Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 10/8/1981

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Sitzung ist eröffnet. ({0}) Wir gedenken bei dieser Sitzung des Todes unseres Kollegen Franz Amrehn und des ermordeten Präsidenten Anwar El Sadat. Wir trauern um unseren Kollegen Franz Amrehn, der am Abend des vergangenen Sonntags, dem 4. Oktober 1981, durch ein plötzliches Herzversagen mitten aus dem politischen Leben von uns genommen wurde. Franz Amrehn stand im 69. Lebensjahr. Er wurde am 23. November 1912 in Berlin geboren, und Berlin war auch der Hauptort seines beruflichen und politischen Wirkens. Amrehn, der nach dem Abitur eine Banklehre absolviert hatte und bei einem Kreditinstitut tätig war, hat von 1940 bis 1945 am Krieg teilgenommen, aus dem er als Schwerverwundeter heimkehrte. Er studierte Jura und wurde zunächst Rechtsanwalt und später auch Notar. Amrehn war ein engagierter katholischer Christ, der sich für Kirche und Gemeinde stets aktiv eingesetzt hat. Beinahe zwei Jahrzehnte, von 1949 bis 1967, versah er das Amt eines Finanzchefs und stellvertretenden Vorsitzenden des Gesamtverbandes der Katholischen Kirchengemeinden Groß-Berlins. Unmittelbar nach seiner Heimkehr aus dem Krieg suchte er auch den Weg in die Politik. Der damals 33jährige fand schon 1945 seine politische Heimat in der Christlich-Demokratischen Union. Vier Jahre später wurde er Sprecher der Jungen Union Berlins. Von 1950 bis 1977 war er Mitglied des Bundesparteiausschusses, zeitweise auch des Bundesvorstands und des Präsidiums der CDU. 1961 wurde er zum Landesvorsitzenden der Berliner CDU gewählt. Er behielt dieses Amt bis 1969. Im politischen Leben des pflichtbewußten, selbstlosen Staatsdieners gab es zwei Schwerpunkte: die Sorge um seine Heimatstadt Berlin und die europäische und atlantische Politik. 19 Jahre lang gehörte Amrehn dem Berliner Abgeordnetenhaus an, in dem er sechs Jahre lang Vorsitzender seiner Fraktion war. Acht Jahre hat er als Bürgermeister von Berlin und damit als zweiter Mann neben dem Regierenden Bürgermeister die Geschicke dieser Stadt entscheidend mitbestimmt und mitgestaltet. Es war die Zeit der besonderen Bedrohung und Existenzgefährdung Berlins durch das Chruschtschow-Ultimatum und den Mauerbau. Seine große Leistung auf dem Gebiet von Politik und Verwaltung zum Wohle dieser Stadt bleibt unvergessen und verdient besondere Würdigung. Dem Deutschen Bundestag gehörte Amrehn seit 1969 an. Er war Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und widmete sich der Außen- und Deutschlandpolitik, aber auch der auswärtigen Kulturpolitik und der interparlamentarischen Arbeit. Er war Ratsmitglied der Interparlamentarischen Union und leitete in dieser Vereinigung von Parlamentariern aus aller Welt die Delegation des Deutschen Bundestages, zuletzt noch auf der Jahrestagung der IPU auf Kuba. Auch in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Versammlung der Westeuropäischen Union und in der Nordatlantischen Versammlung bekleidete er wichtige Ämter. Ebenso wie im Deutschen Bundestag wußten auch dort nicht nur seine parteipolitischen Freunde, sondern auch Angehörige anderer Parteirichtungen seinen bedachten und bedächtig erteilten Rat zu schätzen. Franz Amrehn erhielt für sein politisches Wirken zahlreiche Ehrungen, darunter das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband und die Ernst-Reuter-Plakette in Silber. Die Fraktion der CDU/CDU verliert mit ihm ein Mitglied ihres Vorstandes und einen ihrer erfahrensten Fachleute auf dem Gebiete internationaler Politik. Der Deutsche Bundestag trauert um einen allseits hockgeschätzten Kollegen, der unbedingtes Festhalten an seinen Grundsätzen mit Fairneß und menschlicher Wärme verband und der über die Fraktionsgrenzen hinweg Achtung und Freundschaft zu gewinnen vermochte. Ich spreche den Angehörigen des Verstorbenen im Namen des ganzen Hauses meine aufrichtige und herzliche Anteilnahme aus. Meine Anteilnahme gilt ebenso der Fraktion der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union. Der Deutsche Bun3234 Präsident Stücklen destag wird Franz Amrehn stets ein dankbares und ehrendes Gedenken bewahren. Zum Tode von Anwar El Sadat. Am Dienstagnachmittag erfuhren wir, daß Anwar El Sadat, der Präsident der Arabischen Republik Ägypten, einem wenige Stunden zuvor auf ihn begangenen Mordanschlag erlegen ist. Diese Nachricht hat in unserem ganzen Volk tiefe Betroffenheit ausgelöst. Der Deutsche Bundestag gedenkt voller Trauer dieses hervorragenden Menschen und Staatsmannes. Wir empfinden es schmerzlich, daß wir mit El Sadat auch einen guten Freund unseres Volkes und Landes verloren haben. Ich habe dem Präsidenten der Volksversammlung der Republik Ägypten, Herrn Dr. Sufi Abou Taleb, folgendes Telegramm übersandt: Mit Bestürzung haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages die Nachricht von dem Mord an dem Präsidenten der Arabischen Republik Ägypten aufgenommen. In dieser Stunde tiefer Trauer um Präsident Anwar El Sadat fühlt sich der Deutsche Bundestag mit Ihnen und dem ägyptischen Volk verbunden. Sadats Politik des Ausgleichs und des Friedens, seine Versöhnung mit Israel und das Bemühen, seinem Vaterland Glück und Wohlstand zu schaffen, haben ihm in unserem Lande das Ansehen eines hochgeachteten Staatsmannes gegeben; für seine Kraft und seinen persönlichen Einsatz, seine Politik gegen alle Anfeindungen zum Erfolg zu führen, galten ihm Bewunderung und Zuneigung. Der Deutsche Bundestag wünscht dem ägyptischen Volk Mut, Zuversicht und Ausdauer, um im Geiste Anwar El Sadats glücklich und erfolgreich die Zukunft zu gestalten. Sie haben sich zu Ehren des verstorbenen Kollegen Amrehn und des ermordeten Präsidenten Sadat von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen. Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf: Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Lorenz, Baron von Wrangel, Jäger ({1}), Graf Huyn, Böhm ({2}), Schulze ({3}), Sauer ({4}), Lintner, Amrehn, Straßmeir, Dr. Hackel, Lowack, Dr. Warnke, Dr. Kunz ({5}), Dr. Hennig, Schwarz, Werner, Gerster ({6}), Clemens, Dr. Mertes ({7}), Dr. Arnold, Schmöle, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Röhner, Niegel und der Fraktion der CDU/CSU Umfassende Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik - Drucksachen 9/415, 9/678 Im Ältestenrat ist eine Dauer der Debatte bis 13 Uhr vereinbart worden. Sind Sie mit dieser Zeiteinteilung einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lorenz.

Dr. h. c. Peter Lorenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001374, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat sich eine Chance entgehen lassen, die Chance nämlich, die Deutschlandpolitik auf eine breitere Basis zu stellen und damit zugleich die Verhandlungsposition der Bundesrepublik Deutschland zu stärken. Für jeden der lesen wollte, war klar, daß die Fraktion der CDU/ CSU mit ihrer Großen Anfrage über eine umfassende Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik die Hand zu einem Stück mehr Gemeinsamkeit ausgestreckt hat. Doch die Bundesregierung hat der Union mit ihrer Antwort, wie es die Presse nannte, einen Korb gegeben. Sie meint, zu einer Bestandsaufnahme bestehe kein Anlaß. Wenn man die drastisch verschlechterten innerdeutschen Beziehungen und ihre wenig erfreulichen Zukunftsaussichten betrachtet, dann kann man eine solche Auffassung nur mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen. ({0}) Liest man die Antwort der Bundesregierung aufmerksam durch, so macht sie einen durchaus uneinheitlichen Eindruck. Einigen positiven Ansätzen - ich werde darauf nachher noch zurückkommen - stehen leider zahlreiche unzulängliche Aussagen gegenüber, die von Unbeweglichkeit und manchmal auch von Rechthaberei geprägt sind. Eine Reihe von Fragen wird praktisch überhaupt nicht beantwortet, und bei vielen anderen Fragen drückt sich die Bundesregierung um eine klare oder substantielle Antwort herum. Alles in allem müssen wir also die Antwort der Bundesregierung leider im wesentlichen als unbefriedigend bezeichnen. Sie ist wahrlich kein Ruhmesblatt für Egon Franke - um es mit den Worten der „Süddeutschen Zeitung" zu sagen. So nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, daß die Bundesregierung offenbar nicht bereit ist, unser Angebot zu einer sachlichen Diskussion über Schicksalsfragen unserer Nation aufzunehmen. Wir bedauern das um so mehr, als wir davon überzeugt sind, daß gerade die Deutschlandpolitik in hohem Maße auf einen breiten politischen Konsens angewiesen ist, wenn sie Erfolg haben soll. ({1}) Weil wir davon überzeugt sind, daß die schwierige und bedrückende Situation, die in den innerdeutschen Beziehungen entstanden ist, nur mit gemeinsamen Kräften überwunden werden kann, haben wir uns durch diese Haltung nicht entmutigen lassen, sondern getreu unserer Absichtserklärung in der Begründung unserer Anfrage versucht, eine gemeinschaftliche Bestandsaufnahme im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen durchzuführen. Auch dieser Versuch ist fehlgeschlagen. Alle Beteiligten wissen, daß es an unserem guten Willen nicht gefehlt hat. So sind wir mit dem Versuch einer Bestandsaufnahme zunächst auf diese Debatte angewiesen. Die Bundesregierung hat es für richtig gehalten, in der Vorbemerkung zu ihrer Antwort sich selbst ausführlich für ihre Deutschlandpolitik zu loben. Da ist die Rede von bedeutsamen Fortschritten und wesentlichen Verbesserungen, von einer erfolgreichen Politik. Meine Damen und Herren, warum müssen Sie eigentlich immer den Mund so voll nehmen? Ist es Eigenwerbung, sollen Rat- oder Hilflosigkeit damit verdeckt werden, oder sehen Sie überhaupt nicht mehr, wie sehr Anspruch und Realität heute auseinanderklaffen? ({2}) Wollen Sie wirklich den heutigen Zustand der innerdeutschen Beziehungen als das Ergebnis nur einer erfolgreichen Politik gewertet wissen, allenfalls mit einigen Schönheitsfehlern? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Wir sprechen Ihnen ja nicht den guten Willen ab. Wir leugnen auch keineswegs, daß die Vertragspolitik den Menschen in Deutschland eine Reihe von Erleichterungen gebracht hat. ({3}) Wir begrüßen das ausdrücklich. Aber gemessen an dem Anspruch der Vertragstexte, an der traurigen Gesamtsituation in unserem geteilten Land und angesichts der schweren Rückschläge besteht doch nun wirklich kein Anlaß, sich selbst auf die Schulter zu klopfen. ({4}) Sicher, die Verschlechterung der Beziehungen wurde nicht von der Bundesregierung veranlaßt. Da sind wir uns einig. Aber muß es Sie nicht nachdenklich machen, wenn die SED das innerdeutsche Verhältnis wieder und wieder belasten und das Erreichte zurückdrehen kann, ohne daß Sie darauf eine Antwort wissen, außer der fragwürdigen Behauptung, zu Ihrer Politik gebe es keine Alternative? Eine Politik ohne Alternative ist ein Unding, denn sie führt zu politischer Unbeweglichkeit. ({5}) Sie führt letzten Endes dazu, daß man zum Spielball der anderen Seite wird. ({6}) Müssen Sie sich zum Beispiel nicht selber fragen, ob Sie nicht zu sehr auf die Schaffung eines guten Klimas vertraut haben, anstatt wasserdichte Verträge auszuhandeln, Verträge, deren Zielsetzung von der anderen Seite nicht risikolos durchkreuzt werden kann? ({7}) Ich will nun keineswegs wieder in Vertragskritik eintreten. Das Kapitel ist abgeschlossen. Wir stehen zu den Verträgen, so wie sie sind. Sie sind nun mal nicht besser. Wir werden sie auch nutzen, soweit das möglich ist. Aber wir alle müssen doch aus den Erfahrungen mit dieser Vertragspolitik unsere Lehren für die Zukunft ziehen. ({8}) Das ist ein Stück notwendiger Bestandsaufnahme. Dann drängt sich eben folgende Forderung geradezu auf: Künftig dürfen unwiderrufliche Leistungen für widerrufliche Gegenleistungen der DDR nicht mehr erbracht werden. Vertragsverletzungen müssen fühlbare Konsequenzen nach sich ziehen. Der Vertragsinhalt muß in Zukunft klipp und klar sein. ({9}) Der Anspruch der Regierungsantwort, man wolle die erfolgreiche Politik der 70er Jahre auch in den 80er Jahren fortsetzen, deutet allerdings auf mangelnde Lernfähigkeit hin. Wenn sich die Verhältnisse geändert haben, kann man sich nicht einfach auf ausgefahrenen Gleisen weiterbewegen. Da muß man Weichenstellungen vornehmen und in der Tat nach Alternativen zur bisherigen Politik suchen. Ich habe jetzt nicht die Absicht, eine gemeinsame Bestandsaufnahme mit dem Ziel eines solchen Alternativprogramms vorwegzunehmen. Ich verweise auf die vielfältigen Anregungen und Vorschläge der Union, die sie über Jahre hinweg vorgelegt hat und die selbstverständlich in die Diskussion eingebracht werden müssen. Mir geht es jetzt darum, auf die veränderten Rahmenbedingungen in den innerdeutschen Beziehungen hinzuweisen und daraus Schlußfolgerungen zu ziehen. Eines, so meinen wir, steht schon heute fest: Auch bei einer verbesserten politischen Großwetterlage werden sich die innerdeutschen Beziehungen nicht mehr durch eine unveränderte Fortsetzung der bisherigen Politik weiterentwickeln lassen; denn die bisherige Praxis, der DDR wirtschaftliche Vorteile gegen menschliche Erleichterungen einzuräumen, stößt zunehmend deutlicher an ihre Grenzen. Zum einen zeigt sich die SED immer weniger bereit, sich weitere menschliche Erleichterungen sozusagen abkaufen zu lassen. Offenbar befürchtet sie destabilisierende Auswirkungen auf ihr System. Deshalb erschwert sie menschliche Kontakte über die innerdeutsche Grenze hinweg, erhebt unerfüllbare Statusforderungen und betreibt auch im übrigen eine konsequente Abgrenzungspolitik. Eine weitere Begrenzung der bisherigen Politik stellt die abnehmende finanzielle Leistungsfähigkeit der Bundesfinanzen dar. Die Bundesregierung weist in ihrer Antwort selber darauf hin. Sie erklärt, sie bleibe im Rahmen ihrer haushaltsmäßigen Möglichkeiten zu einem finanziellen Engagement in der Deutschlandpolitik bereit. Nun ist es j a an und für sich eine Selbstverständlichkeit, daß man sich im Rahmen des Haushalts bewegt. Wenn man also eigens darauf hinweist, dann doch wohl, um deutlich zu machen, daß der Rahmen eben sehr begrenzt ist. Das weiß natürlich auch die DDR-Führung. Ihr Interesse an einer Weiterentwicklung der innerdeutschen Beziehungen läßt in dem Maße nach, wie sie sich davon keinen zusätzlichen finanziellen Nutzen mehr verspricht. Ihre Devise lautet heute offenbar: Abbau der innerdeutschen Erleichterungen unter Erhaltung der bisherigen wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile. Wie die Dinge stehen, scheint die Rechnung auch aufzugehen. Die DDR darf sich unserer Leistungen sicher sein, zum Teil sogar auf zehn Jahre fest pauschaliert, und kann Gegenleistungen folgenlos zurückdrehen. Auf diese Weise hat sie beides: die bisherigen Vorteile aus den innerdeutschen Beziehungen und zugleich eine ver3236 stärkte Abgrenzung zwischen den beiden Staaten in Deutschland. ({10}) Es ist daher an der Zeit, die DDR mit allem Nachdruck auf folgendes aufmerksam zu machen. Erstens. Wir bleiben weiterhin zu einem finanziellen Engagement in der Deutschlandpolitik bereit, wenn auch unseren Interessen Rechnung getragen wird. ({11}) Wenn aber unsere zentralen deutschlandpolitischen Zielsetzungen, d. h. vor allem menschliche Kontakte und Erleichterungen, bewußt durchkreuzt werden, dann erlischt auf unserer Seite auch die Motivation und die Bereitschaft, der DDR wirtschaftliche und finanzielle Vorteile zu gewähren. ({12}) Dann stehen in letzter Konsequenz auch alle bisherigen Leistungen zur Disposition. ({13}) Auch unsere Duldungsbereitschaft hat Grenzen. Wer diese Grenzen testen will, der muß wissen, daß er dabei in die Risikozone gerät. ({14}) Zweitens. Wir wollen einen festen Zusammenhang, eine sachliche Verknüpfung auch zwischen wirtschaftlichen Leistungen von uns und der Gewährung menschlicher Erleichterungen von der anderen Seite. Dies führt mich zu einem wichtigen Punkt der Bestandsaufnahme. Die innerdeutschen Beziehungen haben im Laufe der Zeit eine immer stärkere materielle Schlagseite bekommen - nach dem Motto „Geld ist ein unwiderstehliches Argument". Nachdem sich heute die Geschäftsbedingungen, sprich: die Leistungsfähigkeit der Bundesfinanzen, drastisch verschlechtert haben, herrscht vielfach Ratlosigkeit auf beiden Seiten. Mir scheint, in dieser Lage hilft ein neuer Ansatz weiter, nämlich: weg von der Überbetonung der materiellen Seite in den innerdeutschen Beziehungen und der Versuch der Aufwertung der immateriellen, der politischen Gesichtspunkte. Lassen Sie mich das näher erläutern. Grundsätzlich muß es darum gehen, die DDR-Führung eindringlich davon zu überzeugen - auch unter Hinweis auf unsere Aktionsmöglichkeiten -, daß Abgrenzung und Feindseligkeit sowohl wirtschaftlich als auch politisch auf die DDR negativ wirken, daß hingegen die Bereitschaft zur Normalisierung die innere wie die äußere Lage der DDR verbessern hilft. Ein Ansatzpunkt ist z. B. der Wunsch der DDR nach internationaler Achtung und Glaubwürdigkeit. Die DDR-Führung muß davon überzeugt werden, daß es in ihrem eigenen Interesse liegt, den Verhaltenskodex zivilisierter Staaten einzuhalten, den sie ja auf dem Papier bejaht. Ich denke da an die UNO-Menschenrechtsakte, an die KSZE-Schlußakte oder auch an den Grundlagenvertrag. Mauer, Stacheldraht und Todesautomaten sind doch nicht nur die schwerste Belastung zwischen den beiden Staaten in Deutschland, sondern sind für die DDR-Führung auch eine große Peinlichkeit im Hinblick auf ihr internationales Prestige. ({15}) Sie hat es also in der Hand, sich von diesem schlechten Ruf zu befreien, indem sie die brutalen Sperranlagen entschärft. Tut sie das nicht, dann sollte sie damit rechnen. müssen, daß wir sie international immer wieder und überall mit dieser Frage stellen. ({16}) Wir haben da viele Möglichkeiten in der Hand, um diese Peinlichkeiten für die DDR noch peinlicher zu machen. Insbesondere muß die DDR-Führung zu der Einsicht gebracht werden, daß es in ihrem eigenen Interesse liegt, den Freiraum der Menschen in der DDR zu vergrößern. Auch der von Herrn Honecker eingeschlagene Weg eines Wohlstandskommunismus stößt da drüben immer mehr auf Grenzen. In dieser Situation kann sich die DDR Entlastung dadurch verschaffen, daß sie dem Unmut der Bevölkerung durch Gewährung immaterieller Erleichterungen begegnet. Ein Beispiel hierfür hat kürzlich Bischof Schönherr auf der Synode in Güstrow genannt, als er forderte, auch für die Bewohner der DDR müsse es die Möglichkeit geben, das eigene Land von außen zu sehen und andere Länder von innen kennenzulernen. Dies sei gewiß mit Risiken verbunden. Aber - so Bischof Schönherr wörtlich - nur über das Risiko geht der Weg zu einer freien Bejahung auch der eigenen Situation. ({17}) Diesen Mut zum Risiko wird die DDR-Führung ganz allgemein aufbringen müssen, wenn sie unkalkulierbare Entwicklungen dort vermeiden will. Sie wird dies nach unserer Überzeugung auch der sowjetischen Führung nahezubringen haben. Ein aktuelles Beispiel: Wer immer der Ansicht gewesen sein mag, daß der erreichte Umfang der Westbesuche in der DDR ein untragbares Risiko bedeutet habe, muß heute feststellen, daß sich die gezielte Reduzierung der Westbesuche auf das innere Klima der DDR vielfach schädlicher ausgewirkt hat als die Besuche selbst. ({18}) Darüber sollte die SED nachdenken und dann auch die richtigen Folgerungen ziehen. ({19}) Des weiteren wird die SED-Führung der Tatsache Rechnung tragen müssen, daß in der DDR eine neue, auch selbstbewußtere Generation herangewachsen ist. Nach meiner Überzeugung wird es sehr schwer sein, ihr die grundlegenden Menschenrechte dauerhaft zu verweigern. Dabei geht es um Freizügigkeit ebenso wie um Informations-, Meinungs- und Gewissensfreiheit, auch eines Tages um echte politische Mitbestimmung. Die SED wird trotz aller Abgrenzungs- und Abriegelungsversuche gar nicht verhindern können, daß die Menschenrechte auch bei der DDR immer lauter an die Tür klopfen und ihre Wirksamkeit entfalten. ({20}) Und noch eines: Auch die DDR-Führung kann nicht der Tatsache ausweichen, daß beide Staaten in Deutschland von einer Verschärfung der politischen Situation am härtesten betroffen wären. Ins Positive gewendet bedeutet das eine Pflicht zur Mäßigung sowie darüber hinaus eine Pflicht zu aktiven Entspannungsbemühungen. Beide Staaten dürfen zwar nicht ihr politisches Gewicht im großen Ost-West-Verhältnis überschätzen. Aber sie sollten gleichwohl wissen, daß sie einen eigenständigen Beitrag zum Abbau der Spannungen leisten können. Dieser spezifisch deutsche Beitrag hat nichts mit militärischen Dingen zu tun, sondern er besteht nach unserer Auffassung in der Schaffung vertrauensbildender Maßnahmen im Rahmen einer praktizierten guten Nachbarschaft, wie das im Grundlagenvertrag heißt. So könnten z. B. die humanitären Absichtserklärungen der KSZE-Schlußakte im bilateralen Verhältnis durch einen Vertrag rechtsverbindlich gemacht und konkret ausgefüllt werden. So könnte z. B. die innerdeutsche Grenze stufenweise gewaltfrei gemacht werden, Städtepartnerschaften könnten ebenso vereinbart werden wie ein innerdeutsches Jugendwerk und ein deutscher Kulturaustausch. Meine Kollegen werden nachher weiter darauf eingehen. Nicht zuletzt würde eine Konsolidierung der bisherigen Vertragspolitik, d. h. die Rückkehr zur Vertragstreue und ein Abschluß der noch ausstehenden Folgeverträge, zur Verbesserung des Verhältnisses beitragen und vertrauensbildend wirken. Meine Damen und Herren, ich habe hier sozusagen in Stichworten zu erläutern versucht, was ich unter einem neuen Ansatz in den innerdeutschen Beziehungen verstehe. Ich bin mir durchaus darüber im klaren, daß seine Durchführung mühevoll sein wird. Schnelle Erfolge sind nicht zu erwarten. Ich meine aber, daß es sich lohnt, diesen Versuch dennoch zu unternehmen. Übrigens wäre es ein ermutigendes Zeichen praktizierter Gemeinsamkeit, wenn der Herr Bundeskanzler bei seinem geplanten Treffen mit Herrn Honecker die hier skizzierten Gedanken und Anregungen aufgreifen würde. Wir haben nichts gegen ein Treffen Schmidt-Honecker, und wir haben auch keineswegs vor, hier irgendwelche Hürden aufzubauen, was uns immer unterstellt wird. Aber wir sind der Meinung, daß der Rahmen einer solchen Begegnung auch mit dem gebührenden Inhalt ausgefüllt werden muß. ({21}) Wir werden also das Treffen an seinem Ergebnis messen. Schließlich sollte doch klar sein, daß sich ein innerdeutsches Gipfeltreffen nicht auf Reparaturarbeiten beschränken darf, sondern den Menschen in Deutschland zusätzlichen Nutzen bringen muß. ({22}) Zunächst muß allerdings in der Tat die von der DDR beschädigte Geschäftsgrundlage repariert werden. Dies betrifft die Rücknahme der Zwangsumtauscherhöhung und auch andere Abgrenzungsschikanen, z. B. im Bereich der journalistischen Berichterstattung. Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht zulassen, daß die DDR - nicht zum erstenmal - einen neuen Status quo minus in den gegenseitigen Beziehungen einfach verfügt und dann verlangt, das als neue Geschäftsgrundlage anzusehen. Jede Verbesserung, die in Wahrheit nur eine Teilrücknahme der vorangegangenen Verschlechterung ist, wird dann als Fortschritt ausgegeben und meistens auch noch teuer erkauft, d. h. doppelt bezahlt. Das darf es in Zukunft nicht mehr geben. ({23}) Deshalb halten wir die Aussagen der Bundesregierung, sie suche das Gespräch mit der DDR ohne Vorbedingungen, auch für fragwürdig. Denn wie man es immer nennen will, zwischen der Rücknahme der Zwangsumtauscherhöhung - und damit meinen wir nicht nur die Gewährung eines Sozialrabatts, meine Damen und Herren ({24}) und einer Neuvereinbarung des zinslosen Kredits im innerdeutschen Handel besteht für uns ein klarer innerer Zusammenhang. ({25}) Wir halten daran fest: Neue Vereinbarungen mit der DDR, und das gilt auch für den Swing, darf es nur geben, wenn die Erhöhung des Zwangsumtausches in einer Weise zurückgenommen wird, die den innerdeutschen Besucherverkehr im früheren Umfang wieder ermöglicht. ({26}) Wir halten es auch nicht für verkehrt, dieses Thema gegenüber Herrn Breschnew anzusprechen, wenn er nach Bonn kommt. Gerade wenn die Bundesregierung meint, die Abgrenzungsmaßnahmen der anderen Seite seien auf sowjetisches Verlangen getroffen worden, dann muß man doch die Sowjetunion auffordern, der DDR die Rückkehr zur Geschäftsgrundlage zu erleichtern. Aus gegebenem Anlaß möchte ich namens der CDU/CSU dringend davor warnen, die innerdeutschen Beziehungen mit Abrüstungsfragen zu belasten. ({27}) Selbstverständlich wird in der gegenwärtigen Situation bei einem Treffen Schmidt-Honecker auch die Abrüstungspolitik zur Sprache kommen müssen. Aber keinesfalls darf das ein innerdeutsches Ersatzthema werden, ({28}) das von den brennenden Problemen im gegenseitigen Verhältnis ablenkt, und schon gar nicht darf der Versuch der SED Erfolg haben, die innerdeutschen Beziehungen sozusagen mit einem Abrüstungsjunktim zu versehen. Und die Gefahr ist sehr konkret. ({29}) Schon auf den X. Parteitag der SED hat Honecker versucht, den Erpressungshebel anzusetzen, und erklärt: Wer die NATO-Hochrüstung vorantreibt, der schafft Tatbestände, die gegen die weitere Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten wirken und Erreichtes gefährden. Wir sollten uns alle, glaube ich, darin einig sein, jeder Erpressung zu widerstehen und uns nicht in eine bündnisgefährdende Sonderrolle drängen zu lassen, meine Damen und Herren. ({30}) Übrigens sollten wir uns auch gar nicht ins Bockshorn jagen lassen; denn die Drohung, daß die konsequente Durchführung des NATO-Doppelbeschlusses zu neuen Spannungen in den innerdeutschen Beziehungen führen würde, ist eigentlich j a nicht plausibel. Gerade wenn es dazu kommen sollte, daß die Spannungen auf dem militärischen Sektor zunehmen, dann kann doch niemand ein Interesse daran haben, auf anderen Gebieten noch zusätzliche Spannungen zu erzeugen. Die Vernunft gebietet vielmehr, gerade dann andere Spannungsursachen abzubauen. Zum Schluß ein Wort zu Berlin. Die gespaltene Stadt wird für uns immer das Symbol dafür bleiben, daß wir das eine und unteilbare Deutschland anstreben. Zur Lebensfähigkeit Berlins, die mehr sein muß als eine Überlebensfähigkeit, gehört nicht nur die Sicherung des Materiellen, sondern vor allem auch die geistige Haltung, das Modell der verteidigten, vorbildlich gelebten Freiheit. Was in Berlin verfällt, was Schaden nimmt, was zur Schwäche wird, wirkt sich über die Grenzen der Stadt hinweg aus. Deshalb müssen wir alles tun, um die Lebenskraft Berlins zu stärken. ({31}) Der neue Senat Richard von Weizsäckers hat in Berlin ein schlimmes Erbe angetreten. Bei seinen Bemühungen, die schwere Hypothek der Vergangenheit zu überwinden und die Probleme der Gegenwart und der Zukunft zu meistern, hat er unsere volle Unterstützung. ({32}) Berlin braucht zur Überwindung seiner politischen Standortnachteile auch immer unsere finanzielle Hilfe. Was dazu nötig ist, das haben der Bundespräsident und die Parteivorsitzenden vor noch nicht langer Zeit gesagt und vorgeschlagen. Das muß auch heute noch gelten, meine Damen und Herren. Auch wenn wir heute alle sparen müssen - an der Sicherung der Lebensfähigkeit Berlins zu sparen, hieße, unsere nationale Aufgabe sträflich vernachlässigen. ({33}) Das freie Berlin braucht neuen Schwung, neue Anziehungs- und Ausstrahlungskraft. Wir werden alles tun, damit die Stadt wieder ein Zentrum deutscher Zukunftshoffnungen wird. Diese Debatte ist kein Ersatz für eine gemeinschaftliche Bestandsaufnahme, die wir nach wie vor befürworten. Sie kann aber ein Anfang sein. Um dabei einen Schritt voranzukommen, will ich jetzt zunächst nicht weiter auf die problematischen und unbefriedigenden Teile der Antwort auf unsere Große Anfrage eingehen, sondern einige jener Aussagen festhalten, in denen, jedenfalls dem Wortlaut nach, Übereinstimmung besteht. Erstens. Deutschlandpolitik kann nur auf der Grundlage einer festen Verankerung der Bundesrepublik Deutschland in der atlantischen Allianz und in der Europäischen Gemeinschaft geführt werden. Richtig. Dies ist seit je ein zentraler Punkt unserer Politik. ({34}) Zweitens. Deutschlandpolitik ist zugleich ein Beitrag zur Friedenssicherung in Europa und in der Welt. Die Erhaltung von Frieden und Freiheit ist ein übergeordnetes Ziel, dem auch die Deutschlandpolitik zu dienen hat. Auch an dieser Position haben wir nie einen Zweifel gelassen. Drittens. Das innerdeutsche Verhältnis ist in das Ost-West-Verhältnis eingebettet. Das ist auch unsere Auffassung. Wir nehmen befriedigt zur Kenntnis, daß damit offenbar von der fragwürdigen These, die Entspannung sei teilbar, Abstand genommen wird. Viertens. Die innerdeutschen Beziehungen dürfen das Ost-West-Verhältnis nicht zusätzlich belasten. Richtig. Sie können hingegen, wie ich vorhin ausgeführt habe, sogar Spannungen vermindern helfen. Fünftens. Die Militarisierung in der DDR sowie die dort praktizierte Vermittlung von Feindbildern entspricht nicht guter Nachbarschaft und erschwert eine Verbesserung der gegenseitigen Beziehungen. Das ist auch unsere Meinung. Es ist hinzuzufügen: Aus diesem Grund muß dieses Thema auf die innerdeutsche Tagesordnung kommen. ({35}) Sechstens. Das Vorhandensein der unmenschlichen Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze ist die schwerste Belastung des Verhältnisses zur DDR. Dies gefährdet die Glaubwürdigkeit einer Politik der guten Nachbarschaft. Das kann von uns nur voll unterstrichen werden. ({36}) Aber auch in diesem Punkt müssen der richtigen Analyse konkrete Initiativen folgen. ({37}) Siebentens. Die drastische Erhöhung des Zwangsumtausches ist ein Verstoß gegen die Zielsetzung - ich meine: sogar gegen den Buchstaben - der innerdeutschen Verträge und bedeutet einen ernsten Rückschlag. Die Bundesregierung sagt, sie werde sich damit nicht abfinden. Wir nehmen die Bundesregierung beim Wort und schlagen einen vertraulichen Meinungsaustausch über konkrete Schritte vor. Achtens. Es widerspricht den Zielen der Deutschlandpolitik, Abgrenzungsmaßnahmen der DDR mit Abgrenzung von unserer Seite zu beantworten. Richtig. Allerdings sollten wir uns dann darüber verständigen, daß an die Stelle stiller Duldung flexible Reaktionsmöglichkeiten treten müssen. ({38}) Neuntens. Die Gespräche mit der DDR müssen über den Gesamtzusammenhang der Beziehungen geführt werden. Dazu gehört auch das Thema Zwangsumtausch. Die Hervorhebung des Gesamtzusammenhangs wird von uns besonders begrüßt. Sie entspricht der bekannten Unions-Forderung, die innerdeutschen Beziehungen als Einheit aufzufassen - mit der Folge, daß die Beeinträchtigung einzelner Teilbereiche sich auf die Gesamtbeziehungen auswirkt. Zehntens. Auf unserer Seite besteht der Wille zur praktischen Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten in Deutschland trotz fortbestehender Gegensätze in grundsätzlichen Fragen. Diese Bereitschaft orientiert sich am Wohl der Menschen in unserem geteilten Land. Diese Liste ließe sich mit anderen Punkten ergänzen. Natürlich müssen wir den Wortlaut an der politischen Praxis messen. Wir sind guten Willens. Wir strecken die Hand zu mehr Gemeinsamkeit in der Deutschlandpolitik aus. Wir tun das wahrhaftig nicht deshalb, weil wir nun etwa auf das Trittbrett der SPD/FDP-Deutschlandpolitik aufspringen wollen. Dazu gibt es überhaupt keinen Anlaß. Wir haben uns weder in unserer realistischen Einschätzung der Lage geirrt, noch haben wir uns zu Illusionen verleiten lassen. Wenn wir jetzt mehr Gemeinsamkeit anbieten, so tun wir dies in der Verantwortung vor unserem Volk und mit dem Wunsch, gemeinsam einen Ausweg aus dieser innerdeutschen Misere zu finden. Dabei wird manches streitig sein und bleiben. Dennoch sollten wir uns über einen Grundkonsens in der Deutschlandpolitik verständigen können. Natürlich ist Gemeinsamkeit kein Selbstzweck, sondern sie muß zu konkretem Handeln führen. Gemeinsamkeit in der Hilflosigkeit ist keine akzeptable Vorstellung. ({39}) Es wird also notwendig sein, sich über den Inhalt und die Methode genereller Zielsetzungen und auch konkreter Schritte in der Deutschlandpolitik zu verständigen. Lassen Sie mich, um jedes Mißverständnis auszuschließen, auch sagen, was es nicht bedeuten kann. Gemeinsamkeit bedeutet keine stille Teilhaberschaft der Opposition an der Regierung. Es bedeutet nicht Vermischung von Verantwortlichkeiten. Das staatspolitisch erwünschte Spannungsverhältnis zwischen Regierung und Opposition darf nicht eingeebnet werden. Aber, meine Damen und Herren, es kann fruchtbar gemacht werden; denn die Opposition kann doch manches sagen und fordern, was der Regierung nicht möglich ist. Sogar Kritik kann ja noch eine Form der Hilfestellung für ihre Verhandlungen sein. Es liegt an Ihnen, dieses Angebot anzunehmen und es im Interesse der Sache zu nutzen. ({40})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Bevor ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Ronneburger gebe, darf ich eine somalische Parlamentarierdelegation, die auf der Diplomatentribüne Platz genommen hat, herzlich begrüßen. Ich habe die Ehre, den Vorsitzenden des Politischen Ausschusses der Nationalversammlung der Demokratischen Republik Somalia, Herrn Abdi Qassim Salad, und den Vorsitzenden des Wirtschafts- und Finanzausschusses der Nationalversammlung der Demokratischen Republik Somalia, Herrn Ahmed Duale, im Deutschen Bundestag recht herzlich zu begrüßen. ({0}) Ich nehme gleichzeitig Gelegenheit, Herrn Abdi Qassim Salad, dem seinerzeitigen Verhandlungspartner des Staatsministers a. D. Hans-Jürgen Wischnewski, für seinen persönlichen Einsatz bei der Geiselaffäre in Mogadischu im Oktober 1977 den Dank des ganzen Hauses auszusprechen. ({1}) Den somalischen Gästen wünsche ich für den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland viel Erfolg und gebe der Hoffnung Ausdruck, daß die Gespräche im Deutschen Bundestag nützlich und der Vertiefung der guten und freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern dienlich sein können. Alles Gute für Ihren Aufenthalt! ({2}) In der Reihenfolge der nachfolgenden Redner hat sich eine Änderung ergeben. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Büchler.

Hans Büchler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000294, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lorenz hat heute eine Rede gehalten, die es wert ist, so meine ich, daß man sie aufarbeitet und mit ihr in der Beurteilung so verfährt, wie sie angekündigt war, nämlich entgegenkommend. Ich höre es mit Interesse, aber ich muß Ihnen auch sagen: Mir fehlt noch etwas der Glaube. Die Opposition hat im Vorfeld dieser Debatte wiederholt angekündigt, daß in dieser Debatte die Gegensätze, die in früheren Debatten vorhanden waren, nicht mehr so hervorgekehrt werden sollen, daß es vielmehr darum gehe, eine umfassende Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik vorzunehmen, die auch ehrlich sein solle. Für uns war das ein Hinweis darauf, daß die deutschland-politischen Debatten nach dem alten Strickmuster, wie Sie sie hier wiederholt geführt haben und damit das Haus leerfegten, der Vergangenheit angehören sollten. Wir hören das sehr gern und freuen uns auf eine Auseinandersetzung um der Sache willen. Wir freuen uns auch auf das Suchen von gemeinsamen Ansatzpunkten, um die Deutschlandpolitik miteinander, soweit das möglich ist, weiter3240 Büchler ({0}) entwickeln zu können. Dies möchte ich im Hinblick auf das sagen, was Sie, Herr Lorenz, hier ausgeführt haben. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß Herbert Wehner erst vor einigen Tagen darauf hingewiesen hat, daß das geteilte Deutschland nicht unheilbar miteinander verfeindete Christdemokraten und Sozialdemokraten ertragen kann. Das gilt sicherlich auch im Hinblick auf die Freien Demokraten. Der Herr Kollege Wehner hat in diesem Zusammenhang auch noch einmal an ein Wort von Kurt Schumacher erinnert. Ich möchte es, wenn ich es zitieren darf, Herr Präsident, hier vortragen, weil ich meine, daß es für das, was wir hier miteinander vorhaben, wichtig ist: Wir wollen mit sachlichen Argumenten die Stellung erorbern, von der aus wir national und international unserem Volke nützen können. Nach innen und außen kann nur durch sachliche Auseinandersetzung auch der Boden für Gemeinsames gefunden werden. Probleme, die man einfach außer acht läßt, bleiben doch vorhanden, und die Ausnutzung einer momentanen Mehrheit von wenigen Stimmen bedeutet nicht die Lösung dieser Probleme. Ich glaube, daß dies ein gutes Wort ist, das sich auch die heutige Opposition zu Herzen führen sollte. Es wäre eine Grundlage für das weitere Handeln. Ich will damit sagen, daß wir für einen Dialog der Vernunft in der Deutschlandpolitik offen sind. Darum und um nichts anderes kann es gehen. Allerdings haben Sie in dieser Woche - das muß ich auch einführen - nicht gerade die besten Rahmenbedingungen dafür geschaffen, meine Damen und Herren von der Opposition. Daß wir morgen in diesem Hohen Hause den sogenannten Rauschenbach-Fall behandeln müssen und daß wir einen Untersuchungsausschuß einsetzen sollen, ist, so meine ich, eine unschöne Begleiterscheinung. ({1}) - Ich komme darauf zu sprechen. Nicht daß ich das Recht der Opposition - um Gottes willen! - auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses einschränken möchte oder könnte ({2}) dies ganz bestimmt nicht. Aber ich bin davon ausgegangen - lassen Sie mich das ganz deutlich sagen -, daß nach dem Bericht, den der Minister für innerdeutsche Beziehungen, Egon Franke, in unserem Innerdeutschen Ausschuß gegeben hat, die Frage eines Untersuchungsausschusses vom Tisch wäre. Wir alle, die dabei waren, erinnern uns, daß da keine Frage offengeblieben ist - von keiner Seite -, daß alles klar dargestellt worden ist. Die „Stuttgarter Nachrichten" haben gestern auch zu Recht geschrieben: Der Fall Rauschenbach ist längst ausgequetscht wie eine Zitrone. ({3}) Weshalb die CDU/CSU ihn dennoch erneut in die Presse eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses nehmen will, ist vorläufig ihr dunkles Geheimnis. ({4}) - Es kann nicht heller werden, sondern Sie wollen hier - das ist eben das Problem - die andere Seite der Union - mit zum Zuge kommen lassen. Das, was heute der Herr Kollege Lorenz gemacht hat, ist die eine Seite. Was Sie morgen inszenieren werden, ist die andere Seite der Opposition im Deutschen Bundestag, meine Damen und Herren. ({5}) Es geht also Kräften in Ihren Reihen darum, den Streit ständig zu suchen, und zwar nur den Streit um des Streitens willen, nichts anderes. Wir wissen, daß es sich dabei um ein menschliches Problem handelt. Ich möchte auch hier sagen, damit wir uns richtig verstehen - da wird es auch eine entsprechende Offensive geben -, daß meine Freunde und ich uns außerstande sehen, so etwas wie Beugehaft in dieser Republik einzuführen. Wir sind dagegen, daß man den freien Willen unterdrückt oder eingrenzt. Wir sind dagegen, daß das, was man an der DDR oder an anderen Staaten zu Recht kritisiert, hier bei uns praktiziert wird. Ich möchte hier auch ganz deutlich sagen, daß nicht einmal der Anschein eines solchen Versuches aufkommen darf. Ich möchte aber vorläufig darauf nicht näher eingehen. Ich wollte es nur gesagt haben, damit Sie wissen, wie wir stehen. ({6}) - Seien Sie nicht so aufgeregt, lieber Kollege Werner. Sie kommen heute noch dran. Es kommt darauf an, ob Sie an die Linie von Herrn Lorenz anknüpfen können oder nicht. ({7}) - Nein, die will ich ja auch nicht verlassen. Sie haben eine Bestandsaufnahme gefordert. Nun beurteilen wir Ihre Absicht so - insgeheim werden einige mit mir einig sein -, daß diese Bestandsaufnahme nur dem einen Zweck dienen soll, Ihre Leute, Ihre Reihen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Das ist der wahre Hintergrund dieser geforderten Bestandsaufnahme! Ich meine das nicht polemisch. Ich bin vielmehr dankbar dafür und möchte das auch ausdrücklich betonen. Denn eines ist ja auch sicher: Bei uns stimmt der Nenner. Die Koalition hat die Grundzüge und Grundansätze ihrer Deutschlandpolitik vor mehr als zehn Jahren gemeinsam formuliert. Die Deutschlandpolitik der Bundesregierung wird von der Koalition, von beiden Büchler ({8}) Fraktionen, mit einer Geschlossenheit getragen, an der nicht gerüttelt werden kann. Also, werter Kollege Lorenz, angesichts dieser Rede heute wäre es besser gewesen, wenn Sie bei der Beantragung dieser Bestandsaufnahme bereits Punkte aufgenommen hätten, die Sie heute vorgetragen haben. Als Sie die gründliche Inventur der Deutschlandpolitik gefordert haben, haben Sie zugleich, d. h. gut einen Monat später, am 22. Juni 1981, einen Stufenplan vorgelegt. Dennoch gehe ich davon aus - das ist wahrscheinlich auch der Juckepunkt -, daß Sie sich dem Beschluß des CDU-Präsidiums vom Oktober 1980 unterwerfen, für die bisherige Ost- und Deutschlandpolitik der Bundesregierung nicht nachträglich eine Mitverantwortung zu übernehmen. ({9}) - „Natürlich". Denn das würde ja auch Mitverantwortung, selbstkritische Bestandsaufnahme bedeuten; das muß ganz klar sein. - Wenn manche Ihrer Kollegen Ihre heutige Rede nachlesen werden, dann werden sie dazu Ansätze - ich möchte sagen: dankenswerterweise - finden. Mir geht's nur darum, zu erfahren, ob Sie zu dieser selbstkritischen Bestandsaufnahme in Ihren eigenen Reihen in der Lage sind. Ich muß dies fragen; denn dies wird der Ausgangspunkt weiterer Zusammenarbeit sein. Die von Ihnen immer wieder vorgelegten Stufenpläne für Deutschland waren immer nach dem alten Strickmuster. In den 50er Jahren haben die Sozialdemokraten und auch die Liberalen ihre deutschlandpolitischen Pläne vorgelegt. Sie sind hier allgemein bekannt; ich brauche auf sie nicht einzugehen. Auch daß Adenauer damals erschrocken war, als er diese Pläne gesehen und gelesen hat, ist allgemein bekannt. Er hat dann damals seinem Staatssekretär Globke den Auftrag gegeben, einen entsprechenden Plan vorzubereiten. Sein Befehl - das ist damals so herausgekommen - lautete: Wir müssen wie ein Generalstab gerüstet sein. Der erste Zehnjahresplan war dann am 4. Februar 1959 fertig. Dann gab es weiter ein Stufenprogramm des Kollegen Dr. Barzel vom Januar 1972. Allerdings ist das mit den Stufenplänen - auch mit dem jetzigen Stufenplan - so eine Sache; denn die funktionieren nicht so, wie wir uns das immer vorstellen. Denn es gibt ja auch noch einen Verhandlungspartner auf der anderen Seite. Deswegen ist das Instrument des Stufenplans natürlich etwas problematisch. Sie wissen, der erste Ihrer Stufenpläne war auf Zeitgewinn und Stabilisierung aus, der zweite auf absolute Freizügigkeit, und der neueste ist auf Mitbestimmung bei den Zielsetzungen der Deutschlandpolitik der Bundesregierung aus. Ich mache das hier so gründlich, weil wir, wie ich glaube, auch diesen historischen Hintergrund mit berücksichtigen müssen, wenn wir hier eine gründliche Bestandsaufnahme vornehmen wollen. Nun haben die Kollegen Zimmermann und Kohl im Oktober/November 1980 eine Bestandsaufnahme gefordert. Ihr Ziel war und ist die Verneinung der Grundsätze der Deutschland- und Berlinpolitik der Bundesregierung. Sie haben die Grundsätze der Bundesregierung hier heute verlesen und ja dazu gesagt. Wer hat nun recht? Deshalb bin ich hinsichtlich des Wunsches nach Gemeinsamkeit so vorsichtig. In die Einleitung Ihrer Großen Anfrage und des Stufenplanes hätten Sie natürlich Kernsätze hineinschreiben können, die es uns leichter gemacht hätten, auf Sie einzugehen. Davon gibt es eine ganze Reihe. Ich möchte dafür ein paar Vorschläge machen: Wir Deutschen sind einerseits hüben und drüben in Bündnisse integriert, andererseits über Mauer und Draht hinweg auf besondere Weise miteinander Verbundene. Für diese Lage gibt es in der Tat keine Parallelen bei irgendwelchen Bündnispartnern. In beiden Teilen Deutschlands spürt die Bevölkerung dies. Wir im Westen leben in der Freiheit und in der Sicherheit des westlichen Bündnisses. Es ist eben diese Freiheit, die uns auf besondere Weise für unsere Landsleute in der DDR und in Ost-Berlin verantwortlich macht. Es gibt keine Berlin- und Deutschlandpolitik, die sich mit Aussicht auf dauerhaften Erfolg von der politischen Großwetterlage in Europa unabhängig machen könnte. Und wir begrüßen - und das wäre schön und richtig gewesen - die wichtigen Verbesserungen in den innerdeutschen Beziehungen insbesondere deshalb, weil sie sich auf die Bindungen von Berlin ({10}) an die übrige Bundesrepublik Deutschland auswirken und auch auf die innerdeutschen Beziehungen selbst. Man könnte noch ein paar Feststellungen über die Empfindlichkeit der Deutschlandpolitik einfügen - ich will das hier anführen, weil es ein wichtiger Punkt ist, daß wir uns immer bewußt sein müssen, wie empfindlich diese Politik insgesamt ist - oder über politische Preise - warum nicht - und das Weglassen dessen, was man „buchhalterische Erbsenzählerei" nennt - z. B. die Anfragen über die Zahlungen an die DDR, die man natürlich behandeln muß -. Aber so wie Sie es tun, die Sie das polemisch auswerten - nicht Sie, Herr Lorenz, das möchte ich extra betonen -, ist das die andere Seite. Vielleicht noch ein Zitat: Darüber hinaus haben wir uns durchaus auch um die Entwicklung aktiver Beziehungen mit dem anderen Teil Deutschlands zu bemühen, vor allem auch dann und besonders dort, wo dies etwas kostet. - Das war in der ganzen Weite gemeint; „dort, wo es etwas kostet" war nicht eng begrenzt auf geldliche Leistungen gemeint. Herr Kollege Lorenz, Sie kennen die Zitate. Sie stammen von Ihrem Parteifreund, dem Regierenden Bürgermeister von Weizsäcker. Das wäre eine Basis, von der aus wir wirken könnten - wenn diese Sätze von der ganzen Union angenommen würden und das, was Sie heute gesagt haben, dazugezählt würde. Aber ich muß hier natürlich auch das hervorheben, was der bayerische Ministerpräsident Strauß von der Rede des früheren Kollegen von Weizsäcker Büchler ({11}) am 17. Juni 1980 hält. Sie kennen das. Ich will das hier nicht weiter ausführen. Oder lesen Sie z. B. das Interview von Herrn Strauß vom 29. September 1980 - ich sage Ihnen die Daten gleich mit, damit Sie nicht so lange suchen müssen - über die Forderung von Herrn Geißler nach, die Union brauche eine Öffnung ihrer Außenpolitik gegenüber dem Osten, oder die Forderung der anderen CDU-Politiker, die Ostverträge müßten mit Leben erfüllt werden, oder die Feststellung von Kurt Biedenkopf, für die Union sei die Sowjetunion bisher ein schwarzes Loch gewesen. - Die Antwort kam postwendend von Herrn Kohl und von Herrn Strauß. Das haben wir doch dieser Tage gesehen. Ich meine - lassen Sie mich das sagen -: Es gehört eben mehr zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme, es gehört dazu, daß Sie in den eigenen Reihen wissen, wo Sie stehen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition. ({12}) Ich möchte Sie auffordern: Lassen Sie in Ihren Kreisen eine redliche Bestandsaufnahme zu! Ich möchte diese Aufforderung insbesondere an Herrn Strauß und den Fraktionsvorsitzenden richten - und natürlich auch an Sie, Herr Zimmermann. Ich fordere Sie ehrlichen Herzens auf: Lassen Sie es zu, daß die Kollegen über unsere Deutschlandpolitik offen und frei nachdenken können, nicht mit den Einschränkungen, wie Sie sie immer wieder machen! ({13}) Davon sind Sie noch weit entfernt. ({14}) Sie hätten Ihre Wende, die Sie heute in Form einer Bestandsaufnahme mühsam in Gang zu setzen versuchen, schon viel früher einleiten müssen. Natürlich sind Sie heute aufs Trittbrett gesprungen, Herr Lorenz. Das ist gar keine Frage. ({15}) Sie haben die redliche Bestandsaufnahme insgesamt noch vor sich, wenn sie auch schon 1972 fällig gewesen wäre. Sie erkennen die Verträge formal an. Sie haben das heute wieder betont. Aber die Frage bleibt: Wollen Kohl und Strauß sie mit Leben erfüllen? Ich habe meine gelinden Zweifel daran, daß das so ehrlich gemeint ist. Wir brauchen die ehrliche und offene Bestandsaufnahme, eine selbstkritische Einstellung von Ihnen, damit Sie sich sozusagen einem 30. Juni 1960 nähern können. Das ist die Frage, um die es geht, um nichts anderes. So wie es jetzt insgesamt gesehen noch steht, kann dieses Wunder - so möchte ich es bezeichnen - jedenfalls nicht gelingen. Herr von Weizsäcker und einige wenige stehen nach wie vor alleine da. ({16}) Wenn ich mir den Wandel des Herrn von Weizsäkker und das Verhalten der CDU/CSU-Fraktion, insbesondere der CDU, vor Augen halte, komme ich zu dem Schluß, daß es für Sie hohe Zeit ist, das weiter zu betreiben, was Rolf Zundel in der „Zeit" am 31. Oktober 1980 angedeutet hat: Die Zeichen sind vorhanden, aber die Zeichen verdienen Aufmerksamkeit. Es scheinen - so Zundel einige Unionspolitiker die Rede Wehners von 1960 nachgelesen und gelernt zu haben. ({17}) - Ich will nur dafür sorgen, daß wir uns richtig verstehen. Wenn Sie Vergangenheitsbewältigung meinen, brauchen Sie j a nur hierher zu kommen und zu sagen, um was es geht. Ich bestreite nicht, daß es die eben erwähnte Aufmerksamkeit gibt. Aber ich bestreite, daß es in der Union als Ganzer den Lernprozeß gibt, wie er eigentlich stattfinden müßte. ({18}) Deshalb meine ich, daß erforderlich ist, was Herbert Wehner damals in seiner Rede so ausgedrückt hat - ich darf den wichtigsten Satz herausgreifen -: Es ist wichtig, daß wir an unsere künftigen Aufgaben mit einer konstruktiven Geisteshaltung herangehen. Sie sind heute mit dieser konstruktiven Geisteshaltung an die uns gestellte Aufgabe herangegangen. Ich warte allerdings noch darauf, daß auch die Gesamtfraktion der CDU/CSU das tut. Dann können wir uns treffen. ({19}) - Das werden wir ja bei den nächsten Rednern hören. Ich bin sehr gespannt auf den Beitrag des Kollegen Lintner. ({20}) Ich möchte ganz deutlich sagen, daß wir das von Ihnen gelegentlich mit Recht betonte Rollenverständnis akzeptieren. Das ist gar keine Frage. Wir wollen die Aufgaben der Opposition und der Regierungsparteien nicht durcheinanderbringen. Wir erkennen dieses Rollenverständnis also an, und wir meinen, daß diesem Verständnis entsprechend auch gehandelt wird. Daraus folgt: Wir wollen Ihre Stimmen nicht einfach unseren hinzuzählen, wie es damals, vor 20 Jahren, von Ihnen erwartet wurde. Was wir wollen, ist Gemeinsamkeit in der Sache. Der Kollege Ehmke hat ein entsprechendes Angebot zu Büchler ({21}) mehr Gemeinsamkeit bereits am 17. Mai 1979 im Deutschen Bundestag gemacht. ({22}) Allerdings ist es so, daß wir unsere Linie nicht zu verlassen brauchten - und brauchen -, wohingegen Sie eben diesen entsprechenden Schritt machen müssen. ({23}) Um noch deutlicher zu machen, um was es geht: Wir meinen nicht quantitative Größen. Nach unserer Auffassung ist es vielmehr erforderlich, die qualitativen Unterschiede herauszukehren, die auf Grund unserer verschiedenen Rollen eben gegeben sind, so daß Sie die Regierungspolitik auch kritisch begleiten müssen. ({24}) Die Grenzen der Gemeinsamkeit werden nicht von den Koalitionsparteien, sondern von der Opposition bestimmt. Darüber gibt es auch gar keinen Zweifel. Denn zwischen konstruktiver Geisteshaltung und Diffamierung liegt ja nun das, was Ihre Politik ausmacht und wie Sie sich im einzelnen bewegen können. Als Herbert Wehner damals mit diesem Wort von der konstruktiven Geisteshaltung unsere Rolle in diesem Hause umschrieb und zur redlichen Bestandsaufnahme aufrief, gab es, wie es das Protokoll verzeichnet, Beifall bei der CDU/CSU. Dies war also bezeichnend. Herr Kollege Hoppe hat bei der Rede von Weizsäcker hier im Deutschen Bundestag zum Ausdruck gebracht: „Ich kann allerdings nur hoffen, daß die Opposition selbst bereit ist, die Positionen zu akzeptieren." Dasselbe muß ich heute fragen, ob die gesamte Opposition bereit ist, die Positionen von Herrn Lorenz hier zu akzeptieren. ({25}) Am 30. Oktober 1980 erklärte der Kollege Zimmermann in Kreuth: Wir haben eine außenpolitische Bestandsaufnahme verlangt, die nach vorne gerichtet sein sollte. Der Haken daran ist, daß der Kollege Zimmermann gleich hinzugefügt hat, ein Godesberg der Union würde es aber nicht geben. ({26}) Da haben wir also wieder den alten Standpunkt. Nun gut, Godesberg sollten wir hier vielleicht herauslassen; denn Godesberg hat einen guten Ruf. ({27}) Aber hier haben wir es wieder: Selbstbesinnung mit ehrlicher Auseinandersetzung um den richtigen Weg, wie es in meiner Partei Tradition ist - was Sie politisch manchmal auch ausnützen -, wie wir sicher morgen wieder hören werden. Das kann man von den Konservativen in der Union mit Sicherheit nicht verlangen. Das ist das Grundmißverständnis bei Ihnen, um das es eigentlich geht. Zu Ende der 50er Jahre - das wissen Sie - entsprachen wir mit unserem klaren Bekenntnis zur atlantischen Partnerschaft und zur Gemeinschaft der europäischen Staaten einem in unserem Volk weit verbreiteten Sicherheitsbedürfnis. Was wir damals an Ihnen kritisierten, war die Tatsache, daß Ihre Sicherheitspolitik nicht die Ursachen der Unsicherheit, eben die Ursachen der Risiken beseitigte. Die Vertragspolitik mit den östlichen Nachbarn und der DDR setzt an den Wurzeln der Risiken unserer Sicherheit an, ({28}) Schritt für Schritt die Gegensätze zwischen den beiden Weltsystemen überbrückbar zu machen ({29}) und die aus ihnen folgenden Risiken durch Zusammenarbeit, Vertrauensbildung, Gewaltverzicht und Abrüstung zu verringern und, wenn möglich, aufzuheben. Das ist der Sinn dieser Politik. Damit kommen wir auch einem Sicherheitsbedürfnis unserer Bevölkerung entgegen, das heute genauso vorhanden ist. Dies müssen Sie erkennen, dies müssen Sie sehen, daß Sie damals die Ostverträge abgelehnt haben, daß Sie gegen diese Sicherheit, daß Sie im Grunde genommen gegen den Abbau der Risiken waren. Das muß hier in den nächsten Tagen vom Tisch. ({30}) Wir wissen, daß die Deutschlandpolitik die neuerlichen Belastungen und Spannungen ausgehalten hat. Ob sie ohne die Ergänzung durch die Vertragspolitik mit den östlichen Nachbarn getragen hätte, will ich persönlich bezweifeln. Man kann das durchaus bezweifeln, wenn man sich die ganze Lage betrachtet. Ob die Weltpolitik allein unter den veränderten Bedingungen ohne ihre Ergänzung durch die Vertragspolitik mit den östlichen Nachbarn getragen hätte, ist eine sehr spekulative Frage. Wir sollten über diese Frage wirklich nachdenken. Das Konzept, das die sozialliberale Koalition 1969 vorgelegt hat, berücksichtigt im wesentlichen diese Grundfragen der Politik. Dieses Konzept enthielt auch Unwägbarkeiten und Zielvorstellungen, deren Erfüllung nicht einmal langfristig absehbar ist. Um es deutlich zu sagen: daß Sie alles das, was wir damals an Politik investiert und vorgelegt haben - von uns langfristig gemeint - immer wieder als schon gestern erfüllt fordern, ist eben unrealistisch. Diese Politik berücksichtigt aber auch die Grundunterschiede, die nicht überbrückbar sind, die nicht aufhebbar sind. Es geht darum, den Ausgleich der Interessen zu suchen, zu einer Analyse der unterschiedlichen Interessenlage zu kommen, sich in den Partner, die andere Seite hineindenken zu können und zu versuchen, deren Motive zu verstehen. Ich glaube, das ist eine Voraussetzung, mit der wir arbei3244 Büchler ({31}) ten müssen. Wir sollten dann feststellen, wo die gemeinsamen Interessen liegen. Sie haben das heute ebenfalls gesagt, Herr Lorenz. Aber da ist, was ich oft beklage, der Realitätsverlust in der Analyse und im Operativen bei der Union nach wie vor vorhanden. Das sind die Sorgen, die uns hier begleiten. Wieweit Sie die Deutschland- und die Berlinpolitik mit uns gemeinsam aktivieren wollen, das werden die nächsten Tage mit Sicherheit zeigen. Wir haben ein Grundkonzept. Das ist ein politisches, soziales, letzten Endes ein humanitäres Programm, gewachsen wegen der Teilung unseres Landes, unseres Volkes. Überall dort, wo es diese materielle, menschliche, soziale, kulturelle Not zu mindern gilt, geht es uns darum, vorwärtszukommen. Deswegen ist es bedauerlich, was aus dieser Palette von Instrumenten, die wir 1970 geschaffen haben, geworden ist. In der Berlin-Förderung, in der Zonenrand-Förderung ist vielfach nur noch die Jagd nach Förderpräferenzen und Fördersätzen übriggeblieben, und die tiefere politische Bedeutung, der deutschlandpolitische Auftrag ist in den letzten Jahren oft verschüttet worden. Das ist das Bedauerliche. Dies wieder herauszubringen, muß unsere Aufgabe sein. ({32}) Wer spricht denn heute noch von der brennenden Wunde, wie es Herbert Wehner 1953 - ({33}) - Da haben wir schon wieder das Problem. Das ist genau die Frage, um die es geht, Herr Jäger. Sie haben es doch nicht begriffen, worum es geht. ({34}) Ob dieses tiefe Gefühl noch vorhanden ist, das Herbert Wehner so hervorragend formuliert und ausgesprochen hat, danach frage ich doch. Ich kann es aus Zeitmangel nicht mehr zitieren. Das tut mir leid, weil dies wichtig wäre. ({35}) Sie können bei diesem langwierigen Prozeß der Entwicklung gutnachbarlicher Beziehungen auf allen Gebieten mit uns zusammenarbeiten. Bei der Überwindung der Schwierigkeiten in Berlin, bei Schwierigkeiten in den Grenzgebieten zwischen den beiden deutschen Staaten, bei der lebendigen Erfüllung des Grundlagenvertrages, bei der Sicherung des Lebens der Stadt Berlin, überall werden wir mit Sicherheit Ihre Mithilfe nicht ablehnen, sondern sie entgegennehmen. Aber Sie sollten das unfruchtbare, an allen Realitäten vorbeizielende Oberschulmeistertum lassen, so meine ich. Das Grundgesetz gibt uns klare Verpflichtungen vor. Zu denen stehen wir nicht nur, sondern wir wollen sie auch mit Leben erfüllen. Ich fühle mich als freier Demokrat im freien Teil Deutschlands ({36}) stark genug, ohne ständige Besserwisserei Politik mit der DDR machen zu können. Wir haben auch keine Berührungsängste. Das möchte ich unterstreichen. Wir können mehr Zutrauen zu unserer eigenen Position haben, und dazu möchte ich Sie auffordern. Unsere freiheitlich-demokratische Verfassung, unsere Demokratie ist die stärkere Kraft, und sie ist für die Menschen das bessere System. Wenn wir auf Dauer mit Augenmaß diese Politik verfolgen, wie wir sie als Koalition angelegt haben, werden wir, so glaube ich, zum entsprechenden Ziel kommen. Es ist nicht gut, was Sie oft mit Ihren Anträgen machen. Ich möchte nur einen aus dem Auswärtigen Ausschuß herausgreifen. Es geht um die Ächtung der Todesstrafe. Entschließungstext: Die Bundesregierung wird aufgefordert, weiterhin mit Nachdruck für eine Abschaffung der Todesstrafe in allen Ländern der Erde einzutreten. Bei Ihrer Art, Politik zu machen, wollten Sie einfügen: „insbesondere in der DDR". ({37}) Dies ist doch, so meine ich, nicht mehr mit einer vernünftigen Politik vereinbar. Einfach lächerlich! So kann man doch nicht argumentieren, wie Sie es tun. Sie sollten auch den Grundlagenvertrag nicht als Hebel benutzen; es geht vielmehr darum, diesen Grundlagenvertrag mit Leben auszufüllen. ({38}) Sanktionen und Hebel haben in der Politik noch nie zu einem vernünftigen Ergebnis geführt. ({39}) Sie haben heute die Positionen der Bundesregierung, wie sie in der Antwort dargelegt sind, unterstrichen. Ich bin dankbar dafür. Dies ist eine gemeinsame Grundlage, von der wir ausgehen können. Aber das, was die Bundesregierung hier in dieser Drucksache niedergelegt hat, was sowieso unsere gemeinsame Position darstellt, muß dann auch die Grundlage sein. Das zu diskutieren, glaube ich, lohnt sich. Deswegen habe ich die Bestandsaufnahme nicht vergessen. Wir sollten sie auch im Ausschuß weiterführen. Finden wir uns auf diesem Nenner, wie ihn die Bundesregierung hier vorgezeichnet hat, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, werden wir mehr in Bewegung setzen können, was allen Deutschen hilft. ({40})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ronneburger.

Uwe Ronneburger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001881, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 23. Juli beginnen. Ich bringe es deswegen, weil die Rede des Kollegen Lorenz tatsächlich für diejenigen, die in dieser Bestandsaufnahme einen neuen Anfang gesehen haben, eine Enttäuschung war. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt am 23. Juli: In der Deutschlandpolitik mußte man seit je die Union zum Jagen tragen. Meine Damen und Herren, wenn jemand heute eine Chance versäumt hat, wenn jemand mit dieser Großen Anfrage versäumt hat, den neuen gemeinsamen Anfang zu finden, dann war es die Union und nicht die Bundesregierung mit ihrer Antwort. ({0}) Lassen Sie mich das mit einem Beispiel aus der Seefahrt belegen, auch wenn das vielleicht einige Kollegen aus Bayern, Herr Kollege Jäger, nicht so ohne weiteres verstehen. ({1}) Tatsächlich ist es so, Herr Kollege Jäger: Die Union hat danach gefragt, welchen Kurs wir bisher zurückgelegt haben. Sie hat danach gefragt, Herr Kollege Lorenz, wo unser Schiffsort heute ist. Aber sie hat nicht danach gefragt, wie der Kurs abgesteckt werden soll, wie es denn weitergehen soll bei dieser gemeinsamen Politik. Und dies ist zu wenig. Sie können nicht die Antworten der Bundesregierung kritisieren, weil Sie meinen, sie entsprächen nicht Ihren Vorstellungen, da Sie eben nichts weiter verlangt haben als eine Bestandsaufnahme, die eine nüchterne Bilanz mit Plus und Minus und soundsoviel Stellen hinter dem Komma sein sollte. Worum es eigentlich gehen sollte ist doch dies: Wohin gehen wir denn - wenn es geht, gemeinsam - weiter? Warum, Herr Kollege Lorenz, machen Sie auch heute wieder den Fehler, daß Sie bei einer Bewertung dieser Bilanz die Ziele, die wir alle gemeinsam als endgültige Ziele erreichen wollen, mit dem vergleichen, was erreicht ist. Ich würde Ihnen sagen: Vergleichen Sie doch endlich einmal das, was wir bis 1969 erreicht hatten, mit dem, was wir heute haben. ({2}) Dann kommen Sie zu einer Würdigung dessen, was bisher in der Politik der Bundesregierung dieser Koalition geschehen ist. ({3}) - Ja, wohin geht es denn? Zukunft, das ist die Frage. Und deswegen, Herr Kollege Lorenz, müssen Ihre Fragen um diesen Bereich ergänzt werden, und deswegen, müssen wir uns gemeinsam überlegen, wohin es denn gehen soll. Diese heutige deutschlandpolitische-Grundsatzdebatte über die Große Anfrage und die Antwort der Bundesregierung möchte ich gerne vor dem Hintergrund sehen, daß in der Union, vornehmlich offenbar in der CDU, eine Debatte über die Neuorientierung ihrer eigenen Ostpolitik geführt wird. Aber diese Neuorientierung betrifft doch wohl nicht nur das Verhalten der Union in der gesamten Ostpolitik, sondern, wie ich meine, auch gegenüber der DDR. Eine gemeinsame politische Bestandsaufnahme, die redlich und ehrlich ist, kann aber nur dann Basis einer erfolgreichen Politik sein, wenn die Realitäten in beiden deutschen Staaten und in Europa zur Kenntnis genommen werden und zur Grundlage der eigenen Analyse und des eigenen Handelns gemacht werden. Herr Kollege Lorenz, eigentlich sollten Ihnen aus der Anhörung im Innerdeutschen Ausschuß gestern noch die Ausführungen eines Historikers in den Ohren geklungen haben, der davor gewarnt hat, Fiktionen aufrechtzuerhalten. Denn sie seien ein Hindernis auf dem Wege dazu, die gemeinsame Haltung in der deutschen Frage auf beiden Seiten dieser von uns gemeinsam beklagten Grenze aufrechtzuerhalten. ({4}) - Wir werden im Ausschuß noch über diese Aussagen von gestern sprechen und werden vielleicht einmal auf die Frage zurückkommen, was denn eigentlich Realität ist. Die Bundesregierung hat in aller Deutlichkeit in der Vorbemerkung zu der Antwort auf Ihre Große Anfrage die Rahmenbedingungen und Grundlagen unserer Deutschlandpolitik noch einmal niedergelegt. Niemand, meine Damen und Herren von der Opposition, verlangt von Ihnen einen ost- und deutschlandpolitischen Canossagang. Aber was wir verlangen und was wir, glaube ich, verlangen können, ist endlich eine klare Antwort auf die seit mehr als elf Jahren von der Koalition gestellte Frage, ob Sie denn das Angebot zur Zusammenarbeit auf der Basis der gegenwärtig existierenden Realitäten akzeptieren oder ob Sie das nicht tun. ({5}) - Herr Kollege Lorenz, lesen Sie bitte einmal nach, was Sie auch heute wieder über mangelnde Lernfähigkeit der Koalition und, und, und gesagt haben. ({6}) Täuschen wir uns doch nicht über die Zusammenarbeit! „Keine stille Teilhaberschaft" haben Sie gesagt, so als ob es sich hier um die Ablehnung einer Kumpanei handele. Nein, Herr Lorenz, wenn wir so nüchtern, wie wir im Ausschuß miteinander reden, auch hier vor dem Plenum miteinander redeten, ({7}) dann wäre diese Gemeinsamkeit näher, als sie es nach Ihrer Rede heute tatsächlich ist. Ich hoffe sehr, daß es im Interesse der Menschen, die in der DDR leben, der Deutschen drüben, möglich ist, gemeinsam dafür einzutreten, daß die bestehenden und von niemandem bestrittenen Probleme der Deutschlandpolitik bewältigt werden, daß die erreichten Verbesserungen aber konsequent genutzt und nicht gegenüber Unerfüllbarem und nicht Realisierbarem abgewertet werden. Ich hoffe auch, daß die Verhandlungen mit der DDR nüchtern eingeschätzt und nicht durch eine Überschätzung unserer Position erschwert werden, ferner, daß den bestehenden Schwierigkeiten, die ja nicht das Ergebnis der Politik dieser Bundesregierung sind, sondern die in dem von Anfang an schwierigen Verhältnis der beiden deutschen Staaten zueinander ihre Begründung haben, mit Selbstvertrauen, mit Mäßigung, mit Beharrlichkeit und Berechenbarkeit begegnet wird. Ich hoffe auch, daß nicht durch die Summierung negativer Einzelbeispiele der Weg, der sich grundsätzlich als richtig erwiesen hat, verlassen wird. ({8}) - Ich äußere meine Meinung zu den Fragen, vor denen wir stehen, und hoffe, daß wir diese Gemeinsamkeit, wenn sie denn besteht, auch realisieren können. ({9}) Im Interesse der Menschen und der Sache möchte ich noch einmal mit Nachdruck darauf hinweisen, daß gerade in der gegebenen weltpolitischen Situation doch wohl von allen Fraktionen des Hauses erwartet werden muß, daß wir uns auch mit den Argumenten und den Schwierigkeiten der Regierung der DDR zwangsläufig befassen müssen. Das heißt konkret, daß wir nur dann weiterhin erfolgreich sein können, wenn wir unsere eigenen Interessen, unsere Zielsetzungen sorgfältig definieren und im eigenen Handeln berücksichtigen, daß wir aber auch den Versuch unternehmen, den Standpunkt des Verhandlungspartners, seine Ziele, seine Positionen, unter Umständen sogar die Punkte, an denen besondere Empfindlichkeiten oder Schwierigkeiten zu erwarten sind, genau zu analysieren und unseren eigenen Forderungen gegenüberzustellen. Ich meine nicht, daß wir damit vor lauter Definieren oder Taktieren zu einem Zustand kommen sollten, der durch möglicherweise ständiges Warten zu einer Lähmung unserer eigenen Politik führt. Ebenso schädlich für die von der Trennung betroffenen Menschen in beiden deutschen Staaten ist jedoch die Argumentation vieler Unionspolitiker, die Bundesregierung dürfe der Regierung der DDR Gespräche über den Zusammenhang der Beziehungen und über alle beiden Seiten interessierenden Fragen nicht ohne Vorbedingungen anbieten. Wir fordern auf der einen Seite die DDR auf, keine Vorbedingungen zu nennen, und haben uns gemeinsam gegen die Forderungen der Geraer Rede Honeckers gewandt. Aber sollten wir nicht endlich zur Kenntnis nehmen, daß wir den Menschen in der DDR nur dann helfen können, wenn wir endlich aufhören, den Staat in Frage zu stellen oder von der Fiktion auszugehen, es gebe einen politischen Unterschied, ob man von den beiden deutschen Staaten oder den beiden Staaten in Deutschland spricht, Herr Kollege von Wrangel? Wir sollten das endlich aufgeben. Wir sollten uns doch darüber einig sein, daß der Staat DDR, dessen demokratische Legitimation nicht unseren Vorstellungen entspricht ({10}) und dessen Politik - ich sage das ganz deutlich - mit unseren Grundsätzen von Demokratie, von Freiheit, von Menschenwürde nicht vereinbar ist, für die Bürger der DDR schlichte tägliche Realität ist ({11}) und daß er es deshalb auch in unseren Überlegungen sein muß. Niemand kann heute ernstlich bestreiten, daß wir bei der konsequenten Beschreitung dieses Weges für die Menschen in beiden deutschen Staaten Beachtliches haben erreichen können. Keiner hat sich Illusionen darüber gemacht oder wird sich Illusionen darüber machen können, daß wir immer wieder mit Rückschlägen zu rechnen haben. Aber genauso bin ich davon überzeugt, daß wir durch Härte oder Überheblichkeit bisher keine Lösungen erreicht haben. Nur durch ernsthaftes, Herr Kollege Lorenz, und geduldiges Bemühen werden wir auch in Zukunft in der Lage sein, auch gegensätzliche Interessen in Abkommen oder Vereinbarungen zum Ausgleich zu bringen. Und wenn Sie gesagt haben, schnelle Erfolge seien nicht zu erwarten, dann sollten Sie diese schnellen, diese spektakulären Erfolge auch nicht von der Bundesregierung und ihrer Politik erwarten und sollten das Nichtdurchsetzen schneller Lösungen auch nicht als Vorwurf an die Bundesregierung richten. Deshalb ist nach meiner Überzeugung die immer wiederholte These, Vorbedingungen müßten erfüllt sein, ein leichter und vielleicht sogar in bestimmten Bereichen publikumswirksamer Versuch - ({12}) - Aber nehmen Sie doch, Herr Kollege von Wrangel, einmal bitte das, was in die jüngste Vergangenheit hinein in Presseerklärungen gesagt worden ist. Da sind doch diese Vorbedingungen immer wieder von Ihrer Seite gefordert worden. Habe ich denn nicht das Recht, diesen Argumenten, auch wenn sie außerhalb dieses Hauses geäußert worden sind, entgegenzutreten? ({13}) Ich bin wie bei vielen anderen Themen auch z. B. bei der Frage nach der Höhe des Zwangsumtausches davon überzeugt, daß dies noch immer stimmt, nämlich daß die Wiederherstellung des alten Mindestumtauschsatzes, zur Vorbedingung eines Gesprächs gemacht, sinnlos ist. Man erreicht allenfalls das GeRonneburger genteil des Gewünschten, weil es zu den Gesprächen nicht kommt. Auch im Hinblick auf die Tatsache, daß in einigen Monaten der Bundeskanzler mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden zusammentreffen wird, sollte jeder bedenken, daß es darum gehen wird, einen für beide Seiten tragfähigen Kompromiß in den anstehenden Fragen zu finden, ohne dem Gesprächspartner einen Gesichtsverlust zumuten zu wollen. Für diese Gespräche, die notwendig und überfällig sind, sind aber die Hinweise belastend, wie sie auch, Herr Kollege von Wrangel, bis in die jüngste Zeit hinein von seiten der Opposition geäußert worden sind. Ich habe - ich muß Ihnen das noch einmal sagen, Herr Kollege Lorenz - mit großen Bedenken gelesen, was Sie in Ihrer Pressekonferenz am 22. Juli geäußert haben: Bonn habe die DDR bisher zu sehr ermuntert, gegebene Zusagen wieder zurückzunehmen, um sich dann erneut weitere Leistungen abkaufen zu lassen. ({14}) Ich glaube nicht, daß diese Unterstellung der erste Schritt zur Gemeinsamkeit sein kann. ({15}) Für mich sind die Reise des Bundeskanzlers und die laufenden Kontakte mit der DDR ein bundesdeutscher Beitrag dafür, den Frieden in Europa zu erhalten und zugleich die Lebensbedingungen für die Deutschen, die in der DDR leben, zu verbessern. Die Frage, der wir uns deshalb zu stellen haben, ist die, ob es uns in den letzten Jahren gelungen ist, den Frieden sicherer zu machen, zur Verbesserung der Lebensbedingungen beizutragen, die bestehenden Kontakte zwischen den Menschen in beiden Teilen Deutschlands zu verstärken und damit die Zusammengehörigkeit der Deutschen auch in beiden deutschen Staaten zu stärken. Es steht für mich, meine Damen und Herren von der Opposition - Sie werden protestieren -, außer Frage, daß die Bilanz dieser Bemühungen eindeutig positiv ist. Theo Sommer - Sie werden ihn mir vielleicht abnehmen - hat diese Politik der Bundesregierung wie folgt, wie ich meine: treffend, charakterisiert: Die Ostpolitik gründete auf einer Einsicht, zu der sich die meisten Deutschen nur sehr schmerzlich durchrangen, daß nämlich die Wiedervereinigung ferner lag denn je, daß im nuklearen Zeitalter der Frieden wichtiger ist als die Gerechtigkeit und daß, wo die Teilung schon nicht überwindbar war, sie wenigstens verwindbar, ({16}) - ich zitiere Theo Sommer in ihren Folgen gemildert werden mußte. Wenn sich die Spaltung der Nation nicht beenden ließ, sollte mindestens die Trennung des Volkes gelockert werden. Eine Bemühung um diese Lockerung und langfristige Überwindung der Trennung des deutschen Volkes führt zwangsläufig zu der Frage, und dies ist für mich die wichtige Ausgangsposition auch bei der Frage nach Gemeinsamkeiten, ob es zwischen den Regierungen der beiden deutschen Staaten einerseits und den Deutschen in Ost und West andererseits gemeinsame deutsche Interessen gibt. Ich würde den innerdeutschen Handel dabei nicht aus dem Auge lassen, und ich würde, Herr Kollege Lorenz, diese Fragen nicht zu sehr nur auf die Möglichkeiten finanzieller Leistungen unserer Seite gegenüber der DDR beschränken. ({17}) - Doch! Dies nun hat er gesagt, Frau Berger. Dann lesen Sie bitte nach! Dieser Handel ist ein Bereich, der auch zukünftig Chancen und Möglichkeiten zur Überwindung von Hindernissen zwischen beiden deutschen Staaten bietet. In Zeiten, in denen wirtschaftliches Wachstum schwieriger geworden ist, hat der deutsche Handel mit seinem Volumen und seinen Wachstumstendenzen eine große Bedeutung. Aber ich möchte auf einen anderen Bereich gemeinsamer Interessen nachdrücklich hinweisen, wo es um existentielle Fragen des deutschen Volkes geht. Die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges haben es mit sich gebracht, daß beide deutsche Staaten jeweils wichtige Mitglieder unterschiedlicher Verteidigungs- und Wirtschaftsbündnisse sind. Trotz dieser Einbindung in bestehenden Systemen haben beide deutsche Staaten die Verpflichtung, innerhalb dieser Bündnisse für die Bewahrung des Friedens in Mitteleuropa und in der Welt zu wirken. Sowenig beide deutsche Staaten auf eigene Faust Krieg führen können oder wollen, sowenig sind sie allerdings auch in der Lage, auf sich selbst gestellt den Frieden zu sichern. Sie müssen deshalb in diese Systeme eigene, sicher unterschiedlich zu wertende Leistungen einbringen. Sie müssen sich -- und dies gilt mit voller Überzeugung auch für uns im nordatlantischen Verteidigungsbündnis - aber auch auf den Halt verlassen, den ihnen ihre jeweiligen Verbündeten bieten. ({18}) Was die Bundesrepublik Deutschland angeht, kann mit Fug und Recht behauptet werden, daß es wohl vor allem die Bundesregierung in den vergangenen Monaten gewesen ist, die sich unablässig, beharrlich und erfolgreich um den Wiederbeginn des Dialogs der Supermächte bemüht hat. ({19}) Es ist vor allem dem Bundeskanzler und dem Bundesaußenminister zu danken, daß z. B. ein Ziel wie das der Nulloption bei den Mittelstreckenraketen Gegenstand internationaler Verhandlungen und Zielsetzungen unter Akzeptierung durch unseren Partner USA geworden ist. Hier zeigen sich gemeinsame deutsche Interessen und die Verantwortungsgemeinschaft der Deutschen, von der gestern in der Anhörung auch die Rede war, eine Verantwortungsgemeinschaft nicht nur für das, was in der Vergangenheit war, sondern auch für das, was in der Zukunft kommen wird. ({20}) Dabei wissen wir sehr genau, daß beide deutsche Staaten unterschiedliche Möglichkeiten haben, innerhalb der NATO oder des Warschauer Pakts ihren Einfluß geltend zu machen. Jedoch sollten wir uns auch davor hüten, die Stellung der DDR zu unterschätzen. Ich warne uns alle auch vor der Illusion, die Regierung der DDR sei nicht allzu gern bemüht, die in der Bundesrepublik Deutschland stattfindende Friedensdiskussion vor ihren eigenen Karren zu spannen. Wir sollten dies wissen und im Hinterkopf haben, auch wenn wir die Gespräche mit ihr führen. Aber die DDR sollte auch hier - und da stimme ich Herrn Kollegen Lorenz ausdrücklich zu - auf der Hut sein. Denn innenpolitisch muß die Regierung der DDR hier an zwei Fronten kämpfen. Zum einen ist es offenbar nicht mehr möglich, die Entwicklung in Polen auch in der DDR totzuschweigen. Die Kommentare werden krasser und strenger. Zum anderen ist auch die Regierung der DDR offenbar nicht in der Lage, ernstzunehmende Reaktionen der eigenen Bevölkerung völlig auszuklammern oder zu ignorieren. Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, Herr Kollege: Die Erhöhung des Zwangsumtausches hat zu einer Negativreaktion der Bevölkerung der DDR gegen ihre eigene Regierung geführt. Die Deutschen in der DDR haben dies nicht etwa als eine Maßnahme empfunden, die gegen uns gerichtet war, sondern haben sie als gegen sich selbst gerichtet ausgelegt. In den Kirchen der DDR hat eine breit angelegte Debatte über den Wehrdienst und über weitergehende Ersatzmöglichkeiten, als es der Dienst in Baueinheiten ist, um sich gegriffen. Wir sollten mit unseren Bemerkungen über Friedensbewegung-en gerade dann, wenn wir uns der Kirche aus parteipolitischer Orientierung oder aus persönlicher Orientierung besonders verbunden fühlen, die Situation der Kirche in der DDR und ihre Bemühungen um Frieden nicht erschweren, indem wir hier über Friedensbewegungen und Friedensdiskussionen allzu schnell und allzu leichtfertig urteilen. ({21}) Erfolge für die Menschen in beiden deutschen Staaten können machbar werden, wenn gemeinsame deutsche Interessen in Ost und West vertreten werden und wenn sie durch Verhandlungen und Verträge, durch die Schaffung von gegenseitigem Vertrauen und Zusammenarbeit und durch die weitere Gestaltung des Friedens gemeinsam betrieben werden. Die Stabilität in Mitteleuropa, die insbesondere auch auf die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten zurückgeführt werden kann, macht heute eine Fortsetzung der Entspannungspolitik notwendig. Wer den betroffenen Menschen in der DDR und in Polen helfen will, der muß dafür eintreten, daß die vorhandenen Stränge und Verbindungen nach Osten verstärkt werden, aber nicht nur durch Reden, sondern durch aktives Mitgestalten. Das gilt sowohl für die Anwendung der Schlußakte von Helsinki als auch für Rüstungskontroll- und Abrüstungsverhandlungen wie auch für wirtschaftliche Kooperationen. Das bedeutet aber auch, daß wir uns - nur immer in Erkenntnis der Grenzen, die diesen Bemühungen gesetzt sind, weil dies nicht nur unsere Entscheidung ist - noch stärker als in der Vergangenheit darum bemühen müssen, den Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten mit mehr Leben zu erfüllen als bisher. Auch und gerade an die Adresse der DDR-Regierung sei hier noch einmal ausdrücklich gesagt, daß überzogene Statusforderungen, Forderungen, die etwa auf eine Änderung des Grundlagenvertrags hinauslaufen, kein Weg sind, um zu tragbaren Kompromissen zu kommen. ({22}) So eindeutig wir unsere Anstrengungen verstärken müssen, den deutsch-deutschen Dialog zu beleben, so groß müssen aber auch unsere Anstrengungen sein, meine Damen und Herren, die deutsche Frage in der Bundesrepublik Deutschland selbst wachzuhalten, offenzuhalten. Ich meine, daß sich in allerjüngster Zeit die Anzeichen dafür mehren, daß auch die Generation, die nach dem Krieg geboren ist, nicht nur nach Westeuropa blickt, sondern auch in Richtung DDR und Polen. Gerade die polnischen Ereignisse haben offenbar diesen jungen Menschen gezeigt, daß Europa nicht an der Oder-Neiße endet und Deutschland nicht an der Elbe. Aber je länger die deutsche Teilung dauert, je klarer uns wird, daß ihre Überwindung, die unser gemeinsames letztes Ziel ist, mehr Zeit erfordern wird, als wir an ihrem Beginn glaubten erwarten zu müssen, und je schwieriger und undeutlicher damit Prognosen über Zeitpunkt und Umstände der Vollendung der Einheit Deutschlands werden, desto dringlicher wird die Aufgabe, gerade gegenüber der jungen Generation diese Einheit nicht nur mit Argumenten der Vergangenheit, nicht nur mit dem Ziel der Wiederherstellung einmal gehabter staatlicher Zustände, sondern vor allen Dingen neben politischen Tagesmaßnahmen aus einer Wertung geschichtlicher Entwicklungen und ihrer Wirkung in Gegenwart und Zukunft zu begründen. Die Art, in der die DDR die deutsche Geschichte zur Konstruktion eines eigenen Staatsbewußtseins zu benutzen sucht, zeigt jedoch sehr deutlich die Möglichkeit des Mißbrauchs von Geschichte und Geschichtsbewußtsein - übrigens eine Möglichkeit, meine Damen und Herren, die wir aus den Jahren 1933 bis 1945 ja nur zu genau kennen. ({23}) Uns jedoch scheinen Ereignisse und Namen der Geschichte unseres Volkes, die bis heute hin wirken, nicht die These von der Teilung Deutschlands, sondern die von seiner Einheit zu begründen. Wenn wir bei allem, was wir an Tagespolitik betreiben, auch diese Aspekte mit im Auge haben, wenn wir uns um diese Fragen kümmern, dann, so meine ich, sollte es uns gelingen, auch der jungen Generation die deutsche Frage, das Streben nach der deutschen Einheit verständlich zu machen und als ein wichtiges Ziel erscheinen zu lassen. Ich hoffe, daß wir dies bis hin in die Tagespolitik gemeinsamer tun können, als das vielleicht an dem einen oder anderen Punkt bisher sichtbar geworden ist. - Ich danke Ihnen. ({24})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen.

Egon Franke (Minister:in)

Politiker ID: 11000570

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegenstand dieser Debatte ist die Antwort auf eine Große Anfrage der Oppositionsfraktion mit dem Titel „Umfassende Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik". Wer durch die 70er Jahre hindurch die deutschlandpolitische Diskussion verfolgt hat, der weiß, daß an Informationen, auch an aufbereiteten und dem Interessierten jederzeit zugänglichen Informationen, kein Mangel ist. Die wichtigsten dieser Informationen haben wir in unserer schriftlichen Antwort noch einmal aufgezählt, um das Bild abzurunden und um noch einmal Hinweise - auch mit Quellenangaben - zu geben, damit es wirklich jedem ernsthaft Suchenden möglich ist, seinem Bedarf nachzugehen. Es muß also wohl einen anderen Grund als Mangel an Informationen haben, wenn die Opposition bei der gegebenen Materiallage nach einer weiteren Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik verlangt. Die Opposition selbst begründet dies folgendermaßen: Die Deutschlandpolitik sei infolge der Abgrenzungspolitik der DDR-Führung auf einem gefährlichen Tiefpunkt angelangt. Nun müßten alle politischen Kräfte zusammenwirken, um aus der gegenwärtigen innerdeutschen Sackgasse wieder herauszukommen. Meine Damen und Herren, nehmen Sie es mir nicht übel, aber Ihre Lageeinschätzung stimmt weder zum jetzigen Zeitpunkt, noch hat sie im Früh-j ahr gestimmt. ({0}) - Meinen Sie, daß ich darauf antworten sollte? ({1}) - Nein, es hat keinen Zweck. Ich versuche doch, es sachlich darzustellen. Herr Kollge Huyn, Sie sind ja nicht einmal in der Lage zuzuhören. Sie sind doch mit vorgefaßter Meinung bierhergekommen. ({2}) Großartige Ansätze, um zur Gemeinsamkeit zu kommen! Lassen Sie mich doch bitte das entwickeln, was ich dazu zu sagen habe. Vielleicht bahnt sich etwas an. Aber ich bin inzwischen nicht verwöhnt, und ich zweifle fast daran, daß es ernst gemeint ist. Lassen Sie es uns einmal versuchen. Darum nehmen Sie es mir nicht übel, meine Damen und Herren, wenn ich erneut sage, daß diese Interessen- und Lageeinschätzung nicht stimmt. Trotz des unannehmbaren Rückgangs im Reise- und Besuchsverkehr seit der Neuregelung des Mindestumtausches vom Oktober vergangenen Jahres: ({3}) Die innerdeutschen Beziehungen befinden sich weder auf dem Tiefstand noch in einer Sackgasse. Das sage ich, weil es so ist. Wer die Materie und den Bereich kennt, um den es da geht - nur mit solchen kann man leider sachlich darüber sprechen -, muß in seiner Beurteilung auch zu demselben Ergebnis kommen. Was Tiefstand und Sackgasse im innerdeutschen Bereich wirklich bedeuten, kennen wir von den 60er Jahren her. Ich bin sicher, man wird niemanden, der sich auskennt, finden, der auch nur auf die Idee käme, die damaligen Zustände mit den heutigen gleichzusetzen. Inzwischen ist nämlich wirklich Entscheidendes passiert. Der Auseinanderentwicklung im geteilten Deutschland ist Einhalt geboten worden. Eine Reihe von Anomalien im Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten, welche die Menschen belasten, konnten abgebaut werden. Die Kontakte zwischen den Bürgern in Ost und West sind um ein Mehrfaches gesteigert und erheblich erleichtert worden. Schließlich ist als Ergebnis betont hervorzuheben: Die Lage Berlins konnte entscheidend verbessert werden. ({4}) Das alles ist Resultat sozialliberaler Deutschlandpolitik in den hinter uns liegenden 12 Jahren - nachprüfbar und den Menschen hüben wie drüben wohl bewußt. Allerdings wird niemand verkennen wollen, daß die deutschlandpolitische Lage seit dem Herbst des vergangenen Jahres in der Tat eine deutliche Veränderung erfahren hat. Diese Veränderung findet ihren Ausdruck einmal in der Mindestumtauschregelung, zum anderen in der Überbetonung von streitigen Grundsatzpositionen durch die DDR. Für jeden sichtbar ist damit die DDR-Führung gegenüber der Bundesrepublik Deutschland auf Distanz gegangen. Für jeden ist aber ebenso ersichtlich, warum das geschehen ist: aus Gründen, die nicht im innerdeutschen Verhältnis liegen, sondern aus dem internationalen Umfeld auf das innerdeutsche Verhältnis einwirken. Sosehr ich die Sorge verstehe, j a teile, daß das innerdeutsch Erreichte dadurch gefährdet werden könne, so sehe ich doch keinen Grund, von unserer langfristigen Zielsetzung und damit von unserer Konzeption abzugehen und zu der früheren Verfahrensweise zurückzukehren, nämlich auf Worte und Taten der anderen Seite bloß zu reagieren. Nach meinem Eindruck ist denn auch der wahre Grund für das Verlangen der Opposition nach Bestandsaufnahme die eigene Unsicherheit in bezug auf das Notwendige, der Wunsch, den Standort der Opposition der Koalition als Haltung in der Deutschlandpolitik aufzuerlegen. ({5}) Wir sehen sehr wohl, meine Damen und Herren, daß dieser Wunsch innerhalb der Oppositionsfraktion und der sie tragenden Parteien nicht gleichmäßig ausgeprägt ist, um es schonend zu sagen. So drängt sich dem Beobachter der Eindruck auf, daß die Nähe zu den konkreten Problemen Berlins offenbar besonders geeignet ist, Verständnis für die deutschlandpolitische Linie der Regierungskoalition zu wecken. Ich denke, ich brauche das gar nicht am Namen festzumachen. Ich möchte nur das aufgreifen, was hier heute morgen schon einmal gesagt worden ist: Anspruch und Realität fallen weit auseinander. Ich greife das gern auf, um gerade Sie darauf anzusprechen. Ich freue mich, feststellen zu können, daß erst dann, wenn man in der Praxis mit den Dingen zu tun hat, die Einsicht zu wachsen scheint, die wir schon seit zwölf Jahren haben und der wir auch folgen. Andererseits, meine Damen und Herren, sind manche Fragen der Großen Anfrage so angelegt bzw. entstammen einem Geist, daß sie Zweifel wekken, ob Verständnis und Einsicht wirklich schon die Oberhand gewonnen haben. Dennoch: Das Ganze ist ein für die deutsche Politik wichtiger Vorgang. Niemand kann mehr als der Minister für innerdeutsche Beziehungen wünschen, daß er Früchte trägt. Allerdings: Förmlich über die Hürde tragen kann der Minister für innerdeutsche Beziehungen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, auch nicht. Da rüberkommen, die Hürde überwinden, das müssen Sie aus eigener Kraft und Einsicht schon selbst. ({6}) - Doch, das müssen Sie fassen, sehr verehrte Frau Kollegin Berger. - Ich kann hier nur wiederholen, was ich schon vor knapp einem Jahr in Berlin gesagt habe: Nach meinem Gefühl kommt es nicht darauf an, dem verbreiteten Bedürfnis nach Harmonie wieder und wieder ein Stück Beruhigungszucker mit verbalen Versicherungen, gemeinsamen Urteilen und Wünschen zu verabreichen. Viel, j a eigentlich das Wichtigste wäre schon gewonnen, wenn wir hier und draußen zu einem veränderten Debattenstil, zu einem Stil vermehrten gegenseitigen Vertrauens und größter Fairneß finden würden. ({7}) Dafür setze ich mich seit vielen Jahren ein; das kann mir niemand abstreiten. Ich bitte Sie darum, diesen Weg mitzugehen. Dann läßt sich auch manches sachlich besprechen. ({8}) Nur, bisher war das anders. Dabei ist es nicht einmal unbedingt notwendig, das größtmögliche Maß an Übereinstimmung zu erzielen; Unterschiede bleiben. Die Übereinstimmung aber, die sich herausstellen wird, sollten wir tatsächlich ohne Scheu auf beiden Seiten begrüßen. Denn eventuelle Übereinstimmung - ich sage: eventuelle Übereinstimmung - gäbe ein Stück unwidersprochener, verläßlicher Orientierung für alle, die von uns allen hier ein klärendes Wort erwarten. ({9}) Ich lade Sie ein, dabei mitzumachen. ({10}) In diesem Sinne nehme ich die Gelegenheit wahr, meine verehrten Damen und Herren von der Opposition, zu einigen Themen Stellung zu nehmen, die teils in der Großen Anfrage angeschnitten, teils in der jüngsten Zeit in der Öffentlichkeit erörtert worden sind. Ich weiß von vielen, daß sie über das Ergebnis einer Umfrage, zum Thema „Nation", das kürzlich in einer Fernsehsendung bekannt wurde, beunruhigt, ja entsetzt sind. Das Ergebnis besagte, daß knapp zwei Drittel der befragten Bundesbürger - es waren genau 64,4 % - die Frage: „Sind wir noch eine Nation?" verneinten. Nur etwas mehr als ein Drittel, 35,7 % der Befragten, beantwortete die Frage zustimmend. ({11}) Was können wir daraus ersehen? Meines Erachtens nur - und ich sage das nicht einfach so aus dem Handgelenk -, daß viele Bundesbürger Nation mehr oder minder mit Staat gleichsetzen. Legt man nämlich denselben Befragungspersonen die Frage vor, ob sie die Menschen in der DDR für Deutsche gleich ihnen selbst oder für Ausländer halten, so sieht das Ergebnis ganz anders aus. Bei dieser Fragestellung ist die weitaus überwiegende Mehrheit der Ansicht: Die Menschen in der DDR sind natürlich Deutsche wie wir und natürlich keine Ausländer. Dieses Ergebnis kann nur den erstaunen, der keinerlei Kontakt zu dem Denken und Fühlen seiner Mitbürger hat. Um so bedauerlicher ist die Verwirrung, die über das Fernsehen in den Köpfen und Gemütern angerichtet wurde, noch dazu mit einem wissenschaftlichen Anstrich. Ich muß sagen: Ich bedauere das wirklich sehr, vor allem, wenn ich an die gewiß sehr zahlreichen Zuschauer in der DDR denke, die keine Gelegenheit haben, in Gesprächen mit ihren Landsleuten hier in der Bundesrepublik nachzuprüfen, was von solchen Ergebnissen zu halten ist. ({12}) Meine Damen und Herren, sehen Sie: Es gibt doch Dinge rein sachlicher Natur, und ich habe mich immer bemüht, mit meinen Freunden aus der sozialliberalen Koalition so Politik zu betreiben und nicht anzuklagen und nur zu fordern, eben vielmehr zu versuchen, auf realistischer Grundlage für die Menschen Erfolge zu erringen. Allerdings muß ich auch eine Mahnung an unsere eigene Adresse, an die bundesdeutsche Seite, folgen lassen: Seitdem wir förmliche Beziehungen und ein Vertragsverhältnis zur DDR unterhalten, verfügen wir über ungleich bessere Möglichkeiten und Gelegenheiten, unsere Solidarität mit den Deutschen in der DDR praktisch zu bewähren und nicht nur verbal zu bekunden. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, daß, jedenfalls aufs Ganze gesehen, die Zahl der feierlichen Sonntagsreden mit großen pathetischen Worten zurückgegangen ist. Die Gefahr, der hohlen Phrasen überführt zu werden, ist heute ungleich größer als früher. Bei Licht besehen war es erst die Deutschlandpolitik der sozialliberalen Koalition, welche die Solidarität mit den Landsleuten in der DDR zu einer praktischen Aufgabe gemacht hat. Das heißt aber auch, die Solidarität bewährt sich entweder in der Praxis, oder sie ist nichts wert. Damit ist ein Anspruch gesetzt, dem niemand von uns ausweichen darf. Diesem Anspruch zu genügen ist aus einer Reihe von Gründen nicht einfach. Diese Gründe hängen vielfach mit dem Staat DDR zusammen, damit, wie er sich darstellt, was er für seine Bürger leistet, wie er seine Bürger behandelt. Die Wissenschaft spricht von den Asymmetrien zwischen der DDR und der Bundesrepublik. Diese Asymmetrien wirken, wie jeder weiß, zu unseren Gunsten. Im Vergleich zu uns befindet sich die DDR vielfach im Nachteil. Wenn wir uns in dieser Situation nun auch noch das Reiten von Prinzipien gestatten, so ist der Raum für praktische Regelungen schnell verbaut. Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel nennen. Ich weiß, daß ich damit ein heißes Eisen anrühre. Und dennoch müssen wir uns, wenn wir von Realitäten ausgehen wollen, damit befassen. Ich meine die Grenzregelung an der Elbe. Ob dieses Problem objektiv zu lösen ist, stehe dahin. Aber ich bin ziemlich sicher, daß das Problem nicht gelöst werden kann, wenn auf unserer Seite verdrängt oder vergessen wird, daß jenseits der Elbe ebenso Deutschland ist wie diesseits. Ich sage: Wenn eine vernünftige Aussicht besteht, praktische Verbesserungen auf Dauer für die Anwohner, aber auch für den Verkehr, zu erzielen, dann ist es unsere Pflicht - eben weil dort drüben auch Deutsche leben -, so lange und intensiv nach Wegen zur Lösung zu suchen, bis wir sie gefunden haben. Stures Prinzipienreiten ist zuwenig der Anstrengung, die von uns gefordert ist. Ähnliches gilt für die Salzgitter-Frage. Es wäre gewissen- und herzlos von uns, Deutschen aus der DDR, die zu uns kommen und die dies wollen, die Grundrechtsgarantien des Grundgesetzes und den Schutz der Gerichte der Bundesrepublik Deutschland zu versagen. Wir haben kein Recht, das Anrecht dieser Deutschen zu beschneiden. Vielmehr ist es unsere Pflicht, es zu respektieren. Auf der anderen Seite: Ich habe selbst die Diktatur in Deutschland, im Deutschen Reich, erlebt. Ich werfe nicht den ersten Stein auf denjenigen, der sich anpaßt ... jedenfalls kein Held ist oder sein will. Kommt das in unsere Einstellung zu dem Problem, das mit der zentralen Erfassungsstelle in Salzgitter verknüpft ist, hinreichend zum Ausdruck? Leider müssen wir das mit Nein beantworten. Ist unsere Haltung wirklich so ganz frei von Selbstgerechtigkeit? Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir nun ein paar Anmerkungen zum Thema Abgrenzung, das j a auch in der Großen Anfrage angeschnitten ist. Im August waren es 20 Jahre her, daß die DDR die Mauer in Berlin errichtete. Wir sehen in der Mauer ebenso wie in den übrigen Grenzanlagen der DDR das Symbol der Abgrenzung schlechthin, und das ist richtig. Richtig ist wohl auch nach wie vor: Die Bundesrepublik kann die DDR nicht an der Abgrenzung hindern, wie sie in der Berliner Mauer ihren weltbekannten Ausdruck gefunden hat. Was aber die Bundesregierung tun kann, ist, die Regierung der DDR durch eine geduldige Politik des Interessenausgleichs immer wieder Anreize zu bieten, die Politik der Abgrenzung zu überprüfen bzw. zu lockern. ({13}) Das ist im letzten Jahrzehnt bekanntlich geschehen und hat allen Unkenrufen über die theoretische Unvereinbarkeit von Abgrenzung und Entspannung zum Trotz zu vorzeigbaren Ergebnissen geführt. Aber nicht nur das. Diese Ergebnisse haben sich zu Besitzständen der Bürger verfestigt und werden als Anspruch gegenüber der Politik geltend gemacht. Das spüren die Politiker hier bei uns, aber durchaus nicht weniger auch drüben - wie mir scheint, spüren es auch manche Kollegen in der Opposition. Mit anderen Worten: Alle Abgrenzung der DDR hat nicht verhindern können, daß heute die innere Normalisierung der DDR, ihre Stabilität mehr denn je abhängen von der ungestörten Fortsetzung der Entspannungspolitik, nicht zuletzt wegen deren wirtschaftlichen Auswirkungen. Wenn wir das einsehen, werden wir auch die Erscheinungen besser abschätzen können, die in der Großen Anfrage mit dem Stichwort „Militarisierung" belegt sind. Anfang August hat das DDRVolksbildungsministerium eine neue Anordnung über die vormilitärische Ausbildung für Schüler und die Sanitätsausbildung für Schülerinnen der 11. Klasse veröffentlicht. Beide Ausbildungen finden in zwölftätigen Lehrgängen während der Sommerferien statt. Sie sollen - so heißt es - die Verteidigungsbereitschaft der Schüler und Schülerinnen fördern. In der konkreten Praxis ändert diese Anordnung gar nichts. Die betreffenden Lehrgänge für die Schüler der 11. Klasse werden bereits seit Jahren während der Sommerferien so abgehalten. Die Anordnung ist eine bürokratische Perfektionierung, die frühere Regelungen mit dem Ziel zusammenfaßt, die Ausbildung intensiver zu gestalten. Können wir daraus generell auf eine „immer stärkere Militarisierung weiter Lebensbereiche, vor allem der Jugend, in der DDR" schließen? Können wir ohne weiteres auf einen Erfolg derartiger Bestrebungen schließen? Ich meine: nein; denn gleichzeitig erfahren wir beispielsweise, daß bei allen schulischen Bemühungen um die militärische Ertüchtigung und Förderung der Verteidigungsbereitschaft in der DDR dennoch der Wunsch nach einer Art zivilem Ersatzdienst umgeht. So liegt der Verdacht nahe: was wir hier vorschnell „Militarisierung" nennen, ist nicht zuletzt auch eine Vorkehrung gegen unerwünschte psychologische Folgen der Entspannungspolitik, also eine Abgrenzungsmaßnahme. Wir dürfen annehmen, daß sie als solche mit anderen Abgrenzungsmaßnahmen das Schicksal einer relativ bescheidenden Erfolgschance teilt. In dieselbe Kategorie gehört das Erziehungsziel: Mißtrauen und Haß gegenüber dem Klassenfeind. Ungleich überzeugender - das dürfen wir hoffen - ist die Faszination, die drüben von der Aussicht auf Entspannung und Zusammenarbeit mit den westeuropäischen Nachbarn ausgeht. Das sind Wirkungen, die man doch wohl erkennen muß und die Sie in Ihre politischen Betrachtungen einbeziehen sollten. Diese Hoffnung wird nicht geringer, wenn - wie dies in jüngster Zeit zunehmend der Fall ist - Abrüstungs- und Sicherheitsfragen zum Gesprächsthema auch zwischen den mittleren und kleineren Staaten Europas in Ost und West werden. Warum eigentlich nicht? Meine Damen und Herren, seit der Bundestagsrede Richard von Weizsäckers am 17. Juni 1980 sehen wir - und zwar mit Genugtuung -, daß in der Opposition einzelne Mitglieder auch den Versuch machen, die Verhandlungsposition der Bundesregierung gegenüber der DDR zutreffender zu beschreiben und abzuschätzen. Dabei gerät unvermeidlich sehr bald der finanziell-ökonomische Aspekt ins Blickfeld. Lange Zeit - ich kann mich gut erinnern - schrieben die Opposition und weite Teile der Offentlichkeit dem zinslosen Überziehungskredit im innerdeutschen Handel, dem sogenannten Swing, nachgerade magische Kräfte zu. Wir als Regierung hatten alle Mühe, diese Einschätzung an die Realitäten heranzuführen, d. h. sowohl an die wahre Größenordnung des Vorteils für die DDR als auch die beiderseitigen Interessen und Interessiertheit. Jetzt erleben wir eher das Gegenteil. Was mich als Landeskind von Niedersachsen besonders schmerzt, ist, daß ich hören und mit ansehen muß, wie ausgerechnet der niedersächsische Minister für Wirtschaft, Frau Breuel, in Leipzig so redet, als ob das Wohl und Wehe der westdeutschen mittelständischen Wirtschaft vom innerdeutschen Swing abhinge. Ganz so ist es nun auch wieder nicht, meine Damen und Herren; das ist eine Übertreibung letztlich partikularer Interessen, die ebenfalls die angemessene Einschätzung verfehlt. Aber das gehört doch alles zusammen, wenn wir „Bestandsaufnahme" in dieser Weise behandeln. ({14}) - Ich habe das hier als Ergänzung aufgeführt, damit die Lücken, die bei Ihnen vorhanden sind, durch Regierungsbeitrag noch aktuell geschlossen werden. ({15}) Vorbeugend, meine Damen und Herren, sei einer anderen Selbsttäuschung entgegengetreten. Im Sondercharakter . des innerdeutschen Handels als Nichtaußenhandel kommt die Besonderheit der innerdeutschen Beziehungen zum Ausdruck. Niemand hat das stärker herausgearbeitet und betont als das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Grundlagenvertrag vom 31. Juli 1973. Es ist also falsch, sich und anderen weiszumachen, die Bundesregierung könne frei über den Sondercharakter des innerdeutschen Handels disponieren. Meine Damen und Herren, überlegen Sie sich die Worte, die ich hier sage. Oft ist das doch Ihr Instrument, um die DDR zu politischen Handlungen zwingen zu wollen. Dabei müssen wir bei der sachlichen Würdigung doch wirklich erkennen, daß das seine Begrenzung findet und daß damit Türken aufgebaut werden, die es in dieser Weise gar nicht gibt. ({16}) Die Bundesregierung kann mitnichten disponieren, wie sie möchte. Das weiß auch die DDR. Im übrigen lassen sich die materiellen Vorteile aus dieser Regelung nicht einseitig quantifizieren. Es bleibt dabei: Im Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten verfügt keine Seite über so überragende Trümpfe, daß die jeweils andere Seite Konzessionen nur so regnen ließe. Der Interessenausgleich zwischen uns und der DDR bleibt ein schwieriges und mühseliges Geschäft, da die Spielräume auf beiden Seiten gering sind. Das gilt selbst dann, wenn sich der Bundeskanzler und der Generalsekretär der SED persönlich gegenübersitzen werden. Ein solches Treffen ist nunmehr nach zwei vergeblichen Anläufen zum dritten Male ins Auge gefaßt. Die Bundesregierung hat mancherlei Vorwürfe einstecken müssen, weil wir gesagt haben: der Bundeskanzler ist zu dieser Begegnung, zu diesem Gespräch bereit ohne Vorbedingung. Die DDR weiß und wird sich darauf einzurichten haben, daß wir uns mit den Folgen ihrer Umtauschneuregelung vom vergangenen Jahr nicht abfinden. Das Thema bleibt für uns auf der Tagesordnung der gegenseitigen Beziehungen; in deren Zusammenhang ordnen wir es ein. Nicht in Frage kommt für uns ein Verhalten, das Abgrenzung mit Abgrenzung beantwortet. Damit würden wir unseren eigenen Zielvorstellungen entgegenwirken. Unsere eigene Zielvorstellung ist das Gegenteil von Abgrenzung, ist Kontakte, Verbindung, Zusammenarbeit, friedliches Zusammenleben, Vertrauensbildung, kooperative Nachbarschaft, von der die Menschen etwas haben. Darum geht es uns trotz der Rückschläge und Stillstände, die wir bei unseren politischen Bemühungen immer mit eingerechnet haben. Auf diesem Wege sind wir auf beiden Seiten so weit fortgeschritten, daß ein Zurück nicht mehr denkbar ist, weil es für alle unerträglich wäre. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns versuchen, nachdem Sie Ihre Bereitschaft dazu angekündigt haben, wirklich auf sachlicher Basis voranzuBundesminister Franke kommen. Es liegt nicht nur an der Bundesregierung. ({17})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Abgeordnete Baron von Wrangel.

Olaf Wrangel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002565, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen auch etwas zum Stil dieser Debatte sagen. Herr Kollege Franke, einiges an -Ihren Ausführungen werde ich zu kritisieren haben; ich gehe im Verlauf der Debatte darauf ein. Aber Sie haben in der Tat auch manches Bedenkenswerte gesagt, und auch darauf will ich gern eingehen. So gesehen, haben Sie, Herr Kollege Franke, ebenso wie Herr Büchler der beachtenswerten Rede unseres Kollegen Peter Lorenz gut zugehört. Dies kann ich von Herrn Ronneburger leider nicht behaupten. ({0}) Manchmal frage ich mich dann: Ist überhaupt noch die Dialogfähigkeit gegeben? ({1}) Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, Herr Bundesminister Franke, daß ich manches bemerkenswert finde. Ich bin aber der Meinung, wir sollten hier gleich zu Anfang klarstellen, daß Kritik der Opposition doch eine Selbstverständlichkeit sein muß. Sie sollten nicht jede Art der Kritik immer wieder als eine Art persönlicher Beleidigung der Koalition betrachten. ({2}) Sie haben sich heute - alle, die hier gesprochen haben - sehr eingehend mit der Opposition, der CDU/ CSU, befaßt. Sie werden es hinnehmen müssen, daß ich mich im Laufe der Rede auch sehr eingehend mit Ihnen befasse. Auch das ist ein Stück Deutschlandpolitik. Meine Damen und Herren, nach der Rede des Kollegen Franke muß sich doch die Bundesregierung fragen lassen, auf welchen Grundlagen ihre Deutschlandpolitik heute steht. Sie können doch nicht in den 80er Jahren - früher haben Sie uns das immer vorgeworfen - die Antworten aus den 70er Jahren geben. Sie müssen doch in den 80er Jahren neue Antworten geben; Sie müssen Ihre Antworten fortschreiben. Hier besteht in der Tat ein Nachholbedarf. Sie müssen sich fragen lassen, was von den früheren Annahmen und Wünschen heute wirklich übriggeblieben ist, und Sie müssen sich auch fragen lassen, welche Konsequenzen Sie daraus ziehen. Ich glaube, Sie sind dem Hohen Hause doch sehr wichtige Antworten schuldig geblieben, Herr Bundesminister. Vielleicht kommen Sie noch einmal hierher und geben diese Antworten. Sie müssen vor allem erklären, welches denn nun die Geschäftsgrundlage ist, die heute in den innerdeutschen Beziehungen besteht. Nach der drastischen Erhöhung des Zwangsumtauschs vor einem Jahr war diese Geschäftsgrundlage nach Ihren eigenen Angaben zerstört. ({3}) Dann ist es doch erlaubt, zu fragen: Was hat sich geändert? Liegen Ihnen neue Erkenntnisse vor? Das würden wir gerne wissen. Welche Erwartungen richten Sie konkret an das Treffen Schmidt/Honecker? Ich spreche gar nicht von Vorbedingungen, Herr Kollege Ronneburger. Das hat Herr Kollege Lorenz j a auch nicht getan. Nur muß es doch so gründlich vorbereitet sein, daß es nicht zur Schaustellung ausartet. Das ist doch das Problem, um das es hier geht. ({4}) Es muß natürlich den Menschen dienen. Noch einmal: Ist die Geschäftsgrundlage nun beschädigt oder ist sie repariert worden? Wenn sie repariert worden ist, möchten wir wissen, in welcher Form. Gehört haben wir darüber gar nichts. Meine Damen und Herren, ich möchte auch einmal an den Debattenstil in diesem Hohen Hause anknüpfen. Wir sind es inzwischen gewöhnt, daß Deutschlandpolitik nur auf die innerdeutschen Beziehungen beschränkt bleibt. Ich denke da an das öffentliche Hearing gestern. Ich möchte ausdrücklich sagen, daß technische Regelungen, Einzelaktionen und minimale Veränderungen natürlich wichtig sind. Aber wenn wir uns nur darüber unterhalten, enden wir bei einer Art Erbsenzählerei. Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Ich werte nichts ab, was sich in kleinen, oft winzigen Schritten an Positivem ereignet, von denen die Menschen im geteilten Deutschland irgendeinen Nutzen haben. Wir freuen uns über jede, auch die kleinste Erleichterung, obwohl wir natürlich sehr oft das krasse Preis-Leistung-Mißverhältnis beklagen. Wir haben in diesem Jahr eine eindrucksvolle Feierstunde im Plenarsaal erlebt. Aus der Rede, die unser früherer Kollege Dr. Gradl im Rahmen dieser Feierstunde gehalten hat, darf ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen Satz zitieren. Dr. Gradl sagte: Und alle geschichtliche Erfahrung obendrein zeigt, daß gewaltsame Spaltung eines selbstbewußten Volkes kein solides Fundament für einen gesicherten Frieden ist. An dieser Stelle verzeichnet das Protokoll Beifall bei allen Fraktionen. Warum habe ich diese Redepassage zitiert? Ich habe es getan, weil ich damit illustrieren will, daß unsere deutschlandpolitischen Debatten darunter leiden, daß wir den größeren Rahmen außer acht lassen, daß wir die Probleme isoliert betrachten und dabei das Bezugssystem, in dem die Politik steht, oft völlig vernachlässigen. Deutschlandpolitik hat eine viel, viel größere Dimension. Sie hat sehr viele Bezugspunkte. Ich möchte deshalb an uns alle appellieren, diese Bezugspunkte ebenfalls zu diskutieren. Ich glaube, unsere Debatten werden dann eine andere Qualität er3254 halten. Sie werden attraktiver sein und hoffentlich auch von jungen Menschen draußen im Lande gehört werden. Die Grundlage unserer Politik ist und bleibt der Deutschlandvertrag aus dem Jahre 1955. Dies ist doch die Magna Charta der deutschen Außen-, Sicherheits- und Deutschlandpolitik. ({5}) Wir sollten uns davor hüten, dies als ein politisches Fossil anzusehen, und statt dessen dafür sorgen, daß dieses zentrale Vertragswerk endlich wieder mit neuem Leben erfüllt wird. Was Konrad Adenauer damals erreicht hat, nämlich die drei westlichen Alliierten auf eine Politik zu verpflichten, die ein freiheitliches Gesamtdeutschland zum Ziel hat, darf nicht nachträglich heute verspielt werden. ({6}) Wir wissen doch alle, daß wir gerade im nuklearen Zeitalter aus eigener Kraft unser nationales Ziel, die friedliche Wiederherstellung der deutschen Einheit, alleine nicht erreichen können. Es geht auch nicht an, anzunehmen, man könne dies sozusagen dem östlichen Nachbarn irgendwie abschmeicheln. Das geht auch nicht. Wenn wir unser Ziel so erreichen wollen, wie es im Grundgesetz, im Deutschlandvertrag, in den Briefen zur deutschen Einheit definiert ist, brauchen wir die Unterstützung der freien, der westlichen Welt. Der Schlüssel zur deutschen Frage - das ist immer wieder seit Jahrzehnten gesagt worden - liegt in Moskau. Das ist richtig. Aber den Schlüssel benutzen und das Tor öffnen - um im Bild zu bleiben -, das können wir nur, wenn uns der Westen dabei seine volle Unterstützung gibt. Um diese Unterstützung zu bekommen - nicht irgendwann am Tage X, sondern kontinuierlich, vielleicht auch über lange Zeit hinweg -, darf unsere Zugehörigkeit zum Westen auch nicht im mindesten zweifelhaft sein. ({7}) Eine Schaukelpolitik zwischen Ost und West, wie sie das Deutsche Reich einmal betrieben hat, wie sie leider bei der SPD jetzt wieder manchmal anklingt, ({8}) können wir uns nicht leisten. ({9}) Dies wäre lebensgefährlich für die Bundesrepublik Deutschland, und es wäre auch das Todesurteil für unser nationales Ziel der deutschen Einheit und Freiheit. ({10}) Es ist selbstverständlich, Herr Bundesminister Franke, daß wir die von Ihnen geschlossenen Verträge nicht nur halten, sondern daß wir uns in vielen Debatten darum bemühen, sie mit Leben zu erfüllen. Das werden wir auch heute wieder tun. Aber gerade unter dem Gesichtspunkt der Deutschlandpolitik empfinde ich es als katastrophal, was sich gegenwärtig in unserem Lande abspielt. Ich meine damit den unverhüllten, vordergründigen und gefährlichen Anti-Amerikanismus. ({11}) Aber ich meine auch - darauf hat der Kollege Wörner wiederholt in früheren Debatten hingewiesen - die fatale Gleichmacherei zwischen östlichem Totalitarismus und westlicher Demokratie. Ich meine damit auch die Neutralismusideen, die offenbar zunehmend in Mode kommen. Die moralische Qualität der Systeme darf doch nicht nivelliert werden. ({12}) Warum appellieren wir denn nicht an den Patriotismus der Deutschen? Oder gibt es ihn nicht mehr? Sind wir ein Volk ohne Identität geworden, ein nationales Neutrum inmitten Europas? Ich fürchte in der Tat, daß im freien Teil Deutschlands, der doch die Identität des ganzen Deutschlands bewahren soll, sehr oft ein Defizit an Patriotismus und ein Übersoll an Anpassungsopportunität besteht. ({13}) Da müssen Sie sich die Frage vorlegen - Sie in erster Linie, denn Sie regieren -, was haben Sie getan, um hier die Bewußtseinsbildung unserer Mitmenschen zu verändern? Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, daß Deutschlandpolitik aktive Ostpolitik sein muß. Demnächst kommt Herr Breschnew nach Bonn. Ich freue mich, daß der Herr Bundesaußenminister nach einer strapaziösen Reise hier ist. Herr Bundesaußenminister, ich darf Sie ansprechen. Dann wird sicher über Raketen und Röhren gesprochen werden, vielleicht auch über Afghanistan und Polen. Aber wird auch über Deutschland gesprochen werden, über das geteilte Deutschland? Und wenn, wird man sich damit abspeisen lassen, daß Herr Breschnew auf die Souveränität der DDR verweist, in die er sich nicht einmischen könne? Wird man dann im Interesse der Deutschen taktlos genug sein, diesen formalen Einwand beiseite zu schieben, und sozusagen zur Sache kommen? Wird man mit allem Nachdruck eine Verbindung, eine linkage herstellen zwischen den sowjetischen Wirtschaftsinteressen und dem Interesse der Deutschen, auch über die trennende Grenze hinweg in enger Verbindung zu bleiben? Natürlich erwarten die Menschen Antwort auf diese Frage. Und, Herr Bundesaußenminister, daß deutsche Außenpolitik immer auch Deutschlandpolitik sein muß, ist eine Selbstverständlichkeit. Das. Werben um Verständnis und Unterstützung zugunsten der deutschen Frage ist deshalb ein entscheidendes Element unserer auswärtigen Politik. Wir dürfen dieses Problem auch nicht etwa dezent ausklammern, weil wir die Sorge haben, andere damit zu langweilen oder gar zu belästigen. Wenn wir nicht dafür sorgen, daß die deutsche Frage auf der internationalen Tagesordnung bleibt, wer soll es denn sonst tun? ({14}) Wenn wir uns nicht für die Menschenrechte unserer Mitbürger in der DDR engagieren, wer würde sich denn sonst um diese Menschen kümmern? ({15}) Deshalb fordern wir die Bundesregierung ständig auf, im internationalen Bereich verstärkt auf das deutsche Problem aufmerksam zu machen. Deshalb fordern wir Sie auf, Herr Bundesminister Genscher, um den Menschenrechtsgerichtshof in den Vereinten Nationen zu werben. Herr Kollege Genscher, wir unterstützen den Bundesaußenminister dabei. Wir bitten ihn, seine Bemühungen zu intensivieren, und wir dürfen ihm empfehlen, sich von gegenwärtigen Mehrheiten in den Vereinten Nationen nicht zur Resignation treiben zu lassen. Wir möchten auch, daß die KSZE-Vereinbarungen - Herr Kollege Lorenz hat es gesagt, ich kann mich hier kurz fassen - über humanitäre Maßnahmen vertraglich abgesichert werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, doch einmal mit den neutralen Staaten, die Mitglieder der KSZE sind, darüber zu sprechen, wie diese Vereinbarungen in eine kontrollierbare Praxis umgesetzt werden können. Ich möchte auch sagen, daß wir, die CDU/CSU, der Meinung sind, daß nach dem Vorbild des deutschpolnischen Forums ähnliche Foren in allen osteuropäischen Ländern eingerichtet werden sollten, und natürlich beziehen wir die DDR hier mit ein. Meine Damen und Herren, Sie können weder meinem Kollegen Peter Lorenz noch irgendeinem anderen von uns vorwerfen, daß wir nicht ständig den Versuch machen, die Diskussion mit Vorschlägen anzureichern und darüber mit Ihnen zu diskutieren. Natürlich gehört die Sicherheitspolitik zur Deutschlandpolitik. Nur, meine Damen und Herren, mit der Formulierung „Von deutschem Boden darf kein Krieg ausgehen" allein ist überhaupt nichts getan. Wenn wir hier wieder in die Gleichmacherei verfallen, dann werten wir den Warschauer Pakt auf und die NATO ab. ({16}) Unsere Aufgabe sollte es sein, in Gesprächen mit der DDR natürlich die Militarisierung, die Stellvertreterkriege und die Erziehung zum Haß zum Gegenstand zu machen. Sie wissen doch, daß z. B. die Kirchen in der DDR - Herr Bundesminister Franke hat davon gesprochen - in zunehmender Weise in eine schwere seelische Not geraten sind. Ich habe eingangs gesagt, daß Sie sich eingehend mit uns, mit unserer Situation in der Union befaßt haben - viel länger, als wir meinen, daß es notwendig gewesen ist -, und ich fühle mich, Herr Kollege Ronneburger, gerade durch die Anhörung ermutigt, einige Anmerkungen zur inneren Situation in der Bundesregierung, zur inneren Situation in den Koalitionsparteien und zur inneren Situation in unserem Lande zu machen. Niemand soll sagen, dies habe keinen Bezug zur Deutschlandpolitik. Das hat einen eminent wichtigen Bezug zur Deutschlandpolitik. Wir müssen mit Erschrecken - gar nicht mit Schadenfreude - sehen, wie z. B. das Demonstrationsrecht, eine wichtige Errungenschaft der freiheitlichen Demokratie, zu verkommen droht. Was eigentlich ein kostbares Instrument des Bürgerwillens sein soll, das seine Schärfe doch nur durch einen sparsamen Gebrauch erhalten kann, ist heute zu einem Konsumartikel geworden. Ich möchte wirklich nicht falsch verstanden werden; niemand von uns will das Demonstrationsrecht mindern oder einschränken. Nein. Es ist aber in vielen Kreisen heute doch so geworden, daß Demonstrieren eine Freizeitbeschäftigung darstellt. Und weil die Demonstrationen derart alltäglich geworden sind, finden sie bald nur noch die gewünschte Aufmerksamkeit, wenn sie von Krawallen und Gewalttätigkeiten begleitet werden, und das müssen wir doch sehr ernst nehmen. Radikale Minderheiten, verbissene Ideologen und militante Schwarmgeister versuchen immer mehr, über das Demonstrationsrecht jene Politik durchzusetzen, die sie über das demokratische Wahlrecht nicht erreichen können. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß es auch notwendig ist, an dieser Stelle einiges zu dem zu sagen, was wir unmittelbar vor der sogenannten Friedensdemonstration in Bonn auch deutschlandpolitisch sichtbar machen sollten. Wir haben als Demokraten z. B. die Pflicht, den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland trotz aller Kritik, die wir an ihm üben, vor irgendwelchen Erpressungen in Schutz zu nehmen. ({17}) Deswegen richtet sich doch die Frage an Sie. Denn seine Sicherheitspolitik, die wir in diesem Punkt j a mittragen, wird von Ihnen oder Teilen Ihrer Parteien - SPD und FDP - in Frage gestellt. Wenn der Bundeskanzler und die Bundesregierung für alle Bürger da sind, dann dürfen Sie nicht so tun, als sei die Bundesregierung nichts anderes als ein verlängerter Arm irgendeines SPD-Flügels. ({18}) Die Deutschlandpolitik kann morgen in eine gefährliche Situation geraten, wenn sich Ost-Berlin oder Moskau zu neutralistischen Angeboten entschließen, um das Durcheinander in der SPD und der FDP noch zu vergrößern und weitere Gruppen in das neutralistische Lager zu treiben. Der Bahrsche „Wandel durch Annäherung" würde dann in schlimmer Weise Wirklichkeit werden. ({19}) Wenn Teile ({20}) - ich sage: Teile; hören Sie doch mal zu! - einer großen Volkspartei die Nähe oder das Aktionsbündnis mit Kommunisten und anderen Linksradikalen suchen, ({21}) - hören Sie doch zu! -, so ist dies doch ein deutschlandpolitischer Vorgang. ({22}) Diese Anbiederung an Kommunisten kommt einem Verrat sozialdemokratischer Traditionen gleich. ({23}) Es muß die Verantwortlichen in der SPD doch mit tiefer Sorge, ja mit Beklemmung erfüllen, daß sich ihre Parteifreunde ausgerechnet mit jenen solidarisieren, die die geistigen Erben jener Kräfte sind, die viele Sozialdemokraten in die Zuchthäuser der DDR gebracht haben. ({24}) Ich beziehe mich hier auf einen Zwischenruf, den der Kollege Wehner am 26. September in einer Debatte gemacht hat. Noch eine Gefahr muß beleuchtet werden. Sie werden verstehen, was ich meine, Herr Wehner, was ich mit großem Ernst meine. Wer den Linksradikalismus verharmlost, gewähren läßt oder gar hofiert, der fordert doch den Rechtsradikalismus heraus. ({25}) - Nein. Das ist eine Feststellung ({26}) - und eine geschichtliche Erfahrung. Das ist keine Drohung. ({27}) Ich möchte sogar sagen, daß die Älteren, also die, die älter als ich sind, dies doch wissen sollten. Wer zuläßt, daß eine solche Entwicklung eintritt, trägt die Verantwortung dafür, daß der demokratische Staat zum Popanz wird, der Verachtung preisgegeben, und ein Beuteobjekt radikaler Kräfte von links und rechts werden kann. Dies ist doch dann wieder ein eminent deutschlandpolitischer Vorgang. ({28}) - Ich sage das an die Adresse derjenigen Kollegen in diesem Hause, die sich Kommunisten anbiedern und mit ihnen Koalitionen schließen wollen. ({29}) - Das sind keine verleumderischen Bemerkungen. ({30})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Abgeordneter von Wrangel, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Diederich?

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege von Wrangel, könnten Sie so nett sein, die Kollegen im Saal hier zu bezeichnen, die das getan haben, was Sie eben unterstellt haben? ({0})

Olaf Wrangel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002565, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich muß sagen: Die Kollegen Coppik, Hansen, Thüsing und wie sie alle heißen, kann ich im Augenblick in diesem Saal nicht entdecken, Herr Kollege Diederich. ({0}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zu einer anderen Angelegenheit kommen. Ich möchte Sie, Herr Kollege Franke, sehr direkt ansprechen. Es handelt sich um das, was hier unter dem Thema „Häftlingsfreikauf" firmiert. Wir wissen alle, was wir meinen. Ich meine, Herr Bundesminister, wir sollten uns darauf verständigen, daß dies eine Erfindung von Rainer Barzel gewesen ist, um Menschenschicksale zu lindern. Sie tun dies auch. Aber was mich immer wieder bewegt, ist die Frage: Menschenhandel, Menschen als Ware - oder in der abscheulichen NS-Sprache: Menschen als Material -, das ist doch das Niedrigste, was es im Zusammenleben von Staaten gibt. Wir sollten immer wieder sagen, Herr Kollege Franke: Dies ist ein Ausnahmezustand, das kann nicht die Regel sein. Das ist ein nationaler Notstand, aus dem heraus gehandelt werden muß. Ich sage „muß"; wir tragen das mit. Nur: Ich habe Sorge, daß das Anormale zur Normalität wird, und das müssen wir miteinander verhindern. Meine Damen und Herren, ich habe den Versuch gemacht, die größeren Zusammenhänge der Deutschlandpolitik aufzuzeigen und ihre Abhängigkeit von vielen anderen Entwicklungen einmal deutlich zu machen. ({1}) Ich habe daran den Appell geknüpft, gefährlichen Tendenzen auch deshalb entgegenzutreten, um nicht deutschlandpolitisches Kapital zu verspielen. Ich möchte daher alle für die Deutschlandpolitik engagierten Politiker dazu aufrufen, den Blick über die eigentliche Deutschlandpolitik hinaus zu richten. Meine letzte Bitte aber gilt allen: Helfen Sie mit, daß unser Modell Bundesrepublik Deutschland nicht Schaden nimmt. Wenn wir uns darüber einig sind, dienen wir zugleich der deutschen Sache. - Ich danke Ihnen. ({2})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Diederich ({0}) das Wort.

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege von Wrangel, ich hätte Sie hier gern in besserer Erinnerung behalten. Ich finde das nicht fair, was Sie in Ihren Dr. Diederich ({0}) letzten Ausführungen getan haben. Man muß sich wirklich fragen, ob die Friedensfähigkeit bei Ihnen selbst für die innenpolitische Diskussion da ist. ({1}) Die Unterstellungen und Diffamierungen, mit denen Sie Kollegen aus unserer Fraktion belegt haben, muß ich eindeutig zurückweisen. Ich möchte nur sagen, daß man zwar sehr unterschiedlicher Meinung über das sein kann, was in diesem Feld geschieht - darüber wird j a auch diskutiert werden -, aber so pauschal, wie Sie es getan haben, sind es Unterstellungen und Diffamierungen, die ich hier eindeutig zurückweise. ({2}) Aber ich möchte lieber an den Anfang des heutigen Tages zurückgehen. ({3}) Ich habe mich persönlich gefreut, daß solche Töne, wie sie beispielsweise Herr Abelein 1977 als erster Redner in einer Debatte verwendete, als er die Antwort der Bundesregierung auf eine damalige Große Anfrage zur Deutschlandpolitik als „Bilanz eines bankrotten Unternehmens" bezeichnete, heute nicht mehr erklungen sind. Das empfinde ich schon als einen Fortschritt. Wir hören sehr gut, was Herr Kollege Lorenz gesagt hat, und wir hoffen nur, daß es Ihnen gelingt, Herr Kollege Lorenz - wenn man Sie dabei überhaupt unterstützen kann, will man das gern tun -, dies zum Gemeingut Ihrer Fraktion zu machen. Wir hören auch sehr aufmerksam, was der Regierende Bürgermeister von Berlin zur Berlin-Politik zu sagen hat, was er z. B. am 13. August gesagt hat. Es hat ja jetzt, da er eine neue Funktion hat, einen anderen Stellenwert. Ich möchte nur hoffen, daß sich die Union die nüchterne Erkenntnis, die dort gewachsen ist, voll zu eigen macht. Dann kommen wir nämlich vielleicht zu einem Dialog und weg von dem Doppelmonolog, der hier manchmal geführt wurde. Nur eines ist auch klar, Herr Kollege Lorenz. Die Grundsätze der Koalition sind seit langem klar und bekannt. Die Verträge sind klar; sie sind eindeutig. ({4}) Es bedarf vom Grundsatz her keiner neuen Bestandsaufnahme; denn die Grundlage für jede Gemeinsamkeit ist die seit 1969 betriebene Deutschland- und Ostpolitik der Koalition. Sie mußte gegen den heftigen Widerstand der Opposition durchgesetzt werden. Sie sollten jetzt eindeutig und klar sagen, daß Sie diese Grundlagen ohne Wenn und Aber akzeptieren. Ich möchte ein Zitat eines verstorbenen Kollegen, mit dem ich gut befreundet war, aus dem Jahre 1972 vortragen. Er sagte anläßlich der Beratungen des Grundvertrages und über den Beitritt zur UNO - es war der Abgeordnete Roelf Heyen -: Wir werden einen mühseligen Weg zu gehen haben, und es wird gelegentliche Rückschläge geben. Dennoch dürfen wir uns nicht beirren lassen, denn dies ist eine Politik ohne Illusionen, aber auch eine Politik ohne Alternative. Dieser Satz ist heute noch so gültig wie damals. Ich möchte Ihnen sagen, daß ich, wenn ich Bilanz ziehe, meine, daß sich diese Politik gelohnt habe. Ich sage dies gerade als Berliner, und ich sage dies auch trotz verschiedener Rückschläge, die es gegeben hat. Von welcher Verhandlungsbasis, von welcher Situation aus müssen wir operieren? Wir müssen von der Tatsache ausgehen, daß die DDR ein souveräner Staat mit einer eigenen Interessenlage ist. Wir müssen davon ausgehen, daß die DDR in einen Block eingebunden ist, daß sie nicht beliebige Bewegungsfreiheit hat. Sie ist also insofern auch kein Bundesland, auf das wir etwa Art. 37 des Grundgesetzes anwenden könnten. Was folgt daraus? Die Normalisierung ist ein langfristig angelegter Prozeß. Der kann nicht durch Forderungskataloge und markiges Auftreten erzwungen werden. Ich fürchte auch, Herr Kollege Lorenz, daß die Appelle, die Sie hier heute morgen in Richtung auf Herrn Honecker losgelassen haben, allein nicht genügen, sondern daß es dazu ganz beharrlichen Handelns, ganz beharrlicher Kontaktsuche, beharrlichen Miteinandersprechens auf den verschiedenen Ebenen bedarf. Wenn wir uns da einig sind, dann glaube ich, daß wir schon ein Stück Weges gemeinsam gehen können. Nun möchte ich mich mit Ihrer Forderung nach Stufenplänen auseinandersetzen. Sie haben j a auch wieder Forderungskataloge aufgestellt. Ich sage es hier ganz offen: Mir ist das nicht sympathisch, weil es erstens, abgesehen von der Verhandlungsstrategie, wohl nicht zweckmäßig ist, einen Katalog mit Prioritäten aufzustellen und öffentlich zu diskutieren und danach zur DDR zu gehen und zu sagen: Das ist unsere oberste Priorität, macht mal! Zweitens geht es natürlich um die Frage was wirklich oben stehen muß. Das ist zum einen von der Situation abhängig, und zum anderen wird es darüber breite Differenzen geben. Sie haben von vertrauensbildenden Maßnahmen gesprochen. Ich weiß nicht, ob der Begriff „vertrauensbildende Maßnahmen", selbst wenn man ihn im engen Sinne des KSZE-Abkommens anwendet, hier so angewendet werden kann. Ich lasse das einmal dahingestellt sein. Sie haben also von vertrauensbildenden Maßnahmen und als Beispiele dafür von Städtepartnerschaften, Diskussionsforen und Jugendwerken gesprochen. Ich möchte als Berliner sagen, daß für mich andere Dinge eine höhere Priorität haben. Dabei denke ich nicht etwa an die Diskussion über die S-Bahn - das ist ein Milliardenprojekt, über das wir in Ruhe diskutieren müssen; wer das finanzieren muß, ist auch klar, und dann sollte man einmal weiter sehen -, sondern ich denke an viele Dinge im Transitbereich, etwa an die Elektrifizierung einzelner Transitstrecken. Wir haben die Diskussion, ob nicht Intercity-Verkehr nach Berlin möglich ist, daß man Dr. Diederich ({5}) das Straßenverbindungsnetz an bestimmten Punkten verbessern muß. Es gibt weiter eine ganze Reihe von Wünschen, die Durchlässigkeit im Hinblick auf den ganz normalen Reise- und Besucherverkehr schrittweise zu verbessern. Der Mindestumtausch ist ein Extra-Thema; darüber muß man dann gleich noch kurz sprechen. Wir haben weiter eine ganze Reihe von Themen im Bereich Umwelt. Wir haben Themen - vielleicht sogar gemeinsame Interessen - im Bereich Energie; die Detaildiskussion möchte ich hier vermeiden. Der Kollege Lorenz hat gesagt - ich kann ihm da gar nicht widersprechen -, daß es zunächst einmal darauf ankomme, die Verträge voll auszuschöpfen. Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie das so meinen, daß es im Rahmen dessen, was einmal geschaffen worden ist, noch viele Aktions- und Handlungsmöglichkeiten gibt. Das ist, so habe ich das verstanden, auch eine ganz klare Aussage darüber, daß der Grundlagenvertrag, die Folgeverträge, die Abmachungen, die bisher geschaffen worden sind, ein Werk sind, das uns voranbringen kann, auf dem man aufbauen kann, wenngleich man natürlich immer wieder Neues erfinden kann. Im übrigen wird es auch immer wieder neue Entwicklungen geben. Mehr anekdotisch darf ich Ihnen erzählen, wie das mit den Radfahrern ist. Als man damals die Transitregelungen getroffen hat, hat kein Mensch daran gedacht, die Radfahrer irgendwie vertragsmäßig einzubeziehen. Ich weiß sogar, daß von entsprechenden, vorhanden gewesenen Abhaklisten jeder gesagt hat: Na, wer fährt da schon Rad? Die anderen Dinge sind ausgefüllt worden, sie haben sich stabilisiert. Aber inzwischen hat sich die Lebensqualität geändert, inzwischen kommen neue Wünsche auf. Darüber muß man sprechen können, das muß man gestalten können. Aber das geht eben nicht mit einer Pauschalbilanz, sondern das geht nur durch beharrliches Handeln. Lassen Sie mich einige wenige Worte zu Berlin und zur Berlin-Förderung sagen. Herr Kollege Lorenz, Sie haben davon gesprochen, daß Berlin nach der Gemeinsamen Erklärung der Parteivorsitzenden zur Berlin-Politik vom 19. Juni 1978 einen „gewollt deutlichen Präferenzvorsprung gegenüber anderen Fördergebieten" haben muß. Ergänzend dazu möchte ich sagen: Ebenso richtig ist, daß sich Berlin nicht von einem solidarischen Beitrag ausschließen kann, wenn es in der Bundesrepublik darum geht, etwa in dem hier zur Beratung anstehenden Haushaltsstrukturgesetz, eine Straffung vorzunehmen, die über alle Felder geht, an der sich auch alle beteiligen und der alle im Grundsatz auch zustimmen. Ich möchte von diesem Podium hier einmal folgendes sagen: Es macht für mich - manchmal fällt es mir schwer, das dann auch zu vertreten - einen schlechten Eindruck, daß dann aus Berlin ein allgemeines Geschrei kommt, das den Eindruck erwecken muß, als ginge es hier um reine Subventionsjägerei. ({6}) Ich glaube, etwas Flexibilität ist hier notwendig. Herr Kollege Lorenz, ich bekenne uneingeschränkt - es gibt da j a eine inhaltliche Diskussion, die wir in den Ausschüssen führen - die Notwendigkeit der Strukturreform des Berlinförderungsgesetzes. Selbstverständlich erwarte ich - auch das möchte ich von diesem Podium aus sagen - von meinen Kollegen, von Ihren Kollegen, von uns gemeinsam, daß wir dann, wenn die Berliner ihre Vorstellungen über die Strukturreform der Berlinförderung vorlegen, nicht sagen, da ist etwas weggeschnitten worden, da bewegt sich nichts mehr, sondern daß wir sehr genau überlegen, was im einzelnen, Punkt für Punkt, notwendig ist, um diese Strukturreform wirksam zu machen, damit Arbeitsplätze gesichert oder neu geschaffen werden können. ({7}) Wenn wir uns auf diese Ebene begeben können, dann sind wir bei der sachlichen Debatte. Das bringt uns dann von der Pauschalpolemik weg, die sagt: An der Berlinförderung darf nicht gerüttelt und gerührt werden. Wie gesagt, ich bekenne mich hier voll zur Reziprozität: Wenn wir als Berliner etwas erwarten, dann haben wir auch Solidarität zu üben. Herr Kollege Lorenz, wir stimmen auch darin überein - das ist ja meine praktische Aussage in diesem Zusammenhang -, daß wir alles tun müssen, um die Lebenskraft Berlins zu stärken. Da gab es vorhin einen Zwischenruf, der sich auf die Subventionierung bestimmter Reisen bezog. Ich will das hier nicht diskutieren, allerdings: Formeln wie „Wir müssen alles tun, was die Lebenskraft Berlins stärkt" oder „Der Präferenzvorsprung muß gewahrt bleiben" dürfen kein Vorwand sein, ständig an den Honigtopf mit der Aufschrift „Subvention" zu gehen, um immer noch etwas zu schlecken, ({8}) sondern das, was Berlin bekommt, muß auch überprüfbar sein. Wir Berliner sind auch verpflichtet, rational zu begründen, daß dies tatsächlich wirksame Maßnahmen sind.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Diederich, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jäger ({0})?

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Diederich, da Sie sich offenkundig auf einen Zwischenruf von mir vorhin bezogen haben: ({0}) Habe ich Sie recht verstanden, daß Sie das Bekanntmachen junger Menschen mit den Problemen Berlins und die Bezuschussung von Fahrten von Schulklassen und anderen Jugendgruppen nach Berlin mit dem Begriff „Honigtopf des Subventionismus" in Verbindung gebracht haben, als Dinge bezeichnet haben, auf die man, da sie überflüssig seien, verzichten könne? Oder sind Sie nicht auch der Meinung, daß das eine wichtige und notwendige Aufgabe für die Deutschlandpolitik bleibt?

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Mein Satz vom Honigtopf war eine Maxime, genauso wie die Maxime „Der Präferenzvorsprung muß gewahrt bleiben" eine allgemeine Maxime ist, die interpretiert werden muß. Dr. Diederich ({0}) Aber wenn Sie mich auf diese Frage hier ansprechen: Es geht doch wohl nicht um die Streichung der Förderung von Jugendreisen, sondern um die der Förderung von Erwachsenenreisen in dem konkreten Fall, über den wir jetzt diskutieren. Ich hoffe, daß ich das richtig in Erinnerung habe. Ich bin gern bereit, mal mit Ihnen im Detail zu diskutieren, wie ich das sehe. Dann werden wir uns da näherkommen. Ich bin schon dafür, daß man Reisen fördert. Aber das muß in einem sinnvollen Zusammenhang geschehen. Man muß das immer sehr genau überprüfen. ({1}) Was wir nicht subventionieren wollen, ist ein allgemeiner Berlin-Tourismus, der das Verbindende nur noch als eine schöne Dekoration, als einen Vorwand, nimmt. Darüber sollten wir im Ausschuß aber mal diskutieren. Was können wir aktuell tun? Auch der Kollege Lorenz hat diese Frage gestellt, und das ist hier im Laufe des Vormittags diskutiert worden. Es ist sicher richtig, daß die Erhöhung des Mindestumtauschs das deutsch-deutsche Verhältnis erheblich belastet, punktuell oder vielleicht sogar auf breiten Flächen verschlechtert hat. Gerade wir Berliner sind in besonderem Maße davon betroffen. Es ist viel Leid in menschliche Beziehungen gebracht worden. Das muß man hier eindeutig feststellen. Wer eine große Familie hat, weiß, daß es schwerfällt, etwa mit drei Kindern, also ingesamt mit fünf Personen, bei diesen Umtauschbeträgen rüberzufahren. Das ist fast eine Verhinderung des Reisens. ({2}) Aber ich möchte hier - gerade weil mir das klar ist - sehr nüchtern sagen, daß wir alle es begrüßen müssen, daß die Bundesregierung deutlich zum Ausdruck gebracht hat, daß sie bereit ist, über praktische Zusammenarbeit und Verbesserungen der Beziehungen ohne Vorbedingungen zu sprechen. Dieses „ohne Vorbedingungen", Herr Kollege Lorenz, muß sich auch darauf beziehen, daß man ein Junktim, erst Herabsetzung des Mindestumtauschs und dann Verhandlungen über anderes, nicht herstellt. Ganz abgesehen davon - und das haben andere hier schon gesagt - wäre der Einsatz des Swing oder anderer Dinge als Druckmittel sehr, sehr fragwürdig und zweischneidig. Ich erinnere mich da auch an Äußerungen der Wirtschaftsministerin von Niedersachsen, Frau Breuel, die das ganz offensichtlich ganz anders sieht. Meine Damen und Herren, ich möchte eine kurze Schlußbemerkung machen. Ich hatte gesagt, daß unsere Politik langfristig angelegt sein müsse - da gibt es insoweit auch keinen Widerspruch. Ich war zehn Jahre alt, als der Krieg zu Ende ging. Ich habe das Kriegsende im Frühjahr 1945 in Berlin wahrlich hautnah miterlebt. Und ich darf Ihnen für meine Generation versichern - ich hoffe, daß das hier Allgemeingut ist -, daß die Betonung der aktiven Friedenspolitik für uns oberste Priorität hat. Ich sage hier, daß das, was die Bundesregierung hier tut, meine volle Unterstützung hat. Ich glaube, daß es eine der ersten und auch vornehmsten Gemeinsamkeiten sein muß, die beide deutsche Staaten und die Verantwortlichen in beiden deutschen Staaten haben, daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf. ({3}) - Natürlich, Herr Kollege von Wrangel, ist das eine sehr allgemeine Äußerung, und wir müssen darüber diskutieren, was das im einzelnen für Konsequenzen hat. Aber ich glaube, daß das ein Grundsatz ist, den wir immer wieder betonen müssen. Dazu gehört auch, daß deutsche Interessen nicht mit Drohungen und Waffengewalt durchgesetzt werden dürfen. Dazu gehört auch, daß sich beide deutsche Staaten darum bemühen müssen, daß aus ihrem Verhältnis zueinander keine neue Belastung des Ost-West-Verhältnisses entsteht. Dazu gehört auch, daß man ins Gespräch geht, ohne sich mit unzumutbaren Vorbedingungen zu belasten, die Gespräche unmöglich machen. Dazu gehört auch, daß wir uns wechselseitig zu bemühen haben - und das ist auch eine Funktion, die die Bundesregierung wahrnimmt -, auf die jeweiligen Bündnispartner im Gespräch einzuwirken, daß es zu Verhandlungen, zu Gesprächen kommt, die den Entspannungsprozeß sich weiter entwickeln lassen. - Ich danke Ihnen. ({4})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

Hans Günter Hoppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000955, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Opposition und die erläuternde Rede des Ministers für innerdeutsche Beziehungen zeugen von dem Ernst und dem Verantwortungsbewußtsein, dem Engagement und der Geduld, mit denen die Bundesregierung die deutsch-deutschen Beziehungen voranzutreiben versucht. Wenn diese Haltung noch einer Unterstreichung bedurfte, dann geschah das durch die Anwesenheit des Vizekanzlers in der heutigen Sitzung des Parlaments, und das im Anschluß an eine gewiß anstrengende Reise. ({0}) Das deutsch-deutsche Verhältnis ist nicht komfortabler geworden, aber es ist kalkulierbarer. Das auf der Basis des Grundlagenvertrages inzwischen entstandene Geflecht gegenseitiger Beziehungen läßt sich so einfach nicht mehr zerreißen. Es war die Politik der sozialliberalen Koalition, die nach zwei Jahrzehnten Konfrontation eine fruchtlose Deutschlandpolitik durch eine auf Interessenausgleich abzielende Vertragspolitik ersetzte. Aus der von Rückschlag um Rückschlag begleiteten Politik der offenen Wunden mit einer „sogenannten" DDR sind wir in einen zwar mühsamen Dialog eingetreten, der aber, wie mir scheint, immerhin zu vorzeigbaren Ergebnissen geführt hat. Selbst in der Großen Anfrage der Opposition, die Anlaß für unsere heutige Debatte ist, wird explizit auf diesen Erfolg hingewiesen. Diese Feststellung, die in der Begründung der Großen Anfrage enthalten ist, würde noch mehr Freude auslösen, wenn sie in der logischen Konsequenz noch mehr konstruktive Beiträge der Opposition in der Deutschlandpolitik zur Folge hätte. Aber leider fehlt es hier immer noch, wie mir scheint, ein bißchen an Fähigkeit und Geschlossenheit zur Meinungsbildung. Und Ihre Aufgeregtheit, verehrte Kollegen der Opposition, über die Ausführungen meines Kollegen Ronneburger sind mir nun wahrlich unverständlich; sie waren sachlich und ausgewogen. ({1}) Auch Sie, Herr Kollege Lorenz, haben in Ihrem Beitrag doch zwischen Gemeinsamkeit und „Bayernkurier" argumentieren müssen. Von daher mußte der Kollege Ronneburger für meine Fraktion beide Aspekte in seinen Beitrag aufnehmen. Ich hätte mir gewünscht, daß das Stück Gemeinsamkeit zustande gekommen wäre, ({2}) um das sich die Fraktion der Freien Demokraten bereits im 8. Deutschen Bundestag bemüht hat. Die Kollegen der Opposition mußten damals bekennen, daß die Zustimmung ihrer Fraktion zu der erstrebten interfraktionellen Entschließung eben doch nicht zu erlangen war. Damals hat sich nicht nur der Kollege Gradl darüber enttäuscht gezeigt. Niemand wird leugnen, daß der Zug der innerdeutschen Verständigung wegen der die Staaten des Ostblocks umtreibenden polnischen Entwicklung von der DDR aufs Abstellgleis rangiert worden ist. Aber es zeugt doch von erschreckend wenig Verständnis für langfristige politische Entwicklungen, wenn die Opposition aktuelle Schwierigkeiten immer wieder mit klammheimlicher Freude benutzt, um den Blick zurück im Zorn zu richten. Nein, wir müssen nach vorn blicken und das Erreichte bewahren. ({3}) Abgesehen von den vertraglich abgesicherten Erleichterungen und Verbesserungen sollte uns deshalb vor allem daran gelegen sein ({4}) - Sie sind ja nicht gerade ein förderndes Mitglied der Gemeinsamkeit, verehrter Herr Kollege Jäger -, ({5}) nach qualitativ neuen Möglichkeiten des Miteinanders Ausschau zu halten. Selbst in einer kühlen Atmosphäre könnten sich dafür neue Ansatzpunkte ergeben. Dies, so scheint mir, ist auch deshalb nicht völlig unrealistisch, weil sich die Deutsche Demokratische Republik in geradezu auffälliger Weise in der Geschichte unserer Nation einzurichten beginnt. Gemeinsam feiern wir in diesem Jahr den 200. Geburtstag Schinkels. Und es war ja auch kein Tag wie jeder andere, als Ost-Berliner Arbeiter das Reiterstandbild Friedrich des Großen wieder „Unter den Linden" aufstellten. Es war der historische Tag, an dem für alle sichtbar die Versöhnung der Regierung der DDR mit einem Teilaspekt unseres gemeinsamen Erbes erfolgte. Es ist auch faszinierend mitzuerleben, wie sich die DDR auf das Luther-Jahr 1983 vorbereitet. Wer hätte es noch vor 12 Jahren für möglich gehalten, daß die kommunistische Regierung der DDR einem christlichen Konfessionsstifter in solch monumental anmutender Form ihre Reverenz erweisen wird? ({6}) Es wird damit aber doch zugleich, Herr Wörner, wohl ein unübersehbares Bekenntnis auch zur gesamtdeutschen Vergangenheit und zur europäischabendländischen Tradition abgelegt. ({7}) Jedenfalls sind die Zeiten der feindseligen Distanz zur gemeinsamen Geschichte offenbar vorbei. Statt dessen hat ein Wettstreit begonnen, welcher Teil Deutschlands denn nun deutscher ist als der andere. Da würden wir Freien Demokraten allerdings bekennen: Konkurrenz war nach unserer Meinung schon immer ein belebendes Element für die Politik. Die substantielle Veränderung der deutsch-deutschen Beziehungen wurde - und das haben wir ja alle gespürt - erstmalig offenkundig, als es die beiden deutschen Staaten auf dem Tiefpunkt der Beziehungen der Supermächte vermeiden konnten, wie weltpolitische Frontstaaten agieren zu müssen. Statt zunehmender Spannung unter sonst doch üblichen Verbalinjurien bekundete damals der Staatsratsvorsitzende der DDR sein Interesse am Zusammentreffen mit Bundeskanzler Schmidt. Ich erinnere daran, auch die Unterzeichnung des Verkehrsabkommens geschah damals wie selbstverständlich. Ja, es kam zu einer Vereinbarung, in welcher dem Berliner Senat das Nutzungsrecht für ein unter östlicher Reichsbahn-Verwaltung stehendes Gelände übertragen wurde. Da hat es sich gezeigt: Die inzwischen geschlagenen Brücken zwischen den beiden deutschen Staaten erwiesen sich als tragfähig, jedenfalls als so tragfähig, daß sie der internationalen Krise standhielten. Erst die Vorgänge in Polen, die die Urängste aufbrechen ließen, es könnte sich etwas wie 1953 wiederholen, erst diese als äußerst bedrohlich empfundene Entwicklung veranlaßte Ost-Berlin, wieder auf Abgrenzung umzuschalten. Dabei wirkte es dann fast wie eine Entschuldigung, wenn gleichzeitig die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin mit diplomatischen Artigkeiten überhäuft wurde. Ich möchte dies hier einmal zum Anlaß nehmen, um den Mitarbeitern unserer Ständigen Vertretung in Ost-Berlin für ihre unauffällige und wirksame Arbeit zu danken. ({8}) Wir müssen aber doch wohl erkennen, daß die DDR-Führung sich erst dann wieder bewegungsfähig zeigen wird, wenn die polnischen ErschütterunHoppe gen abgeklungen sind und sie von ihren Existenzängsten befreit ist. Die Entwicklung in Polen geht an die Wurzeln des Selbstverständnisses und vor allem der Selbstsicherheit der kommunistischen Staaten. Wer also durch kluges Verhalten und ohne den Versuch der Einmischung in innere Angelegenheiten den polnischen Menschen hilft, ihre wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu bekommen, der leistet auch einen Beitrag dazu, das Erreichte in der Deutschlandpolitik zu stabilisieren und fortzuentwickeln. Deshalb bringt es nichts, die DDR-Regierung heute zu etwas drängen zu wollen, was sie jetzt nicht leisten kann. ({9}) Wer die Einbindung der beiden deutschen Staaten in zwei gegensätzliche Bündnissysteme nicht leugnen will, muß einsehen, daß sich die Rahmenbedingungen erst wieder verbessern müssen, um der DDR für eine Fortentwicklung des deutsch-deutschen Verhältnisses Raum zu schaffen. ({10}) Dann, Herr Jäger, muß allerdings auch der erhöhte Zwangsumtausch vom Tisch; denn er ist nach wie vor eine ernsthafte Belastung unserer Beziehungen. Nur Geduld und prinzipienfestes Handeln werden uns in der Deutschlandpolitik weiterbringen. Die Zeit, so meinen die Kommunisten hinter dem „antiimperialistischen Schutzwall", arbeite für sie. Aber dies dürfte einer der zahlreichen Irrtümer auf marxistisch-leninistischer Grundlage sein. Eine Jugend wächst heran, die sich die Sinnfragen neu stellt und die unter dem Desinteresse und der fehlenden Mitverantwortung am nächsten leidet. Motivationsänderungen finden statt. Gewiß, die oft mißbrauchten Begriffe „Nation" und „Volk" sind nicht ohne weiteres geeignet, die Jugend zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Aber werden die jungen Menschen auf der Suche nach dem Ursprünglichen nicht ganz von selbst eines Tages auch auf diese Begriffe stoßen? Im März letzten Jahres - Herr Franke hat schon daran erinnert - ermittelte das EMNID-Institut, daß die Gruppe der Jugendlichen bis 19 Jahre überproportional, nämlich zu 70 %, der Meinung ist, man sollte die Wiedervereinigung mit der DDR weiter im Auge behalten. Vielleicht kann man diese Meinung einer Generation am ehesten mit dem Wort Rolf Dahrendorfs erklären: „Die deutsche Frage verlangt von uns nicht nationale Gesinnung, sondern soziale Aktivität." ({11}) Auch die europäische politische Einigung ist für uns ohne die Lösung der deutschen Frage nach wie vor undenkbar; und doch wird sie nicht als Aufgabe von aktueller Brisanz empfunden. Das ist offensichtlich auch bei vielen unserer Kollegen in diesem Hause nicht der Fall. Aber wenn Sie, verehrter Herr von Wrangel, in diesem Zusammenhang ausgerechnet die Kollegen Coppik und Hansen als schlechtes Beispiel anführen, dann müssen wir bekennen, sie sind dabei offenbar in schlechter oder guter Gesellschaft, bis hin zu Ihrem Fraktionsvorsitzenden. ({12}) Vorrangig aber geht es darum, die Entspannungspolitik fortzusetzen. ({13}) - Nein. Auf den Zwischenruf habe ich gewartet, und Sie sind hereingefallen, wie so häufig, Herr Jäger. ({14}) Er bemüht sich gerade darum, die Aufgabe ein Stück voranzubringen, die Sie im Zusammenhang mit der europäischen Einigung für die dringendste halten, nämlich den deutsch-französischen Dialog so zu fördern, daß wir mit unseren Vorstellungen von der politischen Einigung Europas ein Stück weiterkommen. ({15}) Sie sollten nicht immer nur verinnerlicht zurückschauen, verehrter Herr Kollege Jäger. ({16}) Vorrangig geht es darum, die Entspannungspolitik fortzusetzen, weitere Erleichterungen für die Menschen in Deutschland zu schaffen und von deutschem Boden aus den Weltfrieden etwas sicherer zu machen. Ein realistisches Vorhaben, das von der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien konsequent verfolgt wird. Die Opposition sollte sich daran nicht nur aus taktischen Gesichtspunkten beteiligen. Gerade die neuerliche Regierungsverantwortung in Berlin stellt j a hohe Ansprüche, und Richard von Weizsäcker versucht, ihr als Regierender Bürgermeister auch vollauf gerecht zu werden. Seine nüchterne Art, in Berlin Deutschlandpolitik zu treiben, sollte auf die Opposition eigentlich ansteckend wirken. Aber bisher hat der Bazillus in der Opposition nicht besonders ansteckend gewirkt. ({17}) - Verehrte Frau Kollegin, daß der Kollege Lorenz versucht, ({18}) das, was der Regierende Bürgermeister in Berlin zum Inhalt seiner Politik gemacht hat, auch hier im Bundestag, in der Opposition, in der CDU/CSU wirksam werden zu lassen, wird ja nicht übersehen. Aber auch Sie werden einsehen, daß er erst am Anfang seiner Missions-Arbeit steht. ({19}) Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten werden uns von unserer Deutschlandpolitik allerdings nicht abbringen lassen. Frau Kollegin Berger, Sie sollten an dieser Stelle nicht so rechthaberisch sein; sonst müßte ich Sie noch darauf verweisen, daß er doch Mühe hat, das Etikett von der Jacke zu kriegen, das ihm leider angeheftet wird, nämlich als sogenannter Sprecher der Deutschlandpolitik Ihrer Opposition gekennzeichnet zu werden. Darüber wollte ich eigentlich nicht reden. ({20}) Ich muß sagen: Sie sollten mich nicht dazu verleiten. Meine Damen und Herren, wir werden für die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Menschen im anderen Teil Deutschlands den einzig gangbaren Weg weitergehen: den Weg der kontrollierten Entspannung und des Abbaus des gegenseitigen Mißtrauens. ({21})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lintner.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch der Herr Kollege Hoppe hat eben wieder auf die Ausführungen des Ausschußvorsitzenden Ronneburger hingewiesen. Herr Kollege Hoppe, ich habe aufmerksam zugehört. Er hat zwar so getan, als ob er auf das Angebot des Kollegen Lorenz antworten würde, aber er hat im Grunde genommen fast sphinxhaft Grundsatzpositionen der Deutschlandpolitik in Frage gestellt. Mir stellte sich dabei z. B. die Frage, ob er eigentlich meint, wir sollten auch im Bereich des Staatsangehörigkeitsrechts nun endlich die Realitäten oder ähnliches anerkennen. ({0}) - Ich weiß nicht, Herr Kollege Ronneburger, ob Sie das gemeint haben. Nur, wenn Sie das gemeint haben sollten, dann haben wir hier in der Tat bereits einen Stopp dessen, was an Gemeinsamkeit möglich sein sollte.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, gern!

Uwe Ronneburger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001881, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Lintner, ich weiß nicht, ob Ihnen aufgefallen ist, daß ich mich ausdrücklich auf das bezogen habe, was die Bundesregierung zu diesen Rahmenbedingungen der Deutschlandpolitik gesagt hat, daß ich heute noch nicht einmal das Wort „Staatsbürgerschaft" in den Mund genommen habe und daß wir uns im Ausschuß wohl über die Grundsätze einig waren, nach denen wir diesen Bereich der Politik behandeln.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Ronneburger, ich bin dankbar für diese Klarstellung. Ich habe nur gesagt, daß ich eben mit den allgemeinen Ausführungen zu dem Punkt nichts Rechtes anzufangen wußte. Der Kollege Hoppe hat auch angeführt, daß die Opposition sehr oft „Blick zurück" - „im Zorn", hat er dann hinzugefügt - betreibe. Ich möchte dazu nur sagen, es kann natürlich nicht Aufgabe unserer Diskussion hier sein, etwa nicht mehr über die Fehler der Vergangenheit in dieser Politik zu sprechen. Ich glaube vielmehr, wir müssen einfach deshalb darüber reden, weil manches davon ja bis heute weiter wirkt und die Bundesregierung in manchen Punkten auch gar nicht bereit ist, diese Fehler einzusehen, um sie in Zukunft zu vermeiden. Es ist auch Aufgabe der Opposition, auf solche Entwicklungen hinzuweisen. Insofern sehe ich auch innerhalb unserer Reihen keinerlei Differenzen. Es wäre deshalb auch notwendig gewesen, daß die Absicht der CDU/CSU-Fraktion, mit ihrer Großen Anfrage zu einer umfassenden Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik zu kommen, von der Bundesregierung anders als geschehen beantwortet worden wäre. ({0}) Denn wir wollten endlich einmal die jeweiligen gegenseitigen Appelle zu Gemeinsamkeiten in der Deutschlandpolitik mit Leben erfüllen und diese Aufgabe auch tatkräftig angehen. ({1}) Die Betonung lag bei unserer Anfrage also auf dem Ausdruck „umfassende Bestandsaufnahme" - mit dem Ziel, gemeinsam nach Auswegen aus der Stagnation in diesem Bereich der Politik zu suchen. Dieser guten Absicht erteilt die Bundesregierung bereits in ihrer Vorbemerkung eine drastische, herbe Absage. Sie stellt nämlich dort lapidar fest, daß „ein Anlaß zu einer besonderen umfassenden Bestandsaufnahme nach Auffassung der Bundesregierung gegenwärtig" überhaupt nicht besteht. Und das, obwohl die Antwort so viele nichtssagende Floskeln enthält, daß die ganze Antwort als ein Dokument politischer Ratlosigkeit der Bundesregierung in der Deutschlandpolitik zu charakterisieren ist. ({2}) Was die Bundesregierung hier geliefert hat, ist zu leichtgewichtig, so würde ich meinen, um als eine konstruktive Antwort auf das Angebot der Opposition verstanden zu werden. ({3}) Auch eine kritische, aber durchaus objektive Durchsicht fördert nicht mehr an Substanz zutage, sondern verdichtet eher den Eindruck, daß mit der Antwort eigentlich mehr verschwiegen als ausgesagt werden sollte. Es ist z. B. wörtlich von „bedeutsamen Fortschritten" die Rede, die erzielt worden seien. Aber bei den Antworten auf konkrete Fragen liest man dann immer wieder die Eingeständnisse, hier sei - wörtlich - ein „Rückschlag eingetreten", oder - wieder wörtlich -: „Die Praxis wird von der Bundesregierung mit Sorge beobachtet", oder den Satz: „Die DDR hat gegen das Ziel der Verträge verstoßen". Auf nur zehn Seiten Text finden sich derartige negative Einschätzungen allein dreizehnmal. Das macht bereits deutlich, daß die Antwort insofern jedenfalls ehrlich war, als sie die Stagnation auf der ganzen Linie dokumentiert. Die am Beginn der Deutschlandpolitik der Bundesregierung und der Regierungsfraktionen so oft beschworenen „positiven Entwicklungschancen" oder der vielzitierte „gute Geist der Verträge" sind offensichtlich verflogen. Diese euphoristischen Entwicklungsannahmen der Bundesregierung haben sich als nicht tragfähig erwiesen. Heute, nach etlichen Jahren dieser Politik bewahrheitet sich deshalb wieder eine Warnung der Opposition, daß sich die Bundesregierung damals zu hektisch und mit zu kurzem Atem in diese Politik gestürzt hat. Deshalb kommen Sie ja - das ist nun die aktuelle Situation - heute in die Verlegenheit, für die Zurücknahme einseitig von der DDR revidierter Regelungen noch einmal bezahlen zu müssen. Das Schlimme daran ist, daß dieser Vorgang als Konsequenz aus der Haltung der Bundesregierung für die DDR auch in der Zukunft immer wiederholbar erscheint. Es fällt im übrigen der Opposition auch nicht leicht, ein derartiges Gemeinsamkeitsangebot angesichts der Äußerungen abzugeben, wie sie etwa der Kollege Büchler, immerhin Obmann der SPD im Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen, vor kurzem zur Wiederkehr des 20. Jahrestages des Baues der Mauer laut Pressemeldungen gemacht hat. Er erklärte dort sinngemäß die „Mauer" zu einem Element der „Stabilität" in den innerdeutschen Beziehungen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Hans Büchler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000294, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Lintner, Sie haben natürlich wieder nicht richtig zitiert, wie so oft bei diesem berühmten Zitat. Ich würde Sie bitten, das Ganze nachzulesen. Sind Sie dazu bereit, und sind Sie dazu bereit, sich hier nicht mißbrauchen zu lassen?

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Büchler, ich habe das wörtliche Zitat hier, aus der „Nord-WestZeitung" vom 8. August dieses Jahres. Ich müßte mehr als 20 Minuten Redezeit haben, um das alles vorlesen zu können. Aber ich darf Ihnen den entscheidenden Satz, auf den es mir ankam, vorlesen. Er lautet: „Aber Sie sehen schon, daß die Mauer die DDR in einem ganz handfesten Sinn stabilisierte". Mehr habe ich hier in meiner Rede auch nicht behauptet. ({0}) - Hier ist die Rede davon, Herr Kollege Lambinus, daß die Verhältnisse in der DDR stabilisiert seien, und ich habe gesagt, der Herr Büchler habe behauptet, die Mauer sei ein Element der Stabilität im Bereich der DDR. Ich muß das deshalb hier aufgreifen, weil derartige Äußerungen natürlich von uns nicht mitgetragen werden können.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Lintner, erlauben Sie noch eine Zwischenfrage?

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Lintner, können Sie bestätigen, daß sich außer dem von Ihnen genannten Zitat noch ein weiteres in dem Artikel befindet, wo nicht sinngemäß, sondern wörtlich erklärt wird: „Im übrigen, so tragisch das auch ist: Erst durch die Mauer mit ihrem stabilisierenden Element für die DDR konnten wir die Verträge, Abmachungen und Verhandlungen abschließen, die wir im Interesse aller Deutschen abgeschlossen haben"? ({0})

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Dr. Warnke, ich müßte es jetzt durchlesen. Aber ich nehme an, Sie haben das auch gelesen. Deshalb gehe ich davon aus, daß das so zutreffend ist. ({0}) - Ich bitte um Verständnis, Herr Kollege Büchler, ich kann diese Kontroverse über das Rednerpult hier im Hinblick auf die mir zur Verfügung stehende Zeit leider nicht zulassen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Sie wollen keine weitere Frage mehr zulassen, Herr Kollege Lintner?

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein. Eine ähnliche Äußerung - das ist j a nun das Bestürzende dabei - wird auch von einem Beamten des Innerdeutschen Ministeriums berichtet, ebenfalls beim Einsatz in Schleswig-Holstein, wo dieser Gedanke ebenfalls zum Ausdruck zu kommen scheint. Ich weise nur darauf hin; Sie haben j a Gelegenheit, die Dinge richtigzustellen. Ober diese Äußerungen hinaus - und deshalb habe ich sie eigentlich erst aufgegriffen - glaube ich, trotz aller Angebote an Gemeinsamkeit sollte Ihnen, meine Damen und Herren, klar sein, daß die Beseitigung dieser Mauer und des Schießbefehls Ziel jeder deutschlandpolitischen Bemühung bleiben muß ({0}) und daß wir nicht etwa mitmachen würden, wenn sich hinter diesen Äußerungen die Absicht verbergen sollte, dieses schreckliche Monstrum so als eine Art stillschweigend akzeptierte Grundlage Ihrer Deutschlandpolitik darzustellen. ({1}) Wie ist nun der konkrete Stand der Beziehungen? Da ist zunächst einmal festzustellen, daß es bei einer ganzen Reihe wichtiger vereinbarter Regelungen einseitige nachträgliche Veränderungen durch die DDR gegeben hat. So sind z. B. die Beschränkungen für die Tätigkeit der Journalisten in der DDR und in Ost-Berlin, einseitig verfügt im April 1979 und verschärft im Oktober 1980, nach wie vor in Kraft. Mit starken Worten hat die Bundesregierung damals übrigens beteuert, daß sie diese Beschränkungen nicht hinnehmen werde. Heute redet sie kaum mehr davon. Sie findet in ihrer Antwort nur noch Sätze wie: „Hiergegen hat sich die Bundesregierung stets gewandt und wird dies auch in Zukunft tun." Aber derartige Sätze geraten eben zu kraftlosen Pflichtübungen. Hier müßte irgendwo eine echte politische Entschlossenheit zur Änderung zu spüren sein. Denn nur so kann überhaupt eine erfolgversprechende Durchschlagskraft gegenüber einem so hartnäckigen Verhandlungspartner wie der DDR gewonnen werden. Groß propagiert wurde im übrigen danach auch der sogenannte Zeitungsaustausch, der angeblich sicherstellen sollte, daß ein größerer Personenkreis in der DDR Zugang zu westlichen Zeitungen erhalten sollte. Die Bundesregierung stellt in ihrer Antwort heute nach vielen Jahren fest, daß weiterhin in der DDR - so wörtlich - nur „besonders berechtigte Empfänger in den Genuß westlicher Zeitungen kommen können". Warum erinnert denn eigentlich die Bundesregierung die DDR nicht ständig an diese Verpflichtung, die sich j a zum Beispiel auch aus dem Korb III der Helsinki-Akte ergibt? Im Oktober 1980 wurde dann der bisher schwerste Schlag gegen getroffene Regelungen seitens der DDR geführt. Die Mindestumtauschsätze im Besucherverkehr wurden drastisch angehoben, und die vom SED-Regime erhoffte Wirkung trat auch ein: Die Besucherzahlen gingen dramatisch, teilweise um über die Hälfte zurück. Auch damals versprach die Bundesregierung unserer Öffentlichkeit markig, diese einseitige Maßnahme werde sie nicht hinnehmen. Heute heißt es, man werde Abgrenzung nicht mit Abgrenzung beantworten, und im übrigen habe man auch nicht vor, bei einem Treffen zwischen Kanzler und Honecker irgendwelche Vorbedingungen zu stellen. Ursprünglich, meine Damen und Herren - ich darf daran erinnern - war sogar seitens der Bundesregierung von denkbaren Sanktionen - Swing, sage ich nur - die Rede. Davon ist heute weit und breit auch nur andeutungsweise nichts mehr zu hören. Hier kann ich nur sagen: Hätte die Bundesregierung wenigstens geschwiegen! So aber hat sie doch der DDR bereits öffentlich signalisiert, wie wenig Wert sie auf echte Ergebnisse dieses Gesprächs legt. Sie hat damit zu erkennen gegeben, daß man bereits in dem Gespräch an sich einen Erfolg sieht. Wir dagegen werden - das ist heute hier schon gesagt worden - den Wert dieses Gespräches an seinen Ergebnissen messen. ({2}) Dieser Vorgang ist im übrigen ein typisches Beispiel für die Art von „Qualität" der zwischen der Bundesregierung und der DDR ausgehandelten Verträge. Die Bundesregierung bezeichnet diesen Vorgang zwar immer wieder als „vertragswidrig", sie ist aber nicht in der Lage, auch nur eine exakte Textstelle anzuführen, wo denn nun die DDR bei dieser Maßnahme ausdrücklich gegen die schriftlichen Festlegungen des Vertrages verstoßen hätte. Die Bundesregierung hat sich auch hier auf den „Geist der Verträge" . verlassen und beruft sich heute auf ihn, da sie nicht in der Lage ist, sich auf schriftlich fixierte Grundlagen zurückzuziehen, die beim Abschluß vorhanden gewesen sein müßten. Das bedeutet aber in concreto, daß sie offensichtlich mit einer derartigen Konfliktlage vertrauensseligerweise überhaupt nicht gerechnet hat, und das - auch daran muß ich erinnern -, obwohl damals die Opposition auf solche Konfliktfälle auch in diesem Hohen Hause ausdrücklich hingewiesen hat. ({3}) Meine Damen und Herren, man könnte die einzelnen Regelungen nun im einzelnen darauf abklopfen, was denn aus ihnen geworden ist. Ich muß das jetzt etwas verkürzt tun. - Bei den sogenannten Folgevereinbarungen nach Art. 7 Grundlagenvertrag stellt die Bundesregierung bei allen vier noch zur Debatte stehenden Abkommen fest, die Verhandlungen kämen nicht voran, die Gespräche seien „noch offen", wie es wörtlich heißt. Ähnliches gilt auch für die sonstigen Bereiche, z. B. für den Bereich der Jugendbegegnungen. Hier wird lapidar festgestellt: „Die DDR-Teilnehmer setzen sich ausschließlich aus FDJ- und FDGB-Funktionären zusammen." - Anerkennen will ich andererseits, daß die Zahl der Jugendlichen, die von uns nach Mitteldeutschland reisen, jährlich um zehn Prozent im Steigen begriffen ist. Das alles ist zwar eine zutreffende Beschreibung auch des gegenwärtigen Zustandes, aber es fehlt eben in der Antwort eigentlich bei jedem Punkt jeder politisch in die Zukunft zeigende Hinweis darauf, wie denn die Bundesregierung sich bemühen will, diese Zustände zu ändern. ({4}) - Wir haben eine umfassende Bestandsaufnahme von der Bundesregierung verlangt, und darunter, glaube ich, wäre auch das zu verstehen gewesen. ({5}) Meine Damen und Herren, ich muß jetzt einiges von dem weglassen, was ich hier noch ansprechen wollte. ({6}) Lassen Sie mich zum Schluß nur noch eines sagen. Die Probleme, die sich bei der Familienzusammenführung ergeben, scheinen der Bundesregierung besonders peinlich zu sein. Sonst würde sie nämlich in ihrer Antwort dazu nicht darauf hinweisen, daß sie das Thema möglichst unter Ausschluß der Offentlichkeit behandelt wissen wolle. Das erscheint auch verständlich, wenn man die Zahl der ZuwanderunLintner gen aus der DDR in den 60er Jahren mit den Ergebnissen der 70er Jahre vergleicht. 1963 bis 1972 konnten insgesamt rund 165 000 - das sind 16 500 pro Jahr - aus der DDR in die Bundesrepublik übersiedeln. Seit Geltung des Grundlagenvertrags waren es bis 1980 nur noch rund 71 000 solcher Zusammenführungen, also ungefähr 9 000 pro Jahr. Übrigens weise ich in diesem Zusammenhang auch darauf hin, daß wir nach der Erhöhung des Mindestumtauschs auch bei den mehrtägigen Reisen vom Bundesgebiet in die DDR wieder auf dem Niveau von 1967, nämlich rund 1,4 Millionen, angelangt sind. Das ist die gegenwärtige Bilanz dieser Deutschlandpolitik und der festgestellten Stagnation. Ich frage Sie: Wäre es bei dieser Situation nicht richtiger gewesen, das Angebot der Opposition zu mehr Gemeinsamkeiten zu ergreifen? ({7})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fromm.

Rita Fromm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000607, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute eine Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik machen, bedeutet dies, ein Resümee des bisher Erreichten zu ziehen, über Entwicklungen nachzudenken und Möglichkeiten für die Zukunft aufzuzeigen. Am 21. Dezember 1972 wurde der Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik geschlossen. Es bietet sich schon heute an, eine Bilanz zu ziehen. Denn wir können auf fast ein Jahrzehnt gemeinsamer Vertragspolitik zurückblicken. 20 Jahre Ostpolitik der CDU/CSU haben auf die Überwindung der gesellschaftlichen Unterschiede zwischen der Bundesrepublik und der DDR keine konstruktive Antwort finden können, ({0}) und das zum Leidwesen der Menschen hier wie dort. ({1}) Aber gerade die Ostpolitik der sozialliberalen Koalition hat es fertiggebracht, den Ost-West-Gegensatz zu entschärfen. Dies zeigen besonders die gesteigerten Möglichkeiten der menschlichen Begegnungen. ({2}) Bis heute hat die Opposition keine Alternative zur friedensichernden Ostpolitik der Bundesrepublik finden können. ({3}) - Herr Sauer, auch Ihre Beiträge heute in dieser Debatte ({4}) zeigen leider wenig. ({5}) Mit den vorausgehenden Ostverträgen, dem erwähnten Grundlagenvertrag ({6}) - ich rede vom Heute! ({7}) und den nachfolgenden Vereinbarungen und Regelungen hat die sozialliberale Koalition eine Beendigung des Kalten Krieges erreicht und eine Entspannungspolitik in Europa mit einer Normalisierung der deutsch-deutschen Beziehungen eingeleitet. ({8}) - Dies hat Stabilität in Mitteleuropa gebracht. ({9}) Die äußerst komplizierte Situation, in der sich beide deutsche Staaten befinden, läßt sich - und das sollten auch Sie wissen - nicht ad hoc lösen. Deutschlandpolitik ist langfristig angelegt. Sie erfordert Beharrlichkeit, Ausdauer und Geduld. ({10}) Dies gerät auch Ihnen oft aus dem Blickfeld. Rückschläge ließen sich leider nicht verhindern. Deshalb bedauern wir Freien Demokraten die Erhöhung des Zwangsumtausches. Wir fordern ihre Rücknahme. Doch insgesamt gesehen überwiegen die positiven Ergebnisse aus dem Grundlagenvertrag. Die Erleichterung der menschlichen Begegnungen zwischen Bürgern der DDR und denen der Bundesrepublik Deutschland beweisen es: Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist in beiden Teilen der Bevölkerung immer noch wach und zeigt auf eine Einheit der Nation. Meine Damen und Herren, das lassen wir uns von Ihnen, den Kollegen von der CDU/CSU, nicht zerreden. Ich frage Sie: Was ist die Nation anderes als unter anderem auch das Bewußtsein und das Gefühl der Bevölkerung, zusammengehören zu wollen? Ein weiteres Beispiel für die besonderen Beziehungen beider Staaten in Deutschland bietet der innerdeutsche Handel. Dies wurde vom Staatsratsvorsitzenden der DDR, Erich Honecker, in einem Interview der „New York Times" im November 1972 bestätigt, in dem auch er erklärte, daß durch den innerdeutschen Handel die besonderen Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten fortbestehen. An dieser Stelle möchte ich auch auf die Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hinweisen, „eine neue Dimension der Zusammenarbeit über Systemgrenzen hinweg zu finden". „Wir können aus einer Konfrontation in Europa keinen Nutzen ziehen. Wir können aber gewinnen, den Menschen den Kontakt und das Zusammenleben erleichtern", das sagte damals auch Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Welche Möglichkeiten sich den europäischen Staaten eröffnen, wollten Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, damals nicht sehen. Sie sprachen sich gegen die KSZE-Schlußakte aus. ({11}) Wir befinden uns hier in Mitteleuropa an der Nahtstelle zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt. Aus dieser Situation erwächst beiden deutschen Staaten eine zunehmende Verantwortung und Pflicht zur Fortsetzung und Ausgestaltung der Vertrags- und Entspannungspolitik. ({12}) Die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland und auch die Bevölkerung in der DDR sorgen sich um den Frieden, empfinden den wahnsinnigen Rüstungswettlauf im Osten wie im Westen als immer unerträglicher. ({13}) Viele junge Mitbürger rufen nicht nur nach Verbesserung und Absicherung eines materiellen Wohlstands, sondern nach Aufnahme vertrauensvoller Gespräche zwischen den USA und der Sowjetunion zur Abrüstung. ({14})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Frau Kollegin Fromm, der Abgeordnete Jäger ({0}) würde gern eine Frage stellen. Würden Sie das erlauben?

Rita Fromm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000607, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Jäger, im Hinblick auf die Kollegialität - die Zeit ist schon sehr weit fortgeschritten - möchte ich es dabei bewenden lassen. Wir können uns im Ausschuß über meine Äußerungen nochmals unterhalten. ({0}) Junge Menschen, meine Damen und Herren, rufen nach einem Leben in friedlicher Zukunft. Die Friedensbekundungen in der Bundesrepublik und die Diskussion in den Kirchengemeinden der DDR um den Friedensdienst sind ein weiteres deutsches Bindeglied. Deshalb ist auch der deutsch-deutsche Meinungsaustausch über Rüstungskontrolle und Abrüstung fortzusetzen, gerade um der Entspannungspolitik willen. An dieser Stelle möchte ich uns auch etwas zurufen, was der DDR-Dichter Becher 1952 schrieb, das heute aktueller denn je ist - ich zitiere -: Brüder in Ost und West, widersteht den Gewalten! Haltet, um standzuhalten, Deutschland im Herzen fest! Wir tun dies. Die Bundesregierung hat ihrerseits auf die Regierungen der USA und der Sowjetunion hingewirkt, daß beide Staaten endlich die Gespräche über Rüstungskontrolle und Abrüstung aufnehmen. Dafür gilt mein und, wie ich finde, unser aller Dank Bundeskanzler Schmidt und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. ({1}) An dieser Stelle rufe ich der Regierung der DDR zu, sie möge für ein Deutschland von morgen Entsprechendes tun. Der französische Schriftsteller Rovan, der sich im „Deutschlandarchiv" auch mit der deutschen Zukunft beschäftigt, bettet die Lösung der deutschen Frage in eine „Wiedervereinigung" der beiden Teile Europas. Auch für ihn ist diese Frage nur in der Annäherung beider Teile Europas friedlich lösbar. Deshalb möchte ich mit einem Wort, das HansDietrich Genscher im September vor der UNO-Generalversammlung gebrauchte, schließen: Der Wille der Völker ist nicht auf Erhaltung oder gar Vertiefung des Trennenden gerichtet, sondern auf seine Überwindung. Dies, meine Damen und Herren, muß immer unser Ziel bleiben. Meine Damen und Herren von der Opposition, helfen auch Sie dabei mit! ({2})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Werner.

Herbert Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002484, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin Fromm, bei allem Wohlwollen: Das, was Sie gerade eben ausgeführt haben, hätten Sie vielleicht in dem einen oder anderen vergangenen Jahr - und dann auch nicht zu Recht -, so sagen oder ausdrücken können. Aber jetzt muß ich doch feststellen, daß Sie so nur sprechen können, wenn Sie nicht dem zugehört haben, was unsere Redner hier heute gesagt haben, ({0}) und wenn Sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß auch wir sehr wohl die Realitäten sehen, von denen wir auszugehen haben, die wir aber verändern wollen. ({1}) Frau Kollegin, wir sehen dabei auch sehr wohl die abgeschlossenen Verträge, wenn sie richtig ausgefüllt werden - so wie dieses Haus es wiederholt diskutiert und beschlossen hat -, ({2}) als eine Möglichkeit für die Veränderung und Verbesserung der Realitäten an. Ich möchte nun eigentlich nur einige Worte zu dem Bereich ausführen, den die Bundesregierung in der Antwort nur nebenbei angetippt hat, nämlich zur Frage, wie wach das Deutschland- und Nationalbewußtsein sei und wie wir dieses Bewußtsein im Inland und im Ausland fördern könnten. Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 1973 dazu gesagt: Kein Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland darf die Wiederherstellung der staatlichen Einheit als politisches Ziel aufgeben. Alle Verfassungsorgane sind verpflichtet, in ihrer Politik auf die Erreichung dieses Ziels hinzuwirken - das schließt die Forderung ein, den Wiedervereinigungsanspruch im Innern wachzuhalten und nach außen beharrlich zu vertreten - und alles zu unterlassen, was die Wiedervereinigung vereiteln würde. Meine Damen und Herren, das heißt im Klartext, daß jede Bundesregierung im Inland wie im Ausland unentwegt versuchen muß, die Vielschichtigkeit und die weltpolitische Relevanz der deutschen Frage darzulegen und unentwegt für das- Selbstbestimmungsrecht auch der Deutschen und für den Willen der Deutschen nach nationaler Einheit zu werben. Lassen Sie mich in aller Sachlichkeit feststellen: Seit dem Deutschlandvertrag bis hin zu den jüngsten Verlautbarungen auf den NATO-Konferenzen und den EG-Konferenzen ist es den Bundesregierungen gelungen, die Regierungen unserer Verbündeten hier immer wieder zu einer positiven Aussage zu bewegen. Doch möchte ich anmerken, daß es eben leider nicht genügt, die verantwortlichen Regierungen zu einer Bejahung dieser Ziele zu bewegen. Das Entscheidende ist doch, ob es uns gelingt, den Bevölkerungen jener Länder unser Streben und unser Wollen klarzumachen. ({3}) Es ist j a im Ausland leider allzuoft so, daß die Teilung Deutschlands als Normalfall, als Regelfall, angesehen wird. Hier möchte ich einfach auch die Frage in den Raum stellen - das sollten wir Deutsche uns schon fragen, Herr Diederich -, inwieweit vielleicht auch die deutsche Politik in den vergangenen zehn Jahren dazu beigetragen hat, daß man im Ausland zu der Auffassung gelangen kann, die querelles allemandes seien unangebracht, es sei am besten, man spreche nicht darüber, man gehe darüber hinweg, ({4}) und tue so, als gebe es dieses Ausbleiben an Gerechtigkeit, diese Vorenthaltung des Selbstbestimmungsrechts, auch für uns und unsere Landsleute, eben nicht. ({5}) Deswegen, Herr Bundesaußenminister, sind wir der Auffassung, daß es erforderlich ist, sich im Ausland, vor allen Dingen auch vor den Vereinten Nationen, unentwegt dafür einzusetzen, daß diese Rechtsvorstellungen auch für die Deutschen angewandt werden können und daß diese Rechte auch in Deutschland zur Geltung kommen. Denn es zeichnet sich ja immer deutlicher ab, daß wir angesichts des Wettkampfs der Gesellschaftssysteme gerade mit unserem wohlbegründeten und gesunden Selbstbewußtsein in diesen Streit sehr wohl eintreten und uns auch auf der internationalen Bühne mit der DDR in aller Sachlichkeit auseinandersetzen können. Ich möchte aber gleichfalls noch ein Wort im Hinblick auf die innere Situation sagen. Man spricht davon, Begriffe wie „Deutschland" und „Nationalbewußtsein" seien im Schwinden; sie seien nicht vorhanden, sagen die Pessimisten. Es besteht in der Tat eine Gefahr, daß wir uns auseinanderleben. Ich meine, hier gibt es eine Führungsfunktion der Bundesregierung auch im Hinblick auf die Kompetenz der Länder, diesen immer wieder klarzumachen, daß sie sich - jetzt ganz konkret gesprochen - an getroffene Vereinbarungen zu halten haben. Wenn wir das Nationalbewußtsein wachhalten und den Willen zur Einheit fördern wollen, dann müssen wir auch den Mut aufbringen, unseren Ländern zu sagen - ich denke hier vor allen Dingen an die SPD-regierten, Herr Minister -, daß auch sie die einstimmig verabschiedeten Vereinbarungen etwa zur Darstellung Deutschlands in den Schulbüchern und kartographischen Werken, aber auch zur Behandlung der deutschen Frage im Unterricht einzuhalten haben und möglichst rasch in die Praxis umsetzen sollten. ({6}) Dies ist Ihre Aufgabe, die Sie zu erfüllen haben. Darüber hinaus stellen wir fest, daß der Deutschland-Begriff bereits leider allzu oft auf die Bundesrepublik Deutschland reduziert wird, ein Vorgang, dem wir uns alle energisch entgegenstemmen sollten. Wir sollten unser Bemühen darauf richten, Herr Minister, alles zu unternehmen, daß unsere jungen Mitbürger, von denen bereits die Hälfte der bis zu Vierundzwanzigjährigen die DDR als Ausland ansieht, und unsere Bürger in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt jede Möglichkeit wahrnehmen und nutzen können, mit den Bewohnern und Bürgern der DDR in Kontakt zu treten. Deswegen, sehr geehrter Herr Minister, finde ich es schade, daß hinsichtlich der Reisen an die Zonengrenze und der Reisen nach Berlin, und damit auch der Möglichkeit des Hinübergehens in die DDR und nach Ost-Berlin, der Rotstift in Ihrem Hause ohne großen Widerstand Erfolg haben konnte. ({7})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege, die Redezeit, die Ihre Fraktion für Sie angemeldet hat, ist leider abgelaufen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zum Ende kommen würden.

Herbert Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002484, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich danke für den Hinweis. - Meine Damen und Herren, wir, die CDU/CSU, bieten in diesen Fragen die Kooperation an. Dieses Angebot zur Zusammenarbeit, verehrter Herr Kollege Büchler, kann sinnvollerweise natürlich nur so verstanden werden, daß wir uns beiderseits bemühen müssen, nicht nur in diesem Hause, sondern auch draußen aufeinander zuzugehen - im Interesse des geteilten Deutschland. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Steiner.

Heinz Alfred Steiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002235, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich zu Beginn der Legislaturperiode darum gebeten wurde, im Innerdeutschen Ausschuß mitzuarbeiten, habe ich mich als Neuling dieses Hauses nicht nur mit der Thematik und Problematik der Deutschlandpolitik vertraut gemacht, sondern auch, soweit das möglich war, mit dem bisher im Innerdeutschen Ausschuß und besonders hier im Plenum in den letzten Jahren dazu Gesagten. Nach Durchsicht der für mich greifbaren Unterlagen bin ich zu folgendem Ergebnis gekommen: Die Aktivitäten der Opposition in der Deutschlandpolitik, in diesem für unser Volk so wichtigen Bereich politischer Arbeit, beschränkte sich in der zurückliegenden Zeit im wesentlichen auf polemisch-kritische Bemerkungen zur Koalitionspolitik, auf Anträge, Kleine und Große Anfragen, die in regelmäßigen Abständen mit beinahe deckungsgleichem Inhalt nach demselben Strickmuster auf den Weg gebracht wurden, ({0}) oder auf scharfe, bisweilen sogar gehässige Angriffe gegen die Bundesregierung anläßlich der Debatten über die gegebenen Berichte zur Lage der Nation. ({1}) - Ich komme noch darauf zurück. Das, so habe ich als Neuling im Bundestag es an Hand von Protokollen feststellen müssen, war in den letzten Jahren der Beitrag der Opposition zur Deutschlandpolitik. ({2}) Wenn man eine neue Aufgabe übernimmt, Herr Kollege Hupka, dann macht man für sich natürlich auch eine Bestandsaufnahme. Ich habe das getan. Das Ergebnis habe ich gerade vorgetragen. ({3}) Ich war deshalb erfreut, zu hören, daß Ihr deutschlandpolitischer Sprecher - im „Bayernkurier" wird er als „sogenannter deutschlandpolitischer Sprecher" bezeichnet; deshalb bin ich auch nicht so ganz sicher, Herr Kollege Lorenz, ob Sie heute legitimiert waren, für beide Oppositionsparteien zu sprechen ({4}) in den letzten Tagen im Innerdeutschen Ausschuß eine neue, konstruktivere Mitarbeit und eine andere Gangart der Oppositionsfraktion signalisierte. ({5}) Ich habe dieses Signal des Kollegen Lorenz zwar mit der gebotenen Skepsis, aber doch positiv aufgenommen. Nachdem ich den Verlauf der heutigen Debatte verfolgt habe, muß ich sagen: Es sind hoffnungsvolle Ansätze bei Ihnen vorhanden gewesen. ({6}) Es kommt jetzt darauf an, daß Sie selbst daraus etwas machen. Auf der anderen Seite habe ich aber auch feststellen müssen, daß Sie, was die Gangart anlangt, in vielen Bereichen das beibehalten haben, was wir bereits von Ihnen kennen. ({7}) Herr Kollege Lintner, noch ein Wort zu dem, was Sie gesagt haben: Sie haben es trotz aller Mühe, die Sie sich auch heute wieder gegeben haben, nicht erreicht, die Erfolge, die die sozialliberale Koalition bisher in Sachen Deutschlandpolitik erzielt hat, hier zu zerreden. Das Zwischenergebnis, das wir vorweisen können, kann sich wirklich sehen lassen. Ich sage bewußt „Zwischenergebnis", weil auch ich der Meinung bin, daß wir noch lange nicht am Ziel sind. Insofern stimmen wir mit Ihnen überein. Nur sind die erreichten Verbesserungen auch in den Bereichen, die Sie hier angesprochen haben, doch so deutlich, daß Sie es auch mit Ihrer Kritik nicht erreichen, diese Ergebnisse zu negieren. ({8}) Ich möchte hier auf einige Beispiele eingehen. Ich tue das nicht, weil ich hier eine Selbstbeweihräucherung vornehmen möchte, sondern weil ich deutlich machen möchte - und das zum wiederholten Male -, daß der Weg, den wir bisher in der Deutschlandpolitik gegangen sind, so verkehrt, wie Sie ihn immer hinstellen, gar nicht gewesen sein kann. Ich will auch deutlich machen, daß wir beim Befahren dieses sicherlich nicht leichten Weges nicht den Rückwärtsgang drin hatten. Sie haben hier auch von dem Rückgang der Zahl der Begegnungen im innerdeutschen Bereich gesprochen. Sie haben darauf hingewiesen, daß durch die Erhöhung der Zwangsumtauschsätze ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen ist. Das haben wir erwartet. Das war auch in den Jahren 1973/74 schon der Fall. ({9}) Wir haben auch deutlich gemacht, daß wir nicht bereit sind, das so ohne weiteres hinzunehmen, Herr Kollege Jäger, sondern - wie wir bei allen sich bietenden Gelegenheiten gesagt haben - immer wieder klarmachen werden, daß hier etwas zurückgenommen werden muß, ({10}) was das Verhältnis der beiden deutschen Staaten doch erheblich belastet. ({11}) Wenn Sie die Gesamtzahl der Besuchsreisen betrachten - Sie haben j a nur eine Zahl genannt, und zwar jene, die die mehrtägigen Reisen in die DDR erfaßt; man darf sich nicht immer bloß die Rosinen aus dem Kuchen picken -, stellen Sie fest, daß wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch mehr Besuchsreisen zu verzeichnen haben als in den besten Zeiten Ihrer Regierungsära. Diese Feststellung gilt nicht nur hinsichtlich der Besuchsreisen, wie Sie gemeint haben, sondern auch hinsichtlich anderer Bereiche. Dazu ein weiteres Beispiel. Gegenüber dem Jahr 1971 hat sich der Transitverkehr - das ist j a auch für Sie als Berliner, Herr Kollege Lorenz, sehr wichtig - von und nach Berlin ({12}) verdoppelt. ({13}) - Aber doch nicht brutaler geworden, weil wir das verursacht haben. ({14}) Das ist doch wieder eine der typischen Unterstellungen, die Sie in Form von Zwischenrufen machen. ({15}) -- Realität ist, daß wir Erfolge erzielt haben. Ich bin darauf gerade im einzelnen eingegangen. Die Transitwege sind sicherer geworden. Noch am letzten Sonntag bin ich mit dem Bus von Berlin ({16}) hierhier gefahren. ({17}) Im Vergleich zu dem, was zu Ihrer Regierungszeit in diesem Bereich zu verzeichnen war, ist die Situation heute wesentlich besser. Auch das sind Dinge, die Sie nicht einfach wegdiskutieren können. ({18}) Sie haben vorhin darauf hingewiesen, daß die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Kommunikation zurückgegangen sei. ({19}) Dazu ein weiteres Beispiel: Auch auf dem Gebiet des Telefonverkehrs bzw. im telekommunikativen Bereich haben wir seit Übernahme der Regierungsverantwortung Erhebliches zustande gebracht, was zu Ihrer Zeit nicht möglich war. ({20}) - Ich zähle diese Beispiele nicht deshalb auf - ich habe das schon gesagt -, um eine Selbstbeweihräucherung vorzunehmen, sondern um das zu widerlegen, was Sie uns immer wieder zu unterstellen versuchen, daß wir nämlich nichts erreicht hätten. ({21}) Herr Kollege Lorenz, zu dem, was Sie am 21. Juli 1981 im „Union Dienst" geschrieben haben - wir seien bei den innerdeutschen Beziehungen auf einem Tiefpunkt angelangt, es bewege sich nichts mehr -, muß ich Ihnen folgendes sagen. Seit der Errichtung der Ständigen Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, 1974, ist der innerdeutsche Dialog nie mehr abgebrochen, auch nicht in schwierigen Zeiten. Wir wissen, daß wir es mit einem schwierigen Verhandlungspartner zu tun haben. ({22}) Die Gespräche, die zur Zeit geführt werden, dienen ja dazu, Bewegung in den Dialog zu bringen. Meinen Sie nur nicht, Sie hätten mit dem Katalog, den Sie aufgestellt und veröffentlicht haben, das Gelbe vom Ei entdeckt. Das sind doch Dinge, die auch uns bekannt sind, die wir bereits aufgegriffen haben und die wir in dem Rahmen, der uns gegeben ist, weiterzuverfolgen bereit sind. ({23}) Ich meine, es wird deutlich, daß es immer noch weitergeht, wenn auch ganz langsam. Es hat Rückschläge gegeben. Ein Rückschlag ist die Erhöhung der Zwangsumtauschsätze. Wir sind nicht sicher, ob es nicht noch mal Rückschläge geben wird. Wenn es aber wieder einmal einen Rückschlag geben sollte - was uns hoffentlich erspart bleibt -, wird uns das trotzdem nicht mutlos machen, sondern wir werden dann unsere Arbeit noch geduldiger und noch beharrlicher fortsetzen. ({24}) Man kann in diesem Bereich der politischen Arbeit nichts mit der Brechstange bewirken. Sie tun immer so, als ob es nur in unserer Hand läge, der DDR Anweisung zu geben, was sie gefälligst anders zu machen habe. Sie versuchen immer, den Eindruck zu erwecken, als könnte man, sagen wir mal, die DDR mit Kraftmeierei zum Zittern bringen. Wenn man so vorgehen wollte, wie Sie es wünschen, dann wären die Leidtragenden aber die Menschen, die drüben darauf warten, daß wir mehr Kommunikation zustande bringen. Wir müssen bei all unseren Überlegungen und Aktivitäten davon ausgehen, daß sich die beiden deutschen Staaten in ihren Beziehungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung gegenüberstehen. Das ist so, ob das Ihnen und uns paßt oder nicht. Verbesserungen werden deshalb immer nur dann zu erzielen sein, wenn auf jeder der beiden Seiten spezifische Interessenlagen nicht verletzt werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Steiner, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß die Redezeit, die Ihre Fraktion für Sie angemeldet hat, lange überschritten ist.

Heinz Alfred Steiner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002235, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich komme zum Schluß. - Der Weg, den wir gehen und den wir weitergehen, ist nicht leicht; aber es ist für uns und für mich zur Zeit der einzige gangbare Weg. Er ist dornenreich, aber wir werden ihn gehen. Sollten Sie bereit sein - und Sie haben es heute anklingen lassen -, ein Stück des Weges mit uns zu gehen, dann werden wir Sie nicht als Trittbrettfahrer bezeichnen. Ich jedenfalls werde es nicht tun. Sie tun damit auch der sozialliberalen Koalition keinen Gefallen. Aber wenn Sie es tun sollten, dann leisten Sie einen Dienst für das gesamte deutsche Volk. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sauer.

Helmut Sauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001921, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU/CSUFraktion hatte die Bundesregierung um Auskunft gebeten, was sie unter Deutschland versteht. Mit ihrer Antwort hat die Bundesregierung bestätigt - was in der heutigen Debatte leider nicht beachtet worden ist -, daß Deutschland doch mehr ist als die Bundesrepublik Deutschland und die DDR. ({0}) Auf Grund der vorliegenden Antwort auf die Frage 15 möchte ich folgende Gemeinsamkeit unterstreichen und die Feststellungen der Regierung begrüßen: Erstens, die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands ist bis zu einer frei vereinbarten friedensvertraglichen Regelung für ganz Deutschland aufgeschoben, zweitens, die Rechte und die Verantwortung der Vier Mächte in bezug auf Deutschland als Ganzes bestehen fort, drittens, die deutsche Frage ist offen. Die Bundesregierung hat also in der Antwort auf unsere Frage 15 dankenswerterweise klargestellt: auch die Gebiete östlich von Oder und Neiße sind aus der rechtlichen Zugehörigkeit zu Deutschland nicht entlassen und nicht endgültig einer fremden Souveränität unterstellt. Sie hat in dieser Antwort ferner bekräftigt, daß Deutschland in seinen rechtmäßigen Grenzen von 1937 fortbesteht, auch nach Abschluß des Warschauer Vertrages und des Moskauer Vertrages, die keine Grenzverträge, sondern lediglich Gewaltverzichtsverträge sind. Darum bitte ich namens der Fraktion der CDU/CSU die Bundesregierung, dieses von ihr staats- und völkerrechtlich korrekte Deutschlandbild auch in ihren Broschüren, Prospekten und Kartenwerken so darzustellen. ({1}) Nach dieser Antwort der Bundesregierung bitte ich auch die SPD-Fraktion zu klären, ob die Feststellungen ihrer Mandatsträger aufrechterhalten werden, die auf den Deutsch-Polnischen Foren von ihrem Delegationsleiter Bruno Friedrich getroffen worden sind, erstens, „Es gibt für die Bundesrepublik Deutschland kein Offenhalten der Grenzfrage," ({2}) zweitens, „das, was von Deutschland blieb, ist gespalten in zwei Staaten", und auch, was Willy Brandt sagte: „juristischer Formelkram", oder der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ehmke: „juristisches Schattenreich". ({3}) - Dies sagen Sie, Herr Kollege, nach der Antwort der Bundesregierung?! Die CDU/CSU begrüßt ferner ausdrücklich, daß sich die Bundesregierung zum Verfassungsgebot der nationalen Schutzpflicht für die etwa 1,2 Millionen deutscher Staatsangehöriger in den OderNeiße-Gebieten bekannt hat, zweitens ebenso zur Sorgepflicht für die etwa 3 Millionen Menschen deutscher Volkszugehörigkeit in den Ländern des Ostblocks. ({4}) Aber der Bundesaußenminister hat im März 1976 für die Bundesregierung vor dem Bundesrat erklärt, daß man sich in Polen für die sprachlichen und kulturellen Rechte unserer Landsleute einsetzen möchte. Herr Kollege Hoppe, bei aller Sorge und auch Bewunderung der Situation in Polen müssen wir doch davon ausgehen, daß in Warschau eine kommunistische Regierung ist, die inhuman gegen die eigenen Landsleute, die freiheitsliebenden Polen, ist, aber auch gegen unsere Landsleute. ({5}) - Herr Wehner, wir müssen in diesen Fragen ehrlich und offen sein. ({6}) Darum frage ich im Interesse unserer Landsleute: Was hat sich denn seit 1976 trotz finanzieller Leistungen, die damals durch Zustimmung des CDUMinisterpräsidenten Dr. Albrecht im Bundesrat beschlossen wurden, beim Volksgruppenrecht und bei der Freizügigkeit der Ausreise geändert? Man darf den deutschen Kindern nicht einmal deutsche Vornamen geben. ({7}) - Sie haben doch lange drüben gewohnt, Herr Kollege Stahl. Sie wissen doch selber, was Sie und Ihre Familie damals durchgemacht haben. Es hat sich bis jetzt nichts geändert; ich bin selber viermal in Oberschlesien gewesen. ({8}) Meine Bitte geht dahin: Wir haben hier polnische Verbände: die Zgoda, die Polonia, den Bund der Polen. Sie haben ihre eigenen Vereinshäuser, sie haben ihre Schulen, ihre Zeitungen. Warum kann die Bundesregierung nicht dasselbe für unsere Landsleute zu Hause fordern? ({9}) Sauer ({10}) Diese Dinge sind der Bundesregierung ja bekannt. Aber ich frage mich: Warum steht darüber niemals ein Wort in einer Regierungserklärung, kein Wort im Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland und auch nicht hier in der Antwort auf die Große Anfrage zur umfassenden Bestandsaufnahme in der Deutschlandpolitik? ({11}) Lesen Sie nach, wie es jetzt in Polen ist, was der wegen seiner Deutschfeindlichkeit sicherlich schon berüchtigte Abgeordnete Osmanczyk zur Aussiedlung im „Parlament" gesagt hat oder bei der Polnischen Arbeiterpartei der Delegierte Mroz. Ich meine, wir sollten die Menschenrechtsverletzungen in den Oder-Neiße-Gebieten auch deutlich nennen, und wir sollten Deutschland in allen seinen Teilen bewußt erhalten und bewußt machen. ({12}) Darum bitte ich die Bundesregierung - und damit komme ich zum Schluß, Herr Präsident -, in internationalen Konferenzen und Gesprächen, bei den Vereinten Nationen, in der Europäischen Gemeinschaft, im Europarat verstärkt auf die Einheit Deutschlands hinzuweisen. Für meine Fraktion stelle ich fest: Die ganze deutsche Frage wird erst dann entschieden, wenn das ganze deutsche Volk sein Selbstbestimmungsrecht frei ausüben kann. ({13})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Ich unterbreche die Sitzung. Wir fahren um 14 Uhr mit der Fragestunde fort. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 9/860 Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung der Fragen steht Frau Staatsminister Dr. Hamm-Brücher zur Verfügung. Ich rufe die Frage 49 des Abgeordneten Dr. Hupka auf: Warum wiederholt die Bundesregierung alle Jahre auf der UN-Vollversammlung nur den Brief zur deutschen Einheit, ohne die gleiche Ausführlichkeit dem Recht des deutschen Volkes auf Selbstbestimmung zu widmen wie der „Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts des palästinensischen Volkes" oder der „Selbstbestimmung und Unabhängigkeit" Afghanistans? Bitte, Frau Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege, der Bundesminister des Auswärtigen hat sich in seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen am 23. September mit großer Ausführlichkeit zum Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten geäußert. Bei dieser Gelegenheit hat er wie in den vorangegangenen Jahren unter Verwendung der entscheidenden Passage aus den Briefen zur deutschen Einheit, die anläßlich der Unterzeichnung des Moskauer Vertrages und des Grundlagenvertrages mit der DDR der sowjetischen bzw. DDR-Regierung zugestellt worden sind, erneut bekräftigt, daß es unser Ziel ist und bleibt, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Die politische Zielsetzung der Bundesrepublik Deutschland ist damit vor diesem Weltforum erneut klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Wie Sie wissen, Herr Kollege, haben die Briefe zur deutschen Einheit in den vertraglichen Beziehungen zwischen uns und den sozialistischen Staaten einen festen Platz.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage. Bitte.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wie kommt es aber, daß der Herr Bundesaußenminister bei der Behandlung von Fällen wie Namibia, Kambodscha, Libanon und der Palästinenser ein weit anderes Vokabular benutzt und emotionaler, beteiligter spricht, wie: „unverzichtbares Selbstbestimmungsrecht", „mit Sorge und mit Mitgefühl", oder: Wann kommt endlich die „Unabhängigkeit", für dieses „leidgeprüfte Volk, dem die „Selbstbestimmung und Souveränität" vorenthalten worden ist? Nichts davon findet sich in der Passage über die Teilung Deutschlands.

Not found (Gast)

Herr Kollege Hupka, ich möchte Ihnen doch noch einmal empfehlen, die Rede des Außenministers vor den Vereinten Nationen nachzulesen, weil er sich gerade hier mit besonderer Ausführlichkeit über das Verhältnis der beiden deutschen Staaten ausgelassen hat und das Echo auf seine Rede deutlich gemacht hat, daß diese Darstellung und dieses wiederholte Feststellen unseres Zieles in Europa seinen Eindruck auf die anderen Mitgliedstaaten nicht verfehlt hat.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsministerin, können Sie einen Grund dafür angeben, daß im Zusammenhang mit dem Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser gesagt wird, dieses sei unverzichtbar, daß sich aber der gleiche Ausdruck bezüglich unseres Anspruches auf Selbstbestimmung nicht findet, sondern daß lediglich der Brief zur deutschen Einheit noch einmal modifiziert wiedergegeben wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege, im Brief zur deutschen Einheit wird die Unverzichtbarkeit unseres Wiedervereinigungsanspruches deutlich, wie sie auch in der Präambel zu unserem Grundgesetz niedergelegt ist. Wir werden zu jeder Zeit immer wieder auf dieses unser Selbstbestimmungsrecht hinweisen. Es vergeht keine einzige Gelegenheit, ohne daß das geschieht.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Der Fragesteller der Frage 50, Herr Abgeordneter Dr. Hennig, hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Die Frage 1 des Abgeordneten Schulze ({0}) wird gemäß Ziffer 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Die Frage 2 des Abgeordneten Dr. Hüsch wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär von Schoeler zur Verfügung. Ich rufe die Frage 3 der Frau Abgeordneten Steinhauer auf: Wann gedenkt die Bundesregierung, die Abschlußqualifikationen für die Absolventen der von ihr getragenen Bundesfachschule für öffentliche Verwaltung in Dieburg, insbesondere das Abschlußdiplom und die etwaige Hochschulzugangsberechtigung, zu regeln? Bitte sehr, Herr Staatssekretär. von Schoeler, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Der Entwurf einer Diplomierungsordnung der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung sieht verschiedene Diplomgrade als Abschlußqualifikationen vor. Der Entwurf wird gegenwärtig mit den Kultusministern der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein abgestimmt. Die Schwierigkeit bei dieser Regelung besteht darin, daß für die Fachhochschule des Bundes in der Frage der Verleihung eines Hochschulgrades das Hochschulrecht der einzelnen Länder maßgeblich ist und die Länder die Frage der Diplomierung ihrer Fachhochschulabsolventen unterschiedlich geregelt haben, Hessen von einer Diplomierung sogar ganz absieht. Dies betrifft auch die Frage, ob mit dem Erwerb eines Hochschuldiploms eine Berechtigung zum Zugang zu einer allgemeinen Hochschule eröffnet wird. Der Bund wird in seinen Verhandlungen mit den Ländern für eine Lösung der Fragen eintreten, die denen der Länder nicht nachsteht. Die ersten Absolventen, die eine vollständige Ausbildung durchlaufen haben, verlassen die Fachhochschule des Bundes im September 1982.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? - Bitte.

Waltraud Steinhauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wann ist damit zu rechnen, daß Klarheit für die ersten Absolventen geschaffen wird? Denn die stehen ja unmittelbar vor ihren Prüfungen. Das wird j a nicht erst im September 1982 erfolgen. von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich verstehe die Sorge, die in Ihrer Frage zum Ausdruck kommt. Sie ist auch die Sorge der Bundesregierung. Wie ich in meiner Antwort aber dargestellt habe, können wir ohne die Zustimmung der Länder nicht handeln. Ich nehme Ihre Frage gern zum Anlaß, darauf hinzuweisen, wie notwendig auch uns der Abschluß dieser Beratungen zu sein scheint.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Kühbacher auf: Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt Braunschweig, daß die Geeignetheit des Salzstocks Gorleben zur Zeit weder endgültig bejaht noch verneint werden kann, sondern daß erst nach Einbringung des Schachtes und der entsprechenden Querstollen gesagt werden kann, ob in diesem Salzstock radioaktive Abfälle endgültig gelagert werden können?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung teilt, Herr Kollege, die Auffassung, daß ein endgültiges Urteil über die Eignung des Salzstockes Gorleben erst auf Grund der bergmännischen Erschließung abgegeben werden kann. Es kann aber nach heutigem Kenntnisstand über die allgemeinen geologischen Verhältnisse im norddeutschen Raum und über die bisher bekannten individuellen Eigenschaften des Salzstockes Gorleben erwartet werden, daß seine Eignung für die Endlagerung aus radioaktiven Abfällen durch die fortschreitende Erkundung bestätigt werden kann.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie der Meinung sein, daß die Investitionen zur Abteufung eines Schachtes auch dann nicht umsonst waren, wenn man zwar stark radioaktive Abfälle nicht einlagern kann, dafür aber schwach oder schwächer radioaktive Abfälle? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Kosten werden auf keinen Fall umsonst aufgewendet sein.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn dies möglich ist, würde sich dann eine Einlagerung und damit ein Planfeststellungsverfahren für die jetzige Ablagerung in Asse erübrigen? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wir bewegen uns jetzt in einem sehr spekulativen Raum. Ich glaube, es hat gerade in den Bereichen, in denen die Zuverlässigkeit staatlicher Planung eine entscheidende Rolle spielt, keinen Sinn, den Bereich des Spekulativen zu weit auszudehnen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß bereits heute mit Gewißheit die Eignung des Salzstockes Gorleben zur Endlagerung von schwach- und möglicherweise auch mittelaktiven Abfällen festgestellt werden kann? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, die Erkundungsarbeiten in Gorleben haben Parl. Staatssekretär von Schoeler ein anderes Ziel, nämlich die endgültige Eignung bezüglich der Lagerung hochradioaktiver Abfälle festzustellen. Insofern ist das die entscheidende Frage.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Kühbacher auf: Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß bei den gegenwärtigen Ansammlungen von Abfällen in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleichzeitig Probebohrungen an anderen möglicherweise geeigneten Salzstöcken vorgenommen werden müssen, und hat sie in diesem Zusammenhang mit der niedersächsischen bzw. schleswig-holsteinischen Landesregierung Gespräche über neue Bohrungen an Salzstöcken in diesen Bundesländern geführt, gegebenenfalls mit welchem Ziel?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, die Bundesregierung war von Anfang an der Auffassung, daß zweckmäßigerweise an mehreren Standorten gleichzeitig Eignungsuntersuchungen für ein Endlager für radioaktive Abfälle durchgeführt werden sollten. Sie hat jedoch den politisch begründeten Wunsch der niedersächsischen Landesregierung akzeptiert, zunächst nur am Standort Gorleben Erkundungsbohrungen vorzunehmen. Dies ist auch unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Ansammlung radioaktiver Abfälle sachlich vertretbar auf Grund der positiven Einschätzung der Eignung des Salzstockes Gorleben und auf Grund der Bereitschaft der Landesregierung, zusätzlich für das ehemalige Eisenerzbergwerk „Konrad" in Salzgitter ein Planfeststellungsverfahren für ein Endlager durchzuführen, wenn die entsprechenden, in Vorbereitung befindlichen Eignungsnachweise vorgelegt werden. Hierüber bestand in einer Besprechung zwischen der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung am 11. September 1981 Übereinstimmung. Mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung hat die Bundesregierung keine Gespräche über Standortuntersuchungen aufgenommen, weil nach Auskunft der Fachleute der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe die dortigen Salzvorkommen eine entsprechende Eignung nicht erwarten lassen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kühbacher.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, welche Standorte in Niedersachsen hat die Bundesregierung seinerzeit vorgeschlagen, und hält die Bundesregierung weiterhin an Probebohrungen auch an diesen Salzstöcken fest? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe die Meinung der Bundesregierung zu dieser Frage eben dargestellt. Wir hatten ursprünglich im Jahr 1977 Probebohrungen an drei weiteren Standorten vorgeschlagen. Ich bin gern bereit, Ihnen die Standorte noch einmal im einzelnen mitzuteilen. Wir haben, wie ich gesagt habe, den politisch motivierten Wunsch der niedersächsischen Landesregierung akzeptiert, einen Standort, nämlich den von Gorleben, vorzusehen. Darüber hat es Gespräche gegeben. Selbstverständlich behält sich die Bundesregierung vor, falls es erforderlich sein sollte, auf den Wunsch, auch an anderen Standorten zu bohren, zurückzukommen. Im Augenblick ist das nicht der Fall.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Kühbacher.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß eine Bundesregierung, daß ein Staat fahrlässig handelt, wenn er mehr als zehn Jahre ins Land gehen läßt, um dann festzustellen, daß die von ihm in der jetzigen Situation positiv prognostizierte Eigenschaft eines Salzstocks sich als falsch erwiesen hat, um dann erneut in eine 15jährige Erkundung einzutreten? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege Kühbacher, da kann ich Ihnen nicht zustimmen. Die Meinung, die Sie hier vorgetragen haben, wird auch nicht von der Reaktorsicherheits- und Strahlenkommission geteilt. Im übrigen scheint die Zeitplanung angesichts der Einschätzung des Salzstocks Gorleben, an der sich durch die zwischenzeitlich vorliegenden Erkundungsergebnisse nichts geändert hat, durchaus verantwortbar und sachgerecht zu sein.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Bundesregierung selbst laut § 9 a Abs. 3 des Atomgesetzes den gesetzlichen Auftrag hat, zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle Anlagen einzurichten, und damit verpflichtet ist, gerade auch im Zusammenwirken mit den Ländern die Initiative zu ergreifen und die Verantwortung zu tragen? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, exakt dieses hat die Bundesregierung im Jahre 1977 getan. Allerdings ist das Zusammenwirken mit einem Land erforderlich, da, wie Sie wissen, der Bund kein eigenes Territorium hat und daher immer auf eine Kooperation mit einem Land angewiesen ist. Diese Kooperation ist hier dadurch möglich gewesen, daß der Bund auf den politisch motivierten Vorschlag des Landes Niedersachsen eingegangen ist, an einem Standort Erkundungen vorzunehmen, nämlich in Gorleben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Laufs auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Genehmigungsfähigkeit und Realisierbarkeit der trockenen Zwischenlagerung von Brennelementen in Castor-Behältern auf Kernkraftwerksgeländen?

Not found (Staatssekretär:in)

Für die Kernkraftwerke Stade und Würgassen, Herr Kollege Dr. Laufs, sind Anträge zur Errichtung von Trockenlagern für abgebrannte Brennelemente auf dem Kraftwerksgelände gestellt worden. Die geplante Lagerung steht in räumlichem und funktionalem Zusammenhang mit dem Betrieb der Kernkraft3274 Parl. Staatssekretär von Schoeler werke und unterliegt deshalb als wesentliche Änderung der Anlage bzw. ihres Betriebs einem Genehmigungsverfahren nach § 7 des Atomgesetzes. Gegen die Realisierbarkeit und Genehmigungsfähigkeit der trockenen Zwischenlagerung bestrahlter Brennelemente bestehen nach derzeitigem Erkenntnisstand auf Grund der Stellungnahme der RSK keine grundsätzlichen Bedenken. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 des Atomgesetzes muß jedoch im Einzelfall durch die zuständigen atomrechtlichen Genehmigungsbehörden der Länder geprüft werden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen im einzelnen bekannt, welches der Stand des am 18. Januar 1979 von der Preußischen Elektrizitätsgesellschaft beantragten Genehmigungsverfahrens für den Standort Würgassen ist? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, nach meinen Informationen liegen die Unterlagen dem Bundesinnenministerium noch nicht vor. Sie müssen sich also im Genehmigungsverfahren auf der Landesebene befinden, über dessen Stand ich Ihnen im Augenblick keine exakte Auskunft geben kann. Aber ich bin bereit, das bei der zuständigen Landesbehörde zu erfragen und Ihnen mitzuteilen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung den Verlauf des Genehmigungsverfahrens für den Standort Würgassen, das nun schon annähernd drei Jahre dauert, für angemessen und typisch? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Laufs, ich möchte hier nicht die Dauer eines Genehmigungsverfahrens, das von einer Landesbehörde durchgeführt wird und dessen Einzelheiten mir im Augenblick nicht bekannt sind, kommentieren und bewerten. Es handelt sich hier ganz offensichtlich um eine Kritik an einer Landesregierung, die Sie vortragen, nicht an der Bundesregierung.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Kühbacher.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Sicherheit der in trokkenen Behältern abgelagerten radioaktiven Elemente, und wann müßten diese unter die Erde verbracht werden? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Kühbacher, ich habe auf die Stellungnahme der RSK hingewiesen, in der keine grundsätzlichen Bedenken gegen diese Form der Lagerung geltend gemacht werden. Ich bin gerne bereit, Ihnen die Stellungnahme der RSK zu diesem Problem zuzusenden. Ich kann Ihnen gerne auch noch erläuternde Auskünfte dazu geben. Die Einzelheiten kann ich Ihnen im Augenblick nicht mitteilen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Frage 7 des Abgeordneten Dr. Kübler, Frage 8 des Abgeordneten Dr. Jentsch ({0}) und Frage 9 des Abgeordneten Dr. Miltner werden auf Wunsch des Fragestellers bzw. auf Grund von Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe nunmehr Frage 78 des Abgeordneten Hinsken auf: Gibt es Erkenntnisse, wieviel Prozent der bundesdeutschen Autofahrer sich an die Empfehlung des Bundesinnenministers gehalten haben, am 27. September das Auto zu Hause zu lassen? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Antwort lautet nein.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Hinsken, bitte.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß der geplante autofreie Sonntag im Jahre 1983 wieder mit der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt zusammenfällt, und wenn ja, welche ideologischen Ziele werden mit dieser Terminwahl verfolgt? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Ihrer Kenntnis ist es offensichtlich entgangen, daß es sich bei dem autofreien Sonntag um eine Aktion der Umwelt- und Naturschutzverbände handelt, die in diesem Jahr und im Jahr davor vom Bundesinnenminister unterstützt worden ist. Bezüglich Ihrer Vermutung über ideologische Hintergründe kann ich Ihnen versichern, daß solche der Autofeindlichkeit nicht dahinterstehen, allerdings solche der Umweltfreundlichkeit, wenn Sie das als eine Ideologie bezeichnen wollen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter.

Ernst Hinsken (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000906, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie sagen, daß dieser autofreie Sonntag von verschiedenen Natur- und Umweltschutzverbänden getragen wurde. Meine Frage: Ist bekannt, wer die Organisation „Deutscher Heimatbund" ist, die für diesen autofreien Sonntag Schallplatten herausgegeben hat, und wer diese Schallplatten letztendlich finanziert hat? von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin gerne bereit, soweit ich das feststellen kann, das für Sie zu erkunden. Ich kann Ihnen das im Augenblick nicht sagen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe Frage 79 des Abgeordneten Hinsken auf: Wie hoch war der finanzielle Aufwand, einschließlich der hierzu beschäftigten Beamten, für diesen autofreien Sonntag?

Not found (Staatssekretär:in)

Seitens des Bundesministeriums des Innern wurden zur Unterstützung von Projekten der Verbände insgesamt ca. Parl. Staatssekretär von Schoeler 300 000 DM aufgewendet. Die in den Ländern und Städten eingesetzten Mittel sind nicht bekannt und auch ohne erheblichen Verwaltungsaufwand nicht kurzfristig zu ermitteln. Da es sich um eine Aktion der Verbände handelte, waren Beamte nicht unmittelbar involviert. Die Teilnahme von Angehörigen des öffentlichen Dienstes vom Minister bis zu jedem Mitarbeiter an den zahlreichen Veranstaltungen am autofreien Sonntag war freiwillig.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine Zusatzfrage. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme zur Verfügung. Der Fragesteller der Frage 10, Abgeordneter Dr. Hennig, hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe Frage 11 des Abgeordneten Feile auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß trotz des gegenwärtig hohen Zinsniveaus die Zinsen für Sparguthaben durchschnittlich nur um½ Prozent angestiegen sind, wobei jedoch in Einzelfällen 3 bis 4 Prozent Bonuszinsen an Sparkunden mit über 8 000 DM Sparguthaben gewährt, hingegen die Masse der Kleinsparer - 2/3 aller Kunden haben weniger als 5 000 DM auf dem Sparbuch - ohne solche Bonuszinsen blieb?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Zinsbildung der Kreditinstitute erfolgt auch für den Bereich der Sparzinsen nach den jeweiligen Marktgegebenheiten. Sie wird von der Bundesregierung nicht kontrolliert. Ob die Situation der Kreditinstitute eine höhere Verzinsung der Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist, die im Hinblick auf die Kündigungsfreigrenze von 2 000 DM zu einem Teil liquide gehalten werden müssen, rechtfertigen würde, vermag die Bundesregierung daher nicht endgültig zu beurteilen. Sie weist jedoch auf das Nachfolgende hin: Die Zinsen für Sparguthaben mit gesetzlicher Kündigungsfrist sind seit Anfang 1980 von durchschnittlich 4 % - von einer zwischenzeitlichen Abschwächung abgesehen - auf derzeit durchschnittlich 5% angestiegen. Für Spareinlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist liegen die Zinsen je nach Festlegungsdauer um 1 bis 2 % höher. Es ist richtig, wie in der Frage zum Ausdruck kommt, daß darüber hinaus zahlreiche Kreditinstitute zusätzlich Sondersparformen anbieten, die eine höhere Verzinsung als die normalen Spareinlagen mit gesetzlicher oder vereinbarter Kündigungsfrist bringen. Zu erwähnen sind insbesondere das sogenannte Zuwachssparen oder das Prämiensparen, bei denen für die Einhaltung einer bestimmten Spardauer ein jährlich steigender Zins oder eine Prämie am Ende der Laufzeit gewährt wird. Daneben gibt es die von Ihnen mit Recht angesprochenen Fälle, in denen Kreditinstitute im Weg der Sondervereinbarung mit ihren Sparkunden größere Spareinlagen bonifizieren. Die Praktiken der einzelnen Kreditinstitute sind hier sehr verschieden. Dies gilt besonders hinsichtlich der Betragsgrenzen. Im allgemeinen werden nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen nur größere Beträge ab etwa 5 000 DM bonifiziert. Allerdings bieten die Kreditinstitute zusätzlich allgemein und für jedermann weitere gut verzinsliche Anlagemöglichkeiten in der Form von Sparbriefen oder Obligationen an, die je nach Laufzeit eine Verzinsung von ca. 9 % und mehr haben und wegen ihrer kleinen Stückelung von jedem Sparer erworben werden können. Selbst wenn somit nach der Praxis einzelner Kreditinstitute oder der Kreditinstitute insgesamt für die meisten Sparer die Vereinbarung einer besonderen Bonifikation für ihr Sparguthaben nicht in Betracht kommen kann, stehen doch andere Spar- und Anlagemöglichkeiten offen, mit denen sie eine wesentlich günstigere Rendite als mit dem einfachen Sparbuch erzielen können. Von diesen Möglichkeiten machen die Sparer zunehmend Gebrauch. Dies zeigt der starke Rückgang der Spareinlagen von 27 Milliarden DM in den sieben ersten Monaten dieses Jahres.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter.

Peter Feile (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000525, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, für Überziehungskredite verlangen die Banken derzeit etwa 15% Zinsen. Wie beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Tatsache, daß die Banken gerade unter Arbeitnehmern in besonderer Weise für die Inanspruchnahme von Überziehungskrediten geworben haben und daß die Überziehungskredite in erster Linie über Arbeitnehmer-Girokonten refinanziert werden, insbesondere über Konten, aus deren Mitteln Sparguthaben angesammelt werden, die mit dem niedrigen Zins zu vergüten sind? Meine konkrete Frage: Halten Sie bei einem Guthabenzinssatz von 5% einen Überziehungskreditzinssatz von 15% für berechtigt?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Wie ich soeben sehr ausführlich dargelegt habe, besteht für die Sparer eine ganze Palette von Möglichkeiten, eine wesentlich höhere Rendite als mit dem normalen Sparbuch zu erzielen. Daß davon Gebrauch gemacht wird, habe ich ebenfalls mitgeteilt. Die hohen Zinsen insgesamt, z. B. in der Zwischenfinanzierung zum Ausdruck kommend, sind eine Folge der allgemeinen Hochzinspolitik, die von der Bundesregierung weder beeinflußt noch kontrolliert wird.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte.

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenngleich, wie Sie soeben ausgeführt haben, das Zinsverhalten von der Regierung nicht beeinflußt werden kann, knüpfe ich die Frage an, ob Sie aus der Sicht der Bundesregierung die Tatsache für wünschenswert halten, daß ein großer Teil, nämlich die von Ihnen genannten Kontensparer, einen Zinssatz hat, der weit niedriger als der ist, den man bei anderen Anlageformen bekommt.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich halte es für wünschenswert, daß der Anleger von den Banken über die verschiedenen Anlagemöglichkeiten infor3276 miert wird und dann die beste Anlagemöglichkeit auswählt. Die Information muß von den Banken gegeben werden. Daß dies funktioniert, zeigt der starke Rückgang beim normalen Sparbuchsparen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 12 des Abgeordneten Feile auf: Kann die Bundesregierung die Meldung bestätigen, daß die durch die niedrigen Zinsen für Kleinsparer bei den Banken anfallenden Mehrerträge mit dazu dienen sollen, Verluste der Banken aus milliardenschweren Anleihen mit viel zu niedrigen Zinsen bzw. aus Zuschüssen an Problemkonzerne zu finanzieren?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich führte es schon aus: Die Bundesregierung kontrolliert weder die Zinsgestaltung noch die Verwendung der Zinserträge durch die Kreditinstitute. Deshalb, aber auch wegen der sehr unterschiedlichen Ertragslage und Finanzierungsstruktur der Kreditinstitute kann die Bundesregierung nicht bestätigen, daß mit Hilfe niedriger Zinsen für Spareinlagen Mehrerträge zur Abdeckung von Verlusten aus nicht kongruent refinanzierten Anleihegeschäften oder Zuschüssen an Problemkonzerne erwirtschaftet werden sollen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte.

Peter Feile (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000525, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, nach einer mir vorliegenden Meldung war eine große deutsche Bank offensichtlich bereit, die Zinsen für Sparer - ich spreche immer von den gesetzlichen Sparzinsen - zu erhöhen. Es ist aber zu lesen, daß man darauf verzichtete, um den Kollegen bei der Deutschen Bank und der Commerzbank ähnliche Zinsanhebungen zu ersparen. Wie beurteilen Sie den realistischen oder wirtschaftspolitischen Hintergrund einer solchen Meldung?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Wie ich vorhin schon sagte, kann die Bundesregierung unmöglich das Zinsverhalten im Einzelfall kontrollieren oder beeinflussen. Ich bitte davon absehen zu können, daß ich dies im einzelnen kommentiere.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Spöri.

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß sich der Bankenapparat bei uns in der Bundesrepublik durch die ungünstige zinspolitische Behandlungsweise des normalen Kontensparers selbst eine günstige Finanzierungsmöglichkeit langfristig verschüttet?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Dies kann so sein. Auf der anderen Seite haben die Banken, wie ich vorhin ausführte, eine ganze Reihe von zusätzlichen Möglichkeiten geschaffen, auch im Zusammenhang damit, daß die staatlichen Prämien reduziert worden sind, dies durch spezielle Bankenprämien aufzufangen. Es gibt also eine ganze Palette von Möglichkeiten, wie die Banken versuchen, den Sparer mit zusätzlichen Anreizen zum Sparen zu gewinnen. Ich halte dies für eine gute Entwicklung.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Bindig auf: Hält es die Bundesregierung angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten noch für angemessen, daß der Betrag bei Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist gemäß § 22 des Gesetzes über das Kreditwesen, der ohne Kündigung und Berechnung von Vorschußzinsen zurückgefordert werden kann, seit 1971 unverändert 2 000 DM beträgt, und denkt die Bundesregierung an eine baldige Novellierung dieses Gesetzes mit dem Ziel, den Freibetrag deutlich zu erhöhen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Bundesregierung beabsichtigt, in dieser Legislaturperiode eine Novelle zum Kreditwesengesetz vorzulegen. Dabei wird auch geprüft werden, inwieweit die Vorschriften über den Sparverkehr den veränderten Verhältnissen anzupassen sind. Die endgültige Meinungsbildung wird nach Vorlage des Referentenentwurfs erfolgen. Bei den Überlegungen über die zukünftige Höhe des Freibetrags sind die gestiegenen Einkommen und die veränderten Lebensverhältnisse zu berücksichtigen. Es sollte aber auch im Hinblick auf deren Behandlung bei den Liquiditätsgrundsätzen des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen und den Mindestreservevorschriften der Deutschen Bundesbank der besondere Charakter der Spareinlagen erhalten bleiben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte.

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, meinen Sie mit mir, daß eine solche Novellierung eilt, weil es heutzutage durchaus möglich ist, daß ein Bürger im normalen Alltagsleben bei Wirtschaftsgeschäften Rechnungen zu begleichen hat, die den bisherigen Betrag von 2 000 DM überschreiten, z. B. beim Möbelkauf, beim Autokauf oder beim Kauf einer Reise, und daß er dann, wenn er an sein Spargeld heran will, mit einem Strafzins belegt wird?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich stimme Ihnen zu, daß es nicht nur wegen dieser Frage, sondern auch wegen anderen Fragen, z. B. der Konsolidierung im Bankenbereich, notwendig ist, sich rechtzeitig nicht nur Gedanken zu machen, sondern Entscheidungen über die Novellierung des Kreditwesengesetzes zu treffen. Wie Sie wissen, haben sich Verzögerungen ergeben. Dies hängt zusammen mit dem Ersten Subventionsabbaugesetz. Im Zusammenhang mit diesem Gesetz wurde die Besteuerung der Sparkassen verändert. Dies hat neue Fragen für die Eigenkapitalausstattung der Sparkassen aufgeworfen. Deswegen hat sich insgesamt die Novellierung des Kreditwesengesetzes etwas verzögert.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bindig.

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, halten Sie eine Anhebung des Betrags, der zur Zeit 2 000 DM ausmacht, auf über 3 000 DM entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung der Lebenshaltungskosten für angemessen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich möchte mich jetzt nicht auf einen Betrag festlegen, aber ich stimme Ihnen zu, daß aus heutiger Sicht vieles dafür spricht, den jetzigen Freibetrag von 2 000 DM anzuheben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Gobrecht.

Horst Gobrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000695, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da ja, wie von Ihnen schon genannt, bei der geplanten Novelle zum Kreditwesengesetz die Frage der konsolidierten Bilanzen über das Gentleman's Agreement hinaus und andere Fragen wie die Beteiligung der Banken an Wirtschaftsunternehmen, Aufsichtsratsmandate usw. zu regeln sind, können Sie schon einen Zeitpunkt - einen baldigen, wenn es ginge - für die Vorlage der Novelle zum Kreditwesengesetz nennen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Zunächst geht es um die Vorlage des Referentenentwurfs, der im Moment zwischen den zuständigen Ressorts abgestimmt wird. Ich rechne mit der Vorlage dieses Referentenentwurfs Anfang nächsten Jahres. Der Entwurf geht dann seinen Weg zum Bundeskabinett und wird anschließend dem Bundestag zugeleitet.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Czaja auf: Welche Leistungen des Bundeshaushalts werden 1982 aus Bürgschaftsverpflichtungen im Zusammenhang mit polnischer Kreditaufnahme und aus sonstigen Hilfen für die Volksrepublik Polen zu erbringen sein?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Welche Leistungen im Haushaltsjahr 1982 aus Bürgschaftsverpflichtungen im Zusammenhang mit früheren polnischen Kreditaufnahmen zu erbringen sein werden, hängt davon ab, in welchem Umfang fällig werdende polnische Verbindlichkeiten in eine Umschuldungsvereinbarung Polens mit allen westlichen Hauptgläubigerländern einbezogen werden. Hierzu finden bereits erste Vorgespräche statt, die sich zunächst auf eine Analyse der polnischen Wirtschaftslage konzentrieren. Sollte die Umschuldungsvereinbarung 1982 staatlich verbürgte polnische Verbindlichkeiten im gleichen Umfang wie 1981 einbeziehen, würde dies zu einer Belastung des Bundeshaushalts in Höhe von rund 1 Milliarde DM führen. An sonstigen Hilfen für die Volksrepublik Polen sieht der Entwurf des Bundeshaushalts 1982 einen Leertitel für Darlehen an die Volksrepublik Polen vor. Die Mittel sind für den Erwerb von Produkten wie Nahrungsmitteln, Halbwaren und Investitionsgüter in der Bundesrepublik Deutschland bestimmt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist eine Aussage über die Höhe der Inanspruchnahme noch nicht möglich.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wann werden Sie darüber Auskunft geben können - inzwischen ist j a ein Bankenabkommen über die Stundung von Kredittilgung und -zinsen geschlossen worden -, ob die 1 Milliarde DM, die Sie jetzt im Zusammenhang mit dem Haushalt 1982 genannt haben, ausreicht oder ob es noch höher wird?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, ich habe nicht gesagt, daß dieser Betrag im Haushaltsjahr 1982 erreicht wird, weil dies von den multinationalen Verhandlungen zwischen den westlichen Hauptgläubigerländern und Polen abhängt. Diese Verhandlungen sind erst im Anfangsstadium.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine zweite Zusatzfrage bezieht sich auf die Summen aus dem Leertitel für Lebensmittelhilfen. Wann wird hier überschaubar sein, welche Summen beansprucht werden?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Auch dies hängt mit den gesamten Verhandlungen über die Umschuldungsaktion für 1982 zusammen. Erst nach diesen Verhandlungen wird man über diese Frage endgültig entscheiden können. Ich denke aber, Herr Kollege, daß hier sehr deutlich gesagt werden muß, daß sich die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht dagegen sperren sollte, auch 1982 Polen mit Lebensmitteln zu helfen. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bei der grundsätzlichen Zustimmung, Polen auch mit Lebensmitteln zu helfen: Ist die Nachricht richtig, daß hier an einen Kredit in Höhe von 200 Millionen DM für Lebensmittel gedacht sei und daß dieser von der Bundesregierung verbürgt sein müßte?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Dies ist im Moment noch nicht konkret zu bestimmen. Wie ich Ihnen sagte, sind die Diskussionen erst am Anfang. Dies betrifft den gesamten Komplex Umschuldung plus möglicher Ausfüllung dieses Leertitels.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten von der Heydt. von der Heydt Freiherr von Massenbach ({0}): Herr Staatssekretär, können Sie angeben, wie hoch die polnischen Schulden sind, die im Jahre 1982 westlichen Gläubigerländern gegenüber fällig werden?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich kann für 1982 die genauen Beträge nicht nennen, aber ich kann die Beträge nennen, die der Umschuldungsaktion im April 1981 in Paris zugrunde gelegen haben. Danach betrug die Gesamtverschuldung Polens - das war Anfang 1981 - rund 23 Milliarden US-Dollar.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Spöri.

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die Frage der Bürgschafts3278 verpflichtung, die hier angesprochen worden ist, nicht nur unter dem Gesichtspunkt der haushaltsmäßigen Auswirkungen betrachtet werden kann, sondern vor allen Dingen unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden muß, daß damit ein wichtiger, gleichwohl bescheidener Beitrag zur Stabilisierung des Liberalisierungsprozesses in Polen geleistet wird und daß dies wünschenswert ist?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich danke Ihnen für diese Frage, die deutlich macht, daß hier auch eine eindeutige politische Bewertung am Platze ist.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Bitte, eine weitere Zusatzfrage.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wieviel von den Verbindlichkeiten Polens entfällt auf die Bundesrepublik Deutschland, und wieviel davon ist von Hermes verbürgt?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, Sie sprechen damit das verbürgte Gesamtobligo des Bundes für Polen an. Ich bitte um Verständnis, daß es nicht üblich ist, von Land zu Land derartige Gesamtobligos öffentlich zu machen. Selbstverständlich wird der Haushaltsausschuß informiert. Dies ist zuletzt beim Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages mit einer Vorlage „VS - Nur für den Dienstgebrauch" am 1. September 1981, also vor wenigen Wochen, geschehen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Rapp.

Heinz Rapp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001774, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würde die Bundesregierung einen Antrag Polens auf Beitritt zum Internationalen Währungsfonds unterstützen, falls ein solcher Antrag gestellt würde?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich kann mich hier nicht auf eine Entscheidung des Kabinetts stützen, aber ich würde dies begrüßen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Der Fragesteller der Frage 15, Abgeordneter Linsmeier, hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe Frage 16 des Abgeordneten Dr. Jenninger auf: Welche Bedeutung hat die Aussage von Bundeskanzler Schmidt am 24. September 1981 vor Arbeitnehmern eines ostbayerischen Betriebs: „Was die Kilometerpauschale angeht: Ich sehe mit Interesse einer Gesetzgebungsinitiative der bayerischen Staatsregierung im Bundesrat entgegen. Das meine ich ernst."?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, nach den mir vorliegenden stenographischen Mitschriften hat sich der Bundeskanzler in einer Betriebsversammlung in Weiherhammer am 24. September dieses Jahres u. a. wie folgt geäußert - ich zitiere -: ..., ich kann niemandem eine Hoffnung machen, die Kilometerpauschale zu verbessern. - Und ferner -: Tut mir leid, aber ich bin nicht hergekommen, um Süßholz zu raspeln. Hier muß ich eine bedauernde Antwort geben. Es tut mir leid. Und in Windischeschenbach, ebenfalls in der Oberpfalz, hat der Bundeskanzler dann unmittelbar darauf in einer anderen Veranstaltung zusätzlich erklärt: Was die Kilometerpauschale angeht ..., so habe ich das heute morgen schon zweimal gehört. Ich sehe mit Interesse einer Gesetzgebungsinitiative der bayerischen Staatsregierung im Bundesrat entgegen. Allgemeine Redensarten auf diesem Felde habe ich viele gehört, aber wenn das die Meinung der bayerischen Staatsregierung ist, soll sie einen Gesetzentwurf im Bundesrat vorlegen. Das meine ich ernst. So kann es nämlich nicht sein, daß man hier scheinbar populäre Forderungen stellt, sich aber dort, wo sie verantwortet werden sollen, zurückhält.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jenninger.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Nein, ich bin noch nicht zu Ende. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Verzeihung, Herr Staatssekretär.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Zitate sprechen für sich. ({0}) - Ich darf in meiner Antwort fortfahren. Aus diesen Zitaten ergibt sich klar, daß die Äußerung des Herrn Bundeskanzlers weder als Versprechen noch als Ankündigung eines entsprechenden Vorschlags der Bundesregierung zu werten ist. Die Bundesregierung hat - wie auch in dieser Fragestunde ausgeführt - mehrfach dargelegt, daß sie eine allgemeine Erhöhung der Kilometerpauschale zum Ausgleich der gestiegenen Benzinpreise schon aus haushaltspolitischen Gesichtspunkten nicht befürworten kann. Eine Anhebung der Kilometerpauschale auf 50 Pfennig würde ein Steuerausfall von 1,2 Milliarden DM ausmachen. Dieser Steuerausfall ist zur Zeit fiskalisch nicht verkraftbar. Die Bundesregierung hat aber andererseits darauf hingewiesen, daß im Falle einer Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer die besonderen Probleme der Pendler berücksichtigt werden sollen. Dementsprechend hat der Bundesfinanzminister den Finanzministern und den Finanzsenatoren der Länder bereits im Juli dieses Jahres eine Lösungsskizze zur Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer übersandt. Sie soll auf der Finanzministerkonferenz am 16. Oktober dieses Jahres - also in wenigen Tagen - erörtert werden. Diese Erörterung soll Aufschluß darüber geben, ob die Mehrheit der Länder von der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Umlegung sowie einer Lösung der Finanzausgleichsprobleme zwischen Bund und Ländern überzeugt werden kann. Bekanntlich ist die Kfz-Steuer eine reine Ländersteuer, während die Mineralölsteuer eine reine Bundessteuer ist. Bei einer Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer sind daher die Finanzausgleichsprobleme zwischen dem Bund und den Ländern vorzubesprechen. Dies gilt besonders bei der jetzigen Haushaltslage von Bund, Ländern und Gemeinden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jenninger.

Dr. Philipp Jenninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001025, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß das von Ihnen bestätigte Zitat des Herrn Bundeskanzlers, daß er das „ernst meine", so auszulegen ist, daß er damit nicht die Sache als solche - nämlich die Kilometerpauschale - meinte, sondern eine Aktivität der bayerischen Staatsregierung in dieser Angelegenheit?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Nein, er hat klar zum Ausdruck gebracht, daß eine allgemeine Anhebung der Kilometerpauschale nicht möglich ist, weil sie fiskalisch nicht verkraftbar ist, und er hat weiter darauf hingewiesen, daß entsprechende Vorstöße auch des Bundesrats nicht vorliegen. Er hat anheimgestellt, daß die bayerische Staatsregierung - wenn sie des Sinnes ist, eine solche Anhebung der kmPauschale vorzuschlagen - die Möglichkeit hat, dies über den Bundesrat zu tun. Dies ist bisher nicht geschehen, wie Sie genau wissen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Philipp Jenninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001025, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie - wenn das so ist, daß der Herr Bundeskanzler dies alles nicht ernst gemeint hat - dafür sorgen, daß die Presseberichte, die über die Aussagen des Herrn Bundeskanzlers in dieser Region erschienen sind, entsprechend korrigiert werden? ({0})

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, wir haben die Möglichkeit, im Bundestag - und dies geschieht in dieser Fragestunde - entsprechende Ausführungen zu machen und Interpretationen zu geben. Dies ist ausführlich geschehen, wie Sie an meiner Antwort vorhin feststellen konnten. Was die Presse daraus macht, entzieht sich den Beeinflussungsmöglichkeiten der Bundesregierung. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, muß man nicht, wenn der Herr Bundeskanzler im Land draußen erklärt: „Ich sehe mit Interesse einer Gesetzesinitiative im Bundesrat entgegen" - zur Anhebung der Kilometer-Pauschale - und dann noch hinzufügt: „Ich meine es ernst", daraus und vor allem aus den Presseberichten folgern, daß der Bundeskanzler das wirklich ernst nimmt, und muß man weiter daraus folgern, daß der Bundeskanzler in Bonn anders redet als draußen im Lande?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, ich muß das mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Nach den wörtlichen Zitaten aus den stenographischen Mitschriften hat der Bundeskanzler ausdrücklich gesagt, es sei nicht möglich, eine allgemeine Anhebung der Kilometer-Pauschale zu machen, es tue ihm leid, und er wäre nicht dort hingekommen, um Süßholz zu raspeln. Dies macht wohl deutlich, daß der Bundeskanzler hier eine eindeutige und klare Position bezogen hat. Im übrigen muß ich darauf hinweisen, daß der Hinweis des Bundeskanzlers richtig ist. Die CDU/ CSU hat damals in der Regierungsmitverantwortung - 1967 - die Kilometer-Pauschale von 50 Pfennig auf 36 Pfennig herabgesetzt - in der Großen Koalition. ({0}) Es ist völlig richtig, daß bisher keine entsprechenden Gesetzesvorschläge der Bundesregierung für eine Anhebung der Kilometer-Pauschale vorliegen. Es ist aber genauso richtig, daß in diesen letzten zwölf Jahren kein einziger Gesetzentwurf der Opposition in diesem Bundestag oder auch aus dem Bundesrat gekommen ist, der eine Anhebung der Kilometer-Pauschale zum Gegenstand hatte. Dies gehört auch zu der Geschichte dieser Kilometer-Pauschale.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gobrecht.

Horst Gobrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000695, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, warum hat, wenn es der bayerischen Staatsregierung damit so ernst wäre, wie es dem Herrn Bundeskanzler hier indirekt falsch unterstellt wird, das Bundesland Bayern wie andere Bundesländer dazu beigetragen, die Diskussion über die Frage der Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer - in diese große Lösung gehört dieser Punkt - in der letzten Sitzung der Länderfinanzministerkonferenz zu vertagen? Würden Sie mir darin zustimmen, daß es hilfreich wäre, wenn die Länder alsbald darüber befänden, was sie von den sehr konkreten Vorschlägen der Bundesregierung halten, damit keine isolierte Lösung vorweggezogen werden müßte, die wieder zu mehr Gesetzen führte, was von allen beklagt wird?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich glaube, daß hier kein Vorwurf in irgendeiner Weise zu machen oder gar Kritik zu üben ist. Den Bundesländern ist die Lösungsskizze im Juni zugeleitet worden. Wenn jetzt am 16. Oktober im Kreis der Finanzminister darüber befunden werden soll, ist dies sicher ein Zeitplan, der völlig in Ordnung geht. Ich hoffe, daß wir Aufschluß bekommen, wie die Länder über diese Maßnahme insgesamt denken, und wir dann weitere Schritte unternehmen können.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büchler.

Hans Büchler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000294, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, habe ich richtig verstanden, daß Sie gesagt haben, eine allge3280 Büchler ({0}) meine - wobei die Betonung auf „allgemeine" lag - Erhöhung der Kilometer-Pauschale komme zur Zeit nicht in Frage?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Sie haben richtig verstanden, daß die Betonung auf „allgemeine Erhöhung der Kilometer-Pauschale" lag.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Glos.

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da Sie offensichtlich, wie Sie ausgeführt haben, über Mitschriften der Ausführungen des Bundeskanzlers bei dieser Veranstaltung verfügen, darf ich Sie fragen, ob der Herr Bundeskanzler in einem anschließenden Fernsehinterview folgende Äußerung getan hat: Habt ihr denn diese improvisierte Kundgebung in eurem Kasten mit, von der ich vorher nichts gewußt habe? Unerhört, wie man hier vergewaltigt wird!, und würden Sie mir zustimmen, daß, wenn diese Äußerung so gefallen ist, der Herr Bundeskanzler die Probleme des Grenzlandes und der Arbeitnehmer dort offensichtlich sehr wenig ernst nimmt? ({0})

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Bewertung im letzten Teil der Frage kann ich nicht bestätigen, ich kann sie nicht einmal verstehen, Herr Kollege. Was den ersten Teil angeht, bezieht sich die Frage, die ich zu beantworten habe, auf eine Aussage in einer Betriebsveranstaltung in Ostbayern am 24. September 1981. Es ist wohl selbstverständlich, daß die Äußerungen des Bundeskanzlers in derartigen öffentlichen Veranstaltungen mitgeschnitten werden, um jederzeit nachprüfen zu können, was der Bundeskanzler tatsächlich gesagt hat. Das ist die Pflicht derer, die die Reisen des Bundeskanzlers organisieren. Das wird von Ihnen sicherlich nicht kritisiert.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Riedl.

Dr. Erich Riedl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001843, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, in welche Kategorie des politischen Stiles gehört es eigentlich nach Ihrer Auffassung, wenn der Bundeskanzler durch Äußerungen dieser Art bei Hunderttausenden - um nicht zu sagen: bei Millionen - von Menschen den Eindruck erweckt, er sei für die Erhöhung der Kilometerpauschale, und Sie jetzt das Ganze in Abrede stellen? ({0})

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, ich darf Ihnen als Antwort noch einmal die Zitate vorlesen. Sie ergeben genau das Gegenteil. Der Bundeskanzler hat in Weiherhammer in der Oberpfalz am 24. September dieses Jahres erklärt: Ich kann niemandem eine Hoffnung machen, die Kilometerpauschale zu verbessern. Und dann weiter: Tut mir leid, aber ich bin nicht hergekommen, um Süßholz zu raspeln. Hier muß ich eine bedauernde Antwort geben. Es tut mir leid. Klarer, Herr Riedl, kann man es selbst in Bayern nicht sagen. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich darf von der millionenfach verbreiteten Information der Bundesregierung über den Haushalt 1982 ausgehen und Sie fragen: Hat die Bundesregierung in diese Information auch die Nachricht aufgenommen, daß es fiskalisch nicht vertretbar sei, die km-Pauschale zu erhöhen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, diese Frage, deren Gewicht überhaupt nicht unterschätzt wird, hat den Deutschen Bundestag mehrfach im Rahmen der Fragestunde beschäftigt. Die Auskünfte waren immer gleich, nämlich so, wie ich sie heute gegeben habe: daß eine allgemeine Anhebung der km-Pauschale aus vielen Gründen, aber auch aus haushaltspolitischen Gründen nicht verkraftbar ist, weil die Anhebung von 36 auf 50 Pf 1,2 Milliarden DM Steuerausfall verursachen und eine Verdoppelung auf 72 Pf gut 3 Milliarden DM ausmachen würde. Das ist zur Zeit finanziell nicht verkraftbar. Niemand in diesem Hohen Hause hat - außer allgemeinen Anfragen - Anträge gestellt, eine entsprechende Steueränderung vorzunehmen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. - Ich rufe die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Jenninger auf: Ist der Bundeskanzler sich bewußt, daß seine Aussage vom 24. September 1981 von zahlreichen betroffenen Arbeitnehmern als Zusage einer Erhöhung der Kilometerpauschale verstanden wurde?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Wie ich eben auf Zusatzfragen schon mehrfach ausführen konnte, kann weder aus dem Wortlaut der Äußerungen des Bundeskanzlers noch aus dem Zusammenhang, in dem diese gefallen sind, hergeleitet werden, sie seien als Zusage einer Erhöhung der km-Pauschale zu verstehen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jenninger.

Dr. Philipp Jenninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001025, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sehen Sie sich in der Lage, zu interpretieren, was der Herr Bundeskanzler mit seiner Äußerung „Das meine ich ernst", die Sie bestätigt haben, gemeint hat?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Der Herr Bundeskanzler hat mit dem Ausdruck „ernst" gemeint, daß eine allgemeine Anhebung der km-Pauschale nicht möglich ist, daß er der bayerischen Staatsregierung es aber anheimstellt, einen entsprechenden Antrag zu stellen, soweit sie die Verantwortung tragen will. Das ist bisher, wie Sie wissen, nicht geschehen - in den letzten zwölf Jahren übrigens nicht.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie erneut daran erinnern, daß ein maßgeblicher Bundesminister, der der SPD angehört, nämlich der damalige Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, schon 1969 bei Auftritten in Ostbayern versprochen hat, daß die Kilometerpauschale unter einer SPD-geführten Regierung sofort erhöht werde, und die Bürger in dieser Region, d. h. vor allem in den ländlichen Bereichen, seit zwölf Jahren auf die Einlösung dieses Versprechens warten?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich kann dieses Zitat, Herr Kollege, im einzelnen nicht nachprüfen; ich kann seine Richtigkeit auch nicht bestreiten. Tatsache ist, daß die km-Pauschale 1967 unter der Regierungsmitverantwortung der CDU/CSU von 50 auf 36 Pf ermäßigt worden ist und daß es bisher keine Anträge - auch nicht vom Bundesrat - gegeben hat, eine entsprechende Anhebung der km-Pauschale vorzunehmen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem wir diese Zitate von Ihnen gehört haben, frage ich Sie: Können Sie eigentlich ernsthaft in Abrede stellen, daß die Äußerungen des Bundeskanzlers in Eslarn auf die der Kollege Jenninger Bezug genommen hat, durch das Hinzufügen des Zitats aus der vorangegangen Veranstaltung an einem ganz anderen Ort einen Sinn bekommen hat, der anders ist als so, wie er aus der Pressemeldung hervorging und wie ihn dort die Arbeitnehmer wohl auch verstanden haben?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich kann das von Ihnen angezogene Zitat nicht überprüfen, kann es auch nicht bestätigen; es war nicht Gegenstand der Frage. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß eine Erhöhung der Kilometerpauschale den Intentionen der Bundesregierung, nämlich eine Politik „weg vom Öl" zu betreiben und damit Benzin einzusparen, wo immer das nur geht, fundamental entgegenstehen würde? ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Es ist sicher richtig, daß Energiesparen eines der wichtigsten politischen Ziele ist und daß dabei auch die Preisgestaltung eine große Rolle spielt. Auf der anderen Seite ist nicht zu verkennen, daß das Ansteigen der Benzinpreise für viele Pendler eine große soziale Belastung darstellt. Aus diesen Gründen prüft die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer, ob hier für bestimmte Pendlergruppen Abhilfe geschaffen und eine Besserstellung erreicht werden kann.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie leugnen, daß Sie hier Zitate aus zwei Versammlungen gebracht haben und daß das mit dem Süßholzraspeln nur in der einen Versammlung gewesen ist, nach der Herr Jenninger nicht gefragt hat?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich bin sehr dankbar, Herr Kollege Czaja, daß ich die Gelegenheit habe, auf die trotz landsmannschaftlicher Verbundenheit akustisch offensichtlich nicht richtig verstandene Frage des Kollegen Jäger ({0}) aus meinem Bundesland Baden-Württemberg noch einmal einzugehen. Es ist richtig, daß hier zwei Zitate aus zwei unterschiedlichen Veranstaltungen vorgelesen worden sind. Ich habe das vorhin offensichtlich akustisch nicht verstanden. Ich will jetzt, nachdem ich es zweimal vorgelesen habe, das nicht noch einmal wiederholen. Aber es ist doch völlig klar, daß nach beiden vorliegenden Mitschriften der Bundeskanzler klar zum Ausdruck gebracht hat, daß eine allgemeine Anhebung der km-Pauschale nicht möglich ist. Die Mitschriften sind inhaltlich völlig identisch und bedürfen keiner Interpretation von der einen Veranstaltung zu der anderen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Gobrecht.

Horst Gobrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000695, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da Sie immer betonen, eine allgemeine Erhöhung der Kilometerpauschale sei nicht möglich, frage ich: Stimmen Sie mir darin zu, daß die Bundesregierung, insbesondere der Bundesfinanzminister, dieses Problem eben in ganz konkretem Zusammenhang sieht - auch hier Stichwort: Politik „weg vom Öl" - mit der Frage der Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer, also mit dieser großen Lösung möglichst auch eine Lösung für die besonders belasteten Fernpendler in Räumen, in denen sie nicht auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen können, gefunden werden soll?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich stimme Ihnen zu.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Dr. Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es nicht unerträglich, daß die Bundesregierung die Fahrkosten der Arbeitnehmer zu ihren Arbeitsplätzen vor allem durch die Steuererhöhungen verteuert, gleichzeitig aber, wie es am Beispiel der ESKA im Landkreis Tirschenreuth geschehen ist, den öffentlichen Personennahverkehr mit einer Konzessionsabgabe belastet, die jährlich zwischen Dr. Kunz ({0}) 16 000 und 32 000 DM und in den letzten elf Jahren insgesamt 275 400 DM betragen hat, die sie an die Bundespost abführen mußte, und daß die Bundesregierung so diejenigen, die wirklich umsteigen wollen, auch noch einmal schröpft?

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Verzeihen Sie, Herr Abgeordneter, ich glaube, diese Frage hat einen regionalen Bezug. Ich stelle anheim, ob der Herr Staatssekretär diese Frage beantwortet.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich beantworte sie gern, um ein paar Unterstellungen, die hier zugrunde liegen, richtigzustellen. Sie unterstellen in Ihrer Frage, daß die Mineralölsteueranhebung für die hohen Benzinpreise ursächlich gewesen sei. ({0}) Da muß ich Sie darauf hinweisen - ich habe nachher Gelegenheit, das auf eine Frage des Abgeordneten Schulte noch einmal auszuführen -, daß der Benzinpreis von 1973 von rund 70 Pf bis 1981 auf rund 1,30 DM angestiegen ist, d. h. ohne Einbeziehung der Mineralölsteuer-Anhebung angestiegen ist, und daß der Mineralölsteueranteil aus diesem Grunde prozentual gesunken ist; er hat 1973 rund 63 % betragen, nämlich 44 Pfennig pro Liter bei dem niederen Preis von rund 70 Pfennig. Bis zum April 1981 hat sich der Preis aber fast verdoppelt mit der Folge, daß der Mineralölsteueranteil, den der Bürger pro Liter Benzin zu zahlen hatte, von rund 63 % im Jahre 1973 auf rund 34 % im Jahre 1981 gesunken ist. Das macht deutlich, daß der Mineralölsteueranteil bei der Preisentwicklung praktisch keinen Einfluß gehabt hat. Das ist der entscheidende Punkt. ({1})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Röhner auf: Teilt der Bundeskanzler die Auffassung, daß es sich bei der Kilometerpauschale um eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes handelt, in der die Bundesregierung bei bundesweitem Handlungsbedarf rechtlich, politisch und moralisch verpflichtet ist, die Initiative zur Erhöhung der Kilometerpauschale zu ergreifen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Wie ich auf die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Jenninger bereits ausgeführt habe, sind die Äußerungen des Bundeskanzlers in der Sache eindeutig. Im übrigen weise ich darauf hin, daß die Kilometerpauschale in § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes geregelt ist. Das Einkommensteuergesetz unterliegt der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Dies bedeutet aber nicht, daß ausschließlich die Bundesregierung die Initiative zu Gesetzen in diesem Bereich ergreifen kann; dasselbe Recht steht jedem Land über den Bundesrat zu. Gesetzentwürfe können auch aus der Mitte des Bundestages eingebracht werden. Von jeder dieser Möglichkeiten ist bei der Einkommensteuer bisher häufig Gebrauch gemacht worden, allerdings nicht zum Zweck der Anhebung der Kilometerpauschale.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte.

Paul Röhner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001869, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie eine Mitverpflichtung des Bundes ausdrücklich bejaht haben, frage ich Sie, ob es dann nicht doch angebracht wäre - angesichts der PreisKosten-Entwicklung, angesichts der eklatanten Benachteiligung der Menschen im flachen Lande -, aus dieser sowohl rechtlichen als auch politischen und moralischen Mitverpflichtung des Bundes im Sinne der von Ihnen heute allerdings eingeengten Äußerung des Bundeskanzlers endlich Konsequenzen zu ziehen und hier gesetzgeberisch initiativ zu werden. Das heißt: die überfällig Anhebung der Kilometerpauschale endlich in Angriff zu nehmen.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Wie ich Ihnen schon sagte, prüft die Bundesregierung diese Frage im Zusammenhang mit der Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer. Sinn meiner Antwort war überdies, darauf hinzuweisen, daß nicht nur die Bundesregierung, sondern auch die Opposition im Bundestag die Möglichkeit hat, entsprechende Gesetzentwürfe einzubringen, ebenso die einzelnen Bundesländer über den Bundesrat. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß die Bundesregierung schon deswegen um so mehr Anlaß hat, hier initiativ zu werden, weil der Bürger nach dem jetzt geltenden Steuerrecht keine Möglichkeit mehr hat - wie er sie früher einmal hatte - an Stelle der Pauschale die ihm tatsächlich entstandenen Kosten durch Führen eines Fahrtenbuches und Aufbewahren seiner Belege nachzuweisen, so daß er selbst bei nachweislich höherem Aufwand für die Fahrten, die er von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte zurückzulegen hat, auf die Pauschale beschränkt bleibt?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Es ist richtig, daß die Pauschalierung eine Festsetzung auf 36 Pfennig vorsieht. Das ist eine sehr alte Regelung in unserem Einkommensteuerrecht und liegt weiter zurück als die Zeit, welche die sozialliberale Regierung zu verantworten hat.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, im Nachgang zu der Frage des Kollegen Jens möchte ich Sie folgendes fragen: Ist sich die Bundesregierung bewußt, daß es für viele Arbeitnehmer in ländlichen Räumen, insbesondere für die meisten Fernpendler, keine zumutbare Alternative zum Pkw gibt und diesen Personen die hohe Kostenbelastung aus der Benutzung des Pkw nicht mehr länger zugemutet werden kann?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Es ist völlig richtig, Herr Kollege, daß die Auswirkungen regional unterschiedlich sind. Man wird allerdings nicht generell sagen können, daß im ländlichen Raum überhaupt kein öffentlicher Personennahverkehr exiParl. Staatssekretär Dr. Böhme stiert oder umgekehrt, daß im Ballungsraum immer ein sehr guter ÖPNV existiert. Es gibt aber gerade im ländlichen Bereich Regionen, in denen die Anhebung der Benzinpreise schwere Auswirkungen hat und den Arbeitnehmer besonders belastet. Deshalb ist eine regionale Staffelung der km-Pauschale immer wieder geprüft worden. Aber bisher ist - übrigens im Einvernehmen mit betroffenen Verbänden, gerade auch aus dem Bereich der Automobilverbände - davon abgesehen worden, weil sie einmal verwaltungstechnisch kaum durchführbar ist und weil andererseits mit speziellen regionalen Vorschriften schlechte Erfahrungen gemacht worden sind. Es fehlen die Kriterien für eine exakte Abgrenzung. Dies war der Grund, weshalb wir davon abgesehen haben. Es gibt bisher keinen vernünftigen Vorschlag, der eine solche regionale Abgrenzung der Kilometerpauschale - obwohl sie naheliegt - durchführbar erscheinen ließe.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Dr. Warnke.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß die jährlichen Milliardenbeträge des Bundes für den Ausbau von S- und Untergrundbahnen in den Ballungsräumen auch eine Transportkostensubvention für die Arbeitnehmer in den Ballungsräumen darstellen, daß es deshalb ein Gebot der Gerechtigkeit ist, den Arbeitnehmern in den ländlichen Räumen - von Flensburg bis Lörrach und von Kiel bis Passau - auch wenigstens einen Teilausgleich zukommen zu lassen, z. B. durch Erhöhung der Kilometerpauschale, und daß sich diese Forderung an den Verursacher der Begünstigung der Ballungsräume, nämlich die Bundesregierung, richten muß?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, Sie weisen mit Recht auf die hohen Leistungen des Bundes bei der Förderung und beim Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs hin. Dies wird voll und ganz unterstützt. Es betrifft freilich nicht nur die städtischen Ballungsräume; auch im ländlichen Raum hat der Bund jedes Jahr große Leistungen für den öffentlichen Personennahverkehr erbracht. Ich nenne die Ist-Zahl für 1979. Der Bund gibt rund 6 Milliarden DM für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr aus. Das ist etwa ein Drittel mehr als die Länder und Gemeinden insgesamt auf diesem Gebiet ausgeben. Wir haben also eine ansehnliche Leistung des Bundes für den öffentlichen Personennahverkehr zu verzeichnen; das dürfte Ihrer Frage voll entsprechen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Schulte ({0}) auf: Hält die Bundesregierung die Entwicklung der Benzinpreise, insbesondere in Anbetracht der von ihr selbst durchgesetzten Mineralölsteuererhöhungen, für derartig belastend, daß ein Ausgleich durch Erhöhung der Kilometerpauschale notwendig ist? Bitte, Herr Staatssekretär:

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Mineralölsteuer hat die vehemente Preisentwicklung der vergangenen acht Jahre vor dem 1. April 1981 nicht beeinflußt. Die Mineralölsteuer betrug seit der Erhöhung zum 1. Juli 1973 bis zum 1. März 1981 unverändert 44 Pfennig je Liter Benzin und 41,15 Pfennig je Liter Dieselkraftstoff, während sich gleichzeitig der Benzinpreis von 69,9 Pfennig am 1. Juli 1973 um 60 Pfennig je Liter auf 129,9 Pfennig in 1981 erhöhte. Der Mineralölsteueranteil am Benzinpreis ging dadurch von 63 % in 1973 auf 34 % in 1981 zurück. Nach einer Zeitspanne von nahezu acht Jahren kann deshalb eine Erhöhung der Mineralölsteuer für Benzin um 7 Pfennig je Liter und für Dieselkraftstoff um 3 Pfennig je Liter nicht, wie Sie in Ihrer Frage ausführen, als Grund für eine Erhöhung der Kilometerpauschale angeführt werden. Auch an den Preissteigerungen seit Anfang des Jahres 1981 von etwa 28 Pfennig je Liter Benzin ist die Mineralölsteuer nur mit einem Anteil von 7 Pfennig bzw. 3 Pfennig bei Dieselkraftstoff, also nur in einem geringen Umfang, beteiligt. Sinn der Mineralölsteueranhebung war es, fiskalische Mehreinnahmen und einen größeren Anreiz zum Umsteigen auf den öffentlichen Personennahverkehr zu schaffen und Benzin einzusparen, z. B. durch Bildung von Fahrgemeinschaften. Eine allgemeine Erhöhung der Kilometerpauschale würde dem Ziel, Energie einzusparen, zuwiderlaufen. Außerdem würde schon eine allgemeine Anhebung der km-Pauschale auf 50 Pfennig einen Steuerausfall von rund 1,2 Milliarden DM verursachen, wie bereits mehrfach ausgeführt wurde.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.

Dr. Dieter Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002100, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär wie bewerten Sie die Tatsache, daß die tatsächlichen Autokosten bei der Kilometerpauschale nur zu etwa 40 % berücksichtigt werden?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Es ist richtig, daß die Autokosten gestiegen sind, ebenso die Versicherungskosten. Wie ich mehrfach sagte, war es aus fiskalischen Gründen nicht möglich, die Kilometerpauschale anzuheben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage, bitte.

Dr. Dieter Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002100, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nachdem Sie energie- und verkehrspolitische Ziele bereits mehrfach angesprochen haben, möchte ich Sie fragen, welche konkreten energie- und verkehrspolitischen Ziele Sie für den ländlichen Raum durch die Nichtanhebung der Kilometerpauschale verfolgen.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Wie ich vorhin sagte, wird diese Frage im Zusammenhang mit der Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer geprüft.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Abgeordnete Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da Sie jetzt mehrfach die Frage der Prüfung der höheren Kilometerpauschale mit der Absicht der Bun3284 Jager ({0}) desregierung in Zusammenhang gebracht haben, die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer mit den Ländern zu erörtern, möchte ich Sie folgendes fragen. Besteht nicht die Gefahr, daß damit Ihre Überlegungen, wann endlich für den Arbeitnehmer im ländlichen Raum Gerechtigkeit geschaffen wird, auf den Sankt-NimmerleinsTag verschoben werden? Denn Ihnen ist so gut wie allen Beteiligten bekannt, daß Sie diese Umlegung infolge des im übrigen berechtigten Widerstandes des Bundesrates nicht durchsetzen werden.

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich habe hier schon mehrfach ausgeführt, daß am 16. Oktober die Finanzministerkonferenz ihr Votum abgeben wird. Danach wird die Bundesregierung entscheiden, welche weiteren Schritte angezeigt sind.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie sieht denn der Vorschlag der Bundesregierung aus, der im Zusammenhang mit der Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer gemacht wird?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

In der Skizze, die den Ländern vorliegt, wird geprüft, für Fernpendler eine Erhöhung der Kilometerpauschale durchzuführen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zu einer weiteren Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. Warnke.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist es für die Bundesregierung nicht ein Anlaß, das Problem der Kilometerpauschale deshalb ernst zu nehmen, weil die überproportional gestiegenen Fahrtkosten infolge der Benzinpreis- und Mineralölsteuererhöhungen im ländlichen Raum die Wiedereingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsprozeß mit zunehmender Länge der Anfahrtwege im ländlichen Raum erschweren?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Prüfung dieser Frage ist insgesamt eine wichtige Aufgabe, ungeachtet der besonderen Punkte, die Sie anführen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Fellner.

Hermann Fellner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000534, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie sprachen eben davon, die Kilometerpauschale für Fernpendler zu erhöhen. Was zählt bei Ihnen als Fernpendler? Wo fängt dieser an, und wie ist das abgestuft?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Das hängt auch von dem Ergebnis der Gespräche auf der Finanzministerkonferenz ab. Was von seiten der Bundesregierung geprüft wird, ist eine Fernpendler-Abgrenzung ab dem 25. Kilometer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß aus den revierfernen ländlichen Bereichen seit Jahren eine Abwanderung der Bevölkerung zu verzeichnen ist? Ich frage Sie: Soll die Abwanderung aus diesen Bereichen, die in einem großen Ausmaße auch auf die hohen Kosten der Fahrten zur Arbeitstätte zurückzuführen ist, so weitergehen? Wäre es nicht richtiger, die Mobilität der Menschen in den ländlichen Räumen zu fördern, statt diese zu bestrafen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Regionalpolitik und die Auswirkungen der Prozesse, die Sie schildern, ist zunächst Sache der Länder. Darüber hinaus hat der Bund über seine Regionalpolitik und über die Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur diese Probleme aufgegriffen und entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung und der Bund insgesamt nehmen also sehr wohl diese Aufgabe ernst.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 20 - des Abgeordneten Dr. Warnke - auf: Hält der Bundeskanzler die Auswirkung der von der Bundesregierung zum Ersatz der Kfz-Steuer geplanten weiteren Mineralölsteuererhöhung für derartig belastend, daß ein Ausgleich durch Erhöhung der Kilometerpauschale notwendig ist?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung vom 24. November 1980 ausgeführt, daß im Falle der Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer die besonderen Probleme der Pendler berücksichtigt werden müssen. Er sagte wörtlich: Am 4. Juli 1979 habe ich ... erklärt - ich zitiere -: Zu Beginn der nächsten Legislaturperiode wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Abschaffung der Kfz-Steuer und eine entsprechende Erhöhung der Mineralölsteuer vorsieht. Sie wird dabei die besonderen Probleme der Schwerbehinderten und der Pendler berücksichtigen ... Sie muß allerdings dafür sorgen, daß dies nicht zu einer neuen Verschiebung von Finanzmassen vom Bund auf die Länder führen kann. Hieran, meine Damen und Herren, hält die Bundesregierung fest, und sie bittet die Länder um ihre Zustimmung. Ich weiß, daß die - bisher - nicht gewährt werden soll. Am 19. Juni 1981 wurde dem Vorsitzenden der Konferenz der Landesfinanzminister die Lösungsskizze, die vorhin mehrfach erwähnt wurde, zur Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer per Fernschreiben mit der Bitte um Erörterung zugesandt. Diese Erörterung wurde dem Bundesminister der Finanzen für den 16. Oktober 1981 zugesagt. Sie soll Aufschluß darüber geben, ob die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer im Bundesrat mehrheitsfähig ist. Danach wird über das weitere Vorgehen zu entscheiden sein.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Warnke.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, enthält die Lösungsskizze, mit der der Bund vorschlägt, die Mineralölsteuer zu erhöhen, einschließlich Mehrwertsteuer eine Erhöhung in der Größenordnung von 50 Pf pro Liter, und hat die Bundesregierung zusammen mit diesem Vorschlag einer weiteren drastischen Erhöhung den Ländern in der Lösungsskizze konkrete Vorschläge zur Anhebung der Kilometerpauschale zugeleitet?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Bundesregierung hat überhaupt noch keinen Vorschlag unterbreitet, sondern der Bundesfinanzminister hat eine Lösungsskizze erarbeitet, die jetzt, mit den Ländern erörtert wird. Je nach dem Ergebnis kann der Bundesfinanzminister zu einem endgültigen Vorschlag kommen. Dies ist bisher nicht der Fall.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Warnke.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, dem Haus darüber Auskunft zu geben, in welcher Größenordnung in der Lösungsskizze die Mehrbelastung des Verbrauchers mit Mineralölsteuer einschließlich Mehrwertsteuer pro Liter vorgesehen ist, falls der vom Bundeskanzler angekündigte Vorschlag wahrgemacht wird, die Kraftfahrzeugsteuer abzuschaffen und sie auf die Mineralölsteuer umzulegen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ein Hinweis auf das, was in der Lösungsskizze enthalten ist, würde im Grunde die ganze Diskussion in ein verzerrtes Licht bringen. Denn es kommt darauf an, wie die Finanzausgleichsproblematik zwischen Bund und Ländern gesehen und entschieden wird. Dies hängt somit vom Ergebnis der Ländergespräche ab.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schulte.

Dr. Dieter Schulte (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002100, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Ansicht, daß Ihr Vorschlag erst für den Fall gilt, daß Sie den Kilometer Autofahren noch einmal teurer gemacht haben?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Insgesamt wird die Umlegung bedeuten, daß natürlich der Mineralölsteueranteil steigt und das Vielfahren teurer wird. Das ist auch die energiepolitische Intention, die mit einer solchen Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer verbunden ist. Auf der anderen Seite ist gegenzurechnen, was der Wegfall der Kfz-Steuer für den einzelnen Autofahrer bedeutet. Hier gibt es ziemlich genaue Rechnungen, ab welchem Kilometerstand es günstiger bzw. ungünstiger ist: Wegfall der Kfz-Steuer auf der einen Seite und Verteuerung des Vielfahrens auf der anderen Seite. Dies hängt, wie gesagt, wieder davon ab, wie die Umlegung inhaltlich ausgestaltet wird, auf welche Typen von Kraftfahrzeugen, in welchen Bereichen etc. Dies sind schwerwiegende Fragen, die jetzt an Hand einer Lösungsskizze - nicht eines endgültigen Vorschlages - diskutiert werden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie im Hinblick auf die Situation der Pendler Auskunft darüber geben, in welcher Höhe der Personenkilometer im S-Bahn-Verkehr öffentlich subventioniert wird und in welchem Verhältnis diese Subvention zum öffentlichen Beitrag über die Kilometerpauschale steht?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Diese Frage kann ich jetzt aus dem Stand zahlenmäßig nicht exakt beantworten. Ich will Ihnen die Antwort gern nachliefern, Herr Kollege.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bedeutet die Antwort, die Sie dem Kollegen Warnke soeben gegeben haben, daß in der von Ihnen mehrfach erwähnten Lösungsskizze weder betragsmäßig ein Vorschlag für die Anhebung der Mineralölsteuer noch betragsmäßig prozentual oder sonstwie bezifferte Vorschläge für die Anhebung der Kilometerpauschale enthalten sind? Oder sind diese Zahlen geheim?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Nein, diese Zahlen sind nicht geheim. Nur sagte ich, daß dies eine Lösungsskizze ist, welche eine Diskussionsgrundlage darstellt. Deswegen werfen Zahlen, wenn sie hier jetzt offiziell gehandelt werden, ein schiefes Licht auf das, was möglicherweise endgültig bei diesem Diskussionsprozeß herauskommt. Das Ganze steht somit noch im Stadium des Entstehens einer entsprechenden Gesetzesvorlage. So weit sind wir noch nicht. Die Lösungsskizze ist natürlich mit Zahlen ausgestattet. Aber diese sind rein vorläufig. Es kommt darauf an, welche Ergebnisse die Finanzausgleichsgespräche zwischen Bund und Ländern haben werden. Es sind schwerwiegende Probleme, die da auftauchen. Erst danach kann konkret über Einzelheiten der Auswirkungen gesprochen werden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Spöri.

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie mir bestätigen, Herr Staatssekretär, daß die Gesamtoperation im Zusammenhang mit der geplanten Kfz-Steuerumlage auf die Mineralölsteuer von der Lösungsskizze her für den Bundeshaushalt einnahmeneutral geplant ist und insofern per Saldo keine Zusatzeinnahme des Bundes erwartet wird?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Das ist exakt das Anliegen. Es besteht die Zielsetzung, daß weder der Bund noch die Länder bei diesem Austausch von zwei Steuern irgendeinen Vorteil haben sollen. Dies ist das Ziel.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es nicht - wenn Sie die Autofahrer mit der Erhöhung der Kilometerpauschale bis zu dem Zeitpunkt vertrösten wollen, an dem die Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer umgelegt sein wird - so, daß die Bundesregierung die Kraftfahrer zunächst erneut durch eine weitaus höhere Mineralölsteuer erheblich belasten und erst dann eine Entlastung durch eine höhere Kilometerpauschale bringen will?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich kann die Bewertung, die in dieser Frage steckt, nicht bestätigen. Ich habe ausgeführt, daß die Gespräche mit den Ländern am 16. Oktober 1981 abgewartet worden und daß dann die Bundesregierung prüft, welche weiteren Schritte unternommen werden. Das hat mit der viel zitierten Sankt-Nimmerleins-Tag-Terminierung des Kollegen Jäger ({0}) überhaupt nichts zu tun.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie in Abrede stellen, daß die vorgesehene Umlegung der Kfz-Steuer für Bund und Länder zwar aufkommensneutral ist, aber zu Lasten der dünner besiedelten ländlichen Räume gehen wird?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Das kann ich nicht bestätigen, weil man nicht sagen kann, daß im ländlichen Raum die Ausstattung mit öffentlichen Verkehrsmitteln generell schlecht oder umgekehrt in Ballungsräumen generell gut ist. Da gibt es sehr große Unterschiede.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Fellner.

Hermann Fellner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000534, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte gleich an Ihre Antwort anknüpfen. Meinen Sie nicht auch - Sie haben das vorhin ja bestätigt -, daß die Vielfahrer künftig mehr Steuern zahlen müssen und vielleicht für diejenigen Steuern mitzahlen, die das Auto nur dazu benutzen, um am Wochenende ins Grüne fahren zu können? Meinen Sie nicht, daß gerade die Pendler, die während der Woche einen Pkw brauchen, um zu ihrer Arbeit zu kommen, ungerechterweise für die anderen die Steuern mitzahlen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Dies ist die grundsätzliche Frage, ob eine Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer - wodurch die Vielfahrer getroffen werden - richtig ist oder nicht. Wenn man vom energiepolitischen und umweltpolitischen Ansatz ausgeht, muß man sicher sagen, daß es richtig ist, die Vielfahrer zu belasten, um Energie zu sparen und um auch die Umwelt zu schonen. Daß es Gegenargumente gibt, ist sehr wohl bekannt. Da muß man abwägen. Dies geschieht zur Zeit.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Rossmanith.

Kurt J. Rossmanith (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001887, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß auf Grund der Verworrenheit, die Sie durch Ihre Ausführungen hervorgerufen haben, im Hinblick auf die Abschaffung der Kfz-Steuer mit einer Zustimmung der Länder zu einem derart unausgegorenen Vorhaben nicht gerechnet werden kann?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Nein. Wir haben in der Regierungserklärung eine klare Ankündigung. Bereits dort ist gesagt worden, daß vorab die Finanzausgleichsproblematik zu klären ist. Es hätte wenig Sinn, mit einem voll ausformulierten Gesetzentwurf durch die Instanzen zu gehen und dann im Bundesrat wegen der Finanzausgleichsproblematik hängenzublieben. Das muß besonders wegen der gegenwärtigen Haushaltslage zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vorab diskutiert werden und entschieden sein.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe Frage 21 des Abgeordneten Dr. Kunz auf: Beabsichtigt der Bundeskanzler, von seiner Richtlinienkompetenz dahin gehend Gebrauch zu machen, daß er zur Entlastung der Arbeitnehmer insbesondere in den ländlichen Räumen im Bundeskabinett den Beschluß herbeiführt, einen Gesetzentwurf zur Erhöhung der Kilometerpauschale vorzulegen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Probleme des ländlichen Raums sind der Bundesregierung bewußt. Man kann allerdings nicht davon ausgehen - wie Sie das in Ihrer Frage offenbar tun -, daß die Verkehrsverhältnisse, insbesondere das Angebot an öffentlichem Nahverkehr, in Ballungsräumen generell gut und in ländlichen Räumen generell schlecht sei. Es gibt sowohl in ländlichen Gebieten als auch in Ballungsräumen einerseits schnelle und direkte Verkehrsverbindungen des öffentlichen Nahverkehrs. Es gibt andererseits aber auch Wohngebiete, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur in unregelmäßigen Zeitabschnitten bei wenigen Haltestellen bedient werden. Die Bundesregierung prüft deshalb bei den Überlegungen im Zusammenhang mit der Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer, ob ein sogenannter Fernpendlerausgleich den unterschiedlichen Verkehrsverhältnissen und insbesondere dem unterschiedlichen Angebot an schnellen und direkten Verkehrsverbindungen am ehesten Rechnung tragen kann. Wie schon mehrfach ausgeführt, wartet die Bundesregierung das Ergebnis der Gespräche mit den Bundesländern in dieser Frage ab und wird anschließend über ihre weiteren Schritte entscheiden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie Ihre Lösung auf die Fernpendler abstellen, möchte ich Sie fragen: Wie hoch schätzt Dr. Kunz ({0}) denn die Bundesregierung den Anteil der Arbeitnehmer, die, soweit sie zur Fahrt zum Arbeitsplatz einen Pkw benutzen müssen, dann in den Genuß dieser Vergünstigung kommen können?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Das hängt davon ab, wie die Fernpendlerpauschale ausgestaltet wäre, ab welchem Kilometerstand sie ansetzt und welcher Benutzerkreis dann zum Zuge kommt. Wie gesagt, wird in der Lösungsskizze ein Fernpendlerausgleich ab dem 25. Kilometer Entfernung zugrunde gelegt.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Welche Entlastung. plant die Bundesregierung für den Fall, daß die Lösungsskizze, die Sie bisher j a geheimhalten wollen, im Bundesrat nicht mehrheitsfähig ist und zu keiner einvernehmlichen Lösung führt, für die schwergebeutelten Arbeitnehmer?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Wie ich schon sagte, wird die Bundesregierung erst das Ergebnis dieser Gespräche abwarten und danach entscheiden. Auch auf noch so viele Fragen heute nachmittag werde ich keine andere Antwort geben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wollen Sie denn mit dem, was Sie dem Kollegen Dr. Kunz gerade geantwortet haben, ernstlich bestreiten, daß - selbst wenn man Ihre Behauptung, es gebe im ländlichen Raum durchaus noch öffentlichen Personennahverkehr, als richtig unterstellt - der Arbeitnehmer, der in seinem Ort keinen Omnibus und auch sonst nichts hat, auch wenn er weniger als 25 km von seiner Arbeitsstätte entfernt wohnt, bei einer Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer erheblich stärker belastet wird und daß also der dann erneut ...

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Ich bitte, eine Frage zu stellen, Herr Abgeordneter.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich bin gerade am Ende meiner Frage angelangt -... besonders benachteiligt wäre, der dann 24 km von der Wohnung zur Arbeitsstätte zu fahren hätte?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Dies ist, mit Recht festgestellt, die Schwäche z. B. jeglicher Stichtagsregelung im Steuerrecht und jeglicher Regelung, die ab einem bestimmten Zeitpunkt oder, wie hier, ab einem bestimmten Kilometer ansetzt. Deswegen ist das, was ich vorhin zur Fernpendlerverbesserung sagte, nur eine Lösungsskizze. Was Sie hier fragen, bestätigt meine Ausführung von vorhin, daß hier noch sehr ausgiebig und sehr gründlich diskutiert werden muß, bevor man mit festen Vorschlägen in die Öffentlichkeit gehen kann und soll.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Warnke.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie nicht einen Anlaß zur Ausübung der Richtlinienkompetenz in der unbestrittenen Tatsache erblicken, daß von dem sogenannten Gemeindepfennig - den sechs Pfennigen pro Liter Benzin Mineralölsteueranteil für den gemeindlichen Verkehrsausbau - in den letzten elf Jahren nahezu 90 % - ein Betrag in hoher Milliardengröße - in die Ballungsräume geflossen sind und daß damit die Arbeitnehmer in den ländlichen Räumen mit ihrem Benzingeld Milliardenbeträge zum Ausbau der Untergrund- und S-Bahnen in den Ballungsräumen geschickt und deshalb einen Ausgleich aus Gründen der Gerechtigkeit dringend verdient haben? ({0})

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Aber, Herr Kollege! Ich verstehe nicht, warum Sie die Frage an mich stellen. Das ist doch gar keine Frage an den Bund. Ich bitte Sie, die Rechtslage zu sehen. Die Rechtslage ist die, daß diese berühmten sechs Pfennige in den sogenannten Topf nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gezahlt werden. Die Verteilung dieser Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ist statisch und starr nach einem bestimmten Schlüssel auf die Länder verteilt, und die Länder nehmen die Verteilung dieser Mittel wahr - doch nicht der Bund. Ihre Frage müssen Sie an Ihre Bundesländer stellen. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Vogt ({0}) auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird nicht beantwortet. Ich rufe die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Jobst auf: Falls der Bundeskanzler eine Erhöhung der Kilometerpauschale beabsichtigt, bis wann wird die Bundesregierung spätestens den Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag einbringen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Bundesregierung wird, wie mehrfach ausgeführt, die Erörterung der Finanzminister abwarten. Falls dort ein positives Votum erzielt werden kann, müßten die parlamentarischen Beratungen wegen der für die Umstellung erforderlichen Vorlaufzeit möglichst schnell in Gang gesetzt werden.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Zusatzfrage, bitte sehr.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung inzwischen Kriterien erarbeitet zur Abgrenzung derjenigen Pendler, die auf die Benutzung des eigenen Pkws angewiesen sind, von den Pendlern, denen der Übergang auf die öffentlichen Verkehrsmittel möglich und zumutbar ist, wie Ihr Kollege Haehser es in seiner Antwort vom 21. August auf eine schriftliche Anfrage von mir angekündigt hat?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, die Fragen, die hier heute nachmittag jetzt fast eine Stunde gestellt wurden, sind außerordentlich schwerwiegend. Die Bundesregierung hat einen ganzen Katalog von mehreren Möglichkeiten zur Prüfung herangezogen. Darunter ist als Variante auch eine Zumutbarkeitsgrenze, wie sie z. B. in Schweden praktiziert wird. Aber die Verhältnisse in Schweden sind nicht so wie in der Bundesrepublik, weil in Schweden die meisten Landstriche nur wenig besiedelt sind, was mit den Verhältnissen bei uns nicht übereinstimmt. Aber diese Zumutbarkeitsregelung ist in den Gesamtkatalog, was auf diesem Gebiet gemacht werden kann, einbezogen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung in dem Kommunalwahlergebnis von Niedersachsen ein Indiz auch dafür, daß sich die Arbeitnehmer eine von der Bundesregierung betriebene Verteuerung des Autofahrens nicht mehr gefallen lassen, und wird die Bundesregierung unter diesem Eindruck eine schnellere Gesetzesinitiative ergreifen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Die Bundesregierung wird alle Maßnahmen auf diesem Gebiet und alle Möglichkeiten prüfen, um zu einer bestmöglichen Regelung zu kommen. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß diese Frage des Schweißes nicht nur der Bundesregierung, sondern eventuell auch der Bundesländer oder auch dieser Opposition im Bundestag wert ist. Alle können hier Überlegungen anstellen und entsprechende Anträge stellen. Wenn Ihnen wirklich das Anliegen der Pendler so am Herzen liegt, hätten Sie schon längst selber eine Initiative ergreifen können und sich nicht nur auf lange Fragen in der Fragestunde des Deutschen Bundestags beschränken müssen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Warnke.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie auf meine letzte Frage hin nicht bestritten haben, daß 90 % des Gemeindepfennigs in die Ballungsräume gehen: Wären Sie bereit, gegenüber dem Hohen Haus klarzustellen, daß Ihre Auskunft, die Verteilung dieser Mittel gehe ausschließlich durch Entscheidungen der Länder vor sich, zumindest grob mißverständlich ist und daß in Wirklichkeit die 50 %, die in den öffentlichen Personennahverkehr gehen, ganz überwiegend - wenn nicht ausschließlich - für Sonderprogramme des Bundes gegeben werden, bei denen der Bund bezüglich der Verteilung das Sagen hat?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich habe vorhin nicht bestätigt, daß 90 % in die Ballungsgebiete gehen, sondern ich habe nur gesagt, daß die Mittel nach dem sogenannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz überwiegend von den Ländern verteilt werden und daß der Bund immer nur auf Vorschlag der Länder im Einvernehmen mit den Ländern Entscheidungen trifft. Das ist die Gesetzeslage, Herr Kollege. Wir können hier doch nicht Vorwürfe erheben oder Kritik üben, wenn die Gesetzeslage ganz anders ist und der Bund eben nicht in die Länder hineinregieren kann. Es sind doch die Länder, welche Kritik üben und sagen, der Bund regiere mit dem goldenen Zügel in die Länder hinein. ({0}) Da dies eben ein Kritikpunkt ist, wird sich der Bund hüten, einzelne Entscheidungen innerhalb der Bundesländer selbst zu treffen oder vorzugeben.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Bindig.

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Informationen darüber erhalten, ob aus den Reihen der CDU, die sich hier so vehement für die Erhöhung der Kilometerpauschale einsetzt, jemals ein Gesetzentwurf eingebracht worden ist, um die Kilometerpauschale zu erhöhen?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich habe Gelegenheit, dies in der Antwort auf die Frage 24 des Abgeordneten Müller ({0}) formell zu beantworten.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Kunz.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, eignet sich nach Auffassung der Bundesregierung die so unbefriedigende Kilometerpauschale angesichts der tatsächlichen Belastung von Millionen von Arbeitnehmern zu diesem, wie ich fast sagen möchte, unwürdigen politischen Schwarzen-PeterSpiel der Bundesregierung?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Ich habe das akustisch nicht verstanden.

Prof. Dr. Max Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Eignet sich diese Problematik der Kilometerpauschale angesichts der außerordentlich hohen, in die Millionen gehenden Belastung der Arbeitnehmer zu diesem unwürdigen politischen Schwarzen-Peter-Spiel? ({0})

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Herr Kollege, ich habe die Fragen zu beantworten, die mir in dieser Fragestunde gestellt werden. Wenn ich es richtig sehe, sind alle Fragen, die bisher zur km-Pauschale gestellt worden sind - ich meine nicht die Zusatzfragen, sondern die Fragen, die zur Fragestunde eingebracht worden waren - aus Ihren Reihen gekommen.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine Zusatzfragen mehr? - Bitte, Herr Abgeordneter Rapp.

Heinz Rapp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001774, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob in dieser Lösungsskizze der Bundesregierung auch Empfehlungen bezüglich Rapp ({0}) der Gestaltung von Mitfahrergemeinschaften enthalten sind?

Dr. Rolf Böhme (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000221

Nein, Mitfahrergemeinschaften sind in dieser Lösungsskizze nicht enthalten. Sie sind aber auch Gegenstand der Prüfung durch die Bundesregierung.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich möchte noch eine amtliche Mitteilung machen. Nach einer Vereinbarung des Ältestenrates wird die Fragestunde am Freitag, dem 9. Oktober 1981, nur 60 Minuten dauern. Sie wird von 8 bis 9 Uhr stattfinden. Wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, den 9. Oktober 1981, 8 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.