Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich Ihnen eine Mitteilung zu machen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um den Zusatzpunkt ergänzt werden, der in der Mitteilung „Zusatzpunkt zur Tagesordnung" aufgeführt ist - diese Mitteilung liegt Ihnen vor -:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 16. September 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
- Drucksache 9/898 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({0})
- Drucksache 9/1017 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wieczorek
({1})
Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist also so beschlossen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 bis 9 und Tagesordnungspunkt 11 auf:
3. a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur ({2})
- Drucksachen 9/795, 9/842, 9/888, 9/796, 9/843, 9/889 Erste Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({3}) sowie Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({4})
- Drucksachen 9/971, 9/985 Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Riedl ({5}) Walther
Hoppe
({6})
b) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Kiep, Dr. Jahn ({7}), Dr. Schneider, Dr. Möller, Hauser ({8}), Müller ({9}), Dr. Waffenschmidt, Dörflinger, Günther, Dr.Ing. Kansy, Link, Magin, Niegel, Frau Pack, Frau Roitzsch, Ruf, Sauter ({10}), Zierer, Dr. Blüm, Clemens, Erhard ({11}), Dr. Faltlhauser, Herkenrath, Kolb, Linsmeier, Dr. Pinger, Rühe, Sick, Repnik und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaus
- Drucksache 9/467 Erste Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({12}) sowie Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({13})
- Drucksachen 9/971, 9/985 Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Riedl ({14}) Walther
Hoppe
({15})
c) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen zur Förderung des Wohnungsbaus
- Drucksache 9/839 Erste Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({16}) sowie Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({17})
- Drucksachen 9/971, 9/985 Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Riedl ({18}) Walther
Hoppe
({19})
4. Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes
- Drucksachen 9/795, 9/842, 9/888 3658
Präsident Stücklen
Zweite Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses ({20})
- Drucksache 9/972 Berichterstatter:
Abgeordnete Dr. Rose Hoffmann ({21})
({22})
5. Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen ({23})
- Drucksachen 9/797, 9/844, 9/890 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({24}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 9/981 Berichterstatter:
Abgeordnete Carstens ({25})
Löffler Hoppe
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({26})
- Drucksache 9/979 Berichterstatter:
Abgeordnete Baack
Dr. Schroeder ({27})
({28})
6. Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung ({29})
- Drucksachen 9/799, 9/846 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({30}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 9/1027 -
Berichterstatter:
Abgeordnete Grobecker Dr. Stavenhagen
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({31})
- Drucksache 9/966 - Berichterstatter:
Abgeordneter Lutz
({32})
7. a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung ({33})
- Drucksache 9/800, 9/847 -
aa) Bericht des Haushaltsausschusses
({34}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 9/1028 -
Berichterstatter: Abgeordnete Grobecker
Dr. Stavenhagen
bb) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({35})
- Drucksache 9/975 Berichterstatter: Abgeordneter Kolb
({36})
b) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit
- Drucksache 9/192 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({37})
- Drucksache 9/975 Berichterstatter: Abgeordneter Kolb
({38})
c) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Hauser ({39}), Dr. George, Landré, Lampersbach, Stücklen, Müller ({40}), Franke, Zink, Dr. Blüm, Neuhaus, Pohlmann, Dr. Dollinger, Ruf, Jung ({41}), Hinsken, Louven, Dr. Bötsch, Milz, Kolb, Dr. Pinger, Müller ({42}), Sick, Krey, Daweke, Schröder ({43}), Feinendegen, Dr. von Geldern, Schulze ({44}), Dr. Laufs, Frau Hoffmann ({45}), Frau Geiger, Dr. Götz, Frau Will-Feld, Volmer, Burger, Dr. Warnke, Engelsberger, Seehofer, Spilker und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit
- Drucksache 9/199 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({46})
- Drucksache 9/975 Berichterstatter: Abgeordneter Kolb
({47})
8. te und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Verbesserung der Wirksamkeit kostendämpfender Maßnahmen in der KrankenversichePräsident Stücklen
rung ({48})
- Drucksachen 9/798, 9/845 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({49}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 9/1029 -
Berichterstatter: Abgeordnete Grobecker
Dr. Stavenhagen
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({50})
- Drucksache 9/977 Berichterstatter: Abgeordneter Egert
({51})
9. a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze ({52})
- Drucksache 9/570 -
aa) Bericht des Haushaltsausschusses
({53}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 9/1030 -
Berichterstatter:
Abgeordnete Grobecker Dr. Stavenhagen
bb) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({54})
- Drucksache 9/976 Berichterstatter: Abgeordneter Jagoda
({55})
b) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung und des Krankenhausfinanzierungsgesetzes
- Drucksache 9/571 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({56})
- Drucksache 9/976 Berichterstatter: Abgeordneter Jagoda
({57}) 11. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes
- Drucksachen 9/829, 9/916 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({58}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 9/980 Berichterstatter:
Abgeordnete Löffler Hoppe
Carstens ({59})
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({60})
- Drucksache 9/955 Berichterstatter: Abgeordneter Jung ({61})
({62})
Interfraktionell ist verbundene Beratung der Tagesordnungspunkte 3 bis 9 und 11 vereinbart worden.
Die Beratung über die Tagesordnungspunkte soll wie folgt ablaufen. Erstens: Tagesordnungspunkte 3, 4, 5 und 11 in verbundener Debatte; nach der Debatte sollen die Einzelabstimmungen in zweiter Beratung sowie die Schlußabstimmung in dritter Beratung stattfinden.
Zweitens: Danach werden die Tagesordnungspunkte 6, 7, 8 und 9 einzeln aufgerufen.
Ist das Haus mit dieser interfraktionellen Vereinbarung einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Herr Abgeordneter Hoffmann möchte eine Korrektur an den bereits gedruckten Vorlagen bekanntgeben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht sehr schnell. Ich habe nur zwei Korrekturen der Unterlagen vorzutragen.
Erstens in Vertretung des Berichterstatters, Herrn Dr. Riedl: In der Drucksache 9/971- 2. Haushaltsstrukturgesetz - muß es in Art. 3 a § 1 in der fünften Zeile statt „Verordnung" heißen „Versorgung".
Dieser wichtigen Mitteilung folgt eine noch wichtigere. Sie bezieht sich auf die Drucksache 9/972 - Änderung des Bundeskindergeldgesetzes -: In Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f in der Fassung der Beschlüsse des 8. Ausschusses muß der Schlußsatz richtig heißen: „Absatz 2 a gilt entsprechend". Bei der Drucklegung ist der Buchstabe a vergessen worden.
Herr Dr. Riedl, da Sie der nächste sind, der hier in die Sachdebatte einsteigt, weise ich nur darauf hin, daß das eine wichtige Änderung ist, die Sie berück3660
Hoffmann ({0})
sichtigen müssen, damit der Chronist des heutigen Tages nicht feststellt:
Vom Geruch der nahen Macht besessen, handelte die Opposition vermessen.
Ihr Sprung war zu knapp, die Union stürzte ab.
Sie hatte den Buchstaben a vergessen.
({1})
Diese letzten Bemerkungen werden nur zur Erinnerung ins Protokoll aufgenommen. Sie sind nicht Bestandteil der Korrektur.
({0})
Das Wort zur Begründung und Aussprache hat der Abgeordnete Dr. Riedl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor zwölf Jahren verkündete die damals neu gebildete SPD/ FDP-Koalition bei ihrem Start wörtlich: „Solidität wird die Richtschnur unserer Finanzpolitik sein."
({0})
Der Maßstab damals war gegeben: Im Haushaltsjahr 1969, für das Franz Josef Strauß als Bundesfinanzminister voll verantwortlich war, betrug die Neuverschuldung des Bundes 0,0 DM. Seitdem haben SPD/FDP-Regierungen bis heute, vom Stande Null hochgerechnet, mehr als 220 Milliarden Deutsche Mark Schulden aufgenommen.
Heute beraten wir in zweiter und dritter Lesung ein ganzes Bündel von Haushaltssicherungsgesetzen als Teil eines Haushaltsnotprogramms, ohne das im Haushalt 1982 ein Loch von weit über 50 Milliarden DM klaffen würde. Die Bundesfinanzen sind in der größten Krise der Nachkriegszeit. Ein Milliardenloch nach dem andern tut sich auf.
Darf ich ganz kurz zurückblenden; nicht allzu weit zurückblenden, nicht auf 1969, sondern auf 1981: 1981 fing es mit 27 Milliarden DM an. Im Mai 1981 waren es 34 Milliarden DM. Heute sind es 38 Milliarden DM. Und am Jahresende 1981 dürften es 40 Milliarden DM sein.
Für 1982 liegt die Haushaltslücke, berechnet im September 1981, trotz Haushaltssicherungspaket und trotz massiver Steuer- und Abgabenerhöhungen, trotz des Geldregens der Deutschen Bundesbank ebenfalls schon bei 261/2 Milliarden DM. Vier Wochen später wurde das erste weitere Loch von 8 Milliarden DM zugegeben. Jeder kann sich ausrechnen, mit welchem Schuldenzuwachs wir Ende 1982 zu rechnen haben.
Und dann stellt sich der Herr Bundeskanzler vor einen großen Verband, vor den Verband der Deutschen Zeitungsverleger hin und sagt: Man soll das Sparen nicht übertreiben. - Herr Bundeskanzler, Sie sollten das Schuldenmachen nicht übertreiben. Denn daß Sie in den letzten Jahren nicht gespart haben, beweisen diese Zahlen doch eindeutig.
({1})
Dank der guten Postversorgung in diesem Land sind wir bereits im Besitz der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" von heute. Da steht auf Seite 1:
Schon wieder ein Milliardenloch im Bundeshaushalt für 1982?
({2})
In Nürnberg fehlen angeblich 4,7 Milliarden / Matthöfer bestreitet /
({3})
- Ich komme auf den Wahrheitsgehalt der Erklärungen des Finanzministers schon noch zurück, Herr Kollege Linde! ({4})
Rückgang der Steuereinnahmen befürchtet Darunter steht:
Der Minister habe gesagt, daran sei kein Wort wahr.
Wir werden einige Wortbrüche dieses Ministers aus der jüngsten Zeit heute hier noch zu behandeln haben.
({5})
Kein politischer Grundsatz ist in den letzten zwölf Jahren so oft von dieser Regierung und den sie tragenden Parteien herausgestellt, so oft beschworen und so oft mit Füßen getreten worden wie das Gebot der finanzpolitischen Solidität. Der Weg der Koalition und ihrer Finanzminister in den Schuldenstrudel ist mit falschen Behauptungen dieser Art gepflastert.
Die ungeheuerlichste Beschönigung steht im Wahlprogramm der SPD für 1980. Herr Wehner, wenn Sie es dabeihaben - Sie müßten es eigentlich immer dabeihaben -, darf ich Sie bitten, die Seiten 21 und 22 dieses Wahlprogramms 1980 aufzuschlagen. 1980! Nicht: 1890! Das ist kein Schreibfehler! Darin steht wörtlich:
Sozialdemokraten sind für eine Politik der Stabilität. Deshalb gewährleisten wir Sozialdemokraten solide Staatsfinanzen,
({6})
die den Bürger und die Wirtschaft in ihrer Steuerkraft nicht überfordern, die Risiken einer übermäßigen Staatsverschuldung vermeiden und die konjunkturpolitische Entwicklung verstetigen. Die Solidität der öffentlichen Finanzen ist eine Rahmenbedingung für unser politisches Handeln.
- Donnerwetter, meine Damen und Herren von der SPD!
({7}) Und dann weiter im SPD-Wahlprogramm:
({8})
Dr. Riedl ({9})
- Ach, Lesen ist kein großes Problem. Nur: Sich daran halten, Herr Wehner, das ist das Problem! Das ist das Problem!
({10})
- Herr Wehner, machen Sie ruhig so weiter! Dann kriegen Sie heute Ihren 76. Ordnungsruf. Auf den würde ich mich schon freuen. Der Ruf der CDU/CSU nach einem Abbau der Staatsquote
- weiter Originalton SPD läuft im Ergebnis auf die Forderung hinaus, den Sozialstaat zu demontieren
({11})
und die öffentlichen Leistungen, die zur hohen Lebensqualität bei uns entscheidend beitragen.
({12})
Herr Abgeordneter Dr. Riedl, darf ich unterbrechen. Herr Abgeordneter Wehner, haben Sie „Flaschenkopf" gesagt?
({0})
Ich habe das akustisch nicht mitbekommen.
Herr Präsident, Sie haben es besser gehört als ich. Von Herrn Wehner habe ich gar nichts anderes erwartet. Mich freut's, daß er so lebendig heute wieder hier im Saal ist und sich genauso austobt wie in den letzten Jahren. Machen Sie weiter so, Herr Wehner! Mir macht das riesig Spaß.
Jetzt wollen wir diese Wahlprogrammaussage der SPD abklopfen. „Sozialdemokraten sind für eine Politik der Stabilität." - Herr Wehner, daß ich nicht lache! Die Inflationsrate liegt bei fast 10%. Das ist die höchste in den letzten Jahren überhaupt.
„Die SPD gewährleistet solide Staatsfinanzen." - Daß ich nicht lache! Alle vier Wochen stehen wir vor einem neuen riesigen Milliardenloch.
„Die SPD überfordert Bürger und Wirtschaft nicht in ihrer Steuerkraft." - Das ist nicht mehr zum Lachen, das ist zum Heulen!
({0})
Denn seit dem Wahltag haben SPD und FDP die Steuern und Abgaben in unserem Land um weit über 16 Milliarden DM erhöht.
„Die SPD vermeidet die Risiken einer übermäßigen Staatsverschuldung." - Es ist ungeheuerlich, diese Behauptung heute noch aufzustellen, da wir nach der mittelfristigen Finanzplanung dieses Finanzministers bis 1985 auf eine Neuverschuldung in Höhe von 360 Milliarden DM kommen werden!
„Die SPD" - das ist ein ganz ernster Punkt, bei dem Sie die Arbeitnehmer irregeführt und eine Beihilfe zur Arbeitslosigkeit in diesem Land geleistet haben - „wird die konjunkturpolitische Entwicklung verstetigen." - Es hat noch nie so viele Betriebspleiten in unserem Land wie unter Ihrer Regierung gegeben, und die Arbeitslosenzahl unter dieser SPD/FDP-Regierung ist die höchste in den 30 Jahren des Bestehens dieser Bundesrepublik Deutschland.
({1})
Ich lese immer gern nach, was mein früherer Münchener Oberbürgermeister Dr. Hans-Jochen Vogel alles von sich gibt.
({2})
Er ist j a an sich ein ganz kluger Bursche, wenn er vernünftig ist und über das nachdenkt, was er sagt. - Auf dem SPD-Landesparteitag am vergangenen Wochenende in Saarbrücken - der Kollege Hoffmann wird dabei gewesen sein - hat er erklärt, daß er von seinen Parteifreunden auch verlange, daß mehr auf die Glaubwürdigkeit der Politik geachtet werde. Die Politiker - so Dr. Hans-Jochen Vogel - sollten sich über die Verheerungen im klaren sein, die sie anrichten, wenn Reden, Handeln und Denken so offensichtlich auseinanderfallen wie bei der SPD. Er sagte: „Dies gilt auch für die Auseinandersetzungen im Deutschen Bundestag und in den Wahlkämpfen."
Deshalb, Herr Wehner, schämen Sie sich wegen Ihres Wahlprogramms, mit dem Sie 1980 die Bürger in diesem Land irregeführt haben!
({3})
Bei alledem spielt die FDP einen willfährigen Komplizen. Die FDP fordert die Wende und macht ständig Kehrtwendungen vor ihrer eigenen Politik.
({4})
Es nutzt ja nichts, wenn man solide redet und unsolide handelt. Sie müssen so handeln, wie Sie reden; dann sind Sie eine vernünftige Partei, und dann kann man mit Ihnen auch die Staatsfinanzen sanieren.
({5})
Das Kardinalproblem, vor dem wir in unserem Lande stehen, ist, daß die Bürger unseres Landes, die Wirtschaft und die Finanzmärkte das Vertrauen in die Finanz- und Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung verloren haben. Regierung und Koalition haben mit ihrem ständigen Beschönigen der wahren Lage der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes, mit dem mehrmaligen Vertuschen von riesigen Haushaltslöchern, die man dann nachträglich immer wieder eingestehen muß, und den allmählich geradezu peinlichen Versuchen, dies alles mit ausländischen Entwicklungen und internationalen Vergleichen zu entschuldigen, den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt.
In unserem Lande wird es 1982 im Jahresdurchschnitt mehr als 1,6 Millionen Arbeitslose geben. In unserem Lande schrumpft die Wirtschaft in beäng3662
Dr. Riedl ({6})
stigendem Maße. In unserem Lande steigen die Preise unvermindert an. In unserem Lande gibt es ein riesiges Leistungsbilanzdefizit, und in unserem Lande sind die Bundesfinanzen in totaler Unordnung. Bei unseren Bundesfinanzen tut sich alle vier Wochen - das kann man gar nicht oft genug wiederholen - ein neues Milliardenloch auf. Es ist j a schon beinahe nicht mehr anzuhören,
({7})
wie der Bundeskanzler ständig die internationalen Probleme zur Entschuldigung seiner eigenen Mißpolitik heranzieht.
({8})
Ihre Probleme sind nicht international verursacht, sondern hausgemacht. Weil sie schlecht hausgemacht sind, werden sie durch die internationalen Entwicklungen lediglich verschärft.
({9})
In den 50er und 60er Jahren hat es in den Ländern um die Bundesrepublik Deutschland herum - in Frankreich, in Italien, in Holland, in Belgien, in England - eine Inflation nach der anderen gegeben.
({10})
Da hat es Millionen Arbeitslose gegeben, und die Binnenwirtschaft war trotzdem in Ordnung, weil wir im Innern unseres Landes eine vernünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik betrieben haben und uns gegen die Einflüsse von draußen wirksam wehren konnten.
({11})
Sie haben statt dessen eine im Hinblick auf Finanzierungsfragen blinde Reformideologie betrieben. Das von SPD und FDP erzeugte Anspruchsdenken hat Sie in die Inflation und in die Schuldenwirtschaft getrieben.
({12})
- Herr Westphal, das haben Sie doch auf Ihren Parteitagen mitgemacht. Die Belastungsfähigkeit von Wirtschaft und Abgabenzahlern auszuprobieren - dieser Versuch ist schiefgegangen.
({13})
Am allerschlimmsten war die sozialistische Doktrin vom Staat, der offensichtlich alles besser könne. Sie haben bewiesen, daß dieser Staat unter Ihrer Führung überhaupt nichts mehr kann.
({14})
Noch immer haben Teile der Koalition - das beweisen auch heute wieder die Zwischenrufe vor allen Dingen der SPD-Fraktion in diesem Saal - die Lektion der letzten Jahre nicht gelernt. Noch immer glauben wesentliche Teile der SPD, man brauche nur ein paar gepumpte Milliarden in ein Staatsausgaben-Strohfeuer-Programm zu stecken und schon entstünden Tausende von neuen Arbeitsplätzen.
({15})
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns doch das Gegenteil gezeigt.
Herr Kollege Westphal, vielleicht lesen Sie einmal nach, was Ihr Parteivorsitzender Willy Brandt am Wochenende Interessantes gesagt hat. Er meinte nämlich: Wir wollen keine Konjunkturprogramme alter Prägung. Es waren Ihre Konjunkturprogramme, die die CDU/CSU immer abgelehnt hat. Bei Ihnen hat es offensichtlich gedämmert, daß sie eine falsche Wirtschaftspolitik betrieben haben.
({16})
Nun ziehen Sie aus dem, was Ihr Parteivorsitzender glückhafterweise einmal richtig erkannt hat, endlich auch die entsprechenden, nämlich richtigen Konsequenzen.
({17})
Die deutsche Finanz- und Wirtschaftspolitik muß sich internationalen Herausforderungen stellen. Das ist deutlich zu sagen. Sie muß sie meistern. Sie darf sie nicht ständig als Alibi und Entschuldigung zur Beschönigung des eigenen politischen Unvermögens benutzen.
Unsere Finanz-, Wirtschafts- und Beschäftigungsprobleme lassen sich nur lösen, wenn wir es erreichen, daß der Anteil der Privatinvestitionen wieder steigt, und zwar zu Lasten des Konsums. Nur wenn wir die Investitionslücke der letzten Jahre wieder schließen, werden wir unsere Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsprobleme bewältigen können. Wenn wir diese meistern, lösen sich die meisten unserer Finanzprobleme ganz von selbst.
({18})
Es gilt, den Teufelskreis von zu vielen Staatsausgaben, riesiger Staatsverschuldung, Investitionsschwäche, Wirtschaftsflaute, Arbeitslosigkeit und Haushaltsdebakel zu durchbrechen. Deshalb muß der viel zu hohe Staatsanteil verringert, müssen die konsumtiven Staatsausgaben beschnitten, muß der Anstieg der Abgabelast vermindert werden.
({19})
Deshalb müssen Investitionshemmnisse administrativer und ideologischer Art rigoros beseitigt werden, die gerade Sie von der SPD und vom linken Flügel der FDP draußen immer wieder durch Ihre Reden mit aufrichten.
({20})
Zu dem Investitionshemmnis hohes Zinsniveau kann ich dem Bundesfinanzminister nur sagen: Sanieren Sie den Staatshaushalt, hören Sie auf, private Investoren vom Kapitalmarkt zu verdrängen, und einen ganz entscheidenden Grund für das hohe Zinsniveau in der Bundesrepublik Deutschland gibt es nicht mehr.
({21})
Dr. Riedl ({22})
Das Haushaltssicherungspaket für den Bundeshaushalt 1982, das wir heute beraten, muß daran gemessen werden, ob es diesen Anforderungen genügt. Um das Ergebnis vorwegzunehmen und die Noten gleich zu vergeben: Es ist in höchstem Maße unzureichend, in weitem Maße fehlerhaft, und es ist behaftet mit dem Makel einer ganzen Serie von Wortbrüchen führender Regierungsmitglieder.
({23}) Ich will das kurz begründen.
Erstens. Nichts beleuchtet doch die Unzulänglichkeit und die Unseriosität des Haushaltskonzepts der Bundesregierung schlaglichtartiger als die Tatsache, daß die Bundesregierung bereits vier Wochen nach Einbringen ihrer Vorlagen im Deutschen Bundestag eingestehen muß, ihr fehlten allein im Jahre 1982 weitere 8 Milliarden DM. Und wieder einmal hatte die Bundesregierung ganz einfach falsche Zahlen vorgelegt. Immer wieder wartet die Bundesregierung mit geschönten Zahlen auf, und heute schon feststehende Mehrausgabeverpflichtungen, z. B. im Stahlbereich, z. B. bei den Zinsbelastungen, sind nicht oder nur unvollständig berücksichtigt. Bei den Steuereinnahmen und der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt klammert sich diese Regierung an die optimistischste, an die günstigste aller Varianten und kalkuliert deshalb mit Sicherheit für 1982 falsch.
Meine Damen und Herren, es kommt ja nicht von ungefähr, daß der Bundesfinanzminister und die Bundesregierung diesen Haushaltsausschuß und dieses Parlament in einen ungeheuren Zugzwang setzen und mit allen Mitteln versuchen, diesen Haushalt 1982 noch in diesem Jahr durchzupeitschen, damit man sich im nächsten Jahr mit dem so zurechtgeflickten Bundeshaushalt mit den dann auf uns zukommenden schwererwiegenden Problemen unabhängig vom Haushalt 1982 befassen kann. Man will die eine Geschichte im alten Jahr noch über die Bühne bringen, um dann bei den Leuten den Eindruck zu erwecken, wir hätten einen geordneten Haushalt. Das ganze Jahr 1982 wird dann wieder begleitet sein von sich ständig, monatlich ändernden neuen Milliardenschuldenzahlen. Das ist der Grund, weshalb Sie dieses Parlament bei der Beratung des Haushalts 1982 in derartige Zeitnot versetzen wollen.
Zweitens. Selbst wenn das Zahlenwerk der Regierung aufginge, woran kein sachverständiger Beobachter in diesem Lande glaubt, sind Sie immer noch bei Schuldenzuwächsen,
({24})
die der Kollege Hoppe in den letzten Jahren, als Sie die 25-Milliarden-Grenze überstiegen hatten, als „tickende Zeitbombe" bezeichnet hatte. Ich glaube, Herr Kollege Hoppe, Sie merken gar nicht mehr, daß diese Bombe bereits explodiert ist und Ihnen die Splitter dieser Zeitbombe bereits kräftig um die Ohren und um den Kopf fliegen.
({25})
Die Zeitbombe ist doch längst explodiert, sonst gäbe es doch dieses Haushaltssicherungsgesetz heute nicht.
Drittens. Ihr Haushaltspaket ist kein Konzept zur Verbesserung der Haushaltsstruktur. Diese Bezeichnung ist reiner Etikettenschwindel. Verbesserung der Haushaltsstruktur würde nämlich bedeuten: mehr Raum für Investitionen, Schaffung finanzieller Freiräume für wichtige politische Gestaltungsaufgaben.
Tatsächlich wird der Investitionsanteil am Haushalt auch künftig drastisch zurückgehen. 1969 betrug der Anteil der Investitionen am Gesamthaushalt noch 17 %. Heute sind es keine 14 % mehr, und nach Ihrer mittelfristigen Finanzplanung wird 1985 der Anteil gerade noch kümmerliche 12 % betragen. Das ist das Ergebnis der Finanzpolitik eines Ministers, der einmal sein Amt mit der Ankündigung angetreten hat, den Investitionsanteil im Haushalt mit allen Mitteln vermehren zu wollen.
Das einzige, wofür im Haushalt noch Freiraum geschaffen wird, weil er geschaffen werden muß, sind die Ausgaben für den Schuldendienst. Ihr Anteil lag 1969 bei 2,7 %, und er wird 1985 bereits 11,4 % betragen. 11,4 % der Staatsausgaben nur für den Schuldendienst aufgewendet - das ist der Weg in den Ruin des Staatshaushalts, meine Damen und Herren! Das kann doch so nicht weitergehen.
({26})
Das kann man doch auch nicht mehr dadurch hinnehmen, daß sich der Bundeskanzler vor die Fernsehkameras stellt und sagt: „Ich bin auch beunruhigt." Aber was er aus dieser Unruhe macht, das sagt er nicht. Ja, er soll uns doch nicht sagen, daß er beunruhigt ist. Das sind wir doch alle. Wir sind sogar beängstigt. Wir befürchten, daß es noch weiter nach unten geht. Der Bundeskanzler soll doch endlich handeln.
Es ist ein Jammer: Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sich für heute vormittag offiziell hier entschuldigt. Wir akzeptieren dies. Er hat einen wichtigen Termin. Aber der Bundeskanzler hat es nicht für nötig befunden, hier an dieser wichtigen Debatte teilzunehmen oder sich für sein Fernbleiben beim Parlament zu entschuldigen. Ich halte das für einen ungeheuerlichen Vorgang, daß in einer so wichtigen Frage wie der Sanierung des Staatshaushalts der Bundeskanzler hier im Deutschen Bundestag fehlt.
({27})
Viertens. Dieses Haushaltskonzept ist nicht nur unzureichend, wie ich sagte, es ist in weiten Teilen fehlerhaft. Die echten gesetzlichen Vorschläge zur Ausgabeneinsparung beim Bund belaufen sich nur auf 6 bis 7 Milliarden DM. Dies ist zuwenig. Wieder einmal begibt sich die Regierung auf den bequemen, aber um so falscheren Weg der Steuer- und Abgabenerhöhung. Wieder einmal begeht sie in diesem Bereich einen glatten Wortbruch. Bundesfinanzminister Matthöfer am 8. Mai 1981 in der ARD-Sendung „Bericht aus Bonn" wörtlich:
Dr. Riedl ({28})
Ich halte die Belastungen der Bürger mit Steuern und Abgaben schon jetzt für zu hoch. Sollten wir später einmal Verbrauchsteuern erhöhen
- am 8. Mai hat er dies gesagt aus bestimmten Gründen, dann bin ich der Meinung, daß andere Steuern gesenkt werden müssen im gleichen Ausmaß.
Und was machen wir heute an diesem Donnerstag im Deutschen Bundestag? Wir erhöhen auf Ihren Antrag hin die Tabaksteuer, die Sektsteuer, die Branntweinsteuer, und wir machen eine Reihe von Veränderungen im Einkommen- und Umsatzsteuerbereich, auf deutsch gesagt, Steuererhöhungen in Milliardenhöhe.
({29})
Das ist glatter Wortbruch, meine Damen und Herren. Was im Mai gesagt wurde, gilt im November nicht mehr.
Vor sechs Wochen hat der Bundesfinanzminister
- es war genau am 25. September 1981 - im deutschen Bundesrat den Verdacht zurückgewiesen, die Regierung werde die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf 4 % erhöhen. Ganz entrüstet hat er damals auf Anfrage erklärt:
Hier ist, jedenfalls während der Amtszeit dieses Bundesfinanzministers, keine weitere Beitragserhöhung eingebaut.
Sechs Wochen später wird sie von SPD und FDP hier im Deutschen Bundestag beschlossen. Was ist dies anderes als ein Wortbruch, meine Damen und Herren?
({30})
Fünftens. Aller guten Dinge sind drei.
({31})
- Ich meinte, aller guten Dinge sind drei beim Wortbruch, Herr Kollege Kiep. Ich werde das gleich erklären. Wortbruch Nr. 3 kommt gleich unter Ziffer 5.
Wir haben hier im Deutschen Bundestag durch unsere Sprecher, vor allen Dingen in der letzten Debatte durch den Kollegen Dr. Häfele, sehr klar zum Ausdruck gebracht, daß wir den Rückgriff auf den Bundesbankgewinn in einer Größenordnung von nunmehr 10 Milliarden DM für falsch halten, weil volkswirtschaftlich das Auffüllen von Haushaltslükken durch Gewinnabführungen der Bundesbank faktisch eine Erhöhung der Neuverschuldung bedeutet. Wenn die Deutsche Bundesbank an ihrer antiinflationären Geldmengenpolitik festhält, wozu sie verpflichtet ist, muß sie die Geldmenge auf anderen Gebieten entsprechend drosseln. Damit trifft sie wieder die Privatinvestitionen, und das ist genau das gleiche, es hat nämlich einen Antieffekt bei der Sicherung unserer Arbeitsplätze.
({32})
Der Bundeskanzler weiß dies, er ist ja kein dummer Mensch. Er weiß dies, er handelt nur politisch falsch. Am 30. Juli hat er wörtlich vor der Bonner Presse erklärt:
Falls der festgestellte Gewinn der Deutschen Bundesbank größer werden sollte,
- also größer als damals mit 6,1 Milliarden DM so wird der überschießende Teil ausschließlich zur weiteren Rückführung der Nettokreditaufnahme verwendet. Darauf haben wir uns festgelegt.
Das ist der Wortbruch Nr. 3, Herr Kollege Kiep, den ich anführen wollte: Aller guten Dinge sind drei. Jetzt lasse ich es aber dabei, sonst reicht die Zeit nicht aus.
({33})
Sechstens. Wenn schon die Haushaltssanierung für 1982 nicht geglückt ist, so ist sie völlig unzulänglich programmiert für die Jahre danach, wie die mittelfristige Finanzplanung deutlich ausweist. Diese Finanzplanung ist schon heute, sechs Wochen nach ihrer Vorlage im Parlament - man kann das ruhig so sagen - , ein alter Hut oder Makulatur. Was 1982 mit der Gewinnablieferung der Deutschen Bundesbank in Höhe von 10 Milliarden DM gekleistert wird, wird das erste in einer ganzen Kette von Milliardenlöchern in den Haushalten ab 1983 sein.
Ich fasse zusammen: Das Haushaltssicherungspaket von Bundesregierung und Koalition ist insgesamt unzulänglich. Es ist untauglich für eine dauerhafte Sanierung der Bundesfinanzen
({34})
und in weiten Teilen falsch und investitionsschädlich. Es ist nicht geeignet, das Vertrauen in die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung, das bei Bürgern, Wirtschaft und Finanzmärkten verlorengegangen ist, wieder zu begründen. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist und bleibt unglaubwürdig. Deshalb wird die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die heute anstehenden Gesetzentwürfe zur Haushaltssicherung, die den Kern dieses unzulänglichen Haushaltskonzepts bilden, in der Schlußabstimmung ablehnen.
Trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir es uns bei der Festlegung unserer Haltung für die Abstimmung über die Einzelvorschläge von Regierung und Koalition in der zweiten Beratung nicht leicht gemacht. Bei aller Skepsis gegenüber manchen Details hat die CDU/CSU-Fraktion die Absicht, echten Ausgabekürzungen grundsätzlich zuzustimmen.
({35})
Wir haben dies im Haushaltsausschuß und in den anderen federführenden Ausschüssen getan.
Eine Ausnahme gilt für die von der Regierung vorgeschlagenen Kürzungen des Kindergeldes. Dieser Regierungsvorschlag ist eine erneute Wählertäuschung und richtet sich eindeutig gegen die Familie.
({36})
Dr. Riedl ({37})
Die existentielle und finanzielle Absicherung der Familie ist unabdingbare Voraussetzung für die innere Stabilität unserer Gesellschaft. Die hier vorgeschlagene einseitige Neubelastung der Familie wird daher unter gar keinen Umständen unsere Zustimmung finden.
({38})
- Das gleiche gilt im übrigen, Herr Kollege Spöri, für die von Ihnen verfolgte Abschaffung des steuerlichen Kinderbetreuungsbetrages.
Wir lehnen auch Ihre Vorschläge im Bereich der Landwirtschaft ab,
({39})
die einen schwerwiegenden Eingriff in die Substanz des eigenständigen sozialen Sicherungssystems der Landwirtschaft bedeuten. Die CDU/CSU bedauert, daß die Koalition unserem Gegenvorschlag, die Bundesleistungen für die Agrarsozialpolitik für einige Zeit auf dem Stand von 1981 einzufrieren, nicht gefolgt ist.
Wir lehnen die Vorschläge des steuerlichen Teils des Haushaltsstrukturgesetzes ab,
({40})
soweit sie wirtschaftshemmend sind. Dazu wird der Kollege Dr. von Wartenberg noch ausführliche Darlegungen machen.
Wir lehnen die Teile des Pakets zur Neuregelung der Arbeitslosenversicherung, die Beitragserhöhungen bzw. die Einführung der Beitragspflicht für Mini-Bezüge und die Abwälzung von Lasten auf Länder und Gemeinden ab. Dazu werden die Kollegen aus dem Bereich der Sozialpolitik sprechen.
({41})
Wir lehnen die Verbrauchsteuererhöhungen ab. Für uns gilt hier auch heute noch, was der Herr Bundesfinanzminister am 8. Mai im Deutschen Fernsehen richtig sagte, daß nämlich die Belastung der Bürger mit Steuern und Abgaben zu hoch ist und daß, wenn Verbrauchsteuern erhöht werden sollen, Steuern in gleichem Ausmaße auf der anderen Seite gesenkt werden müssen.
({42})
Zusammen trägt die CDU/CSU ein Volumen von 5 Milliarden DM mit.
({43})
- Darüber hinaus, Herr Kollege Westphal, wären wir bereit gewesen, an einer weitergehenden Begrenzung der öffentlichen Ausgaben mitzuwirken. Wir haben dazu eine Fülle von Vorschlägen gemacht. Ihre alte Platte, daß die Opposition hier in
diesem Haus keine Vorschläge mache, ist doch längst zersprungen.
({44})
- Herr Kollege Westphal, Sie wissen doch ganz genau, daß wir Ihnen ein breites Angebot gemacht haben, die Staatsfinanzen von Grund auf zu finanzieren.
({45})
Aber dazu ist doch die SDP weder willens noch fähig noch bereit. Sie leben mit den ruinösen Staatsfinanzen, bis Sie von der Regierungsbank hier drüben verschwunden sind.
({46})
Mit unserem Vorschlag, die Ausgaben für Subventionen und auf Grund von Leistungsgesetzen um 5 zu kürzen, haben wir die Anregung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Sommer aufgegriffen,
({47})
die die fünf Weisen in unserer konkreten Situation zur Haushaltssanierung noch am ehesten für geeignet hielten. Der Sachverständigenrat wird Ihnen diesen Vorschlag in seinem neuen Gutachten in den nächsten Tagen sicher erneut ins Stammbuch schreiben.
({48})
Die Opposition des Jahres 1981, meine Damen und Herren, hat sich in dieser unglaublich schwierigen Finanzlage weitaus positiver und konstruktiver verhalten als die Opposition - gebildet von der SPD - in den Jahren vor allen Dingen um 1965, aber auch in den anderen 15 Jahren vorher. Wir drücken uns nicht vor der Verantwortung, die wir in unserer Rolle als Opposition für unser Land tragen. An uns - ich darf es noch einmal betonen - wird eine Sanierung der Staatsfinanzen, die diesen Namen verdient, nicht scheitern. Aber sanieren, einschneiden, die Gesetzentwürfe dazu vorlegen, und zwar in ausreichendem Maße, das muß die Bundesregierung schon selbst tun,
({49})
und zwar sowohl heute als auch dann, wenn sich das nächste Milliardenloch auftut.
Unter Ihrer Regierung sind die Weichen, die finanz- und wirtschaftspolitischen Weichen in unserem Lande falsch gestellt worden. Es gibt in dieser parlamentarischen Demokratie gar keinen Zweifel: Die Verantwortlichkeiten müssen klar sein. Es kann und wird keine Alleinzuständigkeit von Regierung und Koalition bei den Wohltaten, aber eine Mitverantwortung und Mitzuständigkeit der Opposition für die unangenehmen Seiten des Regierens geben, meine Damen und Herren.
Wir sind uns unserer staatspolitischen Verantwortung für die Bürger dieses Landes hinsichtlich gesunder Staatsfinanzen bewußt. Wir lehnen Ihre unzureichenden, Ihre unzulänglichen und uns weiter
Dr. Riedl ({50})
in staatliche Milliardendefizite treibenden Vorschläge mit Entschiedenheit ab. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
({51})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Coppik.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Riedl, Sie haben mit viel Elan und mit einiger Polemik eine Kritik vorgetragen,
({0})
die für eine Oppositionspartei sicherlich legitim sein mag,
({1})
obwohl ich es für ganz gut gehalten hätte, wenn Sie dabei Ihre allgemeine Lebenserfahrung, die Sie auch außerhalb dieses Hauses gewonnen haben, mit eingebracht hätten, auf Grund derer Sie wissen müßten, wie schwer es manchmal ist, mit dem zur Verfügung stehenden Geld auszukommen.
({2})
Sie haben eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Es wirft Ihnen deshalb niemand vor, daß Sie keine Vorschläge machen, wohl aber, daß diese Vorschläge keine Alternative sind, keine Alternative, die zur Lösung der wirtschafts- und finanzpolitischen Schwierigkeiten beitragen könnte.
({3})
Die Vorschläge führen in eine falsche Richtung und sind, gemessen an dem Sparprogramm der Bundesregierung, beschäftigungspolitisch nicht wirksamer, wohl aber sozial noch ungerechter.
Der Bundesrat, in dem die CDU/CSU ja die Mehrheit hat, hat eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht: weitere Einschränkung der Ausbildungsförderung für Kinder aus sozial schwachen Schichten, massive Kürzung der Gehälter von Beamtenanwärtern, schwere Eingriffe in das Sozialhilferecht; mühsam erkämpfte soziale Sicherungen für alleinstehende Mütter und Väter sollen abgebaut werden. Diese Liste könnte man fortsetzen. Nein, das ist keine brauchbare Alternative, Herr Riedl.
({4})
Die Kritik an der Opposition entbindet uns allerdings nicht von der Verpflichtung, die Vorschläge der Bundesregierung einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Da muß ich - insofern spreche ich nicht für meine Fraktion, sondern trage meine persönliche Meinung vor ({5})
leider feststellen, daß auch das vorliegende Sparprogramm der Bundesregierung beschäftigungspolitisch unwirksam und sozial unausgewogen ist.
({6})
Ich kann da inhaltlich nur voll dem zustimmen, was führende Gewerkschaftsvertreter außerhalb dieses Hauses zu diesem Thema gesagt haben. Ich meine aber, daß diese Sorgen auch in die Diskussion in diesem Haus Eingang finden müssen und nicht der Eindruck entstehen darf, als ob die Position der Bundesregierung auf der einen und die der CDU/CSU auf der anderen Seite die wirklichen Eckpunkte der gesellschaftlichen Diskussion in unserem Lande wären.
({7})
Wie sozial unausgewogen die uns vorliegenden Sparplänen sind, wird an einem Beispiel besonders deutlich. Da wird auf der einen Seite - unabhängig von der Einkommenssituaton der Familie - das Kindergeld gekürzt,
({8})
gleichzeitig wird auf der anderen Seite eine Art Bauherren-Kindergeld neu eingeführt. Das heißt, daß bei einer Familie mit drei Kindern und einem Nettoeinkommen von vielleicht 2 000 DM 40 DM gekürzt werden, während bei einer Familie, die bei heutigen Preisen und Zinsen in der Lage ist, sich ein Haus zu kaufen, bei vergleichbarer Kinderzahl per saldo eine Kindergelderhöhung von 60 DM eintreten soll.
({9})
Dieses Ergebnis ist absurd und hat nichts mit sozialer Gerechtigkeit zu tun. Ich bin nicht bereit, diesem Ergebnis zuzustimmen.
({10})
Am Beispiel der Kindergeldkürzung wird aber auch eine Prioritätensetzung des Sparprogramms deutlich, der ich ebenfalls nicht folgen kann.
({11})
- Ich spreche hier als frei gewählter Abgeordneter dieses Parlaments, Herr Kollege, wenn dies gestattet sein soll.
({12})
Durch die Kindergeldkürzung sollen 1,8 Milliarden DM eingespart werden. Gleichzeitig sind im Haushaltsjahr 1982 allein für das Kampfflugzeug Tornado 3,6 Milliarden DM eingesetzt.
({13})
Ich halte diese Prioritätensetzung für unvertretbar.
Meine Damen und Herren, die Spargesetze, die heute verabschiedet werden sollen, enthalten eine
Fülle von Einzelmaßnahmen, die sich bei einzelnen Familien in einer Weise kumulieren können, daß der soziale Besitzstand in existentieller Weise angegriffen werden kann. Neben die Kindergeldkürzung kann eine Gehaltskürzung, eine Wohngeldkürzung, eine Kürzung der Ausbildungsförderung und anderes mehr treten. Ich weiß nicht, ob die davon betroffene Familie dann auch noch der Meinung ist, daß das soziale Netz nicht im Kern berührt sei.
Von diesem Programm sind aber auch keine beschäftigungspolitischen Impulse zu erwarten. Die Zahl der Arbeitslosen könnte allenfalls durch die Novellierung des § 6 AFG gesenkt werden, wonach in Zukunft dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ein größerer Einfluß auf die Arbeitslosenstatistik eingeräumt wird.
({14})
Ansonsten vermag ich nicht zu erkennen, wieso Stellenkürzungen im Bundesdienst beschäftigungspolitisch positiv wirken sollen. Im Gegenteil, diese Maßnahme bedeutet eine Kapitulation vor der arbeitsmarktpolitischen Verantwortung und offenbart einen Trend, dem man nicht früh genug entschieden entgegentreten kann. Anstatt so schnell wie möglich ein gezieltes, an den Bedürfnissen der Bevölkerung und an der regionalen und sektoralen Aufteilung der Zahl der Arbeitslosen orientiertes Beschäftigungsprogramm zu starten, haben wir alle - wir alle - es zugelassen, daß die Diskussion über die Arbeitslosigkeit in der Öffentlichkeit immer mehr unter dem Gesichtspunkt eines individuellen Mißbrauchs von Leistungen der Arbeitslosenunterstützung geführt wird. Jeder kennt irgendwo einen Faulenzer;
({15})
nur, bei 1,4 Millionen Arbeitslosen, Herr Kollege, und 200 000 offenen Stellen können die alle noch so fleißig sein, 1,2 Millionen Arbeitslose würden bleiben.
({16})
Es ist also ein strukturelles Problem, dem durch ein Beschäftigungsprogramm begegnet werden muß. Natürlich kostet so etwas Geld. Aber ist es etwa volkswirtschaftlich sinnvoller, wenn ein auf Kosten der Allgemeinheit ausgebildeter Lehrer von Sozialhilfe lebt und auf der Parkbank sitzt, während an ihm vorbei Kinder nach Hause gehen, weil der Unterricht in der Schule wegen Lehrermangels ausfällt? - Wohl kaum.
Was die Finanzierung eines Beschäftigungsprogramms betrifft, so gibt es dafür noch genügend Möglichkeiten: Ergänzungsabgabe auf die höheren Einkommen oder Erhöhung des Einkommensteuersatzes bei Spitzenverdienern oder Kürzungen bei Rüstungsprogrammen.
({17})
Man kann aber auch - um ein Wort aufzugreifen, das wohl Graf Lambsdorff mal benutzt hat - Wohltaten wieder rückgängig machen. Ich denke z. B. an die 1977 vorgenommene Senkung der Vermögensteuer.
({18})
Das könnte man wieder rückgängig machen. Die beabsichtigten Einschränkungen beim Arbeitsförderungsgesetz ersetzen jedenfalls kein Beschäftigungsprogramm, sondern reduzieren die Arbeitsmarktpolitik auf die Finanzierung von Arbeitslosigkeit. Dem Recht auf Arbeit, zu dem ich als Sozialist mich bekenne, wird das in keiner Weise gerecht.
Ich weiß, daß sehr viele Sozialdemokraten das auch so sehen. Aber man sagt mir immer wieder: Mit der FDP geht das nicht anders.
({19})
Ich bin nicht hier, um die FDP zu interpretieren, aber ich kann mich an ein Plakat aus dem letzten Bundestagswahlkampf erinnern, auf dem stand: „Gegen die Alleinherrschaft einer Partei". Ich glaube, das hat die FDP sogar selbst aufgehängt. Da sollten wir sie mal ernstnehmen.
({20})
- Ich freue mich, daß wir wenigstens auf dieser Basis miteinander kommunizieren können.
Da ich nur zehn Minuten zur Verfügung habe, kann ich leider nicht alle Aspekte ansprechen, die mich zur Ablehnung einiger wesentlicher Punkte des vorliegenden Sparprogramms veranlassen. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte werde ich gemeinsam mit den Kollegen Hansen und Meinike die Kindergeldkürzung ablehnen
({21})
und gemeinsam mit dem Kollegen Hansen die Gehalts- und Stellenkürzungen im öffentlichen Dienst sowie die Kürzung der Ausbildungsförderung ablehnen. Bei einigen weiteren Bestimmungen des 2. Haushaltsstrukturgesetzes und des Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetzes werde ich mich der Stimme enthalten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
({22})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Walther.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
({0})
Auch ich habe hier nur wenig Redezeit.
({1})
Deshalb kann ich mich mit meinen beiden Vorrednern nur sehr kurz auseinandersetzen. Sie, Herr Kollege Riedl, werden Verständnis dafür haben, daß ich mich zunächst mit meinem Freund Manfred Coppik auseinandersetze und ihn in einer Art anspreche, die normalerweise hier im Parlament - Herr Präsident, ich nehme an, Sie werden das nicht kritisieren - nicht üblich ist.
Lieber Manfred Coppik - sage ich mal -, so, wie du hier heute morgen gesprochen hast und sicherlich manches Richtige vorgetragen hast, könnten viele von uns reden, auch ich. Aber hast du dir eigentlich überlegt, was in dieser Republik passierte, wenn wir uns alle so verhielten wie du?
({2})
Und hast du dir eigentlich mal überlegt, welche Art von Solidarität es ist, die Sozialdemokraten in solche mit guter und solche mit schlechter Moral zu unterteilen? - Ich frage dies nur.
Ich möchte mich auch mit dem Herrn Kollegen Dr. Riedl nur kurz auseinandersetzen; denn er hat heute morgen wieder die alte, sattsam bekannte Langspielplatte abgespielt. Auf dieser LP werden ständig dieselben Lieder, dieselben Strophen abgespielt.
({3})
Wir haben nichts Neues gehört. Das ist die alte Brötchentüte mit heißer Luft. Wenn man da draufkloppt, dann knallt's, und das ist alles.
({4})
Herr Dr. Riedl, wenn Sie heute morgen die „Frankfurter Allgemeine", die mit dem Kopf, schon zitieren, dann sage ich Ihnen: Sie haben selber das Gerücht in die Luft gesetzt, damit Sie anschließend dazu Stellung nehmen können. Dieses Billardspiel kennen wir doch nun wirklich.
({5})
Sie tun so, meine Damen und Herren, als seien die Schwierigkeiten, mit denen wir uns hier auseinanderzusetzen haben, eine Folge der Politik dieser Bundesregierung. Meine Damen und Herren, in Wahrheit ist es so, daß die Politik dieser Regierung zu sehr viel besseren Ergebnissen geführt hat, als sie die Regierungen nahezu aller anderen Länder vorweisen können.
({6})
Meine Damen und Herren, die Ursachen für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind in allen Ländern im wesentlichen die gleichen: Explosionen der Rohstoffpreise, insbesondere der Rohölpreise, Leistungsbilanzdefizite, hohe Inflation - sehr viel höhere als bei uns -, hohe Zinsen, Kaufkraftvernichtung, Investitionsverhinderung, Nachfrageschwäche und, als Folge davon, auch Finanzierungsprobleme der öffentlichen Haushalte. Das ist überall in der Welt so, Herr Kollege Riedl. Im übrigen werden die Regierungen in aller Welt, egal, ob sie sozialistisch oder konservativ sind, von den Wählern geprügelt; in allen Ländern.
Diese Koalition hat sich in zugegebenermaßen schwierigen Verhandlungen auf ein umfangreiches Paket geeinigt, um die Folgen dieser Entwicklung für den Bundeshaushalt auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen. Meine Damen und Herren, wenn Sie, wie es Herr Kollege Riedl getan hat, der Bundesregierung vorwerfen, sie habe im Sommer dieses Jahres die wirtschaftliche Entwicklung nicht richtig vorausgesehen, dann müssen Sie wissen und zugeben, daß Sie damit dem wirtschaftswissenschaftlichen Sachverstand in der Bundesrepublik, auf dessen Prognosen sich die Bundesregierung verlassen hat, vorwerfen, daß auch er sich geirrt hat.
({7})
Sie müssen auch Ihren eigenen Bundesländern, meine Damen und Herren, die ihre Haushalte auf den gleichen Prognosen aufgebaut haben, vorwerfen, daß auch diese sich geirrt haben. Wenn z. B. der Herr Stoltenberg als Unschuld durchs Land läuft und so tut, als habe nur diese Bundesregierung Probleme mit ihrem Haushalt, dann verschweigt er, daß sowohl sein Land als auch andere von der Union regierte Länder, die gleichen Finanzlöcher haben, über die sie nur nicht gerne reden.
({8})
- Aber Herr Glos, fragen Sie doch einmal Herrn Streibl, welche Löcher er in seinem bayerischen Landeshaushalt hat!
({9})
Er hat sich doch auf die gleichen Prognosen verlassen, auf die der Bundesfinanzminister Matthöfer zurückgegriffen hat.
({10})
Nun, meine Damen und Herren, was auch an dem Sparpaket der Bundesregierung kritikbedürftig sein mag, das, was die Union und die Mehrheit des Bundesrates an eigenen Sparvorschlägen zu bieten haben, bleibt weit hinter den Vorschlägen der Koalition zurück.
({11})
Meine Damen und Herren, hören Sie bitte genau zu: Würden wir dem folgen, was Sie vorschlagen - und Herr Kollege Riedl hat ja vorgetragen, was Sie alles nicht wollen -, müßte der Bundesfinanzminister im nächsten Jahr 8 Milliarden DM - in Buchstaben: acht Milliarden! - mehr Schulden machen. 8 Milliarden Mark mehr! Ihre Vorschläge, Herr Kollege Kiep - Sie waren doch der Vorsteher Ihrer Sparkommission ({12})
würden 8 Milliarden DM höhere Schuldenaufnahmen im Bundeshaushalt bedingen. Wenn Sie den Bundesbankgewinn nicht zur Finanzierung der konjunkturbedingten Ausfälle einsetzen wollen - wir tun es, was Sie kritisieren -, müßten Sie um weitere 10 Milliarden DM kürzen. Und nun sagen Sie uns bitte, wo Sie diese 8 + 10 = 18 Milliarden DM hernehmen wollen!
({13})
Bitte, diese Frage müssen Sie beantworten. Herr Friedmann, Sie kommen nachher hier vor. Sie sind ein Meister im Taschenrechnen. Kommen Sie hoch, rechnen Sie uns bitte vor, wie Sie diese 18 Milliarden DM aufbringen würden! Denn mit Ihrem Vorschlag, 5 % aller Leistungen des Bundes zu kürzen,
können wir so lange nichts anfangen, wie Sie Ihre Vorschläge nicht konkretisieren, meine Damen und Herren.
Nun an Sie, Herr Vorsitzender des Haushaltsausschusses, Kollege Haase: Der Bundesfinanzminister hat in einem Schreiben an Herrn Dr. Kohl die Aufforderung ergehen lassen: Nun sagen Sie uns bitte, was Sie mit den 5 % anfangen wollen, wo Ihre konkreten Vorschläge sind; Sie möchten Ihre Vorschläge präzisieren. Die Antwort war null, meine Damen und Herren - die Antwort war null!
Um es an ein paar Beispielen zu demonstrieren: Sie haben im Haushaltsausschuß gesagt, Sie seien bereit auch die Verteidungsausgaben um 5 % zu kürzen. Andererseits läuft Ihr Ausgabenwüterich, der Herr Würzbach, herum und sagt, die Verteidigungsausgaben müssen kräftig erhöht werden.
({14})
- Ja, „Ausgabenwüterich", Herr Jenninger; der ist ein Ausgabenwüterich. Wenn wir uns im Parlament alle so verhielten wie Herr Würzbach, dann brauchten wir 100 % der Steuern, um nur die Ausgaben zu bezahlen, die Sie haben wollen.
({15})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Präsident, es tut mir furchtbar leid, aber ich habe nur eine so geringe Redezeit. Ich bitte um Verständnis.
Das ist Ihr gutes Recht.
Oder, meine Damen und Herren, Sie haben gesagt, Sie wollen die Berlinförderung um 5 % kürzen. Da rennt der Kollege Kittelmann in Berlin wie ein Wüterich herum und sagt, es sei ganz schlimm, was wir da an leichten Kürzungen vorschlagen.
({0})
Sie sagen im Haushaltsausschuß, Sie wollten auch das Kindergeld um 5 % kürzen. Hier sagt der Kollege Riedl, nein, das wollen Sie nicht. Was wollen Sie denn nun eigentlich, bitte schön, meine Damen und Herren!
({1})
Meine Damen und Herren, für uns Sozialdemokraten liegt das Schwergewicht der Operation 1982
- damit das ganz deutlich wird - im Beitrag der öffentlichen Hände zur Entlastung des Kapitalmarktes, um damit zusätzlichen Spielraum für ausreichende und genügend hohe Zinssenkungen zu geben. Wer in dem, was wir Operation 1982 nennen, etwas anderes als den notwendigen Beitrag der öffentlichen Hand zur massiven Zinssenkung am Kapitalmarkt sehen will, muß wissen, welche Gefahren für den inneren Frieden in unserem Land er damit heraufbeschwört. Ich kann da Neugierige nur warnen.
Ich will noch ein paar Takte zum Zinsthema sagen. Wer sich in unserem Lande umhört, der weiß, daß die hohen Zinsen der eigentliche Arbeitsplatzvernichter, der Konjunkturkiller sind. Wer die Zusammenbrüche in einigen Bereichen nachvollzieht, der weiß, daß sich hier mit Krediten finanzierte Investitionen nicht mehr rechnen und daß deshalb bei den Betrieben finanzielle Schwierigkeiten auftreten. Viele Investitionen unterbleiben, weil sich mit Krediten finanzierte Neuinvestitionen nicht mehr rechnen. Mancher, der Bargeld hat, legt es lieber für 15, 16% Zinsen oder wieviel auch immer an, als daß er damit Investitionen investiert, für die er vielleicht eine Rendite von 3 oder 4 % bekommt.
({2})
- Deshalb müssen die Zinsen herunter, Herr Kollege Haase. Deshalb kann die Philosophie dieser Operation im wesentlichen nur darin bestehen, unseren Beitrag dazu zu leisten, daß die Bundesbank die bestehenden Zinssenkungsspielräume massiv nutzt.
({3})
- Herr Haase, es tut mir leid, ich habe nicht mehr viel Redezeit.
Herr Abgeordneter Haase, der Herr Abgeordnete Walther wünscht keine Zwischenfrage.
Herr Kollege Haase, Sie wissen, ich bin keiner von denen, die Zwischenfragen generell ablehnen; aber meine Redezeit ist so knapp, und ich muß noch ein paar Dinge vortragen, die ich sagen möchte.
({0})
Es gibt Indikatoren dafür, daß die Zinsen gesenkt werden können: Der DM-Kurs steigt, der DollarKurs sinkt im Verhältnis zur D-Mark, das Leistungsbilanzdefizit geht zurück, die Leitzinsen in den USA werden gesenkt, auch die Friedman-Jünger in Amerika merken langsam, was sie angerichtet haben - ich meine jetzt nicht den Bernhard, sondern den anderen, den Milton. Es gibt also eine Reihe von Indikatoren, die deutlich machen, daß die Bundesbank nach meiner Überzeugung Zinssenkungsspielräume hat. Ich sage in aller Bescheidenheit und in der notwendigen Zurückhaltung: Wir bitten, diese Zinssenkungsspielräume schnell und nachhaltig zu nutzen; denn die Bürger und die Wirtschaft in unserem Lande warten auf ein solches Zinssignal.
({1})
Viele unserer Bürger fragen uns schon: Nun macht ihr dies alles, und was ist, wenn die Zinsen nicht sinken? Ich finde, es ist notwendig, daß ein deutliches Zinssignal Wirtschaft und Bürgern in unserem Lande neue Hoffnung gibt, damit es im Frühjahr auch in der Baukonjunktur wieder bergauf gehen kann.
({2})
Es ist völlig klar - Herr Kollege Haase, sie sind doch Volkswirt -, daß wir mit dem Streichen, Kürzen und Einschränken von öffentlichen Transferleistungen auch Kaufkraft verringern, dadurch Nachfrage abschwächen, Arbeitsplätze gefährden. Das ist nur dann vertretbar, wenn auf der anderen Seite zusätzliche Investitionen auf den Weg gebracht werden. Das muß hier deutlich gesagt werden. Hans Matthöfer hat das zu Recht auf die Formel gebracht, daß man bei schwach wachsendem Sozialprodukt nur dann eine höhere Beschäftigung erreichen kann, wenn man den Anteil der Investitionen erhöht und den des Verbrauchs vermindert.
({3})
Dies will ich heute noch einmal von mir aus deutlich beschreiben. Was wir heute tun, ist ein unbequemer Weg. Wir müssen den Arbeitnehmern erklären, daß sie reale Einkommensverluste zu erwarten haben, daß wir im Leistungsbereich streichen und den Bürgern höhere Belastungen zumuten müssen. Andererseits beschließen wir, steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten erheblich zu verbessern. Das wird von vielen in unserem Lande nicht verstanden. Doch ist es so - ich muß das hier deutlich sagen -, daß wir in einer Wirtschaftsordnung, in der der Staat keine Investitionen befehlen kann, keinen anderen Weg, zu höheren Investitionen zu kommen, als den sehen, den die Bundesregierung heute hier vorschlägt. Es ist sicherlich auch vernünftig, reinvestierten Gewinn steuerlich besser als entnommenen Gewinn zu behandeln.
Ich habe keinen Zweifel daran, daß es wegen der hohen Zinsen in der gewerblichen Wirtschaft einen Investitionsstau gibt, der abgebaut werden muß. Denn die Änderung der Produktionsstruktur in der Wirtschaft, die höhere Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten und auf dem Binnenmarkt gegen ausländische Konkurrenz bedingt eine Modernisierung unserer Wirtschaft. Aus diesem Grund sagen wir es noch einmal: Ein deutliches Zinssignal muß her, damit dies alles auf den Weg gebracht werden kann.
Ich will eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Kollege Riedl, machen. - Er ist jetzt wieder nicht da. Ich möchte gern eine Bemerkung zu Ihnen machen, Herr Kollege Riedl. Was Sie hier vorgeschlagen haben, entspricht den Reden, die Frau Thatcher und ihre Anhänger im englischen Unterhaus Tag für Tag halten.
({4})
Diese werden auch dadurch nicht klüger, daß sie in bayerischer Mundart vorgetragen werden.
({5})
- Nein, die werden dadurch nicht klüger. - Wenn wir uns so verhielten, wie Sie von der Opposition es wollen, könnten wir als Haushaltspolitiker gar nicht so schnell streichen, wie die zusätzlichen Löcher im Bundeshaushalt entstünden.
({6})
Deshalb sage ich: Sparen kann in dieser Situation kein Selbstzweck sein, sondern das muß doch sinnvoll sein, das muß aufeinander abgestimmt sein. Würden wir, was ein Haushälter gerne sähe, mit null Nettokreditaufnahme auskommen, dann würde, das kann ich Ihnen sagen, der Herr Stingl ständig jede Stunde einmal im Fernsehen stehen und sagen, mit seinem Personal komme er nicht mehr aus, weil er so viele Arbeitslose zu betreuen habe.
({7})
Ich sage Ihnen, eine Haushaltspolitik à la Brüning wäre sehr fatal. Sie müßte den wirtschaftlichen Niedergang beschleunigen. Deshalb ist es auch ökonomisch vernünftig, den Bundesbankgewinn zum Ausgleich des Bundeshaushalts einzusetzen. Ich habe Ihnen gesagt: Die Alternative wären zusätzliche Streichungen.
({8})
Ich sage aber noch ein kritisches Wort hier in diesem Raum, weil ich weiß, daß viele unserer Wähler so fragen. Sie sagen uns: Wir würden vieles mittragen, vielleicht noch größere Opfer, wenn wir das Gefühl hätten, das Ganze sei sozial ausgewogener.
({9})
Ich sage es mal so bildhaft, daß die mit den breiteren Schultern und den dickeren Bäuchen etwas mehr zur Bewältigung der Folgen der Stagnation beitragen müßten als die anderen. - Ja, ich auch, Kollege Glos.
({10})
Wir nehmen zur Kenntnis, daß es für eine solche Lösung, die wir Sozialdemokraten für richtig hielten, in diesem Hause keine parlamentarischen Mehrheiten gibt.
Ich sage Ihnen, wenn wir von dem, wie ich meine, schillernden Leistungsbegriff ausgehen, dann frage ich mich: Wieso ist eigentlich die Leistung eines Arztes oder Zahnarztes 8-, 10- oder 20mal höher zu bewerten als die Leistung eines qualifizierten Facharbeiters?
({11})
Dann frage ich mich, warum wir nicht den Mut haben, auch bei diesen Gesetzen vielleicht ein bißchen mehr zuzugreifen. Das würden viele in unserem Lande als ein Signal besser verstanden haben. Und ich frage: Wie ist denn der Leistungswille eines Arbeitslosen, an den Sie ja wollen, zu bewerten, der da arbeiten will, aber nicht kann? Die Wortspielereien, die bei den einen von Mißbräuchen und bei den anderen von Mitnehmereffekten reden, helfen da auch nicht weiter. Das ist lediglich Semantik.
Ich will an dieser Stelle auf Einzelheiten nicht eingehen, weil die Zeit nicht reicht. Ich will zum Kindergeld nur eine Bemerkung machen. Der Kollege Coppik hat es ja aufgegriffen. Jedermann weiß, daß wir Sozialdemokraten, wenn es irgend geht, keine Kürzung des Kindergeldes wollen. Wir haben uns durchgerungen - dafür sind wir der FDP sehr dankbar -, als Alternative dazu die Abschaffung des verwaltungsaufwendigen und sozial unerträglichen
Kinderbetreuungsbetrages vorzuschlagen. Ich appelliere an Sie, meine Damen und Herren von der Union, gehen Sie diesen Weg mit. Denn keiner begreift draußen, daß Reitunterricht oder Gitarrenunterricht vom Steuerzahler bezahlt werden soll. Das versteht kein Mensch.
({12})
Ich appelliere auch an Sie, meine Damen und Herren von der Union, den Weg nicht mitzugehen, den der Bundesrat in seiner Mehrheit vorschlägt. Ich sagte Ihnen schon: das Defizit des Bundeshaushalts würde sowieso erheblich erhöht. Sie wollen nicht nur an die Arbeitslosen durch Änderung der Bemessensgrundlagen, Sie wollen nicht nur die Arbeitslosen für die Arbeitslosigkeit dadurch bestrafen, daß Sie ihnen nachher eine niedrigere Rente zahlen, Sie wollen die Rentner in die Sparaktion mit einbeziehen. Sie wollen an die Sozialhilfeempfänger,
({13})
- darauf komme ich jetzt -, und Sie wollen an das Schüler-BAföG. Das heißt, Sie wollen wieder die Einteilung der Begabten in solche, die reiche Eltern haben, und in solche, die keine reichen Eltern haben.
({14})
- Also, Herr Kollege Haase, nun haben Sie doch jetzt gerade in Hamburg einen begrüßenswerten Versuch - ich begrüße das - gemacht. Na gut, die Jungens waren alle handverlesen, die Sie da in Hamburg hatten. Aber immerhin, Sie haben einen begrüßenswerten Versuch gemacht, den Dialog mit der jungen Generation wieder zu beginnen. Ich begrüße das.
Aber machen Sie dies doch nicht kaputt, indem Sie darangehen, ausgerechnet den Ärmsten unter den Schülern ihr BAföG zu streichen. Björn Engholm hat doch recht, wenn er fragt, wie wir jungen Menschen erklären wollen, daß bei der Bildung gespart werden soll, während wir es andererseits zulassen, daß Unternehmer in teuren Etablissements zu Lasten des Steuerzahlers Bewirtungsspesen verfrühstücken können. Das wird doch gefragt.
Oder: Wenn Sie, den Intentionen der CDU/CSU-geführten Länder im Bundesrat folgend, den von der Koalition verabredeten Abbau steuerlicher Subventionen kaputtmachen, würde die soziale Schieflage unerträglich. Ich sage Ihnen: Die deutschen Gewerkschaften haben in der Nachkriegsgeschichte einen wesentlichen Anteil daran gehabt, daß es in unserem Land bergauf gegangen ist. Aber ich sage Ihnen auch: Mit dem, was Sie vorschlagen, werden Sie sozialen Sprengsatz in diese Republik bringen. Sie werden den sozialen Grundkonsens zerstören. Und Sie machen alles kaputt, worüber der Herr Stoiber - na j a, der macht sowieso viel in Taktik - mit den Gewerkschaften ins Gespräch zu kommen versucht. Ich habe Verständnis dafür, daß die deutschen Gewerkschaften, die sich so staatsmännisch verhalten haben, unruhig und mit manchem, was wir heute beschließen wollen, nicht zufrieden sind. Aber ich sage
Ihnen: Wenn Sie das durchsetzen, was Sie im Bundesrat vorschlagen, machen Sie viel von dem kaputt, was wir mühsam erreicht haben: daß sich die Arbeitnehmer mit diesem Staat identifizieren können.
({15})
Ich hätte gern noch ein paar Worte über das gesagt, was an Zukunftsperspektive notwendig ist. In einer schwierig bleibenden Welt muß über Wachstum, über Beschäftigung, über deren Verteilung und auch über die Sicherung sozialer Leistungssysteme unter Erhaltung der Freiräume des einzelnen nachgedacht werden. Diese Zukunftsperspektive muß her, weil auch von ihr Folgen für die öffentlichen Haushalte ausgehen. Dies hier darzustellen, bleibt mir keine Zeit.
Ich sage zum Schluß für die große Mehrheit meiner politischen Freunde: Heute und hier werden wir das mit dem Koalitionspartner Verabredete und Notwendige tun. - Vielen Dank.
({16})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gärtner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will am Anfang den Kollegen Riedl in einem Punkt unterstützen. Auch ich finde die Besetzung der Regierungsbank zu dem Thema, das wir heute diskutieren, nicht in dem Maß ausgewogen, wie wir als Parlament es verdient haben.
({0})
- Herr Kollege Westphal, die zuständigen Minister, die vom Haushaltsstrukturgesetz betroffen sind, sind nicht alle da. Aber gut. Man kann ja nachfühlen, daß man in vielen Fällen, was das Haushaltsstrukturgesetz angeht, mehr zu leiden als sich zu freuen hat. Von da ist die Abwesenheit entschuldigt. Aber ich bin jedenfalls als Parlamentarier der Meinung, daß die Regierung zu einem sehr wichtigen Thema, wie es die Konsolidierung der Staatsfinanzen ist, wenigstens dasein sollte. Das ist das mindeste, was man verlangen kann.
({1})
Jetzt darf ich aber auch noch den Kollegen Riedl bitten - der auch nicht da ist -,
({2})
wenigstens über gute Vertraute mitzunehmen, was ich ihm zu sagen habe. Der Kollege Riedl hat beklagt, daß die Zeitbombe tickt; genauer, er hat zitiert, was der Kollege Hoppe zu diesem Thema gesagt hat. Ich kann nur sagen: Wir sind als Mehrheit jedenfalls bereit, an der Zeitbombe einen Entschärfungsvor3672
gang durchzuführen, während der Kollege Riedl hier neue Minen gelegt hat.
({3})
- Herr Kollege Stavenhagen, man hört so selten, was Sie hier zurufen. Vielleicht ist es ganz gut so.
Wenn der Kollege Riedl hier darüber klagt, daß die investiven Ausgaben nicht in dem Umfang erhöht werden können und die konsumtiven Ausgaben den Haushalt belasten, dann soll er einmal zu seiner Mehrheitsfraktion nach Bayern gehen. Die haben im Bayerischen Landtag gerade beschlossen - sehr zur Freude der Landesbediensteten, was ich auch akzeptieren würde -, die Kilometergeldpauschale zu erhöhen. Ich finde das ja alles gut. Nur: Dann soll der Kollege Riedl hier wenigstens sagen, daß das Land Bayern aus dem Länderfinanzausgleich und einer freiwilligen Leistung aus dem Bundeshaushalt ganz schön bedient wird.
({4})
Es gehört einfach zum fairen Umgang miteinander, daß man nicht im Landesparlament etwas beschließt, was man anschließend bei der Bundeskasse, beim Bundesfinanzminister abholt.
Der Kollege Hüsch hat bei einer Versammlung der IG Metall in Neuss erklärt, die „Operation '82" sei eine „Amputation '82". Ich meine: Von Amputation kann j a wohl keine Rede sein. Bei einem Bundeshaushalt dieser Größenordnung und bei den Sparvorschlägen, die hoffentlich noch alle kommen - beim Bundesrat befinden sie sich offenbar in der Druckmaschine -, wird wohl noch mehr operiert werden müssen.
Ich frage mich nur, wo das am Ende im Grunde ehrlich bleibt. Wir haben ja im Haushaltsausschuß die erste Lesung der Ehrlichkeit hinter uns gebracht, nämlich die Beratung über das Haushaltsstrukturgesetz. Ich kann mich daran erinnern, daß die Kollegen von der Union - ich weiß nicht, ob sie das selbst so ernst genommen haben, wie sie abgestimmt haben - alles ablehnten, was Einsparungen anging.
({5})
Sie haben außerdem sogar die Erhöhung der Vorsteuerpauschale für Landwirte um 0,5 % abgelehnt, aber nicht, weil diese Erhöhung einen Einnahmeausfall bedeutet, sondern weil es ihnen zu wenig war. Sie wollten eine Erhöhung um i %.
({6})
Man muß sich an dieser Stelle wirklich fragen, was das bedeutet. - Lieber Kollege Glos, unterhalten Sie sich nicht mit dem Kollegen Rose; er ist in dieser Sache noch teurer als Sie.
({7})
Ich würde wirklich bitten, das Thema ehrlich zu behandeln. Wer von der Konsolidierung der Staatsfinanzen redet, muß dazu seinen persönlichen Beitrag leisten. Uns allen fällt das Haushaltsstrukturgesetz in seiner Dimension schwer. Es gibt keinen in diesem Saal, der begeistert darüber wäre, daß das Kindergeld gekürzt wird. Das wird keiner sagen. Ich
bitte aber alle diejenigen, die es ablehnen, daß eine Kürzung des Kindergelds auf den Tisch kommt, zu erklären, wo man selbst kürzen will.
({8})
- Sie sagen „handeln", Herr von Wartenberg. Ich warte darauf, was Sie heute machen. Ich gehe davon aus, daß Sie überall um 5 % kürzen wollen. Wissen Sie, wo Sie da anfangen? - Beim Geschäftsbedarf! Das haben wir ja auch gemacht; wir haben den Geschäftsbedarf auch gekürzt. Wir haben sozusagen das Thema der wiederverwendbaren Büroklammer auf den Weg gebracht.
Aber Sie kürzen nicht bei den Ergänzungszuweisungen des Bundes. Fangen Sie da doch einmal an! Herr Kiep, können wir das jetzt machen? Sie sind ja nicht mehr Landesfinanzminister. Fragen wir doch einmal die Niedersachsen, ob sie bereit sind, eine Kürzung um 5 % durch die Opposition mitzumachen. Mich finden Sie sofort an Ihrer Seite, Herr Kiep. Daß Sie vielleicht in Hamburg eine Aufgabe übernehmen wollen, füge ich hinzu: Hamburg wird davon nicht betroffen; Sie sind in dieser Beziehung frei. Es geht also um die Kürzung des Länderfinanzausgleichs. Der Kollege Walther hat auch die Berlinförderung schon angesprochen. Ich nenne die Kürzung des Kindergelds. Wir können hier alle Themen aufführen. Ich warte darauf, was die Opposition zu diesem Thema nicht nur sagt, sondern was sie tut.
Lieber Kollege Riedl, das Erfreulichste an Ihrer Rede war, daß Sie nur die Rede halten, aber nicht die Politik machen, die dahintersteht. Das ist das einzige, was micht freut.
Ich meine, bei der Diskussion darüber, daß in den nächsten Jahren weniger zur Verteilung ansteht, sollten Sie es sich nicht so leicht machen, anderen die Schuld zuzuschieben und für sich selbst die „goldenen Jahre" der 50er und 60er Jahre in Anspruch zu nehmen. Bei „60" müssen Sie gut zuhören, Herr Kollege Riedl. Manchmal war man bei Ihrer Rede der Meinung, daß Sie den Geschäftsbericht eines Vereins vorlesen, dem Sie nahestehen. Ich meine das deshalb, weil in Ihrer Rede so oft das Thema „Schulden" vorkam.
Die 50er und 60er Jahre waren unter dem Gesichtspunkt der Zahlen eben nicht nur ganz anders als die Zeit, die vor uns liegt, sondern in den 80er und 90er Jahren wird eben weniger zur Verteilung anstehen. Durch einen Personalwechsel würde dabei nichts einfacher gemacht werden. Nun sagen zwar alle, daß das so sei, aber wenn es darum geht, das in die Wirklichkeit umzusetzen, wird es ungeheuer schwer; denn über das zu reden, was nicht mehr vorhanden ist, ist eine Seite. Die zweite Seite ist aber die, daß man bestimmten Bevölkerungsgruppen etwas wegnehmen muß.
Nun gibt es eine allgemeine Erkenntnis, die z. B. auch Herr Biedenkopf hatte. Er hat die Öffentlichkeit in den letzten Wochen j a nicht nur durch das Aufgreifen anderer Themen überrascht, sondern in diesem Zusammenhang auch seine Meinung geäußert - hier im Plenum ebenfalls; ich halte diese Ansicht nicht für falsch -: Die Rekordwachstumsraten gehören der Vergangenheit an; wenn wir ehrgeizig
sind, werden wir bei 1, 1,5 % real liegen, was verteilt werden kann. Nur, wenn es so ist, muß man doch wenigstens die Konsequenz ziehen dürfen - wir als Regierung, als Mehrheit müssen sie sogar ziehen, und insofern weine ich darüber gar nicht -; man ist nämlich nicht nur für das Verteilen von Schönheiten zuständig, sondern muß auch das tun, was notwenig ist. Deshalb mache ich mir da nicht so große Schwierigkeiten.
Wenn es also heißt, daß wir in den nächsten Jahren nur noch 1 bis 1,5 % real zu verteilen haben, können wir nicht alle Gesetze, die zu einem Zeitpunkt beschlossen worden sind, als wir reale Wachstumsraten von 4 bis 5 % hatten, so umsetzen wie damals.
({9})
Zu dieser Problematik hat der Bundeskanzler im Rahmen seiner Regierungserklärung vor einem Jahr einen Satz gesagt, der nach meinem Eindruck von diesem Parlament noch nicht so ganz verstanden worden ist, aber eben auf schwierige Zeiten zielt. Der Satz lautet nämlich: Wenn es bei uns um das Sparen geht, geht es bei uns um das Auskommen und draußen um das Überleben. Wenn wir uns jetzt über Einsparungen von 17 oder 20 Milliarden DM unterhalten, so ist das angesichts der Zustände, die auf dieser Welt herrschen, für eine ganze Menge von Leuten ein Thema, bei dem sie sich nicht mehr freuen oder ärgern können, sondern bei dem sie einfach nicht verstehen, warum die Gewerkschaften in diesem Lande behaupten - das darf man ja auch einmal sagen -, es erhebe sich die Frage der Streikbereitschaft. Wenn es in diesem Land hinsichtlich der Altersversorgung eine Überversorgung gibt und die Gewerkschaften in dem Versuch, das abzustellen, einen Streikgrund sehen, dann muß ich sagen, daß unser Land nicht in Ordnung ist.
({10})
Es geht ja nicht um die Frage, ob der KassandraLiteratur ein weiteres Kapitel hinzugefügt wird. Aber vielleicht ist es interessant, einmal die Historie zu Rate zu ziehen. Herr Kollege Häfele hat in der ersten Beratung bei Machiavelli Schluß gemacht. Ich empfehle, ein paar hundert Jahre weiter zurückzugehen und - das Thema der Jahrtausendwende steht ja vor uns - beim Kloster Cluny stehen zu bleiben. Herr Kollege Häfele, ich möchte ohne Boshaftigkeit hinzufügen: Das paßt eher zu Ihnen als Machiavelli. Dort gab es eine Bewegung, die sich der Askese und dem Puritanismus verschrieben hat. Mir geht es nicht um die Themen irdisches Jammertal, Weltzeitängste und Weltgericht, mir geht es auch nicht darum, die Frage zu beantworten, wer das alles gemacht habe, wer immer recht gehabt habe. Vielmehr ist doch die Frage zu stellen, wie man das gemeinsam bewältigen kann.
Dabei stößt man dann auch auf das Problem des ehrlichen Umgangs mit dem Wähler.
({11})
Dazu gehört dann auch, Herr Kollege Haase, daß Sie, wenn es um das Sparen geht, nicht nur nicken, sondern mitstimmen.
({12})
Mittlerweile muß man ja die Frage stellen, ob das Thema des Klosters durch das der volkswirtschaftlichen Institute ersetzt worden ist. Es geht ja nicht darum - das muß man doch einmal klar sagen -, diese Operation nur mit Blick auf das Jahr 1982 durchzuführen. Selbst unter den Haushältern der Union gibt es wohl keinen, der daran glaubt, daß dieses Problem in den 80er Jahren in einem Hauruck-verfahren gelöst werden könnte. Im Gegenteil, wir werden die 80er Jahre nicht damit bestreiten, jedes Jahr irgendein Loch zu finden. Vielmehr ist entscheidend, das Verteilungsproblem in den Griff zu bekommen. Wir können nicht mehr verteilen, als wir erwirtschaften.
({13})
- Das ist richtig. Herr Kollege Glos, ich sehe es Ihnen j a nach, daß Sie zu Ihren Kollegen im Finanzausschuß ein gespaltenes Verhältnis haben.
({14})
- Doch, das muß er ja haben, denn sonst kann der Zwischenruf nicht stimmen, und gelegentlich sage ich: Wenigstens sein Zwischenruf stimmt.
Wenn wir es all denen von der finanzpolitischen Seite Ihrer Fraktion recht gemacht hätten, dann wäre das ganz schlimm für den Bundeshaushalt. Die Marodeure wären unterwegs; das sage ich Ihnen, weil das Thema der Wegelagerer und Plünderer eben schon einmal auf dem Spielfeld war. Wir hätten nämlich mehr Einnahmeausfälle, als wir im Augenblick haben, wenn wir all Ihren Senkungsvorschlägen je zugestimmt hätten.
({15})
Ich weiß, daß Ihnen das nicht paßt. Trotzdem muß Ihnen das noch einmal gesagt werden. Und gerade deshalb hat die Platte an dieser Stelle einen Sprung, weil man Ihnen das immer wieder vorsagen muß.
Aber ich wollte noch einmal an der Stelle beginnen, wo den Kollegen Häfele vielleicht interessiert, wohin wir uns gemeinsam bewegen, wenn wir das Sparen nicht gemeinsam ernst nehmen. Ich halte nicht viel davon, daß sich hier die Union das Klientel derjenigen besorgt, die uns dauernd auf der Matte stehen und sagen: „Sparen is nich!" Das ist genau dasselbe, was man sonst immer hört: Alle reden vom Sparen, nur bei mir ist das am wenigsten zu machen. Das ist das alte Problem, daß wir alle gemeinsam mit dem St. Florian leben müssen. Nur an der Stelle wäre ich im übrigen für ein Berufsverbot, nämlich für den Kollegen St. Florian.
Ich sage, wir werden in schwierige Zeiten kommen. Das ist auch das Thema mit Cluny; dieses Thema war ja ganz gut besetzt. Nur, wenn wir das nicht ehrlich machen, dann ist am Ende vielleicht noch einmal das Thema der Kreuzzüge auf dem Ta3674
pet. Denn mit Askese und Puritanismus fing es an, und mit Kreuzzügen hat es geendet. Ich will jetzt nicht fragen, wer derjenige ist, der den Gang nach Canossa gehen muß. Aber wenn wir auf diesem Wege nicht fair miteinander umgehen, d. h. Sparen nicht als Privileg der Opposition in Worten ansehen, sondern das hier gemeinsam ganz konkret machen - - Herr Kollege Häfele, ich weiß, Sie schütteln bei so etwas immer den Kopf. Ich finde das nur beachtlich. Sie erzählen hier einem, daß die Kreditaufnahme des Staates heruntergefahren werden muß. Dann bringen Sie doch einen Vorschlag, der das bewirkt! Den bringen Sie doch nicht!
({16})
Dann wird auch etwas von dem Thema Verteidigungspolitik erzählt. - Herr Kollege Haase!
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ich kann meinem Vorsteher im Haushaltsausschuß keine Bitte abschlagen.
Danke. Herr Abgeordneter Haase, bitte.
Herr Kollege Gärtner, erinnern Sie sich nicht unserer Unterhaltung über BAföG? Sie waren doch auch schon auf dem rechten Wege, wenn ich das sagen darf. Warum ist Ihnen denn Ihr Koalitionspartner in den Arm gefallen, als Sie und die Bundesregierung auf einem Wege waren, den wir vorgeschlagen hatten, um einen Teil - einen Te i 1 ! - der Staatsfinanzen wieder in Ordnung bringen zu können?
({0})
Herr Kollege Haase, ich will Ihnen und vielleicht auch für die Öffentlichkeit nur noch einmal sagen: Wir haben zwar einen erheblichen Einfluß, wir sind allerdings bei der letzten Wahl nur mit 10,6 % bedient worden, ich finde zu Unrecht. Deshalb können Sie nicht hingehen und sagen, wir müßten alle unsere guten Vorschläge auch durchsetzen können.
({0})
- Ich sage Ihnen auch, Herr Kollege Windelen, daß man nicht an jeder Stelle gewinnen kann. Das haben die Haushälter der Union auch schon erlebt. Deshalb ist das kein Thema, das Sie nur bei uns abladen können. Ich sage Ihnen ganz offen, das Thema der Bewältigung der Finanzprobleme ist nicht die Frage, ob man 100 oder 150 Millionen DM beim BAföG spart,
({1})
sondern das geht weiter. Auch das ist ein Diskussionsprozeß, der in allen Teilen dieses Parlaments noch nicht zu Ende ist.
({2})
Wo Sie hin wollen, weiß ich noch nicht. Wo wir hin wollen, kann ich Ihnen sagen: Wir wollen zur Finanzierungsmöglichkeit eines Etats nicht nur 1982, sondern auch 1983 und 1984 kommen. Ich sage Ihnen auch, warum: weil wir 1984 den Wahlkampf bestehen müssen, und das kann man nur machen, wenn man jetzt mit dieser Operation beginnt. Da Sie das jetzt auch schon wieder unterlassen, gehe ich davon aus, daß Sie 1984 einen anderen Wahlkampf führen wollen.
(Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Weil Sie nach
einem Beispiel gefragt haben! - Das eine Beispiel, das Sie gebracht haben, wiegt natürlich nicht auf, was Sie oder der Bundesrat sonst noch an Vorschlägen gebracht haben. Herr Kollege Haase, die Erhöhung der Vorsteuerpauschale um ein weiteres halbes Prozent nagt Ihnen das ganze BAföG-Einsparungsvolumen, das Sie uns hier in Ihrer Zwischenfrage hinstellen, schon wieder ab! Das ist das Thema der Ehrlichkeit.
({3})
- Michael Glos, nachher noch mal.
({4})
Einen Moment, Herr Abgeordneter Glos. - Ist die Zischenfrage gestattet?
Bitte.
Bitte.
Herr Kollege Gärtner, nachdem Sie die Sache mit der Vorsteuerpauschale zweimal unrichtig zitiert haben, darf ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, daß es im Haushaltsausschuß keinen Antrag der CDU/CSU gab, die Vorsteuerpauschale um 1 % zu erhöhen, sondern daß ich lediglich die Frage gestellt habe, ob 0,5 % den tatsächlichen Kostenentwicklungen in der Landwirtschaft gerecht werden, und daß ich als einzelner da nicht mitgestimmt habe, weil ich mit der Antwort der Regierung nicht zufrieden war. Dies nur um der Wahrheit willen.
({0})
Herr Kollege Glos, Sie haben in Ihrem Beitrag im Haushaltsausschuß keinen Geringeren als die Mehrheit des Bundesrats zitiert. Das gebe ich Ihnen zu. Deshalb war ja an der Stelle eben der Bundesrat an der gemeinsamen Front, Herr Kollege Haase, an der man sich beim BAföG bewegt und wo man bei der Vorsteuerpauschale hinkommt. Das war mein Thema. Ich sage Ihnen, nach wir vor halte ich so eine Formulierung des Bundesrats für unehrlich. Wer behauptet, er könne BAföG kürzen und das Geld auf der anderen Seite bei der Vorsteuerpauschale verteilen, ist unehrlich.
({0})
Das Thema Sparen ist, auch für die Regierung, in Teilen mit Schwierigkeiten belastet, wenn es um den Verteidigungshaushalt geht. Der Kollege Walther hat den „teuren" Abgeordneten Würzbach erwähnt; es ist nämlich sehr teuer, was er alles will. Ich muß
Ihnen sagen, es fällt auch uns schwer, daß beim Verteidigungshaushalt nicht so viel zu kürzen ist. Ich könnte es mir leicht machen und sagen: Ich bin erst seit fünf Jahren im Parlament; was früher bestellt worden ist, muß ich heute bezahlen. Es gibt ja Kollegen, die hier auch schon einmal reden - heute morgen schon sehr früh -, die waren vor mir im Parlament und haben gar nicht gemerkt, was sie bestellt haben. Das muß man auch wissen.
({1})
Das ist das eigentliche Problem, vor dem wir stehen, daß wir auch in der Öffentlichkeit klarmachen müssen, daß Einsparungen beim Verteidigungshaushalt eine sehr, sehr schwierige Angelegenheit sind. Was man nicht in Gerät investiert, investiert man in Konventionalstrafen. Auch das wäre unter dem Gesichtspunkt des Mitteleinsatzes für investive oder konsumtive Zwecke ein schwieriges Thema.
Ich hatte das Vergnügen, zur IG-Metall-Konferenz vorgestern in Neuss eingeladen zu sein. Da hat ein Kollege der IG Metall erklärt - ich nehme an, daß der Bundesfinanzminister nachher auch einmal etwas zu diesem Thema sagt -, daß man die Bundeswehr eigentlich auch einmal ein bißchen kleiner machen müsse, weniger für sie ausgeben müßte.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als der Kollege Grobecker und ich damals das von dem Kollegen Haase sogenannte „Bubenstück" begangen haben, indem wir die Planungskosten für das Taktische Kampfflugzeug der 90er Jahre gekürzt haben: 40 Millionen Mark. Ich kann Ihnen sagen, wer der erste war, der angerufen hat. Es war nicht MBB oder jemand aus der Unternehmeretage, sondern jemand aus einer Etage darunter. Da beginnt das Thema. Das würde ich dem Herrn Steinkühler auch einmal sagen. Er sollte sich zu dem Thema einmal äußern. Wenn es nämlich um das Thema Arbeitsplätze und Rüstungsbetriebe geht, muß man auch als Herr Steinkühler seinen Leuten sagen, daß die Kürzung eben notwendig ist, statt sich hinzustellen und Flugblätter zu verfassen, worin bestimmte vernünftige Sachen stehen könnten, wenn man ansonsten überfliegen kann, was an Unverschämtheiten in so einem Flugblatt steht. An der Praxis scheitert aber auch ein Herr Steinkühler. Das ärgert mich am allermeisten.
({2})
Wir sind der Meinung, daß auch der Verteidigungshaushalt seinen Beitrag leisten muß. Ich kann mir gut vorstellen, daß in der Privatindustrie - ich will gar nicht Airbus sagen ({3})
das Geld eben auch sinnvoller angelegt ist als bei Flugzeugen, die zu militärischen Zwecken angeschafft werden sollen. Ich halte ein Triebwerk für den Airbus für vernünftiger als ein Triebwerk für das taktische Kampfflugzeug der 90er Jahre, weil dieses am ehesten mit dem Etikett versehen wird:
im Zweifel nicht zu benutzen. Den Airbus sollte man ja benutzen.
({4})
- Herr Kollege Haase, Ihr Vorgänger im Amt, der Herr Kollege Windelen, hat einmal im Haushaltsausschuß einen, wie mir scheint hervorragenden Satz gesagt. Ich darf das aus meiner Erinnerung noch einmal zitieren. Es geht in erster Linie gar nicht um die Frage, ob wir verteidungsfähig sind, sondern für uns muß sich auch die Frage stellen, ob dieses Land in den Augen aller seiner Bürger verteidigungswürdig ist.
({5})
Man muß sich wirklich fragen, ob jede Summe, die in den Verteidigungshaushalt eingestellt wird, diesem Ziel dient. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Da muß man sich langsam fragen, ob es nicht auf dieser Welt mehr Probleme gibt, die unserer Lösungskompetenz bedürfen, als das Problem, ob man 3 % real oder welchen Prozentsatz X auch immer auf die Verteidigungsausgaben drauflegt.
Ich empfinde es nicht als besonders schön, daß wir im Bereich der Verteidigungskosten so wenig einsparen können. Im Gegenteil, ich meine, diese Welt hat Bedarf an mehr Waffen zur Verhinderung von Hunger, zur Fähigkeit, mehr zu lernen, daß Menschen überhaupt lesen und schreiben können, daß sie eine Gesundheitsvorsorge und -fürsorge haben, als daß sie Waffen haben, wo ihnen blitzendes Arsenal den täglichen Hunger nicht verderben kann.
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- Herr Kollege Haase, ich habe nur noch sieben Minuten Redezeit.
({7})
- Ich bezweifle, daß Sie nur noch ein Wort sagen. Vielleicht können Sie nachher noch einmal ans Rednerpult gehen.
Ich will das an dieser Stelle auch gegenüber Kollegen deutlich machen, die glauben, wir seien diejenigen, die den Einzelplan 14 mit einem Hurra-Patriotismus verabschieden. Das macht keiner von uns.
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Ich wäre auch bereit, bestimmten Kollegen mehr Glaubwürdigkeit zu attestieren, wenn sie bei allen ihren täglichen Übungen auch dann in ihren Ausschüssen sind, wenn die Themen verabschiedet werden, die sonst ihre Herz- und Magenthemen waren. Ich erinnere nur daran, daß das Entwicklungsländer-Steuergesetz jahrelang Gegenstand der Kritik des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit war; nur als es zur Abstimmung kam, waren die Kollegen nicht da. Das muß man auch wissen. Sonst wird hier immer behauptet, wir seien die Unholde der Nation und stimmten dem Verteidigungshaushalt einfach blind zu. Das macht keiner von uns.
Ich sage auch: Wenn wir miteinander etwas fairer umgehen würden, wären wir auch in der Lage, diesen, wie ich finde, unproduktiven Teil des Haushaltes kleiner zu machen und mehr auszugeben, um Probleme auf dieser Welt zu lösen. Ich finde, daß da das Thema Sicherheit besser aufgehoben wäre als bei der schlichten einfachen Zählerei von Raketen und Panzern.
({9})
Ich darf am Ende meiner Ausführungen den Kollegen Stoltenberg noch einmal zitieren. Er schreibt in dem Interview mit dem „Rheinischen Merkur/ Christ und Welt": „Weitere Kürzungen unvermeidlich". Zitat:
Die Sparvorschläge der Union in Bundestag und Bundesrat beschreiben das jetzt Notwendige. Weitergehende Eingriffe bedürfen sehr gründlicher Untersuchungen über die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen.
Ich kann nur sagen: Fragezeichen. Wo ist denn das? Ich habe eben in den ganzen Unterlagen, die wir auf dem Tisch haben, verzweifelt versucht, die Kürzungsvorschläge der Union zu finden. Beim Zweiten Haushaltsstrukturgesetz sind sie nicht vorhanden.
({10})
- Sie sind nicht vorhanden. Bei der zweiten und dritten Lesung des Haushaltsstrukturgesetzes 1981 sind die Kürzungsvorschläge der Union nicht da. Ich gehe davon aus, daß der Bundesrat in seiner Sitzung auch nicht viel mehr auf den Weg bringen wird; bis jetzt war das jedenfalls so.
Ich wünsche den Kollegen im Bundesrat viel Glück, daß sie noch zu Entscheidungen kommen, die im übrigen auch die Länder und Gemeinden entlasten. Das sollen sie einmal machen. Der Bundesrat ist die Vertretung der Länder. Dann soll er einmal die Beschlüsse auf den Weg bringen, die die Länderhaushalte entlasten. Das sollen sie machen. Ich bin bereit, an dieser Stelle mitzumachen.
({11})
Ich bin jedenfalls bereit, und ich gehe davon aus, daß auch die Mehrheit dieses Parlaments bereit ist. Nur muß man mit den Vorschlägen einmal kommen.
Ich sage an der Stelle auch: Der Bundesrat wird sich schwertun, in vielen Fällen das Thema der sozialen Verträglichkeit nur an seiner Stelle zu diskutieren. Das ist übrigens ein Thema, das mich auch im Hinblick auf das Land Nordrhein-Westfalen so interessiert. Da wird immer erzählt, wir würden hier - das hat auch der Kollege Coppik versucht, der mit dem Kollegen Riedl in der Ablehnungsfront eine Koalition eingegangen ist - ({12})
- Ich nehme an, Herr Kollege Riedl, daß Sie den Kollegen Coppik nicht aufnehmen wollen.
({13})
Da wird behauptet, wir handelten hier sozial unverträglich. Ich aber sage: Die Länder müssen dieses Thema auch mit sich selbst ausmachen. Ich sehe natürlich auch, wie das Land Nordrhein-Westfalen mit seiner sozialdemokratischen Mehrheit Positionen kürzt, wovon nicht nur Bezieher hoher Einkommen, sondern auch die kleiner Einkommen betroffen werden. Deswegen finde ich es, wenn von sozialer Unverträglichkeit in Kumulation gesprochen wird, zu leicht dahingesagt, als ob das nur der Bundestag machen würde. Wir werden angesichts der Verteilungsspielräume, die wir nicht mehr haben, sozusagen vor niemandem haltmachen können; das geht eben nicht anders.
({14})
Das Problem ist, daß Verteilungskämpfe eben nicht einfach sind. Nur empfinde ich es als unehrlich, zu behaupten, daß wir diejenigen seien, die nur bei Beziehern kleiner Einkommen sozusagen zuschlagen würden. An Hand der Reaktionen auf dieses Thema, die auf meinen Schreibtisch gekommen sind, stelle ich fest, daß wir beim Einsparen offenbar an 90 oder 95 % nicht vorbeigegangen sind. Bisher hat sich noch niemand für die Einsparungen bedankt, aber alle haben sich beschwert.
Ich finde, auf diesem Wege sollten wir weitermachen. Wir mit unserer Mehrheit wollen das jedenfalls hinkriegen. Wieweit die Union mit dem Sachverstand des Bundesrates dabei mitmachen wird, bleibt den Überraschungen des Dezembers vorbehalten, dem Zeitraum zwischen Nikolaus und Weihnachten. Die Frage ist nur, wie teuer die Bescherung sein wird. - Vielen Dank.
({15})
Bevor ich weiter das Wort erteile, teile ich folgendes mit: Ich muß auf Grund des Stenographischen Berichts feststellen, daß der Herr Abgeordnete Wehner den Herrn Abgeordneten Dr. Riedl als „Flaschenkopf" bezeichnet hat.
({0})
Ich erteile Herrn Abgeordneten Wehner für diesen unparlamentarischen Ausdruck einen Ordnungsruf.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedmann.
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Ich war vorhin einigermaßen überrascht, als Herr Coppik hier als finanzDr. Friedmann
politischer Sprecher eines Teils der SPD-Fraktion auftrat.
({0})
Herr Kollege Walther, den ich sehr schätze, hat für den anderen Teil der SPD-Fraktion gesprochen. Ich kann also nachempfinden, daß es in der Koalition entsprechend schwierig ist, noch zu Vereinbarungen zu kommen.
Meine Damen und meine Herren, es geht mit darum, die finanziellen Dimensionen der Haushaltssicherungsgesetze, um die es ja heute geht, aufzuzeigen. Diese Haushaltssicherungsgesetze bringen eine Entlastung des Haushalts des Bundes und der Bundesanstalt für Arbeit von 11 Milliarden DM. Davon entfallen 4 Milliarden auf den Bundeshaushalt und 7 Milliarden auf die Bundesanstalt für Arbeit, wohlgemerkt: auf der Basis eines Beitrags von 3,5 % für Nürnberg. Aber: Wenn hier von Entlastungen die Rede ist, so wäre es ein Irrtum, zu glauben, daß seien Einsparungen. Ganz im Gegenteil! Gut die Hälfte dieser Entlastung wird nämlich durch Erhöhungen an anderer Stelle, nämlich durch Steuer- und Abgabenerhöhungen, hereingeholt,
({1})
und nur die andere Hälfte wird durch Einsparungen, durch Ausgabenkürzungen erzielt.
Nun wäre es ja immer noch schön, wenn diese Ausgabenkürzungen echt wären. Aber tatsächlich handelt es sich dabei in großem Umfang um „Verschiebebahnhöfe" innerhalb des ganzen öffentlichen Bereichs.
Wenn jetzt z. B. die Beiträge zur Rentenversicherung um einen halben Prozentpunkt gesenkt und die Beiträge für Nürnberg zunächst um einen halben und dann um einen weiteren halben Prozentpunkt erhöht werden, wenn man also bei der Rentenversicherung herunter- und bei Nürnberg raufgeht, dann reduziert man zwar den Zuschußbedarf für Nürnberg, aber in der Rentenversicherung fehlt das Geld.
({2})
Die Folge davon wird sein, daß die Mindestreserve bei der Rentenversicherung, die Schwankungsreserve, in drei Jahren auf eine Monatszahlung zurückgeht. Ich persönlich wäre nicht überrascht, wenn in drei Jahren nur noch für 14 Tage Geld in der Rentenkasse sein wird.
Oder: Wenn Sie z. B. sagen, durch Kürzung und Streichung der originären Arbeitslosenhilfe sparen wir 470 Millionen DM, dann ist dies nur die eine Seite der Medaille. Denn der gleiche Personenkreis findet sich doch wieder bei der Sozialhilfe, die die Gemeinden, die Städte, die Kreise zu bezahlen haben.
Oder Sie sagen, Sie wollten an anderer Stelle z. B. die Ausgaben für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen senken. Gut, ja, dann sinkt die Zahl der so Geförderten von 37 000 auf 7 000. Aber dafür steigen die Ausgaben für Arbeitslose; denn die 30 000 erscheinen j a wieder als Arbeitslose und kosten dort eben 600 Millionen DM, die Sie nirgends eingeplant haben.
Oder wenn Sie jetzt beschließen, daß die Beiträge zur Rentenversicherung für Wehrpflichtige und Zivildienstleistende nicht mehr nach 100 % des Durchschnittseinkommens aller Arbeitnehmer, sondern nur noch nach 75 % bemessen werden, dann entlasten Sie zwar den Verteidungsminister, aber das Geld fehlt in der Rentenkasse.
Es sind also Verschiebebahnhöfe innerhalb des gesamten öffentlichen Bereichs, die auch noch die magere Hälfte der Ausgabekürzungen in Zweifel stellen, die mit diesen Haushaltssicherungsgesetzen zusammenhängen.
Nun ist heute in der Presse zu lesen, daß in Nürnberg ein neues Loch entstanden sei, ein Milliardenloch. Es liegt mir sehr daran, im Detail dies hier zu begründen. Ich möchte vorausschicken, daß ich selbst in Nürnberg war. Ich habe mir dort an Ort und Stelle die Zahlen erarbeitet. Ich habe sie nach pflichtgemäßem Ermessen ermittelt und stehe zu diesen Zahlen.
({3})
- Jawohl, Frau Lepsius, Sie können mir das ruhig abnehmen. Ich lasse mich an diesen Aussagen im nächsten Jahr messen.
Ich möchte damit beginnen. Die Bundesregierung unterstellt, daß insbesondere das Arbeitsförderungs- Kostendämpfungsgesetz Einsparungen von 3 Milliarden DM bringe, wenn das Gesetz ab 1. Januar griffe. Aber dieses Gesetz hat seine endgültige Fassung erst Ende dieses Jahres. Die Bundesanstalt wird nicht in der Lage sein, von einem Tag auf den anderen die Gesetze so schnell umzusetzen, daß sie schon ab 1. Januar ziehen; das wird erst an 1. Juli der Fall sein. So wird die Einsparung bei diesem Komplex halt nicht bei 3 Milliarden, sondern nur bei der Hälfte, nämlich bei anderthalb Milliarden DM, liegen.
({4})
Ein zweiter Punkt. Sie haben unterstellt, verehrter Herr Ehrenberg, daß die sogenannte Empfängerquote im nächsten Jahr bei 57,5 % liegen werde, d. h., daß von 100 Arbeitslosen 57,5 Arbeitslosengeld beziehen würden. Zugegeben, die Quote schwankt, sie lag z. B. 1975 bei 65 %. Sie ist dann im Jahre 1980 heruntergegangen auf etwa 50 %. Sie wird in diesem Jahr bei 56 oder 57 % liegen. Aber wohlgemerkt, vom letzten Jahr auf dieses Jahr steigt die Quote um gute 5 %, und je mehr die Arbeitslosigkeit zunimmt, desto mehr wird die Quote zunehmen. Ein Prozentpunkt macht hier, Spitz auf Knopf gerechnet, 312 Millionen DM aus. Die Bundesanstalt hat mir bestätigt, auch sie rechne damit, daß die Quote im nächsten Jahr um 3 bis 4 % steigen werde. Das heißt, auch hier fehlt eine Milliarde DM.
({5})
Der Zuschuß für Nürnberg steht jetzt im Einzelplan von Herrn Ehrenberg nach neuesten Berechnungen mit 3,3 Milliarden DM. Dabei ist unterstellt,
daß die Arbeitslosenzahl bei 1,6 Millionen liege. Die Ermittlungen bei der Bundesanstalt zeigen, daß das Kieler Institut recht hat. Es werden also mehr Arbeitslose da sein. 100 000 Arbeitslose mehr als unterstellt im nächsten Jahr - soviel werden mindestens sein - kosten, sachte gerechnet, 1,2 Milliarden DM, die ebenfalls fehlen.
Ich habe vorhin gesagt, daß bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - kurz ABM - ein Verschiebebahnhof sei. Tatsächlich gehen die ABM zunächst herunter, aber es erscheinen 30 000 Arbeitslose mehr an anderer Stelle, die 600 Millionen DM kosten, wofür nichts vorgesehen ist.
Oder Sie setzen die Förderung der beruflichen Fortbildung von 80 % auf den Satz für einen Arbeitslosen herunter. Wer ist noch bereit, auf die Schulbank zu gehen, wenn er genau dasselbe bekommt wie ein Arbeitsloser, wie wenn er also zu Hause bleibt?
({6})
Das haben Sie nicht bedacht. Sie haben zwar die Kürzung einbezogen, aber nicht die Tatsache, daß die Leute länger Arbeitslosengeld beziehen werden. Und da fehlen Ihnen wieder 500 Millionen DM.
Ein letzter Punkt, der mir sehr wesentlich ist: Es war bisher seit Jahren Usus, daß die Gemeinden und Städte die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vorfinanziert haben. Die Leute haben dort gearbeitet, und irgendwann haben die Städte und Gemeinden die Rechnungen der Bundesanstalt vorgelegt. So hat die Bundesanstalt einen Berg von etwa 1,2 Milliarden DM vor sich hergeschoben.
({7})
Nachdem nunmehr darüber gesprochen wird, daß die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen fast ganz wegfallen sollen, werden die Städte und Gemeinden demnächst die Rechnungen auf einen Schlag vorlegen. Für die 1,2 Milliarden DM, die hier fakturiert werden, hat Nürnberg weder in dem Jahr noch im nächsten Jahr auch nur einen einzigen Pfennig.
({8})
- Das, was ich eben aufgezählt habe, macht zwischen 5,8 und 6 Milliarden DM aus, und zwar - um das noch einmal klar zu sagen - über die 3,3 Milliarden DM hinaus, die jetzt bei Herrn Ehrenberg als Zuschuß stehen. Das heißt, es fallen Ausgaben in Höhe von 5 bis 6 Milliarden DM zusätzlich an,
({9})
gerechnet auf der Basis von gut 1,6 Millionen Arbeitslosen und 4 % Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung sowie 120 000 fehlenden Beitragszahlern im nächsten Jahr. Dies alles ist hier also eingerechnet.
Herr Ehrenberg, Sie geben ja immer eine Stange Geld für Gutachten aus. Dafür vergeben Sie draußen Aufträge in Millionenhöhe. Die Gutachten verschwinden dann, Herr Ehrenberg, in Ihrer Schublade, in Schubladen Ihres Hauses. Hier fällt mir auf, verehrter Herr Minister Ehrenberg: Den Sachverstand, den Sie in ihrem eigenen Kompetenzbereich haben, z. B. in Nürnberg, nutzen Sie nicht.
({10})
Sie fragen und lachen in Ihrer bekannten Art.
({11})
- Ich habe keine Zeit, Kollege Riedl. Ich muß gleich Schluß machen.
Sie fragen und lachen in Ihrer bewährten Art. Das Lachen ist als zynisches Lachen im ganzen deutschen Volk bekannt.
({12})
Ich möchte Ihnen sagen: Das weiß ich aus vielen Gesprächen mit leitenden Herren und Mitarbeitern in Nürnberg. Und um das Maß vollzumachen: Vor zehn Minuten hat der Vizepräsident der Bundesanstalt hier angerufen und hat mir ausrichten lassen, die Zahlen, die ich eben genannt habe, würden offiziell von Nürnberg aus alle dementiert werden. Daß dies auf politischen Druck hin geschehen ist, verehrter Herr Ehrenberg, liegt für mich klar auf der Hand.
({13})
Aber das eine kann ich Ihnen sagen: Diese Dementis werden kurze Beine haben. Als ich hier heraufging, bekam ich die Berechnung eines Bundeslandes zugesteckt, das von einer anderen Warte her genau zum gleichen Ergebnis gekommen ist wie ich.
({14})
Ihnen, lieber Herr Finanzminister Matthöfer, möchte ich bei dieser Gelegenheit noch sagen - ich habe es gestern schon angesprochen -: Sie haben vor ein paar Tagen im Bundesrat gesagt, während Ihrer Amtszeit würde der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung nicht über 3,5 % hinaus erhöht. Ich habe das Zitat da. Ich lese es Ihnen gerne wieder vor. - Und wenige Tage später haben Sie im Kabinett mit beschlossen, daß der Beitragssatz auf 4 % erhöht wird. Herr Matthöfer, hier geht es auch um Ihre ganz persönliche Glaubwürdigkeit.
({15})
Wenn alles so wahr ist wie das, was Sie uns hier vorgemacht haben
({16})
und das, was der Herr Ehrenberg bisher gesagt hat, dann können wir uns auf das gefaßt machen, was ich Ihnen eben hier vorgerechnet habe und wozu ich stehe.
Ich kann nur mit Norbert Blüm sagen: Wenn das eine Sanierung ist, dann ist ein Banküberfall ein Kreditgeschäft. - Danke schön.
({17})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Cronenberg.
({0})
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure es, daß Sie nicht den Herrn Ehrenberg, sondern den Herrn Cronenberg hier stehen haben. Ich bitte Sie, auch mit mir vorlieb zu nehmen.
({0})
Ich habe auch Verständnis dafür, daß Sie die Formulierung des Ehrensenators Blüm - Ehrensenator deswegen, weil hauptamtlich für die Sozialausschüsse tätig und nebenamtlich für den Berliner Senat ({1}) mit soviel Beifall beklatscht haben.
({2})
Ob es richtig ist, möchte ich Ihrer kritischen Oberprüfung überlassen. Ich bin sicher, Sie kommen zu einem vernünftigen Ergebnis.
({3})
Herr Kollege Riedl hat heute morgen den Eindruck zu erwecken versucht, als ob wir sozusagen auf einer Insel der Seligen, auf einer Insel des Friedens leben könnten, unabhängig von außenwirtschaftlichen Entwicklungen. Herr Kollege Riedl, Sie sind da nicht alleine. Man hört diese Argumentation aus den Reihen der Opposition immer wieder. Ich bitte Sie, doch einmal zur Kenntnis zu nehmen, daß dieses Land, die Bundesrepublik Deutschland, ausgestattet mit dem höchsten Lebensstandard dieser Erde, nach wie vor das exportabhängigste Land der Welt ist. Wer hier die Behauptung aufstellt, die Bundesrepublik Deutschland könnte sich von den außenwirtschaftlichen Bedingungen abkoppeln, irrt. Herr Kollege Riedl, wer falsche Analysen zur Grundlage seiner Überlegungen und Entscheidungen macht, der muß zu falschen Schlußfolgerungen kommen.
({4})
Insofern, Herr Kollege Riedl, nehmen wir Ihnen Ihre Schlußfolgerungen nicht übel, denn sie basieren eben auf falschen Analysen.
Wir bestreiten nicht, daß sich dieses Land und seine Volkswirtschaft in einer sehr ernsten Situation befinden. Wir bestreiten nicht, daß wir erhebliche Probleme zu lösen haben.
({5})
Uns, diesem Land, dieser Bundesregierung, dieser Koalition bläst der Wind ins Gesicht. Das wird nicht bestritten.
({6})
Aber wir leugnen diese Probleme eben nicht, sondern wir packen sie an
({7}) und versuchen, sie zu lösen.
({8})
Wir tun dies auch dann, meine Damen und Herren, wenn wir uns dabei nur partiell Ihrer Unterstützung erfreuen können.
({9})
Ich möchte es aber nicht versäumen, mich zumindest für diese partielle Unterstützung bei Ihnen zu bedanken. Denn eines ist nicht zu leugnen: Die Kooperationsbereitschaft der Kollegen der CDU/CSU - zumindest, was die Verfahrenstechnik in den Ausschüssen anbelangt - ist aus meiner Sicht durchaus respektabel und lobenswert.
({10})
Sie mag darauf zurückzuführen sein, daß das eigene Konzept, soweit vorhanden, in der Sache umstritten ist.
Worum geht es uns? - Es geht uns darum, durch dieses Paket von Gesetzen, über das Sie und wir abzustimmen haben, diesen Haushalt so zu konsolidieren, daß die Voraussetzungen für eine solide Wirtschaftsentwicklung, für eine solide D-Mark und damit für mehr Beschäftigung in diesem Lande geschaffen werden. Dabei ist es ja nicht nur dieser Bundeshaushalt, sondern dabei sind es ebenso die Haushalte von Ländern und Gemeinden, die konsolidiert werden müssen. Dabei ist natürlich für jemanden, der Wirtschaftspolitik, Finanzpolitik und Sozialpolitik als Einheit betrachtet, ganz selbstverständlich, daß die Haushalte der Rentenversicherungsträger, der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg und die Kosten im Gesundheitswesen in die Überlegungen einbezogen werden müssen.
Richtige Analyse bedeutet, erstens noch einmal festzustellen, daß es eine explosionsartige Erhöhung der Ölpreise gibt. Im Jahre 1978 haben wir 30 Milliarden DM für diesen Rohstoff ausgegeben und im Jahre 1980 eben 60 Milliarden DM. Wir müssen dafür Sorge tragen, daß die Wirtschaft umstrukturiert wird, um mit diesen Anforderungen fertigzuwerden.
Aber, meine Damen und Herren, es ist auch festzustellen, daß dieses Land ein Stück seiner volkswirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit verloren hat, weil die Sozialleistungsquote, die Summe aller Ausgaben für soziale Leistungen, im gesetzlichen wie im privaten Sektor, von 20 % des Bruttosozialproduktes 1960 auf 30 % des Bruttosozialproduktes 1980 gestiegen ist.
({11})
Wenn ich hier sage, wir müssen die Probleme in gemeinsamer Verantwortung lösen, dann sage ich dies
mit einem besonderen Appell an die Opposition; denn Sie wissen am allerbesten, daß Sie, insbesondere in der Zeit der großen Koalition, die entscheidenden Weichen für die Steigerung dieser Soziallastquote gestellt haben.
({12})
Ich erinnere hier beispielhaft an die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die schließlich von Ihnen als soziale Großtat gefeiert und von uns - auch da befinden wir uns in der Kontinuität unserer Argumentation - nach wie vor kritisch betrachtet wird. Wer diese Weichen mit gestellt hat, wer sogar die Ursachen gesetzt hat, daß die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft gesunken ist, daß wir zuviel konsumiert und zuwenig investiert haben, sollte sich in der Pflicht der Verantwortung zur Regelung der Folgen befinden.
({13})
Wir haben zur Konsolidierung des Haushaltes dieses Haushaltsstrukturgesetz und die Einzelgesetze vorgelegt und damit den Versuch unternommen, jene Weichenstellung vorzunehmen, die notwendig ist, damit wir auf die Herausforderungen, die uns von außen aufgezwungen worden sind, richtig reagieren, d. h. die Wettbewerbsfähigkeit dieser Volkswirtschaft dadurch wiederherzustellen, daß wir, wo immer möglich, die Kosten senken. Hier muß deswegen gesagt werden, daß die Ausgaben für soziale Leistungen, egal, ob es sich um Versicherungsbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder um freiwillige Leistungen z. B. im Bereich der betrieblichen Altersversorgung, oder um BAföG oder um Wohngeld handelt, in ihrer Höhe und Wirksamkeit überprüft werden müssen. In Zukunft darf das Wachstum für diese Sozialausgaben nicht höher sein als das Produktivitätswachstum der Wirtschaft. Deswegen haben wir die Eingriffe genau an diesen Stellen vorgenommen, und wir sind davon überzeugt, daß dies ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist.
Wir wissen, daß dies nicht einfach ist. Wir wissen, daß die Lösung der Probleme draußen durchaus zu unangenehmen Auseinandersetzungen führt. Aber weil wir auch davon überzeugt sind, daß die Lösung nicht in einer Politik des scheinbaren Nachgebens gegenüber populären Forderungen liegt, sondern daß entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt werden müssen, verfahren wir so.
Wer dies kritisch betrachtet - dies ist Ihr gutes Recht, wenn nicht Ihre Pflicht, meine Damen und Herren von der Opposition - der sollte sich allerdings auch in Erinnerung zurückrufen, wie er in grundsätzlich vergleichbarer Situation gehandelt hat. Ich meine die Zeit nach 1966. Ihre damalige Antwort lautete: eine Ergänzungsabgabe, d. h. Steuererhöhungen. Ihre Antwort lautete damals: Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge von 14 auf 18 %. Ihre Antwort lautete, wie schon gesagt: Einführung der arbeitsrechtlichen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die uns heute so ungewöhnliche Probleme macht. Sie sehen, daß Sie, vor die gleiche Problematik gestellt, Antworten gegeben haben, von denen wir nach wie vor glauben, daß sie falsch waren und falsch sind. Wir haben uns, wie ich meine, mit beachtlichem Erfolg bemüht, in dieser Situation die richtigen Antworten zu geben. Die Tatsache der soeben erwähnten partiellen Zustimmung zu unseren Vorschlägen ist auch ein Beweis dafür, daß Sie dies in einem beachtlichen Umfang anerkennen.
Nun wird immer wieder dargelegt, daß ein Beschäftigungsprogramm die Lösung aller Dinge ist.
({14})
Lassen Sie mich in aller Deutlichkeit hier erklären, daß wir am allerwenigsten diejenigen sind, die in diesem Land Beschäftigung verhindern wollen oder leichtsinnig Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen. Das Gegenteil ist der Fall. Das Ziel all unserer politischen Überlegungen und der hier konkret vorliegenden Maßnahmen ist es, die Beschäftigungssituation in diesem Lande zu verbessern, die Arbeitslosigkeit zu vermindern. Dies kann nur dadurch geschehen, daß die Investitionskraft dieses Landes, die Investitionsbereitschaft dieses Landes gefördert wird.
({15})
Das geschieht durch die Tatsache, daß Abschreibungserleichterungen geschaffen werden, durch die Tatsache, daß investitionsfördernde Maßnahmen in das Sparpaket aufgenommen worden sind, und das geschieht dadurch, daß die Konsolidierung dieses Haushalts durch das vorliegende Gesetzespaket dazu führen soll und, wie ich hoffe, wird, daß der Wert der D-Mark steigt.
({16})
Die Veränderung der Relation zwischen Dollar und D-Mark ist der einzige Weg, die einzige Chance, uns von der Hochzinspolitik der Amerikaner abzukoppeln. Eine aufwertungsverdächtige D-Mark gibt uns und der Bundesbank die Möglichkeit, für Zinssenkung in diesem Lande zu sorgen. Deswegen sind alle vorgeschlagenen Maßnahmen der einzig richtige und vernünftige Weg, diesem Lande mehr Beschäftigung zu geben. Wir brauchen keine zusätzlichen Programme, wir brauchen das, was wir tun: eine vernünftige Politik, die es uns erlaubt, weniger zu konsumieren und mehr zu investieren.
({17})
Das erhöht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Das erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und schafft Arbeit.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Haase ({0})?
Herr Kollege, glauben Sie, daß zu Ihrer in weiten Bereichen sicherlich richtigen Diagnose eine Nettoneuverschuldung von fast 40 Milliarden in diesem Jahr paßt, besonders im Hinblick auf die von Ihnen erwähnten Zinssenkungsmöglichkeiten am deutschen Kapitalmarkt?
Herr Kollege Haase, wenn die Nettoneuverschuldung dieses Jahres nach unserer Erkenntnis kein die Entwicklung dieser Wirtschaft bedrückender Faktor wäre, dann hätten wir - wie
mancher von uns verlangt hat, leichtsinnig verlangt hat, wie ich meine - uns bereiterklärt, die Nettoneuverschuldung des Jahres 1982 zu erhöhen, nachdem neue Probleme aufgetreten waren. Weil wir den Zusammenhang zwischen der Nettoneuverschuldung dieses Jahres und ihren nachteiligen Folgen sehen, auch deswegen stehen wir hier und legen Ihnen die Gesetze vor, damit Sie die Chance haben, die notwendigen Änderungen mit zu bewirken, damit dieser Zustand verändert wird, den Sie mit Recht beklagen.
({0})
Insofern möchten wir Ihnen dieses unser Angebot wärmstens empfehlen.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Herr Abgeordneter? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Haase.
Sie machen deutlich, daß Sie das Problem sehen und daß Sie es abstellen wollen. Nur darf ich fragen: wie paßt denn in die gewonnene Erkenntnis die Inanspruchnahme des Bundesbankgewinnes in seinem ganzen Umfang von 10 Milliarden DM hinein, der ja volkswirtschaftlich - darüber gibt es zwischen uns beiden sicher keinen Streit - die Wirkung einer Nettoneuverschuldung hat, die gleichen problematischen Auswirkungen für den Kapitalmarkt wie die Verschuldung von etwa 40 Milliarden im Jahre 1981?
Herr Kollege Haase, ich bedaure, daß es über die von Ihnen getroffene Definition in der Tat einen gewissen Streit gibt. Soweit dieser Bundesbankgewinn zum Ausgleich konjunkturell bedingter Steuermindereinnahmen verwandt wird - und es ist der Löwenanteil -, halte ich mit den meisten Wirtschaftswissenschaftlern dieses Landes die Verwendung in dem vorgesehenen Sinne nicht nur für erträglich, sondern geradezu für angemessen in dieser speziellen Situation.
({0})
Ich muß nun leider zum Schluß kommen. Wenn wir durch die Vorlage dieser Gesetze, die Grundlage des Haushalts sein sollen, den Trend geändert haben, den Trend nämlich, den Haushalt überproportional auszuweiten, die Sozialausgaben überproportional auszuweiten, wenn wir die Weichen in die richtige Richtung gestellt haben, dann sind wir der uns selbst gestellten Aufgabe gerecht geworden. Dabei mag dem einen oder anderen diese oder jene Formulierung nicht passen. Wir jedenfalls wissen: wenn die Maßnahmen - verursacht durch jemanden, der ab und zu als „Wirtschaftsgraf" bezeichnet wird - die Investitionsfreudigkeit unserer Wirtschaft erhöhen, dann finden wir das gut und richtig. Er bemüht sich, daß der Schornstein raucht, daß im Lande gearbeitet werden kann. Dafür sind wir dankbar. Wir betrachten daher den Ausdruck „Wirtschaftsgraf", wenn Sie so wollen, als einen Ehrentitel, und wir hoffen sehr, daß er diesem Titel gerecht wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Glombig.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Haase fürchtet, daß die großen Enthüllungen kommen. Aber Herr Friedmann hat ja den Schornstein schon rauchen lassen, allerdings in eine ganz andere Richtung.
({0})
Ganz seriös war das nicht mit dem Rat, eine Bank oder ein anderes Kreditgeschäft zu überfallen. Aber über Geschmack läßt sich gar nicht streiten.
({1})
Ich weise von vornherein für alle hörbar darauf hin, daß der Arbeitsminister im Zusammenhang mit der Debatte über das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz - da gehört das hin - natürlich zu den Behauptungen von Herrn Friedmann, was die künftigen Belastungen des Staatshaushalts angeht, heute nachmittag im Rahmen dieser Debatte Stellung nehmen wird. Das wird geschehen. Also wird niemand kneifen.
Im übrigen muß ich mich immer wieder über die Doppelzüngigkeit der Vertreter der CDU/CSU in einem Punkt wundern. Ich komme darauf später etwas konkreter zu sprechen, will es aber bereits jetzt sagen, Herr Kollege Friedmann. Auf der einen Seite beklagen Sie mit bewegten Worten Abstriche von Sozialleistungen, von denen wir glauben ({2})
- Ja doch! Das haben Sie gemacht. Ich habe doch zugehört. Jedenfalls mußte dieser Eindruck entstehen. Es geht um Abstriche von Sozialleistungen, von denen wir glauben, daß sie vertretbar sind. Ich komme darauf noch zu sprechen. Auf der anderen Seite kann das Ihren Freunden im Bundesrat, übrigens auch Ihren Freunden von der Führung der CDU/CSU-Fraktion, die draußen Reden halten, überhaupt nicht weit genug gehen. Darin liegt der Widerspruch, von dem ich glaube, daß er auch der Öffentlichkeit offengelegt werden muß.
({3})
Ich beschränke mich im Rahmen dieser verbundenen Debatte, die ja den Gesamtkomplex betrifft, auf einige grundsätzliche Bemerkungen zu den sozialpolitischen Aspekten im Rahmen der vorgelegten Konsolidierungsgesetze. Ich versuche aber auch hier, das Notwendige zu sagen.
Ich kann wohl mit Verständnis rechnen, wenn ich sage - und das entspricht meiner Überzeugung -, daß ich als Sozialpolitiker diesem Konsolidierungspaket nicht aus Begeisterung zustimme, sondern weil die finanzpolitische Notwendigkeit von Einsparungen unbestreitbar ist - auch von seiten der Sozialpolitiker in der SPD-Fraktion unbestreitbar ist - und die in der sozialliberalen Koalition gefundene Kompromißlösung ohne Alternative ist.
Auf diese Feststellung lege ich besonderen Wert, weil wir bei der Beratung der Konsolidierungsgesetze - ich nehme das für mich und meine Kollegen in Anspruch - mit sehr großem Fleiß und sehr großer Akribie vorgegangen sind und feststellen konnten, daß es weder von seiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion noch von seiten des Bundesrats eine brauchbare Alternative gibt. Das ist die entscheidende politische Feststellung in diesem Zusammenhang.
({4})
- Herr Coppik hat seine persönliche Meinung. Ich denke, Sie unterstützen eine solche Möglichkeit. Wenn nicht, dann müssen Sie es lauter sagen.
Die Opposition war unfähig, ein geschlossenes Sparkonzept samt dem dazugehörigen Zahlenwerk zu erarbeiten. Was an Einzelvorschlägen aus der Opposition gekommen ist, kann man nur als im höchsten Maß unsozial bezeichnen.
Die Sozialpolitik trägt die Hauptlast der Haushaltskonsolidierung. Das kann niemand bestreiten. Die Leistungskürzungen im Sozialbereich betragen über 6 Milliarden DM. Hinzu kommen noch rund 3 Milliarden DM für die Beitragserhöhung in der Arbeitslosenversicherung, die in voller Höhe der Entlastung des Bundeshaushalts dienen soll.
Die vorgesehenen Einschnitte sind vertretbar angesichts der Tatsache, daß der finanzielle Rahmen für Sozialleistungen enger geworden ist. Auch das ist unbestreitbar.
({5})
- Ich habe nicht das Gegenteil gesagt; das müßten Sie mir einmal nachweisen. Ich werde aber noch sagen, was ich vor drei oder vier Wochen gesagt habe.
({6})
- Die Bundesregierung hat das auch nicht gesagt. Ich habe das auch nicht gesagt. Das müßten Sie etwas konkreter machen, Herr Kollege Pohlmann.
Die Beseitigung der Mißbrauchsmöglichkeiten beim vorgezogenen Altersruhegeld für Arbeitslose und bei der Sozialversicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte, die Bekämpfung von illegaler Beschäftigung sowie das Verbot der Leiharbeit im Baubereich sind ausgesprochen positiv zu werten. Ich finde, das sollten wir auch im Interesse der Sache tun.
({7})
Es gibt in dem Paket aber auch Maßnahmen - ich will das nicht leugnen -, die aus sozialdemokratischer Sicht an der Grenze des Vertretbaren liegen. Ich denke dabei vor allem an die Einschränkung der berufsqualifizierenden Leistungen und an die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit. Wenn es stimmt, daß unsere Volkswirtschaft vor schwierigen Anpassungsproblemen steht
- das wird j a wohl nicht bestritten - und daß sie auf Grund der Weltmarktabhängigkeit in besonderem Maße auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen ist, dann ist es notwendig, diese Kürzungen, soweit es sozialpolitisch sinnvoll ist, wieder rückgängig zu machen, sobald es die Finanzlage erlaubt.
Wenn ich das Konsolidierungspaket in seiner gesamten Wirkung bewerte, dann ist für mich das Ergebnis eindeutig. Mit diesen Gesetzen ist praktisch die Grenze der Streichung von Sozialleistungen erreicht. Deshalb möchte ich noch einmal unterstreichen, was der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion vor gut zwei Monaten gesagt hat: „Die angestrebte große Wende hat nicht stattgefunden und wird mit uns auch nicht stattfinden."
Die Schlußfolgerung muß also lauten: Einen Einschnitt in das Arbeitslosengeld und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall können wir nicht zulassen.
({8})
Meine Damen und Herren, der Mißbrauch von Sozialleistungen muß bekämpft werden - ich glaube, auch das ist unbestritten -, denn er untergräbt die Solidarität. Das ist vor allem eine Verpflichtung für Sozialdemokraten. Allerdings gibt es Mißbrauch nicht nur bei den Sozialleistungen, sondern auch und bestimmt in viel größerem Umfang bei den Steuern und bei den Subventionen. Eigentlich ist es doch - der Kanzler hat das mit anderen Worten vor einiger Zeit ausgedrückt - ein Skandal, daß sich die Mißbrauchsdiskussion einseitig auf Arbeitslose, Kranke und Sozialhilfeempfänger bezieht und von Steuerhinterziehung und Subventionserschleichung - so möchte ich es einmal nennen - kaum geredet wird.
({9})
Wie gesagt: Mit uns Sozialdemokraten muß man über die Bekämpfung des Mißbrauchs von Sozialleistungen nicht streiten. Wir sind dafür, und die vorliegenden Gesetzentwürfe leisten ja auch einen sehr wesentlichen Beitrag zur Mißbrauchsbekämpfung. Aber Mißbrauchsbekämpfung darf kein Vorwand für einen Leistungsabbau sein.
({10})
Hier müssen wir eventuell bestehende unterschiedliche Positionen sichtbar machen.
Leistungsabbau trifft alle, meine Damen und Herren, auch die vielen Millionen, die keinen Mißbrauch treiben und keinen Mißbrauch treiben können und die die Sozialleistungen nötig haben.
({11})
Mißbrauchsbekämpfung muß sich gezielt auf diejenigen Fälle richten, bei denen Mißbrauch vorkommt. Das sind immer noch genug Fälle.
({12})
- Beim Kindergeld ist das ganz sicher kein Mißbrauch. Das hat auch niemand behauptet. Aber dann
machen Sie doch einmal brauchbare Vorschläge, daGlombig
mit wir das Sparziel, das Sie doch auch erreichen wollen, tatsächlich erreichen.
({13})
Dann stimmen Sie doch endlich der Abschaffung des steuerlichen Kinderbetreuungsfreibetrages zu. Das wäre ein Weg, die Reichen nicht noch reicher zu machen und diejenigen in den Genuß der Leistungen zu setzen, die auf sie angewiesen sind.
({14})
Da haben Sie mir gerade das richtige Stichwort gegeben. Das ist für Sie kein Ruhmesblatt.
({15})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gerster?
Ich möchte meine Rede fortsetzen, um mir nachher nicht sagen zu lassen, Herr Präsident, daß meine Redezeit abgelaufen sei, die in Anbetracht der Bedeutung dieses Themas ohnehin reichlich kurz ist. Ich möchte mich jetzt auf das konzentrieren, was hier im Zusammenhang vorgetragen werden muß.
({0})
- Ich möchte einmal wissen, wer hier scheinheilig ist. Mir wollen Sie das doch wirklich nicht unterstellen, nicht wahr?
Um das Ziel, das ich eben angesprochen habe, zu erreichen, müssen Schlupflöcher gestopft, Leistungsvoraussetzungen präziser gefaßt und Kontrollen verbessert werden. Das ist meine Überzeugung. Hierzu bedarf es allerdings - ich hoffe, daß es dazu kommt - einer engen Zusammenarbeit aller politischen Kräfte in diesem Hause. Aber pauschaler Leistungsabbau ist als Instrument für Mißbrauchsbekämpfung völlig ungeeignet. Wer pauschalen Leistungsabbau will - ich meine vor allem im Hinblick auf eine Leistung mit einer Lohnersatzfunktion, die Sie mit anderen Leistungen nicht gleichsetzen können; übrigens habe ich immer gedacht, daß das auch Ihrer Philosophie entspricht, aber ich habe mich da inzwischen eines anderen belehren lassen müssen -, soll das offen sagen und begründen.
({1})
- Ich sage: im Zusammenhang mit der Lohnersatzfunktion. Dazu haben Sie sich noch nicht geäußert. Ich bitte, das etwas differenzierter zu sehen. Das ist nämlich der springende Punkt, um den es geht, soweit es bei Ihnen überhaupt eine sozialpolitische Philosophie gibt.
({2})
Derjenige, der einen pauschalen Leistungsabbau will, soll das also offen sagen und begründen, sich aber nicht auf Mißbrauchsbekämpfung berufen und sich damit herausreden. Wir werden das jedenfalls nicht mitmachen.
Die jetzt vorgesehenen Kürzungen im Sozialbereich dürfen auf keinen Fall in eine Abkehr vom Sozialstaat münden.
({3})
- Wir werden j a sehen, was Sprüche sind. Wir haben das auch in den Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung gesehen. Ich finde, Sie können das am allerwenigsten beurteilen.
Durch generellen Abbau von Sozialleistungen kann die Wirtschaft außerdem nicht wieder angekurbelt werden. Ich glaube, auch das wird bei uns immer mehr zur Überzeugung. Die Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise zu Anfang der 30er Jahre und neuerdings die Erfahrungen in Großbritannien - wir fürchten, auch die neueren Erfahrungen in den USA - zeigen deutlich, daß eine solche Politik nicht nur einseitig zu Lasten der sozial Schwachen und der Arbeitnehmer ginge, sondern daß sie auch zusätzliche Arbeitslosigkeit produzieren würde.
({4})
Was wir brauchen, ist eine energische Aktivität zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
({5})
Ich befinde mich hier in einem Gegensatz zu meinem Vorredner. Aber die Koalition besteht immer noch aus zwei verschiedenen Parteien, und diese müssen die Möglichkeit haben, auch innerhalb der Koalition ihre Positionen deutlich zu machen. Trotzdem glaube ich, daß es in der Koalition noch recht gut funktioniert.
({6})
Meine Aufgabe als Sozialpolitiker kann es nicht sein - ich bin auch nicht so vermessen -, im einzelnen Vorschläge für den Einsatz und die Finanzierung wirtschaftspolitischer Instrumente zu machen. Ich meine, hier sind vor allem die Phantasie und die Tatkraft der Wirtschafts- und Finanzpolitiker aller Fraktionen gefragt. Ich kann nur darauf hinweisen, daß es unsinnig und auch nicht zu bewältigen wäre, auf Massenarbeitslosigkeit in der heutigen Größenordnung - das ist sehr wahrscheinlich ja auch die Größenordnung von morgen - mit rein sozialpolitischen Mitteln zu antworten, d. h. durch Unterstützung von Arbeitslosen.
({7})
Häufig wird versucht - ich habe das heute hier wieder gehört -, die Forderung nach beschäftigungspolitischen Maßnahmen mit dem Argument vom Tisch zu wischen, daß so etwas nicht finanzierbar sei. Aber ich bin überzeugt, meine Damen und Herren, darin steckt ein Irrtum. Arbeitslosigkeit verursacht auf jeden Fall Kosten, so oder so. Und sie sind unumgänglich, entweder für die Beitragszahler, wie wir es jetzt erleben, mit der Erhöhung um den halben Beitragsprozentsatz in der Arbeitslosenversicherung, oder für den Steuerzahler - da sind ja verschiedene Anregungen gemacht und verworfen worden - oder für die Arbeitslosen selbst - ich finde, das ist immer das allerschlimmste -, falls man ihre Leistungen beschneidet bzw. beschneiden will.
Oder aber, und dies wäre nach meiner Auffassung der richtigere Weg, indem man ein Beschäftigungsprogramm macht, sei es ein Investitionsprogramm, seien es Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, seien es Arbeitszeitverkürzungen jeder Art. Niemand wird uns davon befreien, uns darüber konkrete Gedanken zu machen und zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen.
({8})
Wenn wir uns um diese Aufgabe herumdrücken, werden wir es in absehbarer Zeit bitter bereuen müssen.
Jeder muß anerkennen, daß die Konsolidierungsgesetze auch investitions- und beschäftigungsfördernde Maßnahmen enthalten. Die Arbeitsmarktprobleme sind aber so groß, daß sie nicht ausreichen werden. Gesetzt den Fall, durch beschäftigungspolitische Abstinenz, wie sie uns immer wieder empfohlen wird, durch rigoroses Sparen, wie es uns auch immer wieder empfohlen wird, und durch eine sogenannte Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Unternehmer könnte das Wirtschaftswachstum wieder in Schwung gebracht werden - dies einmal unterstellt, und ich hoffe das sehr -, dann könnten wir dennoch dadurch allein der Arbeitslosigkeit leider nicht Herr werden. Selbst bei einem relativ kräftigen realen Wirtschaftswachstum hätten wir für die ganzen 80er Jahre mit hoher Arbeitslosigkeit zu rechnen. Die Ursache dafür ist vor allem der Zustrom geburtenstarker Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt. Die Marktkräfte allein, wenn wir sie noch so sehr schätzen, sind durch dieses Problem überfordert, was uns zu politischen Konsequenzen - ({9})
- Sie haben immer recht gehabt, insbesondere Sie, das merke ich nun schon zum zweiten Male hier.
({10})
Ich habe gesagt und will es noch einmal unterstreichen - und ich wäre ganz froh, wenn Sie das unterstützten -, daß die Marktkräfte allein durch dieses Problem überfordert seien - das wollen Sie doch nicht bestreiten -,
({11})
was uns zu politischen Konsequenzen für die ganzen 80er Jahre zwingen wird, und zwar zu gemeinsamen Konsequenzen. Glauben Sie doch nicht, daß Sie sich davor drücken könnten.
({12})
Das ist doch ein Irrtum. Die gesellschaftsverändernde Qualität, die von andauernder Millionen-Arbeitslosigkeit ausgeht, wird alle politischen Kräfte letztlich zu konstruktiver Zusammenarbeit zwingen, davon bin ich überzeugt.
({13})
Im übrigen wird sich die SPD-Bundestagsfraktion im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens entschieden dagegen wehren, daß die sozialpolitische Streichliste der Union und der Bundesratsmehrheit - hoffentlich haben Sie sich das mal angeguckt, damit Sie immer erfreut und gestärkt in solche Diskussionen gehen, weil Sie ja das Gegenteil wollen, wie Sie behauptet haben, wie eben Herr Friedmann - Wirklichkeit wird.
Wir sind gegen weitere Einschränkungen, um das deutlich zu sagen, bei der Ausbildungsförderung, weil das eine Rückkehr zu den Bildungsprivilegien der bürgerlichen Klassengesellschaft wäre.
({14})
Und lassen Sie mich das auch einmal aus einer gewissen Erbitterung heraus sagen, wenn ich daran denke, welche gemeinsame Mühe wir uns im Bereich der Sozialhilfe hier gegeben haben: Wir sind erst recht gegen den geradezu brutalen Streichkatalog des Bundesrates zur Sozialhilfe, weil wir es für zynisch halten, ausgerechnet auf dem Rücken der Ärmsten der Armen zu sparen, während Spitzenverdiener verschont bleiben.
({15})
Und lassen Sie mich in dem Zusammenhang sagen: Besonders auch bezogen auf programmatische Gedankengänge früherer Parteitage der CDU muß mich das sehr in Erstaunen setzen. Hier fehlt - so meine ich - jedes sozialpolitische Augenmaß. Die CDU/CSU ist hinter die Prinzipien ihrer eigenen Sozialhilfegesetzgebung von 1962 zurückgefallen und bewegt sich in Richtung auf die alte obrigkeitliche Armenfürsorge.
Wir sind auch gegen die von der Bundesratsmehrheit geforderte sofortige Rentenkürzung über einen Rentnerkrankenversicherungsbeitrag ab 1982 um 2 oder 3 %, wie es dort heißt. Bei diesem Punkt ist der politische Purzelbaum der Union wirklich erstaunlich. Meine Damen und Herren, jahrelang haben Sie in schärfsten Tönen - wir können uns daran sehr gut erinnern - gegen die vorübergehende Aussetzung der bruttolohnbezogenen Rentenanpassung polemisiert. Herr Kollege Franke, stimmt das? Jetzt, wo wir zur Bruttoanpassung zurückkehren - da haben wir sogar noch Ihre Zustimmung bekommen, obwohl Sie im Grunde genommen dieses Gesetz wegen der Beitragspflichtigkeit von zusätzlichen Alterseinkommen ja ablehnen wollten -, wollen Sie ohne Not davon abgehen. So ist es.
Wir sind schließlich auch gegen die vom CDU-Vorsitzenden Kohl auf dem Hamburger Bundesparteitag erhobene Forderung nach Einschränkungen der Lohnfortzahlung und nach Selbstbeteiligung im Krankheitsfall, weil wir diese Forderung gesundheitspolitisch für verfehlt und verteilungspolitisch für unmöglich halten.
({16})
Ein Karenztag kann in die Familienkasse eines Facharbeiters ein Loch von über 100 DM reißen. Das ist ja nun wirklich nicht von schlechten Eltern. Dazu soll noch die Beteiligung an den Behandlungskosten
kommen, ohne daß von der CDU von irgendwelchen Einschränkungen bei den Einkommen von Ärzten und Zahnärzten, die ohne weiteres das Fünffache oder mehr eines Arbeiterlohnes erreichen können, die Rede wäre - noch nicht einmal von einer Begrenzung der Zuwächse, wie sie die Koalition im Rahmen ihres jüngsten Kostendämpfungsprogrammes erreicht hat.
({17})
- Die Anträge zeigen das ganz deutlich. Darauf wird der Kollege Egert heute nachmittag eingehen.
Was bei dem kleinen Mann also als Stärkung der Mitverantwortung nach Meinung der CDU recht ist, weil es angeblich die Leistungsbereitschaft fördert
- man achte auch einmal auf die Wortwahl -, fällt nach den Vorstellungen der CDU bei den Spitzenverdienern offenbar unter den Begriff des Dirigismus und ist daher leistungsfeindlich. So können sich die Bilder in der gesellschaftspolitischen Darstellung und Beurteilung von seiten der CDU verändern.
({18})
- Ihr habt Vorschläge gemacht, und zwar programmatische aus dem Munde des Bundesvorsitzenden der CDU, Herrn Kohl. Deswegen möchte ich hier mit aller Deutlichkeit unterstreichen,
({19})
was da für Vorschläge gemacht worden sind. Ich hatte eigentlich mehr Mut von seiten der Redner der CDU erwartet, zuzugeben: Das sind unsere Vorschläge, dafür streiten wir. Davon haben wir heute morgen nichts gehört, bis jetzt jedenfalls nicht.
Wir appellieren an die Unionsmehrheit im Bundesrat, bei dem bevorstehenden schwierigen Vermittlungsverfahren auf die Durchsetzung solcher unsozialen Forderungen zu verzichten.
({20})
- Ich lasse in diesem Falle eine Zwischenfrage zu.
Weichen Sie ab von der Feststellung, die Sie getroffen haben?
Ich bin jetzt am Schlusse.
({0})
Herr Abgeordneter Wehner.
Herr Präsident, ich danke Ihnen, daß Sie das erlauben.
Ich wollte den Redner nur an etwas erinnern
({0})
durch eine Frage. - Durch eine Frage! Ich bin doch nicht so dumm, wie Sie mich einschätzen, diese Berufsrandalierer.
({1})
Meine Frage ist, ob Sie, weil Sie jetzt, Herr Kollege, gewissermaßen kritisch erwähnt haben, daß die Opposition mit eigenen Vorschlägen gar nicht gekommen ist und kommt,
({2})
sich noch erinnern. Ich zitiere hier wörtlich Franz Josef, den Strauß,
({3})
aus seiner Rede 1974, der sogenannten Sonthofener Rede in Urschrift.
({4})
Er hat damals gegenüber denen, die die Regierungsverantwortung trugen, gesagt:
Wir müssen sie so weit treiben, daß sie ein Haushaltssicherungsgesetz vorlegen müssen oder den Staatsbankrott erklären müssen.
({5})
- Da sehen Sie, Sie sind also Staatszerstörer und nicht Staatsförderer.
({6}) Die nächste Frage.
Ich will
- hat Franz Josef, der Strauß, erklärt überhaupt nicht im kleinen sagen, was wir uns vorstellen
({7})
mit der Krankenhausfinanzierung, mit der Berufsausbildung, mit der Sanierung der öffentlich-rechtlichen Krankenkassen usw. usw.
Meine Frage ist, ob Sie verstehen, daß das immer noch gültig ist für diese Opposition, die keine mitwirkende, sondern eine diesen Regeln folgende Opposition ist.
({8})
Herr Kollege Wehner, ich bin leider bis jetzt der Überzeugung geblieben - ich hoffe, daß sich das ändern wird -, daß das immer noch die Basis des politischen Handelns der Opposition ist, dies auch im Zusammenhang mit der Verabschiedung der Gesetze, die uns vorliegen. Ich möchte Ihnen sagen, daß auf dieser Basis wohl sehr wahrscheinlich eine Einigung zwischen der Koalition und der Opposition auch im Bundesrat und im Vermittlungsausschuß nicht möglich wäre. Es ist höchste Zeit, zu diesem Zeitpunkt daran zu erinnern, daß es bei gutem Willen aller Beteiligten möglich sein sollte, im Interesse aller die Konsolidierungsgesetze zu verabschieden. Wir jedenfalls sind dazu bereit.
Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, daß dabei die sozialen Proportionen gewahrt bleiben, und, meine Damen und Herren, wir sollten uns gemeinsam dagegen wehren, daß es hier zur Abschaffung historischer Errungenschaften der Arbeitnehmer, der Rentner und der Hilfsbedürftigen in diesem Lande kommt.
({0})
Dafür wollen wir mit unserer politischen Kraft weiter sorgen. Wir bitten Sie alle insgesamt um Ihre Unterstützung dabei.
({1})
Herr Abgeordneter Wehner, Sie haben eine Gruppe dieses Hauses als „Staatszerstörer" bezeichnet. Ich muß das rügen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller ({1}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Soeben habe ich einen Schnellbrief des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit vom 6. November in die Hand bekommen.
({0})
In diesem Brief, meine Damen und Herren, werden bereits Anweisungen an Bundesbehörden gegeben, das Kindergeld für das zweite und dritte Kind ab Januar gekürzt auszuzahlen.
({1})
Hier wird so getan, als wenn das Gesetz, über das wir heute erst entscheiden sollen, schon verabschiedet wäre.
({2})
Ich weiß nicht, ob das in diesem Hause so üblich ist. Als Neuling empfinde ich es jedenfalls als eine grobe Mißachtung des Parlaments, wenn so etwas geschieht.
({3})
Hier wird aber auch die ganze Kaltschnäuzigkeit der Bundesregierung erneut deutlich. Die Entscheidung über die Kindergeldkürzungen sind im kleinen Kreis gefallen, die Abgeordneten der Koalition brauchen eigentlich nur noch zuzustimmen, und die Union hat man nicht nötig, wie der Herr Bundeskanzler neulich anzumerken hatte.
Außerdem koppelt die Regierung das Kindergeldgesetz vom Haushaltsstrukturgesetz ab. So will sie den Bundesrat umgehen. Das ist die sozialliberale Operation '82. Sie zeigt in aller Deutlichkeit, mit welchen taktischen Winkelzügen heute die Änderung des Kindergeldgesetzes durchgezogen werden soll.
Meine Damen und Herren, was vielen Menschen in unserem Lande lange Zeit undenkbar erschien und was manch einer bislang nicht wahrhaben wollte, droht heute Wirklichkeit zu werden: die Kürzung des Kindergeldes für das zweite Kind um 20 DM und die Kürzung des Kindergeldes für das dritte Kind um 20 DM pro Monat. Es ist schon ein Trauerspiel, wie diese Bundesregierung mit den Mehrkinderfamilien umspringt, und es muß für die Gründer des Familienlastenausgleichs, zum Beispiel für meinen Freund Bernhard Winkelheide, meinen Vorgänger hier in diesem Hause, besonders bitter sein, das erleben zu müssen.
Da werden vor den Bundestagswahlen, meine Damen und Herren, großartige Programme gemacht. Das Kindergeld wird per Beschluß erhöht. Noch nicht einmal zwölf Monate nach der Wahl verkündet dann die Regierung, daß es sinnvoll sei, das Kindergeld wieder zu kürzen.
Die Begründung dafür mutet wie ein Witz an. Es heißt, es sei am ehesten vertretbar, weil seit der Reform des Familienlastenausgleichs die Kindergeldsätze für das zweite und dritte Kind wiederholt erhöht worden sind. Soll das etwa heißen, daß die Mehrkinderfamilien bisher zuviel bekommen hätten? Das darf doch wohl nicht wahr sein! Ich halte einmal deutlich fest: Die Familien werden durch die Inflationspolitik der SPD/FDP-Regierung ständig neu belastet.
({4})
Die Familien mit mehreren Kindern leiden unter der Hochzinspolitik am stärksten, die nicht zuletzt durch die Schuldenpolitik dieser Regierung bedingt ist.
({5})
In seiner Rede am 18. September 1981 sagte der Herr Bundeskanzler in diesem Hause: Nach der Kürzung wird im ganzen Land für keine Familie das Kindergeld geringer sein, als bis zum Jahre 1980 einschließlich. Hiermit wird der Eindruck erweckt, es gehe der Familie nur einmal an den Kragen. Doch das ist nicht wahr. Dafür liefert die SPD-Landesregierung in Nordrhein-Westfalen laufend neue Beispiele: Abschaffung der Familienerholungszuschüsse, Kürzung der Kindererholungszuschüsse, Kürzung der Schülerfreifahrten und vieles andere mehr müssen die Familien verkraften.
({6})
Meine Damen und Herren, für eine Familie mit drei Kindern bedeutet das im Jahr fast den Verlust eines ganzen Monatsnettoeinkommens. Hierzu kann ich nur feststellen: Das ist eine nicht mehr zu überbietende familienfeindliche Politik,
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das ist soziale Demontage, das ist ein tiefer Einschnitt in das soziale Netz, das ist die politisch gewollte und allein von Ihnen, von SPD und FDP, zu verantwortende soziale Ungerechtigkeit.
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Müller ({9})
Der auch von Ihnen so sehr geschätzte Jesuitenpater von Nell-Breuning hat völlig recht, wenn er sagt: Die Kürzungen beim Kindergeld sind das unglücklichste und ungeschickteste, was man zur Zeit tun kann. Mehrkinderfamilien sind die Garantie dafür, daß unser System der sozialen Sicherung in Zukunft überhaupt funktionsfähig bleibt. Auch deshalb hat der Staat die Pflicht, für einen entsprechend sozial ausgestalteten Familienlastenausgleich zu sorgen. Sie von SPD und FDP müssen doch schon tief in der Klemme sitzen, wenn Sie sich nicht scheuen, den Bundeshaushalt auf Kosten der kleinen Leute mit mehreren Kindern zu sanieren.
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Sie von der SPD haben nicht mehr die Kraft, die Interessen der Arbeiterfamilien wirksam zu vertreten.
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Selbst die DGB-Gewerkschaften unterstützen nicht mehr den Kurs der Bundesregierung.
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Wann hat es das je gegeben, meine Damen und Herren, daß 70 000 Arbeitnehmer, von den Gewerkschaften mobilisiert, gegen die Politik der ehemaligen Arbeiterpartei SPD demonstrieren? Hier wird die Misere, Ihre Misere, doch für jedermann sichtbar.
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Die Bürger, die Familien, die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften fühlen sich getäuscht; sie glauben nicht mehr an diese Regierung.
Die CDU/CSU hält an ihrem Wahlprogramm konsequent fest. Sie lehnt Kürzungen bei den Kindergeldsätzen und Eingriffe in das Steuerrecht zu Lasten der Familie ab. Wir sind dagegen, daß die Familie zum Packesel der Nation wird. Sie darf nicht die Folgen einer kurzsichtigen und falschen Wirtschafts- und Finanzpolitik tragen.
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Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände hat nachgewiesen, daß die Kürzungen beim Kindergeld und bei anderen Leistungsgesetzen die Sozialhilfeträger mit mehr als 1 Milliarde DM jährlich belasten werden. Es dürfen, meine Damen und Herren, nicht noch mehr Familien durch diese Politik zu Sozialhilfeempfängern werden.
Es ist familienpolitisch unvertretbar, das Kindergeld zu kürzen. Genauso unvertretbar wäre es, wenn wir den Vorschlag der SPD-Landesregierung von Nordrhein-Westfalen aufgreifen würden, den Kinderbetreuungsbetrag abzuschaffen. Dieser ist sachlich begründet, weil er wenigstens einen Minimaleinstieg in den Steuertarif enthält. Es kann uns niemand davon überzeugen, daß es sinnvoll sein soll, im geltenden Steuerrecht für alle möglichen Zwecke Steuerabzugsfähigkeit zu haben; doch wenn es um die Kinder geht, erklären die Sozialdemokraten, das sei ungerecht, weil die Reichen hier begünstigt würden.
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Verehrter Herr Kollege Glombig, die Wirklichkeit haben Sie hier doch gar nicht dargestellt: 80 % der Arbeitnehmer zahlen heute Steuern; die Hälfte davon liegt schon in der Progression.
Unsere Linie ist klar, meine Damen und Herren: Wir wollen Kindergeld, damit die Lasten, die Kinder mit sich bringen, erleichtert werden. Wir wollen durch den Betreuungsbetrag erreichen, daß die Familien, die Kinder haben, gegenüber den kinderlosen Ehepaaren nicht noch mehr benachteiligt werden. Deshalb sind wir gegen den Kuhhandel der Herren Rau und Posser, die zwar das Kindergeld belassen, aber den Kinderbetreuungsbetrag beseitigen wollen. Das machen wir nicht mit.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Meinike?
Ich habe nur noch eine Minute Zeit. Ich bedauere.
Für uns steht die Familie unverrückbar im Mittelpunkt der Sozial- und Gesellschaftspolitik. Deshalb hat die Union ein Sparkonzept vorgelegt,
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das den Familien keine einzige Mark wegnimmt. Meine Damen und Herren, wir brauchen eine neue Aufbruchstimmung für die Familie und nicht die Abbruchmentalität, wie sie die beabsichtigte Streichung des Kindergeldes von der sozialliberalen Koalition zeigt. - Vielen Dank.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jaunich.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf zwei Punkte des 2. Haushaltsstrukturgesetzes eingehen, nämlich auf das Kindergeld und auf die Sozialhilfe, und dabei unmittelbar zur Sache kommen.
Gestatten Sie mir allerdings, daß ich in zwei Punkten auf das zurückkomme, was uns hier bisher vorgeführt wurde. Da macht der Herr Kollege Friedmann Vorwürfe und sagt, das, was im Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz angelegt sei, werde sich finanziell nicht einspielen lassen, weil es zu spät auf die Behörden zukomme. Und der Kollege Müller hat soeben reklamiert, daß das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, was die Ausführung des Kindergeldgesetzes anlange,
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im voraus etwas an diejenigen mitteilt, die das auszuführen haben. Hier wird doch deutlich, meine Da3688
men und Herren, daß von Ihnen immer mit zweierlei Maß gemessen wird.
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Der Herr Kollege Müller hat sich dazu verstiegen, das, was wir hier tun, Winkelzüge zu nennen. Wir machen keine Winkelzüge; denn dieses Parlament entscheidet darüber, und Sie haben die entsprechenden Vorlagen, über die zu befinden ist.
Wenn der Kollege Müller sagt, die CDU/CSU schütze die Familie, während wir gegen die Familie arbeiteten,
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dann lassen Sie sich doch bitte einmal in Erinnerung rufen, daß die Ärmsten in unserem Volke, die wir unter den Sozialhilfeempfängern finden, viel stärker von den Vorstellungen der CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat getroffen werden. Oder sind denn darunter keine Familien?
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Da wollen Sie die Bedarfssätze an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Träger orientieren. Was heißt das denn? Das heißt, Sozialhilfe wird nur noch gewährt, wenn eine Kommune gnädigerweise dafür auch noch etwas übrig läßt und nicht gerade eine Stadthalle oder ähnliches baut.
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Und wo waren Sie denn, meine Herren von der Opposition, als wir in einem schwierigen Gesetzgebungsgang versuchten, trotz der Vorgabe, daß auch im Kindergeldbereich etwas zu geschehen hat, der mit 19 Milliarden DM im Haushalt steht, einen Konsolidierungsbeitrag zu leisten? Sozialdemokraten und Freie Demokraten haben da versucht, zu Regelungen zu kommen, mit denen man manche Härte auffangen oder mildern kann. Da haben wir darüber nachgedacht, wie man die 16 bis 18 Jahre alten Arbeitslosen von den Kindergeldkürzungen ausnehmen kann, und Lösungen aufgezeigt. Wie stand die Opposition bei der Abstimmung? Das Protokoll des Ausschusses weist aus: Stimmenthaltung der Opposition.
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Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kirschner.
Ich habe leider nur drei Minuten. Es geht leider nicht mehr.
Da gab es noch eine weitere Beschlußfassung, als die Bundesregierung etwas nachschob, was nichts mit Leistungsverbesserung oder Leistungsminderung zu tun hat, nämlich die Neubestimmung von Ordnungswidrigkeiten im Kindergeldgesetz. Da vermerkt das Protokoll: Zustimmung der Opposition.
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So werden bei Ihnen die Gewichte gesetzt.
Lassen Sie mich noch kurz auf das wichtige Thema Sozialhilfe kommen. Der Bundesrat schlägt hier etwas vor, was wir so nicht nachvollziehen können. Wir wissen natürlich auch, daß im weiteren Verfahren - denn das wird ja alles im Vermittlungsausschuß landen - noch einiges auf uns zukommen wird. In seiner Stellungnahme zum Entwurf des 2. Haushaltsstrukturgesetzes verlangt der Bundesrat, das Bundessozialhilfegesetz zu ändern.
Die Einzelvorschläge der Ländervertretungen richten sich auf gravierende Einschnitte in das Sozialhilferecht, auf empfindliche Leistungsverschlechterungen und auf ein Zurückdrehen der Sozialhilfe auf den Status der überwunden geglaubten Fürsorge. Kernpunkt ist, daß die Sozialhilfe an die Finanzlage der Träger gebunden und damit der Grundsatz der Bedarfsorientierung aufgegeben werden soll. Obwohl es aufschlußreich wäre, auf die Details einzugehen, muß ich dieser Verlockung wegen der knappen Zeit widerstehen. Aber es ist doch zu fragen, was der Bundesrat hier im Schilde führt.
Eine grundsätzliche Bewertung aus sozialdemokratischer Sicht scheint mir erforderlich: Noch 1975 gaben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, vor - das war in Ihrer Mannheimer Erklärung -, eine sogenannte „Neue soziale Frage" entdeckt zu haben. Dabei stilisierten Sie sich hoch zum Anwalt konkret benannter Gruppen, sozial Schwacher und Gefährdeter. Es sind nun genau diese Gruppen, zu deren Lasten die Änderungen des Bundessozialhilfegesetzes gehen sollen. Schon 1975 hatten wir die Vermutung, daß das für Sie nicht eine Leitplanke für Ihre sozialpolitische Argumentation und Gestaltungsarbeit werden würde. Daß dies so ist, kann nun niemand mehr bestreiten. Die Mannheimer Erklärung ist vollends Makulatur.
Auch haben Vertreter der CDU in der Vergangenheit mehrfach die Sozialhilfeschwelle und die Armutsschwelle gleichgesetzt. Danach galt als arm, wer Anspruch auf Sozialhilfe hatte. Der CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat zu folgen hieße nun, die Armutsschwelle nach unten zu senken und dadurch weitgehend die Armut zu beseitigen. So einfach ist für Sie die Lösung eines Problems.
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Um dem Bundesrat etwas entgegenzusetzen, schlagen auch wir
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in dem vorliegenden Entwurf eines 2. Haushaltsstrukturgesetzes dem Bundesrat Änderungen im Leistungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes vor.
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Wir beziehen uns dabei auf etwas, was wir im vorigen Deutschen Bundestag mehrheitlich durch alle Fraktionen hindurch bereits beschlossen hatten, was dann aber gescheitert ist. Wir verkennen nicht, daß es in Zukunft zu gewissen Mehrbelastungen bei der Sozialhilfe kommen wird. Deswegen hier unser Angebot an den Bundesrat.
Wir müssen aber in dieser Stunde auch einmal feststellen, daß durch zahlreiche Gesetzgebungsarbeiten von uns hier im Bundestag in den vergangenen Jahren die Sozialhilfehaushalte um Milliarden DM entlastet worden sind. Ich brauche Ihnen dafür die Einzelbeispiele nicht zu nennen. Die müßten Sie kennen, wenn Sie die Gesetzgebung aufmerksam verfolgt haben. Deshalb haben unsere Änderungsvorschläge ein anderes Gesicht als die des Bundesrates.
Ich bin Realist genug, um zu wissen, daß die Sozialhilfe schon bald den Vermittlungsausschuß beschäftigen wird. Als Sozialdemokraten werden wir uns dann darauf konzentrieren, daß wir ein Ergebnis erzielen, das den Sozialhilfeempfängern möglichst wenig nimmt. Für uns ist unverzichtbar, daß die Sozialhilfe auch weiterhin eine Bedarfsdeckung gewährleistet, daß das soziale und das kulturelle Existenzminimum als Maßstab der Sozialhilfe erhalten bleiben.
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Sozialdemokraten haben nicht durch drei Novellen zu diesem Gesetz zahlreiche Verbesserungen für die Behinderten und ihre Familien erstritten, um sie nunmehr preiszugeben. Für Sozialdemokraten gibt es eine Grenze, die sie nicht unterschreiten werden. Es jedermann zu ermöglichen, ein menschenwürdiges Leben zu führen, war die Aufgabe, die wir durch unsere Anstrengungen der Sozialhilfe zugewiesen haben. Diese Aufgabe preiszugeben, werden wir nicht zulassen.
Noch einmal zurück zum Kindergeld! Für uns Sozialdemokraten wären sozialere Lösungen bei der Rückführung des Kindesgeldes denkbar gewesen. Dafür haben wir keine politische Mehrheit gefunden. Darüber brauchen Sie aber nicht in Triumph auszubrechen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU; denn mit Ihnen zusammen ist es noch nicht einmal möglich, die weitaus unsozialere Regelung im Steuerrecht zu ändern, auf die der Herr Kollege Müller hier in dem Sinne hingewiesen hat, daß das für Sie eigentlich nur ein Einstieg sei, um wieder zu der vollends unsozialen Gestaltung zurückzukehren, daß derjenige, der ein hohes Einkommen hat, für seine Kinder eine höhere Förderung durch den Staat erfährt als jener, der ein geringfügiges Einkommen oder gar keines hat.
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Es kann uns nur nachdenklich stimmen, wenn Sie dies hier als Hebel und Einstieg für weitere Maßnahmen sehen. Wir werden Sie dazu zwingen, im Bundesrat diese Ihre unsoziale Position durch Ihr Abstimmungsverhalten dort vor aller Öffentlichkeit zu dokumentieren.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eimer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich am Anfang zu sagen: Angenehm ist es nicht, sich als Familienpolitiker hierher zu stellen und Kürzungen zu begründen und zu vertreten, wenn man eigentlich für die Familie mehr ausgeben wollte und sollte. Wir bedauern es auch, daß die Haushaltsentwicklung nicht früher so sichtbar wurde.
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Es wäre besser gewesen, wenn wir die Erhöhung des Kindergeldes gleich hätten aussetzen können. Das wäre ehrlicher gewesen.
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Sie, meine Kollegen von der Opposition, haben dies auch nicht vorausgesehen. Es gibt ein Sprichwort, das sagt: Prognosen sind schwierig, besonders solche in die Zukunft. Wir wissen aber, daß wir uns in dieser wirtschaftlichen Lage nach der Decke strekken müssen. Ich habe den Eindruck, daß das Teile der Bevölkerung und offensichtlich auch Teile der Opposition noch nicht wissen.
Sie, meine Kollegen von der Opposition, kritisieren und sagen nein, ohne daß Sie Alternativen nennen. In der Philosophie nennt man das ein Prinzip der destruktiven Kritik.
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Ich verurteile Sie deswegen nicht. Als Liberaler und als Anhänger des kritischen Rationalismus achte ich auch dieses Prinzip. Ein Philosoph hat es einmal so genannt: Man muß nicht unbedingt Suppe kochen können und darf trotzdem sagen, daß die Suppe versalzen ist. Sie dürfen das sagen, meine Herren von der Opposition. Aber Sie empfehlen sich ja nicht als Vorkoster, sondern Sie wollen die besseren Köche sein. Und dann langt das eben nicht, dann müssen Sie Rezepte vorlegen, dann müssen Kochrezepte her.
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Auf die Politik angewandt möchte ich sagen: Wir möchten dann auch wissen, wenn Sie bei Streichungen schon nicht mitmachen wollen, wo die fehlenden 1,7 Milliarden DM herkommen sollen.
Meine Fraktion hatte sich in dieser schmerzlichen Operation bei allen vorstellbaren Modellen auf zwei Punkte festgelegt, erstens wollten wir auf keinen Fall Kürzungen beim Erstkindergeld, weil dies noch nie erhöht worden ist, weil das erste Kind am meisten kostet und weil der Unterschied von zwei Einkommen für zwei Personen auf ein Einkommen für drei Personen, wenn das erste Kind kommt, am größten ist. Wir hatten uns noch auf einen zweiten Punkt festgelegt: Wir wollten keine Einkommensgrenzen, weil der Sprung über jede Einkommensgrenze ungerecht ist. Bei mehr Bruttoeinkommen wird das Nettoeinkommen weniger; ihre Handhabung ist darüber hinaus bürokratisch und kompliziert.
Sie wissen, daß unser Parteivorsitzender gerade im letzten Punkt unseren Kollegen von den Sozialdemokraten nachgegeben hatte. Wenn es dann doch nicht so gekommen ist, dann deswegen, weil die Nachrechnung erbrachte, daß die Bürokratie unge3690
Eimer ({4})
fähr das gleiche kostet, was mit Einkommensgrenzen eingespart wird. Wir waren in diesem Fall bereit, über unseren eigenen Schatten zu springen, um deutlich zu machen, was uns soziale Ausgewogenheit wert ist. Ich richte hier an die Opposition den Appell: Springen auch Sie über Ihren eigenen Schatten; stimmen Sie in der konkreten Situation, in der wir sind, der Streichung des Kinderbetreuungsbetrags zu!
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In dieser konkreten Situation deswegen, weil dieser Betrag Personen mit hohem Einkommen mehr bringt als Kleinverdienern, weil diese Streichung zur sozialen Ausgewogenheit beiträgt und weil wir alle wissen sollten, was uns sozialer Frieden in der Vergangenheit wert war und auch in Zukunft wert sein sollte.
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- Herr Kollege, ich bin den meisten Freibeträgen gegenüber kritisch eingestellt. - Jede Mark, die wir bei dem Betreuungsbetrag einsparen können, brauchen wir beim Kindergeld nicht zu kürzen.
Es wird also auch von dem von der CDU/CSU beherrschten Bundesrat abhängen, wieweit Kindergeldkürzungen vorgenommen werden müssen. Die technische Behandlung der Gesetze im Bundesrat und, wie es wohl ausschaut, auch im Vermittlungsausschuß ist der Grund dafür, daß das Kindergeldgesetz aus dem Haushaltskonsolidierungsgesetz herausgenommen wurde, daß beide parallel zur Behandlung anstehen. Nur wenn beide eingebracht werden, kann in der Vermittlungsrunde zwischen beiden abgewogen werden. Die Opposition trägt auch hier Verantwortung, und wir werden sie daraus nicht entlassen.
Meine Kollegen von der Opposition, es gibt noch einen weiteren Punkt, wo wir einsparen können. Geben Sie über den Bundesrat den Weg frei für eine Finanzamtsregelung beim Kindergeld!
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Hier können wir eine Menge Bürokratie einsparen, und das würde uns das Kürzen zumindest teilweise ersparen.
Die ganze Merkwürdigkeit der Argumentation der Opposition zum Kindergeld und zum Familienlastenausgleich wird aber im Zusammenhang mit der von ihr vorgeschlagenen Kürzung beim BAföG deutlich. Auch der Kollege Haase hat in einer Zwischenfrage darauf hingewiesen. Ich begreife es nicht, daß die Opposition hier Kürzungen beim BAföG vorschlägt und das als sozial gerecht bezeichnet. Wer einer Familie mit drei Kindern höchstens 40 DM über das Kindergeld wegnehmen will, der ist nach Ihrer Meinung familienfeindlich. Wer ihr aber wie Sie bis zu 550 DM im Monat über BAföG wegnehmen will, der ist ein wahrer Freund der Familie, allerdings vorausgesetzt, es handelt sich um eine sozial schwächere Familie und zwei Kinder haben trotzdem den
Sprung in die Oberstufe des Gymnasiums geschafft.
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Ich möchte meinen Beitrag abschließen. Wir wissen, daß wir einsparen müssen. Wir wissen aber auch, daß der Familienlastenausgleich immer noch groß genug ist. Ich denke nur an die 25 Milliarden DM, die im Splitting hier zu Buche schlagen. Ich glaube, es würde der Glaubwürdigkeit des Parlaments besser anstehen, wenn wir in dieser Frage etwas sachlicher miteinander umgehen würden und wenn wir uns angesichts dieser Lage, in der wir stehen, bewußt machen würden, daß es nicht unsere Aufgabe ist, etwas Populäres zu sagen, sondern unsere Aufgabe ist, Notwendiges populär zu machen. - Vielen Dank.
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Die allgemeine Aussprache zum Haushaltsstrukturgesetz und zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes ist dann abgeschlossen.
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Wir treten in die allgemeine Aussprache zum Verbrauchsteueränderungsgesetz und zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes ein. Herr Abgeordneter Wartenberg, Sie haben das Wort. - Es ist eine verbundene Debatte, Sie wollen auch zu den anderen Punkten Stellung nehmen? - In einer verbundenen Debatte ist dies selbstverständlich möglich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eine verbundene Debatte. Daher wollen wir in dieser Runde auch zu den steuerlichen Vorschlägen etwas sagen, die im Haushaltsstrukturgesetz stehen.
Herr Eimer, die Argumentation der Koalition gegenüber uns als Opposition, den „Berufsrandalierern", erinnert mich immer an einen kleinen Jungen, der eine viel zu weite, inzwischen ausgeleierte Strickjacke falsch zuknöpft. Er ist oben angekommen und stellt fest, daß er noch ein Loch, aber keinen Knopf mehr hat. Er zerrt herum, schreit nach Alternativen und fragt: Was kann ich denn machen? Könnt ihr mir helfen? Da kann man nicht helfen; da ist kein Knopf mehr. Da gibt es nur die eine Alternative: Aufknöpfen und von vorn anfangen!
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Das Drama, die Tragödie besteht nur darin, daß jeden Tag neue Löcher entdeckt werden und manch schöner Knopf inzwischen verlorengegangen ist. Aufknöpfen und Anfangen, das heißt in der Finanz- und Steuerpolitik folgendes. Solange es sich für manchen lohnt, nicht zu arbeiten, sondern auch mal blau zu machen, solange es sich lohnt, nicht mehr zu arbeiten, weil die Steuerprogression zu hoch ist, solange es sich lohnt, nicht produktiv zu investieren, sondern kurzfristige festverzinsliche Papiere zu kaufen, so lange wird es auch nicht gelingen, den
volkswirtschaftlichen Kreislauf zum Wohle der Staatseinnahmen zu beleben.
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Herr Coppik, Herr Walther, solange das Wort Haushaltspolitik gleichbedeutend mit dem Wort Ausgabenpolitik verwandt wird und nicht auf den Begriff „Haushalten" zurückgeführt wird oder solange Sie Ihre Wirtschaftswissenschaft immer als welfare economics, als Wohlfahrtswirtschaft, als Umverteilungspolitik verstehen und nicht auf den Begriff „wirtschaften" zurückführen, genauso lange wird der an Kreislaufschwäche leidende Patient immer neue Aufputschmittel benötigen und eines Tages im Sanatorium der Staatswirtschaft landen.
Von vorn anfangen, d. h. in erster Linie, zur Kenntnis zu nehmen, was sich geändert hat, wie sich die volkswirtschaftlichen Faktoren verschoben haben und warum strukturelle Veränderungen eingetreten sind: Das Wachstum hat sich verlangsamt, die Lohnkosten und die fiskalischen Belastungen haben die Ertragskraft der Unternehmen geschmälert, die Ölpreisschübe haben die Struktur verändert und zu dauerhaften Belastungen geführt.
Es wird heute weniger gearbeitet als vor zehn Jahren. Die Produktivität des Kapitals ist gesunken. Die Altersstruktur des Kapitalstocks der deutschen Wirtschaft hat sich nachhaltig verschlechtert. Dies alles gilt es auch in der Steuer- und Finanzpolitik zur Kenntnis zu nehmen.
Deshalb helfen nicht kurzfristige, spontane Kompromisse, die nur wenige Wochen halten. Nicht diese kurzfristigen und hektischen Maßnahmen bewirken eine anhaltende und nachhaltige Konsolidierung des Haushalts, sondern nur grundsätzliche wirtschafts- und ordnungspolitische Weichenstellungen. Um es positiv auszudrücken: die Eigenkapitalbildung muß wieder ermöglicht, Arbeit wieder belohnt und Mehrarbeit prämiert werden.
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Kontinuität und Berechenbarkeit sind zwei Grundsätze einer auf Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufgebauten Finanzpolitik. Ich frage: Wo ist Ihre Kontinuität, wo ist die Berechenbarkeit geblieben? Statt dessen erleben wir Hektik, Nervosität und von einem Tag auf den anderen grundsätzlich unterschiedliche Entscheidungen.
Betrachte ich die zweite Branntweinsteuererhöhung in diesem Jahr, die Tabaksteuererhöhungen, die Mineralsteuererhöhungen, den Vorschlag, die Verdienste der Werkstudenten auf den Ausbildungsfreibetrag des Vaters anzurechnen, die Aufhebung der Lohnsteuerpauschalierung für Nebentätigkeiten, die Abschaffung des Vorsteuerabzugs für Pkws, also z. B. für Taxen, dann komme ich zu dem Ergebnis, daß Sie sich, Herr Minister, kurzfristig eine Haushaltssanierung von jenem Bürger versprechen, der Kette rauchend, besoffen als Werkstudent, noch im Besitz des Führerscheins, zur Finanzierung seines Studiums in Nebentätigkeit Taxi fährt.
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Mit dieser Politik landen Sie genauso im Straßengraben wie der Student, oder Ihnen wird vorher die Lizenz entzogen.
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In der Operation '82 sind einige steuerpolitische Verbesserungen, die auch wir als Verbesserungen bezeichnen und die wir mittragen. Dies soll nicht verschwiegen werden. Abschreibungserleichterungen für bewegliche Wirtschaftsgüter und Gebäude im Wohnungsbau, eine leichte Anhebung der Abschreibungsgrenzen in § 7 b, eine Ausdehnung des Verlustrücktrages auf zwei Jahre - leider natürlich auch Verbesserungen, die Subventionen für die Stahlstandorte sind -, das sind Vorschläge, die wir mittragen. Wenn Sie genau gelesen haben, dann müssen Sie sich doch fragen: Wo gab es jemals eine Opposition, die wie wir noch weitergehende Vorschläge gemacht hat, und wo gab es jemals eine Regierung, die diese Vorschläge der Opposition nicht aufgenommen hat?
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Der Bundeswirtschaftminister hat Klage darüber geführt, daß die Wirtschaft dieses positive Angebot nicht gewürdigt hat. Ist es der Wirtschaft eigentlich zu verdenken, eine Plus-Minus-Rechnung zu machen? Wer verlangt, daß das Angebot an Abschreibungsverbesserungen gewürdigt wird, der muß auch bereit sein, die Klagen derer zu hören, die z. B. von erheblichen Verbrauchssteuererhöhungen betroffen sind. Wer sich von Abschreibungsverbesserungen positive Impulse verspricht, der muß auch bedenken, daß, bevor abgeschrieben werden kann, erst einmal investiert werden muß. Bei stagnierenden Verhältnissen bleiben all dies nur marginale Veränderungen und damit fast wirkungslos.
Ihre steuerpolitischen Vorschläge, die wir ablehnen, kann man in vier große Gruppen einteilen. Das sind einmal rein fiskalisch bedingte Steuererhöhungen, dann Steuererhöhungen verbunden mit einem Bruch des Steuersystems, ferner investitionshemmende und schließlich familienfeindliche Vorschläge. Lassen Sie mich einige Beispiele bringen.
Die Erhöhung der Tabak-, der Branntwein-, der Schaumwein- und der Mineralölsteuer hat in erster Linie fast nichts mit gesundheitspolitischen oder energiepolitischen Vorstellungen zu tun. Die durch diese Steuererhöhung erwarteten Mehreinnahmen lassen sich durch nichts rechtfertigen, weil keine weiteren Umsatzsteigerungen zu erwarten sind. Gerade bei den Beratungen über die Verbrauchsteuergesetze wurde deutlich, wie fahrlässig und schädlich es ist, solche Maßnahmen übers Knie zu brechen.
Hätten wir als Opposition geahnt, daß man über alle Eingaben eiskalt hinweggeht und neue Erkenntnisse aufzunehmen nicht bereit ist, dann hätten wir uns nicht so kooperativ verhalten und nicht im Interesse einer zügigen Beratung auf ein öffentliches Hearing verzichtet. Im Umgang mit einer sich auf ein Minimum einigenden Koalition soll uns das eine Lehre sein.
Oder wollen Sie bestreiten, daß Sie alle strukturpolitischen Auswirkungen der völlig unterschiedlichen Steuererhöhungen für Zigarettentabak auf der einen und Feinschnitt- und Pfeifentabak auf der anderen Seite bedacht und überblickt haben? Oder wollen Sie bestreiten, daß Sie bei der Aufhebung der Mineralölsteuerbefreiung für Probeläufe für zu exportierende Motoren die Luftfahrtindustrie völlig vergessen haben? Wie wollen Sie denn den Verbrauch über den Preis beeinflussen, wenn es bei dem Probelauf z. B. eines Airbusmotors um die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften geht? Sie beeinflussen hier negativ von der Kostenseite her eine internationale Kooperation, um die wir lang gekämpft haben. Damit gefährden Sie ernsthaft zukunftweisende moderne Arbeitsplätze.
Die Verdoppelung der Umsatzsteuersätze für die Leistungen der freien Berufe ist ebenfalls eine Maßnahme, die im Endeffekt der kleine Mann zu bezahlen hat. Daß diese Steuererhöhung der Stein des Weisen ist, bezweifeln wir. Denn das, was Sie sich an Steuermehreinnahmen ausrechnen, 300 Millionen DM, wird ja fast allein z. B. vom rechtsuchenden Mieter oder kleinen Häuslebauer aufgebracht, da die gewerblichen Nachfrager nach Dienstleistungen der freien Berufe, dem System der Mehrwertsteuer entsprechend, dies als Vorsteuer abziehen können. Es ist interessant, daß im Hinblick auf die freien Berufe die FDP und im Hinblick auf den rechtsuchenden Mieter die SPD sich auf diesen Plan verständigt haben.
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Eine Steuererhöhung, die voll auf den Preis durchschlägt und einen eklatanten Systembruch darstellt, ist der geplante Ausschluß des Vorsteuerabzugs für Betriebs-Pkws. Was heißt das?
Das bedeutet, daß bei einer bestimmten Investition nicht mehr der durch eben diese Investition bewirkte Mehrwert besteuert wird - was durch den Abzug der auf dieses Investitionsgut entfallenden Vorsteuer möglich wird -, sondern daß ich bei irgendeinem Investitionsgut anfange, zwei Stufen hintereinander voll mit einer 13 %igen Umsatzsteuer ohne Anrechnung der Vorsteuer zu belasten. In Wirklichkeit handelt es sich also nicht um eine Umsatzsteuer, sondern um eine neue Investitionsteuer,
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eine Investitionsteuer auf ein Produkt - hier zufällig den betriebseigenen Pkw -, die nicht aus konjunkturellen Gründen, nicht aus EG-Steuerharmonisierungsgründen, sondern lediglich aus kurzsichtigen fiskalischen Erwägungen und neidvollen Blikken auf einen vielleicht mal mißbräuchlich verwendeten Dienstwagen erfunden wurde.
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Ob diese Investitionsteuer als Verkehrsteuer überhaupt zur Aufkommenshoheit des Bundes gehört, sollte übrigens mal geprüft werden.
Konjunkturell jedenfalls paßt diese vom Staat verordnete 13 %ige Preiserhöhung für Pkws und für
VW-Busse wie die Faust aufs Auge. Den Kurzarbeitern bei Volkswagen in Hannover oder den TaxiFahrern in Bonn müssen Sie erst mal erklären, warum Sie diese Preiserhöhung, der Nachfragesituation entsprechend, heute für angebracht halten.
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Auch die Steuerharmonisierung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft kann zur Zeit noch nicht als Beweismittel dafür herangezogen werden, daß eine Notwendigkeit für die Abschaffung des Vorsteuerabzugs besteht. Sie versuchen der Öffentlichkeit gegenüber durch den Verweis auf die 6. EG-Richtlinie die Notwendigkeit der Anpassung an ein EG-Recht zu suggerieren, das es in Wirklichkeit zur Zeit überhaupt noch nicht gibt. Auch wenn ein Vorentwurf zur 12. Richtlinie einen 50 %igen - neuerlich auf Betreiben der Bundesregierung auch einen 100 %igen - Ausschluß des Vorsteuerabzugs für Pkws im Anlagevermögen vorsieht, besteht kein Grund zur Eile. Es liegt doch auch in unserem, im deutschen Interesse, bei dem klaren Mehrwertsteuersystem zu verbleiben, zumal in der Bundesrepublik Deutschland als dem einzigen Land innerhalb der Europäischen Gemeinschaft eine umfassende Eigenverbrauchsbesteuerung vorgenommen wird.
Ist es denn unabdingbar, daß wir wie ein Streber in der Schule - ich denke hier auch an die vorzeitige Abschaffung der Duty-Free-Läden aus angeblichen Harmonisierungsgründen - immer die ersten in der Gemeinschaft sind?
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Stünde es uns nicht gut an, gegenüber der EG auch einmal auf der Einhaltung einer bestimmten Ordnung, eines bestimmten Steuersystems zu bestehen?
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Meine Damen und Herren, der Grundsatzforderung, die Eigenkapitalbildung zu erleichtern und Investitionen zu fördern, steht auch der Vorschlag entgegen, den Rechnungszinsfuß für Pensionsrückstellungen anzuheben und die Möglichkeiten der Übertragung von Veräußerungsgewinnen einzuschränken.
Die Erhöhung des Rechnungszinsfußes für Pensionsrückstellungen heißt aus der Sicht der Bundesregierung, daß die bis heute gebildeten Rücklagen zu hoch sind und entsprechend aufgelöst werden müssen. Für die Unternehmen bedeutet dies: Erstens. Rund 10 Milliarden DM werden - über 12 Jahre verteilt - aktiviert und damit steuerpflichtig. Zweitens. Bildeten diese 10 Milliarden DM bisher eine Art Eigenkapitalersatz, so müssen diese Beträge jetzt in wesentlich teureres Fremdkapital umgewandelt werden.
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Für die Arbeitnehmer bedeutet dies - rund 90 % der Arbeitnehmer bei den deutschen Großbetrieben sind in der betrieblichen Altersversorgung -, daß erstens neben dem von Finanzierungssorgen bedrohten Umlaufvermögen der Sozialversicherung nun auch noch die bisher so beständige betriebliche
Altersversorgung zur Kasse gebeten wird. Zweitens bedeutet dies, daß die verordnete Verminderung der Rücklage die Betriebe von ihren geplanten Zusagen mit der Folge einer wahrscheinlich geringer werdenden Gesamtversorgung entbindet und befreit.
Wir fragen uns, ob es politisch sinnvoll ist, ob es sich lohnt, einer kurzfristigen Entlastung zuliebe die Interessengleichheit von Unternehmen und Mitarbeitern hier aufs Spiel zu setzen. Ein Dauerschaden wäre die Folge.
Die zweite investitionshemmende Maßnahme ist der Vorschlag, die Möglichkeiten der Übertragung von Veräußerungsgewinnen einzuschränken. Wenn also z. B. ein Handwerksmeister sein Betriebsgebäude im Zentrum des Städtchens auf Wunsch aller - mit der Zeit störte halt die Kreissäge oder das Hämmern - für 500 000 DM verkauft, um sich am Rande des Städtchens neu niederzulassen, so konnte er bisher die 500 000 DM nehmen und neu investieren. Das neue Gebäude war meistens größer als das alte, die Arbeitsplätze waren sauberer, es konnten mehr Leute beschäftigt werden - eine durchaus sinnvolle Regelung, wie es der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium dem Kollegen Spöri gegenüber in einem Brief bestätigt hat. Von nun an soll er das nicht mehr können. Von nun an darf er von den 500 000 DM nur noch 400 000 DM investieren; 100 000 DM muß er in der Bilanz aktivieren und damit versteuern.
Warum? - Darauf wird mir von Ihnen niemand eine ehrliche Antwort geben, denn ehrlich wäre es, zu sagen: Diese Maßnahme ist ein Zugeständnis der FDP, die den § 6b für sinnvoll hielt, an den linken Flügel der FDP, der wiederum jemand ganz anderen meinte. An solchen Kompromissen soll die deutsche Volkswirtschaft genesen.
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Da ich gerade von den investitionshemmenden Maßnahmen spreche: Durch die leichten Abschreibungsverbesserungen im Wohnungsbau werden Sie den Wohnungsmarkt insgesamt nur marginal verändern, ihn aber nicht neu in Schwung bringen. Dazu wäre es notwendig gewesen, das gesamte Paket der wohnungsbaupolitischen Vorschläge der CDU/CSU und des Bundesrates einschließlich der Veränderungen im Mietrecht zu übernehmen. Ihre Vorschläge, die Mehrwertsteueroption für Bauherrenmodelle auslaufen zu lassen und das unechte Zweifamilienhaus steuerlich stärker in den Griff zu bekommen, widersprechen allen Bekundungen, den Wohnungsmarkt in der gegenwärtigen Phase zu beleben: denn Entzug von Liquidität auf der einen Seite und mehr Bürokratie auf der anderen Seite sind nicht die Antworten, auf die die Wohnungswirtschaft zur Zeit wartet.
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Zum Schluß einige Anmerkungen zum familienfeindlichen Teil Ihrer Vorschläge. Zum Kindergeld und zum Kinderbetreuungsfreibetrag wurde schon gesprochen. Übrigens, machen Sie doch einmal folgende Rechnung: Kindergeld wird netto gezahlt. Für den Reichen ist dieser Nettobetrag brutto mehr wert als für den Armen. Insoweit profitiert er davon mehr, wenn man bei Ihrem System bleibt.
Ich will nicht fragen - darüber auch nicht Klage führen -, ob es richtig ist, per Steuergesetz zu verordnen, daß man Kind nicht mehr bis 18 Jahre, sondern nur noch bis 16 Jahre ist. Das müßte j a zu der Frage verführen, ob es zwischen dem Beginn des Erwachsenendaseins und der Verschuldung des Staates einen inneren Zusammenhang nach dem Motto gibt: je wohlhabender der Staat, desto länger dauert das Kindsein, je verschuldeter der Staat, desto früher muß ich ran. Ich will vielmehr zu einem anderen Punkt sprechen, nämlich auf ein Problem hinweisen, das für Ihre Steuerpolitik symptomatisch ist: Entweder gibt es arme Leute, denen geholfen werden muß, oder es gibt reiche Leute, die geschröpft werden müssen. Dazwischen scheint es nichts zu geben.
Entweder gibt es Studenten, die BAföG beanspruchen können, oder es gibt Studenten, die Eltern haben, denen es keine Schwierigkeiten macht, einen Scheck, einen Wechsel auszuschreiben. Was ist denn mit den Grenzfällen? Was ist mit denen, die kein BAföG mehr beanspruchen können, aber dennoch in den Semesterferien arbeiten müssen, um ihr Studium zu finanzieren? Genau die bitten Sie zur Kasse. Ihr Plan, die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes auf die Ausbildungsfreibeträge der Eltern anzurechnen - im Grunde also progressionsverschärfend auf das Einkommen der Eltern draufzusatteln -, beweist doch, wie weit Sie sich inzwischen von den Mittelschichten mit ihren Sorgen entfernt haben.
Heute nachmittag bekämpfen Sie die Schwarzarbeit, und mit dieser Maßnahme und mit der Aufhebung der Lohnsteuerpauschalierung fordern Sie sie geradezu heraus.
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Daß die FDP dazu ja sagt, ist mir völlig unverständlich.
Steuererhöhungen sind nicht das geeignete Mittel, die Volkswirtschaft in Schwung zu bringen und die öffentlichen Haushalte langfristig zu sanieren. Systemveränderungen, neue investitionslenkende Steuern sind nicht Ausdruck von Kontinuität und Glaubwürdigkeit in der Steuerpolitik. Die geringfügigen Verbesserungen bei den Abschreibungen werden bei weitem durch investitionserschwerende, Kapitalbildung behindernde, Bürokratie mit sich bringende Vorschriften aufgehoben. Damit zerstören Sie das Vertrauen der Bürger in eine langfristig angelegte Steuer- und Finanzpolitik.
Versuchen Sie es doch einmal umgekehrt! Vertrauen Sie als Fiskus auf die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit der Bürger und auf die Zuversicht unserer Bürger! Geben Sie ihnen auch im Steuerrecht die Möglichkeit zur Entfaltung! Der Staatskasse wird das langfristig guttun. - Ich danke Ihnen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Gobrecht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich mit einem Wort an meinen Vorredner anknüpfen darf: Wer in der Politik nicht bereit ist, sich auf - manchmal leider sehr schnell - sich verändernde Daten einzustellen und daraus so verantwortlich, wie es immer nur möglich ist, Folgerungen zu ziehen, sollte eigentlich aufhören, Politik zu machen. Wir sind der Meinung, daß man sich darauf einstellen muß und daß diejenigen, die Regierungsverantwortung tragen, es auch dann tun müssen, wenn es unpopulär ist.
Es ist gar kein Zweifel, daß es mit Blick auf die politischen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Haushaltsstrukturgesetz und den Begleitgesetzen, die wir behandeln, keinen leichten Gang geben wird. Diese Maßnahmen fallen uns in vielen, vielen Punkten außerordentlich schwer. Aber es hat keinen Zweck, in einer schwierigen Lage nicht ganz konkret zu sagen, wie man die Probleme lösen will. Nur wenn man klare Auskunft gibt, werden die Bürger für eine solche Politik auch einen gewissen Respekt aufbringen können.
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Steuer- und finanzpolitisch gesehen sind im Haushaltsstrukturgesetz und in den begleitenden Gesetzentwürfen wichtige Elemente enthalten, die über die Verbesserung der Struktur des Bundeshaushalts und entsprechende Auswirkungen auf die Haushalte von Ländern und Gemeinden hinausreichen. Das darf man übrigens nicht vergessen: Letzten Endes geht es nicht nur um den Bundeshaushalt, sondern es geht genauso um die Haushalte von Ländern und Gemeinden. Es sind dies mit den Gesetzentwürfen, die wir hier vorlegen, starke staatliche Investitionsanreize und eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, gezielte Hilfen und Impulse für strukturschwache Bereiche, Mut zu Entscheidungen über unpopuläre Einnahmeverbesserungen, konkretisierter Abbau von Subventionen und Steuervergünstigungen, eine Reihe von steuerrechtlichen Änderungen, die sogar schon überfällig sind, und das Bemühen um mehr Steuergerechtigkeit. - Lassen Sie mich dies in fünf Punkten konkretisieren.
Erstens. Ich habe gesagt, von diesem Gesetzespaket gehen starke staatliche Investitionserleichterungen durch eine Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen aus, und zwar sowohl für die Wirtschaft als auch für den sogenannten kleinen Mann. Dazu gehört die Anhebung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter, Betriebsgebäude und Wohngebäude. Mit diesem Instrument kann und soll die Investitionstätigkeit in der Wirtschaft angeregt und gestärkt werden. Durch sie sollen die Umstellung und Strukturanpassung der Wirtschaft und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gefördert werden. Dabei muß man wissen, daß diese Abschreibungsverbesserungen nur dann eine dauerhafte Steuerersparnis bedeuten, wenn immer wieder erneut investiert wird. Nur der reinvestierte, nicht der ausgeschüttete Gewinn wird also hierdurch steuerlich begünstigt.
Natürlich ist uns die Gefahr der Mitnehmereffekte in diesem Bereich bekannt. Wenn überhaupt bei einer solchen Maßnahme, dann lassen sie sich nur durch eine erhebliche Komplizierung bei der Verwaltung einschränken. Da wir Komplizierungen, wo immer möglich, vermeiden wollen, haben wir sowohl auf eine Plafondierung wie auf eine Befristung verzichtet.
Man muß die Anhebung der degressiven Abschreibung natürlich auch im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Hochzinspolitik sehen, auf die wir hier im Parlament leider keinen konkreten, keinen unmittelbaren Einfluß haben. Solange die dringend erwünschte Erleichterung vom Druck der Hochzinsschraube für die Wirtschaft wie z. B. für die Bauwilligen offenbar noch nicht möglich ist, soll die degressive Abschreibung wenigstens eine gewisse Kostenentlastung bei Investitionen und beim Bau und in all den anderen Bereichen, wo sich diese Zinsen auswirken, erreichen. Wir versprechen uns davon eine Belebung der Baunachfrage und auch eine Belebung des Baus von Mietwohnungen in Ballungsgebieten. Dies brauchen wir sehr dringend, zum einen, weil die Wohnungen wirklich gebraucht werden, und zum anderen, weil eine Belebung der Baunachfrage in den nächsten Monaten außerordentlich erforderlich ist.
Dem dient auch die Anhebung der Abschreibungshöchstbeträge beim § 7 b um 50 000 DM, weil auch dies eine gewisse Erleichterung und damit Anregung der Neubautätigkeit für Bauwillige darstellen soll. Nicht zuletzt dient der Erhaltung der Bauaktivität in den vor uns liegenden Monaten die Tatsache, daß die Streichung der Umsatzsteueroption im Bauherrenmodell bei Vermietung von Wohnraum, die zu einer ungleichmäßigen Besteuerung bei der Umsatzsteuer im Wohnungsbau und vor allem zu hohen Mitnehmereffekten geführt hat, erst zum Januar 1984 wirksam werden soll. Dies ist uns nicht leicht gefallen, denn aus dem Gesichtspunkt der Verteilungsgerechtigkeit wäre ein früheres Datum wünschenswert gewesen.
Der Verbesserung der steuerrechtlichen Bedingungen insbesondere für mittlere Unternehmen dient die Ausdehnung des Verlustrücktrages von bisher ein auf zwei Jahre. Dies zielt ganz besonders auf den Mittelstand mit seiner Beschränkung auf Verlustrückträge von 5 Millionen DM.
Zu den stärkeren Akzenten für eine Förderung von Wachstum und Investitionstätigkeit im Bereich der Unternehmensbesteuerung gehört auch die neue Investitionszulage in Höhe von 10 % für Investitionen in der Eisen- und Stahlindustrie, die dort erforderliche grundlegende Modernisierungen erleichtern und fördern soll und die vor allem auch Arbeitsplätze in diesem Bereich stützen soll.
Zweitens. Die sozialliberale Koalition hat durch ihre konkreten Vorhaben zur Einnahmeverbesserung durch Steuererhöhungen Mut bewiesen, denn die Erhöhung von Verbrauchsteuern - wie überhaupt Steuererhöhungen -, hier auf Tabak, Branntwein und Sekt, ist natürlich nicht populär. Diese Einnahmeverbesserungen für den Bundeshaushalt sind
aber erforderlich, wenn man ernst damit machen will, die Nettokreditaufnahme zu begrenzen.
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Im übrigen, meine Damen und Herren, ist die Erhöhung dieser indirekten Steuern eingebettet in eine stetige Steuerpolitik, den Anteil der direkten Steuern zurückzuschrauben, wie das durch viele Steuersenkungen erfolgt ist, und den Anteil der indirekten Steuern zu erhöhen. Wir werden daran auch in Zukunft festhalten.
Dritter Punkt: Die Koalition ist erneut, wie schon beim Subventionsabbaugesetz, konkret geworden beim Abbau von Subventionen und Steuervergünstigungen. Immer wieder hören wir, daß der Staat sparen solle, daß es viel zu viele Subventionen gebe. Sparen und Subventionsabbau seien dringend nötig. Besonders vollmundig ist da stets ein angeblicher Verein der Steuerzahler. Aber auch fast alle Verbände eröffnen ihre Schriftsätze treuherzig mit dieser Aussage: Es muß gespart werden und es müssen Subventionen und Steuervergünstigungen abgebaut werden, aber diese, ganz konkrete, unseren Bereich betreffende Subvention kann aus all den folgenden Gründen in gar keinem Fall eingeschränkt oder gar abgebaut werden.
Meine Damen und Herren, da muß man auch Mut haben. Da muß man auch stehen und muß sagen, wo man das machen will.
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Es geht jedenfalls nicht, das querbeet zu machen. Der Punkt, den der Kollege Grobecker erwähnt hat, ist natürlich für einen norddeutschen Abgeordneten nicht gerade der richtige. Aber deswegen muß man eben leider deutlich machen, wo man das machen will.
Wir haben jedenfalls weder beim ersten Subventionsabbaugesetz noch bei diesen Gesetzen, die jetzt hier vorliegen, die billige Flucht in die Rasenmähertheorie - wie das so schön heißt - genommen und sind mit irgendeiner prozentualen, globalen Kürzung an die Subventionen, wie das von der Opposition mit 5 % j a immer wieder gesagt wurde, herangegangen. Denn was würde ein einheitlicher Prozentsatz beim Abbau von Subventionen, Steuervergünstigungen und Finanzhilfen bedeuten? Das würde zunächst einmal einen totalen gesetzgeberischen Bürokratismus auslösen. Es würde das längste Artikelgesetz aller Zeiten werden. Kein Mensch hat gezählt, wie viele Gesetze davon überhaupt betroffen würden. Es würde zu Kleckerbeträgen in den verschiedensten Bereichen führen, die überhaupt nichts bewirken. Eine solche Pauschalkürzung würde überdies auch bestimmte Bereiche wie Energiesparen, wirtschaftsanregende Maßnahmen, also eine ganze Reihe von Punkten, die wir in der gegenwärtigen Zeit wollen müssen, betreffen. Das wäre also total kontraproduktiv. Eine prozentuale Pauschalkürzung wäre in unseren Augen mit Sicherheit keine Politik mehr.
Vierter Punkt: Einige steuerrechtliche Änderungen will ich hier erwähnen. Die sozialdemokratische Fraktion akzeptiert die Kürzung der steuerlichen
Begünstigungen, die in § 6 b des Einkommensteuergesetzes enthalten sind. Wir hätten noch lieber gesehen - das sage ich ganz offen -, wenn die berüchtigte Ziffer 5 im ersten Absatz, die diesen Paragraphen zum sogenannten Flick-Paragraphen gemacht hat, abgeschafft worden wäre.
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Aber man muß zugeben, es gibt in diesen Bereichen Kompromisse. Man muß kompromißfähig sein, wenn man Verantwortung tragen will. Jedenfalls halten wir auch zukünftig daran fest, eine Gestaltung zu finden, die Ausreißerfälle wie Flick unmöglich macht.
Wir begrüßen, daß die bisherigen steuerfreien Rücklagen für Kapitalanlagen in Entwicklungsländern endlich abgeschafft werden. Dies entspricht einer seit langem erhobenen Forderung meiner Fraktion, weil da nur Mitnehmereffekte gelaufen und überhaupt keine Hilfen für die Least Developed Countries herausgekommen sind.
Ich meine, daß es auch ohne weiteres akzeptabel und vor allem auch ein Beitrag der großen Unternehmen in dieser Phase der Haushaltskonsolidierung ist, wenn bei dem Punkt Pensionszusagen eine geringfügige Erhöhung um ein halbes Prozent von 51/2 auf 6 Prozent bei den Zinsen vorgenommen wird. 1960 in einer ganz anderen Kapitalzinslage haben Sie das schlicht und ergreifend von 3'/2 auf 51/2 %, also um 2 % erhöht. Heute sind die Kapitalmarktzinsen beinahe doppelt so hoch wie der damalige Zinssatz von 6 %, auf den das geht.
Meine Damen und Herren, wenn alle Gruppen beteiligt werden müssen mit einem Beitrag zur Konsolidierung der Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden, dann gehört dazu auch so etwas wie der Wegfall des Vorsteuerabzugs bei der Anschaffung von Betriebs-Pkws, ein realistischerer Ansatz bei den Privatanteilen der Unternehmer bei der Benutzung von Pkws, und es gehört dazu die Halbierung der Steuerermäßigung im Vermögensbildungsgesetz. Lieber Herr Kollege von Wartenberg, wenn Sie in diesem Zusammenhang auf Europa abheben: Sie kennen sicher die Liste, die ich Ihnen vorlesen könnte. Wir sind da als Bundesdeutsche eher die letzten, bestimmt nicht der Musterknabe. In den meisten Ländern ist nicht nur der Vorsteuerabzug für die Anschaffung des Pkw ausgeschlossen, sondern es sind auch die laufenden Kosten vorn Vorsteuerabzug ausgenommen. Da darf also keiner etwas Falsches sagen.
Fünfter Punkt: Wie bei jeder Änderung von Steuergesetzen muß man sich bemühen, mehr Steuergerechtigkeit zu schaffen und aufgetretene Mißbräuche einzuschränken. Mißbrauch - das ist hier heute schon mehrfach angesprochen worden - wird nach Auffassung der Sozialdemokraten mit der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten getrieben. Zu keinem Zeitpunkt waren Sozialdemokraten damit einverstanden, daß aus der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten wieder der alte ungerechte steuerliche Kinderfreibetrag wird.
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Dies haben jedoch praktisch die CDU/CSU-regierten Bundesländer durch eine Pauschalregelung zustande gebracht. Konsequent sieht deshalb das Haushaltsstrukturgesetz die ersatzlose Streichung der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten vor. Wir wollen diesen unsozialen Tatbestand, mit dem sogar Reitstunden steuerlich absetzbar gemacht werden, ersatzlos abschaffen.
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Dies ist um so wichtiger, meine Damen und Herren, als dadurch Mittel frei werden, die eine sonst unausweichliche Kürzung des Kindergelds für das zweite und dritte Kind erheblich mildern könnte.
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An diesem Punkt, Herr Kollege Kreile, werden wir festmachen, wie sozial denn die Einstellung der Mehrheit der Union im Bundesrat zum Kinderlastenausgleich ist.
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Mißbrauch, meine Damen und Herren, gibt es zum Beispiel auch bei der Lohnsteuerpauschalierung, wo viel schwarzgearbeitet wird.
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- Ich habe nur noch eine Minute Redezeit und kann deshalb keine Zwischenfrage mehr zulassen. Ich bedauere das sehr, Herr Kollege Kreile. - Zukünftig soll die Schwarzarbeit eingeschränkt, wenn nicht sogar ganz unmöglich gemacht werden. Ich denke, daß das mit der vorgeschlagenen Lösung zumindest denkbar ist.
Ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit ist auch die nunmehr vorgesehene Verwendung von Bausparmitteln durch Mieter zur Modernisierung ihrer Wohnungen - eine Sache, die längst überfällig gewesen ist.
Ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit und Steuervereinfachung ist die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von sogenannten unechten Zweifamilienhäusern, mit der die schlauen Steuerzahler gegenüber dem ehrlichen Steuerzahler über alle Gebühr begünstigt gewesen sind. Dies ist ein Beitrag zur Vereinfachung deshalb, weil zukünftig die einfache pauschale Besteuerungsregelung, die bisher für Einfamilienhäuser galt, zukünftig für alle vom Eigentümer selbst bewohnten Häuser gelten wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich appelliere hier an die Opposition und an den Bundesrat, keine Verweigerungsstrategie zu betreiben; denn dies ginge parteipolitischer Minivorteile wegen zu Lasten der Konsolidierung nicht nur des Bundeshaushaltes, sondern auch zu Lasten der Konsolidierung der Haushalte von Ländern und Gemeinden. Wenn Sie heute in die Zeitungen sehen, dann sehen Sie, wie es selbst in so wohlhabenden Ländern wie Baden-Württemberg aussieht. Ich bitte Sie sehr herzlich, mit dazu beizutragen, daß wir dies alsbald zu einem vernünftigen Abschluß bringen können. Ich finde, es wäre sehr hilfreich in dieser
Sache, wenn wir da nicht auch selber noch einen Krieg der Worte, der unnötig ist, auslösten.
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Das Wort hat Frau Abgeordnete Matthäus-Maier.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Coppik hat den heutigen Morgen damit begonnen, festzustellen, dieses Sparpaket sei unsozial und nicht beschäftigungswirksam. Er spricht ja nicht für sich alleine. Obwohl er, wie er sagte, nicht für SPD-Fraktion spricht, ist doch wohl bekannt, daß insbesondere große Teile der Gewerkschaften seine Meinung teilen. Wir konnten es in den letzten Tagen erneut hören. Deswegen finde ich es gut, daß er es hier dargelegt hat. Ich halte es daher für wichtig, daß wir hierauf reagieren, meine Damen und Herren.
Der Vorwurf war, dieses Paket sei unsozial und betreffe einseitig die Arbeitnehmer. Herr Coppik, haben Sie übersehen, daß in diesem Sparpaket wichtige Einsparungen die Unternehmer betreffen, angefangen bei der Streichung des Vorsteuerabzugs für die Betriebs-Pkw über die Verringerung der steuerlichen Berücksichtigung der Pensionsrückstellungen - ebenfalls wie beim ersten Punkt Einsparungen von über 1 Milliarde DM -, die Einschränkung der steuerlichen Berücksichtigung nach § 6 b des Einkommensteuergesetzes und die komplette Streichung der steuerlichen Rücklagen für Kapitalanlagen in Entwicklungsländern - allein 300 Millionen DM - bis zum Fortfall der Umsatzsteueroption beim Bauherrenmodell? Das sind doch wohl nicht Dinge, die die kleinen Leute, die Arbeitnehmer treffen.
Oder: Wie schätzen Sie denn Abschreibungserleichterungen ein? Das sind doch keine Geschenke für Unternehmen, meine Damen und Herren, sondern das ist der Wunsch, der Versuch dieser Regierung, Investitionsanreize zu geben. Das zur Beschäftigungspolitik, zur Arbeitsmarktpolitik in erster Linie Investitionen gehören, und zwar sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich, ist doch wohl auch bei den Gewerkschaften unumstritten. Herr Haack hat vor zwei Tagen darauf hingewiesen, daß allein die steuerlichen Verbesserungen im Wohnungsbaubereich zum Bau von 30 000 bis 50 000 Wohnungen führen. Da jede neu gebaute Wohnung pro Jahr rund zwei Beschäftigten in der Bauindustrie Arbeit gibt, schafft dies im Bereich der Bauindustrie 60 000, 80 000 oder 100 000 Beschäftigten Arbeit. Das sind Tatsachen, die auch die Gewerkschaften sehen müssen. Sie können daher Abschreibungsverbesserungen im Baubereich nicht allein der Butterseite der Unternehmen zurechnen.
Oder: Sie vergessen, hier die Stahlzulage dagegenzurechnen, zu der z. B. die Landwirte quer durch alle drei Fraktionen sagen: Was sagt ihr immer gegen Subventionen im EG-Agrarbereich, während hier Subventionen in riesiger Größenordnung zur Sicherung von Arbeitsplätzen in der Stahlindustrie zur Verfügung gestellt werden. Geht das denn nur an die
Unternehmen, oder ist das nicht auch für den Beschäftigten in der Stahlindustrie wirksam?
Oder: Es wurde die Verbesserung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes kritisiert, meine Damen und Herren. Es ist bekannt, daß ich selber die Konstruktion des § 7 b, so wie er heute existiert, nicht für die beste halte. Aber daß er gerade kleineren Leuten, gerade in der jetzigen Situation angesichts der hohen Zinsen, das Bauen eines Einfamilienhauses erleichtert, kann doch wohl niemand bestreiten.
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Ich glaube also, der Vorwurf des Unsozialen ist einäugig; er sieht die Realitäten in diesem Paket nicht.
Einen einzigen Punkt halte ich für eine gravierende Schwäche dieses Pakets, für, wenn Sie so wollen, unsozial - das habe ich immer gesagt - nämlich, die Streichung des Kindergeldes. Aber, meine Damen und Herren, wir haben ja den Ausweg aufgezeigt. Wir wollen nicht die Absenkung des Kindergeldes, wenn nur die Opposition im Bundesrat bereit ist, den Kinderbetreuungsbetrag mit uns zu streichen.
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Herr Coppik hat hier auch den Verteidigungshaushalt angesprochen. Herr Coppik, auch mir wäre lieber, wenn wir da noch mehr streichen würden; das werden wir in der Zukunft auch tun. Aber haben Sie vergessen, daß noch bis vor einem halben Jahr die Devise, wir müssen den Verteidigungshaushalt auf Grund einer internationalen Verpflichtung um real 3 % erhöhen, als fast unumstößlich galt? Wir sind von dieser Devise herunter, das Sparpaket betrifft auch diesen Punkt. Wir erhöhen den Verteidigungshaushalt nicht mehr als den Gesamthaushalt, d. h., er steigt nicht nur nicht um 3 %, er sinkt real. Daß das für unseren Außen- und den Verteidigungsminister nach außen nicht einfach klarzumachen war, sehen Sie an den Reaktionen der Amerikaner sowie der Opposition, die uns ja bis heute dazu drängt, den Verteidigungshaushalt stärker zu erhöhen, als wir es tun.
Dann geht ein Vorwurf dahin, das soziale Netz sei im Kern berührt. Ich glaube, daß auch das nicht richtig ist. Ich darf Ihnen einige Fragen stellen. Ist es sozial wirklich unerträglich, die Sperrfrist für diejenigen Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz bei dieser Arbeitsmarktlage ohne wichtigen Grund kündigen, von vier auf acht Wochen zu erhöhen? Ich halte das nicht für sozial unerträglich.
Oder: Ist es sozial wirklich unerträglich, wenn man künftig innerhalb der letzten drei Jahre zehn Beschäftigungsmonate vorweisen muß, um Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben? Ich halte das nicht für sozial unerträglich.
Oder: Ist es sozial wirklich unerträglich, dafür zu sorgen, daß derjenige, der heute im Jahr teilweise erwerbstätig und teilweise arbeitslos ist, aber über den Lohnsteuerjahresausgleich ein höheres Nettoeinkommen erhält, als der, der das ganze Jahr erwerbstätig war, nicht mehr besser dasteht als der, der ganzjährig gearbeitet hat? Ist das sozial unerträglich? Ich kann das nicht so sehen. Ich glaube, daß derjenige, der regelmäßig seinen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zahlt und der plötzlich arbeitslos wird - das ist ja der, den wir vor Augen haben, den es zu schützen gilt -, von alledem hier überhaupt nicht berührt wird. Deswegen ist der Kern des sozialen Netzes nicht berührt.
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Meine Damen und Herren, ich glaube, daß sich verantwortungsbewußte Gewerkschaften, die j a auch sehen müssen, daß die Explosion der Kosten bei der Bundesanstalt für Arbeit nicht so weitergehen kann, weil die Gefahr besteht, daß dann das soziale Netz aus seinen finanziellen Verankerungen gerissen wird, nicht hinstellen und erklären sollten, wir sagen zu allem nein, was da kommt. Im Grunde hätten Vorschläge der genannten Art schon vor Jahren von verantwortungsbewußten Gewerkschaften kommen müssen, und wir dürften sie ihnen hier im Deutschen Bundestag nicht aufzwingen müssen; denn es gehört doch zur Arbeitnehmerpolitik auch, dafür zu sorgen, daß die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nicht explodieren. Es gehört zur Solidarität doch auch, daß wir nicht nur auf der Seite derer, die Beschäftigung haben, die Beiträge erhöhen, sondern umgekehrt auf der anderen Seite die Kosten einsparen. Ich glaube, daß nach diesen Maßnahmen das soziale Netz im Bereich der Bundesanstalt für Arbeit gerechter und leistungsstärker ist, weil es in seinen finanziellen Verankerungen gehalten ist.
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Da haben sich viele Arbeitnehmer hingestellt - und die sind auch zum großen Teil Mitglied einer Gewerkschaft. - und haben gefragt: Warum wurde in der letzten Zeit beim öffentlichen Dienst nicht mehr gemacht, warum wurde da nicht eingespart? Aha, wurde kritisiert, die FDP hat mit ihren Ministern Genscher und Baum verhindert, daß bei ihrer Klientel etwas verändert wird. Nun nehmen wir in diesem Paket auch Einsparungen beim öffentlichen Dienst vor, zweifellos nicht angenehme, aber in Anbetracht der Einsparnotwendigkeit doch richtige. Und da stellt sich auf einmal Herr Klunker hin und sagt, das sei alles unerträglich, sei unsozial, dürfe nicht sein, es müsse gestreikt werden. Ich meine, daß verantwortungsbewußte andere Einzelgewerkschaften hier Herrn Klunker bremsen müßten; denn deren Mitglieder zahlen doch für den öffentlichen Dienst.
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Oder: Ich erinnere daran, daß Herr Steinkühler in dem bekannten Flugblatt die Verdoppelung der Mehrwertsteuer für die freien Berufe kritisiert. Das treffe auch den kleinen Mann; denn die freien Berufe würden dies doch selbstverständlich bei ihren Preisen weiterwälzen. Meine Damen und Herren, da kann ich nun wirklich nicht mehr folgen. Natürlich wird abgewälzt. Nur, mit dieser Begründung können Sie doch keine einzige Steuervergünstigung streichen, keinen Subventionsabbau betreiben, denn
selbstverständlich wird auch das in den Preisen weitergewälzt.
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Ich glaube schon, daß man das, was wir hier tun, offensiv vertreten kann, nicht nach dem Motto „Augen zu und blindlings durch", sondern wir haben schon versucht, ein Paket zu schnüren, das möglichst viele in dieser Gesellschaft betrifft. Da muß ich mich an Teile der SPD wenden, und ich spreche Sie an, Herr Coppik, weil Sie es hier offen gesagt haben. Das halte ich für richtig, aber lassen Sie mich eben auch offen antworten. Dann kann man sich nicht hinstellen und so tun, als sei dies alles die FDP. Sie können nicht - lassen Sie mich das so sagen - von der Erhöhung der Sektsteuer über die Verdoppelung der Mehrwertsteuer bei den freien Berufen bis zur Verbesserung des § 7 b alles als unsozial darstellen und als böses Machwerk der Liberalen brandmarken. Das geht nun mal nicht. Ich glaube deswegen, wir sollten in argumentative Auseinandersetzungen eintreten.
Dazu kommt der Vorwurf - und den hielte ich für den schlimmsten, wenn er zuträfe -, das sei alles nicht beschäftigungswirksam und sei Brüningsche Politik. Meine Damen und Herren, diese FDP und diese Koalition sind für Beschäftigungspolitik. Wir haben das als FDP in einem wichtigen Programm vor wenigen Wochen auf unserem Bundeshauptausschuß noch einmal beschlossen. Dieses Sparpaket ist auch nicht Ausdruck Brüningscher Politik. Das sehen Sie schon daran, daß wir zwar auf der einen Seite sparen, aber auf der anderen Seite - der Kollege Gobrecht hat darauf hingewiesen - wichtige Impulse im Bereich der Investitionen geben, z. B. bei der Verbesserung der Abschreibungsbedingungen für Anlagegüter und für Wohngebäude und auch im § 7 b. Die Philosophie, die dahintersteht, ist doch die: Wir wollen umschichten aus den konsumtiven Teilen der Haushalte hin zu den investiven Teilen der Haushalte. Denn daß Investitionen der entscheidende Dreh- und Angelpunkt für mehr Beschäftigung sind, das ist in diesem Lande doch wohl unumstritten. Das heißt natürlich in erster Linie private Investitionen. Schon von der Größenordnung her ist das selbstverständlich. Das heißt aber auch öffentliche Investitionen. Man sollte hier nicht die privaten und die öffentlichen Investitionen gegeneinander ausspielen. Das ist kein Gegensatz. Selbstverständlich brauchen wir auch mehr öffentliche Investitionen z. B. bei der Fernwärme, beim Lärmschutz, bei den Abwasseranlagen, bei der Bundesbahn, in anderen Bereichen.
Die Frage hier ist: Wie bezahlen wir das? Das ist doch das, was uns hier in der Diskussion unterscheidet. Deswegen: Machen Sie die Unterschiede nicht größer, als sie sind! Wo kommt das Geld her, um diese notwendigen und sinnvollen Investitionen zu bezahlen? Herr Glombig hat eben gesagt, diese Frage sei nicht das Bier der Sozialpolitiker. Doch, Herr Glombig, diese Frage ist auch das Bier der Sozialpolitiker. ({6})
- Wenn ich Sie so verstehen darf, daß es unser aller Bier ist, dann bin ich Ihnen für diese Aussage dankbar. Denn es ist unser aller Aufgabe, öffentlich zu sagen: Wie bezahlen wir es?
Da gibt es nur drei Wege. Der eine Weg ist der einer höheren Kreditaufnahme. Wir halten davon nichts, weil wir glauben, daß der entscheidende Beschäftigungsimpuls heute nur über eine Zinssenkung kommen kann.
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Meine Damen und Herren, daß dies - ich darf es so sagen - kein bösartiges Kapitalistenprogramm ist, sehen Sie schon daran, daß auch der kleine Häuslebauer dankbar wäre, wenn er die Zinsen gesenkt bekäme. Warum stagniert denn der private Eigenheimbau? Doch wegen der hohen Zinsen.
Oder denken Sie bitte daran, daß die Gestaltungsfähigkeit unserer Haushalte durch jede weitere Neuverschuldung entscheidend beeinträchtigt wird. Eine Nettoneuverschuldung um 1 Milliarde DM bedeutet in den Folgejahren eine Zinsbelastung von je über 100 Millionen DM, die wir nicht ohne weiteres hinnehmen sollten. Das führt nachher bei denjenigen Haushalten zu Einschränkungen, die gesetzlich nicht gebunden sind. Frau Schuchardt z. B. klagt mir gegenüber, daß für die humanitäre Hilfe kein Geld mehr übrigbleibe. Diese ist nämlich gesetzlich nicht geregelt. Dies sind aber die Folgen, wenn wir die finanzielle Gestaltungskraft in den Haushalten verlieren. Daher muß beim Verbrauch gekürzt werden.
Der zweite Gesichtspunkt: Wir haben zunächst 100 Millionen DM beim BAföG gestrichen. Ich bin sehr froh, daß wir diese 100 Millionen DM Einsparung beim Schüler-BAföG wieder zurückgenommen haben. Sie sehen daran - 100 Millionen DM Schüler-BAföG auf der einen Seite und auf der anderen Seite Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte um jährlich 100 Millionen DM dann, wenn man die Nettoneuverschuldung um 1 Milliarde DM erhöht -, um welche Größenordnung es bei der Kreditaufnahme geht.
Frau Abgeordnete, Sie haben sicher festgestellt, daß Ihre Redezeit abgelaufen ist. Ich würde gern vor der Mittagspause noch die Abstimmung durchführen.
Ich bin sofort fertig, Herr Präsident.
Lassen Sie mich nur noch folgendes sagen: Auch höhere Steuern scheinen uns ein falscher Weg zu sein, nicht nur weil die Abgabenbelastung schon sehr hoch ist, sondern weil die Öffentlichkeit von uns zu Recht erwartet, daß wir die Einsparmöglichkeiten, die vorhanden sind, auch nutzen.
Ich las gestern zufällig in der Zeitung - und Sie können jeden Tag so etwas lesen -: „Bundesrechnungshof kritisiert Steuerverschwendung in Milliarden-Höhe". „Bundesrechnungshof kritisiert nutzlose Schlachtprämie". - Meine Damen und Herren, solange wir so etwas noch in Milliarden-Höhe haben, erwartet die Öffentlichkeit von uns zu Recht, nicht den bequemen Weg einer Erhöhung der Neuverschuldung oder einer Erhöhung der Steuern zu gehen, sondern den des Einsparens. Und da kann es selbstverständlich nicht nur an die Sozialleistungen gehen, da muß es auch an Subventionen gehen, an Steuervergünstigungen, an die hohen Steueraußenstände des Staates - über 10 Milliarden DM. Da wird schon einiges beisammenkommen.
Meine Damen und Herren von der Union, ich fordere Sie auf: Machen Sie im Bundesrat bei der Einschränkung von Steuervergünstigungen mit! Sie wollen an das BAföG. Bisher haben Sie aber alle Versuche, den Ausbildungsfreibetrag zu kürzen oder einzuschränken, abgeblockt. Dieser Ausbildungsfreibetrag begünstigt die besser verdienenden Eltern von Studenten. Ich meine, daß wenn man über BAföG diskutiert, auch der Ausbildungsfreibetrag zur Diskussion stehen muß.
Ich sage Ihnen: Wir haben dieses Sparpaket nunmehr auf den Weg gebracht. Die entscheidende Aufgabe wird nachher beim Vermittlungsausschuß liegen. Ich bitte Sie darum: Machen Sie das Beste daraus.
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Ich halte es insgesamt für eine beachtliche Leistung. Ich meine, sowohl beschäftigungspolitisch als auch finanzpolitisch ist es ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. - Danke.
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Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu den Punkten 3, 4, 5 und 11 der Tagesordnung liegen nicht vor.
Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung über Punkt 3 der Tagesordnung - 2. Haushaltsstrukturgesetz -.
Wir stimmen über den Gesetzentwurf in der Ausschußfassung auf Drucksache 9/971 ab. Die Fraktion der CDU/CSU hat Einzelabstimmung über eine Reihe von Vorschriften verlangt.
Ich rufe Art. 1 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei zwei Gegenstimmen ist die aufgerufene Vorschrift angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist die aufgerufene Vorschrift angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 2 a, 3 und 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Gegen zwei Stimmen sind die aufgerufenen Vorschriften angenommen.
Ich rufe Art. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU ist die aufgerufene Vorschrift angenommen.
Ich rufe Art. 3 § 1 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 3 § 1 Nr. 2 bis 11 und § 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU ist die aufgerufene Vorschrift angenommen.
Ich rufe Art. 3 § 3 Abs. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist damit einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 3 § 3 Abs. 2 und 3, §§ 4 und 5 sowie Art. 3 a und 3 b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Ich rufe Art. 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist damit einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 5 § 1 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1025 ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist gegen die Stimmen der CDU/CSU angenommen.
Wer Art. 5 § 1 in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Änderung anzunehmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei zwei Gegenstimmen ist die aufgerufene Vorschrift angenommen.
Ich rufe Art. 5 §§ 2 und 3, Art. 7 und 8 Nr. 1 bis 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei zwei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 8 Nr. 5 und 6 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU sind die aufgerufenen Vorschriften angenommen.
Ich rufe die Art. 9,10 und 12 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Vizepräsident Windelen
Ich rufe die Art. 13 und 14 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Ich rufe Art. 15 und 23 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei zwei Stimmenthaltungen angenommen worden.
Ich rufe Art. 24 und 25 Nr. 1 bis 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind gegen die Stimmen der CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 4, 4 a, 4 b und 5 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei zwei Enthaltungen angenommen worden.
Ich rufe Art. 25 Nr. 5 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der CDU/ CSU-Fraktion angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 6 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 6 a, Nr. 7 Buchstabe a und b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 7 c auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 7 Buchstabe d auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1022 ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Wer Art. 25 Nr. 7 Buchstabe d in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen worden.
Ich rufe Art. 25 Nr. 7 Buchstabe e auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 8 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 8 a und 9 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei zwei Stimmenthaltungen gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 9 a und 10 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei zwei Gegenstimmen und Stimmenthaltung der Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion angenommen worden.
Ich rufe Art. 25 Nr. 11 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen worden.
Ich rufe Art. 25 Nr. 12 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist bei Stimmenthaltung der CDU/CSU-Fraktion angenommen worden.
Ich rufe Art. 25 Nr. 13 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 14 bis 19 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 25 Nr. 20 bis 22 auf. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei Stimmenthaltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe Art. 25 a und Art. 26 Nr. 1 und 2 auf. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 26 Nr. 3 bis 6 auf. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Ich rufe Art. 27 auf. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe Art. 28 und Art. 29 Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Vizepräsident Windelen
Ich rufe Art. 29 Nr. 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Ich rufe Art. 29 Nr. 4 bis 7 auf. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 30 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist damit gegen die Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe die Art. 31, 33 und 34 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 34 Nr. 2 bis 6 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei Stimmenthaltung der CDU/CSU-Fraktion angenommen.
Ich rufe Art. 34 Nr. 7 und 8 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer lehnt ab? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 34 Nr. 8 a und 9 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind bei Stimmenthaltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion angenommen.
Ich rufe Art. 35 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer lehnt ab? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 36 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer lehnt ab? - Wer enthält sich der Stimme? - Art. 36 ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/ CSU angenommen.
Ich rufe Art. 37 und 38 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Art. 37 und 38 sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 39 auf. Wer wünscht zuzustimmen? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Art. 39 ist bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Es bleibt noch über die Einleitung und die Überschrift abzustimmen. Wer der Einleitung und der Überschrift zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? ({0})
Einleitung und Überschrift sind bei Stimmenthaltung der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Es ist vorgesehen, daß wir nun in die dritte Beratung eintreten. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Gesetz ist bei den Gegenstimmen der Fraktion der CDU/ CSU und bei zwei Stimmenthaltungen aus der Fraktion der SPD angenommen.
Es ist noch über eine Beschlußempfehlung des Finanzausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt, den Gesetzentwurf der Abgeordneten Kiep, Dr. Jahn ({1}), Dr. Schneider und weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 9/467 und den Gesetzentwurf des Bundesrats auf Drucksache 9/839 abzulehnen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Zu dem 2. Haushaltsstrukturgesetz liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP auf Drucksache 9/1026 vor. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Entschließungsantrag ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung zu dem Tagesordnungspunkt 4: Neuntes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes - Drucksache 9/972 -.
Ich rufe die Art. 1 bis 5 sowie Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen! - Wer enthält sich der Stimme? - Gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und drei Stimmen aus der Fraktion der SPD sind die aufgerufenen Vorschriften angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Gesetz ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU und vier Stimmen aus der Fraktion der SPD angenommen.
Es ist noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/972 unter Nr. 2 die Annahme einer Entschließung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die Beschlußemp3702
Vizepräsident Windelen
fehlung des Ausschusses ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung über Punkt 5 der Tagesordnung: Verbrauchsteueränderungsgesetz 1982 - Drucksache 9/979 -.
Ich rufe Art. 1 bis 6 sowie Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Gesetz ist gegen die Stimmen der Mitglieder der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Wir kommen jetzt noch zur Einzelberatung und Abstimmung über Punkt 11 der Tagesordnung: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes - Drucksache 9/829, 9/916 -. Ich rufe die Art. 1 bis 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Gesetz ist gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/CSU angenommen.
Ich unterbreche die Sitzung. Wir treten in die Mittagspause ein. Die Beratung wird um 14 Uhr mit der Fragestunde fortgesetzt.
({2})
Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
Wir treten in die Fragestunde - Drucksache 9/984 ein. Wir kommen zuerst zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung der Fragen ist der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Penner hier.
Ich rufe die Frage 37 des Abgeordneten Breuer auf:
Treffen Pressemeldungen zu, nach denen Bundesverteidigungsminister Dr. Apel vor der 25. Kommandeurtagung der Bundeswehr erklärt haben soll, die Friedensbewegung werde finanziell aus Moskau unterstützt?
Herr Kollege Breuer, der Bundesminister der Verteidigung hat festgestellt, daß er seine Äußerungen nicht auf die Friedensbewegung bezogen wissen wollte. Vielmehr hat er die kommunistischen Gruppen gemeint, von denen seit langer Zeit bekannt ist, woher sie unterstützt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Breuer, bitte sehr.
Herr Staatssekretär, ist es möglicherweise der Aufmerksamkeit Ihres Ministeriums entgangen, daß die „Stuttgarter Zeitung" vom 28. Oktober 1981 unter der Überschrift „Apel: Die Friedensbewegung wird finanziell von Moskau unterstützt" Entsprechendes berichet?
Dr. Penner, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege Breuer, ich sehe keine Widerspruch zwischen dem, was ich gesagt habe, und dem, was Sie ausgeführt haben.
Ich bleibe dabei, daß der Bundesminister der Verteidigung mit seiner Äußerung nicht die Friedensbewegung insgesamt gemeint hat, sondern nur die kommunistischen Gruppen, die sich an die Demonstration am 10. Oktober 1981 und anderweitig angeschlossen haben.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Breuer.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich das Zustandekommen folgender zweier Zitate in der „Stuttgarter Zeitung":
... er sei „davon überzeugt, daß die politische Infrastruktur und auch die organisatorische Infrastruktur,"
- immer bezogen auf die Friedensbewegung „sicherlich auch finanzielle Mittel, aus Moskau kommen".
Und das zweite Zitat:
„Die Moskowiter tun viel, um zur Gleichzeitigkeit und Gleichförmigkeit der Demonstrationen in den verschiedenen Hauptstädten Westeuropas" beizutragen.
Herr Breuer, es ist nicht in mein Wissen gestellt, Ihre Frage zu beantworten, wie die Berichterstatter diese Zitate zusammengestellt haben. Aber eins ist klar: Die Sowjetunion hat natürlich auch ein Interesse daran, ihre Position deutlich zu machen. Aber um es zu wiederholen: Der Bundesminister der Verteidigung hat mit seiner Äußerung, die Sie angesprochen haben, nicht die Friedensbewegung insgesamt gemeint.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wimmer.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, uns die Darstellungen des Bundesministers der Verteidigung auf dieser fraglichen Kommandeurstagung, die im Wortlaut ja auch auf der Bundespressekonferenz wiedergegeben worden sind, einmal kurz vorzutragen, damit wir selbst beurteilen können, was da gesagt worden ist?
Der Bundesminister der Verteidigung hat eine längere Rede gehalten. Ich bin gerne bereit, Herr Kollege Wimmer, Ihnen den Wortlaut der Rede zuzuschicken.
Keine weiteren Zusatzfragen?
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Pauli auf:
Wie viele Wehrpflichtige, deren Antrag auf Kriegsdienstverweigerung rechtskräftig abgelehnt wurde, befinden sich zur Zeit wegen sich daraus ergebender Straftaten - also vor allem Befehlsverweigerung - im Strafvollzug bzw. bei der Bundeswehr in Disziplinararrest, und welche Inhaftierungszeiten sind dabei in der Regel gegeben?
Kollege Pauli, über die Zahl der strafrechtlich verurteilten Wehrpflichtigen, deren Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer rechtskräftig abgelehnt wurde, liegen keine Statistiken vor. Das gleiche gilt für Disziplinararreste, Strafarreste, Jugendarreste und Freiheitsstrafen in Vollzugseinrichtungen der Bundeswehr.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Pauli.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich beklage, daß es für diesen Bereich keine Zahlen gibt, und sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die außerordentlich hohe Schätzzahl der hier in Rede stehenden Bestrafungen, die z. B. bei der Zentralstelle in Bremen registriert sind, Anlaß sein könnte, diesen jungen Menschen größere Aufmerksamkeit zu widmen?
Ich glaube nicht, daß wir diesem Fallbereich keine Aufmerksamkeit schenken. Es ist allerdings richtig, daß wir statistische Erhebungen über diesen Personenbereich nicht haben.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Pauli.
Herr Staatssekretär wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß in nur zehn von mir untersuchten und zum Teil noch nicht abgeschlossenen Verfahren, also Verfahren gegen zehn junge Bürger unseres Staates, insgesamt 194 Tage Disziplinararrest, 163 Tage Untersuchungshaft, 23 Monate Strafarrest mit Bewährung und sechs Monate Strafarrest ohne Bewährung verhängt worden sind, und halten Sie es nicht für angebracht, auch die Verfassungsmäßigkeit der immer wieder vorkommenden Mehrfachbestrafungen zu überprüfen?
Herr Kollege, wie Sie wissen, gibt es bei uns die Dreiteilung der Gewalten, und das, was die Gerichte tun, ist der Nachprüfung durch die Administration entzogen. Aber ich nehme Ihre Angaben gern auf, um dem nachzugehen, soweit mir dies nicht aus rechtlichen Gründen versperrt ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Herberholz.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dies zum Anlaß zu nehmen, in Zukunft diese Fälle statistisch zu erfassen?
Ich habe vorhin gesagt, daß auch uns diese Ereignisse nicht gleichgültig lassen. Ob sie sich praktikabel überhaupt erfassen lassen, müßte geprüft werden. Aber ich sage Ihnen diese Prüfung zu.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 39 des Abgeordneten Pauli auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung nach Schaffung eines Rehabilitationsgesetzes für die im Sinne der Frage 38 strafrechtlich verfolgten Kriegsdienstverweigerer und nach Amnestie für solche, die sich zur Zeit in Haft bzw. Disziplinararrest befinden?
Herr Kollege Pauli, das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht, daß das Fortbestehen der Dienstpflicht bis zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr unabdingbar sei. Die eigenmächtige Dienstverweigerung kann im Hinblick auf die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nicht hingenommen werden. Es ist nicht beabsichtigt, dem Gesetzgeber vorzuschlagen, für den von Ihnen genannten Personenkreis ein Straffreiheitsgesetz oder ein solches über Rehabilitationsmaßnahmen zu schaffen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Pauli.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mit mir darin übereinstimmen, daß die nach dem Gesetz strafbaren Handlungen wie z. B. Befehlsverweigerung und Fahnenflucht auch eine Manifestation des Gewissens jener jungen Menschen sein könnten, die nicht in der Lage waren, ihren Gewissensgründen nachhaltig und insbesondere erfolgreich Ausdruck zu verleihen?
Ich kann Ihre Überlegungen verstehen. Aber Sie müssen Verständnis dafür haben, daß die Bundeswehr darauf angewiesen ist, einsatzbereit zu sein, und ein Ausscheiden aus dem Bereich der Bundeswehr aus den angesprochenen Gründen erst in Betracht kommen kann, wenn rechtskräftig Gründe festgestellt werden, die dies rechtfertigen.
Wünschen Sie eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Pauli? - Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, würden Sie zur Kenntnis nehmen wollen, daß es sich hier auch um junge Menschen handelt, die in einem meines Erachtens fragwürdigen Verfahren deshalb nicht anerkannt wurden, weil sie sich eben nicht hinreichend artikulieren konnten, und heute dadurch belastet sind, daß sie fürchten müssen, als Vorbestrafte bekannt zu werden? Und darf ich Sie fragen, welche Möglichkeiten Sie sehen, diesen jungen Menschen im Sinne meiner Frage zu helfen und ihnen den Stempel der Strafverfolgung zu nehmen.
Herr Kollege Pauli, in den Fällen, in denen sich abzeichnet, daß die Inanspruchnahme des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung Erfolg haben kann, besteht die Möglichkeit, den Betreffenden vom Dienst an der Waffe freizustellen. Im übrigen wird zu Recht beklagt, daß wir seit Jahren leider erfolglos darum bemüht sind, das Verfahren für die Anerkennung von Kriegsdienstverweigerern zu verbessern. Ich hoffe und gehe davon aus, daß ein erneuter Anlauf in dieser Legislaturperiode mehr Erfolg haben wird als die vergangenen Bemühungen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Wörner.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die Ablehnung in einem vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Verfahren - dessen Verbesserungsbedürftigkeit ich gleich sehe wie Sie - einen jungen Menschen weder moralisch noch juristisch rechtfertigen kann, wenn er Straftaten begeht?
Herr Kollege Wörner, über Recht und Moral würde ich mich mit Ihnen gerne etwas länger unterhalten. Es ist aber richtig: Die Funktionsfähigkeit des Staates hängt entscheidend davon ab, daß Entscheidungen, die von den dafür bestimmten Organen ergehen, auch respektiert werden.
Herr Kollege Dr. Wörner, es ist nicht unüblich, dann stehenzubleiben, wenn man eine Frage gestellt hat, während die Antwort erfolgt.
({0})
Herr Präsident, Herr Kollege Dr. Wörner und ich kennen uns so gut, daß ihm das selbstverständlich gestattet ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Immer.
Würde nicht, nachdem auch die CDU auf ihrem Parteitag avisiert hat, daß sie möglicherweise einer Regelung ohne Gewissensprüfung zustimmen würde, bei einer solchen Regelung ein Makel aus vergangenen, von uns allen als unbefriedigend angesehenen Verfahren zurückbleiben, wenn man hier nicht doch nach einem Weg suchte?
Herr Kollege Immer, es ist immer so, daß ein Unbehagen zurückbleiben kann, wenn man verbesserte Regelungen findet, jedenfalls Verbesserungen gegenüber dem, was vorher gegolten hat.
Keine Zusatzfrage mehr.
({0})
- Das ist nicht möglich, Herr Dr. Wörner. Sie haben das Recht, eine Zusatzfrage zu stellen.
({1})
- Ich würde Ihnen j a gerne Gelegenheit geben, hier noch ein paar schöne Bemerkungen zu machen, aber nach der Geschäftsordnung ist das leider nicht erlaubt.
Ich rufe Frage 40 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Widersprüche von Wehrpflichtigen gegen ihre Einberufung von den Widerspruchskammern der Wehrbereichsverwaltungen, insbesondere der Wehrbereichsverwaltung IV, auch positiv beschieden oder generell abgelehnt werden?
Herr Kollege Dr. Enders, die Wehrbereichsverwaltung IV hat in der Zeit vom 1. Januar 1979 bis 30. September 1981 von insgesamt 14 706 Widersprüchen gegen Einberufungsbescheide 1 179 - das sind 8 v. H. - positiv entschieden. 658 Widersprüche - das sind 4,5 v. H.
- wurden zurückgenommen oder haben sich aus anderen Gründen erledigt. Bei den anderen Wehrbereichsverwaltungen verhält es sich nach ersten Erhebungen entsprechend. Im übrigen erlaube ich mir den Hinweis, daß die Widerspruchsbescheide der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Enders.
Herr Staatssekretär, können Sie verstehen, daß Ihre Antwort den Verdacht nährt, daß die Widerspruchskammern bei den Wehrbereichsverwaltungen allzu leicht gegen den Wehrpflichtigen entscheiden und daß dadurch Zweifel an der Objektivität dieser Kammer bestehen?
Herr Kollege Dr. Enders, ich bin immer bemüht, mich in denjenigen hineinzudenken, der eine Auffassung äußert. Sie werden aber Verständnis dafür haben, daß diese Auffassung von hier aus nicht geteilt werden kann.
Eine Anschlußzusatzfrage, Herr Dr. Enders.
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht auch, daß man die Mitglieder der Widerspruchskammern bei den Wehrbereichsverwaltungen austauschen sollte, vielleicht in einem Turnus, damit nicht mehr, wie bisher eindeutig bewiesen, zu sehr der Standpunkt der Behörde berücksichtigt wird, sondern künftig mehr die Situation der Wehrpflichtigen?
Herr Kollege Dr. Enders, es tut natürlich in vielen Bereichen auch der öffentlichen Verwaltung manchmal not, den einen gegen den anderen auszuwechseln. Aus meiner Sicht besteht aber kein Anhaltspunkt, daß die Widerspruchskammern, soweit sie entschieden haben, sich in einer Weise entschieden haben, die dem geltenden Recht nicht entspräche.
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe Frage 41 des Herrn Abgeordneten Enders auf:
Kann es die Bundesregierung angesichts der fehlenden Ausbildungs- und Studienplätze heute noch rechtfertigen, daß junge Wehrpflichtige aus ihrem Ausbildungsverhältnis herausgerissen und zur Bundeswehr eingezogen werden und durch diese Unterbrechung eine Verlängerung ihrer Ausbildungszeit gegenüber ihren Jahrgangsklassen als persönliche Härte hinnehmen müssen und die ohnehin raren Ausbildungsplätze monatelang bis zur Rückkehr des Wehrpflichtigen nicht genutzt werden können?
Nach den Bestimmungen des Wehrpflichtgesetzes beschränkt sich die Unterbrechung der Ausbildung durch den Wehrdienst auf die Fälle, in denen die Ausbildung noch nicht weitgehend gefördert, also ein Drittel der normalen Ausbildungszeit noch nicht erreicht ist. Die Einberufung vor dem Abschluß der Ausbildung unterbleibt dann, wenn diese nach dem Wehrdienst nur mit erheblicher Verzögerung fortgesetzt werden könnte. Bei einem Zeitverlust von mehr als sechs Monaten kann der Wehrpflichtige die Ausbildung zu Ende führen. Nach dem Wehrpflichtgesetz und der Rechtsprechung bleiben allerdings bei der Zurückstellung Gesichtspunkte außer Betracht, die sich nicht an den persönlichen Belangen der Wehrpflichtigen orientieren.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Enders.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht auch für eine ungebührliche Härte, wenn ein junger Mann, nachdem er bei dem heutigen Mangel an Ausbildungsplätzen einen solchen Platz erlangt hat, nach wenigen Wochen der Ausbildung herausgerissen und zur Bundeswehr eingezogen wird?
Herr Kollege Dr. Enders, ich kann natürlich verstehen, daß das in einigen Fällen schwieirg und hart wirkt. Aber ebenso klar ist, daß bei diesem Verfahren auch die Belange der Bundeswehr nicht außen vor bleiben dürfen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Enders.
Herr Staatssekretär, sollte man dann nicht angesichts dieser Rechtslage daran denken, das Wehrpflichtgesetz dergestalt zu ändern, daß die jungen Leute während ihrer Ausbildung nicht solche gravierenden Nachteile hinnehmen müssen, wie es heute noch immer geschieht?
Herr Kollege Dr. Enders, ich muß da hinzufügen: Es gibt einen weiteren Gesichtspunkt, den ich vorhin angedeutet habe. Das ist der Gesichtspunkt, daß dabei auch die Belange der Bundeswehr bedacht werden müssen. Es ist ein Abwägen zwischen persönlichen Belangen und dem Interesse der Bundeswehr. In diesem Abwägungsverfahren wird es sicherlich immer wieder mal zu Entscheidungen kommen, die einmal aus der Sicht der Bundeswehr und einmal aus der Sicht des einzelnen Betroffenen nicht zureichend begründet erscheinen.
Keine Zusatzfrage mehr.
Dann rufe ich die Frage 42 des Abgeordneten Dr. Wörner auf:
Hält die Bundesregierung den vom sowjetischen Parteichef Breschnew in seinem Spiegel-Interview vom 2. November 1981 aufgestellten Kräftevergleich im Bereich der Mittelstreckenwaffen unter Einbeziehung der sogenannten forward based systems für richtig?
Herr Kollege Dr. Wörner, mit der Indienststellung der SS-20 und gleichzeitiger Aussonderung von SS-4 und SS-5-Systemen hat sich der Gesamtbestand an sowjetischen Mittelstreckenraketen im europäischen Teil der Sowjetunion tatsächlich geringfügig vermindert. Allerdings ist die Anzahl der Gefechtsköpfe durch die auch von Breschnew eingeräumte Ausrüstung der SS-20 mit je drei Gefechtsköpfen überproportional gestiegen, so daß die Verringerung der Raketenzahl mehr als ausgeglichen wurde.
Das angebliche Gleichgewicht bei den Trägern und die angebliche Überlegenheit der NATO bei den Gefechtsköpfen sowie künftig auch bei den Trägern im Falle der Implementierung der LRTNF-Modernisierung wurde von sowjetischer Seite offensichtlich mit unterschiedlichen Zählkriterien errechnet. Dabei sind vermutlich vom Warschauer Pakt mehrere Waffenkategorien nicht berücksichtigt, auf Seiten der NATO jedoch Waffensysteme mit unterschiedlicher und damit nicht vergleichbarer Aufgabenstruktur einbezogen worden. Eine solche Zählweise ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht korrekt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Wörner.
Darf ich daraus den Schluß ziehen, daß die von Herrn Breschnew genannten Zahlen der Überzeugung der Bundesregierung nach nicht zutreffen?
Herr Kollege Dr. Wörner, ich möchte meine Antwort auf den Inhalt meiner zuvor gegebenen Darstellung beschränken. Jedem ist es erlaubt, daraus seine Schlüsse zu ziehen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Wörner.
Darf ich nach den Gründen fragen, Herr Staatssekretär, die Sie veranlassen, meine Frage nur durch Verweis auf Ihre ersten Äußerungen zu beantworten?
Weil die Frage außerordentlich differenziert beantwortet werden müßte, lieber Herr Kollege Dr. Wörner. Was die Zahlen angeht, so verweise ich darauf, daß die Bundesregierung verschiedentlich darüber Auskunft gegeben hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lowack.
Herr Staatssekretär, wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, daß die hohe Überlegenheit der sowjetischen konventionellen Rüstung und das aggressive strategische Konzept in diesem Interview nicht angesprochen werden, und sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zu der von Breschnew erhobenen Forderung der Ächtung des Kernwaffenkriegs?
Herr Kollege, Sie haben nach dem Bereich der Mittelstreckenwaffen unter Einbeziehung der Forward Based Systems gefragt. Ihre letzte Frage betrifft einen neuen Fragenbereich. Sicherlich kann man daraus Schlüsse ziehen. Es ist j a bekannt, daß auch die Sowjetunion bemüht ist, ihr konventionelles Potential herunterzuspielen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Todenhöfer.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Sowjetunion, wenn man die Forward Based Systems in einer realistischen Form einberechnet, gegenüber dem Westen einen Vorsprung von etwa 1 425 :425 bei den Trägern, d. h. also einen Vorsprung von nach wie vor 1 000 hat?
Herr Kollege Dr. Todenhöfer, ich würde es nicht für richtig halten, in diesem Raum auf einzelne Zahlen einzugehen.
Im übrigen kann ich Ihnen aber versichern, daß wir nach wir vor der Meinung sind, daß die Sowjetunion im Mittelstreckenbereich ein deutliches Übergewicht hat. Ich würde es auch nicht für richtig halten, wenn wir uns die Formel der Forward Based Systems zu eigen machen würden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schreiner.
Herr Staatssekretär, könnten Sie die Annahme bestätigen, daß für den Fall, daß man die seegestützten, SACEUR unterstellten Mittelstreckenraketen in Gleichgewichtsüberlegungen miteinbeziehen würde, die angebliche Überlegenheit der Sowjetunion im landgestützten Bereich einigermaßen ausgeglichen wäre?
Herr Kollege Schreiner, vielleicht ist Ihnen entgangen, daß die Sowjetunion die Polarisraketen in diesen Bereich nicht mehr einbezieht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Dr. Todenhöfer auf:
Wie sieht die Bundesregierung das wirkliche Kräfteverhältnis im Bereich der Mittelstreckenwaffen unter Einbeziehung der sogenannten forward based systems?
Herr Kollege Dr. Todenhöfer, ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, wenn ich mich auf das beziehe, was ich Herrn Kollegen Dr. Wörner geantwortet habe.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Todenhöfer.
Herr Staatssekretär, darf ich trotz der bisher ausweichenden Antworten noch einmal fragen, ob es zutrifft, daß es - Stand: Juli 1981 - nach Auskunft der Bundesregierung - ohne Einbeziehung der sogenannten Forward Based Systems - bei den Sprengköpfen der land- und seegestützten Mittelstreckenraketen unter Einbeziehung einer Nachladerakete bei der SS-20 ein Übergewicht zugunsten der Sowjetunion von 9 : 1 gibt? Sind Sie bereit, dies zu bestätigen?
Herr Kollege Dr. Todenhöfer, die Bundesregierung hat keine Veranlassung, auf Auskünfte in der Antwort auf die Kleine Anfrage korrigierende Akzente zu setzen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Todenhöfer.
Herr Staatssekretär, in Anbetracht der Tatsache, daß ich die ausweichenden Antworten bedaure, möchte ich Sie bitten und fragen, ob Sie nicht bereit sind - gerade wegen des Eindrucks, den dieses meines Erachtens unseriöse Breschnew-Interview hervorgerufen hat -, der deutschen Öffentlichkeit in den nächsten Tagen in einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit die wahren Kräfteverhältnisse, und zwar sowohl unter Einbeziehung der Forward Based Systems in einer realistischen Form als auch ohne Einbeziehung derselben, was meines Erachtens richtiger wäre, darzustellen?
Herr Kollege Dr. Todenhöfer, ich habe nicht den Eindruck, daß die deutsche Öffentlichkeit von der Bundesregierung über diese Themen unzureichend informiert wird.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Soell.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir darin zuzustimmen, daß es hier nur in einer Hinsicht um Zahlenvergleiche geht, daß es aber mindestens ebenso wichtig ist, die Möglichkeit oder - in der Fachsprache gesprochen - die Option dabei mit zu berücksichtigen?
Herr Kollege Soell, natürlich ist die Zahl in diesem Zusammenhang nur ein Element, aber ein nicht zu unterschätzendes. Es gibt zusätzliche Elemente, die auch von großer Bedeutung sind, zumal bei den sich jetzt ab 30. November abzeichnenden Verhandlungen zwischen den Großmächten.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatssekretär, können Sie die Antwort, die Sie dem Kollegen Todenhöfer soeben gegeben haben, nämlich daß Sie die deutsche Öffentlichkeit für zureichend informiert halten, angesichts der Tatsache aufrechterhalten, daß sich prominente Politiker verschiedener Couleur in den letzten Tagen immer wieder vor die deutsche Öffentlichkeit hinstellen und erklären, von einer Überlegenheit der Sowjetunion könne gar keine Rede sein?
Herr Kollege Jäger, ich bleibe trotzdem dabei.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Peter ({0}) auf:
Wie sichert die Bundesregierung die Waffenbestände der Bundeswehr gegen Mißbrauch und Mitnahme?
Für die Bundeswehr gelten zur Sicherung ihrer Waffenbestände Absicherungs-, Bewachungs- und Kontrollmaßnahmen. Diese sind in Vorschriften und Weisungen genau festgelegt. Sie dienen der Verhinderung von Mißbrauch und unerlaubter Mitnahme von Waffen. Die Einheitsführer und Dienststellenleiter überprüfen regelmäßig die Vollzähligkeit der Waffenbestände.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Peter.
Herr Staatssekretär, sehen Sie im Zusammenhang mit den Waffenfunden in Lüneburg besonders sensible Stellen, falls in der Presse ausgesprochene Verdächtigungen zutreffen sollten?
Herr Kollege Peter, sobald wir ein abschließendes Ermittlungsergebnis von den Strafverfolgungsbehörden haben, werden wir uns darum zu kümmern haben, ob wir in unserem Bereich verbessernde Maßnahmen ergreifen müssen.
Wünschen Sie eine weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr.
Sehen Sie Möglichkeiten, daß die Waffen auch auf Grund anderer Vorkommnisse, etwa bei Herstellern oder im Rahmen des Waffenhandels, besorgt werden können?
Das Ergebnis der Ermittlungen steht noch nicht fest. Die Strafverfolgungsbehörden sind bemüht, die Waffenfunde in dem angesprochenen Bereich daraufhin zu untersuchen, ob strafrechtliche Handlungen damit in Verbindung stehen können. Wir werden sehr genau darauf zu achten haben, ob Waffen, die im Bereich der Bundeswehr sind, auf unerlaubte Weise in den Außenbereich gelangt sind.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Wimmer ({0}) auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den im Zusammenhang mit dem in schwedischen Küstengewässern aufgebrachten sowjetischen U-Boote bekanntgewordenen Sachverhalt, daß sowjetische U-Boote dieses Typs über Torpedowaffen mit atomaren Sprengköpfen verfügen?
Herr Kollege Wimmer, sollten sich Hinweise bestätigen, daß nukleare Torpedogefechtsköpfe zur Standardbewaffnung der von Ihnen angesprochenen U-Boote zählen, würde dies keine qualitative Veränderung der Sicherheitslage bedeuten.
Dabei ist davon auszugehen, daß erst der untrennbare Zusammenhang zwischen einer möglichen Bewaffnung und dem Träger eine zutreffende Bewertung zuläßt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wimmer.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung bei dem bevorstehenden Besuch des Generalsekretärs der KPdSU diesen Vorfall beispielloser Völkerrechtsverletzung mitten im Frieden, ein atomar ausgestattetes U-Boot in schwedische Gewässer zu senden, auch deshalb ansprechen, weil die Bundesrepublik Deutschland auch Anrainerstaat eben dieses Seegebiets ist?
Herr Kollege Wimmer, zunächst einmal scheint es mir richtig zu sein, darauf hinzuweisen, daß die Umstände dieses Falles aus unserer Sicht noch nicht völlig geklärt sind. Zweitens erlaube ich mir den Hinweis, daß es sich in dieser Sache, so ernst der Vorfall auch ist, in erster Linie um eine Angelegenheit zwischen Schweden und der UdSSR handelt.
Herr Staatssekretär, kann ich nach Ihrer ersten Antwort davon ausgehen, daß die Bundesregierung aus diesem Vorfall in der Ostsee, der auch auf die Beurteilung unserer Sicherheitslage gravierende Auswirkungen hat, keine Schlüsse in dem Sinne ziehen wird, daß sie diesen Vorfall zum Gegenstand der Gespräche mit Herrn Breschnew machen wird?
Herr Kollege Wimmer, ich habe darauf hingewiesen, daß, unterstellt, das sowjetische U-Boot sei atomar bestückt gewesen, aus der Sicht der Bundesregierung keine Veränderung der Sicherheitslage eingetreten ist. Ich wiederhole, daß der Vorfall in erster Linie eine Sache zwischen dem betroffenen Land Schweden und der Sowjetunion ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatssekretär, ist es aber nicht so, daß durch das Verhalten der sowjetischen Regierung in dem betreffenden Vorfall zwar vielleicht nicht die rein technisch-militärische Sicherheitslage, sehr wohl aber das Vertrauen in das
Jäger ({0})
Wort einer Weltmacht so empfindlich gestört worden ist, daß davon doch Gespräche zwischen Mächten über Rüstungskontrolle, Rüstungsbegrenzung, Abrüstung betroffen sein können und daß es sich insofern empfiehlt, die Sowjetunion danach zu fragen, wie sie es denn mit den Küstengewässern neutraler und anderer Staaten zu halten gedenkt?
Die Bundesregierung stellt nicht in Abrede, daß es sich um einen ernsten Vorfall handelt, insbesondere soweit sich das als Tatsache herausstellen sollte, was sich jetzt abzeichnet.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Broll.
Herr Staatssekretär, hat die Bundeswehr Vorsorge getroffen, daß Abschlepphilfe gegeben werden kann, falls einmal in unseren Hoheitsgewässern ein sowjetisches Boot stranden sollte?
({0})
Herr Kollege Broll, wir kennen uns auch schon einige Zeit. Der Scherzwert Ihrer Frage wird nicht verkannt, auch von mir nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Antwort auf die Frage des Kollegen Wimmer, daß die Bundesregierung schon bisher davon ausgegangen ist, daß Boote dieses Typs atomar bewaffnet sein könnten?
In einer jüngsten Äußerung ist von amerikanischer Seite, von Herrn Lehman, darauf hingewiesen worden, daß die Vereinigten Staaten von Amerika die Aufregung in Europa nicht ganz verstünden, weil sie immer davon ausgegangen seien, daß so etwas möglich sei.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Wimmer auf:
Aus welchen Gründen ist ein Starfighter der Bundesluftwaffe in diesen Tagen beim Anflug auf den Fliegerhorst Nörvenich abgestürzt, und auf welche Gesamtzahl erhöht sich mit diesem Absturz die Zahl der getöteten Piloten und der abgestürzten Maschinen bei diesem Waffensystem?
Kollege Wimmer, die Gründe für den Absturz der F-104 G am 5. November 1981 sind noch nicht bekannt. Der Unfall wird weiterhin von Spezialisten der Bundeswehr untersucht. Ein abschließendes Ergebnis wird erfahrungsgemäß erst in einigen Wochen vorliegen.
Die Bundeswehr hat seit Einführung des Waffensystems F-104 im Jahre 1960 203 Luftfahrzeuge dieses Typs durch Absturz und Bodenunfälle verloren. Dazu kommen 140 F-104 in den USA. 105 Personen kamen ums Leben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wimmer.
Herr Staatssekretär, können Sie auch die finanzielle Dimension aufhellen, indem Sie mir sagen, welcher Gesamtschaden durch die von Ihnen geschilderten Vorfälle verursacht worden ist?
Das kann ich im Moment nicht. Ich bin aber gerne bereit, es Ihnen nachzureichen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich begrüße Herrn Staatssekretär Mahne.
Ich rufe die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Dolata auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den in allen Großstädten und sehr vielen Orten der Bundesrepublik Deutschland von der Deutschen Bundesbahn praktizierten Haus/Haus Gepäckdienst als wichtigen Service auch zum Ausgleich so manchen Standortnachteils in Berlin anzubieten?
Herr Kollege Dolata, die Einführung eines Haus-Haus-Gepäckverkehrs im Eisenbahnverkehr zwischen Berlin ({0}) und dem Bundesgebiet würde die Attraktivität des Schienenpersonenverkehrs erhöhen. Wegen der derzeit unzureichenden Ausstattung im Fernbahnhof Zoologischer Garten in Berlin ({1}) ist eine Annahme bzw. Ausgabe von Gepäckstücken im Haus-Haus-Gepäckverkehr durch die Deutsche Reichsbahn nicht möglich.
Zur Zeit wird geprüft, wie die Beförderung des Reisegepäcks zwischen Berlin und dem Bundesgebiet auf andere Weise organisiert werden könnte. Von ausschlaggebender Bedeutung werden die Kosten möglicher Lösungsvorschläge sein.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dolata.
Herr Staatssekretär, bezugnehmend auf die Möglichkeit, eine andere Form der Lösung zu finden: Bietet sich da nicht eine Zusammenarbeit der Deutschen Bundesbahn mit der Deutschen Bundespost an?
Herr Kollege, Sie müssen sehen, daß in Berlin die Deutsche Reichsbahn für die Beförderung von Personen zuständig ist. Das gleiche gilt für die Beförderung des Gepäcks.
Die räumlichen Verhältnisse auf dem Bahnhof Zoo sind derzeit so, daß eine andere als die derzeit vorgenommene Abwicklung und eine Ausdehnung der Service-Leistungen nicht möglich sind.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dolata.
Herr Staatssekretär, wenn Sie mit mir und den Berlinern übereinstimmen, daß die Standortnachteile nach Möglichkeit immer ausgeglichen werden sollen: Wie lange, glauben Sie, brauchen Sie für eine Lösung, die Sie in Aussicht gestellt haben, um die Benachteiligung, die die Berliner in diesem Punkte auszuhalten haben, zu beseitigen?
Ihnen ist, ich glaube auch auf Grund der Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus, Herr Kollege, sicherlich bekannt, daß bereits im Jahre 1978 der Bundesverkehrsminister initiativ geworden ist, um diese von Ihnen angesprochene Problematik einer zufriedenstellenden Regelung zuzuführen. Wir haben bisher noch keine Möglichkeit gefunden, diese Gespräche mit der dafür zuständigen Reichsbahn zu beginnen. Wir sind sehr darum bemüht, alles daran zu setzen, daß es hier zu Gesprächen und auch zu einer Regelung kommt, die dem Bedürfnis der Berliner Bevölkerung entspricht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Dr. Langner auf:
Trifft es zu, daß die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn angeordnet hat, daß auf Bahnstrecken, die nicht zum sogenannten unternehmerischen Kernbereich gehören, keinerlei Investitionsmaßnahmen mehr durchgeführt werden dürfen, und bejahendenfalls welche Streckenabschnitte, die die Landkreise Limburg-Weilburg, Hochtaunus und Maintaunus berühren, sind hiervon betroffen?
Herr Kollege Dr. Langner, es trifft nicht zu, daß außerhalb des sogenannten unternehmerischen Kernbereichs der Deutschen Bundesbahn keinerlei Investitionen mehr durchgeführt werden. Richtig ist, daß der bisher schon bestehende Genehmigungsvorbehalt der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn für Investitionsvorhaben über 100 000 DM angesichts der angespannten finanziellen Lage der Deutschen Bundesbahn aus haushaltstechnischen Gründen auf alle Vorhaben ausgedehnt wurde.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Langner.
Herr Staatssekretär, muß ich daraus schließen, daß die Ausdehnung dieses Genehmigungsvorbehaltes letztlich doch über einen Umweg dazu führen wird, daß das Streckenstillegungskonzept auf die Art und Weise weiter verfolgt wird?
Nein, Herr Kollege, diesen Schluß können Sie daraus nicht ziehen. Die Entscheidung des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn entspricht der derzeitigen Finanzsituation.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 49 und 50 des Abgeordneten Tillmann werden auf Bitte des Antragstellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 51 der Frau Abgeordneten Dr. Wilms auf:
Mit welchen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung ihr erklärtes Ziel zu erreichen, eine bessere Auslastung des Flughafens Köln/Bonn zu gewährleisten und dafür die Flughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf zu einer wirtschaftlichen und organisatorischen Einheit zusammenzuführen?
Frau Kollegin Dr. Wilms, der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen bemühen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten, weiterhin mehr Verkehr für den Flughafen Köln/Bonn zu gewinnen. Gespräche mit den Reiseveranstaltern und Chartergesellschaften zeigten die Schwierigkeiten, auf administrativem Wege kurzfristig Verkehr zu verlagern. Trotzdem werden einzelne Verbesserungen, vor allem im Linienverkehr, bereits ab Winter 1981/82 wirksam. Die sehr enge wirtschaftliche und organisatorische Zusammenarbeit der beiden Flughäfen wird weiter als ein unerläßliches Mittel angesehen, um zu einer verkehrspolitisch erwünschten Verteilung des Fluggastpotentials zu kommen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Wilms.
Herr Staatssekretär, welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, auf die Lufthansa, die sich immerhin zu 75 % im Eigentum des Bundes befindet, einzuwirken, ihren Beitrag zur gleichmäßigeren Auslastung der beiden Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn zu leisten?
Frau Kollegin, die Lufthansa steht hier natürlich auch vor kauf männischen Überlegungen, die sie primär zu sehen hat. Sie muß in erster Linie dem Verkehrsbedürfnis der Nutzer der Lufthansa gerecht werden. Aber es gibt in Zusammenarbeit zwischen dem Bundesminister für Verkehr und dem Bundesminister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen das Bemühen, die Attraktivität des Flughafens Köln/Bonn dadurch zu stärken, daß wir ein Aktionsprogramm entwickeln, durch das die Flughafengesellschaft Köln/Bonn zur vermehrten Bedienung dieses Flughafens kommen wird. Wir wollen darüber hinaus eine verbesserte Anbindung des Flughafens Köln/Bonn auch im Oberflächenverkehr erreichen durch eine aktualisierte Netzkonzeption im Schienennahverkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. In Zusammenarbeit zwischen der Flughafengesellschaft, den Reiseveranstaltern und Luftverkehrsgesellschaften und auch den in Frage kommenden Städten und Gemeinden wird versucht, zu einer stärkeren Anbindung des Flughafens an die Aufkommensschwerpunkte im Busverkehr zu gelangen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Wilms.
Herr Staatssekretär, was unternimmt die Bundesregierung, um bei den bilateralen Abkommen, die die Lufthansa wiederum mit anderen Luftverkehrsgesellschaften schließt, den Kölner Flughafen mehr als bisher zu berücksichtigen?
Frau Kollegin, hier gibt es erhebliche Bemühungen der Bundesregierung, die auch bereits zu einer Verbesserung geführt haben. Die Reiseveranstalter und die Chartergesellschaften haben das Dienstleistungsangebot, das in Köln/Bonn erbracht wird, sehr positiv bewertet. Diese Vereinbarungen werden weitestgehend bilateral getroffen, und wir müssen hier natürlich in erster Linie den Wünschen der betroffenen Fluggesellschaften entgegenkommen. Wie sind sehr darum bemüht, den Flughafen Köln/Bonn immer wieder in das Gespräch und die Überlegung bei der Erteilung von Landerechten für die betreffenden Fluggesellschaften zu bringen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wimmer.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung gegebenenfalls durch administrative Maßnahmen die Bereitschaft vor allem der Chartergesellschaften fördern, etwas stärker den Flughafen Köln/Bonn deshalb anzunehmen, weil die Verstöße gegen die Lärmschutzbestimmungen im Zusammenhang mit dem Flughafen Düsseldorf so gravierend sind, daß viele Protestreaktionen der betroffenen Gemeinden wegen dieses Umstandes erklärlich sind?
Herr Kollege, im Charterverkehr wird 1982 im Bereich des Flughafens Köln/Bonn das gleiche Angebot wie 1981 erwartet. Wir werden hier ein, wenn auch nicht befriedigendes so doch ein sehr positives Aufkommen im Vergleich zu den vergangenen Jahren haben. Die von Ihnen erwähnten administrativen Maßnahmen kann ich nur so interpretieren, daß wir alles daransetzen werden, um durch eine organisatorische Zusammenarbeit der beiden Flughäfen eine bessere Auslastung des Flughafens Köln/Bonn zu erreichen. Die Bundesregierung ist nicht bereit, Verkehre durch dirigistische Maßnahmen auf bestimmte Verkehrslandepunkte zu lenken.
({0})
Sie haben nur eine Zusatzfrage zu stellen, Herr Kollege Wimmer. Sie haben schon eine gestellt.
({0})
- Aber es ist nur eine aufgerufen. Es geht immer der Reihe nach.
Wenn keine Zusatzfragen zur Frage 51 sind, rufe ich jetzt die Frage 52 der Frau Abgeordneten Dr. Wilms auf:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß auf Drängen der Deutschen Lufthansa, die sich immerhin zu 75 v. H. im Eigentum des Bundes befindet, zur Zeit Planungen für einen weiteren Ausbau des Flughafens Düsseldorf vorgenommen werden, und sieht die Bundesregierung damit ihr Flughafenkonzept vom 20. Februar 1981 gefährdet?
Frau Kollegin Dr. Wilms, die Antwort ist eindeutig nein.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Wilms.
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung bestätigen, daß es offensichtlich zur Zeit ein erklärtes Ziel der Deutschen Lufthansa ist, ihre Flugdienstleistungen im Westen der Bundesrepublik auf den Flughafen Düsseldorf zu konzentrieren?
Als Ziel der Lufthansa kann ich das nicht bestätigen.
Eine zweite Zusatzfrage, Frau Kollegin Wilms.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für sinnvoll und richtig, daß es zur Zeit sehr handfeste und sehr konkrete Überlegungen gibt, den Flughafen Düsseldorf weiter auszubauen, während im 35 km entfernten Flughafen Köln/Bonn die Kapazitäten bei weitem nicht ausgefüllt sind?
Frau Kollegin, bei der geplanten Parallelbahn geht es nicht in erster Linie um eine Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf, sondern um eine Alternative zu der bestehenden Start- und Landebahn, bei deren Sperrung bzw. bei Wartungsarbeiten oder Unfall erhebliche Wartezeiten entstehen und sich für den Flugverkehr erhebliche Schwierigkeiten in der Abwicklung ergeben würden. An eine Kapazitätsausweitung ist nicht gedacht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wimmer. Jetzt geht es wieder.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Einfluß auf die Tochtergesellschaft der Deutschen Lufthansa in der Standortfrage, Düsseldorf oder Köln, auch deshalb zu nehmen versuchen, weil die Gesellschaft Condor an hervorragender Stelle unter den Lärmsündern im Zusammenhang mit dem Flughafen Düsseldorf zu nennen ist?
Herr Kollege, ich habe vorhin bereits die Aktivitäten des Bundesministers für Verkehr dargestellt, der alles daransetzen will, um die vorhandenen Kapazitäten des Flughafens Köln/Bonn besser auszulasten. Hier gibt es Aktivitäten, in die das Land Nordrhein-Westfalen sowie die Städte und Gemeinden im Umland des Flughafens Köln/Bonn und auch die Fluggesellschaften mit einzubeziehen sind.
Wo immer wir Hinweise und Anregungen geben können, um das Fluggastaufkommen in Köln/Bonn zu verbessern und zu verstärken und eine bessere, gleichmäßige Auslastung der Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn zu erreichen, tun wir dies.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, wie will die Bundesregierung gewährleisten, daß die in DüsselMerker
dorf zu planende Parallelbahn nicht zur Kapazitätsausnutzung und -ausweitung gebraucht wird?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist hier auf Angaben des Landes Nordrhein-Westfalen angewiesen. Für die Planfeststellung ist ausschließlich das Land Nordrhein-Westfalen zuständig, und es ist auch mit zuständig für die Investitionsentscheidungen. Der Bund hat hier keinen Einfluß.
Keine weiteren Zusatzfragen zu Frage 52.
Dann rufe ich Frage 53 - der Frau Abgeordneten Noth - auf:
Warum ist der Bund - laut Entwurf des Niedersächsischen Hafenkonzepts, Seite 79 - nicht mehr bereit, die „sich bislang gut bewährte" Auftragsverwaltung für das Land Niedersachsen im Rahmen der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung in Aurich im „notwendigen Umfang" fortzuführen?
Frau Kollegin Noth, es ist unzutreffend, daß der Bund nicht mehr bereit ist, die Auftragsverwaltung für das Land Niedersachsen fortzuführen. Richtig ist, daß es der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes nach den in der Bundestagsdrucksache 7/5350 vom 10. Juni 1976 aufgeführten und vom Deutschen Bundestag gebilligten Zielvorgaben nicht möglich ist, neue Landes-aufgaben zu übernehmen. Hierzu gehört auch die von Ihnen angesprochene Verwaltung des künftigen Dollarthafens. Ober eine Modifizierung der sogenannten Küstenvereinbarung von 1952 wird zur Zeit mit dem Land Niedersachsen verhandelt.
Keine Zusatzfrage, Frau Kollegin Noth.
Dann rufe ich Frage 54 - der Frau Kollegin Dr. Hartenstein - auf:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach drei Firmen beim Deutschen Hydrographischen Institut in Hamburg erneut beantragt haben, jährlich nahezu 2 Millionen Tonnen der aus der Titandioxydproduktion stammenden Dünnsäure in der Nordsee verklappen zu dürfen?
Frau Kollegin Dr. Hartenstein, es ist zutreffend, daß drei Firmen beim Deutschen Hydrographischen Institut die Verlängerung ihrer zum Jahresende auslaufenden Erlaubnisse zur Einbringung von Dünnsäure in die Nordsee beantragt haben. Die für das Jahr 1982 beantragte Menge beläuft sich auf 1 630 000 Tonnen, von denen 640 000 Tonnen westlich von Helgoland und 990 000 Tonnen vor der niederländischen Küste eingebracht werden sollen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Hartensein.
Herr Staatssekretär, darf ich daran erinnern, daß im April 1980 von Herrn Staatssekretär Wrede angekündigt worden ist, daß sowohl von den beteiligten Bundesressorts als auch von den am Genehmigungsverfahren beteiligten Fachbehörden des Bundes und der Länder zur Zeit eingehend geprüft werde, unter welchen Bedingungen und Auflagen künftig noch Erlaubnisse erteilt werden könnten? Darf ich fragen, welche Ergebnisse diese Prüfungen erbracht haben?
Sehr geehrte Frau Kollegin, bei den gemeinsamen Bemühungen aller am Umweltschutz interessierten Ressorts im Sommer 1980, die Sie angesprochen haben und auf die mein Kollege Wrede hingewiesen hat, die zu den geltenden Einbringungserlaubnissen führten, waren ökonomische und ökologische Gesichtspunkte sehr sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Die Entscheidung zugunsten der Einbringungserlaubnis war schließlich davon abhängig gemacht worden, daß die Firmen sich einer Bedingung beugten, nach der sie ein sehr kostspieliges, vom BMFT gefördertes Forschungsvorhaben mit dem Ziel der Entwicklung einer abfallmindernden Produktionsmethode durchführen. Der Abschluß dieses Forschungsvorhabens ist frühestens Ende des Jahres 1982 zu erwarten. Nach dem derzeitigen Stand kann zwar mit einem positiven Ergebnis dieses Forschungsvorhabens gerechnet werden. Dennoch wird ein neues Produktionsverfahren auch noch in der Praxis geprüft werden müssen. Dazu ist den Firmen eine angemessene Zeitspanne zu gewähren. Das Fazit: die Dünnsäureeinbringung kann deshalb kurzfristig nicht eingestellt werden.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Hartenstein.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob dieses Forschungsvorhaben auch zum Ziel hat, die besonders schädlichen Grünsalze aus der Dünnsäure zu entfernen und, wenn ja, welcher Anteil zurückgehalten werden kann und, in diesem Zusammenhang, was die Bundesregierung als eine angemessene Zeit zur Umstellung auf ein anderes Produktionsverfahren betrachtet?
Frau Kollegin, die wirksame Verminderung der in der Dünnsäure enthaltenen Grünsalze muß natürlich das wesentliche Ziel sein. Denn die Dünnsäure selber bringt keine wesentliche Beeinträchtigung der Meeresökologie mit sich. Dies hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem Nordsee-Gutachten ausdrücklich bestätigt.
Die Bemühungen waren hier bereits durchaus erfolgreich. So enthielt die von einer Firma in Nordenham eingebrachte Dünnsäure im Jahr 1977 noch rund 210 000 t; im Laufe dieses Jahres werden es dagegen voraussichtlich nur noch 100 000 t sein.
Die Bundesregierung beabsichtigt, die Einbringung von Grünsalz ab 1984 ganz zu unterbinden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Herr Staatssekretär, ist es vor dem Hintergrund der von Ihnen geschilderten Forschungsvorhaben nicht vertretbar, den Firmen zur Auflage zu machen, die jetzt anfallenden Säuren so
lange zu lagern oder zwischenzuspeichern, bis Verfahren entwickelt worden sind, die eine unschädliche Beseitigung ermöglichen?
Herr Kollege, hierbei muß man natürlich berücksichtigen, daß diese Firmen im Wettbewerb auch mit Firmen in benachbarten Ländern stehen. Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse vor, daß andere Länder die Einbringung von Dünnsäure weiterhin gestatten werden.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage zu Frage 54.
Ich rufe die Frage 55 der Frau Abgeordneten Dr. Hartenstein auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um eine rasche Beendigung der Verklappungen zu erreichen oder wenigstens eine stufenweise Reduzierung herbeizuführen und gleichzeitig auf EG-Ebene entsprechende Regelungen durchzusetzen?
Frau Kollegin Dr. Hartenstein, die Bundesregierung hat durch entsprechende Auflagen und Bedingungen in den Erlaubnisbescheiden schon bisher für eine stufenweise Reduzierung der Einbringungsmengen gesorgt und verfolgt dieses Ziel weiter.
Aus Gründen des maritimen Umweltschutzes sowie im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen chemischen Industrie bemüht sich die Bundesregierung seit langem intensiv um die Einführung gleichartiger Regeln in allen EG-Ländern. Die Titandioxid-Richtlinie der EG enthält generelle Vorschriften zur Verringerung der Verschmutzung der Meere durch Abfälle aus der Titandioxid-Produktion. Aufgrund dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten nationale Verringerungsprogramme aufgestellt, die von der EG-Kommission harmonisiert werden müssen. Die Bundesregierung hat im Rat der Umweltminister nachdrücklich auf eine alsbaldige Durchführung dieser Arbeit gedrängt. Sie erwartet, daß die Kommission in Kürze ihre Vorschläge vorlegt.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Dr. Hartenstein.
Herr Staatssekretär, können Sie mir näher erläutern, welche konkreten Schritte die Bundesregierung auf EG-Ebene unternommen hat, um zu erreichen, daß die Einbringung dieser schädlichen Stoffe in die Nordsee EG-weit vermindert wird?
Frau Kollegin, hierfür ist der Bundesverkehrsminister nicht federführend zuständig. Ich bitte Sie, mir die Möglichkeit einzuräumen, durch das zuständige Ressort Ihre Frage schriftlich beantworten zu lassen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Merker auf:
Hat sich nach Auffassung der Bundesregierung die bisherige Kontrolle, ob die Lichtzeichen an Verkehrswegen der Straßenverkehrsordnung ({0}) und den Richtlinien für Lichtzeichenanlagen ({1}) entsprechen, bewährt?
Herr Kollege Merker, der Bundesregierung sind bisher keine Tatsachen bekannt geworden, die darauf schließen lassen, daß bei Einrichtung und Überwachung von Lichtzeichenanlagen die Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrs-Ordnung, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung und der Richtlinien für Lichtzeichenanlagen nicht ordnungsgemäß geprüft wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob die Bundesregierung der Auffassung ist, daß dieses doch sehr komplizierte Verfahren, die Lichtzeichen zu kontrollieren, sachgerecht eingeleitet worden ist, nachdem die Zuständigkeit hierfür auf Gemeinden ab 20 000 Einwohner übertragen worden ist.
Herr Kollege, die Richtlinien für die Lichtzeichenanlagen wurden von der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen, der Vertreter des Bundes, der Länder, der Kommunen, der Universitäten und der Industrie angehören, verfaßt. Die Richtlinien haben den Charakter einer Empfehlung.
Nach diesen Richtlinien soll eine ständige Überprüfung des Betriebs einer Lichtzeichenanlage zur Vermeidung von Verkehrsgefährdungen durch die Anlage besonders vorgenommen werden. Dazu gehören eingehende Überprüfungen auch vor der Inbetriebnahme, um mögliche Fehlerquellen bei der Errichtung oder beim Umbau der Anlage auszuschließen. Dies gilt sowohl für die Einschalt- und Abschaltvorgänge als auch für die Überwachung der Signalbilder und der Signalfolgen.
Hierfür sind ausschließlich die Länder und die Gemeinden zuständig. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, daß die Überprüfung nicht in der fachlich notwendigen Weise geschieht.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, da ich unterstelle, daß die Bundesregierung ein Interesse daran hat, eine von ihr erlassene Verordnung auch auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen, darf ich noch einmal fragen: Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß diese Aufgabe in Gemeinden mit 20 000 Einwohnern sachgerecht erfüllt werden kann?
Die Bundesregierung ist durchaus der Auffassung, daß dieses sachgerecht erfüllt werden kann, weil man sich dafür eines qualifizierten Fachpersonals bedienen kann. Es kann ja auch externes Fachpersonal sein.
Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Merker auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, welche Qualifikation die nach § 45 Abs. 3 StVO zuständigen Prüfer haben müssen, und hält sie diese für ausreichend?
Herr Kollege Merker, § 45 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift hierzu regelt die Überprüfung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen. So ist dort u.a. festgelegt, daß die Straßenverkehrsbehörden alle zwei Jahre eine umfassende Verkehrsschau vorzunehmen haben. Auf Straßen von erheblicher Verkehrsbedeutung und dort, wo es häufiger zu Unfällen kommt, ist die Verkehrsschau jährlich durchzuführen.
An diesen Überprüfungen sind die Polizei, die Straßenbaubehörden, die Träger der Straßenbaulast, die öffentlichen Verkehrsunternehmen und ortsfremde Sachkundige aus Kreisen der Verkehrsteilnehmer zu beteiligen. Über die fachlichen Qualifikationen der Teilnehmer entscheiden die eingeladenen Institutionen. Eine Einflußmöglichkeit der Bundesregierung ist hier nicht gegeben. Die zuständigen obersten Landesbehörden haben nach der genannten Verwaltungsvorschrift dafür zu sorgen, daß bei den Verkehrsschauen überall die gleichen Maßstäbe angelegt werden. Da der Bundesregierung bislang keine Änderungswünsche der Bundesländer mitgeteilt wurden, muß sie davon ausgehen, daß die vorhandenen Regelungen ausreichend sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, wie aus der vorangegangenen Frage unschwer zu entnehmen war, bezog sich meine Frage nicht so sehr auf die Verkehrsschauen, sondern auf die Zuständigkeit des Prüfers, der die Signalanlagen zu überprüfen hat. Ich darf daran die Frage knüpfen, ob die Bundesregierung der Auffassung ist, daß diese Aufgabe sachgerecht von Verwaltungsbeamten übernommen werden kann oder ob es nicht dazu der Einschaltung von sachkundigen Ingenieuren bedarf.
Herr Kollege, ich muß sagen: Wenn Ihre Frage jetzt diese Interpretation durch Sie erfährt, dann ist sie falsch gestellt; denn Sie haben auf die Qualifikation nach § 45 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung verwiesen. § 45 Abs. 3 der Straßenverkehrsordnung betrifft ausschließlich die Verkehrsschauen, auf die ich mich bezogen habe. Es konnte hier kein Zusammenhang zu Ihrer ersten Frage hergestellt werden.
Meine Damen und Herren, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr abgeschlossen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung begrüße ich Herrn Staatssekretär Elias.
Die Fragen 59 und 60 des Abgeordneten Dr. Diederich sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 61 des Abgeordneten Dr. Schwarz-Schilling auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird nicht beantwortet.
Ich rufe die Frage 62 des Herrn Abgeordneten Bindig auf:
Kann die Bundesregierung die unbestimmten Mengenangaben - „bisher liegen nur vereinzelt weitere Anträge" vor -, wie sie in der Antwort auf meine Anfrage zur Anzahl der bisher eingegangenen Bestellungen von posteigenen Notruftelefonen gemacht wurden, dahin gehend konkretisieren, daß sie genau angibt, wie viele Bestellungen bisher eingegangen sind und von welchen Notdienstträgern?
Herr Abgeordneter, die Bundesländer haben in ihrer Eigenschaft als Notdienstträger auf das mit der 16. Verordnung zur Änderung der Fernmeldeordnung vom 1. April 1981 eingeführte Notruftelefon nur sehr zurückhaltend und zum Teil überhaupt nicht reagiert. Die Deutsche Bundespost hat deshalb mit Schreiben vom 28. September 1981 die Länder nochmals gebeten mitzuteilen, wie viele Notruftelefone geplant sind.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es folgenden Sachstand. Lediglich in Rheinland-Pfalz läuft zur Zeit für zirka 220 Notruftelefone die Vorplanung. Insgesamt sind über einen längeren Zeitraum 1 600 Notruftelefone vorgesehen. Die Länder Hessen und Schleswig-Holstein haben nur ihre Absicht, Anträge zu stellen, ohne konkrete Zahlenangaben geäußert. Das Saarland beabsichtigt, 1981 noch acht und 1982 30 Notruftelefone einzurichten. Bayern hat angekündigt, 1983 550 Notruftelefone zu beantragen. Andere Bundesländer haben bisher noch keine Anträge gestellt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Herr Staatssekretär, befürchten Sie angesichts dieses schleppenden Eingangs von Bestellungen nicht, daß es faktisch zu einem Stillstand der Errichtung weiterer Notruftelefone an Bundesfernstraßen kommt, und müßte dieser Umstand Sie nicht veranlassen, den privaten Trägern, die solche Notruftelefone aufstellen, die Erlaubnis zu geben, über den 31. Dezember dieses Jahres hinaus noch weitere Notruftelefone aufzustellen?
Ich möchte die Fragen folgendermaßen beantworten. Ich gehe davon aus, daß die Bundesländer entsprechende Anträge für Notruftelefone stellen werden. Die Ursachen für den schleppenden Bestelleingang liegen dem Vernehmen nach in noch nicht geklärten Fragen der Zuständigkeit zwischen den in Betracht kommenden Länderressorts und der Finanzierung.
Die Bundespost ist durchaus bereit, auch den privaten Organisationen die Einrichtung solcher Telefone zu überlassen. Nur muß man sehen, daß hierfür nach Art. 30 des Grundgesetzes die alleinige Zuständigkeit bei den Ländern liegt. Ein Notruftelefon kann dann von privaten Organisationen beantragt
werden, wenn sie nach Landesrecht dazu befugt sind. Wir würden einem entsprechenden Antrag natürlich entsprechen, wenn seitens des Landes eine Genehmigung dafür vorliegt.
Den dritten Teil Ihrer Frage möchte ich dahin gehend beantworten, daß wir durchaus bereit sind, die Frist für die Anträge privater Notruftelefonträger, die ja bis zum 31. Dezember 1981 läuft, zu verlängern, falls sich zeigen sollte, daß ein zügiger Ausbau sonst nicht erreicht werden kann, und falls die Länder natürlich dem zustimmen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Herr Staatssekretär, vor dem Hintergrund der Tatsache, daß es hier wieder einmal ein Zuständigkeitsgerangel gibt und in der Vergangenheit Notruftelefone eigentlich nur deshalb errichtet worden sind, weil es eben immer private Initiativen gegeben hat, frage ich Sie: Ist es nicht erforderlich, sich jetzt wirklich zu beeilen, die noch bestehenden Hemmnisse zu beseitigen, damit die Fortführung der Errichtung von Notruftelefonen an Bundesfernstraßen schneller vonstatten gehen kann?
Herr Abgeordneter, ich stimme Ihnen durchaus zu. Wir haben alle Vorkehrungen getroffen, damit ein zügiger Ausbau der Notruftelefone vorgenommen werden kann. Wir haben entsprechende Vorräte an technischen Einrichtungen angelegt und haben, wie ich schon ausgeführt habe, die Länder gebeten, ihre Bestellungen nun auch zügig aufzugeben.
Keine weiteren Zusatzfragen? - Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post-und Fernmeldewesen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär Elias.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung ist Herr Staatsminister Huonker erschienen.
Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf:
Treffen Meldungen zu, Bundeskanzler Schmidt habe vor amerikanischen Journalisten erklärt, daß er schon immer Bedenken gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstrekkenraketen in der Bundesrepublik Deutschland gehabt habe und er nur auf Drängen des damaligen US-Präsidenten Carter mit dem NATO-Doppelbeschluß vom September 1979 einverstanden gewesen sei, und muß aus diesen Äußerungen der Schluß gezogen werden, daß der Bundeskanzler gegen seine Überzeugung sich für die Nachrüstung ausgesprochen hat?
Herr Kollege, die Meldungen treffen nicht zu. Damit ist der zweite Teil Ihrer Frage gegenstandslos.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, warum hat es dann die Bundesregierung unterlassen, derartige Meldungen, die in großer Aufmachung in großen Tageszeitungen erschienen sind, zu dementieren?
Sehr geehrter Herr Kollege, am 1. November 1981 hat das Bundespresse- und Informationsamt unter der Nummer 332/81 eine Pressemitteilung herausgegeben. In dieser Pressemitteilung wurde gesagt, daß in einer überregionalen Zeitung - ich nehme an, wir sprechen von derselben; sie ist in dieser Pressemitteilung erwähnt, ich möchte aber hier keine Schleichwerbung betreiben -,
({0})
daß in dieser in Bonn erscheinenden überregionalen Zeitung spekulative Berichte über ein zweistündiges Gespräch des Bundeskanzlers mit amerikanischen Journalisten in Bonn über den Doppelbeschluß, unrichtige Behauptungen und irreführende Schlußfolgerungen enthalten sind. Der Regierungssprecher hat eine Klarstellung in sechs Punkten getroffen. Ich möchte es diesem Hause ersparen, diese sechs Punkte im einzelnen hier vorzulesen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Engelsberger.
Herr Staatsminister, ich darf Sie also noch einmal fragen: Es trifft also nicht zu, daß der Bundeskanzler vom amerikanischen Präsidenten Carter gedrängt worden sei, gegen seine innere Überzeugung dem Nachrüstungsbeschluß zuzustimmen?
Nein, Herr Kollege, das trifft so nicht zu.
Ist diese Einschränkung -
Sie haben nur zwei Zusatzfragen, Herr Kollege. Aber Sie haben nachher noch einmal eine Gelegenheit.
Zu dieser Frage keine weiteren Zusatzfragen? - Dann ist die Frage beantwortet.
Ich rufe die Frage 64 des Herrn Kollegen Engelsberger auf:
Wie steht der Bundeskanzler heute zum NATO-Doppelbeschluß, und ist er bereit, für diesen entschieden sowohl gegenüber dem Ausland als auch im eigenen Lande einzustehen?
Bitte sehr, Herr Staatsminister.
({0})
- Herr Staatsminister, ich habe die Frage 64 aufgerufen und habe Ihnen das Wort zur Beantwortung erteilt.
({1})
Herr Präsident, ich bitte sehr um Nachsicht, da mir in der Tat entgangen war, daß der Herr Kollege noch eine zweite Frage hatte. Ich wollte, da er ganz offenkundig noch zusätzliche Informationen wollte, ihm fairerweise diese zusätzlichen Informationen geben.
Das verstehen wir ja alles sehr gut, aber das können Sie vielleicht im Anschluß machen.
Ja, ich bitte sehr um Nachsicht.
Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich dahin gehend, daß der Bundeskanzler selbstverständlich am NATO-Doppelbeschluß festhält und diesen NATO-Doppelbeschluß nachdrücklich nach innen und nach außen vertritt.
Keine weiteren Zusatzfragen? ({0}) - Herr Kollege Engelsberger, bitte.
Herr Staatsminister, dann möchte ich fragen: Sind die möglichen Einschränkungen des Bundeskanzlers zum Nachrüstungsbeschluß nicht im Hinblick auf den Druck durch die sogenannte Friedensbewegung ausgelöst worden, und wird der Bundeskanzler diesen Standpunkt, den Sie soeben vertreten haben, auch auf dem künftigen SPD-Parteitag in München im Frühjahr nächsten Jahres durchstehen und durchhalten, wenn sich eventuell - wie jetzt die SPD Südbayern und die saarländische SPD - die Landesverbände gegen den NATO-Doppelbeschluß aussprechen?
Der Bundeskanzler hält selbstverständlich an der Meinung, wie ich das soeben ausgeführt habe, fest, und dies gilt selbstverständlich ohne Einschränkungen, Herr Kollege.
Keine weiteren Zusatzfragen! Damit ist die Frage 64 beantwortet.
Die Fragen 65 und 66 werden auf Bitten der Antragsteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Herr Staatsminister, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen. Jetzt sind Sie frei, Ihre persönliche Verpflichtung zu erfüllen.
({0})
Ich rufe auf die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Ich begrüße zur Beantwortung Frau Staatsminister Dr. HammBrücher.
Ich rufe die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({1}) auf:
Trifft es zu, daß der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in New York bei deutschen Industrieadressen seines Amtsbezirks unter Verwendung des offiziellen Briefkopfs Gelder sammelte zur Finanzierung eines Festessens für die Veranstaltung einer privaten Ehrung des SPD-Parteivorsitzenden?
Herr Kollege, die Antwort auf Ihre Frage lautet: nein. Ich habe bereits am 8. Oktober im Haushaltsausschuß darauf hingewiesen, daß der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in New York auf Bitte der weltweit bekannten und angesehenen jüdischen Organisation B'nai B'rith die Schirmherrschaft für eine Wohltätigkeitsveranstaltung übernommen hatte, in deren Mittelpunkt die Verleihung des Jahrespreises der B'nai b'rith an den früheren Bundeskanzler Brandt stand und deren Erlös der Jugendarbeit dieser jüdischen Organisation zufloß.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kunz.
Frau Staatsminister, welche Art von Unterstützung hat denn das Auswärtige Amt bzw. haben die nachgeordneten Dienststellen in diesem konkreten Fall geleistet, und wieviel Geld wurde dafür gesammelt?
Herr Kollege, es ist keine Leistung erbracht worden, sondern der Generalkonsul hat sich, wie das allgemein üblich ist, der Bitte der Veranstalter nicht verschließen können, in diesem Falle als Vorsitzender des sogenannten Dinner Committees deutsche Gäste zu bitten, ihrerseits für die Veranstaltung, wie das in Amerika eben üblich ist, Eintrittskarten zu kaufen, deren Erlös dann für die Jugendarbeit der Organisation B'nai B'rith zur Verfügung gestellt wurde.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Kunz.
Frau Staatsminister, welche Beträge wurden denn auf diese Weise gesammelt?
Herr Kollege, das kann ich Ihnen nicht sagen, weil die Beträge selbstverständlich der Organisation für ihre Jugendarbeit gehören. Ich möchte das noch einmal betonen. Es ist im Haushaltsausschuß so oft dargelegt worden, Herr Kollege Kunz, daß ich Sie doch bitten möchte, von diesem Sachverhalt nun auch einmal Kenntnis zu nehmen.
Keine weiteren Zusatzfragen mehr.
Ich rufe Frage 68 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Treffen Pressemeldungen zu, daß die diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland in Griechenland sich nur unzureichend um deutsche Urlauber, die mit den dortigen Landesgesetzen in Konflikt kommen und schon bei geringen Anlässen inhaftiert werden, kümmern und sie Bundesbürger ihrem Schicksal in den mittelalterlichen Verhältnissen in den griechischen Gefängnissen überlassen?
Die Pressemeldungen treffen nicht zu.
Ich beschreibe den Sachverhalt: Die Botschaft Athen und das Generalkonsulat Saloniki haben, bedingt durch den stark zunehmenden Tourismus in Griechenland, ständig eine große und immer größer werdende Zahl von deutschen Häftlingen zu betreuen. Ihre Zahl betrug allein im August 1981 über 70. Soweit nicht objektive Hinderungsgründe bestehen, werden die deutschen Häftlinge im Gefängnis von Konsularbeamten besucht. Dabei wird z. B. Rechtsschutz durch Vermittlung eines Anwalts gewährt und sonstige Hilfe geleistet. Bei unzureichenden Haftbedingungen, die allerdings die Ausnahme sind, drängt die Botschaft die zuständigen Behörden auf Abhilfe und bemüht sich auch selbst um Erleichte3716
rungen für die Gefangenen. Es ist jedoch leider nicht auszuschließen, daß es in Einzelfällen speziell während der Hochsaison in Gebieten, in denen deutsche Touristen sehr zahlreich anzutreffen sind, zu Engpässen für unsere Botschaft kommt, die aus der Sicht der Betroffenen zu Beschwerden Anlaß geben. Die personelle und finanzielle Ausstattung unserer Auslandsvertretungen setzt trotz erhöhtem persönlichen Einsatz aller Mitarbeiter dem Umfang der konsularischen Betreuung in diesen Urlaubszeiten gewisse Grenzen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jobst.
Frau Staatsminister, ist die deutsche Botschaft und sind die Konsulate in Griechenland personell und materiell so ausgestattet, daß sie sich um Deutsche kümmern können, die dort in Schwierigkeiten geraten, und wie erklären Sie sich die Berichte von drei Urlaubern, die dort in Schwierigkeiten gekommen sind und die öffentlich in der Presse berichtet haben, daß man sich von seiten der deutschen diplomatischen Vertretung nicht um sie gekümmert habe?
Herr Kollege, ich habe bereits gesagt, daß unsere Vertretungen alles auch nur Erdenkliche zur Tag- und Nachtzeit tun, um in Not geratenen deutschen Urlaubern beizustehen. Das ist in diesem von Ihnen eben zitierten Fall auch geschehen. Wir werden das gleich noch ausführlich beantworten. Unsere Vertretungen haben immer wieder in ungezählten Fällen geholfen. In solchen schwierigen Stoßzeiten ist es jedoch durchaus einmal möglich, daß nicht unmittelbar so geholfen werden kann, wie das von seiten der Betroffenen wünschbar wäre. Ich muß auch hinzufügen, Herr Kollege, daß unsere Vertretungen denjenigen, die mit den Gesetzen eines anderen Landes in Konflikt gekommen sind, die persönliche Verantwortung und die Folgen ihres Verhaltens natürlich nicht abnehmen können.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Jobst.
Frau Staatsminister, ist der Bundesregierung bekannt, daß einige hundert Deutsche in griechischen Gefängnissen einsitzen, und daß von einigen Leuten, die herauskommen konnten, berichtet wurde, daß in diesen Gefängnissen fürchterliche Zustände herrschten, daß es dort fensterlose Zellen gebe, unbeschreiblicher Dreck vorzufinden sei, daß die Leute geprügelt würden und daß kein Kontakt gewährt werde?
Herr Kollege, ich habe vorhin gesagt, was unseren Vertretungen bekannt ist. Ich habe Ihnen die Zahl von 70 allein für einen Monat genannt. Es gehört nicht zu den üblichen Aufgaben einer Vertretung, eine so große Zahl von Inhaftierten zu betreuen; trotzdem tun es unsere Botschaften. Sie haben auch in dem Fall, auf den Sie hier immer wieder anspielen, noch am gleichen Tage eine Rechtsanwältin vermittelt.
Wenn die Verhältnisse in den Gefängnissen im Ausland nicht zufriedenstellend sind, so bemühen wir uns auch im Einzelfall um Abhilfe. Aber auch hier können Sie sich doch vorstellen - ich bitte um Verständnis -, daß wir nicht zu bestimmen haben, welche Haftbedingungen in anderen Ländern vorgesehen und vorgeschrieben sind.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 69 des Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Trifft es zu, daß die deutschen diplomatischen Vertretungen in Athen es unterlassen haben, drei Oberpfälzer Urlaubern nach ihrer Inhaftierung in Griechenland zu helfen, worauf diese nach ihrer Rückkehr nach Deutschland in der Presse schwere Vorwürfe gegen die deutschen Stellen in Griechenland erhoben haben?
Bitte sehr, Frau Staatsminister.
Die in Ihrer Anfrage, Herr Kollege, übernommenen Vorwürfe der drei Oberpfälzer Urlauber gegen die deutsche Botschaft in Athen, die in der Presse erhoben wurden, treffen nicht zu. Mitte August wurden die drei Deutschen von den griechischen Behörden auf dem Flugplatz von Athen unter dem Vorwurf der unerlaubten Ausfuhr von antiken Gegenständen festgenommen. Sie hatten beim Tauchen von einer gemieteten Segeljacht aus Teile antiker Amphoren gefunden und versucht, diese außer Landes zu bringen.
Die Botschaft Athen hat die deutschen Häftlinge unverzüglich und entsprechend der gebotenen Dringlichkeit betreut. Daß es zu einem sofortigen Besuch der Inhaftierten durch den deutschen Konsularbeamten in Athen nicht kam, lag daran, weil diese unmittelbar nach dem erstinstanzlichen Schnellverfahren in das Landesinnere, nämlich in ein anderes Gefängnis, verlegt wurden. Diese Entwicklung hatte die von der Botschaft vermittelte Rechtsanwältin zu verhindern versucht und den drei Deutschen geraten, dem Schnellverfahren nicht zuzustimmen.
Diese vertrauten jedoch auf die Angaben eines Polizeibeamten, daß sie höchstens eine Geldstrafe zu erwarten hätten, wenn sie sich der sofortigen Gerichtsverhandlung stellen würden. Nach der Verhandlung wurden sie zu 20 Monaten Haft durch das Schnellgericht verurteilt und, wie schon gesagt, sofort in das im Landesinnern gelegene Gefängnis Volos verlegt. Daher kam ein geplanter Konsularbesuch in Athen nicht mehr zustande - nur daher.
In Volos wurden die drei Inhaftierten jedoch umgehend vom zuständigen deutschen Honorarkonsul betreut. Er hat ihnen Lesestoff gebracht, die Familienangehörigen über Telex benachrichtigt und für die Inhaftierten aus dem Gefängnis telefonische Kontakte hergestellt. Zusätzlich hierzu hat die Botschaft Athen am 14. September 1981 einen erfahrenen Konsularbeamten zur weiteren Beratung der Häftlinge entsandt. An der Berufungsverhandlung am 26. Oktober hat ebenfalls ein Konsularbeamter der Botschaft teilgenommen.
Angesichts dieses besonderen Einsatzes der Botschaft kann ich wirklich nicht erkennen, daß Mängel in der konsularischen Betreuung vorgelegen haben sollen. Es hätte nahegelegen, Herr Kollege, wenn die drei Betroffenen, falls sie Beschwerden gehabt hätten, sich auch an das Auswärtige Amt gewandt hätten; denn wir wären dann unverzüglich diesen Beschwerden nachgegangen. Dies ist aber bis zur Stunde nicht der Fall gewesen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Jobst.
Sehr verehrte Frau Staatsminister, die Betroffenen werden sicherlich den von Ihnen aufgezeigten Weg noch beschreiten. Aber darf ich Sie, nachdem Sie eine ausführliche Sachdarstellung gegeben haben, fragen: Glauben Sie, daß die Beschwerden, die die drei Betroffenen öffentlich in einer namhaften Tageszeitung erhoben haben, so aus der Luft gegriffen sein können, wenn sie anprangern: „Wir versuchten laufend, das Konsulat in Athen anzurufen; es war aber niemand da; obwohl wir auf dem telefonischen Band fünfmal um Hilfe baten, rief niemand zurück"? Und stimmen Sie mir zu, daß daraus, wenn dies zutreffen sollte, eine erhebliche Verbitterung dieser Betroffenen entstanden ist?
Selbstverständlich kann ich die Verbitterung und auch die ausgestandenen Schrecken und Ängste der Betroffenen verstehen; aber ich habe ja ausführlich dargelegt, daß noch während des Aufenthaltes in Athen eine Rechtsanwältin zur Verfügung stand, deren Rat man nicht befolgt hat, und daß dann nachher, sobald bekannt wurde, in welchem Gefängnis sich die Inhaftierten aufhielten, der Kontakt hergestellt wurde.
Ich möchte diese Gelegenheit dazu benutzen, um darauf hinzuweisen, daß in Griechenland und in anderen Ländern, die große archäologische Schätze haben, die Tätigkeit von Amateurarchäologen nicht ganz ungewöhnlich ist und daß man in Griechenland sehr sensibel auf Antikendiebstahl oder den Versuch dieses Delikts reagiert. Weil dieses Land, wie wir alle wissen, arm ist, sehr geehrter Herr Kollege, und deshalb wenig Möglichkeiten hat, sein antikes Erbe zu pflegen und zu erhalten, sollen die Strafmaßnahmen, die getroffen werden, offenbar auch der Abschreckung dienen. Diesen griechischen Standpunkt muß man verstehen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Jobst.
Über den archäologischen Wert mancher Gegenstände kann man j a streiten; die Betroffenen haben das, was sie da gehabt haben, als Scherben bezeichnet. Aber darf ich Sie fragen, Frau Staatsminister: Trifft es zu, daß es anderen Ausländern bei ähnlichen Situationen in Griechenland besser ergeht, daß sie von ihren Botschaften laufend mit Essen, Geld und Wäsche versorgt werden und daß die diplomatischen Vertretungen anderer Länder auch darauf einwirken, daß die Verfahren beschleunigt werden?
Herr Kollege, ich muß abermals den Vorwurf zurückweisen, daß unsere Vertretungen irgend etwas versäumt haben. Ich möchte darauf hinweisen, daß die rasche Durchführung des Berufungsverfahrens und die Freilassung auch ein Erfolg der Bemühungen der Vertretungen
({0})
gewesen sind.
Wenn Sie so insistieren, wäre vielleicht auch noch zu sagen: Der Vierte der Inhaftierten ist ja entflohen, was für die anderen drei natürlich wiederum nachteilige Folgen gehabt hat.
Also, ich möchte diese ganze Kriminalstory dem Hohen Hause ersparen und bitte Sie, Herr Kollege, den Betroffenen mitzuteilen, daß das Auswärtige Amt die Adresse für Beschwerden ist und daß wir gern bereit sind, solchen Beschwerden dann nachzugehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Fellner.
Frau Staatsminister, würden Sie dann ähnliche Beschwerden von deutschen Urlaubern aus anderen Ländern über das Verhalten der deutschen Vertretungen dort, die mir anläßlich dieses Vorfalls zugegangen sind, für ähnlich unbegründet halten, und meinen Sie nicht auch, daß gerade der internationale Vergleich hinsichtlich des Verhaltens anderer Botschaften ihren Staatsbürgern gegenüber, den diese Leute uns dann vortragen, es geboten erscheinen lassen würde, das Ganze vielleicht doch etwas ernster zu nehmen bzw. dem doch ernsthaft nachzugehen?
Herr Kollege, ich weise zurück, daß die Bundesregierung solche Beschwerden nicht ernst nimmt. Ich habe vorhin j a mehrere Minuten vorgelesen, was die Botschaft alles getan hat.
Ich weise auch zurück, daß wir weniger täten als andere Vertretungen. In der Urlauberhochsaison - ich habe es j a wiederholt berichtet - sind unsere Vertretungen fast ausschließlich mit den Sorgen und Beschwernissen von Urlaubern beschäftigt. Sie tun im Rahmen der personellen Ausstattung das Menschenmögliche. Daß es einem Betroffenen in dem einen oder anderen Fall so erscheint, daß ihm nicht genügend rasch geholfen wird, mag ja passieren. Aber wir bitten doch um Verständnis dafür, daß unsere Botschaften primär für andere Aufgaben da sind.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Frage 70 wird auf Bitten des Fragestellers, des Abg. Dr. Hennig, schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Trifft es zu, daß der amerikanische Präsident bereits unmittelbar nach seiner Wahl den eindeutigen und nachher kontinuierlich verfolgten Willen zur Aufnahme von Verhandlungen mit der Sowjetunion im Sinne des NATO-Doppelbeschlusses auch gegenüber Mitgliedern der Bundesregierung äußerte, und daß es zur Verfolgung dieser Willensentscheidung nicht erst eines europäischen Drucks bedurfte?
Bitte, Frau Staatsminister.
Herr Kollege, es trifft zu, daß der amerikanische Präsident schon vor seiner Amtsübernahme dem Bundeskanzler bei seinem Besuch in Washington im November 1980 den Eindruck vermittelt hat, er habe den festen Willen, zu Rüstungsbegrenzungsverhandlungen mit der Sowjetunion zu kommen und sie zäh und ausdauernd zu führen. Das damalige Gespräch zwischen dem Bundeskanzler und dem gewählten Präsidenten bot gleichzeitig Gelegenheit, auch das deutsche und europäische Interesse an konkreten und ausgewogenen Rüstungskontrollmaßnahmen zu unterstreichen. Dabei kann von der Ausübung irgendeines Druckes nicht die Rede sein.
Der Bundesregierung kam es bei den zahlreichen bündnisinternen Beratungen und den bilateralen Kontakten mit unseren Bündnispartnern, so z. B. bei dem Besuch von Bundesminister Genscher in Washington im März dieses Jahres, in erster Linie darauf an, deutlich zu machen, daß das Bündnis an beiden Elementen des Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979 festhält. Die Bereitschaft der Vereinigten Staaten, Verhandlungen noch in diesem Jahr zu beginnen, wurde als Ergebnis der Beratungen während der Frühjahrstagung des NATO-Rats auf Ministerebene in Rom bekanntgegeben.
Die Bundesrepublik Deutschland hat zusammen mit den anderen Bündnispartnern in der Besonderen Beratungsgruppe der Allianz aktiv zur Erarbeitung der amerikanischen Verhandlungsposition beigetragen. Sie wertet es deshalb als außerordentlich positiv, daß sich der amerikanische und der sowjetische Außenminister am 23. September 1981 in New York darauf geeinigt haben, die Verhandlungen am 30. November dieses Jahres zu beginnen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.
Frau Staatsminister, Sie sprachen davon, daß der Bundeskanzler diesen Eindruck hatte. Bedeutet dies, daß der amerikanische Präsident bei der ersten Unterredung sofort nach seiner Wahl der Bundesregierung angekündigt hat, daß Gespräche aufgenommen werden und daß er unmittelbar nach seiner Wiederherstellung die Verhandlungen diesbezüglich initiiert hat?
Herr Kollege, hierzu liegen mir keine eindeutigen Protokolle und Einsichten vor. Dieses Gespräch hat, wie Sie wissen, vor der Amtseinführung des Präsidenten stattgefungen und hatte damit nicht den offiziellen und verbindlichen Charakter wie nach der Amtseinführung von Präsident Reagan.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.
Frau Staatsminister, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß die Behauptung, es bedurfte eines europäischen Drucks, um die Verhandlungen zu initiieren, nicht zutrifft?
Ich weiß nicht, wann und von wem diese Behauptung erhoben wurde. Ich habe vorhin dargestellt, daß in dieser Frage Einvernehmen zwischen der amerikanischen Regierung und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland bestanden hat.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf:
Wird sich der Bundeskanzler während des Besuchs des sowjetischen Staatsoberhaupts Breschnew in Bonn bei den Gesprächen, die er mit ihm führen wird, für die Freilassung des Menschenrechtskämpfers Prof. Jurij Orlow und der anderen inhaftierten und verurteilten Mitglieder der „Förderungsgruppe zur Erfüllung der Beschlüsse von Helsinki in der UdSSR" einsetzen, die unter Verletzungen der Vereinbarungen der Schlußakte von Helsinki von den sowjetischen Behörden strafrechtlich verfolgt worden sind?
Herr Kollege, als der Begründer der Moskauer Helsinkigruppe zur Überwachung der Einhaltung der KSZE-Schlußakte Professor Jurij Orlow im Mai 1978 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und anschließender Verbannung innerhalb der Sowjetunion von fünf Jahren verurteilt wurde, protestierte die Bundesregierung gemeinsam mit den neun Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft gegen diese Verurteilung. Nach weiteren Verurteilungen anderer führender Mitglieder der Moskauer Helsinki-Gruppe kritisierte die Bundesregierung dies in einer weiteren Protesterklärung der Neun vom 18. Juli 1978. Am 14. Juli 1978 richtete auch der seinerzeitige Präsident des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Karl Carstens, ein Schreiben an den Vorsitzenden des Unions-Sowjets des Obersten Sowjets der UdSSR, in welchem er sich dafür einsetzte, daß den in den Prozessen Angeklagten und den bereits Verurteilten die vollen Rechte, so wie sie in der Schlußakte von Helsinki niedergelegt wurden, zuteil werden mögen.
Bei allen Begegnungen mit der sowjetischen Führung hat die Bundesregierung bisher stets die volle Einhaltung und Durchführung der Prinzipien und Bestimmungen der Schlußakte von Helsinki angemahnt. Dies wird auch bei dem bevorstehenden Besuch von Generalsekretär Breschnew in der Bundesrepublik Deutschland geschehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Ich darf also, Frau Staatsminister, aus Ihrer Antwort schließen, daß die Bundesregierung diesen Fall wegen seiner exemplarischen Bedeutung - und so hat sie ihn offenbar bisher schon gesehen - auch zur Sprache bringen wird?
Sie dürfen das daraus schließen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 80 des Herrn Kollegen Jäger ({0}) auf:
Welches ist nach den Erkenntnissen der Bundesregierung der Stand der deutsch-sowjetrussischen Gespräche einschließlich derjenigen des Deutschen Roten Kreuzes mit sowjetrussischen Stellen über die Kriegsgräber deutscher Gefallener des Zweiten Weltkriegs in der UdSSR, und wird der Bundeskanzler bei seinen bevorstehenden Gesprächen mit dem sowjetischen Staatsoberhaupt Breschnew in Bonn diese Frage endlich einer zufriedenstellenden Lösung zuführen können?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren wiederholt das Problem der deutschen Kriegsgräber in der Sowjetunion anläßlich von Staatsbesuchen oder politischen und Konsularkonsultationen angesprochen, um eine angemessene Lösung zu erreichen. Außer einem geringen Teilerfolg, der zur Wiederherrichtung und Öffnung der beiden Kriegsgräberfriedhöfe Grasnagorsk und Lublino für Besucher führte, konnten bisher leider keine weiteren Fortschritte erzielt werden.
({0})
Die dem Bundeskanzler anläßlich seines Besuches in Moskau im letzten Sommer von Generalsekretär Breschnew gegebene Zusage zu einer Einladung des Präsidenten des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge durch das sowjetische Rote Kreuz zur Führung erster Kontaktgespräche zwischen den beiden Organisationen ist von sowjetischer Seite bisher leider nicht eingehalten worden.
({1})
- Herr Präsident, es ist für eine Dame furchtbar schwer, gegen den Lärm anzusprechen.
Gnädige Frau, ich bitte um Nachsicht.
Ich wäre sehr dankbar, meine Damen und Herren, wenn die Geräusche und die Gespräche im Saal etwas reduziert werden könnten, damit wir die Fragestunde geordnet zu Ende führen können.
Vielen Dank, Herr Präsident!
Ich darf sagen, daß vorgesehen ist, Herr Kollege, diese Frage anläßlich des Besuches von Generalsekretär Breschnew zu erörtern.
Zweitens darf ich Ihnen mitteilen, daß auch das Deutsche Rote Kreuz in seinen Gesprächen mit dem sowjetischen Roten Kreuz eine Einladung des Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge angeregt hat. Aus Gesprächen, die unser Botschafter in Moskau mit dem Präsidenten des sowjetischen Roten Kreuzes führte, war dann zu entnehmen, daß man sowjetischerseits grundsätzlich bereit ist, über Gräber in der Sowjetunion verstorbener Kriegsgefangener zu sprechen. Über Form und Gesprächspartner müsse jedoch noch intern beraten werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Frau Staatsminister, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Bereitschaft der sowjetischen Regierung, in dieser humanitären Frage endlich zu einer befriedigenden Regelung für die betroffenen Angehörigen zu kommen, ein Maßstab dafür ist, wie die Sowjetunion ihre Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland in Zukunft zu gestalten gedenkt?
Herr Kollege, aus dem wiederholten Bemühen der Bundesregierung in der Angelegenheit können Sie ersehen, wie sehr eine befriedigende Regelung dieser Frage der Bundesregierung am Herzen liegt.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
({0})
- Es ist sehr schwer, die Fragestunde zu Ende zu führen. Ich weiß das, gnädige Frau. Aber ich kann es wahrscheinlich nicht ändern.
Ich spitze die Ohren.
Frau Staatsminister, betrachtet es die Bundesregierung nicht als außerordentlich enttäuschend, daß entgegen ihren in dieser Sache unternommenen Anstrengungen die sowjetische Seite innerhalb eines Jahres noch nicht einmal einen Termin für den Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge gefunden hat, um die Dinge auch nur ins Gespräch zu bringen?
Herr Kollege, wir sind in der Tat enttäuscht, daß es zu den zugesagten Einladungen nicht gekommen ist.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Ich danke Ihnen, Frau Staatsminister, für die Geduld und die Beharrlichkeit, mit denen Sie die Fragen beantwortet haben.
Die Fragen 93 und 94 des Herrn Abgeordneten Börnsen und die Fragen 103 und 104 des Herrn Abgeordneten Jaunich sind zurückgezogen worden.
Die Fragestunde ist damit zu Ende.
Die nicht beantworteten Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Einspruch des Bundesrates gegen das Neunzehnte Strafrechtsänderungsgesetz ({0})
- Drucksachen 9/896, 9/959 Wird das Wort zur Abgabe einer Erklärung gewünscht?
({1})
- Meine Damen und Herren, ich frage, ob das Wort zur Abgabe einer Erklärung gewünscht wird. - Das Wort zur Abgabe einer Erklärung wird nicht gewünscht.
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Meine Damen und Herren, nach § 91 unserer Geschäftsordnung wird über den Antrag, den Einspruch des Bundesrates zurückzuweisen, durch Zählung der Stimmen abgestimmt, wenn nicht namentliche Abstimmung verlangt wird. Um den Einspruch des Bundesrates, den dieser mit der Mehrheit seiner Stimmen beschlossen hat, zurückzuweisen, bedarf es nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes der Mehrheit der Mitglieder des Hauses. Das sind 249 Stimmen.
Meine Damen und Herren, wird namentliche Abstimmung verlangt?
({2})
- Namentliche Abstimmung wird verlangt. - Der Antrag ist ausreichend unterstützt.
Meine Damen und Herren, damit keine Zweifel aufkommen: Wer den Einspruch zurückweisen will, muß mit Ja stimmen.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Meine Damen und Herren, ist ein Mitglied des Hohen Hauses anwesend, das seine Stimme noch nicht abgegeben hat? - Ich sehe: Das ist nicht der Fall.
Ich schließe die Abstimmung und bitte, die Stimmen auszuzählen.
Ich bitte Sie einen Augenblick um Ihre Aufmerksamkeit. Das Auszählen der Stimmen wird wie üblich einen Zeitraum von bis zu einer halben Stunde benötigen. Wir könnten diese Zeit für unsere Arbeit nutzen, wenn wir die Sitzung jetzt nicht unterbrechen, sondern in unseren Beratungen fortfahren und zwischendurch das Ergebnis der Auszählung bekanntgeben. Ist das Hohe Haus damit einverstanden? - Ich bemerke keinen Widerspruch. Wir werden so verfahren.
Wir fahren in der Aussprache fort, und zwar zum Punkt 6 der Tagesordnung: Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz.
Ich gebe dem Herrn Abgeordneten Lutz als dem Berichterstatter das Wort.
({3})
- Darf ich Sie um Ihre Aufmerksamkeit bitten, meine Damen und Herren, und darf ich für einen geordneten Ablauf der weiteren Behandlung der Tagesordnung bitten, daß Ruhe im Saal einkehrt.
Bitte sehr, Herr Kollege Lutz
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe als Berichterstatter nur zwei Korrekturen zum Bericht auf der Drucksache 9/966 anzubringen:
In Art. 1 - Arbeitsförderungsgesetz - § 2 Nr. 17 muß es heißen:
§ 134 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b und c ({0})
Und in Art. 6 - Angestelltenversicherungsgesetz - § 1 Nr. 2 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc muß es heißen:
7. wer in § 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 ({1}) Dann geht der Text weiter.
Diese beiden Korrekturen bitte ich zu berücksichtigen.
Meine Damen und Herren, die Aussprache ist eröffnet. Als erstem Redner erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. George.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wir haben uns von seiten der Union vorgenommen, zu jedem Punkt eine einzige Rede zu halten. Ich habe mir das „Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz" vorgenommen.
„Übereilte und hastige Maßnahmen sind fehl am Platz. Verantwortungsvolle Politik heißt, sich rechtzeitig Gedanken darüber zu machen ... ," meine Damen und Herren, so stolz warf sich Bundesarbeitsminister Dr. Ehrenberg in die Brust, als er am 6. November 1981 im Bundesrat zum Rentenanpassungsgesetz 1982 seine Stimme abgab. Hätte er diese Devise bereits beim AFG praktiziert, dann hätte beispielsweise der berühmte Zumutbarkeitsparagraph schon bei einer der bisherigen Novellen zum AFG geändert werden können, und Herr Baden hätte nicht gehen müssen.
({0})
Seit 1975 pendelt nämlich die Arbeitslosigkeit um die Millionengrenze bzw. zwischen 3,8 und 4,7 %. Sie ist im Oktober bei 5,9 % angelangt.
Was dem Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung jedoch mit den Beratungen zum AFKG, zum KVEG - man höre die schönen Kürzel -, zum KHKG zum BillBG und zum 2. Haushaltsstrukturgesetz - das spreche ich jetzt aus, weil man es gar nicht mehr abkürzen kann - zugemutet worden ist und was wir uns heute im Plenum selbst zumuten, das hat mit „Rechtzeitigkeit", das hat mit „verantwortungsvoller Politik" nichts mehr zu tun.
({1})
Wir sind auch heute in einen unter Zeitdruck stehenden Gesetzgebungsmechanismus gepreßt worden, der mit unseren Pflichten gegenüber den Bürgern kaum noch zu vereinbaren ist.
({2})
Dennoch, meine Damen, meine Herren: Die Union - hören Sie gut zu, Herr Wehner - dankt allen an dieser Gesetzgebung beteiligten Bediensteten in den Ministerien, in den Bundestagsausschußsekretariaten und in den Bundestagsfraktionen dafür, daß sie trotz oft inhumaner fachlicher und zeitlicher Konditionen ihre Pflicht weit über Gebühr erfüllt haben.
({3})
Die Union rügt jedoch mit allem Nachdruck die Art und Weise, wie im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung gearbeitet werden mußte, trotz anerkannt fairer Verhandlungsführung durch den Herrn Vorsitzenden.
({4})
Lassen Sie mich bitte als Abgeordneter, der jetzt in der zweiten Legislaturperiode hier ist und von
Herrn Wehner jedesmal Aufforderungen bekommt wie „wegzugehen", etwas sagen, was uns alle angeht. Die Achtung vor dem Bürger, der Respekt vor elementaren demokratischen Spielregeln und letzlich unsere persönliche Selbstachtung als Parlamentarier sind von der Bundesregierung - auch zu Lasten der Kolleginnen und Kollegen der SPD und der FDP - bis an die Grenze des Zulässigen strapaziert worden.
({5})
So etwas darf in unserem parlamentarischen System eigentlich nicht mehr geschehen, schon gar nicht darf es eine Dauererscheinung in dieser Demokratie werden.
Lassen Sie mich zur Sache kommen.
({6})
Obgleich der Herr Bundeskanzler am 3. Juni 1981 im Plenum - jetzt mache ich eine Anspielung auf heute morgen - ein altes „Herbert-der-WehnerWort" aufgriff und sarkastisch formulierte: „Wir wären in einer miserablen Situation, wenn wir Euch brauchten, um aus der Patsche herauszukommen!", hat die Union Toleranz, Flexibilität und konstruktive Mitarbeit an der „Sparoperation '82" unter Beweis gestellt.
Uns ging es letztlich vor allem darum, den Bürgern aus einer Patsche zu helfen, die geschaffen wurde, als der seinerzeitige Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen am 14. Juli 1969 meinte: „Seit Sozialdemokraten regieren, geht es aufwärts."
In der Tat: Mit der Verschuldung, mit den Arbeitslosenzahlen, mit den Konkursen und mit viel anderem Unerträglichen ging es aufwärts! So aufwärts, daß Herr Vetter dem Herrn Bundeskanzler am 6. November 1981 einen „Notrufbrief" schicken mußte. So aufwärts, daß Herr Steinkühler am 7. November 1981 über 70 000 Gewerkschaftler in Stuttgart gegen die „Mähdrescher-Sozialpolitik" der Bundesregierung demonstrieren ließ. So aufwärts, daß Herr Loderer am 9. November 1981 in einem „Südwestfunk"-Interview klagte: „Wir erkennen das sozialdemokratische Gesicht nicht wieder." So aufwärts, daß man sich seit der Bundestagswahl 1980 bereits im Paradies wähnt, wenn die allwöchentliche Hiobsbotschaft über ein neues Schuldenloch einmal ausbleibt.
Selbst wenn man - ich sage das mit allem Bedacht - das heute morgen von meinem Kollegen Friedmann prognostizierte Defizit von mehreren Milliarden D- Mark im Jahr 1982 bei der Bundesanstalt für Arbeit leugnet oder anders darstellt, wird Herr Ehrenberg heute abend, direkt nach der Verabschiedung des AFKG, seinen Mitarbeitern dennoch einen „Eilauftrag zum AFKG Nr. 2" erteilen. Wo bleiben eigentlich - darf ich einmal fragen - unsere doch sonst so kritischen Politkabarettisten, für die es eine reizvolle Persiflage sein dürfte, den Komparativ zu „Schuldenberg" im Namen eines bestimmten Bundesministers zu finden.
„Eine Regierung muß klar auf den Tisch legen, was sie will." Eine Erkenntnis, zu der Herr Wischnewski ausgerechnet in „Welt der Arbeit" am 4. Februar 1972 fand, und die wir in vollem Umfange unterschreiben. Doch bei diesem AFKG haben die Regierung und die SPD/FDP-Koalition das nicht getan. Viel deutlicher ist da schon das „Argumentationspapier", das Herr Westphal am 4. November 1981 an seine „lieben Genossinnen und Genossen" geschickt hat. Dort heißt es wörtlich:
Die Koalitionsverhandlungen waren schwierig. Ein Scheitern wurde knapp vermieden.
An anderer Stelle heißt es:
Der weitgehendste Eingriff erfolgt beim Arbeitsförderungsgesetz.
Wir haben heute morgen von Herrn Glombig etwas anderes gehört.
Wie unklar die Haltung von SPD und FDP sowie der Bundesregierung gerade beim AFKG ist, zeigt sich schon an den Zahlen, die wir im Ausschuß immer wieder hinterfragt haben. Kaum eine konkrete Zahl, fast alles geschätzt. Wenn geschätzt wurde, dann ging das nach der Methode: Den Daumen möglichst nah vor das Auge, damit die Durchsicht nicht so gut ist!
({7})
Dennoch hat die Union im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung eine Fülle von Einzelvorschriften mitgetragen - auch das ist eine Alternative -, vor allem jene die Einsparungen bei den arbeitsfördernden Leistungen bringen. Wir haben unser Ja nicht durchweg ohne Bedenken gegeben. Wir haben aber die Zielsetzung der dringendst notwendigen Haushaltskonsolidierung vor das für jeden einzelnen von uns wünschenswerte Anliegen gestellt, vernünftige Maßnahmen der Arbeitsförderung vor Einschränkungen zu schützen.
Abgelehnt haben wir hingegen die Bestimmungen, bei denen wir grundsätzliche sozial-, wirtschafts-, rechts- oder ordnungspolitische Bedenken haben. Dazu gehören vor allem die Beitragsumschichtung von der Rentenversicherung auf die Bundesanstalt für Arbeit, die Regelung über die Sozialversicherungspflicht der Entgelte bei geringfügigen Beschäftigungen und das Verbot der Überlassung von Arbeitern in Betriebe des Baugewerbes. Das sind unsere Hauptablehnungsgründe.
({8})
Bei einer großen Zahl von Einzelbestimmungen haben wir mit Enthaltung votiert. Es handelt sich um die Punkte, in denen wir aus sachlichen Gründen stärkste Bedenken gegen Leistungseinschränkungen haben. Aber wegen der finanziellen Folgewirkungen wollten wir - bei dem Gebot der Entlastung des Bundeshaushalts - nicht mit Nein stimmen. Wir bauen der Regierungskoalition damit für die weiteren Verhandlungen eine Brücke. Wir hätten es uns auch leichter machen können: Da Sie das Arbeitsförderungsgesetz bewußt nicht der Zustimmung des Bundesrates unterworfen haben, hätten wir die Verantwortung voll bei Ihnen belassen können.
Um so nachdrücklicher weist die Union in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, daß die vielfältigen Zwänge zu Leistungseinschränkungen im arbeitsfördernden Bereich im Kern das Ergebnis einer seit Jahren verfehlten Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Beschäftigungspolitik der Bundesregierung sind.
Zu den Punkten, bei denen wir uns der Stimme enthalten, gehört die gravierende Leistungsverschlechterung beim „kleinen Unterhaltsgeld" von 58 % nach § 44 Abs. 2 a AFG. Diese Form des Unterhaltsgeldes soll künftig nur als Darlehen gewährt werden. Es wird für Teilnehmer an Berufsförderungsmaßnahmen gezahlt, die vor der Maßnahme nicht arbeitslos oder unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht waren. Es handelt sich weitgehend um Teilnehmer an Maßnahmen zur Förderung des beruflichen Aufstiegs- und auch in nicht geringem Umfang an Meisterkursen. Bundesregierung und Koalitionsfraktionen unterstellen, daß diesem Personenkreis grundsätzlich eine Darlehensförderung zuzumuten ist. In der Tat, wenn man ehrlich ist, konnte man hier einiges besser miteinander ausgleichen. Aber in Wirklichkeit rechnet sich die Bundesregierung in ihrem Finanztableau allein für 1981 eine Einsparung von 455 Millionen DM aus. Das ist ein massiver finanzieller Eingriff, der einmal viele Interessenten von Maßnahmen der beruflichen Fortbildung abhalten wird und der zum anderen in vielen Bereichen die Existenz der Bildungseinrichtungen gefährden wird.
Lassen Sie mich an diesem Punkt noch hinzufügen: Keinesfalls handelt es sich nur um Personengruppen, wie die SPD so gern glauben machen möchte - nicht die FDP -, die durch die Fortbildung die Voraussetzungen für die Gründung einer selbständigen Existenz schaffen wollen, wie dies in der Tat bei Meisterkursen oft der Fall ist. In sehr vielen Fällen qualifizieren sich in diesen Kursen auch solche, die im Arbeitnehmerverhältnis stehen, und bleiben, nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch, und das ist sehr wichtig, in Sozial- und Gesundheitsberufen. Auf jedem Schreibtisch von Ihnen liegen zahlreiche Briefe der Schwesternverbände zu diesem Punkt. Sie werden selten nach der Ausbildungs, Fortbildungs- und Weiterbildungsmaßnahme so hohe Einkommen erzielen, daß sie beim Unterhaltsgeld - oft für mehrere Jahre - auf eine Darlehensförderung umsteigen können.
({9})
Einer derartigen Erschwerung für qualifizierungswillige Arbeitnehmer können wir nicht zustimmen.
Grundsätzlich gilt für die Union, und dies vor allem bei wachsendem Facharbeitermangel und bei Unterqualifikation von fast 50 % der Arbeitslosen: Wer bei der beruflichen Weiterbildung spart, der spart am falschen Ende
({10})
und produziert damit Dauerarbeitslose und letztlich gesellschaftspolitische Dauerschäden. Wenn die Teilnehmerzahlen nicht eingeschränkt werden sollen, wie es in der Gesetzesbegründung heißt, dann
bleibt doch eigentlich nur die Alternative, an der Qualität zu sparen. Das wäre dann allerdings hinausgeworfenes Geld. Sollen denn die Arbeitsämter demnächst nach der Methode des billigen Jakob ihre Auftragsmaßnahmen vergeben? Meine Damen und Herren, wie sind uns in dieser Beurteilung mit vielen Menschen draußen einig, mit vielen Menschen bei den Fortbildungseinrichtungen. Wir möchten aber darauf hinweisen, daß am Ende die Arbeitslosen diejenigen sein werden, die bei einer solchen Einschränkung auf der Strecke bleiben.
Ein weiterer Punkt, der für uns von großer Bedeutung war - ich befleißige mich nicht wie Herr Glombig heute morgen einer Reihe von Vorwürfen, aber dennoch möchte ich hier an dieser Stelle den folgenden Ausdruck verwenden -: Es ist schon „fast makaber", daß SPD und FDP und die Bundesregierung ausgerechnet im Jahr der Behinderten es für richtig halten, im Bereich der Rehabilitation - sowohl bei den Maßnahmen als auch beim Lohnersatz und beim Arbeitstrainingsbereich - tief in das „soziale Fleisch" zu schneiden.
({11})
Herr Abgeordneter, gestattetn Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Grobecker?
Herr Grobecker, haben Sie Geduld. Falls ich rechtzeitig fertig werde, können Sie nachher zu diesem Punkt fragen. Ich brauche jetzt auch meine Zeit.
Hier rächt sich die schon fast legendär gewordene „Loch-Stopf-Verschiebungs-Aktion", die Sie mit dem 20. RAG vorgenommen haben, ausgerechnet an den schwächsten Gliedern unserer Gesellschaft. Im Endeffekt werden die Hilfsmöglichkeiten bei allen Reha-Trägern - das ist die bittere Kehrseite der viel beschworenen „Einheitlichkeit der Reha-Leistungen" - erheblich demontiert. Und das mit so großem Stolz verkündete „zweite Aktionsprogramm Rehabilitation in den 80er Jahren" haben Sie mit diesen Entscheidungen zur Makulatur werden lassen, wie vielleicht heute abend schon dieses AFKG.
Ein weiterer Punkt. Auch den massiven Kürzungen bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen müssen wir unsere Zustimmung versagen. Die ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehene fast totale Herausnahme juristischer Personen des öffentlichen Rechts aus den AB-Maßnahmen ist zwar geringfügig abgeschwächt worden, doch dies ist, wie insbesondere die Berliner bestätigen werden, Augenauswischerei. Tatsächlich werden nämlich im gesamten Finanztableau vor allem auf Grund der nachgereichten und mit Mehrheit von SPD und FDP gegen die CDU angenommenen Anträge die Einsparungen bei den AB-Maßnahmen noch erhöht, nämlich auf 54,5 Millionen DM im nächsten Jahr. Herr Ehrenberg, ich frage bescheiden, weil Sie ja vieles bewirken können, ob Sie damit wenigstens einen Teil der Ihnen von Herrn Engholm abgepreßten 100 Millionen DM BAföG erbringen wollen?
Und noch etwas. Herr Ehrenberg: Die SPD, der DGB und die SPD-Fraktion drängen auf ein Beschäftigungsförderungsprogramm zum Abbau der Arbeitslosigkeit, zum, ich weiß nicht, wievielten Programm. Angesichts gerade dieser Situation ist es doppelt unverständlich, daß man die seit Jahren eingespielten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die derzeit über 40 000 Menschen in eine - wenn auch in der Regel nur vorübergehende - Beschäftigung bringen, fast auf den Nullpunkt herunterschrauben will.
An die Adresse der Bundesanstalt für Arbeit, aber auch des Ministeriums, das ihr das auferlegt hat: Die Kommunen haben vermutlich in Höhe von mindestens einer Milliarde DM vorkreditiert. Sie werden diese Vorkreditierung in der nächsten Zeit bei der Bundesanstalt für Arbeit fakturieren. Ich will das nur einmal sorgenvoll notieren, damit es keine Ausrede gibt, wenn das „AFKG Nr. 2" im Frühjahr nächsten Jahres vielleicht auf dem Tisch liegt.
({0})
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend begründen, aus welchen schwergewichtigen Gründen wir, nach reiflicher Überlegung, zu einer Gesamtablehnung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes kommen:
Erstens. Wir lehnen die Erhöhung des Beitragssatzes von 4% insgesamt ab, weil wir eine Erhöhung der Abgabenbelastung für die Arbeitnehmer nicht für vertretbar halten - wie bis vor kurzem sogar noch Herr Matthöfer,
({1})
Herr Genscher auch und viele andere - und weil wir in dieser Beitragserhöhung lediglich eine bedenkliche Folgewirkung einer schon seit Jahren verfehlten Wirtschafts-, Finanz-, Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik sehen, die uns diese unvertretbar hohe Arbeitslosigkeit eingebracht hat. Nebenbei bemerkt: Daß wir einen guten Deckungsvorschlag gebracht haben, zeigt ja, daß SPD und FDP im letzten Augenblick diesen Unionsantrag weitgehend übernommen haben. Ich meine damit die Änderung der Bemessungsgrundlage bei Leistungen an Arbeitslose und die Reduzierung beim Lohnsteuerjahresausgleich. Herr Präsident, im Namen der Union beantrage ich zu diesem Punkt eine namentliche Abstimmung.
Zweitens. Wir lehnen die im Gesetzentwurf vorgesehene grundsätzliche Versicherungspflicht für geringfügige Beschäftigung ab.
({2})
Eigentlich müßte ich mehr zur FDP blicken, weil aber Herr Glombig derjenige ist, der bis zum letzten Augenblick gesagt hat: „Nein, das gibt es nicht", dann aber am Ende eingeschwenkt ist, werde ich mich in diesem Punkte mehr an die SPD wenden. Diese Maßnahme, die Sie vorgesehen haben, führt zu einer Verbürokratisierung, sie führt zwar zu Mehreinnahmen; allerdings stehen diese in keiner vernünftigen Relation zum Verwaltungsaufwand, der bei allen Beteiligten entsteht. Die Regelung
bringt potentielle Mehrbelastungen für die Träger der Sozialversicherung dadurch, daß geringfügigen Beiträgen hohe Leistungsansprüche gegenüberstehen.
({3})
Die Einführung einer Mindestbemessungsgrundlage bei den Beiträgen an die Krankenversicherung wird an sich volkswirtschaftlich notwendige Nebenbeschäftigung geringen Ausmaßes in vielen Fällen aus Kostengründen unmöglich machen.
An dieser grundsätzlichen Haltung unserer Fraktion kann auch der in den Ausschußberatungen von SPD und FDP im wirklich allerletzten Augenblick eingebrachte und beschlossene Ausnahmenkatalog nichts ändern. Wegen der Vielzahl von Journalisten in der SPD ist ein Sonderparagraph eingeführt worden, allerdings nur für die Zeitungsausträger. Bitte nehmen Sie § 5 des Postverwaltungsgesetzes, damit dies auch für die Zeitungen gilt. Und für eine andere Gruppierung ist eine andere Ausnahmeregelung gemacht worden.
Im Gegenteil, meine Damen, meine Herren, dieser Ausnahmenkatalog, den Sie hier gemacht haben, spricht mit aller Deutlichkeit und mit allem Nachdruck dafür, daß sie rechtspolitisch und verfassungsrechtlich äußerst bedenklich sind.
({4})
Meine Damen, meine Herren, es ist schon ein besonderes Husarenstück, daß ausgerechnet Herr Glombig seinen Genossen die 390er Regelung in dem zitierten Westphal-Argumentationspapier erklären mußte. Er hat recht, wenn er feststellt: „Die geplante Aufhebung der Sozialversicherungsfreiheit geringfügiger Beschäftigung hat eine heftige politische Diskussion ausgelöst. Zahlreiche Bürger sowie viele Verbände und Vereine haben Kritik, aber auch Zustimmung geäußert." Zustimmung habe ich nur von den Fensterputzern,
({5})
die vielleicht in gewissen Verwandtschaftsbeziehungen stehen, und wenigen anderen gelesen.
({6})
Durch den Enumerationskatalog sind jetzt etwa 50 % der bisherigen Fälle aus dieser „Klientel-Bedienung" herausgeblieben. Ich zitiere zum Beweis dafür aus dem Fernschreiben der Arbeiterwohlfahrt vom 2. November an „Herbert den Wehner":
Wir bitten Sie, unseren Dank den Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion zu übermitteln, und hoffen auf Ihre Zustimmung, wenn wir dies auch öffentlich kundtun.
So wird hier Gruppen- und Klientelpolitik gemacht.
In Richtung FDP frage ich, was sie eigentlich davon hält, daß in diesem gleichen Papier steht - ich zitiere wieder wörtlich -:
Das Hotel- und Gaststättengewerbe und der Einzelhandel sind in die Sozialversicherungspflicht einbezogen worden.
Ausgerechnet eine liberale Partei, die so viel auf Verfassungsrechtlichkeit hält, macht hier mit.
({7})
Sie wollen doch sicherlich in diesen Bereichen und bei den vielen Frauen, die auch gern zum „390erHeer" gehören, nicht noch einmal die „Watschenmannpartei" sein.
Herr Präsident, namens der Union beantrage ich hierzu eine weitere namentliche Abstimmung, damit jeder die Chance hat, das, was er draußen verkündet hat, hier auch zu halten.
({8})
Drittens. Das vorgesehene Verbot der Überlassung von Arbeitern in Betriebe des Baugewerbes - man höre sich die schöne Veränderung, die im letzten Augenblick vorgenommen worden ist, an - lehnen wir ab. Es ist wirtschaftspolitisch äußerst bedenklich, unter rechtspolitischen Aspekten willkürlich und auch in diesem Falle verfassungsrechtlich nicht haltbar. Wir haben hierzu auf der Drucksache 9/995 noch einmal einen Änderungsantrag vorgelegt.
Viertens. Die Saldierungsregelung bei der Kurzarbeit lehnen wir ab, weil sie an der Realität - und wie weit muß die SPD schon von der Realität bei den Arbeitnehmern und in den Betrieben weg sein? - völlig vorbeigeht. Die Mißbräuche, die hier teilweise aufgetreten sind, lassen sich mit dem vorhandenen Instrumentarium, wenn es nur einmal angewandt würde, beseitigen. Die Saldierungsregelung, meine Damen, meine Herren, birgt die Gefahr, daß sie am Ende zu Lasten der Arbeitnehmer ausgeht. Und hier liegt wohl eines der größten Risiken für das nächste Nürnberger Haushaltsloch.
Fünftens. Über Einzelbedenken zu einzelnen Bestimmungen hinaus wollen wir aber mit unserer Endablehnung in der dritten Beratung deutlich machen, daß wir die Mitverantwortung für eine Gesetzgebung ablehnen, die im Kern die Folgen einer seit Jahren falschen Wirtschafts- und Finanzpolitik, besonders aber Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik ist. Wir möchten deutlich machen, daß dieser Gesetzentwurf so viele Ansätze zu Fehlentwicklungen enthält, daß sich die Bundesregierung gezwungen sehen wird, viele Bestimmungen alsbald wieder zu ändern.
Sechstens. Aus dem einstmaligen „Nürnberger Trichter für Arbeitsförderung" ist im Laufe der letzten Jahre - trotz der Absicherung durch einen Bodenbender - ein „Faß ohne Boden" geworden.
({9})
Im Jahre 1981 mußte die Bundesanstalt für Arbeit mit rund 11 Milliarden DM - ich meine jetzt nur Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe - aus Steuermitteln subventioniert werden. Wissen Sie, was das heißt, Herr Ehrenberg? Sie haben schon längst einen Erfolg erzielt, den Erfolg, daß Sie die „Arbeitsmarktabgabe" auf kaltem Wege eingeführt haben. Denn
jeder der rund 30 Millionen Steuerzahler zahlt bei 11 Milliarden DM Subvention an die Bundesanstalt für Arbeit im Jahr im Durchschnitt knapp 400 DM kalte „Arbeitsmarktabgabe".
({10})
Herr Ehrenberg, Sie sind auf dem besten Wege, aus dem fortschrittlichen AFG des Jahres 1969 - ich wage hier jetzt ein sehr polemisches Wort- ein „Armuts-AVAVG" zu machen.
({11})
Mit viel falschen Zahlen und mit sozialpolitisch falschen Mitteln wird ein ordnungspolitisch falscher Weg zu einem wirtschaftspolitisch und gesellschaftspolitisch falschen Ziel gegangen. Die SPD geht ihn gerne, die FDP wird ihn noch eine Zeitlang mitgehen müssen oder wollen. Die Union wird daher das mit so vielen Fehlern behaftete sogenannte Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz ablehnen.
Erlauben Sie mir, da ich in der Zeit geblieben bin, noch einige Zusatzbemerkungen, die ich bewußt an den Schluß stellen möchte. Herr Glombig hat heute morgen gemeint, es sei dringend notwendig, die Union in dieser so ernsthaften Debatte mit folgenden Worten belegen zu müssen. Er hat von einer „sozialpolitischen Streichliste der Union", von einem geradezu „brutalen Streichungskatalog des Bundesrates zur Sozialhilfe" gesprochen. Er hat gesagt, der CDU fehle „jedes sozialpolitische Augenmaß". Er hat weiter vom „politischen Purzelbaum", von „obrigkeitlicher Armenfürsorge" gesprochen;
({12}) „Zynismus" hat er uns vorgeworfen.
({13})
- Herr Wehner, danke schön. - Ich sage mit Blick auf die „FAZ" von heute morgen, in der wörtlich zitiert ist, daß der Herr Bundeskanzler gesagt hat, wir dürfen „nicht einmal den Anschein erwecken", daß in das soziale Netz eingeschnitten wird, an die Adresse derjenigen in der SPD, die wissen, was sie den Arbeitnehmern hier antun müssen: Viel zu lange haben Regierung, SPD und FDP - es ist hier vom Anschein gesprochen worden - vom Schein und von ungedeckten Scheinen gelebt. Jetzt kann es nur heißen: nicht mehr den Schein wahren, sondern offen und ehrlich zum wahren Sein stehen. - Danke schön.
({14})
Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates auf Drucksache 9/959 bekannt. Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 481 Mitglieder ihre Stimme abgegeben. Davon ungültige Stimmen: keine. Mit Ja haben 262, mit Nein 218 gestimmt; eine Enthaltung.
22 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimmen abgegeben. Davon ungültige Stimmen: keine. Mit Ja haben 11, mit Nein ebenfalls 11 gestimmt; Enthaltungen: keine.
Vizepräsident Wurbs
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 478 und 22 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 261 und 11 Berliner Abgeordnete
nein: 216 und 11 Berliner Abgeordnete
enthalten: 1
Ja
SPD
Dr. Ahrens Antretter
Dr. Apel
Auch
Baack
Bahr
Bamberg
Dr. Bardens Becker ({0}) Bernrath
Berschkeit Biermann Bindig
Frau Blunck
Dr. Böhme ({1}) Börnsen
Brandt ({2}) Brück
Büchler ({3}) Büchner ({4})
Dr. von Bülow Buschfort Catenhusen Collet
Conradi
Dr. Corterier Curdt
Frau Dr. DäublerGmelin Daubertshäuser Dreßler
Duve
Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer
Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm
Esters
Ewen
Feile
Fiebig
Fischer ({5}) Fischer ({6}) Franke ({7}) Frau Fuchs
Gansel
Gerstl ({8})
Dr. Geßner Gilges
Ginnuttis Glombig
Gnädinger Gobrecht
Grobecker Grunenberg Dr. Haack Haar
Haase ({9}) Haehser
Hansen
Frau Dr. Hartenstein Hauck
Dr. Hauff Heistermann Herberholz Herterich
Heyenn
Hoffmann ({10}) Hofmann ({11})
Dr. Holtz Horn
Frau Huber Huonker Ibrügger
Immer ({12}) Jahn ({13})
Dr. Jens Junghans Jungmann Kiehm
Kirschner
Klein ({14})
Dr. Klejdzinski
Kolbow
Kretkowski
Dr. Kreutzmann
Dr. Kübler Kühbacher Kuhlwein Lambinus Dr. h. c. Leber
Lennartz Leonhart
Frau Dr. Lepsius Leuschner Liedtke
Dr. Linde Lutz
Marschall
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Meinike ({15}) Meininghaus
Menzel
Dr. Mertens ({16}) Möhring
Müller ({17}) Müller ({18})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({19}) Neumann ({20})
Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo
Paterna
Dr. Penner Pensky
Peter ({21})
Polkehn Poß
Purps
Rapp ({22}) Rappe ({23}) Rayer
Reschke Reuschenbach
Reuter
Rohde
Rosenthal Roth
Sander
Dr. Schachtschabel Schäfer ({24}) Schätz
Schirmer Schlaga Schlatter Schluckebier
Frau Schmedt ({25}) Dr. Schmidt ({26}) Schmidt ({27}) Schmidt ({28})
Frau Schmidt ({29}) Schmidt ({30}) Schmitt ({31})
Dr. Schmude
Dr. Schöfberger
Schreiber ({32}) Schreiner
Schröder ({33}) Schröer ({34}) Schulte ({35})
Dr. Schwenk ({36}) Sielaff
Sieler
Frau Simonis
Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell
Dr. Sperling
Dr. Spöri
Stahl ({37})
Dr. Steger Steiner
Frau Steinhauer
Stiegler Stockleben Stöckl
Dr. Struck Frau Terborg
Thüsing Tietjen
Frau Dr. Timm
Topmann Frau Traupe
Dr. Ueberschär
Urbaniak Vogelsang Voigt ({38})
Vosen
Wallow
Waltemathe
Walther Wehner Weinhofer
Weisskirchen ({39}) Dr. Wernitz
Westphal Frau Weyel Dr. Wieczorek
Wieczorek ({40}) Wiefel
von der Wiesche
Wimmer ({41}) Wimmer ({42}) Wischnewski
Witek
Dr. de With
Wolfram ({43}) Wrede
Würtz
Wuttke
Zander
Zeitler
Frau Zutt
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Diederich ({44}) Dr. Dübber
Hitzigrath
Löffler
Frau Luuk
Männing
Dr. Mitzscherling Wartenberg ({45})
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann Bergerowski
Frau von Braun-Stützer Cronenberg
Eimer ({46})
Frau Dr. Engel
Engelhard
Dr. Feldmann
Frau Fromm Funke
Gattermann Genscher Grüner
Dr. Haussmann
Dr. Hirsch Hölscher Holsteg
Jung ({47})
Kleinert
Dr. Graf Lambsdorff
Frau Matthäus-Maier Merker
Mischnick Möllemann Neuhausen Frau Noth Paintner
Popp
Rentrop
Dr. Riemer Rösch
Ronneburger
Dr. Rumpf Schäfer ({48})
Schmidt ({49})
von Schoeler
Frau Schuchardt
Dr. Solms Timm
Dr. Vohrer Dr. Wendig
Wolfgramm ({50}) Wurbs
Dr. Zumpfort
Berliner Abgeordneter Hoppe
Nein
CDU/CSU
Dr. Abelein
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha
Frau Benedix-Engler
Berger ({51})
Biehle
Böhm ({52})
Dr. Bötsch Bohl
Borchert Braun
Broll
Bühler ({53})
Carstens ({54})
Clemens
Vizepräsident Wurbs
Conrad ({55})
Dr. Czaja Dallmeyer Daweke
Deres
Dörflinger Doss
Dr. Dregger Echternach Eigen
Erhard ({56}) Eymer ({57})
Dr. Faltlhauser Feinendegen Fellner
Frau Fischer Fischer ({58}) Francke ({59}) Franke
Funk ({60})
Ganz ({61})
Frau Geier Frau Geiger Dr. Geißler Dr. von Geldern
Dr. George Gerlach ({62}) Gerstein
Gerster ({63})
Dr. Götz
Günther
Haase ({64})
Dr. Häfele Handlos
Hanz ({65})
Hartmann Hauser ({66})
Hauser ({67})
Frau Dr. Hellwig
Helmrich Dr. Hennig Herkenrath
von der Heydt
Freiherr von Massenbach Hinsken
Höffkes
Frau Hoffmann ({68}) Dr. Hornhues
Horstmeier Frau Hürland
Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Jäger ({69})
Dr. Jahn ({70})
Dr. Jenninger
Dr. Jentsch ({71}) Dr. Jobst
Jung ({72})
Dr. Kansy
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle
Dr. Klein ({73})
Klein ({74})
Dr. Köhler ({75})
Dr. Köhler ({76}) Köster
Dr. Kohl
Kraus
Dr. Kreile Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kunz ({77}) Lamers
Dr. Lammert
Lampersbach
Landré
Dr. Langner Dr. Laufs Lemmrich Lenzer
Link
Linsmeier Lintner
Löher
Louven
Maaß
Magin
Dr. Marx
Dr. Mertes ({78}) Metz
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Mikat Dr. Miltner Milz
Dr. Möller
Müller ({79}) Müller ({80})
Müller ({81})
Nelle
Neuhaus
Frau Dr. Neumeister Niegel
Dr.-Ing. Oldenstädt
Dr. Olderog Frau Pack Petersen Pfeffermann Pfeifer
Picard
Dr. Pinger Pohlmann
Dr. Pohlmeier Prangenberg
Dr. Probst Rainer
Rawe
Reddemann Regenspurger
Repnik
Dr. Riedl ({82})
Dr. Riesenhuber
Röhner
Frau Roitzsch
Dr. Rose Rossmanith Rühe
Ruf
Sauer ({83})
Sauer ({84})
Sauter ({85})
Sauter ({86})
Dr. Schäuble
Schartz ({87})
Schmitz ({88}) Schmöle
Dr. Schneider
Freiherr von Schorlemer Dr. Schroeder ({89}) Schröder ({90}) Schröder ({91}) Dr. Schulte ({92}) Schwarz
Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer
Seehofer Seiters
Sick
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spilker
Spranger
Dr. Sprung
Dr. Stark ({93}) Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken
Stücklen Stutzer Susset Tillmann Dr. Todenhöfer
Frau Verhülsdonk Vogel ({94})
Vogt ({95})
Volmer Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warnke
Dr. von Wartenberg Weirich
Weiß
Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms Wimmer ({96}) Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissmann
Dr. Wittmann
Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Wulff Zierer
Dr. Zimmermann Zink
Berliner Abgeordnete Bahner
Boroffka
Frau Berger ({97}) Buschbom
Dr. Hackel Kalisch
Kittelmann Lorenz
Schulze ({98}) Straßmeir
Enthaltungen
FDP Ertl
Die nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes erforderliche Mehrheit von 249 Stimmen ist somit erreicht. Der Einspruch des Bundesrates ist damit zurückgewiesen.
({99})
Ich erteile dem Abgeordneten Lutz das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin der Rede meines Kollegen George mit wachsender Verblüffung gefolgt. Erst einmal hat er versucht, sich selber und uns allen mit den Zahlenspielen seines CDU-Kollegen Friedmann Angst zu machen. Ich bin dann direkt zum Minister gegangen und habe mich vergewissert, ob sich der Minister durch das Zahlenspiel des Herrn Friedmann hat auch wirremachen lassen. Das ist nicht der Fall. Die Spekulationen auf den heutigen Abend können Sie sich sparen, Herr George.
Noch mehr verblüfft hat mich aber zweitens, daß Sie eine reichlich teure Rede gehalten haben,
({0})
denn wenn das alles nicht stattfinden soll, was Sie verhindern wollen, dann kostet uns diese Rede einige Milliarden. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie das mit Ihren Haushältern abgesprochen haben.
Es ist mir aber gleichwohl zu Beginn meiner Rede, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ein Bedürfnis, Ihnen Dank zu sagen für die Kooperationsbereitschaft, die Sie im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung bei den Beratungen
der heute hier anstehenden Sozialgesetze an den Tag gelegt haben.
({1})
Sie hätten - das ist nicht zu bestreiten - auch anders verfahren und uns einige schmerzhafte Knüppel zwischen die Beine werfen können. Sie haben das nicht getan. Sie haben die Beratungen zu keiner Zeit behindert. Das, so meine ich, kann man ruhig anerkennen.
({2})
Noch schöner, meine Damen und Herren von der Opposition, wäre es allerdings, wenn ich mein Lob auch auf Ihre Beiträge, die Sie in der Sache geleistet haben, also beispielsweise zur Weiterentwicklung des AFKG, über das ich namens meiner Fraktion hier zu reden habe, ausdehnen könnte. Aber das ist leider nicht möglich. Sie haben uns alleingelassen bei dem undankbaren Geschäft, vorhandene Sozialleistungen zu straffen und noch zielgerichteter einzusetzen. Sie haben uns alleingelassen, als es darum ging, über eine Beitragssatzanhebung der Bundesanstalt für Arbeit dringend benötigte Mittel zuzuführen. Sie signalisierten Verweigerung bei unserem Bemühen, Mißbräuche beim Kurzarbeitergeld seitens der Unternehmen einzudämmen. Sie stemmten sich gegen das von uns durchgesetzte Verbot der Leiharbeit für gewerbliche Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft. Sie wollten der Bundesanstalt für Arbeit weitere Kontrollbefugnisse bei der Bekämpfung der verschiedensten Formen illegaler Beschäftigung vorenthalten.
({3})
Sie lehnten die Einführung der Versicherungspflicht für geringfügige Beschäftigungen kategorisch ab und wollten lieber das Weiterbestehen von Mißständen auf diesem Gebiet tolerieren. Allenfalls, so schien mir, hätte man Ihre Zustimmung zu einer drastischen Beschränkung der Leistungen des Arbeitsförderungsgesetzes an die Arbeitslosen und zu einer drastischen Verschärfung der Zumutbarkeitskategorien finden können.
Deshalb finde ich, um es zusammengefaßt zu sagen, Ihr Verhalten in der Sache für nicht sehr verantwortungsvoll. So kann eine Opposition eigentlich nur handeln, wenn es ihr mit der Übernahme von Verantwortung in unserem Staat nicht eilt. So kann nur handeln, wer sich die Sonthofener Krisenstrategie bis hin zur Selbstverleugnung zu eigen gemacht hat.
({4})
Nun, wir haben uns von Ihrer Verweigerungshaltung nicht anstecken lassen. Wir haben getan, was getan werden mußte, um das soziale Netz auch für härteste Belastungsproben zu rüsten. Bei einem solchen Versuch bleibt naturnotwendig der Beifall aus. Wer unpopuläre Entscheidungen treffen muß, muß mit Kritik aus vielen Ecken rechnen. Dennoch muß gehandelt werden, und das haben wir mit dem Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz getan.
Lassen Sie mich bitte auf einige Kernpunkte des neuen AFKG zurückkommen.
Erstens. Bei einem schmaleren finanziellen Plafond mußten wir uns um einen wirtschaftlicheren und sparsameren Einsatz der Mittel für die Einrichtungen der beruflichen Bildung und der Rehabilitation bemühen. Wir haben jedoch im Gesetz sehr deutlich gemacht, daß Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nicht auf Kosten der Qualität der Maßnahmen gehen dürfen.
Zweitens. Unter dem Diktat des Rotstiftes haben wir uns gezwungen gesehen, die Leistungen beim Unterhaltsgeld, beim Übergangsgeld und bei der Berufsausbildungsbeihilfe etwas zurückzunehmen. Wir sind dabei nicht ganz so weit wie der Regierungsentwurf gegangen und haben beispielsweise das Unterhaltsgeld für Personen mit unterhaltspflichtigen Kindern oder pflegebedüftigem Ehegatten - dazu liegt Ihnen übrigens noch ein entsprechender Antrag für die zweite Lesung vor - nur auf 75 % abgesenkt. Aber ich gestehe offen - auch mein Kollege Glombig hat das in der Debatte zum Haushaltsstrukturgesetz gesagt -: Leichtgefallen ist uns das nicht, gerade weil eine bessere berufliche Qualifikation das individuelle Arbeitsplatzrisiko mildert. Dennoch bleibt das Instrument voll erhalten - und darauf kam es uns an.
Drittens. Ebenso schwer fiel uns die Umstellung der sogenannten Aufsteigerförderung auf das Darlehensprinzip. Das damit verbundene Risiko könnte fortbildungsbewußte Facharbeiter abschrecken. Indes, die Förderung als solche bleibt bestehen, wenn auch zu veränderten Bedingungen.
Viertens. Wir haben uns dazu verstehen müssen, die Leistungen des Arbeitsförderungsgesetzes an Nichtbeitragszahler erheblich zu reduzieren. Das trifft arbeitslose Akademiker, die aus der originären Arbeitslosenhilfe herausfallen, ebenso wie Hausfrauen, die aus familiären Gründen gezwungen sind, ins Erwerbsleben zurückzukehren, oder ehemalige Selbständige, die sich zur Betriebsaufgabe genötigt sehen. Sie alle werden nur noch sehr eingeschränkt die Hilfe der Versichertengemeinschaft, der sie nicht angehören, erfahren. Das hätte man vermeiden können, wenn es gelungen wäre, eine Arbeitsmarktabgabe für alle Erwerbstätigen einzuführen.
({5}) Aber das hat nicht sollen sein.
Immerhin haben wir die Anerkennung der Vorversicherungszeiten bei Müttern mit Kindern deutlich verbessert. Mehr aber war nicht möglich.
Fünftens. Wir haben, abweichend vom Regierungsentwurf, festgelegt, daß Voraussetzung für den Bezug der Arbeitslosenunterstützung ein mindestens zehn Monate bestehendes Versicherungsverhältnis ist. Wir haben die Sperrfristen von vier auf acht Wochen ausgedehnt. Sie werden immer dann verhängt, wenn der Versicherte ein zumutbares Arbeitsverhältnis von sich aus kündigt oder wenn er eine zumutbare Beschäftigung ablehnt. Nach zwei Sperrfristen - das wissen Sie - wird der Versicherte, wie schon nach dem alten Gesetz, vom Leistungsbezug gänzlich ausgeschlossen sein. Wir haben die Einmalzahlungen und die Überstundenzuschläge von der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengel3728
des ausgenommen und sehen schärfere Sanktionen beim Versäumen von Meldefristen vor.
Wir haben schon im vorher verabschiedeten Haushaltsstrukturgesetz zudem steuerliche Ungereimtheiten, die eine Bevorzugung der Arbeitslosen gegenüber den voll Beschäftigten bedeutet hätten, beseitigt.
Mehr - ich sage dies in allem Ernst -, so meinen wir, kann und darf den Arbeitslosen nicht zugemutet werden, oder unser Staat gäbe den Anspruch, ein Sozialstaat zu sein, auf.
({6})
Sechstens. Wir haben den Betrieben weitgehend die Möglichkeit genommen, für die eine Abteilung Kurzarbeit anzumelden und in einem anderen Betriebsbereich gleichzeitig Überstunden zu fahren. Wir haben die Voraussetzungen für den Bezug von Schlechtwettergeld präziser formuliert - Maßnahmen, die uns absolut vertretbar erscheinen.
Siebtens. Wir haben aber auch, eine Rüge des Bundesrechnungshofs berücksichtigend, die ungerechtfertigte Ausnutzung der sogenannten 59er-Regelung durch die Betriebe erschwert. Wer sich auf diesem Wege von älteren Mitarbeitern zu Lasten der Versichertengemeinschaft trennen möchte, wird künftig auch einen Teil der anfallenden Kosten mit zu übernehmen haben.
Achtens. Wir haben festgelegt, daß die Betriebe Einarbeitungszuschüsse nur noch für solche Arbeitnehmer erhalten, die arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Das gleiche gilt auch für die den Betrieben gewährte Eingliederungsbeihilfe. Diese wird zudem in der Höhe und der Dauer begrenzt und degressiv gestaffelt sein.
Neuntens. Ferner haben wir - auch dies nicht aus purer Lust am Sparen - den Umfang der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zurückgeschnitten, auf die Regionen mit deutlich überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit konzentriert und Mitnahmeeffekte der öffentlichen Hand weitestgehend ausgeschlossen.
Zehntens. Schließlich haben wir die Förderungsdauer in den Werkstätten für Behinderte im Vergleich zum Regierungsentwurf verbessert. Die Leistungen im Eingangsverfahren und im Arbeitstrainingsbereich können, abweichend vom Entwurf, auch über zwölf Monate hinaus um ein weiteres Jahr verlängert werden, wenn erwartet werden kann, daß der Behinderte dann dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
Sie sehen auch hier - wie in den vorgenannten Punkten - unser Bemühen, die Substanz des Arbeitsförderungsgesetzes zu erhalten, die Leistungen jedoch den veränderten finanziellen Rahmenbedingungen anzupassen.
Das totale Verbot der Leiharbeit für gewerbliche Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft ergibt sich unserer Ansicht nach zudem zwingend a) aus dem gemeinsamen Bemühen - ich hoffe, daß es ein gemeinsames ist - aller Fraktionen dieses Hauses, alle Formen von illegaler Beschäftigung zu bekämpfen, und b) aus der Tatsache, daß anders den beträchtlichen Mißbräuchen in der Bauwirtschaft nicht gesteuert werden kann.
({7})
Über den Wegfall der Geringfügigkeitsgrenze - auch dies ein Teil unseres Kampfes gegen alle Formen von Mißbrauch - wird meine Kollegin Lepsius sprechen; ich brauche darauf nicht einzugehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte zusammenfassend feststellen, daß uns die zum Teil doch recht einschneidenden Veränderungen im Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz nicht leichtgefallen sind. Ich rede nicht von den Korrekturen, die notwendig wurden, weil bestimmte Leistungen des AFG mißbräuchlich genutzt worden sind. Ich rede von den Veränderungen, die wir beispielsweise bei den operativen Teilen der Arbeitsförderung aus fiskalischen Gründen vornehmen mußten, beispielsweise auf dem Gebiet der Qualifizierung, der Umschulung und der Höherqualifizierung Arbeitsloser und bei den unterstützenden Hilfen für die aufstiegswilligen, bildungsbereiten Arbeitnehmerschichten. Hier sollten wir, wenn immer die Finanzlage der öffentlichen Haushalte und die finanziellen Möglichkeiten der Bundesanstalt für Arbeit dies gestatten, zu großzügigeren Regelungen zurückkehren, weil die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes in einem hohen Maße nicht zuletzt vom Bildungsgrad unserer Facharbeiterschaft abhängt und weil auch die strukturellen Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt vom einzelnen Arbeitnehmer um so leichter bewältigt werden können, je qualifizierter seine Kenntnisse und Fertigkeiten im Berufsleben sind.
Dabei wird man immer wieder neu darüber nachzudenken haben, ob die beruflichen Bildungsangebote dem tatsächlichen Bedarf unserer Industriegesellschaft entsprechen. Man wird immer wieder neue Berufsfelder und Berufsbilder zu entwickeln haben, und man wird letztendlich auch der Tatsache Rechnung tragen müssen, daß die Arbeitsförderung in diesem Bereich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und deshalb letztlich auch von der Gesamtgesellschaft getragen werden muß.
({8})
Ob nun über Steuern oder über eine Arbeitsmarktabgabe oder über ein anderes alle Erwerbstätigen belastendes Finanzierungsinstrument, ist daneben eine zweitrangige Frage. Auf den Grundsatz kommt es an.
Noch eine letzte Bemerkung, die uns sehr wichtig erscheint. Mit diesem Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz werden Opfer gebracht, von den Beitragszahlern und von den Leistungsempfängern. Es ist keine Masse für weitere Sparoperationen vorhanden, die wiederum den gleichen Personenkreis betreffen könnten.
Die heutige Operation ersetzt auch nicht unsere gemeinsame Verpflichtung, neue Wege zur Wiedergewinnung der Vollbeschäftigung zu suchen und gemeinsam durchzusetzen auf dem Felde einer aktiven Beschäftigungspolitik, die nicht mit unserem
Teilbereich Arbeitsförderung verwechselt werden darf. - Ich danke Ihnen.
({9})
Das Wort hat der Abgeordnete Hölscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kaum ein Gesetz stand so im Kreuzfeuer der Kritik der letzten Wochen, der letzten Tage und des heutigen Tages wie das Arbeitsförderungsgesetz, insbesondere auch im Kreuzfeuer der Kritik gewerkschaftlicher Äußerungen.
Lassen Sie mich in dem Zusammenhang einmal sehr positiv die Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in der vorigen Woche bewerten, in der er ankündigt, daß er mit den Fraktionen des Deutschen Bundestages, den Arbeitgebern und der Bundesbank in Gespräche eintreten wird, in denen versucht werden soll, Lösungen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Krisensituation zu finden.
Eine solche Haltung macht es zweifellos auch uns, den Politikern, leichter, in einer sehr schwierigen beschäftigungspolitischen Situation mit Hoffnung in die Zukunft zu sehen. Auf der anderen Seite der Medaille gibt es allerdings, was ich auch nicht verschweigen möchte, aus Teilen der deutschen Gewerkschaftsbewegung - ich meine hier insbesondere die IG Metall - eine Kritik, die Maß und Ziel verloren hat. Ich meine konkret das Flugblatt der IG Metall, verantwortet von Herrn Steinkühler, in dem es u. a. heißt:
Unter dem Vorwand, Mißbräuche zu beseitigen und sparen zu wollen, fährt die Bundesregierung mit einem Mähdrescher über die sozialen Leistungen hinweg.
Es heißt weiter:
Die Einschnitte beim Arbeitsförderungsgesetz zu Lasten der Arbeitnehmer sind nur als Kahlschlag zu beschreiben.
Zum gleichen Gesetz darf ich noch die Anmerkung wiedergeben:
Die Maßnahmen der Rehabilitation und der beruflichen Weiterbildung und Umschulung sind praktisch gestrichen.
Herr Kollege Dr. George, ich bedauere außerordentlich, daß ausgerechnet Sie sich diese Kritik, wenn ich es richtig verstanden habe, als Vorwurf an die Bundesregierung auch noch zu eigen gemacht haben. Ich hätte das gerade von Ihnen nicht erwartet. Ich bedauere aber ebenfalls, daß auch ein Kollege dieses Hauses, der Kollege Manfred Coppik von der SPD, heute morgen u. a. feststellte: Die Kürzungen beim AFKG reduzieren die Arbeitsmarktpolitik auf die Finanzierung der Arbeitslosigkeit.
Meine Damen und Herren, nur Finanzierung der Arbeitslosigkeit? Mähdrescher über die sozialen Leistungen hinweg? Kahlschlag? Ist es wirklich so? Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Hier wird kein Kahlschlag betrieben, hier wird kein Abbau des Sozialsystems betrieben, sondern wir bauen dieses System in der Tat mit dem Ziel um, mehr Funktionsfähigkeit und Stabilität in der sozialen Sicherung zu erreichen. Denn auf Dauer können wir weder Funktionsfähigkeit noch Stabilität sichern, wenn wir die soziale Sicherung mit Krediten finanzieren, wenn der Anteil der Bundeszuschüsse, der Steuermittel für ein Solidaritätssystem, das sich eigentlich im Prinzip aus Beiträgen finanzieren sollte, immer höher wird. Unser Ziel bei diesem Umbau des Sozialsystems ist allerdings auch, mehr Solidarität unter den Versicherten zu erreichen. Ich brauche Sie nicht eigens an die Entstehungsgeschichte unserer sozialen Sicherung zu erinnern, die im letzten Jahrhundert liegt, wo sich Leute in einer Versichertengemeinschaft zusammengetan haben, weil sie erkannt haben, daß sie sich mit ihrem Einkommen nicht allein gegen die Risiken von Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter sichern können.
Abbau der Finanzierung fremder Leistungen zu Lasten der Beitragszahler ist, so meine ich, auch Arbeitnehmerpolitik. Herr Steinkühler hat ohnehin unrecht, wenn er behauptet, hier würde im Wege eines Mähdrescherverfahrens über die sozialen Leistungen hinweggegangen. Offensichtlich hat er auch völlig vergessen, wer dies u. a. alles zu finanzieren hat, nämlich die Arbeitnehmer mit ihren Beiträgen.
Bei unseren Vorschlägen im AFKG konzentrieren wir uns vor allen Dingen auf zwei Ziele: 1. die Verhütung von Arbeitslosigkeit und Beseitigung von Arbeitslosigkeit durch Umschulung und Fortbildung - dies bleibt j a bestehen -, 2. die Sicherung der Finanzierung von Arbeitslosigkeit und Arbeitslosenhilfe für Arbeitslose.
Es gibt keine linearen Kürzungen, es gibt keine Kürzungen bei der Arbeitslosenversicherung. Es bleibt bei 68 % Arbeitslosengeld, und es bleibt hei 58 % Arbeitslosenhilfe. Nirgendwo ist ein Kahlschlag zu sehen.
Der Abbau und die Einschränkung von Leistungen, die mit dem Solidaritätsprinzip einer Versichertengemeinschaft nicht vereinbar sind oder zu hohen Mitnahmeeffekten und Mißbräuchen bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern geführt haben, sind eine Aufgabe, der wir uns alle stellen sollten.
Bei aller Zurückweisung dieser maßlosen Kritik eines Teils der deutschen Gewerkschaftsbewegung - ich wiederhole: eines Teils - möchte ich auch etwas aus diesem Flugblatt zitieren, was ich zehnmal unterstreichen möchte. Es heißt nämlich dort: „Wichtig ist zunächst eine umfassende Information aller Arbeitnehmer, was an Belastungen auf sie zukommen wird, wenn die Vorschläge der Bundesregierung wirksam werden." Es heißt dann weiter - ich halte das für sehr wichtig und gut -: „Die Arbeitnehmer haben ein Recht darauf, von den betrieblicher Interessenvertretern umfassender und vor allem ehrlicher informiert zu werden." Da ich nicht weiß, ob die IG Metall in Baden-Württemberg zur Zeit bereit ist, einen FDP-Vertreter einzuladen, möchte ich hier meinen Beitrag leisten, einmal umfassend und ehrlich - wie die IG Metall es mit I Recht verlangt - zu informieren.
Wo ist denn der „Kahlschlag", wo ist denn der „Mähdrescher", wenn ich feststelle, daß wir durch die Änderung beim Kurzarbeitergeld verhindern wollen, daß im gleichen Unternehmen sowohl Überstunden geleistet werden als auch Kurzarbeitergeld gezahlt wird? Ich darf darauf hinweisen, daß wir uns dennoch für eine praktikable Regelung eingesetzt haben, derzufolge die Saldierung von Überstunden zu Kurzarbeit dann unterbleibt, wenn eine Umsetzung der von Kurzarbeit Betroffenen aus praktischen Gründen nicht möglich ist.
Wo sehen Sie eine Alternative, meine Damen und Herren, wo sehen die Gewerkschaften hierzu eine Alternative? Kann es bei dem geltenden Recht bleiben, bei dem Mißbrauch von Kurzarbeitergeld?
Ich führe einen weiteren Punkt an. - Es sind im übrigen alles Punkte, wo es darum geht, Mitnahmeeffekte auf der Arbeitgeberseite zu beseitigen. - Ich erwähne beispielhaft die Manipulation des Arbeitslosengeldes bei Beschäftigung von Ehegatten und Verwandten im eigenen Betrieb. Das Arbeitslosengeld wird in Zukunft nach dem bei einem fremden Arbeitgeber gezahlten tariflichen Arbeitslosengeld bemessen. Ist das denn nicht eine Regelung im Interesse der Solidargemeinschaft der Arbeitnehmer?
Ich erwähne auch die hier viel diskutierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Ich persönlich begrüße, daß im Prinzip der öffentliche Dienst hier ausgenommen wird. Denn auch in Berlin - ich führe gern den Nachweis - wurden mit ABM-Mitteln Pflichtaufgaben des Berliner Senats erfüllt. Es kann nicht die Aufgabe sein, Fördermittel aus der Arbeitslosenversicherung zur Entlastung öffentlicher Haushalte zu verwenden. Hierfür haben auch Behörden Arbeitsplätze auf Dauer zu schaffen.
({0})
Herr Späth kann sich in Baden-Württemberg sehr leicht als „Null-Wachstums-Mann" oder als „MinusWachstums-Mann" im Personalbereich feiern lassen, wenn in seinen Landesbehörden durch Reduzierung der Planstellen eine Auffüllung über ABM-Mittel erfolgt.
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Damit werden - das sollten auch Gewerkschaftler bei ihrer Kritik einmal sehen - Arbeitnehmer zweiter Klasse geschaffen. Denn sie können nicht mit einem Dauerarbeitsplatz rechnen, obwohl sie eine öffentliche Funktion erfüllen. Sie erhalten kein Weihnachtsgeld und nicht den tariflichen Lohn.
Dennoch wollen wir ABM aufrechterhalten, auch in den Gebieten, die eine nicht so hohe Arbeitslosenquote haben, nämlich im Einzelfall für die besonders schwer Vermittelbaren.
Ich erwähne auch die 59er-Regelung. Es war doch so, daß in vielen Betrieben ältere Arbeitnehmer zu Lasten der Arbeitslosenversicherung in den Ruhestand gedrängt wurden. Wenn wir jetzt eine Regelung gefunden haben, die, wenn so etwas geschieht, den Arbeitgeber verpflichtet, der Arbeitslosenversicherung das Arbeitslosengeld zurückzuzahlen, dann ist auch dies eine Maßnahme im Interesse der Arbeitnehmer und nicht gegen sie gerichtet. Wo ist hier der „Kahlschlag", wo ist hier der „Mähdrescher"?
Es gibt aber ein ganzes Kapitel an Regelungen, die die Arbeitnehmerseite betreffen. Ich erwähne die Verlängerung der Anwartschaft beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitslosenhilfe. Ich glaube, kein Mensch in dieser Gesellschaft würde auf die Idee kommen, daß er, wenn er drei oder vier Monatsbeiträge an die Rentenversicherung entrichtet hat, damit schon einen Anspruch auf Rente hat. Dieser Gedanke der Solidargemeinschaft ist im Prinzip doch wohl auch auf die Arbeitslosenversicherung zu übertragen. Es geht nicht an, daß z. B. ein Berufsanfänger oder jemand, der 20 Jahre nicht gearbeitet hat, bereits nach den ersten vier Monaten einen vollen Arbeitslosengeldanspruch hat und möglicherweise noch vorher beim Arbeitsamt anruft: „Wie lange muß ich arbeiten, um erstmals Arbeitslosengeld zu bekommen?" Dies wird geändert, indem mindestens zehn Monate Beiträge gezahlt werden müssen. Auch dies ist kein Kahlschlag.
Oder nehmen Sie die Anwartschaftszeiten, die für die Arbeitslosenhilfe gelten, Herr Kollege Dr. George, da verstehe ich Ihre Kritik überhaupt nicht. Die GEW hat auf einem Flugblatt in für meine Begriffe fast zynischer Form beklagt, daß ein stellungsloser Lehrer keine Arbeitslosenhilfe mehr bekomme, wenn er nicht vorher zehn gezahlte Beiträge nachweise, sondern zum Sozialamt gehen müsse. Was ich besonders schlimm finde, ist, daß in diesem Zusammenhang beklagt wird, daß damit eine Gleichstellung mit Hilflosen und Unmündigen und ein Verlust an Selbstwertgefühl eintrete. Was meint die GEW eigentlich von Leuten feststellen zu müssen, die in das Unglück geraten sind, zum Sozialamt gehen zu müssen? Die sind demnach nicht nur hilflos, sondern auch unmündig.
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Ich erwarte von einer deutschen Gewerkschaft mehr Solidarität auch mit den Schwachen in dieser Gesellschaft.
Ein Lehrer, der - und dies sei beklagt - im Augenblick nicht als Beamter eingestellt werden kann, muß bereit sein, eine andere Beschäftigung in der Wirtschaft, in der öffentlichen Verwaltung anzunehmen.
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Wenn dies nicht zumutbar ist, hat er keinen Anspruch darauf, daß die Solidargemeinschaft der Arbeitnehmer ihm diesen Luxus finanziert. Ich verstehe die Opposition nicht, warum sie diese Regelung, die wir hier schaffen, kritisiert.
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Im übrigen - meine Kollegin Frau MatthäusMaier hat heute früh schon darauf hingewiesen -: Ist es ein Unglück, ist es eine soziale Untat, zu sagen: Wenn jemand die Arbeitslosigkeit selber verschuldet, indem er kündigt, erwarten wir von ihm, eine Sperrzeit zu ertragen, die nicht vier Wochen, sondern acht Wochen beträgt?
Jetzt möchte ich - die Zeit schreitet fort - noch auf etwas kommen, was meines Erachtens symptomatisch auch für die Haltung der Opposition in diesem Hause ist. Ich muß noch einmal betonen: Kernpunkt des Arbeitsförderungsgesetzes wird die notwendige Umschulung in den Fällen bleiben, wo Arbeitslosigkeit droht oder bereits eingetreten ist.
Daneben gibt es aber eine sogenannte Aufstiegsförderung. Herr George hat kritisiert, daß wir - offensichtlich ist das eine Dreistigkeit - denen, die in ihrem Beruf ja nicht gefährdet sind, denen wir aber dennoch über die Arbeitslosenversicherung die Weiterbildung ermöglichen, zumuten, dafür ein Darlehen zu nehmen.
Mein Gott, wo sind wir denn eigentlich? Bei dieser Aufstiegsförderung - jetzt muß ich es noch einmal sagen; vielleicht auch den Kollegen, die sich da nicht so auskennen - handelt es sich um Leute, die einen sicheren Arbeitsplatz haben. Ich meine die Metallfacharbeiter. Ich meine allerdings - wegen der vielen Eingaben - auch die Krankenschwestern. Die sind in ihrem Arbeitsplatz nicht gefährdet.
Wenn sich jemand aus diesem Personenkreis qualifizieren und weiterkommen will, um mehr Geld zu verdienen, dann ist dies sein gutes Recht. Es ist aber doch nicht eine selbstverständliche Pflicht der Solidargemeinschaft, der Arbeitslosenversicherung, dies zu finanzieren.
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Ich verstehe die Haltung der Opposition in diesem Fall nicht. Sie haben gesagt: Sie werden das ablehnen. Vielleicht dient mein Versuch der Aufklärung dazu, daß es bei Ihnen bei der Schlußabstimmung nicht so einhellig ist.
Und, Herr Dr. George, ich meine auch die Meisterausbildung. Der Herr Kollege Cronenberg und ich haben des öfteren die Erfahrung gemacht, daß wir in Veranstaltungen mit Handwerkskammern im Zusammenhang mit der studentischen Ausbildungsförderung die Forderung hörten: Warum gebt Ihr den Leuten nicht Darlehen? Das ist ein ganz vernünftiger Vorschlag. Jetzt plötzlich - können die Sprecher des Handwerks da für alle Handwerker sprechen? - heißt es: So haben wir es natürlich nicht gemeint, daß jetzt plötzlich die Meisterausbildung - die ja ebenfalls von der Arbeitslosenversicherung in Höhe von 58 % des letzten Einkommens finanziert wird; die Ausbildung selber ist sogar kostenlos - auf Darlehen umgestellt wird.
Da können wir mit dem Sankt-Florians-Prinzip nicht weiterkommen. Ich glaube sogar, daß der künftige deutsche Handwerksmeister hier besonders einsichtig ist und weiß, daß er mit seinen Eigenersparnissen oder unter Inanspruchnahme eines Darlehens von der Arbeitslosenversicherung sehr wohl den Weg zum Sich-selbständig-Machen gehen kann.
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Es ist auch hier nicht Aufgabe einer Solidargemeinschaft - darf ich es mal salopp sagen -, das Aussteigen - denn er macht sich ja selbständig - aus der Arbeitslosenversicherung zu finanzieren.
Meine Damen und Herren von der Opposition, überlegen Sie vielleicht, ob das, was der Kollege Dr. George gerade für diesen Fall vorgeschlagen hat, von Ihnen wirklich vertreten werden kann.
Es ist auch nicht - lassen Sie mich da auf den Arbeiter zu sprechen kommen - Aufgabe der Solidargemeinschaft, vor allen Dingen nicht in schwierigen Zeiten, den Metallfacharbeiter, der einen sicheren Arbeitsplatz hat, zum Techniker auszubilden, als der er möglicherweise arbeitslos sein wird.
Ich will keinem Menschen das Recht bestreiten, sich zu qualifizieren. Aber in unserer Gesellschaft gerät etwas aus dem Lot, wenn dies als automatischer Anspruch an die Solidargemeinschaft, individuelle Qualifizierungswünsche zu finanzieren, weiter so um sich greift. Dies gilt auch für die Schwestern und Krankenpfleger, die gestern und heute protestiert haben, weil sie in Ausbildungsgängen stehen. Sie sollen zu Lehrkräften ausgebildet werden. Ist es Aufgabe der Arbeitslosenversicherung, die zweifellos vorhandenen Defizite im Ausbildungsbereich bei den Pflegekräften zu finanzieren? Ich denke, Herr Minister, dies ist in erster Linie Aufgabe der Länder. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dies in Ihrem Beitrag noch einmal feststellen könnten.
Meine Damen und Herren, der Katalog ließe sich beliebig fortsetzen. Ich möchte zusammenfassend sagen: Diese Maßnahmen, die wir heute hier zu verabschieden haben, sind weit über das notwendige Sparen hinaus auch ein Beitrag zur Stärkung unseres Solidarprinzips in der Versicherung.
Es bleibt aber die Frage - dies möchte ich auch kritisch ansprechen -, was darüber hinaus, auch über die heute verabschiedeten Gesetze hinaus, noch zu tun ist, um die Arbeitslosigkeit abzubauen. Dazu gehören auch die FDP-Vorschläge zur Überwindung der Arbeitslosigkeit durch arbeitszeitverkürzende Maßnahmen, wie wir sie kürzlich beschlossen haben: Verkürzung der Lebensarbeitszeit als freiwilliges Angebot mit versicherungsmathematischem Abschlag, Kombination von Teilrente und Teilzeitarbeit, auch Teilzeitbeschäftigung durch Arbeitsplatzteilung und andere freiwillige Angebote, die den Übergang in den Ruhestand fließender machen.
Wir wenden uns auch nicht, wie vielfach behauptet wird, prinzipiell gegen gezielte Beschäftigungsprogramme. Einige haben wir ja im Sommer beschlossen. Wir halten es aber auch im Interesse der Erhaltung der Arbeitsplätze und im Interesse der Schaffung von Arbeitsplätzen für unvertretbar, solche Beschäftigungsprogramme durch Steuererhöhungen oder eine noch weiter zunehmende Staatsverschuldung zu finanzieren.
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Ich bin sicher - da komme ich auf den positiven Teil des Aufrufs der IG Metall zurück -: Eine ehrliche und umfassende Information wird gerade bei den Arbeitnehmern dazu führen, daß sie Verständnis für unsere Beschlüsse haben. Wir sind bereit, ehrlich und umfassend zu informieren. Das kann man aber auch, so denke ich, von denjenigen erwar3732
ten, die in diesem Hause oder auch außerhalb dieses Hauses eine wichtige gesellschaftliche Verantwortung tragen. - Vielen Dank.
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Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es fällt wohl keinem Sozialpolitiker leicht, Leistungskürzungen zu vertreten und dann auch noch um Verständnis bei den Betroffenen zu werben. Doch ganz so schwarz, wie die Wirkungen von Sparbeschlüssen auf die Frauen in der Öffentlichkeit dargestellt werden, ist die Situation tatsächlich nicht.
Trotz schmerzlicher Eingriffe und, so meine ich, politisch unabdingbarer Kürzungen bleibt der soziale Fortschritt für die Frauen ungeschmälert. Es ist uns sogar ein Einstieg in strukturelle Verbesserungen gelungen. Wir haben eine alte Forderung realisieren können, die von Frauen aus den Gewerkschaften, aus den Verbänden und aus der Sozialdemokratischen Partei insgesamt gestellt wurde, nämlich die niedrigen Einkünfte künftig sozialversicherungspflichtig zu machen und damit die Ausbeutung insbesondere von Frauen in vielen Bereichen zu verhindern.
Manchen Frauen ist erst durch eigene schmerzliche Erfahrung bewußt geworden, wie wichtig eine durchgehende Versicherungsbiographie ist. Dies wurde meistens erst dann bewußt, wenn es zu spät war und wenn die Frauen in Rente gingen, wenn sie berufs- oder erwerbsunfähig geworden waren und dann die erforderlichen Zeiten nicht belegt werden konnten. Wichtig ist hier jeder Monat Versicherungszeit.
Nach altem Recht wurden die Einkommen bis zu 390 DM monatlich, nicht sozialversicherungspflichtig. Mit dieser Geringfügigkeitsgrenze wurde der Manipulation in den Betrieben Tür und Tor geöffnet. Voll- oder Teilzeitarbeitsplätze wurden in mehrere Dreihundertneunzig-Mark-Stellen aufgeteilt. Auf diese Weise wurden von den Betrieben Sozialversicherungsbeiträge eingespart. Ich möchte vor allen Dingen den tollen Einfallsreichtum hier herausstellen, den manche Betriebe an den Tag gelegt haben, die aus dieser Freigrenze auch noch ein Geschäft gemacht haben. Anstelle regulärer Arbeitsverhältnisse gab es nur Stundenverträge, jederzeit einsetzbare Springer, unter Tarif bezahlt, keine Zulagen, mangelnden Kündigungs- und Arbeitsschutz.
Diese Praktiken werden nach dem politischen Willen der SPD-Bundestagsfraktion schon bald der Vergangenheit angehören. Wenn künftig auch niedrige Einkünfte sozialversicherungspflichtig werden, wird hoffentlich die Zeit der schwarzen Schafe im Unternehmerlager zu Ende sein. Ich hoffe das jedenfalls. Ich erwarte, daß künftig anstelle des grauen Teilzeitarbeitsmarktes reguläre Voll- und Teilzeitarbeitsplätze geschaffen werden.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei all jenen in der SPD/FDP-Koalition bedanken, die sich hier in unwahrscheinlich schwierigen Verhandlungen um Kompromisse bemüht haben; denn es sind eine Reihe von Ausnahmen von der Aufhebung der Geringfügigkeitsgrenze festgelegt worden, sowohl im caritativen, im gemeinnützigen und im kirchlichen Bereich, wie aber auch bei der Zustellung von Tageszeitungen bis hin zu Ausnahmen in der Land- und Forstwirtschaft und natürlich im privaten Haushalt.
Ich halte fest: Aus niedrigen Einkünften werden natürlich keine auskömmlichen Altersversorgungen aufgebaut werden können. Aber wenn wir uns demnächst mit der Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung befassen werden, dann wird es unerläßlich, daß auch Frauen ihre eigenen Rentenanwartschaften in die Gesamtversorgung einbringen. Die Aufhebung der Geringfügigkeitsgrenze ist, wie ich meine, hier der richtige Schritt in die richtige Richtung.
Mein Kollege Lutz hat bereits auf die Einschränkung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen hingewiesen. Hiervon werden natürlich auch Frauenarbeitsplätze betroffen. Dies bedauere ich sehr. Ich bedauere auch, daß das Unterhaltsgeld bei beruflichen Bildungsmaßnahmen herabgesetzt wird und künftig für einen Kreis von Frauen sogar ganz wegfallen wird. Es handelt sich hierbei um jene Gruppe von Frauen, die aus persönlichen Gründen wie Scheidung oder Verwitwung ins Erwerbsleben zurückkehren wollen, aber selbst keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet haben. Diese Frauen werden künftig allerdings die Kosten der Bildungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz nach wie vor erstattet bekommen, aber sonst wie Selbständige nicht mehr in den Genuß dieser Leistungen kommen. Rund 4 000 Frauen werden von diesem Leistungseinschnitt betroffen. Ich möchte aber hier heute feststellen: wir werden bei der Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung dafür sorgen, daß Rechtsansprüche auf berufliche Bildungsmaßnahmen im Arbeitsförderungsgesetz verstärkt werden. Ich sage noch einmal: im Zusammenhang mit der Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung.
Natürlich freue ich mich als Parlamentarierin mit meinen Kollegen hier in diesem Hause besonders für viele junge Mütter, daß der Mutterschaftsurlaub, eine der ganz großen Reformen in den letzten drei Jahren, erhalten bleiben wird. Auch künftig können sich junge Mütter vier Monate lang beurlauben lassen. Auch künftig erhalten sie während dieser Zeit einen pauschalen Ersatz für den Lohnausfall bis zur Höhe von 750 DM. Auch künftig bleiben diese Frauen in der Kranken- und Sozialversicherung beitragsfrei. Nur, die Vorversicherungszeiten haben wir hier etwas verändert, um Scheinarbeitsverhältnisse zu verhindern. Es ist j a bekannt, daß zu dem Zweck, in den Genuß der Mutterschaftsurlaubsleistung zu kommen, Scheinarbeitsverhältnisse eingegangen werden. Dies wollen wir nun abschaffen. Ich meine - bei Gott! -, dies ist keine soziale Demontage. Dies ist eine Klarstellung im Interesse der Solidargemeinschaft, die hierfür die Beiträge erbringt.
Ich glaube, wir sollten überhaupt stärker darauf achten, daß Leistungen nur von den eigentlich Leistungsberechtigten in Anspruch genommen werden.
Wer kennt nicht die Fälle, in denen Mütter von Kleinkindern nach dem Mutterschutz und nach dem Mutterschaftsurlaub ihren Beruf aufgegeben haben und so ein bißchen außerhalb der Legalität noch das Arbeitslosengeld mitgenommen haben. Ich meine, hier müssen wir zu ehrlichen Regelungen kommen.
Ich finde, hier würde es sich lohnen, darüber nachzudenken, einen politischen Einstieg in den Elternurlaub zu versuchen, der allerdings, das will ich gleich sagen, keine Kosten verursachen darf. Unsere Vorstellungen von einer partnerschaftlichen Aufgabenteilung zwischen Vätern und Müttern steht im klaren Gegensatz zu dem reaktionär-patriarchalischen Leitbild der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft unter Blüm. Darüber sind wir uns übrigens mit den CDU-Frauen ziemlich einig. Ich will das nur einmal sagen. Diesen Friederizianischen Zopf aus der Mottenkiste eines barocken Zeitalters ziehen sich die Frauen in der Bundesrepublik gewiß nicht mehr an.
Ich warne davor, hinter die Rechtspositionen des Ehe- und Familienrechts zurückzugehen und den Boden für eine Heimchen-am-Herd-Politik zu bereiten, in der dann die berufstätigen Frauen wieder zur Reservearmee auf dem Arbeitsmarkt werden. Ich warne auch vor den Vorschlägen des Bundesrates, auf Kosten der Sozialhilfe und auf Kosten der alleinstehenden Mütter mit kleinen Kindern Sparaktionen durchzuführen. Gegen die Abschaffung der Unterhaltsvorschußkassen werden Sozialdemokraten ganz entschiedenen Widerstand leisten. Wir haben nicht 15 Jahre um diese Unterhaltsvorschußkassen gekämpft - alle Frauen in diesem Hause haben das getan -, daß sie jetzt vom Bundesrat in einer Sparaktion zu Fall gebracht werden.
Ich darf Sie herzlich um Unterstützung bei dieser Operation bitten und auch meine Kollegen von der CDU/CSU auffordern, in den CDU-regierten Ländern dahin gehend zu wirken, daß hier nicht ungerechte Schritte gemacht werden. - Herzlichen Dank.
({0})
Das Wort hat der Bundesminister Dr. Ehrenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir als erstes ein herzliches Wort des Dankes an die Kollegen aus dem sozialpolitischen Ausschuß, die dort übereinstimmend den Antrag gestellt haben, der dann dankenswerterweise von beiden Regierungsfraktionen aufgenommen wurde, die Bundesanstalt für Arbeit in Anbetracht der so schwierigen Arbeitsmarktverhältnisse von der breiten Kürzung des Personals um 1 % auszunehmen. Herzlichen Dank für die Anerkennung dieser Arbeit, der sich leider die CDU/CSU hier nicht anschließen konnte! Es ist mir nach dem, was Herr Friedmann gesagt hat, um so weniger verständlich, warum diese Anerkennung von Ihnen nicht ausgesprochen werden konnte.
({0})
Das ist ein kleines Beispiel dafür, wie bei Ihnen große Worte und konkretes Handeln stets auseinanderfallen.
({1})
Ich würde gerne beiden Regierungsfraktionen,
({2})
die diesen Antrag hier beim Haushaltsstrukturgesetz verabschiedet haben, die Versicherung geben, daß wir den Entschließungsantrag mit dem Ziel, Personal von der Hauptstelle und den Landesarbeitsämtern zu den Arbeitsämtern umzuschichten, um die Arbeit „vor Ort" stärken zu können, schon bei der Genehmigung des Haushalts umsetzen werden, damit das auch geschieht.
({3})
Das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz
bringt vor der Gesamtsituation der öffentlichen Kassen - nicht nur beim Bund, sondern viel stärker noch bei Ländern und Gemeinden existiert eine Finanzenge - harte Veränderungen, die notwendig sind und die, jede für sich im Detail betrachtet, ihre Schwierigkeiten mit sich bringen, die aber unumgänglich waren, um die Eckpositionen der sozialen Sicherheit - vor allen Dingen die Höhe des Arbeitslosengeldes und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall - unangetastet zu erhalten.
({4})
Ich glaube, es ist mit das Wichtigste am Ergebnis dieser Debatte, daß die Redner der Opposition viele Einzelheiten kritisiert haben, daß gleichzeitig aber - von Herrn Stoltenberg bis zu Herrn Geißler - in der Öffentlichkeit viel weitergehende Maßnahmen, z. B. die Veränderung der Lohnfortzahlung und die Kürzung des Arbeitslosengeldes, angekündigt wurden. Auch hier müssen wir sorgfältig zwischen großen Worten und konkretem Handeln der Opposition unterscheiden.
Vor allen Dingen steht das, was Sie alles zur Mißbrauchsdiskussion gesagt haben - und zwar immer wieder gesagt haben -,
({5})
in keinem Zusammenhang mit Ihrem heutigen Verhalten. Die beiden Fälle, bei denen es am stärksten darum geht, Mißbrauch zu bekämpfen, nämlich das Verbot der Leiharbeit im Baugewerbe und die Abschaffung der Geringfügigkeitsgrenze, wollen Sie ausdrücklich ablehnen, teilweise sogar mit namentlicher Abstimmung.
({6})
Sie scheinen nicht zu wissen, wie sehr die von Ihnen so lautstark beklagte Schwarzarbeit eng mit illegaler Leiharbeit im Baugewerbe und anderswo zusammenhängt und daß ein Verbot die einzige Konsequenz ist, die man vernünftigerweise ziehen kann.
({7})
Sie scheinen auch nicht zu wissen, in wie vielen hunderttausend Fällen - es sind schätzungsweise 400 000 bis 600 000 Fälle - die Bestimmung der Geringfügigkeitsgrenze in Reinigungsfirmen, bei Handelsketten und anderen Unternehmen umgangen wird und wie die Frauen hier künstlich auf einem niedrigen Einkommensniveau gehalten werden, oft unter zwei bis drei Namen.
({8})
Das Ergebnis ist, daß Frauen mit 55 oder 58 Jahren in die Sprechstunde des Abgeordneten kommen und sagen: Ich habe mein ganzes Leben lang gearbeitet und keinen Rentenanspruch. Das sind die Folgen der Geringfügigkeitsgrenze, die wir heute abschaffen.
({9})
- Ihre Zwischenrufe zeigen nur, daß Sie zwar gerne über den Mittelstand reden, von den Problemen vor Ort aber nichts wissen.
({10})
Die Kollegin Lepsius hat zu diesem Punkt schon das Nötige gesagt. Ich wollte die Wichtigkeit nur noch einmal unterstreichen.
Es ist ja auch kein Zufall, daß der Kollege George bei den Mißbrauchstatbeständen, die er nicht abschaffen will, ausdrücklich die Saldierung von Oberstunden und Kurzarbeit als einen der Fälle kritisiert hat, bei denen Unternehmen mit der Arbeitsförderungsgesetzgebung Mißbrauch getrieben haben. Diesen Mißbrauch wollen wir beseitigen, aber Sie natürlich nicht, Herr Kollege George. Wir haben hier sehr sorgfältig zusammengestellt - ({11})
- Natürlich stimmt der Betriebsrat da zu. Ich möchte den Betriebsrat sehen, der sich dem Druck der Belegschaft und der Personalleitung widersetzen kann. Da müssen wir ihm eben ein gesetzliches Gerüst geben, daß er das in Zukunft kann; dann wird er es auch tun.
({12})
Einen Augenblick, Herr Minister! Meine Damen und Herren, ich bitte doch Platz zu nehmen und die Gespräche draußen fortzusetzen.
Meine Damen und Herren, dann ist gestern in den Zeitungen und heute hier vom Kollegen Friedmann versucht worden, der Öffentlichkeit ein neues, mit Ihren Ziffern, Herr Kollege Friedmann, konstruiertes 5,8- bis 6-Milliarden-DM-Loch der Bundesanstalt für Arbeit einzureden. Sie haben hier öffentlich nicht gesagt, mit wem Sie gesprochen haben, mir dann aber im Gespräch gesagt: mit den verantwortlichen Männern in der Bundesanstalt. Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Friedmann, daß Sie den Präsidenten Stingl für einen so pflichtvergessenen Beamten halten, daß Sie ihm unterstellen, er habe Ihnen diese Zahlen gesagt und sie uns verschwiegen. Ich halte Herrn Stingl für einen pflichtbewußteren Beamten, als Sie das tun.
({0})
Denn, verehrter Kollege Friedmann, nichts von Ihren Zahlen hält stand, wenn man sie der Reihe nach durchpflückt. Ich will nur drei von Ihren Zahlen herausgreifen.
Sie sprechen von 5,8 bis 6 Milliarden DM. Sie führen als erstes an, daß mindestens 1,5 Milliarden DM gar nicht eingespart werden könnten, weil das Gesetz erst zum 1. Juli wirksam werden könne. Verehrter Kollege Friedmann, Sie sollten wissen - und wenn Sie in Nürnberg waren, so hat man es Ihnen bestimmt erzählt -, daß die Bundesanstalt für Arbeit schon alle Bewilligungen nach dem 2. September - nach den Kabinettsbeschlüssen also - zu den alten Sätzen unter dem Vorbehalt der Änderung ab 1. Januar ausgesprochen hat, so daß also das, was Sie jetzt bemerkt haben, schon seit dem 2. September von der Bundesanstalt berücksichtigt wird. Wenn Sie sich dort vor Ort informiert haben, müßten Sie das wissen.
Sie müßten außerdem wissen, daß wir die Einsparungen für 1982 um 400 Millionen niedriger angesetzt haben als für 1983, weil es in den Zeiträumen über den 1. Januar hinaus natürlich Überlappungen der Bewilligung von Unterhaltsgeld und Übergangsgeld gibt. Aber das macht 400 Millionen DM aus, die berücksichtigt sind, und nicht mehr.
Dann unterstellen Sie, die Bundesanstalt habe ermittelt, daß die Angaben des Kieler Instituts richtig seien und nicht die der Mehrheit der vier anderen Institute. Ich weiß nicht, was Sie unter dem Wort „Ermittlung" verstehen. Sowohl die Mehrheit der Institute wie das Kieler Institut können nur schätzen. Wir haben uns verständlicherweise und nach sorgfältiger Prüfung an den Zahlen der Mehrheit der Institute orientiert, weil auch der Verdacht nicht von der Hand zu weisen ist, daß das Kieler Institut nur deshalb höher schätzt, weil es gleichzeitig eine Lohnpause für das Jahr 1982 fordert.
({1})
- Das ist eine Unterstellung, die ihre gute Berechtigung hat, Herr Kollege Barzel.
({2})
- Ich weiß. Ich denke an viele Aussagen des Kieler
Instituts mit dem Anspruch der WissenschaftlichBundesminister Dr. Ehrenberg
keit. Das Kieler Institut hat auch gefordert, das Arbeitslosengeld nach zwölf Monaten nur noch als Darlehen zu gewähren.
({3})
Und dann müßten Sie auch wissen, Herr Friedmann, wo Sie doch in Nürnberg waren, daß noch im Juli alle drei Bänke der Selbstverwaltung - Arbeitgeber, Gewerkschaften, öffentliche Hand - und die Verwaltung gemeinsam übereinstimmend die durchschnittliche Arbeitslosenzahl für 1982 auf 1,35 Millionen geschätzt haben. Die Bundesregierung ist im August etwas darüber hinausgegangen, nämlich auf 1,4 Millionen. Dann kamen die Neuschätzungen der Institute. Denen haben wir uns mit 1,6 Millionen angeschlossen. Sie werden doch niemand ernsthaft erzählen wollen, daß die Bundesanstalt für Arbeit, die noch im Sommer weniger geschätzt hat als wir, jetzt von höheren Schätzungen ausgeht als die vier Institute und wir gemeinsam und uns nicht davon unterrichtet. So pflichtvergessen sind die Herren der Bundesanstalt nicht, um uns ihre Bedenken nicht mitzuteilen, wenn sie welche hätten.
Noch ein weiteres Beispiel dafür, wie unbewiesen Ihre Zahlen sind: Sie vermissen 500 Millionen DM deshalb, weil die Kürzung des Unterhaltsgeldes von 80 % auf 68 % dazu führen werde, daß die Leute nicht mehr an Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen. Verehrter Herr Kollege Friedmann, wenn sie das nicht tun, fallen Maßnahmekosten weg - aber es werden in jedem Fall 68 % gezahlt. Es fehlt nichts, im Gegenteil! Wenn das eintreten würde, was Sie befürchten - es wird nicht eintreten -, dann wäre die Einsparung noch größer und nicht kleiner.
Da Sie hier im Plenum des Deutschen Bundestages den Vizepräsidenten der Bundesanstalt ausdrücklich zitiert und mir oder anderen unterstellt haben, er sei unter politischen Druck gesetzt worden, möchte ich der Öffentlichkeit und dem Hohen Hause die Presseinformation der Bundesanstalt für Arbeit vom heutigen Tage zur Kenntnis bringen. Dort ist heute - um 14.28 Uhr hier eingegangen - folgende Pressemeldung herausgegeben worden
Verzeihen Sie, Herr Bundesminister. - Meine Damen und Herren, ich bitte noch einmal, Platz zu nehmen. Es ist unerträglich; es ist dem Redner kaum möglich, hier zu sprechen.
({0})
- Augenblick, Herr Bundesminister! - Ich bitte noch einmal, Platz zu nehmen.
({1})
Dr. Ehrenberg, Bundesminster für Arbeit und Sozialordnung: Sie können noch so viel schreien, ich lese Ihnen die Meldung trotzdem vor. Denn Herr Friedmann muß sich hier gefallen lassen, daß nach seinen Spekulationen die Tatsachen bekanntgegeben werden.
({2})
Die Bundesanstalt teilt mit:
Es gibt keine neuen Berechnungen der Bundesanstalt für Arbeit über ihren Finanzbedarf im Jahre 1982.
({3})
Wie die Arbeitsverwaltung am Donnerstag in Nürnberg mitteilte, habe sie deshalb auch keine neuen Informationen darüber an die Bundesregierung geben können. Die bereits seit einiger Zeit bekannte voraussichtliche Haushaltslücke für 1982 wird von der Bundesanstalt auf etwa
3 Milliarden DM vorausgeschätzt. Dabei ist berücksichtigt, daß die Bundesanstalt, wie geplant,
4 % statt 3 % Beitrag bekommt, das geplante Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz zu Einsparungen führt und die durchschnittliche Arbeitslosenzahl bei etwa 1,6 Millionen liegen kann. Die Berechnungen der Bundesregierung über die Höhe der Einsparungen auf Grund des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes, über das am Donnerstag im Bundestag beraten wird, hält die Bundesanstalt für Arbeit für plausibel.
Ich hoffe, Herr Friedmann, daß Sie nach dieser eindeutigen Erklärung der Bundesanstalt Ihre falschen Zahlen nicht mehr verbreiten werden. Ich bitte Sie auch sehr herzlich, hier nicht den Vorwurf zu wiederholen, es sei irgendein politischer Druck ausgeübt worden.
({4})
Der Präsident und der Vizepräsident der Bundesanstalt für Arbeit sind Lebenszeitbeamte. Weder Sie noch ich noch sonst jemand ist in der Lage, sie unter Druck zu setzen, wenn sie ihre Beamtempflichten erfüllen.
({5})
- Ihr Lachen zeigt mir nur, wie wenig Respekt Sie vor Männern haben, die in schwierigen Zeiten ihre Pflicht erfüllen.
({6})
Diese Art, wie Sie den Präsidenten Stingl einschätzen, ist sehr bedauerlich. Ich kann das nur höchst bedauerlich finden. Ich schätze ihn sehr viel höher ein.
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Hürland?
Bitte sehr.
Herr Bundesminister, können Sie mir sagen, ob die Bundesanstalt für Arbeit lediglich erklärt hat, daß sie zur Zeit keine neuen Berechnungen angestellt hat, ober ob sie gleichzeitig erklärt hat, daß sie auch etwa im Januar oder im Februar nicht genötigt ist, neue Berechnungen anzustellen?
({0})
Frau Kollegin, ich habe Ihnen die Mitteilung der Bundesanstalt vorgelesen. Sie werden doch wohl weder von der Bundesanstalt für Arbeit noch von irgendeiner anderen Institution erwarten können, daß sie heute eine prophetische Aussage für Januar macht.
({0})
Das wird niemand tun und auch niemand erwarten.
({1})
- Nein, nicht noch einmal.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie abschließend noch einmal sehr herzlich bitten: Erschweren Sie mit so unbegründeten Verdächtigungen nicht die Arbeit der Beschäftigten der Bundesanstalt für Arbeit, die unter schwierigen Bedingungen ihre Pflicht und mehr als ihre Pflicht tun und die von uns Vertrauen und nicht Verdächtigungen erwarten können.
({2})
Ich möchte noch einen Satz des verehrten Kollegen George aufnehmen, der zum Schluß seiner Ausführungen gesagt hat, mein Freund Engholm habe mir 100 Millionen DM zur Rettung des Schüler--BAföG „abgepreßt". Das ist ein sehr merkwürdiger Sprachgebrauch des Kollegen George. Ich möchte hier sehr gerne deutlich sagen: Ich habe in dieser schwierigen Situation des Überprüfens der Positionen diese 100 Millionen DM von mir aus zum Haushaltsausgleich angeboten, weil ich es für besser hielt, einer Verwaltung zuzumuten, ein Drittel Prozent ihres Haushaltsvolumens zu erwirtschaften, als Schüler-BAföG für die zu kürzen, wo das Einkommen am kleinsten ist.
({3})
Diese Formulierung, Herr Kollege George - ich kann ihn jetzt nicht sehen, aber irgend jemand wird es ihm sagen -, „abgepreßt" entspricht einem egoistischen Ressortdenken, wie ich es mir nie angewöhnen werde. - Herzlichen Dank.
({4})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Friedmann.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Ehrenberg hat soeben den Eindruck erweckt, ja, er hat behauptet, meine Angaben von heute morgen seien unseriös gewesen.
({0})
Ich möchte klarstellen, was ich gesagt habe. Ich habe gesagt, über das jetzt ausgewiesene Defizit der Bundesanstalt hinaus, über die 3 Milliarden hinaus, werden im nächsten Jahr nochmals 5 bis 6 Milliarden dazukommen. Das ist der Gegenstand, über den wir sprechen. Ich habe diese Zahlen nicht erfunden. Ich war am 2. November - das war Montag letzter Woche - bei der Bundesanstalt in Nürnberg und habe dort mit dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und allen Abteilungsleitern die Risiken des nächsten Jahres abgecheckt. Auf Grund der Zahlenangaben und der Daten, die mir genannt worden sind, habe ich mir mein Urteil gebildet und habe das Ergebnis hier heute vorgetragen.
({1})
Wenn nun Herr Ehrenberg hier sagt, das sei alles nicht so, das Dementi widerspreche mir, dann lege ich auf den Wortlaut des Dementis der Bundesanstalt Wert. Da heißt es im letzten Satz: „Neue Berechnungen gibt es nicht." Das heißt, die Bundesanstalt hat - sie hat ihren Zuschußbedarf auf der Basis von 1,35 Millionen Arbeitslosen berechnet, wobei sie dann noch 2 Milliarden DM dazugenommen hat - genau 1,55 Millionen Arbeitslose unterstellt. Nun frage ich Sie: Wer von Ihnen glaubt, daß das nächste Jahr mit 1,55 Millionen Arbeitslosen abschließen wird?
({2})
Ich habe die Mittagspause genauso wie Herr Ehrenberg dazu benutzt, um noch einmal nachzurechnen. Man kann nur fündig werden, wenn man in diese Materie einsteigt. Ich habe z. B. festgestellt, daß die Bundesanstalt im nächsten Jahr mit 250 000 Kurzarbeitern rechnet. Nach der Auskunft im „Bulletin" hatten wir Anfang diesen Monats bereits 360 000. Da sind wir also schon drüber.
Sie bezweifeln nicht - das habe ich mit Interesse zur Kenntnis genommen -, daß sich die Empfängerquote erhöhen wird. Meine Damen und Herren, wer wird denn jetzt arbeitslos? Das sind doch nicht Schüler, deren Schuljahr endet, das sind doch jetzt die Bauarbeiter, die Ansprüche auf Arbeitslosengeld haben. Deshalb steigt die Empfängerquote, und deshalb fehlt in Verbindung damit allein 1 Milliarde DM.
Wir steigen in das nächste Jahr bereits mit 1,6 Millionen Arbeitslosen ein, also mit mehr, als die Bundesanstalt unterstellt hat. Auch deshalb stimmen doch die ganzen Rechnungen nicht.
Meine Damen und Herren, ich stelle hier fest, daß es dabei bleibt: Durch den Abbruch der ArbeitsbeDr. Friedmann
schaffungsmaßnahmen muß die Bundesanstalt für bereits durchgeführte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen 1 Milliarde DM bezahlen, für die kein Pfennig vorgesehen ist. Durch die Erhöhung der Leistungsquote kommt eine weitere Milliarde DM dazu. Beidem hat Herr Ehrenberg übrigens eben nicht widersprochen.
({3})
Ich möchte das ausdrücklich sagen. Auch im Dementi der Bundesanstalt steht das nicht drin.
({4})
- Ja, er nickt. Er gibt es zu. Das ist ein Stück Ehrlichkeit. Das zeichnet ihn mal aus. Das ist schon ein Fortschritt, ein Selbstbekenntnis der Regierung.
Die Erhöhung der Arbeitslosenzahl um 100 000 auf 1,65 Millionen erfordert weitere 1,2 Milliarden DM.
({5})
Es ist doch interessant, meine Damen und Herren, daß das Wirtschaftsministerium in Bonn zur Zeit den Landesministerien signalisiert, daß es mit seinen Prognosen bei denen des Kieler Instituts liegt. Und das Kieler Institut rechnet mit 1,75 Millionen Arbeitslosen. Das wird doch noch viel schlimmer als das, was Herr Ehrenberg hier eben bestritten hat.
({6})
Auch die Verschiebebahnhöfe - Abschaffung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, dafür mehr Arbeitslose - bestreitet Herr Ehrenberg hier ja nicht.
Nun sagt er, das Gesetz trete am 1. Januar in Kraft. Das bezweifele ich nicht. Nur ist die Bundesanstalt nicht in der Lage, Herr Ehrenberg, es umzusetzen.
({7})
Erst Ende des Jahres wird doch feststehen, welche Fassung das Gesetz haben wird. Das ist doch der springende Punkt. Bis das dann zu den Arbeitsämtern durchdringt, vergeht seine Zeit. Dann sparen die keine 3 Milliarden DM ein, sondern nur 1,5 Milliarden DM.
Und dann sind wir genau bei dem, was ich Ihnen heute morgen gesagt habe: Zu den 3 Milliarden DM, die jetzt schon fehlen, kommen 5 Milliarden DM hinzu. Damit sind wir bei dem, was heute die Presse berichtet.
({8})
Herr Matthöfer, wenn ich hinzunehme, daß uns die Länder jetzt signalisieren, daß auf den Bund im nächsten Jahr zusätzliche Steuerausfälle zukommen, dann möchte ich wetten, daß wir im nächsten Frühjahr über ein neues Loch von 10 Milliarden DM im Bundeshaushalt reden.
({9})
Und da kann man Ihnen nicht mehr glauben, meine Damen und Herren.
({10})
Nach allem, was Sie bisher behauptet und was die Tatsachen dann widerlegt haben, haben Sie die Glaubwürdigkeit verloren. Wir lassen uns an den Zahlen messen, und ich bin sicher, daß wir recht haben werden. - Schönen Dank.
({11})
Das Wort hat der Abgeordnete Cronenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Friedmann, mein Mathematiklehrer hat mir mal beigebracht: Bevor man sich ans Rechnen begibt, sollte man wissen, was dabei herauskommt.
({0})
- Zunächst einmal herzlichen Dank für den Beifall für meinen Mathematiklehrer.
({1})
- Nein, wir sind so sehr hinter unserem Zeitplan zurück.
Herr Kollege Friedmann, wenn man hier in dieser Art zitiert, hat man die Pflicht, die Erklärung der Bundesanstalt von heute korrekt wiederzugeben.
Herr Abgeordneter Cronenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, wir bringen den ganzen Zeitplan durcheinander.
({0})
Herr Friedmann, Sie haben den Eindruck erweckt, als sei die Bundesanstalt bei ihren Berechnungen von 1,53 Millionen Arbeitslosen im Schnitt des Jahres 1982 ausgegangen. Die Erklärung der Bundesanstalt zu diesem Punkt lautet - ich zitiere wörtlich die Erklärung von heute, die Sie hätten lesen dürfen und müssen -:
Dabei ist berücksichtigt, daß die Bundesanstalt, wie geplant, 4 statt 3 % Beitrag bekommt, das geplante Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz zu Einsparungen führt und
- Herr Kollege Friedmann die durchschnittliche Arbeitslosenzahl bei etwa 1,6 Millionen liegt. Die Berechnungen der Bundesregierung über die Höhe der Einsparungen auf Grund des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes, über das am Donnerstag
- also heute im Bundestag beraten wird, hält die Bundesanstalt für plausibel.
Das heißt, die Bundesanstalt ist ebenso wie die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen bei ihren Überlegungen von 1,6 Millionen Arbeitslosen ausgegangen. Dies muß hier klargestellt werden.
Im übrigen lassen Sie mich in aller Deutlichkeit einmal eines sagen: In diesem Lande ist ein Prognosenfetischismus aufgetreten, der unerträglich ist.
({1})
Wer will denn eigentlich sagen, wieviel Prozent Arbeitslose wir, auf die Stelle hinter dem Komma genau, im Dezember 1982 haben werden? Wenn wir hier von 50 000 Arbeitslosen mehr oder weniger reden, dann sind das im Verhältnis zur Gesamtzahl der Beschäftigten etwa 6,3 %. Wer die Kräfte des Marktes schätzt und auf sie vertraut, kann derartig genaue Prognosen nicht abgeben. - Herzlichen Dank.
({2})
Das Wort hat der Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben hier, glaube ich, einen typischen Konflikt vor uns. Ich möchte Ihnen deshalb sagen, was ich über die Diskussion der letzten halben Stunde denke. Die Bundesregierung, jedes einzelne Mitglied, hat bei Amtsantritt geschworen, Schaden vom deutschen Volke zu wenden
({0})
und seinen Nutzen zu mehren.
({1})
Die Frage ist: Gilt dies nicht auch für die Opposition?
({2})
Hat nicht auch die Opposition die Verantwortung, ihre Diskussionsbeiträge und ihre - legitimen - Angriffe auf die Bundesregierung so zu formulieren und so zu gestalten, daß dem deutschen Volke nicht Schaden zugefügt und sein Nutzen gemehrt wird?
({3})
Ich erinnere mich noch sehr genau an die Art und Weise, wie Sie vor zweieinhalb Jahren die Politik der neuen britischen Regierung begeistert begrüßt haben.
({4})
„Ich bin der deutsche Thatcher", sagte der damalige
Kanzlerkandidat. Hier in diesem Hause haben Sie
über zwei Jahre lang die Politik dieser Regierung gerechtfertigt und uns als Ihr Beispiel dargestellt.
({5}): Das war nicht die
Aufgabe dieses Hauses! Wir sind doch nicht
das Unterhaus!)
Über drei Millionen Menschen arbeitslos in einem Lande mit weniger Arbeitnehmern als bei uns. Das gleiche wäre auch bei uns die Folge gewesen, wenn man Sie Ihre Wirtschaftspolitik des Kaputtsparens hätte machen lassen.
({6})
Ich habe die Äußerungen des Herrn Ministerpräsidenten Strauß noch im Ohr. Er begrüßte die Wirtschafts- und Finanzpolitik des Präsidenten Reagan. Ein Jahr ist vergangen. Wieviel Arbeitslosigkeit gibt es dort? Vorausgesagt war ein Defizit von 40 Milliarden Dollar, geschätzt werden jetzt bis zu 100 Milliarden Dollar!
({7})
Aber Herr Strauß hat diese Politik begrüßt und als sein Vorbild bezeichnet.
({8})
Eine Bundesregierung, die jeweils die schwärzesten Zahlen ihren Berechnungen zugrunde legen würde,
({9})
würde der deutschen Wirtschaft Schaden zufügen, weil sie unbegründet Pessimismus verbreitet,
({10})
weil sie Investitionen dämpfen und Arbeitsplätze vernichten würde.
({11})
Ich finde es beklemmend, mit welcher Schadenfreude Sie jeden weiteren Rückgang der deutschen Wirtschaft und ein Steigen der Arbeitslosenzahlen begrüßen und geradezu herbeireden.
({12})
Wir werden unsere Zahlen weiter realistisch schätzen,
({13})
wir werden reaktions- und handlungsfähig bleiben,
({14})
und wir werden unser deutsches Volk auch weiterhin
({15})
besser durch die weltweiten Schwierigkeiten bringen, als das in den Ländern der Fall ist, deren Politik Sie uns als Beispiel angeboten haben.
({16})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kiep.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat in seiner sehr emotional aufgeladenen Einlassung
({0})
diesem Hohen Haus, diesem Parlament und der zuhörenden deutschen Bevölkerung keine neuen Tatsachen vorlegen können.
({1})
Der Herr Bundesfinanzminister hat keine Zahlen widerlegen können, die hier von der Opposition pflichtgemäß vorgetragen wurden.
({2})
Der Herr Bundesfinanzminister, der Bundeskanzler und SPD und FDP, die diese Bundesregierung tragen, haben heute hier durch die Einlassung des Bundesfinanzministers ein totales Bekenntnis zur Verantwortung für eine verhängnisvolle Finanzpolitik ablegen müssen.
({3})
Sie haben, Herr Bundesfinanzminister, durch das Verzögern der Offenlegung der Wahrheit
({4}) seit dem Sommer dieses Jahres
({5})
dieser Wirtschaft, den arbeitenden Menschen und der Gesamtbevölkerung Schaden zugefügt.
({6})
Nachdem dies so ist, Herr Matthöfer, haben Sie es für richtig gehalten, vor diesem Hohen Hause in der Debatte so zu tun, als ob eigentlich die Opposition schuld sei,
({7})
als ob das Ausland schuld sei, als ob Amerika schuld sei, als ob Großbritannien, das durch eine sozialistische Regierung
({8}) in ein Chaos ohnegleichen geraten ist,
({9})
schuld sei und als ob der Versuch, dieses Chaos zu korrigieren, gewissermaßen Vorlage für unsere Politik in diesem Hause sei.
Sie, Herr Matthöfer, und Ihr Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung sind aufgefordert, zu sehr später Stunde endlich die klare Wahrheit zu sagen,
({10})
die Fakten auf den Tisch zu legen, damit im Interesse Ihres Verfassungsauftrages Schaden abgewendet werden kann und endlich die Politik stattfinden kann, auf die dieses Land seit Monaten und Jahren wartet.
({11})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mischnick.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kiep, Sie haben mit Ihrer Wortmeldung den Eindruck erweckt, als habe die Bundesregierung die Öffentlichkeit bewußt falsch unterrichtet.
({0})
Ich weise diesen Vorwurf als eine Verfälschung der Tatsachen zurück.
({1})
Wir wissen, daß Prognosen - sei es von wirtschaftswissenschaftlichen Instituten, sei es von den Steuerschätzern, sei es von all denen, die uns Material für Entscheidungen liefern - nie so gewesen sind, daß man ein halbes Jahr oder ein Jahr danach noch sagen konnte: diese Grundlagen haben auf Punkt und Komma gestimmt.
({2})
Das war auch der Grund, weshalb beispielsweise in den Ländern bei den Vorbereitungen der Haushalte für das Jahr 1982 von anderen Grundlagen ausgegangen worden ist, genauso wie beim Bund, so daß beide jetzt, Bund und Länder und die Gemeinden, von neuen Fakten ausgehen müssen. Dies tun wir, und es wäre ehrlicher gewesen, hier zu sagen: Gemeinsam müssen wir
({3}) mit den neuen Zahlen fertig werden.
({4})
Gemeinsam müssen wir mit den Fakten fertig werden. Denn Sie haben bis zur Stunde bei allen Entscheidungen, die wir heute getroffen haben und die Einsparungsmaßnahmen bedeuteten, im wesentlichen nein gesagt, aber da, wo Ausgabenerhöhungen oder Steuerverzicht waren, ja gesagt, so daß, wenn man allein Ihren Vorstellungen folgen würde, das Loch um 5 bis 10 Milliarden höher ausfallen würde. Und dann stellen Sie sich hierher und tun so, als würden Sie die Finanzen in Ordnung bringen. Das Gegenteil ist der Fall!
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung über den Punkt 6 der Tagesordnung: Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz - Drucksache 9/966 -.
Die Fraktion der CDU/CSU hat Einzelabstimmung über eine Reihe von Vorschriften verlangt.
({0})
- Ich mache darauf aufmerksam, daß es noch einige Minuten dauern wird, bis wir die Regularien abgewickelt haben, die vor der namentlichen Abstimmung zu erledigen sind, und bitte, noch einen Augenblick Platz zu nehmen.
Ich rufe Art. 1 § 1 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe Art. 1 § 1 Nr. 2 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/995 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer dem Art. 1 § 1 Nr. 2 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 4 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 4 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 5 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 6 bis 8 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1023 ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP vor.
({1})
- Es wird hier ziffernweise Abstimmung gewünscht.
Wer dem Änderungsantrag zu Buchstabe a seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen.
({2})
- aa 1! - Gegenstimmen! - Enthaltungen?
Nun zu aa 2. Wer dieser Vorschrift seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen.
- Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Diese beiden Änderungsanträge sind angenommen.
Wer den aufgerufenen Vorschriften in der Ausschußfassung mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Danke. Gegenstimme? - Enthaltungen?
- Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 9 Buchstabe a Doppelbuchstaben bb und cc auf. Können wir darüber gemeinsam abstimmen? - Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Danke. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 9 b bis e und Nr. 10 bis 15 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen.
- Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 16 a und b auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 16 c auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 17 bis 19 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Simme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 20 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 21 und 22 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Vizepräsident Wurbs
Ich rufe § 1 Nr. 22 a und 23 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 24 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 24 a und 24 b auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 25 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 25 Buchstaben b und c sowie Nr. 26 und 26 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 27 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 27 Buchstabe b und Nr. 28 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Danke. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 29 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 29 a und Nr. 29 b auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 30 bis 35 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 36 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 37 bis 39 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 40 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 41 bis 43 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 44 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 45 bis 49 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 49 a und 49 b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 50 bis 54 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind damit angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 54 a und 54 b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
({3})
- Es ist nicht üblich - wir haben im Präsidium heute darüber gesprochen -, bekanntzugeben, welche Fraktion dagegen gestimmt hat. So wurde mehrheitlich beschlossen. Die namentliche Abstimmung macht das normalerweise kenntlich.
({4})
- Von den Schriftführern ist das festgehalten; das ist nachzuvollziehen.
Ich rufe § 1 Nr. 54c auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 1 § 1 Nr. 55 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 9/996 vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über Art. 1 § 1 Nr. 55 in der Ausschußfassung. Es handelt sich um die Anhebung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung. Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden. Der Antrag ist ausreichend unterstützt worden.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung.
({5})
Meine Damen und Herren, haben alle ihre Stimmkarte abgegeben? - Ich frage zum letztenmal: Haben alle ihre Stimmkarte abgegeben? - Das scheint der Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung und bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Vizepräsident Frau Renger
Meine Damen und Herren, wenn Sie Platz nehmen, könnten wir während der Auszählung hier in den Abstimmungen fortfahren.
({0})
Ich bitte Sie herzlich, Platz zu nehmen.
Meine Damen und Herren, wir fahren in den Abstimmungen fort. Ich rufe § 1 Nr. 57 auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die aufgerufene Bestimmung ist angenommen.
Ich rufe auf § 1 Nr. 58 und Nr. 59 a. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Nr. 58 und Nr. 59 a des § 1 sind angenommen.
Ich rufe jetzt § 1 Nr. 59b, Nr. 60 und Nr. 62 sowie § 2 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 2 Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe § 2 Nr. 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 2 Nr. 4 bis 17 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 2. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
({1})
Ich rufe Art. 3 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/ 997 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag der CDU/ CSU zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über Art. 3 in der Ausschußfassung. Hierzu ist namentliche Abstimmung beantragt. Jetzt müsen wir einen Moment warten, bis die vorige Abstimmung abgeschlossen ist. Jetzt geht es wirklich nicht weiter. Ich muß einen Moment unterbrechen, bis ich zur Abstimmung aufrufen kann. Wir können jetzt die namentliche Abstimmung vornehmen.
Wer dem Art. 3 zuzustimmen wünscht, muß mit Ja stimmen. Die Abstimmung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, haben alle ihre Stimmkarten abgegeben? - Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte auszuzählen. - Würden Sie bitte Platz nehmen, damit wir in der Beratung fortfahren können.
Ich gebe zuerst das vorläufige Ergebnis der Abstimmung über Art. 1 § 1 Nr. 55 des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes bekannt. Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 475 ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 261 gestimmt, mit Nein haben 214 gestimmt. 21 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 11, mit Nein haben 10 Abgeordnete dieses Hauses gestimmt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 474 und 21 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 260 und 11 Berliner Abgeordnete
nein: 214 und 10 Berliner Abgeordnete
Ja
SPD
Dr. Ahrens Antretter Dr. Apel
Auch
Baack
Bahr
Bamberg
Dr. Bardens Becker ({2}) Bernrath
Berschkeit Biermann Bindig
Frau Blunck
Dr. Böhme ({3}) Börnsen
Brandt ({4}) Brück
Büchler ({5}) Büchner ({6})
Dr. von Bülow Buschfort Catenhusen Collet
Conradi
Dr. Corterier Curdt
Frau Dr. DäublerGmelin Daubertshäuser Dreßler
Duve
Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer
Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm
Esters
Ewen
Feile
Fiebig
Fischer ({7}) Fischer ({8}) Franke ({9}) Frau Fuchs
Gansel
Gerstl ({10})
Dr. Geßner Gilges
Ginnuttis Glombig
Gnädinger Gobrecht
Grobecker Grunenberg Dr. Haack Haar
Haase ({11}) Haehser
Hansen
Hauck
Dr. Hauff Heistermann
Herberholz Herterich Heyenn
Hoffmann ({12}) Hofmann ({13})
Dr. Holtz Horn
Frau Huber Huonker Ibrügger
Immer ({14})
Jahn ({15})
Dr. Jens Junghans Jungmann Kiehm
Kirschner
Klein ({16})
Dr. Klejdzinski
Kolbow
Kretkowski
Dr. Kreutzmann
Dr. Kübler Kühbacher Kuhlwein Lambinus Dr. h. c. Leber
Lennartz Leonhart Frau Dr. Lepsius
Leuschner Liedtke
Dr. Linde Lutz
Marschall
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Meinike ({17}) Meininghaus
Menzel
Dr. Mertens ({18}) Möhring
Müller ({19})
Müller ({20})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({21}) Neumann ({22})
Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo
Paterna
Dr. Penner Pensky
Peter ({23})
Polkehn Poß
Vizepräsident Frau Renger
Purps
Rapp ({24})
Rappe ({25})
Rayer
Reschke
Reuschenbach
Reuter Rohde Rosenthal
Roth
Sander
Dr. Schachtschabel
Schäfer ({26})
Schätz Schirmer
Schlaga Schlatter
Schluckebier
Frau Schmedt ({27}) Dr. Schmidt ({28}) Schmidt ({29}) Schmidt ({30})
Frau Schmidt ({31}) Schmidt ({32}) Schmitt ({33})
Dr. Schmude
Dr. Schöfberger
Schreiber ({34}) Schreiner
Schröder ({35}) Schröer ({36})
Schulte ({37})
Dr. Schwenk ({38})
Sielaff Sieler Frau Simonis
Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell
Dr. Sperling
Dr. Spöri
Stahl ({39})
Steiner
Frau Steinhauer
Stiegler Stockleben
Stöckl
Dr. Struck
Frau Terborg
Thüsing
Tietjen
Frau Dr. Timm
Topmann
Frau Traupe
Dr. Ueberschär
Urbaniak
Vogelsang
Voigt ({40})
Vosen Wallow Waltemathe
Wehner Weinhofer
Weisskirchen ({41}) Dr. Wernitz
Westphal
Frau Weyel
Dr. Wieczorek
Wieczorek ({42}) Wiefel
von der Wiesche
Wimmer ({43}) Wimmer ({44}) Wischnewski
Witek
Dr. de With
Wolfram ({45}) Wrede
Würtz Wuttke
Zander
Zeitler
Frau Zutt
Berliner Abgeordnete Bühling
Dr. Diederich ({46})
Dr. Dübber Egert
Hitzigrath Löffler
Frau Luuk Männing
Dr. Mitzscherling Wartenberg ({47})
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann Bergerowski
Frau von Braun-Stützer Cronenberg
Eimer ({48})
Frau Dr. Engel
Engelhard Ertl
Dr. Feldmann
Frau Fromm Funke
Gattermann Genscher Grüner
Dr. Haussmann
Dr. Hirsch Hölscher Holsteg
Jung ({49})
Kleinert
Frau Matthäus-Maier Merker
Mischnick Möllemann Neuhausen Frau Noth Paintner
Popp
Rentrop
Dr. Riemer Rösch
Ronneburger
Dr. Rumpf Schäfer ({50})
Schmidt ({51})
von Schoeler Frau Schuchardt
Dr. Solms Timm
Dr. Vohrer Dr. Wendig
Wolfgramm ({52}) Wurbs
Dr. Zumpfort
Berliner Abgeordneter Hoppe
Nein
CDU/CSU
Dr. Abelein
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha
Frau Benedix-Engler Berger ({53})
Biehle
Böhm ({54})
Dr. Bötsch Bohl
Borchert Braun
Broll
Bühler ({55})
Carstens ({56})
Clemens
Conrad ({57})
Dr. Czaja Dallmeyer Daweke
Deres
Dörflinger Doss
Dr. Dregger Echternach Eigen
Eymer ({58})
Dr. Faltlhauser Feinendegen
Frau Fischer
Fischer ({59})
Francke ({60})
Franke
Funk ({61})
Ganz ({62})
Frau Geier Frau Geiger Dr. von Geldern
Dr. George Gerlach ({63})
Gerstein
Gerster ({64})
Dr. Götz
Günther
Haase ({65})
Dr. Häfele Handlos
Hanz ({66})
Hartmann Hauser ({67})
Hauser ({68})
Frau Dr. Hellwig
Helmrich Dr. Hennig Herkenrath von der Heydt
Freiherr von Massenbach Hinsken
Höffkes
Frau Hoffmann ({69})
Dr. Hornhues
Horstmeier Frau Hürland
Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Jäger ({70})
Dr. Jahn ({71})
Dr. Jenninger
Dr. Jentsch ({72}) Dr. Jobst
Jung ({73})
Dr. Kansy
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle
Dr. Klein ({74})
Klein ({75})
Dr. Köhler ({76})
Dr. Köhler ({77}) Köster
Dr. Kohl
Kraus
Dr. Kreile Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kunz ({78})
Lamers
Dr. Lammert
Lampersbach
Landré
Dr. Langner Dr. Laufs Lemmrich Lenzer
Link
Linsmeier Lintner
Löher
Louven
Maaß
Magin
Dr. Marx
Dr. Mertes ({79})
Metz
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Mikat Dr. Miltner Dr. Möller Müller ({80})
Müller ({81})
Müller ({82})
Nelle
Neuhaus
Frau Dr. Neumeister
Niegel
Dr.-Ing. Oldenstädt
Dr. Olderog Frau Pack Petersen Pfeffermann
Pfeifer
Dr. Pinger Pohlmann Dr. Pohlmeier
Prangenberg
Dr. Probst Rainer
Rawe
Reddemann Regenspurger
Repnik
Dr. Riedl ({83})
Dr. Riesenhuber
Röhner
Frau Roitzsch
Dr. Rose Rossmanith Rühe
Ruf
Sauer ({84})
Sauer ({85})
Sauter ({86})
Sauter ({87})
Dr. Schäuble
Schartz ({88})
Schmitz ({89}) Schmäle
Dr. Schneider
Freiherr von Schorlemer
Dr. Schroeder ({90}) Schröder ({91}) Schröder ({92}) Dr. Schulte ({93}) Schwarz
Vizepräsident Frau Renger
Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer
Seehofer
Seiters Sick
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spilker Spranger
Dr. Sprung
Dr. Stark ({94})
Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken
Stutzer Susset Tillmann
Frau Verhülsdonk
Vogel ({95})
Vogt ({96})
Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel
Graf von Waldburg-Zeil
Dr. Warnke
Dr. von Wartenberg Weirich
Weiß
Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms Wimmer ({97}) Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissmann
Dr. Wittmann
Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Wulff Zierer
Dr. Zimmermann Zink
Berliner Abgeordnete Bahner
Frau Berger ({98}) Buschbom
Dr. Hackel Kalisch
Kittelmann Lorenz
Schulze ({99}) Straßmeir
Damit ist der Art. 1 § 1 Nr. 55 in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe den Art. 4 § 1 Nr. 1, 1 a und 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 4 § 1 Nr. 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 5 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 5 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 6 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 6 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 6 Buchstabe c auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 7 bis 12 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 13 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 14 bis 16 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 17 bis 19 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 20 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 21 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 22 bis 25 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 25 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 26 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 27 und 28 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 29 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 29 Buchstabe b und Nr. 29 a bis 31 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 4 § 2 und Art. 5 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 6 § 1 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Hanzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Vizepräsident Frau Renger
Ich rufe § 1 Nr. 3 bis 6 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 6 a auf. Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 7 und 8 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 9 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 10 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 10 Buchstabe b und die Nr. 10 a bis 13 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 6 § 2 und Art. 7 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 7 Nr. 1 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 7 Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 8 § 1 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 3 bis 6 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 6 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 7 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 8 und 9 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 10 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 10 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 1 Nr. 10 Buchstaben c und d auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 8 § 2 und Art. 9 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 9 Nr. 2 und die Art. 10 und 11 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 11 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 12 und Art. 13 § 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe Art. 13 § 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe die Art. 14 und 15 und Art. 16 Abs. 1 Nr. 1 und 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe Art. 16 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 sowie die Art. 17 und 18 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 19 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Meine Damen und Herren, es bleibt noch über Einleitung und Überschrift abzustimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Meine Damen und Herren, wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.
Ich kann gleich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Art. 3 des Arbeitsförderungs3746
Vizepräsident Frau Renger
Konsolidierungsgesetzes vorlesen. Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 466 ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 252 gestimmt, mit Nein 209, 5 Enthaltungen. 20 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 11 gestimmt, mit Nein 9 Abgeordnete. Damit ist Art. 3 angenommen.
Ergebnis
Abgegebene Stimmen 466 und 20 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 252 und 11 Berliner Abgeordnete
nein: 209 und 9 Berliner Abgeordnete
enthalten: 5
Ja
SPD
Dr. Ahrens Antretter
Dr. Apel
Auch
Baack
Bahr
Bamberg
Dr. Bardens Becker ({100}) Bernrath
Berschkeit Biermann Bindig
Frau Blunck
Dr. Böhme ({101}) Börnsen
Brandt ({102}) Brück
Büchler ({103}) Büchner ({104})
Dr. von Bülow Buschfort Catenhusen Collet
Conradi
Dr. Corterier Curdt
Frau Dr. DäublerGmelin Daubertshäuser Dreßler
Duve
Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer
Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm
Esters
Ewen
Feile
Fiebig
Fischer ({105}) Fischer ({106}) Franke ({107}) Frau Fuchs
Gansel
Gerstl ({108})
Dr. Geßner Gilges
Ginnuttis Glombig
Gnädinger Gobrecht
Grobecker Grunenberg
Dr. Haack Haar
Haase ({109})
Haehser Hansen
Frau Dr. Hartenstein Hauck
Dr. Hauff Heistermann
Herberholz Herterich Heyenn
Hoffmann ({110}) Hofmann ({111})
Dr. Holtz Horn
Frau Huber Huonker Ibrügger
Immer ({112}) Jahn ({113})
Dr. Jens Junghans Jungmann Kiehm
Kirschner
Klein ({114})
Dr. Klejdzinski
Kolbow
Kretkowski
Dr. Kreutzmann
Dr. Kübler Kuhlwein Lambinus Dr. h. c. Leber
Lennartz Leonhart
Frau Dr. Lepsius Leuschner Liedtke
Dr. Linde Lutz
Marschall
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Meinike ({115}) Meininghaus
Menzel
Dr. Mertens ({116}) Möhring
Müller ({117}) Müller ({118})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({119}) Neumann ({120})
Dr. Nöbel
Offergeld Oostergetelo
Paterna Pauli
Dr. Penner Pensky
Peter ({121})
Polkehn Poß
Purps
Rapp ({122})
Rappe ({123}) Rayer
Reschke Reuschenbach
Reuter
Rohde
Rosenthal Roth
Sander
Dr. Schachtschabel Schäfer ({124}) Schätz
Schirmer Schlaga Schlatter Schluckebier
Frau Schmedt ({125}) Dr. Schmidt ({126}) Schmidt ({127}) Schmidt ({128})
Frau Schmidt ({129}) Schmidt ({130}) Schmitt ({131})
Dr. Schmude
Dr. Schöfberger
Schreiber ({132}) Schreiner
Schröder ({133}) Schröer ({134}) Schulte ({135})
Dr. Schwenk ({136}) Sielaff
Sieler
Frau Simonis
Frau Dr. Skarpelis-Sperk Dr. Soell
Dr. Sperling
Dr. Spöri
Stahl ({137})
Dr. Steger Steiner
Frau Steinhauer
Stiegler Stockleben Stöckl
Dr. Struck Frau Terborg
Thüsing Tietjen
Frau Dr. Timm
Topmann Frau Traupe
Dr. Ueberschär
Urbaniak Vogelsang Voigt ({138})
Vosen
Wallow
Waltemathe
Walther Wehner Weinhofer
Weisskirchen ({139}) Dr. Wernitz
Westphal Frau Weyel Dr. Wieczorek
Wieczorek ({140}) Wiefel
von der Wiesche
Wimmer ({141}) Wimmer ({142}) Wischnewski
Witek
Dr. de With
Wolfram ({143}) Wrede
Würtz Wuttke Zander Zeitler Frau Zutt
Berliner Abgeordnete Bühling
Dr. Diederich ({144})
Dr. Dübber Egert
Hitzigrath Löffler
Frau Luuk Männing
Dr. Mitzscherling Wartenberg ({145})
FDP
Frau Dr. Adam-Schwaetzer Baum
Beckmann Bergerowski
Frau von Braun-Stützer Cronenberg
Eimer ({146})
Frau Dr. Engel
Engelhard Ertl
Gattermann Genscher
Dr. Haussmann
Dr. Hirsch Hölscher
Holsteg
Jung ({147})
Kleinert
Dr. Graf Lambsdorff
Frau Matthäus-Maier Merker
Mischnick Möllemann Neuhausen Frau Noth Paintner
Popp
Dr. Riemer Ronneburger
Schäfer ({148})
von Schoeler Frau Schuchardt
Dr. Solms Timm
Dr. Vohrer Dr. Wendig
Wolfgramm ({149}) Wurbs
Dr. Zumpfort
Berliner Abgeordneter Hoppe
Nein
CDU/CSU
Dr. Abelein
Dr. Althammer
Dr. Arnold
Dr. Barzel
Vizepräsident Frau Renger
Bayha
Frau Benedix-Engler Biehle
Böhm ({150})
Dr. Bötsch Bohl
Borchert
Braun
Broll
Bühler ({151})
Carstens ({152}) Clemens
Conrad ({153})
Dr. Czaja Dallmeyer Daweke
Deres
Dörflinger Doss
Dr. Dregger Echternach Eigen
Engelsberger Eymer ({154})
Dr. Faltlhauser Feinendegen Fellner
Frau Fischer
Fischer ({155}) Francke ({156}) Franke
Funk ({157})
Ganz ({158})
Frau Geier Frau Geiger Dr. von Geldern
Dr. George Gerlach ({159}) Gerstein
Gerster ({160})
Dr. Götz
Günther
Haase ({161})
Dr. Häfele Handlos
Hanz ({162})
Hartmann Hauser ({163})
Hauser ({164})
Frau Dr. Hellwig
Helmrich Dr. Hennig Hinsken Höffkes
Frau Hoffmann ({165}) Dr. Hornhues
Horstmeier Frau Hürland
Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Jäger ({166})
Dr. Jahn ({167})
Dr. Jenninger
Dr. Jentsch ({168}) Dr. Jobst
Jung ({169})
Dr. Kansy
Frau Karwatzki
Keller
Kiechle
Dr. Klein ({170}) Klein ({171})
Dr. Köhler ({172})
Dr. Köhler ({173})
Köster
Dr. Kohl Kolb
Kraus
Dr. Kreile Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kunz ({174})
Lamers
Dr. Lammert
Lampersbach
Landré
Dr. Laufs Lemmrich Lenzer
Link
Linsmeier Lintner Löher
Louven
Lowack Maaß
Magin
Dr. Marx
Dr. Mertes ({175}) Metz
Dr. Meyer zu Bentrup Michels
Dr. Mikat Dr. Miltner Dr. Möller
Müller ({176})
Müller ({177})
Müller ({178})
Nelle
Neuhaus
Frau Dr. Neumeister Niegel
Dr.-Ing. Oldenstädt
Dr. Olderog
Frau Pack Petersen Pfeffermann
Pfeifer
Dr. Pinger Pohlmann
Dr. Pohlmeier Prangenberg
Dr. Probst Rainer
Rawe
Reddemann
Regenspurger
Repnik
Dr. Riedl ({179})
Dr. Riesenhuber
Röhner
Frau Roitzsch
Dr. Rose Rossmanith
Rühe
Ruf
Sauer ({180})
Sauer ({181})
Sauter ({182})
Sauter ({183})
Dr. Schäuble
Schartz ({184})
Schmitz ({185}) Schmöle
Dr. Schneider
Freiherr von Schorlemer Dr. Schroeder ({186}) Schröder ({187}) Schröder ({188}) Dr. Schulte ({189}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling
Dr. Schwörer
Seehofer Seiters
Sick
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spilker
Spranger Dr. Sprung
Dr. Stark ({190}) Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken
Stücklen Stutzer
Susset
Tillmann
Vogel ({191})
Vogt ({192})
Volmer
Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel
Graf von Waldburg-Zeil Dr. Warnke
Dr. von Wartenberg Weirich
Weiß
Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms Wimmer ({193}) Windelen Wissmann
Dr. Wittmann
Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Wulff
Zierer
Dr. Zimmermann Zink
Berliner Abgeordnete Frau Berger ({194}) Buschbom
Dr. Hackel Kalisch
Kittelmann Lorenz
Schulze ({195}) Straßmeir
FDP
Schmidt ({196})
Enthaltungen
FDP
Dr. Feldmann
Funke
Frau Dr. Hamm-Brücher Rentrop
Dr. Rumpf
Wir fahren in der Aussprache fort. Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 7, Bekämpfung der illegalen Beschäftigung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kolb.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn in einem Haus der Putz rissig wird, hat man zwei Möglichkeiten: Entweder schaut man nach den Ursachen, oder man nimmt einen Farbtopf und kleistert das zu. Das letzte ist einfacher, aber auf Dauer eine Schaumschlägerei. Bei diesem Gesetz sind wir ähnlich vorgegangen. In der Begründung zu diesem Gesetzentwurf heißt es:
In Anbetracht dieser vielfältigen schädlichen Folgen muß einerseits der Beseitigung der Ursachen, andererseits der wirksamen Bekämpfung der illegalen Beschäftigung ein hoher Stellenwert zukommen.
Wir haben uns leider nicht mit den Ursachen beschäftigt, sondern wir haben nur versucht, bei den Wirkungen etwas zuzukleistern. Weil wir das nicht alles zukleistern konnten, haben wir gesagt: Wir machen die Sache ganz einfach, wir erhöhen die Kontrolle, die Rechte der Behörden einzugreifen, um im Endeffekt Spitzelei, Schnüffelei und Anzeigen als richtiges Mittel zu nehmen.
Es ist interessant, daß im Entwurf des AFKG in § 132 a - jetzt steht es nicht mehr darin - u. a. stand: „Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ({0}) wird insoweit eingeschränkt." Wenn ich daran denke, welche Diskussionen hier über das Demonstrationsrecht statt3748
gefunden haben, wo man gesagt hat, daß die Grundrechte geschützt werden müssen, dann frage ich mich, wie leichtfertig man in einem Entwurf schon mit dieser Sache umging.
({1})
Sehen Sie, es wird mit diesem Gesetz ähnlich wie bisher mit der Schwarzarbeit gehen. Wer bei der Schwarzarbeit einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil erzielt, handelt jetzt ordnungswidrig. Gegen einen Bußgeldbescheid wird der Betroffene Einspruch einlegen, und dann wird die Sache nach einem Jahr wegen Geringfügigkeit niedergeschlagen. Wer sollte exakt einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil definieren?
Der Herr Kollege Lutz und ich haben heute früh eine Diskussion beim Norddeutschen Rundfunk gehabt, wo die Vertreter von Hamburg zu diesem Gesetz befragt wurden. Herr Minister - das sollten Sie sich eigentlich merken -, es war interessant, daß die Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Polizei und des Arbeitsamtes gesagt haben: Das Gesetz könnt ihr vergessen, es bringt uns überhaupt nichts. Wir haben nur Schwierigkeiten damit, aber wir werden nicht entlastet.
({2})
Das Schlimme an der Sache ist, daß Sie dort, wo Sie hätten ansetzen müssen, nichts getan haben.
Die Bundesrepublik Deutschland gilt immer noch als das Wirtschaftswunderland. Das hat dazu geführt, daß Scheinasylanten zu uns hereinkommen, daß Besucher mit einem Besuchervisum kommen, um angeblich für drei Monate die Bundesrepublik Deutschland kennenzulernen, die in Wirklichkeit Geld machen wollen, weil sie sonst keines hätten. Sie machen Cash, und dies läuft. Der Vertreter der Hamburger Polizei sagte heute früh: Wir haben schätzungsweise 30 000 bis 70 000 Menschen - wir können das nicht genau sagen -, die in Hamburg illegal beschäftigt sind. Wir von der Polizei haben 12 Personen, um dies zu überprüfen, das Arbeitsamt hat zwei. Stellen Sie sich vor, was wir hier gewollt haben!
({3})
- Lieber Freund, was heißt „In Baden Württemberg"? Ich nehme nur die Angaben, die heute früh über Hamburg kamen.
Jetzt müssen Sie einmal fragen, wie es zu diesem Unsinn kam. Den Asylanten, die bis 1979 gekommen sind, hat man eine Arbeitserlaubnis gegeben, obwohl man seit 1973 die Anwerbung von ausländischen Arbeitnehmern verboten hat. Diese Asylanten haben an dem einen Ort, wo sie zugelassen waren, z. B. in Frankfurt, eine Arbeitserlaubnis gehabt. Dort haben sie aber keine gefunden. Dann sind sie in die illegale Beschäftigung woanders hingegangen, weil sie dort die Beschäftigung plus die Unterstützung aus der Sozialhilfe hatten, und sie fanden das hervorragend.
Auch ein Zweites muß man berücksichtigen. 1979 war auf dem Arbeitsmarkt fast niemand mehr zu bekommen. Wer so vornehm ist wie wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, und in ein Arbeitsförderungsgesetz hineingeschrieben hat, daß die Maßnahmen nach diesem Gesetz insbesondere dazu beizutragen haben, daß weder Arbeitslosigkeit noch unterwertige Beschäftigung herrscht, der muß sich einmal fragen lassen: Wer soll denn diese unangenehmen Arbeiten in der Gastronomie, in der Bauwirtschaft, in der Reinigung, in der Lagerhaltung machen? Dafür waren uns doch diese Personen direkt ideal. Man hat dann lässig die Augen zugedrückt, wenn dies geschehen ist.
({4})
- Ja, jede Arbeit hat ihren Preis, mein lieber Herr Kollege Bindig. Das ist auch gar nicht schlimm. Dann zahlen Sie doch in der Gastronomie den Preis, der so hoch ist, daß Sie sich dies nicht mehr leisten können. Da sagen Sie dann wieder, es soll für alle erschwinglich sein. Das ist doch die Frage.
Aber wie hat sich denn die öffentliche Hand verhalten? Die öffentliche Hand drängt am Jahresende darauf, daß die Aufträge erledigt werden. Die Bauwirtschaft hat es häufig erlebt, daß sie bis April/Mai nichts tun konnte, weil die Aufträge noch nicht vergabereif waren und noch nicht entschieden war, ob das Geld vorhanden war. Aber am Jahresende soll es erledigt sein. Ist es denn in der Bauwirtschaft möglich, daß sie die Beschäftigten für eine Zeit in die Tiefkühltruhe legt und dann wieder heraustut, je nach Bedarf? Stetigkeit hat es in diesem Bereich nie gegeben.
Aber, Herr Minister, jetzt möchte ich mich einmal mit Ihrer Mathematik auseinandersetzen, nachdem Sie vorhin den Kollegen Friedmann, na, ich will mal sagen, herunterzuputzen versucht haben. Ich kann mich erinnern, daß Sie in diesem Frühjahr gesagt haben: Wir haben 900 000 Arbeitsplätze geschaffen. Da habe ich gedacht: Das ist phantastisch. Ich habe dann die Anfrage gestellt: Wenn die 900 000 Arbeitsplätze geschaffen haben, dann holen wir das Kaninchen wieder aus dem Zylinder. Nun habe ich von Ihnen ein Statistisches Jahrbuch gekriegt und habe mit der ganz simplen Mathematik nach Adam Riese nachgerechnet. 1969 hatten wir 26 356 000 Beschäftigte, und da steht drin, 1980 seien es nur noch 25 795 000 gewesen. Das ist für mich ein Minus von 561 000, - dies nach Adam Riese aus Ihrem Haus. Wenn ich die 900 000 von ihnen noch hinzunehme, dann komme ich auf 1,4 Millionen.
Herr Minister, ich will nur noch eine Frage an Sie stellen, bevor Sie eine an mich stellen. Haben Sie nur gesagt, was Sie neu geschaffen haben, und nicht den Abgang berücksichtigt? Dann handeln Sie exakt wie derjenige, der sagt: Alle meine Einnahmen sind Gewinn, und die Ausgaben mögen die anderen vergessen.
({5})
- Bitte schön.
Herr Abgeordneter Ehrenberg, Sie haben eine Zwischenfrage.
Herr Kollege, dürfte ich Sie fragen, ob Ihnen der Unterschied in der Statistik zwischen Erwerbstätigen und Beschäftigten bekannt ist? Sie sind da in die falsche Spalte gekommen. Ich würde Sie bitten, noch einmal nachzusehen.
Entschuldigen Sie, ich habe da nachgeschaut. Das kann ich Ihnen vorlesen. Da stehen auch die abhängig Beschäftigten darin.
({0})
- Herr Minister, natürlich habe ich das gelesen. Aber das Problem ist doch folgendes, sie haben vorhin gesagt - und das möchte ich hier noch einmal erwähnen -: Wir sind nicht einmal in der Lage, bis Januar vorauszurechnen. Auf der anderen Seite erwarten Sie von den Unternehmen, daß sie Investitionen machen, die fünf und sechs Jahre vorausgeplant werden. Von denen erwarten Sie den Weitblick. Aber Sie schaffen es nur mit der Statistik. Dann sagen Sie: Die Experten haben sich getäuscht, deswegen funktioniert es nicht bei uns.
({1})
Herr Minister, ich darf Ihnen sagen: So wie Sie Arbeitsmarktpolitik betreiben, müßte der Herr Wehner sagen: aus dem Ehrenberg wird für mich langsam ein Sorgenberg.
({2})
Aber lassen Sie mich auch einmal fragen, warum wir eigentlich nicht den einfachen Weg gegangen sind. Die deutsche Bauindustrie und das Baugewerbe haben vorgeschlagen: „Laßt uns bitte diejenigen beschäftigen, die bei der Zusatzversorgungskasse eine Lohnnachweiskarte haben. Wir sind daran interessiert. Das ist wesentlich zweckmäßiger, das ist wesentlich einfacher. Wir sind interessiert, daß diese Abgaben bezahlt werden." - Ich habe noch vorgeschlagen, zu prüfen, ob es nicht möglich sei - das haben heute die Beamten bestätigt, das wäre eine Hilfe -, einen Sozialversicherungsausweis mit einem Lichtbild zu schaffen und mit der Lohnsteuerklasse VII zu arbeiten. Das wären einfache Wege, weniger Bürokratie, nicht das Eingriffsrecht so quasi mit Hausdurchsuchungen. Dies ist alles weggegangen. Die Unredlichkeit zeigt sich für mich darin, daß Sie im BillBG nicht die Arbeitnehmerüberlassung beim Bau geregelt haben, sondern sie klammheimlich in das AFKG geschmuggelt haben, weil Sie nämlich gesagt haben: Dort ist sie nicht zustimmungsbedürftig, während Sie die Kontrollen der illegal Beschäftigten den Ländern zumuten. Hier muß ich nun fragen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FDP, wo ist die Redlichkeit, die auch der Wirtschaftsminister immer draußen vorgibt? Ist hier wieder einmal Machterhalt vor Vernunft gegangen? Also, für mich ist das nicht schön, wenn Sie dann so geschwind es in ein anderes Gesetz hineinschieben.
Eine Bemerkung zur Landwirtschaft. Es war interessant, daß es heftiger Bemühungen um die Maschinenringe bedurfte, um eine als richtig erkannte Arbeit in der Landwirtschaft nicht in die Schwarzarbeit fallen zu lassen. Der Vorschlag des Hauses und der Vorschlag der Bürokratie hätten die Maschinenringe zur Schwarzarbeit verdammt. Es ist Gott sei Dank noch gelungen, dies zu ändern.
Ich habe den Eindruck, daß es in Wirklichkeit nicht um mehr Gerechtigkeit gegangen ist, speziell beim Baugewerbe. Ihnen ist es darum gegangen, zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Ich habe aber heftige Bedenken, Herr Minister, ob sie diese zusätzlichen Einnahmen haben. Wir werden uns in einem halben Jahr oder in einem Jahr über diese Zahlen unterhalten können. Dann werden wir auch die Zahlen haben, die der Kollege Friedmann erwähnt hat. Dann werden sie wieder sagen: Es waren finstere Mächte, die dazu beigetragen haben, daß das nicht funktioniert hat.
Wo ist eigentlich Ihre Einwirkung, Herr Minister, auf die vergebenden Behörden? Wo ist die Stetigkeit in der Bauwirtschaft? Die ist nie gekommen. Wie ist es mit der Termingestaltung? Und haben Sie einmal darauf hingewirkt, daß die öffentliche Hand Bauarbeiten nur an solche Firmen vergibt, deren Beschäftigte bei der Zusatzversorgungskasse versichert sind? Interessant ist, daß die Deutsche Bundespost auf eine Anfrage zugegeben hat, daß das Gewerbe sie überhaupt nicht interessiert. Mir sind inzwischen Fälle bekanntgeworden, daß die Deutsche Bundespost Aufträge an Firmen vergeben hat, die im Endeffekt damit Schwarzarbeit geleistet haben, weil sie nicht berechtigt waren, das zu tun.
Oder wo ist Ihre Einwirkung auf die Kommunen, daß sie nicht Staatsfirmen aus dem Ostblock einladen, damit die die deutschen Baupreise einschließlich der Zusatzversorgungskasse und der Sozialversicherung unterlaufen? Das ist alles noch drin.
Deswegen kann ich für meine Fraktion nur sagen: Wir bleiben bei der Ablehnung, obwohl wir im Ausschuß zu einigem ja gesagt haben. Unser Hinweis: „Bitte ändern Sie das; machen sie es vernünftiger!" ist weggefegt worden.
Für mich hat sich, muß ich sagen, der Eindruck aufgedrängt: Sie hängen im Augenblick noch wie Pech und Schwefel zusammen. Ob das besser wird oder nicht, hat Sie nicht interessiert.
Die Bundesregierung hat durch Sie, Herr Minister, und vor allem durch Ihr Haus gezeigt, daß die Praxisbezogenheit nicht unbedingt gefragt ist. Sie haben gemeint, die Praxisbezogenheit könne man durch mehr Bürokratie ersetzen. Der Sachverstand, der aus dem Hearing und aus der Beratung sprach, war hier nicht gefragt. Was mir heute früh von den betroffenen Behörden gesagt wurde, war die Bestätigung dessen, was wir vermutet hatten.
Herr Minister, ich wage heute eine Prognose. Wenn Sie sich mit Ihrem Haus nicht endlich bemühen, die Ursachen dieses Übels zu beseitigen, sondern die Wirkungen immer nur zupflastern, dann
werden Sie Ihr Amt nicht als Arbeitsminister beenden, sondern als Arbeitslosenminister.
({3})
Sie sind im Augenblick nur noch interessiert, die Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Es wäre weitaus zweckmäßiger, zu fragen: Wie schaffen wir es, daß wieder überall Arbeit ist?
({4})
Deswegen empfehle ich, Herr Minister: Geben Sie den Ochsen, die den Karren ziehen, ab und zu auch wieder Futter und nicht nur Prügel. Dieses Gesetz hat wieder mal in einer Richtung deutlich gezeigt, daß Sie lieber prügeln als Futter geben. Aber das gehört - Entschuldigung; mit Verlaub - zu Ihrer Ideologie. - Schönen Dank.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dreßler.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich lese im Gesetzentwurf der CDU/ CSU vom 24. Februar 1981, Herr Kollege Kolb, u. a., was die Problemstellung betrifft:
Die Gefährdung von Arbeitsplätzen durch Schwarzarbeit soll vermindert werden. Die mit der Schwarzarbeit verbundene Steuerverkürzung und Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen, die in der mittelständischen Wirtschaft zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen geführt haben, sollen unterbunden werden.
({0})
Sie gehen in der weiteren Begründung Ihres Antrages auf Näheres ein und sprechen auch die Arbeitnehmer an, denen Sie helfen wollen.
Ich lese in dieser Woche - Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung darf ich zitieren - im „Spiegel", daß Ihr Kollege Landré sich in der Bundesrepublik als der große Schwarzarbeitsbekämpfer transportieren läßt. Ich lese, daß der Bundesrat uns die frohe Botschaft mitteilt: Schwarzarbeit stellt eine staats-, wirtschafts- und sozialpolitische Gefahr dar. Ich lese auch, daß der Haushaltsausschuß uns in seinem Bericht mitteilt, daß von diesem Gesetz jährlich insgesamt rund 560 Millionen DM an Entlastung zu erwarten sind. Und dann sagt die CDU/CSU, weil sie die Schwarzarbeit nur auf einem Feld bekämpfen will, schlicht und ergreifend nein! Seien Sie dann wenigstens so ehrlich zuzugestehen, daß der Dissens zwischen Ihnen und der Koalition darin besteht, daß Sie bestreiten, daß es einen unauflöslichen Zusammenhang aller Formen der illegalen Beschäftigung mit der Schwarzarbeit gibt.
({1})
- Herr Kollege Landré, entschuldigen Sie bitte, ich kann die Zwischenfrage nicht zulassen, denn ich habe nur einige Minuten Redezeit. Ich bitte um Nachsicht.
Wenn ich dann, Herr Kollege Kolb, von Ihnen höre, daß die mit diesem Gesetzentwurf richtigerweise beabsichtigte Zielsetzung, den Milliardenbetrug in den Griff zu bekommen, von Ihnen hier mit dem Begriff „Schnüffelei" abgetan wird, dann ist das, so meine ich, zuwenig.
({2})
Meine Damen und Herren, mit dem neuen Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung werden nach unserer Auffassung die sozial wie wirtschaftlich schädliche illegale Arbeitnehmerüberlassung, die illegale Ausländerbeschäftigung und die Schwarzarbeit so weit wie möglich zurückgedrängt werden. Die Probleme, um die es geht, werden, wie Sie wissen, auch in den Medien eifrig diskutiert. Da gibt es Überschriften wie „Das Geschäft mit den Illegalen blüht" oder „Goldene Nasen für Seelenverkäufer" oder „Schwarzarbeit zerstört das gesamte soziale System".
Diese Überschriften zeigen schlaglichtartig die Mißstände auf. Es gab, so haben wir wohl zu Recht gemeint, hier einen Handlungsbedarf. Das neue Gesetz ist notwendig, aber es reicht eben nicht, nur die Probleme, die durch und mit der Schwarzarbeit entstehen, zu sehen und anzupacken. Deshalb ist der breite Ansatz dieses Gesetzes genau richtig.
({3})
Die Mißstände sind offensichtlich. Von Geschäftemachern werden ganz erhebliche Gewinne erzielt, und zwar auf Kosten und unter grober Ausnutzung oder sogar Ausbeutung sowohl der einzelnen Arbeitnehmer als auch der Allgemeinheit. Bei illegaler Beschäftigung werden - das liegt in der Natur der Sache - weder Steuern entrichtet noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Das heißt, die soziale Sicherung des einzelnen Arbeitnehmers ist im Krankheitsfall, bei Unfällen und im Alter gefährdet. Das heißt auch, Sozialversicherungsbeiträge und Steuern - ich wiederhole es - werden in Milliardenhöhe der Allgemeinheit vorenthalten.
Das heißt aber auch, normale Arbeitsplätze sind der unlauteren Konkurrenz durch illegale Beschäftigungsverhältnisse ausgesetzt.
({4})
Angesichts der jetzigen Arbeitsmarktsituation, die keiner bestreitet, ist das doch - da müssen Sie schlicht und ergreifend zustimmen - noch unerträglicher geworden.
Es heißt auch, daß erhebliche Wettbewerbsnachteile durch illegal arbeitende Konkurrenten von seiten der Handwerkskammern zu Recht beklagt werden.
Der Gesetzentwurf hat sich mit den Problemen befaßt. Ich kann jetzt nur einige Schwerpunkte herausgreifen. Vielleicht, Kollege Kolb, kommen wir dann doch noch auf einen Nenner.
({5})
Ein besonderes Kapitel der illegalen Beschäftigung ist die Leiharbeit. Verleiher und Entleiher arDreßler
beiten in diesem Bereich Hand in Hand und erzielen dabei ganz erhebliche Gewinne. Der Vorwurf, illegale Leiharbeit auf Kosten der Arbeitnehmer und der Allgemeinheit zu betreiben, kann nicht nur die Verleiher treffen, sondern muß in gleichem Maße auch die Entleiher einbeziehen.
({6})
Zusammen mit dem Verleiher ist der Entleiher an diesen miesen Geschäften beteiligt.
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Erweiterung der Bußgeldvorschriften gegen die Entleiher verschafft der Bundesanstalt für Arbeit die Möglichkeit, im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens auch Durchsuchungen in dem Entleiherbetrieb vorzunehmen. Das ist konsequent. Da sich die tatsächliche Abwicklung des Leiharbeitsverhältnisses im Entleiherbetrieb vollzieht, erhoffen wir uns hierdurch eine verstärkte Aufdeckung illegaler Leiharbeit. Ich bin sicher: Die tatsächliche Entwicklung wird uns in diesem Punkt recht geben.
({7})
Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt, Herr Kollege Kolb, ist die gesetzliche Festschreibung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Entleiherbetrieb.
({8})
Ich hoffe, daß Sie mit uns gemeinsam die Rechte der Betriebsräte verstärken wollen.
({9})
Die bisherige Rechtsprechung wird nunmehr im Gesetz aufgenommen. - Herr Kollege Landré, Sie haben sehr wohl einen Nachholbedarf. 1972 - da war ich noch nicht hier - wurde das Betriebsverfassungsgesetz verabschiedet. Sie müssen es nachlesen: Ich glaube, bis auf 21 Stimmen wurde es von Ihrer Fraktion abgelehnt. Insofern haben Sie, was die Betriebsverfassung betrifft, sehr wohl einen gewaltigen Nachholbedarf.
({10})
Die Aufgaben des Betriebsrats werden auch für den Bereich der Leiharbeit dokumentiert. Es soll aber ausdrücklich betont werden, daß hiermit keine abschließende gesetzliche Regelung der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates für die Leiharbeitnehmer erfolgt ist. Für uns ist klar, daß die Weiterentwicklung der Rechte des Betriebsrates hierdurch in keiner Weise berührt ist.
Sowohl im Bereich der illegalen Leiharbeit als auch auf dem Arbeitsmarkt insgesamt ist die illegale Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer ein besonders dunkles Kapitel. Unter menschenunwürdigen Verhältnissen werden ausländische Arbeitnehmer in die Illegalität gedrängt, wird ihre Notlage schamlos ausgenützt. Das Gesetz sieht daher nicht nur eine Bußgelderhöhung für Arbeitgeber, Verleiher oder Entleiher vor, die ausländische Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis beschäftigen oder tätig werden lassen; vielmehr wird die illegale Einreise als Vorstufe zur illegalen Beschäftigung bekämpft. Die Unterstützung illegaler Einreise durch sogenannte Schlepper wird daher unter Strafe gestellt. Außerdem werden die Beförderungsunternehmen verpflichtet, nur Ausländer mit entsprechenden Sichtvermerken in die Bundesrepublik zu befördern. Ich finde - ich denke, dieser Auffassung sind Sie doch wohl auch -, es kann nicht länger hingenommen werden, daß der Anwerbestopp durch die illegale Einreise faktisch unterlaufen wird.
({11})
- Dann stimmen Sie doch auch dem gesamten Gesetz zu. Sie machen es auf der einen Seite so und auf der anderen Seite so. Dann zeigen Sie doch einmal Mut und stimmen zu, um damit zu zeigen, daß Sie auf diesem Wege mit uns gemeinsam vorankommen wollen.
({12})
Ein weiterer Bereich illegaler Beschäftigung ist die Schwarzarbeit. Aber sie ist nur ein Teil der Gesamtproblematik und nicht, wie Sie immer argumentieren, nur der Teil schlechthin.
({13})
Durch jetzt zu be schließende Gesetzesänderungen wird die Bekämpfung der Schwarzarbeit erleichtert. Aber lassen Sie mich eines klarstellen: Nicht die echte Nachbarschaftshilfe soll verfolgt werden, d. h. wenn einer dem anderen hilft, wenn sich Nachbarn untereinander aushelfen.
({14})
Das hat insbesondere im ländlichen Raum erhebliche Bedeutung und Berechtigung. Zielrichtung sind vielmehr die Kolonnen, die abends und an Wochenenden in Schwarzarbeit ganze Häuserreihen hochziehen, oder die sogenannten Feierabend-Handwerker, die ohne Sachkunde, d. h. durch unsachgemäße Reparaturen, erheblichen Schaden sowohl für den einzelnen als auch für die Allgemeinheit anrichten. Diese Fälle gilt es gezielt und verschärft zu bekämpfen.
Gesetze können noch so gut sein, sie sind wirkungslos, wenn die Duchführung vor Ort nicht funktioniert. Dieses allgemeine Problem wird hier noch dadurch vergrößert, daß die illegale Beschäftigung gegen zahlreiche Vorschriften verstößt, z. B. gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, weil keine Erlaubnis auf Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, z. B. gegen die Vorschriften des Steuerrechtes, weil eben keine Steuern entrichtet werden, oder z. B. gegen die Reichsversicherungsordnung, weil keine So3752
zialversicherungsbeiträge gezahlt werden, oder gegen die Vorschriften des Baurechts usw.
({15})
- Sagen Sie doch nicht immer, Sie wollen das alles vernünftig regeln. Zeigen Sie lieber einmal Mut, stimmen Sie mit uns und seien Sie nicht immer dagegen.
({16})
Für die Verfolgung und Ahndung von Verstößen gegen diese unterschiedlichen Vorschriften sind verschiedene Behörden zuständig. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit dieser Behörden war daher dringend geboten. Das Gesetz sieht deshalb als eines der wesentlichen Elemente zur effektiven Bekämpfung illegaler Beschäftigung eine Pflicht aller Behörden zur gegenseitigen Information vor, die mit Verstößen im Bereich der illegalen Beschäftigung befaßt sind. Es geht um einen verbesserten Informationsaustausch. Er ist erforderlich, um die illegale Beschäftigung mit all ihren verschiedenen und vielfältigen Aspekten wirksam bekämpfen zu können. Das neue Gesetz schafft nach Auffassung der Koalitionsparteien die Voraussetzungen dafür.
({17})
Das Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung bietet eine solide Grundlage für die praktische Arbeit der ausführenden Behörden, die die ihnen gegebenen Möglichkeiten nutzen müssen, um die allseits beklagten Mißstände abzuschaffen.
Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Nach den bisherigen Erfahrungen steht uns deshalb noch eine schwere Hürde bevor. Während der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung hat die Opposition einzelnen Punkten zugestimmt, andere Punkte hat die Opposition abgelehnt, zum Teil hat sie sich der Stimme enthalten.
({18})
In der Schlußabstimmung des Ausschusses haben die Vertreter der CDU/CSU mit Nein votiert, ohne allerdings vorher auch nur einen Änderungsantrag in das Gesamtgesetz eingebracht zu haben.
({19})
„So nicht" zu sagen, reicht aber nicht. Oder waren alle bisherigen, auch vollmundigen Erklärungen der Union zu Problemen der illegalen Beschäftigung und der Schwarzarbeit letztlich nur Lippenbekenntnisse?
({20})
Das Vermittlungsverfahren zeichnet sich jetzt schon ab.
({21})
Das kann die Unionsmehrheit im Bundesrat erzwingen. Die Substanz dieses Gesetzes muß aber nach unserer Auffassung erhalten bleiben; denn das Gesetz ist vernünftig, und es ist auch praktikabel.
({22})
Es ist geeignet, den Mißständen wirksam zu begegnen. Ein Scheitern könnte nach unserer Auffassung niemand verantworten, auch nicht die CDU/CSU, und deshalb bitten wir um Zustimmung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
({23})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu dem Tagesordnungspunkt 7 liegen nicht vor.
Wir kommen jetzt zur Einzelberatung und Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt: Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung. Die CDU/CSU hat Einzelabstimmung über die Vorschriften verlangt.
Ich beginne mit dem Art. 1 Nr. 01 Abs. 1. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Art. 1 Nr. 01 Abs. 2 und Nr. 1 auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe den Art. 1 Nr. 2 auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Art. 1 Nr. 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe den Art. 2 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Art. 2 Nr. 2 bis 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe den Art. 2 a und den Art. 3 Nr. 1, 1 a und 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Art. 3 Nr. 3 § 233 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Art. 3 Nr. 3 § 233b auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Vizepräsident Frau Renger
Ich rufe den Art. 3 Nr. 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe den Art. 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe den Art. 5 Nr. 01, 02, 1 und 1 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Art. 5 Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe den Art. 6 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe den Art. 6 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe Art. 6 b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe Art. 6 c auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 7 § 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Enthaltungen angenommen.
Ich rufe Art. 7 § 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 7 § 3 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen angenommen.
Wir stimmen ab über Einleitung und Überschrift. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Einstimmig angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Anzahl Gegenstimmen in dritter Lesung angenommen.
Meine Damen und Herren, es ist noch über drei Beschlußempfehlungen des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/975 unter Nr. 2, den Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 9/192 und den Gesetzentwurf des Abgeordneten Hauser ({0}), weiterer Abgeordneter der CDU/CSU und der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 9/199 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Ablehnung ist beschlossen.
Der Ausschuß empfiehlt ferner auf Drucksache 9/975 unter Nr. 3, den Vierten Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Drucksache 8/4479 - zur Kenntnis zu nehmen. - Das hat das Haus hiermit getan.
Der Ausschuß empfiehlt außerdem auf Drucksache 9/975 unter Nr. 4 die Annahme einer Entschließung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das war einstimmig. Damit haben wir die dritte Lesung abgeschlossen.
Wir fahren in den Beratungen fort. Ich rufe das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz - Tagesordnungspunkt 8 - und das Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz sowie den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Reichsversicherungsordnung und des Krankenhausfinanzierungsgesetzes - Tagesordnungspunkt 9 - auf. Das Wort hat der Abgeordnete Höpfinger.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie angekündigt, kommt jetzt das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz zur Sprache. Ehe ich aber darauf eingehe, möchte ich unserem Kollegen Lutz eine Antwort geben. Er hat in seinen Ausführungen darauf hingewiesen, die CDU/CSU habe zwar mitgearbeitet, sie habe nichts blockiert, aber es sei zu fragen: Was hat sie eingebracht? Nun muß man einmal die Frage stellen: Was kann eine Opposition in die Beratungen einbringen? Das ist zunächst einmal die Fragestellung; das ist die Anregung. Dann ist es eine Vielzahl von Anträgen. Ich möchte doch den Kollegen Lutz fragen, ob er einmal gezählt hat, wie viele Änderungsanträge die CDU/CSU-Fraktion bei den Beratungen im Ausschuß eingebracht hat und wie viele die Koalition angenommen hat. Wir können doch einreichen, was wir wollen, Sie schmettern ab, ganz gleich, worum es sich handelt.
({0})
- Herr Kollege Jaunich, wenn es wirklich einmal darum geht, daß die Koalition in die Enge kommt und einen Ausweg braucht, dann greift sie sogar auf einen Gedankengang, auf einen Änderungsvorschlag der CDU/CSU zurück wie z. B. bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes usw., aber ohne den Namen zu sagen. Sie verkauft es dann natürlich in ihrem Namen. Das muß in aller Deutlichkeit gesagt werden.
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, allein beim Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz liegen wieder zwölf Änderungsanträge zur zweiten Lesung vor. Der Kollege Lutz hätte also Gelegenheit, jetzt
wenigstens in die Debatte einzusteigen oder diesen Anträgen zuzustimmen. Er soll aber nicht behaupten, wir hätten zur Beratung nichts eingebracht.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, beim Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz möchte ich zunächst einmal vorausschicken: Es trifft sich sehr gut, daß wir in dieser Woche im Deutschen Bundestag die Krankenversicherung, speziell die Kostendämpfung behandeln und daß wir nächste Woche das hundertjährige Bestehen der deutschen Sozialgesetzgebung feiern, die mit der Kaiserlichen Botschaft am 17. November 1881 eingeleitet wurde. Wenn man bedenkt, daß die Krankenversicherung aus dem Jahre 1883 damals 15 % der Bevölkerung einbezog und heute 90 % der Bevölkerung direkt oder indirekt erfaßt sind, wird es verständlich, wieviel Anstrengungen heute erforderlich sind, das gewachsene gegliederte freiheitliche System im Gesundheitswesen zu sichern und eine verantwortungsvolle Gesinnung gegenüber dieser Solidargemeinschaft zu vermitteln.
Ihnen gegenüber, Herr Bundesminister, muß man allerdings den Vorwurf erheben, daß Sie kein Freund des gegliederten freiheitlichen Systems im Gesundheitswesen sind.
({1})
An Ihren Vorlagen - ob Referentenentwurf oder Gesetzentwurf - ist an allen Ecken und Enden die Weichenstellung zur Einheitsversicherung, zur Reglementierung erkennbar.
({2})
Ihnen geht es nicht nur um finanzielle Probleme, Ihnen geht es ums System. Sie handeln als Bundesminister genau nach dem SPD-„Orientierungsrahmen 1975-1985". Im zweiten Entwurf heißt es dort im Abschnitt Gesundheitssicherung unter Ziffer 14:
Um eine umfassende und für alle Bürger gleichmäßige Versorgung zu erreichen, ist das Angebot von Gesundheitsleistungen innerhalb von Regionen auf gesetzlicher Grundlage nach bundeseinheitlichen Kriterien zu planen. Dafür muß der Bund die erforderliche Rahmenkompetenz erhalten.
Solches Denken, Herr Minister, duldet auf Dauer kein gegliedertes System im Gesundheitswesen.
({3})
Föderalismus wird abgeschrieben, Selbstverwaltung außer Kraft gesetzt, Subsidiarität, die besagt, daß der Staat nicht an sich ziehen darf, was kleinere gesellschaftliche Gruppen und Gemeinschaften selbständig in Eigenverantwortung erfüllen können, wird mißachtet. Ihre Wertschätzung gegenüber der Selbstverwaltung ist nicht sehr hoch ausgeprägt. Bei der Einführung in das Gesetz am 28. September haben Sie auf meine Frage, ob es sich beim KVEG nicht um einen Eingriff in die Selbstverwaltung handle, sinngemäß geantwortet: Wenn sich die Selbstverwaltung als unfähig erwiesen hat, das Problem zu lösen, muß der Gesetzgeber entsprechende Maßnahmen ergreifen. - Das ist Ihr Werturteil
über die Selbstverwaltung. Wir haben ein wesentlich positiveres.
({4})
Herr Bundesminister, Sie haben keinen Grund, der Selbstverwaltung im Bereich der Renten- und Krankenversicherung in unserer Zeit weniger Vertrauen entgegenzubringen, als man der Selbstverwaltung vor 100 Jahren bei der Schaffung der Sozialgesetze entgegengebracht hat. In der Kaiserlichen Botschaft steht der Satz:
Der engere Anschluß an die realen Kräfte dieses Volkslebens und das Zusammenfassen der letzteren in der Form kooperativer Genossenschaften unter staatlichem Schutz und staatlicher Förderung werden die Lösung auch von Aufgaben ermöglichen, denen die Staatsgewalt allein in gleichem Umfang nicht gewachsen sein würde.
Damals hat man erkannt: Der Staat allein ist nicht in der Lage, das Problem zu regeln, und hat die Selbstverwaltung eingeführt. Dies ist der Grundgedanke von Selbstverwaltung und Subsidiarität, die Wurzel unseres bewährten Sozialversicherungssystems. Aber es besteht ja noch Hoffnung, Herr Minister.
Ich habe im Bundesarbeitsblatt gelesen, daß Sie in Ihrem Aufsatz die Enzyklika „Laborem exercens", also über die Würde der Arbeit, von Johannes Paul II. zitiert haben. Der Artikel heißt: „Es wurde Zeit". Und ich möchte sagen: Wenn das bei Ihnen jetzt beginnt, dann darf man auch bei Ihnen die Hoffnung nicht aufgeben, daß Sie doch auch noch Subsidiarität und Selbstverwaltung gebührend schätzenlernen.
({5})
Ich komme auf die Solidargemeinschaft zurück. Zum Gedanken der Solidargemeinschaft muß in aller Deutlichkeit gesagt werden: Sie ist kein Automat, in den man oben das Geld einwirft und aus dem man unten die Leistung herauszieht. Solidargemeinschaft ist auch kein anonymes Gebilde, das jeder Beanspruchung gewachsen wäre. Wer die Solidargemeinschaft überfordert, fördert ihre Zerstörung. Die Krankenversicherung ist die Gemeinschaft der Beitragszahler, die in Selbstverwaltung unter Vorgabe gesetzlicher Bestimmungen entscheidet, was zu welchem Beitragssatz möglich ist und was nicht finanziert werden kann. Diese Solidargemeinschaft gewährt dem Versicherten ärztliche Behandlung, Medikamente, Heil- und Hilfsmittel und Gesundheitsvorsorge. Sie sichert den Versicherten vor dem finanziellen Risiko, das mit Krankheit verbunden ist.
Beitragszahler, Anbieter von Gesundheitsleistungen und Versicherte müssen angesichts der Kostenentwicklung immer mehr zu der Erkenntnis kommen, daß die Belastbarkeit der Beitragszahler an der oberen Grenze angekommen und die LeistungsHöpfinger
fähigkeit der Krankenversicherung nicht unbegrenzt ist.
({6})
Schauen wir uns die Kostenentwicklung an, werfen wir einen Blick auf die Zahlen der letzten Jahre: 1972 betrugen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung 35 Milliarden DM, 1981 90 Milliarden DM, gut das Zweieinhalbfache. Die Lohnentwicklung betrug in dieser Zeit 76,3 %.
({7})
Schauen wir uns die Beitragsentwicklung an: 1970 betrug der monatliche Höchstbeitrag 98,40 DM; 1982 wird der monatliche Höchstbeitrag auf 423 DM ansteigen.
Schauen wir uns die Arbeitsunfähigkeitsfälle an: 1950 kamen auf 1 000 Krankenversicherte 450 Arbeitsunfähigkeitsfälle; 1980 kamen auf 1 000 Krankenversicherte 1 007 Arbeitsunfähigkeitsfälle. Frage: Sind wir so krank geworden?
({8})
Dazu die Frage: Was sind die Ursachen dieser Kostenentwicklung?
({9})
Beim Aufzeigen dieser Entwicklung gibt es nicht wenige, deren Blick sich auf eine Gruppe und in die Vergangenheit richtet. Andere meinen, man müsse nur zu früheren Regelungen zurückkehren, dann sei das Problem gelöst. So einfach ist der Sachverhalt nicht.
({10})
- Warum schreien Sie denn immer dazwischen, Herr Jaunich?
({11})
- Herr Kollege Buschfort, ich habe noch 9 Minuten; ich bitte um Entschuldigung. ({12})
Die Gründe für die Kostensteigerungen liegen in folgendem: Die medizinischen Kenntnisse und Möglichkeiten haben sich zugunsten des Menschen enorm entwickelt; sie kosten ihren Preis. Die Medizintechnik ermöglicht eine staunenswerte Anwendung von technischem Gerät; sie kostet ihren Preis. Den Menschen bietet sich die Chance einer höheren Lebenserwartung, doch in den meisten Fällen unter häufiger Beanspruchung des Arztes, des Facharztes, und aller Einrichtungen im Gesundheitswesen; das kostet seinen Preis. Dieser Preis ist in den meisten Fällen weitaus höher als die Summe des Krankenversicherungsbeitrags und der Verordnungsgebühr. Wann wird der Versicherte einmal als mündiger Bürger behandelt, dem man wenigstens sagt, was Kranksein und Wiedergenesung kosten?
Ferner darf das Ansteigen der Zahl der Ärzte und Zahnärzte nicht übersehen werden.
({13})
1977 hatte wir 125 274 Ärzte, 1979 waren es 135 711. Das ist eine Zunahme von 10 437 Ärzten in zwei Jahren. Bei den Zahnärzten haben wir eine Zunahme um 837. Bei gleichbleibender Bevölkerung von 61,5 Millionen Einwohnern hat die zahlenmäßige Zunahme der Ärzte und Zahnärzte eine enorme Bedeutung für die Einkommenssituation und natürlich auch für die Kostenentwicklung. Wenn heute die Debatte über das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz abgeschlossen wird, geht morgen die Diskussion über die Probleme der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen weiter. Meines Erachtens sind alle Vorschläge, die in diese Diskussion eingebracht werden, prüfenswert, damit keine Chance zur wirklichen Kostendämpfung versäumt wird.
Bringt nun das KVEG eine Kostendämpfung? Wir meinen, dieses Gesetzesvorhaben ist nicht geeignet, die Finanzierungsprobleme der Krankenversicherung zu lösen. Diesem Gesetz dürfte nicht einmal ein vorübergehender Erfolg beschieden sein. Wir lehnen dieses Gesetz ab, weil es eine Reihe von systemverändernden Maßnahmen enthält, die schrittweise zur Einheitsversicherung führen. Wir lehnen es ab, weil es Ungerechtigkeiten enthält. Frau Kollegin Lepsius hat vorhin so sehr für die Frauen gesprochen. Ich frage mich, warum bei der Beratung über den Krankenhausaufenthalt bei Entbindung Sie alle mit dafür gestimmt haben, daß die Dauer von zehn auf sechs Tage herabgesetzt worden ist.
({14})
Die Ansätze zur Systemveränderung sehen wir in Folgendem: Umgestaltung der Finanzierung der Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen, die Deckelverordnung bei den Ausgaben für Kuren - das ist eine Einengung der Selbstverwaltung, eine Beschneidung ihrer Rechte -, Ausweitung der teilstationären Krankenhauspflege. Die Befürchtung, daß es sich hier erneut um einen Einstieg zur vorstationären Diagnostik und nachstationären Behandlung handelt, konnte nicht beseitigt werden. Ich nenne weiter die Synchronisierung der Zeiträume der Empfehlungen der Konzertierten Aktion. Diese Regelung ist ordnungspolitisch verfehlt. Die freie Entscheidung der Vertragspartner wird hier verletzt. Ich erwähne ferner die Höchstbetragsregelung für Heilmittel; auch hier wieder staatliche Zwangsmaßnahmen. Ich führe weiter an die einheitlichen Verzeichnisse für zahntechnische Leistungen, die Vereinbarung über Heilmittelhöchstbeträge. Hier hat der Zentralverband des deutschen Handwerks darauf hingewiesen, daß allein fünf Gesundheitshandwerke mit 13 000 Betrieben und 92 000 Beschäftigten betroffen sind und daß diese Regelung sozial unausgewogen ist. Mit den Vertretern der Gesundheitshandwerke hat man vor der Entwurfserstellung keinen Kontakt aufgenommen, nicht einmal gesprochen, sondern einfach verfügt. Man stelle sich vor, der Herr Bundeskanzler hätte beim gestrigen Gespräch mit den Vertretern der Wirtschaft und der
Gewerkschaften gesagt: Meine Herren, die Tarifregelung 1981 wird durch Gesetz bis 1983 festgeschrieben. Da wäre wohl ein ungläubiges Staunen, ein Aufschrei der Entrüstung oder ein schallendes Gelächter die Antwort gewesen. Aber im Gesundheitswesen wird von dieser Regierung so verfahren.
({15})
Zu Ihrer Vorlage sage ich nein, das ist nicht unser Weg. Irrwege, die Sie gehen, wollen wir nicht beschreiten. Das alles sind die Gründe, die uns bewogen haben, dieses Gesetz abzulehnen.
({16})
Das Wort hat der Abgeordnete Egert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gehört zu den Merkwürdigkeiten dieses Tages, daß wir allerhand Unterschiedliches in einer verbundenen Debatte behandeln, so also auch jetzt unter diesem Tagesordnungspunkt das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz, zu dem der Herr Kollege Höpfinger hier Ausführungen gemacht hat, und das Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz. Ich will mich bei meinen Ausführungen auf das Kostendämpfungs-Ergängzungsgesetz konzentrieren, weil ich die Wiederholung von Ausführungen zum Thema Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht bis zum Exzeß treiben will; das kann man dann in den entsprechenden Protokollen nachlesen. Ich will nur zu dem, was da neu ist, ein paar Bemerkungen machen.
Aber zu den weiteren Merkwürdigkeiten gehört, daß die Vielfältigkeit des Angebotes dieses Tages dazu führt, daß uns die Vorstellungen der Opposition in ihrer ganzen Fülle und Breite vorgeführt wurden, daß uns der Kollege George sagt, Eugen Loderer sagt über euch, ihr Sozialdemokraten habt euer Gesicht verloren, daß der Kollege Höpfinger sagt, ihr Sozialdemokraten steht gemeinschaftlich mit den Freien Demokraten beim KostendämpfungsErgänzungsgesetz schon mit einem Bein im Sozialismus. Wer soll denn das nun wirklich noch ernst nehmen? Es tut mir leid. Dies ist Teil eines Kabaretts.
({0})
Ich will Ihnen ein Geheimnis verraten, damit das vielleicht aufhört. Die Kollegen dort, mit denen wir in der Sache hart und vernünftig zusammenzuarbeiten versuchen, auch bei den Problemen im Gesundheitswesen, würden uns den Sozialismus, den Sie uns immer nachsagen, gar nicht machen lassen, selbst wenn wir es wollten. Das ist nun einmal so zwischen Koalitionsparteien.
({1})
Aber Sie sollten dann auch nicht ständig mit dem
Dreschflegel kommen und versuchen, uns mit dieser
Art Teufeleien und Horrorgemälden Angst zu machen.
({2})
Ich halte das nun wirklich für zuviel Zeitverschwendung, als daß wir uns mit diesem Begriff der Systemveränderung ernsthaft auseinandersetzen müßten.
({3})
Was wir müssen, ist, darüber zu reden, was Sie an Alternativen angeboten haben. Sie haben meinem Kollegen Lutz im Nachklappen zu seinem Beitrag zum AFKG vorgerechnet, daß hier eine Zahl von Änderungsanträgen vorliegt, und Sie hätten tun können, was Sie wollten, in dem Ausschuß sei das alles nicht auf Gegenliebe gestoßen.
Nun ist es so - trotz des marxistischen Hintergrundes, den Sie bei uns vermuten -, daß nicht jede Quantität in eine neue Qualität umschlägt. Sie haben uns im Ausschuß wirklich dreizehn Änderungsanträge vorgelegt. Es fängt damit an, daß in Art. 1 Nr. 2 gestrichen wird. Dreizehnmal steht hier dieses Wort „gestrichen". Gestrichen wird. Das ist ein Streichorchester. Das ist keine Opposition. Das ist ein Streichorchester. Da wird nicht gesagt, was an die Stelle kommen soll. Dies sind wahrscheinlich die geheimnisvollen Wege zum Sozialismus, die Sie nicht mitgehen wollen. Deswegen wird alles gestrichen, aber keine Alternative angeboten. Insofern - es tut mir leid, Kollege Höpfinger - haben Sie auch bei diesem Thema das Ziel der Klasse verfehlt.
({4})
So ist das bei Ihren Änderungsanträgen. Da hilft es auch nicht, die Streichungsanträge hier in zweiter Lesung erneut zur Abstimmung zu stellen. Wir können natürlich aus diesem Parlament einen Ausschuß machen. Das machen wir. Geduldig, wie wir sind, halten wir das alle miteinander aus. Nur führt das in der Sache wirklich an keinem Punkt weiter.
Dann hat der Herr Kollege Höpfinger gefragt: Wie haltet ihr es denn mit der Selbstverwaltung? Das ist ein wichtiger Punkt. Das nehmen wir ernst. Nur habe ich bei diesem Punkt Selbstverwaltung unabhängig von allen sinnvollen Sonntagsdiskussionen oder Feiertagsreden, die man da führen kann, ein Problem. Bei mir nimmt die Überzeugung hinsichtlich der Kraft der Selbstverwaltung, die alles schon richten wird, ab. Ich habe das komische Empfinden, daß die Selbstverwaltung 1977, als ein Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz gemacht wurde, in Abwehr dieses Gesetzes handeln konnte. Komischerweise sind in diesem Gesetzentwurf Teilregelungen dieses Gesetzes im Wege der freien Vereinbarung möglich. Da muß doch etwas mit diesem gesetzlichen Flankenschutz und dem Funktionieren der Selbstverwaltung zusammenhängen.
({5})
Dies scheint doch offenbar so zu sein. Das sagt nichts gegen die Selbstverwaltung, aber es sagt viel darüber, daß sie offensichtlich unserer Hilfe bedarf.
Wenn wir dann weitergehen mit dem, was Sie hier gesagt haben, kommen wir zu dem Stichwort Einheitsversicherung. Dann haben Sie ein Szenario gezeichnet, wie sich die Kosten im Gesundheitswesen entwickeln. Das halte ich wirklich für ein beachtliches Szenario. Es ist wirklich gravierend, zu sehen, daß 90 Milliarden DM jetzt - und die 100 Milliardenschwelle ist da nicht weit weg - im Gesundheitswesen ausgegeben werden. Man fragt sich, ob das noch in einem Verhältnis zu dem Ertrag steht, das das rechtfertigt.
Dann sprechen Sie von den Zahnärzten. Meinen Sie denn, daß es problematisch ist, daß die Zahnarztdichte zugenommen hat? Wenn sie meinen, daß es problematisch ist, daß die Zahnarztdichte in der Behandlung der Menschen in diesem Lande zugenommen hat, dann müssen Sie es sagen. Wenn Sie meinen, daß sich die Einkommen dort exorbitant auseinanderentwickelt haben, dann können Sie bei uns auch Beifall finden.
Wir meinen allerdings auch, daß Gesundheit zwar einen hohen Preis verdient, aber nicht jeden Preis.
Es gehört auch zu den Merkwürdigkeiten dieser Spardiskussion, daß hier über KostendämpfungsErgänzungsgesetz, über Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetze geredet wird. Man fragt, wo da der unmittelbare Bezug zum Etat 1982 ist. Ein mittelbarer Bezug ist schon da. Wenn wir Kostendämpfung durchsetzen wollen, wollen wir - so banal ist das - die Portemonnaies unserer Versicherten ein Stück weit davor schützen, daß sie durch diese Art Gesundheitsbetriebe ausgeplündert werden.
({6})
Das sage ich hier, obwohl ich beim letzenmal getadelt worden bin. - Nun lassen Sie mich einmal weitermachen.
Nun sind wir bei dem Einkommen angelangt. Es gibt eine öffentliche Diskussion, und ich verstehe, daß alle Interessengruppen - das ist legitim - mit uns um ihre Einkommen rangeln und sagen, sie wollten von ihrem Status natürlich nichts weggenommen bekommen. Nur gilt das, mit Verlaub, auch für die Vielzahl der Arbeitnehmer, die dieses Unternehmen finanzieren. Denen muten wir zu, daß sie jetzt reale Einkommenseinbußen hinnehmen müssen. Wenn wir in der Ärzteschaft über die Frage der Einkommenszuwächse reden, dann geht es um die Begrenzung auf hohem Niveau. Dies muß man einmal zusammenbringen. Dies gehört zu der Frage der sozialen Ausgewogenheit, und da müssen Sie mit Position zeigen. Wir möchten da gerne von Ihnen wissen, ob Sie in dieser Diskussion an der Seite derer stehen, die sagen: Es ist zumutbar, daß auch andere bei ihren Einkommen aus dem Gesundheitsbetrieb, der im Prinzip auch existenziell abgesicherte Arbeitsplätze bietet; jedenfalls gibt es da ganz wenige „Pleiten". Wir möchten wissen, ob Sie an der Seite derer stehen, die also da ihr Geschäft machen, im Vergleich zu denen, die dieses Unternehmen bezahlen müssen, ob es hier also wirklich finanzielle Unzumutbarkeiten gibt.
Lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zu dem machen, was uns nun wichtig erscheint. Einmal ist wichtig - und das hat etwas mit unserem Verständnis von Selbstverwaltung zu tun; deswegen ist das auch in den Ausschußberatungen geschehen -, daß wir, nachdem wir die Erklärung hatten, daß es zu einem freiwilligen Stillhalten der Betroffenen kommen wird, bei den Honoraren bis zum 31. Dezember 1982 auf eine gesetzliche Regelung verzichtet haben. Bei diesem Verzicht ist uns nicht so sehr bewußt gewesen, - das bekenne ich freimütig für mich -, daß das für die Zahnärzte bedeutet, daß sie vom 30. Juni 1982 bis zum 31. Dezember 1982, also ein halbes Jahr stillhalten sollen, während die Ärzteschaft vom 30. Juni 1981 bis zum 31. Dezember 1982 stillhalten soll; das sind anderthalb Jahre. Ich verstehe es gut, wenn die RVO-Kassen hingehen und sagen, sie gäben sich mit diesem halben Jahr nicht zufrieden, und deswegen dort mit den Zahnärzten noch nicht, salopp gesagt, zu Potte gekommen sind. Ich verstehe das gut. Ich würde ihnen auch ausdrücklich die Unterstützung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion bei diesem Streit und bei den Verhandlungen aussprechen.
({7})
Nun hat es eine zweite Erklärung gegeben. Sie hat in der Vornehmheit, mit der der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie mit uns umgeht, auf stillen Wegen das Ministerium erreicht. Sie besagt, daß auch ein Preisappell mit einem Blick auf die pharmazeutische Industrie stattfinden soll und daß dieser Preisappell den Beitrag zur Kostendämpfung bringen soll, mit dem sich die pharmazeutischen Unternehmen beteiligen wollen. Nun ist der Appell in sich etwas problematisch, weil er sozusagen die Ergebnisse des Appels, die Wirksamkeit selbst relativiert, indem er sagt: Wir können natürlich nicht für jede unserer Mitgliedsfirmen verbindliche Erklärungen abgeben. Das verstehe ich. Das ist beim Verband so. Nur frage ich, ob nicht auch die pharmazeutische Industrie bei einem garantierten inländischen Umsatz von fast 84 % zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen - auf Grund kassenärztlicher Verordnungen, um das gleich dazuzusagen - einen höheren Beitrag zur Kostendämpfung leisten kann; denn sie können gleichzeitig 15 % für Absatzförderung ausgeben, ohne auch nur eine Mark weniger Gewinn zu erzielen.
({8})
Zu dem Appell noch eine skeptische Fußnote. Wir haben diesen Appell seit dem Frühjahr dieses Jahres. Wir haben seit dem Frühjahr dieses Jahres im Apothekenangebot - es sind ungefähr 85 000 Artikel, die das umfaßt - eine Erhöhung bei 38 600 Artikeln, wie mir der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Apotheker auf Anfrage bestätigt hat.
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Dies gilt bis zum 15. Oktober 1981. Ich mache ein Fragezeichen, ob das trägt. Aber ich sage gleichzeitig dazu: Wenn das nicht trägt, dann ist dieses Thema für die sozialdemokratische Bundestagsfrak3758
tion nicht vom Tisch, sondern dann müssen wir hier zu anderen Lösungen kommen, die wir mit unseren Kollegen und Koalitionspartnern bei der FDP zu finden versuchen wollen.
({10})
Diese Anforderung ist um so legitimer, weil die Apotheker
({11})
und die Versicherten mit der Rezeptblattgebühr bzw. beim Arzneimittelmarktgesetz ihre Beiträge zur Kostendämpfung bereits erbracht haben. Ich verhehle nicht, daß wir von daher als Fraktion mit daran gewirkt haben, daß die Vorschrift, die da vorsah, den Apotheken weiterhin die Verpflichtung von 2 % Kassenrabatt aufzuerlegen, in diesem Gesetz nicht wieder auftaucht, weil wir finden, daß da andere sind, die ursächlich Preise gestalten, und daß diese erst einmal mit in die Diskussion kommen müssen, bevor wir die, die ihre Leistung schon erbracht haben, auf diesem Wege wieder in die Pflicht nehmen.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu der Diskussion über die Gesetzentwürfe sagen, die vorliegen, nämlich einmal Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz und zum anderen Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz und den Ergänzungen, die - Herr Kollege Höpfinger hat es auch gesagt - begrenzte Lösungsmöglichkeiten beinhalten. Ich sage: Das ist richtig. Wir wissen, daß Ursachen, die für die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen maßgebend sind, mit einer kurzfristig wirksamen gesetzlichen Regelung nicht beeinflußt werden können. Das gilt insbesondere für pauschale Begrenzungsregelungen. Wenn wir dennoch zu diesen Begrenzungsregelungen gekommen sind, dann mit der Absicht, daß wir für strukturelle Veränderungen, die von den Symptomen zu den Ursachen der fehlsamen Kostenentwicklung im Gesundheitswesen vorstoßen, Zeit gewinnen. Eines ist diesen Deckungsbemühungen nämlich gemein. Sie wirken kurzfristig, sie wirken schnell, und sie bieten im positiven Sinn die Chance, daß sie zum konstruktiven Nachdenken bei den Betroffenen führen können, dahin gegend, sich selber Gedanken darüber zu machen, wie man den strukturellen Fehlentwicklungen besser zu Leibe rücken kann.
Nun gibt es eine öffentliche Diskussion. Im Ausschuß ist von der Opposition, als die magischen Worte „Eigenbeteiligung", „Selbstbeteiligung" fielen, bis zum Exzeß versucht worden, die Frage überzustrapazieren, ob man 1,50 DM nimmt oder nicht. Wir werden Ihnen auf diesen Leim nicht gehen. Wir werden insbesondere nicht zulassen, daß sich die Diskussion um ein notwendiges Strukturgesetz etwa auf diese Frage der Selbstbeteiligung verkürzt. Das tun wir u. a. deshalb nicht, weil wir der Auffassung sind, es nicht vertreten zu können, den Versicherten - die zahlen nämlich ihren Beitrag dafür, daß sie durch das Gesundheitssystem versorgt werden - durch die Selbstbeteiligung an den Krankheitskosten zusätzliche Lasten aufzuerlegen. Wir hätten im Endeffekt nichts erreicht. Wir hätten lediglich eine Form der Belastung durch eine andere ausgetauscht. Da wir das Ziel haben, zusätzliche Lasten zu verhindern - das ist eine der Zielsetzungen des Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetzes und des Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes -, wäre dies keine glaubwürdige Politik. Hinzu kommt, daß dieser Austausch der Belastungsformen sozial ungerecht und gesundheitspolitisch äußerst fragwürdig ist.
Die Belastung durch steigende Krankenversicherungsbeiträge trifft alle Versicherten. Die Belastung durch die Einführung der Selbstbeteiligung trifft aber nur einen Teil der Versicherten, und zwar diejenigen, die durch ihre Krankheit Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch nehmen müssen. Das wäre ein Verstoß - so sehen wir Sozialdemokraten das - gegen das Prinzip der Solidarität. Dieses Prinzip besagt doch für die Krankenversicherung zuallererst, daß Gesunde für die Kranken mit sorgen, und es besagt nicht, daß zuallererst die Kranken für sich selbst sorgen müssen.
({12})
Ein solcher Belastungsaustausch hat eine weitere fragwürdige Wirkung. Während die Belastung durch steigende Krankenversicherungsbeiträge zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen würde, wirkt sich die Belastung durch eine Selbstbeteiligung ausschließlich bei den Arbeitnehmern aus. Es ist doch auch ein Prinzip unserer sozialen Krankenversicherung - beginnend mit der Kaiserlichen Botschaft vor 100 Jahren -, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam Solidarität üben. Es kann nicht unser Ziel sein, ein Schlupfloch zu eröffnen, über das sich eine Seite aus dieser Solidarität entfernt.
Wir richten - ich habe das gesagt - an ein Strukturgesetz mehr Anforderungen, als ausschließlich die Selbstbeteiligung einzuführen. Aus unserer Sicht könnte ein solches Gesetzesvorhaben, das sich auf diese Aufgabe beschränkt, getrost zur Seite gelegt werden.
Erlauben Sie mir zum Abschluß noch ein Wort an die Adresse des Bundesrats, dessen Mitwirkung beim Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz unabdingbar notwendig ist. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion appelliert an den Bundesrat, diesen dritten Novellierungsversuch des Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes nicht abermals scheitern zu lassen.
({13})
Wir brauchen eine gesetzlich abgesicherte Kostendämpfung auch im Krankenhausbereich. Wir brauchen mehr Mitwirkung der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung im Krankenhauswesen. Wir brauchen eine Einbeziehung des Krankenhaussektors in die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Wie wollen wir denn Kostenstabilität im Gesundheitswesen erreichen, wenn ständig ein wesentlicher Sektor des Gesundheitswesens von Kostendämpfungsbemühungen ausgenommen werden soll?
({14})
Wir appellieren deshalb nochmals eindringlich an
das Verantwortungsbewußtsein aller Mitglieder des Bundesrats.
Wir Sozialdemokraten werden beiden Gesetzesvorhaben zustimmen. Die Änderungsanträge der Opposition - Sie haben sie zu Beginn hier gezeigt, 13 Stück an der Zahl - werden wir wie bereits im federführenden Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung in zweiter Lesung ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Geduld.
({15})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jagoda.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen sie mich, bevor ich zum Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz einige Ausführungen mache, auf den Kollegen Egert zu sprechen kommen. Herr Kollege Egert, ich hatte weder im Ausschuß noch hier im Parlament den Eindruck, daß es sich bei diesen Kostendämpfungsgesetzen um ein Kabarett handelt.
({0})
Ich bin mit den vielen Bürgern in unserem Lande der Auffassung, daß dies ein Trauerspiel ist, weil diejenigen, die zahlen müssen, draußen unsere Bürger sind.
({1})
Ich glaube, Sie haben die Überschrift der letzten Regierungserklärung des Bundeskanzlers, die ja lautete „Mut zur Zukunft", wörtlich genommen, als Sie hier den Satz gesagt haben, daß diese Gesetze die Versicherten vor der Ausplünderung schützen sollen.
({2})
- Ja, gut. Wir können ja gern darüber diskutieren. Ich bin der Auffassung, gerade umgekehrt ist es der Fall. Denn Sie haben in den letzten Jahren die DreiStufen-Theorie angewandt. Die erste Stufe lautete: Staatskasse leeren, die zweite: die Versicherungskassen abschmelzen. An der dritten sind Sie jetzt, weil alles andere nicht mehr hilft: ins Portemonnaie der Bürger zu greifen, und zwar im Übermaß.
({3})
Sie gehen nach dem Motto: Den sozialen Korb hängen wir höher, und die Preise für die Besichtigung erhöhen wir ebenfalls. Das kann nicht Sinn einer seriösen Sozialpolitik sein.
Schon bei der ersten Lesung zum Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz habe ich für meine Fraktion zum Ausdruck gebracht, daß die Regierungsvorlage eines Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes gar nicht den Namen „Kostendämpfung" verdiene, weil die Vorlage keine wirkungsvollen Steuerungselemente aufweise, die die gewünschte und sicherlich auch erforderliche Kostendämpfung herbeiführen könnten.
({4})
- Na j a, wenn ich in die Staatskasse und in all die anderen Kassen gucke, muß ich sagen: Die sozialliberale Koalition hat mit allen Voraussagen immer Schiffbruch erlitten, nicht wir.
Zwar erweckte der Bundesarbeitsminister in seinem Redebeitrag in der ersten Lesung den Eindruck
- ich erinnere daran, daß er den bildlichen Vergleich mit dem zugeschnittenen Schuhleder wählte, das man in den Ausschußberatungen noch nähen müsse -, und nährte in diesem Beitrag die Hoffnung, daß in der Beratungsphase noch entscheidende Verbesserungen möglich seien. Ich muß aber hier in aller Offenheit folgendes bekennen - ich beziehe nicht nur die Ausschußberatungen, sondern auch die Anhörung der Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung von 30. September 1981 ausdrücklich mit ein - : Hier haben wir deutlich und stark gemerkt, daß die Regierung und auch die Koalitionsfraktionen nicht bereit waren, nötige Verbesserungen und Ergänzungen zuzulassen. Es ist einfach Chronistenpflicht, darauf hinzuweisen, daß alle Anträge der Opposition abgelehnt wurden.
({5})
- Apropos Streichungsanträge! Herr Kollege Egert, hören Sie mal: Wenn Sie ein Gesetz vorlegen, das schlecht ist, dann ist mit „Streichungsanträgen" gemeint, daß die schlechten Formulierungen gestrichen werden, weil die alten besser waren.
({6})
Tun Sie doch nicht so und erwecken Sie hier doch nicht den Eindruck, als hätten wir nur „Streichungsanträge" gestellt. Dann geben Sie zumindest die Diskussion im Ausschuß nicht richtig wieder.
Ich möchte weiter ausführen: Die Auswertung der öffentlichen Anhörung beweist sehr deutlich, daß der Inhalt unserer Anträge mit der Meinung der überwiegenden Mehrheit der Experten, die während der Anhörung geäußert wurde, übereinstimmt.
Wenn es Ihnen schon schwerfällt, Anträge der Opposition zu übernehmen, so haben wir im stillen gehofft, daß Sie wenigstens den Experten - ({7})
- Also wissen Sie: Bei ihnen ist jemand immer dann ein Interessenvertreter, wenn er etwas Wahres sagt, was Ihnen nicht paßt; wer Ihnen etwas sagt, was Ihnen paßt, ist für Sie immer ein Experte.
({8})
So gehen wir mit den Experten nicht um, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD. Ich will nur sagen: Wir hatten gehofft, daß Sie wenigstens über die Brücken, die von den Experten geschlagen worden sind, gehen und diese Chancen nutzen. Ich stelle fest: Es ist leider nicht geschehen.
({9})
Aber hier ist nicht nur noch einmal zu erwähnen, daß Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, unsere Anträge abgelehnt haben, sondern auch, daß Sie im Laufe der Verhandlungen - und ich sage Ihnen: aus taktischen Erwägungen 3760
die Regierungsvorlage mit zusätzlichen Elementen befrachtet haben, um die Zustimmung der Opposition oder des ganzen Hauses unmöglich zu machen.
Ich bedaure dies außerordentlich, und zwar um der Sache willen. Egal, welcher Fraktion man angehört: Jeder, der eine dauerhafte Lösung für eine voll ausreichende und finanzierbare Krankenhausversorgung für unsere Bürger garantieren will, muß jetzt mit allen Beteiligten - und da kann man aufzählen vom Bund über die Länder, Kommunen, Krankenhausträger, Ärzte, Pflegepersonal und und und bis hin zu den Bürgern - eine Allianz schließen, die darauf hinzielt, daß auch in Zukunft das medizinisch Nötige und Mögliche auf Dauer garantiert bleibt.
Die von Ihnen im Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz durchgesetzen Maßnahmen und Regelungen sind überwiegend nicht geeignet, die hohen Kosten der stationären Behandlung, die zur Zeit 30 % der Gesamtausgaben im Gesundheitsbereich, nämlich 30 Milliarden DM, betragen, wirkungsvoll zu verringern bzw. zu bremsen.
Die jetzt in der zweiten und dritten Lesung vorliegende Fassung des Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes trägt dazu nicht ausreichend bei. Ja diese Vorlage birgt in sich bereits die Notwendigkeit weiterer Kostendämpungsgesetze in sehr naher Zukunft.
({10})
Wir unternehmen heute noch einmal den Versuch, Regierung und Koalition wenigstens für die wichtigsten unserer Änderungsanträge zu gewinnen. Deshalb liegen Ihnen heute die Anträge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erneut als Drucksachen vor.
Sie betreffen im wesentlichen die Regelung zur Finanzierung der mit den Krankenhäusern verbundenen Ausbildungsstätten, die Streichung der Festlegung des Höchstbetrags für die Kosten des medizinischen Bedarfs, die Ablehnung der stärkeren Einbindung des Krankenhauswesens in die Konzertierte Aktion
({11})
und die Streichung der zeitweiligen Pflegesatzbegrenzung.
Zur Finanzierung der mit den Krankenhäusern verbundenen Ausbildungsstätten wäre wenigstens der vom Bundesrat im Gesetz zur Änderung der Reichsversicherungsordnung und des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Drucksache 9/571 vom 12. Juni 1981 enthaltene Kompromiß, der die jetzige Regelung verlängert, anzustreben.
({12})
- Ich zitiere nur die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die gewiß nicht im Verdacht steht, ein Hilf s-organ der Opposition zu sein. Sie weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, daß mit dieser Regelung 85 000 Ausbildungsplätze an 1 600 Krankenhäusern gefährdet würden. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein,
({13}) wenn Sie selber bei diesem Gesetz ein wenig später den Antrag einbringen, das Krankenhauspersonal durch Umschulung zu vermehren, weil Sie es dringend brauchen.
Ihr Versuch, einen Höchstbetrag für die Kosten des medizinischen Bedarfs in Krankenhäusern einzuführen, stößt nicht nur bei der Opposition auf Widerstand. Übereinstimmend haben mehrere Organisationen im Rahmen der Anhörung ablehnende Stellungnahmen abgegeben. Sowohl der Marburger Bund als auch die Bundesärztekammer - um hier nur zwei zu nennen - haben die Festlegung eines Höchstbetrags für den medizinischen Bedarf des Krankenhauses als unrealistisch bezeichnet und abgelehnt.
({14})
Sie streben ferner eine stärkere Einbindung des Krankenhauswesens in die Konzertierte Aktion gemäß § 405 a RVO an und versprechen sich von dieser Maßnahme eine kostendämpfende Wirkung. Die CDU/CSU ist der Auffassung, daß eine stärkere Einbindung des Krankenhauswesens in die Konzertierte Aktion schlichtweg mit der Beibehaltung des Grundsatzes der Selbstkostendeckung, den Sie ja in diesem Gesetz noch einmal bekräftigen und festschreiben, unvereinbar ist.
({15})
Pflegesatzverhandlungen, in denen man den Empfehlungen der Konzertierten Aktion oder gar einer Deckelverordnung, wie Sie es mit der zeitweiligen Pflegesatzbegrenzung für die nächsten zwei Jahre vorhaben, folgt oder folgen muß, bewirken zwangsläufig nicht kostendeckende Pflegesätze. Eine Unterdeckung bei den Pflegesätzen bringt die Krankenhäuser in eine defizitäre Lage, die dann vom Krankenhausträger bzw. dem Gewährleistungsträger abgedeckt werden muß, soweit dieser dazu überhaupt in der Lage ist.
Es ist zu fragen, ob insbesondere frei gemeinnützige und private Träger die dann entstehenden Defizite überhaupt auffangen können. Krankenhausschließungen, j a, Konkurse von Krankenhäusern sind nicht auszuschließen.
({16})
- Den Konkurs der Regierung hätten wir schon mehrfach anmelden müssen, wenn wir die Tatbestände vergleichen. Ich hoffe, daß es nicht Schule macht und auf andere Bereiche übergreift. Deswegen spreche ich hier.
Ist dies etwa der Wille von SPD und FDP? Meine Damen und Herren, wollen Sie eventuell so den Bettenberg abbauen und die Überkapazität bei den Krankenhausbetten reduzieren?
Bei der Finanzsituation der Komunen, wie sie sich heute darstellt, ist es ebenfalls sehr zweifelhaft, ob entstehende Defizite in den Kommunalhaushalten überhaupt untergebracht werden können. Wenn Sie diesen Weg konsequent fortführen, gefährden Sie die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser. Dann leiten Sie mittelfristig eine Strukturveränderung des Krankenhauswesens zu Lasten der frei gemeinJagoda
nützigen und privaten Träger ein. Sie werfen das deutsche Krankenhaus wieder zurück in die Situation, wie sie im Jahre 1972 und davor bestanden hat. Die damalige Situation, gekennzeichnet durch hohe Defizite der Krankenhausträger,
({17})
ist es doch gewesen, die zur Verabschiedung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes geführt hat.
({18})
Ihr Vorhaben, die Pflegesatzsteigerungen für die Jahre 1982 und 1983 an die Entwicklung der Grundlohnsumme zu koppeln, verstößt ganz massiv gegen den gesetzlich garantierten Anspruch der Krankenhäuser auf Deckung der Selbstkosten. Wenn Sie auf Ihrer Meinung beharren und diesen Vorschlag zum Gesetz erheben, dann setzen Sie endgültig das Selbstkostendeckungsprinzip außer Kraft und üben einen enteignungsgleichen Eingriff in das Vermögen der Krankenhausträger aus.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat in ihrem Schreiben vom 6. November 1981 an alle Mitglieder dieses Hauses noch einmal nicht nur für die Ablehnung plädiert, sondern auch darauf hingewiesen, daß, wenn dies Gesetz wird, mit einer Verfassungklage der Krankenhäuser zu rechnen sei.
Ihr Vorhaben der Begrenzung der Pflegesätze ist widersprüchlich. Der größte Kostenfaktor im Krankenhaus sind die Personalkosten. Sie betragen 75 % der Pflegesätze. Glauben Sie denn ernstlich, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, daß sich die Tarifpartner bei ihren Tarifverhandlungen den Empfehlungen der Konzertierten Aktion unterwerfen werden oder gar auf Deckelverordnungen Rücksicht nehmen?
Ich wiederhole für meine Fraktion: Empfehlungen der Konzertierten Aktion und die Orientierung der Pflegesätze an den Einnahmen der Krankenkassen sind unvereinbar mit dem Grundsatz der Selbstkostendeckung und der Autonomie der Tarifpartner.
Die Problematik des § 405a RVO allein wäre geeignet, dieses Gesetz abzulehnen. SPD und FDP haben aber in Änderungsanträgen eine gewichtige und ordnungspolitisch höchst bedenkliche zusätzliche Regelung in die Beratungen eingebracht und durchgesetzt, die uns die Annahme des Gesetzes völlig unmöglich macht. Wir dürfen die Selbstverwaltung im Krankenhaus nicht außer Kraft setzen.
({19})
Nichts anderes aber bedeutet die zusätzliche Regelung von SPD und FDP, als die Krankenhausträger und Krankenkassen zu entmachten. Ihre Vertragshoheit bei der Verhandlung der Pflegesätze wird aufgehoben.
({20})
Die CDU/CSU kann diesen Regelungen deshalb nicht zustimmen.
Mit Ihrem Antrag auf Drucksache 9/1024 streben Sie eine Erweiterung des von Ihnen in den Ausschußverhandlungen vorgetragenen Art. 6 a an. Ich darf für meine Fraktion dazu nur kurz erklären: Wir haben uns im Ausschuß der Stimme enthalten, weil wir Ihnen deutlich machen wollten, daß die dort aufgeführten Berufsbezeichnungen nicht ausreichend sind. Ich räume ein, daß Sie den Katalog erweitert haben. Aber auch das ist uns nicht ausreichend, weil Sie mit Ihrem Antrag nur auf die Arbeitslosenzahlen in den medizinischen Berufen zielen, Sie hingegen nicht die Möglichkeit der Umschulung für alle artverwandten Berufe eröffnen.
Sie schreiben in der Begründung Ihres Antrags, daß eine Erweiterung des Katalogs einer gründlichen Beratung bedürfe. Ich hoffe nicht, daß Sie damit eingestehen wollen, die Beratung sei nicht gründlich gewesen. Ich muß feststellen: Für die Beratung des Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetzes war die Zeit ausreichend, und es ist auch gründlich behandelt worden. Ihr Antrag hätte daher, wenn er früher vorgelegt worden wäre, sehr ausführlich beraten werden können.
({21})
- Von Ihren Versprechungen halte ich nicht allzuviel. Sie haben die Möglichkeit, etwas zu ändern, und deshalb sollten Sie diese Chance auch nutzen.
Das Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz liegt uns zum drittenmal zur Beratung vor. Auch dieses Gesetz ist für die CDU/CSU-Fraktion, obwohl wir einer Reihe wichtiger Regelungen in den Ausschußberatungen zugestimmt haben, insgesamt nicht akzeptabel. Durch dieses Gesetz bewirken Sie zwar keine entscheidende Kostendämpfung, wohl aber eine ernsthafte Gefährdung der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser. Ich stelle für die CDU/ CSU-Fraktion fest: Das Ziel Kostendämpfung wird durch dieses Gesetz nicht erreicht. Erreicht werden jedoch Strukturveränderungen im Krankenhauswesen, die uns dem staatlichen Gesundheitsdienst um einige Schritte näher bringen. Vielleicht ist das auch das Ziel, die Absicht der Gesundheitspolitiker der SPD und einiger der FDP. Das ist aber nicht das Ziel der CDU/CSU.
Die CDU/CSU lehnt das Gesetz wegen seiner ordnungspolitisch bedenklichen Regelungen ab.
({22})
- Die Wiederholung ist die Mutter der Wissenschaft. Wenn ich das wiederhole, so hoffe ich, daß auch bei Ihnen irgendwann einmal die Einsicht wächst, d. h. daß Sie Ihre bisherigen Entscheidungen korrigieren.
({23})
Ich wiederhole deshalb: Die CDU/CSU lehnt das Gesetz ab wegen seiner ordnungspolitisch bedenklichen Regelungen, wegen der vielfältigen Eingriffe in die Selbstverwaltung, wegen der zunehmenden Bürokratie im Krankenhaus bei voraussichtlich eintretender Verschlechterung der medizinischen und pflegerischen Betreuung, nicht zuletzt aber wegen der absehbaren Unwirksamkeit im Punkte Kostendämpfung.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
({24})
Das Wort hat Frau Dr. AdamSchwaetzer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu so später Stunde sind wir Sozialpolitiker wieder fast unter uns. Dennoch haben meine Vorredner einige Beiträge gebracht, die man an dieser Stelle wirklich sehr sorgfältig würdigen müßte.
Herr Höpfinger, als ich Ihnen zuhörte, habe ich über weite Strecken gedacht, ich wäre in einer Feierstunde zur Würdigung der hundertjährigen Vergangenheit der Sozialversicherung. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß ich das gar nicht schlecht finde; denn das, was vor 100 Jahren ins Leben gerufen worden ist, nämlich das Prinzip der Versicherung auf Gegenseitigkeit, halte ich für hervorragend. Diesen Gedanken der Solidargemeinschaft sollten wir heute in unserer Gesellschaft wirklich weiterentwickeln und pflegen. Das Bewußtsein dafür kann sicherlich noch mehr geschärft werden. Da finden Sie uns immer auf Ihrer Seite.
({0})
Nur, ich hätte mich doch gefreut, wenn Sie die Gesetzentwürfe, die uns vorliegen - in Ihrem Fall speziell das Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz -, etwas detaillierter gewürdigt hätten. Dann wären wir vielleicht auch gleich darauf gekommen, daß Sie im Grunde tatsächlich nur Streichungen beantragen.
Ich habe das eben einmal durchgezählt. Die CDU/ CSU legt zu diesen beiden Gesetzentwürfen betreffend die Kostendämpfung im ambulanten Bereich und im Krankenhausbereich insgesamt 22 Änderungsanträge vor. Davon haben 19 Anträge die Streichung von Vorschriften zum Inhalt, die zur Kostendämpfung beitragen sollen. Meine Damen und Herren, und da sprechen Sie davon, daß Sie zugunsten der Versicherungen mit uns Kostendämpfung betreiben wollen! Dies ist allerdings ein Widerspruch, den man hier an dieser Stelle auch einmal erwähnen sollte.
({1})
- Ich komme sofort darauf zu sprechen, wieviel insgesamt nach diesem Gesetz die Krankenkassen im nächsten Jahr doch wohl weniger auszugeben haben.
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Mit den anderen Anträgen betreffend die Ausbildung in der Krankenpflege werde ich mich später noch etwas ausführlicher beschäftigen.
Wir sind uns einig, daß Kostendämpfung notwendig ist, und dazu sollen diese beiden Gesetze beitragen. Für uns wäre es unerträglich gewesen, wenn tatsächlich das einträte, was häufig in der Öffentlichkeit behauptet wird, daß nämlich hier nur zu Lasten der Versicherten Kostendämpfung betrieben werden soll. Dies ist nicht der Fall. Und wenn dies der Fall gewesen wäre, hätten wir dies so auch nicht akzeptieren können. Das kann ich für meine Fraktion erklären.
Wichtig erscheint es uns, daß die Leistungserbringer genauso wie auch die Versicherten im nächsten Jahr ihren Beitrag zur Kostendämpfung leisten müssen. Es stimmt zwar, daß weder die Ärzte noch die Zahnärzte noch die pharmazeutische Industrie von diesem Gesetz betroffen sind. Aber, meine Damen und Herren, von allen Fraktionen dieses Hauses wird das Prinzip der Selbstverwaltung so hochgehalten, und deshalb sagen wir: Selbstverwaltung hat Vorrang vor irgendwelchen gesetzlichen Regelungen, und deshalb begrüßen wir, daß im Bereich der Ärzte und der Zahnärzte vertragliche Vereinbarungen getroffen worden sind und noch getroffen werden sollen, die dazu beitragen, daß die Ärzte und Zahnärzte insgesamt mit Sicherheit im nächsten Jahr mehr als 500 Millionen DM an Kostendämpfung in diesem Bereich einbringen werden.
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Der Kollege Egert hat schon darauf hingewiesen, daß vertragliche Vereinbarungen mit dem Bundesverband der pharmazeutischen Industrie natürlich nicht möglich sind. Dennoch, wenn die Zusagen zur Preisstabilität, die hier gegeben worden sind, tatsächlich gehalten werden, und wenn die Ärzte dafür sorgen, daß keine überproportionale Mengenausweitung in diesem Bereich eintritt, dann wird auch hier eine Einsparungssumme von ca. 400 Millionen DM zu verzeichnen sein. Ich hoffe und ich apelliere an die Leistungserbringer, daß dies auch tatsächlich so eintritt,
({4})
denn das ist natürlich für uns auch eine Voraussetzung für die Kostendämpfungsbemühungen insgesamt.
Mit Bedauern stelle ich hier allerdings fest, daß sich ähnliche vertragliche Regelungen im Bereich der Zahntechniker und auch der Gesundheitshandwerker nicht haben realisieren lassen.
Ich möchte an dieser Stelle einmal ganz klarmachen, weil auch der Kollege Egert sehr ausführlich über das Problem der Selbstbeteiligung gesprochen hat, daß wir die in diesem Gesetz vorgesehenen Regelungen, die bei den Versicherten ansetzen, für sachgerecht halten, weil sie nach unserer Meinung dazu beitragen, einen verantwortlichen Umgang mit den Leistungen in diesem System durch eine sozial tragbare Selbstbeteiligung zu fördern. Ich füge hier extra hinzu: sozial verantwortliche Selbstbeteiligung ist für uns der entscheidende Punkt. Es kann nicht darum gehen: Selbstbeteiligung um jeden Preis, Selbstbeteiligung überall. Ich stimme auch dem zu, daß die Diskussion um einen möglichen Umbau der Strukturen im Gesundheitswesen sich nicht nur auf die Diskussion des Themas Selbstbeteiligung erstrecken darf. Aber dieses Thema darf auch nicht tabu sein.
Wir betrachten also die Regelung, die wir jetzt für die Selbstbeteiligung im Bereich der Arzneimittel,
der Heilmittel und der Brillen getroffen haben, für sachgerecht. Auch halten wir die Regelung, die dazu dienen soll, das BagatellArzneimittel in Zukunft von den Versicherten selbst zu zahlen sind, für sachgerecht. Ich verhehle nicht, daß wir hier schon Schwierigkeiten sehen, eine solche Liste von Arzneimitteln oder von Krankheiten aufzustellen, die aus der Leistungspflicht der Krankenkassen ausgegrenzt werden. Die Aufstellung einer solchen Liste bringt sicherlich Probleme. Für uns ist ganz besonders wichtig, daß alles, was hier getan wird, unter besonderer Beachtung der Grundsätze der Therapiefreiheit und der Pluralität auf dem Arzneimittelmarkt geschieht. Und ich versichere Ihnen, die FDP steht voll hinter diesem Konzept, und sie wird versuchen, auf allen Ebenen unserer Einflußnahme dieses Konzept auch zum Tragen zu bringen. Deshalb glauben wir, daß man sich hier im parlamentarischen Raum bzw. in den Ausschüssen darüber schon unterhalten sollte, bevor Verordnungen erlassen oder auf den Weg gebracht werden.
Meine Damen und Herren, der größte Brocken der Kostensteigerung im Gesundheitswesen war in den letzten Jahren das Krankenhaus. Seit Jahren wird versucht, die Steigerungsraten im Bereich der Krankenhäuser durch eine neue Finanzierungsregelung mit den Ländern in den Griff zu bekommen. Bisher hat es nicht geklappt, und wie ich die Kollegen von der CDU/CSU hier verstanden habe, sind sie auch diesmal wieder gewillt, den Gesetzentwurf abzulehnen. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich frage Sie: Wo bleibt Ihr Verantwortungsgefühl gegenüber den Versicherten, die Jahr für Jahr mehr Beitrag zahlen müssen, weil uns die Kosten im Gesundheitswesen davonlaufen?
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Gerade weil wir hier in den letzten Jahren mit den Ländern immer wieder Schwierigkeiten gehabt haben, hielten wir es für notwendig und unverzichtbar, in den Ausschußberatungen noch einige zusätzliche Maßnahmen nachzuschieben.
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Ich gebe Ihnen zu, daß die Maßnahmen mit Sicherheit nicht das letzte Wort sein können, was überhaupt in diesem Bereich gesprochen wird, um aber die Kostenentwicklung in den nächsten Jahren überhaupt in den Griff zu bekommen, schien es uns notwendig zu sein, einen Druck auszuüben. Dieser Druck - das muß man einfach einmal sagen - kann natürlich über die Konzertierte Aktion ausgeübt werden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie reden immer davon, daß die Krankenhäuser Gefahr laufen, ihre Kosten nicht mehr decken zu können, und daß die Träger über Gebühr belastet werden. Ich habe aber wirklich das Gefühl, daß hier das Prinzip der Selbstkostendeckung, nach dem die Pflegesätze berechnet werden, als ein Deckmantel für Unwirtschaftlichkeit benutzt und für eine Überversorgung mit Leistungen mißbraucht wird,
({7}) daß hier Medizin betrieben wird, die sich nicht unbedingt nach den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und des medizinisch Notwendigen ausrichtet.
({8})
Das können wir von der Reichsversicherungsordnung her nicht decken.
Ich möchte hier noch etwas klarstellen, auch für meine Fraktion. Uns wird immer unterstellt, mit der Regelung über die teilstationäre Versorgung würden wir den Bereich der Krankenhausbehandlung ausdehnen. Meine Damen und Herren, dieses ist weder aus dem Text des Gesetzes noch aus der Begründung abzuleiten. „Teilstationär" meint die Behandlung nach der Einweisung und vor der Entlassung, d. h. hier kann es nur darum gehen, die Kosten im Krankenhaus während der notwendigen Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus zu senken, um damit einen Druck zu schaffen, überflüssige Betten abzubauen.
Lassen Sie mich noch etwas zur Krankenpflegeausbildung sagen. Meine Damen und Herren, hier findet sich nun wirklich der beste Beweis für die Doppelzüngigkeit, mit der die CDU an diesen Bereich herangeht. Was die CDU hier beantragt, nämlich die derzeit laufende Übergangsregelung für die Finanzierung der Krankenpflegeschulen noch bis 1985 auszudehnen, kann man doch nur als einen Raubzug der Länder zu Lasten der Versicherten bezeichnen.
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Die Krankenpflegeausbildung wird derzeit zu 100 % über den Pflegesatz abgerechnet. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Wo gibt es das sonst noch, daß die Ausbildung von Auszubildenden, die eigentlich in die Verantwortung der Länder fällt, von den Bürgern bzw. den Versicherten über einen Versicherungsbeitrag bezahlt wird? Das gibt es nicht. Hier muß zumindest der Teil, der die theoretische oder die schulische Ausbildung beinhaltet, von den Ländern übernommen werden.
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Deshalb werden wir einer solchen Verlängerung der Übergangsregelung auf gar keinen Fall zustimmen. Es muß endlich eine systemgerechte Lösung für die Finanzierung der Krankenpflegeausbildung gefunden werden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie beklagen, daß Pflegekräftemangel herrscht, so frage ich Sie: Wer ist dafür zuständig, die Krankenpflegeschulen auszubauen? Das gehört in die Verantwortung der Länder. Wenn sie das nicht getan haben, weil die Sache mit der Finanzierung immer noch nicht geregelt bzw. weil ihnen angedroht worden war, daß der in die Verantwortung der Länder fallende theoretische Teil der Ausbildung zusammen mit den Investitionskosten auch von ihnen zu übernehmen sei, wenn sie also aus diesen Gründen die Pflegeschulen nicht ausgeweitet haben, so können sie uns, dem Bund, dieses doch nicht vorwerfen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns darüber einig, daß mit diesen beiden Gesetzen, dem Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz für die Krankenversicherung und dem Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz, das letzte Wort im Bereich der Kostendämpfung im Gesundheitswesen oder auch in der Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens nicht gesprochen sein kann. Ich unterstütze Herrn Egert mit seiner Aussage, daß wir uns hiermit Luft verschafft haben, um gründlicher darüber nachzudenken, welche Strukturen wir in der Zukunft im Gesundheitswesen tatsächlich brauchen.
Dann möchte ich Sie auch noch einmal auf einen Widerspruch hinweisen. Angeblich ist alles das, was die CDU/CSU an Systemveränderung beantragt, eine gute Systemveränderung, und alles das, was SPD und FDP an Systemveränderung beantragen, eine schlechte Systemveränderung. Dies ist doch wirklich eine etwas einfache Betrachtungsweise des Ganzen. Wer sich gegen einen Umbau des Systems wehrt, der muß sich doch darüber im klaren sein, daß hier Strukturen festgeschrieben werden, von denen man einfach sagen muß, daß sie nicht mehr in allen Fällen den Anforderungen unserer heutigen Gesellschaft entsprechen. Dem können wir nicht zustimmen.
Davon, daß hier in dieser Strukturdiskussion über das Gesundheitswesen insgesamt - das möchte ich noch einmal betonen - der Bereich der Selbstbeteiligung nicht ausgeklammert werden darf, gehen wir als Liberale aus. Denn nach diesem Prinzip, denken wir, sind die Versicherten dafür verantwortlich, daß dieses System auf Dauer finanzierbar bleibt. Aber - ich betone es noch einmal - eine Strukturdiskussion darf nicht nur eine Diskussion über Selbstbeteiligung sein, sondern man wird auch darüber nachdenken müssen, welche Leistungen in der Reichsversicherungsordnung überhaupt von der Versichertengemeinschaft zu finanzieren sein werden, und auch darüber, welchen medizinischen Fortschritt wir uns leisten können und wollen und wie wir weitere Risiken und weitere große Probleme, die auf uns zukommen, z. B. in der Psychiatrie und in der Suchtbekämpfung, in der Zukunft beurteilen und behandeln wollen. All dies wird eine solche Strukturdiskussion umfassen müssen, aber kurzfristig wirksame Maßnahmen müssen wir heute beschließen. Deshalb, denke ich, ist das KVEG und das Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz hier der richtige Weg. - Vielen Dank.
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Das Wort hat der Bundesminister Dr. Ehrenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum Abschluß dieser Debattenrunden drei Feststellungen.
({0})
- Drei Feststellungen in drei Minuten.
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Erstens. Die CDU/CSU beklagt permanent die steigende Abgabenbelastung, was so weit geht, daß sie heute in namentlicher Abstimmung die unverzichtbare Konsolidierung des Haushalts der Bundesanstalt für Arbeit durch eine Beitragserhöhung verhindern wollten, obgleich der Kollege Friedmann - ohne das Dementi der Bundesanstalt zur Kenntnis zu nehmen - der Öffentlichkeit hier gleichzeitig ein neues Milliardenloch vorzaubern wollte.
Zweitens. Im Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz lehnen Sie alle Belastungen der Leistungserbringer ab. Sie beschränken Ihre Zustimmung auf jene Bestimmungen, durch die die Patienten belastet werden. Die Leistungserbringer sind für Sie tabu.
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Drittens. Das Krankenhaus-Kostendämpfungsgesetz würde, folgte man Ihren Anträgen, nichts mehr enthalten, was irgendwo kostendämpfend wirkt. Wie doppelzüngig die Argumentation bezüglich der Ausbildungsstätten ist, hat die Frau Kollegin Adam-Schwaetzer so deutlich gesagt, daß ich es hier nicht zu wiederholen brauche.
Summiert man dieses Verhalten, ergibt sich, daß, wenn wir Ihren Anträgen folgen würden, die Einsparungen um mehr als 1 Milliarde DM niedriger anzusetzen wären, als sie jetzt sind. Das heißt: Die Krankenversicherung würde um einen runden Viertelprozentpunkt zusätzlich belastet, wenn die Regierungsparteien auf Ihre Anträge eingingen.
Ich will zum Abschluß allen Kollegen aus den Ausschüssen gern ein herzliches Dankeschön für die gründliche und zügige Beratung dieses Gesetzes sagen. Die Beitragszahler werden es Ihnen danken. - Herzlichen Dank.
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Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu den Tagesordnungspunkten 8 und 9 liegen nicht vor.
Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung.
Wir kommen zunächst zur Abstimmung über die Vorlage unter Punkt 8 der Tagesordnung, Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz, Drucksache 9/977. Die Fraktion der CDU/CSU hat Einzelabstimmung über eine Reihe von Vorschriften verlangt.
Ich rufe Nr. 1 des Art. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen.
Ich rufe Nr. 2 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1005 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der Nr. 2 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Vizepräsident Wurbs
Ich rufe die Nr. 3 und 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 5, § 182 c Abs. 1, auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1006 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der aufgerufenen Vorschrift in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Nr. 5, § 182 c Abs. 2 bis 5, auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 6, § 182 f, auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1007 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der Nr. 6, § 182 f, in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Nr. 6, § 182g, auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 7 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe Nr. 8 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe Nr. 9 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1008 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer Nr. 9 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Nr. 10 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 11 und 12 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe Nr. 13 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 14 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1009 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der Nr. 14 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe die Nr. 15 und 15 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe die Nr. 16 und 17 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 18 und 19 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe die Nr. 20 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1010 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der Nr. 20 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
({0})
- Sonst wäre sie nicht angenommen: wenn nicht die Mehrheit dafür wäre.
({1})
- Keine Diskussion!
Ich rufe die Nr. 21 und Art. 2 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind - mit Mehrheit, Herr Abgeordneter! - angenommen.
Ich rufe Art. 2 Nr. 2 und Art. 3 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 3 Nr. 2 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1011 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustim3766
Vizepräsident Wurbs
men wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer Art. 3 Nr. 2 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Art. 3 Nr. 3 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1012 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer Art. 3 Nr. 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe die Nr. 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 5 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Nr. 5 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 6, § 16 a, auf. Hier liegt auf Drucksache 9/1013 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der Nr. 6, § 16 a, in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe die Nr. 6, § 16 b, auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 7 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 8 und 9 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 10 und 11 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe die Nr. 12 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 13 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 13 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist mehrheitlich angenommen.
Ich rufe Art. 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Art. 5. Ich rufe Nr. 1 und 2 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1014 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer Nr. 1 und 2 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind in der Aussschußfassung mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 3 bis 5 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 6 und 7 auf. Hierzu liegen auf den Drucksachen 9/1015 und 9/1016 zwei Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer den Änderungsanträgen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die Änderungsanträge sind abgelehnt.
Wer Nr. 6 und 7 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 6 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 7 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist mehrheitlich angenommen.
Es bleibt noch über Einleitung und Überschrift abzustimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Einleitung und Überschrift sind einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
Vizepräsident Wurbs
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Gesetzentwurf ist mehrheitlich angenommen.
Meine Damen und Herren, es ist noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/977 unter Ziffer 2 die Annahme einer Entschließung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist mehrheitlich angenommen.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen leider die Prozedur nicht ersparen. Wir müssen noch über eine Reihe von Punkten abstimmen.
Wir kommen jetzt zur Einzelberatung und Abstimmung über Punkt 9 der Tagesordnung: Krankenhaus- Kostendämpfungsgesetz - Drucksache 9/976 -.
Die Fraktion der CDU/CSU hat Einzelabstimmung über eine Reihe von Vorschriften verlangt.
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Wir kommen zuerst zu Art. 1. Ich rufe die Nr. 1 und 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltung? - Die Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 3 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/998 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer Nr. 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Nr. 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 5 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Nr. 5 Buchst. c und die Nr. 6 bis 8 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist angenommen.
Ich rufe die Nr. 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb sowie Buchstabe b und die Nr. 10 bis 12 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 13 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist mehrheitlich angenommen.
Ich rufe die Nr. 13 Buchstabe b und c auf sowie die Nr. 14 bis 16 und die Nr. 17 Buchstabe a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 17 Buchstabe al auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/999 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der aufgerufenen Vorschrift in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 17 Buchstabe b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 17 Buchstabe c auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1000 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der aufgerufenen Vorschrift in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 17 Buchstabe d auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 17 a auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1001 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der Nr. 17 a in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung angenommen.
Vizepräsident Wurbs
Ich rufe die Nr. 18 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 19 und 19 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe die Nr. 20 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 21 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 22 und 23 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 24 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 25 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 9/1002 auf. Es wird beantragt, nach der Nr. 25 eine neue Nr. 25 a einzufügen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen jetzt zu Art. 2. Ich rufe die Nr. 1 bis 3 a auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 3 b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Nr. 3 c und die Nr. 4 bis 6 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Wer stimmt dagegen? - Stimmenthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe die Nr. 7 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1003 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer der Nr. 7 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist in der Ausschußfassung mehrheitlich angenommen.
Ich rufe Art. 2 Nr. 8, Art. 3 bis 5 sowie Art. 6 Abs. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 6 Abs. 2 und 3 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1004 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wer den aufgerufenen Vorschriften in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Art. 6 a auf. Hierzu liegt auf Drucksache 9/1024 ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP vor. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Der Änderungsantrag ist angenommen.
Wer Art. 6 a in der Ausschußfassung mit der soeben beschlossenen Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. Danke. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die aufgerufenen Vorschriften sind angenommen.
Ich rufe Art. 7 und 8 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Vorschriften sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 9 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Enthaltungen? - Die aufgerufene Vorschrift ist mit Mehrheit angenommen.
Es bleibt noch, über Einleitung und Überschrift abzustimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Einleitung und Überschrift sind einstimmig angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke schön. Wer stimmt dagegen? - Danke. Wer enthält sich der Stimme? - Das Gesetz ist mit Mehrheit angenommen.
Es ist noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/976 unter Ziffer 2, den Gesetzentwurf des Bundesrates auf Drucksache 9/571 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen! - Ent-
Vizepräsident Wurbs
haltungen? - Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 10 auf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Riesenhuber, Dr. Probst, Gerstein, Dr. Bugl, Engelsberger, Eymer ({3}), Dr. Hubrig, Maaß, Neuhaus, Prangenberg, Weirich, Magin, Dr.-Ing. Kansy, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Hellwig, Müller ({4}), Dr. Kunz ({5}), Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU
Energieforschung und Energietechnologien 1981 bis 1985
- Drucksache 9/764 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Forschung und Technologie ({6}) Innenausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Gerstein, Dr. Bugl, Engelsberger, Eymer ({7}), Dr. Hubrig, Maaß, Neuhaus, Prangenberg, Weirich, Dr. Riesenhuber, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Hellwig, Dr. Kunz ({8}), Regenspurger und der Fraktion der CDU/CSU
Neuorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik
- Drucksache 9/765 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Forschung und Technologie ({9}) Finanzausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Im Ältestenrat sind eine verbundene Debatte für die Tagesordnungspunkte 10 a und b und eine Redezeit von 90 Minuten vereinbart worden. - Ich sehe, daß das Haus damit einverstanden ist.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bugl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Papierflut
({0})
zu urteilen, die das Forschungsministerium in den letzten Jahren im Bereich der Energieforschung entfacht hat, müßten eigentlich schon viele Probleme gelöst sein.
({1})
Allein 264 Studien und Gutachten wurden seit 1973 für 210 Millionen DM - nach Ihren Angaben, Herr Stahl - durch das Forschungsministerium für den Bereich Energieforschung in Auftrag gegeben.
({2})
Die Forschungsförderung im allgemeinen und die Energieforschung im speziellen sind gekennzeichnet - lassen Sie mich das mit aller Härte sagen - durch Planlosigkeit und schlechte Verwaltung. Symbol dieser Entwicklung ist auch die Tatsache, daß ein neues Energieforschungsprogramm für das Jahr 1981 und später bis heute noch nicht dem Deutschen Bundestag vorgelegt wurde. Das ist skandalös, auch im Hinblick darauf, daß 40 % der Mittel des BMFTHaushalts in die Energieforschung gehen. Aus Sorge um diese Entwicklung hat deshalb meine Fraktion im Bundestag den Ihnen vorliegenden Antrag auf Drucksache 9/764 eingebracht. Die Bundesregierung vernachlässigt die Energieforschung in sträflicher Weise.
({3})
Die sogenannten Sparerfolge, die im neuen Energieprogramm der Bundesregierung skizziert werden, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Abhängigkeit der Bundesrepublik vom Ausland bei der Energieversorgung langfristig katastrophale Ausmaße annehmen kann. Nach Angaben des Bundeswirtschaftministers lag die Einfuhrabhängigkeit bei der Primärenergieversorgung 1980 bei 60,7 % im Vergleich zu 56,2 % im Jahre 1973.
({4})
Die Abhängigkeit der Primärenergieversorgung vom Mineralöl ist zwar von 55,2 % im Jahre 1973 auf 47,5 % im Jahre 1980 gesunken, - ({5})
- Natürlich, aber, Herr Stahl, das ist nicht nur das Resultat von Sparmaßnahmen,
({6})
sondern auch von der Umschichtung zwischen den Energieträgern. Ich weise nur darauf hin, daß sich die Einfuhr von Erdgas von 1973 bis 1980 fast verdreifacht hat, nämlich von 16,8 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten auf 46,7 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten. Das heißt: das Mineralöl ist teilweise durch importiertes Erdgas ersetzt worden.
Wir müssen also festhalten: Unsere Energieversorgung ist in den letzten acht Jahren nicht sicherer geworden, sondern eher unsicherer und teurer.
({7})
Darüber kann natürlich auch eine gewisse Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Primärenergieverbrauch nicht hinwegtäuschen.
({8})
Die Energieforschung ist selbstverständlich langfristig anzulegen. Darin sind wir uns einig; denn kurzfristig, d. h. in wenigen Jahren, lassen sich erfahrungsgemäß Forschungsergebnisse nicht im großen Umfang in die Praxis umsetzen. Aber die letzten Jahren wurden vertan. Sie werden uns in der Zukunft fehlen. Nicht nur Geld ist knapp, sondern auch - und das beachtet die Bundesregierung ebenfalls
nicht - die Zeit, die uns nicht mehr gewährt ist, um unsere Energieversorgungsprobleme zu einigermaßen vertretbaren Bedingungen zu lösen.
({9})
Betrachtet man die Energieforschungsausgaben in der westlichen Welt als einen Indikator für die Energieforschungsanstrengungen, so muß man feststellen, daß von den Ausgaben her gesehen in der Tat die Bundesrepublik hinter Japan und den Vereinigten Staaten an dritter Stelle liegt.
Daß Forschungsausgaben allein aber noch nicht zu vorzeigbaren Produkten führen, zeigt das Beispiel Frankreich. Dort sind die staatlichen Kernforschungsausgaben etwa um 30% geringer als in der Bundesrepublik. Dort werden aber die Forschungsergebnisse umgesetzt. Und warum? - Weil die französische Regierung den Willen und auch die notwendige Durchsetzungskraft hat!
({10})
- Ich greife einmal Ihr Stichwort auf. Die jüngste Diskussion um die fortgeschrittenen Reaktoren zeigt, daß bei uns teilweise Forschung und Entwicklung zum Selbstzweck gemacht werden, weil man nicht bereit ist, auch die Markteinführung in die Forschungsförderung einzubeziehen. Uns fehlt bei der Energieforschung - ganz egal ob nuklear oder nicht nuklear - ein Markteinführungsprogramm für neue Produkte und Produktionsverfahren.
({11})
Das ist nicht nur eine Frage der Finanzen. Zum Beispiel wird die Nutzung der Kernenergie durch staatliche Rahmenbedingungen verschiedener Art bis zum Genehmigungsverfahren behindert, so daß selbst bei besten Forschungsergebnissen eine Markteinführung dieser Produkte nicht in dem Maße erfolgen kann, wie das notwendig wäre. Dies gilt nicht nur für Kernkraftwerke, sondern auch für Solaranlagen.
Sie haben sich wahrscheinlich schon gewundert, warum ich Ihnen diesen Band mitgebracht habe: Jahresbericht 1980 Projektleitung Energieforschung.
({12})
Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen. Auf Seite 992 lesen Sie: „Programm für Zukunftsinvestitionen ({13}), Einbau von solartechnischen Anlagen in bundeseigene Gebäude,
({14})
Projekt ,Im Dol 2-6, Haus 1, in Berlin 33'. Eine Bürgerinitiative hat die Durchführung des Projekts verhindert."
({15})
- Ich habe mich bemüht, da einiges durchzulesen.
- Ich erinnere mich noch, wie Herr Hauff das 4,35Milliarden-Mark-Programm mit großem Presseaufwand als Beleg für die marktnahe Förderung neuer Energietechnologien verkauft hat. Dieses außerordentlich aufwendige Programm ging nach Aussage des Finanzministers zu 90 % in Wärmedämmaßnahmen, insbesondere in Doppelfenster. Der Beitrag der wichtigen neuen Energietechnik zu unserer Energieversorgung, der Wärmepumpe, liegt heute noch in der Größenordnung von wenigen Zehntel Prozent. Neue Energietechnologien brauchen für die Markteinführungsphase eine staatliche Förderung.
Ich meine, dieser finanzielle Aufwand des Staates wird volkswirtschaftlich wieder kompensiert durch Verringerung der Einfuhrabhängigkeit
({16})
und auch durch Schaffung von Arbeitsplätzen.
({17})
Ein Energieforschungsprogramm muß demnach auch mit Markteinführungshilfen gekoppelt werden, und zwar in Form von differenzierten Zuwendungen. Die CDU/CSU-Fraktion hat in der Vergangenheit dazu ganz konkrete Vorschläge unterbreitet. Die haben Sie aber abgelehnt, Herr Kollege.
({18})
1977 hat die Bundesregierung den Versuch unternommen, die nukleare und nichtnukleare Energieforschung in einem Programm zusammenzufassen. Damit sollte ein in sich geschlossenes Konzept für die gesamte Energieforschung und Entwicklung vorgelegt werden. Das Plansoll für dieses Vierjahresprogramm lag bei 6,5 Milliarden. Ein Markteinführungsprogramm vermisse ich. 6,5 Milliarden DM sind in der Tat eine respektable Summe, mit der man einen Beitrag hätte leisten können,
({19})
unsere Energieversorgung auf eine breite und vor allen Dingen in der Zukunft sichere Grundlage zu stellen. Voraussetzung dafür wäre aber gewesen, daß eine Konzentration dieser Mittel auf energietechnische und energiewirtschaftliche Schwerpunktthemen stattgefunden hätte.
({20})
- Wir haben uns darüber schon einmal im Ausschuß unterhalten. - Statt Schwerpunkte zu bilden, wurde nämlich eine Vielzahl von Vorhaben gefördert, ganz nach dem Motto „Wer hat noch nicht, wer will nochmal".
({21})
Gucken Sie sich doch einmal dieses Programm an. Es ist jedem zur Lektüre empfohlen.
Der große Papierkrieg, der in der Forschungsverwaltung seit Jahren geführt wird, hat eine mangelnde Kontrolle der Forschungsprojekte zur Folge. Herr Minister von Bülow, Sie müssen sich in der Tat sagen lassen: die Forschungsförderung Ihres Hauses ist gekennzeichnet durch Planlosigkeit und auch durch eine schlechte Verwaltung.
({22})
Auf eine Anfrage im Sommer dieses Jahres, wann denn nun endlich das Energieforschungsprogramm fortgeschrieben wird, haben Sie mir, Herr Stahl, geantwortet - ich zitiere -:
Am Entwurf des Energieforschungsprogramms 1981/84 wird gearbeitet. Für die Erstellung dieses Programms müssen jedoch noch einige wichtige Fragen geklärt werden, wie z. B. die weitere Entwicklung bei den fortgeschrittenen Reaktorlinien und beim Kohleveredelungsprogramm.
({23})
Nun hört sich das doch so an, als wäre das BMFT mit diesen Problemen, für deren Lösung es bis heute noch keine befriedigende Antwort hat, so quasi über Nacht konfrontiert worden. Stellen wir doch einmal klar: Die Diskussion um die fortgeschrittenen Reaktorsysteme erfolgt vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage und nicht auf Grund technischer Bedenken am System. Ich glaube, da sind wir uns alle einig.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Anschließend gerne, wenn noch Zeit verbleibt.
Die Mehrkosten bei den fortgeschrittenen Reaktorsystemen
({0})
sind zu zwei Drittel auf Zeitüberschreitungen zurückzuführen. Diese haben ihre Ursache in der Handhabung der atomrechtlichen Genehmigungsverfahren. Dafür tragen die Bundesregierung und auch die Landesregierung Nordrhein-Westfalens die Verantwortung.
({1})
Herr Dr. von Bülow, ich habe in der Tat Verständnis dafür, daß Sie zur Bewältigung der Probleme, die Ihnen Ihr Herr Vorgänger zurückgelassen hat, Zeit brauchen. Aber ich glaube, diese Zeit ist jetzt langsam abgelaufen. Sie können mir einfach nicht widerlegen, daß die Ministerialbürokratie Ihres Hauses mit diesen Problemen schon seit Jahren konfrontiert ist, aber diese Probleme immer wieder vor sich herschiebt.
({2})
Der Antrag meiner Fraktion gibt der Bundesregierung die Gelegenheit, dem Deutschen Bundestag endlich einmal ein Konzept für ein Energieforschungsprogramm vorzulegen.
({3})
Dieses Konzept muß auf einer analytischen Bewertung der technologischen Möglichkeiten und der politischen Rahmenbedingungen basieren. Dieses Konzept muß auch Maßnahmen für die Markteinführung neu entwickelter Produkte enthalten. - Vielen Dank.
({4})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Opposition die Bundesregierung mahnt, das Energieforschungsprogramm 1977 bis 1980 noch in diesem Jahr fortzuschreiben,
({0})
so habe ich als Parlamentarier Verständnis dafür.
({1})
Da aber Herr Dr. Bugl mit Bezug auf seine Anfrage von Mitte August selbst festgestellt hat, daß die Bundesregierung schon damals erklärt habe, diese Fortschreibung werde noch vor Jahresende erfolgen, frage ich mich: Welche Zielsetzung hat der Antrag der Opposition eigentlich?
({2})
Zumindest bei oberflächlicher Lektüre stellt sich doch die Frage: Will die Opposition die geforderte Wende in der Forschungs- und Technologiepolitik mit der Energieforschungspolitik einläuten?
({3})
Ich habe Herrn Dr. Bugl sehr aufmerksam zugehört. Doch ich habe den Eindruck, meine Herren von der Opposition, Sie spitzen zwar den Mund, aber neue Töne oder eine neue Melodie sind heute nicht zu hören gewesen, wie Sie sich die Energieforschung vorstellen.
({4})
In der Debatte machen Sie heute den Versuch, die Substanz nachzuschieben, die Ihrem Antrag fehlt.
({5})
Der Vorwurf der energiepolitischen Handlungsunfähigkeit der Koalition ist unbegründet. Hinzu kommt, daß er auch noch in Richtung auf ein untaugliches Objekt erhoben wird.
({6})
Im Gegenteil: Nach Durchsicht Ihres Antrages ist der Vorwurf der Handlungsunfähigkeit Ihnen zu machen; denn Ihr Antrag ist für mich ein Dokument, das zeigt, wie langsam die Lernfähigkeit der Opposition in diesen Fragen ist.
({7})
Herr Dr. Bugl, wenn Sie einen derartigen Antrag vorlegen, muß ich Sie fragen: Wo bleibt Ihre eigene Bestandsaufnahme nach vier Jahren Energieforschungsprogramm? Wo bleibt heute auch nur der Ansatz des Versuchs, für die Formulierung der zukünftigen Schwerpunkte der Energieforschung etwa die Ergebnisse des Zwischenberichts der Enquete-Kommission, die Ergebnisse des Sondergutachtens „Energie und Umwelt" oder gar die Auswirkungen der zweiten Ölpreisexplosion fruchtbar zu machen?
({8})
Statt dessen weist die Opposition in Ihrem Antrag auf eine Anzahl immer unansehnlicher werdender Hüte ihrer Antragssammlung der letzten Legislaturperiode hin.
({9})
Ich möchte den Antrag der Opposition heute zum Anlaß nehmen, zwei Bemerkungen zur Energieforschungspolitik der nächsten Jahre zu machen; denn, ich glaube, es hat wenig Sinn, auf der Grundlage dieses Antrages diese Art von Diskussion fortzusetzen. Zum einen möchte ich etwas zur Schwerpunktsetzung in der Energieforschung und zum anderen zu Fragen der Finanzierung sagen. Insofern hat Herr Bugl einige Dinge angesprochen.
({10})
Die 1977 vorgenommene Schwerpunktsetzung im Energieforschungsprogramm - rationelle Energieverwendung, Kohletechnologien, Entwicklung neuer Energietechniken und die Kernenergie - hat sich grundsätzlich bewährt. Das kann man heute schon sagen. Wie soll aber nun die Schwerpunktsetzung in den nächsten Jahren erfolgen? Ich glaube, wir brauchen an erster Stelle Beiträge der Energieforschung, um schon in diesem Jahrzehnt alle Möglichkeiten auszuschöpfen, Öl zu substituieren und den Energieaufwand für die verschiedenen Energiedienstleistungen zu senken. Hierzu gehört eine weitere massive Förderung umweltfreundlicher Verfahren zum Einsatz der Kohle auf dem Wärmemarkt einschließlich der industriellen Prozeßwärme, insbesondere durch Wärmekraftkoppelung. Notwendig ist ebenso die Förderung der Abwärmenutzung, des Einsparens von Energie am Bau wie auch die Entwicklung noch sparsamerer Antriebe.
Wir brauchen weitere technologische Beiträge zur Verbilligung, zur Kostensenkung beim Bau von Fernwärmenetzen, um auch den Anwendungsbereich der Fernwärme auszuweiten.
({11})
Wir müssen weitere große Anstrengungen unternehmen, um den Wirkungsgrad der Umwandlung von Primärenergie zu steigern, etwa durch Entwicklung neuartiger Brenner für Ölheizungen.
({12})
Eine Untersuchung der Kosten-Nutzen-Relation - damit komme ich zur Frage des Investierens - bei Energieeinsparinvestitionen in Baden-Württemberg hat doch deutliche Belege dafür geliefert, in welchem Ausmaß Ölspareffekte erzielt werden können. Um einen Liter 01 pro Jahr einzusparen, sind bei der Wärmedämmung zur Zeit immerhin noch 33 DM zu investieren. Bei der Wärmepumpe sind es nur noch 11 DM und bei der Fernwärme nur noch 4 DM. Hieran wird deutlich, wo die Energieforschung ansetzen muß.
({13})
Diejenigen, die heute vor Ort über neue Energieversorgungskonzepte reden, wissen, welche hilfreichen Beiträge die Energieforschung bereits geliefert hat, die gerade im Kommunalbereich in energiesparende Maßnahmen umgesetzt werden. Dies sollten Sie hier nicht wegreden.
({14})
Die Entwicklung regionaler und örtlicher Energieversorgungskonzepte, durch die Energiepolitik vor Ort gestaltet und verwirklicht wird, muß fortgesetzt werden. Ich glaube, meine Herren von der Opposition, daß Sie sich auch dafür erwärmen können, daß künftig auch kleinere Orte und auch der ländliche Raum Gegenstand von Untersuchungen und Modellen der regionalen Energieversorgungskonzepte werden muß.
({15})
- Der ländliche Raum noch nicht. Sie wissen, daß da noch ein Nachholbedarf ist.
Was die Kohleveredelung angeht, so müssen wir für die nächsten Jahre unsere Zielsetzung realistischer fassen. Dem Kohleveredelungsprogramm wird weniger eine kurzfristige energiepolitische Bedeutung für unsere eigene Versorgung zukommen, sondern es wird hier mehr die technologie- und die industriepolitische Bedeutung dieser Technik zu betonen sein, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie in diesem Sektor auf dem Weltmarkt zu sichern. Dies soll durch den Bau von Demonstrationsanlagen zunächst zur Kohlevergasung erfolgen. Auch angesichts der Umweltbelastungen wird die Zukunft der Kohleveredelungstechnologien sicherlich hauptsächlich in Ländern mit vergleichsweise niedrigen Kohlegewinnungskosten liegen.
Ich möchte hier auch anmerken, daß wir davon ausgehen, müssen, daß kurzfristig die Hochtemperaturreaktor-Technologie nicht, wie erhofft, Prozeßwärme zur Kohleveredelung im wirtschaftlich interessanten Bereich von 850 Grad zur Verfügung stellen kann, da die Werkstoffe zur Abnahme derartig hoher Temperaturen aus dem Reaktor noch nicht zur Verfügung stehen.
Was die Entwicklung neuer Technologien, insbesondere die direkte und die indirekte Nutzung der
Sonnenenergie angeht, so möchte ich hier einen Hinweis der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergiepolitik" unterstreichen, daß ausreichende Studien über die Maximalwerte für den Einsatz regenerativer Energiequellen sowohl für unser eigenes Land, als auch für andere Länder nicht existieren.
Meine Herren von der Opposition, Sie haben 1977 in einem der Anträge, auf die Sie sich heute berufen, für unser Land eine Obergrenze von 5 % für diesen Bereich prognostiziert. Ich glaube, man müßte auch angesichts der zweiten Ölpreisexplosion diese Einschätzung nach oben korrigieren.
({16})
Hier bedarf es auch weiterhin erheblicher Forschungsanstrengungen sowohl im Bereich der Grundlagenforschung, etwa bei der fotochemischen oder fotovoltaischen Umwandlung der Sonnenenergie, als auch im Bereich von Demonstrationsanlagen.
Ich möchte nur persönlich anmerken, daß es auch gut wäre, im Bereich der Entwicklung alternativer Technologien zu überprüfen, ob der hier bisweilen erkennbare Drang zu großtechnischen Lösungen, etwa wie beim GROWIAN, der Umsetzung dieser neuen Technik auch wirklich dienlich ist oder ob man hier kleinere Lösungen suchen müßte.
({17})
Die Förderung regenerativer Energieträger ist nicht nur nötig, um bei uns das Nutzungspotential unter den nicht optimalen Bedingungen unseres Landes voll auszuschöpfen. Die Entwicklung dezentraler, auf die Nutzung erneuerbarer Energiequellen gerichteter Technologien muß auch in kurzer Zeit einen Beitrag zur Lösung der Energieprobleme der Dritten und Vierten Welt leisten, denn ich glaube, daß diese Technologien einen wichtigen und gangbaren Weg zum Abbau der Erdölabhängigkeit und zum Abbau der Abhängigkeit vom Brennholz darstellen.
Hier müssen die positiven Ansätze des BMFT und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit fortgesetzt werden, um schnell sinnvolle Beiträge zur Befriedigung der Grundbedürfnisse wie etwa der Kochenergie, der Produktion sauberen Trinkwassers und der Entwässerung zu leisten. Ich glaube, daß dieser Aspekt bei der Diskussion um den notwendigen Export nuklearer Technologien zu leicht übersehen wird.
Die Förderung der Sonnenenergieforschung muß langfristig angelegte Grundlagenforschung einschließen. Der Techniker Ludwig Bölkow formulierte dieses Problem zugegebenermaßen etwas provokativ, wenn er feststellt: „Was man von unserer Industriegesellschaft verlangen muß, ist, daß beide Optionen auf die Zukunft, d. h. Kernenergie" - er subsumiert dort auch Kernfusion - „und Energie aus dem Sonnenkreislauf mit gleichem Aufwand offengehalten werden."
({18})
- Auch wenn dies sicherlich vor allem auch deshalb kurzfristig schwer zu erreichen sein wird, Herr Riesenhuber, weil wir in der sozialliberalen Koalition in diesem Bereich beim Nullpunkt anfangen mußten,
({19})
so meine ich, daß es wichtig ist, heute über die langfristigen Möglichkeiten nachzudenken, die sich aus der Erforschung der Nutzung der Sonnenenergie ergeben können. Wir können heute keine konkreten Antworten finden. Ich meine aber, heute über die langfristigen Möglichkeiten zur Nutzung der Sonnenenergie nachzudenken, ist für mich so illusionär wie die Erwägung derjenigen, die 1956 in diesem Hause gefordert haben, daß die Atomforschung das Ziel gesetzt bekommen sollte, das atomkraftgetriebene Auto zu entwickeln.
Damit bin ich beim vierten Schwerpunkt, der Kernenergie. Ich glaube, daß die Reaktorsicherheitsforschung fortgesetzt werden muß. Daß die Energieforschung ihren Beitrag zur Lösung der Entsorgungs- und Endlagerungsprobleme leisten muß, ist selbstverständlich. Die fortgeschrittenen Reaktorlinien Hochtemperaturreaktor und Schneller Brüter stellen energiepolitische Optionen für die nächsten Jahrzehnte dar. Wir wissen heute, daß mit einer wirtschaftlichen Nutzung etwa des Schnellen Brüters nicht vor dem Jahr 2010 zu rechnen ist.
Ich will aber an dieser Stelle nicht der Debatte vorgreifen, bei der wir im nächsten Jahr vor der Inbetriebnahme des Schnellen Brüters in Kalkar sorgfältig die Chancen und Risiken dieser neuen Technologie abzuwägen haben. Ich füge nur hinzu: Mit der Erstellung von ersten Prototypanlagen ist auch bei den fortgeschrittenen Reaktorlinien der Punkt erreicht, wo die potentiellen Nutzer dieser neuen Energietechnologie auch finanziell stärker in die Pflicht genommen werden müssen.
({20})
Damit bin ich bei meiner letzten Bemerkung, die das Geld betrifft. Herr Dr. Bugl, ich glaube, Sie müssen auch anerkennen, daß es eine beachtliche Leistung darstellt, daß die Ausgaben für die Energieforschung seit 1977 bis heute von 1,5 auf immerhin 2,6 Milliarden DM im Entwurf des Bundeshaushalts, d. h. um gut 70 % gestiegen sind.
({21})
Es ist auch wichtig, daß die nichtnukleare Forschung dabei stark an Boden gewonnen hat. Ich füge hinzu: Dies muß auch in den nächsten Jahren so bleiben.
Immerhin 75 % der vom Bund eingesetzten Mittel für die Energieforschung kommen aber Projekten zugute, die auch für die Elektrizitätswirtschaft von Bedeutung sind. Es geht dabei nicht nur um die Pro3774
jekte der Kernenergieforschung. Ich meine, wir sollten offen sein für eine Prüfung von Modellen anderer Länder, wie eine stärkere Beteiligung der Elektrizitätswirtschaft an der Forschung und Entwicklung von Energietechniken organisierbar ist.
({22})
Es muß j a nicht sofort ein Zustand wie in Japan erreicht werden, wo die Energieversorgungsunternehmen etwa 1,5 Milliarden Mark pro Jahr für die Energieforschung aufwenden.
({23})
Ich verstehe diesen Vorschlag allerdings nicht als Alternative, sondern als notwendige Ergänzung staatlicher Energieforschung.
Meine Damen und Herren, die bundesdeutsche Energieforschung hat auch im internationalen Vergleich beachtliche Leistungen erbracht. Die Energieforschung wird in den nächsten Jahren ein Bereich bleiben, in dem gerade die direkte Projektförderung ihren zentralen Plaz behalten wird, ja, behalten muß. Es ist interessant, meine Damen und Herren von der Opposition, daß Sie in ihrem Antrag zur Forschungs- und Technologiepolitik eine grundsätzliche Überprüfung der direkten Forschungsförderung vorschlagen. Hier, wo Sie nicht mehr im Allgemeinen bleiben können, sondern wo Sie am konkreten Beispiel der Energieforschung Antworten geben sollten, kneifen Sie.
({24})
Meine Damen und Herren, die Entwicklung neuer und die Fortentwicklung vorhandener Energietechnologien sind und bleiben ein entscheidender Beitrag zur Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Fundamente unserer Gesellschaft. Von der Bereitschaft, in den 80er Jahren auch alle technisch möglichen, wirtschaftlich vertretbaren und sozial akzeptablen Energieeinsparmaßnahmen auszuschöpfen, von der Bereitschaft, neue Energietechnologien gezielt zu entwickeln, hängt auch die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der künftigen Energiepolitik in unserem Lande ab. Nur wenn wir diese Aufgabe ernst nehmen, können die Voraussetzungen für eine rationale verantwortliche Abwägung unserer energiepolitischen Zukunft geschaffen werden. Daß dazu die Energieforschung ihren Beitrag leisten kann, das gilt es, auch bei knapper werdenden Kassen durchzusetzen. Ich glaube, daß wir, die wir uns um Energieforschung kümmern, gut beraten sind, gemeinsam dafür zu sorgen, daß der Rotstift bei diesem Bereich außen vor bleibt und daß wir die politische Prioritätensetzung bei der Energieforschung beibehalten können.
({25})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zywietz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, nachdem wir tagsüber sehr intensiv über Wirtschaftsfragen, über mangelndes Wirtschaftswachstum, über anders strukturiertes Wirtschaftswachstum, über eine „Unbalance" im
Haushalt diskutiert haben, haben wir nach meinem Verständnis eigentlich indirekt sehr viel über Energiepolitik als einen der wesentlichen Verursacher dieser Situation gesprochen. Von daher, glaube ich, paßt es ganz gut, daß wir jetzt auch noch ein biß-schen Zeit im überschaubaren Kreis haben, direkt zu einigen Energiefragen zu sprechen und uns auszutauschen.
({0})
Es ist ja gar nicht zu übersehen, daß ein Teil unserer ökonomischen und damit wohl auch gesellschaftlichen Probleme nur auf dem Hintergrund der drastisch veränderten Energiesituation zu sehen und zu erklären ist.
Ich will das anhand einiger Zahlen verdeutlichen. Wenn 1973 nur 5 % aller Exporterlöse aufgewendet werden mußten, um den notwendigen Energieanteil zu importieren, heute aber - acht Jahre später - etwa 20 % aller Exporterlöse nötig sind, um den erforderlichen, wenn auch verringerten Energiebedarf zu importieren, dann zeigt das, wie dramatisch sich die Situation verändert hat. Was damals 15 Milliarden DM kostete, kostet heute etwa 80 Milliarden DM; diese 80 Milliarden DM fehlen logischerweise an anderer Stelle.
Eine Methode, ein Hebel, um mit dieser Situation halbwegs passabel und angemessen fertig zu werden, ist ganz sicher die Energieforschung und die Energietechnologie. Auch wenn, Kollege Dr. Bugl, derzeit zugegebenermaßen kein Programm vorliegt, aber meine Vorredner einige, wir mir scheint, plausible Begründungen abgegeben haben, so kann ich aber auch - gerade im Hinblick auf Ihren Hinweis auf die große Papierflut - feststellen, daß die Anträge, die wir hier als „Oldies", so möchte ich einmal sagen, noch einmal präsentiert bekommen, auch kein hilfreicher Beitrag sind, um in der Problematik weiterzukommen.
({1})
Das sind Papiere, die z. T. aus dem Jahre 1977 datieren und die im wesentlichen schon längst verarbeitet, konsumiert und in reale Energiepolitik umgesetzt worden sind.
({2})
- Wenn Sie ein bißchen mehr Geduld gehabt und vielleicht noch 14 Tage, drei Wochen abgewartet hätten oder innerhalb der kurzen Zeit nach Verabschiedung im Kabinett einen Blick auf die dritte Fortschreibung des gesamten Energieprogramms, die uns ja jetzt auch als Drucksache vorliegt, geworfen hätten, dann hätte sich, glaube ich, fast alles, was Sie an Papieren und Anträgen unterbreitet haben, erledigt. Jedenfalls habe ich nichts wesentlich Neues entdecken können.
Wir können feststellen - mich wundert ein bißchen dieser Programmglaube, um nicht zu sagen: dieser Programmfetischismus, den Sie plötzlich als marktwirtschaftliche orientierte Partei, wie ich annehme, an den Tag legen -, daß Sie dann nicht mehr auf die Fakten schauen. Die Fakten sprechen
für eine sehr solide Unterstützung unserer Energieprogrammatik durch die Forschung. 40 % des Etats des Einzelplans 30 werden für diesen Sektor aufgewendet.
({3}): Die Hälfte geht ja
schon nach Kalkar durch Verzögerung!)
- 40 % werden zur Unterstützung der energiepolitischen Ziele verwendet. Es besteht eigentlich keine Ursache, uns eine verfehlte Energiepolitik vorzuwerfen.
(Stahl [Kempen] ({4})
denn Energieforschung und -technologie müssen doch wohl von der Logik her die zentralen Ziele des energiepolitischen Programms unterstützen. Nach den wiederholten Debatten hier in diesem Raum wissen Sie doch alle, worin diese energiepolitischen Ziele bestehen. Sie liegen erstens in einer Einsparpolitik, in einer Politik des „Weg vom Öl", sie liegen darin, alternative Energien zu fördern, sie liegen darin, unseren heimischen Energieträger Kohle optimal zu fördern, und es geht sicherlich auch um einen vertretbaren, verantwortbaren Anteil im Rahmen der Entwicklung der Kernenergie.
Wenn Sie heute hier die Energiesparpolitik noch einmal in Worten doch so etwas stiefmütterlich behandelt haben, dann wundert mich das, denn wir befinden uns gerade in einer Zeit, in der die Folgen dieser Politik, die weitgehend durch die Forschung unterstützt wird, so offensichtlich sind.
({5})
Sie haben beispielsweise in Ihrem Programm eine denkbar schlechte Perspektive für alternative Energien angegeben. Sie betonen aber hier in mehreren Papieren die bedeutsamen Chancen im Bereich der Solarenergie. Mir scheint das nur schwer zueinander zu passen.
Sie können nicht einerseits von der minimalen Bedeutung alternativer Energien sprechen, aber auf der anderen Seite - aus welchen Gründen auch immer - in dieser einseitigen Weise die beträchtliche Bedeutung der Solarenergie herausstellen. Von Geothermik, von Windenergie und anderen Technologien ist in Ihrer Programmatik keine Rede.
Wir dagegen haben das auf sehr viel breitere Beine gestellt.
({6})
Ich meine auch, daß die Erfolge sehr gut vorzeigbar sind. Wir haben in der Tat neue Technologien über die bis dahin noch nicht vorhandene marktwirtschaftliche Rentabilitätsschwelle hinweggehoben, und zwar durch Information, durch Beratung und durch materielle Möglichkeiten. Ob dann die Markteinführung diese ausschlaggebende Bedeutung haben soll, wie ich es Ihren Worten entnommen habe, Herr Kollege Dr. Bugl, möchte ich angesichts der äußerst differenzierten Unterstützung von Forschung und Entwicklung, die wir gerade im Bereich des Energiesparens und der alternativen Energien gegeben haben, sehr bezweifeln.
Ich habe hier nur sehr wenig Zeit
({7})
und möchte daher jetzt auf den zweiten Bereich eingehen: Förderung der heimischen Kohle. Es ist ja wohl offensichtlich, daß die Kohle große Unterstützung erhalten hat, um ihre Chancen wahrzunehmen, um in bisher nicht voll ausgenützte Verwendungsbereiche, in den Wärmemarkt verstärkt einzudringen, auch mittels neuer Technologien; Stichwort: Wirbel-schichtverfahren.
Aber es muß auch deutlich sein, daß die Lösung eines Teils der Umweltprobleme, die mit dem Einsatz der Kohle einhergehen - das hat sich in dem Programm ausgedrückt -, durch das Forschungs- und Technologieprogramm ebenfalls unterstützt worden ist. Wenn man den Blick nach vorne richtet, auch in Kombination mit Kernenergie, so sehen wir eine gewisse Präferenz, eine bessere Chance, wenn man an die neuen Entwicklungen im Bereich des Hochtemperaturreaktors denkt.
Ich sehe auch die Möglichkeit der Vergasung von Kohle alles in allem, wenn ich auch die globale Tendenzen einigermaßen richtig einschätze, wohl dem Bemühen und der Rechenbarkeit der Verflüssigung von Kohle vorgelagert. Im übrigen wird es immer noch allemal günstiger sein, Flüssigprodukte aus noch so schweren Ölbeständen bis hin zu Ölsänden herzustellen, als den Feststoff Kohle in Flüssigprodukte umwandeln zu wollen. Der Hochtemperaturreaktor hat, gerade zur Verbesserung des Einsatzes der heimischen Kohle im Bereich der Vergasung, nach unserer Auffassung die Chance einer gewissen Vorrangstellung.
({8})
Sie haben aber, Herr Dr. Bugl, auch gesagt: Schauen wir doch nach Frankreich, um zu erfahren, wie es dort mit der stringenten Umsetzung aussieht, um zu sehen, ob auf Grund von Forschungsaufwendungen, von Forschungsanstrengungen auch Produkte entwickelt werden können. Nun, ich möchte mir das französische Beispiel nicht zu eigen machen. Ich bleibe da lieber bei der sozialen Marktwirtschaft, wenn das auch hier und da Nachteile hat, und gehe nicht auf die französische Planifikation.
({9})
Diesen Tausch möchte ich nicht mitmachen. - Aber das geht damit einher. Man kann nicht nur die guten Dinge eintauschen, sondern dann muß man das System insgesamt wollen,
({10})
dann wird man das System wohl insgesamt nehmen müssen. Dann aber bleibe ich lieber bei der sozialen Marktwirtschaft. - Aber wir werden stärker darauf zu achten haben, daß auch die Industrie, also nicht nur die Stromversorger, einen erhöhten Anteil von Forschungs- und Entwicklungsaufwand übernimmt.
({11})
Das halte ich für unabdingbar. Wir können nur dort Unterstützung geben, wo in Fragen der Sicherheit und des Umweltschutzes nicht so ein unmittelbares Anliegen der Wirtschaft gegeben ist oder wo auch keine Produkte absehbar sind, bei denen man die Aufwendungen über den Preis wieder hereinholen kann. Aber überall dort, wo in der Perspektive ver-kaufbare Produkte als Ergebnis von Forschung und Entwicklung anstehen, muß der Forschungsaufwand irgendwann über den Preis hereingebracht werden.
({12})
Hier müssen wir stärker darauf achten, daß sich die Industrie, insbesondere die Stromversorger stärker engagieren.
Wenn wir schon ins Ausland blicken - ich kann das nicht allen Facetten -, dann schaue ich in diesem Bereich gern in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort hat sich die Elektrizitätswirtschaft nach meiner Erkenntnis in Umlageverfahren zusammengeschlossen, mehrere bedeutsame Forschungsinstitute finanziert und breite Forschungsprogramme im Energiebereich aufgelegt. Ich sehe bei uns von alledem nichts, sondern ich höre immer nur den Appell, den Ruf nach dem Staat, und zwar in, wie mir scheint, doch etwas überzogener Weise. Aber möglicherweise löst sich der Knoten doch noch einigermaßen wohlgefällig in einem Kompromiß auf.
Aber hier gibt es sowohl vom Grundgedanken wie auch von Beispielen her Möglichkeiten für eine bessere Aufgabenaufteilung im Forschungs- und Entwicklungsbereich zwischen dem, was der Staat tun muß, und dem, was man mit Anstand von der Industrie, von der Wirtschaft erwarten kann.
Herr Abgeordneter, ich bitte, zum Schluß zu kommen.
Ich möchte mit Blick auf die Uhr einige Punkte auslassen und zum Abschluß kommen und noch einmal festhalten, daß Ihr Vorwurf, wir hätten gerade im Bereich der Energiesparpolitik nicht genügend Erfolge zu verzeichnen, so nicht stimmt, wie Sie das, Kollege Dr. Bugl, geäußert haben. „Öl ist nicht schlicht durch Gas ersetzt worden", diese einfache Formel im Bereich der Energiepolitik geht nicht auf. Wenn Sie den Verkehrssektor, den Chemiesektor nehmen, dann sehen Sie, daß die Sache sehr viel differenzierter ist. Auch unsere Politik ist, wenn man den Erfolg bilanziert, sehr viel erfolgreicher, als Sie es dargestellt haben.
Es bleiben im Blick auf die Zukunft nach unserer festen Überzeugung zwei Wege von Forschung und Entwicklung zu beschreiten, nämlich einmal der Weg, die Energiesparpolitik und die alternativen Energien zu unterstützen, und zum zweiten der Weg - einige Stichpunkte habe ich in der Kürze anzudeuten versucht -, eine Verbreiterung des Energieangebotes zu unterstützen. Das ist schon in der Vergangenheit geschehen. Ich glaube, da sollten wir auch Begriffe wie den der Option nicht diskreditieren. Ich habe mit Interesse Ihr Programm durchgelesen. Danach haben Sie sich vor drei, vier Jahren sehr für diese verbreiterte Angebotspalette ausgesprochen. Manche Äußerungen nach außen stehen hierzu im Widerspruch.
Herr Abgeordneter, ich bitte, zum Schluß zu kommen.
Wir können pauschal feststellen, daß die Energieforschung und die Energietechnologie, so wie wir sie bisher betrieben haben, erhebliche Schrittmacherdienste für die Umstrukturierung der Wirtschaft geleistet hat. Auch der Beitrag der Energiepolitik zu dieser Umstrukturierung ist erheblich. Das ist aber ein Anliegen, das weit über den staatlichen Bereich hinausgeht und an dem sich die gesamte Wirtschaft und auch die Bürger in noch stärkerem Maße als bisher beteiligen müssen, wenn wir diesen erfolgreichen Weg weiter beschreiten wollen.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Probst.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren! Ich möchte auf das Thema Energieforschung nur mit zwei Bemerkungen eingehen. Sie vermuten bei uns einen Gegensatz, so als ob wir zwar noch für Kernenergie und Kohle seien, dagegen nicht für additive Energien. Diese Vermutung ist völlig falsch. Wir meinen, daß jede Energie genützt werden muß. Wenn Sie den Katalog unserer Anträge sehen, werden Sie feststellen, daß das unsere Grundüberzeugung ist.
({0})
Sodann möchte ich Ihnen zu den „großartigen" Leistungen der Finanzierung der Energieforschung in Deutschland etwas sagen.
({1})
Wenn Sie allein durch Versäumnisse und durch Kernkraftgegnerschaft den Schnellen Brüter von einer Kostenhöhe von 1,5 Milliarden DM auf jetzt über 5,2 Milliarden DM hinaufhieven, dann brauchen Sie nicht mehr zu fragen, wohin die Gelder für die Energieforschung gehen, die woanders auch dringend gebraucht wurden. Das ist eine politische Frage, meine Herren. Damit können Sie sich gar nicht brüsten. Das ist ein Trauerspiel, und zwar gerade dann, wenn Sie einen Vergleich mit Frankreich ziehen.
({2})
Ich will zur allgemeinen Forschungspolitik einige Ausführungen machen. Minister von Bülow hat von seinem Amtsvorgänger zweifellos ein schweres Erbe übernommen. Aber gerade deshalb hätte der Haushaltsplan 1982 ein Dokument für eine forschungspolitische Wende sein müssen. Diese Chance ist leider vertan worden. Niemand wird Minister von Bülow einen Vorwurf daraus machen, daß auch sein Haushalt das Opfer ständig neuer Spardiktate geworden ist. Angesichts der ihm von seinem Vorgänger hinterlassenen ungedeckten Wechsel ist er nicht einmal dafür verantwortlich zu machen, daß
im Forschungshaushalt ein immer größer werdender Schuldenberg von einem Jahr auf das andere weitergewälzt wird. Es sind derzeit schätzungsweise weit über 300 Millionen DM, die j a irgendwann einmal zuschlagen werden.
Wie wenig der Forschungsminister die verfahrene Politik seines Vorgängers in den Griff bekommen hat, wird durch den Haushaltsplan 1982 deutlich, in dem fast alle Fehler der Vergangenheit fortgeschrieben worden sind. Die Forschungsförderung des BMFT ist nach wir vor geprägt durch eine unübersehbare Programmflut ohne Schwerpunktbildungen, durch eine tagesorientierte Antragsabwicklung ohne langfristige Perspektive,
({3})
durch eine auf Systemüberwindung angelegte ideologische Überfrachtung
({4})
sowie durch eine ausgeuferte Forschungsbürokratie, ein institutionalisiertes Beratungsunwesen und eine insgesamt desolate Verwaltung.
({5})
Es bleibt bei der verpfuschten und verfahrenen Forschungspolitik seiner Amtsvorgänger Matthöfer und Hauff. Das ist eine Schmalspurförderung, die sich auf rund 20 staatlich ausgewählte Programme konzentriert.
({6})
Politiker und Beamte maßen sich an, mit dieser Auswahl die richtige Innovation in Gang zu bringen und somit die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen.
({7})
- Seien Sie nur ganz ruhig, Herr Staatssekretär, das ist nämlich gar nicht von mir, sondern von Herrn Broichhausen aus der „FAZ"
({8})
der das 1981 gesagt hat.
({9})
Das gilt für den Haushalt 1982 gleichermaßen.
Nichts dokumentiert diesen forschungspolitischen Irrweg besser als der von Minister von Bülow im Juli vorgelegte Förderkatalog '80, in dem sage und schreibe 6 755 Einzelvorhaben mit einem Förderungsbetrag von 5,7 Milliarden DM ausgewiesen worden sind. Man stelle sich das einmal vor: Da werden vom BMFT zur Zeit nahezu 7 000 Einzelprojekte direkt gefördert, mit der Verwaltung befassen sich 500 Mitarbeiter im Ministerium, rund 700 Mitarbeiter bei den Projektträgern und Projektbegleitern sowie 900 wissenschaftliche Gutachter in 80 beratenden Ausschüssen! Ein solches Forschungsförderungssystem ist beim besten Willen aus sich selbst heraus nicht mehr verwaltbar. Es ist von seiner Struktur her auf Wettbewerbsverzerrungen angelegt, begünstigt Mitnahmeeffekte, erstarrt zusehends in Forschungsroutine.
In diesem durch Wildwuchs gekennzeichneten System weiß die Rechte, wobei dies ohne weiteres der Herr Minister sein könnte, immer weniger, was die Linke tut. Mit „Linke" ist der Staatssekretär nicht gemeint.
({10})
Nach Feststellungen des Bundesrechnungshofes sind bisher noch nicht einmal die Verwendungsnachweise der abgerechneten Projekte vollständig überprüft worden. Auch das gibt es selten in einer staatlichen Behörde.
Minister von Bülow macht sich deshalb etwas vor, wenn er diese Mißstände mit der lapidaren Feststellung zu rechtfertigen versucht, das System der staatlichen Forschungsförderung in der Bundesrepublik verlange eine flächendeckende Förderung. Damit lenkt er davon ab, daß nach der inneren Logik dieses Forschungsförderungssystems „mit der Auswahl von Programmen und Projekten Investitionslenkung und vorausschauende Partei-Programmatik praktiziert wird".
({11})
Das ist wieder vom Herrn Broichhausen aus der „FAZ".
Der vorgelegte Forschungsförderungskatalog ist ein erschreckendes Zeugnis dafür, wie sehr sich dieses die Wirtschaft wie die Wissenschaft in gleicher Weise korrumpierende System inzwischen etabliert hat.
({12})
Hieran haben auch die Sonntagsreden der Herren Lambsdorff und Laermann nicht das Geringste zu ändern vermocht.
Es mag ja durchaus sein, daß aus politisch übergeordneten Gesichtspunkten einzelne Wirtschaftsbereiche aus Haushaltsmitteln subventioniert werden müssen. Nur frage ich mich, warum ausgerechnet der Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie in einem immer stärkeren Maße zu einem Verschiebebahnhof für versteckte Subventionen ausgebaut worden ist.
({13})
Ich erinnere an die umfangreiche Bergbauforschung, die Stahlförderungsprogramme sowie zahlreiche Investitionshilfen für alle möglichen Branchen. Ich bezweifle den Sinn der Hilfen gar nicht. Das kann ich nicht beurteilen. Bloß Forschungsför3778
derung ist das nicht. Das ist eine verdeckte Subventionierung.
({14})
Selbst Behörden einzelner Bundesländer haben kräftig dem Geldsegen des BMFT zugesprochen. So erhielt die Freie und Hansestadt Hamburg 1,2 Millionen DM zur - ich zitiere aus dem Förderkatalog - „Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz des Gerichts durch Einführung von Gruppenarbeit in den Geschäftsstellen". Das ist eine wichtige Aufgabe des Bundesforschungsministeriums angesichts unserer Energieprobleme.
Die Hansestadt Lübeck erhält gegenwärtig ebenfalls 1,2 Millionen DM für „Neue Arbeitsstrukturen in der Kommunalverwaltung der Hansestadt Lübeck" - auch eine wichtige Aufgabe.
Damit nun auch die Hansestadt Bremen nicht leer ausgeht, hat der BMFT ausgerechnet deren Universität damit beauftragt, die Entwicklung neuer Arbeitsstrukturen für den Sozial- und Schreibdienst der Hansestadt Lübeck wissenschaftlich zu begleiten.
({15})
Die Gesamtförderung beträgt dafür rund eine halbe Million Mark, und weil das offenbar nicht ausreicht, gibt es noch weitere 774 000 DM für „Neue Arbeitsstrukturen in der Kommunalverwaltung".
({16})
Als nach wie vor großes Problem erweist sich die von Minister Hauff im BMFT fest etablierte ideologisierte Akzeptanzforschung. Durch sie ist die sogenannte gesellschaftliche Relevanz bewußt zum Kriterium der Vergabe von Forschungsmitteln hochstilisiert worden, was wiederum dazu geführt hat, daß in der Forschungs- und Technologiepolitik in beträchtlichem Maße ideologische, politische und persönliche Interessen an die Stelle sachlich begründeter, objektiver Vergabekriterien getreten sind.
Am Beispiel des Programmbereichs „Humanisierung des Arbeitslebens" läßt sich anschaulich nachweisen, inwieweit die „staatliche Subventionierung einer Allianz zwischen Systemveränderern und Bürokraten" - das ist auch wieder nicht von mir, sondern von Professor Scheuch ({17})
vorangeschritten ist. Dieser Bereich hat sich in zunehmendem Maße zu einem ideologisch überfrachteten Gemischtwarenladen entwickelt. Dabei hat sich vor allem der Bereich der sozio-politischen Themenstellungen zu einer Pfründenwirtschaft für linke „Wissenschaftler" entwickelt.
({18})
Es ist deshalb bemerkenswert, daß Minister von Bülow gerade in diesem Bereich mit seinen Änderungsabsichten gescheitert ist.
Die empirische Sozialforschung ist zu Recht immer wieder in die öffentliche Kritik geraten.
Seit es sie gibt,
- so schreibt Adam, auch in der „FAZ" pflegt ein amtliches Innovationsvorhaben ein ganzes Heer von Begleitforschern in Bewegung zu setzen.
So hätten 8 Millionen DM zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie rund 12 Millionen DM für sozialwissenschaftliche, arbeitswissenschaftliche, technologische und wirtschaftswissenschaftliche Begleitforschung auf den Plan gerufen. Trotz solchen Aufwandes ist der Erfolg solcher Begleitforschung nach. Meinung von Adam dürftig.
({19})
Lassen Sie mich im folgenden noch einige Blüten aus dem HdA-Bereich zum besten geben,
({20})
weil das eine Fundgrube für eine anregende Lektüre ist:
Ein Soziologisches Forschungsinstitut e. V. in Göttingen befaßt sich mit der „Entwicklung routinierter Angestelltentätigkeit in den Verwaltungen der Privatwirtschaft". Wer sich darunter etwas vorstellen kann, der mag sich melden.
({21})
- Ich kann es für Sie, Herr Staatssekretär, wiederholen, damit Sie auf das Programm aufmerksam werden: „Entwicklung routinierter Angestelltentätigkeit in den Verwaltungen der Privatwirtschaft".
Die TU München befaßt sich nun schon im vierten Jahr für 881 000 DM mit der „Entwicklung von Vorschlägen zur Optimierung der Humanfaktoren im Rundfunk-, Fernseh- und Filmbereich".
Ein „Institut für Zukunftsforschung GmbH" - man muß ein GmbH-Institut sein, dann kann man die Gelder leichter verbraten, und dann schaut der Rechnungshof nicht so genau hin - in Berlin befaßt sich für 1,5 Millionen DM mit der „Vermittlung sozialer Kompetenz". Und weil das so viel aussagt, ist es abgekürzt und heißt einfach und schlicht „VSKA".
({22})
Das Institut für Soziologie der FU Berlin befaßt sich für 629 000 DM mit - jetzt kommt es - „Entwicklung und Test von Instrumenten zur Bewertung der partizipatorischen Auswirkungen von in HdAProjekten durchgeführten technischen, organisatorischen und sozialpolitischen Änderungen".
({23})
Der Fachbereich 6 der Uni Bremen untersucht für 777 000 DM „die subjektive Relevanz der Arbeit in krisenhaften sozialen Situationen".
({24})
Das ist einfach Spitze.
Unter dem forschungspolitischen motivierten Vorwand der gesellschaftlichen Relevanz sind aber nicht nur Spielwiesen und Pfründe für linke Gesellschaftwissenschaftler entstanden. Das ist schlimm genug.
({25})
Aber in der Konsequenz noch weit verheerender ist der Tatbestand, daß die Akzeptanzforschung unter Minister Hauff im BMFT in immer stärkerem Maße zu einem politischen Steuerungsinstrument mit dem originären Ziel der Technikverhinderung weiterentwickelt und etabliert worden ist.
({26})
Wozu sind Milliardensummen von Steuergeldern zur Entwicklung von Kerntechnik und der Kommunikationstechniken ausgegeben worden, wenn jetzt die Umsetzung der erfolgreichen Ergebnisse dieser Forschung mit Enquete-Kommissionen und Gegengutachten bewußt verschleppt oder verhindert wird?
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vosen?
Nein.
Für mich ist es mit der Amtspflicht eines Bundesministers unvereinbar, wenn er dem ÖKO-Institut Freiburg eine Zuwendung von 1,6 Millionen DM für eine Untersuchung mit dem Titel „Analytische Weiterentwicklung zur deutschen Risikostudie Kernkraftwerke" erteilt.
({0})
Denn als Sachverständiger ist das ÖKO-Institut doch nur deshalb gewählt worden, weil es gegen Kernenergie ist.
({1})
Damit das ÖKO-Institut auch begründen kann, warum es gegen Kernenergie ist, wurde ihm vom Bundesminister für Forschung und Technologie - nach eigenem Eingeständnis - durch eine „Vorlaufuntersuchung" „Gelegenheit zur Einarbeitung in die schwierige und komplexe Materie" gegeben. - Dies war ein Zitat. - Hier wird vorgebliche gesellschaftliche Relevanz zu dem, was Professor Scheuch zu Recht mit dem „Abkaufen politischer Widerstände" umschreibt.
Angesichts der knapp gewordenen Haushaltsmittel muß sich unsere Forschungs- und Technologiepolitik mehr denn je daran messen lassen, welchen Beitrag sie für unser künftiges wirtschaftliches und soziales Wohlergehen leistet. Dabei heißt das forschungspolitische Gebot der Stunde: Konzentration auf das Wesentliche. Dazu gehört eine kontinuierliche Grundlagenforschung genauso wie eine auf klare Zielsetzung und Stetigkeit bedachte Förderung der institutionalisierten Großforschung und ihrer Einrichtungen. Darüber hinaus sollten jene Forschungs- und Entwicklungsbereiche gezielt gefördert werden, die vom normalen Wissenschaftsbetrieb nicht erfaßt werden und die für die Privatwirtschaft zu risikoreich oder zu aufwendig sind, beispielsweise die Energieforschung, die einen erheblichen Anteil erfordert.
Meine Redezeit ist abgelaufen.
({2})
Ich meine, daß neben diesen zentralen, wichtigen Dingen vor allem die vielen kleinen, heute noch geförderten Dinge bevorzugt durch indirekte Forschungsförderung gefördert werden sollten. Denn die Phantasie der freien Unternehmer ist groß, wenn sie mehr Möglichkeiten haben, das zu tun, was sie selber wollen. Erfolge haben sich in der Vergangenheit bei ähnlichen Programmen gezeigt.
„Ich muß gestehen, daß mich in den Neue-MedienFragen noch mehr als etwa in der Energiepolitik Zweifel begleiten, ob wir es noch schaffen, die politischen und wirtschaftlichen Fronten aufzubrechen." Das hat der Herr Bundesminister vor zwei Tagen in der „Welt" behauptet. Mit dieser Ihrer Sorge, sehr geehrter Herr von Bülow, die ich verstehe, die ich soeben als Zitat vorgelesen habe, haben Sie deutlich gemacht, wie sehr wir Ihnen mit unserem Antrag „Neuorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik" eigentlich aus der Seele gesprochen haben müßten. Da Sie dies selber in Ihrer Partei aber nicht mehr zu ändern vermögen, haben Sie damit zugleich deutlich gemacht, wie sehr es gerade in der Forschungs- und Technologiepolitik höchste Zeit für eine poltische Wende in Deutschland ist.
({3})
Das Wort hat der Herr Abgeordneter Dr. Steger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das die Wende für Deutschland ist, Herr Probst, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht! Wenn ich Ihre Rede richtig verstanden habe, besteht die gesamte Neuorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik für Sie darin, daß Sie Stilblüten in wissenschaftlichen Gutachten ausmerzen wollen. Viel mehr habe ich aus Ihrer Rede nicht entnommen. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie sollten lieber Ihren Antrag mit dem großen Titel „Neuorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik" umbenennen in: Banalitäten der Forschungs- und Technologiepolitik; denn mehr ist das tatsächlich nicht gewesen.
Sie produzieren hier Anträge wie Karnickel Junge. Es ist wohl eine berechtigte Strafe des Präsidiums, daß wir dann immer dazu verdonnert werden, sie um Viertel vor zehn abends zu behandeln.
({0})
Ich habe nur eine Bitte: Wenn Sie nächstens schon so viele Anträge produzieren, lassen Sie sie uns auch in einem Rutsch abhandeln, Herr Lenzer. Denn ich verstehe z. B. nicht, warum Sie sich so hartnäckig weigern, Ihren Antrag für Großforschungseinrichtungen auf die Tagesordnung zu setzen. Zweimal im Ältestenrat! Wir haben immer gesagt: rauf auf die Tagesordnung, gehört in den Zusammenhang „Neuorientierung"; denn da muß man ja auch über Forschungseinrichtungen reden. Sie sagen immer: Nee, wollen wir nicht, weil, was weiß ich, der Berichterstatter nicht da war oder sonst was.
({1}) Das finde ich nicht richtig.
Wie sehen denn die berühmten Alternativen aus, mit denen Sie den Wechsel herbeiführen wollen?
({2})
So habe ich Herrn Probst verstanden.
({3})
- Wissen Sie, Herr Engelsberger, Sie müssen sich doch wirklich was schämen. Seit drei Jahren gibt es in der freien Welt keine Wahl, wo nicht die Regierung in die Opposition geschickt wird. Nur in der Bundesrepublik Deutschland war die Opposition nicht in der Lage, die Regierung zu stürzen, und zwar bei Wahlen nicht und zwischen Wahlen erst recht nicht.
({4})
Also, Herr Probst, lassen wir das. Ich hatte kürzlich die Ehre, in Garching zu sein, einen ganzen Tag, ein bezauberndes Städtchen, furchtbar nette Leute da überall. Aber Ihre Rede war noch nicht einmal Niveau eines Garchinger Stammtisches. Das war noch drunter.
({5})
Ich komme noch einmal zu den Banalitäten Ihres Antrages. Da steht: Der Deutsche Bundestag sieht in Wissenschaft und Forschung eine wesentliche Grundlage für die Gestaltung unserer Zukunft. Welch ein wahrer Satz, Herr Probst! Der kann mit all dem konkurrieren, was Sie an Stilblüten aus den Studien vorgelesen haben.
({6})
Diese praktizierte „sozialdemokratische Forschungs- und Technologiepolitik"
({7})
- Schätzchen, das machen wir gleich schon - ist also angeblich bürokratisch, risikofeindlich und zukunftsblind. Da frage ich mal: Was waren denn bislang Ihre Alternativen im Ausschuß? Da hat der Herr Gerstein es geschafft, diesen Ausschuß dreimal mit dem Algenforschungsinstitut in Dortmund zu beschäftigen, weil er als verhinderter Oberbürgermeister-Kandidat dort versucht hat, das risikofeindliche Verhalten von Beschäftigten, die nicht mehr an
der Spitze des wissenschaftlichen Fortschritts marschieren, abzudecken.
({8})
- Ja, das waren die Alternativen der Opposition im Ausschuß. Da motzten Sie über das Öko-Institut. Aber über das Mißmanagement bei „Interatom", Herr Probst, da sollten Sie auch mal ein bißchen reden,
({9})
wenn Sie schon hier eine andere Politik machen wollen.
Dann kommt der nächste Punkt: Subventionscharakter habe die ganze Forschungspolitik. Herr Bugl fordert Markteinführungshilfen, was eine schöne Umschreibung für die Subventionierung von bestimmten ökonomischen Tatbeständen ist.
({10})
Dann machen Sie einen Antrag zur Energieforschung - um zum Punkt 1 zu kommen, wo Sie an sich konkret werden sollten -, und wie sahen Ihre Anträge in den gestrigen Haushaltsberatungen zum Kap. 30 05 aus? Nichts. Absolute Funkstille haben Sie da geboten.
({11})
Es geht weiter: Die stetige und angemessene Förderung der Grundlagenforschung ist sicherzustellen. Wir haben j a, gemeinsam sogar, einmal einen schönen Antrag verabschiedet. Die Bundesregierung wird demnächst einen Bericht über das Ergebnis der Verhandlungen mit den Ländern vorlegen. Ich sage Ihnen: Das wird eine ganz spannende Sache. Da werden wir z. B. mal gucken, wie das in Baden-Württemberg aussieht, Herr Bugl. Aber die Debatte führen wir dann.
Zum dritten haben Sie dankenswerterweise die Prüfungsaufträge, die die Koalition im wesentlichen bei den letzten Haushaltsberatungen an die Bundesregierung gegeben hat, hier noch einmal aufgenommen. Wie wahr! Nur, in dem Rahmen, in den Sie das stellen, wird das natürlich zusätzliche Subventionierung und sicher nicht eine Verbesserung des Instrumentariums der Forschungs- und Technologienpolitik.
Und wenn Sie über die Verfügbarmachung von Risikokapital reden, muß ich Ihnen sagen: Wer führt denn mit seiner ständigen Kritik, basierend auf dem Bundesrechnungshof, dazu, daß sich die Wagnisfinanzierungsgesellschaft nicht wie eine Wagnisfinanzierungsgesellschaft verhalten kann? Sie sind es doch, die durch Ihre ständige, völlig fehlinterpretierende Kritik von Einzelpunkten, die der Bundesrechnungshof aufgegriffen hat, die WFG gerade dazu zwingen, eben nicht risikoreiche Projekte zu fördern. Dies müssen Sie sich doch mal überlegen: ob das, was Sie bislang an Kritik im Einzelfall geboten haben, nämlich daß Sie versucht haben, irgendwelche Gutachten des Bundesrechnungshofs dem Bundesforschungsministerium um die Ohren zu hauen, nicht gerade dazu geführt hat, daß die Beamten sich einmal, zweimal, dreimal und viermal absiDr. Steger
chern, und eben genau das, was Forschungs- und Technologiepolitik sollte, nämlich die Förderung von Innovation, zumindest erschwert hat. Das würde ich Ihnen mal als Hauptaufgabe stellen.
({12})
- Natürlich ist er wichtig genug. Aber es taucht doch das Problem auf - das müssen Sie doch bitte mal als Zielkonflikt begreifen -: Wenn Sie Innovationen nach den Maßstäben der Bundeshaushaltsordnung finanzieren wollen, gibt es Schwierigkeiten. Auf der anderen Seite sagen Sie ja, das sei auch notwendig.
({13})
Vierter Punkt: Abbau aller direkt geförderten Projekte, die vorwiegend Subventionscharakter haben und wenig die Mobilisierung des Innovationspotentials fördern. Da hätten wir ja gern mal Beispiele gehört.
({14})
- Ja. Na gut. Aber es wäre ja Aufgabe der Opposition, Herr Lenzer, mal ein bißchen mehr zu tun, als Dinge nachzuvollziehen, die die Bundesregierung gemacht hat. Wir erkennen dankbar an, daß Sie diese Bundesregierung für sehr kompetent halten; auch den neuen Minister.
({15})
Es ist j a kein Zufall, daß alle seine Vorgänger befördert worden sind. Deswegen werden wir uns auch nicht durch Ihre Neuorientierung beeinflussen lassen.
({16})
Denn wir glauben nicht, daß eine Neuorientierung der Forschungs- und Technologiepolitik tatsächlich nötig ist. Was haben wir denn in den letzten vier oder vielleicht sechs Jahren gemacht? Wir haben die damals von Stoltenberg begonnene Förderung weniger großtechnischer Schlüsselbereiche - Kernenergie, Datenverarbeitung, Luft- und Raumfahrt - ausgeweitet zu einer allgemeinen - ({17})
- Also diesen Zwischenruf will ich Ihnen sehr eindeutig beantworten. Im Gegensatz zu Herrn Lenzer würde ich nicht kneifen, wenn ein Kernkraftwerk in meinen Wahlkreis käme.
({18})
Was wollen Sie denn nun? Auf der einen Seite sagen Sie, die Förderpolitik der Bundesregierung sei zu schmalspurig angelegt. Aber wenn ich schildere, wie wir zu einer breiten Mobilisierung des Innovationspotentials gekommen sind, sagen Sie: Gemischtwarenladen. Ich respektiere ja Ihre Rolle als Foxterrier des Ausschusses; aber irgendwo müssen Sie konsequent bleiben.
Wir haben versucht, eine Förderkette aufzubauen, die von der Grundlagenforschung bis zur Markteinführung reicht. Da wird man sicher im Hinblick auf Erfahrungen über die Effektivität des Instrumentariums im Einzelfall reden müssen - aber über die Effektivität des Instrumentariums; und man sollte hier nicht mit ordnungspolitischen Pauschalurteilen kommen, die Sie pflegen.
Wir haben zweitens versucht, die Schnittstellen zwischen Gesellschaft und technologischer Entwickclung exakter zu definieren, ihre Probleme zu erkennen und einiges zur Beseitigung dieser Probleme zu tun.
Herr Probst, ich muß Ihnen ganz deutlich sagen: Wie Sie sich hier über das Programm „Humanisierung des Arbeitslebens" geäußert haben, das war ein Schlag ins Gesicht all derer, die unter schwierigen Arbeitsbedingungen ihren Lohn und ihr Brot verdienen müssen.
({19})
Daß sich die Bundesregierung dieses Themas angenommen hat, war eine absolute gesellschaftspolitische Notwendigkeit. Daß unzumutbare Arbeitsbedingungen nicht am Fließband bestehen, sondern sich auch bei den Dienstleistungsberufen und im öffentlichen Dienst finden, können Sie sogar beim Deutschen Beamtenbund nachlesen, der ja nun unverdächtig ist, eine sozialistische Organisation zu sein.
({20})
Dieser Deutsche Beamtenbund hat nämlich auch gefordert, daß die Humanisierungsprojekte im öffentlichen Dienst durchgeführt werden.
({21})
- Natürlich reden wir auch von der Begleitforschung. Das ist eine ungeheuer wichtige Sache, daß die Sozialwissenschaftler wirklich in die Betriebe gegangen sind, daß sie sich die Arbeitsbedingungen dort angeschaut haben, daß sie sich mit konkreten technischen, sozialen und arbeitsrechtlichen Problemen haben auseinandersetzen müssen, statt immer hinter dem Schreibtisch zu sitzen.
({22})
Sie wollen immer nur diese Philosophie à la
Scheuch, aber nicht, daß auch die Sozialwissenschaften ihren Beitrag dazu leisten, daß sich die Lebens3782
und Arbeitssituation der arbeitenden Menschen in dieser Republik tatsächlich verändert.
({23})
- Wissen Sie, wodurch es geschädigt wurde, Herr Gerstein? Durch Ihre Kritik ist es mehr geschädigt worden als durch die vielleicht vorhandene eine oder andere Stilblüte eines Hochschulabgängers, die sich in den Gutachten wiederfindet.
({24})
- Nein. Was Sie gemacht haben, ist die alte Arroganz eines preußischen Bergassessors, der eben nicht begriffen hat, daß wir - ({25})
- Na, die Kohle, die Sie gefördert haben!
({26})
- Herr Engelsberger, schauen Sie einmal in meinem Lebenslauf nach. Dann werden Sie die Jahre meiner Berufstätigkeit unschwer feststellen können, und zwar auch da, wo ich richtig die Rentenversicherung geklebt habe. Gerade weil ich ein Produkt unserer Bildungsreformpolitik bin, weiß ich, wie wichtig es ist, daß diese Dinge weitergehen.
Zusammengefaßt möchte ich folgendes sagen. Herr Barzel hat einmal gesagt „So nicht!" Da ging es um ganz andere Fragen. Aber dies gilt im Moment sicherlich für die Alternativen der Opposition in der Forschungs- und Technologiepolitik und ist dort voll zutreffend. - Schönen Dank.
({27})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Timm.
Herr Präsident! Fast hätte ich gesagt: Herr Bürgermeister. Bei dieser kleinen Runde hier komme ich mir fast vor wie im Gemeinderat.
({0})
Das ist das Beeindruckende: Wenn man hier so spät am Abend zu sprechen hat, braucht man sich nicht so viele Gesichter einzuprägen. Die meisten kennt man.
({1})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Deutschen Bundestag sieht man die Wissenschaft und die Forschung im wesentlichen als Grundlage für die Gestaltung unserer Zukunft. Das steht im Antrag der CDU/CSU-Fraktion, und das steht auch in unserem Antrag für den Ausschuß für Forschung und Technologie. Dem ist im Grunde nichts hinzuzufügen. Ich würde höchstens einen Begriff ausbessern und sagen: für die Gestaltung einer menschlichen Zukunft.
Jetzt wird hier aber ein Antrag vorgelegt, der den Beweis antreten soll, als sei die bisherige Forschungs- und Technologiepolitik diesem Ziel nicht mehr unterzuordnen, als sei sie parteiorientiert und im Grunde schlecht.
({2})
Das sind kräftige Worte, die Sie in den Antrag geschrieben und die Sie, Herr Dr. Probst, hier eben auch gebraucht haben, wenn es zum Teil auch nur ein Nachreden von kräftigen Worten war.
Bezüglich der Energiepolitik ist mir ein Beispiel aufgefallen, das Sie genannt haben. Sie haben uns mit Frankreich verglichen. Sie wissen doch genau wie wir alle, daß wir in der Kernenergiefrage im Grunde mit Frankreich gar nicht zu vergleichen sind.
({3})
Wir haben hier ein sehr extensives Bürgerrecht. Wir können jetzt nicht im Umkehrschluß anfangen, eine Knüppel-aus-dem-Sack-Politik zu betreiben. Ich glaube, damit können wir unsere Probleme der Durchsetzung von solchen Anlagen - und die Probleme haben wir nun einmal - nicht lösen.
({4})
- Das Akzeptanzproblem ist hier sicherlich sehr viel deutlicher als in Frankreich.
Mir fallen bei Ihrem Antrag zwei Dinge auf. Ein so gestellter Antrag, wie Sie ihn vorgelegt haben, kann doch von vornherein nur den Zweck erfüllen, abgelehnt zu werden.
({5})
Die vielfältigen Entscheidungen zur Forschung und Technologie, die Sie hier als „alte Gleise" bezeichnet haben, waren doch fast immer auch gemeinsame Gleise. Ich denke zum Beispiel an den Beschluß zur Grundlagenforschung im März 1980. Sie sagen, der Minister sei nicht kräftig genug, aus diesen Gleisen herauszukommen. Wir haben alle eine Nase, an die wir uns dabei fassen dürfen.
Zu Zeiten voller Kassen, als man Mittel aus dem Vollen schöpfen konnte, war es ja durchaus möglich, die Grenzen zwischen notwendiger zukunftsorientierter Forschungsförderung und Subvention zu verwischen, sie nicht so genau zu markieren. Ich finde, das war im ganzen gesehen im Grunde gar nicht einmal schädlich; denn machen wir uns doch nichts vor: Viele von Ihnen - wenn ich mich dabei einmal als „Neuen" bezeichnen darf - sind doch froh gewesen, daß Forschungsförderung auch etwas für den Arbeitsmarkt getan hat. Wenn diese Programme, die hier zitiert worden sind und von denen nach den vorliegenden Ergebnissen sicherlich erhebliche Abstriche zu machen gewesen wären, nicht gelaufen wären, dann hätten Sie auch in der Opposition flugs welche erfunden, daß man sie einführe, um dann zu
sagen: Das ist Forschungsförderung. Sie lehnen das heute ab. Das hätten wir wahrscheinlich auch getan. Wir lehnen heute auch manches ab. Aber tun wir doch nicht so, als seien alle diese Programme nur als Subvention zu betrachten! Damals war wahrscheinlich dabei eine ganz andere Meinung zugrunde zu legen.
Gleichwohl zwingt uns unsere heutige finanzielle und wirtschaftliche Situation, nicht nur diese Grenze zur Subvention klarer zu ziehen, wir haben vielmehr unsere Mittel so sinnvoll einzusetzen, daß nach objektiver Vorausschau die notwendige Erneuerung unserer Zukunftsgestaltung dabei herauskommt. Eine angemessene staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung ist notwendiger Bestandteil einer vorsorgenden Politik. Ich meine, Umorientieren und Neuorientieren, wie Sie es fordern, darf nicht heißen, die Forschungs- und Technologieförderung einer Sparwillkür anheimfallen zu lassen. Es muß wesentlicher Bestandteil unserer Überlegungen sein - das ist hier heute schon mehrfach angeklungen -, Hersteller oder Betreiber und Nutzer an offensichtlich nicht oder nicht mehr förderungsnotwendigen Vorhaben zu beteiligen. Der eigenen Kreativität in diesen Bereichen sind ja im Grunde auch keine Grenzen gesetzt.
Ich meine, Wissenschaft und Forschung sollen auch in Zukunft ohne verstärkte inhaltliche Einflußnahme des Staates Grundlagenforschung betreiben können. Dazu ist nicht nur Stetigkeit der Förderung erforderlich. Eine verstärkte Kooperation zwischen den relevanten Einrichtungen - z. B. Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Wirtschaft, Industrie, auch Verwaltung; das Thema klang hier heute auch schon einmal an -, ist ebenso notwendig, um den Transfer der wissenschaftlichen Erkenntnisse sicherzustellen und zu verbessern.
Eine bessere Mobilität und vielleicht auch mehr individuelle Entwicklungsmöglichkeiten der in diesen Einrichtungen Tätigen - insbesondere im Bereich der Forschung und Lehre, insbesondere auch des Nachwuchses - können durch eine Reform der Personalstruktur erreicht werden. Wir haben Beispiele dafür gefunden - z. B. in Berlin an der Technischen Universität, aber auch beim VDI-Technologie-Zentrum -, daß Möglichkeiten des Übergangs aus der Forschung und aus der Lehre in die Industrie und in die Wirtschaft durchaus positive Erfolge haben. Erkenntnisse sollen der Modernisierung der Wirtschaftsstruktur unseres Landes und einer vorausschauenden marktwirtschaftlichen Strukturpolitik dienen.
Investitionen im Bereich der Forschung und Entwicklung sollen auch zur Einrichtung neuer qualifizierter Arbeitsplätze führen und in Zukunft zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitragen. Dazu gehört eben auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit, die zu erreichen ist, wenn direkte projektgebundene Forschungs- und Entwicklungsförderung durch den Staat befürwortet wird, die nur eingeschränkt werden sollte auf zu großes Risiko, zu großen Finanzbedarf und staatliche Aufgaben von gesamtgesellschaftlichem Interesse, z. B. im Gesundheitswesen, beim Umweltschutz oder aber auch bei der Verbesserung der Lebensbedingungen. Einseitige Begünstigungen von Großunternehmen sind durch Ausrichtung der Förderinstrumentarien für kleine und mittlere Unternehmen zu vermeiden.
Ein Punkt, der uns Politiker fordert, ist es, das Instrument der indirekten Forschungsförderung kritisch zu überprüfen. Dazu müssen unsere Ausschüsse tätig werden. Sie müssen weitere Maßnahmen erarbeiten, z. B. im Bereich der steuerlichen Vergünstigung, der Erhöhung der Abschreibung für Investitionen im Forschungs- und Entwicklungsbereich, der steuerlichen Entlastungen bei Investitionen in diesem Bereich, der Fortentwicklung, eventuell aber auch der Bewertung der Personalkostenzulage. Da haben wir einzugreifen.
Mittelfristig sollten wir auch einmal die Frage von Ressortzuständigkeiten für einzelne Forschungsinstitutionen überprüfen. Ich kann mir gut vorstellen, daß durch eine optimalere Zusammenfassung auch Kosten gespart werden können. Das gleiche gilt auch für bestimmte Aufgabenzusammenfassungen. Ich habe ja auch schon einmal im Ausschuß etwas darüber gesagt.
Wenn wir schon bei Sparüberlegungen sind, dann kann auch die Forschungsverwaltung nicht ungeschoren davonkommen.
({6})
Der Punkt „Aufwand für Berater, Projektträger und Projektbegleiter" ist ein wesentlicher Punkt. Dieser Aufwand ist zu hoch. Er muß auch nach meiner Auffassung deutlich reduziert werden. Mir haben sich meine liberalen Nackenhaare gesträubt, als ich das im Ausschuß teilweise sah, als wir den Haushaltsplan durcharbeiteten.
({7})
- Wir haben das ja auch im Ausschuß eingehend erörtert. Ich finde das auch gut.
({8})
- Ich habe ja auch von „hier" gesprochen. Ich spe-che ja auch für die Regierungskoalition.
({9})
Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, der Forschungs- und Technologiepolitik neue Impulse zu geben, trotzdem Einsparungen zu tätigen und mit den geringen Finanzmitteln für zukünftige Erneuerung zu sorgen. Wir sollten uns im klaren darüber sein, daß forscherischer Geist und technologischer Fortschritt den Maßstab an sich legen lassen müssen, wie sie die Zukunftssicherung unserer Menschheit erreichen wollen. Andererseits sollten wir uns auch darüber im klaren sein, daß wir unsere Zukunft ohne technischen Fortschritt nicht meistern werden.
Forschung und Entwicklung sind nicht in dem eng begrenzten Raum unseres Landes oder unseres Kontinents zu sehen - vielleicht das noch als letzten Beitrag -, wenn wir über Mittel und Wege dazu
streiten. Ein großer Teil dessen, was wir für unsere Zukunft tun, erwartet auch seinen Einsatz in den ärmsten Ländern unserer Welt. Wir haben hier eine gewaltige Verantwortung im Bereich der Forschung und Technologie. Der Aspekt unserer Entwicklungspolitik zum Abbau des Gefälles zwischen Arm und Reich muß auch unsere Forschung und Technologie zu Leistungen für den Menschen beflügeln, denn wir haben dafür zu bezahlen, so oder so.
({10})
Das Wort hat der Bundesminister Dr. von Bülow.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bugl, zur Energieforschung und Energietechnologie und zum neuen Energieforschungsprogramm möchte ich eigentlich keine längeren Ausführungen machen. Ich kann Ihnen einen Adventskalender überreichen, an dem Sie jeden Tag eine Fensterchen aufmachen können. Wenn Sie das diszipliniert gemacht und durchgehalten haben, dann werden Sie am 24., nämlich am 16. Dezember das Kabinett in seiner Beschlußfassung über das Energieforschungsprogramm sehen. Dann kann der Ausschuß sich damit beschäftigen.
({0})
- Das ist ein Weihnachtsgeschenk. Sie werden es über Weihnachten sicher studieren und Seite für Seite lesen. Dann können wir uns in den Januartagen über die Frage unterhalten, ob das bisherige Programm Erfolge gebracht hat, welche Erfolge es gebracht hat und in welche Richtung es fortgeschrieben werden soll.
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- Wenn es sein soll, auch ein paar Plätzchen dazu. Ich fürchte, wir haben eher zuviel Plätzchen zu erwarten.
Sie haben da ein schönes Buch vor sich liegen, das ich - das muß ich gestehen - noch nicht gelesen habe, weil es das Jahr 1980 betrifft und nicht das Jahr 1981. Das Buch macht uns insofern Sorge, als es die gesamten Forschungsaktivitäten der Bundesrepublik, wenigstens soweit sie von Bundesseite unterstützt werden, offenlegt. Es ist ein heißbegehrtes Instrumentarium bei einigen Attachés, die sich um entsprechende Nachrichten zu kümmern haben. Wir sind hier, glaube ich, sehr offenherzig in unserer Technologiepolitik. An sich ist das zu begrüßen. Es wäre zu begrüßen, wenn andere Staaten das genauso machten.
Daß Sie dort Stilblüten finden, ist nahezu selbstverständlich. Ich habe einmal im Haushaltsausschuß zu diesem Thema gesagt, jedes Fremdwort müßte mit 10 000 DM Geldkürzung geahndet werden. Dann würde diese Wissenschaft teilweise verständlicher werden.
({2})
- Nein, es ist eine sehr mühsame Methode, den Etat auszugleichen. Es ist auch keine ganz gerechtfertigte, weil auch die Techniker natürlich über ihre Fachsprache verfügen.
({3})
- Völlig richtig. Da sind wir uns einig. Nur müssen Sie sehen, daß, wenn man Sozialwissenschaftler, Soziologen dazu bringen will, sich unmittelbar mit der Wirklichkeit zu beschäftigen, das dann zumindest in der Bundesrepublik Deutschland ein erheblicher Lernprozeß ist.
({4})
Wir hoffen sehr, daß wir im Laufe der Zeit gerade in der Begleitforschung zu dem HdA-Programm eine Sprache finden, die auch z. B. Betriebsräte verstehen. Das ist eine deutliche Kritik, die zu akzeptieren und an diejenigen weiterzugeben ist, die sich dafür einsetzen.
({5})
Ich möchte den herabsetzenden Bemerkungen über das Programm „Humanisierung der Arbeitswelt" entgegentreten. Die Arbeitnehmerschaft steht weiß Gott in schwierigsten Umstellungsprozessen, die zu bewältigen sind. Es geht im Grunde genommen alles nach der Methode, die Arbeit in einzelne Fertigungsteile zu zerstückeln, die Inhalte zu entleeren. Wer dort arbeitet, gleicht manchmal einem geplagten Roboter. Wir müssen uns überlegen, wie wir in dieser zu immer höheren Stückzahlen kommenden Welt, zu immer größerer Hektik, zu immer größerem Streß getriebenen Arbeitswelt dagegen wirken können. Ich glaube, das Programm zur Humanisierung der Arbeit ist da ein guter Ansatzpunkt. Es ist übrigens auch bei konservativen Regierungen in Europa inzwischen ein Renner. Ich war gerade in Norwegen bei der neuen konservativen Regierung. Wo sie zusammenarbeiten will, ist im Bereich der Humanisierung der Arbeitswelt. Bei den Engländern ist es genau dasselbe. Machen Sie also dieses Programm nicht so schlecht.
Ich würde auch vorschlagen, daß Sie Ihre Kritik, sofern Sie sie an einigen Projekten und Programmen haben, so weit verdichten, daß Sie bei der Beratung des Haushalts in Ihrem Ausschuß die entsprechenden Kürzungsanträge stellen.
({6})
- Dazu hat es bisher Anträge überhaupt nicht gegeben. - Von daher sehe ich der konstruktiven Mitarbeit im Jahre 1982 für den Haushalt 1983 mit Freude entgegen.
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Wenn wir darüber reden, wie die wirtschaftlichen und sozialen Probleme, vor denen wir zur Zeit stehen, gelöst werden können und welchen Beitrag die Forschungspolitik dabei leisten kann, müssen wir uns zunächst fragen, wie diese Probleme entstanden sind. Es gehört zur Routine der öffentlichen Podiumsdiskussionen, auf die Veränderungen in der internationalen Arbeitsteilung hinzuweisen, starke
Preisverschiebungen für Öl in den 70er Jahren als Erklärungsmuster heranzuziehen und die Gefahren eines Verdrängungswettbewerbs durch die japanische Industrie zu beklagen. Das ist sicher nicht falsch, auch wenn die Opposition die objektiven Probleme in Diskussionen zum Fenster hinaus oft nicht so wahrhaben möchte.
Um so ernster müssen Anzeichen dafür genommen werden, daß in wichtigen Zukunftsindustrien, von denen in der Zukunft Millionen Arbeitsplätze abhängen, in der Bundesrepublik scheinbar oder tatsächlich die Kraft nachgelassen hat, neue Technologien in Innovationen umzusetzen. Zwar ist bemerkenswert, daß die deutsche Exportindustrie nach wie vor mit veränderten Währungsrelationen an den Weltmärkten eine führende Rolle spielt. Wir sind pro Kopf der Bevölkerung das exportstärkste Land der Welt. Der Exportüberschuß allein im Maschinenbau betrug 1980 37 Milliarden DM.
({8})
Unser Maschinenexport ist in absoluten Zahlen immer noch doppelt so hoch wie der Japans. Es ließe sich eine Reihe anderer, sehr erfolgreicher Branchen anführen. Mir scheint jedoch, unsere immer noch anhaltenden unbezweifelbaren Erfolge auf den Weltmärkten haben dazu geführt, daß wir in den vergangenen Jahren einige deutliche Warnzeichen nicht ernst genommen haben und in der Auseinandersetzung darüber auf Nebenkriegsschauplätze ausgewichen sind.
({9})
Die politischen Auseindersetzungen zwischen Regierung und Opposition über Technologiepolitik und Innovationen, aber auch das Gespräch zwischen Staat und Wirtschaft über diese Themen wurden zu oft über Verfahrensfragen geführt - der Antrag der CDU/CSU ist ein weiteres Beispiel dafür - und viel zu häufig ist die Diskussion über zukunftsorientierte wirtschaftliche Strukturen dabei zu kurz gekommen. Das Ergebnis war, daß die fruchtbare inhaltliche Auseinandersetzung über die Schwerpunkte der Forschungspolitik und der Forschungsförderung in Monologen stattfindet, statt den ernsthaften Versuch zu machen, gemeinsam in diesem Haus einen Konsens über die künftigen Wirtschaftsstrukturen dieses Landes zu erarbeiten, einen Konsens darüber, von welchen Industriezweigen wir in Zukunft leben wollen und vor allem leben müssen, statt darüber zu beraten, wie wir auch in den 80er Jahren wirtschaftliche und soziale Stabilität gewinnen und erhalten können, wie wir die im internationalen Vergleich zwar noch immer relativ niedrige, aber doch sehr beunruhigende Arbeitslosigkeit endlich wieder in den Griff bekommen können.
({10})
Unsere zentrale Aufgabe ist es, durch gezielte Forschungsförderung, aber auch durch Abbau und Umschichtungen von Erhaltungssubventionen in zu: kunftweisende Bereiche die wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze der Zukunft schaffen zu helfen. Ein tragfähiges Konzept für den Beitrag der Forschungspolitik zur Modernisierung unserer Wirtschaft muß nach meiner Auffassung auf drei Säulen stehen.
Erstens: Grundlagenforschung. Über diese erste Säule werden wir uns in diesem Haus verständigen können. Daran habe ich keinen Zweifel. Die Grundlagenforschung muß den Raum behalten, in dem sich neue Ideen entwickeln, in dem unsere besten Köpfe nicht nur gute Arbeitsmöglichkeiten vorfinden, sondern auch Dynamik in sich verändernden Schwerpunkten der Grundlagenforschung.
Auch die Forschungspolitik muß in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten ihren Beitrag zu einem Sparkonzept der öffentlichen Haushalte leisten. Das steht außer Frage. Davon kann die Grundlagenforschung, die immerhin ein Drittel des BMFT-Haushalts ausmacht, nicht völlig ausgespart werden, aber wir müssen mittelfristig bedenken, daß wir am falschen Ort sparen würden, wenn wir in der Forschung zuviel streichen. Wir müssen hier eher antizyklisch arbeiten. Es ist z. B. unsinnig, daß die Haushaltssystematik nahelegt, wir würden bei einer Streichung im Forschungsbereich konsumtive Ausgaben kürzen. Nein, wir greifen in Investitionen für die Zukunft ein, wenn wir Forschungseinrichtungen und Forschungsförderung in der Industrie kürzen.
Es muß der Freiheit der Forschung nicht nur in Sonntagserklärungen Raum gegeben werden, sondern die allen Bürokratien nun einmal eigene Tendenz zur Reglementierung muß bekämpft werden. Ich sehe deshalb mit Sorge, daß Sparbeschlüsse in Bund und Ländern den Forschungseinrichtungen nicht nur als ein zu erbringendes Ergebnis auferlegt werden, sondern in allen Einzelheiten, etwa bei den Stelleneinsparungen, im voraus festgelegt werden. Wir müssen bei notwendigen Einschränkungen erst recht Antrieb und Freiraum geben, damit sich die Orientierung hin auf neue Felder vollziehen kann.
Die Dynamik neuer Schwerpunkte muß sich auch in der grundlagenorientierten institutionellen Forschungsförderung widerspiegeln; sie kann kaum von oben verordnet werden. Die Forschungspolitik war nie eine Insel, abgekoppelt von den politischen Aufgaben anderer Ressorts. Sie kann es in den 80er Jahren noch viel weniger sein, es kann auch nicht allein ihre Aufgabe sein, zu versuchen, einen Konsens über die Wirtschaftsstruktur der Zukunft mit der Wirtschaft zu erarbeiten. Das geht nur in enger Abstimmung mit der Wirtschaftspolitik. Deshalb sehe ich es als die zweite wichtige Aufgabe der nächsten Jahre an, diese Diskussion auch innerhalb der politischen und wirtschaftlichen Gremien führen zu helfen.
Ich bin überzeugt, daß Anpassungsprozesse vor allem durch Marktkräfte wirkungsvoll herbeigeführt werden. Aber dabei muß in Rechnung gestellt werden, daß Marktkräfte eben nur dann rechtzeitig funktionieren, wenn es sich auch im internationalen Maßstab um einen marktwirtschaftlichen, von äußeren Eingriffen freien wirtschaftlichen Entwicklungsprozeß handelt. Wer wollte aber behaupten, daß die Preisverschiebungen im Energiebereich, daß der stürmische Aufschwung in den neuen Technologien, der Mikroelektronik, der Lasertechnik, der Beherrschung komplexer Software-Systeme, der Bild3786
technik und anderen Technologien, bei unseren Hauptkonkurrenten an den Weltmärkten allein von Marktkräften herbeigefügt worden wäre?
Staatliche Geburtshelfer standen an der Wiege vieler neuer Technologien, nur stand die Wiege in den letzten zehn Jahren häufig nicht bei uns.
({11})
Suchen Sie einen namhaften Lasertechniker in den USA, dessen Entwicklungsarbeiten nicht irgendwann durch öffentliche Forschungs- und Beschaffungsaufträge wesentlich finanziert worden sind. Suchen Sie eine führende amerikanische Forschungsgruppe auf dem Gebiet der Datenverarbeitung, die sich nicht zu einem erheblichen Teil - direkt oder indirekt - aus öffentlichen Mitteln ernährt. Niemand sollte darüber hinwegsehen, daß die öffentliche Hand in den USA im Rahmen der wehrtechnischen Forschung und Entwicklung riesige personelle Kapazitäten aufgebaut hat und daß diese der Wirtschaft der Vereinigten Staaten in den 80er Jahren - mehr noch als in der Vergangenheit - auch im zivilen Bereich große Impulse geben werden, und zwar gerade in den Bereichen, die für Hochlohnländer wie das unsrige besonders interessant sind: Werkstoffe, Informationstechnik, neue Fertigungstechnologien usw.
Die japanische Wirtschaft hat in enger Zusammenarbeit mit ihrer Regierung auch ohne den Vorlauf im Militärbereich die Bedeutung neuer Technologien frühzeitig erkannt, den Dialog zwischen Staat und Wirtschaft über Zukunftsindustrien eingeleitet und daraus auch für die Forschungsförderung konsequent Schlußfolgerungen gezogen. Ich bin der Meinung, daß wir die Diskussion über Zukunftsindustrien auch in der Forschungspolitik verstärkt führen müssen und nicht von vornherein an ideologischen Barrieren scheitern dürfen.
Die dritte Aufgabe, die ich sehe, will ich mit dem Begriff Technologietransfer bezeichnen. Dieser Begriff darf nicht zu formalistisch gesehen werden. Das erfolgreichste Beispiel der Umsetzung neuer Technologien in den letzten zehn bis 15 Jahren konnte in der Mikroelektronik beobachtet werden. Große, traditionsreiche Elektrokonzerne in den USA wurden von neu gegründeten, aber mit einem Minimum an Kapital beginnenden, dann stürmisch wachsenden Unternehmen aus dem Markt verdrängt, der eine Domäne großer Unternehmen zu sein schien, weil er forschungsintensiv, kapitalintensiv und personell außerordentlich anspruchsvoll war. Statt dessen fand ein Technologietransfer statt, indem aus bestehenden Unternehmen immer wieder fähige Leute ausschieden, um mit etwas Glück das, was sie gelernt hatten, in neue Wachstumsfirmen und damit Arbeitsplätze umzusetzen. In diesem Sinne sollten wir eine Verfahrensdiskussion führen und uns fragen, was wir tun können, um neuen, technologieorientierten Wachstumsfirmen den Start zu erleichtern. Aber auch hier wird deutlich, daß die Forschungsförderung nicht isoliert weiterentwickelt werden kann, daß ein öffentlicher Diskussionsprozeß, als dessen Ergebnis Innovationshemmnisse weggeräumt werden, erforderlich ist, um Freiräume für Veränderungen zu erweitern und persönliche Initiativen freizusetzen.
Ich habe hier drei Aufgaben - Schwerpunktveränderungen in der Grundlagenforschung, Herausarbeiten von Zukunftstechnologien und Dynamisierung des Technologietransfers - skizziert, um mit Ihnen gemeinsam endlich über die provinzielle Diskussion direkter und indirekter Verfahren der Forschungsförderung hinauszukommen und Zielsetzungen zu diskutieren, die angesichts der auch bei uns immer schwieriger werdenden Arbeitsplatzsituation den Beitrag der Forschungspolitik definieren helfen. Gerade als ehemaliger Haushälter widerstrebt es mir, zuerst über das Wie des Geldausgebens zu reden, statt beim Wozu, bei den Zielen, Klarheit auch in kontroversen Diskussionen zu erlangen.
({12})
An der Vorlage des Forschungshaushaltes 1982 werden Sie erkennen, daß ich jedenfalls nicht über alle Bereiche mit dem Rasenmäher der Einsparung hinweggegangen bin, sondern versucht habe, soweit wie möglich klare Schwerpunkte zu setzen und dafür in anderen Bereichen auch schmerzliche Eingriffe durchzusetzen. Das ist vielleicht nicht populär, aber notwendig, heute noch mehr als früher. Dafür bitte ich Sie um Unterstützung. Ich bitte um diese ernsthafte Anstrengung, damit wir für unsere Wissenschaft, für die Industrie und für die Arbeitsplätze in den neu zu formulierenden Programmen wirklich wieder eine Basis für eine langdauernde und vertrauenschaffende Zusammenarbeit legen können, die nicht von zu kurzgreifenden Instrumentendebatten und Kürzungswellen schnell wieder überholt wird. - Herzlichen Dank.
({13})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache zu den Anträgen auf den Drucksachen 9/764 und 9/765.
Die Vorschläge des Ältestenrates zur Überweisung liegen Ihnen vor. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist dies so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 12 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1981 ({0})
- Drucksache 9/557-
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Drucksache 9/1032 Berichterstatter:
Abgeordnete Gerster ({2})
Vizepräsident Frau Renger
Kühbacher
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({3})
Drucksache 9/815 Berichterstatter:
Abgeordnete Bernrath Broll
Dr. Wendig
({4})
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung. Ich rufe die §§ 1 bis 10, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Vorschriften sind in der zweiten Beratung beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in der dritten Beratung einstimmig angenommen.
Zu dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz liegt ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP auf Drucksache 9/1019 vor. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen
- Drucksache 9/836 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({5})
- Drucksache 9/941 Berichterstatter:
Abgeordneter Freiherr von Schorlemer
({6})
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung. Ich rufe die Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift mit den vom Ausschuß empfohlenen Änderungen auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig in der zweiten Beratung beschlossen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe den Tagungsordnungspunkt 14 auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juli 1979 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Elfenbeinküste zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und Regelung der gegenseitigen Amtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
- Drucksache 9/658 Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({7})
- Drucksache 9/956 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Sprung
({8})
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Einzelberatung und Schlußabstimmung. Die Abstimmung wird mit der Schlußabstimmung verbunden. Ich rufe die Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in dritter Lesung einstimmig beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 15. Juli 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
- Drucksache 9/897 Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({9})
- Drucksache 9/957 Berichterstatter: Abgeordneter Poß
({10})
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Einzelberatung und Schlußabstimmung. Die Abstimmung wird mit der Schlußabstimmung verbunden. Ich rufe die Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschift auf. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in dritter Lesung einstimmig verabschiedet.
Ich rufe den Zusatzpunkt der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des
von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom
Vizepräsident Frau Renger
16. September 1980 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
- Drucksache 9/898 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({11})
- Drucksache 9/1017 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wieczorek
({12})
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Einzelberatung und Schlußabstimmung. Die Abstimmung wird mit der Schlußabstimmung verbunden. Ich rufe die Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz im Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Waigel, Dr. Schwarz-Schilling, Wissmann, Glos, Dr. Warnke, Dr. Lammert, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Kraus, Helmrich, Echternach, Spilker und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU
Strukturberichterstattung
- Drucksache 9/913 Das Wort wird nicht gewünscht. Sie kennen den Überweisungsvorschlag des Ältestenrates. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Wittmann, Dr. Riedl ({13}), Klein ({14}), Kraus, Dr. Faltlhauser, Dr. Kunz ({15}), Dr. Müller, Röhner, Linsmeier, Lowack, Dr. Kreile, Sauter ({16}), Dr. Waffenschmidt, Niegel und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die verbilligte Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von bundeseigenen Grundstücken
- Drucksache 9/938 Das Wort wird nicht gewünscht.
Der Ältestenrat hat Überweisung an den Haushaltsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - mitberatend - vorgeschlagen. - Hiergegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir sind am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, den 13. November 1981, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.