefernkönnens, sondern auch eine Frage der Finanzierung, d. h. inwieweit die anderen Mitgliedstaaten bereit sind, hier mitzufinanzieren.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf.
Der Parlamentarische Staatssekretär Zander steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Die Frage 40 des Abgeordneten Kroll-Schlüter und die Fragen 41 und 42 des Abgeordneten Kiechle werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 43 der Frau Abgeordneten Dr. Martiny-Glotz auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die durch den Rowohlt-Verlag und die Zeitschrift „Der Spiegel" bekanntgewordenen tödlichen Nebenwirkungen des Rheuma-Arzneimittels Prigenta, und wird sie metamizolhaltige Präparate wegen ihrer seit langem bekannten gefährlichen Nebenwirkungen verbieten?
Frau Kollegin, die hier in Rede stehenden Arzneimittelrisiken betreffen nicht nur den in Veröffentlichungen im Rowohlt-Verlag und im „Spiegel" genannten Stoff Metamizol, sondern die gesamte Gruppe der Pyrazolonderivate, die insbesondere als Mittel gegen starke Schmerzen und zur Fiebersenkung Verwendung finden. Arzneimittel, die Stoffe aus dieser Gruppe enthalten, müssen seit 1974 auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 38 a des Arzneimittelgesetzes von 1961 auf den Behältnissen und, soweit verwendet, auf den äußeren Umhüllungen und Pakkungsbeilagen in deutlich lesbarer Schrift den Hinweis tragen, daß sie nicht ohne ärztlichen oder zahnärztlichen Rat längere Zeit oder in höheren Dosen angewendet werden sollen.
Zur Zeit bereitet das Bundesgesundheitsamt als die nach dem Stufenplan nach § 63 des Arzneimittelgesetzes zuständige Behörde eine Anhörung von Sachverständigen, beteiligten Behörden und Stellen und den betroffenen pharmazeutischen Unternehmen über die gesamte Gruppe der Pyrazolonderivate vor, in der auch geprüft werden wird, in welchem Umfange schwerwiegende unerwünschte Wirkungen festgestellt worden sind. Auf Grund der Anhörung wird das Bundesgesundheitsamt nach Abwägung von Nutzen und Risiko entscheiden, ob und gegebenenfalls welche weiteren Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers erforderlich sind.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Martiny-Glotz.
Herr Staatssekretär, seit wann sind hier Verdachtsmomente aufgetaucht, und was hat dazu geführt, daß diese Anhörung beim Bundesgesundheitsamt gerade jetzt stattfindet?
Ich kann Ihnen nicht sagen, wann erste Verdachtsmomente in der Literatur oder anderswo aufgetreten sind. Aber inzwischen haben sich solche Verdachtsmomente so verdichtet, daß eine Sachverständigenanhörung, wie sie im Arzneimittelgesetz vorgeschrieben ist, geboten ist. Von deren Ergebnis hängt dann ab, in welchem Umfang Schritte erforderlich sind.
Die zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.
Herr Staatssekretär, in meiner Frage ist ausdrücklich ein spezielles Arzneimittel, nämlich Prigenta, angesprochen. Als Verdachtsmomente gegen Prigenta sind in dieser Veröffentlichung in dem Taschenbuch auch Todesfälle genannt. Sieht die Bundesregierung hier einen Anlaß, diesem speziellen Arzneimittel und seinen Wirkungen in besonderer Weise nachzugehen?
Der Stoff, um den es hier geht, nämlich Metamizol, ist in ungefähr 80 Fertigarzneimitteln in verschiedener Dosierung enthalten. Deshalb muß die gesamte Gruppe untersucht werden, um festzustellen, ob dieser spezielle Stoff schädliche Nebenwirkungen hat und, wenn ja, in welcher Dosierung, ob also der Verdacht berechtigt ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Werner auf:
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß der nach EG-Verordnung Nr. 1308/70 des Rates vom 29. Juni 1970 subventionierte landwirtschaftliche Anbau von Hanf, der u. a. für die Herstellung wärmeisolierender Leichtbauplatten notwendig ist, sich gesundheitsgefährdend auf Jugendliche auswirken kann, weil auf den großflächigen Feldern Cannabis Sativa entwendet und nach Behandlung als Marihuana konsumiert werden kann?
Ja. Die Bundesregierung teilt diese Ansicht.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sehen Sie denn eine Möglichkeit, im Einklang mit der EG-Verordnung den Anbau in der Bundesrepublik Deutschland zu verbieten, bzw. sehen Sie eine Möglichkeit, den Anbau durch Schutzmaßnahmen so zu
regulieren, daß mißbräuchliche Entwendung nicht möglich und nicht durchführbar ist?
Herr Kollege Werner, ich wollte in der Antwort auf Ihre Frage 45 zu diesem Punkt kommen, nämlich: Wie wird es künftig mit dem Anbau sein?
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Werner auf:
Ist die Bundesregierung angesichts der Widersprüchlichkeit zwischen der EG-Verordnung Nr. 1308/70 und einer extensiven Auslegung des Betäubungsmittelgesetzes durch das Bundesgesundheitsamt bereit, einem vom Verwaltungsgericht Berlin in einem Verfahren zwischen dem Bundesgesundheitsamt und dem einzigen in der Bundesrepublik Deutschland Cannabis Sativa anbauenden Betrieb gemachten Vergleichsvorschlag zuzustimmen, welcher einen freiwilligen Anbauverzicht gegen eine finanzielle Entschädigung beinhaltet, mit welcher in diesem Betrieb durch willkürliche Anbaubeschränkungen entstandene Unkosten abgelöst und für den Betriebsinhaber eine angemessene Altersversorgung sichergestellt werden könnte?
Dem vom Verwaltungsgericht Berlin vorgeschlagenen Vergleich zwischen dem betroffenen baden-württembergischen Landwirt und der Bundesrepublik Deutschland konnte die Bundesregierung nicht zustimmen. Die Gründe hierfür sind im wesentlichen folgende:
Die verfassungs- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen lassen den Abschluß eines Vergleichs nicht zu, solange nicht alle nach dem Betäubungsmittelgesetz gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, d. h. solange nicht ein absolutes Anbauverbot nach § 3 Abs. 3 des Betäubungsmittelgesetzes ausgesprochen wurde.
Darüber hinaus sind die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch des betroffenen Landwirts aus Enteignungsrecht nach Auffassung der Bundesregierung nicht gegeben. Die Bundesregierung hat das Bundesgesundheitsamt inzwischen angewiesen, ein Anbauverbot auszusprechen.
Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Werner.
Wenn ich Sie richtig verstehe, ist die Bundesregierung damit der Auffassung, daß vor einem entsprechenden Verbot im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes gleichwohl das Bundesgesundheitsamt seinerseits ein Anbauverbot erlassen kann, auch ohne daß entsprechende Entschädigungsfolgen für den Betreffenden seitens der Bundesregierung vorab eingeräumt werden.
Das Anbauverbot ist deshalb geboten, weil uns in zunehmenden Maß Berichte der zuständigen Polizeibehörde vorliegen, daß Cannabis-Pflanzen dort entwendet und zur Herstellung von Rauschmitteln mißbraucht wurden. Dies ist die Grundlage für die Entscheidung, ein Anbauverbot auszusprechen. Welche Rechtsfolgen, insbesondere Entschädigungsfolgen, sich daran knüpfen, ist eine zweite Frage, die ich auch hier jetzt nicht beantworten kann.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke Ihnen Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Becker steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Die Fragen 46 und 47 des Herrn Abgeordneten Kühbacher werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 48 des Herrn Abgeordneten Niegel. - Er ist nicht im Saal. Die Frage wird nicht beantwortet.
Die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Dr. Diederich ({0}) wird auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Es tut mir leid, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, daß Sie umsonst hergekommen sind. Aber es war sicher ganz interessant. Danke schön.
({1})
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Kreutzmann steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Frage 49 des Herrn Abgeordneten Lintner. - Er ist nicht im Raum. Diese Frage und auch die Frage 50 werden daher nicht beantwortet.
Ich rufe die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Dr. Hennig auf - er ist im Raum -:
Wann hat der Bundesinnenminister der Berlin-Abteilung seines Hauses während seiner Amtszeit Besuche abgestattet, und wann hat er den Leiter dieser Abteilung in dieser Zeit zu dienstlichen Besprechungen empfangen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Frau Präsidentin, ich bitte um Erlaubnis, die Fragen 51 und 52 wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam zu beantworten.
Ja, bitte, Herr Staatssekretär. Ich rufe dann auch die Frage 52 auf:
Wann und mit welchen Gründen ist das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte durch den Ministerialdirektor Hermann Kreutzer diesem schriftlich mitgeteilt worden, und wie verträgt sich eine solche Maßnahme mit dem auch Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes zustehenden Petitionsrecht, aus dem folgt, daß niemand ein Nachteil daraus erwachsen darf, daß er von diesem Grundrecht Gebrauch macht?
Die Untersagung der Führung der Dienstgeschäfte ist Ministerialdirektor a. D. Kreutzer am 31. Juli 1980 mitgeteilt worden. Sie stand nicht im Zusammenhang mit der von ihm an den Bundestag gerichteten Petition und ist mit dieser auch nicht begründet worden.
Der Beamte ist inzwischen im Klageweg gerichtlich gegen die Untersagung der Führung der Dienstgeschäfte und gegen die vom Herrn Bundespräsidenten verfügte Pensionierung vorgegangen.
Bei dieser Sachlage sehe ich keine Möglichkeit, mich zu der Angelegenheit weiter zu äußern, da zu erwarten ist, daß eine Erörterung in der Öffentlichkeit in den Prozeß eingehen würde. Ich bitte um Verständnis, daß ich daher besondere Zurückhaltung üben muß.
Zusatzfrage, Herr Dr. Hennig.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß Herr Ministerialdirektor Kreutzer bereits 1974/1975 den damaligen Berlin-Beauftragten der Bundesregierung, Herrn Staatssekretär Bahr, im Detail über diesen Gesamtkomplex informiert hatte und daß er das später auch gegenüber dem nächsten Berlin-Beauftragten, Herrn Spangenberg, wiederholt hat?
Herr Kollege, da ich annehme, daß auch diese Frage bei der prozessualen Auseinandersetzung eine Rolle spielen wird, bitte ich um Verständnis dafür, daß ich sie hier nicht beantworten möchte.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, wird es bei diesem Verfahren auch eine Rolle spielen, wann Herr Bundesminister Franke das letzte Mal seine Berliner Dependance besucht hat, oder können Sie das dem Deutschen Bundestag mitteilen?
Auch diese Frage möchte ich nicht beantworten, Herr Kollege.
({0})
Sie haben noch eine weitere Frage, Herr Kollege Hennig.
Ich möchte dennoch den Versuch machen, Sie zu fragen, Herr Staatssekretär, ob Herr Ministerialdirektor Kreutzer seit 1975 mehrfach immer wieder Anläufe gemacht hat, seinen Minister sprechen zu können, und ob es richtig ist, daß ihm dies mehr als fünf Jahre lang dennoch verweigert worden ist, - bei einer so führenden Funktion in diesem Hause?
Herr Kollege, da Sie, wie ich weiß, über den Berlin-Status verschiedene Arbeiten geschrieben haben, wissen Sie ja auch, daß sein unmittelbarer Dienstvorgesetzter der Bundesbevollmächtigte gewesen ist.
Ich möchte noch einmal sagen: Ich halte weitere Erörterungen dieses Themas in diesem Hause im Hinblick auf die laufenden Prozesse nicht für vertretbar. Außerdem widerspricht das auch der Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten.
({0})
Keine Zusatzfrage mehr?
({0}) - Bitte schön, Sie haben noch eine.
Nachdem ich mich von meiner Überraschung über diese letzte Auskunft erholt habe, möchte ich noch einen letzten Versuch machen, Sie zu fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie gerade aus Ihrer Fürsorgepflicht heraus diese so gelaufene und bis heute nicht begründete Behandlung eines verdienten Beamten für angemessen halten, zumal er sich sein Leben lang im Kampf gegen faschistische wie kommunistische Diktaturen bewährt hat.
Herr Kollege, ich glaube, daß diese Wertungen hier in diesem Hause in ein schwebendes Verfahren eingreifen. Ich möchte noch einmal sagen: Ich möchte mich nicht dazu äußern. Ich bitte, dafür Verständnis zu haben. Denn das Recht steht mir zu, auch Fragen abzulehnen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause mitteilen, wieso es ein Eingriff in ein schwebendes Verfahren sein kann, wenn Sie Auskunft darüber geben sollen, wann der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen zum letztenmal in Berlin in seinem Amtssitz war?
({0})
Das steht ja wohl mit der Frage nicht in Zusammenhang.
Herr Kollege Reddemann, ich kann dazu nur sagen, daß ja mit dieser Frage schon ein Versuch gemacht wird, auf das Verfahren Einfluß zu nehmen,
({0})
- jawohl, daß damit der Versuch gemacht wird, schon auf das Verfahren Einfluß zu nehmen. Sie werden verstehen, daß ich Ihnen auch diese Frage nicht beantworte.
({1})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Auffassung, daß durch Ihre Antworten der Eindruck entstanden ist, daß hier ein von dem Betroffenen eingeleitetes Verfahren vor einem Verwaltungsgericht dazu dienen soll, die Bundesregierung vor der Kontrolle durch das Parlament zu schützen bzw. die Kontrollaufgabe des Parlaments unter Berufung auf diesen Prozeß zu erschweren oder zu vereiteln?
Herr Kollege Jäger, ich teile Ihre Ansicht nicht. Ich möchte noch einmal sagen, daß es bisher auch nicht zu den Gepflogenheiten des Hauses gehört hat, die persönlichen und die dienstlichen Verhältnisse eines Beamten vor dem Plenum des Deutschen Bundestages in allen Einzelheiten zu erörtern.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz ({0}).
Herr Staatssekretär, indem ich noch einmal auf die Sache zurückkomme, frage ich Sie: Wie rechtfertigen Bundesminister Franke und die Bundesregierung die Tatsache, daß Herr Kreutzer ohne nochmalige Anhörung und für ihn überraschend nur wenige Tage vor dem Ablauf der dreimonatigen Urlaubsfrist im Eilverfahren in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde?
Herr Kollege, auch dazu möchte ich mich nicht äußern.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Frau Präsidentin, bevor ich die nächste Zusatzfrage stelle, darf ich vielleicht etwas Sachfremdes sagen: Im Ältestenrat müßte einmal erörtert werden, inwieweit die Bundesregierung von ihrem Recht, aussagelose Antworten zu geben, überhaupt Gebrauch machen kann.
({0})
Wir haben eine Geschäftsordnung, wonach sich das richtet.
Ich darf die Frage stellen: Wurde die Beurlaubung des Beamten etwa gar von vornherein mit dem Ziel seiner Entlassung aus dem Amt ausgesprochen?
Dr. Kreutzmann, Parl. Staatsekretär: Herr Kollege, ich darf wiederholen, daß ich im Hinblick auf ein schwebendes Verfahren hier keine Aussage machen möchte. Ich bitte, das zu respektieren. Ich glaube, Sie würden im umgekehrten Fall wohl kaum anders handeln.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Olderog.
Herr Staatssekretär, welche Erklärung gibt es dafür, daß der langjährige Beamte Kreutzer seine Entlassungsurkunde nicht, wie üblich, persönlich überreicht erhalten hat, sondern sie ihm mit der Post zugeschickt worden ist?
Auch das, Herr Kollege, kann ich hier nicht erörtern.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage. -- Damit ist Ihr Geschäftsbereich, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, beendet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf.
({0})
- Ich bitte um Ruhe. - Die Beantwortung übernimmt der Parlamentarische Staatssekretär Engholm.
Ich rufe die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Schöfberger auf:
Wieviel Geld hat der Bund den einzelnen Bundesländern in den Haushaltsjahren 1979 und 1980 zum Bau von Studentenwohnheimen zur Verfügung gestellt, und welche Bundesländer haben diese Mittel in welcher Höhe nicht abgerufen?
Herr Kollege, die Haushaltsmittel des Bundes für den studentischen Wohnheimbau werden den Ländern nicht nach Quoten zugeteilt, sondern auf Grund konkreter Anträge unter Berücksichtigung der fachlichen und haushaltsrechtlichen Prüfung. Von daher ist die von Ihnen erbetene Gegenüberstellung nach Ländern nicht möglich.
Für 1979 hat der Bund bei einem Haushaltsansatz von 60 Millionen DM allerdings nur 38 Millionen DM für den studentischen Wohnheimbau zuteilen können, weil die Länder selbst nicht genügend Anträge gestellt haben. Eine Prüfung im Einzelfall zeigt, daß die Länder ihre eigenen Haushaltsansätze, ausgenommen Berlin und Bremen, nicht ausgeschöpft haben.
So hatte z. B. das Bundesland Bayern bei einem Haushaltsansatz des Landes von 15 Millionen DM nur ein Ist-Ergebnis von 12,7 Millionen DM bei einem etwa gleich hohen Bundesanteil oder Niedersachsen bei einem Ansatz von 6 Millionen DM eine Ist-Ausgabe von 4,1 Millionen DM bei einem annähernd gleichhohen Bundesanteil.
Im Haushaltsjahr 1980 ist für die Ausgaben des Bundes ein Ansatz von etwa 56 Millionen DM vorgesehen. Real werden die Ausgaben jedoch mindestens 64 Millionen DM betragen. Diese erhöhte Leistung trotz beengter Haushaltslage ist durch die Bereitstellung von Resten möglich geworden. Die IstAusgaben der einzelnen Länder sind noch nicht bekannt. Die Haushaltsansätze der Länder liegen in der Summe bei knapp 60 Millionen DM.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schöfberger.
Herr Staatssekretär, hätte der Freistaat Bayern im Jahre 1979 noch weitere Mittel bekommen, wenn er sie beantragt hätte?
Ich denke, daß das bei Rückblick auf das Jahr 1979 und nach den Zahlen, die ich Ihnen genannt habe, durchaus möglich gewesen wäre.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Soell.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, in welchem Umfang das Land Baden-Württemberg - nach den Ist-Zahlen - 1979 und 1980 Mittel für den Studentenwohnheimbau aufgebracht hat?
Wenn die Zahlen, die mir vorliegen, stimmen, hat das Land Baden-Württemberg im Jahr 1979 einen Ansatz von 3,7 Mil274
lionen DM gehabt und ein Ist von 3,59 Millionen DM. Die Zahlen für 1980 liegen noch nicht vor.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Wilms.
Herr Staatssekretär, wieviel Mittel sind vom Land Nordrhein-Westfalen abgerufen worden?
Das Ist des Bundes im Jahre 1979 für das Land Nordrhein-Westfalen beträgt knapp 7,8 Millionen DM.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Schöfberger auf:
Hängt die Ankündigung der Bundesregierung, den Bau von Studentenwohnheimen nicht mehr oder nicht mehr im gewohnten Umfang fördern zu wollen, mit dem bisherigen Verhalten von Bundesländern zusammen, oder welche anderen Gründe, außer rein fiskalischen, gibt es dafür sonst?
Herr Kolleg Schöfberger, die Ankündigung der Bundesregierung, den Bau von Studentenwohnheimen wieder allein in die Verantwortung der Länder zu geben, ist im wesentlichen nicht fiskalischer Art. Die Bundesregierung bejaht die Bedeutung des Wohnheimbaus und hält seine Förderung durch die Länder für erforderlich. Das Auslaufen der Bundesförderung in den nächsten Jahren beruht auf dem gemeinsamen Bestreben der Landesregierungen und der Bundesregierung, im Bereich der nicht-klassischen Mischfinanzierungen Ansätze zu einer Entflechtung zu machen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Bundesländer, die für das Haushaltsjahr 1981 nach den uns zur Zeit vorliegenden Informationen bereits über 130 Millionen DM für den Wohnheimbau angesetzt haben, bereit und in der Lage sind, diese Aufgabe zu übernehmen, soweit der Bund nach Abwicklung seiner noch gegebenen Verpflichtungen seine subsidiäre Förderung einstellen wird.
Ohne den Haushaltsberatungen vorgreifen zu wollen, kann ich bereits heute sagen, daß - vorausgesetzt, die Länder stellen die bei ihnen veranschlagten Summen auch tatsächlich bereit - die Aufwendungen des Bundes und der Länder auch im Jahre 1981 insgesamt über den Ausgaben des Jahres 1980 liegen können.
Keine Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf:
Wie wird sich nach Auffassung der Bundesregierung das Verhältnis zwischen Ausbildungs- und Studienplätzen und den Bewerbern dafür in den nächsten Jahren entwickeln?
Herr Kollege Kirschner, Ende 1979 befanden sich 1,644 Millionen Jugendliche in einer Ausbildung im dualen System. Zur gleichen Zeit studierten rund 983 000 Studenten an deutschen Hoch- und Fachhochschulen. Das Angebot an Ausbildungsplätzen im dualen System
konnte in den Jahren 1976 bis 1979 um etwa 160 000 neue Ausbildungsverträge gesteigert werden. Die Nachfrage nach betrieblichen Ausbildungsplätzen wird auf Grund der Entwicklung der geburtenstarken Jahrgänge noch etwa bis zum Jahre 1983 auf einem hohen Niveau bleiben. Danach gehen die Jahrgangsstärken rasch zurück.
Auf Grund der bisherigen Entwicklung kann davon ausgegangen werden, daß in Zukunft Ausbildungsplätze in ausreichender Zahl bereitgestellt werden. Die Entwicklungstendenz kann auch eine Verbesserung der Berufswahlmöglichkeiten und die Chance zur Hinführung von bislang ausbildungslosen Jugendlichen zu einer qualifizierten Ausbildung erwarten lassen.
Im Hochschulbereich sind die verfügbaren Studienplätze in den vergangenen Jahren stark ausgebaut worden. Der jetzige Bestand von etwa 717 000 flächenbezogenen Studienplätzen bedeutet gegenüber dem Jahr 1971 einen Zuwachs von mehr als 52 %. Auf diesen Studienplätzen kann bei intensiver Nutzung eine wesentlich größere Anzahl von Studenten studieren. Auf Grund der im Hochschulbereich noch bis etwa 1987 anstehenden geburtenstarken Jahrgänge und der damit zu erwartenden steigenden Studienanfängerzahl ist hierfür ein „Überlastprogramm" erforderlich, das die Länder bereits verabschiedet haben.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kirschner.
Herr Staatssekretär, wie hoch wird der Höchststand der zu erwartenden Schulabgänger bzw. der Studien- und Ausbildungsbewerber sein?
Das läßt sich nur mit einer Spannbreite beantworten. Nach unterschiedlichen Schätzungen, etwa der Kultusminister oder des Bundes, wird die Spannbreite auf dem Höhepunkt der studentischen Nachfrage nach Studienplätzen zwischen 1,15 Millionen und 1,3 Millionen Studenten an deutschen Hochschulen liegen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf:
Könnte sich diese Entwicklung auch auf den Numerus clausus auswirken, und wenn ja, wie?
Herr Kollege Kirschner, ein bundesweiter Numerus clausus besteht zur Zeit nur noch in elf Studienfächern. Das ist ein Rückgang von 45 auf 11 Studienfächer. Die eben bereits von mir beschriebene günstige Entwicklungstendenz und auch die politische Aussage des Bundeskanzlers in der Regierungserklärung lassen erwarten, daß in der Numerus-clausus-Situation keine negativen Veränderungen eintreten.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kirschner.
Herr Staatssekretär, was müßte nach Ansicht der Bundesregierung getan werden, um gerade im Zusammenhang mit dieser Entwicklung auch die Ausbildungsplätze in der Industrie, in den Unternehmen attraktiver zu machen, damit auch dort in Zukunft im Blick auf den zu erwartenden Bedarf ausgebildet werden kann bzw. damit Jugendliche bereit sind, sich entsprechend ausbilden zu lassen?
Herr Kollege, ich denke, daß die Befürchtungen, die zur Zeit in zunehmendem Maße von der Wirtschaft geäußert werden, daß nämlich in den kommenden Jahren nicht genügend Nachwuchs Ausbildungsplätze im dualen System nachfragen könnte, berechtigt sind. Ich glaube jedoch nicht, daß der Staat Möglichkeiten hat - und ich glaube auch nicht, daß er sie schaffen sollte -, etwa lenkend in die Bildungswünsche der Jugendlichen einzugreifen und festzulegen, wer wohin zu gehen habe. Es wird allein darauf ankommen, daß die Wirtschaft die Attraktivität der Ausbildungsplätze im dualen System so erhöht, daß etwa auch Abiturienten, was durchaus vernünftig sein kann, eine hockqualifizierte duale Ausbildung absolvieren, statt zu studieren.
Keine weitere Zusatzfrage.
Frage 61 des Herrn Abgeordneten Müntefering wird auf dessen Wunsch schriftlich beanwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 62 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Ist in dieser Legislaturperiode eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung zu erwarten, die eine bundeseinheitliche Regelung des Bildungsurlaubs zum Ziel hat, und, wenn nein, was hält die Bundesregierung von einer solchen Initiative ab?
Herr Kollege Stutzer, die Bundesregierung sieht gegenwärtig die Voraussetzungen für eine bundesgesetzliche Regelung der Freistellung von der Arbeit zu Bildungszwecken als nicht gegeben an. Ob im weiteren Verlaufe der Legislaturperiode diese Voraussetzungen vorliegen werden, läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stutzer.
Herr Staatssekretär, muß ich aus Ihrer Antwort schließen, daß sich die Koalitionspartner nicht über das Bundesbildungsurlaubsgesetz einigen konnten, weil es hier zwischen den Fraktionen der SPD und der FDP unterschiedliche Vorstellungen gibt?
Das kann ich in dieser Form nicht bestätigen, Herr Kollege Stutzer. Ich weiß, daß Sie selbst in Schleswig-Holstein Erfahrungen mit dieser Frage gemacht haben, und ich kann hier nur wiederholen: Es bedarf einer weiteren Überprüfung, einer weiteren Erörterung dieser Frage. In diese Erörterung werden - darin werden Sie mir sicherlich zustimmen - verschiedene Faktoren einbezogen werden müssen, etwa die Frage, wie weit
sich der Bildungsurlaub sinnvollerweise auch über Tarifverträge regeln läßt - es gibt bisher bereits 200 solcher Tarifverträge - und wieweit andere Faktoren - etwa Kosten, konjunkturelle Entwicklung, Kapazitäten im Weiterbildungsangebot - eine Rolle spielen. Diese Erörterungen sind im Gange, und ich werde Sie gegebenenfalls - falls sich etwas tut - davon in Kenntnis setzen.
Die zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stutzer.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß verschiedene Bundesländer auf eine gesetzliche Regelung seitens des Bundes warten, und was hat die Bundesregierung diesen Bundesländern, die eine bundeseinheitliche Regelung einem Landesgesetz vorziehen würden, zu antworten?
Herr Kollege Stutzer, ich kann in diesem Zusammenhang nur sagen, daß die Bundesregierung eigentlich auch mit politischer Neugier auf die Entwicklung in den Ländern guckt und daß die Erfahrungen, die in den Bundesländern mit Bildungsurlaub gemacht werden, unsere Erörterungen hier in Bonn sehr nachhaltig beflügeln könnten. Von daher kann ich Ihre Kollegen in Schleswig-Holstein nur ermuntern, den Schritt zu einem gesetzlich geregelten Bildungsurlaub auf Landesebene zu tun.
({0})
Und wenn sie schneller sind als wir, nehmen wir das anerkennend zur Kenntnis.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Wilms.
Herr Staatssekretär, Sie sagten in Ihrer ersten Antwort: Im Moment liegen die Voraussetzungen nicht vor, um dieses Thema seitens der Bundesregierung anzugehen. Darf ich fragen, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit dieses Thema von seiten der Bundesregierung angepackt werden kann?
Ich habe einige der Kriterien, die einer näheren Überprüfung bedürfen, genannt. Es ist nicht ganz zu leugnen, daß etwa auch die Frage der Kosten angesichts der sehr angespannten Finanzlage ja nicht nur des Bundes in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt. Ich glaube, daß wir dabei auch sehr nüchtern überlegen müssen, wie groß die Kapazitäten der Angebotsträger sind. Ich bin nicht ganz sicher, ob ein bundesweiter Bildungsurlaub zur Zeit mit entsprechenden Angeboten befriedigend beantwortet werden könnte.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Thüsing.
Herr Staatssekretär, halten Sie eine Vereinheitlichung auf Bundesebene angesichts der völlig unterschiedlichen Regelungen und der auseinanderlaufenden Entwicklungen in einzelnen
Bundesländern und im Tarifbereich überhaupt noch für möglich?
Ich würde meinen, daß es nicht einfach wäre, angesichts der sehr unterschiedlichen Entwicklungen in zur Zeit fünf Bundesländern und bei mehr als 200 Tarifverträgen eine bundeseinheitliche Regelung zu treffen. Daß dies politisch zumindest theoretisch dennoch möglich ist, will ich hier nicht ausschließen.
Ich rufe Frage 63 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Welche konkreten Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen des wissenschaftlich begleiteten Bildungsurlaubsversuchs-und -entwicklungsprogramms ({0})?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Engholm, Parl. Staatgssekretär: Herr Kollege Stutzer, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Bildungsurlaubsversuchs- und -entwicklungsprogramms, kurz „BUVEP" genannt, sind zwar noch nicht vollständig veröffentlicht; schon jetzt aber läßt sich sagen, daß das Gesamtprojekt wichtige Aufschlüsse darüber gegeben hat, welche Bildungsangebote überhaupt insbesondere für lernungewohnte Bürger im Rahmen eines Bildungsurlaubs sinnvoll erbracht werden können und welche Zeitformen dafür geeignet erscheinen. Damit wurden wichtige Erkenntnisse sowohl für die Fortentwicklung schon bestehender Regelungen als auch für mögliche weitere Initiativen sowie für die Gesamtkonzeption der Weiterbildung gewonnen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stutzer.
Herr Staatssekretär, müssen wir, wenn wir konsequent bleiben wollen, davon ausgehen, wenn ich die beiden Fragen zusammenfasse, daß es auf Grund der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auch in den Bundesländern derzeit nicht zu vertreten wäre, ein Bildungsurlaubsgesetz zu erlassen?
Nein, so dürfen Sie mich nicht interpretieren. Es gibt Länder, die sich dies mit Sicherheit relativ leichter leisten können
als andere Länder. Ich will diese Frage hier jetzt nicht in bezug auf Schleswig-Holstein untersuchen, denn es ist auch eine Frage des Umfangs solcher gesetzlicher Regelungen. Ich meine nur, daß die letzte Antwort, die ich Ihnen gegeben habe, darauf hinweist, daß Bildungsurlaub ganz besonders jenen Arbeitnehmern zugute kommen sollte, die von ihrer Geschichte her zuwenig Bildungsmöglichkeiten hatten. Von daher ist dies eine Frage hoher politischer Priorität, ganz gleich, ob der Bund oder die Länder das regeln oder ob dies durch Tarifverträge geregelt wird.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht Aufgabe des Bundes, dafür zu sorgen, daß sich im Interesse der Arbeitnehmer die Rechte auf einen Bildungsurlaub als Folge unterschiedlicher oder fehlender gesetzlicher Regelungen in den Ländern nicht weiter auseinanderentwickeln, was nicht nur je nach Wohnort des Arbeitnehmers zu einer ungleichen Behandlung der an einer Bildung Interessierten, sondern auch zu einer unterschiedlichen Belastung der Wirtschaft in den einzelnen Ländern führt, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um diese Ungleichbehandlung zu beenden?
Die Bundesregierung wird in absehbarer Zeit, wie schon gesagt, wohl nicht zu einer gesetzlichen Regelung dieser Frage kommen. Sie wird aber spätestens im Frühjahr des kommenden Jahres die Ergebnisse des „BUVEP" genannten Programmes in der Hoffnung veröffentlichen, daß damit Bundesländern, Trägern von Bildungsangeboten und anderen wenigstens einige Hilfen und Informationen an die Hand gegeben werden.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für den 11. Dezember 1980, 12 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.