Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich Ihnen eine amtliche Mitteilung zu machen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll Punkt 3 der Tagesordnung ergänzt werden um die Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Zukünftige forschungspolitische Zielsetzung im Bereich der Großforschungseinrichtungen ({0}) - Drucksache 9/1161 -. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie ({1}) zu dem Bericht der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" über den Stand der Arbeit und die Ergebnisse gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages
- Drucksachen 8/2628, 8/4341, 9/126, 9/1147 Berichterstatter:
Abgeordnete Gerstein Catenhusen
Im Ältestenrat ist eine Redezeit von insgesamt 150 Minuten vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Wird das Wort von einem der Berichterstatter gewünscht? - Dies ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gerstein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Jahr lang haben acht Ausschüsse des Bundestages den umfangreichen Bericht der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" beraten.
Ich möchte mich am Beginn der Aussprache über das Ergebnis dieser Beratungen und die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Forschung und Technologie bei allen Kollegen, die in den Ausschüssen sorgfältig gearbeitet haben, sehr herzlich bedanken.
({0})
Ich danke auch der Bundesregierung und ihren Beamten, die zu den meisten Beratungspunkten Sachstandsberichte abgegeben haben, die sehr nützlich gewesen sind.
({1})
Mein Dank gilt auch den Berichterstattern, den Kollegen Laermann und Catenhusen für die verständnisvolle Zusammenarbeit, und mein Dank gilt auch dem Sekretariat des Ausschusses für seine große Hilfe.
({2})
Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist notwendig, diese Beratung auf ihren Ausgangspunkt, nämlich den 14. Dezember 1978, auf den Tag fast genau vor drei Jahren, zurückzuführen. Damals - Sie werden sich erinnern - war es mühsam genug zu verhindern, daß die notwendige dritte Teilerrichtungsgenehmigung für den Weiterbau des Schnellen Brüters in Kalkar von einem Votum des Bundestages abhängig gemacht werden sollte. Es blieb der Vorbehalt, den dieses Hohe Haus gegen unsere Stimmen für die Entscheidung über die Inbetriebnahme des Schnellen Brüters beschlossen hat, und die Einsetzung der Enquete-Kommission.
({3})
Wir haben heute zu fragen
({4})
- ich glaube, wir alle, das ganze Hohe Haus und auch die Öffentlichkeit fragen danach -, welchen Beitrag die Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" geleistet hat, um dem Deutschen Bundestag eine Entscheidung über die Inbetriebnahme des Brüters zu ermöglichen. Was ist in diesen drei Jahren an Fortschritten erreicht worden, was ist von den Ergebnissen der Kommissionsarbeit geblieben?
({5})
Sie erinnern sich, die Mehrheit der Enquete-Kommission hat vor einem Jahr die Erwartung geäußert,
man könne sich erst 1990 für die volle und langfristige Nutzung der Kernenergie oder für einen Verzicht auf Kernenergie entscheiden. Die Beratungen jedoch in den Ausschüssen des Bundestages, aber gerade auch die weltenergiepolitischen Entwicklungen haben gezeigt, daß diese Erwartungen der Kommissionsmehrheit nicht mehr haltbar sind. Im Gegenteil. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß Entscheidungen für die Kernenergie dringend notwendig sind und einen Aufschub überhaupt nicht mehr vertragen.
({6})
Entsprechend der Reihenfolge der Beschlußempfehlungen will ich nun auf die einzelnen Hauptteile der Beratungen: Energieeinsparung, Reaktorsicherheit, Wiederaufarbeitung und Brütertechnologie im folgenden eingehen.
Zur Energieeinsparung gab es 62 Empfehlungen der Kommission. Nach sehr sachlicher und intensiver Beratung haben sich die Ausschüsse des Bundestages nur in sehr begrenztem Umfang diesen Empfehlungen angeschlossen. Lediglich 14 Empfehlungen sind mit unverändertem Wortlaut aus dem Vorschlag der Enquete-Kommission übernommen worden. 14 haben sich inzwischen erledigt, 14 sind teilweise übernommen worden, und 20 Empfehlungen wurden abgelehnt.
Unter die Ablehnung fallen - und darauf kommt es mir an - zu Recht und notwendigerweise alle dirigistischen Maßnahmen, die in dem Paket enthalten waren, z. B. die Erhebung einer generellen Energiesteuer, die Pflicht zum Einbau von Wärmerückgewinnungsanlagen, der Erlaß einer Energieanlagenverordnung, die Einführung gesetzlicher Regelungen für Höchstverbrauchswerte beim Kraftstoffverbrauch, die Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Bundesautobahnen und die Subventionierung des Einsatzes von Energieberatern. Das heißt, die Ausschüsse des Bundestages sind der Auffassung, daß zur Erreichung des Zieles sparsamer und rationeller Energieverwendung staatlicher Dirigismus abzulehnen ist. Die Ausschüsse kommen zu dem Ergebnis, daß es besser sei, auf diesem Gebiet dem Marktgeschehen die notwendige Unterstützung zu geben. Wir sehen ja auch: Die erreichten großen Sparerfolge sind wohl weniger dirigistischen Eingriffen zu verdanken, sondern den Notwendigkeiten und der Einsicht der am Marktgeschehen beteiligten Kräfte.
({7})
Der unter diesem Aspekt übriggebliebene Katalog von Sparempfehlungen entspricht nun in etwa dem, was wir als Minderheit in der Enquete-Kommission eingebracht hatten.
({8})
Es muß hier auch festgestellt werden, daß die Ausschüsse des Bundestages damit auch den Bedenken gefolgt sind, die einige Kommissionsmitglieder - Herr Laermann, Herr Reuschenbach -, die dem Mehrheitskonsens zugestimmt hatten, nur als Fußnoten zu diesen Sparvorschlägen vorgebracht hatten. Diese Fußnoten sind so in Übereinstimmung mit unseren ursprünglichen Vorschlägen zur Hauptsache geworden, und die Mehrheitsmeinung der Enquete-Kommission in dieser Sparfrage stellt sich nur noch als Nebensache dar.
({9})
- Ich habe mir alle Ihre Fußnoten noch mal betrachtet. Sie sind alle berücksichtigt - und das finde ich j a gerade gut -,
({10})
Ihre Kritik an dem Mehrheitsbeschluß der Kommission.
Es hat viel Aufklärungsarbeit, vor allem der Bundesregierung und ihrer Beamten, es hat Zeit und Papier gekostet, um diese Einsicht zu vermitteln. Das schmälert natürlich den Wert der Erkenntnisse nicht.
Ich darf noch einmal feststellen: Energieeinsparungen in dem Umfang, wie sie nach Auffassung der Kernenergiegegner in der Kommission erforderlich wären, um ohne Kernenergie auszukommen, sind unter Beibehaltung normaler Lebensbedingungen und bei einer Politik, die die Vollbeschäftigung wiederherstellen möchte, nicht möglich. Sie werden auch von den meisten Abgeordneten dieses Hauses nicht gewollt.
({11})
Das bedeutet: Die großen Erwartungen und die Forderungen der Mehrheit der Kommission im Hinblick auf staatliche Maßnahmen zur Energieeinsparung sind nicht bestätigt, sind nicht aufgegriffen worden. Damit - dies scheint mir sehr wichtig zu sein - entfällt ein wesentlicher Bestandteil der Gemeinsamkeit der Kommissionsmehrheit.
({12})
Was bleibt, ist eine Reihe nützlicher und bemerkenswerter Anregungen der Enquete-Kommission.
Herr Abgeordneter Gerstein, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reuschenbach?
Bitte schön.
Herr Abgeordneter Reuschenbach, bitte.
Herr Kollege Gerstein, wollen Sie doch bitte einräumen, daß es nicht zulässig ist, von 62 Empfehlungen zu sprechen, sondern daß nicht nur in den Fußnoten, sondern auch im Text selbst gesagt ist: Es handelt sich um 62 Gesichtspunkte, die in den weiteren Beratungen zu prüfen sind.
Herr Kollege Reuschenbach, Sie werden sich aber auch an die Verhandlungen in der Enquete-Kommission und daran erinnern, welch außerordentlich hohen Stellenwert diese 62 Empfehlungen
({0})
- ich meine, man könnte sie doch so nennen - gerade bei den Sachverständigen in der Kommission
- Herrn Altner, Herrn Meyer-Abich und Herrn Ehrenstein - gehabt haben, die die Aufnahme dieser
Empfehlungen gerade zu einer Bedingung für ihren Mehrheitskonsens gemacht haben.
Meine Damen und Herren, was aber bleibt, das ist eine Reihe nützlicher und bemerkenswerter Anregungen der Enquete-Kommission. Soweit sie durchführbar und sinnvoll sind, liegen sie Ihnen in den Einzelbeschlüssen vor, die j a auch fast alle einstimmig verabschiedet worden sind. Diese Beschlüsse - das sei am Rande vermerkt - entsprechen auch der Auffassung der Bundesregierung in der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms.
Lassen Sie mich nun auf den zweiten Punkt, die Reaktorsicherheit, zu sprechen kommen. Viele Empfehlungen der Kommission zur Reaktorsicherheit waren von Zweifeln und Mißtrauen gegenüber der Kernenergie geprägt. Im Laufe der Beratungen ist es gelungen herauszuarbeiten, was wirklich zur Erhöhung der Reaktorsicherheit und zur Verbesserung unserer Erkenntnisse noch sachlich geboten und möglich ist.
Dabei hat sich bestätigt - und ich glaube, dies ist sehr wichtig -, daß die in der Bundesrepublik für die Reaktorsicherheit zuständigen Institutionen und Behörden zuverlässig und sorgfältig arbeiten. Die in diesen Gremien verantwortlichen Fachleute sind in jeder Hinsicht ausreichend qualifiziert. Das Berufungsverfahren für diese Gremien bedarf entgegen den Vorstellungen der Kommission daher auch keiner Änderung.
({1})
Meine Damen, meine Herren, zur Wiederaufarbeitung: Hier hat sich die Kommission ja sehr ausführlich mit den damit zusammenhängenden Fragen befaßt. Das von der Kommission damals geforderte Gutachten liegt vor. Wir haben es ausgewertet und besprochen.
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis: Wiederaufarbeitungsanlagen in der Größenordnung, wie sie das Entsorgungskonzept der Bundesregierung vorsieht, sind nötig und vertretbar. Dieses einstimmig im federführenden Ausschuß und auch im Wirtschaftsausschuß gebilligte Ergebnis ist vollwertiger Bestandteil der uns vorliegenden Beschlußempfehlung. In Sachen Wiederaufarbeitung gibt es keine Zweifel mehr. Hier kann gehandelt werden.
({2})
Meine Damen und Herren, der vierte Abschnitt unserer Beschlußempfehlung beschäftigt sich mit dem Schnellen Brüter. Die Hauptaufgabe der Enquete-Kommission war eine Stellungnahme zum Parlamentsvorbehalt für die Inbetriebnahme des Schnellen Brüters. Diese Aufgabe wurde nicht gelöst. Sie ist vielmehr der neuen Enquete-Kommission übertragen worden. Wir werden sehr wachsam sein müssen, damit die erwartete Stellungnahme nicht verzögert, sondern dem Parlament zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgelegt wird, wenn es nicht überhaupt zu spät ist.
({3})
Für die weitere Entwicklung und den Bau der fortgeschrittenen Reaktoren in der Bundesrepublik ist jedenfalls der Parlamentsvorbehalt inzwischen zu einer unerträglichen Belastung geworden.
({4})
Die Finanzierung des Schnellen Brüters in Kalkar, aber auch des Hochtemperaturreaktors, erfolgt jetzt nur noch von Tag zu Tag, und dies ist, auch an normalen kaufmännischen Maßstäben gemessen, sowieso völlig unseriös. Ich füge hinzu, die Bedingungen, unter denen der Bau beider Forschungsreaktoren in den letzten Jahren erfolgen muß, sind der eigentlichen, sehr komplizierten Aufgabe wirklich völlig unangemessen. Sie sind im Grunde weder für Ingenieure und Arbeiter noch für die beteiligten Firmen zumutbar. Wenn das so weitergeht, werden der Schnelle Brüter und dann wohl auch der Hochtemperaturreaktor schneller zu Ruinen des Fortschrittes, als es selbst ihre Gegner je für möglich gehalten hätten.
({5})
Wir erwarten daher von der Bundesregierung, daß sie alles tut, um die drohende Stillegung der Baustelle des Schnellen Brüters abzuwenden.
({6})
Der vorliegende Entschließungs- oder Ergänzungsantrag soll diese Aufforderung bekräftigen.
({7})
- Es ist sicherlich Aufgabe der Bundesregierung, jetzt festzustellen, was alles nötig ist. Darauf warten wir ja gerade.
Zusammenfassend, meine Damen und Herren, stelle ich fest: Die Ergebnisse der Beratungen und die Erkenntnisse, die uns heute zur Verfügung stehen, zeigen unmißverständlich, daß ein Verzicht auf Kernenergie weder jetzt noch später möglich ist.
({8})
Der Teilverzicht der Bundesrepublik auf konsequenten Ausbau der Kernenergie hat bereits jetzt erheblichen Schaden angerichtet. Viele der 1,5 Millionen Arbeitslosen spüren die Folgen des Investitionsstaus im Kraftwerksbereich.
({9})
- Herr Kollege Wolfram, wir haben uns so oft über den Investitionsstau unterhalten, und selbst Ihr Minister, Herr von Bülow, hat vor wenigen Tagen wieder davon gesprochen.
Die Bundesrepublik liegt international um viele Jahre zurück. Der französische Vorsprung beträgt z. B. in der Entwicklung des Schnellen Brüters etwa zehn Jahre; daran kann man gar nicht zweifeln. Seit 1977 gibt es in der Bundesrepublik keine neue erste Teilerrichtungsgenehmigung mehr. Im Grundlastbereich - so von Bülow - haben wir ein Defizit von 10 000 MW Kernenergieleistung. Der Ersatz wichtiger Primärenergieträger wie Gas und Braunkohle durch Kernenergie findet nicht statt. Viele glauben trotzdem immer noch, es sei so unendlich wichtig, darüber nachzudenken, ob, wann und wie ein Ver4196
zieht auf Kernenergie möglich sei. Die Tatsachen sprechen doch dagegen.
Seit 1978, seit Einsetzung der Enquete-Kommission, haben wir erneut drei kostbare Jahre verloren. Auch die kernenergiefreundlichen Formulierungen in der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung können diese verlorenen Jahre nicht ersetzen.
({10})
Die Bundesregierung hat festgestellt, daß die Kernenergie einen weiter steigenden Beitrag zur Stromerzeugung in der Grundlast leisten muß. Die Bundesregierung hat recht.
({11})
- Ja, das ist nicht immer der Fall, daß sie recht hat.
({12})
Die Bundesregierung weist darauf hin, daß der notwendige größere Beitrag der Kernenergie zur Stromerzeugung die zügige Fertigstellung im Bau befindlicher Kernkraftwerke und die Abwicklung der Genehmigungsverfahren für anstehende Neubauprojekte voraussetzt. Wir stimmen dem zu.
Daraus folgt aber auch - und das ist der Punkt -: Die Bundesregierung hält die Erwartung der Mehrheit der Enquete-Kommission, etwa im Jahr 1990 vielleicht doch noch auf die Nutzung der Kernenergie verzichten zu können, bereits heute für Illusion. Diese Ansicht hat die CDU/CSU bereits in dem Minderheitsvotum der Enquete-Kommission vorgetragen. Wir fühlen uns nun durch die Bundesregierung durchaus bestätigt.
Meine Damen und Herren, es ist ein Rückschritt - damit wende ich mich dem Text der Beschlußempfehlung zu, die die Koalition im Ausschuß für Forschung und Technologie mit Mehrheit durchgesetzt hat -, wenn es demgegenüber in dieser Resolution heißt:
Nur das Ausschöpfen aller technisch möglichen, wirtschaftlich vertretbaren und sozial akzeptablen Energieeinsparpotentiale und die gezielte Entwicklung neuer Energietechnologien wird eine rationale Entscheidung darüber ermöglichen, ob eine energiepolitische Zukunft ohne Kernenergie bzw. ohne den Übergang zur Nutzung der Kernenergie mit Wiederaufarbeitung und Schnellen Brütern verwirklicht werden kann.
Diese Formulierung entspricht nicht dem einmütigen Votum des Wirtschaftsausschusses, der dankenswerterweise eine vermittelnde Beurteilung der Situation zwischen Mehrheits- und Minderheitsmeinung der Kommission vorgenommen hat. Der Wirtschaftsausschuß hatte klargestellt, daß der Konsens der Mehrheit der Kommission für die praktische Energiepolitik der Bundesrepublik keine Bedeutung hat.
Diese Klarstellung ist von der Koalition im Forschungsausschuß nicht aufgegriffen worden. Wir bedauern das sehr. Das ursprüngliche Votum der Kornmission ist jetzt sogar im Sinne der Kernenergiegegner oder Kernenergieskeptiker verschärft worden. Ich glaube, es ist nötig, daß wir uns noch einmal mit den zwei Fassungen hier im Wortlaut befassen.
In der Fassung der Enquete-Kommission heißt es zur Frage des Baus neuer Kernkraftwerke z. B.:
Dies bedeutet, daß über die vorhandenen Kernkraftwerke hinaus neue Kernkraftwerke im Rahmen des Bedarfs zugebaut werden. Über konkrete Kernkraftwerke und ihre Standorte ist nach dem Energiewirtschaftsgesetz und dem Atomgesetz in den zuständigen Bundesländern auf Antrag der Elektrizitätswirtschaft zu entscheiden.
Herr Staatssekretär Grüner hat das heute morgen auch in einem Rundfunkinterview noch einmal bestätigt.
Jetzt aber, meine Damen und Herren von der Koalition, formulieren Sie in der vorliegenden Beschlußempfehlung wieder restriktiv; denn jetzt heißt es wieder, und das ist der alte Ueberhorst-Text, an den ich mich noch sehr gut erinnern kann:
Dies bedeutet, daß über die vorhandenen Kernkraftwerke hinaus neue Kernkraftwerke im Rahmen des Bedarfs zugebaut werden müssen unter der Voraussetzung, daß in dem erforderlichen. Zeitrahmen die Entsorgung gesichert ist.
Und jetzt kommt der Satz:
Der Einsatz der Kernenergie muß, um nicht in erneute einseitige Abhängigkeit zu geraten, auch in den 80er Jahren auf das zur Sicherung unserer Energieversorgung notwendige Maß beschränkt bleiben.
({13})
- Genau das! Herr Hirsch, der Beifall von Ihnen kam an der richtigen Stelle; denn hier wird die Restbedarfs-Philosophie Ihrer Parteitage in anderer Verpackung doch erneut vorgetragen.
({14})
Hier, Herr Hirsch, kommt das grundsätzliche Mißtrauen, das Sie und einige Ihrer Kollegen gegen die Kernenergie haben, wieder voll zum Ausdruck.
({15})
Hier entziehen Sie sich, und insoweit erinnere ich an die Beratungen in der Enquete-Kommission, wieder dem vernünftigen Einfluß, den die Sachverständigen in der Enquete-Kommission gerade auf diese Formulierung gehabt haben.
({16})
Sie wissen ganz genau, Herr Schäfer, wie lange um diese Formulierung bezüglich des Zubaues von Kernkraftwerken gerungen worden ist.
({17})
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen.
({18})
Der Versuch der Mehrheit der Kommission, die Ansicht durchzusetzen, wir könnten. Entscheidungen vertagen, weil es möglicherweise doch eine Zukunft ohne Kernenergie gebe, ist im Grunde gescheitert. Dies beweist die Liste der übriggebliebenen Einzelempfehlungen, die wir heute dem Deutschen Bundestag zur Annahme vorlegen. Das Mißtrauen gegen die Kernenergie ist nicht verringert worden; es hat sich erhöht. Der Widerstand einer kleinen Minderheit gegen den Bau weiterer Kernkraftwerke, von Zwischenlagern und von Anlagen zur Wiederaufarbeitung ist heute besser organisiert als je zuvor. In den neuen genannten Standorten für Wiederaufarbeitungsanlagen sind die Vorkommandos der Bürgerinitiativen alle schon eingetroffen. Diejenigen, die dies stützen, wollen immer noch nicht wahrhaben, daß ein Ausstieg aus der Kernenergie weder wünschenswert noch realistisch ist.
Meine Damen und Herren, die einjährigen Beratungen haben eigentlich erneut bestätigt: Es gibt eben keine Hintertür, die 1990 geöffnet werden könnte, um dann mit dem Aussteigen zu beginnen. Keiner kann rufen: Haltet die Erde an, ich will aussteigen! - Wir als Bürger eines Industrielandes haben die Aufgabe, die Probleme der Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts zu lösen, und dazu müssen wir uns der Mittel der Technik - und dazu gehört eben auch die Kernenergie - bedienen, der Mittel, die uns unser menschlicher Erfindungsgeist in die Hand gegeben hat.
Wir sind bereit, die Durchführung der Maßnahmen und Empfehlungen zu unterstützen, die wir ja teilweise gemeinsam beschlossen haben. Wir sind aber nicht bereit, das anhaltende Mißtrauen gegenüber der friedlichen Nutzung der Kernenergie, das sich leider in dem der Beschlußempfehlung vorangestellten Text der Koalition wiederfindet, mitzutragen.
Meine Damen und Herren, zum Schluß möchte ich noch darauf eingehen, daß, wie ich meine, auch die sechs Thesen Löwenthals, die in der aktuellen Diskussion zur Zeit eine große Rolle spielen
({19})
- Ich werden Ihnen das gleich erklären; die haben eine ganze Menge damit zu tun -, mit dem Thema, das wir hier erörtern, in einem engen Zusammenhang stehen.
({20})
Die Streitfrage, um die es letztlich auch in der Enquete-Kommission gegangen ist, hat Löwenthal zutreffend beschrieben, wenn er sagt:
Die Streitfrage, um die es geht, ist die Frage nach dem Primat der Lebensfähigkeit unserer Industriegesellschaft und der maximalen Beschäftigung ihrer Mitglieder einerseits oder dem Primat nichtindustrieller Lebensformen und der absoluten Verhinderung ökologischer Schäden andererseits.
Soweit das Zitat.
In den Beratungen der Enquete-Kommission und auch in den vorliegenden Empfehlungen hat diese Streitfrage, wie ich sehe, eine zentrale Bedeutung; denn diejenigen, dies es tatsächlich für möglich und wünschenswert halten, auf die Kernenergie zu verzichten, geben nichtindustriellen Lebensformen letztlich den Vorrang und setzen - ich zitiere wieder Löwenthal - „das Ziel des Umweltschutzes als so absolut, daß es mit der Fortentwicklung einer industriellen Gesellschaft unvereinbar wird". Die Beschlußempfehlung der Koalition ist in diesem Sinne, im Löwenthalschen Sinne, ebenfalls mit der Fortentwicklung unserer industriellen Gesellschaft nicht vereinbar.
({21})
Löwenthal kommt in seiner sechsten und letzten These zu dem ebenso richtigen wie notwendigen Ergebnis - eigentlich habe ich mich nicht unbedingt um die Identitätskrise der Sozialdemokratie zu kümmern; aber da hier der Bezug zur Kernenergie gegeben ist, will ich die letzte These von Löwenthal doch zitieren -:
Die Sozialdemokratie kann also die gegenwärtige Identitätskrise nur überwinden, wenn sie sich klar für die arbeitsteilige Industriegesellschaft und gegen ihre Verteufelung, für die große Mehrheit der Berufstätigen und gegen die Randgruppe der Aussteiger entscheidet ...
Das ist sicherlich richtig.
({22})
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie könnten eigentlich bereits heute einen Schritt in diese Richtung zur Überwindung Ihrer Identitätskrise tun. Entscheiden Sie sich im Unterschied zu Ihrer Beschlußvorlage wenigstens eindeutig gegen die Möglichkeit eines Ausstiegs aus der Kernenergie! Entscheiden Sie sich doch für das, was rational geboten und was zu verantworten ist! Unser Änderungsantrag gibt Ihnen die Möglichkeit dazu. Sie dürfen sich dabei gerne auf Herrn Löwenthal und diejenigen, die ihm folgen, berufen.
({23})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Catenhusen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß gegenüber meinem Vorredner, Herrn Gerstein, festhalten,
({0})
daß für uns Energiepolitik längst nicht mehr nur eine Frage mutiger Entscheidungen ist.
({1})
Ein vorbehaltloses Ja ohne Wenn und Aber
({2})
zu neuen Technologien - das ist die Position der Union, mit der sie auch den Dialog mit der Gesellschaft über die Risiken neuer Technologien verweigert.
({3})
Bundeskanzler Helmut Schmidt hat in seiner Regierungserklärung vom 24. November 1980 ausdrücklich festgestellt, Herr Riesenhuber: „Kernenergie darf dem Bürger nicht übergestülpt werden." Das ist das, was Sie heute machen wollen. Weitreichende energiepolitische Entscheidungen müssen im Dialog mit der Bevölkerung getroffen werden.
({4})
Das ist nicht allein eine Frage von Mehrheitsverhältnissen; das muß auch eine Frage des Respekts und des Ernstnehmens der Sorgen vieler Bürger in unserem Lande sein.
({5})
Denn diese wollen überzeugt und nicht überredet werden. Sie von der CDU/CSU können diese Sorgen offensichtlich nur als Mißtrauen begreifen.
({6})
Der für Sie sicherlich unverdächtige Industrielle Rudolf von Bennigsen-Foerder hat am 31. März dieses Jahres im Deutschen Atomforum sehr nachdenkenswerte Worte über die entstandene Lücke an Glaubwürdigkeit in der energiepolitischen Diskussion gefunden. Von Bennigsen-Foerder zog aus dieser Glaubwürdigkeitslücke die richtige Konsequenz: „Es bleibt also gar kein anderer Weg," - so sagt Bennigsen - „als sich zusammenzusetzen und einen Konsens zu finden und diesen Konsens dann sozusagen vorwärts zu verteidigen." Es ist kein Wunder, daß sich von Bennigsen dafür aussprach, der Empfehlung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages Rechnung zu tragen und die langfristige Nutzung verschiedener Energiesysteme zum Thema eines demokratischen Dialogs zu machen. Herr Gerstein, Ihre Rede war eine Absage an diesen Dialog.
({7})
Es genügt heute nicht mehr, Tabellen und Prognosen vorzulegen und dem ersten Zweifelnden entgegenzuhalten, daß 1990 die Lichter ausgehen könnten.
Wir müssen die entstandene Glaubwürdigkeitslücke, Herr Gerstein, durch Dialog schließen. In diesem Dialog müssen technischer, wissenschaftlicher und politischer Sachverstand gleichermaßen zur Geltung kommen. Es müssen auch die Argumente derer zur Geltung kommen, die eine Zukunft ohne Kernenergie wünschen.
({8})
Glauben Sie, daß diese Leute nicht im Sinn haben, die Welt anzuhalten!
({9})
Wir wissen heute, daß jede Energietechnologie Risiken und Umweltbelastungen verursachen kann. Die Auseinandersetzung um die Bewertung verschiedener Energiesysteme ist aber längst über einen Vergleich verschiedener technischer Risiken hinausgekommen. Wir wissen heute, daß es in der Diskussion um die langfristige Nutzung verschiedener Energiesysteme längst auch um Grundfragen des gesellschaftlichen Umgangs mit neuen Technologien geht. Die Diskussion um Kernenergie ist damit gleichsam zum Brennpunkt vielfältiger gesellschaftlicher Konflikte geworden.
({10})
- Ich habe auch schon von Ihnen viel gehört, Herr Probst.
Die Union hat durch ihren Sprecher - durch Sie, Herr Riesenhuber - im letzten Jahr ihre Vorstellung vom Dialog verdeutlicht. Sie haben damals in der Zeitschrift „Energiewirtschaft" geschrieben, die Union erwarte von derartigen Dialogen „eine Bestätigung ihres kernenergiepolitischen Kurses auf noch breiterer politisch und wissenschaftlich argumentativer Basis". Die Kernenergiekommission hat Ihnen weder politisch noch wissenschaftlich Ihre Basis gegeben, und es ist doch bezeichnend, daß Sie Dialog nur als Mittel der Selbstbestätigung ansehen. Das ist doch ein viel zu bequemes Ruhekissen für Politiker. Eine Umfrage aus den letzten Wochen zeigt doch, daß selbst ein Drittel der Wähler der Union Bedenken gegen den weiteren Zubau von Kernkraftwerken hat. Es hat mich gefreut zu hören, daß Herr Gerstein ein Drittel der Wähler seiner eigenen Partei als potentielle Aussteiger bewertet.
({11})
Heute sind nicht mehr nur mutige Entscheidungen gefragt. „Wir sollten berücksichtigen" - auch ein Wort von Herrn Bennigsen -, „daß es oft viel mehr Mut erfordert, seine Meinung zu ändern, als an ihr festzuhalten".
Die SPD-Bundestagsfraktion sieht im Zwischenbericht der Enquete-Kommission einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der energiepolitischen Diskussion in unserem Lande. Befürworter und Kritiker der Kernenergie haben einen Weg des Korn-promisses für die Energiepolitik der 80er Jahre aufgezeigt.
({12})
Wir sollten nicht ohne Not, Herr Probst, diesen Weg verlassen.
({13})
Lassen Sie mich im folgenden zu den beiden Schwerpunkten der Energiepolitik der 80er Jahre Stellung nehmen.
Schwerpunkt Nummer eins ist die größtmögliche Intensivierung energiepolitischer Maßnahmen zur Förderung von Energieeinsparung, insbesondere beim Ölverbrauch; da sind wir uns, glaube ich, hier einig. Die rationelle Energieverwendung ist eine der
großen Herausforderungen, aber auch eine der ganz großen energiepolitischen Chancen. Durch die in den letzten Jahren aufgetretene Entkoppelung von Energieverbrauch und Wirtschaftswachstum sind viele bisher vermeintlich gültige Gesetzmäßigkeiten aufgehoben.
({14})
- Herr Probst, da müssen Sie vielleicht von der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung lernen. - Die Zahlen über den Energieverbrauch der letzten Jahre ermuntern uns doch, alle Möglichkeiten zur rationellen Energieverwendung auszuloten und auch tatsächlich auszuschöpfen. Wir werden - das ist wichtig - in diesem Jahr gerade ebensoviel Energie verbrauchen wie 1973,
({15})
wie in jenem Jahr also, das mit dem Beginn einer neuen energiepolitischen Ara gleichgesetzt wird. Es hat also in der Bundesrepublik in den vergangenen acht Jahren ein Wirtschaftswachstum von real 15%
- wenn man die acht Jahre zusammenrechnet - bei einem Energiemehrverbrauch von Null gegeben. Deutlicher kann doch nicht aufgezeigt werden, daß Wirtschaftswachstum auch ohne entsprechenden zusätzlichen Verbrauch an Mineralöl, Gas oder Kohle möglich ist.
({16})
Der Vorsitzende der ÖTV, Heinz Klunker, hat als vorrangige gesellschaftliche Aufgabe die Herstellung energiesparenden Wachstums bezeichnet. Ich halte diesen Begriff für sehr wichtig: energiesparendes Wachstum!
({17})
- Wenn Sie das als Leerformel bezeichnen, dann nehmen Sie doch Ihre Bereitschaft, Energie einsparen zu wollen, selbst nicht ernst.
({18})
Diese Aufgabe muß im gesellschaftlichen Interesse der Naturwissenschaft und der Technik gestellt werden, und man muß doch sehen: Jeder in diesem Hause ist heute für Einsparung. Nur wenn es um konkrete Maßnahmen geht, werden doch sehr vorschnell ideologische Scheuklappen aufgesetzt. Ich schließe an einen Beitrag von Herrn Gerstein an. Er hat im letzten Jahr - am 19. Juni - zu den Empfehlungen der Enquete-Kommission betreffend Maßnahmen zur Energieeinsparung ein sehr vorschnelles Urteil gefällt, das er heute zu revidieren versucht. Er sagte damals, daß ein Großteil dieser Empfehlungen - ich betone: ein Großteil dieser Empfehlungen - in unserer Marktordnung nicht vertretbar sei.
({19})
Nach einem dreiviertel Jahr Beratungen im Ausschuß für Forschung und Technologie müssen wir
deutlich sehen - ich begrüße das -, daß es hinsichtlich konkreter Vorschläge zur Energieeinsparung innerhalb des Ausschusses einen weitgehenden Konsens gegeben hat. - Herr Gerstein, wenn Sie heute noch die Formel „Energieeinsparung wird durch den Markt geregelt" bemühen, dann sollten Sie vielleicht auch einmal die Aussagen Ihres Schnell- und Vordenkers innerhalb Ihrer eigenen Reihen, Herrn Biedenkopf, lesen. Er hat in den letzten Wochen selbst festgestellt, daß die bloßen Marktkräfte bei der Deckung des großen Nachholbedarfs an Energie-Sparinvestitionen überfordert seien. Biedenkopf sagt, staatliche Zielvorgabe sei es, Energie zu sparen. Der einzelne Privathaushalt wolle Geld sparen. Diese nicht deckungsgleichen Ziele müsse
- so Biedenkopf; ich stimme ihm da zu - die Politik in Übereinstimmung bringen.
40 % unserer Energie werden zur Heizung und Warmwasserbereitung in privaten Haushalten verbraucht. Die Forderung der Beschlußempfehlung nach einem Schwerpunktprogramm zur Erforschung verschiedener Aspekte energieeinsparender Bauweisen könnte einen wichtigen Impuls geben, das hier vorhandene Einsparpotential, das schon 1977 auf 30 % geschätzt worden ist, noch wirksamer auszuschöpfen.
({20})
Wichtig ist auch der Abbau von Informationsdefiziten. Deshalb wird in der Beschlußempfehlung die Forderung erhoben, die Aktivitäten zur Verbraucherberatung und Information über Energieeinsparung zu verstärken. Zusätzlich müssen auch die Ausbildungsmöglichkeiten für Architekten und Ingenieure durch Aufnahme neuer Fächer in das Studienangebot und in die Prüfungsordnung dieser Berufszweige verbessert werden.
Ich nenne einen dritten Aspekt der Empfehlung, der die Verkehrspolitik betrifft. Der Radfahrer hat in den letzten Jahren verkehrs- und energiepolitisch häufig ein Mauerblümchendasein geführt. Es ist wichtig und hilfreich, daß dieser Beschluß den Bund, vor allem aber auch die Länder auffordert, über zusätzliche Radwegeprogramme die Möglichkeiten für den Radfahrer im Bundesgebiet weiter zu verbessern.
({21})
- Darauf komme ich gerade zu sprechen. Die Berücksichtigung des Radfahrers ist nicht nur eine Frage der Quantität von Einsparungsmöglichkeiten, sondern sie zeigt auch, daß hier in der Bevölkerung ein Bewußtseinswandel im Gange ist. Herr Probst, ich komme aus Münster; dort wird das Fahrradfahren seit 20 Jahren gefördert.
({22})
Dort fährt ein guter Teil der Berufstätigen mit dem Fahrrad zur Arbeit.
({23})
- Ja, natürlich, ich fahre auch in Bonn mit dem Fahrrad; sehr richtig, Herr Probst.
({24})
Dies sind drei Beispiele, die zeigen, daß die 24 Empfehlungen zur rationellen Energieverwendung in einer Reihe von politischen Bereichen Anstöße zur Fortsetzung und Verstärkung des bereits eingeschlagenen Weges der verstärkten Energieeinsparung geben. Ich möchte aber mit aller Deutlichkeit hinzufügen: Die Glaubwürdigkeit unserer Energiepolitik hängt entscheidend davon ab, ob in den nächsten Jahren alle Chancen zur Nutzung von leistungsfähigen und verantwortbaren Energiequellen ausgeschöpft werden, denn nur so wird eine rationale und auch eine auf breitem Konsens beruhende Entscheidung darüber ermöglicht, ob eine energiepolitische Zukunft auch langfristig mit oder ohne Kernenergie verwirklicht wird.
Damit komme ich zum zweiten Schwerpunkt: der Nutzung der Kernenergie. Wir wissen alle, daß die Nutzung dieser Energietechnologie in der Gesellschaft zum Symbol für die gesellschaftliche Akzeptanz von neuen Großtechnologien geworden ist.
({25})
Wir wissen heute weder, ob wir langfristig auf Kernenergie verzichten können,
({26})
noch wissen wir heute, ob die volle und langfristige Nutzung der Kernenergie mit all ihren Konsequenzen überschaubar und gesellschaftlich erwünscht ist.
({27})
Man muß aber - ganz unabhängig von dieser Betrachtungsweise - ganz nüchtern feststellen: Mit über 9 000 Megawatt in Betrieb befindlicher und mit weit über 10 000 Megawatt in Bau befindlicher Kernkraftwerksleistung hat auch die Industriegesellschaft Bundesrepublik einen erheblichen Schritt in der Anwendung dieser Technologie gemacht.
({28})
Andere Industrieländer sind einen Schritt weitergegangen.
({29})
Daran kann heute keiner vorbei. Deshalb muß auch in den 80er Jahren die Anwendung der Kernenergie aus forschungs-, industrie- und versorgungspolitischen Gründen erhalten bleiben. Das bedeutet auch: Zubau von Kernkraftwerken, wenn der Bedarf besteht und wenn die dazu erforderlichen Voraussetzungen in der Entsorgung geschaffen werden.
({30})
Es ist schon bewundernswert, wenn sich die Union auch heute unverdrossen auf genaue Zahlen künftiger Kernkraftwerke festlegen möchte. Wenn wir in der energiepolitischen Diskussion glaubwürdig sein wollen, müssen wir das Problem der Entsorgung offen ansprechen. Allein schon die bestehenden Kernkraftwerke produzieren so viel atomaren Müll, daß eine Entsorgung erforderlich ist.
({31})
Auch nach Festlegung des Weges der Entsorgung durch Bund und Länder ist aber die Entsorgung selbst, nämlich die technische Verwirklichung, noch nicht realisiert. In Gorleben wird jetzt gebohrt. Aber erst die bergmännische Erschließung des Salzstocks wird am Ende dieses Jahrzehnts endgültig Klarheit bringen, ob Gorleben ein Endlager auch für hochradioaktiven Abfall sein kann.
({32})
Deshalb müssen, so sagt die Beschlußempfehlung, die Bundesregierung und die betroffene Landesregierung - in diesem Fall das Land Niedersachsen - schon jetzt Vorbereitungen zur oberirdischen Untersuchung eines möglichen alternativen Standortes für ein Endlager treffen. Daß Sie diese Forderung ablehnen, kann ich nur im Sinne einer gewissen Lust daran verstehen, daß Sie Ende der 80er Jahre möglicherweise selber zu einer Blockade der Kernenergie beitragen wollen.
({33})
Ein wichtiges Glied in der Entsorgung kann auch eine Wiederaufarbeitungsanlage sein. Wenn wir heute den Weg für eine längerfristige Nutzung der Kernenergie offenhalten wollen, dann muß auch die Technologie der Wiederaufarbeitung in einer Demonstrationsanlage großtechnisch erprobt werden. Dies bedeutet für meine Fraktion: Für die 80er Jahre ist der Bau einer kleineren Demonstrations-Wiederaufarbeitungsanlage sinnvoll und vertretbar. Sie soll aber nicht vorrangig die kommerzielle Nutzung dieser Technologie in unserem Lande etablieren. Vorrangig müssen Erfahrungen in der großtechnischen Anwendung der Wiederaufarbeitungstechnologie gewonnen werden. Wir wissen ja heute, daß es weltweit Probleme mit der kommerziellen Nutzung dieser Technologie gibt.
Daneben bleibt die Bundesregierung aufgefordert - so steht es auch im Text der Beschlußempfehlung -, das Konzept der Endlagerung ohne Wiederaufarbeitung weiter zu erforschen, damit bis 1984 die notwendigen Vorbereitungen für eine Entscheidung über den Bau einer entsprechenden Versuchsanlage getroffen werden. Wir sollten uns alle denkbaren Wege der Entsorgung und der Endlagerung offenhalten.
Das Atomgesetz schreibt bei kerntechnischen Anlagen die Berücksichtigung des jeweils neuesten Standes von Wissenschaft und Technik vor. Auch wir Politiker sollten uns heute bei der Bewertung neuer Energietechniken, also auch der Technologie der Wiederaufarbeitung, bewußt sein, daß wir für neue Erkenntnisse offen sein müssen.
Meine Damen und Herren, es ist gut, daß die vorliegende Beschlußempfehlung auch Vorschläge zur
Verbesserung der Lage der Beschäftigten in kerntechnischen Anlagen enthält. Dies ist für uns Sozialdemokraten ein wichtiges Anliegen. Die Einführung eines Beauftragten für nukleare Sicherheit und auch die Erarbeitung spezifischer Unfallverhütungsvorschriften können den Schutz der Beschäftigten in Kernkraftwerken verbessern helfen.
Ich komme zum Schluß. Der Deutsche Bundestag erwartet, daß die Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" durch rechtzeitige Vorlage ihrer Empfehlungen zum Schnellen Brüter sicherstellt, daß unmittelbar nach der Sommerpause im nächsten Jahr eine Bewertung der Risiken und Chancen der Brütertechnologie vorgenommen werden kann. Der Bundestag hatte der Kommission deshalb bisher als Termin den 31. Juli gesetzt. Es wäre hilfreich, wenn dieser Bericht schon bis zur parlamentarischen Sommerpause vorgelegt würde.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erwartet, daß die Bundesregierung die vorgelegten 39 Punkte in ihre Energiepolitik der nächsten Jahre einbezieht. Unser Dank gilt den Mitgliedern der Enquete-Kommission. Sie haben, von sehr unterschiedlichen Ausgangspositionen kommend, gezeigt, daß demokratischer Dialog nicht Selbstzweck und Verzicht auf Entscheidungen bedeutet, sondern Hilfen für die Politik bringt. Die Umsetzung der heutigen Beschlußempfehlung könnte mit dazu beitragen, daß der Konsens in der Gesellschaft über die künftige Energiepolitik verbreitert wird.
({34})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Laermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergiepolitik" hat ihre Bedeutung nicht nur als Instrumentarium zur Beratung der Politik, zur Beratung des Parlaments gehabt, sondern ihre Bedeutung liegt auch insbesondere darin, daß sie einen wesentlichen Beitrag zur Versachlichung der öffentlichen Diskussion um die friedliche Nutzung der Kernenergie geleistet hat. Mit dem Bericht und den daraus inzwischen abgeleiteten Maßnahmen der Bundesregierung und mit der heute vorliegenden Beschlußempfehlung sind gute Voraussetzungen gegeben, die Zustimmung breiter Bevölkerungsschichten für eine ausgewogene Energiepolitik in den 80er Jahren zu finden.
({0})
Eine andere Voraussetzung ist aber eine sachliche, weniger emotionalisierte Darstellung energiepolitischer Notwendigkeiten und Möglichkeiten in der Öffentlichkeit und eine weniger tendenziöse Auslegung des Berichts der Enquete-Kommission und dieser Beschlußempfehlung in die, wie ich ausdrücklich sage, eine oder andere Richtung. Herr Kollege Gerstein, ich bin mir nicht sicher, ob sie mit Ihrer sehr einseitigen Auslegung und Interpretation der gesamten Sache einen Dienst erwiesen haben, während wir doch bisher, wie sie eingangs auch erwähnten, uns darum bemüht haben, eine einvernehmliche und aktzeptable Position zu erarbeiten.
({1})
- Ich würdige ausdrücklich, Herr Gerstein, das Bemühen der Enquete-Kommission um einen gemeinsam getragenen Beschluß und einen gemeinsam getragenen Bericht. Ich möchte aber auch auf unsere Medien und die Träger der veröffentlichten Meinung hinweisen. Es ist wenig hilfreich, wenn über einen weißen Spatzen in der Nähe von Ohu die Zeitungen in der Bundesrepublik vom Norden bis zum Süden berichten und damit unausgesprochen einen Zusammenhang zu dort arbeitenden Kernkraftwerken herstellen, während, andererseits, wenn ich die Presse darüber informiere, daß sich in meinem Garten eine weiße Amsel befindet, dies mit Achselzukken und Kopfschütteln aufgenommen wird und darüber kein Bericht in der Presse erscheint, weil nämlich weit und breit kein Kernkraftwerk steht.
({2})
- Richtig. Alles andere ist eine „Unmeldung".
Ich halte es auch für wenig hilfreich, wenn beispielsweise ein Düsseldorfer Kabarett in seinem neuesten Programm die Kernkraftwerke in der Bundesrepublik und in Europa in Megatonnen Sprengkraft einer Hiroshima-Bombe umrechnet.
({3})
Der Grundsatz der Empfehlung der Enquete-Kommission liegt in der Alternative zwischen Kernenergie I und Kernenergie II, also dem allmählichen Wiederausstieg aus der Kernenergie und dem forcierten Ausbau der Kernenergie einschließlich Brüter. Der Grundsatz der Empfehlung liegt weiter darin, daß eine endgültige Entscheidung, ob der erste oder der zweite Weg zu verfolgen ist, zu Beginn der 90er Jahre zu treffen sei, wenn ein fundierter Überblick über die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Reduzierung des Energiebedarfs vorliegt.
Allerdings ist eine Beschränkung auf den nationalen Bereich, wie bisher geschehen, nicht ausreichend.
({4})
Die Entwicklungen innerhalb der EG wie darüber hinaus die internationalen Entwicklungen sind notwendigerweise bei einer endgültigen Stellungnahme mit zu berücksichtigen.
({5})
Diese Aspekte sollen daher in der Fortsetzung der Arbeit der Enquete-Kommission in dieser Legislaturperiode in die zu erarbeitenden Empfehlungen mit einbezogen werden. Im Sinne der Logik von Kernenergie I und II und im Hinblick auf den in Zukunft unvermeidlich steigenden Weltenergiebedarf - unbeschadet der Einsparerfolge in den Industrie4202
ländern -, im Hinblick auf die Begrenztheit der Ressourcen nicht erneuerbarer Energieträger, im Hinblick auf die Kostenentwicklung der verschiedenen Energieträger, im Hinblick auch darauf, daß selbst bei nationalem Verzicht die Kernenergienutzung in der Welt weiter ausgebaut wird, und im Hinblick auf unsere berechtigten Interessen nach mehr internationaler Sicherheit, indem wir unsere Kenntnisse und Erfahrungen auch bei der Nutzung der Kernenergie einsetzen, ist es notwendig, Kernkraftkapazität in den 80er Jahren auszubauen,
({6})
beschränkt auf das zur Sicherung der Energieversorgung notwendige Maß, ohne neue, einseitige Abhängigkeiten entstehen zu lassen und unter der Voraussetzung einer gesicherten und auch sicheren Entsorgung.
({7})
Nicht der Staat und nicht die Regierung haben darüber zu befinden, was der notwendige Bedarf ist, sondern dies liegt in der Entscheidung der Industrie.
({8})
Und wer das Ziel, 0,7 % des Bruttosozialprodukts für die Entwicklungshilfe aufzuwenden, beibehalten will, muß daran interessiert sein, dieses Bruttosozialprodukt möglichst hochzuhalten.
({9})
Eine Voraussetzung dafür ist aber eine sichere und kostengünstige Energieversorgung in der Produktion; denn z. B. auch zur Herstellung von Gütern, Geräten und Anlagen zur Energieeinsparung, zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen, zur Erschließung neuer Ressourcen wird Energie, wird in Zukunft sehr viel und mehr Energie gebraucht werden.
Die Enquete-Kommission hat ausdrücklich den in der Diskussion - auch innerhalb der FDP - um die Nutzung der Kernenergie benutzten Begriff vom Restenergiebedarf und von der Rolle der Kernenergie zur Deckung des Restenergiebedarfs nicht aufgegriffen und sich nicht zu eigen gemacht. Es war nämlich die Frage nicht zu beantworten, wie groß der Rest denn sein darf.
Die Enquete-Kommission hat in der Kenntnis der Unsicherheit über wesentliche Bestimmungsgrößen und über die Entwicklung des Energiebedarfs empfohlen, einerseits auf größtmögliche Anstrengungen zur Energieeinsparung und besseren Energienutzung insbesondere der Primärenergie hinzuwirken, andererseits die zur Sicherung der Energieversorgung erforderliche Flexibilität in den Energieversorgungsstrukturen zu erhalten.
Dies bedeutet, daß über die vorhandenen Kernkraftwerke hinaus auch neue Kernkraftwerke im Rahmen des Bedarfs und unter Berücksichtigung der Lastbereiche zugebaut werden müssen. Die Enquete-Kommission hat ausdrücklich keine Empfehlung gegeben, keine Kernkraftwerke mehr zu bauen. Sie geht dabei von der Voraussetzung aus, daß für
die Kohle, insbesondere für die heimische Kohle, unverändert der ihr zukommende Vorrang erhalten wird.
({10})
Ich sage dies ausdrücklich, weil es für die öffentliche Diskussion von größter Bedeutung ist.
Die Schwerpunkte der Empfehlungen der Enquete-Kommission und die in den Ausschußberatungen aufgenommenen Empfehlungen - auf die Schwerpunkte möchte ich nur eingehen und nicht im einzelnen etwa mit Zahlendarstellungen hier operieren - liegen auf dem Gebiet der Energieeinsparung. Hier geht es zunächst um den Bereich Haustechnik und die Deckung des Wärmebedarfs. Hier sind Vorschläge enthalten, die bauphysikalische Forschung zu intensivieren, die Ausbildung auf allen Ebenen, von der handwerklichen bis zur Architekten- und Ingenieursebene, zu verbessern, die Verbraucherberatung zu verbessern und auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgewirkungen von Energieeinsparungen zu untersuchen. Dem Verkehr ist besondere Beachtung gewidmet worden - Straße, Schiene, Luft. Die Reduzierung des Kraftstoffbedarfs, alternative Antriebe und Kraftstoffe, Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, Ausbau der Radwege sind aufgeführt und aufgenommen worden, selbst die Entfernungspauschale.
Insbesondere wird darauf hingewiesen, daß die Kohle verstärkt im Wärmemarkt einzusetzen sei, daß neue, umweltgerechte Techniken entwickelt und eingesetzt werden müßten, um auch im Bereich der Fernwärme und der Kraft-Wärme-Kopplung mehr für die Substitution des Öls durch Wärme, insbesondere durch aus Kohle erzeugter Wärme zu tun.
Auf die kommunalen Energieversorgungskonzepte ist mit Nachdruck hingewiesen worden. Ein Zusammenwirken mit den Versorgungsunternehmen ist den Kommunen empfohlen worden. Ich möchte hier ausdrücklich die Vereinbarungen zwischen VIK und VDEW begrüßen, sich in Zukunft verstärkt um den Ausbau und die Nutzung der Fernwärme zu bemühen. Solchen privatwirtschaftlich getroffenen Vereinbarungen messen wir große Bedeutung zu wie z. B. auch dem Kohlevertrag oder der Zusage der Automobilindustrie, den Kraftstoffbedarf um bis zu 15 % zu reduzieren. Solchen privatwirtschaftlichen Vereinbarungen ist deutlich der Vorrang vor dirigistischen Maßnahmen zu geben.
({11})
Ein weiterer Schwerpunkt ist auf die Entwicklung und die Erfassung erneuerbarer Energiequellen und auf die Notwendigkeit gerichtet, Energiespeicherungsmöglichkeiten zu entwickeln. Gefordert und empfohlen wird, administrative Hemmnisse im Genehmigungsverfahren zu beseitigen, Anreize für Investitionen zu geben, solange es, verglichen mit dem Energiepreis, noch zu teuer ist, solchen neuen Techniken einzusetzen, und die Forschung in diesem Bereich zu verstärken mit Schwerpunkt auf Sonnenenergie und Biomasse. Der Förderung der Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet soll eine hohe Rangigkeit eingeräumt werden.
Besondere Bedeutung besitzt das Gebiet der Reaktorsicherheit. Hier wird der hohe Sicherheitsstandard anerkannt und betont, und es werden grundsätzliche Empfehlungen gegeben, zu mehr passiver Sicherheit zu kommen, Schadensausmaß und Schadensauswirkungen zu reduzieren. Insbesondere sind Empfehlungen für den administrativen Bereich gegeben worden, weil auch dies eine Frage der Akzeptanz ist. Es wurden die Kompetenz und die Zuständigkeit der Bundesregierung unterstrichen, in der Reaktorsicherheitskommission, in der Strahlenschutzkommission die Mitglieder nach ihrer fachlichen Qualifikation zu berufen, unabhängig von der Einstellung zur Nutzung der Kernernergie. Es ist empfohlen worden, im Kerntechnischen Ausschuß auch Arbeitnehmervertreter zu beteiligen. Aus Gründen des Unfallschutzes, aus Sicherheitsgründen müssen auch die Arbeitnehmer informiert und eingeführt sein in die am Arbeitsplatz entstehenden Probleme. Sie müssen hier ein Mitwirkungsrecht und eine Mitwirkungsmöglichkeit haben. Wir setzen uns nachdrücklich dafür ein, daß dies geschieht.
In diesem Zusammenhang muß auch die Empfehlung an die Bundesregierung erwähnt werden, einen „Betriebsbeauftragten für nukleare Sicherheit" einzuführen.
Empfohlen wird die Fortsetzung der Risikostudien. Hier soll der Risikofaktor Mensch einbezogen werden. Es sollen Ausnahmesituationen wie Krieg, Sabotage, Terror berücksichtigt werden. Ich möchte erwähnen, daß dies ein neues, ein wichtiges Arbeitsfeld für die derzeit arbeitende Kommission ist.
Ganz wichtig aber - und deshalb möchte ich ganz nachdrücklich auf diesen Punkt eingehen - ist die Frage der sicheren Entsorgung und der Sicherung der Entsorgung in der Zukunft. Ich halte es für inkonsequent, wenn gegen die Kernenergie argumentiert wird mit dem Argument, die Entsorgung sei nicht gesichert, aber andererseits dann auch wieder Bedenken gegen die Realisierung der Entsorgung vorgebracht werden und die Entsorgung verhindert wird. Dies ist inkonsequent und nicht akzeptabel.
({12})
In der Beschlußempfehlung wird darauf abgehoben, daß für die Zwischenlagerung auch die Möglichkeit einer rückholbaren unterirdischen Lagerung geprüft werden soll. Es sollten andere Entsorgungstechniken geprüft, entwickelt und erforscht werden. Das Ergebnis einer von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie „Vergleich der verschiedenen Entsorgungsalternativen und Beurteilung ihrer Realisierbarkeit" liegt inzwischen vor. Wir empfehlen eine Fortführung dieser Untersuchung mit dem Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt „Andere Entsorgungstechniken", der auch aufgegriffen worden ist und sich in der Realisierung befindet. Bis Mitte der 80er Jahre sollten dann die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen vorliegen, um auch über endgültige Entsorgungstechniken und mögliche Alternativen zu entscheiden. Das bedeutet jedoch nicht, daß bis dahin alle anderen inzwischen weiter
fortgeschrittenen Aktivitäten in der Entsorgung angehalten werden können. Diese sind auch nach den Vorstellungen der Kommission intensiver fortzusetzen. In erster Linie müssen die Untersuchungen am Endlagerstandort Gorleben fortgesetzt werden. Es wird jedoch weiter empfohlen, bereits jetzt alle erforderlichen Maßnahmen vorzubereiten, um auch noch andere Standorte zunächst durch oberirdische Erkundungen zu untersuchen.
Des weiteren hat sich die Kommission für den Bau und den Betrieb einer Wiederaufarbeitungsanlage ausgesprochen, deren Größenordnung sich am Erfordernis der technologischen Entwicklung orientieren soll, um die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit aller für eine großtechnische Anlage notwendigen Kompenenten demonstrieren zu können und keinen technologischen Fadenriß eintreten zu lassen.
Es sind nun praktische Erfahrungen in Planung, Genehmigung, Bau und Betrieb einer im technischen Maßstab errichteten Wiederaufarbeitungslage notwendig. Die Kommission konnte und wollte ausdrücklich keine quantitativen Angaben über die Kapazität einer derartigen Demonstrationsanlage machen und hatte dazu einvernehmlich empfohlen, ein Gutachten darüber herstellen zu lassen.
Einige Kommissionsmitglieder, zu denen auch ich gehörte, hatten in einer Fußnote zum Ausdruck gebracht, daß sie ein paralleles Gutachten und eine Beteiligung von fachlich qualifizierten Personen mit skeptischer Einstellung zur Wiederaufarbeitung für hilfreich gehalten hätten, im Interesse eines Konsenses in der Kommission aber auf die Übernahme ihrer Position in den Bericht verzichteten.
Auf Beschluß des Ausschusses für Forschung und Technologie hat die Bundesregierung ein solches Gutachten in Auftrag gegeben, und der Ausschuß ist nun der Auffassung, daß das Gutachten seinen Erwartungen und den Aussagen und Kriterien der Enquete-Kommission entspricht. Es muß festgestellt werden, daß in einer Größenordnung von 300 bis 400 Jahrestonnen Nennkapazität keine Festlegung auf eine Kernenergiepolitik mit verstärktem Ausbau und Einstieg in eine Brütergeneration nach der Logik Kernenergie II erfolgt.
({13})
Die Kapazität einer solchen Anlage allein reicht im Jahre 1993/94 - früher kann überhaupt keine Anlage in Betrieb gehen - voraussichtlich nicht aus, die dann vermutlich in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke zu entsorgen, und sie wird in der zu erwartenden Konzeption nicht geeignet sein, Brüterelemente aufzuarbeiten, um auch hier gleich dem Plutoniumargument entgegenzuhalten. Der Forschungsausschuß hat die Empfehlung der Enquete-Kommission also in politisches Handeln umgesetzt und sieht gerade zur Erfüllung der Empfehlung der Kommission zum Entsorgungsnachweis die Not- wendigkeit, daß daraus nun auch praktisches Handeln wird und eine Anlage in einer Größenordnung, wie sie im Lande Hessen verfolgt wird, zügig realisiert werden kann.
Im übrigen möchte ich feststellen, daß die Kornmission eine Begutachtung und eine daran orientierte Größe nicht aus Sicherheitsgründen, sondern im Hinblick auf die Logik Kernenergie I und II verlangt hat. Die Kommission war der Meinung, wenn eine Anlage mit 150/200 Tonnen Kapazität sicherheitstechnisch vertretbar sei, dann müsse es auch eine mit 300 Jahrestonnen sein. Was soll also jetzt eine erneute Auseinandersetzung, wenn grundsätzliche Übereinstimmung bezüglich der Notwendigkeit besteht, die Entsorgung zu sichern und die großtechnische Nutzung bei einem notwendigen Übergang auf die Kernenergie II offenzuhalten?
({14})
Nun noch ein Wort zur Brüterentscheidung. Die Kommission konnte in der 8. Legislaturperiode nicht den gesamten Aufgabenkatalog des Einsetzungsbeschlusses aufarbeiten. Insbesondere sah sie sich nicht in der Lage, die Aufgabe zu erfüllen, die wesentlich für ihre Einsetzung überhaupt war, nämlich dem Parlament eine Empfehlung für eine Entscheidung über die Inbetriebnahme des Schnellen Brüters SNR 300 in Kalkar und über die kommerzielle Nutzung der Brütertechnik überhaupt zu geben. Die Kommission akzeptierte forschungspolitisch die Entwicklung der Brütertechnologie. Sie empfahl jedoch, vor einer endgültigen Stellungnahme zwei Studien in Auftrag zu geben, erstens eine Literaturauswertung über die Obergrenze der Energiefreisetzung als Auswirkung von Bethe-Tait-Störfällen, zweitens eine risikoorientierte Studie zum Vergleich des SNR 300 mit einem Druckwasserreaktor moderner Bauart. Die Kommission legte u. a. Wert darauf, daß bei der Vergabe dieser Studien folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden sollten: erstens fachliche Qualifikation der Bearbeiter, zweitens Beteiligung von Wissenschaftlern auch mit unterschiedlichen Meinungen zum Brüter, drittens Einbeziehung von Wissenschaftlern, die den internationalen Wissensfundus einzubringen vermögen.
Auf Beschluß des Forschungsausschusses hat die Bundesregierung diese Studien in Auftrag gegeben. Nach dem derzeitigen Sachstand muß zumindest der Zweifel angemeldet werden, ob die oben genannten Gesichtspunkte insgesamt beachtet wurden. Darüber hinaus müssen Terminverschiebungen für die Vorlage der Berichte befürchtet werden, die eine rechtzeitige Beschlußfassung des Parlaments im Hinblick auf die derzeitige finanzielle Situation bei der Finanzierung des SNR 300 in Frage stellen könnten.
Die Frage steht heute aktuell im Raum, nach welchen Modalitäten eine weitere Finanzierung gesichert werden kann bzw. welche finanziellen Lasten und welche internationalen Folgen auf die Bundesregierung bei einem Ausstieg aus diesem Projekt zulaufen.
Deshalb erscheint es mir dringend erforderlich, so bald wie möglich zu einem Parlamentsentscheid zu kommen.
({15})
Zum Genehmigungsvorbehalt muß möglichst bald eine Entscheidung fallen - so oder so.
({16})
Ich stelle abschließend fest, daß die Empfehlungen der Enquete-Kommission an den Deutschen Bundestag inzwischen nach Meinung des federführenden Ausschusses und der mitberatenden Ausschüsse auf Grund von Sachstandsberichten der Bundesregierung zu einem großen Teil bereits umgesetzt und die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet wurden, zum andern weitgehend in der vorliegenden Beschlußempfehlung in Aufträge an die Bundesregierung einbezogen wurden.
Was die in den Bericht aufgenommenen Empfehlungen betrifft, möchte ich dem Zahlenbeispiel des Kollegen Gerstein nicht folgen. Hier kommt es ja auf die Substanz der Empfehlungen an, nicht auf das Quantum und die Zahl. Herr Gerstein, ich hoffe, wir sind uns da einig: Man zähle nicht die Stimmen, man wäge sie!
({17})
- Ja, für die FDP ist das besonders wichtig.
({18})
Nur wenige der in den Bericht der Kommission aufgenommenen Empfehlungen konnten unter Abwägung gegen andere politische Aufgaben und Bedingungen nur modifiziert oder nicht aufgenommen werden, ohne daß, wie ich meine, dadurch der Zusammenhang und die Tendenz des Berichts wesentlich, wenn überhaupt, verändert wurden.
({19})
Meine Fraktion drückt die Erwartung aus, daß die Beschlußempfehlung von allen Beteiligten auf allen Ebenen akzeptiert und realisiert wird und daß dann mehr Einverständnis und mehr sachliche Beurteilungsfähigkeit und mehr Beurteilungsbereitschaft für die notwendigen energiepolitischen Entscheidungen herbeigeführt werden können. - Ich bedanke mich.
({20})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelsberger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn einen Satz aufgreifen, den der Kollege Catenhusen in seiner Rede vorgetragen hat, und von dem ich glaube, daß er es wert ist, hier noch einmal erörtert zu werden. Herr Catenhusen, Sie haben gesagt, der Einsatz der Kernenergie sei eine Frage des Dialogs und nicht eine Frage der Mehrheitsverhältnisse.
({0})
- Nicht nur der Mehrheitsverhältnisse.
Wir wissen durch Meinungsumfragen, daß sich in der Bundesrepublik Deutschland über zwei Drittel unserer Bundesbürger für den Einsatz der Kernenergie ausgesprochen haben. Ich nehme auch von Ihnen, Herr Dr. Steger, an, daß Sie Demokrat sind und daß Sie sich einem demokratischen Mehrheitsvotum beugen werden.
Die zweite Frage, die ich hiermit beantworten möchte, ist die: -
Herr Abgeordneter, bevor Sie zur zweiten Frage kommen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte. Ich habe zwar nur beschränkte Redezeit, Herr Präsident.
Bitte.
Herr Engelsberger, ist Ihnen bekannt, daß der niedersächsische Ministerpräsident Albrecht sich bei seiner Entscheidung, das integrierte Entsorgungszentrum in Gorleben nicht zu realisieren, sich genau von der Formulierung hat leiten lassen, die Herr Catenhusen hier gebraucht hat?
Herr Kollege Steger, Sie verdrehen die Tatsachen. Herr Ministerpräsident Albrecht ist davon ausgegangen, daß eine Wiederaufarbeitungs- und Endlagerungsanlage nur im breiten Konsens aller im Parlament vertretenen Parteien durchzusetzen ist. Deshalb hat er auch die Stimmen der SPD gefordert, die sich bei der Abstimmung über diesen seinen Vorschlag der Stimme enthalten hat.
({0})
Herr Abgeordneter Engelsberger, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, und zwar des Herrn Abgeordneten Catenhusen?
Herr Präsident, ich habe nur eine Redezeit von 15 Minuten und komme mit meinem vorgesehenen Text sowieso nicht zu Rande.
Es ist Ihr gutes Recht, eine Zwischenfrage abzulehnen.
Herr Catenhusen, ich möchte nur sagen: Die Zeit zum Handeln für den Einsatz der Kernenergie ist endlich gekommen. Es ist bereits genug darüber geredet worden.
({0})
Nun zum Kollegen Laermann; ich sehe ihn im Augenblick nicht. Er hat bei seinen Ausführungen in breiten Bereichen die Zustimmung auch der Union erhalten. Nur, meine Damen und Herren von der FDP, wenn ich sehe, daß die FDP den Bundeswirtschaftsminister stellt, der für die Energieversorgung in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich ist, und daß wir bei 9 000 Megawatt Kernenergie hängen geblieben sind, dann muß ich an Herrn Laermann und an Sie die Frage richten, wo denn die Umsetzung seiner Aussagen in der Praxis, in der Politik erfolgt?
({1})
In dem Minderheitsvotum - sonst läuft mir die Zeit davon, wenn ich noch auf Zwischenfragen eingehe -, zum Bericht der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" heißt es:
Im Gegensatz zu einem anderen Teil der Kommission sind wir der Ansicht, daß die politischen und energiepolitischen Ereignisse der letzten Monate unsere Mahnung zu raschem politischem Handeln zur langfristigen Sicherung unserer Energieversorgung eindringlich bestätigt haben. Deshalb können wir eine Fortsetzung der Arbeit der Enquete-Kommission nicht empfehlen.
Meine Damen und Herren, hierin bringt die Minderheit der Kommission die Überzeugung zum Ausdruck, daß es dringend erforderlich geworden ist, nunmehr im Hinblick auf die immer prekärer werdende energiepolitische Situation zu handeln und nicht durch die Einsetzung einer weiteren Kommission die Entscheidungen zu verschieben.
({2})
Das Mehrheitsvotum der Enquete-Kommission hat gefordert, daß etwa im Jahre 1990 die endgültige Entscheidung fallen soll, ob die Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland endgültig eingesetzt werden soll oder nicht.
Meine Damen und Herren, wer glaubt, weiterhin ein knappes Jahrzehnt abwarten 2,u können, bis er grünes Licht für den Einsatz der Kernenergie gibt, bringt damit zum Ausdruck, daß er nicht über die notwendigen Einsichten und die Fähigkeit verfügt, die Energiesicherung in unserem Lande rechtzeitig zur Abwendung von unübersehbarem Schaden für unser Land und unser Volk durchzusetzen.
({3})
Wenn wir davon ausgehen, daß Planung und Bauzeit für Kernkraftwerke weitere zehn Jahre in Anspruch nehmen, dann würde die Entscheidung im Sinne des Mehrheitsvotums bedeuten, daß rund bis zum Jahre 2 000 der endgültige Einsatz der Kernenergie in der Bundesrepublik vertagt werden würde, und das ist inakzeptabel.
Die dringenden Erfordernisse unserer Zeit, insbesondere auch im Hinblick auf die hinter uns liegenden beiden Ölkrisen, erfordern rasches Handeln und klare Entscheidung. Eine sachbezogene, nüchterne Einschätzung der energiepolitischen Situation ohne emotionelle und ideologische Scheuklappen auch im Hinblick auf das zu Recht bestehende Sicherheitsbedürfnis ist dringend erforderlich. Die Möglichkeit, daß wir in unserem Lande nicht mehr genügend oder zu teure Energie zur Verfügung haben, birgt ungeheure Gefahren im Hinblick auf die Aufrechterhaltung und Sicherung der Konkurrenzfähigkeit
und damit der Arbeitsplätze in unserem Lande in sich.
({4})
Der hohe Lebensstandard, die hohen Durchschnittseinkommen und das dicht geknüpfte Netz der sozialen Sicherung in unserem Lande lassen sich nicht aufrechterhalten, wenn eine unentschlossene, zaghafte Energiepolitik, wie sie im letzten Jahrzehnt betrieben worden ist, in gleicher Weise bis zum Jahre 1990 fortgesetzt werden sollte.
({5})
Schon jetzt zeigen Preisvergleiche mit den mit uns konkurrierenden Ländern, daß die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf das Energiepreisniveau bei elektrischem Strom eine Spitzenstellung einnimmt, und es zeigt sich, da Energie ein Grundbestandteil jeder Produktion ist, daß auch in bezug auf den internationalen Wettbewerb die Bundesrepublik weiter ins Hintertreffen kommen kann. Das Eintreten der Gewerkschaften für den Einsatz von Kernenergie zeigt, daß man hier verantwortungsbewußt ist und die Zeichen der Zeit erkannt hat.
Meine Damen und Herren, in der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung heißt es, daß alle Energieträger einschließlich der Kernenergie angemessen genutzt werden müssen. Allerdings liegt in dem Wort „angemessen" genau die Unschärfe, aus der sich jede Gruppe - sowohl Befürworter wie Gegner der Kernenergie -das herausinterpretieren kann, was sie gerade für sich nützlich findet.
({6})
Der erste Vorsitzende der Enquete-Kommission unser früherer Kollege Reinhard Ueberhorst, erklärte mit Blick auf die Dritte Fortschreibung des Energieprogramms, die Bundesregierung müsse hierbei die Empfehlungen der Enquete-Kommission „Künftige Kernenergie-Politik" entweder widerlegen oder umsetzen. Meine Damen und Herren, ich finde es erfreulich, daß die Bundesregierung weder das eine noch das andere getan hat.
({7})
Was in der jetzt vorliegenden Dritten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung als ein Hoffnungsschimmer für den Einsatz der Kernenergie zu werten war, muß erneut in Frage gestellt werden, wenn man liest, was die SPD-Fraktionsvorsitzenden aus Bund und Ländern auf ihrer letzten Konferenz in Berlin beschlossen haben. Ich nehme an, daß Sie, Herr Wehner, dabei waren.
({8})
Sie kritisierten die Dritte Fortschreibung des Energieprogramms und erklärten, sie stimme mit den bisherigen Festlegungen der Energiepolitik der SPD nicht überein. So sei die Absicht, weiter für den Vorrang der Kohle einzutreten, aufgegeben worden. Statt des Vorhabens, Kernenergie nur zur Deckung des Restbedarfs an Energie heranzuziehen, werde nun ein forcierter Kernenergieausbau geplant.
Die Empfehlung der SPD-Fraktionschefs an die SPD-Bundestagsfraktion, diese Divergenzen bei der Behandlung der Fortschreibung aufzugreifen und sorgfältig zu erörtern, ist eine Aufforderung zur Korrektur des Energieprogramms der Bundesregierung.
({9})
Die gleiche Aufforderung zur Korrektur des Energieprogramms hat die schleswig-holsteinische SPD zusammen mit allen SPD-Bundestagsabgeordneten aus Schleswig-Holstein an die Bundesregierung und die SPD-Fraktion gerichtet.
Herr Kollege Steger, auf Ihren Zwischenruf möchte ich sagen: Hier zeigt sich wieder die Divergenz zwischen der Regierung und der SPD-Bundestagsfraktion und vor allen Dingen den einzelnen Landesgruppen und Landesverbänden der SPD sehr deutlich.
({10})
- Ich bedaure, Herr Dr. Steger; ich glaube, ich habe nur noch fünf Minuten Redezeit. Da ist es nicht möglich, Ihre Fragen weiter zu behandeln.
Man muß wiederum wie in den vergangenen Jahren davon ausgehen, daß das Energieprogramm der Bundesregierung keine praktische Bedeutung hat, weil es von der SPD dort, wo es zählt, nämlich in den Bundesländern, nicht mitgetragen wird.
Die Energiewirtschaft braucht klare Entscheidungen zugunsten der Kernenergie um wirtschaftliche Stabilität und Vollbeschäftigung zurückzugewinnen. Die hohe, immer noch wachsende Arbeitslosigkeit ist eine unmittelbare Folge der fatalen energiepolitischen Versäumnisse der SPD und der FDP und der von ihnen geführten Bundesregierung. Darum ist im Grunde die richtige Politik der Bundesregierung „Weg vom 01!" nicht durchschlagend genug verfolgt worden.
({11})
Daraus resultiert in hohem Maße das Leistungsbilanzdefizit der Bundesrepublik Deutschland, das im Jahr 1980 etwa 30 Milliarden DM betrug und in diesem Jahr etwa 25 Milliarden DM beträgt. Die deutsche Öleinfuhrrechnung hat in den ersten neun Monaten dieses Jahres eine Verteuerung um 16 % gebracht, obwohl die Mineralöleinfuhren um 18 % zurückgegangen sind. Das heißt, daß trotz der Einsparerfolge und des rückläufigen Ölverbrauchs immer mehr Devisen für den Kauf des Mineralöls aufgewandt werden, und zwar zu Lasten unserer Zahlungsbilanz.
Der Mineralölverbrauch in der Bundesrepublik Deutschland wird nach einem Bericht der Fachzeitschrift „Öl" ir diesem Jahr gegenüber 1980 erneut um 11 % auf knapp 115 Millionen t zurückgehen. Gegenüber 1979 wird der bundesdeutsche Ölverbrauchsrückgang dann bereits ein knappes Fünftel betragen. Der Ölanteil am gesamten EnergieverEngelsberger
brauch der Bundesrepublik wird mit rund 45 % den niedrigsten Stand seit 15 Jahren erreichen.
({12})
- Ich werde gleich darauf zurückkommen, meine Damen und Herren.
Das Bundesministerium für Wirtschaft schätzt, daß die Reduzierung des Ölverbrauchs um 30 Millionen t in nur zwei Jahren zu 70 % auf strukturellen Wandel
({13})
- das ist eine gute Sache -, also auf Einspar- und Substitutionsprozesse, und zu etwa 30 % auf die abgeschwächte Konjunktur zurückzuführen ist. Und hier ist schon wieder etwas Wasser in den Wein gegossen worden, Herr Dr. Steger. Es ist nicht alles Einspareffekt, sondern es ist der Ausfluß der Beschäftigungspolitik der Bundesregierung, wodurch wir jetzt bei 1,6 Millionen Arbeitslosen stehen.
({14})
Daß die Einsparungseffekte nicht in diesem Tempo weitergehen können und daß man hier sehr schnell an die Grenzen der Möglichkeiten stößt, zeigen die Schätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums für die zukünftige Entwicklung. Bis zum Jahr 2000, also in rund 18 Jahren, soll danach der bundesdeutsche Mineralölkonsum von derzeit 115 auf 100 Millionen Tonnen zurückgeführt werden. Das heißt, daß künftig die Einsparmöglichkeiten pro Jahr nur noch weniger als ein Zehntel der Einsparmöglichkeiten in den letzten beiden Jahren ausmachen werden.
({15})
Diese Entwickung der Einsparmöglichkeiten und die oftmals überzogenen Erwartungen an die Einspareffekte liegen darin begründet, daß Sparmöglichkeiten vielfach einmalig sind und sich nicht beliebig wiederholen lassen.
({16})
Energieeinsparen ist sinnvoll und notwendig. Steht aber die notwendige Energie nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung, um die Lebensfunktionen der Menschen und der Wirtschaft zu erhalten, wird das Sozialprodukt rückläufig, wird die Ertragskraft schwächer und wird der Lebensstandard eines Volkes in einer nicht mehr zu akzeptierenden Weise absinken mit allen negativen Auswirkungen auf Beschäftigung und soziale Sicherheit.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß der Marktmechanismus über die Energiepreise am besten den Sparprozeß in Gang setzt. Dieser Erkenntnis konnte sich auch die Bundesregierung in der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms nicht verschließen. Sie hat daher von den 62 Sparvorschlägen der Enquete-Kommission, auf die Herr
Kollege Gerstein näher eingegangen ist, keinen einzigen dirigistischen Vorschlag übernommen.
({17})
Staatliche Politik soll und kann die vom Markt bewirkten Sparprozesse allenfalls flankieren und unterstützen. Staatlichen Dirigismus lehnen wir ab.
({18})
Der grundlegende Zusammenhang zwischen Energieverbrauch einerseits und Wirtschaftswachstum - sprich: Lebensstandard - andererseits setzt dem Energiesparen Grenzen. Zu dem Ausbau der Versorgungskapazitäten gibt es keine Alternativen. Einmal ist durch den notwendigen strukturellen Wandel in der Energieerzeugung das Gewicht in der Grundlast auf die Kernenergie, im Mittellastbereich auf die Kohle zu legen. Die erwünschte Vergasung der Braunkohle läßt ebenfalls einen vermehrten Einsatz der Kernenergie im Grundlastbereich zur Substitution der für den Vergasungsprozeß benötigten Braunkohle zu.
Herr Präsident, ich sehe das rote Licht und werde versuchen, zum Ende zu kommen.
Nein, Herr Abgeordneter. Mir wurde gesagt, die CDU/CSU habe noch zwei Minuten Reserven. Die können Sie ausschöpfen.
Ich bin dankbar dafür.
({0})
Diese „Reserven" waren auf den Redner bezogen.
Das verlangsamte Wirtschaftswachstum hat in der Bundesrepublik zu einer reduzierten Elektrizitätsnachfrage geführt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Bundesrepublik sozusagen auf einem Berg von ungenutzter Kraftwerkskapazität sitzt, sondern nur, daß wir etwas Zeit gewonnen haben.
({0})
Das Problem, wie das künftige Wachstum des Elektrizitätsverbrauchs gedeckt werden soll, bleibt; es hat sich nur zeitlich und quantitativ verschoben.
Meine Damen und Herren, für die Elektrizitätserzeugung kommen nach gegenwärtigem technologischem Stand praktisch nur Öl, Gas, Steinkohle, Braunkohle, Wasserkraft und Kernenergie in Betracht. Gas und insbesondere Öl sollten dabei prinzipiell ausscheiden, da es das gemeinsame Ziel der Industrieländer ist und bleiben muß, diese geringer werdenden Ressourcen für die Bereiche zu reservieren, in denen Öl und Gas nicht oder nur sehr schwer durch andere Energieträger zu ersetzen sind. Wir haben alle erlebt, welch kritische wirtschaftliche Entwicklungen durch eine auch nur kurzfristige Unterbrechung der Ölversorgung ausgelöst werden können, und wir sollten aus diesen Erfahrungen lernen.
Es bleiben damit nur Kohle und Kernenergie übrig, wobei weltweit die Einsatzfähigkeit der Kohle sowohl aus Umwelt- wie aus Kostengründen begrenzt bleibt. Die Regierungen der wichtigsten westlichen Industrieländer, aber auch der Entwicklungsländer, und die Ostblockstaaten haben erkannt, daß ohne Weiterentwicklung der Kernenergie und ohne ihren Einsatz eine nachhaltige Krise unserer Energieversorgung unvermeidbar wäre.
({1})
- Hier wären die Russen für uns zum erstenmal Vorbild, Herr Catenhusen. Deshalb zitiere ich den sowjetischen Umwelt- und Energieminister, Izrael, der im November auf einer Tagung in München folgendes erklärt hat - nach diesem Zitat werde ich zum Schluß kommen -: Die Sowjetunion importiere mit den Luftströmen aus Westeuropa in den nördlichen Teil Rußlands jährlich zwischen 5 und 10 Millionen Tonnen dieses besonders für Wälder gefährlichen Abgases aus der Verbrennung von Kohle und Ö1. Aber sie exportiere nur 2 Millionen Tonnen. Deshalb solle der Ausbau der Kernenergie als einer Politik zugunsten der Umwelt fortgesetzt werden. Die Energieerzeugung mit Atomkraftwerken lasse 10 000mal weniger Abfälle entstehen als mit fossilen Brennstoffen. Die Sowjetunion setze auf Kern- und Wasserenergie in ihrem europäischen Teil.
Und weiter: Von Reaktorunfällen wisse er nichts. Die Berichte in der westlichen Presse kenne er nicht. Die sowjetischen Kernkraftwerke seien hunderprozentig sicher.
({2})
Und da stellen Sie die Frage, ob die Deutschen, die in der technologischen Entwicklung viel weiter sind - unser Sicherheitsstandard ist viel besser -, Kernkraftwerke einsetzen sollen!
Auf die Frage, was von der Reaktorsicherheitsdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland zu halten sei, sagte Izrael: Die Debatte über das Problem sei nötig, jedoch müsse sie auf gutem wissenschaftlichen Niveau geführt werden. Izrael wurde gefragt, wie er die Atompolitik der Sowjetunion einschätze, wo doch in der Bundesrepublik die DKP und andere kommunistische Gruppen gegen Kernkraftwerke seien, weil mit ihnen die besitzende Klasse die armen Leute ausbeute. Hierauf antwortete der Minister: Technischer Fortschritt sei zunächst einmal gut. Die Frage des Klassenkampfes sei davon zu trennen. - Hier kommt deutlich zum Ausdruck, daß der Kampf gegen die Kernenergie ein Mittel des Klassenkampfes in der Bundesrepublik Deutschland ist.
({3})
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß.
({4})
Alle Aussagen, national wie international, zeigen,
daß wir alle Energieträger sinnvoll einsetzen müssen, daß aber vor allem der Zubau von Kernenergie
im Grundlastbereich unverzichtbar ist. Die Entwicklung der letzten Monate zeigt, daß das Votum der Minderheitengruppe in der Enquete-Kommission aktueller denn je ist. Wer glaubt, zu Beginn der 80er Jahre die Entscheidung für oder gegen Kernenergie auf das Jahr 1990 vertagen zu können, begeht einen energiepolitisch schweren Fehler und verhält sich hinsichtlich der politischen Entscheidungsnotwendigkeit unverantwortlich. - Ich danke Ihnen.
({5})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Reuschenbach.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Zwischenbericht der Enquete-Kommission ist inzwischen an Tagen so alt, wie er an Seiten lang ist. Ich finde, wenn das Parlament fortfährt, fällige Beratungen so auf die lange Bank zu schieben, wird das Interesse an seinen Beratungen nicht stärker, sondern eher abnehmen.
({0})
Aber daraus ergibt sich vielleicht auch die Neigung - der der Kollege Engelsberger erlegen ist -, sich weniger mit dem Tagesordnungspunkt, sich weniger mit dem Bericht als mit der Dritten Fortschreibung zu befassen, was ich ihm nicht übelnehme. Das Wenige, was er zum Zwischenbericht gesagt hat, zeugte leider Gottes von geringer Sachkenntnis und war überwiegend von Allgemeinplätzen geprägt.
({1})
Je nach Psyche des Betrachters ist in den Beratungen der Enquete-Kommission Kernenergie und in den nachfolgenden Erörterungen der Ausschüsse des Bundestages eigentlich ein kleines oder ein großes Wunder geschehen. Zwar hat es formal und verbal Mehrheits- und Minderheitsvoten gegeben, aber in den Hauptpunkten hat weitgehend Übereinstimmung geherrscht. Wenn die Schlußberatungen der Enquete-Kommission nicht in das Wahljahr 1980 gefallen wären - mit den diversen Profilierungsbemühungen -, hätte es auch in der Form noch mehr Einmütigkeit gegeben.
Es ist festzustellen: In den für die künftige friedliche Nutzung wichtigen Kernfragen hat es in der Kommission und größtenteils in den Ausschüssen im Gegensatz zu den ursprünglich verschiedenen Positionen - von den Fortschritts- und Technologiegläubigsten bis hin zu den vorsichtigen Bewahrern einer soweit wie möglich „heilen, kernenergielosen Vergangenheit" - dann doch noch eine nahezu nahtlose Übereinstimmung gegeben. Denn alle haben sich dafür ausgesprochen, daß größte Anstrengungen zu machen sind, um mit Energie sparsam und rationell umzugehen, daß die heimischen Ressourcen optimal genutzt werden sollen, daß Verzicht auf Kernenergie nicht möglich ist, daß bedarf s-gerechter Zubau aus versorgungs- und industriepolitischen Gründen erforderlich ist, daß WiederaufarReuschenbach
beitung als nächster Schritt demonstriert und verwirklicht werden soll, daß Zwischenlager gebaut werden müssen, daß rückholbare Endlagerung ernsthaft und bald geprüft und daß ein Endlager gebaut werden muß. Das sind die Hauptsachen, und in diesen Hauptsachen hat es überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten gegeben. Das Drum und Dran von Ranken hat der eine oder andere genutzt, um die Übereinstimmung in den Hauptsachen zu verschleiern, und das ist eigentlich schade.
Es wäre gut, wenn keiner von denen, die diese Übereinstimmungen erarbeitet und herbeigeführt haben, daß Ergebnis nun wieder zerredete. Dazu zählt auch, sich nicht zum Zwecke des Anfachens von überflüssigem Streit Begriffe und Auslegungen um die Ohren zu schlagen: z. B. die überflüssige Kritik an dem Begriff „Restbedarf Kernenergie", der auch hier wieder eine Rolle gespielt hat. Wenn sich alle darüber einig sind - und Sie sagen das ja auch alle -, daß die Kohle, die im Vertrag zwischen der E-Wirtschaft und dem Steinkohlenbergbau festgelegt worden ist, genutzt wird, um Strom zu erzeugen, wenn sich alle darüber einig sind, daß so wenig wie möglich - nach Möglichkeit noch weniger als heute - Ö1 zur Stromerzeugung verwandt wird, wenn sich alle darüber einig sind, daß so wenig wie möglich Erdgas - und bei den Preisen ist das ja fast ein Selbstläufer - benutzt wird, um Strom zu erzeugen, dann bleibt unter dem Strich übrig, daß ein bedarfsgerechter Zubau von Kernkraftkapazität das, was dann noch erforderlich ist, zu decken hat. Der eine nennt das „Restbedarf", der andere nennt das „bedarfsgerecht", und der Dritte nennt das „das Notwendige". Laßt uns doch nicht um solche Worte streiten! In der Sache ist Einigkeit.
({2})
Natürlich ist damit noch nicht die Frage geklärt: Was ist denn nun der Bedarf? Angesichts der Unsicherheit von Prognosen ist es auch schwierig das festzustellen. Aber auch darüber hat es Einmütigkeit gegeben in der Enquete-Kommission und in den Ausschüssen, nämlich - ich zitiere - „daß über wesentliche Bestimmungsgrößen und Entwicklung des künftigen Energiebedarfs Unsicherheit besteht".
({3})
Hier hat man sich wechselseitig eingeräumt, daß man nicht so weise ist zu wissen, was im Jahre 1990 oder im Jahre 2000 an Bedarf insgesamt, an Dekkungsmöglichkeiten, an Einsparerfolgen usw. vorliegt.
({4})
Diese Lage des Jahres 1990 oder 2000 hängt doch davon ab: Wie erfolgreich ist man mit Energiesparen? Wie ist der Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung?
Jetzt will ich mal eine Klammer machen: Sie sollten sich schämen, eine Zahl von 1,6 Millionen Arbeitslosen mit Applaus zu bedenken. Dieses hämische Dabeistehen und händereibend zuzusehen, wie unsere Volkswirtschaft in eine schwierige Situation
geraten ist, nur zum Zwecke des parteipolitischen Streits, ist schäbig!
({5})
Der Bedarf ist eine permanent einzuschätzende Größe, wie Weihnachten alle Jahre wieder. Außerdem ist es nicht die Zuständigkeit der Bundesregierung oder des Bundestages, das Volumen des Zubaus von Kapazität zu bestimmen. Es ist doch Quatsch, wenn gelegentlich gesagt wird: Jetzt muß hier entschieden werden, daß zugebaut wird. Sie wissen genau, daß der Deutsche Bundestag, daß die Bundesregierung überhaupt keine Zuständigkeit für die Genehmigung von Anträgen auf Kernkraftwerke hat. Wer da Beanstandungen hat, der soll sich an die Landesregierungen wenden. Es liegt nach dem Energiewirtschaftsgesetz in der Zuständigkeit der Elektrizitätsversorgungsunternehmen und der Landesregierungen, Anträge zu stellen und zu bescheiden; es ist nicht Sache der Bundesregierung, dieses zu tun. Das würden Sie als erste als Einschränkung der föderativen Zuständigkeit kritisieren.
Herr Abgeordneter Reuschenbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Probst?
Nein, Herr Probst, lassen Sie es sein; ich müßte das sowieso zurückweisen.
({0})
Zweitens. Wer sich über das zu geringe Tempo beschwert, der muß sich ebenfalls in den Landeshauptstädten tummeln. Die Genehmigungsverfahren in Baden-Württemberg sind nicht schneller als in Hessen. Was soll also dann der parteipolitische Streit?
({1})
Hier wird von Ihren Kollegen gesagt: Wiederaufarbeitung ist das Allerwichtigste. Wer ist denn in dem Punkt der Entschlossenste - er wird von manchen meiner Freunde sogar kritisiert -, um diese erste Wiederaufarbeitungsanlage zu erreichen? Das ist doch nicht irgendein christdemokratischer Ministerpräsident, es ist ein sozialdemokratischer.
({2})
Er bemüht sich darum, den schweren Fehler, den schweren Rückschlag, den Albrecht mit seinem Nein zum integrierten Entsorgungszentrum herbeigeführt hat, auszubügeln und auszugleichen.
({3})
Die Tapferkeit liegt nicht bei Ihnen, - wohl beim Reden, nicht beim Handeln.
({4})
- Trost gehört dazu. Sie sind doch als Politiker durchaus in der Lage zu erkennen, daß Trost, insbesondere ein christlich-demokratischer, dazugehört. Es ist auch völlig überflüssig, den Streit über Ausstieg oder Option oder Offenhalten - erst im Jahre 1990 wollen da irgendwelche Leute entscheiden - weiterzuführen.
({5})
Wer - wie soeben Herr Engelsberger - meint, die Sozialdemokraten oder die Mehrheit der Kommission hätte gesagt, bis 1990 bleibe alles beim alten - Ruhe, Friedhof -, und erst dann werde über Kernenergie entschieden, der ist doch ein Ignorant,
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der belügt sich und andere, der täuscht sich und die Öffentlichkeit.
Es bestand Einmütigkeit - ich zitiere wieder -, „daß es geboten sei, alle Energiequellen zu nutzen und die dafür benötigten Techniken zu entwickeln". Ferner bestand Einmütigkeit, daß auf absehbare Zeit kein Verzicht auf Kernenergie möglich sei. „Bedarfsgerechter Zubau", hieß es. Was Sie täuschend und verzerrend - wir würden erst 1990 entscheiden - immer wieder darstellen, ist ein völlig anderer Sachverhalt. Dieser Sachverhalt ist dann in der Tat von der Mehrheit formuliert worden. Er lautet:
Es erscheint vernünftig, die grundsätzliche Entscheidung für einen dieser beiden Wege
- entweder Leichtwasserreaktoren, so wie bisher, oder vielleicht auch einmal ohne Kernenergie oder aber Großtechnologiebrüter zu dem Zeitpunkt zu treffen, an dem die Unsicherheiten darüber beseitigt sind, ob die Voraussetzungen eines Verzichts auf Kernenergie sich einstellen oder nicht.
Also, meine Herrschaften, wenn Unsicherheiten bestehen, dann ist diese Entscheidung nicht möglich, aber wenn alle Unsicherheiten beseitigt sind, wenn völlig klar ist, daß man mit dem, was man an Erzeugungsanlagen hat, auskommt, dann wäre es doch unvernünftig, Kapazitäten auf Halde zu legen.
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- Mein lieber Herr Probst, bei der Mehrheit waren die Professoren Birkhofer, Häfele, Knizia, Schaefer und der DGB-Vertreter Alois Pfeiffer. Wenn Sie denen so entgegentreten, wie Sie es jetzt tun, dann unterstellen Sie, diese Leute - ich meine, Reuschenbach, Ueberhorst und Schäfer brauchen Sie j a gar nicht so ernst zu nehmen -,
({8})
seien Hasardeure. Häfele, Knizia, Schaefer und
Birkhofer haben diesen Mehrheitsbeschluß mitgetragen. Sie können doch nicht behaupten, daß diese
Leute eine Einschätzung vornehmen, die zu einem abenteuerlichen Weg führt.
Ich halte es auch für einen Teil dieses überflüssigen Katalogs von Streitpunkten, daß innerhalb und außerhalb der Enquete-Kommission eine rückwärts-gewandte Rechthaberei über die Behandlung der Größenordnung einer Wiederaufarbeitungsanlage kultiviert wird. Denn wer meint, daß Gutachten über eine angemessene Größenordnung nicht so auf den Weg gebracht worden seien, wie es im Zwischenbericht empfohlen worden ist, der kann sich an dem früheren Forschungsminister reiben. Er kann auch die mit breiter Mehrheit in dem Ausschuß für Wirtschaft und in dem Ausschuß für Forschung und Technologie beschlossenen freundlichen Voten zum Gutachten Professor Häfeles monieren. Aber ganz klar ist, daß die Größenordnung einer Wiederaufarbeitungsanlage nicht zum Auftrag der derzeitigen Enquete-Kommission gehört. Der Versuch, das Thema dennoch wiedereinzuführen, müßte die Zusammenarbeit dort schwer belasten. Wir haben eine Demonstrationsanlage befürwortet. Wir können und wollen die zuständigen Genehmigungsbehörden weder ersetzen noch präjudizieren. Die Größenordnung ist dort festzulegen.
In eine andere Richtung zielte die Bitte, sich nicht mit Rankenwerk den Blick für die Hauptsache verstellen zu lassen. Das Höchstmaß an Anstrengungen zu sparsamem Umgang mit Energie bedeutet nicht schon automatisch die Ausschöpfung der technischen Einsparmöglichkeiten. Wer diese technisch möglichen Einsparquoten gegen Kapazitätszubau ausspielt, täuscht sich und andere. Nicht umsonst hat sich die Enquete-Kommission zu der Auffassung bekannt, daß die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen einer rigorosen Sparpolitik ungewiß, auf jeden Fall aber noch untersuchungsbedürftig seien, daß der Erfolg vom Aufwand an Kapital, Rohstoff und auch Energievorleistungen abhänge und daß dieses wiederum davon abhänge, was die Volkswirtschaft sich leisten könne. Das alles hat die Enquete-Kommission nicht nachgeprüft. Insofern sind undifferenzierte Angaben über Einsparquoten nicht gerechtfertigt und können nicht zum absoluten und sicheren Bestandteil der Energiepolitik gemacht werden.
Dennoch bleibt es dabei: Es gibt kein anderes Land, das bisher solche Sparerfolge und Umstrukturierungsergebnisse vorzuweisen hat wie die Bundesrepublik. Das wird von allen internationalen Institutionen attestiert.
({9})
Wir sollten gemeinsam stolz darauf sein und diesen Weg besonnen weitergehen.
Darüber hinaus gibt es zwei Gesichtspunkte, die nicht untergehen dürften, die möglicherweise aber auch mehr oder weniger ernsthaft im Streit stehen. Ich meine den Zusammenhang zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Energiekosten
({10})
und die industrie- und beschäftigungspolitische Bedeutung der ganzen Angelegenheit.
({11})
- Nein, wir kommen nicht auf Ihre Argumente, sondern wir kommen auf eine einhellige Betrachtungsweise in der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" zu sprechen.
({12})
Sie können sich nicht immer die Ihnen süß erscheinenden Rosinen herausnehmen - nach dem Motto: das war von uns - und über den Teig, der Ihnen nicht so schmeckt, gewissermaßen sagen: das ist das Bier des anderen.
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Was ich hier vortrage, ist ein gemeinsames Beratungsergebnis. Daß die Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" nicht nur in ihrem letzten Bericht die Wettbewerbsfähigkeit und die Energiekosten für ein wesentliches Thema gehalten hat, sondern dies auch jetzt noch tut, ergibt sich daraus, daß in wenigen Tagen - dies wurde gemeinsam beschlossen - eine Anhörung zu den Wettbewerbsfragen stattfindet. Aber auch im Zwischenbericht - nicht etwa im Minderheitenvotum - ist, insbesondere mit Blick auf die Rolle der Grundstoffindustrie, folgendes zu lesen - ich zitiere -:
Entscheidend für die künftige Entwicklung der heimischen Grundstoffindustrie werden die zukünftigen Energiepreise sein.
Daß dieses für die ganze Wirtschaft gilt, ergibt sich aus dem Kontext.
Wie eng der Zusammenhang mit der Zukunft der Kernenergie ist, ergibt sich aus den Pfaden 3 und 4, die nach dem Jahre 2000 ohne Kernenergie auskommen wollen, aber nur dann, wenn die Grundstoffindustrie stark geschliffen bzw. völlig verschwunden ist. Das kann wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch keine wünschenswerte Zukunft sein.
({14})
Zur Kombination beider Gesichtspunkte hat Alois Pfeiffer, der Vertreter des DGB in der Kommission, im Zwischenbericht der Kommission bemerkenswert deutliche Ausführungen gemacht, die ich zitieren möchte. Er sagt:
Die Weiterentwicklung der Kernenergie hat zudem große technologiepolitische und exportpolitische Bedeutung. Somit ist die Kernenergie unmittelbar auch beschäftigungspolitisch für die Zukunft wichtig. Nach dem derzeitigen Informationsstand erscheint es deshalb nicht vertretbar, für den Bereich der Bundesrepublik auf Kernenergie zu verzichten. Es wäre allerdings eine Illusion, zu glauben, daß eine kapitalintensive Technologie mit hohem Qualifikationsstand der Arbeitnehmer in der Lage wäre, diese Aufgabe auszuüben, wenn ihr nicht zugleich ein
Mindestmaß an Stetigkeit der Arbeit garantiert wird.
({15})
Deshalb muß ein für die Erhaltung einer wohlverstandenen Kernenergieoption notwendiges Mindestmaß an Kernenergienutzung festgelegt werden.
({16})
- Jetzt haben Sie dem Wort „Option" gewissermaßen zum erstenmal Beifall geklatscht.
Ich fahre im Zitat fort:
Bei der jetzigen Struktur der Kernkraftwerke und einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren bedeutet das, daß etwa 30 Kernreaktoren in Zukunft in Betrieb sein sollten und daß pro Jahr bis zwei Reaktoren als Ersatzinvestition gebaut werden könnten. Dies bedeutet, daß selbst bei Unterstellung einer relativ geringen Exportquote die Kernenergieindustrie von jährlichen Bauten in Stückzahlen von zwei oder bei zünftigen Kleinreaktoren
({17})
- das war eine Freudsche Fehlleistung; vielleicht ist das in der Zukunft aber wirklich so; das kann man gar nicht wissen bei zukünftigen Kleinreaktoren Stückzahlen von vier gebaut werden könnten. Dieses ergibt eine ausreichende Basis für eine langfristige Kapazitäts- und Personalplanung.
Ich finde, daß diese Aussage sich im Kontext der übereinstimmenden Aussage der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" befindet, daß die Zukunft der Kernenergie nicht nur versorgungspolitisch, sondern auch industriepolitisch ihren hohen Stellenwert hat. So Alois Pfeiffer, für Wirtschaftspolitik im. DGB verantwortlich und bestimmt noch nicht am Ende seiner persönlichen gewerkschaftlichen Entwicklung.
({18})
Es ist ja überhaupt so, daß die deutschen Gewerkschaften von allen gesellschaftlichen Gruppen hierzulande die beständigste, ausgewogenste und verläßlichste energiepolitische Linie über die Jahre hinweg einhalten.
({19})
Wir sitzen mit ihnen in einem Boot und sind ihre Verbündeten.
({20})
- Dazu weiß ich eins: Da fragt jemand diesen Herrn: Heißen Sie Löwen? - Nein, sagt er, ich heiße Löwenthal! - Hören Sie mal, Sie sind doch der Löwen, der immer das „ZDF-Magazin" macht! - Nein, ich heiße wirklich Löwenthal! - Ach, ich dachte, Sie
hießen Löwen; daran können Sie ermessen, wie schnell ich immer Ihre Sendung abschalte!
({21})
Ich komme nun auf den vorletzten Punkt zu sprechen, auf fortgeschrittene Reaktorlinien, die ja verdammt schwer ins Gerede und in die Klemme geraten sind. Die Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" könnte ja überflüssig werden, wenn die Sorgen, die sich im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen ergeben, sich als berechtigt erwiesen. Daß beim HTR das Problem weniger aus finanziellen Gründen entstanden ist, sondern mehr deshalb, weil die Wirtschaft - was immer man darunter versteht - eine überdeutliche Reserve gegenüber der Weiterführung der Linie an den Tag legt, ist genauso bedauerlich.
({22})
Und da hat die Politik nichts zu befehlen. Jetzt entscheidet die Wirtschaft. Und die bezahlt die Musik, oder es gibt keine Musik bei der Zukunft des HTR. Es wäre jedenfalls bedauerlich, wenn die Chance Prozeßwärme vertan würde.
Größer und akuter ist das Desaster beim Schnellen Brater. Der Forschungsminister hat unter anderem angekündigt, daß er am 16. Dezember im Kabinett unter Umständen auch das Ende des Projekts zur Debatte stellen wolle.
({23})
Ich halte es verfassungspolitisch für sehr zweifelhaft, ob die Bundesregierung allein berechtigt wäre, politisch das Ende dieses Projektes einzuläuten; denn der Bundestag hat sich am 14. Dezember 1978 für die Fertigstellung, für das Zuendebauen des Schnellen Brüters in Kalkar ausgesprochen.
({24})
- Sie nicken. Allerdings muß ich Sie daran erinnern, daß Sie diesem damaligen Beschluß Ihre Zustimmung nicht gegeben haben.
({25})
Der Bundestag hätte es, so glaube ich, nötig - und die Bundesregierung müßte auch darauf hinwirken -, eine Beratung zu führen und dabei eine Abwägung der Bedingungen und Umstände vorzunehmen, die für die Zukunft dieses Projektes von Bedeutung sind. Natürlich spielt dabei Geld eine Rolle, aber ich finde, daß der Bundestag hierzu seine Meinung sagen sollte, bevor es zu einem Ende käme.
Das Ganze ist bedrückend genug. Der Forschungsminister hat recht, wenn er sagt, daß er niemals wieder ein Projekt abschließen wird, bei dem es einen über 90 %igen Anteil der öffentlichen Hand gibt. Er hat aus der Vergangenheit gelernt. Ich hoffe, daß es dabei bleibt. Er wird aber auch die Rechnung aufmachen müssen, was Stillegung an Folgekosten bedeutet.
({26})
Wenn auch nur annähernd die Höhe der restlichen Baukosten erreicht würde, dann wäre eine Bauruine ein Schildbürgerstreich.
({27})
Die VDEW und ein Teil der Elektrizitätsversorgungsunternehmen würden nie wieder mit politischen Forderungen hier glaubhaft aufkreuzen können, wenn sie jetzt nicht mithelfen, die Finanzierungslücke zu schließen.
({28})
Der Bundestagsvorbehalt, von dem ich natürlich nicht sagen kann und sagen darf, daß er in der Sache eigentlich gar nicht besteht,
({29})
- das ist meine Meinung, eine persönliche Meinung - ist ein Alibi für die Reserve der Elektrizitätsversorgungswirtschaft,
({30})
nicht nur wegen meiner persönlichen Einschätzung dessen, was im Juli oder August oder September 1982 geschieht, sondern auch deswegen, weil die Bundesregierung der E-Wirtschaft eine Zwischenfinanzierung angeboten hat, die wirksam oder unwirksam wird, je nach der parlamentarischen Entscheidung.
Herr Abgeordneter Reuschenbach, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Probst? - Ich mache Sie zunächst darauf aufmerksam, daß Sie ohnedies die Redezeit des Ihnen nachfolgenden Redners schon stark strapaziert haben.
So ist es. - Mit Rücksicht auf den mir nachfolgenden Redner, mein lieber Herr Probst, kann ich Ihrer Bitte nicht entsprechen.
({0}) - Nein, das ist Rücksichtnahme, Solidarität.
Sicher, nicht alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind direkt und gleichermaßen beteiligt und interessiert am Schnellen Brüter. Das muß man sehen. Das verstehe ich auch. Aber es wäre auch ein Stück guten Willens, wenn sie statt dessen vorschlügen, wenigstens alle übrigen Forschungsprojekte, die es im Bereich der Elektrizitätswirtschaft gibt, voll zu übernehmen, um auf diese Art und Weise Haushaltsumschichtungen zu ermöglichen. Eine deutsche EPRI, wie sie in den Vereinigten Staaten seit Jahren mit Erfolg arbeitet, wäre aus aktuellem Anlaß und überhaupt so schlecht nicht.
Andreas von Bülow, Forschungsminister, hat jüngst in Saarbrücken - und damit komme ich zum Schluß - vor der Jugendpresse unter anderem gesagt:
Es gilt, die Spannung zwischen der Verantwortung zu politischer Gestaltung und dem verständlichen Wunsch nach einer möglichst breiten öffentlichen Diskussion in Verbindung mit grundsätzlichen Entscheidungen über neue Abschnitte der technologischen Entwicklung fruchtbar zu machen. Die gewählten politischen Repräsentanten haben die Verpflichtung, im ständigen Gespräch mit den verschiedenen Gruppen der Bevölkerung ihre Entscheidungsgrundlagen offenzulegen.
Das ist die erneute und allseits ständig wiederholte Erklärung der Dialogbereitschaft der Politiker. Und soweit diese Bereitschaft auf Gegenseitigkeit beruht, ist sie fruchtbar. Wo der Dialog aber eigentlich nur ein sich ergebnislos hinziehender Streit wird, muß die zuständige und legitimierte Körperschaft entscheiden. Alle Beteiligten, die staatlichen Organe und die Bürgergruppen, haben sich die richterlichen Entscheidungen nicht nur anzuhören,
({1})
sondern sie auch zu akzeptieren. Und darüber hinaus muß gelten, daß Bürgerinitiativen nicht die Vertreter aller Bürger sind,
({2})
sondern daß Interessenvertretung aller Bürger die von allen Bürgern in freier, gleicher und geheimer Wahl gewählten Parlamente sind.
({3})
Und genau deswegen bitte ich Sie namens der SPD-Fraktion, den vorliegenden Empfehlungen zuzustimmen, die das und die Übereinstimmung in den Hauptfragen beinhalten und den unfruchtbaren Streit um Vokabeln und um Rankenwerk vielleicht beenden könnten, was wünschenswert wäre. - Vielen Dank.
({4})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zywietz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich für die gutgemeinte koalitionspolitische Absicht, meine wenigen Minuten nicht noch weiter zu reduzieren, und möchte mich dann auch gleich der Opposition zuwenden.
Herr Abgeordneter Zywietz, Sie waren nicht gemeint. Es war der Abgeordnete Schäfer von der SPD gemeint, der noch reden wird.
Um so besser.
Es bleibt bei der zweiten Aussage, daß ich mich der Opposition zuwenden will. Trotz wiederholter und auch heute wieder intensiv unternommener Bemühungen ist es Ihnen im bisherigen Debattenablauf nach meinem Dafürhalten nicht gelungen, die Einsetzung und die Arbeit der Enquete-Kommission zu entwerten oder gar Fehler und Widersprüche in
der Energiepolitik der Koalition, der Regierung nachzuweisen. Die Bemühungen waren intensiv, aber Alternativen, bessere Vorschläge wurden nicht angeboten.
Ich möchte auf Ihre Eingangsbemerkung, Kollege Gerstein, zurückkommen. Sie sagten, die Kalkar-Debatte vor einigen Jahren hier in diesem Hohen Hause - und viele der hier Anwesenden erinnern sich vermutlich sehr lebhaft daran - sei Anlaß für die Einsetzung der Enquete-Kommission gewesen. Aber ich glaube, wenn man das damalige Gesamtszenario, so, wie es sich aufgebaut, strukturiert hat, sieht, wird man feststellen, daß jene Debatte nur äußerer Anlaß, aber nicht innere Ursache für die Arbeit, die die Enquete-Kommission geleistet hat, gewesen ist; denn im Hintergrund standen doch über Jahre heftige und kontroverse Debatten in der Bevölkerung, die sich in den Parteien, wie an vielen Parteitagen abzulesen ist, fortgesetzt haben. Diese Enquete-Kommission, zu deren Einsetzung und zu deren hilfreichen Ergebnissen wir stehen, war doch in der Rückschau der gelungene Versuch, zur Versachlichung der Argumentation und der Auseinandersetzung in der Offentlichkeit einen konstruktiven und hilfreichen Beitrag zu liefern. Das ist in der Tat auch geschehen, denn diesen schwierigen Themenkomplex kann man doch nicht nach den einfachen mitunter wohl- und derb klingenden Formeln „eine Entscheidung ist besser als keine", „eine klare und schnelle Entscheidung ist gut; das muß gemacht werden" abhandeln. Wenn die Thematik diffizil ist, muß man zuweilen auch einmal innehalten und versuchen, mit einem der diffizilen Thematik adäquaten Zeitaufwand vorzugehen. Das haben wir mit Hilfe dieses Instruments, der Enquete-Kommission, zum Nutzen des gesamten Parlaments geleistet.
({0})
Auch aus Ihren Reihen, ist ja, wenn wir hier fair und offen miteinander diskutieren, hier und da eine etwas weitergehende Sensibilität angeklungen, als es in der einleitenden Bemerkung deutlich wurde. Das war an Anmerkungen des Kollegen Dr. Riesenhuber zu merken, der sich gerade darum bemüht hat, Bewertungsmöglichkeiten für neue Techniken, neue Technologien einzubringen. Wir konnten mit der Methodik nicht übereinstimmen, aber wir waren doch alle in der guten Absicht im Konsens.
({1})
Das macht deutlich, daß der äußere Anlaß, gekennzeichnet durch die Stichworte Energie, Kalkar oder Kernenergie, nur Symptom für eine viel tiefergehende Problematik ist, ob wir nämlich immer das schnell und in großen Dimensionen umsetzen müssen, was wir technologisch können. Schätzen wir die Folgen politischer, gesellschaftlicher und sonstiger Art eigentlich noch hinreichend ab? Das war doch eigentlich das Gemeinte in der Tätigkeit der Enquete-Kommission.
Die Kommission war diesbezüglich hilfreich, denn sie hat in der Tat einen Beitrag zur Versachlichung geleistet, einmal mit Blick auf die Notwendigkeiten,
wie es auch im Auftrag hieß, der zukünftigen Energiepolitik, speziell der Kernenergiepolitik, als auch im Hinblick auf die Möglichkeiten, die wir haben. Die Kommission hat das - das begrüßen wir sehr - nicht mit Prognosen getan, die in der Vergangenheit nur allzu oft verkehrt waren, die mit einer Scheingenauigkeit, häufig mit bis zu zwei Stellen hinter dem Komma, abgegeben wurde, sondern sie hat ein Szenarium gemacht, um bebildernd darzustellen, welche Folgen eine starke Entwicklung der Kernenergie über ein Jahrzehnt oder längere Zeiträume bringt, wie es mit den Möglichkeiten aussieht oder welche Folgewirkungen eine eklatant starke Energiesparpolitik hat. Ich halte diese Bebilderung, dieses Arbeiten mit Pfaden für sehr viel besser als ein Spiel mit scheingenauen Zahlen, die in der Vergangenheit häufig reduziert werden mußten.
Wie steht es nun mit den Notwendigkeiten? Kein Zweifel, die Politik „Weg vom Öl" hat sich als richtig erwiesen. Es besteht auch kein Zweifel, daß wir nach wie vor energiepolitisch zu zwei Dritteln importabhängig sind. Darin stecken Risiken, die wir zu mildern versuchen. Das ist geschehen. Auch die Kernenergie bringt nach unserem Dafürhalten einen Beitrag dazu, weil sie die Zahl der einsatzbaren Energieträger erweitert. Das ist ein richtiger Baustein in einer solchen Strategie, um die Versorgungsrisiken zu mindern. Wir haben auch in der Vergangenheit erlebt, daß die wirtschaftspolitischen Wachstumsraten und damit einhergehend auch die energiepolitischen Wachstumsraten über lange Zeiträume eklatant überschätzt worden sind, die Sparmöglichkeiten nach meinem Dafürhalten aber eklatant unterschätzt wurden. Man kann das saldieren, und wir werden, wie ich meine, zu einem Bild kommen, wie es in dem Pfad zum Ausdruck kommt: daß ein weiterer Bedarf besteht, dessen exakte Bemessung und Einordnung in den Zeitablauf, wann die Notwendigkeit eintritt, nicht ganz einfach sein wird. Aus dem genannten Bild läßt sich abgreifen, daß ein weiterer Bedarf entstehen wird. Dieser Bedarf hat aber zumindest zwei Facetten: ein wie auch immer geartetes wirtschaftliches Wachstum und das dafür erforderliche Energiepotential, verbunden mit Bemühungen um eine Entkopplung und abzüglich der durch eine Energiesparpolitik realisierten Beträge, und - entsprechend der Regierungserklärung - der Ersatzbedarf, der im Bereich der Stromerzeugung durch das Herausnehmen von Öl und Gas aus der Verstromung entsteht. Da ist sozusagen ein gewisser Wachstumsbedarf minus Sparerfolge plus Ersaztbeschaffungsbedarf, sprich 01 und Gas, aus der Stromerzeugung herauszunehmen. Das schafft wohl in der Tendenz und allgemein gesagt das Erfordernis, Kernenergie weiter zu entwickeln, einen bedarfsgerechten Zubau ins Auge zu fassen.
Hier stimme ich dem Bild zu, daß sich dafür letztlich aus dem vorher Gesagten nur zwei Möglichkeiten anbieten, nämlich entweder über Kohle oder über Kernenergie; denn das sind die beiden sich logischerweise anbietenden Energieträger. Wenn man sich hierbei nur auf die Kohle verlassen würde, so hielte ich das, einmal ganz abgesehen von den Bereitstellungsmöglichkeiten hinsichtlich der Einseitigkeit, aber auch der Umweltwirkung für bedenklich; denn mittlerweile ist in den Jahren der Diskussion durch manches Gutachten stärker als in der Vergangenheit deutlich geworden, daß auch dort - ich sage es etwas salopp und im Bild - Entsorgungsprobleme bestehen. Solange man die Kernenergieentsorgung - dazu stehen wir - sehr ernst nimmt und klare Vorstellungen hat, kann man, glaube ich, nicht so salopp darüber hinweggehen und die Entsorgung hinsichtlich Kohlendioxyd und Schwefeldioxyd einfach in die Luft hinein vollziehen. Auch diese Genauigkeit muß dann verstärkt werden, um auch hinsichtlich der Relation des Einsatzes dieses Primärenergieträgers oder des anderen oder einer gewissen Mischung zu einem sachgerechten Urteil kommen. Wir werden beides benötigen.
Wenn man dies so sehen sollte, kann man dies nicht mit einer Politik des Befehlens, des Überstülpens, des Anordnens tun, sondern da werden wir uns als gute Demokraten zumindest phasenweise wohl einer offenen Diskussion im Sinne einer Bring-schuld stellen müssen, was die Fakten und unsere politische Einschätzung anbelangt. Aber auch das muß wohl irgendwann einmal zum Abschluß geführt werden, und dann muß man zu Entscheidungen kommen.
Kollege Gerstein, ich habe noch Ihre Äußerung aus einer der vorangegangenen Debatten in Erinnerung, als Sie ein Zitat Kants, das ich jetzt nur inhaltlich wiedergeben kann, erwähnten, daß nämlich die Entscheidungsnotwendigkeiten zumeist größer als das Maß unserer Erkenntnisse seien.
({2})
- Wenn das so ist, kann ich gar nicht Ihr schlechtes Urteil über die Arbeit der Enquete-Kommission verstehen; denn das ist doch der originäre und bestmögliche Beitrag, um das Maß an Erkenntnis für diese Entscheidungssituation zu vergrößern. Nur auf diesem Wege kann nach meiner Meinung die Überzeugungskraft politischer Parteien gegenüber dem Bürger erhöht werden, nicht nur vordergründig populäre Politik zu betreiben, sondern die Bürger durch dieses Maß an dargestellter Erkenntnis im Rahmen einer Bringschuld wenn schon nicht zu Popularität oder zu Popularitätsapplaus für diese Politik zu bewegen, aber zumindest den Stand Ihrer Kenntnis und als Folge vermutlich die Zustimmungsakzeptanz zu erhöhen. Dem messen wir allerdings ein außerordentlich hohes Maß an Bedeutung bei.
({3})
Lassen Sie mich in drei, vier Sätzen ein kurzes Wort zur Arbeit der Enquete-Kommission zur rationellen Energiepolitik sagen. Sie ist Schwerpunkt Nummer eins und muß es auch bleiben.
({4})
Die Vorschläge sind sehr hilfreich; aber wir sollten daran gehen, sie nach einer gewissen Reihenfolge ihrer Ergiebigkeit und Umsetzbarkeit zu ordnen. Wir sollten vielleicht auch versuchen, die rationelle Energieverwendung stärker zu einem Schwerpunkt der Kommunalpolitik werden zu lassen, und zwar im Sinne einer größeren Ergiebigkeit. Vielleicht sollten
wir auch noch ein bißchen stärker über die hilfreichen Anregungen hinaus nicht nur über Energiesparpolitik in der Breite diskutieren.
Ich bitte, zu Ende zu kommen.
Vielmehr sollten wir den Schwerpunkt: Stromsparpolitik in Relation zur Notwendigkeit oder zum Bedarf von Kernkraftwerken stärker in den Mittelpunkt stellen.
Ich möchte meinen Beitrag abschließen und unterstreichen, daß die Arbeit der Enquete-Kommission aus der Sicht der FDP sehr hilfreich gewesen ist. Es steht fest, daß es keine einfache Ja/Nein-Lösung gibt und daß es wohl nicht absehbar ist, daß nur mit einer Politik des großen Angebotes, sprich Kernenergie, oder nur mit einer Politik der rationellen Energieverwendung, sprich Einsparpolitik getan ist, sondern daß es sicher auf eine Mixtur von Sparpolitik und Erweiterung der Angebotsmöglichkeiten hinausläuft, zu denen aus unserer Sicht selbstverständlich auch und in besonderer Weise die Kernenergie gehört. - Vielen Dank.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Prangenberg.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu dem Stiefkind der Kernenergiepolitik der Regierung komme, nämlich zum Schnellen Brüter, meine ich, doch auf zwei Bemerkungen des Kollegen Reuschenbach, der leider nicht mehr im Saal ist,
({0})
eingehen zu müssen, nämlich zu dem ersten Vorwurf, den er wiederholt - da kommt er ja! - an die die Adresse des niedersächsischen Ministerpräsidenten gerichtet hat.
({1})
Ich sage auch, daß wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Haltung des hessischen Ministerpräsidenten Börner begrüßen. Aber der Unterschied zwischen Niedersachsen und Hessen ist doch der: In Hessen steht auch die CDU-Opposition im Landtag einstimmig hinter der Wiederaufbereitung. Dies muß hier doch deutlich festgestellt werden.
({2})
Aber damals in Niedersachsen hat der niedersächsische Oppositionsführer im Gegensatz zu Alfred Dregger versucht, aus der Situation in Gorleben kleinkariert parteipolitische Münze zu schlagen. Auch dies können Sie nicht verschweigen.
({3})
Ich komme zu einer zweiten Bemerkung des Kollegen Reuschenbach. Dazu sage ich in aller Deutlichkeit: Niemand in diesem Hause klatscht über 1,6 Millionen Arbeitslose. Diese Zahl allein ist schrecklich
genug. Ich verkneife es mir, hier zu sagen, wer hauptsächlich die Verantwortung dafür trägt.
({4})
Nur, wenn Sie unterstellen, daß wir da klatschen, ist dies infam. Dies weise ich auch im Namen der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion entschieden zurück.
({5})
Der Bundesminister für Forschung und Technologie - ich komme jetzt zu dem Stiefkind - bekennt sich zwar einerseits zur Notwendigkeit der Entwicklung des Schnellen Brüters. Andererseits will er dem Vernehmen nach in der Kabinettssitzung am nächsten Mittwoch die Einstellung dieses Projekts aus finanziellen Gründen dem Kabinett vorschlagen.
Wir müssen uns in Anbetracht der offenkundigen finanziellen Kalamitäten diese Frage sicher stellen. Sind es aber allein Finanzprobleme, die zum wirklichen Scheitern dieses Projekts führen?
({6})
Ich glaube, daß man auch am politischen Willen der Bundesregierung zweifeln kann, die fortgeschrittenen Reaktorlinien weiterzuentwickeln. Sie alle erinnern sich, daß die Enquete-Kommission empfohlen hatte, zusätzliche Studien zum Schnellen Brüter in Auftrag zu geben. Diese Studien sollten nach dem Beschluß - so stand es im Bericht der Enquete-Kommission - bereits Ende 1981 vorliegen.
({7})
Heute schreiben wir den 10. Dezember 1981, und vom Ergebnis dieser Studien ist weit und breit nichts zu sehen. Die Bundesregierung hat letztlich am zuständigen Ausschuß und damit auch am Parlament vorbei erst Ende April 1982 für die Vorlage der Studien ins Auge gefaßt, wohl wissend, daß jeder Tag Verzögerung das finanzielle Ende des Brüters geradezu zwangsläufig programmiert.
({8})
Deshalb werden wir in der Terminfrage der Beschlußempfehlung nicht zustimmen; wir werden uns der Stimme enthalten.
Wie will die Bundesregierung eigentlich der Elektrizitätswirtschaft klarmachen, daß sie sich an den hohen Kosten des Brutreaktors stärker beteiligen muß, wenn nicht spätere kommerzielle Nutzung des Brutreaktors - die möglich ist - in Aussicht gestellt wird? Sie betreiben seit einiger Zeit ein Verfahren nach dem Motto: „Wir wissen nicht, ob der Brüter eine politisch zu verantwortende Investition ist; dies wird in Bonn durchs Parlament entschieden, vielleicht aber auch nicht: auf jeden Fall wissen wir heute noch nicht, wann." - Das ist doch keine rationale Energiepolitik. Das führt doch in die Sackgasse. Die aktuellen Finanzierungsschwierigkeiten sind doch hierfür ein Beweis.
({9})
Die Entwicklungsgeschichte des Schnellen Brüters ist heute schon ein klassisches Lehrstück, wie in unserem Land ein Stück Zukunftsinvestition ge4216
fährdet wird, weil diejenigen, die nach unserer Verfassung den Auftrag haben, die Zukunft zu gestalten, nicht mehr in der Lage sind, diesen Auftrag überhaupt wahrzunehmen.
({10})
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in der Kürze der Zeit noch zwei Gedanken ausführen. Der eine betrifft das Sicherheitsproblem. Wir alle wissen doch, daß das extrem strenge deutsche Genehmigungsverfahren eine gute und wirklich ausreichende Lösung der Sicherheitsprobleme garantiert. Nur, wir müssen uns auch darüber im klaren sein, eine absolute Sicherheit gibt es nirgendwo.
({11})
- Politische Führungsaufgabe muß es deshalb sein, Herr Dr. Steger, die Akzeptanz des theoretisch denkbaren, aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Praxis nie eintretenden Restrisikos in der Bevölkerung stärker zu verankern. Dieses schafft Frankreich, dieses schaffen die USA, dieses schafft auch Großbritannien; nur wir setzen Kommissionen ein, weil der Bundesregierung letztlich der Mut und - bei der parlamentarischen Lage auf der linken Seite - auch die Durchsetzungsfähigkeit für wichtige politische Entscheidungen fehlen.
({12})
- Die Frage, Herr Kollege Stahl, der Risikobewältigung technischer Entwicklungen kann nicht durch ein noch so perfektionistisch anmutendes System von Vorschriften und Verordnungen verdrängt werden, als gäbe es quasi ein technisches Risiko überhaupt nicht mehr. Technische Systeme können theoretisch auch dann versagen, wenn sie nach den neuesten Erkenntnissen sicherheitstechnischer Maßnahmen getroffen worden sind, und Forscher können sich der naturgesetzlichen Wahrheit immer nur nähern, ohne sie jemals voll zu erreichen.
({13})
- Eben. - Das Bundesverfassungsgericht hat dieses im Kalkar-Beschluß ja als sogenanntes „Annäherungswissen" bezeichnet - ich zitiere - „das nicht volle Gewißheit vermittelt, sondern durch jede neue Erfahrung korrigierbar ist und sich insofern immer nur auf dem neusten Stand unwiderlegten möglichen Irrtums befindet".
Trotz dieser sehr weisen Worte aus Karlsruhe ist danach die Risikodiskussion in unserem Lande teilweise - so schreibt z. B. das Battelle-Institut - weitgehend zu einer ritualisierten Bewältigung real nicht zu beseitigender Gefahrenpotentiale degeneriert. Es gibt offenkundig auch Mitglieder in der zweiten Enquete-Kommission, die sich an diesem Ritual sehr fleißig beteiligen. Professor MeyerAbich z. B. hat diese Risikodiskussion in der Bundesrepublik ironisch als einen Konflikt bezeichnet, der zwar nicht tatsächlich, sondern nur im Leerlauf oder theaterhaft zwischen den Kulissen durchgespielt werde; dieses Spiel könne aber immerhin das Gemüt entlasten. - Politische Verantwortung heißt
aber nach unserer Vorstellung, mit dieser Kulissenschieberei endlich ein Ende zu machen.
({14})
Deshalb kann ich an die Fraktionen von SPD und FDP nur appellieren, den Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, der die Bundesregierung auffordert, alles zu unternehmen, um die drohende Stillegung der Baustelle des Schnellen Brüters in Kalkar abzuwenden, hier und heute zu unterstützen.
({15})
Die Schwierigkeiten um die Entscheidung über den Schnellen Brüter, die wir ja seit einiger Zeit haben, macht jedoch ein weiteres deutlich, nämlich die zunehmende Technikfeindlichkeit in weiten Teilen unserer Gesellschaft, insbesondere in weiten Teilen unserer Jugend. Wir haben eine Diskussion in der Jugend, wo der Wunsch nach einfachen, verständlichen und überschaubaren Systemen herrscht, wo der Wunsch danach herrscht, das Wiedereinbetten in den Kreislauf der Natur zu bewerkstelligen und einen haushälterischen Umgang mit der Natur zu erzielen.
Selbstverwirklichung, Selbstbestimmung und Selbstbeschränkung sind gerade in diesen Kreisen erhoffte Wirkungen. Sicherlich werden neue geistige Inhalte gesucht. Der Ausstieg aus den Wirtschaftsbeziehungen und die Suche nach neuen Sozialbeziehungen sind in weiten Teilen der Jugend im Gange. Von vielen jungen Menschen wird der technischen Produktion die Anonymität im Bereich der sozialen Beziehungen angelastet. In dieser Diskussion geht es letztlich um den Ausbruch von Menschen aus der zunehmenden Konditionierung des Menschen durch die Technik.
Das sind Sorgen junger Menschen, die wir als politische Parteien anerkennen müssen. Aber diese Sorgen junger Menschen erkennen wir als Union doch selbstverständlich an.
({16})
Welche Partei hat denn noch vor wenigen Wochen auf ihrem Parteitag mit 500 jungen Menschen gerade auch solche Fragen diskutiert! Wagen Sie es doch auch einmal, diese Diskussion zu führen!
({17})
- Na, ihr habt ja Angst vor den Jusos. Deshalb macht ihr so etwas auf eurem Parteitag nicht. Das ist doch der Grund.
Wenn junge Menschen in unserem Land nach einer Insel der Geborgenheit, einer Insel der Glückseligkeit suchen und z. B., Herr Kollege Catenhusen, den sanften Energieweg als Symbol und als Anleitung zum Handeln für neue nachbarschaftliche Gesellschaften propagieren, dann stellen wir uns doch nicht taub. Wer verweigert denn eine rationale Diskussion dieser Probleme? Es sind z. B. diejenigen, die politisch das Geschäft mit der Angst betreiben.
Das sind diejenigen, die eine rationale Diskussion über die gesellschaftlichen Probleme der Kernenergie in diesem Land verhindern.
({18})
Aber, meine Damen und Herren, wir müssen diesen jungen Menschen und diesen Anhängern solcher Zukunftsmodelle auch die Frage stellen: Führt ein solcher Weg zu einer humaneren, zu einer konfliktfreieren Gesellschaft in der Zukunft? Müssen wir sie nicht fragen, ob nicht gerade Verzicht auf Technik inhuman sein kann?
({19})
Die Anwendung naturwissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse hat die Menschen in der Geschichte vor Hunger, Krankheit, Seuchen und Tod bewahrt. Sollen wir auf diese Kenntnisse in der Zukunft verzichten? Sollen insbesondere Menschen der Dritten Welt auf Technik verzichten, die ihr physisches Überleben sichert? Technische Innovation zu stoppen würde letztlich bedeuten, der Entwicklung des menschlichen Geistes Einhalt zu gebieten. Dies wäre unmenschlich.
Die Frage nach der ethischen Verantwortbarkeit, die Frage, ob wir alles tun dürfen, was wir tun können, findet ihre Beantwortung dann, wenn es um die Überlebensfähigkeit anderer Menschen geht.
({20})
Heute sterben in der Dritten Welt Menschen auch deswegen, weil wir uns hier nicht dazu durchringen, unsere eigene Energieversorgung schneller auf andere Grundlagen als die des Öls zu stellen.
({21})
Auch dies muß einmal deutlich gesagt werden.
Deshalb, meine Damen und Herren, gilt es, hier politisch anzusetzen. Technik muß für junge Menschen erfahrbar, begreifbar, menschlich gemacht werden. Das kann uns auf dem Energiesektor genauso gelingen. Man kann Angst vor Technik schüren und sie für politische Zwecke ausnutzen. Wir aber sollten uns hier zur Aufgabe machen, gegen diese Angst, die es sicherlich gibt, als Verantwortungsträger in unserem Land politisch zu argumentieren; Kollege Gerstein hat hierauf in einem anderen Zusammenhang hingewiesen.
Dies, meine Damen und Herren, muß doch der Mindestkonsens sein, wenn wir hier über künftige Kernenergiepolitik reden. Aber ich befürchte, daß weite Teile der SPD nicht immer dazu noch fähig sind. Denn die Krise um den Schnellen Brüter ist sicherlich vordergründig eine finanzielle, ist aber letztlich Ausdruck einer politischen Krise.
({22})
Ich befürchte, daß weite Teile der SPD nicht mehr zur Solidarität mit zukünftigen Generationen fähig sind, weil sie nicht mehr den Mut zur Fortentwicklung der Industriegesellschaft haben,
({23})
die allein das Überleben der Menschen künftiger Generationen sichert. Herzlichen Dank.
({24})
Das Wort hat der Abgeordnete Schäfer ({0}).
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Bürger, die die energiepolitische Debatte und die Energiepolitik in unserem Lande seit Jahren kritisch verfolgen, die Diskussionsbeiträge der Kollegen der CDU/CSU heute wahrgenommen haben, dann wird sich das beschleunigt fortsetzen, was Wirklichkeit ist. Sie erreichen das Gegenteil von dem, was Sie wollen.
Uns gibt es zu denken, daß trotz übereinstimmender Auffassung auch in diesem Parlament, daß im Rahmen des Bedarfs und bei gesicherter Entsorgung - das zweite ist ein wichtiger Punkt - Kernkraftwerke zugebaut werden müssen, die Zahl derer in unserem Lande, die anderer Auffassung sind, wächst, zunimmt und nicht abnimmt - übrigens auch bei Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition.
Letzte Umfragen ergeben, daß generell die Zahl der Bürger, die für weiteren Atomkraftwerksbau sind, sich im Vergleich zu April 1980 von 56 auf 52 % reduziert hat, daß die Zahl derjenigen, die gegen den weiteren Zubau von Kernkraftwerken sind, sich von 42 % im April letzten Jahres auf jetzt, vor zwei Monaten, 46 % erhöht hat.
({0})
Auch bei Ihnen, meine Damen und Herren, sind es immerhin 34 % Ihrer Wähler, die Ihre Politik nicht tragen. Auch hier ein Zuwachs derer, die Kernenergie ablehnen.
Deswegen ist es - darauf hat auch Kollege Catenhusen mit Recht hingewiesen - im Grunde nicht nur eine energiepolitische Entscheidung, die wir zu treffen haben, sondern es ist auch eine demokratiepolitische Entscheidung. Es ist die Frage, wie wir es schaffen, von uns demokratisch richtig getroffene Entscheidungen mehrheitsfähig in unserem Volke überzeugungsmäßig darzustellen und auch die in der Sache anders denkende Minderheit zur Akzeptierung der Mehrheitsmeinung zu bringen. Das ist die Frage, die in diesem Zusammenhang auch gestellt wird.
({1})
Brokdorf, Wyhl, Gorleben, Startbahn West, Rhein-Main-Donau-Kanal - bei aller Unterschiedlichkeit im einzelnen, gemeinsam ist ein Tatbestand: Immer mehr Bürger sind nicht bereit, demokratisch getroffene Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren. Die Stärke unserer Demokratie, durch Argumente zu überzeugen und gleichzeitig die in der Sache anders denkende Minderheit zur Anerkennung der Mehrheitsentscheidung zu gewinnen, scheint zu versagen.
Schäfer ({2})
Es geht noch weiter. Der Grundkonsens über die Einhaltung demokratischer Spielregeln ist in Frage gestellt.
Herr Agbeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Gefährliche Unterscheidungen zwischen legalen und legitimen Entscheidungen finden Zustimmung.
Herr Agbeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Agbeordneten Probst?
Nein.
({0})
Die Frage ist gestellt: Wie müssen Mehrheit und Minderheit miteinander verfahren? Worauf müssen sich beide verständigen können, damit trotz unterschiedlicher Werthaltungen und unterschiedlicher Antworten auf die Frage: wie können, wie wollen wir in Zukunft leben?, konsensfähige und akzeptierbare Entscheidungen gefunden und getroffen werden können?
Rolf Zundel hat recht, wenn er in der „Zeit" von der vergangenen Woche darauf hinweist, daß es keine Patentantworten, daß es keine Patentverfahren gibt. Er hat auch recht, daß es nicht darum gehen kann, das Prinzip der Mehrheitsentscheidungen aus den Angeln zu heben, und auch nicht darum gehen kann, das Gewaltmonopol des Staates aufzuheben. Wer diesen Schritt empfiehlt oder gar gehen will, hebt letztlich selbst den parlamentarischen Rechtsstaat auf, weil dann bald neben den Rechten der Mehrheit auch nicht mehr die Rechte der Minderheit gewahrt werden.
Richtig bleibt ebenso, daß der Staat, auch und gerade die rechtsstaatliche Demokratie, in der Lage sein muß, rechtmäßige Entscheidungen durchsetzen zu können. Freilich nicht um jeden Preis, schon gar nicht um den Preis der Selbstaufgabe. Wir stimmen Adolf Arndt ausdrücklich zu, der 1960 bei den hessischen Hochschulwochen in seinem Vortrag „Staatliche Gewaltanwendung - rechtlich und politisch betrachtet" ausführte - ich zitiere -:
Man kann mit Bajonetten stechen, aber nicht auf ihnen sitzen. Man kann mit Bajonetten zwingen, aber nicht mit ihnen regieren.
Und er fuhr fort:
Die Gewaltanwendung zeigt Macht, auch rechtliche Macht,
({1})
- ich zitiere Adolf Arndt aber sie zeitigt auf Dauer keine Macht.
Bennigsen-Foerder, der Chef der Veba, kommt im vorhin bereits zitierten Vortrag im Kern zum gleichen Ergebnis, wenn er sagt - ich zitiere wieder -:
Für mich steht fest, daß die Kernenergie weder mit der Macht der Polizei noch mit der Macht des Kapitals durchgesetzt werden sollte.
({2})
Wir stimmen Bennigsen-Foerder ausdrücklich zu.
({3})
- Warum schaffen Sie es denn nicht, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, trotz eindeutiger Entscheidungen, trotz markiger, die Problematik allerdings verkürzender Bekenntnisse ihren CSU-Oberbürgermeister in Landshut dazu zu bringen, seinen Widerstand gegen das Kernkraftwerk in Ohu aufzugeben?
({4}) Hier versagen Sie doch.
({5})
Sie tun uns und auch sich selbst keinen Gefallen, wenn Sie die Politik der Überzeugung durch eine Politik markiger Worte ersetzen.
({6})
Es muß nach unserer Auffassung eine Möglichkeit geben, Ökonomie und Ökologie zu konsensfähigen Handlungsempfehlungen zu vereinen.
({7})
Dazu gehört, daß der Anspruch auf Totallösungen aufgegeben wird.
({8})
Totalansprüche, Totallösungen sind in einer Demokratie unangebracht.
({9})
Die alte Enquete-Kommission - ich bin bei der Kernfrage - hat es geschafft, die Ja-Nein-Polarisierung in der Energiedebatte zu vermeiden. Die Frage heißt nicht mehr: Kernenergie - ja oder nein? Sie hat energiepolitische Handlungsalternativen aufgezeigt. Das ist neu in der Debatte. Sie hat aufgezeigt, daß es denkbar ist, Energieversorgung in der Zukunft sicher mit Kernenergie zu garantieren. Sie hat aber auch deutlich gemacht, daß es vorstellbar und möglich ist, sichere Energieversorgung ohne Kernenergie in unserem Lande zu gwährleisten.
({10}) -
Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
- Ich gebe wieder, was die Enquete-Kommission deutlich gemacht hat. Wenn es Ihnen nicht gefällt, ist das Ihr Problem, nicht das meine.
Sie hat darüber hinaus deutlich gemacht, welche hervorragende Bedeutung dem Sparen zukommt, gleichgültig ob wir nun langfristig ein Leben mit oder ohne Kernenergie wollen. Die eigentliche straSchäfer ({11})
tegische energiepolitische Herausforderung ist die des Sparens.
Sie hat schließlich gemeinsame Handlungsempfehlungen - von Gegnern und Befürwortern - für die Energiepolitik für einen überschaubaren Zeitraum entwickelt. Sie hat hier den Konsens geschaffen.
({12})
Sie hat das zustande gebracht, was sonst in wichtigen Fragen fehlt.
Ich höre jetzt immer, das sei ein Dokument der Entscheidungsunfähigkeit. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist ein Aufruf, sich für Energieeinsparmaßnahmen zu entscheiden.
({13})
Es ist der Aufruf, entwicklungs- und forschungspolitisch das zu unternehmen, was notwendig ist, um auch die Möglichkeit der irreversiblen großtechnischen Kernenergienutzung offenzuhalten. Ist das keine Entscheidung?
Die Kommission hat sich eindeutig für den Bau einer nicht kommerziellen Demonstrationswiederaufarbeitungsanlage ausgesprochen und zwar aus entsorgungspolitischen Gründen, aber auch, um die versorgungspolitische Möglichkeit offenzuhalten, d. h. die Wiederaufarbeitung technologisch und vor allem sicherheitstechnisch verfügbar zu haben, falls man eines Tages den Schnellen Brüter braucht.
({14})
Ist das keine Entscheidung?
Das alles war nur möglich, weil unterschiedliche Positionen auf den Prüfstand der Enquete-Kommission und damit auch auf den Prüfstand des Parlaments gekommen sind. Das war nur möglich, weil wechselseitig die Bereitschaft bestanden hat, die verschiedenen Argumente zu gewichten. Das war nur möglich, weil trotz unterschiedlicher Vorstellungen über die Zukunftsentwicklung unseres Landes die gemeinsame Verantwortung für diese Zukunft zum Tragen kam. So war es beispielsweise möglich, in der Wiederaufarbeitung einen Kompromiß zu erzielen.
({15})
Die Ausgangspositionen waren klar. Da waren die Anhänger, die am liebsten gleich Gorleben wollten = Großkommerziell! Da waren diejenigen, die jede Wiederaufarbeitungsanlage ablehnen wollten. Beide haben gute Argumente für sich. Es war möglich, sich für eine Demonstrations-Wiederaufarbeitungsanlage zu entscheiden.
Jetzt bin ich beim Problem des Gutachtens. Zur Konsensfindung, zur Fähigkeit zum Kompromiß gehört,
({16})
daß tatsächlich garantiert ist, daß unterschiedliche
Positionen auf den Prüfstand gebracht werden können. Deswegen haben acht Kommissionsmitglieder verlangt, daß auch ein Parallelgutachten von Wissenschaftlern, die der Wiederaufarbeitung skeptisch gegenüberstehen, in Auftrag gegeben wird; nicht ausschließlich oder in erster Linie aus Mißtrauen gegen Kernenergiebefürworter, sondern weil das eine Voraussetzung ist, um die Konsensfindung zu erreichen. Ich bedauere sehr - und weiß mich mit vielen Fraktionsmitgliedern einig -, daß dies unterlassen worden ist. Ich bedauere sehr, daß der federfüh rende Forschungsausschuß in diesem Punkt nicht einstimmig die Empfehlungen des Innenausschusses übernommen hat, daß man nicht einfach das Häfele-Gutachten übernehmen, sondern auch alternative Studien in Auftrag geben sollte, zumindest eine Anhörung mit in dieser Frage Andersdenkenden zu machen;
({17})
nicht um zu verzögern, sondern um letztlich die Sache zu beschleunigen.
Ich darf etwas zum Schnellen Brüter sagen. Meine Herren von der Union, Sie fallen in die Debatte vom 14. Dezember 1978 zurück. Damals fiel Ihnen in der Energiedebatte nur ein, die Bundesregierung solle anweisen, anweisen, anweisen! Heute verlangen Sie, die Bundesregierung solle „alles unternehmen". Kollege Reuschenbach hat das Nötige zu Ihrem Antrag gesagt.
Zur Sache: Es will doch niemand in der SPD-Fraktion den Beschluß des Deutschen Bundestags vom 14. Dezember 1978, der Schnelle Brüter solle weitergebaut werden, aufheben. Aber wir können doch nicht bei Fragen, die spätere Generationen betreffen, was nämlich die Sicherheitsfragen des Schnellen Brüters sind, was die Menschen zu Recht bewegt, wo viele Fragen noch offen sind, im Hauruckverfahren entscheiden: Der Brüter muß in Betrieb gehen!
({18})
Wir müssen doch verantworten können - das sind wir uns und den nach uns kommenden Generationen schuldig -, daß diese Technologie mit hohem Gefährdungspotential, was kein Mensch bestreiten kann, in ihrer sicherheitstechnischen Verantwortbarkeit zumindest der Leichtwasserreaktortechnologie entsprechen muß.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Probst?
Nein, ich gestatte keine Zusatzfrage, zumal ich weiß, von wem sie kommt.
({0})
Für uns ist die Empfehlung der alten EnqueteKommission, zwei zusätzliche Studien in Auftrag zu geben, von der Sache her notwendig.
({1})
Schäfer ({2})
Ich will Gewißheit haben können - und deswegen ist meine Entscheidung offen -, ob ich einer Inbetriebnahme zustimmen kann oder nicht. Ich will Gewißheit haben können, daß das Risiko des Schnellen Brüters kein größeres ist als das des Leichtwasserreaktors.
({3})
Heute steht zur Debatte, daß wir über die Empfehlungen, wie sie vorgelegt worden sind, zu befinden haben. Meine Fraktion stimmt, obwohl wir zu Ziffer 3 Bedenken haben, den Empfehlungen insgesamt zu.
Die Enquete-Kommission hat in ihrem Zwischenbericht - ich fasse zusammen - einen wichtigen Beitrag nicht nur zur Versachlichung der Debatte - das Wort „Dialog" kann ich schon nicht mehr hören; ich gebrauche es auch nicht mehr -, sondern auch zur Konsensfindung geleistet. Das Parlament hat gezeigt, daß es schwierige, in der Diskussion befindliche kontroverse Themen aufgreifen kann. Wir stimmen den Empfehlungen zu. Für die weitere Konsensfindung und -erhaltung in der Energiepolitik wird es auch entscheidend darauf ankommen, wie das, was wir heute beschlossen haben, und darüber hinaus in die energiepolitische Wirklichkeit unseres Landes umgesetzt werden kann.
Ich möchte zum Schluß allen denen, die in unserem Land der Kernenergienutzung skeptisch gegenüberstehen, zurufen, sie sollten es nicht bei ihrem Nein belassen. Die Frage, ob auf Kernenergie verzichtet werden kann, entscheidet sich mit der Frage, ob es möglich ist, entsprechende Energieeinsparpotentiale gesellschaftliche Wirklichkeit werden lassen.
({4})
Deswegen bitte ich alle Bürger, sich dafür einzusetzen, daß durch regionale Energieversorgungskonzepte, die - bei gleicher Energie-Dienstleistung - eine Reduzierung des Energieverbrauchszuwachses vorsehen, ...
Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Kollege!
... die Voraussetzung dafür geschaffen wird, daß das Ziel, ein Leben ohne Kernenergie, etwa im Jahre 1990 - wenn wir definitiv zu entscheiden haben - eine realistische Alternative bleibt.
({0})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Zu der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Forschung und Technologie auf der Drucksache 9/1147 liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU auf den Drucksachen 9/1150 und 9/1163 vor. Wir müssen deshalb einzeln abstimmen.
Ich rufe Ziffer I der Beschlußempfehlung auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 9/1150 unter Ziffer 1 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer Zifffer I in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ziffer I in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Ziffer II - hier: Ziffer 1.1 bis 1.8 - auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Ziffer II.1.9 auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 9/1150 unter Ziffer 2 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer Ziffer I1.1.9 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ziffer II.1.9 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Ziffer II.1.10 bis 1.24 und 2.1 und 2.2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Ziffer II.2.3 auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 9/1150 unter Ziffer 3 ein Änderungsantrag der CDU/CSU vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer Ziffer I1.2.3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Ziffer II.2.4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ziffer 2.4 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Ziffer II.2.5 auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 9/1150 unter Ziffer 4 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer Ziffer I1.2.5 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Ziffer 1I.2.6 bis 2.9, 3.1 und 3.2 auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Ziffer II.3.3 auf. Hierzu liegt auf der Drucksache 9/1150 unter Ziffer 5 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um
Vizepräsident Frau Renger
das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe Ziffer II.3.3 in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In der Ausschußfassung angenommen.
({0})
- Nein. ({1})
- Streiten wir uns wieder darum, wie wir das nun machen?
({2})
- Wenn Sie es haben wollen, sage ich es gerne. Ich werde das nachholen.
Ich rufe Ziffer II.3.4 und 3.5 auf. Wer dem in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Ziffer III auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - 3 Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - 1 Enthaltung. Die Ziffer ist angenommen.
Ich rufe Ziffer IV auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Stimmenthaltung der CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 9/1163 auf. Durch ihn wird beantragt, nach Ziffer IV eine neue Ziffer V anzufügen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! ({3})
Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
({4})
- Bitte?
({5})
- Ich bitte um Verzeihung; dann lasse ich die Abstimmung wiederholen.
({6})
Wer dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache 9/1163 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. ({7})
Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich wiederhole die Feststellung, daß dieser Antrag abgelehnt worden ist.
({8})
Meine Damen und Herren, damit ist die Gesamtabstimmung über die Beschlußempfehlung des Aus-
schusses abgeschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Gerstein, Dr. Bugl, Engelsberger, Eymer ({9}), Dr. Hubrig, Maaß, Neuhaus, Prangenberg, Weirich, Dr. Riesenhuber, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Hellwig, Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU
Zukünftige Entwicklung der Großforschungseinrichtungen
- Drucksache 9/649 -
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Forschung und Technologie
b) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP
Zukünftige forschungspolitische Zielsetzung im Bereich der Großforschungseinrichtungen
- Drucksache 9/1161 Im Ältestenrat ist für die Aussprache eine Debattenrunde vereinbart worden. Sind Sie damit einverstanden? - Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.
Wird der Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Wir können dann gleich in die Aussprache eintreten.
Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Pfeifer hat das Wort.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die soeben abgeschlossene Debatte hat, wie ich glaube, u. a. eines sehr deutlich gemacht, nämlich daß der Bundesforschungsminister mit der Finanzierung seiner Forschungspolitik doch erheblich in Schwierigkeiten gekommen ist. Aus diesem Grunde möchte ich am Beginn dieser Debatte sagen, Herr Minister von Bülow, daß es nicht das Ziel unseres Antrages ist, für die Großforschungszentren mehr Geld zu verlangen. Ziel unseres Antrages ist es vielmehr, die für die Großforschungseinrichtungen relevanten forschungspolitischen Grundpositionen im Parlament abzustecken. Der Bundesforschungsminister hat in meinen Augen mit seiner in der Vergangenheit mehrfach wiederholten Aussage erreicht, daß sich der finanzielle Aufwand für die Forschungspolitik in der Bundesrepublik - verglichen mit anderen Ländern - noch immer sehen lassen kann. Das gilt sicherlich auch für die Großforschungseinrichtungen.
Meine Damen und Herren, die entscheidende Frage in der Forschungspolitik ist - jedenfalls nach meinem Eindruck - immer mehr die, ob die Qualität und die Ergebnisse der Forschung in der Bundesrepublik Deutschland, gemessen am internationalen Vergleich, noch den Rang einnehmen, der dem finanziellen Aufwand entspricht. Sicher haben wir in Deutschland nach wie vor Spitzenforschung. Auch
in den Großforschungseinrichtungen gibt es dafür eindrucksvolle Beispiele. Niemand kann aber, wie ich glaube, ernsthaft bestreiten wollen, daß wir in den zurückliegenden Jahren insgesamt Terrain verloren haben und wissenschaftlich-technologisch, verglichen mit anderen Ländern, eher zurückgefallen sind, auf nicht wenigen Gebieten beispielsweise gegenüber Japan oder den Vereinigten Staaten, auf manchen Gebieten das ist, wie ich glaube, auch heute morgen sichtbar geworden - gegenüber Frankreich und auf manchen Gebieten wohl auch gegenüber Großbritannien. Es würde den Rahmen dieser Debatte sprengen, die Ursachen und die Gründe für dieses Zurückfallen im einzelnen darzulegen.
Vor dem Hintergrund der Debatte von heute vormittag möchte ich aber wenigstens noch einmal auf vier Punkte hinweisen.
Erstens. Andere Industrieländer, mit denen wir auf den Weltmärkten konkurrieren, orientieren ihre Forschungspolitik konsequent an den technologischen Erfordernissen, während bei uns nahezu alle realen technologischen Erfordernisse problematisiert werden und auch noch die sogenannte Wirkungsforschung besonders favorisiert wird.
({0})
Meine Damen und Herren, dabei kann es nicht bleiben. Es ist gar keine Frage, daß Technologiefolgenabschätzung wichtig ist, aber ich finde, es muß eben auch das bedacht werden, was der Kollege Prangenberg dazu heute morgen gesagt hat:
({1})
Technologiefolgenabschätzung muß wesentlich stärker berücksichtigen, welche Folgen dann eintreten, wenn wir bestimmte Forschungsentwicklungen nicht mehr vollziehen und aus ihnen aussteigen.
({2})
Das ist nämlich für die Zukunft unseres Landes genauso wichtig wie die andere Seite der Technologiefolgenabschätzung!
({3})
Zweitens. Ich meine, wir müssen erreichen, daß die Umsetzung neuer Technologien und wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis der Industrie künftig weniger lange dauert. Ich weiß, daß der Bundesforschungsminister hierauf in der Vergangenheit häufig hingewiesen hat. Ich bin der Ansicht, daß eine Verbesserung dieses Technologietransfers in der Tat auch forschungspolitisch eine der entscheidenden Aufgaben ist, die vor uns liegen, eine Aufgabe, die sicherlich auch für die Großforschungseinrichtungen von Bedeutung ist. Ich meine deswegen, daß wir die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Großforschungseinrichtungen und Industrie auch in den Ausschußberatungen über die beiden vorliegenden Anträge nochmals etwas intensiver diskutieren sollten.
Drittens. Wenn das Geld knapp ist, muß sich der Staat in seiner Forschungspolitik auf Schwerpunkte konzentrieren. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion war und bleibt die Grundlagenforschung ein Schwerpunkt.
({4})
Ich anerkenne, daß der auf unseren Antrag hin im letzten Jahr zustande gekommene gemeinsame Beschluß des Bundestages zur Förderung der Grundlagenforschung auch in der Bundesregierung eine positive Resonanz gefunden hat, aber ich sage ebenso offen, daß wir sehr enttäuscht über die Resonanz sind, welche dieser Beschluß bisher in der BundLänder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung gefunden hat. Hierzu wird, meine ich, in einem anderen Zusammenhang noch einiges deutlicher zu sagen sein. Wir meinen, daß bei den Großforschungszentren einer der Schwerpunkte - nicht der ausschließliche, aber einer der Schwerpunkte - die Grundlagenforschung bleiben muß.
Viertens. Schwerpunktbildung in der Forschungspolitik muß Konzentration auf bestimmte wichtige Gebiete bedeuten. Wir sind mit der Bundesregierung darin einig, daß beispielsweise die Energieforschung, die Kommunikationstechnologie, die Biotechnologie und die Gentechnik, aber auch die Umwelttechnologie, die Rohstoffökonomie und die Hochveredelung Schwerpunkte sein müssen. Wir haben auch, Herr Bundesforschungsminister, mit Zustimmung gelesen, daß Sie in der Mikroelektronik einen neuen Schwerpunkt setzen wollen.
Aber wer in Zeiten knappen Geldes neue Prioritäten setzt, muß doch endlich auch einmal sagen, welche Bereiche er angesichts dieser neuen Prioritäten zurückstellen will. Bisher hat der Bundesforschungsminister versucht, sich angesichts der Einsparungsnotwendigkeiten in seinem Haushalt mehr oder weniger durchzuwursteln. Das geht nach meiner Überzeugung im Jahre 1982 und in den folgenden Jahren nicht mehr. Aber sinnvoll sparen kann nur, wer nach einem klaren forschungspolitischen Konzept mit klaren Prioritäten und ebenso klaren Posterioritäten spart, und daran fehlt es.
({5})
Kürzungen mit dem Rasenmäher - und es ist doch nicht zu bestreiten, daß teilweise, worauf ich bei den Großforschungszentren gleich noch zu sprechen komme, auch mit dem Rasenmäher gekürzt wird - offenbaren in aller Regel, daß entweder konzeptionelle Vorstellungen fehlen oder es an der Kraft mangelt, konzeptionelle Vorstellungen durchzusetzen. Beides hat für die Forschungspolitik und für die Forschung insgesamt nur nachteilige Auswirkungen.
Das zeigt sich auch bei den Großforschungszentren. Der Bundesforschungsminister hat ihnen Stellenkürzungen von 7,5 % in den kommenden fünf Jahren auferlegt. In meinen Augen ist es grundfalsch, daß der Bundesforschungsminister alle Zentren global mit der gleichen Auflage in bezug auf den Stellenabbau belastet hat, statt eindeutig Prioritäten zu setzen.
Jede Großforschungseinrichtung ist von ihrer Aufgabenstellung und wissenschaftlichen Struktur her anders. Deshalb brauchen wir unterschiedliche Stellenkegel und unterschiedliche finanzielle Ausstattungen. Dies hätte zu entsprechenden Prioritätsentscheidungen führen müssen. Dies schon deshalb, weil es in meinen Augen niemand verstehen kann, wenn mit Zustimmung der Regierung beispielsweise ein Zentrum in Hamburg - ich meine DESY - erst vor kurzem neue Aufgaben übernommen hat und dennoch zu den gleichen Einsparungen und zu dem gleichen Stellenabbau gezwungen wird wie andere Einrichtungen, deren Aufgaben sich entscheidend vermindert haben.
Deshalb ist es ein Ziel unseres Antrages, zu Verbesserungen im systematischen Zusammenwirken von öffentlichen Geldgebern und Großforschungseinrichtungen bei der Suche nach künftigen Entwicklungstendenzen, bei der richtigen Auswahl und Definition der Aufgabenstellungen sowie bei der Bewertung der Arbeitsergebnisse zu kommen. Wir brauchen eine Klärung der Frage, welches künftig die Aufgaben sein sollen, die den Fähigkeiten der Großforschungseinrichtungen angemessen sind, und welches diese Aufgaben nicht sind.
Viele Kleinforschungsprojekte, die nur dazu dienen, Kapazitäten auszufüllen, machen noch keine Großforschung. Als obsolet erkannte Aufgaben müssen eben konsequent abgebaut werden, selbst wenn das im Personalbereich manchmal zu schwierigen Entscheidungen führt.
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Dabei muß eines allerdings ganz klar sein. Die Klärung dieser Fragen muß mit den Großforschungseinrichtungen gemeinsam erfolgen. Sie kann nicht durch einen einfachen Oktroi der Politik erfolgen. Deshalb legen wir Wert darauf, daß die beiden Anträge, die heute vorliegen - damit auch unser Antrag -, zur Grundlage eines Gesprächs mit den Großforschungseinrichtungen im Ausschuß für Forschung und Technologie werden.
Wir sehen in den Großforschungseinrichtungen ein Potential, das wichtige wissenschaftliche und technologische Beiträge für die gegenwärtige und die künftigen Entwicklungen unseres Landes leisten kann. Aber die Kernfrage, welche Forschung auf welchen Gebieten in den Großforschungszentren geleistet werden soll, verlangt eben, daß die Arbeit und die Ergebnisse, die in den wissenschaftlichen Zentren geleistet werden, in gewissen Zeitabständen von Wissenschaftlern im Rahmen externer Beiräte begutachtet werden und daß die sich daraus ergebenden Weichenstellungen von der Politik mit Entschlossenheit vollzogen werden.
Schließlich will ich noch auf einen anderen aktuellen Aspekt hinweisen. Fast alle wissenschaftlichen Institutionen klagen derzeit über die finanziellen Restriktionen; ob alle zu Recht, ist eine andere Frage. Aber keine Frage für die Zukunft sollte es sein, meine ich, daß die öffentliche Hand, je mehr sie zur Beschränkung ihrer Zuwendungen an die Forschungsinstitutionen gezwungen ist, den Forschungsinstitutionen bei der Verwendung der Mittel um so mehr Freiräume einräumen sollte.
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Je mehr Flexibilität die Forschungseinrichtungen bei der Verwendung der Finanzmittel erhalten, um so mehr wird dies dem individuellen Charakter der einzelnen Einrichtungen und ihrer spezifischen wissenschaftlichen und technologischen Aufgabenstellung gerecht.
Ich vermag z. B. nicht einzusehen, warum die absolut stringente Scheidung von Investitions- und Betriebsmitteln sein muß. Ich vermag nicht einzusehen, warum z. B. zwei oder drei Personalstellen nicht von einer Forschungseinrichtung, wo es sich anbietet, auch einmal zu einer Personalstelle zusammengefaßt werden können, um einen qualifizierten Wissenschaftler zu gewinnen. Ich vermag nicht einzusehen, warum das, was in privatrechtlich organisierten Institutionen möglich ist, in Forschungsinstitutionen nicht möglich sein soll, nämlich Zuwendungen aus öffentlichen Jahreshaushalten zu thesaurieren und in Mehrjahreshaushalten zusammenzufassen. Das sind nur einige der in meinen Augen wichtigsten Fragen, die zu mehr Flexibilität führen könnten.
Ich sage das auch vor dem Hintergrund der Stellungnahme zu unserem Antrag betreffend die Grundlagenforschung. Ich bin es allmählich leid, hier immer nur zu hören, was aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht geht. Ich möchte jetzt auch einmal hören, was eigentlich geschehen muß, damit mehr Flexibilität entstehen kann. Ich würde es wirklich als hilfreich empfinden, wenn uns der Bundesforschungsminister hierzu einmal eine Problemliste vorlegte, die wir dann Punkt für Punkt mit den für den Haushalt Verantwortlichen in Regierung und Parlament besprechen können, denn wir müssen zu mehr Flexibilität kommen, wir müssen den Immobilismus überwinden. Wenn zur Zeit immer wieder geklagt wird über ein ungutes Klima in unseren Forschungsinstitutionen und in der Forschung der Bundesrepublik überhaupt, dann ist eine Ursache dafür, daß wir eine überzogene Forschungsbürokratie haben, und die rührt teilweise auch aus dem Haushaltsrecht her. Es muß doch in einem Parlament möglich sein, dieses zu überwinden.
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Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen. Ich meine, daß die Überwindung des unguten Klimas in der Forschung nicht das Anliegen nur einer Fraktion oder einer Partei sein sollte. Das müßte vielmehr ein Anliegen sein, das wir in diesem Parlament alle miteinander verfolgen. Ich habe einen Punkt genannt, ich will einen zweiten nennen: Ich habe den Eindruck, das ungute Forschungsklima kommt zum Teil auch daher, daß sich in der Bundesrepublik in den letzten Jahren die Perspektiven für qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs entscheidend verschlechtert haben. Ich bin deswegen der Meinung, daß wir bei der Behandlung dieser Anträge zu den Großforschungseinrichtungen aufnehmen müssen, was aus den Großforschungseinrichtungen an die Regierung und an das Parlament herangetragen worden ist, um die Position und die
Chancen des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Bundesrepublik zu verbessern. Wir legen deswegen Wert darauf, daß wir in den Ausschußberatungen auch einen Beitrag dazu leisten, daß in den Großforschungseinrichtungen qualifizierte Wissenschaftler nachwachsen können, weil das für die Qualität der Forschung in diesen Einrichtungen in der Zukunft ganz entscheidend ist.
Meine Damen und Herren, es ist in 15 Minuten nur möglich, einige Aspekte aufzugreifen; ich kann nicht alles darlegen, was in unserem Antrag enthalten ist. Ich möchte aber zum Schluß eine Bitte äußern. Wir haben jetzt zwei Anträge vorliegen. Meine Bitte ist, daß wir, ähnlich wie bei dem Antrag zur Grundlagenforschung, jetzt nicht versuchen, aus dieser Sache heraus zu einer Konkurrenz zwischen den Fraktionen im Sinne von Position und Gegenposition zu kommen; mir läge vielmehr daran, daß wir ähnlich wie bei der Grundlagenforschung den Versuch machen, zu einer einvernehmlichen Position des Parlaments zu kommen. Ich meine, wir sollten die Vertreter der Großforschungseinrichtungen in den Ausschuß einladen und sollten die für sie relevanten Themen mit ihnen durchdiskutieren und versuchen, im Parlament zu einer gemeinsamen Positionsbestimmung zu gelangen. Ich glaube, nichts wäre für die Großforschungseinrichtungen wichtiger, als daß wir dieses miteinander zustande bringen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fischer ({0}).
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Pfeifer, es gibt mit Sicherheit zwischen uns Gemeinsamkeiten bezüglich der Bewertung, es gibt auch sehr differenzierte Vorstellungen bezüglich der Lösungen.
Ich selbst möchte etwas Grundsätzliches zur geschichtlichen Entwicklung der Großforschungseinrichtungen sagen. Forschungspolitik ist für uns Zukunftsgestaltung. Staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung ist daher ein wichtiger Bestandteil einer vorsorgenden Politik. Sie muß vor allem dazu beitragen, die Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern, dauerhafte Vollbeschäftigung zu erreichen, die Modernisierung der Volkswirtschaft voranzubringen und Umwelt- und Energieprobleme zu lösen versuchen.
Der Gedanke einer staatlichen Forschungsförderung und von Forschungseinrichtungen außerhalb des Hochschulbereichs ist ja nicht neu. Ich möchte nur erinnern an die 1887 gegründete PhysikalischTechnische Reichsanstalt oder aber an die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt, 1911 gegründet. Nach dem Ende der Hitler-Herrschaft stand die Forschung in Deutschland vor großen Problemen. Der Nachholbedarf in der Wissenschaft, das Fehlen von Fachleuten, Gebäuden, Bibliotheken und Ausstattungen war erheblich. Naheliegende und richtige Strategie war es, zunächst einmal nachzuahmen. In diesem Zusammenhang möchte ich an die außerordentlichen Anstrengungen zur Entwicklung und Einführung neuer Energietechnologien erinnern. An diesem Punkt sind diese Großforschungseinrichtungen geboren worden. Vor diesem Hintergrund läßt sich auch die Gründung der ersten Großforschungseinrichtung 1956 verstehen.
Die Bundesregierung hat dann zusammen mit den jeweils beteiligten Landesregierungen das Ihre dazu beigetragen, daß die 13 heute bestehenden Großforschungseinrichtungen in Deutschland zu einem bedeutenden Faktor in der deutschen Forschungslandschaft geworden sind.
Bezüglich der finanziellen Aufwendungen - das haben Sie vorhin auch angesprochen, Herr Kollege Pfeifer - ist festzustellen, daß der Bundesminister für Forschung und Technologie allein bei den Aufwendungen von 1970 bis 1980 eine Steigerung von 0,5 Milliarden DM auf 1,67 Milliarden DM hatte, d. h. es gab innerhalb dieses Zeitraums mehr als eine Verdreifachung dieser Aufwendungen. Es sollte vielleicht hier auch festgehalten werden, daß der Anteil der Mittel für diese Großforschungseinrichtungen am Forschungshaushalt 25 % beträgt. Nun wäre es sehr interessant, einmal zu vergleichen, wie groß dieser Finanzanteil der Großforschungseinrichtungen am gesamten Forschungshaushalt in anderen Ländern, in den USA, in England, in Frankreich und in Japan ist. Dies hat sich so niedergeschlagen, daß bei uns in den Großforschungseinrichtungen 16 000 Mitarbeiter beschäftigt sind, von denen 4 200 Wissenschaftler sind. Diese haben im übrigen in der Vergangenheit eine hervorragende Arbeit geleistet und leisten diese auch heute noch. Mit Sicherheit werden sie diese auch in Zukunft leisten. An dieser Stelle möchte ich diesen Mitarbeitern einmal Dank sagen.
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Bei allen Unterschieden bei den einzelnen Großforschungseinrichtungen gibt es natürlich eine gemeinsame Aufgabe. Jede Großforschungseinrichtung muß ihren Standort in der forschungspolitischen Landschaft der Bundesrepublik im Spannungsfeld zwischen Universitätsforschung und Industrieforschung stets überprüfen und, falls nötig, neu definieren. Keiner von uns kann heute exakt voraussagen, auf welche technologischen Entwicklungen wir in der Zukunft setzen können oder sollen. Es scheint aber sicher zu sein, daß Forschungsarbeiten zur Schonung der Ressourcen und zur Erhaltung der natürlichen Umwelt eine zentrale Bedeutung für die Zukunft haben werden.
Ein Problem sollte hier allerdings nicht verschwiegen werden, das Sie, Herr Kollege, hier auch angesprochen haben und das der Herr Bundesforschungsminister mit Sicherheit auch kennt, nämlich die Schwierigkeiten bei der wirtschaftlichen Umsetzung. Im übrigen hat auch die Industrie Schwierigkeiten, die industrielle Forschung in die Praxis umzusetzen, wenn diese Schwierigkeiten auch nicht so groß wie bei der Forschung hier sind. Die Mitarbeiter in den Zentren können sich aber nicht damit zufriedengeben, daß sie nachgewiesen haben, daß ihre
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Entwicklungen technisch machbar sind. Lang angelegte Forschung sollte schon zu Beginn den Adressaten des Produktes im Auge haben und dann auch möglichst schnell Gespräche führen, damit die Umsetzung in die industrielle Praxis schneller vollzogen werden kann.
Bezüglich der Umsetzung wurden in der Vergangenheit Arbeits- und Projektgemeinschaften mit anderen Forschungseinrichtungen gegründet, Kooperationsverträge mit der Industrie abgeschlossen. Die sogenannte Zwei-Drittel-Regelung bildet einen zusätzlichen Anreiz für die Zentren, ihr Wissen Dritten zur Verfügung zu stellen. Sie wissen sicher, was die Zwei-Drittel-Regelung bedeutet: daß zwei Drittel der Einnahmen für solche Zwecke verwendet werden können und nicht auf die Zuschüsse angerechnet werden. Es muß allerdings ein Ziel sein, daß diese Transferinstrumente noch wirkungsvoller gestaltet werden. Hierin sind wir uns vollkommen einig. Im übrigen gewinnt auch der Technologietransfer in die Entwicklungsländer eine immer größere Bedeutung.
Allerdings möchte ich noch einmal herausstellen, daß die Anbindung an die Industrie nicht bedeuten kann, daß die Forschungszentren zum verlängerten Arm der Industrie werden. Im Gegenteil, sie müssen ihre Eigenständigkeit wahren. Großforschungseinrichtungen sind nicht kommerziellen, sondern eindeutig wissenschaftlichen Prinzipien verpflichtet.
Zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der Opposition, ist festzustellen: Eine jede Forschungstätigkeit muß sich die Frage nach ihren Ergebnissen und ihrem Nutzen gefallen lassen. Dafür sorgen zuallererst sicher die laufende interne Beobachtung und Kritik der Wissenschaftler untereinander. Forschung kann hervorragende Leistungen nur dann erbringen, wenn sie hinsichtlich ihrer Ziele und Maßnahmen genau durchdacht ist. Jede Forschungstätigkeit bedarf daher durchaus der Planung.
In Ihrem Antrag haben Sie auch das Problem der Ergebnisbewertungsverfahren angeschnitten. Die 1972 eingeführten Ergebnisbewertungsverfahren unterstützen den kontinuierlichen Aufgabenwechsel und die Anpassung an die neuen wissenschaftlichen und technologischen Fragen. Sachverständige in den Aufsichtsgremien und in den wissenschaftlichen Beiräten wirken dabei mit.
Ferner möchte ich betonen, daß für uns nach wie vor das Prinzip der Globalsteuerung eine Rolle spielt und nicht das Prinzip der Detailsteuerung eine Rolle zu spielen hat, wie es uns zum Teil in Ihrem Antrag unterstellt worden ist.
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Nun zu Ihrem zweiten Vorwurf, dem Vorwurf bezüglich der Personalpolitik der öffentlichen Hand. Jede Personalpolitik, die den Drang nach mehr Mitarbeitern und höherer Vergütung begrenzt, wird von den Betroffenen als unbefriedigend empfunden. Das ist eine altbekannte Tatsache. Die personalwirtschaftlichen Beschäftigungsmöglichkeiten geben den Großforschungseinrichtungen aber einen relativ großen Spielraum, so daß nicht von einer „bewegungslosen" - wie Sie es bezeichnet haben - „Personalsituation" gesprochen werden kann. Ich glaube, daß die 7,5 %ige Stelleneinsparung - ich werde nachher kurz etwas dazu sagen - diese Situation in den nächsten drei bis fünf Jahren, für die sie ja geplant war, nicht sehr gravierend ändern wird.
Die wissenschaftliche Mitbestimmung, die Sie angesprochen haben, bezieht sich vornehmlich auf Forschungs- und Energieplanung, nämlich Themenstellung, Mittel und Stellen. Diese wissenschaftliche Mitbestimmung „stranguliert" - wie Sie es bezeichnet haben - die personellen Einzelmaßnahmen mit Sicherheit nicht. Es darf natürlich nicht verkannt werden, daß die Entwicklung des Haushalts des Bundesministeriums für Forschung und Technologie und die dadurch bedingten Stelleneinsparungen auch die Großforschungseinrichtungen zwingen, bestehende Forschungsaufgaben abzubauen. Nur, es dreht sich jetzt darum, wie sie abgebaut werden. Neue Aufgaben verlangen eine Umstrukturierung im Aufgabenspektrum und Personaleinsatz der Großforschungseinrichtungen. Von unseren Zentren und ihren Mitarbeitern erfordert dies eine erhöhte Bereitschaft, Arbeitsgebiete und Tätigkeiten zunächst aufzugeben, um sich neuen Aufgabenstellungen mehr zuwenden zu können. Das ist das Entscheidende. Wir wissen, daß das nicht immer leicht sein wird. Was da vorausgesetzt wird, sind mit Sicherheit Flexibilität und Mobilität. Diese Probleme werden da auftreten. Daß es möglich ist, zeigt das Musterbeispiel der KFA Jülich. Ich weiß nicht, wer von Ihnen sich das angesehen hat, wie diese 7,5 %ige Einsparung, verteilt auf die nächsten fünf Jahre, in Absprache mit den Wissenschaftlern, mit den Personal- und Betriebsräten, mit dem BMFT durchgespielt worden ist. Andere Großforschungseinrichtungen sind nachgezogen.
Ferner begrüße ich, daß der Bundesminister für Forschung und Technologie ein Nachwuchsförderungsprogramm aufgelegt hat.
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Zu dem, was Sie hinsichtlich der Bürokratisierung gesagt haben: Die Bürokratisierung hat sehr verschiedene Gründe - da besteht, glaube ich, Konsens zwischen uns -, z. B. Rechts- und Verwaltungsvorschriften und interne haushaltsmäßige Verfahrensabläufe. In erster Linie da sollte man den Hebel ansetzen. Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, Ihre Unterstellung, die Mitbestimmung sei die wesentlichen Bürokratisierungsursache, ist doch wohl ein ungeheuerlicher Vorwurf.
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Von einer kurzen Anfangsphase nach der Einführung der Leitlinienstrukturen abgesehen, haben - und das ist nachweisbar; das betonen alle Wissenschaftler, alle Betriebsräte, die dort drin mitarbeiten - die Mitbestimmungsgremien zur besseren Information, stärkeren Motivation und beschleunigten Durchführung von Entscheidungen geführt; dies wird also von ihnen bestätigt.
Ich möchte noch auf die beiden Gutathen von Herrn Staatssekretär a. D. Dr. Cartellieri hinweisen. Er hat 1968 zwei Gutachten über das Thema „Zweck4226
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mäßige rechtliche und organisatorische Ausgestaltung der Institutionen für die Großforschung" erstattet. Auftraggeber für diese beiden Gutachten war der damalige Bundesminister für wissenschaftliche Forschung, Ihr Kollege Gerhard Stoltenberg. Wenn Sie diese beiden Gutachten von Herrn Dr. Cartellieri intensiv durchgearbeitet hätten, hätten Sie mit Sicherheit diesen Antrag in dieser Form und mit diesen analytischen Betrachtungen nicht gestellt. Ich habe die beiden Gutachten da; wer sie nicht kennt, dem leihe ich sie gerne aus.
Zusammenfassend möchte ich hier feststellen: Strukturelle und organisatorische Maßnahmen im Bereich der Großforschungseinrichtungen müssen zum Ziel haben: Reduzierung der Forschungsbürokratie - darüber sind wir uns wohl alle einig -, personelle Mobilität zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und staatlichen Organen, also öffentlicher Verwaltung, verbesserte Weiterqualifikation der Wissenschaftler - ein Ansatz ist ja schon gemacht -, Orientierung der internen Verteilung der Mittel an wissenschaftlichen Leistungen. Wir haben auch versucht, hierfür einen Kriterienkatalog aufzustellen. Der nächste Punkt scheint uns sehr wesentlich zu sein, nämlich die Wissenschaftler in Leitungsfunktionen mit Zeitverträgen anzustellen und danach auch zu dotieren, um qualifizierten Mitarbeitern und Wissenschaftlern auch die Möglichkeit des Aufstiegs zu geben;
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denn heute ist es so, daß „Lebenszeitforscher" diese Möglichkeit verbauen. Das ist eine große Klage unter den qualifizierten Wissenschaftlern.
Ferner sind wir der Ansicht, daß alle längerfristigen Vorhaben regelmäßig von unabhängigen Gremien überprüft werden sollten. Die Ergebnisse dieser Prüfung sollten bei der internen Mittelverteilung berücksichtigt werden.
Ich glaube, meine Damen und Herren, das in dem Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP vorgeschlagene Instrumentarium bietet - natürlich in Teilbereichen mit Unterstützung des Antrags der CDU/CSU-Fraktion - eine echte Chance, Großforschungseinrichtungen im personellen, strukturellen und organisatorischen Bereich effizienter zu gestalten. Bei den Beratungen in unserem Ausschuß - das haben Sie auch schon angeführt - sollten wir eine breite Informationsbasis schaffen, intensiven Erfahrungsaustausch mit Betriebsräten, Personalräten, Wissenschaftlern und auch Unternehmensmanagern haben, um Lösungskonzepte zu entwikkeln. Wir sollten auch - und das sage ich jetzt hier in aller Deutlichkeit - die vom Bundesrechnungshof kritisierten Punkte, die in dem Bericht angeführt worden sind, z. B. auch die verfassungsrechtliche Problematik der Mischfinanzierung und all diese Dinge, in unsere Überlegungen bei der Ausschußberatung mit einbeziehen.
Ich möchte zum Abschluß sagen: Die Opposition macht mit ihrem Antrag einen falschen Ansatz, um die Effektivität zu steigern. Für die Steigerung der wissenschaftlichen Effektivität, meine Damen und Herren der Opposition, haben Sie überhaupt keine
Vorschläge vorgelegt. Eine Reihe von Forderungen ist eine Selbstverständlichkeit. Was am schwersten wiegt: Es werden von der Opposition Ansätze zur Privatisierung der Entscheidung über öffentliche Forschungsmittel verstärkt. Sie verfolgen damit ein Konzept zur Änderung der Struktur der Großforschungseinrichtungen, das der öffentlichen Verantwortung dieser Einrichtungen zuwiderläuft. - Recht schönen Dank.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Laermann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das war der erste Auftritt des Kollegen Fischer hier. Ich darf Sie dazu recht herzlich beglückwünschen.
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, um ihre schlechte finanzielle Lage zu überwinden, hielten sich in vergangenen Jahrhunderten Fürsten und Könige sogenannte Goldmacher, die Alchimisten. Leider war diese Form einer auf den genannten Zweck orientierten ersten staatlichen Forschungsförderung nicht erfolgreich. Der Fehler u. a. in der zu konkreten Zielvorgabe der Forschungsbemühungen. ({1})
- Warten Sie es doch ab! Lassen Sie mich doch einmal zu Ende reden! - Dennoch entwickelte sich aus diesem Mäzenatentum die erste staatlich geförderte Grundlagenforschung, die Chemie. Immerhin brachte sie zwar nicht das gewünschte Ergebnis hervor, nämlich Gold, dafür aber eine beachtliche Wissenserweiterung und oft als Zusatz brauchbare, umsetzbare Ergebnisse, z. B. das Porzellan, das noch heute in manche Staatskasse beachtliches Geld bringt.
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Sollte hier in bezug auf die Großforschungseinrichtung irgendeine Parallelität gesehen werden, so möchte ich feststellen, daß sie rein zufällig ist.
Grundsätzlich halte ich das Konzept der Großforschungseinrichtungen für richtig und notwendig. Aber gerade Forschung ist starker Dynamik unterworfen. Das bedeutet auch entsprechende inhaltliche und organisatorische Anpassung solcher Einrichtungen.
Hier muß ich Ihnen, Herr Kollege Fischer, widersprechen. Das von Ihnen genannte Gutachten mag im Jahr 1968 richtig gewesen sein. Aber die Entwicklung ist in den Jahren danach rasant weitergegangen. Wir müssen uns auch in den Großforschungseinrichtungen dieser geänderten Entwicklung anpassen.
Bisher habe ich jedenfalls den Eindruck, daß die Großforschungseinrichtungen und die in ihnen Tätigen gute, hervorragende und wirkungsvolle Arbeit geleistet haben.
Nach dem Beschluß des Parlaments zur Grundlagenforschung im vergangenen Jahr und nach der Kleinen Anfrage der Koalitionsfraktionen vom SomDr.-Ing. Laermann
mer dieses Jahres zum Thema Zukünftige forschungspolitische Zielsetzungen im Bereich der Großforschungseinrichtungen haben die Koalitionsfraktionen aus der Antwort der Bundesregierung auf diese Kleine Anfrage und unter Einbeziehung des Berichts des Bundesrechnungshofs den heute vorliegenden Antrag erarbeitet. Dieser erscheint mir konkreter und schärfer akzentuiert als der ebenfalls seit Sommer dieses Jahres vorliegende Antrag der Opposition zum gleichen Thema.
Da ich nun tendenziell in manchen Punkten eine gewisse Übereinstimmung in beiden Anträgen glaube feststellen zu können, dürften die Beratungen im Ausschuß für Forschung und Technologie einen gemeinsam getragenen Beschluß erwarten lassen. Ich hoffe nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Pfeifer, daß wir dann wirklich zu einer der Sache dienenden einvernehmlichen Beschlußempfehlung kommen.
Dabei gehe ich auch davon aus, daß wir den inzwischen vorliegenden Bericht der Bund-LänderKommission zum Antrag betreffend Grundlagenforschung, den ich übrigens - das sage ich in aller Eindeutigkeit - für völlig unbefriedigend halte - auch hier stimme ich mit dem Kollegen Pfeifer durchaus überein -, in die Beratungen mit einbeziehen.
Der Bericht des Bundesrechnungshofs macht nunmehr ein Überdenken von Struktur, Organisation und Aufgabenzuweisung der Großforschungseinrichtungen ebenso dringend erforderlich wie die angespannte Haushaltslage und die Notwendigkeit, Einsparungen unter besonderer Berücksichtigung der Belange von Wissenschaft und Forschung sowie der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vorzunehmen. Investitionen in diesem Bereich sind Zukunftsinvestition en, Investitionen zur Stützung des gesellschaftlichen und strukturellen Wandels.
Wir haben dazu eine Reihe von Vorschlägen. Sie sind in dem Antrag schon formuliert, aber noch nicht ausformuliert. Es wird darum gehen, daß wir die Struktur der Grundlagenforschungsinstitute daraufhin überprüfen, inwieweit eine Kombination zwischen Grundlagenforschung und Servicefunktionen den Schwerpunkt des Aufgabenbereichs darstellen. Ich denke hier beispielsweise an das Institut für Schwerionenforschung oder an DESY in Hamburg. Andererseits wird zu überprüfen sein, inwieweit Grundlagenforschung stärker mit der angewandten Forschung kombiniert und schwerpunktmäßig ausgebaut wird.
Herr Kollege Pfeifer, Sie haben von den Schwerpunkten gesprochen: Schwerpunkt: Grundlagenforschung. Sie haben dann eine Reihe von Sachgebieten genannt. Ich kann hier nur feststellen, Sie befinden sich damit in völliger Übereinstimmung mit den Schwerpunkten, die die Regierung und die auch die Koalitionsfraktionen gesetzt haben. Ich weiß nicht, woher Sie da einen Widerspruch oder einen Gegensatz holen wollen. Ich möchte das hier nur feststellen. Kürzungen mit dem Rasenmäher wollen wir nicht vornehmen. Aber wie wollen Sie das in Anbetracht der noch zu führenden Strukturdiskussion hier durchziehen? Nach welchen Kriterien wollen Sie Stelleneinsparungen vornehmen? Haben Sie
sich das einmal überlegt? Oder sollte das eine Aufforderung zum Dirigismus gewesen sein? Soweit ich weiß, hat der Minister nur aufgefordert, festzustellen und festzulegen, in welchem Zeitraum welche Stellen umsetzbar oder kürzbar wären.
Sie haben hier davon gesprochen, daß die Qualität der Grundlagenforschung nicht mehr dem internationalen Rang entspreche. Ich gehe nicht davon aus, daß Sie hier die Leistungen der Wissenschaftler, die zweifellos erbracht worden sind, abqualifizieren wollen. Auch hier denke ich beispielsweise wieder an DESY.
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Sie ziehen dann Japan zum Vergleich heran. Sagen Sie mal - in Japan Grundlagenforschung? Das, was die japanische Industrie aus den weltweit verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen gemacht hat, ist doch wohl weniger eine staatliche Aufgabe als eine Aufgabe der Industrie. Sollten wir die dann nicht in unsere kritischen Betrachtungen mit einbeziehen? Hier ging es nämlich um die Umsetzung der Erkenntnisse in industrienahe Forschung und industrielle Produktion. Auch gibt es Versagen. Das können wir hier doch nicht verschweigen.
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Wir müssen das Augenmerk in der Tat sehr viel stärker auf den Transfer der Ergebnisse und damit auf eine stärkere Kooperation der Großforschungseinrichtungen mit Industrie, Wirtschaft und Verwaltung legen. Wir müssen von da aus natürlich die Bemühungen stützen, die Erkenntnisse in die industrielle Forschung und Entwicklung zu überführen. Das bedeutet zweifellos personelle Mobilität sowohl zur Fortentwicklung wie umgekehrt zur Befruchtung wissenschaftlicher Arbeit aus den praktischen Erfahrungen heraus. Das heißt, wir müssen für mehr Möglichkeiten der wechselseitigen Fluktuation zwischen den Großforschungseinrichtungen einerseits und den Hochschulen und der Industrie und der Verwaltung andererseits sorgen. Denn eines möchte ich mit aller Deutlichkeit hier feststellen: Kenntnisse und Erfahrungen werden nicht durch irgendwelche Datenträger, sondern letztlich nur über Hirne, über Köpfe transportiert. Deswegen ist es so entscheidend, daß wir uns auch mehr um den wissenschaftlichen Nachwuchs, um die Förderung des qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses bemühen.
Ich finde den Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen gut und akzeptabel. Der Forschungsminister hat bereits entsprechende Initiativen ergriffen. Wir wünschten, daß ähnliches auch von den Länderregierungen in bezug auf die Hochschulen in Angriff genommen würde und daß das nicht allein auf den Bund und die Bundesregierung abgeladen würde.
Ich muß dazu aber auch erwähnen, daß es sicherlich nicht vertretbar ist, daß sich so gewissermaßen ein Berufsbild „Forscher" entwickelt, daß es zu einer quasi Verbeamtung von Forschern kommt. So verständlich der Wunsch nach frühzeitiger sozialer Absicherung ist, so unzulänglich ist doch dieser Egois4228
mus. Ich finde, es sollte wie im Hochschulbereich die Möglichkeit von Zeitverträgen geben - über die Dauer müßte gesprochen werden -, unter Umständen mit zu begründender Verlängerungsmöglichkeit. Was hier auf dem Gebiet der Rechtsprechung durch die Arbeitsgerichte inzwischen geschehen ist, läßt befürchten, daß es sowohl in den Hochschulen wie in den Forschungseinrichtungen auf Dauer zu einem gewaltigen und nicht vertretbaren, volkswirtschaftlich schädlichen Abbau der Qualität und der Qualifikation der in diesen Einrichtungen Tätigen kommt
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und wir auch für die wichtigen Funktionen keine Nachwuchskräfte in der nächsten Generation mehr erwarten dürfen.
Natürlich sollten diese Regelungen ohne Verstöße gegen soziale Verpflichtungen erfolgen. Sie sollten aber daran orientiert sein, mehr Entwicklungschancen für Nachwuchskräfte zu sichern.
Natürlich muß es auch Dauerpositionen geben, die zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Institutionen und Einrichtungen notwendig sind. Ob es immer und ausschließlich richtig ist, Herr Kollege Fischer, nur auf die Leitungsfunktionen auf Zeit abzuheben, müssen wir im einzelnen prüfen.
Wir gehen davon aus, daß dem Staat, dem Parlament, auch der Regierung nur die Aufgabe zukommt, Globalsteuerung zu betreiben, d. h. Rahmenbedingungen zu setzen, Vorgaben zu machen. Daran müßte sich auch die Finanzierungsform der Großforschungseinrichtungen orientieren.
Wir meinen, daß eine Grundfinanzierung insbesondere zur Sicherung der Grundlagenforschung notwendig ist. Aber es sollten Möglichkeiten eröffnet werden, die Eigenfinanzierung über Vertrags-und Auftragsforschung, d. h. für anwendungsnahe Forschung, zu verbessern. Ich gehe davon aus, daß das eine bessere Effizienzkontrolle darstellt, als es je Administration und Parlament tun können; denn wer dann in seinem Gebiete nichts Brauchbares hervorbringt, wird es auch nicht - lassen Sie mich das sozusagen in Anführungszeichen sagen - am Markt unterbringen können. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß sich diese Zuwendungen nicht gleichsam einnahmemindernd auf die staatlichen Zuwendungen auswirken. Dann müßte ich fragen: Wo bleibt die Motivation? Herr Kollege Pfeifer, ich glaube allerdings, daß wir allesamt in unseren Fraktionen eine Menge Arbeit zu leisten haben, um die Haushälter davon zu überzeugen.
In unserem Antrag zur Grundlagenforschung haben wir gefordert - das greife ich noch einmal kurz auf -, daß die Etats aus den Einzelplänen herausgelöst werden. Die Etats der Forschungseinrichtungen können einfach nicht mit den allgemeinen Verwaltungsetats über einen Leisten geschlagen werden. Wir meinen, daß die privatrechtlichen Organisationsformen geschaffen wurden - GmbH, e. V. oder Stiftungen -, um im Hinblick auf die wissenschaftlichen Aufgaben einen angemessenen Handlungsspielraum zu schaffen. Es muß aber bezweifelt werden, daß diese privatrechtliche Organisationsform
alleine ausgereicht hat, für die Einrichtungen tatsächlich eine Hilfe zu sein. Sie müßten vor allen Dingen ein eigenes, auf sie zugeschnittenes Finanzstatut bekommen. Ihnen müßte zugebilligt werden, von dem Jährlichkeitsprinzip abzuweichen. Die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Personal-, Investitions- und Betriebsmittel müßte durchgesetzt werden. Es müßte etwa über das Verbot von Rücklagen gesprochen werden. Es müßte über die freiere Verfügbarkeit der eigenen Einnahmen gesprochen werden, insbesondere auch im Hinblick auf Personal, d. h. auf Drittmittelstellen.
Das alles sind Fragen bzw. Aufgaben, die wir in unserem Antrag angesprochen haben. Nach dem, was an Debattenbeiträgen zu hören gewesen ist, gehe ich davon aus, daß es möglich sein sollte, die Grundgedanken zusammenzufassen und daraus einen gemeinsamen Vorschlag für die zukünftige Organisations- und strukturelle Entwicklung der Großforschungseinrichtungen zu entwickeln.
Ich bitte um Überweisung des Antrages an den Ausschuß für Forschung und Technologie. - Ich bedanke mich.
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Das Wort hat der Bundesminister Dr. von Bülow.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand bestreitet die Bedeutung und den Wert der Großforschungseinrichtungen vom Grundsatz her. Diese Debatte kann deshalb nur den Zweck haben, sich über ihre Aufgaben und Funktion angesichts der wirtschaftlichen und technologischen Herausforderungen auch in Zukunft zu verständigen.
Wir leben nicht nur in einem dicht besiedelten, energie- und rohstoffarmen Land. Wir müssen uns zudem auf eine durch globale Rohstoffverknappung jeder Art bestimmte Zukunft einstellen. Die Bundesrepublik hat mit den Großforschungseinrichtungen ein wissenschaftlich-technisches Potential, mit dem wichtige Zukunftsaufgaben angepackt und in der Grundlagenforschung Spitzenleistungen erbracht werden. Wir müssen auch weiterhin auf technologischem Gebiet Entwicklungen vorantreiben, die „big science" im klassischen Stil verlangen.
Daneben treten neue Aufgaben in den Vordergrund. Allgemein gesprochen ist das die Lösung der Probleme, die mit der hohen Industrialisierung, mit der komplexen Entwicklung vieler Technologien und ihren Auswirkungen auf die Umwelt zusammenhängen.
Wir haben in den Großforschungseinrichtungen engagierte Wissenschaftler und Techniker, die problemorientierte Forschung in diesem Sinn durchführen. Die Zentren haben hierfür ein effizientes Projektmanagement aufgebaut, das die Organisation interdisziplinärer Forschung unter Ausnutzung einer sehr vielseitigen Infrastruktur erlaubt. Das alles gilt es weiterhin zu nutzen. Nahezu 10 Milliarden DM an Steuergeldern werden in den nächsten fünf Jahren in die Zentren fließen. Rund 25 % des Etats
des Forschungsministeriums sind langfristig durch die Großforschungseinrichtungen gebunden. Dieses Geld muß in wichtigen Aufgabenbereichen gut angelegt werden. Die 16 000 ständigen Mitarbeiter in den Zentren brauchen Zukunftsperspektiven, für die es sich einzusetzen lohnt.
Wir haben in den Großforschungseinrichtungen zunächst die Grundlagenforschung im eigentlichen Sinn, wie sie vor allem bei DESY in Hamburg und in der GSI in Darmstadt betrieben wird. Die Grundlagenforschung hat gutes internationales Ansehen, sie wird von mir unterstützt.
Vor allem in den Großforschungseinrichtungen brauchen wir darüber hinaus aber auch Grundlagenforschung, die in ihrer Vorlauffunktion am Anfang der Innovationskette bis hin zur Umsetzung in Wirtschaft und öffentliche Infrastruktur steht. Das Hauptgewicht der Arbeit der Zentren wird jedoch auch künftig in der angewandten Forschung und der technologischen Entwicklung liegen. Hier haben die Zentren ein eigenständiges Profil entwickelt. Hier sollen sie auch in Zukunft das für die Großforschung Spezifische weiter pflegen.
Für Ergebnisse auf diesem für die Wirtschaft und die öffentliche Infrastruktur wichtigen Gebiete werden schwerlich Nobelpreise vergeben. Gerade deshalb brauchen die Mitarbeiter in den Zentren den Rückhalt aus Politik und Öffentlichkeit, um mutig neue Aufgaben anzupacken.
Am kommenden Freitag wird mir die Kernforschungsanstalt Jülich ihren Vorschlag zur Neuorientierung ihres Programms vorstellen. Damit eröffne ich eine Runde von Präsentationen, in denen jeder Großforschungseinrichtung Gelegenheit zu einem intensiven Gedankenaustausch mit dem Ministerium über ihre künftigen Aufgaben gegeben wird. Ich würde es begrüßen, wenn auch die zuständigen Ausschüsse des Bundestags die Gelegenheit zu einer inhaltlichen Diskussion mit den Zentren suchten.
In diesem Jahr wurden die ersten Großforschungseinrichtungen 25 Jahre alt. Sie brauchen für die nächsten Jahrzehnte neuen Schwung und eine Aufbruchstimmung zu neuen Ufern wie vor 25 Jahren. Die konstruktive Diskussion über Inhalte muß daher in den Vordergrund treten.
Bei der Umsetzung der Kürzungsmaßnahmen im Personalbereich gab es für mich zwei Wege. Der eine Weg hätte dazu geführt, daß das Bundesministerium den Forschungseinrichtungen entsprechende zentrale Vorgaben hätte geben müssen. Der andere Weg war die Aufforderung an die Zentren, diese Kürzungsmaßnahme kreativ durch Umsetzung, durch Neuschaffung von Schwerpunkten und Abbau von überalterten Schwerpunkten selbst zu treffen. Ich habe es vorgezogen, zunächst einmal die fachlichen Vorschläge zur Ausgestaltung ihrer Zukunftsaufgaben von den Großforschungseinrichtungen selbst zu erbitten. Ich kann und will als Forschungsminister nicht den wissenschaftlichen Spürsinn der Zentren ersetzen, der für zukunftsorientierte und erfolgversprechende Projektvorschläge nötig ist. Meine Aufgabe sehe ich vielmehr in erster Linie in der Vermittlung politischer und wirtschaftlicher Herausforderungen an die Zentren sowie in der Bewertung der Pläne und in der Einleitung eines vernünftigen Diskussionsprozesses hierüber in der Fachwelt einschließlich der Wirtschaft. Nur so können wir das allgemeine Bewußtsein über die unverzichtbare Aufgabe und über die Bedeutung der Zentren wecken und die politische Unterstützung hierfür verbreitern.
Die Mehrzahl der Großforschungseinrichtungen hat die Stellenkürzung um 7,5 % als Impuls für eine Konzentration auf wichtige Schwerpunkte und eine Neubesinnung auf Zukunftsaufgaben aufgegriffen und verstanden. Ich bin den Zentren, ihren Vorständen, aber auch den Mitarbeitern dankbar dafür, daß sie nicht ein Lamento über die Gefährdung der Forschung insgesamt angestimmt, sondern konstruktiv und flexibel reagiert haben.
Hauptarbeitsgebiet der Zentren wird auch künftig die Energieforschung und die Energietechnik sein. Mit rund 22 % der Finanzmittel sind die Großforschungseinrichtungen derzeit eine wichtige Basis auch in der Fortschreibung des Programms Energieforschung. Dabei übernehmen neben der Fortentwicklung der Kerntechnik die Untersuchung und Entwicklung von neuen Energiesystemen in ihren Auswirkungen auf die Umwelt eine wichtige Rolle. Wir werden j a weltweit gegen Ende des Jahrhunderts auf die Nutzung minderwertiger und somit schmutzigerer fossiler Brennstoffe angewiesen sein. Dazu wird ein neuer Schwerpunkt „Künftige fossile Brennstoffe" bearbeitet.
Auch die kontrollierte Kernfusion ist eine langfristige Aufgabe, die die Zentren bis weit ins nächste Jahrhundert beschäftigen wird. Nachdem wir erfolgreich viele wissenschaftliche Voraussetzungen für die Nutzung der Fusionsenergie geschaffen haben, sollen nunmehr auch die technologisch orientierten Fragen, die mit der Entwicklung von Fusionsreaktoren verbunden sind, bearbeitet werden.
Im Rahmen ihrer Umweltforschung beschäftigen sich die Großforschungseinrichtungen bereits heute mit regionalen und großräumigen Klimaproblemen. Hier erwarte ich von den Großforschungseinrichtungen weitere konkrete Beiträge zum vorgesehenen Klimaforschungsprogramm.
Großprojekte der Grundlagenforschung waren in den Zentren von je her ein Anziehungspunkt für nationale und internationale Wissenschaftler. Die Verbundforschung zur Nutzung der Großgeräte durch Hochschulwissenschaftler ist bei uns vorbildlich organisiert. DESY z. B. ist ein Mekka für die international verflochtenen Hochenergiephysiker geworden. Ebenso hat die GSI in Darmstadt nach einer zielbewußten Aufbauphase mit spektakulären Ergebnissen internationale Aufmerksamkeit erzielt. Bei der GSI in Darmstadt werden in diesem Jahr beispielsweise Forscher aus 45 ausländischen Forschungsinstituten gearbeitet haben. Dieser Ausweis von weltweit anerkannter Spitzenforschung gibt mir Hoffnung, die wichtigsten der geplanten Großgeräte auch mit ausländischer Beteiligung finanzieren zu können.
Die Lebenswissenschaften, also Forschung für Gesundheit, Ernährung, Umwelt, sind der drittgrößte Schwerpunkt aller Zentrenaktivitäten. Das soll so bleiben. Gerade die biotechnologische Forschung verlangt hier wegen ihrer Bedeutung für industrielle Innovationen eine Stärkung, die uns trotz knapper Personalstellen gelingen muß.
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In diesem Jahr hat das Alfred-Wegener-Institut für Polarforschung in Bremerhaven seine Arbeit aufgenommen. Es wird zahlreiche geo- und lebenswissenschaftliche Disziplinen unter einem Dach zu gemeinsamer Erforschung der Polarregionen vereinen. Dabei soll das Institut mit dem Schiff und der Antarktis-Station auch ein dauerhaftes Service-Zentrum für die Polarforschung in der Bundesrepublik Deutschland werden.
Großforschung war von Anfang an eingebettet in die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen unseres Landes, in vielen Fällen sogar Motor des technischen Wandels, z. B. bei der Kernenergie. Eine Inselbildung außerhalb der Gesellschaft oder ein Vergraben der Großforschung in den Elfenbeinturm der Wissenschaft können wir uns auch weiterhin nicht leisten. Wir brauchen künftig ein noch vielfältigeres Instrumentarium in den Zentren, um Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in die Praxis umzusetzen. Die Großforschungseinrichtungen sollen noch stärker Impulszentren für die wissenschaftliche Kooperation mit der Wirtschaft werden.
Als eine besonders effiziente Kooperationsform hat sich die Vertragsforschung erwiesen. Auch die teilweise Nichtanrechnung von Einnahmen aus Know-how- und Lizenzverträgen auf die staatlichen Zuwendungen hat als Anreizsystem für verstärkten Technologietransfer Erfolg gehabt. Ziel aller Anstrengungen muß die Dynamisierung des Technologietransfers sein. Hierzu zähle ich auch die Gründung innovativer Existenzen unter maßgeblicher Beteiligung von wissenschaftlichen Beratern aus Großforschungseinrichtungen bis hin zu Joint Ventures zwischen Zentren und der Wirtschaft. Jedem Ingenieur, jedem Wissenschaftler aus einer Großforschungseinrichtung, der sich mit einer technischen Idee selbständig machen will, werden wir die Unterstützung in der Gründungsphase geben. Er wird bei Fehlschlägen seines Unternehmenswagnisses im Rahmen der ersten Jahre wieder einen Arbeitsplatz in seiner Großforschungseinrichtung finden.
Auch die Großforschungseinrichtungen haben seit dem letzten Jahr ihren Beitrag zu den Kürzungen des Haushalts geleistet. Wenig Verständnis - das hat Kollege Pfeifer ja auch angesprochen - findet aber bei den Wissenschaftlern der Mangel an Flexibilität und die immer stärkere Zunahme bürokratischer Detailregelungen, z. B. auch bei der Umsetzung der Stelleneinsparungen. Gerade in Zeiten des knappen Geldes brauchen wir mehr statt weniger Flexibilität, braucht die Forschung eigene Freiräume, damit sie ohne Verlust an Kreativität flexibel bleibt. Ich werde mich überall dafür einsetzen, daß wir die administrativen Rahmenbedingungen an die Erfordernisse effektiver Forschung anpassen und
nicht umgekehrt. Der Katalog der Hemmnisse, den, glaube ich, Herr Pfeifer angesprochen hat, wird zur Zeit für mich erstellt; ich will ihn gerne dem Parlament für seine Beratungen zur Verfügung stellen.
Dabei brauche ich eine breite Unterstützung auch der Länder und deren jeweiliger Forschungsadministration. Ich habe das bereits in der Bund-LänderKommission bei der Verabschiedung des Berichts zur Förderung der Grundlagenforschung zum Ausdruck gebracht. Dies alles gilt ebenso im staatlichen wie auch im zentreninternen Bereich.
Lassen Sie mich ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Beispiele für eine mögliche Verwaltungsvereinfachung aufzählen. Zunächst wünschen die Zentren von den Zuwendungsgebern besondere Regelungen, die ihnen eine flexiblere und häufig finanziell großzügigere Verwaltungspraxis ermöglichen sollen. Ich habe einerseits Verständnis für solche Forderungen, kenne als alter Haushälter aber auch manche Grenzen, deren Vorhandensein der Bericht der Bund-Länder-Kommission zur Grundlagenforschung deutlich beweist. Trotz der angespannten Haushaltslage müssen wir Verbesserungsmöglichkeiten aufspüren und konstruktiv umsetzen.
Auch im Parlament müssen die berechtigten Forderungen der Forschungseinrichtungen insgesamt stärkere Unterstützung finden. Man sollte z. B. die Stellenpläne nicht mehr in die Erläuterungen des Haushalts aufnehmen - das machen auch viele Länder nicht - und die Bedingungen für die Umsetzung der Stelleneinsparungen im Jahre 1982 so flexibel wie irgend möglich gestalten. Das Gegenteil ist der Fall. Weiterhin haben die Zuwendungsgeber in den vergangenen Jahren administrative Regelungen erlassen, die die Großforschungseinrichtungen in ihrer Gestaltungsfreiheit und ihrer Selbstverantwortung wohl zu sehr einschränken. Hier werde ich alle mir gegebenen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Zentren mehr Eigeninitiative und Gestaltungsspielraum einzuräumen. Ich werde entsprechende Vorschläge zur Verbesserung der Flexibilität der Forschungseinrichtungen demnächst vorlegen. Zur Durchsetzung derartiger Empfehlungen benötige ich nicht nur das Interesse, sondern auch die Unterstützung dieses Hauses. Ich werde daher wieder auf Sie zukommen, wenn es darum geht, der Forschung, wo immer möglich, den notwendigen Freiraum zu erkämpfen.
Im Gegensatz zur Opposition kann ich in den Mitwirkungsregelungen keine unmittelbare Ursache für eine fortschreitende Bürokratisierung sehen. Die Mitwirkung der wissenschaftlichen Mitarbeiter hat uns vor allem die Mobilisierung des Sachverstandes gerade auch der jüngeren Forscher gebracht. Darauf sollten wir nicht verzichten. Die Lösung des Bürokratieproblems ist auch nicht in der Erfindung von politischen Zauberformeln zu suchen. Ich bin auch dagegen, daß wichtige soziale Errungenschaften im Personalbereich abgebaut werden. Nach aller politischen Erfahrung ist Entbürokratisierung eine langwierige und eine mühevolle Kleinarbeit, mit der man sich nur ungern befaßt. Wenn wir hier aber nicht durchhalten, kaufen wir den Forschern durch häufig allzu kleinkarierte Bürokratie
wirklich den Schneid ab. Dies gilt es zu verhindern.
Die Möglichkeiten zur Verwaltungsvereinfachung bei den Zentren sollen selbstverständlich auch anderen institutionell geförderten Einrichtungen wie der Max-Planck-Gesellschaft oder der Fraunhofer-Gesellschaft zugute kommen. Insoweit sehe ich hier auch eine Chance für weitere Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Grundlagenforschung und für die Vertragsforschung.
Die technologische, wirtschaftliche, gesellschaftliche Ausgestaltung der Zukunft unseres Landes braucht die Großforschung. Die Zentren werden daher ihre Bedeutung für die künftige Forschungspolitik behalten. Wir werden die Großforschung auch in Zukunft stärken. Ich bin sicher, daß die Zentren selbst ihre Vitalität und Erneuerungsfähigkeit erhalten und ausbauen. Wenn sich die Zentren wie bisher dieser Herausforderung stellen, ist mir für ihre Zunkunft nicht bange. Dafür müssen wir uns alle, quer durch die Parteien, einsetzen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der CDU/ CSU-Fraktion auf Drucksache 9/649 und den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP auf Drucksache 9/1161 dem Ausschuß für Forschung und Technologie zu überweisen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir stehen jetzt vor der Frage, ob wir den nächsten Tagesordnungspunkt noch behandeln wollen. Ist dies unter den Geschäftsführern schon abgesprochen worden?
({0})
Wollen wir diesen Punkt noch abhandeln? Ist das allgemeine Meinung?
({1})
Dann rufe ich jetzt noch Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hennig, Jäger ({2}), Lorenz, Baron von Wrangel, Dallmeyer, Gerster ({3}), Dr. Kunz ({4}), Dr. Marx, Eigen, Dr. Meyer zu Bentrup, Werner, Schulze ({5}), Graf Huyn, Sauer ({6}), Clemens, Lowack, Dr. Hüsch, Lamers, Dr.-Ing. Oldenstädt, Frau Geier, Berger ({7}), Dr. Köhler ({8}), Dr. Todenhöfer, Dr. Hupka, Repnik, Rühe, Böhm ({9}), Dr. Arnold, Dr. Mertes ({10}), Straßmeir, Würzbach, Lintner, Dr. Abelein und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU
Reiseverkehr in den nördlichen Teil Ostpreußens
- Drucksache 9/925 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Auswärtiger Ausschuß
Es sind zehn Minuten Redezeit für den einzelnen Redner vereinbart; wenn es kürzer ist, ist es noch besser.
({11})
Herr Abgeordneter Dr. Hennig hat das Wort.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU/CSUBundestagfraktion hat einen Antrag eingebracht, der sich mit dem Reiseverkehr in den nördlichen Teil Ostpreußens beschäftigt. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, auf der Grundlage der KSZE-Schlußakte Gespräche mit der sowjetischen Regierung aufzunehmen mit dem Ziel, die in Korb III der Schlußakte zugesagten Erleichterungen vor allem für den Bereich des Reiseverkehrs endlich auch für den nördlichen Teil Ostpreußens zu gewährleisten, der 1945 unter sowjetische Verwaltung gestellt worden ist.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, bis zum heutigen Tage ist dieser Teil Ostpreußens für Besucher aus dem Westen gänzlich unzugänglich. Kein Deutscher darf Königsberg, Insterburg oder Memel besuchen; kein dort Geborener darf seine Heimat auch nur wiedersehen. Ich finde, das ist 36 Jahre nach Kriegsende ein ebenso unmöglicher wie unnötiger Zustand.
({0})
Wenn Sie einmal im Handbuch des Deutschen Bundestages blättern, werden Sie feststellen, daß hier eine weltweite Ausnahme gemacht wird. Es ist ganz selbstverständlich - und ich sage: Gott sei Dank -, daß unsere Frau Vizepräsidentin Renger ihre Heimatstadt Leipzig, Herr Windelen Schlesien, Herr Wehner Dresden - ({1})
- Aber Herr Wehner, Sie haben doch diesen Teil Ihres Lebenslaufs im Bundestagshandbuch wiedergegeben, und das wird man noch zitieren dürfen.
({2})
- Im übrigen habe ich die Absicht, hier völlig unpolemisch zu sprechen. Ich glaube, den Geburtsort von Herrn Wehner wird man in diesem Hause noch zitieren dürfen.
({3})
Ich fahre also fort: Es ist ganz selbstverständlich, daß beispielsweise Herr Dr. Barzel Braunsberg, Herr von Wrangel Reval, j a sogar unser Kollege George Tansania, wo er geboren worden ist, besu4232
chen darf. Man kann heute nach Peking reisen, nach Grönland und nach Sibirien, und es ist überhaupt nicht einzusehen, daß dies alles einzig und allein für das nördliche Ostpreußen nicht gelten soll.
({4})
Es ist nicht zu begreifen, daß der Kollege Wernitz als Königsberger oder der Kollege Schmude als Insterburger nicht dorthin dürfen, während beispielsweise der Kollege Ehmke als Danziger oder der Kollege Wischnewski als Allensteiner seit Jahren ohne Probleme dorthin reisen können. Warum, meine Damen und Herren, soll der großen Sowjetunion nicht möglich sein, was Polen seit langem selbstverständlich ist?
Nun sagt man, das sei ein militärisches Sperrgebiet. Meine Damen und Herren, wir wollen gar keine SS-20 sehen; die kann man bei 5 000 km Reichweite auch ein Stück weiter fahren oder am besten ganz verschrotten. Wir interessieren uns nicht für militärische Geheimsachen, sondern für unsere Heimat, für unseren Studienort oder vielleicht ganz einfach nur für eine einmalig schöne Landschaft wie beispielsweise die Samland-Küste.
({5})
In der KSZE-Schlußakte hat sich nun auch die Sowjetunion mit der Unterschrift Breschnews verpflichtet, menschliche Kontakte, freiere Bewegung, regelmäßige Begegnungen und Reisen in ihr Land zu fördern. Mehr als sechs Jahre nach Helsinki fragen wir, wie es damit steht, wozu man große Hotels in Königsberg und in Memel baut, wenn dort keiner hinreisen darf.
Ich habe mich zweimal auf KSZE-Konferenzen der Parlamentarier besonders um diesen Themenbereich gekümmert. In stundenlangen Gesprächen habe ich 1978 in Wien mit Herrn Präsident Shitikov und 1980 in Brüssel mit Herrn Präsident Ruben über eben diese Frage gesprochen, um nicht zu sagen: verhandelt, und wir waren bei der Durchsetzung unserer Forderungen erfolgreich. Herr Shitikov, der Präsident des Obersten Sowjets, hat in Wien am Ende unterschrieben, man wolle das Reisen und die Freizügigkeit erleichtern und weitere Gebiete für Touristenreisen zugänglich machen. Gemeint war - und das wußte er genau - das nördliche Ostpreußen. Herr Ruben, der Präsident des Nationalitätensowjets, hat im Mai 1980 in Brüssel ein Schlußdokument unterzeichnet, das einen Aufruf an die Parlamente und die Regierungen enthält, weitere Gebiete für Touristenreisen zugänglich zu machen. Gemeint war ganz klar das nördliche Ostpreußen.
Nun soll die Bundesregierung von uns aufgefordert werden, ein Ergebnis einzufordern. Sie hat wiederholt zugesagt, sich bei der sowjetischen Regierung entsprechend einzusetzen. Ich meine allerdings, daß Sie dies noch nicht mit dem erforderlichen Nachdruck und mit der ihr möglichen Ausdauer getan hat. Botschafter Kastel und Gesandter Graf Rantzau haben das Thema dankenswerterweise, Herr Staatsminister, in Madrid angesprochen.
({6})
- Ja, sicher. Beim letzten Besuch des Herrn Bundeskanzlers und des Bundesaußenministers in Moskau war allerdings, wie man mir hinterher schrieb, keine Zeit, diese Probleme anzusprechen.
Als Breschnew jetzt in Bonn war, blieb es dem Herrn Bundespräsidenten vorbehalten, Herrn Breschnew darauf anzusprechen und ihm eindringlich darzulegen, daß es ein großer und wichtiger Schritt zur wirklichen Entspannung wäre, wenn alle gebürtigen Ostpreußen, aber darüber hinaus auch Menschen wie beispielsweise er, der er in Königsberg studiert habe, die Möglichkeit erhalten würden, dieses Land zu besuchen.
({7})
Ich möchte dem Herrn Bundespräsidenten - ich denke, ich kann das im Namen aller tun - ganz herzlich dafür danken, daß er dieses Anliegen vieler Deutscher mit großer Selbstverständlichkeit aufgenommen hat.
({8})
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Reaktion des sowjetischen KP-Generalsekretärs verdient höchstes Interesse. Er drehte sich nämlich zu seinem Außenminister Andrej Gromyko um und fragte ihn: „Lassen wir denn das nicht zu?" Diese Reaktion von Herrn Breschnew zeigt, daß wir in dieser Frage durchaus zum Erfolg kommen können, wenn wir sie gemeinsam und mit dem nötigen Nachdruck aufnehmen, wenn wir Hilfe finden bei der Regierung, die hier viel mehr Möglichkeiten hat als einzelne.
Zehntausende von Deutschen, die aus diesem Teil Ostpreußens stammen, warten bisher vergebens auf eine Möglichkeit, dort hinzureisen, um ihre Heimat wiedersehen zu können. Der Bundesregierung obliegt als Mitunterzeichnerin der KSZE-Schlußakte die Aufgabe, die Verwirklichung der Schlußakte und ihrer menschlichen Erleichterungen einschließlich der Reisemöglichkeiten auch für das Gebiet des nördlichen Ostpreußens zugunsten unserer Bürger durchzusetzen.
Sie merken vielleicht, daß ich ohne jede Polemik, aber als gebürtiger Königsberger, wenn ich so sagen darf, mit vollem Herzen zu Ihnen spreche. Ich tue das, weil ich eine große Chance sehe, dieses bescheidene Ziel zu erreichen.
Die Kontrollen für Sowjetbürger für die Einreise aus den übrigen Teilen der Sowjetunion in das Königsberger Gebiet sind übrigens vor kurzem weggefallen. Das hat zwei Landsleute in die Lage versetzt, in diesem Sommer dort hinzureisen. Einer war in Königsberg, einer war in Memel. Sie waren „illegal" in ihrer Heimat. Es waren traurige Reisen, die sie gemacht haben, denn allzuvieles hat sich dort geändert. Es sind erschütternde Berichte, die sie mitgebracht haben. Aber ich meine, es sind notwendige Reisen, wenn man von Entspannung und Versöhnung wirklich reden können soll. Es ist ein Menschenrecht, das Menschenrecht, seine Heimat zumindest besuchen zu können, um das es geht.
Leonid Breschnew und Helmut Schmidt haben vor 14 Tagen unterschrieben, daß sie in dem Bestreben, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu förDr. Hennig
dern, für eine Vertiefung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Tourismus eintreten. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, was ist das für ein Europa, in dem 1981 viele unserer Mitbürger ihre Heimat noch nicht einmal als Touristen besuchen können?
In diesem Sinne bitte ich die beiden anderen Fraktionen dieses Hauses und Sie alle, die Sie Ihre Heimat behalten durften oder sie zumindest besuchen können, sehr herzlich: Geben Sie diesem unpolemischen, diesem bescheidenen, diesem selbstverständlichen Antrag Ihre Zustimmung! Wenn Sie dies nicht gleich können, weil vielleicht über Formulierungen zu reden ist: Geben Sie der Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß Ihre Zustimmung. Denn wenn wir uns miteinander beharrlich einsetzen - ich bin da ganz sicher -, dann ist dieses Ziel erreichbar. Das wäre für viele Deutsche, die doch nun älter werden und ihre Heimat gerne noch einmal wiedersehen möchten, eine ganz wesentliche Sache. In diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Hilfe und um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.
({9})
Das Wort hat der Abgeordnete Schlaga.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von einer gewissen inhaltlichen Übereinstimmung einmal abgesehen, Herr Kollege Hennig, gefiel mir natürlich eine Passage nicht, und zwar, als Sie sagten, die Regierung habe sich nicht mit dem erforderlichen Nachdruck für dieses Begehren eingesetzt. Sie wissen sehr wohl, daß es eine ganze Chronologie von Begegnungen deutscher Regierungsmitglieder mit sowjetischen Stellen gibt, bei denen dieses Thema angesprochen worden ist.
Es ist für alle im Hause sicher selbstverständlich, daß Begegnungen aller Art, Besuche, Tourismus und Austausch von Menschen letztlich friedenserhaltend sind, daß sie Vorurteile und Mißverständnisse abbauen und vertrauensbildend wirken. Die Tschechoslowakei hat keine schlechten Erfahrungen damit gemacht, daß sie z. B. Menschen, die aus dem Sudetenland stammen, diese Gebiete bereisen ließ, und Polen hat sicher auch keine schlechten Erfahrungen, von Einzelfällen einmal abgesehen, gemacht, wenn Bürger der Bundesrepublik Deutschland oder der DDR in Pommern oder im südlichen Ostpreußen oder in Schlesien Besuch abgestattet haben.
Die Sowjetunion tut das nicht. Ich finde das bedauerlich, ich finde es auch unzureichend, und die Begründung, das sei ein Sperrgebiet, rückt ihr Verhalten für meine Begriffe in die Nähe der Diskussion über Menschenrechte. Ich halte es auch für kleinlich. Ein Land wie die Sowjetunion hat das meiner Auffassung nach nicht nötig.
Allerdings ist eine Befürchtung natürlich nicht von der Hand zu weisen: Wenn sich dort erst einmal deutsche Presseorgane eingenistet haben, dann wird nicht immer alles sehr objektiv sein, was geschrieben und fotografiert wird und in den deutschen Illustrierten wiederzufinden ist. Davor haben
die Sowjets aus schlechten Erfahrungen einen gewissen Vorbehalt. Es wäre auch ein Stückchen Selbstbescheidung derer, die dorthin reisen, zur Kenntnis zu nehmen und zu berücksichtigen, daß in diesen Gebieten Nord-Ostpreußens noch lange nicht alles so ist, wie man es sich wünscht oder wie es in anderen tourismusexponierteren Gebieten der Fall ist.
Im übrigen, Herr Kollege Hennig, rennt der Antrag natürlich offene Türen ein. Die Regierung hat im Laufe der Jahre mehrere Anfragen - Sie haben sie zum großen Teil selbst gestellt - beantwortet und darauf verweisen müssen, daß sie nicht zu Ergebnissen gekommen ist. Sie selbst sprachen die Interparlamentarische Konferenz vom Mai 1980 in Brüssel an, in der das war. Der Bundeskanzler hat erst am 23. vergangenen Monats beim Besuch von Herrn Breschnew unter anderem während einer Tischrede folgendes zum Ausdruck gebracht - ich darf das einmal zitieren -:
Nicht zuletzt auf Grund zahlreicher Eingaben aus der Bevölkerung widmen sich daher auch die Parlamentarier unserer Länder diesen Fragen mit Nachdruck. Die Entschließung der Vierten Interparlamentarischen Konferenz über europäische Zusammenarbeit im Mai 1980 in Brüssel, an der Parlamentarier aus Ost und West teilgenommen haben, enthält im Abschnitt „Zusammenarbeit in humanitären und anderen Bereichen" z. B. einen Aufruf an die Parlamente und Regierungen, weitere Gebiete für Touristenreisen zugänglich zu machen. So warten viele Menschen in der Bundesrepublik Deutschland darauf, Gebiete in der Sowjetunion besuchen zu können, die, wie das nördliche Ostpreußen, noch für Ausländer gesperrt sind. Meine Regierung würde es begrüßen, wenn die sowjetische Regierung, der Entschließung der Interparlamentarischen Konferenz folgend, Reisen auch in diese Gebiete zulassen würde.
Dies so bei der Tischrede des Bundeskanzlers am 23. November dieses Jahres. Am 27. November war dieses Thema dann Gegenstand bei der KSZE-Folgekonferenz in Madrid.
Es ist also nicht so, daß wir auf dem Gebiet untätig geblieben sind bzw. die Regierung weiß um ihre Pflicht. Wenn sie bisher nicht den durchschlagenden Erfolg gehabt hat, dann sind das eben diese schwierigen, oft unter gänzlich unterschiedlichen Aspekten gesehenen einzelnen Punkte - in diesem Falle von der Sowjetunion -, die langsam und mühselig über viele Jahre hinweg aufgebrochen werden müssen, um zum Erfolg zu kommen.
Ihre Formulierung in Ihrem Antrag ließe sicher noch einige Anmerkungen zu. Ich will da nicht polemisieren. Sie verwechseln da aber wohl doch, daß es sich bei KSZE nicht um einen Vertrag, um einen Pakt handelt, sondern um eine Absichtserklärung, sonst würden Sie nicht formulieren: „Die zugesagten Erleichterungen". Da liegt ja nun auch die Schwierigkeit. Das wissen Sie.
Die Bundesregierung hat im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten alles getan, um zu einem Ergeb4234
nis zu kommen. Sie wird das weiterhin tun, und Sie können annehmen - mir persönlich sollten Sie das abnehmen -, daß ich mich genauso dafür einsetze. Ich bin mit dem Antragsteller deshalb insoweit einer Meinung, daß diesem Begehren des Antrags von der Sowjetunion schnell entsprochen werden sollte und daß wir die Diskussion im Ausschuß fortsetzen. Ich unterstütze deshalb die Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß. - Schönen Dank.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Feldmann.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion würde es natürlich begrüßen, wenn die Sowjetunion Reisen in das nördliche Ostpreußen ermöglichen würde. Es bedarf allerdings keiner besonderen Aufforderung an die Bundesregierung, Gespräche mit der Sowjetunion über dieses Thema zu suchen. Die Bundesregierung hat diese Gespräche bereits seit Jahren geführt und nichts unversucht gelassen, auch für den nördlichen Teil Ostpreußens einen freizügigen Reiseverkehr zu erreichen. Die Antragsteller müßten wissen, daß sie mit diesem Antrag - ich darf es wiederholen - offene Türen bei der Bundesregierung einrennen.
Abgeordnete Ihrer Fraktion haben in den vergangenen Jahren wiederholt Fragen zum Thema Reisen in das nördliche Ostpreußen an die Bundesregierung gerichtet. Herr Kollege Hennig, den Antworten auf diese Fragen ist eindeutig zu entnehmen, daß die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten nichts unversucht gelassen hat. Ich darf Ihnen, Herr Kollege Hennig, in Erinnerung rufen, was die Bundesregierung allein in letzter Zeit hierzu mit allem Nachdruck und mit den ihr gegebenen Möglichkeiten getan hat. Die Bundesregierung hat im Mai 1978 während des Besuchs von Generalsekretär Breschnew der sowjetischen Seite ihr Verlangen vorgetragen. Im August 1978 wurde dies von Moskau ablehnend beantwortet. Daraufhin wurde im Dezember 1978 in Bonn während der deutsch-sowjetischen Direktorenkonsultationen die Frage des Reiseverkehrs ins nördliche Ostpreußen ausführlich erörtert. Im April 1979 hat das sowjetische Außenministerium bei erneuter Ansprache durch unsere Botschaft in Moskau wiederum negativ reagiert.
Herr Kollege Hennig, es gibt keine Automatik, die die Verwirklichung der Abmachungen von Helsinki garantiert. Viele Punkte der KSZE-Vereinbarungen müssen erst mühsam in die Praxis umgesetzt werden, wie Sie wissen. Viele Punkte der Schlußakte haben bisher lediglich den Charakter von Absichtserklärungen. Die Umsetzung völkerrechtlicher Vereinbarungen kann auch nicht erzwungen werden. Dies beruht alles auf Freiwilligkeit. Das gilt selbstverständlich auch für die KSZE-Schlußakte. Die Erfüllung dieser völkerrechtlichen Abmachungen kann nur durch ständige Wiederholung des Vereinbarten erreicht werden. Wir haben gute Gründe, gerade die Sowjetunion an die Abmachungen zu erinnern, die sie in Helsinki unterschrieben hat. Darin bin ich mit Ihnen einig. Die Sowjetunion sollte sich zur Erfüllung besonders verpflichtet fühlen; denn gerade die Sowjetunion hat das Helsinki-Abkommen als einen Schritt zur Entspannung propagiert. Wir sind uns einig, daß die Förderung von Reisen und Tourismus ein wesentlicher Punkt des Korbes III der Schlußakte von Helsinki ist. Unter dem Stichwort „Verbesserungen der Bedingungen für den Tourismus auf individueller und kollektiver Grundlage" wurde z. B. die gemeinsame Auffassung bekräftigt, daß der Tourismus zu wachsendem Verständnis zwischen den Völkern und zur Verbesserung der Kontakte beiträgt.
Die vorhin erwähnte Ablehnung in Moskau vom August 1978 wurde vom sowjetischen Außenministerium wie folgt begründet - ich zitiere -:
Das Gebiet um Kaliningrad - das frühere Königsberg gehört nicht zu den für ausländische Touristen geöffneten Gebiete. Dem Wunsch nach einer Öffnung für den Reiseverkehr kann daher nicht entsprochen werden.
Es gibt sehr viele militärische Sperrgebiete in der Sowjetunion, die nicht für den Reiseverkehr freigegeben sind. Offensichtlich haben wir es auch hier mit dem uns bekannten übertriebenen Sicherheitsbedürfnis der Sowjetunion zu tun. Mit ihrer übertriebenen Geheimniskrämerei erweist sich die Sowjetunion allerdings keinen guten Dienst.
Offensichtlich haben wir der Sowjetunion noch nicht ausreichend das verdeutlichen können, was bei dem jüngsten Breschnew-Besuch in der Bundesrepublik mit dem Begriff „Sicherheitspartnerschaft" angesprochen wurde. Aber die Sowjetunion sollte sehen, daß eine Freigabe militärischer Sperrgebiete ein Beitrag zur Vertrauensbildung wäre. Und Vertrauensbildung zwischen den Blöcken würde auch der Sicherheit der Sowjetunion dienen. Die Sicherheit der Sowjetunion ist auch unsere Sicherheit. Dies gilt auch umgekehrt.
Die Bedenken der Sowjetunion sind nicht gerechtfertigt. Ich verweise ebenso wie der Kollege Schlaga auf die guten Erfahrungen, die zwischen Polen und Deutschen und Tschechen und Deutschen gemacht wurden. Die Besuche des südlichen Teils Ostpreußens, unter polnischer Hoheit stehend, haben Einsichten in Realitäten ermöglicht und damit einen Beitrag zur Völkerverständigung zwischen Deutschen und Polen geleistet.
Auch für die deutsch-sowjetische Völkerverständigung wäre ein bilateraler, geographisch nicht eingeschränkter Reiseverkehr sicher förderlich. Völkerverständigung macht den Frieden sicherer.
Nicht nur bilateral, sondern auch multilateral hat die Bundesregierung - es ist schon erwähnt worden - im Rahmen der KSZE-Verhandlungen in Madrid diese Fragen immer wieder angesprochen. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung die Entschließung der 4. Interparlamentarierkonferenz vom Mai 1980 in Brüssel über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa begrüßt, in der die Parlamente und Regierungen der KSZE-Teilnehmerstaaten aufgefordert werden - ich darf das hier zitieren -:
Möglichkeiten zu finden, um weitere Teile ihrer Gebiete für den Touristenverkehr zu öffnen.
Im November 1980 wurde dieses Thema von deutscher Seite in Madrid - Herr Kollege Hennig, Sie haben das bereits angesprochen - in den zuständigen Arbeitsorganen für „Tourismus" und für „Konferenzfolgen" ebenfalls angesprochen. Die Bundesregierung hat weiterhin an alle Teilnehmer die Aufforderung gerichtet - auch ich darf das wiederholen -, die vorhin erwähnte Brüsseler Resolution breit gestreut zu veröffentlichen.
Das folgende hat der Kollege Schlaga bereits anklingen lassen. Am 27. November 1981 hat der Leiter unserer Delegation auf der KSZE-Folgekonferenz in Madrid in der Plenardebatte ausgeführt - ich darf zitieren -:
So warten viele Menschen in der Bundesrepublik Deutschland darauf, Gebiete in der Sowjetunion besuchen zu können, die, wie das nördliche Ostpreußen, noch für Ausländer gesperrt sind. Meine Regierung würde es begrüßen, wenn die sowjetische Regierung, der Entschließung der Interparlamentarischen Konferenz folgend, Reisen auch in diese Gebiete zulassen würde.
Es ist richtig: Beim jüngsten Besuch Breschnews hier in Bonn hat der Herr Bundespräsident unser Anliegen Generalsekretär Breschnew vorgetragen. Auch wir möchten dem Herrn Bundespräsidenten dafür ausdrücklich danken.
Ich stelle abschließend fest: Für die FDP-Fraktion besteht kein Zweifel, daß die Bundesregierung weiterhin alles versuchen wird, um die Freigabe des nördlichen Ostpreußens für den westlichen Besucherverkehr zu erreichen.
({0})
Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Corterier.
Frau Präsidentin! Wir sind uns alle in dem Ziel einig, daß Reisen in den nördlichen Teil Ostpreußens möglich werden sollen. Aber, Herr Kollege Hennig, ich muß den Vorwurf, den Sie erhoben haben, die Bundesregierung habe sich in dieser Frage nicht mit dem nötigen Nachdruck eingesetzt, mit Entschiedenheit zurückweisen.
Ich kann es jetzt sehr kurz machen, denn die Kollegen Schlaga und Feldmann haben im Detail nachgewiesen, welche vielfältigen Bemühungen wir seit dem Jahr 1978 sowohl im bilateralen Bereich wie im multilateralen Bereich unternommen haben.
Da Sie mit dem Unterton der Kritik darauf hingewiesen haben, daß es dem Herrn Bundespräsidenten vorbehalten geblieben sei, dieses Thema beim Besuch des Generalsekretärs Breschnew anzusprechen, muß ich sagen, daß ich diese Kritik nicht verstehe. Bei der Vielzahl der schwierigen Fragen, die bei diesem Besuch zu erörtern waren, war es doch wohl legitim, daß die verschiedenen Gesprächspartner eine gewisse Arbeitsteilung vorgenommen haben. Die Hauptsache ist j a, daß das Thema angesprochen worden ist. Wir sind dankbar, daß der Herr Bundespräsident das getan hat.
({0})
Wir sehen die Öffnung dieses Gebietes für den Reiseverkehr - das ist ja auch schon vorher zum Ausdruck gebracht worden - als eine Forderung an, zu der uns die KSZE-Schlußakte von Helsinki berechtigt; denn die Unterzeichnerstaaten haben sich dort verpflichtet, Reisen in ihre Länder zu fördern. Deswegen haben wir schon mehrfach in den zuständigen Gremien auf der Konferenz in Madrid das Thema angesprochen, und es ist vor ganz kurzer Zeit auch in der Plenarsitzung von unserem Delegationsleiter noch einmal angesprochen worden. Die Bundesregierung ist entschlossen, sich so wie bisher auch weiterhin der Sowjetunion gegenüber auf der bilateralen Gesprächsebene und im multilateralen Bereich mit der gebotenen Eindringlichkeit für dieses berechtigte Anliegen einzusetzen. Die Öffnung des nördlichen Teils von Ostpreußen für den Reiseverkehr wäre ein sichtbarer, den Menschen unmittelbar zugute kommender Schritt im deutsch-sowjetischen Verhältnis über 35 Jahre nach Kriegsende, über zehn Jahre nach dem Abschluß des deutsch-sowjetischen Vertrages. Die Bundesregierung hofft daher, daß sich die Sowjetunion entschließt, einen solchen Schritt nunmehr in absehbarer Zeit zu vollziehen.
({1})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Ältestenrat empfiehlt, den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 9/925 dem Auswärtigen Ausschuß zu überweisen. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall; dann ist das so beschlossen.
Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr.
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Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.
Lassen Sie mich, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, ein paar Sätze sagen, die vielleicht nicht üblich sind. Unsere Geschäftsordnung schreibt ein strenges Reglement vor, auch für den Präsidenten. Aber ich denke, auch eine menschliche Höflichkeit wird von ihr nicht ausgeschlossen, - Herr Ministerialdirigent Werner Blischke gehört seit 1954 der Verwaltung des Deutschen Bundestages an. Er hat in vielen Jahren die Arbeit des Deutschen Bundestages auf dem Sitz hinter mir begleitet. Heute ist es seine letzte Sitzung. Indem ich das erwähne, möchte ich ihm für die Arbeit und die Hilfe danken, die er uns in der Erfüllung unserer Aufgabe gewährt hat. Ich wünsche ihm einen langen und gesunden Ruhestand.
({0})
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Damit kommen wir zu unserer eigentlichen Arbeit. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
- Drucksache 9/1134 Wir kommen zuerst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts. Ich begrüße Herrn Staatssekretär Becker, der zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung steht.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Welche Vorkehrungen wird das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung treffen, um die zugegebenermaßen ({1}) „dürftigere" Auswertung der Interviews und Reden führender nordamerikanischer Politiker sowie der wichtigsten nordamerikanischen Pressekommentare in den Nachrichtenspiegeln erheblich zu verbessern, damit die Informationen über die politischen Meinungen bei unserem wichtigsten Verbündeten nicht wesentlich hinter den Informationen über die Meinungen in anderen Ländern und im Ostblock zurückstehen?
Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, die Fragen 31 und 32 zusammen beantworten zu dürfen, weil sie in einem inneren Zusammenhang stehen.
Der Fragesteller ist einverstanden. Daher rufe ich auch die Frage 32 des Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Welchen Hinweis gab es in den Nachrichtenspiegeln des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung auf das USICA-Interview des Direktors des US-Amts für Rüstungskontrolle und Abrüstung, Eugene V. Rostow, vom 28. Oktober 1981, in dem er die späteren Abrüstungsvorschläge des US-Präsidenten Reagan bereits mehrere Wochen vorher eindeutig ankündigte und in ihren hauptsächlichen Zielen umriß?
Herr Abgeordneter, auf Ihre beiden Fragen möchte ich in drei Punkten antworten.
Erstens. In meiner schriftlichen Antwort vom 26. November 1981 habe ich nicht „zugegeben", daß das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Interviews und Reden amerikanischer Politiker dürftiger auswertet als Informationen aus Osteuropa. Ich hatte Ihnen vielmehr erwidert, daß ich Verständnis dafür hätte, wenn Sie das möglicherweise so empfinden, und hatte dann begründet, warum dieser Eindruck nach meiner Auffassung objektiv nicht zu rechtfertigen ist.
Zweitens. Ich möchte heute hinzufügen, daß wir die Möglichkeiten haben, in osteuropäischen Ländern aufgestellte Sender zu empfangen, aber nicht imstande sind, Sendungen aus Amerika aufzunehmen. Technisch ist das nicht möglich. Das hat geographische, aber keine politischen Gründe.
Drittens. Ich stimme Ihnen völlig zu, daß das Interview des Direktors des US-Amts für Rüstungskontrolle und Abrüstung, Eugene Rostow, vom 28. Oktober 1981 schon ein frühzeitiger Hinweis auf die später vom amerikanischen Präsidenten formulierte Abrüstungsstrategie war. Dieser Bedeutung wegen haben wir das Interview in unseren Funkinformationen vom 30. Oktober 1981 im vollen Wortlaut veröffentlicht.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Czaja.
Herr Staatssekretär, wenn Sie meinen, daß die objektiven Tatsachen diese dürftige Auswertung amerikanischer Kommentare nicht rechtfertigen, frage ich Sie: Haben die Nachrichtenspiegel des Presse- und Informationsamts wenigstens den Amerikadienst der amerikanischen Botschaft in Bonn, der ja nicht durch Funk übertragen wird, ausgewertet, z. B. bezüglich der letzten, uns angehenden Rede von Vizepräsident Bush über die Atomrüstung oder bezüglich der detaillierten Darlegungen von Unterstaatssekretär Eagleburger über den amerikanischen Standpunkt vor Beginn der Genfer Abrüstungsverhandlungen oder bezüglich der Ausführungen des Delegationsleiters Kampelman zum Fortgang der Madrider Konferenz?
Herr Abgeordneter, wir gehen an sich davon aus, daß es uns die enorme Bereitwilligkeit der amerikanischen Botschaft, alle ihre Drucksachen zu veröffentlichen und jedermann zugänglich zu machen, der dies wünscht, erspart, hier Doppelarbeit zu veranstalten. Bei gewichtigen oder sonst wie sehr aktuellen Äußerungen amerikanischer Politiker bringen wir zumindest, unabhängig von diesem Dienst der amerikanischen Botschaft, wichtige Auszüge, nicht aber immer den vollen Wortlaut.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Kollegen Czaja.
Wie oft bringen Sie Hinweise in den Nachrichtenspiegeln auf wichtigste amerikanische Pressekommentare, die ja nicht nur durch Funk übermittelt werden, sondern auch durch Zeitungen, ähnlich wie es dankenswerterweise von Ihrem Amt bezüglich der Ostblockpresse, aber auch zum Teil der westlichen europäischen Presse gehandhabt wird?
Der Unterschied zwischen den Kommentaren in den osteuropäischen Ländern und denen der Vereinigten Staaten besteht in der Regel darin, daß Kommentare der osteuropäischen Länder amtlichen Charakter haben. Sie kommentieren die Politik im amtlichen Sinne. Dies kann man selbstverständlich von amerikanischen Journalisten nicht sagen. Daraus ergibt sich zuweilen ein Unterschied in der Bewertung.
Eine dritte Zusatzfrage des Herrn Kollegen Czaja.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie aber auch Kommentare der westlichen Presseorgane bringen, warum kommen so wenig Pressekommentare aus der amerikanischen Presse in den Nachrichtenspiegel?
Ich bin im Moment nicht der Auffassung, daß wir wenig amerikanische Kommentare bringen, und ich verweise da auch auf unsere wöchentlichen Erscheinungen, die Kommentare, die besondere Bedeutung haben, in vollem Wortlaut bringen.
Eine vierte und letzte Zusatzfrage des Kollegen Czaja.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß die Nachrichtenspiegel des Bundespresse- und Informationsamtes die Bundesbehörden und die Abgeordneten umfassend über die politischen Strömungen und die Regierungsaussagen in den USA informieren sollten, nicht zuletzt um unnötige Mißverständnisse durch unzureichende Information zu vermeiden?
Herr Abgeordneter, ich teile Ihre Auffassung ohne jeden Vorbehalt, und wir bekommen sehr viel Anerkennung dafür, daß das auch so gehandhabt wird.
Keine weiteren Zusatzfragen? - Dann sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes beantwortet. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen auf. Zur Beantwortung begrüße ich Herrn Staatsminister Dr. Corterier.
Ich rufe die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf:
Hat die Bundesregierung beim Besuch des Generalsekretärs Breschnew auf die Unterzeichnung der seit Jahren unterschriftsreif vorliegenden deutschsowjetischen Abkommen, die bisher nur wegen der Frage der Einbeziehung Berlins nicht unterschrieben worden sind, gedrängt, und was sind die Gründe dafür, warum bejahendenfalls ein solches Drängen dennoch erfolglos geblieben ist?
Die Frage der Unterzeichnung noch offener deutschsowjetischer Abkommen, eines wissenschaftlich-technischen Rahmenabkommens und eines Zweijahresprogramms zum Kulturabkommen, wurde während des Breschnew-Besuchs erörtert. Dabei bestand Übereinstimmung, daß bestehende Schwierigkeiten in einer gemeinsamen Anstrengung aus dem Weg geräumt werden sollten. Die Bundesregierung hält selbstverständlich an ihrer Auffassung fest, daß Berlin in befriedigender Weise in die Abkommen einbezogen werden muß.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatsminister, da ja im Viermächteabkommen über Berlin, dessen Geltung auch von der Sowjetunion wohl nicht bestritten werden dürfte, klar festgelegt ist, daß Berlin in Verträge mit anderen Staaten einbezogen werden kann: mit welchen Begründungen hat denn Herr Breschnew es abgelehnt, die Verträge mit Einbeziehung Berlins zu unterzeichnen?
Herr Generalsekretär Breschnew hat von sich aus die Frage dieser Abkommen angesprochen, und es ist verabredet worden, eine gemeinsame Anstrengung zu machen - wie ich es bereits ausgeführt habe -, um die noch bestehenden Schwierigkeiten auszuräumen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatsminister, können Sie dem Hause vielleicht etwas näher verdeutlichen, welches der Gegenstand dieser Anstrengung ist? Die könnte doch - wie ich mir das vorstelle, und ich weiß nicht, ob Sie diese Meinung teilen; mich würde Ihre Auffassung interessieren - eigentlich nur darin bestehen, in diesen Verträgen die von der Bundesregierung dort längst hineingeschriebene Berlin-Klausel auch von der sowjetischen Seite her zu akzeptieren.
Herr Abgeordneter, ich möchte über das, was ich bereits gesagt habe, nicht hinausgehen. Ich glaube, das ist deutlich genug. Ich habe ausgeführt, daß die Bundesregierung selbstverständlich an ihrer Auffassung festhält, daß Berlin in befriedigender Weise in die Abkommen einbezogen werden muß, und in diesem Sinne werden sich dann auch unsere Anstrengungen bewegen, wobei ja bereits darauf hingewiesen worden ist, daß hier vor allem die beiden Außenminister tätig werden sollen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hupka.
Herr Staatsminister, Sie haben von gemeinsamen Anstrengungen gesprochen. Auf welchem Felde könnten sich nun die Anstrengungen auf der anderen Seite bewegen?
Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß es hilfreich wäre, über derartige Fragen in der Öffentlichkeit zu spekulieren. Ich meine, darüber sollten wir uns im einzelnen im Auswärtigen Ausschuß unterhalten.
Keine weiteren Zusatzfragen? - Dann rufe ich die Frage 34 des Abgeordneten Jäger ({0}) auf:
Mit welchem Erfolg hat die Bundesregierung beim Besuch des Generalsekretärs Breschnew in Bonn die Frage der würdigen Herrichtung und Pflege deutscher Kriegsgräber in der Sowjetunion angesprochen, und in welchem Zeitraum kann nach Auffassung der Bundesregierung dieses Problem endlich einer befriedigenden Lösung zugeführt werden?
Der Bundeskanzler hat das Thema der Kriegsgräberfürsorge in der Sowjetunion in seinem Gespräch mit Generalsekretär Breschnew am 24. November 1981 erörtert. Er hat dabei an die bereits im vorigen Jahre von Generalsekretär Breschnew angekündigte Einladung des Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge angeknüpft und daran erinnert, daß eine solche Einladung bisher nicht ergangen ist.
Der Bundeskanzler hat erneut darum gebeten, daß der Präsident des Volksbundes Deutsche
Kriegsgräberfürsorge eine Einladung erhalten möge. Generalsekretär Breschnew gab in seiner Antwort zu verstehen, daß er für eine Einladung des Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge keine Schwierigkeiten sehe.
Es ist zu hoffen, daß die in Aussicht genommenen Gespräche bald stattfinden und zu einem befriedigenden Ergebnis führen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatsminister, hat sich denn der Bundeskanzler auf Grund der schlechten Erfahrungen, die man mit sowjetischen Zusagen in diesem Punkt gemacht hat - siehe Ihre eigenen Ausführungen eben -, damit zufrieden gegeben, daß Generalsekretär Breschnew sagte, es gebe keine Schwierigkeiten, obwohl es offensichtlich eben doch Schwierigkeiten gegeben hat - denn sonst wäre die Einladung längst ergangen -, oder hat der Bundeskanzler nicht vielmehr darauf hingewiesen, daß dieses dringende humanitäre Problem jetzt endlich einer Lösung zugeführt werden müsse?
Wir gehen davon aus, daß die Reise bald stattfinden wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatsminister, darf ich Ihre Antwort so deuten, daß nicht bloß die Reise, sondern auch ein erfolgreiches Ergebnis dieser Reise in nächster Zeit bevorsteht, d. h. daß es endlich möglich sein wird, die noch vorhandenen deutschen Kriegsgräber würdig herzurichten und künftig auch einer Pflege durch die Angehörigen zugänglich zu machen?
Selbstverständlich hoffen wir auf ein solches Ergebnis.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.
Herr Staatsminister, ist mit Breschnew auch über die Gründe gesprochen worden, warum die Einladung, die im Sommer vorigen Jahres zugesagt worden war, bis heute nicht erfolgt ist?
Ich habe darüber keine Informationen.
Keine weiteren Zusatzfragen. - Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Beruht die Mitteilung des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes, daß im Jahr 1982 10000 Deutsche die Sowjetunion verlassen können, auf sowjetischen Zusagen während des jüngsten Besuchs von Breschnew in Bonn, und warum ist diese Zusage, vorausgesetzt, sie ist so gemacht worden, den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses vorenthalten worden?
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, worauf die Mitteilung des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes beruht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.
Nachdem über dieses Problem während der Anwesenheit von Breschnew in Bonn gesprochen worden ist: Können wir davon ausgehen, daß sich im nächsten Jahr eine Besserung abzeichnen wird, zumal mit 80 Aussiedlern aus der Sowjetunion im November die niedrigste Zahl registriert werden mußte?
Herr Abgeordneter, ich darf daran erinnern, daß Generalsekretär Breschnew anläßlich seines Besuches erklärt hat, die Sowjetunion werde Ausreiseanträge in der Absicht behandeln, humanitäre Fragen in wohlwollendem Geist zu lösen. Auf der Basis dieser Erklärung hoffen wir selbstverständlich, daß wir im nächsten Jahr eine höhere Zahl von Ausreisenden haben werden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.
Herr Staatsminister, können Sie bestätigen, daß im Sommer vorigen Jahres aus Anlaß des Besuches des Bundeskanzlers in Moskau die gleiche Erklärung abgegeben worden - im Wortlaut fast übereinstimmend - und die Ausreisezahl dennoch in erschreckender Weise - in diesem Jahr haben wir die niedrigste Zahl seit sieben Jahren - zurückgegangen ist?
Ich habe die damalige Erklärung nicht vorliegen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lowack.
Herr Staatsminister, sind Ihnen die Gründe für den starken Rückgang der Zahl der Auswanderer aus der Sowjetunion bekannt?
Ich kann hier keine Gründe nennen.
Herr Kollege Jäger ({0}) zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, hat denn die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Ausreisegenehmigungen beim Besuch des Generalsekretärs Breschnew auch die ständigen Verhaftungen von Deutschstämmigen angesprochen, die nach Moskau oder anderen obersten Behörden reisen, um dort ihrem Wunsch Geltung zu verschaffen, und haben sich die sowjetischen Vertreter dazu geäußert?
Ich habe bereits vor kurzer Zeit in der Fragestunde darauf hingewiesen, daß alle diese Fragen bei den Gesprächen eine Rolle gespielt haben und von unserer Seite angesprochen worden sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Tietjen.
Herr Staatsminister, können Sie mit mir einig sein, daß es Fragen in der humanitären Entwicklung nicht gäbe, wenn der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland Hupka oder Jäger ({0}) hieße?
({1})
Die Frage steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der gestellten Frage. Aber ich stelle es dem Staatsminister frei, darauf etwas zu antworten.
({0})
Ich glaube, die Frage spricht für sich selbst und bedarf keiner Antwort.
Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Welche Gründe haben Bundeskanzler Schmidt auf der Pressekonferenz nach dem EG-Gipfeltreffen in London veranlaßt, über die „auswachsenden Delegationen" und die Spezialisten zu polemisieren?
Der Bundeskanzler hat auf der Pressekonferenz nach dem Europäischen Rat in London die Gründe, die ihn bewogen haben, sich zur Größe der Delegationen zu äußern, selbst erläutert. Die Äußerung des Bundeskanzlers bezog sich auf die Expertensitzung in der Nacht vom ersten auf den zweiten Tag des Treffens, als es den Experten nicht gelang, den Auftrag der Staats- und Regierungschefs zu erfüllen und die auf politischer Ebene am ersten Tag erreichten Annäherungen in konkrete Formulierungen umzusetzen.
Nicht zuletzt diese Erfahrung hat die Gipfelteilnehmer bewogen, in London offengebliebene Fragen den Außenministern zur Beratung „im engsten Kreis" zu überantworten. Die Staats- und Regierungschefs waren der Meinung, daß sich Lösungen leichter im engen Kreis und ohne größere Delegationen erreichen lassen. Informelle Ministertreffen haben sich bei anderer Gelegenheit wiederholt bewährt.
Weitere außenpolitische Überlegungen lassen sich an die Äußerung des Bundeskanzlers nicht knüpfen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Eigen.
Herr Staatsminister, wenn man davon ausgeht, daß wir alle eine weitere Integration und Fortschritte in Europa wünschen und die Initiative von Bundesaußenminister Genscher begrüßen, glauben Sie, daß solche Äußerungen von Bundeskanzler Schmidt hilfreich sind, angesichts der Tatsache, daß alle zehn Staaten Experten und große Delegationen nach Brüssel entsenden.
Ich glaube, daß diese Äußerung des Bundeskanzlers durchaus hilfreich
war; denn der Verlauf dieser Nachtsitzung war tatsächlich enttäuschend und hat insofern einen Rückschlag gegenüber dem erbracht, was auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs am Tag vorher schon erreicht war.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Eigen.
Wie können Sie den Widerspruch erklären, daß Bundeslandwirtschaftsminister Ertl vorher erklärt hat, die offenstehenden Fragen der europäischen Politik müßten nunmehr auf dem Gipfel in London geklärt werden, daß aber praktisch auf dem Gipfel in London nichts herauskam?
Zunächst einmal ist es nicht richtig, Herr Kollege, daß nichts dabei herausgekommen ist,
({0})
denn es ist tatsächlich gelungen, in einer Reihe von nicht unwichtigen Fragen eine Verständigung herbeizuführen, die allerdings noch unter dem Vorbehalt der Gesamteinigung steht. Allerdings ist bei einigen wichtigen Fragen, vor allem im Bereich der Agrarpolitik, noch keine Einigung erzielt worden. Aber wer die Diskussion gerade in diesem Bereich vor dem Gipfel verfolgte, konnte nicht erwarten, daß es gleich im ersten Anlauf selbst auf dieser hohen Ebene gelingen würde, alle diese Fragen zu lösen. Sie selber kennen mit Sicherheit die Schwierigkeit dieser Fragen am besten.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 37 des Abgeordneten Conradi auf:
Welche Mitsprache- bzw. Mitentscheidungsmöglichkeiten und -rechte hat die Bundesregierung zur Stationierung und Anwendung von chemischen Kampfstoffen von unserem Land aus?
Art. 4 Abs. 2 des Deutschlandvertrags, der am 5. Mai 1955 in Kraft getreten ist, verweist in bezug auf die Stationierung von Streitkräften im Bundesgebiet auf die Abmachungen über den deutschen Verteidigungsbeitrag. Im Rahmen dieser Abmachungen besteht zwischen den NATO-Partnern Einigkeit darüber, daß Stationierung und Einsatzplanung nichtkonventioneller Waffensysteme, wie es chemische Waffen sind, in Übereinstimmung mit den Verteidigungsplänen des Atlantischen Bündnisses und im Einvernehmen mit den direkt beteiligten Staaten festgelegt werden.
Diesem Grundsatz entspricht die ständige Praxis im Bündnis. Damit ist unsere Mitwirkung an Entscheidungen über die Stationierung chemischer Kampfstoffe im Bundesgebiet und über die Planung ihres Einsatzes vom Bundesgebiet aus gewährleistet.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Conradi.
4240 Deutscher Bundestag - 9. Wallperiode Conradi ({0}): Herr Staatsminister, nachdem der Vermittlungsausschuß des amerikanischen Kongresses am 2. Juni einen Passus beschlossen hat, der Konsultationen der Europäer über die Einführung neuer binärer Kampfstoffe vorsieht, frage ich Sie: Welche Position wird die Bundesregierung bei diesen Konsultationen zur Einleitung eines amerikanischen Produktionsprogramms für solche Kampfstoffe einnehmen?
Herr Abgeordneter, im Moment gibt es überhaupt keine Entscheidung der Vereinigten Staaten für ein solches Produktionsprogramm, und deswegen besteht auch kein Anlaß, in die von Ihnen erwähnten Konsultationen einzutreten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Conradi.
Herr Staatsminister, kann ich davon ausgehen, daß, wenn diese Konsultationen der europäischen Regierungen, die zu beschließen der Vermittlungsausschuß des Kongresses j a wohl Anlaß gehabt haben muß, stattfinden, die Bundesregierung den Bundestag darüber informieren und die Möglichkeit geben wird, über die Stellungnahme der Bundesregierung bei solchen Konsultationen in diesem Hause zu diskutieren?
Ich bin nicht sicher, welche Form der Konsultation und der Beratung mit dem Bundestag dann zu wählen sein wird. Aber das wird jedenfalls ein sehr intensiver Prozeß der Abwägung und der Konsultation sein müssen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.
Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, daß der Deutschlandvertrag, auf den Sie eingangs zu Recht verwiesen haben, in allen seinen Teilen alle Vertragspartner voll verpflichtet?
Selbstverständlich!
Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Die Frage ist beantwortet.
Die Fragen 38, 39 und 40 werden auf Bitten der Fragesteller hin schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf und begrüße zur Beantwortung den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär von Schoeler.
Die Fragen 41 und 42 werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 43 des Abgeordneten Bühling auf:
In wieviel Fällen sind von ausländischen Staatsangehörigen gestellte Asylanträge rechtskräftig abgewiesen worden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Kollege Bühling, ich wäre dankbar, wenn ich Ihre Fragen 43 und 44 zusammenfassend beantworten könnte.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 44 auf:
Haben alle abgewiesenen Asylbewerber das Bundesgebiet nachweisbar verlassen oder sind ({0}) Teile dieses Personenkreises im Inland „versickert"?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Eine statistische Erfassung der abgelehnten Asylanträge findet zur Zeit lediglich beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge statt. Dort werden seit 1953 die Entscheidungen des Bundesamtes erfaßt. Die Zahl der vom Bundesamt abgelehnten Asylanträge betrug von 1953 bis Oktober 1981 208 504. Wie viele dieser Entscheidungen des Bundesamtes rechtskräftig geworden sind, kann zur Zeit nicht angegeben werden, da keine entsprechenden Statistiken geführt werden.
Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß zahlreiche ablehnende Entscheidungen des Bundesamtes aus den letzten Jahren zur Zeit noch Gegenstand von Verwaltungsgerichtsverfahren sind.
Für ausländerrechtliche Maßnahmen gegenüber Asylbewerbern, deren Anträge rechtskräftig abgelehnt worden sind, sind, wie Sie wissen, die Länder zuständig. Bei den Ländern werden zur Zeit, mit Ausnahme des Landes Schleswig-Holstein, keine Statistiken über den endgültigen Verbleib rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber geführt. Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung haben in den letzten Jahren mehrfach Maßnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren beschlossen. Alle diese Maßnahmen hatten das Ziel, über den endgültigen Verbleib eines Asylbewerbers schnellstmöglich nach Antragstellung zu entscheiden. Auch angesichts dieser Bemühungen empfindet es die Bundesregierung als einen erheblichen Mangel, daß zur Zeit keine Auskunft über den endgültigen Verbleib abgelehnter Asylbewerber gegeben werden kann. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Asylwesen hat daher in ihren Empfehlungen vom 12. Juni 1981 vorgeschlagen, daß ab 1. Januar nächsten Jahres eine Asylbewerberstatistik eingeführt werden soll, die auch Angaben zum Aufenthalt der abgelehnten Asylbewerber enthalten wird. Diese Asylbewerberstatistik soll beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge geführt werden; dort werden zur Zeit die organisatorischen Vorbereitungen getroffen. Um die Zuverlässigkeit der Statistik zu gewährleisten, wird die Bundesregierung die Regierungen der Länder bitten, künftig eine vollständige Meldung durch die Ausländerbehörden sicherzustellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Bühling.
Glaubt die Bundesregierung, daß alle elf Bundesländer in entsprechender Weise bei
Ihren begrüßenswerten Absichten mitarbeiten werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin auf Grund der Beratungen der Bund-LänderArbeitsgruppe „Asylwesen" sicher, daß seitens der Länder die Bereitschaft dazu besteht. Ich begrüße Ihre Frage aber insofern, als sie mir Gelegenheit gibt, hier noch einmal an die Länder zu appellieren, diesen Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe ab 1. Januar nächsten Jahres auch Taten folgen zu lassen und dem Bundesamt die Führung der Asylbewerberstatistik dadurch zu ermöglichen, daß die Meldungen erfolgen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Bühling.
Können, wenn eine solche Statistik erstellt wird und sich herausstellt, daß rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber das Bundesgebiet in nennenswerter Zahl nicht verlassen haben, von der Bundesregierung im Zusammenwirken mit den Ländern oder von seiten der Länder unverzüglich entsprechende Maßnahmen ergriffen werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Bühling, der Sinn dieser Asylbewerberstatistik liegt ja gerade darin, festzustellen, ob das der Fall ist und welche Maßnahmen gegebenenfalls ergriffen werden können. Insofern kann ich Ihre Frage bejahen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel Asylanträge in den letzten fünf Jahren rechtskräftig abgelehnt worden sind, und wieviel der danach erfolglosen Asylbewerber von den Ländern tatsächlich abgeschoben wurden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Ihre Frage habe ich bereits bei den soeben aufgerufenen Fragen des Kollegen Bühling beantwortet. Ich darf hierauf Bezug nehmen und ergänzen, daß das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge von 1976 bis 31. Oktober 1981 insgesamt 169 555 Anträge abgelehnt hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hirsch.
Herr Staatssekretär, ich muß zugeben, daß Ihre Antwort mich nahezu sprachlos gemacht hat. Kann man der Antwort, die Sie dem Kollegen Bühling gegeben haben, entnehmen, daß die Länder, die ja nicht müde werden, darüber zu klagen, daß sie von Asylbewerbern überflutet werden, nicht einmal wissen, ob sie die rechtskräftig abgelehnten Asylbewerber tatsächlich abschieben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hirsch, die Bundesländer haben uns gegenüber betont, sie würden das tun. Es gibt aber keine statistische Erfassung. Von daher kann überhaupt nicht ausgeschlossen werden, daß das auch nicht passiert.
Die Asylbewerberstatistik - ich wiederhole das noch einmal -, deren Führung wir angeregt haben, weil wir es auch als einen Mangel empfinden, daß der endgültige Verbleib seitens der Länder bisher nicht statistisch erfaßt worden ist, hat genau das Ziel, die Frage, die auch für unsere Beratungen hier angesichts der Bemühungen des Bundestages um Beschleunigung des Asylverfahrens von enormer Wichtigkeit ist, zu klären: was denn nun mit dem einzelnen Asylbewerber nach Ablehnung seines Antrages tatsächlich und nicht nur rechtlich passiert.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Hirsch.
Herr Staatssekretär, die für ausländerrechtliche Maßnahmen zuständigen Ausländerbehörden der Länder müßten j a eigentlich wissen, was sie tun. Könnten Sie denn bei den Ländern einmal gezielt nach den tatsächlich vorgenommenen Abschiebungen fragen und uns dann im Innenausschuß darüber berichten, was diese Umfrage ergeben hat?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hirsch, wir haben eine solche Umfrage bereits vor einiger Zeit veranlaßt. Das Ergebnis war, daß außer dem von mir bereits erwähnten Land Schleswig-Holstein, das eine solche Statistik führt, andere Länder nicht in der Lage waren, konkrete Zahlenangaben zu machen. Sie haben lediglich die allgemeine Aussage gemacht, daß in den Fällen eines abgelehnten Asylantrages eine Abschiebung erfolge, soweit das möglich sei. Konkrete Zahlenangaben gibt es darüber nicht. Das ist der Mangel, den die Bundesregierung empfindet. Dem soll und muß ab 1. Januar nächsten Jahres abgeholfen werden, und zwar auch deshalb, damit wir bei den Beratungen innerhalb des Kabinetts und innerhalb des Deutschen Bundestages eine ausreichende Entscheidungsgrundlage, was die tatsächlichen Sachverhalte, also nicht nur die rechtlichen Sachverhalte angeht, haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.
Herr Staatssekretär, sollen die Betroffenen auch in den Fällen zur Rückkehr veranlaßt werden, in denen im Asylverfahren zwar eine Ablehnung erfolgte, aber eine amtliche Duldung des Aufenthalts ausgesprochen wurde?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Selbstverständlich nicht, Herr Kollege Czaja. § 14 des Ausländergesetzes sieht ja exakt die Möglichkeit vor, daß trotz der Ablehnung eines Asylantrags eine Abschiebung nicht erfolgen darf, weil eine Verfolgung zu befürchten ist. Es gibt nach § 14 des Ausländergesetzes also durchaus einen Schutzbereich, der über den Schutzbereich im Zusammenhang mit Asylanträgen - auch solchen, denen stattgegeben wurde - hinausgeht. Daran kann und soll sich durch diese Statistik natürlich überhaupt nichts ändern. Wir werden durch die Statistik allerdings die Möglichkeit haben, festzustellen, in wieviel Fällen auf Grund der geltenden Bestimmung des § 14 des Ausländergesetzes zu Recht von einer Abschiebung abgesehen worden ist
Parl. Staatssekretär von Schoeler
und in wieviel Fällen ohne eine solche gesetzliche Grundlage, aus welchen Gründen auch immer, keine Abschiebung erfolgt ist, obwohl diese nach rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens möglich gewesen wäre.
Ich rufe Frage 46 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, bei wieviel anerkannten politischen Flüchtlingen die Asylgründe nachträglich durch Veränderung der politischen Verhältnisse in ihrem Heimatland weggefallen sind und wieviel dieser Flüchtlinge daraufhin in ihr Heimatland zurückgekehrt oder wegen Beendigung des Aufenthaltsgrunds dorthin abgeschoben worden sind?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Seit Einführung der statistischen Erfassung im Jahre 1974 ist in rund 1 400 Fällen ein Widerrufsverfahren nach § 37 des Ausländergesetzes durchgeführt worden, weil der Verfolgungsgrund durch Veränderung der politischen Verhältnisse im Heimatstaat weggefallen war. In wie vielen dieser Fälle Ausländer durch freiwillige Ausreise oder Abschiebung das Bundesgebiet verlassen haben, vermag ich nicht zu sagen, da eine Erfassung dieser Fälle durch die hierfür zuständigen Länder nicht erfolgt. Auch diese Fälle werden künftig in die von mir erwähnte Asylbewerberstatistik aufgenommen.
Keine Zusatzfrage, Herr Kollege Hirsch? Dann rufe ich Frage 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Gelten die Leitlinien des Bundesinnenministers für die Auslegung von Kernkraftwerken gegen Störfälle durch äußere Einwirkungen uneingeschränkt auch für Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs, oder wird im Einzelfall gemäß § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung differenzierend verfahren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, die Leitlinien für die Beurteilung der Auslegung von Kernkraftwerken mit Druckwasserreaktor gegen Störfälle befinden sich noch in Bearbeitung. Ein fortgeschriebener Entwurf wird derzeit im Auftrage des Bundesministers des Innern durch einen gemeinsamen Ausschuß von Reaktorsicherheitskommission und Strahlenschutzkommission beraten.
Durch die Leitlinien sollen die bei der Berechnung der störfallbedingten Strahlenexposition in der Umgebung von Kernkraftwerken zugrunde zu legenden Störfälle einschließlich der zu verwendenden Annahmen, Parameter und Rechenmodelle spezifiziert werden. Die Leitlinien sollen für ortsfeste Kernkraftwerke mit Druckwasserreaktor gelten, für die eine erste Genehmigung nach § 7 Abs. 1 des Atomgesetzes noch nicht erteilt ist. Darüber hinaus sollen die Leitlinien auch im Zuge der weiteren Errichtungsschritte Anwendung bei der Beurteilung solcher sicherheitstechnischen Konzeptionen finden, die im vorläufigen Gesamturteil noch nicht berücksichtigt worden sind.
Eine unmittelbare Anwendung der Leitlinien auf andere Kernkraftwerktypen oder auf Anlagen des Brennstoffkreislaufs ist nicht beabsichtigt, da Störfälle in anderen kerntechnischen Anlagen unterschiedliche Ursachen, Abläufe und Konsequenzen haben.
Äußere Einwirkungen sind im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren für kerntechnische Anlagen zu berücksichtigen. Maßgebend für die Auslegung sind sowohl die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter äußerer Einwirkungen als auch deren mögliche Konsequenzen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.
Herr Staatssekretär, nachdem schon der Störfall in Brunsbüttel mit dem Fehlen dieser Leitlinien in einen Zusammenhang gebracht worden ist und nachdem die Bundesregierung wiederholt die Fertigstellung der Leitlinien nach § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung in Aussicht gestellt hat, frage ich Sie: Wann kann mit der Veröffentlichung dieser noch in Vorbereitung befindlichen Leitlinien gerechnet werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß der Entwurf dieser Leitlinien zur Zeit im gemeinsamen Ausschuß von Reaktorsicherheitskommission und Strahlenschutzkommission beraten wird. Nach Abschluß dieser Beratungen wird der Entwurf der Leitlinien mit den Ländern erörtert werden müssen. Es liegt in der Natur dieser Abstimmungsverfahren, daß die Zeitplanung vom Abschluß der Beratungen in RSK und SSK sowie vom Abschluß der Beratungen mit den Ländern abhängig ist. Ich bitte deshalb um Verständnis dafür, daß ich zur Zeit keinen konkreten Termin nennen kann. Die Sache hat aber bei uns im Bundesinnenministerium eine zeitliche Priorität.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung auch und vor allem im Hinblick auf die anstehende Konvoi-Lösung, gegenüber der bisherigen Handhabung des § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung mit ihren nun nahe vor der Veröffentlichung stehenden Leitlinien Änderungen in die Genehmigungsverfahren einzubringen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, nach dem derzeitigen Stand der Beratungen werden diese Leitlinien - wie sich auch aus der von mir eben jedenfalls andeutungsweise erwähnten Zeitplanung ergibt - noch nicht die unmittelbar oder demnächst bevorstehenden ersten Teilerrichtungsgenehmigungen betreffen. Für diese wird wie bisher im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren der Stand von Wissenschaft und Technik zugrunde zu legen sein.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich Frage 50 des Herrn Abgeordneten Herberholz auf:
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Plant die Bundesregierung, die von gebrauchten Quecksilberbatterien im Hausmüll für den Menschen ausgehenden Gefahren durch eine Ablieferungspflicht der gebrauchten Batterien bei den verkaufenden Einzelhandelsunternehmen einzugrenzen, oder welche anderen Möglichkeiten einer gefahrlosen Beseitigung sind ihrer Meinung nach gegeben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung mißt der getrennten Erfassung von schädlichen Bestandteilen im Hausmüll große Bedeutung bei. Auf ihre einschlägigen Bemühungen hat die Bundesregierung erst kürzlich in ihrer Antwort vom 14. Oktober 1981 zur Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU zur Entwicklung der Abfallprobleme hingewiesen. Diese Bemühungen schließen insbesondere auch die getrennte Erfassung und Verwertung von Quecksilberbatterien ein.
Die Bundesregierung hat im September 1980 nach intensiven Vorarbeiten mit Herstellern und Importeuren eine freiwillige Vereinbarung über die Rücknahme von Quecksilberbatterien getroffen. Diese Vereinbarung beinhaltet, daß Verbraucher ausgediente Quecksilberbatterien bei Verkaufsstellen des Einzelhandels zurückgeben können. Die notwendigen Behälter für Sammlung und Transport werden von Batterieherstellern und -importeuren zur Verfügung gestellt.
In nachfolgenden Gesprächen hat die Bundesregierung die betroffenen Industriezweige und Handelsverbände zu einer intensiven Verbraucheraufklärung über die Möglichkeiten der Rückgabe aufgefordert. Diese Aufklärung ist im Gange und muß nach Auffassung der Bundesregierung weiter verbessert werden. Die Bundesregierung leistet hierzu ihren Beitrag im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten.
Derzeit werden etwa 20 % der verbrauchten Quecksilberbatterien einer erneuten Verwertung zugeführt. Die Menge der wiederverwerteten Batterien hat sich im Jahre 1981 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Die Bundesregierung wird sorgfältig den Erfolg der begonnenen Aktion beobachten.
Für den Fall, daß das Instrument freiwilliger Maßnahmen zur Lösung des Problems nicht ausreicht, erwägt der Bundesminister des Innern im Rahmen einer dritten Änderung des Abfallbeseitigungsgesetzes eine Regelung, mit der Unternehmen zur Rücknahme bestimmter schädlicher Produkte verpflichtet werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Herberholz.
Herr Staatssekretär, eine stichprobenweise Erfassung in der Stadt Bonn hat ergeben, daß diese freiwillige Vereinbarung nur von zehn von insgesamt 37 Geschäften eingehalten wird. Könnte dies für die Bundesregierung Anlaß sein, auch andere Überlegungen anzustellen, die von der Freiwilligkeit abrücken und nicht ausschließlich auf den Hersteller der Batterien abzielen, indem sie ihm die Rücknahmepflicht auferlegen? Entscheidend ist die Rück g a b e der benutzten Batterien.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Herberholz, ich kenne die Zahlen, die Sie genannt haben. Sie bestätigen das, was ich vorhin gesagt habe, nämlich daß die Aufklärung über diese Vereinbarung bei allen Betroffenen, sowohl beim Verbraucher wie beim Handel, noch verstärkt werden muß. Sie bestätigen weiter, daß es noch durchaus offen ist, ob wir auf diesem eingeschlagenen Weg der freiwilligen Vereinbarung endgültig zu einem befriedigenden Ergebnis gelangen werden. Ich habe vorhin gesagt, daß wir, wenn das nicht der Fall sein sollte, auch vor gesetzgeberischen Schritten nicht zurückschrecken werden. Aber bevor dies ernsthaft ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird, muß abgewartet werden, ob es den gemeinsamen Anstrengungen stärkerer Aufklärung gelingt, zu einem erhöhten Prozentsatz zu kommen. Sicherlich ist die Zahl zehn von 39 Geschäften in Bonn, die Sie genannt haben, noch keineswegs befriedigend. Auf der anderen Seite ist die in dem einen Jahr erzielte Verdoppelung des Umfangs der Wiederverwertung von Quecksilberbatterien ein Ergebnis, das nicht signalisiert, daß das alles erfolglos war. Das heißt, wir brauchen noch einige Zeit, um die von Ihnen angeschnittene Frage letztendlich beantworten zu können. Aber wir werden drängen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Herberholz.
Herr Staatssekretär, angesichts der Tatsache, daß in der Bundesrepublik pro Jahr Batterien mit einem Quecksilbergehalt von 27 t verkauft werden, und angesichts dessen, daß diese im Hausmüll im Grunde genommen planlos abgelagert werden - mit den bekannterweise daraus erwachsenden Möglichkeiten gesundheitlicher Schädigung -, frage ich Sie: Welchen Zeitraum für unter Umständen ins Auge zu fassende gesetzgeberische Maßnahmen würden Sie angeben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Herberholz, der Zeitplan ergibt sich aus ganz anderen Umständen als nur diesem Problem. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß gesetzgeberische Maßnahmen im Zusammenhang mit der dritten Abfallbeseitigungsnovelle in Frage kämen. Das ist ein Gesetzgebungsvorhaben, das nicht mehr lange auf sich warten läßt. Von daher begrüße ich, daß Sie mir mit Ihrer Frage Gelegenheit geben, noch einmal an alle Beteiligten, an den Handel wie an die Hersteller, zu appellieren, die im letzten Jahr geschlossene Vereinbarung noch besser zu erfüllen, als das zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Fall ist.
Keine Zusatzfrage mehr.
Ich rufe Frage 51 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wieviel und welche Musikhandschriften der alten Preußischen Staatsbibliothek in Berlin sich heute in polnischem Besitz befinden und nicht zurückgegeben worden sind?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Der Bundesregierung ist nicht im einzelnen bekannt, welche Musikautographen aus der alten Preußischen Staatsbibliothek sich heute in Polen befinden. Verzeichnisse über die im Zweiten Weltkrieg nach Schlesien aus4244
Parl. Staatssekretär von Schoeler
gelagerten Bestände der Preußischen Staatsbibliothek sind ihr, falls es solche gibt, nicht zugänglich.
Bekannt ist jedoch, daß die große Sammlung von Musikautographen der Preußischen Staatsbibliothek, die insgesamt 60 000 Stücke umfaßte, zu etwa einem Drittel im Jahre 1941 zunächst nach Schloß Fürstenstein ausgelagert und später in die Benediktinerabtei Grüssau umgelagert worden ist. Es handelt sich dabei um einen besonders wertvollen Teil des Bestandes, u. a. mit Autographen von Bach, Beethoven, Brahms, Bruckner, Haydn, Mendelssohn, Mozart und Schumann. Diese Autographen befinden sich heute, soweit bekannt ist, in Krakau; sie sind dort für Wissenschaftler zur Benutzung am Ort und in Form von Ablichtungen oder Mikrofilmen zugänglich.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.
Herr Staatssekreär, stimmen Sie mir darin zu, daß es im Grunde eine Beugung des Rechts ist, wenn Handschriften, die einem Staat nicht gehören, von diesem Staat weiterhin in Besitz gehalten werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Sie wissen, daß die Bundesregierung ihr Interesse an diesen Dokumenten oder Autographen bekundet hat. Im Grunde genommen kann ich Ihnen nicht mehr auf Ihre Frage sagen, als Sie in früheren Fragestunden bereits zu diesem Komplex in Erfahrung bringen konnten.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.
Ist die Bundesregierung bereit, eine Veröffentlichung von Nigel Lewis zur Hand zu nehmen, in der genau aufgelistet ist, was sich alles heute vor allem an Musikhandschriften - z. B. etwa ein Viertel der Handschriften von Mozart - in polnischem Besitz in Krakau befindet?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hupka, wir kennen diese Veröffentlichung durch einen Bericht der Tageszeitung „Die Welt". Wir hatten allerdings bisher keine Möglichkeit, zu prüfen, inwieweit sich der Autor auf Quellen stützen kann, die eine zutreffende Schilderung des Sachverhalts erlauben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung angesichts der sehr hohen finanziellen Leistungen des Bundeshaushalts im Jahre 1982 für die Volksrepublik Polen 1982 verstärkt die Eigentumsrechte geltend machen und sich um die Realisierung der Eigentumsrechte, die Sie vorher andeuteten, bemühen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Czaja, meine Kollegin Frau Staatsminister Hamm-Brücher hat in einer der früheren Fragestunden darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung einen solchen Weg nicht für sehr zweckmäßig halten würde.
Ich rufe Frage 52 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Inwieweit ist eine Kürzung der den Feuerwehren zur Verfügung gestellten Bundesmittel vorgesehen, wie ist sichergestellt, daß die integrierte Ausbildung ({0}) auch künftig qualitativ und quantitativ nach der Notwendigkeit durchgeführt werden kann?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Im erweiterten Katastrophenschutz wirken Einheiten und Einrichtungen der Feuerwehren mit über 26 000 Helfern im Fachdienst Brandschutz mit, für deren Vorhaltung einschließlich Ausbildung der Bund die Kosten voll trägt. Der Haushaltsentwurf 1982 sieht hierfür keine Kürzung der Mittelansätze vor. Darüber hinaus stellt der Bund für weitere rund 26 000 Helfer der Feuerwehren seit Jahren für die integrierte Brandschutzausbildung am Standort Mittel zur Verfügung, die nach dem derzeitigen Stand des Haushaltsentwurfs 1982 ebenfalls keine Kürzung erfahren.
In diesem Rahmen hat der Bund nach Abstimmung mit den Ländern 1981 erstmals auch Mittel für die integrierte Brandschutzausbildung der Einheitsführer an den Landesfeuerwehrschulen bereitgestellt. Dies ist auch in den kommenden Jahren beabsichtigt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Stutzer.
Herr Staatssekretär, wir haben heute rund 865 000 Männer und Frauen in den Wehren. Können Sie mir sagen, wie viele dieser Männer und Frauen in den nächsten Jahren eine Ausbildung bzw. Fortbildung benötigen und wie groß der Anteil ist, den der Bund pro Aus- und Fortzubildendem hierfür ausgibt, und gehe ich richtig in der Annahme, daß die integrierte Ausbildung, soweit sie sich auf den Verteidigungsfall bezieht, eine Aufgabe des Bundes ist?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stutzer, die ersten beiden Fragen, die Sie gestellt haben, betreffen den Zuständigkeitsbereich der Länder. Ich bin gern bereit, sie zu beantworten; aber ich bitte um Verständnis dafür, daß ich das hier nicht aus dem Stegreif machen möchte. Ich werde Ihnen die Frage schriftlich beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Stutzer.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, was die Aus- und Fortbildung allein der Berufsfeuerwehren kostet und wieviel der Bundesmittel dann für die Freiwilligen Feuerwehren übrig bleiben?
von Schoeler, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, auch das ist eine Frage nach den Mittelausgaben der Länder. Auch darüber gebe ich Ihnen gern Auskunft. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich die Zahlen der Länder nicht im Kopf habe.
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Wie ist sichergestellt, daß die verschiedenen Rettungsorganisationen ({0}) und die Bundeswehr auf bestimmten Funkfrequenzen in Notfällen oder in dem Verteidigungsfall miteinander kommunizieren können, und was hat der Bund in letzter Zeit getan, die Einsatzkraft der Feuerwehren zu verstärken?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Der Bundeswehr stehen nach dem Frequenzbereichs-Zuweisungsplan für die Bundesrepublik Deutschland für militärische Dienste national und NATO-weit andere Funkfrequenzen als den Innenministern des Bundes und der Länder für ihre Aufgaben zur Verfügung. Auf Grund unterschiedlicher Leistungsanforderungen und -merkmale für die Geräte ist eine unmittelbare Zusammenarbeit nicht möglich. Funkgeräte, die sowohl die militärischen als auch die zivilen Sprechfunkfrequenzen umfassen, sind derzeit technisch nicht realisierbar.
Bei Katastrophen im Frieden ist unmittelbar Sprechfunkverkehr zwischen den Katastrophenschutzorganisationen und den eventuell eingesetzten Polizeikräften des Bundes und der Länder durch gleiche Geräteausstattung möglich. Dies gilt auch für den Einsatz von Search-and-Rescue-Hubschraubern der Bundeswehr. Soweit andere Einheiten der Bundeswehr um Amtshilfe gebeten werden, muß die hilfesuchende Stelle eigene Sprechfunkanlagen für eine direkte Verbindung bereitstellen.
Nach der grundgesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern sind, um auf den zweiten Teil der Frage einzugehen, die Länder für den abwehrenden Brandschutz durch die kommunalen Feuerwehren gesetzlich zuständig. Eine Zuständigkeit des Bundes besteht nur im Rahmen seiner Zuständigkeit für die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung. Der Bund beschafft für Zwecke der Verstärkung des Brandschutzes im Verteidigungsfall auf Grund des Gesetzes über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9. Juli 1968 laufend Ausstattungsgegenstände für den Brandschutz. Diese stehen den Feuerwehren auch für die Zwecke der alltäglichen Brandbekämpfung im Frieden unentgeltlich zur Verfügung. Die Beschaffungen werden im Rahmen des 1980 auf die Dauer von 10 Jahren festgelegten Konsolidierungsprogramms zum Ersatz und zur Komplettierung der Ausstattung des erweiterten Katastrophenschutzes durchgeführt. Es umfaßt ein Gesamtvolumen von zirka 1,2 Milliarden DM. Daran ist der Brandschutz mit ca. 438 Millionen DM beteiligt. Im Jahre 1981 wurden 238 Feuerwehrfahrzeuge beschafft; für 1982 ist geplant, 193 Feuerwehrfahrzeuge zu beschaffen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Stutzer.
Herr Staatssekretär, nach dem ersten Teil Ihrer Antwort ist eine Kommunikation technisch nicht möglich, was allerdings im Widerspruch -
Herr Kollege Stutzer, Sie sollten bitte eine Frage stellen. Sie sind dabei, Feststellungen zu treffen.
Ja. - Im Gegensatz dazu stehen Gutachten, die hier vorliegen. Das ist sehr unbefriedigend. Technisch ist heute wahrscheinlich alles möglich. Daher meine Frage: Welche Kosten kommen, wenn es technisch möglich ist, auf den Bund, auf die Länder und gegebenenfalls auf die Städte und Gemeinden zu?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Stutzer, da meine Fachleute mir gesagt haben, es sei technisch nicht möglich, kann ich Ihnen selbstverständlich die Frage, wieviel das technisch nicht Mögliche kosten würde, nicht beantworten. Wenn Sie andere Unterlagen haben, bin ich gern bereit, diese nachprüfen zu lassen.
Herr Kollege Stutzer, eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, welche Forschungsprojekte, die als Feuerwehrbedarf angesehen werden können, sind bisher vom Bund gefördert worden, wie hoch sind die Kosten hierfür, und können Sie mir die Höhe der Förderungsmittel für Projekte sagen, wie sie z. B. bei Porsche entwickelt wurden - ich denke hier nur an Orbit -, die nach dem heutigen Feuerwehrbedarf nicht zu realisieren sind?
Herr Kollege Stutzer, Sie sollen eine Zusatzfrage stellen, und Sie haben jetzt schon drei in eine Frage gekleidet.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich nehme an, Sie sind damit einverstanden, daß ich auch diese drei Zusatzfragen schriftlich beantworte.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet.
Die Fragen 54 und 55 des Herrn Abgeordneten Stockleben werden auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen begrüße ich Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dr. de With.
Ich rufe die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Poß auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung nach Bekanntwerden der Tatsache, daß durch Vermittler von Anlagegeschäften in England und Nordamerika tausende Menschen betrogen wurden, in das Strafgesetzbuch den Tatbestand des „Kapitalanlagebetrugs" aufzunehmen?
Dr. de With, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz: Die in Ihrer Frage enthaltenen Zahlenangaben, Herr Kollege, zum Umfang von Betrügereien bei der Vermittlung von Anlagegeschäften
vermag die Bundesregierung auf Grund der ihr vorliegenden Informationen nicht zu bestätigen. Der Bundesregierung ist jedoch bekannt, daß unseriöse und betrügerische Geschäftspraktiken beim Anbieten und Vermitteln von an ausländischen Börsen abzuwickelnden Warentermingeschäften viele Personen in unserem Land geschädigt haben.
({0})
Diese Mißstände haben das Bundesministerium der Justiz u. a. veranlaßt, in den Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität einen - in das Strafgesetzbuch einzustellenden - Tatbestand des Kapitalanlagebetruges und eine Neufassung des § 89 des Börsengesetzes zur wirksameren Erfassung des Verleitens zu Börsenspekulationsgeschäften, und zwar von solchen auch außerhalb der Börse, aufzunehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Poß.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß ein großer Teil der derzeit angebotenen Kapitalanlagen am freien oder grauen Kapitalmarkt unseriös bzw. betrügerisch ist?
Dies können wir so nicht bestätigen, weil es hierüber keine präzisen Ermittlungen gibt, die es erlauben zu sagen, das sei so. Aber der Bundesregierung ist bekannt - das habe ich in meiner Antwort bestätigt -, daß es hier sehr zahlreiche unseriöse Anzeigen gibt, die zu empfindlichen Schädigungen geführt haben. Deswegen gibt es die beiden Vorschläge, von denen ich sprach.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Dr. Voss auf.
Ist der Generalstaatsanwalt des Bundeslandes, in das der ,,DDR"-Hauptmann flüchtete, in das Verfahren eingeschaltet worden?
Es gibt kein Verfahren gegen den geflüchteten DDR-Soldaten Peter Vogel, in das ein Generalstaatsanwalt hätte eingeschaltet werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Voss.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß in diesem Fall hier das Rechtshilfegesetz aus dem Jahr 1953 hätte Anwendung finden müssen, weil ja der Geflüchtete nach DDR-Strafrecht Tatbestände wie beispielsweise Republikflucht, Fahnenflucht, Terror, Spionage und was Sie sonst noch alles wollen, verwirklicht hat, und daß auf Grund dieses Tatbestands das Rechtshilfegesetz hätte in Anspruch genommen werden müssen und daß dann der Generalstaatsanwalt des Landes, in das der Geflohene seinen Übertritt vollzogen hat, mit dem Fall hätte befaßt werden müssen?
Der Generalbundesanwalt hat kein strafprozessuales Ermittlungsverfahren eingeleitet. Mir ist auch nicht bekannt, daß der Generalstaatsanwalt eines Bundeslandes dies getan hätte. Ich gehe davon aus, daß unsere Staatsanwälte streng nach der Strafprozeßordnung und den sonstigen Gesetzen vorgehen, und beantworte deswegen Ihre Frage dahin, daß im vorliegenden Fall die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht nötig gewesen ist, weswegen das Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe nicht zur Anwendung kommen kann und konnte.
Die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Voss.
Herr Staatssekretär, was Sie gerade ausgeführt haben, steht hier nicht zur Debatte. Denn die DDR hat - wie Ihnen bekannt sein wird - ja auch in diesem Fall das Bundeskanzleramt befragt, ob der Geflüchtete für ein Gespräch mit DDR-Vertretern bereitstehe. Sind Sie mit mir der Meinung, daß hier die falsche Stelle gefragt worden ist und daß die richtige Stelle der Generalstaatsanwalt des Landes gewesen wäre, in das der Geflohene seinen Übertritt vollzogen hat?
Ich bin der Auffassung, daß in diesem Fall ganz offenkundig die richtige Stelle benannt wurde und daß es keine Anhaltspunkte dafür gab, einen Generalstaatsanwalt anzugehen, weil mir nicht bekannt ist, daß bei irgendeinem Generalstaatsanwalt ein Ermittlungsverfahren gelaufen ist, Herr Kollege Voss.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 58 des Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) wird auf Bitte des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Clemens auf.
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, durch gesetzliche Änderungen zu erreichen, daß sich friedliche Demonstranten aus gewalttätigen Demonstrationen entfernen und die bei Demonstrationen besonders gefährdeten Gruppen der Polizeibeamten besser zu schützen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Die von Ihnen gestellte Frage ist bekanntlich Gegenstand eines Prüfungsauftrags, den der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages in seiner Sitzung am 2. Dezember 1981 erteilt hat. Das Problem, ob Polizeibeamte bei Demonstrationen besser als bisher vor Gewalttätigkeiten geschützt werden können, und die Frage, ob und wie Gewalttäter von friedlichen Demonstranten getrennt werden können, werden derzeit eingehend geprüft. Vom Ergebnis der noch nicht abgeschlossenen Prüfung wird der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages so bald wie möglich unterrichtet werden. Bis dahin bitte ich um Geduld.
Eine Zusatzfrage. Bitte sehr, Herr Abgeordneter Clemens.
Sehen Sie, Herr Staatssekretär, außer der Tatsache, daß die Opposition eine Gesetzesinitiative ergriffen hat, denn überhaupt konkrete Möglichkeiten, hier die Polizisten zu schützen oder friedfertige Demonstranten dazu zu bringen, gewalttätige Demonstrationen zu verlassen? Sehen Sie überhaupt eine Chance einer konkreten Möglichkeit?
Soweit ich unterrichtet bin, hat der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages mit Mehrheit die Vorschläge der Opposition abgelehnt. Dies entspricht auch der Auffassung der Bundesregierung. Eine ganz andere Frage ist es, ob es in der Richtung des Prüfungsauftrages Möglichkeiten gibt. Hier sagte ich schon, wir haben mit der Prüfung gerade begonnen; es läßt sich jetzt noch nicht abschätzen, wie das Ergebnis lauten wird. Ich darf ganz vorsichtig sagen, ich warne vor zu großen Hoffnungen; dennoch, es lohnt sich immer, in eine Prüfung einzutreten. Und hier gibt es einen weiten Bereich, der geprüft werden könnte und der nicht in direktem Zusammenhang mit dem steht, was die Opposition eingebracht hat und was, wie ich schon sagte, der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages mit Mehrheit abgelehnt hat.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Clemens.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung dann meine Auffassung nicht, daß der meiner Frage zugrundeliegende Auftrag der SPD-Mitglieder im Rechtsausschuß nur eine Alibifunktion hat, um nämlich von der Ablehnung unserer Gesetzesinitiative abzulenken?
Die Bundesregierung bewertet niemals Meinungen einzelner Abgeordneter oder auch Gruppen von Abgeordneten oder von Fraktionen oder Koalitionen; sie geht davon aus, daß entsprechende Anträge immer ihre Rechtfertigung haben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 60 der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius wird auf Bitte der Fragestellerin schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 61 des Herrn Abgeordneten Tietjen auf:
Mit welcher Begründung hat die Generalbundesanwaltschaft das Bundeskriminalamt mit den Ermittlungen im Fall des Rechtsterroristen Lembke und den damit verbundenen umfangreichen Waffenfunden in Niedersachsen beauftragt, und teilt die Bundesregierung meine Überzeugung, daß diese Anordnung der Sache angemessen war?
Die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, daß in dem vom Generalbundesanwalt eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen der Waffenfunde in Niedersachsen die Beauftragung des Bundeskriminalamtes durch den Generalbundesanwalt sachgemäß war.
Der Generalbundesanwalt hat das Bundeskriminalamt mit der Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben betraut, weil sich die Notwendigkeit außerordentlich umfangreicher kriminaltechnischer Untersuchungen und schwieriger Herkunftsermittlungen sowie bundesweiter Ermittlungen aufdrängte.
Der Umfang der kriminaltechnischen Untersuchungen und die Schwierigkeit der Herkunftsermittlungen ergeben sich aus der großen Menge der in über 30 Erdverstecken sichergestellten Vorräte an Sprengstoff, Zündmitteln, Munition, Giften und Waffen. Die Notwendigkeit bundesweiter Ermittlungen stand nach Bewertung der hierfür zuständigen Bundesanwaltschaft zu erwarten, weil die von Lembke angelegten Erdverstecke sich in unmittelbarer Nähe eines auch von NATO-Truppen benutzten Truppenübungsplatzes befanden, Lembke der terroristischen Vereinigung um den Assessor Manfred Roeder, deren Mitgliedern zur Last gelegt wird, in Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg Sprengstoff und Brandanschläge begangen zu haben, Sprengstoff angeboten haben soll und bei der Festnahme von fünf Rechtsextremisten in München am 20. Oktober dieses Jahres eine Handgranate zur Explosion gebracht worden ist und nach der von Lembke angefertigten Aufstellung auch Handgranaten in den Erddepots gelagert waren.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Tietjen.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, wie lange vor der Übernahme durch das Bundeskriminalamt die niedersächsischen Polizeidienststellen - und, wenn Ihnen das bekannt sein sollte, welche - vor der Festnahme Lembkes mit diesen Ermittlungstätigkeiten beschäftigt waren?
Mir ist der Zeitraum nicht präzise bekannt. Ich kann den entsprechenden Zeitraum abfragen und bin gerne bereit, Ihnen das schriftlich mitzuteilen, Herr Kollege Tietjen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Können Sie mir sagen, ob sich das Verfahren gegen weitere Personen in Niedersachsen oder über Niedersachsen hinaus richtet?
Auch das kann ich Ihnen nicht sagen. Das müßte ich erst sorgfältig prüfen. Hier stand ja auch nur die Frage zur Debatte, wie es mit der Beauftragung des Bundeskriminalamtes bei den genannten Waffenverstecken steht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 62 des Herrn Abgeordneten Tietjen auf:
Kennt die Bundesregierung die Gründe, die die niedersächsische Landesregierung veranlaßt haben, die Entscheidung der Bundesanwaltschaft zu kritisieren, und weiß sie, mit welcher Begründung der niedersächsische Innenminister eine unmittelbare Beteiligung der niedersächsischen Polizei an der Arbeit der Sonderkommission des Bundeskriminalamts ablehnt?
Die Gründe für die Kritik des niedersächsischen Innenministers an der Entscheidung der Bundesanwaltschaft, das Bundeskriminalamt mit der Durchführung der polizeilichen Ermittlungen zu beauftragen, sind der Bundesregierung nicht bekannt. Das Bundeskriminalamt hat eine unmittelbare Beteiligung der niedersächsischen Polizei an der Arbeit der Sonderkommission des Bundeskriminalamtes bisher nicht erbeten. Im übrigen hat das Land Niedersachsen einen Verbindungsbeamten in die Sonderkommission des Bundeskriminalamtes entstandt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskriminalamt und der niedersächsischen Polizei ist reibungslos.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Tietjen.
Herr Staatssekretär, dann kann ich die Äußerung des Herrn Präsidenten des Bundeskriminalamts, Dr. Boge, nicht verstehen, der im Innenausschuß gesagt hat, zwischen der Exekutive in Niedersachsen und dem Bundeskriminalamt sei alles reibungslos gelaufen, und wenn sich die Politiker nicht eingemischt hätten, wäre es weiterhin reibungslos gelaufen. Ich frage jetzt: Welche Politiker haben dafür gesorgt, daß die Übernahme durch das BKA nicht reibungslos blieb?
Mir ist unbekannt, welche Politiker das gewesen sein sollen. Der Generalbundesanwalt hat seinem Auftrag getreu gehandelt, und dies war korrekt.
Eine zweite Zusatzfrage wird nicht gestellt.
Damit sind die Frage 62 beantwortet und die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär de With.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich begrüße Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Haehser, der zur Beantwortung zur Verfügung steht.
Die Frage 63 des Abgeordneten Weirich wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 64 des Abgeordneten Dr. Sprung auf:
Trifft es zu, daß der Bundesminister der Finanzen durch Weisung der Deutschen Bundesbank veranlaßt hat sicherzustellen, daß zukünftig Gedenkmünzen ausschließlich zum Nominalwert an das Sammlerpublikum weitergegeben werden?
Herr Kollege Dr. Sprung, Ihre Annahme trifft nicht zu; denn Gedenkmünzen werden gemäß § 8 Abs. 1 des Münzgesetzes von der Deutschen Bundesbank in eigener Zuständigkeit ausgegeben. Der Bundesminister der Finanzen kann der Bundesbank deshalb keine Weisung erteilen.
Gedenkmünzen in Normalausführung, um die es sich hier handelt, wurden schon immer von den Kreditinstituten nur zum Nennwert an das Sammlerpublikum abgegeben. Dies beruht auf einer entsprechenden Verpflichtung der Kreditinstitute gegenüber den Landeszentralbanken.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Sprung.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß der Münzhandel die Verteilung der Gedenkmünzen kritisch beurteilt, daß er insbesondere in der Handhabung, wie Sie sie jetzt beschrieben haben, eine Marktverzerrung bzw. eine einseitige Bevorzugung sieht?
Wir kennen die eine oder andere Kritik, Herr Kollege Dr. Sprung. Aber es ist so, daß dem Bundesministerium der Finanzen vom Münzhandel Namen noch nicht mitgeteilt worden sind, so daß es uns kaum möglich ist, den Beschwerden nachzugehen.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Sprung.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, sich die Sorgen des Münzhandels anzuhören, vielleicht einmal den Verband zu empfangen und mit ihm über die Probleme, die er hat, zu sprechen?
Aber selbstverständlich. Das Finanzministerium ist für jeden Bürger offen.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage zu Frage 64.
Dann rufe ich jetzt die Frage 65 des Abgeordneten Dr. Sprung auf:
Wie vereinbart sich damit die zu beobachtende Praxis, daß Gedenkmünzen vielfach von Bankangestellten bereits mit Aufschlag an Münzhändler und sonstige Interessenten veräußert werden?
Herr Kollege Dr. Sprung, falls Angestellte eines Kreditinstituts mit Wissen und Willen der Geschäftsleitung in der genannten Weise verfahren, verstößt das Kreditinstitut gegen seine der Landeszentralbank gegenüber eingegangene Verpflichtung.
Sollten Bankangestellte ohne Kenntnis der Geschäftsleitung handeln, verletzen sie ihre Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis und verstoßen, wenn sie den Aufschlag etwa für sich selber vereinnahmen, unter Umständen gegen strafrechtliche Vorschriften.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Sprung.
Herr Staatssekretär, vielleicht kommt ein Teil der Schwierigkeiten daher, daß die Auflagenhöhe zu gering ist. Wäre es da nicht vernünftiger, die Auflagenhöhe zu steigern? Und
wären Sie nicht bereit, mit der Bundesbank in diesem Sinne zu sprechen?
Herr Kollege, die Meinung über die Richtigkeit der Auflage ist nicht einheitlich. Die letzte Münze ist, wenn die mir gelieferten Zahlen stimmen, mit einer Auflage von 6 850 000 herausgegeben worden. Das ist nach Meinung vieler Sammler eine zu hohe Auflage.
Aus Ihrer Frage entnehme ich, daß gewissermaßen die Anregung gegeben wird, zu prüfen, ob die Auflage nicht noch höher sein sollte. Wir werden diese Frage auf alle Fälle prüfen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 66 des Abgeordneten Hinsken auf:
Kann die Bundesregierung die Feststellung der Bundesverbände des Deutschen Güterkraftverkehrs bestätigen, daß deutschen Transportunternehmen durch bürokratische und komplizierte Grenzabfertigungen - z. B. Dieselkraftstoffkontrolle - Verluste in Höhe von 100 Millionen DM jährlich entstehen, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, hier Abhilfe zu schaffen, z. B. durch Aufhebung der Dieselkraftstoffkontrolle?
Herr Kollege Hinsken, die Bundesregierung kann die Feststellung des Bundesverbandes des Deutschen Güterkraftverkehrs aus der Umfrage bei ihren Mitgliederfirmen über Verluste, die bei grenzüberschreitenden Transporten entstehen, nicht bestätigen.Die Angabe zur Höhe bezieht sich nicht nur auf Zeitverluste durch Grenzabfertigungen und durch Dieselkontrollen, sondern auf zahlreiche andere Faktoren, die den internationalen Gütertransport verzögern. Die deutsche Zollverwaltung ist gemeinsam mit den Zollverwaltungen der Nachbarstaaten bemüht, die beiderseitig notwendigen Grenzkontrollen abzustimmen und die Voraussetzungen zu schaffen, daß sich die Aufenthaltsdauer an den Grenzen auf das unumgängliche Maß beschränkt. Dazu sind an fast allen bedeutenden Grenzübergängen bereits sogenannte Schnellspuren eingerichtet worden, auf denen z. B. Transporte im durchlaufenden Versandverfahren getrennt vom übrigen Verkehr in kürzester Zeit abgefertigt werden können.
Auf die Dieselkraftstoffkontrollen kann nicht verzichtet werden. Die für den Lkw-Verkehr bestehende Freimenge von 50 Litern ist notwendig, wenn Wettbewerbsverzerrungen im Verkehrsbereich infolge der in einigen Nachbarstaaten niedrigeren steuerlichen Belastung des Dieselkraftstoffs vermieden werden sollen.
Eine Zusatzfrage, bitte sehr.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß auf solche bürokratischen Überprüfungen in den meisten westeuropäischen Staaten verzichtet wird, und können Sie sich vorstellen, daß auch hier eine Angleichung von seiten der Bundesregierung betrieben wird?
Wenn eine Angleichung der Steuerbelastung, die auf dem Kraftstoff liegt, erfolgen würde, dann könnte manche Kontrolle entfallen. Aber solange wir für das Straßennetz, das auch von Ausländern in hohem Maße benutzt wird, so hohe Aufwendungen vornehmen, wie wir sie vornehmen, und eine hohe Belastung auf dem Treibstoff haben, und andere weniger, so lange müssen wir kontrollieren, daß die Abgaben auch erbracht werden.
Noch eine Zusatzfrage, Kollege Herberholz.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen können, daß § 70 AZO doch dahin gehend überdacht werden sollte, daß die Freimenge von 50 Litern auch dann Gültigkeit hat, wenn der betreffende Lkw-Fahrer mit entsprechender Bescheinigung eine gewisse Menge - sagen wir 200 Liter - ausfährt und dann mit 250 Litern wieder reinkommt, daß also die 50 Liter-Freimenge dazugerechnet wird?
Ich will gern einmal überprüfen, ob man das überdenken soll.
Aber es wird z. B. auch eine Rolle spielen, Herr Kollege Herberholz, die Frage möglicher Wettbewerbsverzerrungen von Lkw-Transporten von deutschen Nordseehäfen und von Nordseehäfen der Benelux-Staaten. Auch diese Frage muß dann mit überprüft werden. Das Ergebnis kann ich naturgemäß nicht vorwegnehmen.
Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Dann rufe ich die Frage 67 des Abgeordneten Bamberg auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal.
Herr Präsident, der Kollege Bamberg hatte uns mitgeteilt, daß er um schriftliche Beantwortung bittet.
Entschuldigung, ich bin hier durch die Gespräche abgelenkt worden. Der Abgeordnete bittet um schriftliche Beantwortung. Das gleiche gilt für die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Bamberg. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung begrüße ich den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Grüner.
Ich rufe die Fragen 69 und 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Hennig auf. Der Abgeordnete bittet um schriftliche Beantwortung. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Schreiner auf.
Verfügt die Bundesregierung über Anhaltspunkte, wonach über dreiviertel des im Kernkraftbereich Cattenom zu produzierenden Stroms in die Bundesrepublik Deutschland expor4250
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
tiert werden soll, wie dies nach einer Aussage des Mitglieds der französischen Nationalversammlung, Robert Malgras ({0}), die Betreibergesellschaft Electricité de France ({1}) der französischen Regierung gegenüber erklärt haben soll?
Herr Kollege, die Badenwerk AG hat sich ein Strombezugsrecht von 5 % der verfügbaren Leistung an den beiden Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Cattenom gesichert. Die Einräumung solcher Bezugsrechte - darauf möchte ich erneut hinweisen - ist ein durchaus üblicher Vorgang im Rahmen der elektrizitätswirtschaftlichen Zusammenarbeit innerhalb des westeuropäischen Verbundnetzes. Die Bundesregierung verfügt über keine Anhaltspunkte, daß darüber hinaus deutsche Energieversorgungsunternehmen Strom aus Cattenom importieren wollen. Die in Frage kommenden deutschen Energieversorgungsunternehmen betreiben eigene Kernkraftwerksprojekte. Die Bundesregierung hat in der Dritten Fortschreibung des Energieprogramms ausdrücklich darauf hingewiesen, daß auch in der Bundesrepublik Deutschland ein bedarfsgerechter Ausbau der Kernenergie im Interesse der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft, insbesondere der stromintensiven Industrie, unerläßlich ist.
Eine Zusatzfrage, bitte sehr, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung die französische Regierung um Mitteilung im Hinblick auf die von mir gestellte Frage gebeten?
Nein, das ist nicht geschehen, Herr Kollege. Aber wenn Sie diese Information durch eine solche Rückfrage ergänzt haben wollen, bin ich dazu gerne bereit, ohne daß ich den Überblick habe, ob dazu von französischer Seite eine Auskunft gegeben wird. Wir haben allerdings keinen Grund, an den uns gemachten Angaben der Energieversorgungsunternehmen, die in Deutschland tätig sind, zu zweifeln.
Eine Zusatzfrage, bitte sehr.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie die französische Regierung um Mitteilung bitten?
Ja, ich werde es gerne tun, wenn Sie daran Interesse haben, ohne daß ich einen Erfolg voraussagen kann.
Eine Zusatzfrage, bitte sehr, Herr Dr. Laufs.
Herr Staatssekretär, inwieweit könnte das Interesse der deutschen Wirtschaft am Bezug von französischem Kernenergiestrom in den doch sehr deutlichen Preisunterschieden zwischen französischem und deutschem Strom begründet sein?
Herr Kollege, die Frage, die ich beantwortet habe, bezieht sich auf Cattenom. Hier sind einem EVU 5 % Bezugsrecht im Rahmen der elektrizitätswirtschaftlichen Zusammenarbeit eingeräumt worden. Inwieweit deutsche Unternehmen in der Zukunft etwa Strom beziehen können, kann ich Ihnen nicht aus der Hand beantworten. Aber wenn aus Frankreich in dafür geeigneten Lagen günstigerer Strom angeboten werden würde, würden deutsche Unternehmen davon selbstverständlich auch Gebrauch machen. Daran habe ich keinen Zweifel.
Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 72 der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Genehmigung eines um 25 v. H. höheren Tarifs in der Kraftfahrzeugversicherung, der von Türken, Griechen und Serbo-Kroaten gefordert werden darf, unter dem Gesichtspunkt der Ausländerdiskriminierung, und durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung sicherstellen, daß die Versicherungsunternehmen ausländischen Mitbürgern nicht durch Sonderbehandlung ({0}) und Ausreden den Abschluß von Kfz.-Haftpflichtversicherungen zu Normaltarifen erschweren oder verweigern?
Ihre Frage bezieht sich offensichtlich auf den Tarif eines Versicherungsunternehmens, das erst vor kurzer Zeit seinen Geschäftsbetrieb in der Kraftfahrtversicherung aufgenommen hat.
Dieses Unternehmen hat sich geschäftspolitisch zum Ziel gesetzt, alle schwer versicherbaren Personenkraftwagen - und zwar nicht nur von ausländischen, sondern auch von deutschen Versicherungsnehmern - zu versichern. Der Tarif umfaßt daher nur Beiträge für Personenkraftwagen von Versicherungsnehmern, die entweder auf Grund ihres bisherigen Schadenverlaufs den Malusklassen zuzuordnen sind oder die noch nicht länger als zwei Jahre schadenfrei gefahren sind. Die Tarifkalkulation dieses Versicherungsunternehmens geht demzufolge von dem statistisch nachgewiesenen durchschnittlichen Schadenbedarf dieser Versicherungsnehmergruppe aus, der naturgemäß höher ist als der durchschnittliche Schadenbedarf aller Pkw-Risiken, bei denen die langjährig Schadenfreien überwiegen. Außerdem beschäftigt das Versicherungsunternehmen fremdsprachlich geschulte Mitarbeiter und hat daher auch höhere Verwaltungskosten.
Der Tarif dieses Versicherungsunternehmens erfüllt nach Feststellungen der Genehmigungsbehörde die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für eine Genehmigung. Darüber hinaus wird kein Versicherungsnehmer gezwungen, seinen Vertrag bei diesem Versicherungsunternehmen abzuschließen. Es steht auch jedem Versicherungsnehmer frei, zu einem anderen Versicherungsunternehmen überzuwechseln.
Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ist als Pflichtversicherung mit Kontrahierungszwang ausgestaltet. Das bedeutet, daß jeder Versicherer grundsätzlich jedem Antragsteller Versicherungsschutz in Höhe der Mindestversicherungssummen gewähren muß. Die Einhaltung des Kontrahierungszwangs
durch die Versicherungsunternehmen wird vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen laufend überwacht. Bekanntgewordenen Verstößen, die es in Einzelfällen gegeben hat, geht das Bundesaufsichtsamt nach.
Die von Ihnen unter dem Oberbegriff Sonderbehandlung subsumierten Tatbestände Vorkasse und Wartezeit sind durch die Bestimmungen des Pflichtversicherungsgesetzes gedeckt, nämlich durch § 5 Abs. 5 und § 5 Abs. 3. Wegen weiterer Einzelheiten darf ich auf die Antwort des Kollegen Dr. Böhme an den Kollegen Pensky - Bundestagsprotokoll der 29. Sitzung vom 2. April 1981 Seite 1478 - verweisen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Martiny-Glotz.
Herr Staatssekretär, da ich selbst einmal bezüglich des Aussiebens schlechter Risiken bei der Pflichtversicherung von Kraftfahrzeugen aus Kreisen der Versicherungswirtschaft die Antwort bekam „So etwas tut man, aber darüber redet man nicht", möchte ich Sie fragen, ob die Bundesregierung wirklich davon überzeugt ist, daß das, was Sie hier eben vorgetragen haben, der Praxis entspricht.
Ja, Frau Kollegin, wir sind davon überzeugt. Ich bin im Augenblick, ohne mir ein abschließendes Urteil über diese Gründung zu erlauben, die j a ein hohes Risiko beinhaltet, wenn eine Versicherungsgesellschaft sich nur den schlechten Risiken zuwendet, froh darüber, daß hier ein Weg gefunden wurde, den extrem ungünstigen Schadensverlauf, den zum Teil ausländische Kraftfahrer bei uns tatsächlich und nachweisbar haben, in einer Form einer Versicherung zuzuführen, die keine Sonderbehandlung von Ausländern und deshalb keine Diskriminierung darstellt. Man wird abwarten müssen, ob dieser Vorstoß in Neuland, wie ich es einmal bezeichnen möchte, tatsächlich tragfähig sein wird.
Sie wünschen das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, der versprochene Fremdsprachendienst erstreckt sich auf die Fremdsprachen Griechisch, Serbokroatisch und Türkisch. Damit wird deutlich, daß das offenbar schlechte Risiko mit der vielzitierten Balkanroute zusammenhängt. Wie will die Bundesregierung ausschließen, daß weitere schlechte Risiken - berufsgruppen- oder regionalspezifisch - aus der Solidargemeinschaft der Kraftfahrzeugversicherung herausgetrieben werden?
Die entscheidende Sicherung, die besteht und als optimal bezeichnet werden muß, liegt im Kontrahierungszwang der Kraftfahrtversicherer.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 73 und 74 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann werden auf Wunsch des Fragestellers
schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zu den Fragen 75 und 76 des Herrn Abgeordneten Dr. Laermann. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal.
Die Fragen 77 und 78 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich begrüße zur Beantwortung Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Buschfort. Ich rufe die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Dr. Lammert auf:
Welche Folgen erwartet die Bundesregierung aus der von ihr angestrebten Änderung der sogenannten 59er Regelung im Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz für die anstehenden Umstrukturierungsmaßnahmen im Bereich der Stahlindustrie, und hält sie unter diesen Voraussetzungen die Haushaltsmittel im Stahlprogramm zur Finanzierung von Sozialplänen für ausreichend?
Herr Kollege, durch die von Ihnen angesprochene Regelung werden die Arbeitgeber verpflichtet, das Arbeitslosengeld für ein Jahr zu erstatten, wenn sie ältere Arbeitnehmer mit langjähriger Betriebszugehörigkeit freisetzen. Dadurch soll einer weit verbreiteten Praxis entgegengewirkt werden, die Regelung über das vorgezogene Altersruhegeld für Arbeitslose zugunsten betrieblicher Personalverjüngungsaktionen und. zu Lasten der Solidargemeinschaft auszunutzen.
Nicht erstattungspflichtig sind jedoch die Betriebe, für die die Erstattung eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung bedeuten würde. Eine solche Härte liegt nach dem Gesetz insbesondere vor, wenn wegen grundlegender Betriebsänderungen oder Betriebseinschränkungen finanzielle Anpassungshilfen der öffentlichen Hand gewährt werden. Dies gilt in der gegenwärtigen Situation vor allem für die Stahlindustrie. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages hat in seinem Ausschußbericht als Beispiel für Anpassungshilfen der öffentlichen Hand ausdrücklich die Beihilfe nach Art. 56 § 2 des Montanunionvertrags genannt, so daß für den Bereich der Stahlindustrie eine Erstattung in der Regel nicht in Betracht kommt.
Die Bundesregierung hält deshalb die in der mittelfristigen Finanzplanung für soziale Anpassungshilfen nach Art. 56 § 2 des Montanunionvertrags vorgesehenen insgesamt rund 375 Millionen DM, die bis auf wenige Ausnahmen den Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie als Entlastung von ihren Sozialplankosten zugute kommen, für ausreichend.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lammert.
Herr Staatssekretär, Ihnen wird bekannt sein, daß trotz der von Ihnen gerade zitierten ergänzenden Bestimmung diese Regelung vor allen Dingen bei den Betriebsräten und Gewerkschaften im Stahlbereich zu Sorgen und Irritationen geführt hat. Würden Sie diese nach wie vor vorgetragenen Besorgnisse über die Finanzierbarkeit in Arbeit befindlicher Sozialpläne für gegenstandslos halten, oder gibt es andere Aspekte, unter denen gleichwohl mit zusätzlichen finanziellen Erschwernissen gerechnet werden muß?
Herr Kollege, die Regelung, die hier angesprochen wurde, ist mit Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeber sehr intensiv besprochen worden. Ich halte die geltend gemachten Besorgnisse im großen und ganzen für gegenstandslos. Das schließt nicht aus, daß es möglicherweise auch in der Stahlindustrie Betriebe gibt, die vielleicht doch eine gute Finanz- und Ertragssituation haben; für diese würde eine solche Regelung nicht in Frage kommen. Aber - wie gesagt - ich kann aus der Hand heraus nicht beantworten, ob es allen Unternehmen der Stahlindustrie gleichermaßen schlecht geht.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Lammert.
Aus dieser zusätzlichen Antwort ist also zu schließen, daß die in diesem Zusammenhang beispielhaft genannten Bereiche, wie der Stahlbereich, nicht die Einzelfallprüfung im jeweiligen Unternehmen ersetzen, und insofern sich die Frage, ob sich daraus Konsequenzen für die Finanzierbarkeit von Sozialplänen ergeben oder nicht, immer nur am Beispiel des jeweilig betroffenen Unternehmens, nicht aber generell beantwortet werden kann?
Das ist richtig. Es handelt sich nicht um eine Branchenregelung. Genauso könnten j a einzelne Unternehmen der Textilindustrie unter diese Regelung fallen, das heißt aber nicht, daß die gesamte Textilindustrie darunter fallen müßte.
Keine Zusatzfrage mehr.
Die Fragen 80 und 81 des Abgeordneten Dr. Faltlhauser werden auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 82 des Abgeordneten Kolb auf.
Was hat das Bundesarbeitsministerium unternommen, um dafür zu sorgen, daß Bauaufträge der öffentlichen Hand nur an Firmen vergeben werden, die dem bundeseinheitlichen Tarifvertrag der Baubranche unterliegen und auch das darin vorgesehene Schlechtwettergeld bezahlen?
Herr Kollege Kolb, nach dem Arbeitsförderungsgesetz hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung als Verordnungsgeber bei der Bestimmung der Zweige des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, nach Möglichkeit den fachlichen
Geltungsbereich tariflicher Regelungen zu berücksichtigen. Die einschlägigen Verordnungen können jedoch nicht darauf abstellen, ob die einzelnen geförderten Betriebe durch die jeweiligen Tarifverträge gebunden sind. Daneben sieht das Arbeitsförderungsgesetz eine Verknüpfung des Schlechtwettergeldes mit den tarifvertraglichen Regelungen über den Lohnausgleich vor.
Auf die Vergabe von Bauaufträgen der Länder und Gemeinden sowie der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung keinen Einfluß; für Regelungen über die Vergabe von Bauaufträgen des Bundes fehlt ihm die Zuständigkeit. Im übrigen enthält die Verdingungsordnung für Bauleistungen keinen Ausschluß von Bauunternehmen vom Wettbewerb, die den Bautarifverträgen nicht unterliegen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Vorschrift in dem neuen AFKG, daß die Schlechtwettergeldzahlung bei Maßnahmen, die den Winterbau fördern, generell auf die Baubetriebe umgelegt werden soll, wenn Sie andererseits sagen, Sie hätten keine Einwirkungsmöglichkeiten, daß z. B. Kiesbetriebe in der Erdarbeit tätig werden oder Rohrlegefirmen oder Kabelverlegungsfirmen im Tiefbau arbeiten? Dann brauchen wir keinen bundeseinheitlichen Tarifvertrag.
Herr Kollege, Sie wissen so gut wie ich, daß die Branchen, die Sie aufgezählt haben, nicht zum Bauhauptgewerbe gehören. Deshalb ist in den gesetzlichen Bestimmungen, die ich vorhin nannte, immer der Begriff der Bauwirtschaft angesprochen worden. Wenn wir so verführen, wie Sie es angesprochen haben, dann wäre überhaupt nicht mehr abmeßbar, welche Branchen wir in diese Regelungen einbeziehen müssen; z. B. den Gesamtbereich des Forstbaues.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß die von mir genannten Betriebe nicht unter die Leiharbeiterregelungen fallen?
Das kann durchaus sein. Auch im Leiharbeitergesetz sprechen wir von dem Begriff „Bauwirtschaft", und dazu würde mit Sicherheit der Kabelverlegungsbereich nicht gehören.
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 83 des Abgeordneten Kolb auf:
Welche Möglichkeiten sieht das Bundesarbeitsministerium, die jetzt schon vorhandene Sozialversicherungskarte mit der
dazu gehörigen Sozialversicherungsnummer auch mit einem Lichtbild zu versehen, um so die Kontrolle der illegalen Beschäftigung wesentlich zu vereinfachen?
Herr Kollege Kolb, die Kontrolle darüber, ob ein Arbeitnehmer illegal beschäftigt wird oder nicht, würde nicht dadurch erleichtert, daß der Ausweis über die Versicherungsnummer in der Sozialversicherung mit einem Lichtbild versehen wird. Der Ausweis dient lediglich dazu, dem Arbeitnehmer Auskunft über die an ihn für die gesetzliche Rentenversicherung gegebene Versicherungsnummer zu geben, unter der grundsätzlich sämtliche Meldungen zur Kranken- und Rentenversicherung sowie zur Bundesanstalt für Arbeit zu erstatten sind. Es wird also nicht die Identität des Inhabers mit einer Person bescheinigt. Mit Hilfe dieses Ausweises - gleich ob mit oder ohne Lichtbild des Versicherten - kann niemand den Nachweis führen, daß ein legales Beschäftigungsverhältnis besteht. Dazu ist es erforderlich festzustellen, daß ein Beschäftigungsverhältnis ordnungsgemäß bei den zuständigen Sozialversicherungsträgern angemeldet worden ist. Der Nachweis hierüber ist nur aus den Meldeunterlagen des Arbeitgebers oder der zuständigen Krankenkasse zu führen.
Darüber hinaus wäre es verwaltungstechnisch nicht durchführbar, den Ausweis über die Versicherungsnummer in der Sozialversicherung mit einem Lichtbild zu versehen. Der Ausweis ist Inhalt des Versicherungsnachweisheftes, das von den Rentenversicherungsträgern nach Vergabe einer Versicherungsnummer ausgestellt wird und neben dem Deckblatt und dem Ausweis über die Versicherungsnummer Vordrucke für die vom Arbeitgeber zu erstattenden Meldungen enthält. Nach Verbrauch des letzten Meldevordrucks wird dem Versicherten automatisch ein neues Versicherungsnachweisheft von den Rentenversicherungsträgern übersandt.
Die erstmalige Ausstellung und die Erneuerung des Versicherungsnachweishefts erfolgen auf Grund von Meldungen der Arbeitgeber an die zuständigen Krankenversicherungsträger, die auf elektronisch zu verarbeitenden Datenträgern ({0}) an die Rentenversicherung weitergeleitet werden. Ein Austausch von Lichtbildern ist in diesem Meldeverfahren technisch nicht möglich.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Ordnungsbehörden sowie die Polizei erklären, es sei nicht möglich, bei Kontrollen draußen festzustellen, wer ordnungsgemäß beschäftigt ist? In einem Betrieb mit 100 Personen können 20 oder 30 ordnungsgemäß angemeldet sein und zehn vielleicht nebenherlaufen; ich spreche hier jetzt speziell von Ausländern, die illegal beschäftigt werden. Die Polizei erklärt, es sei ihr nicht möglich, festzustellen, wer ordnungsgemäß beschäftigt wird.
Herr Kollege Kolb, ich bestreite nicht, daß es sehr schwierig ist, solche Feststellungen zu treffen. Mit einem Ausweisheft würden Sie das, was Sie erreichen wollen, aber auch nicht erreichen, denn ein Ausweisheft, über das ja jeder verfügt, der einmal eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hat, sagt nichts darüber
aus, ob der Betreffende in der Folgezeit nicht später doch illegal arbeitet. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, nämlich an Hand des Personalausweises bei der zuständigen Krankenkasse nachzuprüfen, ob der Arbeitnehmer auch angemeldet ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.
Herr Staatssekretär, welche Erfahrungen hat das Arbeitsministerium mit ähnlichen Regelungen, wie sie z. B. in Holland praktiziert werden?
Herr Kollege, ich weiß nicht, ob in Holland überhaupt Überprüfungen notwendig sind. In Holland ist meines Wissens Leiharbeit überhaupt verboten; also kann es diesen Bereich dort eigentlich gar nicht geben.
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung begrüße ich Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Penner.
Die Frage 84 ist von der Fragestellerin, der Frau Abgeordneten Zutt, zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 85 des Herrn Abgeordneten Schröde; ({0}) auf:
Gibt die in der offiziellen Stellungnahme des Bundesverteidigungsministers für die Enquete-Kommission „Jugendprotest im demokratischen Staat" unter dem Aktenzeichen 01/ 61/02 mitgeteilte Äußerung „Noch ist der für die Grundordnung engagierte parteinehmende Lehrer die Ausnahme. So muß innerhalb der Streitkräfte jeder Vorgesetzte und außerhalb - bisher fast allein - der Jugendoffizier als Nachhilfelehrer für staatsbürgerliche Mitverantwortung einspringen." die Auffassung der Bundesregierung über das demokratische Engagement der Lehrer wieder, und auf welche Quellen wird diese Äußerung gestützt?
Herr Kollege Schröder, gestatten Sie, daß ich Ihre beiden Fragen im Zusammenhang beantworte?
Selbstverständlich.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 86 des Herrn Abgeordneten Schröder auf:
Wenn nein, in welcher Weise gedenkt die Bundesregierung diese Äußerung gegenüber den Betroffenen, ihren Verbänden und der Öffentlichkeit richtigzustellen?
Die in Ihrer Frage angesprochene Äußerung entspricht nicht der Auffassung der Bundesregierung. Sie ist einer Vorausinformation des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. November 1981 für die Enquete-Kommission entnommen und gibt die Äußerung eines einzelnen Jugendoffiziers wieder. Sie hätte als Zitat gekennzeichnet werden sollen. Das ist wegen eines Redaktionsversehens unterblieben.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat das Sekretariat der Kommission gebeten, den redaktionellen Fehler richtigzustellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schröder.
Herr Staatssekretär, würden Sie meiner Bewertung der Antwort nähertreten können, wenn ich sage, daß die Beantwortung möglicherweise schlau, aber nicht sehr klug war und daß mit dieser Beantwortung das Fragerecht des Parlamentariers zu einer Farce degradiert wird?
Herr Kollege Schröder, Ihre Bewertungen sind Ihre Sache. Mir ist es von dieser Stelle aus nicht gestattet, in eine Bewertung Ihrer Frage einzutreten.
Herr Kollege Schröder.
Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung bewogen, die, wie Sie gesagt haben, Stellungnahme eines einzelnen Jugendoffiziers für so wichtig zu halten, daß sie diese Stellungnahme der Enquete-Kommission „Jugendprotest im demokratischen Staat" zugänglich gemacht hat?
Herr Kollege Schröder, ich habe Ihnen zu erklären versucht, wie das Versehen zustande gekommen ist. Auf diese meine Antwort auf Ihre Frage muß ich mich beschränken.
Eine dritte Zusatzfrage, Herr Kollege Schröder.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich habe immer noch keine Antwort auf die Frage bekommen - und ich bitte Sie, sie mir zu geben -, was die Bundesregierung, wenn das denn die Stellungnahme eines einzelnen Jugendoffiziers war, bewogen hat, diese für so wichtig zu halten, daß sie sie uns - und sei es in der Form eines Zitats - zugänglich gemacht hat?
Herr Kollege Schröder, ich habe Ihnen gesagt, daß die angesprochene Stellungnahme nicht die Auffassung der Bundesregierung ist. Allerdings kann diese Erklärung eines Jugendoffiziers für die Enquete-Kommission von Interesse sein.
Eine vierte Zusatzfrage, Herr Kollege Schröder.
Was ist gegenüber dem betreffenden Jugendoffizier geschehen, um ihm die andersartige Meinung der Bundesregierung deutlich zu machen, und ist die Bundesregierung bereit, mir die Adresse des Jugendoffiziers mitzuteilen, damit ich ihm selber meine andersartige Auffassung schriftlich darlegen kann?
Herr Kollege Schröder, es ist Ihnen selbstverständlich unbenommen, zu der Äußerung des Jugendoffiziers eine Meinung zu äußern. Ich will sehen, ob es möglich ist, Ihnen die gewünschten Unterlagen zu beschaffen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung eventuell bereit, die eben zitierte Äußerung des Jugendoffiziers auch öffentlich als töricht hinzustellen?
Herr Kollege Schreiner, ich habe hier, vor dem Plenum des Deutschen Bundestages, zum Ausdruck gebracht, daß die angesprochene Äußerung nicht der Auffassung der Bundesregierung entspricht. Dabei möchte ich es bewenden lassen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich Frage 87 des Herrn Abgeordneten Weiß auf:
Trifft es zu, daß nach einem Erlaß des Bundesverteidigungsministeriums vom 22. Juni 1979 Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Grundwehrdienst leisten, eine kostenlose Familienheimfahrt zwar mit der Deutschen Bundesbahn, nicht aber mit den Bussen der Deutschen Bundespost durchführen können?
Herr Kollege Weiß, Grundwehrdienstleistende können kostenlose Familienheimfahrten auch mit Bussen der Deutschen Bundespost durchführen. Benutzt der Soldat einen Postbus, muß er allerdings das Fahrgeld zunächst vorstrecken. Es wird ihm von seinem Truppenteil erstattet, wenn bei der Fahrt die Gemeindegrenze des Standortes überschritten wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Weiß.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir darin einig, daß durch den angesprochenen Erlaß insbesondere Soldaten aus ländlichen Räumen nachteilig betroffen werden und daß manche trotz der Möglichkeit, einen Antrag auf Erstattung der Fahrtkosten einzureichen, monatlich doch bis zu 20 DM von ihrem nicht üppigen Wehrsold für Familienheimfahrten zahlen müssen?
Herr Kollege Weiß, es wäre sicherlich besser, wenn der Abrechnungsmodus bei den Busfahrten derselbe wäre wie bei den Bahnfahrten. Aber Sie kennen die technischen Schwierigkeiten auch und gerade im Zusammenhang mit den Verkehrsverbünden. Wir haben bisher keine Möglichkeit gesehen, es anders zu handhaben als über die individuelle Abrechnung.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Weiß.
Herr Staatssekretär, ich schätze Sie als einen klugen Menschen. Würden Sie also darauf hinwirken wollen, daß die Regelungen, die bei
der Deutschen Bundesbahn für Familienheimfahrten maßgebend sind, auch bei der Deutschen Bundespost durchgesetzt werden können?
Wir sind ständig bemüht, zu finanzierbaren Regelungen zu kommen. Aber Sie wissen, daß wir in dieser Frage auch auf Partner angewiesen sind. Das ist alles nicht ganz einfach.
({0})
Meine Damen und Herren, die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Penner, für die Beantwortung der Fragen.
Wir kommen nun zur übrigen Tagesordnung zurück. Punkt 5 der Tagesordnung - der Ausschußbericht betreffend das Halten von Legehennen in Käfigbatterien - ist abgesetzt.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 12. November 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem unabhängigen Staat Papua-Neuguinea über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
- Drucksache 9/902 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({0})
- Drucksache 9/1116 Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. von Wartenberg
({1})
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Wort wird auch anderweitig nicht gewünscht.
Wir kommen zur Einzelberatung und zur Schlußabstimmung. Ich rufe Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Die Abstimmung hierüber wird mit der Schlußabstimmung verbunden. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke sehr. Wer stimmt dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Das Gesetz ist angenommen.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Zusatzvereinbarungen vom 29. August 1980 zum Abkommen vom 22. Dezember 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit und zu der Vereinbarung zur Durchführung dieses Abkommens
- Drucksache 9/900 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({2})
- Drucksache 9/1118 Berichterstatter:
Abgeordneter Schmidt ({3})
({4})
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Das Wort wird auch anderweitig nicht gewünscht.
Wir kommen dann zur Einzelberatung und zur Schlußabstimmung. Ich rufe die Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift auf. Die Abstimmung hierüber wird mit der Schlußabstimmung verbunden. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Das Gesetz ist angenommen.
Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 13. November 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung
- Drucksache 9/1119 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß
Das Wort dazu wird nicht gewünscht.
Der Ältestenrat schlägt Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuß vor. Ist das Haus mit der vorgeschlagenen Überweisung einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist entsprechend beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie ({5}) zu dem Antrag der Abgeordneten Maaß, Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Gerstein, Dr. Bugl, Engelsberger, Eymer ({6}), Dr. Hubrig, Neuhaus, Prangenberg, Weirich, Dr. Riesenhuber, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Hellwig, Schröder ({7}), Frau Berger ({8}) und der Fraktion der CDU/CSU
Förderung von Forschung und Entwicklung auf den Gebieten Datenverarbeitung, Informationstechniken
- Drucksachen 9/543, 9/1108 Berichterstatter: Abgeordnete Maaß Börnsen
Timm
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen dann zur Abstimmung. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/1108 die Annahme einer Entschließung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. 4256
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Die Entschließung ist angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({9}) zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({10})
- Drucksachen 9/987, 9/1117 Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Mitzscherling
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort anderweitig gewünscht? - Das ist auch nicht der Fall.
Wir kommen dann zur Abstimmung. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/1117, der Verordnung auf Drucksache 9/987 zuzustimmen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses ({11}) zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1981
hier: Einzelplan 30
Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie
- Drucksachen 9/538, 9/1112 Berichterstatter: Abgeordnete Dr. Dübber
Dr. Zumpfort
Dr. Stavenhagen
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/1112, den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 9/538 für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe die Punkte 12 bis 14 der Tagesordnung auf:
12. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({12}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 25 02 Titel 642 01
- Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz -- Drucksachen 9/992, 9/1109 Berichterstatter:
Abgeordnete Sieler
Hauser ({13})
13. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({14}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 14 02 Titel 525 11
- Aus- und Fortbildung -- Drucksachen 9/810, 9/1123 Berichterstatter:
Abgeordnete Hauser ({15}) Frau Traupe
Dr. Zumpfort
14. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({16}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1981 bei Kapitel 14 22 Titel 559 31 - Beitrag zu den Beschaffungskosten des NATO-Frühwarnsystems ({17})
- Drucksachen 9/949, 9/1124 Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Stavenhagen Frau Traupe
Dr. Zumpfort
Wird das Wort von seiten der Berichterstatter gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß empfiehlt auf den Drucksachen 9/1109, 9/1123 und 9/1124, von der Unterrichtung durch die Bundesregierung auf den Drucksachen 9/992, 9/810, 9/949 Kenntnis zu nehmen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist entsprechend beschlossen.
Ich rufe die Punkte 15 bis 17 der Tagesordnung auf:
15. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({18}) zum Antrag des Bundesministers der Finanzen
Rüstersieler Groden in Wilhelmshaven;
Veräußerung einer 33,72.80 ha großen Teilfläche an die Deutsche Shell Aktiengesellschaft, Hamburg
- Drucksachen 9/918, 9/1084 Berichterstatter:
Abgeordnete Grobecker Dr. Hackel
16. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschuses ({19}) zum Antrag des Bundesministers der Finanzen
Veräußerung des bundeseigenen Geländes in München an der Heidemannstraße an die Landeshauptstadt München
- Drucksachen 9/917, 9/1085 Berichterstatter:
Abgeordnete Grobecker Dr. Hackel
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
17. Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({20}) zum Antrag des Bundesministers der Finanzen
Reichseigenes Grundstück in Berlin-Schöneberg, Potsdamer Straße 188/190;
hier: Verkauf an das Land Berlin
- Drucksachen 9/907, 9/1086 Berichterstatter:
Abgeordnete Grobecker Dr. Hackel
Der Ausschuß empfiehlt, den Veräußerungen zuzustimmen.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich lasse jetzt über die Vorlagen gemeinsam abstimmen. Wer den Beschlußempfehlungen des Haushaltsausschusses auf den Drucksachen 9/1084, 9/ 1085 und 9/1086 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Stimmt jemand dagegen? - Es enthält sich auch niemand der Stimme. Den Beschlußempfehlungen ist damit entsprochen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:
Beratung der Sammelübersicht 25 des Petitionsausschusses ({21}) über Anträge zu Petitionen
- Drucksache 9/1082 Das Wort dazu wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses auf der Drucksache 9/1082, die in der Sammelübersicht 25 enthaltenen Anträge anzunehmen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Die Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses ist angenommen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 und 20 auf:
19. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ({22}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Apothekers und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts für bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten
Entwurf eines Beschlusses des Rates zur Einsetzung eines Beratenden Ausschusses für die pharmazeutische Ausbildung
- Drucksachen 9/396, 9/1106 Berichterstatterin:
Abgeordnete Frau Dr. Neumeister
20. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses ({23}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorlage für eine Verordnung ({24}) des Rates betreffend den Ausgleich des griechischen Beitrags zu den Kosten des Finanzmechanismus und der zusätzlichen Maßnahmen zugunsten des Vereinigten Königreichs
- Drucksachen 9/782 Nr. 58, 9/1093 Berichterstatter:
Abgeordnete Carstens ({25}) Hoffmann ({26})
Das Wort dazu wird nicht gewünscht. Ich lasse über die Vorlagen gemeinsam abstimmen. Wer den Beschlußempfehlungen des Ausschusses auf den Drucksachen 9/1106 und 9/1093 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlungen sind angenommen.
Meine Damen und Herren, wir sind mit der bis hierher vorgesehenen heutigen Arbeit zu Ende gekommen. Die Sitzung des Deutschen Bundestages wird unterbrochen. Der Deutsche Bundestag tritt um 18 Uhr wieder zusammen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
({27})
Die unterbrochene Sitzung wird wieder eröffnet.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat rufe ich die Zusatzpunkte 1 bis 7 zur Tagesordnung auf:
1. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Zweiten Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur ({1})
- Drucksache 9/1140 Berichterstatter:
Abgeordneter Vogel ({2})
2. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({3}) zu dem Neunten Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes
- Drucksache 9/1141 Berichterstatter:
Abgeordneter Vogel ({4})
3. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({5}) zu dem Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen ({6})
- Drucksache 9/1142 Berichterstatter:
Abgeordneter Vogel ({7})
4. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({8}) zu dem Zweiten Ge4258
Präsident Stücklen
setz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes
- Drucksache 9/1143 Berichterstatter:
Abgeordneter Vogel ({9})
5. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({10}) zu dem Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung ({11})
- Drucksache 9/1144 Berichterstatter:
Abgeordneter Vogel ({12})
6. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({13}) zu dem Gesetz zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der Krankenversicherung ({14})
- Drucksache 9/1145 Berichterstatter:
Abgeordneter Vogel ({15})
7. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({16}) zu dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze ({17})
- Drucksache 9/1146 Berichterstatter:
Abgeordneter Vogel ({18})
Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Vogel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vermittlungsausschuß hat seinen Vorsitzenden gebeten, einen zusammenfassenden Bericht zu den Ihnen in den Drucksachen 9/1140 bis 9/1146 vorliegenden Beschlußempfehlungen zu geben. Ich bitte um Verständnis dafür, daß dieser Bericht etwas länger dauert. Dafür werden Ihnen die anderen Berichte erspart.
Gestatten Sie mir bitte vorab eine allgemeine Bemerkung. Mit seinen Beschlußempfehlungen hält sich der Vermittlungsausschuß insgesamt in dem ihm vorgegebenen verfassungsrechtlichen Rahmen. Dieser Rahmen wird bestimmt durch die Gesetzesbeschlüsse des Bundestages, die den Beratungen des Vermittlungsausschusses zugrunde lagen, durch die im Verlauf des vorangegangenen Gesetzgebungsverfahrens in dieses eingeführten Anträge, Stellungnahmen und Anregungen und durch den Inhalt der Anrufungsbegehren der dazu befugten Verfassungsorgane. Dies gilt insbesondere für Stellungnahmen des Bundesrates, auch wenn diese vom Bundestag in seinem Gesetzesbeschluß nicht berücksichtigt worden sind. Diese Frage ist vor Beginn der Beratungen des Vermittlungsausschusses sorgfältig geprüft und zu Beginn der Beratung einvernehmlich beantwortet worden.
Was ich zu dem vorgegebenen verfassungsrechtlichen Rahmen hier gesagt habe, ist ständig geübte und bislang unbeanstandet gebliebene Staatspraxis. Diese allgemeine Bemerkung halte ich für erforderlich, weil in der Öffentlichkeit auch von Kollegen dieses Hauses Zweifel an der Berechtigung des Vermittlungsausschusses lautgeworden sind, den Wohnungsbauteil in seine Beratungen einzubeziehen und dazu Beschlußempfehlungen zu beschließen.
Hierzu ist folgendes zu sagen. Nachdem der Bundesrat in seiner 506. Sitzung am 27. November 1981 seine Zustimmung zu dem vom Bundestag verabschiedeten 2. Haushaltsstrukturgesetz verweigert hatte, hat die Bundesregierung noch am selben Tage gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt. Sie hat dieses Verlangen nicht weiter konkretisiert. Damit war das vom Bundestag beschlossene 2. Haushaltsstrukturgesetz in vollem Umfang mitsamt den in das vorangegangene Gesetzgebungsverfahren eingeführten Anträgen, Empfehlungen und Anregungen Gegenstand des Vermittlungsverfahrens.
Das gilt insbesondere für die vom Bundesrat in seiner 503. Sitzung am 25. September 1981 beschlossene Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Diese Stellungnahme ist in der Anlage 2 der Bundestagsdrucksache 9/842 enthalten. Dort ist im Teil A unter der laufenden Nummer 8 auf Seite 82 auf die vom Bundesrat am 10. Juli 1981 beschlossenen Gesetzentwürfe Bezug genommen und sind diese zum Gegenstand der Stellungnahme gemacht worden. Vor allem hat der Bundesrat auf die Notwendigkeit der Erschließung erheblicher Rückflüsse aus alten Wohnungsbaudarlehen durch abgestufte Anhebung der Zinsen noch einmal aufmerksam gemacht. Dieser Teil der Stellungnahme des Bundesrates ist im Vermittlungsausschuß aufgegriffen worden. Daraufhin war der Vermittlungsausschuß verpflichtet, sich damit zu befassen.
Bei allem Verständnis für die Reaktion der Mitglieder des Wohnungsbauausschusses des Bundestages würde ich es angesichts dieser Rechtslage begrüßen, wenn der Ausdruck „Handstreich" vermieden würde.
Völlig abwegig ist die Spekulation, der Vermittlungsausschuß könne dann auch beispielsweise eine Änderung des Wahlrechts empfehlen. Auch bei intensivem Studium der zum 2. Haushaltsstrukturgesetz gehörenden Unterlagen war es mir nicht möglich, eine derartige Anregung im vorangegangenen Beratungsverfahren festzustellen.
Ich darf bei dieser Gelegenheit Ihnen, Herr Kollege Conradi, wenigstens zu Ihrem heutigen Geburtstag gratulieren.
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Ich habe festgestellt, daß Sie in meinem Wahlkreis geboren sind. Deshalb tue ich es besonders gern.
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Abgesehen von dieser rechtlichen Beurteilung möchte ich nicht verhehlen, daß auch für die Mitglieder des Vermittlungsausschusses das Vermittlungsverfahren im Rahmen der sogenannten Operation '82 seinem Umfang und Inhalt nach ungewöhnlich gewesen ist. Die Einschätzung, daß es das bisher umfangreichste Vermittlungsverfahren in der Geschichte des Vermittlungsausschusses gewesen ist, dürfte zutreffend sein. Das schlägt sich in den Ihnen vorliegenden umfangreichen Beschlußempfehlungen nieder.
Das Vermittlungsverfahren hat allen Mitgliedern des Vermittlungsausschusses ein hohes Maß an intellektueller Anstrengung und physischem Einsatz abverlangt. Dafür möchte ich als Vorsitzender des Vermittlungsausschusses allen Mitgliedern des Vermittlungsausschusses, insbesondere den Berichterstattern zu den einzelnen Gesetzen, auch vor dem Deutschen Bundestag herzlich danken.
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In diesen Dank möchte ich die beteiligten Mitglieder der Bundesregierung und die Mitarbeiter im Sekretariat des Vermittlungsausschusses einbeziehen,
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ganz besonders Sie, Herr Minister Matthöfer.
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Ich wende mich nunmehr den Ihnen vorliegenden Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses zu. Dabei halte ich mich an die Reihenfolge, die in der Tagesordnung der heutigen Plenarsitzung ausgedruckt ist.
Der Deutsche Bundestag hat in seiner 64. Sitzung am 12. November 1981 das 2. Haushaltsstrukturgesetz, das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz, das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz, das Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz, das Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982, das Zweite Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes und das Neunte Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes angenommen.
Zum 2. Haushaltsstrukturgesetz hat nach Zustimmungsverweigerung durch den Bundesrat - was ich schon ausgeführt habe - am 27. November 1981 die Bundesregierung die Einberufung des Vermittlungsausschusses verlangt. Zu den übrigen Gesetzen hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen.
Der Vermittlungsausschuß ist zum frühestmöglichen Termin, nämlich zum 3. Dezember 1981, einberufen worden. Er hat die Vorlagen zügig bis zum 8. Dezember einschließlich beraten.
Zu allen sieben Anrufungsbegehren wurden Einigungsvorschläge beschlossen, die ich nun in den wesentlichen Punkten vortrage.
Erstens. Die Beratungen konzentrierten sich naturgemäß auf das 2. Haushaltsstrukturgesetz, den politischen Schwerpunkt des Gesetzesbündels. Abgesehen von einigen kleineren Punkten hat sich der Vermittlungausschuß auf folgende Änderungen des Gesetzesbeschlusses verständigt.
1. Zusätzliche Einsparung für Bund, Länder und Gemeinden.
a) Kürzung der Bezüge für Beamtenanwärter, die nach dem 31. Dezember 1981 eingestellt werden. Hierzu erwartet der Vermittlungsausschuß, daß die durch die Absenkung der Anwärterbezüge gewonnenen Mittel dazu beitragen, daß zusätzliche Anwärter eingestellt werden können.
b) Kürzung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Im einzelnen seien hier genannt die feste Regelsatzanpassung von 3 % für die Jahre 1982 und 1983 - zu diesem Punkt gibt der Vermittlungsausschuß seiner Erwartung Ausdruck, daß rechtzeitig im Jahre 1983 in Anlehnung an die jetzt beschlossene Einschränkung für die Zeit ab 1. Januar 1984 eine neue gesetzliche Regelung der Bemessungsgrundlage für die Regelsatzanpassung getroffen wird -, Einschränkung der Mehrbedarfsregelung, Kürzung, aber nicht Streichung des Zusatztaschengeldes bei Anstalts- und Heimunterbringung, Kürzungen beim Pflegegeld und bei der Blindenhilfe, maßvolle Einschränkung bei der Eingliederungshilfe für Behinderte und verschärfende Neuregelung der Zumutbarkeit von Arbeit für Sozialhilfeempfänger.
c) Änderungen des Strafvollzugsgesetzes, die u. a. zu Einsparungen durch Hinausschieben von Bauinvestitionen bei Einrichtungen des Vollzugs führen.
2. Altershilfe für Landwirte. Die vom Bundestag beschlossene Umgestaltung des Systems der landwirtschaftlichen Altershilfe wird zunächst zurückgestellt. Für 1982 und 1983 bleibt es außerdem bei der jetzt geltenden Höhe der Bundeszuschüsse von jährlich 2,105 Milliarden DM zu den Alterskassen. Gegenüber dem Gesetzesbeschluß wird dadurch vorläufig eine Beitragsmehrbelastung vor allem der kleineren bäuerlichen Betriebe vermieden.
Bei diesen Empfehlungen geht der Vermittlungsausschuß davon aus, daß die jetzt zurückgestellten, mit der Neuregelung der landwirtschaftlichen Altershilfe verbundenen Fragen in der Zwischenzeit in erneuter parlamentarischer Beratung geklärt werden.
3. Wohnungspolitische Einigungsvorschläge. Der Vermittlungsausschuß hat folgende Einigungsvorschläge beschlossen, die sicher zu den wichtigsten Änderungen des Gesetzesbeschlusses gehören.
a) Ermächtigung an die Länder, eine Höherverzinsung der Altdarlehen öffentlich geförderter Wohnungen einschließlich des Eigentumsbereichs von bis zu 8 % für die Zeit vor dem 1. Januar 1960, von bis zu 6 % für die vor dem 1. Januar 1970 bewilligten Mittel vorzusehen. Gleichzeitig wird der Anreiz zur vorzeitigen Rückzahlung der öffentlichen Mittel erweitert.
b) In Gemeinden mit weniger als 200 000 Einwohnern entfällt bei vorzeitiger Rückzahlung der öffentlichen Mittel die Mietpreisbindung. Die Landesregierungen sind allerdings ermächtigt, bestimmte Gemeinden von dieser Neuregelung auszunehmen.
c) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung für Gemeinden mit mehr als 300 000
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Einwohnern plus Umland eine Fehlbelegungsabgabe einführen.
d) Die für selbstgenutzte Einfamilienhäuser geltende pauschale Nutzungswertbesteuerung wird entgegen dem Gesetzesbeschluß nicht auf solche Zwei- und Mehrfamilienhäuser ausgedehnt, in denen mindestens eine Wohnung vermietet ist oder aber beruflich oder gewerblich genutzt wird.
e) Die Mehrwertsteueroption bleibt für Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks in den Fällen erhalten, in denen das errichtete Gebäude vor dem 1. Januar 1985 fertiggestellt worden ist.
Im Zusammenhang mit den Einigungsvorschlägen zum Wohnungsbau wurde eine Eckwerterklärung für Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zu Protokoll gegeben, die der Vermittlungsausschuß zur Kenntnis genommen hat. Die Erklärung hat folgenden Inhalt.
Für Wohnungen der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, die nicht dem Wohnungsbindungsgesetz unterliegen, sind vergleichbare Belegungsbindungen auf Dauer zu schaffen. An Stelle der Kostenmiete kann die Vergleichsmiete erhoben werden, soweit die Mietobergrenzen des sozialen Wohnungsbaus für neu geförderte Wohnungen nicht überschritten werden. Der besonderen Situation von Werkswohnungen - einschließlich Bergarbeiterwohnungen - und Genossenschaftswohnungen ist Rechnung zu tragen.
4. Steuerrechtlicher Teil. Zusätzlich zu den bereits genannten steuerlichen Erleichterungen schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß die folgenden weiteren Änderungen der steuerlichen Beschlüsse des Bundestages vor.
a) Mit der Beibehaltung des bisherigen § 6 b des Einkommensteuergesetzes für Grundstücke und Gebäude soll insbesondere einem berechtigten Anliegen der mittelständischen Wirtschaft und des Handwerks Rechnung getragen werden.
b) Die Streichung von Art. 26 Nr. 13 und 14 Buchstabe b des Gesetzesbeschlusses bewirkt, daß der Kinderbetreuungsbetrag des Einkommensteuergesetzes unverändert erhalten bleibt.
c) Beim Ausbildungsfreibetrag werden nicht mehr, wie im Gesetzesbeschluß vorgesehen, die Einkünfte des Kindes aus eigener Arbeit, wohl aber die Einkünfte aus öffentlichen Mitteln - z. B. BAföG - angerechnet.
d) Die vom Bundestag beschlossene Beseitigung des Vorsteuerabzugs für Betriebs-Pkw im Umsatzsteuergesetz wird rückgängig gemacht. Es bleibt also bei der jetzt geltenden Regelung, die für die gesamte Wirtschaft so bedeutsam ist.
e) Der Bundesfinanzminister hat zu Protokoll gegeben - darauf möchte ich hinweisen -, daß im Zusammenhang mit der nächsten Novellierung des Berlinförderungsgesetzes die zwischen dem Bund und dem Land Berlin noch offene Frage des § 15 a des Gesetzes wohlwollend geprüft werden soll.
Ich komme zum zweiten Gesetz. Einen weiteren Schwerpunkt der Beratungen im Vermittlungsausschuß bildete das Anrufungsbegehren des Bundesrats zu dem nicht zustimmungsbedürftigen Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz. Hier die wesentlichen Einigungsvorschläge:
1. Die im Gesetzesbeschluß des Bundestages vorgesehene Kürzung der Dauer der Förderung durch die Bundesanstalt für Arbeit im Eingangs- und Arbeitstrainingsbereich der Werkstätten für Behinderte wird weitgehend rückgängig gemacht.
2. Die vom Bundestag verabschiedeten erheblichen Einschränkungen der Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden abgemildert. Die vorgeschlagene Anordnungsregelung der Bundesanstalt für Arbeit ermöglicht eine flexible Handhabung der Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch die öffentliche Hand. Das betrifft in besonderem Maße das Land Berlin, wo das Problem insbesondere bei dem Programm für Jugendliche dringlich ist. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat dies im Vermittlungsausschuß anerkannt.
3. Der vom Bundestag beschlossene Wegfall der sogenannten originären Arbeitslosenhilfe wird zu einem erheblichen Teil rückgängig gemacht. Das wirkt sich dahin aus, daß z. B. der arbeitslos gewordene Lehramtsanwärter weiterhin Arbeitslosenhilfe erhält, der arbeitslos gewordene Student dagegen nicht.
4. Ein in seinen Auswirkungen besonders tiefgreifender Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses geht dahin, daß die Versicherungsfreiheit geringfügiger Beschäftigungen bestehen bleibt. Es bleibt bei dem gegenwärtig geltenden Recht, allerdings mit der Maßgabe, daß die Freigrenze bei monatlich 390 DM bis zum 31. Dezember 1984 festgeschrieben wird. Eine Regelung über diesen Zeitpunkt hinaus muß anläßlich der vorgesehenen Neuordnung des Rentenrechts getroffen werden.
5. Eine kleine, aber nicht unwichtige Änderung des § 119 Abs. 1 Nr. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes beugt einer Umgehung der Sperrzeitregelung beim Bezug von Arbeitslosengeld vor.
Ich komme zum dritten Gesetz. Zum Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz hat sich der Vermittlungsausschuß ein Anrufungsbegehren des Bundesrates zu eigen gemacht. Es wird vorgeschlagen, die Bestimmungen über die teilstationäre Krankenhauspflege nur für den Bereich der psychiatrischen Behandlung aufrechtzuerhalten. Dieser Regelung ist im Hinblick auf die Notwendigkeiten der Behandlung psychischer Erkrankungen große Bedeutung beizumessen.
Zum vierten Gesetz, dem Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, konnte ein Kompromiß gefunden werden, der den Gesetzesbeschluß in wichtigen Punkten ändert.
1. Zum wichtigsten Streitpunkt schlägt der Vermittlungsausschuß vor, entgegen dem Gesetzesbeschluß des Bundestages die Kosten des schulischen Teils der Krankenpflegeausbildung bis zum
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31. Dezember 1988 weiterhin in die Pflegesätze einzubeziehen.
2. Die sogenannten Deckelungsregelungen sollen nach der Beschlußempfehlung entfallen. Das betrifft einmal die Begrenzung der Erhöhung der Pflegesätze in den Jahren 1982 und 1983 auf den Grundlohnanstieg, zum anderen die vorgesehene Festlegung eines Höchstbetrages für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel und schließlich die Auflagen bei der Gewährung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder. Mit diesen Empfehlungen soll erreicht werden, daß die teilweise befürchtete Aushöhlung des Kostendeckungsprinzips vermieden wird.
3. Änderung in der Finanzierung der Vergütung für die von den poliklinischen Einrichtungen erbrachten Leistungen: künftig 80 % der für gleiche Leistungen in der kassenärztlichen Versorgung maßgeblichen Einzelvergütung. Die Vergütung kann auch als pauschaler Betrag für den einzelnen Behandlungsfall vereinbart werden.
Ich komme zum fünften Gesetz, dem Verbrauchsteueränderungsgesetz. Zum Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982 schlägt der Vermittlungsausschuß entsprechend dem Anrufungsbegehren des Bundesrates vor, den Gesetzesbeschluß aufzuheben, also die vom Bundestag beschlossenen Erhöhungen der Tabak-, Branntwein-, Schaumwein- und Mineralölsteuer zu streichen.
Zum sechsten Gesetz. Hinsichtlich des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes hat sich der Vermittlungsausschuß ebenfalls dem Anrufungsbegehren des Bundesrates angeschlossen. Das bedeutet, daß die vom Bundestag verabschiedete dauerhafte Erhebung der Heizölsteuer auf weitere drei Jahre befristet werden soll.
Siebtens. Zum Neunten Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes hat sich der Vermittlungsausschuß in vollem Umfang das Anrufungsbegehren des Bundesrates zu eigen gemacht. Die Empfehlung lautet mithin, den Gesetzesbeschluß aufzuheben, d. h. die vom Bundestag beschlossenen Kindergeldkürzungen rückgängig zu machen.
Der Vermittlungsausschuß hat sich bemüht, bei seinen Beschlußempfehlungen die finanziellen Auswirkungen für Bund, Länder und Gemeinden zu berücksichtigen. Ich nenne hier nur die Zahlen für das Haushaltsjahr 1982, wobei die ersten fünf der hier wiedergegebenen Gesetze zugrunde gelegt sind.
Den Mehrausgaben/Mindereinnahmen beim Bund in Höhe von insgesamt 1,080 Milliarden DM stehen Minderausgaben bei den Ländern und Gemeinden nach Berücksichtigung von 337 Millionen DM Mindereinnahmen in Höhe von 1,908 Milliarden DM gegenüber. Damit bewirken die Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses eine zusätzliche gesamtstaatliche Entlastung von fast 900 Millionen DM im Rahmen der „Operation '82". Das macht deutlich, daß es gelungen ist, mit den empfohlenen Änderungen der Beschlüsse des Bundestages per saldo beträchtliche zusätzliche Einsparungen bei den Staatsausgaben zu erzielen.
Soweit dieser Bericht.
Noch ein Hinweis, weil Mißverständnisse aufgetreten sind. Zu jeder der Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses ist einzeln abzustimmen, da sie sich auf sieben verschiedene Gesetze beziehen.
Noch einen weiteren Hinweis für die Abstimmung bitte ich zu beachten. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, daß im Deutschen Bundestag über die Änderungen zum 2. Haushaltsstrukturgesetz, zum Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz und zum Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz jeweils gemeinsam abzustimmen ist.
Für den Vermittlungsausschuß bitte ich das Hohe Haus um Zustimmung zu den vorgelegten Beschlußempfehlungen.
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Zur Abgabe einer Erklärung hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Kreile.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Die Fraktion der CDU/ CSU begrüßt es, daß der Vermittlungsausschuß empfiehlt, die Kindergeldkürzungen abzulehnen.
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Sie wird dieser Empfehlung folgen und die von der SPD/FDP-Koalition gewollte Kindergeldkürzung ablehnen. Namens der CDU/CSU-Fraktion beantrage ich hierzu namentliche Abstimmung.
Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt es weiterhin, daß der Vermittlungsausschuß den Verbrauchsteuererhöhungen eine Absage erteilt hat. Sie wird dieser Empfehlung folgen und die von der SPD/FDP-Koalition gewollten Verbrauchsteuererhöhungen erneut ablehnen.
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Wir stellen weiterhin mit Genugtuung fest, daß es der CDU/CSU im Vermittlungsausschuß gelungen ist, einige wesentliche Verbesserungen zu erreichen.
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Dadurch wurde aus einem schlechten Gesetz noch kein gutes. Gleichwohl werden wir auch hier den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses folgen, um die im Vermittlungsausschuß durchgesetzten Beschäftigungs- und Investitionsanreize möglichst bald zur Wirkung zu bringen.
Zu bedauern bleibt jedoch, daß Regierung und Koalition an einigen investitions- und beschäftigungsfeindlichen Maßnahmen, wie z. B. an der Einschränkung der Pensionsrückstellungen für an Arbeitnehmer zu zahlende Firmenpensionen wie an dem Abbau der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, festgehalten haben. Hiermit werden Investitions-und Beschäftigungshemmnisse errichtet im krassen Widerspruch zu dem wirtschaftspolitisch Notwendigen.
Daß wir uns in diesen und anderen Punkten nicht durchsetzen konnten, entspricht dem Wesen eines Kompromisses. Es liegt nicht in der Macht der Opposition und es kann auch nicht ihre Aufgabe sein, ein
falsches Regierungskonzept völlig zu verändern. Das Haushalts- und Sanierungskonzept der Regierung - dessen wesentliche Bestandteile diese Gesetze darstellen - war falsch und unzulänglich. Dieser Konzeptionsfehler ist auch im Vermittlungsverfahren nicht zu beseitigen gewesen. Auch die schwere Schlagseite auf Grund umfangreicher Abgabeerhöhungen und Lastenverschiebungen auf Kosten der Länder und Gemeinden ist nicht vollständig zu reparieren gewesen. Doch es ist der Union gelungen, in mühsamen Verhandlungen im Vermittlungsausschuß das Gesetzespaket investitions- und arbeitsplatzfreundlicher zu gestalten,
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von der Regierung geplante unsinnige und systemwidrige Einbrüche in das Steuerrecht zu verhindern und eine allerdings nur in begrenztem Umfang ausgewogene Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu erreichen.
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Im einzelnen das Folgende. Positive konjunkturelle Impulse werden vor allem von der von der Union durchgesetzten Konzeption zur Wiederbelebung des Wohnungsbaus ausgehen. Durch höhere Zinsen für übermäßig subventionierte Altdarlehen und eine Fehlbelegungsabgabe, über deren Einführung letztlich die Länder zu entscheiden haben werden, wird neuer finanzieller Spielraum für den sozialen Wohnungsbau geschaffen. Gleichzeitig wird damit auch innerhalb des gesamten sozialen Wohnungsbaus ein Mehr an Gerechtigkeit erreicht. Wir erwarten, daß wir nach diesem Konzept jährlich rund 2 Milliarden DM zusätzlich für den Wohnungsbau mobilisieren werden. Im mittelfristigen Planungszeitraum entspricht dies allein einem Beschäftigungsprogramm von beträchtlichem Ausmaß. Hinzu kommt die von uns schon seit langem geforderte Verbesserung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsbau. Es hat leider zu lange gedauert, bis Bundesregierung und SPD/ FDP-Koalition auf diese unsere Vorschläge eingegangen sind.
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An zweiter Stelle nenne ich die von uns im Vermittlungsausschuß verhinderten investitionsschädlichen Maßnahmen im Unternehmensbereich. Hierzu gehören der Verzicht auf die von der Bundesregierung vorgesehene und zu Recht als „unsinnig und systemwidrig" bezeichnete Investitionssteuer auf Betriebs-Pkw sowie die volle Aufrechterhaltung der bisherigen steuerunschädlichen Reinvestitionsmöglichkeiten bei Grundstücken und Gebäuden. Es ist von der Sache her ohnehin unverständlich, wie die Bundesregierung in unserer schwierigen wirtschaftlichen Lage überhaupt auf den Gedanken kommen konnte, solche Investitionsbarrieren zu errichten.
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Es ist der Union zu verdanken, wenn die Investitionskraft und die Fähigkeit der Unternehmen zur strukturellen Anpassung durch solche Maßnahmen nicht geschwächt werden. Diese Vorschläge, zusammen mit dem Festhalten an der verbesserten degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter und Gebäude, sind insbesondere für den Kernbereich unserer Sozialen Marktwirtschaft, nämlich für die mittelständische Wirtschaft, von großer Bedeutung.
Vorteilhaft für die notwendige Verstärkung der Investitionen wird sich auch die vom Vermittlungsausschuß empfohlene finanzielle Entlastung der Gemeinden erweisen. Das Abbremsen der besonders hohen Dynamik bei den Sozialhilfeausgaben der Gemeinden, die Veränderung bei der originären Arbeitslosenhilfe - hier wird der Bund, wenn auch in geringem Umfang, weiterhin mit in der finanziellen Verantwortung bleiben - sowie die Empfehlungen des Vermittlungsausschusses zum Krankenhausbereich werden sich in einer Verstärkung der Investitionskraft der Gemeinden auswirken. Damit kann die vor allem vom Bund zu verantwortende rückläufige Entwicklung der öffentlichen Investitionen zumindest in diesem Bereich korrigiert werden; denn es ist einfach absurd, die öffentlichen Investitionen - wie z. B. bei der Deutschen Bundesbahn - zusammenzustreichen, es ist absurd, den nachgeordneten Gebietskörperschaften Investitonsmittel zu entziehen bzw. sich auf ihre Kosten zu entlasten und gleichzeitig neue öffentliche Investitionsprogramme zu fordern.
Eine besonders unangenehme, um nicht zu sagen: törichte Maßnahme wäre die Abschaffung der Versicherungsfreigrenze für Teilzeitbeschäftigte gewesen.
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Spät, fast zu spät haben SPD und FDP erkannt, daß sie mit dieser Maßnahme nichts für die Haushaltssanierung getan, wohl aber die Probleme am Arbeitsmarkt und den Trend zur Schwarzarbeit verschärft hätten. So ist es aber gelungen, die Versicherungsfreigrenze von 390 DM zumindest für die nächsten drei Jahre zu erhalten.
Mit unseren Vorschlägen im Vermittlungsausschuß haben wir vor allem einige investitions- und beschäftigungsfeindliche Maßnahmen verhindert. Allerdings ist damit noch nicht die notwendige und von uns nachhaltig geforderte Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erreicht.
Zwischen den von der Bundesregierung vorgesehenen Einschränkungen der Leistungen für Arbeitslose und den Sozialhilfeleistungen der Gemeinden besteht ein enger Zusammenhang. Dieser ist von der Bundesregierung bei ihren Vorschlägen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es ist zu begrüßen, daß es im Vermittlungsverfahren gelungen ist, was das Anliegen aller Länder gewesen ist, untragbar hohe Zuwächse der Sozialhilfeausgaben der Gemeinden auf ein von allen Parteien und Ländern angestrebtes Ausmaß zurückzuführen.
Bedauerlich ist es, daß die Koalition im Rahmen ihrer eigenen, wenn auch bescheidenen Sparbemühungen der Ausbildungsförderung für Schüler offensichtlich eine wesentlich höhere Priorität einräumt als der tatkräftigen Hilfe für Behinderte und für ihre Ausbildung in Werkstätten. Entsprechendes
gilt für das Taschengeld alter Menschen in Altenheimen, das in dem jetzigen Umfang ohnehin nur für die notwendigsten Dinge ausreicht, aber von der Koalition als weniger dringlich eingestuft wird als die Ausbildungsförderung für Schüler, die im Volksmund wohl nicht ganz zu Unrecht als „Mofa-Zulage" bezeichnet wird.
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Meine Damen und Herren, ich bitte, die Plätze einzunehmen und dem Herrn Abgeordneten Dr. Kreile Aufmerksamkeit zu schenken.
Wir sind da ganz anderer Auffassung und haben zumindest eine noch weitergehende Kürzung des Taschengelds für unsere alten Mitbürger verhindert.
Die Bundesregierung hat es nicht vermocht, bei ihren Vorschlägen die Lasten gleichmäßig auf die einzelnen Bevölkerungsgruppen zu verteilen. Der landwirtschaftlichen Bevölkerung sollte ein unverhältnismäßig hohes Opfer zugemutet werden. Auch hier ist es der CDU/CSU gelungen, eine wesentliche Korrektur zugunsten der Altersversorgung unserer bäuerlichen Bevölkerung zu erreichen.
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Die gesamte Gesetzgebungsarbeit und insbesondere das Vermittlungsverfahren standen unter einem ungeheuren Zeitdruck. Der Verfahrensablauf hat wiederum offenbart, daß die Bundesregierung und die Koalition im Laufe des normalen Gesetzgebungsverfahrens über alle Anregungen und Bedenken der Opposition im Bundestag und der Länder, und zwar auch der SPD-geführten Länder, hinweggehen und in den Ausschüssen und im Plenum des Parlaments nur darauf bedacht sind, ihre Gesetzesvorlagen durchzupeitschen. Dies führt dazu, daß die echte sachliche Auseinandersetzung erst im Vermittlungsausschuß zustande kommt und sich eine Kompromißbereitchaft von Regierung und Parlamentsmehrheit erst bei der Gefahr des Scheiterns der Gesetze zeigt.
Ein Vermittlungsverfahren wie dieses, das vom vergangenen Donnerstag bis zum Dienstag dieser Woche bei insgesamt 53stündiger Beratung dauerte, gab es bisher in der Geschichte dieses Parlamentes nicht. Die Verantwortung hierfür, wie auch für das weitere Verfahren liegt bei der Bundesregierung, die in ihren Gesetzentwürfen den föderativen Gesichtspunkten nicht oder nicht ausreichend Rechnung trägt. Die Verantwortung liegt aber auch bei den Koalitionsparteien, die im Gesetzgebungsverfahren die Empfehlungen des Bundesrates aus dem ersten Durchgang praktisch in jedem Fall unberücksichtigt lassen.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU wird nach reiflicher Abwägung den im Vermittlungsausschuß erzielten Kompromiß trotz erheblicher Bedenken mittragen. Aber es muß unmißverständlich festgestellt werden: Damit stimmen wir nur den Änderungsvorschlägen des Vermittlungsausschusses zu, nicht dem gesamten Gesetzespaket. Das Gesetzespaket ist Ausdruck einer falschen Politik, die wir entschieden ablehnen.
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So ist der erreichte Kompromiß nicht mehr als ein Notverband für eine im Ansatz über viele Jahre hinweg verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik, die jetzt gescheitert ist.
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Als konstruktive Opposition helfen wir mit, weiteren Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Dies ist der Grund unserer Zustimmung, nicht mehr und nicht weniger.
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Wir gehen in keine Mithaftung und keine Mitverantwortung für die von der SPD und FDP getragene Politik; denn uns wurde in all den Jahren keine Möglichkeit gegeben, diese Politik mitzugestalten. Wir wollen darum auch jetzt nicht der Büttel sein, der die Folgen der finanziellen Mißwirtschaft auf dem Rükken der Betroffenen vollstrecken hilft und betroffen sind alle: die Betriebe, die Arbeitnehmer, die Arbeitslosen, die Rentner, die Steuerzahler und die Abgabenzahler.
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Unsere Zustimmung zum vorliegenden Kompromiß ändert nichts daran, daß wir Steuer- und Beitragserhöhungen ablehnen, daß wir die Kürzung des Kindergeldes ablehnen
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und daß wir die Krise, in der wir stecken, durch die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht als gelöst ansehen. Ich kann der Bundesregierung und der SPD und FDP nur den alten Satz, der in geordneten Republiken galt, zurufen: Videant consules! Auf deutsch: Mögen die für die Regierung Verantwortlichen sehen, daß der Staat keinen Schaden nimmt. Wir werden unseren Teil zur Schadensverhütung und Schadensminderung stets beitragen. - Ich danke Ihnen.
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Zur Abgabe einer Erklärung hat der Herr Abgeordnete Westphal das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichterstatter des Vermittlungsausschusses, Herr Abgeordneter Vogel, hat freundlicherweise und, wie ich glaube, in unser aller Namen, die wir an den Beratungen des Vermittlungsausschusses teilgenommen haben, den Dank derjenigen, die dort über lange Zeit und auch über Nacht tagen mußten, an diejenigen ausgesprochen, die dort von Regierungsseite und von Landesregierungsseite mitgewirkt haben. Ich möchte diesen Dank - darin stimme ich, glaube ich, mit Herrn Vogel überein - gern auch auf all die Mitarbeiter, die Beamten aus Bundesministerien und Landesministerien, ausdehnen, die dort über die gleich lange Zeit haben zur
Verfügung stehen müssen und sachlich, fachlich helfende Arbeit für uns geleistet haben.
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Herr Präsident, meine Damen und Herren, unsere Verfassung gibt dem Bundesrat ein hohes Maß an Einwirkung auf die Gesetzgebung. Es war deshalb von vornherein erkennbar, daß die konservative Mehrheit von CDU- bzw. CSU-geführten Ländern im Bundesrat ihren Einfluß nutzen würde, um die Begleitgesetze zum Haushalt 1982 in einer Richtung zu korrigieren, die - sei es im steuerlichen Bereich, sei es im sozialpolitischen Bereich - konservativen Grundauffassungen entspricht.
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Die Frage vor und während der Beratungen des Vermittlungsausschusses war also nicht, ob die mit dem ersten Durchgang der Gesetze im Bundesrat am 25. September 1981 von der dortigen Mehrheit erklärten Absichten zur Korrektur oder Wiederherstellung steuerlicher Vergünstigungen und zu tieferen Einschnitten in Leistungsgesetze des sozialen Bereichs die im Bundestag beschlossene Gesetzgebung negativ beeinflussen würden - das war sozusagen leider klar -, sondern die Frage war, ob der Teil der Korrekturen, die im Vermittlungsverfahren hingenommen werden mußten, in einem für die Bürger sozial erträglichen Rahmen bleiben würde und ob das Ziel der gesamten Operation, nämlich die notwendige Verbesserung der Struktur der öffentlichen Haushalte, erreicht würde oder nicht.
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Beurteilt man unter diesem sehr nüchternen Gesichtswinkel das Ergebnis der Beratungen des Vermittlungsausschusses, so lautet die Antwort der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, die Ihnen hier nach gründlicher und kritischer Beratung gegeben wird: Ja, wir stimmen den erzielten Ergebnissen beim 2. Haushaltsstrukturgesetz und beim Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz sowie bei den beiden Kostendämpfungsgesetzen im Gesundheitswesen zu. Den gegen uns getroffenen Entscheidungen beim Verbrauchsteueränderungsgesetz, beim Mineralölsteuergesetz und beim Kindergeldgesetz widersprechen wir. Wir werden diese Gesetze mit der Mehrheit der Koalition im Bundestag auch dann zur Annahme bringen, wenn die Mehrheit des Bundesrates am 18. Dezember dieses Jahres nochmals dagegen Einspruch erheben sollte.
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Lassen Sie mich zunächst die finanzpolitischen Fakten, die sich aus dem Ergebnis der Beratungen im Vermittlungsausschuß ableiten, kommentieren. Die getroffenen Entscheidungen beim Haushaltsstrukturgesetz und beim Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz bewirken, daß dem Bund gegenüber der vom Bundestag verabschiedeten Fassung der Gesetze im Jahr 1982 etwa 1 Milliarde DM fehlen wird, die nur durch eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme und/oder neue, fast nicht mehr vertretbare Ausgabenkürzungen hereingeholt werden kann. Diejenigen also, die uns draußen, in der Öffentlichkeit, vorwerfen, wir würden nicht genügend Einsparungen vornehmen, treiben uns, meine Damen und Herren, durch das, was sie dem Bundestag abverlangen, in eine höhere Neuverschuldung hinein.
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Das Spargerede derjenigen, von denen ich hier spreche, wird also bei dieser Gelegenheit als unzutreffend entlarvt.
Es gab während des Vermittlungsverfahrens auch keine in Antragsform vorgebrachten echten Einsparungsvorschläge der konservativen Seite,
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die über die bekannten Forderungen nach Kürzungen der Sozialhilfe und nach weiteren BAföG-Kürzungen hinausgingen.
Fügt man hinzu, daß die Bundesratsmehrheit die Absicht hat, am 18. Dezember die sogenannten Einspruchsgesetze - Verbrauchsteuergesetz, Heizölsteuerverlängerungsgesetz und Kindergeldgesetz - erneut abzulehnen, so daß wir sie im Plenum des Bundestages mit absoluter Mehrheit überstimmen müßten, kann man errechnen, daß die konservative Position über das bereits genannte Defizit von 1 Milliarde DM hinaus zu weiteren Defiziten des Bundes von insgesamt 5 Milliarden DM führen würde.
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Nun, zu diesem Defizit wird es nicht kommen, weil wir im Bundestag anders entscheiden werden. Damit wird dann die Bilanz der Operation '82, die zur Verbesserung der Haushaltsstruktur führen soll, nach dem 18. Dezember beim Bundesetat lauten, daß durch unsere Gesetzgebung 15½ Milliarden von den geplanten 16½ Milliarden DM hereingeholt werden.
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Ein sehr entscheidender Gesichtspunkt für unsere Zustimmung zum Vermittlungsergebnis ist darin begründet, daß nun umgehend, d. h. vor Ende des Jahres 1981, der Abschluß der Beratungen über den Haushaltsentwurf 1982 möglich wird. Gerade heute werden dazu im Haushaltsausschuß die entscheidenden Beschlüsse gefaßt. Damit schaffen wir Klarheit und sichere Aussagen für alle diejenigen, die im Lande oder auch international mit ihren Meinungen und mit ihrem Verhalten die Kapitalmärkte, die konjunkturelle Entwicklung und die Stabilität unseres Geldwertes beeinflussen. Es zeigt sich, daß wir die Dinge, auf die es ankommt, im Griff haben, im Griff behalten und in schwieriger wirtschaftlicher Lage entscheidungsfähig sind.
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Ein weiterer wichtiger Grund für unsere Zustimmung liegt darin, daß die beachtlichen steuerlichen Verbesserungen für die Wirtschaft sofort in Kraft treten und ihre arbeitsplatzschaffende Wirkung entfalten können. Dabei sind die Regelungen für die
Verbesserung der Förderung des Wohnungsbaus, insbesondere die neue Ausgestaltung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes, unverändert so geblieben, wie wir sie hier im Bundestag beschlossen haben - mit der einen Ausnahme, daß die leidige Mehrwertsteueroption beim Bauherrenmodell noch ein Jahr länger, als wir beabsichtigten, bestehen bleiben wird.
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Zu diesen Regelungen mit ihrer von unseren Wohnungspolitikern gestalteten familienpolitisch wirksamen Komponente kommen nun noch die Empfehlungen des Vermittlungsausschusses neu hinzu, die zu einer Mobilisierung von Mitteln für den Wohnungsbau führen werden, und dies bedeutet Arbeitsplätze am Bau.
Lassen Sie mich aber, bevor ich auf den Inhalt dieses Teils der Empfehlungen eingehe, sagen, daß bei jedem von uns Parlamentariern - ganz gleich, auf welche Seite des Hauses er sitzt -, also auch bei denjenigen, die am Vermittlungsverfahren selbst teilgenommen haben, das Gefühl vorhanden ist, an einem gesetzgeberisch durchaus bedenklichen Vorgang mitgewirkt zu haben.
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Der Vermittlungsausschuß hat hier einen noch in der Beratung der zuständigen Ausschüsse dieses Hauses befindlichen Gesetzgebungsvorgang vorweggenommen, bei dem zwar jeder Beteiligte weiß, daß er auch nur mit einem Kompromiß zu einem Abschluß gebracht werden könnte, bei dem aber eben dieser Kompromiß jetzt, zur Annahme empfohlen, vor uns liegt, ohne daß es darüber eine öffentliche parlamentarische Debatte gegeben hat. Die Frage, ob daraus Konsequenzen für die Verfahrensregeln des Vermittlungsausschusses zu ziehen sind, wird zu erörtern sein.
({11})
Aus dem Tatbestand, daß einerseits wohnungspolitische Gesetzgebung in diesem Vermittlungsverfahren zur Beratung anstand und andererseits ein zu deren Erweiterung gemachter sehr einseitiger Vorschlag abschließend zu einem Kompromiß geführt werden mußte, entstand ein ganz neues Gesetz, das als ein Artikel in ein anderes Gesetz eingefügt worden ist. Nur der Umstand, daß daraus schneller, als es sonst auf normalem parlamentarischem Wege zustande gekommen wäre, ein Auslösungsfaktor entscheidender Art für den Bau von Sozialwohnungen und damit zur Arbeitsplatzsicherung oder Arbeitsplatzbeschaffung im Baugewerbe geschaffen wird, kann uns allen die Veranlassung geben, über die problematische Hürde zu springen und die Klärung, ob so etwas im Bereich von Vermittlungsausschußentscheidungen wieder vorkommen darf, auf den Zeitpunkt nach der Entscheidung hier zu verschieben.
Diese Gesetzgebung, von der ich spreche, bewirkt, daß bisher nicht verzinste Darlehen von Eigenheimern, deren Hausbau vom Staat gefördert worden ist, schneller zurückgezahlt werden und damit binnen zwei bis drei Jahren mehr als 2,5 Milliarden DM
in die Länderkassen fließen werden, mit denen dann zusätzlicher sozialer Wohnungsbau finanziert werden kann.
Die gleiche Wirkung haben begrenzte Mietsteigerungen im sozialen Wohnungsbau für die vor 1970 gebauten Wohnungen und die Ausgleichszahlungen von sogenannten Fehlbelegern. Wenn Landesregierungen ihr Recht zu Zinssteigerungen und zum Erheben der Ausgleichszahlungen überlegt und verantwortungsbewußt nutzen, kommt eine sozial durchaus zu rechtfertigende Mehrbelastung der Nutzer von Sozialwohnungen zustande, die denen zugute kommt, die bisher vergeblich auf eine Sozialwohnung warten mußten. Das ist ein insgesamt gesehen deutlicher Mobilisierungseffekt, der einem Sofortprogramm für den sozialen Wohnungsbau, wie es von der SPD-Bundestagsfraktion immer wieder gefordert worden ist, in der Wirkung nahekommt.
Die Hürde, von der ich vorher sprach, ist für uns auch nur deshalb überwindbar geworden, weil zu den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses gehört, daß zum Schutz der Mieter die Mietpreis-und Belegungsbindungen der Sozialwohnungen von den Landesregierungen dort gewahrt werden können, wo sonst die Schwächeren auf Grund des Wohnungsmangels unter die Räder kommen würden.
({12})
Aus einer im Grunde fast nackten Zins-, sprich also: Mieterhöhungsforderung, die die Bürger vor den Beratungen des Vermittlungsausschusses in den Zeitungen lesen konnten, ist nun ein, so meine ich, annehmbarer Kompromiß geworden, der uns zu Beginn der Bausaison 1982 helfen wird, eine deutliche konjunkturelle Belebung in diesem wichtigen Bereich zu erreichen und damit für Arbeitsplätze von Bauarbeitern Sorge zu tragen.
Meine Damen und Herren, wer den von der Mehrheit des Bundesrates in der Stellungnahme zum 2. Haushaltsstrukturgesetz beim ersten Durchgang am 25. September 1981 formulierten neu einzufügenden Art. 21 a zu Einschränkungen der Sozialhilfe gewissenhaft mit dem vergleicht, was nun als Kompromiß vom Vermittlungsausschuß vorgelegt wird, wird mir sicher darin zustimmen können, daß die Rigorosität der zunächst vorgeschlagenen Eingriffe spürbar korrigiert werden konnte.
({13})
Dies gilt z. B. insbesondere für die Eltern von Behinderten. Genauso wichtig aber ist, daß das für die Sozialhilfe grundlegende Prinzip der Bedarfsdeckung rechtlich nicht durchlöchert worden ist.
Lassen Sie mich eine Bemerkung einfügen zu der Anmerkung von Herrn Kreile im Hinblick auf das Taschengeld in den Heimen. So, Herr Kreile, wie Sie es hier -
Herr Abgeordneter Westphal, es sind hier Erklärungen abzugeben und nicht Diskussionen zu führen.
Ich bin einverstanden. Ich will nicht eine Diskussion führen, Herr Präsident, son4266
dern verhindern, daß draußen angenommen wird - und ich glaube nicht, daß Herr Kreile das gemeint hat -, daß das Taschengeld für Heiminsassen aus der Sozialhife etwa gestrichen wird. Das ist falsch. Es führt schon zu Eingaben. Wir haben deshalb von dieser Stelle aus darauf hinzuweisen, daß das Taschengeld für die Heimbewohner selbstverständlich erhalten bleibt.
({0})
Im Vorschlag des Bundesrats ist eine Passage enthalten - nachzulesen in dem Dokument vom 25. September, Artikel 21 a des Entwurfs des Bundesrats -, wonach darauf hingewirkt werden soll, das zusätzliche Taschengeld einzuschränken - man könnte vereinfacht sagen: zu halbieren -, das seit 1974 denjenigen in Heimen gewährt wird, die für die Bezahlung ihrer Heimunterbringung aus ihren eigenen Einkommen, meist Renten, aufzukommen in der Lage sind. Daran wird die Kürzung vorgenommen, und zwar in der Weise, wie es der Bundesrat vorgeschlagen hat.
Ich will nicht verschweigen, daß wir Sozialdemokraten dort vielleicht auch einen Schritt weitergegangen wären, wenn auf der anderen Seite darauf verzichtet worden wäre, die Erhöhung der Regelsätze für die nächsten beiden Jahre bei nur 3 % festzuschreiben, d. h. vom Bedarfsdeckungsprinzip der Sozialhilfe leider praktisch für zwei Jahre abzuweichen.
Meine Damen und Herren, der Grad der Betroffenheit über die Tatsache, daß im Zuge der Maßnahmen zur Verbesserung der Haushaltsstruktur aller öffentlichen Ebenen zu einem gewissen Teil auch dort eingeschnitten wird, wo es um die Leistungen unseres unteren Auffangnetzes der sozialen Sicherung geht, ist - das kann man in vielen Diskussionen spüren - sehr unterschiedlich. Wir Sozialdemokraten gehören zu denjenigen, denen solche Entscheidungen ganz besonders schwerfallen. Ich werde nicht abstreiten, daß dies bei vielen auf der anderen Seite dieses Hauses sicher ähnlich ist. Doch wir alle haben in der Diskussion mit den Kommunalpolitikern in den Städten und Landkreisen zu spüren bekommen, wie enorm die Belastung der kommunalen Etats durch die Sozialhilfekosten angewachsen ist. Im vergangenen Jahr sind dafür insgesamt etwa 13 Milliarden DM ausgegeben worden. Der Einschnitt, der nun hier vom Vermittlungsausschuß empfohlen wird, umfaßt schätzungsweise eine Minderung der Ausgaben der Kommunen bzw. der überörtlichen Sozialhilfeträger um etwas mehr als 400 Millionen DM, d. h. eine Kürzung von etwa 3 %.
Es gehört zu dieser Entscheidung auch, daß die Kostenbelastungen für den Trainingsbereich in den Werkstätten für Behinderte wieder zurückgenommen werden auf den Bundeszuschuß zur Bundesanstalt für Arbeit. Und bei der Ausgestaltung der Regelungen über die sogenannte originäre Arbeitslosenhilfe wird man sagen können, daß sich die beiden Ebenen, die hier beteiligt sind, also entweder Arbeitsverwaltung mit Versichertengeldern und Bundeszuschuß oder Sozialhilfe mit Mitteln aus den Gemeinde- und Länderetats, für die Zukunft die Last teilen werden.
Die Vorschläge des Bundesrates vom 25. September 1981, erneut und zusätzlich kürzend in das Ausbildungsförderungssystem einzugreifen und dabei insbesondere die Förderungsmöglichkeiten für den Besuch weiterführender Schulen durch Kinder aus den Familien der Kleinverdiener praktisch ganz aufzuheben und nur noch für diejenigen zu belassen, die eine entsprechende Schule nicht am Wohnort ihrer Eltern vorfinden können, war Teil vieler öffentlicher Auseinandersetzungen. Wir hatten vorrechnen müssen, daß die Eingriffe dieser Art das Familienbudget von Arbeiterfamilien oder auch von kleinen Beamten dann, wenn sie eines ihrer Kinder auf das Gymnasium schicken, viel tiefgreifender sind als die uns schon so schwerfallenden Kürzungen im Bereich des Kindergeldes. Ganz unerträglich wären diese Eingriffe geworden, wenn es sich um mehrere Kinder im schulpflichtigen Alter aus einer Familie handelt, die sich auf weiterführenden Schulen befinden. Das wären mehrere hundert Mark im Monat gewesen, die dort plötzlich bei denjenigen wegfallen würden, die sich meist nur unter Mühen entschlossen haben, ihre Kinder auf weiterführende Schulen zu schicken.
Ich bin deshalb froh, hier sagen zu können, daß das Ergebnis des Vermittlungsausschusses keine über die im Haushaltsstrukturgesetz 1983 vorgesehenen Korrekturen des Ausbildungsförderungsgesetzes enthält und daß von daher gesehen eine Last, die uns besorgt machte, als wir lasen, was die Mehrheit des Bundesrates wollte, von uns genommen ist.
({1})
Meine Damen und Herren, betrachtet man das Ergebnis der Beratungen des Vermittlungsausschusses hinsichtlich der Abschaffung oder Einschränkung von steuerlichen Vergünstigungen, von denen viele Subventionscharakter tragen, im Vergleich zu dem, was die Bundesratsmehrheit davon rückgängig machen wollte, so ergibt sich, daß die von der Koalition beabsichtigte Streichung des Vorwegabzugs bei der Umsatzsteuer beim Kauf von sogenannten Betriebs-Pkw nicht ins Gesetzblatt kommen wird. Andererseits bleibt fast alles von dem aufrechterhalten, was wir auf diesem Gebiet im Bundestag durchgesetzt haben. Dies gilt insbesondere für die Einschränkung der steuerlichen Begünstigung für Pensionsrückstellungen und für die Kappung des § 6b des Einkommensteuergesetzes, so daß Entscheidungen wie im Falle Flick so nicht mehr möglich sein werden.
({2})
Für viele von uns war die Abschaffung der Sozialversicherungsmindestgrenze von 390 DM einer der wichtigen Punkte, wodurch vielfältige Formen von Mißbrauch im Bereich von Teilzeitbeschäftigungen hätten überwunden werden können. Es ist hier nicht die Zeit, um die gesamte gewichtige Argumentation zu dieser Thematik noch einmal vorzutragen. Das Ergebnis ist nicht so, wie wir es uns gewünscht haben; aber diese 390-DM-Grenze wird nicht mehr dynamisiert, sondern festgeschrieben sein und wächst
deshalb 1982 nicht mehr. Die getroffenen Regelungen gelten bis 1984, und dann gibt es keine mehr.
Die Kühle, mit der es die Mehrheit im Bundesrat schon bei der dortigen Beratung abgelehnt hat, den leidigen Kinderbetreuungskostenbetrag zu streichen,
({3})
hat uns Sozialdemokraten sehr betroffen gemacht.
({4})
Unser ernsthafter Versuch, die Abschaffung dieses Monstrums im Vermittlungsverfahren durchzusetzen, insbesondere um dadurch die wohl ober übel erforderlichen Einsparmaßnahmen, die auch das Kindergeld betreffen, wesentlich verkleinern zu können, haben zu keinem Erfolg geführt. Das heißt, daß sich die konservative Mehrheit schützend vor eine steuerliche Regelung gestellt hat, die diejenigen Bevölkerungsgruppen, die ein höheres Einkommen haben, für ihre Kinder stärker als diejenigen Bevölkerungsgruppen begünstigt, die nur ein kleines Einkommen haben.
({5})
Gerade vor der von allen Seiten eingesehenen Notwendigkeit, Einsparungen im Bereich öffentlicher Leistungen vorzunehmen, fehlt hier der Sinn für soziale Ausgewogenheit.
({6})
Sie sehen, die Anzahl der Punkte, in denen wir das Vermittlungsergebnis kritisch beurteilen und die es uns nicht leicht machen, unsere Zustimmung zu geben, ist nicht gering. Der entscheidende Gedanke, den gemeinsamen Empfehlungen des Vermittlungsausschusses doch unsere Zustimmung zu geben, kommt aus der Abwägung, was sein würde, wenn dieses Verfahren jetzt scheitern würde. Unsere Ansicht ist, daß wir in der gegebenen wirtschaftlichen Situation klare Signale, die von der Haushaltspolitik ausgehen, brauchen. Die müssen jetzt gegeben werden.
({7})
Diese Signale gibt es nur, wenn jetzt, noch in diesem Jahr, für jeden erkennbar die Klarheit über die Haushaltsentscheidung herbeigeführt wird.
Wir haben gewußt, daß wir durch die Einflußnahme einer konservativen Bundesratsmehrheit Abstriche von unserem Konzept hinnehmen müßten. Diese Abstriche gering zu halten, ist - das ist die Meinung der überwiegenden Mehrheit der sozialdemokratischen Fraktion - gelungen.
Wir stimmen deshalb den vorgelegten Empfehlungen des Vermittlungsausschusses beim Zweiten Haushaltsstrukturgesetz, beim Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz und bei den beiden Kostendämpfungsgesetzen für das Gesundheitswesen zu. Wir werden zur gleichen Zeit den Versuch der Mehrheit des Bundesrates abwehren, uns an der notwendigen Gesetzgebung im Bereich der Verbrauchsteuern und des Kindergelds zu hindern. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
({8})
Zur Abgabe einer Erklärung hat das Wort der Herr Abgeordnete Kleinert.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten wird aus Überzeugung dem Vermittlungsvorschlag, soweit er positiv gefaßt ist, zustimmen und ihn mit der gleichen Überzeugung,
({0})
soweit die Bundesratsmehrheit, wie man so schön sagt, vielleicht aber auch die Unionsmehrheit - das ist wohl nicht zu weitgehend im Hinblick auf das, was jeder sich über ihr Verhalten denken kann, auch wenn man die Vertraulichkeit des Ausschusses bedenkt ({1})
ihn abzulehnen für nötig gehalten hat, in den vom Herrn Kollegen Westphal soeben genannten Bereichen wiederherstellen.
({2})
Zu den Einzelergebnissen des Verfahrens will ich mich nicht äußern. Das ist bereits sehr ausführlich geschehen. Ich möchte nur noch einige Bemerkungen machen, ohne, wie ich hoffe, Ihre Geduld zu sehr zu strapazieren, bevor wir hier zur Abstimmung kommen.
({3})
Das Verfahren, das hinsichtlich seiner Dauer in dem Gremium nach Art. 77 des Grundgesetzes zweifellos einmalig war, das ich aber deshalb nicht, wie es öffentlich mancherorts geschieht, als gegenüber früheren Verfahren qualitativ anders beurteilen möchte - wobei ich auf eine Ausnahme noch zurückkommen werde -, läßt den Schluß darauf zu, daß alle Beteiligten mit großem Ernst, mit der nach dem Sinn und Zweck dieses Gremiums gebotenen Verständigungsbereitschaft und der dazu gehörigen Contenance auch im persönlichen Bereich aufeinander zugegangen sind, weil sonst ein solches Ergebnis überhaupt nicht zu erzielen gewesen wäre. Dafür, daß das möglich war, danke ich allen Beteiligten herzlich.
({4})
Gleichzeitig sage ich, daß dem von mir bei logischer Herleitung aus dem Sinn des Verfahrens vermuteten Verhalten in den Beratungen das Verhalten nach den Beratungen nicht so unbedingt entspricht. Ich bedaure dies. Es kann doch nicht sein, daß man mühsam Gemeinsamkeit herstellt und anschließend blitzschnell in die verschiedensten Richtungen auseinanderläuft, um sich wieder wie zuvor anzubellen und Schwarze Peter, soweit das bei der Entfernung möglich ist, hin und her zu schieben.
({5})
Tatsache ist doch, daß zunächst einmal diese Einigung erzielt worden war und daß es für keine der beteiligten Seiten möglich ist, sich da so total abzusetzen, daß sie erstens fast nichts damit zu tun hat, aber ausnahmsweise dort, wo nach Ihrer Ansicht etwas Gutes dabei herausgekommen ist, das alleinige Verdienst daran hat, daß das so geschehen ist. Dies meine ich, sollten wir der interessierten Öffentlichkeit, die das Verfahren mit berechtigter Sorgfalt und mit großem Interesse beobachtet, nicht zumuten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bereits bei den Beratungen des Haushaltsstrukturgesetzes und jetzt wieder in der Vorphase dieses Vermittlungsverfahrens ist sehr viel die Rede davon gewesen, daß die eine oder die andere Gruppe oder Institution von den allgemein ganz unisono als notwendig anerkannten Sparmaßnahmen zu sehr betroffen werde oder daß sie sogar ausnahmsweise ganz und gar ausgenommen werden müsse. In diesem Zusammenhang ist sehr häufig ein Wort zu hören, das meiner Ansicht nach jedenfalls unmittelbar in diesen Zusammenhang nicht gehört; das ist das Wort Gerechtigkeit. Es kann nicht sein, daß immer dann, wenn ich etwas bekomme, das gerecht ist, und immer dann, wenn ich etwas geben muß, das ungerecht ist.
({6})
Diese Definition von Gerechtigkeit greift in letzter Zeit - und das ist besonders anläßlich dieses Verfahrens deutlich geworden - um sich. Dazu ist uns die Gerechtigkeit ein zu hohes Gut, als daß wir sie in diesem Zusammenhang zu kleiner Interessentenmünze vermarktet wissen wollen.
({7})
Wir sind der Meinung, daß sehr wohl danach gestrebt werden muß, eine möglichst gleichmäßige Belastung bei den nun einmal notwendigen Belastungen zu erreichen, daß man versuchen muß, jeden nach seinen Kräften zu belasten. Schon da wird es sehr schwierig; denn in einer Konjunkturphase wie der jetzigen kann ich die Kräftigsten nicht zu sehr belasten, wenn ich die Antriebskräfte für einen Wiederaufschwung der Konjunktur auch im Interesse aller anderen Betroffenen erhalten will. Deshalb kann man sich der Gerechtigkeit hier wirklich nur annähern. Ich glaube, das war vorher schon in einem bedeutenden Ausmaß gelungen. Die sozialliberale Koalition, bei der im Vorfeld der Verhandlungen sehr unterschiedliche Vorstellungen in einer Reihe von Punkten bestanden haben, hat sich auf einen Kompromiß geeinigt, der für beide Seiten zu tragen war, in dem einen Punkt für die eine Seite, in dem anderen für die andere Seite auch mit Schmerzen zu tragen war, und der auch getragen worden ist, übrigens auch durch dieses Vermittlungsverfahren hindurch ganz einig und geschlossen. Das ist für uns ein wesentlicher Punkt
({8})
am Verlaufe des Verfahrens. Das sage ich insbesondere als Vertreter des kleineren Partners, der natürlich das, was er für richtig hält, obwohl er kleiner ist, auch immer wieder durchzusetzen versuchen muß, dann aber auch gemeinsam und in gemeinsamer Entscheidung mit dem Koalitionspartner. So sind die schwierigen Entscheidungen auch im Laufe dieses Vermittlungsverfahrens gefallen.
({9})
Ich komme.jetzt zu dem vorhin bereits angedeuteten Punkt, an dem man tatsächlich der Ansicht sein könnte, das Verfahren hätte qualitativ einen etwas anderen Inhalt gehabt als frühere Verfahren. Das
betrifft das Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung und der Mietverzerrung im Wohnungsbau, das Sie im Vermittlungsergebnis vorfinden. Der Vorgang ist insofern besonders und, soweit ich sehen kann, einmalig, als eine verhältnismäßig umfangreiche und in sich geschlossene gesetzliche Regelung im Vermittlungsverfahren eingefügt worden ist an Stelle einer zwar diesen Punkt deutlich und genau betreffenden, aber sehr punktuellen Eingriffsmaßnahme, die im Anrufungsbegehren vorgeschlagen war.
({10})
Herr Abgeordneter Kleinert, darf ich Sie bitte unterbrechen.
Ich bitte, Platz zu nehmen.
Vorab möchte ich -
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter Kleinert!
Ich bitte auch die linke Seite des Hauses, die Plätze einzunehmen.
Bitte schön, fahren Sie fort!
Vorab möchte ich sagen, daß sich, soweit ich sehe, alle unmittelbar und mittelbar mit dem Vorgang Befaßten einig darüber sind - es ist hier bereits gesagt worden -, daß aus einem solchen Vorgang keineswegs auf eine Regel, die neu eingeführt werden soll, oder auf eine Wünschbarkeit in anderen Fällen geschlossen werden kann. Das würde dem Sinn der Gesetzgebung, wie Sie sie hier im Hause zusammen mit den anderen Gesetzgebungsorganen alle gewohnt sind, sicherlich widersprechen. Andererseits glaube ich, daß der Vorgang hier aus den Sachnotwendigkeiten heraus zu rechtfertigen ist, die zum Vermittlungsverfahren führen und darin eine befriedigende Lösung finden müssen. Der punktuelle Eingriff durch die sehr dramatische Heraufsetzung der Zinsen für sehr alte öffentliche Darlehen im Wohnungsbau hätte lediglich einen Teileingriff in eine sehr komplexe Problematik bedeutet und wäre deshalb unbefriedigend gewesen und somit wahrscheinlich nicht mehrheitsfähig geworden, sei es im Vermittlungsausschuß, sei es anschließend in den beiden Häusern. Darum sind die weiteren ausgleichenden und begleitenden Elemente hinzugenommen worden, die sich aus den Beratungen der zuständigen Ausschüsse dieses Hauses bei früheren Gesetzesvorschlägen und Diskussionen ergeben haben und so weit gediehen waren, daß alle Beteiligten dazu geraten haben, in diesem Ausnahmefall so zu verfahren, weil es sachdienlich war - im Vermittlungsverfahren besonders deshalb sachdienlich, weil es der Einigung über einen dringenden und drängenden Punkt diente.
Das galt auch besonders deshalb, weil hier eben nicht nur - das möchte ich für die Freien Demokraten nachdrücklich begrüßen - über den Haushalt und seinen formellen Ausgleich nachgedacht worden ist, sondern, wie die Zusammenstellung der Gesetze zeigt, auch der breite volkswirtschaftliche Rahmen gesehen worden ist, der indirekt wieder zu
einer Gesundung dieses Haushalts in der Zukunft führen muß. Dazu gehört nun einmal notwendigerweise - sowohl von der Seite der Gerechtigkeit in unserem Mietwesen, in der Mietgestaltung als insbesondere auch von den erhofften Anschubwirkungen auf den Wohnungsbau her - das hier aus diesen Gründen näher dargestellte, wenn Sie so wollen, eingeschobene Gesetz.
Damit, meine sehr verehrten Damen und meine Herren, komme ich zum Ende.
({0})
Ich bin nämlich an dem Punkt, an dem ich noch einmal darauf hingewiesen habe, wie sehr wir die Haushaltsproblematik, die hier auf Grund besonderer Umstände noch einmal behandelt werden mußte, in ihrer gesamtwirtschaftlichen Einbettung und in ihren gesamtwirtschaftlichen Bezügen gesehen haben und daß wir in Berücksichtigung dieser volkswirtschaftlichen Bezüge dieses Vermittlungsergebnis bei Schmerzen an dieser und jener Stelle so gewollt haben, um darzustellen, daß die Bundesregierung und die Mehrheit des Parlaments handlungsfähig sind, daß sie auch auf schwierige Situationen rechtzeitig reagieren können und daß zum Jahresende eine gesicherte Basis für die weiteren Planungen aller an dieser Volkswirtschaft Beteiligten vorliegen wird, die es uns hoffentlich erspart, ein ähnliches Verfahren dieses Umfangs in absehbarer Zeit noch einmal durchführen zu müssen. - Ich danke Ihnen.
({1})
Zur Abgabe einer weiteren Erklärung hat das Wort der Herr Abgeordnete Conradi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe um die Möglichkeit einer kurzen Erklärung hier gebeten, weil ich Zweifel am verfassungsgemäßen Zustandekommen dieses Gesetzes habe.
Nach Art. 77 des Grundgesetzes werden die Bundesgesetze vom Bundestag beschlossen. Nach Eingang des Gesetzesbeschlusses beim Bundesrat kann der Bundesrat den Vermittlungsausschuß anrufen. Vermittelt werden kann also nur im Streit zwischen Bundesrat und Bundestag über ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz. So sagt es auch die Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses, in der immer die Rede ist von Änderungen oder Aufhebungen des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes.
Nun hat der Vermittlungsausschuß mit dem Art. 26a im Einigungsvorschlag ein Gesetz zum Abbau der Fehlförderung und der Mietverzerrung vorgelegt. Der Bundestag hat jedoch die gleiche Materie, nämlich Gesetzentwürfe zum Abbau der Fehlsubventionierung, hier am 1. Oktober in erster Lesung behandelt und den Ausschüssen überwiesen. Der federführende Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat ein Planspiel veranstaltet, eine Anhörung gemacht, eine allgemeine Aussprache geführt, einen Unterausschuß eingesetzt, der am 2. Dezember zum ersten Mal getagt hat.
Der Vermittlungsausschuß hat also nicht in einem Streit zwischen Bundesrat und Bundestag über ein hier beschlossenes Gesetz vermittelt, sondern er hat Gesetzentwürfe aus der ordnungsgemäßen Beratung des Bundestages herausgenommen, aus dem Gesetzgebungsverfahren an sich gezogen und in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden. Darin sehe ich einen Eingriff in die Rechte der Offentlichkeit, in die Rechte des Parlaments und in die Rechte von uns Abgeordneten.
({0})
Nach Art. 42 des Grundgesetzes verhandelt der Bundestag öffentlich. Deswegen heißt es in unserer Geschäftsordnung, daß über jedes Gesetz hier in zweiter und dritter Lesung öffentlich beraten wird, daß in zweiter Lesung jeder Abgeordnete und in dritter Lesung jede Fraktion Änderungsanträge zu einzelnen Punkten des Gesetzes stellen kann.
Dies alles gibt es aber bei diesem Gesetz nicht. Es gibt keine zweite und dritte Lesung. Der Vermittlungsausschuß hat unter Ausschluß der Öffentlichkeit beschlossen. Kein Abgeordneter kann hier Änderungsanträge stellen, auch keine Fraktion, und der Bundestag kann diesem Gesetz mit vielen anderen Gesetzen, diesem großen Paket, nur als Ganzem zustimmen oder es ablehnen. Und selbst wenn man berücksichtigt, daß es sich hier um ein Sparpaket handelt, erscheint mir diese parlamentarische Sparbehandlung eines Gesetzes doch unzumutbar.
({1})
Das Recht des Volkes auf öffentliche Beratung der Gesetze in der Volksvertretung kann nicht durch einen Vermittlungsausschuß aufgehoben werden, denn die Öffentlichkeit hat das Recht darauf, zu erfahren, wie ein Gesetz zustande gekommen ist. Gerade jetzt bei diesen Mehrheitsverhältnissen zwischen Bundesrat und Bundestag, die dem Vermittlungsausschuß erst ein Gewicht geben, das die Väter der Verfassung sich wohl nicht so gedacht haben, sollten wir es nicht zulassen, daß die notwendige politische Auseinandersetzung zwischen uns in ein Konklave verlegt wird.
({2})
Ich hoffe also, daß ein Bürger, der von diesem Gesetz belastet wird, und das sind viele, den Weg nach Karlsruhe wählt und beim Bundesverfassungsgericht feststellen läßt, ob dieses Gesetz hier verfassungsgemäß zustandegekommen ist.
({3})
Als Abgeordneter will ich es nicht hinnehmen, daß mein Recht nach dem Art. 38, am Gesetzgebungsverfahren mitzuwirken, hier de facto aufgehoben wird.
Sie können natürlich sagen: Dann stimm doch dagegen. Ich halte aber das Verfahren für unzulässig, wenn es die Rechte auch nur eines einzigen Abgeordneten hier beeinträchtigt. Wenn man die Praxis, die hier eingerissen ist, ins Extreme weiterführt, dann könnte sehr wohl der Vermittlungsausschuß
nächstens, von mir aus bei der Beratung des Lärmschutzgesetzes oder irgendeines Vermittlungsverfahrens, noch einen kleinen Schlenker so dranhängen, etwa: wir ändern im Bundeswahlgesetz in § 6 Abs. 4 das Wörtchen „oder" in „und". Das würde Sie von der FDP dann betreffen, denn dann ständen dort nicht mehr „5 % oder drei Wahlkreise", sondern „5 % und drei Wahlkreise". Das könnte also eine Mehrheit, etwa eine Große Koalition hier im Vermittlungsausschuß machen
({4})
und dann ohne Debatte mit Mehrheit so beschließen. Das wäre absurd, aber nach bisheriger Praxis möglich.
Deswegen meine ich, wir sollten uns unter den Fraktionen darüber verständigen und sollten eine Änderung der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses vornehmen, die eine solche Art der Schnellgesetzgebung am Parlament vorbei zukünftig unterbindet.
({5})
Das sind wir, die Volksvertretung, der Öffentlichkeit und das sind wir uns selbst als Parlament, unserem Ansehen, aber auch unserer Selbstachtung schuldig.
Da ich das verfassungsgemäße Zustandekommen dieses Gesetzes bezweifle, Herr Präsident, teile ich nach § 31 der Geschäftsordnung des Bundestages mit, daß ich mich an der Abstimmung nicht beteiligen werde. - Schönen Dank.
({6})
Zur Abgabe einer weiteren Erklärung hat das Wort der Herr Abgeordnete Biehle.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vermittlungsausschuß hat sich sicherlich zu Recht um viele gesellschaftliche Anliegen in den Stunden der Beratungen gemüht. Sicher war es gut, daß z. B. die Investitionssteuer durch den Mehrwertsteuerabzug für Firmen-Pkws oder auch Schlimmeres in der Altersversorgung der Landwirte verhindert wurde.
Die Parteien suchen, so meine ich, verstärkt das Gespräch mit der Jugend. Niemand befaßt sich aber in diesen Stunden und Tagen und schon gar nicht im Vermittlungsverfahren mit den jungen Menschen, die als Wehrpflichtige 15 Monate für einen echten Friedensdienst zur Verfügung stehen.
({0})
oder auch 16 Monate Zivildienst im sozialen Bereich leisten. Sie haben dabei - das wird immer vergessen - einen persönlichen Verlust von rund 15 000 DM an Verdienst. Die Wehrpflichtigen zahlen
auch mangels Verbindungen der Bundesbahn Benzin und Pkw-Unterhalt, damit sie am Wochenende zu ihren Angehörigen nach Hause fahren können. Nun bekommen sie für diesen Dienst als Belohnung eine Strafe, indem ihnen einheitlich die Sparförderung bis zu 50 DM monatlich für die Zukunft gestrichen wird. Dazu kommt auch noch die Kürzung der Bemessungsgrundlage für die gesetzliche Rentenversicherung.
({1})
Wie kann man damit noch künftig junge Menschen für den Wehrdienst motivieren?
Ich meine, wir alle sollten auch bei dieser Gesetzgebung glaubwürdiger sein. Ich sehe mich jedenfalls nicht in der Lage, diesem Vermittlungsvorschlag und damit dem Zweiten Haushaltsstrukturgesetz zuzustimmen und kann nur appellieren, daß Sie das gleiche tun. - Ich bedanke mich.
({2})
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr zur Abgabe einer Erklärung vor.
Gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat soll zunächst der Zusatzpunkt 1 zur Tagesordnung zur Abstimmung aufgerufen werden, danach die Zusatzpunkte 5, 6, 7, 3, 4 und am Schluß Zusatzpunkt 2, Bundeskindergeldgesetz. Ist das Haus damit einverstanden? - Wir werden so verfahren.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Zusatzpunkt 1 zur Tagesordnung: Zweites Haushaltsstrukturgesetz, Drucksache 9/1140.
Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die vorliegenden Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1140 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige Gegenstimmen bei der SPD und der CDU/CSU und bei einer Reihe von Enthaltungen in den Reihen der CDU/CSU angenommen. Der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses ist damit zugestimmt.
Wir kommen zur Abstimmung über Zusatzpunkt 5: Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz, Drucksache 9/1144. Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die vorliegenden Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1144 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Zwei Gegenstimmen. Ich kann nicht genau feststellen, ob es bei der FDP oder der CDU/CSU ist; das ist die Schwierigkeit. Darf ich bitten, sich zu erheben. - Gegen zwei Stimmen der CDU/CSU. Wer enthält sich der Stimme? - Eine Reihe von Enthaltungen in den Reihen der CDU/CSU. Der Beschlußempfehlung ist damit zugestimmt.
Präsident Stücklen
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Zusatzpunkt 6: Kostendämpfungs- Ergänzungsgesetz, Drucksache 9/1145. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/ 1145 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Darf ich bitten, daß bei der Abstimmung alle ihre Plätze einnehmen. Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen in den Reihen der CDU/CSU-Fraktion mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatzpunkt 7: Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz, Drucksache 9/ 1146. Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die vorliegenden Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1146 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen in den Reihen der CDU/CSU-Fraktion ist das Vermittlungsbegehren angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Zusatzpunkt 3: Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982, Drucksache 9/1142. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1142, unter Aufhebung des Gesetzesbeschlusses vom 12. November 1981 betreffend den Entwurf eines Verbrauchsteueränderungsgesetzes 1982 den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und FDP auf Drucksache 9/797 und der Bundesregierung auf Drucksache 9/844 abzulehnen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist mit Mehrheit entschieden: abgelehnt.
({0})
- Das war die Frage, und das hat die Mehrheit bekommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Zusatzpunkt 4: Zweites Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes, Drucksache 9/1143. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1143 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Zusatzpunkt 2: Neuntes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes, Drucksache 9/1141. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt, unter Aufhebung des Gesetzesbeschlusses vom 12. November 1981, unter Aufhebung des Art. 6 des Zweiten Haushaltsstrukturgesetzes - vom Bundestag als 9. Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes beschlossen -, den Art. 6 des Gesetzentwurfs der Fraktionen der SPD und der FDP auf Drucksache 9/795 und der Bundesregierung auf Drucksache 9/842 abzulehnen.
Meine Damen und Herren, es ist namentliche Abstimmung verlangt. Das Begehren ist ausreichend unterstützt. Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
Haben alle Abgeordneten, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, ihre Stimme abgegeben? Meine Damen und Herren, ich frage zum zweiten-und zum letztenmal, ob alle Abgeordneten, die sich an der Abstimmung beteiligen wollen, ihre Stimme abgegeben haben. - Ich sehe keinen Abgeordneten mehr, der noch abstimmen möchte. Die namentliche Abstimmung ist geschlossen.
Darf ich darum bitten, wieder Platz zu nehmen. Dies gilt für alle Mitglieder des Hauses. Um so rascher kommen wir dann zum Ende.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Neunten Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes - Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1141 - bekannt. Von den vollstimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 470 ihre Stimme abgegeben; davon ungültige Stimmen: keine. Mit Ja haben 213 Abgeordnete, mit Nein haben 257 Abgeordnete gestimmt. 19 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimme abgegeben; davon ungültig: keine. Mit Ja haben 9 Kollegen, mit Nein haben 10 Kollegen gestimmt.
Ergebnis
Abgegebene Stimmen 470 und 19 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 213 und 9 Berliner Abgeordnete
nein: 257 und 10 Berliner Abgeordnete
Ja
CDU/CSU
Dr. Abelein
Dr. Althammer
Bayha
Frau Benedix-Engler Berger ({1}) Biehle
Böhm ({2}) Dr. Bötsch
Bohl
Borchert
Braun
Breuer
Broll
Brunner
Bühler ({3}) Dr. Bugl
Carstens ({4}) Clemens
Conrad ({5}) Dr. Czaja
Dallmeyer
Daweke
Deres
Dörflinger
Doss
Dr. Dregger
Echternach
Engelsberger
Erhard ({6}) Eymer ({7})
Dr. Faltlhauser Feinendegen
Fellner
Frau Fischer
Fischer ({8}) Francke ({9})
Franke
Dr. Friedmann
Funk ({10})
Ganz ({11})
Frau Geier Frau Geiger Dr. Geißler Dr. von Geldern
Dr. George Gerlach ({12})
Gerster ({13})
Glos
Günther
Haase ({14})
Dr. Häfele Hanz ({15})
Hartmann Hauser ({16})
Hauser ({17})
Frau Dr. Hellwig
Helmrich Dr. Hennig Herkenrath von der Heydt
Freiherr von Massenbach Hinsken
Höffkes
Höpfinger
Frau Hoffmann ({18})
Dr. Hornhues
Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland
Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Jäger ({19})
Jagoda
Dr. Jahn ({20})
Präsident Stücklen
Dr. Jenninger
Dr. Jentsch ({21}) Dr. Jobst
Jung ({22})
Dr.-Ing. Kansy
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle
Dr. Klein ({23}) Klein ({24})
Dr. Köhler ({25}) Köster
Dr. Kohl Kolb
Kraus
Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kunz ({26}) Lamers
Dr. Lammert Lampersbach
Landré
Dr. Langner
Dr. Laufs Lemmrich
Lenzer Link
Linsmeier
Lintner Löher
Louven Lowack Maaß
Magin
Dr. Mertes ({27}) Metz
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Miltner
Milz
Dr. Möller
Dr. Müller
Müller ({28}) Müller ({29})
Müller ({30}) Nelle
Neuhaus
Frau Dr. Neumeister Niegel
Dr. Olderog
Frau Pack
Pfeffermann
Pfeifer Picard Dr. Pinger
Pohlmann
Dr. Pohlmeier Prangenberg
Dr. Probst
Rainer Rawe
Reddemann Regenspurger
Repnik
Dr. Riedl ({31}) Dr. Riesenhuber Röhner
Dr. Rose Rossmanith
Rühe
Ruf
Sauer ({32}) Sauer ({33}) Sauter ({34}) Sauter ({35}) Dr. Schäuble
Schartz ({36})
Schmitz ({37}) Schmöle
Dr. Schneider
Freiherr von Schorlemer Dr. Schroeder ({38}) Schröder ({39}) Schröder ({40}) Dr. Schulte ({41})
Schwarz
Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer
Seehofer Seiters Sick
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spilker Spranger Dr. Sprung
Dr. Stark ({42})
Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Stücklen Stutzer Susset Dr. Todenhöfer
Dr. Unland
Frau Verhülsdonk
Vogel ({43})
Vogt ({44})
Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel
Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warnke
Dr. von Wartenberg Weirich
Weiskirch ({45})
Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wimmer ({46}) Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissmann
Dr. Wittmann
Dr. Wörner
Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Wulff Zierer
Dr. Zimmermann
Zink
Berliner Abgeordnete
Frau Berger ({47}) Boroffka
Buschbom
Dr. Hackel
Kalisch Kittelmann
Lorenz
Schulze ({48})
Straßmeir
SPD
Coppik Hansen Thüsing
Nein
SPD
Dr. Ahrens Antretter
Dr. Apel
Auch
Baack
Bahr
Bamberg
Becker ({49}) Bernrath
Berschkeit Biermann Bindig
Frau Blunck
Dr. Böhme ({50}) Börnsen
Brandt
Brandt ({51}) Brück
Büchler ({52})
Büchner ({53})
Buschfort Catenhusen Collet
Dr. Corterier Curdt
Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser
Dreßler
Duve
Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer
Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm
Esters
Ewen
Feile
Fiebig
Fischer ({54}) Fischer ({55}) Franke ({56})
Frau Fuchs Gansel
Gerstl ({57})
Dr. Geßner Gilges
Ginnuttis Glombig
Gnädinger Gobrecht Grobecker Grunenberg Dr. Haack Haar
Haase ({58})
Frau Dr. Hartenstein Hauck
Dr. Hauff Heistermann
Herberholz Herterich Heyenn
Hoffmann ({59}) Hofmann ({60})
Dr. Holtz Horn
Huonker
Ibrügger
Immer ({61}) Jahn ({62})
Jaunich
Dr. Jens
Junghans Jungmann Kiehm
Kirschner
Klein ({63})
Dr. Klejdzinski
Kolbow
Kretkowski
Dr. Kreutzmann
Dr. Kübler Kühbacher Kuhlwein Lambinus Dr. h. c. Leber
Lennartz Leonhart
Frau Dr. Lepsius Leuschner Liedtke
Dr. Linde Lutz
Mahne
Marschall
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Meininghaus
Menzel
Dr. Mertens ({64}) Möhring
Müller ({65})
Müller ({66})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({67}) Neumann ({68})
Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo
Dr. Osswald
Paterna Pauli
Dr. Penner Pensky
Peter ({69})
Polkehn Poß
Purps
Rapp ({70})
Rappe ({71}) Rayer
Reschke Reuschenbach
Reuter
Rosenthal Roth
Sander
Dr. Schachtschabel Schäfer ({72}) Schätz
Dr. Scheer Schirmer Schlaga Schlatter Schluckebier
Frau Schmedt ({73}) Dr. Schmidt ({74}) Schmidt ({75}) Schmidt ({76}) Schmidt ({77}) Schmitt ({78})
Dr. Schmude
Dr. Schöfberger Schreiber ({79}) Schreiner
Schröder ({80}) Schröer ({81}) Schulte ({82})
Dr. Schwenk ({83}) Sielaff
Sieler
Frau Simonis
Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell
Dr. Sperling
Dr. Spöri
Stahl ({84})
Präsident Stücklen
Steiner
Frau Steinhauer
Stiegler
Stockleben Stöckl
Dr. Struck Frau Terborg Tietjen
Frau Dr. Timm
Topmann
Frau Traupe Dr. Ueberschär
Urbaniak
Vogelsang
Voigt ({85})
Vosen
Wallow
Waltemathe Walther
Wehner
Weinhofer
Weisskirchen ({86}) Dr. Wernitz
Frau Weyel Dr. Wieczorek
Wieczorek ({87}) Wiefel
von der Wiesche
Wimmer ({88}) Wimmer ({89}) Wischnewski
Witek
Wolfram ({90})
Wrede
Würtz
Wuttke Zander Zeitler Frau Zutt
Berliner Abgeordnete Bühling
Dr. Diederich ({91}) Dr. Dübber
Egert
Hitzigrath
Löffler
Männing
Dr. Mitzscherling Wartenberg ({92})
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann
Bergerowski
Frau von Braun-Stützer Bredehorn
Cronenberg Eimer ({93}) Frau Dr. Engel Engelhard
Ertl
Dr. Feldmann Frau Fromm Funke
Gärtner
Gallus
Gattermann Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann
Dr. Hirsch Hölscher Holsteg
Jung ({94})
Dr.-Ing. Laermann
Frau Matthäus-Maier Merker
Mischnick Möllemann Neuhausen Frau Noth Paintner
Popp
Rentrop
Dr. Riemer
Rösch
Ronneburger Dr. Rumpf
Schmidt ({95})
von Schoeler Frau Schuchardt
Dr. Solms
Timm
Dr. Vohrer
Dr. Wendig
Wolfgramm ({96}) Wurbs
Dr. Zumpfort Zywietz
Berliner Abgeordneter Hoppe
Das erste Abstimmungsergebnis ist das für Annahme oder Ablehnung entscheidende. Damit ist das Begehren abgelehnt worden.
Wir sind somit am Schluß unserer Tagesordnung angelangt. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 18. Dezember 1981, 14 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.