Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 4/1/1981

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich mitteilen, daß der bisherige Vizepräsident Dr. von Weizsäcker mit Schreiben vom 23. März 1981 erklärt hat, daß er sein Amt als Stellvertreter des Präsidenten zum 21. März 1981 niederlege. Weiterhin gebe ich eine Regelung bekannt, die eine Besonderheit des Ablaufs unserer heutigen Fragestunde betrifft. Die in Drucksache 9/285 veröffentlichten Fragen 79 bis 83 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen werden in Abweichung von der Regel, nach der dieser Geschäftsbereich in der Regel donnerstags aufgerufen wird, schon heute gegen 14 Uhr aufgerufen. Dies geschieht auf Wunsch des Herrn Bundesministers des Auswärtigen im Einvernehmen mit den Fraktionen. Interfraktionell ist vereinbart worden, zu den Antworten auf die Fragen 79 bis 83 im Anschluß an die heute Fragestunde eine Aktuelle Stunde durchzuführen. Darüber hinaus ist eine Aktuelle Stunde zu dem Ergebnis des Maastrichter EG-Gipfels vereinbart worden. Diese zweite Aktuelle Stunde soll am Donnerstag um 9 Uhr aufgerufen werden. Im Anschluß an die Aktuelle Stunde am Donnerstag soll vor der Beratung des Agrarberichts 1981 dann noch die Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten stattfinden. Ich frage das Haus, ob es mit dieser Regelung einverstanden ist. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Wir treten jetzt in die heutige Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 9/285 Wir beginnen mit den Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Der Minister ist vertreten. Die Fragen 1 und 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Damit sind die Fragen aus diesem Geschäftsbereich erledigt. Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Penner ist anwesend. Ich rufe die Fragen 3 und 4 des Herrn Abgeordneten Biehle auf. Der Fragesteller bittet um schriftliche Beantwortung. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Immer auf: Inwieweit bestätigt die Bundesregierung Darstellungen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel vom 9. März 1981, wonach die Besetzung bzw. längerfristige Beschäftigung der Vorsitzenden von Prüfungsausschüssen für Kriegsdienstverweigerer davon abhängig gemacht wird, daß sie ... ins wehrdienstbewußte Milieu passen .. ", und welche Konsequenzen wird sie gegebenenfalls ziehen?

Dr. Willfried Penner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001688

Herr Kollege Immer, das in § 26 des Wehrpflichtgesetzes geregelte Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer läßt eine Einflußnahme des Bundesministers der Verteidigung nicht zu. Die Prüfungsausschüsse für Kriegsdienstverweigerer sind mit einem vom Bundesminister der Verteidigung bestimmten Vorsitzenden, einem Beisitzer, der von der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Stelle benannt wird, sowie zwei ehrenamtlichen Beisitzern besetzt. Der Vorsitzende hat im Ausschuß nur beratende Stimme. Die Mitglieder der Ausschüsse sind an Weisungen nicht gebunden. Die im Spiegel-Artikel „Ex und hopp" vom 9. März 1981 erwähnte größere Personalfluktuation bei den Vorsitzenden der Kriegsdienstverweigerungsausschüsse ist auf die Unsicherheit über die künftige Ausgestaltung des KDV-Verfahrens zurückzuführen. Deswegen sind von den 298 Dienstposten für die Vorsitzenden der Prüfungsgremien nur 46 mit Planstellen abgedeckt. Die überwiegende Anzahl der Dienstposten muß mit Zeitangestellten und Pensionären besetzt werden. Die Befristung der Arbeitsverträge für die Zeitangestellten beruht auf haushaltsrechtlichen Gegebenheiten. Darüber hinaus sind seit 1978 nur in vier Fällen Arbeitsverhältnisse aus anderen Gründen aufgelöst bzw. nicht verlängert worden. Die Gründe waren persönlicher und gesundheitlicher Art und standen Parl. Staatssekretär Dr. Penner in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung als KDV-Vorsitzender. Der Bundesminister der Verteidigung nimmt durch die Bestellung der Vorsitzenden auch keinen faktischen Einfluß auf den Entscheidungsprozeß. Im Jahre 1980 wurden im Bundesdurchschnitt 78 % der Antragsteller als Kriegsdienstverweigerer anerkannt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Möchten Sie eine Zusatzfrage stellen, Herr Abgeordneter Immer? - Das ist nicht der Fall. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht. Die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Marx wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Broll auf. - Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Fragen 8 und 9 des Herrn Abgeordneten Dörflinger sowie die Fragen 10 und 11 der Frau Abgeordneten Schmidt ({0}) werden auf Bitten der Antragsteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Palamentarischer Staatssekretär. Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Die Fragen 12 und 13 des Herrn Abgeordneten Daweke werden auf die Bitte des Fragestellers hin schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Weisskirchen ({1}) auf: Ist die Bundesregierung auch der Meinung, daß die Bund-LänderKommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung und ihre Arbeiten weitgehend entbehrlich seien und eine gesamtstaatliche Bildungsplanung heute so nicht mehr erforderlich sei, wie der Kultusminister des Landes Niedersachsen geäußert haben soll? Ich erteile zur Beantwortung der Fragen dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär das Wort.

Eckart Kuhlwein (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001252

Herr Kollege Weisskirchen, Sie erlauben, daß ich Ihre Fragen wegen des Zusammenhangs in einem Durchgang beantworte. Die Bundesregierung hält eine gesamtstaatliche Bildungsplanung für unentbehrlich. Die Gründe, die vor gut zehn Jahren zur Einführung des Art. 91 b GG geführt haben, bestehen unverändert fort: Sicherung der notwendigen Bildungsangebote auf allen Stufen des Bildungswesens, Verbesserung der Qualität der Bildung, Sicherung einer in Grundzügen einheitlichen Weiterentwicklung des Bildungswesens, Entwicklung und Erprobung tragfähiger und problemgerechter Antworten auf neue Aufgaben und Anforderungen können nur in gemeinsamer Anstrengung von Bund und Ländern gelingen. Dabei sind gemeinsame Planung und Zukunftsvorsorge, gemeinsame Anstrengungen zur Ressorcensicherung in Zeiten wachsender finanzieller Enge noch wichtiger als in Zeiten hoher Zuwachsraten. Zum zweiten Komplex: Die Bundesregierung hält von Überlegungen, die KMK mit den Aufgaben der Bund-Länder-Kommission zu beauftragen, nichts. Die Entwicklung des Bildungswesens muß in die Gesamtpolitik eingebettet, Bildungsplanung muß mit Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Sozial-, Finanz- und Forschungspolitik verzahnt werden. Fachministerkonferenzen wie die Kultusministerkonferenz können diese Aufgaben nicht leisten. Im übrigen ist die Bundesregierung jederzeit zu Gesprächen über eine Verbesserung der Arbeitsweise in der Bund-Länder-Kommission bereit.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weisskirchen.

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie beurteilt denn die Bundesregierung den Vorstoß von Herrn Remmers, Kultusminister in Niedersachsen, im Blick auf die laufenden Verhandlungen zur Verabschiedung der Fortschreibung des Bildungsgesamtplans Nr.2?

Eckart Kuhlwein (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001252

Herr Kollege Weisskirchen, es fällt schwer, sich insbesondere am 1. April eine ironische Bemerkung dazu zu verkneifen. Aber Herr Kollege Remmers hätte sich wohl kaum einen ungünstigeren Zeitraum wählen können. Denn er gefährdet die laufenden schwierigen Abstimmungsgespräche zwischen Bildungsseite und Finanzseite, die schließlich nur gemeinsam zum Erfolg führen können. Nur dann, wenn die für Bildung in Bund und Ländern verantwortlichen Minister sich zusammensetzen, dürfte ein Ergebnis erreichbar sein, das den Ausbaustand und die Weiterentwicklung des Bildungswesens sichert.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Weisskirchen.

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Herr Remmers hat ja auch einige Hinweise dazu gegeben, in welche Richtung er argumentiert. Stimmt denn die Bundesregierung der Auffassung zu, daß die Bund-Länder-Kommission in ihrer Konstruktion und in ihrer Arbeitsweise zu aufwendig sei, zu wenig wirksam oder gar überperfektioniert, zu wenig politisch und gar überbürokratisiert sei?

Eckart Kuhlwein (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001252

Die Bundesregierung sieht nach wie vor in der Grundstruktur der Bund-Länder-Kommission, und zwar in ihrer Aufgabenstellung und in ihrer Zusammensetzung als Regierungskommission, eine geeignete Grundlage für die gesamtstaatliche Abstimmung. Angesichts der gegebenen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern kann es dazu im Grundsatz keine Alternative geben. Sicherlich gibt es Möglichkeiten, die Arbeit zu verbessern und vor allem politischer zu gestalten. Das würde aber auch voraussetzen, daß die für die Bildungspolitik Verantwortlichen in den Ländern sich persönlich in der Bund-Länder-Kommission beteiligen und nicht, wie das Herr Remmers 1979 einmal getan hat, vom stellvertretenden Vorsitz zurücktreten und sich dann nicht mehr sehen lassen. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Weisskirchen, Sie haben zwei Zusatzfragen. Die Frage 14 ist aufgerufen. Sie haben natürlich zu der Frage 15 wieder zwei Zusatzfragen. - Bitte schön, wünschen Sie eine Zusatzfrage? ({0}) Bitte sehr!

Hermann Schätz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001936, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Frage geht an den Herrn Staatssekretär. Ich frage ihn, ob die Bundesregierung über Informationen verfügt, aus denen hervorgeht, daß der Vorstoß von Herrn Remmers mit der CDU/CSU abgesprochen war.

Eckart Kuhlwein (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001252

Die Bundesregierung möchte dazu jetzt keine Spekulationen anstellen, weil wir j a zu dem Vorstoß von Herrn Remmers in der öffentlichen Diskussion auch von Unionsseite aus Ländern und Bund unterschiedliche, teilweise differenzierendere Auffassungen gehört haben. Es ist auch so, daß Herr Remmers sich in der zweiten Runde seiner Äußerung, nachdem nachgefragt worden war, was er denn nun meine, auch schon etwas zurückhaltender eingelassen hat. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, daß über Kritik an der Bund-Länder-Kommission zunächst dort gesprochen wird, wo sie hingehört und wo sie geäußert werden müßte, nämlich in der BundLänder-Kommission selbst: und zwar dann auch auf politischer Ebene. Diese Gespräche sollten nicht durch vorschnelle Ankündigungen und Maßnahmen erschwert oder beeinträchtigt werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Immer. ({0}) - Herr Kollege Weisskirchen, Sie können jetzt, nachdem Ihre beiden Zusatzfragen zu Ihrer ersten Frage gestellt sind, zu dieser Frage keine Zusatzfrage mehr stellen; erst bei der nächsten wieder. - Herr Kollege Immer, bitte.

Klaus Immer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000995, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, haben Sie Kenntnisse darüber, ob der Vorstoß von Herrn Kultusminister Remmers darauf zurückzuführen ist, daß mittlerweile innerhalb der CDU-Länder Uneinigkeit über den weiteren Bildungsweg eingetreten ist und er sich dort nicht mehr durchsetzen kann?

Eckart Kuhlwein (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001252

Diese Uneinigkeit wurde deutlich, als er 1979 vom stellvertretenden Vorsitz der Bund-Länder-Kommission zurücktrat. Ich hoffe, daß die Auffassung, die Herr Remmers jetzt vertreten hat, die eine Gefahr für die gesamtstaatliche Entwicklung des Bildungwesens bedeuten würde, nicht von seinen Kollegen geteilt wird. In manchen anderen Fragen könnte man mit Herrn Remmers übereinstimmen. In dieser tut es die Bundesregierung nicht.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Weisskirchen, der Herr Staatssekretär hat beide Fragen zusammen beantwortet. Das hatte ich vorhin übersehen. Ich bitte um Nachsicht. Ich rufe deswegen jetzt auch noch Ihre Frage 15 auf: Was hält die Bundesregierung von Vorschlägen, Aufgaben der Bildungsplanung sowie notwendige Abstimmungen zwischen Bund und Ländern im Bildungswesen auf die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder ({0}) und ihr Umfeld zu verlagern? Sie haben natürlich dann das Wort zu zwei weiteren Zusatzfragen, wenn Sie das wünschen. Bitte sehr.

Gert Weisskirchen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002465, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie es denn, daß der gegenwärtige Vorsitzende der Bund-LänderKommission, Herr Engler, sich in diese aktuelle Auseinandersetzung nicht nur nicht eingemischt hat, sondern daß auch der Herr Kultusminister des Freistaates Bayern, Herr Maier, eine sehr distanzierte Position gegenüber dem Vorstoß des Herrn Remmers eingenommen hat?

Eckart Kuhlwein (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001252

Diese Äußerungen lassen die Hoffnung zu, daß uns die Bund-LänderKommission wenigstens noch auf absehbare Zeit erhalten bleibt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Sie wünschen das Wort zu einer Zusatzfrage? - Bitte sehr, Herr Kollege.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklärt sich die Bundesregierung die Tatsache, daß sich trotz des Vorhandenseins der Bildungsplanung und der Bund-Länder-Kommission das deutsche Schulwesen in Wirklichkeit immer weiter auseinanderentwickelt hat? ({0})

Eckart Kuhlwein (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001252

Herr Kollege, diese Frage sollten Sie nicht an die Bundesregierung richten. Sie ist wohl auch nur mit Vorbehalten an die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung zu richten. Ihre Frage sollte sich an die Kultusministerkonferenz richten, die dort noch ein weites Aufgabenfeld hat. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen? - Dann sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft beanwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Ich rufe die Fragen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung begrüße ich den Herrn Staatssekretär Dr. Hartkopf. Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Immer auf: Vizepräsident Leber Wie beurteilt die Bundesregierung Warnungen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände und des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten von Nordrhein-Westfalen, daß die Schadstoffemissionen beim Betrieb von Kohlekraftwerken auch bei neuen Anlagen Werte erreichen, die weiträumig zur Vernichtung von Nadelwaldbeständen führen, und welche Maßnahmen wird sie gegebenenfalls ergreifen, um solche Schäden zu verhindern? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Auswirkung von Schwefeldioxid ist der Bundesregierung seit vielen Jahren bekannt. Der Sachverhalt ist bestätigt worden durch die Sachverständigenanhörung in Berlin im Februar 1978, die vom Innenausschuß des Deutschen Bundestages durchgeführte öffentliche Anhörung von Sachverständigen im Januar 1980 und die Sachverständigenanhörung der nichtministeriellen Projektgruppe zur Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen für ein „Aktionsprogramm Ökologie" im März 1980. Weitere Aussagen werden im Rahmen des Sondergutachtens „Energie und Umwelt" des Sachverständigenrates für Umweltfragen erwartet. Der Zwischenbericht des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten von NRW liegt der Bundesregierung noch nicht vor; ich habe die Landesregierung gebeten, den Bericht zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung hat sehr frühzeitig eine normative und finanzielle Strategie zur Verminderung von Schweifeldioxidkonzentrationen in der Umwelt entwickelt, wodurch in den 70er Jahren ein Belastungsrückgang zu verzeichnen war. Sie ist der Meinung, daß eine Lösung des Problems langfristig nur durch Verminderung der Emissionen an der Quelle zu erreichen ist. Zu diesem Zweck sind auf der Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Regelungen getroffen worden. Besonders bedeutsam ist hier die TA-Luft von 1974. Danach dürfen neue Großemittenten, insbesondere Kohlekraftwerke, nur noch genehmigt werden, wenn ihre Emissionen von Schwefeldioxid soweit wie möglich begrenzt werden durch Verwendung schwefelarmer Stoffe und durch Anwendung der Abgasentschwefelung. Die technischen Voraussetzungen für diese Maßnahmen sind von der Bundesregierung im Rahmen von umfangreichen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben entwickelt und erprobt worden. Bei neuen Kohlekraftwerken wird diese Technik eingesetzt. Infolge der von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen zur Verminderung der S02-Belastung kann der Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände, für das gesamte Bundesgebiet gesehen, nicht zugestimmt werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Immer.

Klaus Immer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000995, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da ich davon ausgehe, daß dennoch Schadstoffe, die diese Auswirkungen auf Nadelwaldbestände haben, austreten, frage ich Sie, ob Sie nicht Bedenken haben, wenn gerade in Waldgebieten dezentralisiert neue Kohlekraftwerke gebaut werden.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, es kommt auf die Gesamtbelastung an, die regional sehr unterschiedlich sein kann. Die Umweltministerkonferenz hat deshalb als Stand der Technik für neue Kohlekraftwerke 650 mg Schwefeldioxid pro Kubikmeter Luft festgelegt. Dies ist ein Grenzwert, der von der Emissionsseite her unbedenklich ist.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Wünschen Sie das Wort zu einer zweiten Zusatzfrage, Herr Kollege Immer?

Klaus Immer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000995, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich weiß nicht, ob Sie meine Frage von Ihrem Ressort her beantworten können: Denkt die Bundesregierung auch daran, in solchen Fällen Empfehlungen dahin gehend zu geben, bei Neuaufforstungen statt Nadelwälder Misch- oder Laubwälder anzupflanzen, die ja von diesen Dingen weniger gefährdet werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Strategie der Bundesregierung zielt darauf ab, die Belastung durch Schwefeldioxid so gering wie möglich zu halten. Auf Grund der EG-Richtlinie über den Medianwert von 120 ist eine weitere Reduzierung des Schwefeldioxidgehalts in den Emissionen vorgesehen. Wir gehen davon aus, daß wir langfristig keine Empfehlungen geben müssen, sondern daß die Schwefeldioxid-Emissionen so reduziert werden, daß sie auch für empfindliche Pflanzen unschädlich sind.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, inwieweit bestehen Möglichkeiten, in den Ländern von dem Wert 650 mg pro Norm-Kubikmeter, den Sie genannt haben, abzuweichen, und ist es richtig, daß in Nordrhein-Westfalen 850 mg pro Norm-Kubikmeter die Regel sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter Laufs, die Umweltministerkonferenz hat sich im Februar vergangenen Jahres einstimmig für 650 mg ausgesprochen. Es gibt Probleme bei der Ballastkohle. Über die Frage der Behandlung der Ballastkohle sind Gespräche zwischen Bund und Ländern im Gange. Wir nehmen an, daß wir bis Ende des Jahres, wenn der Referentenentwurf der neuen TA-Luft vorliegt, dieses Problem einvernehmlich mit den Ländern geregelt haben.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf: Ist der Bundesregierung bekannt, ob es zutrifft, daß in der letzten Zeit bei Demonstrationen mit Ausschreitungen und Besetzungen von Häusern an verschiedenen Orten jeweils dieselben Teilnehmer festgestellt wurden, und hat die Bundesregierung Erkenntnisse, ob und von wem diese Personen finanzielle Unterstützung erhalten? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, der Bundesregierung liegen keine bestätigten Erkenntnisse dafür vor, daß an Demonstrationen mit Ausschreitungen und Hausbesetzungen überregional an verschiedenen Orten jeweils dieselben Teilnehmer festgestellt wurden. Die Bundesregierung hat auch keine Hinweise darüber, daß an diese PerStaatssekretär Dr. Hartkopf sonen finanzielle Unterstützung von Dritten gezahlt wurde.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Veröffentlichungen, die von der Bundesregierung bisher nicht dementiert wurden, daß bei diesen gewalttätigen Ausschreitungen und Hausbesetzungen eine Anzahl von Personen immer dieselben gewesen seien, und teilen Sie meine Meinung, daß diese Leute von jemandem finanziell unterstützt werden müssen, um diese durchführen zu können?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, in der Antwort auf die Frage des Herrn Abgeordneten Voss vom 20. März 1981 habe ich namens der Bundesregierung erklärt, daß es keine Erkenntnisse gibt, weder im Hinblick auf die Finanzierung noch in bezug auf einen gesteuerten Einsatz von Hausbesetzern.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bemüht sich die Bundesregierung überhaupt darum, solche Erkenntnisse zu bekommen, die für unsere innere Sicherheit von nicht unmaßgeblicher Bedeutung sind, oder legt die Bundesregierung keinen Wert darauf, solche Erkenntnisse zu bekommen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung steht über ihre Sicherheitsbehörden in täglichem Kontakt mit den einzelnen Bundesländern und tauscht Erfahrungen aus. Bisher sind von den Bundesländern solche Erfahrungswerte nicht mitgeteilt worden, Herr Abgeordneter.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage. Herr Kollege Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung den Umstand, daß bei zahlreichen Hausbesetzungen der letzten Zeit festgestellt wurde, daß ein großer Teil der Beteiligten feste Wohnsitze hatte und also nicht zum Kreis Wohnungsnotbetroffener gehört, zum Anlaß genommen, der Frage, die der Kollege Jobst gestellt hat, etwas näher nachzugehen und nach solchen Hintergründen genau zu forschen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Fragen der inneren Sicherheit sind primär Sache der betroffenen Länder. Da es sich nicht um überregionale Veranstaltungen handelt, sind die Länder zuständig. Ihnen liegen keine Erkenntnisse vor, die sie uns mitgeteilt hätten.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lintner.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gibt es eigentlich Hinweise darauf, daß in irgendeiner Form eine zentrale Steuerung hinter diesen Demonstrationen steckt?

Not found (Staatssekretär:in)

Es gibt keinerlei Hinweise, weder beim Bund noch bei den Ländern. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Sie haben nur eine Zusatzfrage.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie irgendwelche Angaben darüber machen, -

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Lintner - ({0})

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

- - in welcher Form kommunistische Tarnorganisationen dabei beteiligt sind?

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Stellen Sie sie nur. Sie sind schon dran. Sie haben eigentlich nur das Recht zu einer einzigen Zusatzfrage.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Tut mir leid. Das hatte ich falsch verstanden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Er hat mich mißverstanden.

Not found (Staatssekretär:in)

Hausbesetzer als solche sind natürlich nicht Gegenstand der Beobachtung. Selbstverständlich versuchen Hilfsorganisationen kommunistisch infiltrierter Kreise, hier Einfluß zu gewinnen. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen und den Erkenntnissen der Länder gibt es keinen entscheidenden Einfluß von dieser Seite.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf: Auf welche Weise wirkt der Bundesinnenminister bei der Erteilung von Besuchsgenehmigungen für kerntechnische Einrichtungen zugunsten von Ausländern mit, die anhand der üblichen Sicherheitsprüfungen durch Länderbehörden nicht überprüfbar sind, und in welchen Fristen erfolgte in der Vergangenheit in der Regel eine Unbedenklichkeitserklärung des Bundesinnenministers für den Zutritt zu Sicherheitsbereichen? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, für die Genehmigung des Besuchs bei kerntechnischen Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland sind ausschließlich die obersten Landesbehörden zuständig. Bei Besuchsgenehmigungen zugunsten von Ausländern wirkt der Bundesinnenminister im Wege der Amtshilfe nur bei der Beschaffung von Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigungen der ausländischen Behörden mit. Die Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigungen der ausländischen Behörden gehen in der Regel etwa eine Woche vor dem geplanten Besuchstermin ein. Bei kurzfristig angesetzten Besuchen sind in der Vergangenheit die Bescheinigungen mitunter erst ein bis zwei Tage vor dem Besuchstermin eingegangen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat es Einzelfälle gegeben, in denen, noch bevor die Länder um Amtshilfe nachkamen, durch unmittelbare Kontakte zwischen dem Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz und dem Bundesministerium des Innern Vorabzusagen für kurzfristige Sicherheitsunbedenklichkeitsbescheinigungen für Besuche in kerntechnischen Anlagen gegeben wurden?

Not found (Staatssekretär:in)

Dies ist nicht bekannt, Herr Abgeordneter. Ich halte es auch für nicht denkbar, daß der Bundesinnenminister so verfahren würde. Von dieser Prozedur wird nur abgewichen, wenn es sich um Besuche handelt, bei denen die Bundesrepublik Deutschland mit den Entsendestaaten bilaterale Abkommen über Sicherheit und kerntechnische Zusammenarbeit aufweisen kann.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie zahlreich waren die Fälle, in denen der Bundesminister des Innern innerhalb von ein bis zwei Tagen Unbedenklichkeitserklärungen abgegeben hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, dies ist die Ausnahme. Ich würde gern feststellen, wie viele Ausnahmen es gegeben hat, und Ihnen die Frage dann schriftlich beantworten. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Herberholz auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den nächsten Jahren regional ein weiterer Anstieg des Nitratgehalts im Trinkwasser zu befürchten ist, und wenn ja, welche Überlegungen werden seitens der Bundesregierung angestellt, um dieser Gefahr zu begegnen? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Nitratgehalt regional in verschiedenen Grundwasservorkommen, die zur Trinkwassergewinnung genutzt werden, eine steigende Tendenz aufweist und hohe Nitratbelastungen vor allem in Gebieten mit hoher Nitratdüngung, also bei Intensivkulturen, insbesondere Weinbau, festzustellen sind. In den Grundwässern Norddeutschlands treten nur geringe Nitratgehalte auf. Für die Trinkwasserversorgungsanlagen, die Wasser aus oberirdischen Gewässern gewinnen, stellt deren Nitratbelastung, die z. T. auch aus den Abläufen der biologischen Kläranlagen stammt, im allgemeinen kein Problem dar. Wegen der möglichen Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit durch Nitrat ist dessen Gehalt in der Trinkwasserverordnung von 1975 z. Zt. auf höchstens 90 Milligramm pro Liter im Trinkwasser begrenzt. Die Trinkwasserkommission des Bundesgesundheitsamtes hat aber empfohlen, die Höchstwerte für Nitrat herabzusetzen. Mit entschiedener Unterstützung der Bundesregierung ist erreicht worden, daß der Höchstwert für Nitrat in der EG-Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 15. Juli 1980 auf den Wert von 50 Milligramm pro Liter herabgesetzt wurde. Die EG-Richtlinie ist innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe von den Mitgliedstaaten in Rechts- und Verwaltungsvorschriften umzusetzen. Die Bundesregierung bereitet diese Umsetzung vor.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Herberholz.

Ralph Herberholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000876, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sehen Sie in der Beibehaltung einer derartigen Düngung und der Ausgabe von Trinkwasser in Flaschen durch die zuständigen staatlichen Behörden eine Lösung, oder würden Sie - umgekehrt - mehr für die Reinhaltung des Trinkwassers plädieren und andere Wege in der diesbezüglichen Düngung suchen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Priorität der Bundesregierung liegt ganz eindeutig auf der Reduzierung des Schadstoffeintrags, und zwar durch die Nitrathöchstgrenze von 50 Milligramm pro Liter, die auch in Gebieten mit Spitzenbelastung eingehalten werden kann; das allerdings vorübergehend durch Zumischung.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Herberholz.

Ralph Herberholz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000876, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß einzelne Ortsgemeinden wegen der Nitratverseuchung Trinkwasser in Flaschen an die Bewohner ausgeben?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, dies ist bekannt. Dies ist aber eine Frage des Vollzugs der Trinkwasserverordnung. Die Bundesregierung ihrerseits tut alles, um einerseits den Schadstoffeintrag zu verringern und andererseits durch Aufklärung, insbesondere für die Landwirtschaft, eine Reduzierung der Düngung durch Nitrate zu erreichen. Erfolge sind hier erreicht worden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Eigen.

Karl Eigen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie für die Bundesregierung berichten, daß die Bodenseeverseuchung dadurch stark nachgelassen hat, daß man auf der Insel Reichenau verschiedene Maßnahmen ergriffen hat, ohne daß auf der Insel die Düngung verringert wurde?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, nicht nur in Baden-Württemberg, sondern insbesondere auch im Land Rheinland-Pfalz sind, wie die Antwort auf eine Anfrage dort ergeben hat, die Nitratgehalte erheblich zurückgegangen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Immer.

Klaus Immer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000995, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, davon ausgehend, daß nicht nur das Nitrat im Wasser, sondern auch die Überdüngung von Pflanzen mit Stickstoff Schäden bei dem hervorrufen können, der das aufnimmt, frage ich Sie, ob die Bundesregierung angesichts dieser Entwicklung möglicherweise Immer ({0}) beabsichtigt, Höchstgrenzen für die Düngung einzuführen.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, diesem Zweck dienen auf der einen Seite die Phosphathöchstmengenverordnung und auf der anderen Seite die Rücknahme des Phosphatanteils in den Düngemitteln selbst. Die Aufklärung durch die Landwirtschaftskammern, die meiner Erfahrung nach sehr unbürokratisch erfolgt, hat zusätzlich große Vorteile gebracht.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Kübler auf: Welche praktischen Erfahrungen hat die Bundesregierung mit den 1975 beschlossenen Grundsätzen für die Prüfung der Umweltverträglichkeit öffentlicher Maßnahmen des Bundes seither gemacht, insbesondere wieviel öffentliche Maßnahmen sind z. B. in den Ressorts Verkehr und Bau nach den zuvor genannten Grundsätzen überprüft worden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich wäre dankbar, wenn ich die Fragen 21 und 22 im Zusammenhang beantworten dürfte.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Der Fragesteller ist einverstanden. - Ich rufe auch die Frage 22 auf: Hat die Regelung in den Grundsätzen für die Prüfung der Umweltverträglichkeit öffentlicher Maßnahmen des Bundes, wonach diese keine Anwendung finden, soweit in oder auf Grund von Rechtsvorschriften spezielle Bestimmungen zum Schutz der Umwelt getroffen sind, im Ergebnis dazu geführt, daß Umweltverträglichkeitsprüfungen nach den Grundsätzen von 1975 praktisch nicht stattgefunden haben, und hält die Bundesregierung deshalb möglicherweise eine Überprüfung dieser Regelung in den Grundsätzen für die Zukunft für erforderlich? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich darf mir erlauben, an die Antwort der Bundesregierung auf die Frage 4 der Großen Anfrage der Fraktionen der SPD und der FDP vom 18. Oktober 1979 - Bundestags-Drucksache 8/3279 - anzuknüpfen. Die damals gemachten Ausführungen haben auch heute noch Bestand. Für den Großteil aller umweltrelevanten Maßnahmen des Bundes enthalten Umweltgesetze und sonstige Fachgesetze besondere Rechtsgrundlagen für die Prüfung der Umweltverträglichkeit. Die subsidiären Grundsätze zur Prüfung der Umweltverträglichkeit und die übrigen Vorschriften gewährleisten eine Prüfung aller umweltrelevanten Maßnahmen auf ihre Umwelteinwirkungen unter Einschluß von Alternativen sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Die Frage, wie effizient die Grundsätze von den einzelnen Ressorts umgesetzt worden sind, bilden neben anderen Grundsatzproblemen der Umweltverträglichkeitsprüfung den Gegenstand eines Gutachtens von Professor Stich, welches derzeit ausgewertet wird. Sollte die Auswertung ein inhaltlich von der Antwort auf die Große Anfrage abweichendes Ergebnis haben oder weitere Untersuchungsschritte über die Anwendung der Grundsätze erforderlich machen, wird die Bundesregierung bemüht sein, den Innenausschuß des Deutschen Bundestages entsprechend der Erörterung in seiner Sitzung am 18. März 1981 noch vor Ende der Sommerpause davon in Kenntnis zu setzen. Im übrigen beteiligt sich die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern intensiv an der Erarbeitung einer Richtlinie der EG zur Umweltverträglichkeitsprüfung, die alle umweltrelevanten Bereiche und nicht nur die Maßnahmen des Bundes umfaßt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kübler.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist in dem Gutachten von Professor Stich eine Äußerung zu der Frage enthalten, ob auch nichtöffentliche Maßnahmen des Bundes in diese Grundsätze mit einbezogen werden sollen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Grundsätze, die von der Bundesregierung erlassen worden sind, betreffen nur öffentliche Maßnahmen des Bundes. Der Entwurf der EG-Richtlinie umfaßt alle Maßnahmen privater und öffentlicher Art, und wir beteiligen uns derzeit intensiv daran, daß diese Umweltverträglichkeitsrichtlinie erlassen wird, die völlig umfassend sein wird. Sie umfaßt sicher eine Umweltanalyse des Betreibers oder Herstellers und sieht ein öffentliches Anhörungsverfahren vor.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kübler.

Dr. Klaus Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001238, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist der Bundesregierung bekannt, inwieweit der Beschluß der Umweltministerkonferenz von 1975, die Grundsätze zur Prüfung der Umweltverträglichkeit in den Ländern entsprechend zu übernehmen, realisiert worden ist, oder, falls nicht, aus welchen Gründen dies nicht erfolgt ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesregierung sind die Bestrebungen der Länder bekannt. Als erstes Land hatte bekanntlich Bremen kurze Zeit nach Erlaß der Umweltverträglichkeitsgrundsätze des Bundes eine eigene Umweltverträglichkeitsregelung verabschiedet. Weitere drei Länder sind gefolgt. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, umfaßt der Entwurf der EG-Richtlinie auch Bestimmungen über den Lärmschutz beim Bau von öffentlichen Straßen, und, wenn ja, wie wirkt sich dies auf die zu erwartende Vorlage der Bundesregierung für das Lärmschutzgesetz aus?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die EG-Richtlinie umfaßt alle Maßnahmen, einschließlich Verkehr und Bergbau, und wenn diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt ist, wird es keine Maßnahme geben, die davon ausgenommen ist.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob die Bundesregierung in den Beratungen über den Entwurf des Lärmschutzgesetzes, die sicher schon laufen, den Inhalt dieser Richtlinie berücksichtigt hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Richtlinie und die Stellungnahme der Bundesregierung dazu werden zwischen den Ressorts intensiv beraten. Die Richtlinie war Gegenstand einer Beratung im Bundesrat, und sie wird mit den Ländern auf neun Ebenen abgestimmt, so daß Sie sicher sein können, daß alle notwendigen Aspekte in den Entwurf eingebracht werden. Es gibt in der Zwischenzeit eine Stellungnahme der Bundesregierung zum zweiten Entwurf der EG, der diese Gesichtspunkte enthält.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu weiteren Zusatzfragen wird das Wort nicht gewünscht. Für seine Fragen 23 und 24 hat der Herr Abgeordnete Keller um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf: Warum hat der Bundesinnenminister vor dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages nur von 250000 ausreisewilligen Deutschen gesprochen, während anderorts von über 500 000 Deutschen, deren Ausreisewünsche bekannt sind, die Rede ist? Der Herr Abgeordnete ist im Saal. Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die von Herrn Bundesminister Baum vor dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages am 21. Januar 1981 genannte Zahl von etwa einer Viertelmillion bekannter Ausreisewünsche bezieht sich auf die beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes in Hamburg registrierten aktuellen, namentlich bekannten Ausreisebegehren von Deutschen aus den Staaten Ost- und Südosteuropas. Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler hat in seiner in Anlage 50 zum Stenographischen Bericht über die Bundestagssitzung am 27. Juni 1980 abgedruckten Antwort auf eine ähnliche Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes ({0}) ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Zahl keine Schlüsse auf die tatsächlich vorhandenen Ausreisewünsche zuläßt und sich laufend in beide Richtungen verändern kann. Der Suchdienst Hamburg des Deutschen Roten Kreuzes ist die einzige von der Bundesregierung beauftragte Stelle, die sich mit der Bearbeitung der Ausreisewünsche von Deutschen aus sämtlichen Aussiedlungsgebieten befaßt. Alle übrigen sonst genannten Zahlen sind nicht amtlich und bleiben hinsichtlich ihrer Verifikation nicht nachprüfbar.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich stimme Ihnen zu, daß alle diese Zahlen ohnehin nicht nachprüfbar sind, und frage, ob es der Bundesregierung bekannt ist, daß allein aus den Gebieten jenseits von Oder und Neiße 150 000 Deutsche und aus Rumänien etwa 70 bis 80 % derer ausreisen wollen, die heute in Siebenbürgen und im Banat leben, und daß außerdem eine sehr hohe Zahl von Ausreisewilligen aus der Sowjetunion allgemein bekannt ist, also auch der Bundesregierung bekannt sein müßte.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter Hupka, die Erfahrung spricht dafür, daß die Zahl der tatsächlich Ausreisewilligen höher liegt als die Zahlen des Deutschen Roten Kreuzes. Dies ist daran zu erkennen, daß die Zahl der registrierten Ausreisebegehren nicht geringer wird. Ob diese Zahl bei 500 000 oder in einer anderen Größenordnung liegt, läßt sich jetzt nicht sagen. Lediglich der vom Deutschen Roten Kreuz genannten Zahl liegen konkrete Erkenntnisse zugrunde.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gehe ich, da Sie eben in Ihrer zweiten Antwort die Zahl von 500 000 gebraucht haben, richtig in der Annahme, daß wir Grund dafür haben, die Zahl für die tatsächlich vorhandenen ausreisewilligen Deutschen zu schätzen, wenn auch nicht alle namentlich nachher beim Suchdienst in Hamburg registriert sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Zahl liegt sicherlich höher als 250 000. Wir können erst dann tätig werden, wenn ein konkreter Ausreisewunsch vorliegt. Er muß nicht unbedingt in Hamburg eingebracht werden, sondern kann uns auch auf sonstigem Weg bekanntgegeben werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich rufe Frage 26 des Abgeordneten Sander auf: Trifft es zu, daß dein in Rumänien geborenen Berufsfußballer Alexander Szatmari, der im November 1979 nach dem UEFA-Cup-Spiel von Dynamo Bukarest bei Eintracht Frankfurt in der Bundesrepublik Deutschland geblieben ist und seit Oktober 1980 beim VfB Stuttgart spielt, ohne Einhaltung der sonst üblichen Fristen die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen worden ist, und ist das Einbürgerungsverfahren Szatmari mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, wenn Sie einverstanden sind, würde ich gerne beide Fragen gemeinsam beantworten.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch noch Frage 27 des Herrn Abgeordneten Sander auf: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in allen Bundesländern und bei allen ausländischen Personen die gleiche Behandlung ihrer Anträge auf Einbürgerung zu gewährleisten?

Not found (Staatssekretär:in)

Danke sehr. - Der in Rumänien geborene Berufsfußballer Szatmari ist deutscher Abstammung. Nach den Feststellungen der zuständigen Staatsangehörigkeitsbehörde des Landes Baden-Württemberg hat er durch Aufnahme nach Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes von Rechts wegen den Status als Deutscher erlangt. Auf Grund dieser Rechtsstellung ist er einem deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt und hat einen Anspruch auf Einbürgerung. Herr Szatmari hat seinen Einbürgerungsanspruch inzwischen geltend gemacht. Die Einbürgerung ist aus Verfahrensgründen noch nicht vollzogen worden; der Vollzug dürfte jedoch in Kürze erfolgen können. Dem Einbürgerungsanspruch muß entsprochen werden, wenn keine Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß der Einzubürgernde die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist nicht zu erkennen, daß die Anspruchseinbürgerung des Antragstellers mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar sein sollte. Die Gleichbehandlung ist durch die Anwendung des Gesetzes gesichert.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine Zusatzfrage. Ich rufe Frage 28 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird nicht beantwortet. Ich rufe Frage 129 des Abgeordneten Böhm ({0}) auf. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird nicht beantwortet. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Die Fragen 29 und 30 des Herrn Abgeordneten Lampersbach werden vom Fragesteller zurückgezogen. ({1}) - Entschuldigung, ich habe eine schriftliche Mitteilung bekommen, daß Sie Ihre Fragen zurückziehen. Sie ziehen sie nicht zurück? ({2}) - Dann rufe ich die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Lampersbach auf: Was gedenkt die Bundesregierung gegen eine sich in letzter Zeit mehrende Praxis gewisser Vereine zu tun, die häufig nur aus wenigen ({3}) Personen bestehen, aber mit pompösen Schriftsätzen ({4}) Wirtschaftsunternehmen insbesondere des Handels wegen angeblicher Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb abmahnen und bis zu 150 DM „Gebühren" festsetzen, die vielfach von den Unternehmern - in Unkenntnis der Rechtslage - dann auch bezahlt werden?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb räumt Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen seit jeher die Möglichkeit ein, Abwehransprüche gegen die Verletzung bestimmter Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb selbständig geltend zu machen. Diese Möglichkeit wurde im Jahre 1965 auch auf solche Verbände ausgedehnt, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Die Tätigkeit von Verbänden im Rahmen des § 13 UWG ist ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung unlauterer Wettbewerbspraktiken und hat sich grundsätzlich bewährt. Wettbewerbsverstöße werden von den Vereinen in der Regel im Vorfeld einer Klage durch Abmahnungen gerügt. Von der Rechtsprechung wird überwiegend anerkannt, daß den Verbänden dabei in begrenztem Rahmen ein Anspruch auf Erstattung ihrer Abmahnkosten zusteht. Die Rechtsprechung ist zunehmend bemüht, ein dem Gesetzeszweck nicht entsprechendes Vorgehen klagebefugter Verbände zu verhindern. Die Bundesregierung hatte bereits im Rahmen des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb von 1978 - das ist Drucksache 8/2145 - eine Neufassung der §§ 13 ff des UWG vorgeschlagen, die besondere Voraussetzungen für die Ab-mahn- und Klagetätigkeit von Verbänden im Rahmen dieser Vorschrift, insbesondere eine Registrierungspflicht und eine Aufsicht über solche Verbände, aufstellt. Der Regierungsentwurf konnte in der vergangenen Wahlperiode nicht mehr abschließend beraten werden. Im Rahmen der Weiterbehandlung der UWG-Novelle wird geprüft, welche Möglichkeiten bestehen, um Mißstände zu beseitigen. Dabei wird freilich auch zu berücksichtigen sein, daß die Erhaltung eines lauteren und funktionsfähigen Wettbewerbs im öffentlichen Interesse liegt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lampersbach.

Egon Lampersbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001276, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sehen Sie über das Bemühen der Bundesregierung und über mögliche Initiativen aus dem Hohen Hause oder auch aus anderen zuständigen Institutionen hinaus die Möglichkeit, die ausufernden - sehr häufig den lauteren Wettbewerb ins Gegenteil verkehrenden - Praktiken dieser sogenannten Wettbewerbsvereine besser zu überprüfen und notfalls seitens der Justizminister der Länder Anweisung zu erteilen, dort einzugreifen?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Die Justizminister können insoweit, wenn ich das richtig sehe, keine Weisungen erteilen. Am besten erscheint es, wenn die Wettbewerber sich selbst helfen und solche Praktiken in den Medien entsprechend bekanntmachen. Im übrigen glaube ich nach wie vor, daß es gut wäre, wenn der von mir erwähnte Vorschlag der Bundesregierung Gesetz würde, weil damit klargestellt wäre, daß es eine Registrierung und dazu eine Aufsichtspflicht gäbe, die ein Einschreiten leicht ermöglichen würde.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Lampersbach.

Egon Lampersbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001276, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sehen Sie in dem Verfahren, wie es sich in der Praxis seitens sogenannter Wettbewerbsvereine abspielt, denn nicht häufig einen direkten Verstoß gegen geltendes Recht und auch gegen die guten Sitten?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Hier gibt es erklärtermaßen Mißstände. Soweit mir bekannt ist, gibt es auch Gesetzesverstöße.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe Frage 30 des Herrn Abgeordneten Lampersbach auf: Kann durch diese Praktiken die Verfolgung unlauteren Wettbewerbs nicht insgesamt diskreditiert werden und eine Beeinträchtigung der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, der Einzelhandelsverbände und der seriösen Wettbewerbsvereine eintreten, und, wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Es gibt, wie ich bereits erwähnt habe, Herr Kollege Lampersbach, teilweise Praktiken, die der Zielrichtung der Verbandsklagebefugnis nach § 13 UWG nicht entsprechen. Solche Praktiken sind geeignet, die Selbstkontrolle der an der Wirtschaft Beteiligten in Mißkredit zu bringen. Im Regierungsentwurf zur UWG-Novelle, der in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr abschließend beraten werden konnte, hatte die Bundesregierung, wie eben bereits erwähnt, eine Neufassung des § 13 UWG vorgeschlagen, um sicherzustellen, daß die Abmahn- und Klagebefugnis der Verbände seriös und im Einklang mit den Zielen des UWG ausgeübt wird. Dafür wird sich die Bundesregierung auch weiterhin einsetzen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine Zusatzfrage, Herr Kollege Lampersbach? Dann rufe ich Frage 31 des Herrn Abgeordneten Feile auf: Liegen der Bundesregierung Unterlagen darüber vor, von welchen Verbänden i. S. des § 13 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ({0}) derzeit im Falle eines Verstoßes gegen das UWG ein Anspruch auf Unterlassung einer wettbewerbswidrigen Handlung ({1}) geltend gemacht, welche Kosten für diese Abmahnung ({2}) gefordert werden sowie welche Vertragsstrafe im Falle einer Wiederholung im Rahmen einer Unterlassungserklärung zu entrichten ist? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Statistische Unterlagen darüber, welche Verbände in welchem Umfange tätig werden, liegen der Bundesregierung nicht vor. Soweit mir bekannt ist, machen die Vereine im Sinne des § 13 UWG für Abmahnungen, die sie wegen Wettbewerbsverletzungen erheben, im Einzelfall Kosten zwischen 120 und 150 DM geltend. Von der Rechtsprechung wird die Erstattung der Abmahnkosten etwa in diesem Rahmen zugebilligt. Es dient dem Ausschluß der Gefahr der Wiederholung einer Wettbewerbsverletzung, wenn die Unterlassungsverpflichtung des Wettbewerbsverletzers gegenüber dem ihn abmahnenden Verband durch eine Vertragsstrafe gesichert wird. Die Höhe der Vertragsstrafe im Rahmen einer solchen strafbewehrten Unterwerfungserklärung ist in der Regel an der Schwere des Wettbewerbsverstoßes ausgerichtet und kann daher nicht einheitlich beziffert werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.

Peter Feile (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000525, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie denn Berichte bestätigen, nach denen eine Berliner Firma, ein Verein in diesem Sinne, durch Abmahnung von Immobilienmaklern binnen kürzester Zeit etwa 100 000 DM Gebühreneinnahmen erreicht hat?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Mir ist dieser spezielle Fall nicht bekannt, aber wenn Sie konkrete Hinweise haben, sind wir dankbar, wenn Sie uns diese zugänglich machen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich Frage 32 des Herrn Abgeordneten Feile auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß neben den traditionellen Verbraucherschutzverbänden sich neue Vereine zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegründet haben, deren offensichtlicher Zweck die systematische Ausforschung des Anzeigenteils von Zeitungen nach - häufig geringfügigen - Verstößen des UWG ist und die für die Abmahnung teilweise nicht unbeträchtlichen Auslagenersatz fordern?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Die Verbandsklage ist ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen. Den gewerblichen Verbänden steht die Verbandsklagebefugnis seit Geltung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Jahre 1909 zu; den Verbraucherverbänden wurde sie, wie bereits in der Antwort auf die Frage von Herrn Lampersbach dargelegt, im Jahre 1965 zugebilligt. Der Bundesregierung ist bekannt, daß in einzelnen Fällen die Abmahn- und Klagetätigkeit im Rahmen des § 13 UWG von Verbänden ausgeübt worden ist, die angeblich um die Lauterkeit des Wettbewerbs bemüht sind, in Wirklichkeit aber nur ihre eigenen finanziellen Interessen verfolgen. Auch die Bundesregierung mißbilligt das Auftreten solcher „Gebührenvereine". Bestimmten Formen des Mißbrauchs der Verbandstätigkeit ist bereits von der Rechtsprechung entgegengetreten worden. Im Regierungsentwurf zur UWG-Novelle - ich darf das, Herr Kollege Feile, wiederholen -, der in der vergangenen Wahlperiode nicht mehr abschließend beraten werden konnte, hatte die Bundesregierung darüber hinaus bereits eine Neufassung des § 13 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vorgeschlagen, um sicherzustellen, daß die Abmahn- und Klagebefugnis der Verbände seriös und im Einklang mit den Zielen des UWG ausgeübt wird. Dafür wird sich die Bundesregierung auch weiterhin einsetzen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Feile.

Peter Feile (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000525, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sehen Sie denn nicht, daß als Folge dieser Abmahnaktionen am Anzeigenmarkt eine erhebliche Verunsicherung eingetreten ist, was sich dadurch auswirkt, daß die Zahl der Anzeigen zurückgeht und damit eine der Grundvoraussetzungen des Wettbewerbs, nämlich die Kenntnisnahme von einer Vielzahl von Angeboten, gefährdet ist?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Ich habe Zweifel, ob sich das, was Sie in Ihrer Frage behauptet haben, so belegen läßt. Sicher ist, daß diesen Mißbräuchen Einhalt geboten werden muß. Ich sagte schon, daß die Bundesregierung hierzu nach wie vor bereit ist. Wir halten es für das beste, wenn § 13 im Rahmen der Novellierung geändert wird und eine Vorschrift geschaffen wird, die eine Registrierpflicht vorsieht und es ermöglicht, eine Aufsicht einzuführen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Kollege Feile.

Peter Feile (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000525, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben für die Novelle zum UWG keine Terminangabe gemacht. Sehen Sie eine Möglichkeit, in Absprache mit den Zeitungsverlegern zu erreichen, daß Anzeigen schon bei ihrer Aufgabe wenigstens einigermaßen vor solchen Abmahnaktionen gesichert werden?

Dr. Hans With (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002536

Wir wollen die UWG-Novelle noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wissen. Ich gehe davon aus, daß die Herausgeber und Verleger sowie die Chefredakteure grundsätzlich gehalten sind, zu prüfen, ob die Anzeigen gegen das Recht verstoßen oder nicht. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, daß es hier und da Anzeigen gibt, die mißbilligt werden müssen. Ich habe Zweifel, ob hier Gespräche weiterhelfen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz behandelt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen jetzt zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Die Fragen 33 und 34 des Abgeordneten Grunenberg, 35 und 36 des Abgeordneten Grobecker, 37 und 38 der Abgeordneten Frau Terborg, 39 des Abgeordneten Ewen sowie 40 und 41 des Abgeordneten Eigen werden gemäß Ziffer 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Die Fragen 42 des Angeordneten Conradi und 43 des Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Gemäß Ziffer 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde werden ebenfalls die Fragen 44 und 45 des Abgeordneten Schröder ({1}) schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erledigt. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung und begrüßen den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Buschfort. Die Fragen 46 und 47 des Abgeordneten Dr. Häfele werden auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 48 des Abgeordneten Menzel auf: Sind der Bundesregierung Untersuchungsergebnisse bekannt, wonach in den Datenbanken großer Industrie- und Handelsunternehmen in erheblichem Umfang Einzelangaben über jeden Arbeitnehmer gesammelt sind ({2}), und ist eine solche Datensammlung mit den bundesrechtlichen Datenschutzbestimmungen vereinbar? Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, zur Beantwortung.

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Präsident, ich würde die beiden Fragen des Fragestellers gern im Zusammenhang beantworten.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Der Fragesteller ist einverstanden. Daher rufe ich auch die Frage 49 des Abgeordneten Menzel auf: Teilt die Bundesregierung Befürchtungen, daß durch die angeführten Datensammlungen persönliche Freiheiten und Selbstbestimmungsrechte eingeschränkt werden können, wachsende Kontrollen über den einzelnen sowie Verschiebungen im Interessengleichgewicht zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat möglich werden und das Arztgeheimnis in diesem Bereich nicht mehr gesichert ist, und wenn ja, was kann die Bundesregierung im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs tun, um diesen Befürchtungen entgegenzuwirken und sicherzustellen, daß diese Daten nicht mißbraucht werden?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Menzel, die Bundesregierung verfügt nicht über konkrete Angaben zum Umfang der Daten, die in den Datenbanken großer Industrie- und Handelsunternehmen über Arbeitnehmer gesammelt werden. Die Untersuchung, auf die sich der von Ihnen zitierte Zeitungsbericht stützt, ist der Bundesregierung bisher nicht bekannt; sie ist angefordert. Die Bundesregierung weiß aber, daß Arbeitnehmerdaten in erheblichem Umfang in den Betrieben gesammelt werden und zum Teil auch gesammelt werden müssen. Die konsequente Sammlung solcher Daten soll auf der einen Seite den Unternehmen selber die Informationen verschaffen, die sie zur Verfolgung ihrer Ziele benötigen. Darüber hinaus haben öffentliche Verwaltung und Sozialversicherung zahlreiche Informationsansprüche an die Unternehmen, die ebenfalls zur Erhebung und Sammlung personenbezogener Daten Anlaß geben. Mit dem Bundesdatenschutzgesetz, das auch für die Datenverarbeitung in den Unternehmen gilt, ist das Speichern personenbezogener Daten insoweit vereinbar, als sich das Speichern im Rahmen der Zweckbestimmung des Arbeitsverhältnisses hält oder durch besondere Gesetze gedeckt ist. Da das Bundesdatenschutzgesetz nicht auf die besonderen Erfordernisse des Datenschutzes im Arbeitsrecht abgestellt ist, nimmt die Bundesregierung die in Ihrer zweiten Frage angesprochenen Befürchtungen ernst. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat deshalb bereits 1979 den Hessischen Datenschutzbeauftragten und Arbeitsrechtswissenschaftler Professor Simitis beauftragt, die Problematik zu untersuchen und Lösungsvorschläge zu machen. Das Gutachten ist im August vorigen Jahres veröffentlicht worden. Es kommt zu dem Ergebnis, daß eine besondere arbeitsrechtliche Datenschutzregelung erforderlich ist. Die Bundesregierung wird den Vorschlag ernsthaft prüfen. Sie erhofft sich dabei auch wichtige Erkenntnisse von der Verbandsversammlung des Arbeitsgerichtsverbandes im Mai dieses Jahres, deren Hauptthema der Datenschutz im Arbeitsrecht ist, und von der Kommission Personalwesen im Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft, die sich ebenfalls mit Fragen des Datenschutzes in der Personalwirtschaft befaßt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Menzel.

Heinz Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001475, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung durchaus die Gefahr erkennt, daß durch Datenbanken die Rechte des einzelnen Arbeitnehmers und der Betriebsräte eventuell unterlaufen werden?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, ich kann Ihnen sagen, daß wir diese Fragen sehr ernsthaft prüfen und daß wir, wenn ein Gesetz formuliert werden sollte, auch darauf achten werden, daß die besondere Interessenlage der Arbeitnehmer, aber im Gestaltungsbereich der Betriebe auch die besondere Interessenlage der Betriebsräte berücksichtigt werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Fischer auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich die Bundesanstalt für Arbeit mit Kreditprogrammen an kommunalen Erschließungsmaßnahmen beteiligt?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Auch hier, Herr Präsident, würde ich gern die Fragen 50 und 51 zusammen beantworten.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Der Fragesteller ist einverstanden. - Dann rufe ich auch die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Fischer auf: Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß es nicht die Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit sein kann, mit Mitteln, die sich aus den Zahlungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie aus den Zuschüssen des Bundes zusammensetzen, Finanzierungshilfen für Kommunen zu leisten?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Fischer, in den Jahren 1965 bis 1970 hat die Bundesanstalt für Arbeit aus ihrer Rücklage Mittel für Darlehen an Städte und Gemeinden zur Finanzierung von Maßnahmen, mit günstigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt bereitgestellt. In diesem sogenannten Kommunalkreditprogramm wurden damals auch kommunale Erschließungsmaßnahmen finanziert. Seit 1970 werden Mittel aus der Rücklage für derartige Zwecke nicht mehr vergeben. Durch eine entsprechende Änderung der gesetzlichen Anlagevorschriften wurde festgelegt, daß die Rücklagemittel vorrangig die Finanzierung der Leistungen des Arbeitsförderungsgesetzes bei ungünstiger Arbeitsmarktlage sicherzustellen haben. Maßnahmen auf kommunaler Ebene können heute durch die Bundesanstalt für Arbeit nur gefördert werden, soweit es sich um Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung nach §§ 91 ff. des Arbeitsförderungsgesetzes handelt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Kolb auf: Kann die Bundesregierung quantifizieren, mit welchen Mitteln welche Arbeitsplätze geschaffen wurden, nachdem nach Aussage von Bundesminister Dr. Ehrenberg mit dem Programm der Bundesregierung 900 000 Arbeitsplätze geschaffen worden sind, und wenn ja, weshalb sieht sie sich außerstande, diese Leistung zu wiederholen?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Kolb, Bundesminister Dr. Ehrenberg hat nie behauptet, daß „mit dem Programm der Bundesregierung 900 000 Arbeitsplätze geschaffen" worden seien. Er hat vielmehr wiederholt - u. a. am 20. Februar dieses Jahres im Plenum des Deutschen Bundestages - darauf hingewiesen, daß in den letzten drei Jahren wieder rund 900 000 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen worden sind und daß dazu die Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der Bundesregierung entscheidend beigetragen hat. Tragender Bestandteil dieser Politik waren mehrere Investitionsprogramme, zu denen eine Reihe von arbeitsmarktpolitischen Programmen hinzugekommen sind. Für die Zunahme der Beschäftigung - nach den neuesten Auswertungen des Statistischen Bundesamtes von 1976 bis 1980 sogar um etwas mehr als 1 Million - waren diese Programme der Bundesregierung zwar ein wichtiger Beitrag, aber nicht die alleinige Ursache. Vielmehr haben zu dieser Aufgabe neben der konsequenten Wirtschafts-, Finanz-, Technologie- und Arbeitsmarktpolitik auch das Verhalten der Tarifvertragsparteien und die allgemeine Verbesserung der Weltwirtschaftslage vor allem in der Zeit von 1977 bis 1979 beigetragen. Die Bundesregierung rechnet mittelfristig mit einem weiteren Anstieg der Zahl der Beschäftigten. Über Verlauf und Größe des Beschäftigungsanstiegs läßt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Grund der weltwirtschaftlichen Lage keine gesicherte Prognose abgeben. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft ihre Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik auf das Ziel der Wiedergewinnung der Vollbeschäftigung ausrichten und dafür weiterhin das bewährte Instrumentarium koordiniert und zielgerichtet einsetzen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Überlegungen angestellt, wie viele Arbeitsplätze weniger geschaffen worden wären, wenn sie keine Förderprogramme durchgeführt hätte?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, zu den einzelnen Förderprogrammen gibt es Zahlenangaben. Das gilt insbesondere für den Bereich der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und für die Sonderprogramme. Ich könnte Ihnen eine Aufstellung zukommen lassen, in der die Personen der Zahl nach aufgelistet sind, die durch diese Programme in Beschäftigung gekommen sind.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kolb.

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie dann nicht mit mir der Meinung, daß die Angabe, man habe 900 000 Arbeitsplätze geschaffen, doch mehr die Leistungen anderer und weniger die Leistungen der Bundesregierung beinhaltet?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, ich glaube, wir müssen das im Zusammenhang sehen. Nicht wegzudiskutieren ist die Tatsache, daß die AnParl. Staatssekretär Buschfort gabe des Statistischen Bundesamts richtig ist, wir hätten in dieser Zeit 900 000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Heute können wir sagen, daß es sogar mehr als 1 Million gewesen sind. Ob diese Arbeitsplätze durch das Verhalten der Tarifvertragsparteien, durch besondere außenwirtschaftliche Einflüsse, durch die Sonderprogramme, durch die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, durch die Zukunftsinvestitionsprogramme, die wir durchgeführt haben, geschaffen worden sind, läßt sich sicherlich nicht genau sagen, weil hier direkte und indirekte Wirkung ineinander übergehen. Aber eins bleibt: Wichtig ist, daß wir in dieser Zeit keinen Arbeitsplatzverlust, sondern einen Nettoarbeitsplatzzuwachs zu verzeichnen gehabt haben.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Abgeordneter Broll, eine Zusatzfrage.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da der Herr Bundeskanzler im Plenum des Bundestages des öfteren davon gesprochen hat, wir hätten - dann nannte er verschiedene Zahlen: 800 000, 900 000 - Arbeitsplätze geschaffen, frage ich Sie: Ist nun davon auszugehen, daß der Herr Bundeskanzler, wenn er in Zukunft „wir" sagt, nicht die Bundesregierung meint?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Wenn er in diesem Zusammenhang „wir" gesagt hat, wird er sicher die Regierung und die Bevölkerung gemeint haben.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Damit ist die Frage 52 beantwortet. Entsprechend der eingangs der Sitzung von mir mitgeteilten Regelung unterbrechen wir nun die Behandlung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Wir kommen zu den Fragen 79 bis 83 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung begrüße ich Herrn Staatsminister von Dohnanyi. Ich rufe die Frage 79 des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner auf: Teilt die Bundesregierung die von Bundesverkehrsminister Dr. Hauff und Bundesentwicklungshilfeminister Offergeld vertretene Auffassung, es müsse auf dem Wege von Rüstungskontrollverhandlungen ein Ergebnis erreicht werden, das den Verzicht auf die geplante Nachrüstung bei entsprechender Reduzierung der schon aufgestellten SS 20-Raketen zum Inhalt habe? Bitte sehr, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Auffassung der Bundesregierung zu Nachrüstung und Verhandlungen im Zusammenhang mit Mittelstreckenwaffen ergibt sich aus dem Doppelbeschluß der NATO vom 12. Dezember 1979, dem alle Fraktionen des Deutschen Bundestages in der Sitzung vom 14. Dezember 1979 zugestimmt haben. Herr Kollege, um Wiederholungen zu vermeiden, erkläre ich zu Ihrer Frage und zu dem in dem Zusammenhang gestellten Fragen der Kollegen Dr. Mertes, Jenninger, Würzbach und Jäger, die der Herr Präsident eben im Zusammenhang aufgerufen hat, daß diese Haltung von allen Mitgliedern der Bundesregierung getragen wird. In den Fragen enthaltene Unterstellungen, daß einzelne Mitglieder der Bundesregierung nicht zu dieser Haltung stünden, sind deshalb gegenstandslos. In dem Beschluß vom 12. Dezember 1979 heißt es: Der TNF-Bedarf der NATO wird im Licht konkreter Verhandlungsergebnisse geprüft werden. Das bedeutet, daß das Maß an Nachrüstung um so geringer sein kann, je stärker die Sowjetunion zur Reduzierung ihrer Mittelstreckenvorrüstung bereit ist. Ein völliger Verzicht auf Nachrüstung ist nur denkbar, wenn die Sowjetunion ihre Vorrüstung wieder beseitigt. Der NATO-Ministerrat war sich in seiner Sitzung am 12. Dezember 1979 darüber einig, daß ein solches Ergebnis zwar erstrebenswert und vorstellbar sei, aber angesichts der bisherigen Haltung der Sowjetunion unwahrscheinlich ist.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie erklären Sie sich die Zustimmung von mindestens zwei Ministern zu der Feststellung im Antrag des Landesvorstands der baden-württembergischen SPD, wo der Verzicht auf die geplante Nachrüstung der entspechenden Reduzierung der schon aufgestellten SS 20-Raketen gegenübergestellt wird, wenn - wie Sie angeben - alle Minister des Kabinetts diese Auffassung teilen?

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Herr Kollege, die von Ihnen zitierte Feststellung aus einer Vorlage des Landesvorstands der SPD in Baden-Württemberg, die zu kommentieren ich an sich von der Regierungsbank keinen Anlaß habe, ist für die Mitglieder der Bundesregierung wie dargestellt zu verstehen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes ({0}) auf: Teilt die Bundesregierung die Auffassung einiger Kabinettsmitglieder, ein zeitlich begrenztes Moratorium bezüglich der Stationierung eurostrategischer Waffen könne ein sinnvoller Bestandteil dieser Verhandlungen sein?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ein zeitlich begrenztes Stationierungsmoratorium für die sowjetische Vorrüstung wäre in der Tat für den Verhandlungsverlauf sinnvoll. Allerdings würde ein Stopp der sowjetischen Vorrüstung angesichts der schon eingetretenen Überlegenheit der Sowjetunion die Durchführung des Nachrüstungsbeschlusses der NATO nicht überflüssig machen. Zu dem Vorschlag des sowjetischen Generalsekretärs für ein Moratorium hat sich die Bundesregierung in der Sitzung vom 25. Februar 1981 ablehnend geäußert, weil eine Festschreibung eines Ungleichgewichts zugunsten der Sowjetunion nicht in Betracht gezogen werden kann. Das gilt für alle Schritte des Verhandlungsprozesses. Im übrigen wiederhole ich, was ich eben auf die Frage des Kollegen Wörner gesagt habe, nämlich daß der TNF-Bedarf im Lichte konkreter Verhandlungsergebnisse - ich betone: der Verhandlungsergebnisse, nicht im Lichte der Verhandlungsaufnahme - geprüft wird. Auch für diese Entscheidungen gilt der Grundsatz des NATO-Beschlusses vom 12. Dezember 1979: Jede vereinbarte Begrenzung dieser Systeme muß mit dem Grundsatz der Gleichheit zwischen beiden Seiten vereinbar sein.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Mertes.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, daß jedes Mitglied der Bundesregierung, wo immer es spricht, auf die Eindeutigkeit der Sprache in Fragen der Sicherheit und der Abrüstung Wert legen sollte, und teilen Sie meine Auffassung, daß diesem Gebot einige Mitglieder der Bundesregierung durch ihre doppelbödige und doppeldeutige Sprache nicht Rechnung getragen haben?

Not found (Gast)

Ich teile die Auffassung, daß das notwendig ist. Ich teile nicht die Auffassung, daß das nicht erfolgt sei.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Mertes zu einer zweiten Zusatzfrage.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, daß es irreführend ist, eventuelle Zwischenergebnisse künftiger Verhandlungen mit dem Begriff „Moratorium" zu versehen, und daß es notwendig ist, den Begriff „Moratorium" nur in seiner bisherigen Eindeutigkeit zu verwenden?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich mache hier keine semantische Interpretation von Begriffen, sondern ich habe die Position der Bundesregierung klargelegt. An dieser kann überhaupt kein Zweifel bestehen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie erklären Sie es sich dann, daß die von der Bundesregierung mit Entschiedenheit abgelehnten Moratoriumsvorschläge des sowjetischen Staatsratsvorsitzenden Breschnew von einigen, der SPD angehörenden Bundesministern durch ihr Abstimmungsverhalten beim baden-württembergischen SPD-Landesparteitag wesentlich positiver beurteilt wurden als von der Bundesregierung insgesamt?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das ist nicht so. Ich wiederhole noch einmal, daß die Bundesminister schon durch ihre Unterstreichung des Beschlusses vom 25. Februar 1981 ganz klar Position bezogen haben.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege von der Heydt. von der Heydt Freiherr von Massenbach ({0}): Herr Staatsminister, sind Sie sich nicht darüber im klaren, daß der Beschluß der SPD Baden-Württemberg den Sinn hatte, den Beschluß der Bundesregierung zu dieser Frage neu zu interpretieren, und halten Sie es im Lichte dieser Tatsache nicht für ein bißchen leichtfertig, sich einfach zu beruhigen und zu sagen, diese Kabinettsmitglieder wären wieder zum alten Standpunkt der Regierung zurückgekehrt und damit sei also wieder Einigkeit hergestellt?

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Entschuldigen Sie bitte! Damit das nicht einreißt: Nach dem Sinn und dem Text der Geschäftsordnung - Richtlinien zur Fragestunde -, sind die Fragen kurz zu fassen und mit der Frage keine Feststellungen zu verbinden, wie Sie es eben getan haben. Ich bitte, darauf zu achten, daß der Charakter der Frage erhalten bleibt. Bitte sehr, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege von der Heydt, die dem Kabinett angehörenden Bundesminister haben diese Auffassung nicht nachträglich revidiert, sondern sie haben dieser von Ihnen eben geschilderten Auffassung kontinuierlich zugestimmt. Ich sage noch einmal: Es steht mir nicht zu, Beschlüsse eines Landesverbandes zu interpretieren, aber dies ist durchgehend die Position der Kabinettsmitglieder gewesen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Graf Huyn.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, bedeutet Ihre Äußerung, die Sie soeben gemacht haben, daß von dem Ergebnis von Verhandlungen eine mögliche Alterierung der Stationierung abhängig sein könnte, folgendes: daß bei Nichtvorliegen von Verhandlungsergebnissen selbstverständlich der Nachrüstungsteil des Doppelbeschlusses bis zu dem Zeitpunkt, bis zu dem eine Stationierung möglich ist, zügig durchgeführt wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege, daran kann doch gar kein Zweifel bestehen. Die Bundesregierung hat die Gültigkeit des Beschlusses vom 12. Dezember 1979 uneingeschränkt unterstrichen. Deshalb kann kein Zweifel daran bestehen, daß bis zu diesem Zeitpunkt entweder Ergebnisse in dem Sinne, wie ich dies vorgetragen habe, vorliegen müssen, oder selbstverständlich der Beschluß so, wie er vorliegt, durchgeführt werden muß.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie erklären Sie sich Ihre Auffassung, wenn Sie sich vor Augen halten, was zwei Bundesminister mit beschlossen haben - ich zitiere wörtlich -: „Ein zeitlich begrenztes Moratorium bezüglich der Stationierung eurostrategischer Waffen kann ein sinnvoller Bestandteil dieser Verhandlungen sein"? Steht das nicht in einem eklatanten Widerspruch nicht nur zum Doppelbeschluß, sondern auch zu dem, was Sie eben ausgeführt haben?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich wiederhole, was ich als ersten Satz meiner Antwort eben gesagt habe: Ein zeitlich begrenztes StationieStaatsminister Dr. von Dohnanyi rungsmoratorium für die sowjetische Vorrüstung wäre in der Tat für den Verhandlungsverlauf sinnvoll. Ich weiß nicht, wo Sie die Widersprüche sehen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dallmeyer.

Harm Dallmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000350, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie beurteilen Sie im Zusammenhang mit Ihren bisherigen Antworten zu dieser Frage die Aussage von Herrn Eppler - ich zitiere -: „Ich, der ich von Anfang an gegen den NATO-Nachrüstungsbeschluß vom Dezember 1979 war, hätte niemals einem Papier zugestimmt, das einfach nur eine Bestätigung der Bonner Linie gewesen wäre"?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß ich hier die Fragen zu beantworten habe, die mir gestellt wurden. Die Frage, die mir gestellt wurde, bezog sich auf die Kabinettsmitglieder. Auf alle Fragen habe ich eine eindeutige Antwort gegeben. Es ist doch nicht Aufgabe der Bundesregierung, Mitglieder von Parteien außerhalb der Bundesregierung von hier aus zu zensieren. Das kann nicht die Aufgabe der Bundesregierung sein. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wenn Sie schon nicht hier sind, um zu zensieren oder zu interpretieren, sollte nach Ihrer Auffassung die Bundesregierung dann nicht wenigstens den vollen Wortlaut des vom Kollegen Wörner zitierten Beschlusses zur Kenntnis nehmen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das haben wir getan. Deswegen habe ich j a auf die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage hingewiesen. Ich kann nicht erkennen, wo hier Widersprüche zu finden sind.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jenninger.

Dr. Philipp Jenninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001025, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, trifft die Pressemeldung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zu, daß der Bundesaußenminister Genscher vor den Koalitionsfraktionen ausdrücklich davor gewarnt hat, Verhandlungen über die Begrenzung der Mittelstreckenwaffen durch Verhandlungen über ein Moratorium zu belasten, man dürfe nicht durch eine fruchtlose Diskussion um ein Moratorium das Ziel aus den Augen verlieren, über die Substanz in der Rüstungsbegrenzung zu verhandeln und ein Gleichgewicht anzustreben?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das ist richtig. Deswegen habe ich eben für die Bundesregierung vorgetragen, was ihre Auffassung zu dieser Frage ist. Im übrigen muß festgestellt werden, daß derjenige, der einen Teil des Doppelbeschlusses in Frage stellt, den ganzen Doppelbeschluß in Frage stellt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Wird noch das Wort zu Frage 80 gewünscht? - Bitte sehr, Herr Kollege Todenhöfer.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie erklären Sie sich dann die Aufforderung des Außenministers an Mitglieder des Kabinetts, den NATO-Doppelbeschluß nicht zu zerreden?

Not found (Gast)

Herr Kollege, angesichts von Angeboten und Diskussionen, die in der Öffentlichkeit stattfinden, ist es immer wieder wichtig, darauf hinzuweisen, daß die Position der Bundesregierung so eindeutig, wie sie ist, auch verstanden wird. Deswegen begrüße ich Ihre Fragen hier, weil sie die Möglichkeit geben, die Position der Bundesregierung erneut in ihrer Eindeutigkeit zu unterstreichen. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Broll zu einer weiteren Zusatzfrage.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, stimmen Sie mir wenigstens darin zu, daß mindestens drei Mitglieder des Bundeskabinetts einer Resolution in Baden-Württemberg zugestimmt haben, von der zumindest zwei intelligente Leute, nämlich Herr Minister a. D. Eppler und Herr Außenminister Genscher der Meinung sind, sie stimme absolut nicht mit dem überein, was die Linie der Bundesregierung ist?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich weiß nicht, warum Sie meine Lage unnötig erschweren wollen. Mir liegt doch daran - und Ihnen hoffentlich auch -, die Eindeutigkeit der Politik der Bundesregierung zu unterstreichen. Es kann doch niemand ein Interesse daran haben - auch Sie nicht -, Zweifel daran zu erwecken. Die Eindeutigkeit der Position der Bundesregierung ist von mir hier klargestellt worden. Ich würde Sie herzlich bitten, das zur Kenntnis zu nehmen. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht. Dann rufe ich die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Würzbach auf: Wie steht die Bundesregierung zu der von den Kabinettsmitgliedern mitgetragenen Feststellung, man werde sich an einer Politik, die auf überlegene militärische Stärke abziele, auch nicht durch die Bereitstellung deutschen Territoriums für die Stationierung neuer eurostrategischer Waffen beteiligen? Bitte sehr, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege, an die Bundesregierung ist zu keiner Zeit von einer verbündeten Regierung das Ansinnen gestellt worden, sich an einer Politik der überlegenen militärischen Stärke zu beteiligen oder gar dafür deutsches Territorium zur Verfügung zu stellen. ({0}) Dies entspräche auch nicht der gemeinsamen Sicherheitspolitik des westlichen Bündnisses, das auf Gewährleistung des Gleichgewichtes gerichtet ist. So heißt es im Beschluß des NATO-Ministerrates vom 12. Dezember 1979, daß durch Rüstungskontrolle ein stabileres Gleichgewicht bei Nuklearwaffen auf beiden Seiten erzielt werden soll. Diese Politik, Herr Kollege, ist in der gemeinsamen Pressestellungnahme des Bundesministers des Auswärtigen mit dem amerikanischen Außenminister vom 9. März 1981 und in der gemeinsamen Presseerklärung des Bundesministers der Verteidigung und des amerikanischen Verteidigungsministers vom 24. März 1981 nochmals bestätigt worden. Die Besorgnis der Bundesregierung richtet sich deshalb auch nicht gegen ein Überlegenheitsstreben westlicher Partner, sondern bezieht sich auf die inzwischen geschaffene Überlegenheit der Sowjetunion im Mittelstreckenbereich. ({1})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Sie wünschen das Wort zu einer Zusatzfrage? - Es wäre gut, wenn Sie sich melden würden. Ich kann nicht wissen, ob Sie das Wort zu einer Zusatzfrage haben wollen.

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Entschuldigung, Herr Präsident! Herr Staatsminister, sind der Bundesregierung irgendwelche Überlegungen irgendeines unserer Bündnispartner bekannt, daß diese, auf welchem Wege auch immer, eine überlegene militärische Stärke des Westens anstreben, und wie beurteilt die Bundesregierung den augenblicklichen Kräftevergleich?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das sind gleich zwei Fragen. Herr Präsident, ich werde versuchen, sie beide zu beantworten. Herr Kollege, zur ersten Frage: Es hat während des Wahlkampfes in den Vereinigten Staaten ohne Zweifel Nebentöne gegeben, die auch in der europäischen Presse zu Mißverständnissen geführt haben. Ich wiederhole deswegen, daß von keiner Regierung an die Bundesregierung entsprechende Ansinnen gestellt worden sind. Was das Kräfteverhältnis angeht, so ist Ihnen im übrigen bekannt, daß die Bundesregierung von einer deutlichen Überlegenheit der Sowjetunion im Mittelstreckenbereich ausgeht. Dies ist die Ursache und die Grundlage des Nachrüstungsbeschlusses, des Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage, bitte sehr.

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, hält die Bundesregierung es auch heute und zukünftig für notwendig, wegen der beabsichtigten Koppelung der Amerikaner mit Europa auch deutsches Territorium zur Stationierung euro-strategischer Waffen zur Verfügung zu stellen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung hat den Doppelbeschluß in Brüssel mitgetroffen, und dies ist ein Teil dieses Doppelbeschlusses; allerdings unter der Voraussetzung, daß keine entsprechenden Ergebnisse bei den Abrüstungsverhandlungen möglich sein werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Mertes zu einer weiteren Zusatzfrage.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie stehen Sie zu der Aufforderung der Opposition, die falschen Vorstellungen über die angebliche amerikanische Überlegenheitspolitik zurechtzuweisen? Sind Sie beispielsweise bereit, Ihre Antwort, die Sie eben in zutreffender Weise gegeben haben, stärker publizistisch zu verbreiten?

Not found (Gast)

Herr Kollege, stärker als durch eine Feststellung im Deutschen Bundestag kann diese Auffassung ja wohl kaum verbreitet werden. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht. Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Dr. Jenninger auf: Hält die Bundesregierung die in der von den Kabinettsmitgliedern mitgetragenen Initiative des baden-württembergischen SPD-Landesvorstands enthaltene Annahme für richtig, die neue amerikanische Regierung erstrebe die militärische Überlegenheit?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich möchte auf die soeben dem Kollegen Würzbach gegebenen Antworten verweisen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jenninger.

Dr. Philipp Jenninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001025, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, können Sie mir bestätigen, daß auch die beiden Bundesminister, die dem baden-württembergischen SPD-Landesvorstand angehören, diese von Ihnen soeben dargelegte Auffassung teilen, und - wenn j a - haben diese Bundesminister erklärt, daß sie damit dem Beschluß des Landesvorstandes der SPD nicht folgen können?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung befragt Kollegen nicht zu Beschlüssen, die in Landesvorständen gefaßt worden sind, aber die Bundesregierung geht davon aus und kann nach der Lage der Entscheidungen der Bundesregierung auch davon ausgehen, daß alle Kollegen im Kabinett diese Auffassung teilen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Graf Huyn.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, nach dieser Antwort auf die Frage des Kollegen Jenninger möchte ich Sie aber doch fragen, wieso die Bundesregierung dann hier zu Nebentönen im amerikanischen Wahlkampf Stellung nimmt, nicht aber zu Nebentönen in der eigenen Partei und insbesondere bei Mitgliedern der Bundesregierung selbst? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege, mir ist hier eine präzise Frage gestellt worden. Ich glauStaatsminister Dr. von Dohnanyi be, daß ich mich in etwa an die Fragestellung erinnere: Es ist nämlich gefragt worden, ob es denn gewissermaßen Aufforderungen aus dem Westen oder aus dem Bündnis - so ist, glaube ich, gesagt worden - gegeben habe, die sich auf solche Aufforderungen bezögen. ({0}) - Ich weiche nicht aus, Herr Kollege. - Darauf habe ich deutlich gesagt, daß es Nebentöne gegeben habe, daß dieses aber nach unserer Kenntnis von dem Stand der Verhandlungen eindeutig nicht die Position der amerikanischen Regierung sei, die j a sowohl in Gesprächen mit dem Bundesaußenminister als auch mit dem Bundesverteidigungsminister deutlich das Gleichgewicht als Ziel westlicher Sicherheitspolitik unterstrichen hat. Daran darf kein Zweifel bestehen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dallmeyer.

Harm Dallmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000350, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, sind Sie bereit, zu bestätigen, daß in der entsprechenden Rede von Breschnew im Zusammenhang mit dem Wort „Moratorium" vom „Einfrieren des jetzigen Zustandes" gesprochen wird und daß damit gemeint ist, daß die Überlegenheit der Sowjets im Mittelstrekkenbereich festgeschrieben würde?

Not found (Gast)

Das ist sicher richtig. Die Bundesregierung hat ja, wie ich bereits gesagt habe, diesen Vorschlag deswegen auch ablehnend behandelt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, waren denn nach Auffassung der Bundesregierung alle Journalisten der Bundesrepublik Deutschland - derer war es eine große Zahl - auf den Kopf gefallen, die z. B., um nur einen von ihnen aus dem „Südkurier" willkürlich zu zitieren, erklärt haben: „Nach diesem Vorgang bleibt nüchtern festzustellen, daß sich die Bundesminister Hauff, Offergeld, von Bülow sowie der Chef des Kanzleramts, Staatsminister Huonker, in offenem Konflikt mit den von Bundeskanzler Schmidt bestimmten Richtlinien der Politik befinden"?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich würde niemals wagen, zu sagen, alle Journalisten seien auf den Kopf gefallen. Aber ich meine, daß dieser Feststellung ein Irrtum zugrunde liegt. Ich habe soeben die Position der Bundesregierung deutlich gemacht; sie umfaßt alle Mitglieder des Bundeskabinetts.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege von der Heydt. von der Heydt Freiherr von Massenbach ({0}): Herr Staatsminister, verstehe ich Sie eigentlich richtig, daß es der Bundesregierung gleichgültig ist, ob Mitglieder des Kabinetts bei anderer Gelegenheit Beschlüssen zustimmen, die Kabinettsbeschlüssen widersprechen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wenn das so wäre, wäre der Bundesregierung das natürlich nicht gleichgültig. Eben deswegen habe ich soeben die Position der Mitglieder des Kabinetts deutlich gemacht. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht. Ich rufe Frage 83 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf: Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten der Bundesminister Dr. Hauff, Offergeld, Dr. von Bülow sowie des Staatsministers im Kanzleramt, Huonker, die sich beim Landesparteitag der baden-württembergischen SPD für einen Beschluß ausgesprochen haben, der dem Nachrüstungsbeschluß des nordatlantischen Bündnisses als Reaktion auf die Überrüstung der Sowjetunion mit Kritik und deutlichen Vorbehalten begegnet, und welches Gewicht ist angesichts dieser Haltung von vier Bundesministern der Bundesregierung den positiven Erklärungen des Bundeskanzlers über den NATO-Beschluß überhaupt noch beizumessen? Herr Staatsminister, bitte zur Beantwortung.

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich wiederhole meine auf die Frage von Herrn Dr. Wörner getroffene Feststellung, daß die Haltung der Bundesregierung zu dem Doppelbeschluß der NATO vom 12. Dezember 1979 von allen Mitgliedern der Bundesregierung getragen wird. Das Gewicht der Erklärung des Bundeskanzlers und der Bundesregierung zu diesem Beschluß wird durch die Entschlossenheit der Bundesregierung bestimmt, diesen Beschluß in seinen beiden Elementen konsequent zu verwirklichen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage des Kollegen Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wenn das richtig ist, was Sie soeben gesagt haben, ist es dann nicht außergewöhnlich merkwürdig, daß die hier im Plenarsaal anwesenden Bundesminister Hauff und Staatsminister Huonker die Möglichkeit, eine Zusatzfrage zu stellen, obwohl wir schon fast eine halbe Stunde über die Dinge debattieren, bis zu diesem Augenblick nicht genutzt haben, um ihre Haltung eindeutig klarzustellen und auch das zu unterstreichen, was Sie hier gesagt haben? ({0})

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Herr Kollege, da die Haltung des Bundeskabinetts und damit auch der Kollegen, die Sie eben genannt haben, eindeutig ist, wollten die Kollegen sicherlich nicht ({0}) Ihr Recht auf zahlreiche Zusatzfragen, Herr Kollege, einschränken. ({1})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Jäger, Sie haben nur das Recht zu einer Zusatzfrage zu dieser Frage. Sie sind nicht der Fragesteller. Zu einer weiteren Zusatzfrage hat der Kollege Horn das Wort. ({0}) - Entschuldigung! Bitte sehr.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wäre es denn dann nicht besser gewesen, die Bundesregierung hätte, um jeden Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit in dieser Angelegenheit, die j a für das internationale Ansehen der Bundesrepublik Deutschland von äußerster Wichtigkeit ist, auszuschließen, einen der hier betroffenen Herren Bundesminister gebeten, die Fragen namens der Bundesregierung hier selber zu beantworten?

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Aber, Herr Kollege, wir haben doch eine Geschäftsordnung. Nach der Geschäftsordnung beantwortet das Auswärtige Amt diese Fragen. Wie Sie wissen, ist dies in der Regel dann meine Aufgabe bzw. die Aufgabe meiner Kollegin Hamm-Brücher. Also habe ich die Fragen hier beantwortet. Ich habe sie klar beantwortet und, glaube ich, zum vollen Verständnis des ganzen Hauses. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Horn.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, da es heute üblich geworden ist, hier mit Leitartikeln zu argumentieren und deren Wertung einzubeziehen, frage ich Sie, ob Ihnen der Leitartikel der „Stuttgarter Nachrichten" vom 23. März 1981 bekannt ist, der in die Quintessenz mündet: Letztlich hat sich im Landesvorstand die Haltung derer durchgesetzt, die auf der Linie der Bundesregierung liegen. ({0})

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Herr Kollege, ich habe weder so herum ({0}) noch andersherum hier die Praxis, Leitartikel zu kommentieren. Aber ich habe j a vorhin schon etwas ({1}) hinsichtlich der Bedeutung und der Rolle von Journalisten gesagt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer Zusatzfrage der Kollege von der Heydt. von der Heydt Freiherr von Massenbach ({0}): Herr Staatsminister, da Sie doch nun durch diese Debatte feststellen, daß offenbar in der Öffentlichkeit ungute Zweifel an der Einheitlichkeit der Meinung des Kabinetts bestehen, frage ich Sie: Halten Sie es nicht für richtig, daß die Bundesregierung, der Bundeskanzler und die betroffenen Minister auffordert, selber eine öffentliche Klarstellung abzugeben, die jeden Zweifel beseitigt?

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Aber, Herr Kollege, es besteht doch überhaupt kein Zweifel an der Position der Kollegen im Kabinett. Warum sollte es dazu einer zusätzlichen Erklärung bedürfen? Herr Kollege, wenn ich eines sagen darf: ({0}) Wenn wir jeden Zweifel, den die Opposition an der Bundesregierung äußert, immer dazu nutzen wollten, zusätzliche Erklärungen abzugeben, könnten wir den ganzen Tag nur Erklärungen abgeben. ({1}) Die Opposition sieht ihre Aufgabe offenbar darin, Zweifel an der Bundesregierung zu säen. Also bleibt nichts anderes übrig, als daß wir darauf in den Fragestunden antworten, wie sich das gehört - aber nicht durch ständig neue Erklärungen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Dr. Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nachdem der Herr Kollege Horn freundlicherweise die „Stuttgarter Nachrichten" zitiert hat, frage ich Sie, ob Sie die Feststellung der „Stuttgarter Nachrichten" teilen können, wonach die SPD sich derzeit als ein Club von Streithähnen und Haarspaltern präsentiert, so daß nur noch die Experten der Partei überblicken, worin sich etwa Nachrüstungsbeschluß des SPD-Landesvorstands, Nachrüstungsbeschluß des SPD-Bundesvorstands, Fünf-Punkte-Erklärung der SPD, SPD-Bundesparteitagsbeschluß vom Dezember 1979 und Erklärungen der Bundesregierung vom Februar 1981 ähneln und wodurch sie sich unterscheiden, und ob Sie nicht das Zitat der „Südwestpresse" für richtig halten: Die Wahrheit ist natürlich anders. Die vier Minister haben sich zu Hause nicht getraut, gegen einen Beschluß zu stimmen, den sie eigentlich nicht vertreten können. ({0})

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Herr Kollege Wörner, ich habe meinen Respekt vor den Journalisten vorhin zum Ausdruck gebracht. Ich teile nicht die Auffassung derer, die meinen, sie seien alle auf den Kopf gefallen. Journalisten haben aber unterschiedliche Auffassungen. Ich habe diese hier nicht zu kommentieren. Von der Vielfältigkeit der Meinungen in unserem Land lebt unsere Demokratie. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Dr. Mertes zu einer Zusatzfrage.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, daß der deutsche Wähler am 5. Oktober nicht nur eine Postenmehrheit wählen wollte, sondern auch eine SachDr. Mertes ({0}) mehrheit, und daß es gut ist, wenn die Opposition die Bundesregierung dazu zwingt, sich von den großen Minderheiten der SPD in zentralen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik abzusetzen?

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Herr Kollege, einmal teile ich Ihre Auffassung, daß es gut ist, daß Sie weiter in der Opposition sind - wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf. ({0}) Aber darüber hinaus teile ich auch die Auffassung, daß es gut ist, daß die Opposition die Bundesregierung herausfordert. Die Bundesregierung wird in ihrer Geschlossenheit, Herr Kollege, diese Herausforderung sicherlich erfolgreich bestehen. ({1})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Meine Damen und Herren, das Wort zu weiteren Fragen wird nicht gewünscht. Ich bitte um Nachsicht, meine Damen und Herren. Es ist gar nicht einfach, wenn ein Fragesteller in einer geschickten Weise mit einer Frage eine kleine Vorlesung verbindet, zu beurteilen, ob die Vorlesung noch zur Erläuterung der Frage dient oder ob es tatsächlich eine Vorlesung wird. Das ist eine Frage der Zeit. Ich verstehe, wenn dagegen Einspruch eingelegt wird, je nachdem, von welcher Seite das kommt. Wir haben für 14.30 Uhr die Aktuelle Stunde vorgesehen. Dieser Zeitpunkt ist noch nicht genau erreicht. Es ist erst 14.25 Uhr. Eigentlich müßte ich jetzt, wenn ich mich förmlich korrekt an die Abmachung halte, noch eine Frage an den Bundesminister für Arbeit aufrufen und sie beantworten lassen und dann um 14.30 Uhr die Aktuelle Stunde aufrufen. - Ich sehe, dagegen gibt es keinen Widerspruch. Ich möchte dann gern so verfahren, weil ich annehme, daß sich einige Teilnehmer an der Aktuellen Stunde an die vorgesehene Zeit für den Beginn der Aktuellen Stunde halten werden. Ich rufe daher die Fragen 53 und 54 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf. ({0}) - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Dann rufe ich die Frage 55 der Frau Abgeordneten Zutt auf: Trifft es zu, daß die Bundesanstalt für Arbeit in ihrem Programm zur Förderung Behinderter am Arbeitsplatz nur Zuschüsse für Behindertenarbeitsplätze in Werkstätten gewährt, nicht aber für solche in der Landwirtschaft?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Frau Kollegin, wenn Sie gestatten, würde ich die Fragen 55 und 56 gerne gemeinsam beantworten.

Ruth Zutt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Ich rufe auch die Frage 56 der Frau Abgeordneten Zutt auf: Hält es die Bundesregierung nicht für erforderlich, Zuschüsse auch für Behindertenarbeitsplätze in der Landwirtschaft zu geben, da es sich gezeigt hat, daß gerade für geistig Behinderte Arbeiten in der Landwirtschaft geeignet sind?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit hat zu den von Ihnen gestellten Fragen mitgeteilt, die Bundesanstalt leiste Zuschüsse zur Förderung Behinderter auch bei Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft. Soweit die Förderungsvoraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, gelte dies für entsprechende Zuschüsse sowohl im Rahmen der beruflichen Rehabilitation als auch im Rahmen des 3. Sonderprogramms des Bundes und der Länder zur verstärkten Bereitstellung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Schwerbehinderte. Bei Werkstätten für Behinderte erstreckt sich die Förderung der Bundesanstalt für Arbeit jedoch ausschließlich auf Maßnahmen im Eingangsverfahren sowie im Arbeitstrainingsbereich. Nach § 58 Abs. 1 Satz 4 des Arbeitsförderungsgesetzes ist eine Förderung im Arbeitsbereich der Werkstätten für Behinderte nicht möglich.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Zutt.

Ruth Zutt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Heißt das, daß Behindertenarbeitsplätze auch außerhalb von Werkstätten ausdrücklich für den Bereich Landwirtschaft gefördert werden?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Es gibt überhaupt keinen Grund, warum geeignete Arbeitsplätze für Behinderte im landwirtschaftlichen Bereich nicht gefördert werden sollten. Wir freuen uns über jeden behindertengerechten Arbeitsplatz.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin Zutt.

Ruth Zutt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002611, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gibt es besondere Kriterien für die Eignung dieser Arbeitsplätze?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Frau Kollegin, die besonderen Kriterien müssen natürlich, wenn dafür eine Bezuschussung erforderlich ist, vom Arbeitsamt ermittelt werden. Es kommt natürlich darauf an, ob es sich um einen geeigneten und um einen Dauerarbeitsplatz handelt. Selbstverständlich muß auch geprüft werden, ob bei dem Begehren vielleicht mehr das Geld und weniger die Arbeit im Vordergrund gesehen wird; all das ist natürlich zu beachten. Ich muß Ihnen aber sagen, daß wir grundsätzlich daran interessiert sind, auch Arbeitsplätze in der Landwirtschaft zu fördern.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen? - Dann rufe ich die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Dr. Lammert auf: Sieht die Bundesregierung die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in der Rentenversicherung bezüglich des vorgezogenen Altersruhegeldes mit 60 Jahren, insofern als Männer dies nur nach nachgewiesener einjähriger Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen können, Frauen dagegen vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit an, als gerechtfertigt an, und wenn ja, aus welchen Gründen?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Lammert, bei der Leistung des vorgezogenen Altersruhegeldes wegen Arbeitslosigkeit gibt es keine Un1348 gleichbehandlung von Männern und Frauen; vielmehr wird dieses vorgezogene Altersruhegeld ohne Unterschied des Geschlechts immer dann geleistet, wenn der oder die arbeitslose Versicherte das 60. Lebensjahr vollendet hat, in den letzten eineinhalb Jahren mindestens 52 Wochen arbeitslos war und die Wartezeit von 15 Jahren an Versicherungszeiten erfüllt hat. Allerdings können Frauen unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Arbeitslosigkeit das vorgezogene Altersruhegeld von der Vollendung des 60. Lebensjahres an in Anspruch nehmen. Dieses besondere Altersruhegeld für Frauen ist im Jahre 1957 eingeführt worden. Der Gesetzgeber wollte hiermit vor allem der Doppelbelastung der erwerbstätigen Frauen durch Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit Rechnung tragen. Diese Motivation hat trotz der zwischenzeitlichen Veränderung der Stellung der Frauen in Familie und Gesellschaft und des Rollenverständnisses von Männern und Frauen auch heute noch Gewicht. Die Bundesregierung teilt daher nicht die Bedenken, die hier und da gegen die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau erhoben werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lammert.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die gegenwärtige Regelung mindestens insofern unbefriedigend und vielleicht sogar unwürdig ist, als sie 59jährige Arbeitslose dazu zwingt, in regelmäßigen Abständen bei den Arbeitsämtern den Eindruck zu erwecken, sie stünden für eine weitere Vermittlung zur Verfügung, und die zuständigen Sachbearbeiter des Arbeitsamtes ebenfalls dazu zwingt, den Eindruck zu vermitteln, daß sie tatsächlich von einer solchen Vermittlungabsicht ausgingen?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, ich teile Ihre Auffassung insofern, daß wir genau wissen, daß ein Teil der 59jährigen und älteren Arbeitslosen nicht auf die Arbeit, sondern auf das vorgezogene Altersruhegeld warten. Ich will hinzufügen, daß ich Ihre Auffassung insofern nicht teile, daß hier ein Unterschied zwischen Frauen und Männern gemacht wird. In beiden Fällen haben wir es mit einer gleichwertigen Behandlung zu tun.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Lammert.

Prof. Dr. Norbert Lammert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001274, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, den Teil des Problems, den sie soeben bestätigt haben, in absehbarer Zeit zugunsten befriedigender Regelungen zu verändern?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, dieses Problem ist nur zu lösen, wenn wir entweder im Bereich der Arbeitslosenversicherung für diese Fragen mehr Geld zur Verfügung hätten, um großzügiger zu sein, oder, wenn wir dies nicht durch die Arbeitslosenversicherung regulieren wollen, mehr Geld in der Rentenversicherung hätten, um auf die vorgezogene Bezahlung durch das Arbeitsamt verzichten zu können. Ich stimme Ihnen insofern zu, daß wir Veranlassung haben, über diese Fragen nachzudenken. Sicherlich wird dem Deutschen Bundestag gemeinsam mit der Regierung in absehbarer Zeit eine bessere Regelung einfallen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weitere Zusatzfrage. Damit ist die Frage 57 beantwortet. Die Frage 58 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung wird in der nächsten Fragestunde beantwortet werden. Es ist Einvernehmen darüber erzielt worden, daß wir um 14.30 Uhr in eine Aktuelle Stunde eintreten. Auf Grund dieser interfraktionellen Vereinbarung soll sich die Aktuelle Stunde mit den Fragen befassen, die zu den Fragen 79 bis 83 gestellt worden sind. Ich eröffne die Aussprache in der Aktuellen Stunde und erteile als erstem Redner das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde ist notwendig geworden, weil die Verwirrung über die Politik der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien in einer Existenzfrage unserer Sicherheit der deutschen Politik nach innen wie nach außen schwersten Schaden zufügt. ({0}) Sie schadet uns bei unseren Verbündeten, und sie schadet uns im Umgang mit der Sowjetunion. Wie soll der Bundesaußenminister in Moskau eigentlich auftreten, wenn Sie ihm täglich in den Rücken fallen und die klare und eindeutige Entscheidung der NATO in Frage stellen? ({1}) Es vergeht buchstäblich kein Tag, an dem nicht irgendeiner aus SPD und FDP die Position seiner eigenen Regierung in Frage stellt. Gestern abend tat dies Herr Borm von der FDP. Heute flattert uns die Nachricht auf den Tisch, daß der Kollege Hansen von der SPD ausgerechnet über einen sowjetischen Korrespondenten den Herrn Bundeskanzler auffordert, das Moratorium nun endlich zu akzeptieren. ({2}) Herr Bundeskanzler, das ist u. a. das Ergebnis Ihrer Überlebensstrategie Ihrer eigenen Partei gegenüber, die laufend und seit Jahren Formelkompromisse mit Führung verwechselt. ({3}) Wie wollen Sie denn gerade die kritischen jungen Leute, wie wollen Sie unsere Bevölkerung von der Notwendigkeit des Nachrüstungsbeschlusses überzeugen, wenn immer mehr Teile der SPD inzwischen den Eindruck erwecken, die Amerikaner seien an der Entwicklung schuld und nicht etwa die Sowjets? ({4}) Der Kollege Scheer von der SPD spricht von politischen Irrläufern in Washington. Im Beschluß der SPD Baden-Württemberg wird mit keinem Wort von der Tatsache geredet, daß es die neuen und gefährlichen Raketen der Sowjets sind, die unseren Frieden bedrohen und die uns zur Nachrüstung zwingen. Uns allen, die wir hier in diesem Parlament sitzen, wäre es doch tausendmal lieber, wir bräuchten diese Waffen nicht. Die Sowjetunion hat es doch in der Hand, die Nachrüstung zu verhindern. Sie brauchte nur alle gegen uns in Stellung gebrachten Raketen abzuschaffen. ({5}) Statt dessen, Herr Bundeskanzler und die Minister Hauff, Offergeld, Huonker und wie sie alle heißen, wird von der SPD Baden-Württemberg unter Ihrer Zustimmung gefragt, ob die Geschäftsgrundlage des Doppelbeschlusses noch trage. Dies geschieht nicht etwa, wie man sich hätte denken können, wegen des Einmarschs der Sowjets seit dem Berliner Parteitag der SPD, sondern wegen der Haltung der Amerikaner. Diese Doppelbödigkeit muß doch endlich aufhören, damit muß Schluß sein. Sie können doch nicht den einen Teil Ihrer Minister nach Washington schicken, um dort Treueschwüre ablegen zu lassen, und die anderen machen zu Hause fröhlich in Antiamerikanismus. Das geht so nicht mehr. ({6}) Die „Frankfurter Neue Presse" hat völlig recht, wenn sie schreibt: Nicht Eppler, wie der Bundeskanzler in der letzten Vorstandssitzung erregt ausgerufen hat, ist der große Unruhestifter in der Partei, es ist vielmehr die Zaghaftigkeit der Führung, durch die eine antiamerikanische Strömung begünstigt wird. ({7}) Genau das ist es. Die Bundesregierung hat doch den Doppelbeschluß der NATO unterschrieben. Wir von der CDU/CSU haben ihm zugestimmt. Dabei bleiben wir, Herr Bundeskanzler, Herr Außenminister, im Unterschied zu Teilen Ihrer eigenen Koalition. Uns hat doch genau wie Sie nur eine einzige Sorge geleitet: die Sorge um den Frieden und den Schutz der Freiheit der Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland. ({8}) Für uns sind beide Teile dieses Beschlusses gleichwertig. Wir wollen verhandeln, j a, wir wollen abrüsten, gleichgewichtig und kontrolliert. Wer allerdings an Verhandlungen nicht nur als Selbstzweck interessiert ist, sondern wer konkrete Abrüstungsergebnisse haben will - die wollen wir doch alle -, der muß diese Verhandlungen sorgfältig vorbereiten, der muß im Bündnis konsultieren, der muß sie mit dem neuen zu erwartenden SALT-Konzept der Amerikaner abstimmen. Aber der darf vor allen Dingen keinen Zweifel am festen Willen des Westens aufkommen lassen, das Gleichgewicht wiederherzustellen, und das heißt nachzurüsten, wenn erforderlich. Das ist die entscheidende Frage, wenn man Verhandlungen zum Erfolg bringen will. ({9})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Dr. Wörner, wir müssen bei der Aktuellen Stunde besonders auf die Zeiten achten. Ihre Redezeit von fünf Minuten ist abgelaufen.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Deswegen sage ich zum Schluß, Herr Präsident, da ich ohnehin schließen wollte: Die Bürger unseres Landes haben Anspruch auf Klarheit. Darum fordern wir den Bundeskanzler auf, endlich Klarheit, Stetigkeit und Glaubwürdigkeit in seiner Politik und der seiner Partei wiederherzustellen. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Dr. Ehmke das Wort.

Dr. Horst Ehmke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Doppelbeschluß der NATO vom Dezember 1979 kommt für unsere Politik der Friedenssicherung zentrale Bedeutung zu: für die Aufrechterhaltung der Abschreckungsfähigkeit der NATO, für die Rüstungskontrollpolitik und für die zunehmend engagierte Diskussion über Rüstung und Abrüstung. Der Beschluß eignet sich daher nicht für parteipolitische Polemik, Herr Kollege Wörner. ({0}) Daß der Beschluß Gegenstand der öffentlichen Diskussion geworden ist, ist in der Demokratie etwas Selbstverständliches. Es kann auch nicht überraschen, daß diese Diskussion um den Beschluß mit einer Diskussion über Abschreckungs- und Verteidigungsstrategien sowie mit der Erörterung der Frage verbunden wird, unter welchen Voraussetzungen im Atomwaffenzeitalter Gewaltandrohung und Gewaltanwendung überhaupt noch zu rechtfertigen sind. Je offener eine politische Partei für diese gesellschaftliche Diskussion ist, um so mehr wird sich diese Diskussion in ihr selbst widerspiegeln. Das ist in der SPD in der Tat der Fall. Man geht aber wohl auch nicht fehl in der Annahme, verehrte Kollegen von der Opposition, daß diese Fragen und Strömungen, die ihren Ursprung vor allem auch im Bereich der christlichen Kirchen haben, eines Tages auch noch die Parteien erreichen werden, die das große C in ihrem Parteinamen führen. ({1}) Die SPD war übrigens die einzige Partei, die diese Diskussion schon vor dem NATO-Beschluß geführt hat. Der Beschluß ihres Berliner Parteitages war für das Zustandekommen der NATO-Entscheidung von ausschlaggebender Bedeutung. Daß die Diskussion über diesen Beschluß innerhalb und außerhalb der SPD weitergeht, unterscheidet uns u. a. von der So1350 wjetunion, in der die Menschen nicht die geringste Möglichkeit der Mitsprache darüber, ob Atomraketen aufgestellt werden oder nicht, hatten und haben. ({2}) - Es wäre gut, wenn Sie zuhörten, Kollege Barzel! Die Gründe für den Beschluß des Berliner SPD-Parteitages haben sich inzwischen verstärkt und nicht etwa abgeschwächt. ({3}) Die Lage zwischen den Großmächten ist klar: Die Sowjetunion verfügt über eine erhebliche Überlegenheit im Bereich der Mittelstreckenraketen, und diese Überlegenheit wird für die Europäer um so drängender, je mehr sich im strategischen Bereich das Verhältnis der Großmächte der Parität nähert, wenn auch in bezug auf atomare Sprengköpfe noch eine Überlegenheit der Amerikaner gegeben ist. Diese Situation zuungunsten Westeuropas hat die Sowjetunion durch die Produktion und die Installierung moderner, zielgenauer Raketen von Typ SS 20 drastisch verschärft. Die Sowjetunion hat heute praktisch eine SS 20-Erstschlagskapazität gegenüber allen nuklearen Mittelstreckensystemen in Westeuropa, d. h. sie hat die Fähigkeit, Flugzeuge und Raketen einschließlich ihrer Kommandozentralen in Westeuropa ohne Vorwarnzeit auf einen Schlag auszuschalten und damit die amerikanische Führung vor die Entscheidung über einen interkontinentalen nuklearen Schlagabtausch zu stellen. Daher waren es auch die Europäer und nicht die Amerikaner, die als erste gefordert haben, daß die Sowjetunion diese Mittelstreckenraketenrüstung rückgängig mache oder aber daß der Westen durch die Aufstellung mobiler Mittelstreckensysteme die durch die sowjetische SS 20-Rüstung in der Abschreckungsskala des Westens eingetretene Lücke wieder schließe. Diesem Ziel dient der erste Teil des NATO-Beschlusses vom Dezember 1979, der im übrigen diese Frage der Mittelstreckenwaffen zu Recht in den Zusammenhang des militärischen Gesamtgleichgewichts zwischen den Supermächten stellt. Gleichzeitig bietet der NATO-Beschluß der Sowjetunion Verhandlungen darüber an, das für den Frieden und die Sicherheit beider Seiten erforderliche Gleichgewicht nicht durch eine westliche Nachrüstung, sondern durch eine Rücknahme der östlichen Vorrüstung zu erreichen. Denn darüber, meine Damen und Herren, besteht zwischen Befürwortern und Kritikern des NATO-Beschlusses Übereinstimmung: Da in Europa bereits heute gewaltige Nuklearwaffenarsenale lagern, muß alles darangesetzt werden, das beiderseitige Niveau der Rüstung zu senken, statt es weiter zu erhöhen. ({4}) Die Kritiker des NATO-Beschlusses machen es sich aber zu leicht, wenn sie gegenüber der massiven sowjetischen Vorrüstung im Mittelstreckenbereich einfach für einen Verzicht des Westens auf Nachrüstung plädieren. Die Geschichte lehrt, daß Rüstungskontrolle und Abrüstung selbst bei Bestehen eines militärischen Gleichgewichts schwer, bei Fehlen eines militärischen Gleichgewichts überhaupt nicht zu erreichen sind. Auch die Hoffnung, daß einseitige Rüstungsverzichte des Westens solche des Ostblocks nach sich ziehen werden, wird durch die geschichtliche Erfahrung nicht belegt; im Gegenteil.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Ehmke, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Dr. Horst Ehmke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Sowjetunion hat sehr viel Zeit verstreichen lassen, bis sie auf den Westen überhaupt geantwortet hat. Sie hat aber jetzt, nach dem Wahlsieg von Reagan, ihre Verhandlungsbereitschaft noch einmal unterstrichen. Der geschichtliche Ablauf zeigt, daß das Festhalten am NATO-Beschluß gegenüber dem Osten eine Voraussetzung dafür ist, daß man die Sowjetunion zu Verhandlungen und in den Verhandlungen zu für den Westen akzeptablen Ergebnissen bewegen kann. Für den Westen gilt das gleiche: Das Festhalten an dem Beschluß ist Voraussetzung für die Fortsetzung einer Politik, die ein militärisches Gleichgewicht auf möglichst niedrigem Niveau der beiderseitigen Rüstung erreichen will. Die SPD-Bundestagsfraktion bestärkt daher die Bundesregierung in ihrem Festhalten am NATO-Beschluß. Ihre guten Wünsche begleiten den Außenminister, der diese Position in den nächsten Tagen in Moskau noch einmal darlegen und erläutern wird. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Möllemann das Wort.

Jürgen W. Möllemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001520, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Oberstes Ziel deutscher Außen- und Sicherheitspolitik sind Wahrung und Sicherung von Frieden und Freiheit. Dieses Ziel verfolgen wir im westlichen Bündnis sowohl durch ausreichende Verteidigungsanstrengungen als auch durch Dialog und Zusammenarbeit mit allen Staaten. Dieser Dialog ist mit den Staaten Osteuropas besonders notwendig, um die Auswirkungen von Spannungen einzugrenzen und ihre Ursachen abzubauen. Diese Friedenspolitik war bislang erfolgreich. Wir haben in Zentraleuropa seit 35 Jahren keinen Krieg; im gleichen Zeitraum gab es weltweit mehr als 120 Kriege. Nach unserer Überzeugung ist ein ungefähres Gleichgewicht der Kräfte zwischen Ost und West eine wesentliche Voraussetzung für die Erhaltung des Friedens. Dieses Gleichgewicht wollen wir, wo es gegeben ist, erhalten und dort, wo es nicht oder nicht mehr existiert, schaffen, nach Möglichkeit durch Rüstungskontrollvereinbarungen, wenn nötig, durch eigene Verteidigungsanstrengungen. Ziel ist es, durch Verhandlungen mit dem Warschauer Pakt zu einem Gleichgewicht auf möglichst niedriger Ebene zu gelangen. Der Bundeskanzler hat in einer wichtigen Rede 1977 darauf hingewiesen, daß sich eine für das Gleichgewicht und damit für den Frieden gefährliche Entwicklung ergeben hat. Während nämlich im Bereich der strategischen Waffen Gleichstand erreicht wurde - nicht zuletzt durch die SALT-Verträge -, hat die Sowjetunion im Bereich Zentraleuropas ein gigantisches Mittelstreckenpotential aufgebaut, das Ungleichgewicht geschaffen hat und damit den Frieden bedroht. Der Bundeskanzler und der Außenminister haben die Sowjetunion immer wieder aufgefordert, diese Entwicklung zu stoppen, weil sie eben den Frieden und das Gleichgewicht gefährdet. Nachdem aber zwei Jahre lang nicht nur keine Reaktion auf diese Rede des Bundeskanzlers in London erfolgte, ({0}) sondern noch weitere SS 20 aufgestellt wurden, traf die NATO die Entscheidung, sowohl durch Verhandlungen als auch durch eigene Produktion das Ungleichgewicht auszugleichen. Die FDP hat sich im übrigen, Herr Kollege Ehmke, ebenso wie Ihre Partei auf dem Bundesparteitag in Freiburg voll hinter diesen Beschluß gestellt, und zwar in beiden Elementen. So wie der Bundeskanzler und der Bundesaußenminister für das Zustandekommen des Nachrüstungsteils des Beschlusses verantwortlich waren, so haben sie auch mit ihrer Moskau-Reise den Dialog, der notwendig war, wieder in Gang gebracht. Das war nicht einfach; denn Sie wissen, daß die Sowjetunion nicht verhandeln wollte. Wie ist nun der Stand heute? Die Sowjetunion hat seit dem Beschluß und dem Verhandlungsangebot von 1979 Woche für Woche weitere neue Raketensysteme aufgestellt. Das Verhältnis an Sprengköpfen bei den hier diskutierten Systemen der sogenannten LRTNF beträgt heute etwa 1 500 Sprengköpfe auf östlicher Seite zu 18 auf westlicher Seite. Nicht der Westen gefährdet hier also jemanden oder rüstet auf; die Appelle müssen an die Sowjetunion gehen. ({1}) Die NATO hat gestern in der Abrüstungsspezialgruppe, die für diese Fragen zuständig ist, einstimmig beschlossen, daß man die Verhandlungen mit der Sowjetunion aktiv vorantreiben will, um jede Chance zu nutzen. Es gibt in dieser Frage keinen Dissens mit unseren amerikanischen Freunden und Partnern. Wir sollten diesen Dissens auch nicht herbeireden. ({2}) Die Verhandlungen sind, wie gesagt, durch die Reise Schmidt/Genscher nach Moskau in Gang gekommen. Wir hoffen sehr, daß Hans-Dietrich Genscher bei seiner morgen beginnenden Reise nach Moskau die politischen Führer der Sowjetunion überzeugen kann, daß es jetzt an ihnen liegt, ihre Vorrüstung im Bereich der Mittelstreckenraketen einzustellen und mit uns in konkrete, konstruktive Verhandlungen einzutreten. Gestützt auf alle Bündnispartner, gestützt auf alle Fraktionen des Bundestages können Sie, Herr Außenminister, Ihren sowjetischen Gesprächspartnern besonders glaubwürdig erklären, daß wir nichts anderes wollen als den Frieden, daß wir entschlossen sind, das Notwendige zur Verteidigung von Frieden und Freiheit zu tun, daß wir bereit sind, im Dialog zu Vereinbarungen zu kommen, die das Ungleichgewicht abbauen. Nicht Propagandafeldzüge und Ablenkungsmanöver sind jetzt gefragt, sondern konkrete Taten, die das Gleichgewicht und damit die Chancen für den Erhalt des Friedens wiederherstellen. ({3}) Die FDP-Fraktion sichert Ihnen, Herr Bundesaußenminister, und der Bundesregierung bei der Fortsetzung dieser verantwortungsbewußten und, wie wir sehen, bislang erfolgreichen Politik der Friedenssicherung ihre Unterstützung zu. Ihnen gelten für Ihre Gespräche die besten Erfolgswünsche. ({4})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Helmut Schmidt (Kanzler:in)

Politiker ID: 11002007

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Dr. Wörner hat, in seine traditionelle Rolle als Bote von Unheil schlüpfend, den Bundeskanzler in dieser Sache zur Stetigkeit gemahnt. ({0}) Herr Wörner, mich müssen Sie in dieser Sache nicht zur Stetigkeit mahnen. Ich habe vier Jahre lang, seit 1977, meine Meinung nicht ändern müssen. Ich darf Sie aber an Ihre Rede in Santa Barbara erinnern, um darzutun, daß Sie Ihre Meinung mehrfach geändert haben. ({1}) Da ich zur Sache reden will, möchte ich eine persönliche Geschichte hier aus der Welt haben, die mir nur Anlaß zu sein scheint, aber nicht wirklich der Kern der Auseinandersetzung. Ich habe zu keinem Zeitpunkt einen Anlaß gehabt, mich zu fragen, ob mein Vertrauen in die drei hier mehrfach genannten Bundesministerkollegen im Kabinett und den mehrfach genannten Staatsminister etwa zu revidieren sei, ganz im Gegenteil. Zu keinem Zeitpunkt habe ich einen Zweifel gehabt. Ich will das hier ausdrücklich sagen. Die Herren stehen voll auf dem Boden der Politik der Bundesregierung. ({2}) Und ich sage das auch im Namen dieser vier betroffenen Kollegen - wozu sie mich ausdrücklich ermächtigt haben -, ({3}) - Herr Präsident, ich nehme an, daß diese Unterbrechung nicht meiner Redezeit zugerechnet wird ({4}) wobei ich von mir aus einräume, daß ich, so sehr ich Verständnis dafür habe, daß, wenn an vielen Stellen über dieselben Sachen debattiert wird, am Schluß verschiedene Wortlaute herauskommen, gleichwohl gewünscht haben würde, daß Mißverständnisse, wie sie in jenen mehrfach hier genannten Beschluß hineininterpretiert werden können, ({5}) ob von links oder von rechts, besser hätten vermieden werden sollen. Im übrigen muß ich darauf aufmerksam machen, daß ich selbst die Sowjetunion und ihre Führer -1978 gegenüber Herrn Breschnew persönlich, 1979 gegenüber Herrn Kossygin, der leider inzwischen verstorben ist, 1980 erneut gegenüber Herrn Breschnew persönlich, zwischendurch persönlich gegenüber Herrn Gromyko, darüber hinaus viele Male öffentlich - immer wieder darauf hingewiesen habe, daß ihre Rüstung auf dem Felde von Backfire und SS 20, die sich gegen die Bundesrepublik Deutschland richtet, was von den sowjetischen Gesprächspartnern nicht abgestritten wird, ({6}) so nicht hingenommen werden kann. ({7}) Die Kommuniqués über die Unterhaltungen sowohl zwischen den Herren Genscher und Haig als auch zwischen den Herren Apel und Weinberger zeigen Ihnen, daß wir bis auf den heutigen Tag in diesen Dingen und in der Konzeption unserer gemeinsamen Gesamtverteidigung mit dem amerikanischen Verbündeten übereinstimmen. Nachdem es uns im vorigen Sommer gelungen war, die Sowjetunion zu überzeugen, daß sie über Mittelstreckenwaffen verhandeln muß, haben diese Gespräche zwischen den beiden Weltmächten im Oktober letzten Jahres begonnen. Ich habe überhaupt keine Zweifel, daß sie in relativ naher Zukunft fortgesetzt werden. Daß eine neue Regierung in Washington Zeit braucht, sich auf solche Verhandlungen einzustellen, halte ich für selbstverständlich; das wäre hier doch auch nicht anders. Sicherlich wird Herr Genscher noch das Wort nehmen, um Ihnen zu berichten, mit welchem Ergebnis die von uns seinerzeit beantragte und initiierte Abrüstungskommission der NATO, die sich mit der Verwirklichung der zweiten Hälfte des Doppelbeschlusses beschäftigt, in den letzten Tagen getagt hat: mit einem Ergebnis, das alle europäischen Mächte einschließlich der beiden europäischen Nuklearmächte Frankreich und England genauso wie wir für nötig halten, nämlich, daß die zweite Hälfte dieses Doppelbeschlusses nun auch ernsthaft, d. h. nicht bloß theoretisch, sondern in der Verwirklichung angegangen wird. Das liegt in unserem strategischen und im Friedensinteresse. Die zweite Hälfte dieses Beschlusses hat nicht den Zweck, die erste Hälfte psychologisch abzudecken, sondern sie ist Selbstzweck und genauso wichtig! Und damit sie erreicht wird, ist die erste Hälfte notwendig, ({8}) Wir sind in diesen Fragen mit allen europäischen Partnern einer Meinung. Ich will zu dem Stichwort sowjetischer Moratoriumsvorschlag eins sagen: Nachdem die Sowjetunion inzwischen allein bei SS 20 über 200 Abschußgestelle mit Raketen installiert hat, würde selbst ein einseitiges Moratorium nur für die Sowjetunion meine tiefen Besorgnisse nicht verringern können. Selbst ein einseitiges Moratorium der Sowjetunion würde in der inzwischen von ihr selbst hergestellten Lage die Verhandlungen nur psychologisch erleichtern; nichts darüber hinaus. Die Sowjetunion muß andererseits auf die Berechenbarkeit unserer Politik vertrauen können. Sie muß wissen, daß das, was wir gesagt haben, auf beiden Seiten gilt. Sie muß auch wissen, daß wir weiterhin bereit sind, mit ihr zu reden. Wir sind auch hierin mit dem amerikanischen und mit dem französischen Präsidenten, mit denen ich auch über diesen Punkt Anfang der Woche gesprochen habe, völlig einig: in dem Willen zum Dialog mit der Sowjetunion. Das sehen Sie j a an dem Besuch von Außenminister Genscher in Moskau in den nächsten Tagen, der stattfindet, in einer nicht unkritischen Lage in einem wesentlichen Teil Europas. Was diesen Teil Europas angeht, will ich die Gelegenheit nutzen, zu sagen: Wir werden auch weiterhin Hilfe für die Volksrepublik Polen leisten. Wir haben bisher von allen Staaten der Welt die größte Hilfe geleistet. Wir werden die Hilfe fortsetzen, weil unsere Interessen dabei mit auf dem Spiel stehen, ({9}) und wir wollen das so lange fortsetzen, wie dort weder Gewalt von innen noch Gewalt von außen geübt wird. ({10}) Im übrigen wird Herr Genscher sicher auch über andere Themen - auch über das TNF-Thema - mit der Sowjetunion sprechen, auch herausfinden müssen, was mit den sowjetischen Andeutungen von vertrauensbildenden militärischen Maßnahmen im gesamten geographischen Bereich Europas gemeint sei, und über viele andere Punkte mehr. Er wird auch keinen Zweifel daran lassen, daß wir so wie 1980 auch 1981 und auch späterhin zum direkten Dialog mit der Sowjetunion und ihrer Führung bereit sind. Dabei übernehmen wir uns nicht, und bilden uns nicht ein, daß Gespräche, die wir führen, an die Stelle der notwendigen Gespräche treten könnten, die zwischen den beiden Weltmächten geführt werden müssen. Ich möchte dem Parlament versichern: Ich bin heute absolut sicher - genauso wie ich Ihnen vor Jahresfrist gesagt habe, ich sei sicher, daß die Sowjetunion ihre Weigerung aufgeben würde, über Mittelstreckenwaffen zu verhandeln -, daß es zur Fortsetzung der im vorigen Oktober begonnenen Verhandlungen über Begrenzung der Mittelstrekkenwaffen kommen wird, daß nicht auf die Wiederaufnahme von SALT-Verhandlungen gewartet werden wird, wenngleich beides zum Schluß in einen Rahmen gegossen werden muß. Aber ich bin ebenso sicher: ({11}) Damit es zu diesen Verhandlungen und zu einem für uns, den Westen, akzeptablen Verhandlungsergebnis kommt, ist es notwendig, an beiden Teilen des Doppelbeschlusses festzuhalten, und zwar nicht nur theoretisch, sondern die Verwirklichung beider Teile des Doppelbeschlusses tatkräftig in die Hand zu nehmen. ({12}) Zum Schluß möchte ich noch einmal die ausdrückliche Übereinstimmung mit unserem engsten europäischen Bündnispartner hervorheben. Sie werden das Kommuniqué des Treffens zwischen Präsident Giscard und mir vom Februar noch in Erinnerung haben, in dem wir gesagt haben: wir wollen keine militärische Überlegenheit, weder des Ostens noch des Westens, aber wir wollen auch keine militärische Unterlegenheit - des Westens nämlich - hinnehmen, sondern wir bauen auf die friedensbewahrende Funktion des Gleichgewichts. Wenn jemand - wie das heute in mehreren Ländern der Welt in der öffentlichen Debatte geschieht - Gleichgewicht prinzipiell als ungeeignet ablehnt und glaubt, er könne auf eigene, westliche Gegengewichte verzichten, dann muß er wissen, daß er damit verzichtet auf das Zustandebringen auch nur des kleinsten gegenseitigen Rüstungsbegrenzungsvertrages, der ohne das Gleichgewichtsprinzip überhaupt nicht abgeschlossen werden kann - von keiner Macht der Welt. ({13}) Er muß außerdem wissen, daß, wer sich in einem Verzicht auf das Gleichgewichtsdenken einläßt, sich selbst der Fremdbestimmung ausliefert, die Freiheit der eigenen Seite aufs Spiel setzt. Ein einzelner kann für sich so entscheiden, aber man kann nicht, was die Freiheit anderer angeht, für sie selbst so mit entscheiden. Dafür gibt es nirgendwo eine Legitimation. ({14})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Bundeskanzler, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß die nach den Regeln vorgesehene Redezeit von 10 Minuten abgelaufen ist. Wenn Sie Ihre Rede fortsetzen - was Ihnen unbenommen bleibt -, eröffnen Sie damit die allgemeine Aussprache.

Helmut Schmidt (Kanzler:in)

Politiker ID: 11002007

Ich möchte die Rede nicht fortsetzen, Herr Präsident. Gestatten Sie mir zwei Sätze am Schluß. Erstens. Ich habe viele Male gesagt und wiederhole: Gleichgewicht ist eine notwendige Voraussetzung für die Bewahrung des Friedens, aber allein reicht das nicht. Der Wille zum Frieden muß auch hinzukommen. Zweitens möchte ich am Schluß sagen, daß zu dem, was hinzukommen muß, der Wille gehört, mit der anderen Seite zu reden, auf sie einzugehen und sie zu verstehen. Das ist der Zweck der Reise von Bundesminister Genscher morgen und übermorgen. Er nimmt eine Botschaft von mir an den sowjetischen Generalsekretär mit. Er wird mit ihm reden. Diese Gespräche dokumentieren den Dialogwillen der Bundesrepublik Deutschland. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Dr. Mertes das Wort.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, zwei Schlüsselworte kennzeichnen Ihre Ausführungen, das Wort „Berechenbarkeit" und das Wort „Gleichgewicht". Sie selbst werden aber dieser Forderungen nicht gerecht. Die Berechenbarkeit der deutschen Außenpolitik leidet immer wieder darunter, daß Sie - offensichtlich aus Rücksicht auf Ihre eigene Partei - in Doppelbödigkeiten und Mehrdeutigkeiten ausweichen, die Sie dann hinterher mühsam reparieren müssen. ({0}) Ich brauche nur an das zu erinnern, was Sie im Jahre 1979 zum Thema Moratorium gesagt haben und wie Sie sich dann hinterher kunstvoll korrigieren mußten, aufgefordert durch die Opposition und den Bundesminister des Auswärtigen. Ich erinnere daran, wie Sie nach der letzten Breschnew-Rede zunächst einmal in einer doppeldeutigen Weise positiv reagiert haben, während die CDU/CSU und der Außenminister nach ernsthafter Prüfung sofort eine klare Antwort gegeben haben. Ich erinnere daran, wie Ihre Ausführungen hier im Bundestag zu den Wiener Truppenabbauverhandlungen mehrfach dazu geführt haben, daß die Sowjetunion Sie mißverstanden hat und dann Gedanken von Ihnen - ich will Einzelheiten aus Zeitknappheit hier nicht darlegen - in Wien aufgegriffen und gesagt hat: Das ist doch ein Vorschlag des deutschen Bundeskanzlers - ein Vorschlag, der für den Westen unannehmbar ist. Sie kamen im Sommer 1980 aus Moskau und sagten: „Wir haben als erste erfahren dürfen, daß die Sowjetunion in künftigen Verhandlungen über das Mittelstreckenwaffen-Gleichgewicht in Europa die britischen und französischen Potentiale nicht mehr einbeziehen will." Hinterher erfahren die Amerikaner in Genf, daß dem gar nicht so ist, sondern daß Moskau nach wie vor die britischen und französischen Potentiale mitzählen will. Herr Bundeskanzler, diese Doppeldeutigkeit, diese Selbstüberschät1354 Dr. Mertes ({1}) zung schadet der Berechenbarkeit der deutschen Außenpolitik. ({2}) Das zweite Schlüsselwort ist „Gleichgewicht". Wir teilen ja Ihre Auffassung von der Notwendigkeit des Gleichgewichts als Voraussetzung des Friedens. Aber ich finde, Sie haben nicht ein geschichtlich-politisches, sondern ein rein militärisch-mechanistisches Verständnis vom Gleichgewicht. Sie haben daher nicht die Möglichkeit, die Jugend darüber aufzuklären, daß der sogenannte Rüstungswettlauf in Wirklichkeit eine Folge des Mißbrauchs militärischer Macht durch die Sowjetunion ist. Die Sowjetunion benutzt militärische Macht eben nicht wie der Western nur zur Verteidigung ihrer eigenen Freiheit, sondern auch zur Unterdrückung und Bedrohung unbotmäßiger Bevölkerungen - siehe Polen. ({3}) Die Sowjetunion benutzt militärische Macht und Übermacht darüber hinaus zum Aufbau eines politischen Arsenals der Einschüchterung, des Druckes, der Drohung, der Erpressung. Diese sowjetische Politik ist absolut transparent. Sie werden die Jugend in diesem Land nicht gewinnen können, wenn Sie nicht auf die politischen Grundlagen - besser gesagt, die unmoralischen Grundlagen - der sowjetischen Aufrüstung eingehen, sondern sich von Aussagen zu den politischen Rüstungsursachen völlig dispensieren. ({4}) Wie ist das gekommen, meine Damen und Herren? Eines unserer Bedenken gegen illusionäre Elemente der Entspannungspolitik der 70er Jahre - ich sage das jetzt nicht aus Rechthaberei, aber es muß doch gesagt werden, damit sich Ähnliches nicht wiederholt - war doch: Wenn Sie den Gedanken der Kooperation, des Dialoges mit dem Osten, den wir seit eh und je, seit Konrad Adenauer 1955 nach Moskau ging, vertreten haben, so überdrehen, daß hinterher das Bewußtsein von der Bedrohung, die von der Sowjetunion ausgeht, verschwindet, dann dürfen Sie sich nicht wundern, daß in diesem Land der Verteidigungswille zurückgeht. Dann geht das psychologische und moralische Gleichgewicht bei uns selbst verloren. ({5}) Sie müssen der Jugend auf diesem Gebiete mehr Wissen und Erkenntnis nahebringen. ({6}) Meine Damen und Herren, ich sage, weil es immer wieder bezweifelt wird, noch einmal: Wir stehen zu beiden Teilen des NATO-Doppelbeschlusses. Wir stehen zum ersten Teil, weil er eine sicherheitspolitische Notwendigkeit ist; wir stehen zum zweiten Teil, weil er eine friedenspolitische, eine außenpolitische Notwendigkeit ist. Aber, Herr Bundeskanzler, meine Damen und Herren, die Sowjetunion benutzt militärische Macht und auch den Verhandlungsgedanken immer wieder als politische Waffen, um ihre eigenen Positionen durchzusetzen. Weder militärische Macht - ich unterstreiche das - noch Abrüstungsverhandlungen - das unterstreiche ich gleichermaßen - sind in sich ein Wert; sondern sie sind ein Wert nur in dem Maße, wie sie den Frieden vertiefen und die Sicherheit stabilisieren. Auf diese Zusammenhänge hinzuweisen ist die Pflicht der deutschen Bundesregierung in den schweren Gesprächen, die wir alle mit uninformierten Jugendlichen zu führen haben. ({7}) Abschließend: Herr Bundeskanzler, die CDU/CSU hält den Dialog mit dem Osten - und zwar nicht als Showgeschäft vor Wahlkämpfen, sondern um der Sache willen als ernsthafte, sachliche Bemühung - für eine Notwendigkeit. ({8}) Sie begrüßt deshalb die Reise des Außenministers nach Moskau zu einem Arbeitsbesuch. Sie erwartet, daß er dort die Positionen, die diesem Hause einmütig eigen sind, in aller Klarheit vertritt. Er muß vor allen Dingen der deutschen Öffentlichkeit, aber auch der Sowjetunion, noch viel klarer als bisher sagen: Es ist geradezu grotesk, daß die Sowjetunion seit Jahren Woche für Woche gegen Westeuropa aufrüstet, und die Basis der Sozialdemokratischen Partei es so darstellt, als ob die Bedrohung von den Vereinigten Staaten von Amerika ausgehe. Genau das ist doch die groteske Situation, gegen die sich die Koalitionsparteien viel stärker wehren, gegen die Sie durch offensive Informationsarbeit wirken müssen. Herr Bundesaußenminister, sagen Sie den Verantwortlichen in Moskau bitte mit der notwendigen Deutlichkeit, daß wir sowjetische Abrüstungsbekundungen einfach nicht als glaubwürdig ansehen, wenn diese Großmacht jede Woche zur SS 20 auch einen Abrüstungsvorschlag dazuliefert, sozusagen als Doppel-Waffe gegen den Westen. Abrüstung darf nicht zu einem Mißbrauch zugunsten der sowjetischen Einflußpolitik im Westen, der Spaltung und Schwächung des Atlantischen Bündnisses degenerieren. ({9})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Mertes, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU verlangt seit Jahren, daß mehrdeutigen Texten, mehrdeutigen Aussagen, mehrdeutigen Verträgen widerstanden wird. Berechenbarkeit beruht auf Klarheit. Doppelbödigkeit und Doppeldeutigkeit schaden der Berechenbarkeit der deutschen Außenpolitik und damit dem Frieden in Europa. - Ich danke Ihnen. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat der Herr Abgeordnete Corterier das Wort.

Dr. Peter Corterier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000339, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben in der Frage des Doppelbeschlusses schon seit geraumer Zeit einen innenpolitischen Schaukampf, ({0}) in dem die Opposition, statt selber politisch oder gar militärstrategisch nachzudenken und eigene Vorschläge zu machen, Gegensätze und Differenzen künstlich zu produzieren versucht. ({1}) Sie setzt dabei den Hebel ebenso im deutsch-amerikanischen Verhältnis an wie in der Koalition und im Kabinett, offensichtlich in der Hoffnung, wenigstens innenpolitisch davon profitieren zu können, da sie ja auf diesem Gebiet eigene politische Vorstellungen nicht präsentieren kann, ({2}) die geeignet wären, in der öffentlichen Debatte über den Doppelbeschluß gehört zu werden. Die geistige Armut der Opposition in Fragen der Rüstungskontrolle und der Abrüstung läßt sich damit nicht überspielen. ({3}) Wenn Sie schon nichts beizutragen haben, Herr Mertes, dann lassen wir uns schon gar nicht, wie Sie das eben gegenüber dem Bundeskanzler versucht haben, in diesen Fragen das Nachdenken verbieten. ({4}) Wir waren es doch, die den rüstungskontrollpolitischen Teil des Doppelbeschlusses in die gemeinsame Bündnispolitik eingebracht und damit die politische Handlungsfähigkeit des Bündnisses auf diesem schwierigen Gebiet erst ermöglicht haben. Daran halten wir fest, und daran halten die Vereinigten Staaten fest, auch nach dem Regierungswechsel. Außenminister Genscher und Verteidigungsminister Apel ist dafür zu danken, daß sie dies in ihren Gesprächen mit der amerikanischen Regierung klar festgeschrieben haben. Das Bündnis hat gestern - davon war j a schon die Rede - mit den Beratungen der Abrüstungsgruppe den Anfang gemacht, diese Verhandlungsmöglicheiten sehr sorgfältig vorzubereiten und auszuloten. Es ist richtig, daß nicht nur in der SPD, sondern in weiten Teilen der Öffentlichkeit, der Jugend, der Kirchen große Erwartungen an Rüstungskontrollverhandlungen geknüpft werden. Nur - darauf hat Horst Ehmke schon hingewiesen -, das geht offenbar an Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, völlig vorbei. ({5}) Sie kümmern sich nicht darum, obwohl Sie das „Christliche" im Parteinamen führen. Ist es da verwunderlich, wenn Sie in dieser Debatte als zuständig alleine für die militärische Rüstung angesehen werden? Sie haben doch durch den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, Manfred Wörner, zunächst Aufrüstung statt Verhandlungen gefordert. ({6}) Sie haben sich erst dann, als sich im Bündnis der Doppelbeschluß abzeichnete, zu einer Unterstützung dieser Politik drängen lassen. Wo waren denn damals Ihre rüstungspolitischen Beiträge? ({7}) Heute spielen Sie sich - es ist grotesk, daß es vor allem auch Herr Wörner tut - als Gralshüter eines Bündnisbeschlusses auf, den Sie in Wirklichkeit am liebsten einseitig als Stationierungsbeschluß umdrehen möchten. ({8}) Auf den rüstungskontrollpolitischen Teil dieses Beschlusses verwenden Sie leider allzuwenig Sorgfalt und Mühe. Nun ist natürlich im Bündnis und auch bei uns durch die Schwierigkeiten im SALT-Prozeß im amerikanischen Senat eine neue Lage geschaffen worden, wie es in einem Antrag unseres Berliner Parteitages heißt; und zwar eine neue rüstungskontrollpolitische Lage. Denn sicherheitspolitisch hat sich ja nichts verändert. Wir sind mit denselben Problemen konfrontiert, denen wir nicht davonlaufen können. ({9}) Die neue Lage ist, daß der SALT-Prozeß, im Vergleich zum vorgesehenen Ablauf, schwieriger geworden ist. Das heißt, zunächst Ratifizierung von SALT II und dann SALT-III-Verhandlungen. Die Opposition hat durch ihre zwiespältige, doppelbödige Haltung zu SALT II, Herr Mertes, wenn ich das einmal zurückgeben darf, leider denjenigen Wasser auf ihre Mühlen gegeben, die den SALT-Prozeß am liebsten aufgegeben hätten. Heute besteht aber Übereinstimmung im Bündnis - das ist bei den Beratungen der Abrüstungsgruppe gestern deutlich geworden -, daß die Verhandlungen über nukleare Mittelstreckenwaffen auf der Grundlage der Kontinuität des SALT-Prozesses geführt werden. Sie können anlaufen, auch wenn Verhandlungen über SALT II noch nicht aufgenommen worden sind, aber sie bleiben im SALT-Rahmen. Ich denke, daß es auf dieser Grundlage dem Bündnis möglich sein muß, noch in diesem Jahr mit den effektiven Verhandlungen zu beginnen. Der Sinn des Doppelbeschlusses war doch, die Zeit, die bis 1983 zur Verfügung steht, für Verhandlungen zu nutzen. Wir sollten jedenfalls auf unserer Seite alles tun, um keine zusätzlichen Hindernisse dagegen aufzutürmen. Es hat lange genug gedauert, bis es überhaupt gelungen ist, die Sowjetunion zu Verhandlungen auf diesem Gebiet zu bringen. Das ist eindeutig ein Verdienst des Bundeskanzlers und des Außenministers. Der Außenminister wird ja bei seinem Besuch in Moskau erneut darüber reden. ({10}) Wir sind entschlossen, auf diesem Wege weiterzugehen, und wir werden uns in unserer Politik nicht durch Stolpersteine beirren lassen, die uns die Opposition in den Weg zu legen versucht. ({11})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäfer.

Helmut Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001932, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich brauche nach den sehr präzisen Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers und der anderen Abgeordneten der Koalition nicht noch einmal die Frage der Haltung der Regierungsparteien zum Doppelbeschluß der NATO zu wiederholen. ({0}) - Das will ich Ihnen gleich sagen; vielleicht freut Sie Ihr Zwischenruf dann gar nicht mehr so sehr. Ich rede davon, daß die Beunruhigung, die es in weiten Kreisen der deutschen Jugend - vorhin wurden auch die Kirchen genannt -, die es in bestimmten Bevölkerungskreisen gibt, j a nicht auf Äußerungen einzelner Politiker dieses Hauses zurückzuführen ist, sondern - meine Damen und Herren, wir sollten es uns hier nicht zu leicht machen - natürlich auch auf eine Fülle von Äußerungen aus den Vereinigten Staaten, die sich, wie es beim Amtsantritt einer Regierung üblich ist, sehr von dem unterscheiden, was wir in den vergangenen vier Jahren aus den Vereinigten Staaten gehört haben. Wenn Sie - das tun Sie j a wohl alle - in den letzten Wochen die Gelegenheit benutzt haben, mit deutschen Jugendlichen zu diskutieren, dann sind Sie zu dem Ergebnis gekommen, daß doch nicht der Nachrüstungsbeschluß allein zur Debatte steht, sondern daß eine Fülle von Fragen gestellt werden, z. B. folgende: Bleiben die Vereinigten Staaten bei der bisherigen Menschenrechtspolitik oder nicht? Wollen sie zurück zu einer Politik der Stärke? Werden sie in der Dritten Welt die Politik fortsetzen, die sie bisher - ich glaube, auch von diesem Haus einvernehmlich gebilligt - betrieben haben? - Das ist doch der Zusammenhang, meine Damen und Herren! ({1}) Ich meine, es nutzt nichts, wenn wir uns in diesem Saale darüber streiten, wer hier möglicherweise anders als die Bundesregierung geredet hat; hier geht es vielmehr darum, die deutsche Öffentlichkeit, die deutsche Jugend aufzuklären. Es geht auch darum, das wahrzumachen, Herr Kohl, was auf Ihrem Parteitag gesagt worden ist; dort wurde nämlich gesagt: Wir suchen den Dialog mit der Jugend. - Da können wir uns die Antworten nicht ganz so einfach machen; wir müssen einiges mehr dazu sagen. ({2}) Wir müssen der Jugend klarmachen, daß die Zustimmung zum Doppelbeschluß zunächst dem Schutzbedürfnis dieses Staates, dem Sicherheitsbedürfnis Berlins entspringt. ({3}) Wir müssen klarmachen, daß die Besuche Genschers und Apels in Washington und auch der Besuch Genschers in Moskau im Ergebnis dazu dienten, den Dialog fortzusetzen und Verhandlungen zu führen. ({4}) Meine Damen und Herren, wir müssen weiterhin klarmachen, daß es wahrscheinlich besser ist, wenn wir die Geheimhaltung des Bundesverteidigungsministeriums aufgeben und statt dessen endlich die Zahlen auf den Tisch legen, Diagramme anfertigen und einmal deutlich machen, wie die militärischen Kräfteverhältnisse zwischen Ost und West wirklich sind. Ich glaube, dann kämen wir weiter. Wir müssen auch klarmachen, daß hinter dem Vorschlag eines Moratoriums natürlich auch der Versuch steht, uns von den Vereinigten Staaten abzukoppeln. ({5}) Das können wir nicht, wenn wir uns hier nur plakativ auf ein Ja zu dem zurückziehen, was die Vereinigten Staaten im Augenblick politisch äußern ({6}) das sind sehr verschiedenartige Äußerungen -, sondern wir müssen klarmachen, daß unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten anderer Natur ist als etwa das der DDR zur Sowjetunion. Wir sind nicht Vasallen, meine Damen und Herren, ({7}) sondern wir können unter Freunden auch einmal einen Dissens austragen, wir können unter Freunden auch verschiedene politische Meinungen äußern, ({8}) ohne daß das gleich von Ihnen wieder als Zusammenbruch unserer Beziehungen deklariert werden sollte. ({9}) Meine Damen und Herren, ich glaube, daß wir uns nur dann gegen diesen undifferenzierten und leichtfertigen Antiamerikanismus durchsetzen können, wenn wir uns hier auch differenziert zur amerikanischen Politik äußern. Ich glaube, das ist doch ganz wesentlich. ({10}) Ein letztes Wort, meine Damen und Herren von der CDU. Einige Abgeordnete Ihrer Fraktion haben im Wahlkampf einen Brief geschrieben - er ist damals ein bißchen untergegangen -, in dem gegenüber der Regierung Carter Besorgnis hinsichtlich der Stetigkeit der Politik dieser Bundesregierung zum Ausdruck gebracht wurde. ({11}) Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe eine Bitte an Sie: Benutzen Sie Ihre Energie Schäfer ({12}) nicht, um Zweifel in den Vereinigten Staaten an unserer Politik zu verbreiten, ({13}) sondern um Ihre christdemokratischen Freunde in Belgien und Holland dazu zu bringen, daß sie dem Doppelbeschluß der NATO so folgen, wie wir das hier tun. - Vielen Dank. ({14})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen.

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, daß diese Debatte des Deutschen Bundestages für uns alle Anlaß sein sollte, die Position der Fraktionen dieses Hohen Hauses, die nach der Entscheidung der NATO im Dezember 1979 in der Unterstützung der Haltung der Bundesregierung zum Ausdruck gekommen ist, erneut zu bekräftigen. Das ist von allen Seiten geschehen. Ich frage mich allerdings, ob es auch der Berechenbarkeit der deutschen Politik dient, wenn an der Erklärung, die der Bundeskanzler hier für sich und für alle Mitglieder der Bundesregierung abgibt, durch Zwischenrufe und andere Unmutsäußerungen Zweifel gehegt werden. ({0}) Meine Damen und Herren, die Lage ist zu ernst, ({1}) als daß etwas in Zweifel gezogen wird, was jemand sagt, der ganz unbezweifelbar in der Frage dieses Doppelbeschlusses für sich in Anspruch nehmen kann, daß er die europäischen Interessen, die sich in der Abwehr der Bedrohung durch sowjetische Mittelstreckenraketen darstellen, als erster artikuliert, zur Geltung gebracht und auch dadurch zum Ausdruck gebracht hat, daß wir nicht von uns aus in einen Rüstungswettlauf eintreten, sondern sagen: Wir rüsten nach; aber wir wollen Verhandlungen, um nach Möglichkeit das Gleichgewicht auf einem möglichst niedrigem Niveau der Rüstungen garantieren zu können. ({2}) Deshalb denke ich, daß wir diese Debatte nutzen sollten, um uns mit all den Erscheinungen, die unbestreitbar in unserer Gesellschaft vorhanden sind und die mein Kollege Schäfer eben nochmals dargestellt hat, auseinanderzusetzen, um deutlich zu machen, daß natürlich atomare Gefahren für diese Bundesrepublik Deutschland und für ihre Partner in Europa bestehen, daß dies aber Gefahren sind, die nicht von der Absicht des Westens ausgehen, frühestens 1983 Raketen zu stationieren, sondern von den Raketen, die heute schon gegen Westeuropa in Stellung gebracht sind. ({3}) Hier muß ich sagen, daß es ein Verdienst der Bundesregierung ist, darauf hingewiesen zu haben, daß es bei diesem Doppelbeschluß der NATO vom Dezember 1979 zuallererst um unsere europäische, um unsere westeuropäische Sicherheit geht, und jenen Eindrücken entgegenzutreten, die da erweckt werden, als solle den Europäern hier von den Vereinigten Staaten etwas aufgedrückt werden. Ich glaube, der Kollege Ehmke hat mit großer Deutlichkeit gesagt: Das Verlangen ging von hier aus, damit wir im Mittelstreckenbereich durch Herstellung eines annähernden Gleichgewichts - wir bleiben j a weit hinter dem zurück, was im östlichen Teil geschehen ist - verhindern, daß ein Ungleichgewicht entsteht. Meine Damen und Herren, Ungleichgewicht ist noch immer die gröbste Bedrohung für den Frieden gewesen. Und wir wollen Frieden, das ist unser Ziel. ({4}) Und da hat es natürlich Erklärungen im amerikanischen Wahlkampf gegeben. Aber nehmen wir doch das so, wie es in den Gesprächen mit Herrn Kollegen Apel und mit mir in Washington gesagt worden ist. Das ist die Meinung der amerikanischen Regierung. Wir haben nicht den geringsten Zweifel an der Aufrichtigkeit dieser Auffassung. Ich höre manche Stimmen in diesem Land, bei denen ich das Gefühl habe: Sie sind gern und beflissen bereit, jedem Wort, das aus Moskau kommt, gehörig Glauben zu schenken, aber sie setzen höchstens Zweifel in die Absichten der engsten Verbündeten. ({5}) Der Herr Bundeskanzler hat auf unsere volle Übereinstimmung mit allen unseren europäischen Verbündeten hingewiesen. Deshalb möchte ich nur sagen: Mache niemand aus der Frage unseres Verhaltens im Bündnis ein deutsch-amerikanisches Problem! ({6}) Unser Verhalten im Bündnis, unsere Bündnisfähigkeit, unsere Berechenbarkeit im Bündnis sind genauso eine Frage unseres Verhältnisses zu unseren europäischen Partnern. Wer glauben wollte, er könne die Position der Bundesrepublik Deutschland zwischen den beiden Weltmächten definieren, würde sich nicht nur von den Vereinigten Staaten, sondern auch von den europäischen Partnern isoliert sehen. Unser Platz ist an der Seite des Westens und im Westen, aber nicht gleich weit entfernt von der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten. ({7}) Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Möllemann hat zu Recht darauf hingewiesen, daß es der Bundesregierung und ihren Vorschlägen zu verdanken ist, daß wir unsere Sicherheitsphilosophie zu der des Bündnisses machten, nämlich nicht erst nachrüsten und dann verhandeln, sondern gleichzeitig Nachrüstung und Verhandlung. Das ist unser Zeichen, unser Wille dazu, eben nicht einen neuen 1 Rüstungswettlauf eintreten zu lassen, wenn es nach uns geht. Die eben von Herr Corterier erwähnte Sitzung der Abrüstungsgruppe gestern zeigt auch in der Praxis, daß wir hier mit allen Partnern einschließlich der Vereinigten Staaten voll auch darin übereinstimmen, daß die Verhandlungen über die Mittelstreckenwaffen, unabhängig davon, wie und wann der SALT-Prozeß fortgeht, weiterlaufen sollen. Das halte ich für das Entscheidende. Ich bin dankbar für die Unterstützung der Position der Bundesregierung von allen Seiten am Vortag meiner Reise nach Moskau. Denn ich bin zutiefst davon überzeugt, daß wir mit unserer Philosophie - Bereitschaft und Entschlossenheit zur Nachrüstung und zu Verhandlungen - den besten Beitrag zur Friedenssicherung erbringen. Ich möchte alle Menschen in unserem Lande bitten, diese Politik zu unterstützen, sich mit den Tatsachen vertraut zu machen und sich immer bewußt zu sein, daß derjenige, der nur bereit ist, über die Verhandlungsseite und nicht auch über die Notwendigkeit der Nachrüstung zu reden, genau das verhindert, was er möglicherweise - ganz bestimmt guten Willens - will, nämlich aussichtsreiche Verhandlungen. Nur die Entschlossenheit zu bei dem - die Entschlossenheit zu Verhandlungen genauso wie die Entschlossenheit zur Nachrüstung - ist die Garantie dafür, daß wir zu den konkreten Verhandlungsergebnissen kommen, die wir alle von Herzen wünschen, wobei wir wissen, daß unser Wille zum Dialog, unser Wille zu Abrüstungsverhandlungen, zur Zusammenarbeit auch ein Beitrag zur Lösung jenes uns alle tief anrührenden Problems ist, mit dem sich unsere polnischen Nachbarn zu beschäftigen haben. Der Bundeskanzler hat darauf hingewiesen: wir wollen bei der Lösung der ökonomischen Probleme Polens helfen. Das ist ganz unbezweifelbar notwendig. Es gehört genauso dazu, daß wir durch unseren Willen, den Ost-West-Dialog fortzusetzen, dafür sorgen, daß auch die politischen Rahmenbedingungen dafür verbessert werden, daß das polnische Volk, daß seine Führung und seine gesellschaftlichen Kräfte ihre Probleme in eigener Verantwortung und ohne Einmischung von außen lösen können. Das alles wollen wir zusammen mit unseren Partnern und unseren Verbündeten. Deshalb ist die Berechenbarkeit unserer Politik so wichtig, im eigenen Bündnis und nach Osten. Deshalb sollte sie auch niemand in Frage stellen. Deswegen war es so notwendig und richtig, daß die Bundesregierung durch die Antworten des Herrn Staatsministers, durch die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers diese Position am Vorabend dieser Reise noch einmal unterstrichen hat. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung. ({8})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Abgeordnete Graf Huyn.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat hier zum Schluß einige Worte über Polen gesagt. Er kann sich, wie ich hoffe, der Unterstützung des ganzen Hauses in dieser Sorge um die Situation dort sicher sein. ({0}) Wenn aber der Bundesminister des Auswärtigen auf der anderen Seite sagt, man dürfe die Erklärung des Bundeskanzlers, die er für Minister seines Kabinetts hier abgibt, nicht in Zweifel ziehen, dann kann ich nur fragen: Warum gibt es diese Vielfalt der Töne, die wir von der Bundesregierung, vom Bundeskanzler selbst und insbesondere von den Mitgliedern der SPD, hören? ({1}) Die Tatsache, daß wir hier diese Aktuelle Stunde haben, daß wir sie haben müssen, ({2}) zeigt doch, daß die Bundesregierung selbst die Notwendigkeit sieht, geradezu mit einer Couéschen Methode immer wieder sich selbst und ihren Verbündeten zu bestätigen, wozu sie steht. ({3}) - Ja, jede Woche denselben Beschluß, Herr Kollege Jenninger. Ich kann nur wünschen, Herr Bundeskanzler, daß Sie auch einmal vor Ihrer eigenen Partei mit derselben Klarheit sprechen wie hier. ({4}) Herr Ehmke erklärt hier, der NATO-Beschluß eigne sich nicht für eine parteipolitische Polemik. Ich sehe die parteipolitische Polemik nicht, ich sehe nur eine innerparteiliche Polemik der SPD und Gegensätze zwischen der Bundesregierung und der sie tragenden Partei. ({5}) Deswegen ist es sicher richtig, was der Bundeskanzler sagte: Auch die Sowjetunion muß an unsere Zuverlässigkeit glauben. Aber diese Zuverlässigkeit wird nicht dadurch gewährleistet, daß hier immer wieder unterschiedliche Meinungen kommen, immer wieder gewissermaßen eine halbe Politik betrieben wird. Es war doch der Bundeskanzler selbst, der laut Nachrichtenspiegel der Bundesregierung vom 24. Februar 1981 vor dem SPD-Vorstand erklärt hat - ich zitiere wörtlich -: „Schmidt bezeichnete den Breschnew-Vorschlag", nämlich für ein Moratorium, „als ein Eingehen auf seine", Schmidts, „Anregung vom Frühjahr vorigen Jahres". ({6}) Herr Bundeskanzler, wie läßt sich dies mit dem vereinbaren, was Sie hier sagen? ({7}) Wie sollen dann nicht sowohl unsere Alliierten hier in Europa, in den Vereinigten Staaten, aber auch die Sowjetunion uns und diese Bundesregierung als unzuverlässig bezeichnen? Außerdem werden hier offenbar auch zur innerparteilichen Besänftigung, Herr Bundeskanzler, Äußerungen gemacht, die der Öffentlichkeit vorgaukeln, es gäbe die Möglichkeit einer Nullösung. Herr Bundeskanzler, glauben Sie selbst an eine solche Nullösung, die nur bei einer Verschrottung sämtlichen sowjetischen Mittelstreckenpotentials und nicht nur der SS 20 möglich wäre? ({8}) - Herr Corterier, ich bin sehr dafür. ({9}) Das ist unser aller Ziel. Natürlich wollen wir alle diese Abrüstung. ({10}) Aber Sie müssen der Realität ins Auge sehen. Wie sind denn die Tatsachen? Wir dürfen in dieser Frage der Verhandlungen unsere amerikanischen Alliierten nicht unter Druck setzen. Wer rüstet denn auf? Es ist die Sowjetunion. Wer steht denn noch in Afghanistan? Es ist die Sowjetunion. Wer steht denn drohend hinter den Ereignissen in Polen? Es ist die Sowjetunion. Bei dieser Situation entscheidet die SPD auf dem Berliner Parteitag, man müsse immer von der Friedensbereitschaft des anderen ausgehen. Leider entspricht dies nicht den Realitäten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen für diese Verhandlungen glaubwürdige Zeichen von Moskau und Festigkeit im Westen. Ich möchte hier noch eines der Jugend gegenüber sagen: Wir stellen uns dieser Diskussion. Aber ich verwahre mich dagegen, daß hier die Jugend mit einigen Randalierern gleichgesetzt wird und daß die Kirchen mit einigen Pazifisten gleichgesetzt werden. ({11})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Graf Huyn, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte daran erinnern, daß es gerade in der Kirche viele gibt, die ihrer Verantwortung für den Frieden nicht durch einen einseitigen Pazifismus gerecht zu werden glauben, sondern ihren Auftrag darin sehen, den Frieden durch Gleichgewicht zu wahren. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Bahr das Wort.

Prof. Egon Bahr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000080, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands schwergefallen, ihren Beschluß in Berlin zugunsten des Doppelbeschlusses der NATO zu fassen. ({0}) Wir haben ihn mit einer Mehrheit von zwei Dritteln gefaßt. Aber eines ist, glaube ich, nicht zu bezweifeln. Ohne diesen Beschluß der SPD hätte es den NAO-Doppelbeschluß nicht gegeben. ({1}) Die SPD hat zum Zustandekommen dieses Doppelbeschlusses mehr getan als viele durch ihr Reden - auch seitens der Opposition. ({2}) Meine Damen und Herren, es kann auch kein Zweifel darüber bestehen, daß die Diskussion in unserem Lande darüber geht, ob es weise gewesen ist, diesen Beschluß zu fassen. Es kann auch kein Zweifel darüber bestehen, daß z. B. der hier mehrfach erwähnte Kollege Eppler damals dem Doppelbeschluß nicht zugestimmt hat und ihm auch heute nicht zustimmt. Es gibt zu diesem Punkte keine einmütigen Beschlüsse der SPD. Aber, meine Damen und Herren, eines ist völlig klar: wenn wir einen Beschluß gefaßt haben - selbst mit einer knappen Mehrheit -, kann sich jeder Partner in der Welt und in diesem Lande darauf verlassen, daß wir ihn halten. ({3}) Meine Damen und Herren von der Opposition, sehen Sie einmal, einer der Hauptgesprächsführer in der Bundesrepublik Deutschland in der Frage, ob denn überhaupt unsere bisherige NATO-Konzeption nicht verworfen werden soll, ist doch ein Mitglied der CSU. Sie können doch nicht so tun, als gäbe es nicht selbst in Ihren Reihen Überlegungen. ({4}) Der Herr Mechtersheimer ist doch nicht Mitglied der SPD. Und der Herr Borm ist doch nicht Mitglied der SPD. Es gibt doch heute in allen Parteien Leute, die anfangen zu überlegen, ob wir denn richtig gehandelt haben. ({5}) Wir haben festzustellen, daß wir einen Doppelbeschluß gefaßt haben. Der nachrüstungs- und kontrollpolitische Teil dieses Doppelbeschlusses ist eine Angelegenheit, den es ohne den aktiven Beitrag der Bundesrepublik Deutschland nicht gegeben hätte. Wir haben nämlich das Ziel, durch rüstungskontrollpolitische Verhandlungen, wenn es geht, zu einer Nullösung zu kommen, und wenn es nicht geht, zu einem möglichst niedrigen Niveau. Dazu gibt es nur Verhandlungen. Deshalb haben sich alle Beschlüsse der SPD ungeachtet aller Moratoriumsdiskussionen darauf konzentriert, auf unmittelbare möglichst schnelle Verhandlungen ohne Vorbedingungen zu drängen. Ich bin sehr zufrieden, daß die gestrige Sitzung der Special Group in Brüssel gezeigt hat, daß auch die neue amerikanische Administration den rüstungskontrollpolitischen Teil des Beschlusses anerkennt und den Wünschen der Europäer entspre1360 chend die im Oktober begonnenen Verhandlungen fortsetzen will. Ich finde, dies ist am Vorabend der Moskaureise des Bundesaußenministers eine sehr gute Nachricht. ({6}) Lassen Sie mich noch einen Punkt hinzufügen: Die Geschlossenheit der SPD ({7}) in dem Drängen auf unmittelbaren Verhandlungsbeginn - wenn Sie nicht zuhören, meine Damen und Herren, werden Sie es auch nicht erfahren ({8}) auf der Basis des Doppelbeschlusses ist auch durch kein Wort des vielzitierten Beschlusses des Landesvorstandes von Baden-Württemberg in Frage zu ziehen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Bahr, Ihre Redezeit ist abgelaufen. ({0})

Prof. Egon Bahr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000080, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich den Satz beenden? ({0}) Meine Damen und Herren, als einer derjenigen, die an der Diskussion dort teilgenommen haben, muß ich Ihnen sagen, daß alle Verdächtigungen, die hier dahin gehend geäußert worden sind, daß die dort beteiligten Bundesminister nicht diese Auffassung - die Auffassung der Bundesregierung - vertreten hätten, ({1}) falsch gewesen sind. ({2}) Sie haben sich an diese Haltung der Bundesregierung und der SPD gehalten. Meine Damen und Herren, ich hoffe, ({3}) daß diese Stunde mit dazu beiträgt, daß Sie Ihre Verdächtigungen endlich einstellen und mit dazu beitragen, daß wir zu Verhandlungen kommen. ({4})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat der Herr Abgeordnete Jung das Wort.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann j a unter taktisch-parteipolitischen Gesichtspunkten noch ein gewisses Verständnis dafür haben, daß sich die Kollegen der Opposition hier an einem Beschluß eines Landesverbandes, an dem sich einige Regierungsmitglieder beteiligt haben, aufrichten und die Regierung angreifen. Aber, meine Damen und Herren, damit leisten Sie doch der Sache überhaupt keinen Dienst! Sie hätten diese Gelegenheit wahrnehmen sollen, die Öffentlichkeit angesichts so mancher Argumente, die draußen falsch wiedergegeben werden, besser aufzuklären. ({0}) Denn es ist doch wohl unbestritten, daß die absolute Notwendigkeit des Doppelbeschlusses überhaupt nicht in Frage steht, ({1}) und es ist j a wohl auch unbestritten, daß selbst nach Durchführung des Nachrüstungsbeschlusses ein Verhältnis von 4 zu 1 zugunsten der Sowjetunion besteht. Auf westeuropäischem Boden steht heute außer den 18 französischen Systemen den 600 sowjetischen Systemen mit 1 400 Gefechtsköpfen nichts, aber auch gar nichts gegenüber. Damit hätten Sie einmal anfangen sollen, um so manche Unklarheit draußen zu beseitigen. Wenn Graf Huyn hier auftritt und dem Bundeskanzler Vorwürfe macht, kann das, Graf Huyn, ja wohl nicht so stehenbleiben. Da haben Sie unrecht; der spricht - auch auf seinen Parteitagen - so wie hier. Er hat ja - das wurde hier schon betont - bereits im Oktober 1977 das Problem ins Bewußtsein gerufen, und ich darf die Kollegen der SPD-Fraktion auch an seine Rede vor der Fraktion im Februar 1979 erinnern; auch dort hat er eine klare Position vertreten. Insofern, meine Damen und Herren von der Opposition, stimmt so manches nicht, ist so manches schief, was Sie hier vortragen. ({2}) Aber ich muß natürlich auch sagen, daß Wackeleien und opportunistische Zustimmung zu irgendwelchen Anträgen regionaler Parteiuntergliederungen ({3}) insbesondere natürlich auch von Leuten, die in diesem Hause sitzen - zur Verunsicherung führen können. ({4}) - Herr Mertes, ich betone, daß es uns, der FDP, bisher auch und gerade in diesem Punkt immer auf Standfestigkeit und Glaubwürdigkeit ankam und wir uns weder von Ihnen noch von irgend jemandem sonst aus bestimmten Gründen in eine bestimmte Ecke stellen lassen. ({5}) Denn, meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, Sie dienen - ich wiederhole das, was hier schon gesagt wurde - der Sache überhaupt Jung ({6}) nicht, wenn Sie ständig Zweifel in die Zuverlässigkeit einer der Regierungsparteien setzen ({7}) und damit die Verbündeten verunsichern; denn es gibt nun einmal eindeutige Beschlüsse dieser Regierung - mehrere im März 1981 -, die ich nicht zu wiederholen brauche. Sie sollten also nicht ständig in den Krümeln suchen. Das schafft doch auch falsche Fronten. Verstehen Sie denn das nicht? Sie sollten lieber - hierauf hat der Kollege Schäfer mit Recht verwiesen - unzutreffende Argumente in der Öffentlichkeit widerlegen und Ihre Freunde in Europa - denn diese Sache ist doch nicht eine deutsch-amerikanische Angelegenheit; sie ist doch eine existentiell europäische Angelegenheit -, ({8}) Ihre Parteifreunde in Holland oder in Belgien an das Notwendige erinnern. Gott sei Dank war, ist und bleibt es unser Parteivorsitzender, der Bundesaußenminister, der morgen nach Moskau fährt, der immer wieder beide Seiten des Doppelbeschlusses als besonders wichtig im Westen wie im Osten verdeutlicht hat. Das wird er auch in Moskau wieder tun. Ich betone noch einmal: Gerade der gestern in Brüssel gefaßte Beschluß der auf deutsche Veranlassung 1979 eingesetzten speziellen Abrüstungsgruppe macht deutlich, daß die Ergebnisse der Gespräche des Bundesaußenministers in den Vereinigten Staaten bekräftigt haben, daß auch die USA keine einseitige Überlegenheit wollen, sondern verhandeln wollen und den Zusammenhang zwischen Long Range TNF und SALT klar bestätigt haben. Wir haben das auch wiederholt getan, beispielsweise ich in der Nordatlantischen Versammlung. Wir haben kein Junktim zwischen SALT II und den notwendigen Abrüstungsgesprächen zu SALT III hergestellt; wir haben das ausdrücklich abgelehnt. Aber Gespräche über die Mittelstreckensysteme sind nötig, auch ohne daß die SALT-II-Ratifizierung durchgeführt worden ist. Und sie sind auch möglich!

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Jung, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident, ich will zum Schluß nur noch zusammenfassen. Unter dieser Erkenntnis sollten wir in diesem Hause alle gemeinsam mitarbeiten, daß die Gespräche, die im Oktober des vergangenen Jahres begonnen wurden, in diesem Jahr zwischen den Spitzen der amerikanischen Administration und der in der Sowjetunion Verantwortlichen wieder aufgenommen und erfolgreich fortgesetzt werden. Daran sollten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition mitarbeiten, das wäre konstruktive Opposition! ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Todenhöfer das Wort.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sollte, glaube ich, noch einmal daran erinnern, daß diese Diskussion hier vor dem Hintergrund einer großangelegten sowjetischen Propagandaoffensive stattfindet, deren strategisches Hauptziel es ist, die sowjetische Übermacht im Bereich nuklearer Mittelstreckenwaffen zu zementieren und festzuschreiben. ({0}) Mit dem Moratoriumsvorschlag hat die Sowjetunion unserem Land doch nur einen Köder hingeworfen, der die Bevölkerung und vor allem die Basis der SPD/FDP gegen den Nachrüstungsbeschluß der NATO mobilisieren und Zwietracht ins Bündnis streuen soll. Diese Propagandakampagne der Sowjetunion trägt inzwischen leider ihre ersten Früchte. Herr Bundeskanzler, daran ändern auch Ihre Versuche nichts, in der heutigen Debatte das in den letzten Tagen zerschlagene Porzellan wieder zu kitten. Ihr Versuch ändert nichts an der Tatsache, daß weite Kreise der SPD-Basis inzwischen uneingeschränkt für das Moratorium sind. Er ändert nichts daran, daß die Kollegen Bahr und Ehmke inzwischen ein Moratorium immerhin als Teil von Rüstungskontrollverhandlungen für akzeptabel halten. Und er ändert nichts daran, daß vier Bundesminister, aus Baden-Württemberg ({1}) je nachdem ob sie sich gerade in Baden-Württemberg oder in Bonn aufhalten, offenbar nicht richtig wissen, ob sie dafür oder dagegen sind. ({2}) Ergebnis: Hier wird nicht nur der Nachrüstungsbeschluß systematisch zerredet, es besteht auch die Gefahr, daß das Bündnis zerredet wird, daß die Sicherheit zerredet wird und daß dadurch auch der Frieden zerredet wird. ({3}) Natürlich hätten auch wir - und hier verstehen wir die Sorgen unserer Jugend und der Kirchen - viel lieber militärisches Gleichgewicht auf wesentlich niedrigerem Niveau, als es zu erwarten ist. Auch wir würden das Geld, das wir jetzt für die Nachrüstung möglicherweise ausgeben müssen, lieber für andere Dinge ausgeben. Aber, Herr Bahr, es ist doch die Sowjetunion, die uns durch ihre gigantische Aufrüstung zu dieser Nachrüstung zwingt. ({4}) Die Sowjetunion weiß ganz genau, daß sie morgen einen Verzicht auf die Produktion und auf die Dislozierung aller für 1983 vorgesehenen 572 Mittelstreckensysteme haben kann, wenn sie heute ihre nuklearen Mittelstreckenwaffen nachweisbar verschrottet. Wenn die Sowjetunion die Nachrüstung des Westens nicht will, soll sie abrüsten. ({5}) Herr Bundeskanzler, ich habe in den acht Jahren, die ich diesem Bundestag angehöre, mit großer Aufmerksamkeit die Abrüstungsangebote der Sowjet1362 union verfolgt. Mir ist dabei folgendes aufgefallen: Je mehr die Sowjets in den letzten Jahren über Abrüstung geredet haben, desto stärker haben sie aufgerüstet. ({6}) Die sowjetische Entspannungspolitik war das erfolgreichste Täuschungsmanöver der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg. ({7}) Während der Westen sich entspannte, hat die Sowjetunion in einer Doppelstrategie auf der einen Seite gigantisch aufgerüstet und auf der anderen Seite in der Dritten Welt eine militärische Offensive gestartet, die bisher rund 15 Millionen Menschen die Heimat ({8}) und Millionen von Menschen das Leben gekostet hat. Das möchte ich hier an dieser Stelle auch einmal sagen. ({9}) Nun sagen angesichts dieser sowjetischen Machtpolitik viele: Lieber rot als tot! Meine Damen und Herren, wer das sagt oder denkt oder wer derartige Ideen lanciert, ({10}) sollte wissen, daß sich diese Argumentation moralisch in nichts, aber auch gar nichts von der Argumentation der 30er Jahre unterscheidet: „Lieber braun als tot". ({11}) Das ist dieselbe moralische Ebene. Die heutige Generation wirft der Generation der 30er Jahre häufig vor, sie habe keinen ausreichenden Widerstand gegen den Terror des nationalsozialistischen Regimes geleistet. Die Generation unserer Kinder wird eines Tages die heute Verantwortlichen fragen, wo denn ihr Widerstand gegen die Rüstungspolitik der Sowjetunion und gegen den sowjetischen Terror in der Dritten Welt war. ({12}) Deswegen wehren wir uns gegen die Verwässerung des NATO-Doppelbeschlusses vom 12. Dezember 1979. Ich verstehe, daß das Problem atomarer Hochrüstung viele, vor allem junge Menschen in unserem Lande beschwert, daß es sie umtreibt. Für uns alle ist ein Atomkrieg eine entsetzliche Vorstellung. Aber gerade deswegen treten wir für die Nachrüstung ein, weil wir jenes Gleichgewicht wiederherstellen wollen, das einen solchen Atomkrieg politisch und militärisch völlig sinnlos, völlig aussichtslos und völlig unwahrscheinlich macht. Kurz: Wir sind für den Doppelbeschluß der NATO zur Nachrüstung, weil wir aus ganzem Herzen den Frieden wollen. - Ich danke Ihnen. ({13})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Meine Damen und Herren, wir haben die Debatte um 14.34 Uhr begonnen. Nach Abzug der Redezeiten der Regierungsmitglieder haben wir jetzt 59 Minuten debattiert. Innerhalb der 60-Minuten-Zeit erteile ich als letztem Redner Herrn Abgeordneten Horn das Wort. ({0})

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine Minute! - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwei Hinweise. Erster Hinweis bezüglich des Moratoriums: Ich möchte die Damen und Herren der Opposition doch bitten, das Bulletin der Bundesregierung nachzulesen. Dort heißt es wörtlich: Ein Stopp der Produktion und der Stationierung sowjetischer Mittelstreckenraketen wäre nach Auffassung des Bundesregierung für künftige Verhandlungen hilfreich. Das steht eindeutig in Übereinstimmung mit dem, was im Landesvorstand der SPD Baden-Württemberg beschlossen wurde. ({0}) Zweiter Hinweis, meine Damen und Herren: Das, was wir eben vom Kollegen Todenhöfer in dem Schlagwortbeitrag gehört haben, war wieder ein Beispiel dafür, wie man die junge Generation nicht überzeugen kann. ({1}) Gerade die skeptische junge Generation verdient es, daß wir mit ihr das Gespräch darüber führen. ({2}) und natürlich auch eine ganz klare Linie einzuhalten, Herr Kollege Mertes. Da stimme ich mit Ihnen überein. Ich möchte Ihnen zum Schluß sagen, daß mich seit längerer Zeit etwas sehr berührt, nämlich der Versuch der Opposition, drüben in Amerika permanent ein negatives Stimmungsbild von der Bundesregierung und der sozialliberalen Koalition herbeizuführen. Wir wissen sehr wohl, wo zum Beispiel Journalisten wie die Herren Noack und Evans „eingespeist" werden und wie dann von ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit bewußt Mißtrauen gegenüber der Bundesregierung, den Koalitonsparteien und auch gegenüber unserem Staat erzeugt wird. ({3}) Wenn Sie immer wieder darauf hinweisen, daß die Amerikaner einen neuen Wählerauftrag erteilt haben, nehme ich das mit Respekt entgegen. Auch wir haben vor einem halben Jahr einen eindeutigen Wählerauftrag erhalten. Dieser Wählerauftrag lautet für den Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik: die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik im Bündnis zu sichern und die Politik der EntspanHorn nung im Interesse unseres geteilten Volkes fortzusetzen. ({4}) Das genau entspricht dem Doppelbeschluß der NATO, ...

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Horn, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

Erwin Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000958, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

... den wir in beiden Teilen bejahen. -Ich danke Ihnen. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Kohl, bei richtiger Gewichtung der Redezeit aller Redner war es durchaus angemessen, Herrn Horn gegenüber auch noch einmal Großzügigkeit in Form von einer Minute zuzugestehen. Das ist in anderen Fällen auch geschehen. Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aktuellen Stunde angelangt. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 2. April 1981, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.