Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 12/3/1982

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich dem Hause folgende Mitteilungen zu machen. Erstens. Nach Vereinbarung im Ältestenrat soll die heutige Tagesordnung um die zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften - Drucksache 9/2223 - sowie um zwei erste Beratungen - Dritte Änderung Berlinförderungsgesetz auf Drucksache 9/2191 und Haushaltsbegleitgesetz 1983 auf Drucksache 9/2140 - erweitert werden. Ich gehe davon aus, daß mit der Aufsetzung dieser drei Zusatzpunkte gleichzeitig von der Frist für den Beginn der Beratung dieser Vorlagen abgewichen wird. - Ich sehe, das Haus ist damit einverstanden. Dann ist mit der erforderlichen Mehrheit so beschlossen. Zweitens. Die Frau Abgeordnete Matthäus-Maier und der Abgeordnete Dr. Böhme ({0}) haben auf ihre Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verzichtet. ({1}) Die Mitgliedschaft ist am 2. Dezember 1982 erloschen. Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD hat gemäß Ziffer 1 c der Anlage 5 unserer Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde zu dem Thema mittelfristige Finanzplanung verlangt. Die Aktuelle Stunde ist entsprechend der Ziffer 2 b der Richtlinien fristgerecht verlangt worden. Interfraktionell wurde vereinbart, die Aktuelle Stunde jetzt durchzuführen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Wieczorek.

Helmut Wieczorek (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002501, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Finanzplan 1982 bis 1986 ist von der alten Regierung vorgelegt worden. Er spiegelt somit die sozialliberale Politik wider. ({0}) Diese Übergangsregierung ist mit dem Anspruch angetreten, den Bürgern bis zum 6. März 1983 ihre konservative Politik vor- und letztlich zur Abstimmung zu stellen. Es wurde zwar statt eines neuen Haushaltes nur ein Ergänzungshaushalt, mit dem die Politik dieser Rechtskoalition umgesetzt werden soll, eingebracht, aber kein neuer Finanzplan. ({1}) Auf wiederholtes Befragen des Bundesministers der Finanzen im Haushaltsausschuß, ob und wann ein solcher Finanzplan vorgelegt würde, äußerte sich dieser sehr ausweichend. In der Einbringungsrede zum Ergänzungshaushalt trug der Bundesminister lediglich vor, daß er hinsichtlich der Finanzplanung vier Punkte als Perspektive sehe. Im Rahmen der Berichterstattergespräche zeichnen sich ebenfalls Ansätze zu einer erheblichen Veränderung der Politik ab, ohne daß man allerdings deren mittelfristige Fortschreibung erkennt. Kürzungen bei Stahlforschungen, Kürzungen im Bereich der Kohletechnologien und Kürzungen im Bereich der nichtnuklearen Forschung sollen hier nur beispielhaft aufgeführt werden. Frage von uns: Wann wird endlich ein neuer Finanzplan von der Bundesregierung vorgelegt, damit dem Gesichtspunkt des Vertrauens der Wirtschaft in den Staat, der von Ihnen überall immer wieder in den Mittelpunkt gerückt wird, entsprochen wird? Jeder, der in diesem Staat lebt, muß mittelfristig eine Perspektive haben. Er muß wissen, womit er rechnen kann; er muß wissen, mit welchen Ausgaben er zu rechnen hat; er muß wissen, welche Einnahmen ihm eventuell zur Verfügung stehen. ({2}) Wir müssen feststellen, daß diese Bundesregierung der Aufstellung einer mittelfristigen Finanzplanung ausweicht. Es ist kein Argument zu sagen: Wir haben keine Zeit. Meine Damen und Herren, wer sich so lange in der Opposition auf die Übernahme der Regierung vorbereitet hat, wer so lange bemüht war, die alte Regierung aus den Angeln zu Wieczorek ({3}) heben, von dem ist zu erwarten, daß er ein Konzept hat, mit dem er vor dieses unser deutsches Volk treten kann. ({4}) Wir vermissen dieses Konzept bei Ihnen. Statt dessen glauben wir, daß Sie dem deutschen Volk die Wahrheit vorenthalten wollen, ({5}) daß Sie über den Wahltermin hinauskommen wollen. Damit, meine Damen und Herren, ist Ihre Politik nicht glaubwürdig. Wir erwarten von Ihnen eine glaubwürdige Aussage, die über den 6. März hinaus Gültigkeit hat. - Herzlichen Dank. ({6})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat Herr Abgeordneter Glos.

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wieczorek, der sonst im Haushaltsausschuß ein annehmbarer und brauchbarer Diskussionspartner ist, ({0}) hat sich heute dazu mißbrauchen lassen, Klagen über das Fehlen eines Finanzplans zu führen. Wann dieser Finanzplan kommen wird, vermag ich nicht zu sagen. ({1}) Das kann die Regierung sagen. Ich kann nur feststellen: Es ist scheinheilig, wenn gerade Sie nach soliden Zahlen für die Finanzplanung fragen, nachdem Sie dafür 13 Jahre zuständig waren und uns immer nur Märchenbücher vorgelegt haben, die nie etwas mit Wahrheit zu tun hatten. ({2}) Die Kollegen im Haushaltsausschuß waren immer die Handlanger für die Verfasser dieser Märchenbücher. Einer der Verfasser sitzt hier; ich habe hier vorhin Herrn Matthöfer gesehen. Wir müssen hier doch ganz klar sagen: Die Hinterlassenschaft dieser sozialliberalen Koalition sind 300 Milliarden DM Bundesschulden, 2 Millionen Arbeitslose und 1 Million Kurzarbeiter. ({3}) - Ich weiß nicht, warum Sie so schreien. Ich jedenfalls war von den Bildern tief beeindruckt, die ich gestern abend im Fernsehen gesehen habe. Bilder von den demonstrierenden Arbeitern in Duisburg-Rheinhausen, die um ihre Arbeitsplätze fürchten. Ich bin tief von dem beeindruckt, was sich im Saarland tut. Daher weiß ich, daß im Bundeshaushalt täglich neue Risiken ausgegraben werden und der Finanzminister ständig dabei ist, Löcher zu stopfen und neue Risiken zu entdecken. Ich kann mir vorstellen, daß man dies alles nicht aus dem Ärmel schütteln kann, daß man das nicht so einfach wegwischen kann, als wäre nichts gewesen. Ihre Klage, meine sehr verehrten Kollegen, bewegt sich doch auf der gleichen Ebene, wie wenn der Bankroteur den Konkursverwalter beschimpft, weil nicht schon am Tage nach dem Gang zum Amtsgericht ein Status vorliegt. ({4}) Das ist doch die Situation, mit der wir uns auseinanderzusetzen haben. Sie spekulieren falsch - davon bin ich überzeugt -, wenn Sie auf die Vergeßlichkeit der Wähler spekulieren. Richtig ist, statt dessen daran zu erinnern, daß die Finanzplanung gerade unter Ihrer Amtszeit zu einem Instrument des Wählerbetrugs und der Wählertäuschung geworden ist. ({5}) - Herr Kollege Walther, Sie zwingen, an Herrn Lahnstein zu erinnern. Es ist gar nicht lange her, daß er sein Wort von dem „stocksoliden" Haushalt gesprochen hat. Es sind doch neue Risiken in Höhe von 20 Milliarden DM aufgetaucht, seit das Wort vom „stocksoliden" Haushalt gefallen ist. ({6}) Es geht nicht mehr nach der Melodie „Seid umschlungen, Millionen"; die Melodie, die hier gespielt wird, heißt doch heute: „Seid verschlungen, Milliarden." ({7}) Ich kann Sie nur bitten, daß Sie, statt so überflüssige Veranstaltungen wie heute zu inszenieren, im Haushaltsausschuß mithelfen, mit den Problemen endlich wieder zu Rande zu kommen, damit es uns gelingt, eine in die Zukunft gerichtete Finanzplanung zu machen. Diese kann nur gemacht werden, wenn wir weiter in das soziale Netz insofern eingreifen, ({8}) daß wir durchforschen, was man alles weglassen kann, damit dieses Netz für die Zukunft wieder solide wird, damit es sicher wird und für die Zukunft hält und damit wir die Bilder, wie wir sie gestern abend im Fernsehen gesehen haben, für die Zukunft vergessen können. ({9}) Zuletzt darf ich noch eines sagen. Wir haben endlich - Gott sei Dank, würde ich sagen - wieder einen soliden, seriösen Finanzminister, ({10}) der an die Tradition von Fritz Schäffer, Franz Josef Strauß und, wenn Sie wollen, auch von Alex Möller anknüpft. Wenn wir dieser Finanzminister gemeinsam unterstützen, dann bin ich sicher, daß wir auch wieder eine solide, seriöse Finanzplanung bekommen werden. - Danke schön. ({11})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Gärtner.

Klaus Gärtner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000627, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Wieczorek hat unfreiwillig einen Beweis dafür geliefert, daß diese Koalition sozusagen über Nacht und ungeplant zustande gekommen ist, denn wenn man sozusagen vorbereitet gewesen wäre, hätte es auch eine mittelfristige Finanzplanung aus dem Stand gegeben. ({0}) Sicherlich ist es richtig, daß die mittelfristige Finanzplanung ein Kind der Großen Koalition ist. Von daher freue ich mich über den doch wirklich „beachtlichen" Besucherzustrom heute morgen. Es gibt j a auch Legenden, die besagen, daß die erste mittelfristige Finanzplanung von einem Mann über Nacht geschrieben worden sei, nämlich von Franz Josef Strauß, der so über Nacht erklärt hat, wie die mittelfristige Finanzplanung der 70er und 80er Jahre aussieht. ({1}) - Herr Althammer, ich weiß nicht, ob Sie da mitgeschrieben haben. ({2}) - Herr Dahlgrün auch noch? Auf jeden Fall ist mittlerweile geklärt, daß die mittelfristige Finanzplanung genau wie die neue Kreditaufnahme ganz erheblich neue Freunde gewonnen hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, daß die mittelfristige Finanzplanung in der Vergangenheit eher nachlässig behandelt worden ist. Ich glaube, es gab auch im Plenum überhaupt keine einzige Wortmeldung mit Ausnahme der heutigen Veranstaltung, mit der sich jemand zu diesem Thema geäußert hat. Ich kann mich noch gut erinnern - auch wenn der Kollege Löffler im Augenblick im Krankenhaus ist, darf man dennoch etwas Nettes über ihn sagen -, daß er immer davon gesprochen hat, man solle so ein Papier allenfalls lesen, aber nie daran glauben. Der Kollege Walther hat in dieser Rolle dasselbe unternommen; er hat nämlich immer davon gesprochen, man könne da hineinsehen, man könne auch die Zahlen mit dem vergleichen, was vorher gewesen sei, aber wer wisse schon, wie die Zukunft werde. Wenn man sich einfach einmal ein paar der Risiken ansieht, die in jedem Haushalt stecken, dann wird jeder, der einmal im Haushaltsausschuß gearbeitet hat, feststellen, daß eine mittelfristige Finanzplanung in dem Sinne, daß man dazu eine Aktuelle Stunde zu dieser frühen Stunde beantragen müßte, eigentlich überflüssig ist. Zum Beispiel kann man sich die Frage stellen - ich finde, das wäre auch sachlich notwendig -, in welchen Relationen in den 80er Jahren Kokskohlenbeihilfe aus dem Bundeshaushalt zu zahlen ist. Ich weiß nicht, wer in diesem Hause darüber Auskunft geben kann, in welchen Mengen Kohle verbraucht wird, wer zu der Frage Auskunft geben kann, wie der Dollarkurs im nächsten Jahr sein wird oder wie hoch der Selbstbehalt der Ruhrkohle im nächsten Jahr aussehen wird. Das kann von uns keiner sagen. Jeder weiß, daß eine Veränderung beim Dollarkurs um einen Pfennig 60 bis 70 Millionen DM ausmacht. ({3}) - Herr Kollege Kühbacher, wer die Tendenzen bei den fortgeschrittenen Reaktorlinien noch vorprüfen und das auch hier hinlegen will bis hin zu den Rechnungen bei den Renten, beim Zuschußbedarf bei der Bundesanstalt für Arbeit, bis hin zu der Frage, die wir gestern im Ausschuß diskutiert haben, nämlich welche Bündnisverpflichtungen oder welche Verpflichtungen auch immer beim Einzelplan 14 auf uns zukommen, und wer am Ende dann noch weiß, wie wir mit dem Einzelplan 32, nämlich der Bundesschuld mit den Zinsentwicklungen der nächsten Jahre, zurechtkommen, der sollte am allerwenigsten im Parlament arbeiten, der sollte ein Unternehmen aufmachen, weil er nämlich weiß, wie man am besten irgendwo Gewinne machen kann. Ich glaube, die Diskussion über die mittelfristige Finanzplanung bringt uns an diesen Punkten relativ wenig weiter. Viel wichtiger ist es, wenn wir gemeinsam versuchen - von daher hat der Kollege Wieczorek schon recht -, herauszufinden, was wir in Zukunft an welcher Stelle einsparen. Das ist weniger eine Frage des Glaubens, sondern eine Frage der Tatkraft. Wenn wir die gemeinsam haben, sehe ich für die mittelfristige Finanzplanung welcher Koalition auch immer eine gute Zukunft voraus. - Vielen Dank. ({4})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Dr. Gerhard Stoltenberg (Minister:in)

Politiker ID: 11002259

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während der Haushaltsdebatte bestand die Gelegenheit, die Gründe für das Verfahren der Bundesregierung in der Fortschreibung, in der Neufassung des Bundeshaushalts und auch die Überlegungen zur Finanzplanung ausführlich darzustellen. Da aber der Wunsch besteht, das noch ein zweitesmal zu hören und kritisch zu diskutieren, will ich dem selbstverständlich gerne folgen. Es war notwendig, in der sehr kurzen Zeit einschneidende Veränderungen beim Haushalt 1983, auch in Verbindung mit den Begleitgesetzen vorzunehmen. Die Gründe sind bekannt. Entscheidend ist die drastische Verschlechterung der volkswirtschaftlichen Annahmen und Aussichten in der Vorausschau für 1983. Die gegenüber dem alten Entwurf der Regierung Schmidt veränderten Eckdaten sind mehrfach genannt worden. Wir müssen auf Grund dieser drastischen Verschlechterung der Prognosen allein beim Bund mit Steuermindereinnahmen von rund 10 Milliarden DM und mit Mehrausgaben - jedenfalls nach geltendem Recht - für die Bundesanstalt von rund 8 Milliarden DM rechnen. Wir haben schwerwiegende Probleme im Bereich der Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, die ja auch die Ausschüsse des Bun8266 destages in Verbindung mit den Begleitgesetzen stark beschäftigen. ({0}) - Herr Kollege Matthöfer, ich vertrete hier die Bundesregierung, wie Sie das auch oft getan haben. Ich bin in der Lage, das Konzept des Kabinetts darzulegen. ({1}) Insofern, Herr Kollege Wieczorek, ist das, was Sie vermissen, keine Frage des politischen Konzepts der neuen Koalition. Vielmehr besteht die Aufgabe, die wir nicht in Tagen und auch nicht in drei Wochen bewältigen können, darin, politische Konzepte an die sich drastisch verschlechternden wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Daten sinnvoll anzupassen. Das haben Sie in vielen Jahren nicht geschafft. Da müssen Sie uns schon ein paar Wochen oder Monate Zeit lassen, um das solider und besser zu machen, als das in der jüngeren Vergangenheit gelungen ist. ({2}) Daraus ergibt sich der zeitliche Ablauf, der ganz schlüssig ist, wenn man die Dinge leidenschaftslos betrachtet. Nach der gesetzlichen Vorschrift und auch entsprechend dem Brauch der vergangenen Regierung wird der Jahreswirtschaftsbericht Anfang 1983 vorgelegt. Dieser Jahreswirtschaftsbericht soll, ebenfalls nach den Gepflogenheiten der vergangenen Jahre, auch über das Jahr 1983 hinaus Perspektiven für die heute erkennbare wirtschaftliche Entwicklung geben, auch auf 1984. ({3}) - Es hat doch gar keinen Sinn, daß Sie versuchen, gegen abwesende Kollegen zu polemisieren. Sie können doch nicht durch Hinweise auf Ihre früheren Koalitionspartner die schlimmen Folgen der eigenen Politik und der eigenen Fehlschätzungen überdecken. ({4}) Im übrigen hatte ich unterstellt, daß wir uns über die Sache unterhalten und nicht das beliebte Spiel der Sozialdemokraten machen wollen, ständig und bei jedem Thema Abrechnungen mit der FDP vorzunehmen, jetzt bereits morgens um 8.15 Uhr. ({5}) - Lassen Sie mich noch in der Kürze der Zeit Sie über die Pläne der Bundesregierung informieren, damit die weiteren Debattenredner dazu Stellung nehmen können. Auf dieser Grundlage und der dann erforderlichen Umrechnung auf eine vorläufige Steuerperspektive - „Schätzung" geht vielleicht zu weit - kann und muß eine neue, fundierte mittelfristige Finanzplanung vorgelegt werden. Aus dem zeitlichen Ablauf ergibt sich, daß das etwa im März oder April nächsten Jahres der Fall ist. Es entspräche guter demokratischer Tradition, daß das unmittelbar nach der Bundestagswahl durch die dann zuständige Regierung erfolgt. Wir hoffen: in der Kontinuität der jetzigen Regierung. ({6}) Ich will Ihnen nur sagen, daß dieses Verfahren bei aller Kritik, die wir natürlich auch von einigen Ländern und einigen Ihrer politischen Freunde am vergangenen Freitag im Bundesrat gehört haben, nicht Gegenstand ernsthafter oder überhaupt grundsätzlicher Vorhaltungen aus dem Bereich der Bundesländer war, die ja dieselben Probleme haben - ob CDU/CSU- oder SPD-geführt - wie wir in der Umrechnung der Planung auf die drastisch verschlechterten Daten. Ich kann auch sagen - Sie können das im Kommuniqué nachlesen -, daß auch im Finanzplanungsrat grundsätzlich Verständnis bestand und weitgehende Zustimmung zu dieser Konzeption erfolgte. Insofern rate ich Ihnen, sich andere Felder für die Auseinandersetzung über die Finanzpolitik der Regierung zu suchen. ({7})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Schlatter.

Günter Schlatter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001977, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Glos hat an die Verantwortung erinnert, die wir 13 Jahre lang für die mittelfristige Finanzplanung getragen haben, und darauf verwiesen, daß wir diese Verantwortung auch in diesem Hause vertreten mußten. Wir haben sie nicht nur getragen, sondern wir sind dieser Verantwortung auch gerecht geworden; denn wir haben unsere Finanzplanung mit jedem Haushalt vorgelegt, was Sie nicht tun wollen. ({0}) Wir haben unsere Regierungspolitik immer in Zahlen sichtbar gemacht. Wir haben uns nicht nur in Absichtserklärungen ergangen. ({1}) - Wenn Sie „falsche Zahlen" sagen, kann ich gerade im Zusammenhang mit dem Haushalt 1983 nur darauf verweisen, daß der Wirtschaftsminister, der wohl weiß, warum er heute morgen nicht hier ist, ({2}) die Hauptverantwortung für diese Zahlen trägt und sich aus diesem Grunde dieser Debatte heute morgen entzieht. ({3}) Wir können es Ihnen nicht ersparen, sichtbar zu machen, wie sich Ihre Zahlen auch mittelfristig auswirken. Warum? - Weil kurzfristige Maßnahmen, die Sie bisher vorgeschlagen haben, kein Investitionsvertrauen schaffen. Das wissen Sie so gut wie wir. Dies ist auch im Hearing des Finanzausschusses deutlich geworden. Wir brauchen einen Rahmen, einen mittelfristigen Finanzplan, in den sich auch kurzfristige Maßnahmen einbauen. Wenn Sie sagen, Sie könnten noch nichts vorlegen, weil sich die Rahmendaten so verschlechtert hätten, dann habe ich einen ganz anderen Verdacht: Wenn Sie solche Zahlen vorlegten, müßten Sie nämlich dem abschwören, was Sie bisher der deutschen Öffentlichkeit immer weisgemacht haben, nämlich daß der Wechsel zu einer CDU-Regierung allein genüge, einen wirtschaftlichen Aufschwung zu bewirken. ({4}) Sie müßten dann nämlich Ihre Politik in Zahlen ausdrücken. Dann würden Sie von Ihrer eigenen Propaganda eingeholt, denn die Zahlen würden Sie widerlegen. Auch das, was Sie im Augenblick vorschlagen, z. B. an steuerlichen Maßnahmen, um den Aufschwung zu schaffen, erwiese sich in dieser mittelfristigen Finanzplanung als reines Stückwerk. Zur Zwangsanleihe will ich nicht viel sagen. Sie nennen es „Investitionshilfeabgabe". Aber Sie haben doch mitbekommen, daß es in der Wirtschaft dafür nur Hohn und Spott gibt. Niemand weiß, auch Sie nicht, was dadurch in den nächsten Jahren hereinkommt und was ab 1987 wieder zurückgezahlt werden muß. Sie sagen, Sie wollten eine Insolvenzrücklage einführen, um den zunehmenden Prozeß der Insolvenzen zu stoppen. In Wirklichkeit führen Sie damit ein Instrument ein, das zu mehr Konzentration führt und zum Mißbrauch einlädt. Vor allen Dingen wissen Sie nicht, was letztlich aus dieser Insolvenzrücklage in Anspruch genommen wird, wieviel an Steuerausfällen von Ihnen in eine mittelfristige Finanzplanung eingebaut werden müßte. Dasselbe gilt für Ihre Pläne bei der Gewerbesteuer. So, wie Sie das jetzt angelegt haben, wird es letztlich zur Abschaffung der Gewerbesteuer führen. Hier drohen Steuerausfälle von über 6 Milliarden DM für alle Gebietskörperschaften. Die Entlastungswirkung für die mittelständische Wirtschaft hingegen ist fast Null, weil zwei Drittel dieser Unternehmen überhaupt keine Gewerbesteuer mehr zahlen. Sie sind nicht bereit, solche Zahlen in eine mittelfristige Planung einzusetzen, weil Sie es nämlich nicht quantifizieren wollen. Sie schlagen eine neue Regelung beim Schuldzinsenabzug - das betrifft § 21 a des Einkommensteuergesetzes - vor. Sie wissen ganz genau, daß Sie damit die Unternehmer treffen, die bisher eine Vorratsbautätigkeit in schwierigen Zeiten betrieben haben und deren Objekte jetzt im Markt einer schwierigen Konkurrenz ausgesetzt werden. Dort drohen Insolvenzen. Ich habe den Eindruck: Die Insolvenzrücklage kann weitgehend mit dazu benutzt werden, diejenigen Unternehmen, die Sie auf diese Weise aus dem Markt drängen, aufzufangen. Wie teuer das für die öffentlichen Haushalte wird, wollen Sie nicht in Mark und Pfennig ausdrücken. Was die von Ihnen geforderte Lohnpause für die Lohnsteuerschätzung bedeutet oder der private Kaufkraftentzug, den Ihre gesetzlichen Maßnahmen bewirken, in Höhe von über 16 Milliarden DM für die Steuer vom Umsatz - all das wollen Sie nicht in eine mittelfristige Planung einsetzen, weil Sie genau wissen, das wären Horrorzahlen, die Sie dem Hause hier vorlegen müßten. Lassen Sie mich zusammenfassen: Wir bestehen darauf, daß Sie hier ein Konzept in Zahlen vorlegen, daß sich Ihre Regierungspolitik nicht nur in Beschwörungsformeln und Absichtserklärungen im deutschen Parlament erschöpft, sondern daß Sie uns sagen, wie die Zahlen Ihrer Politik aussehen. Die Wähler haben ein Recht darauf. ({5})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Gerster.

Dr. h. c. Johannes Gerster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000671, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, bei aller Aufregung der Kollegen aus der SPD sollte man noch einmal Herrn Matthöfer, der bei Ihnen als Finanzminister fast schon in Vergessenheit geraten ist, zitieren. Er sagte hier am 26. Januar 1979: Herr Kollege Windelen, ich kann mich über Ihre Finanzplangläubigkeit nur wundern. Ein Studium des Schicksals vergangener Finanzpläne hätte Ihnen doch wohl zeigen müssen, daß sich das, was wir uns gedacht haben, was dieses Instrument leisten würde, in der Wirklichkeit des Lebens leider nicht erfüllt hat. Ich glaube, diesem Zitat braucht man nichts hinzuzufügen. ({0}) - Warum regen Sie sich auf? Darf man Herrn Matthöfer nicht mehr zitieren? Wenn der Kollege Wieczorek heute hier hintritt und sagt: „Dieser Finanzplan von 1982 bis 1986 ist von der alten Regierung vorgelegt worden; er spiegelt somit sozialliberale Politik wider", so muß ich erklären: Herr Kollege Wieczorek, in diesem Finanzplan 1982 bis 1986 steht für das Jahr 1983 eine geplante Netto-Kreditaufnahme von 28,43 Milliarden DM. ({1}) Als der neue Finanzminister eingeführt wurde, haben ihm die Staatssekretäre am gleichen Tag ein Paket auf den Tisch gelegt: Danach fehlen in diesem Jahr weitere 6 Milliarden, fürs nächste Jahr fehlen weitere 18 Milliarden DM. Meinen Sie wirklich, Sie könnten heute durch diese gespenstische Debatte, die offenbar auch von Ihren Kollegen nicht sehr ernstgenommen wird, wirklich einen Dienst in diesen finanzpolitisch und wirtschaftspolitisch schwierigen Zeiten leisten? Diese Debatte ist einfach gespenstisch. Draußen stehen zwei Millionen Arbeitslose auf den Straßen, ({2}) Gerster ({3}) zwei Millionen Arbeitslose, die das Ergebnis Ihrer Politik der letzten 13 Jahre sind. ({4}) Meinen Sie im Ernst, diese Arbeitnehmer verstehen Sie, wenn Sie heute hier eine Finanzplanung für das Jahr 1987 fordern? ({5}) Es mag zutreffen: Sozialdemokraten und Sozialisten haben gemeinsam, daß sie besser in die Zukunft planen können, rosige Gemälde an den Himmel malen können. Das haben Sie 13 Jahre getan. Heute kommt es darauf an, nicht irgendwelchen Planungen nachzulaufen, sondern ganz konkret daranzugehen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. ({6}) Und genau dies tut doch diese Regierung und tun wir gemeinsam im Haushaltsausschuß, indem wir Tag und Nacht ein Notprogramm mit einem Haushalt beraten, ({7}) indem wir versuchen, Begleitgesetze zu machen, die ab 1. Januar 1983 zu wirken beginnen, indem wir versuchen, die mittelständische Wirtschaft zu entlasten, indem die Regierung versucht, Impulse für den Ausbau der Energie und neuer Technologien zu geben, indem wir also nicht in die weite Zukunft hinein reden, sondern indem wir konkret ans Werk gehen. ({8}) - Meine Damen, meine Herren, seien Sie bei aller Aufregung ganz sicher: Die Bevölkerung hat von den Zukunftsplanern die Nase voll; sie will, daß jetzt gehandelt wird. ({9}) So wichtig eine mittelfristige Finanzplanung ist und so richtig es ist, auf mittlere Sicht Zahlen und Rahmendaten aufzustellen, empfehle ich Ihnen dringend, die relativ kurze Zeit gemeinsam mit uns für das zu nutzen, was notwendig ist, um jugendliche Arbeitslose, um Arbeitslose insgesamt von der Straße zu bringen. Ich sage Ihnen: Was Sie hier tun, ist nichts anderes, als Traumgemälden nachzurennen, auf lange Sicht zu planen und in der Gegenwart zu versagen. Das haben Sie 13 Jahre getan. Wir drehen das jetzt um: Wir fangen an zu arbeiten; und mit der Arbeit planen wir in die Zukunft. ({10})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Zumpfort. ({0}) - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sieler.

Wolfgang Sieler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002173, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst: Herr Kollege Glos, ich finde es einfach deplaziert, diese Veranstaltung hier als überflüssig zu bezeichnen. ({0}) Was kann denn in diesen Tagen aktueller und wichtiger sein, als sich mit den Fragen zu beschäftigen, mit denen sich derzeit alle Landesversicherungsanstalten und auch die Bundesversicherungsanstalt in Berlin befassen, ({1}) nämlich mit der aktuellen Kassenlage unserer Rentenversicherung und deren finanzieller Entwicklung? ({2}) Wenngleich die Träger der Rentenversicherung noch vom Datenkranz und den Eckwerten der öffentlichen Haushalte vom Sommer dieses Jahres ausgehen, so pfeifen es doch alle Spatzen von den Dächern, daß die finanziellen Risiken sichtbar geworden sind, die schon 1983 ({3}) zu erheblichen Schwierigkeiten führen müssen; von den folgenden Jahren ganz abgesehen. Das ist der Punkt, der mich veranlaßt, einige Fragen an die Bundesregierung und an Sie, Herr Finanzminister, zu stellen. Zunächst, Herr Finanzminister, möchte ich feststellen, ({4}) daß wir Sozialdemokraten - mein lieber Kollege Gerster, damit auch das klar ist - keine Gespensterdebatte führen wollen, wie Sie das in der Vergangenheit bei dem Thema Renten immer wieder getan haben. Es kann nämlich nicht in unser aller Interesse liegen, etwa den älteren Bürgern Angst einzujagen um ihre wohlverdiente und erarbeitete Rente. ({5}) Gerade weil Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, angetreten sind mit dem Grundsatz, Wahrheit und Klarheit zu schaffen, müssen wir von Ihnen verlangen, daß Sie die Fakten auf den Tisch legen und Vorschläge unterbreiten. Die Bundesregierung soll sagen, wie man mit den Schwierigkeiten in der Finanzentwicklung bei den gesetzlichen Rentenversicherungsträgern fertig werden kann, nicht bloß für den Haushalt 1983, sondern auch in einer mittelfristigen Finanzschau für die nächsten fünf Jahre. In Ihrer Einbringungsrede haben Sie, Herr Finanzminister, die Entscheidung der Bundesregierung auf zusätzliche Anhebung des Krankenversicherungsbeitrags der Rentner als wichtigen Beitrag zur mittelfristigen Festigung der Rentenversicherung bezeichnet und angedeutet, weitere Schritte für die Rentenversicherung könnten sich als notwendig erweisen. Im Bundesrat haben Sie kürzlich von weiteren schmerzhaften Einschnitten gesprochen. Warum sagen Sie eigentlich nicht, Herr Finanzminister, welche Entscheidungen Sie meinen und was Sie tun wollen? Ihnen ist doch bekannt, daß die verfügbare Schwankungsreserve der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung 1983 nur noch 0,5 Monatsausgaben beträgt. ({6}) - Ach, gehen Sie, hören Sie doch auf! - Im Oktober und November 1983 wird die Liquiditätsreserve bei 0,25 Monatsausgaben angekommen sein und die Rentenversicherungsträger bereits zwingen, Betriebsmittelkredite aufzuweisen. ({7}) - Diesen Nachweis müssen Sie erst führen, meine Damen und Herren. ({8}) Es ist doch kein Geheimnis, verehrte Kollegen und Herr Minister, daß die negativen Abweichungen von den von der Bundesregierung zugrunde gelegten Annahmen oder Prämissen, wie etwa die Arbeitslosenzahl und der Lohnzuwachs, voll auf die Liquidität der Rentenversicherungsträger durchschlagen. ({9}) Es war Ihnen auch bekannt, Herr Minister, daß die Entscheidung der Bundesregierung, durch ihre Haushaltsbegleitgesetze 900 Millionen DM an Zuschüssen zur Rentenversicherung einzusparen und - was aber noch viel schlimmer ist - die Rentenversicherungsbeiträge von Leistungsempfängern nach dem Arbeitsförderungsgesetz auf der Grundlage des Lohnersatzleistungsniveaus, ({10}) also nach der tatsächlichen Unterstützungsleistung zu berechnen, in der Größenordnung von rund 5 Milliarden DM die Rentenversicherungen auf der Einnahmenseite wieder abhängig macht von den Entwicklungen des Arbeitsmarktes und der Konjunktur. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bezeichnet dies schlicht als Sparmaßnahme auf Kosten der Arbeitslosen. Ich füge hinzu: langfristig noch dazu zu Lasten der Renten dieser Arbeitslosen, wie das Institut nachweist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Herren von der Bundesregierung, da ist Ihnen nichts Besseres eingefallen, als einen Ergänzungshaushalt vorzulegen, der noch erheblich mehr Arbeitslose produziert, statt Arbeitslosigkeit zu beseitigen. ({11}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar Bemerkungen zur mittelfristigen Finanzschau der Rentenversicherungsträger machen. ({12}) - Ja, jetzt kommen wir zur Wahrheit, meine Damen und Herren.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Ich bitte, zum Schluß zu kommen. ({0})

Wolfgang Sieler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002173, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. ({0}) 1984 wird es bei den Rentenversicherungsträgern keine Liquiditätsreserve mehr geben. Der Beitragsausfall, der hier verursacht worden ist, ist enorm. Verehrter Herr Finanzminister, Rentner und Beitragszahler haben ein Recht zu erfahren, wo die Reise hingeht - aber nicht erst nach der Wahl, sondern schon vor der Wahl. - Schönen Dank. ({1})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Friedmann.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwischen der Finanzsituation der Rentenversicherung und der mittelfristigen Finanzplanung gibt es in der Tat einen Zusammenhang. Immerhin werden auch im kommenden Jahr einunddreißigeinhalb Milliarden Mark an Zuschüssen an die Rentenversicherungen gezahlt. Nur, Herr Kollege Sieler: Wenn es noch eines Nachweises bedurft hätte, welche Probleme Sie uns hinterlassen haben, dann haben Sie diesen Nachweis soeben erbracht. ({0}) - Herr Hoffmann, diese Probleme der Rentenversicherung sind nicht erst seit dem 1. Oktober entstanden, und wir regieren erst seit dem 1. Oktober, sondern diese Probleme sind mindestens seit Monaten bekannt. Herr Sieler hat das Verdienst, hier in aller Offenheit darauf hingewiesen zu haben, was Sie uns ungelöst übergeben haben. ({1}) Wir machen auch nicht den Fehler, vor der Wahl zu sagen, hier sei alles in Ordnung. Wir geben offen und ehrlich zu: Hier liegen gewaltige Probleme, sowohl im nächsten Jahr wie erst recht in den folgenden Jahren, die gelöst werden müssen. Minister Blüm hat wiederholt darauf hingewiesen, daß hier ein ganz dringender Handlungsbedarf besteht. Es liegt ja auf der Hand: Auf der einen Seite schwindet der Beitragszuwachs - denn es sind ja durch die Arbeitslosigkeit weniger Beitragszahler, die Lohnzuwächse lassen nach und damit auch die Beitragszuwächse -, andererseits gehen die Leute früher in Rente, vor ein paar Jahren noch mit 65 Jahren, jetzt mit 60 Jahren, das Ganze überlagert von den geburtenschwachen Jahrgängen, die jetzt ins Erwerbsleben kommen. Hier muß die Rentenversicherung in Schwierigkeiten kommen. Deshalb müssen wir ja auch handeln. Nur, wenn wir die Dinge so belassen hätten, Herr Westphal, wie von Ihnen die Weichen gestellt waren, dann hätten wir Ende nächsten Jahres nur noch 8,8 Milliarden Schwankungsreserve gehabt. Durch das, was wir eingeleitet haben, werden immerhin noch 12 1/2 Milliarden da sein. Bedenken Sie: Wir haben die Beitragserhöhung vorgezogen, wir haben die Rentenerhöhung hinausgeschoben, wir haben die Beiträge an die Krankenversicherung gesenkt - alles Maßnahmen, die die Rentenversicherung um 3,7 Milliarden DM im nächsten Jahr entlasten. ({2}) Hätten wir es laufen lassen, wie Sie es vorgehabt hatten, wäre es schlimmer geworden. Das wollen wir nicht übersehen. Das ist nun mal die wahre Tatsache. Deshalb mußte auch gehandelt werden. ({3}) Hier wollen wir doch einmal festhalten, daß wir nicht ein Problemchen sehen, wie der Kanzler 1976 gesagt hat, sondern hier liegen ernste, massive Probleme. Sie sind mit diesen nicht fertig geworden wegen der Schwierigkeiten in der SPD selber, wegen der Schwierigkeiten in der alten Koalition. Wir können dies auch nicht in ein paar Tagen tun. Aber für die Rentner draußen im Lande möchte ich klarstellen: Es geht nicht darum, daß die Renten an sich gefährdet wären, sondern die Diskussion geht ausschließlich darum, welche Zuwächse, welche Steigerungen bei den Renten wir uns noch leisten können. ({4}) Ich sage dies so deutlich, damit Sie nicht jetzt mit Demagogie falsche Vorstellungen und Befürchtungen bei den Rentnern draußen erwecken. Wir werden dieses Problem angehen. Weil es so groß ist, ist es höchste Zeit, daß nach dem 6. März wieder eine handlungs- und regierungsfähige Mehrheit hier drankommt. ({5}) Wir müssen uns diesem Problem stellen, und wir werden uns ihm stellen. Die Probleme sind so groß, daß nur wir sie lösen können. ({6}) Sie können es nicht, das haben Sie gezeigt, und das hat der Herr Kollege Sieler auch noch bewiesen. - Schönen Dank. ({7})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat Frau Abgeordnete Simonis.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! ({0}) Wenn ich richtig verstanden habe, hat der Kollege Gärtner nun endgültig parlamentarisch zu Protokoll gegeben, daß er seinem alten Glauben anhängt, die Regierung bekommt ein Deckblatt, da steht drauf: mit den 250 Milliarden kann sie tun und lassen, was sie will. Herr Glos hat gesagt, Schuld an allem ist nicht der Gärtner, sondern der Lambsdorff; denn die Löcher, die er, der Kollege Glos, entdeckt, die entdeckt er j a im Wirtschaftshaushalt, und dafür ist nun wirklich - außer daß er noch für die Rahmendaten verantwortlich ist - der nicht anwesende Wirtschaftsminister verantwortlich, den Sie ja übernommen haben, also auch dessen Erblast. ({1}) Die dunkel-drohenden Orakelsprüche des Finanzministers, daß wir weitere schmerzliche Entscheidungen zu erwarten haben, und daß wir uns keinem vorschnellen Optimismus hingeben sollten - so sagt es jedenfalls der Wirtschaftsminister -, läßt es keineswegs verwunderlich erscheinen, ({2}) warum Sie um die mittelfristige Finanzplanung wie um eine heiße Kartoffel herumgehen: Nur nicht anfassen, schon gar nicht in den Mund nehmen, sonst verbrennt man sich Hände und Mund. ({3}) Es bedarf auch wirklich keiner detektivischen Fähigkeiten, um den Grund für Ihre Zurückhaltung aufzuspüren; denn bis zu den Neuwahlen wäre Ihnen lieber, man könnte nicht mit Papier und Bleistift nachrechnen, was Sie noch alles vorhaben. Lieber Herr Stoltenberg, das Argument, Sie hätten keine Zeit gehabt, zieht doch überhaupt nicht. Das rechnet Ihnen doch jeder junge Referendar mit einer Rechenmaschine in einem halben Tag nach, was die Folgen aus dem Haushalt 1983 für die vorliegende mittelfristige Finanzplanung sind, vorausgesetzt, Sie sagen ihm: das ist das Ende der Fahnenstange. Und weil das eben nicht das Ende der Fahnenstange ist - Sie haben das ja schon im Bundesrat angekündigt -, kann der junge Referendar nicht rechnen und wird er auch bis zum 6. März nicht rechnen; denn Sie wollen ja nicht sagen, wohin die Reise in der Gesellschafts-, in der Finanz-und Wirtschaftspolitik noch gehen soll. ({4}) Ihre vorgegebene Ruhe angesichts der drohenden wirtschaftlichen Verschlechterung deutet zwar auf das gute Nervenkostüm der neuen Regierung, wir vermissen jedoch eine gewisse Sensibilität. Welche Vorstellungen außer denen, die uns der Wirtschaftsminister im Haushaltsausschuß mit dem Zartgefühl, na, ich würde fast sagen, eines Elefanten im Porzellanladen vorgetragen hat, hat denn die Regierung über die industriepolitische Zukunft in der Bundesrepublik? Sie geben zwar gerne und häufig Auskunft darüber, was Sie nicht wollen. Sie wollen kein Schüler-BAföG, Sie wollen überhaupt kein BAföG, Sie wollen weniger Wohltaten. ({5}) Aber Sie sagen überhaupt nicht, was Sie tun werden, um die strukturpolitischen Probleme unserer Wirtschaft in den Griff zu kriegen; Fehlanzeige, null. Welches Ausmaß z. B. an industrieller Technologie in Luftfahrt und Schiffbau müssen wir uns erhalten, um andere technologische Entwicklungen wie z. B. Meerestechnologie nicht abzuschneiden, nicht kaputtzumachen? Welches Ausmaß an Autonomie in der Energieversorgung beispielsweise durch heimische Kohle sollen wir anstreben und natürlich bezahlen? Und welche regionalpolitischen Konsequenzen sollen gezogen werden, wenn in traditionellen Stahl- und Kohlestandorten Notleiden ausbricht, wenn dort die Arbeitsplätze wegfallen? Ich habe nicht das Gefühl, als ob Sie wüßten, welche Vorsorge Sie treffen wollen, um überproportionelle Arbeitslosigkeit in den Küstenländern an Stahlstandorten, an Kohlestandorten und überhaupt in gefährdeten Regionen zu bekämpfen, wie Sie gegensteuern wollen. Was Sie vorhaben, können wir nur ahnen, wenn wir uns den Etat '83 ansehen und Ihre Reden in den Zeitungen nachlesen. Jedenfalls in der mittelfristigen Finanzplanung ist keine einzige Zahl, wo wir nachprüfen könnten. Kaffeesatzlesen ist nun wirklich kein Ersatz für eine vernünftige Politik, die in die Zukunft reicht und uns wieder einen Hoffnungsstreifen gibt, den uns der Wirtschaftsminister ja gerade dauernd ausredet. Es bedeutet auch, daß wir nicht wissen, wie wir politisch Ihre Arbeit, Ihre Zahlen, Ihren Haushalt zu bewerten haben; denn wir haben keine Bezugsgröße. Das hat nichts mit Planung zu tun - die wollen Sie natürlich nicht -; aber Sie können doch nicht darauf warten, daß wir dauernd wie der Hund in der Kegelbahn als „Reparaturbetrieb" nachlaufen, um mit der Steuergießkanne da nachzuhelfen, wo Ihre Politik neue Löcher hervorgerufen hat. ({6}) Der Glaube an die wundersame Wirkungsweise des Marktes reicht jedenfalls nicht aus, um die wirtschaftliche Situation bei uns in den Griff zu kriegen. Sie müssen schon, wie man bei uns im Norden sagt, ein bißchen „Butter zu die Fisch" tun und uns eine mittelfristige Finanzplanung vorlegen, an der wir sehen, wohin Sie mit uns reisen wollen, bzw. wohin wir mit Ihnen nicht reisen wollen. - Vielen Dank. ({7})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Echternach.

Jürgen Echternach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000429, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es ja, Frau Kollegin Simonis, daß die SPD-Fraktion nach anfänglicher Irritation jetzt offensichtlich bereit ist, ihre Rolle als Opposition anzunehmen. Nur, was wir Ihnen dabei nicht durchgehen lassen können, ist, daß Sie mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit die Spuren Ihrer eigenen Regierungstätigkeit hier verwischen wollen. ({0}) Dafür liegt die Zeit noch nicht lange genug zurück, als daß wir uns nicht erinnern würden, was Sie aus dem Instrument der mittelfristigen Finanzplanung gemacht haben. Sie haben es doch jedes politischen Aussagewertes entkleidet und es denaturiert zu einer schlichten Hochrechnung der jeweiligen Basiszahlen des Haushaltsjahres. Die Art und Weise, wie Sie hier argumentiert haben, daß nämlich ein Referendar in einem halben Tag dies hochrechnen könne, zeigt doch genau, daß Sie im Grunde das Instrument der mittelfristigen Finanzplanung gar nicht mehr als politisches Gestaltungsinstrument einsetzen wollen, sondern es tatsächlich so denaturiert haben wollen, wie es die Regierungen in den letzten Jahren auch getan haben. ({1}) Im übrigen: das, was Sie im einzelnen wissen wollten, widerspricht natürlich genau dem, was Sie mit dem Referendar gesagt haben. Wenn Sie tatsächlich jetzt die Absichten der Regierung für die nächsten vier Jahre im einzelnen hinterfragen wollen, dann zeigt dies einmal auch, welche Chancen Sie sich selbst für den 6. März nächsten Jahres ausrechnen, und erklärt auch, warum heute niemand mehr hier mit den Plaketten herumsitzt, mit denen Sie hier vor acht Wochen noch so frohgemut durch die Gegend marschiert sind. ({2}) Gerade weil wir eine politisch inhaltsreiche, eine substanzreiche, eine fundierte mittelfristige Finanzplanung haben wollen, wie sie der Bundesfinanzminister dankenswerterweise angekündigt hat, ist es richtig, daß sich die Bundesregierung die erforderliche Zeit dazu nimmt. In einem unterscheidet sich allerdings der neue finanzielle Beginn von der Praxis der früheren Regierung: Sie hat keine Schönfärberei und Gesundbeterei mit ihrem neuen Haushaltsentwurf getrieben. Das ist wichtig für die Beurteilung des mittelfristigen Handlungsspielraumes, den wir haben. Demgegenüber hat die neue Regierung ehrliche und wahrhaftige Zahlen vorgelegt. Das ermöglicht uns auch eine entsprechende Disposition in den Be8272 ratungen des Haushaltsausschusses und im Plenum. Wenn Sie hier Küstenprobleme angesprochen haben, z. B. die Luftfahrt, dann wissen Sie genau, daß die Bundesregierung in der Regierungserklärung ein klares Bekenntnis zu der Entwicklung der Luft-und Raumfahrtindustrie abgegeben hat und daß sie daraus auch die finanziellen Konsequenzen gezogen hat. Wir begrüßen dies. Wir unterstützen es auch in den Konsequenzen, die es für die Entwicklung und Vermarktung des Airbusses genauso wie für die Entwicklung der Airbus-Familie hat. Was schließlich die Werften angeht, so fragt man sich auch, wer hier 13 Jahre lang regiert hat. Wenn hier vor einer Woche einer Ihrer Kollegen angekündigt hat, man solle nach Brüssel ziehen, man solle den Europäischen Gerichtshof anrufen, dann frage ich mich, warum Sie das alles nicht schon vor dem 1. Oktober getan haben, sondern jetzt nach 13 Jahren plötzlich mit diesen kräftigen Tönen kommen. ({3}) Wir kennen die Sorgen der Werften genau. ({4}) Ich begrüße es, daß gestern z. B. der Bundeskanzler nicht nur gegenüber den betroffenen Betriebsräten, sondern auch vor der Öffentlichkeit in Hamburg und vor der Presse sich ausdrücklich zur deutschen Werftkapazität und zur deutschen Handelsflotte bekannt hat, die wir als exportorientiertes Land brauchen. ({5}) Er hat sich dazu nicht nur ausdrücklich bekannt, sondern die neue Regierung hat j a auch gehandelt, wie Sie sehr genau wissen. Wir haben im Gegensatz zu Ihrem Entwurf die Mittel für die Werften nicht gekürzt, ({6}) sondern wir haben sie über den Entwurf der alten Regierung hinaus um 55 Millionen aufgestockt. ({7}) Das ist die Wahrheit. Wenn Sie hier mit dem Auslaufen der Investitionszulage kommen und dem entsprechenden Pendant bei der Schiffbauförderung, dann wissen Sie genau, daß dieses von Ihnen immer wieder eingesetzte Instrument der Investitionszulage natürlich im Grundsatz kaputtgemacht wird, wenn Sie einmal gesetzte Daten nicht auch einhalten, sondern willkürlich manipulieren. ({8}) Von daher hat die Bundesregierung nur konsequent gehandelt. Wir haben auch konsequent gehandelt in den letzten acht Wochen, was die Verbesserung des Inlandsmarktes für die deutschen Werften bei den Reedern angeht, durch die Änderung der Gewerbesteuerregelung und damit Entlastung der deutschen Reeder ({9}) im Bereich der ertragsunabhängigen Steuern. Das wirkt sich bei vielen betroffenen Reedern in beachtlicher Größenordnung aus. Wir haben auch in den Ausschüssen gehandelt, indem wir die notwendige Flexibilität bei der Bemannung der deutschen Schiffe nicht durch paritätisch besetzte Ausschüsse blockieren lassen wollen, wie Sie dies vorgesehen hatten. Damit haben wir auch die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Handelsflotte und ihre Fähigkeit gestärkt, zu investieren und bei den deutschen Werften zu ordern. Gerade die heute so sehr um ihre Existenz ringenden Wirtschaftszweige an der Küste können froh sein, daß sie an der Spitze des Finanzministeriums in dieser Zeit einen Mann haben, der die Probleme der Küste wie kaum ein anderer kennt. Die ersten Ergebnisse der Politik der neuen Regierung zeigen, daß die Probleme der Küste bei der neuen Regierung in besten Händen sind. - Ich bedanke mich. ({10})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Bundesminister der Finanzen. - Herr Bundesminister!

Dr. Gerhard Stoltenberg (Minister:in)

Politiker ID: 11002259

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion über den angemessenen Zeitraum für die Vorlage der mittelfristigen Finanzplanung, über die Frage der volkswirtschaftlichen Grundlagen und die notwendigen Prozesse der Anpassung hat sich nun auch in Einzelbereiche der Politik bewegt, die wir inhaltlich j a sicher in Verbindung mit der zweiten und dritten Lesung des Bundeshaushalts und der haushaltsbegleitenden Gesetze gründlicher und unter besseren zeitlichen und sachlichen Bedingungen noch behandeln können. Nur will ich, weil das der Fall war, doch einige wenige Bemerkungen machen. Es ist schon überraschend, welch düsteres Bild der Herr Kollege Sieler hier von der Lage der Rentenversicherung gegeben hat. Er hat natürlich recht, wenn er sagt, daß aus der Sicht des Herbstes 1982 auch mit den zusätzlichen Maßnahmen, die die neue Bundesregierung ergriffen hat, die Liquidität für 1983 - ({0}) - Ach, das können Sie doch wohl nicht im Ernst behaupten. Auf der einen Seite werfen Sie uns vor, daß wir die Rentenanpassung um sechs Monate hinausschieben, weil Sie die Finanzgrundlagen erschüttert und demontiert haben, und auf der anderen Seite werfen Sie uns vor, daß wir diese Finanzgrundlagen noch weiter verschlechtern. ({1}) Diese Art der Diskussion verliert allmählich den Rest an Glaubwürdigkeit, so möchte ich Ihnen einmal sagen. ({2}) - Ich sage, daß diese Art von Diskussion allmählich den Rest von Glaubwürdigkeit verliert, und das ist nicht eine Frage der Wahrheit und der Unwahrheit, sondern der begründeten Bewertung. Ich bitte Sie herzlich, mit diesen provozierenden Zwischenrufen einmal Schluß zu machen, wenn Sie mit mir ernsthaft eine Diskussion führen wollen. ({3}) Man kann nicht draußen im Lande, wie Sie das überall tun, ({4}) diese Herausschiebung der Anpassung der Renten beklagen. ({5}) - aber das tun viele Ihrer Freunde -, man kann das nicht von Flensburg bis Passau als unsozial beklagen und kritisieren und uns auf der anderen Seite vorwerfen, daß wir nicht genügend auf die finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung achteten. Vor acht, neun Jahren hatten wir bei der Rentenversicherung noch eine Rücklage von rund neun Monaten. Jetzt übergeben Sie uns in diesem Bereich eine Kasse, mit der die laufende Liquidität kaum noch gesichert werden kann. ({6}) Hören Sie einmal mit dieser Art der Anklagen gegen die Folgen Ihrer eigenen verfehlten Politik auf. ({7}) Ich wollte eigentlich über die Finanzplanung reden. Aber es gibt irgendwo auch eine Grenze. Diese Unlogik und auch die mangelnde Bereitschaft, die Sie immer wieder zeigen, für die eigenen politischen Fehler einzutreten, kann in diesem Hause nicht mehr hingenommen werden. ({8}) Es ist ganz klar - ich bin Herrn Kollegen Friedmann sehr dankbar dafür -, daß wir in wenigen Wochen sehr schnelle Entscheidungen getroffen haben, die Finanzgrundlagen der Rentenversicherung für das nächste Jahr zu gewährleisten. Aber die von Ihnen erfragten weitergehenden Schritte können nur im Gesamtzusammenhang der Finanzprobleme der Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Krankenversicherung gesehen werden. Es geht jetzt nicht darum, den Verschiebebahnhof fortzusetzen oder erneut zu etablieren. ({9}) - Ich spreche doch von den Planungen über die Zeit nach 1984. Da die noch gar nicht vorliegen, können Sie doch einmal eine Absichtserklärung ohne Geschrei zur Kenntnis nehmen. Was Sie in dieser frühen Morgenstunde leisten, das hat mit Logik und vernünftigem Verhalten nichts mehr zu tun. Die Planungen ab 1984 sind in der Tat im einzelnen nicht ausgeformt. Das ist richtig. Aber wie können Sie das denn erwarten, wenn Sie nach so langer Regierungszeit nicht in der Lage waren, einen soliden Haushalt für 1983 vorzulegen? Sie wollen uns im Ernst vorwerfen, daß wir nach acht Wochen noch kein Gesamtkonzept zur Lösung der Probleme der 80er Jahre haben. Das kann doch nicht ernst gemeint sein. ({10}) Lesen Sie einmal in Ruhe im Protokoll nach, was hier vorgetragen wurde, und fragen Sie einmal, ob das dem Standard entspricht, den Sie und Ihre ernsthaften Wähler an sich selbst stellen müssen. Wir haben bestimmte Elemente - das ist zu Recht gesagt worden - über 1983 hinaus deutlich gemacht. Zum Beispiel sind mit der Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages, mit den Ausführungen, die vor allem der Kollege Norbert Blüm in Verbindung mit dem Thema Krankengeld gemacht hat, mit der Frage der zumutbaren Eigenbeteiligung Kriterien entwickelt worden. Aber natürlich brauchen wir sechs Monate, um auf der Grundlage der Projektion des Jahreswirtschaftsberichtes, die wir doch nach dem festen Brauch der Regierung erst im Januar haben, mit einer zuverlässigeren Prognose über Wirtschafts- und Arbeitsmarkt die erkennbaren Einnahmen der Rentenversicherung für die nächsten zwei, drei Jahre solide schätzen zu können und dann auf dieser Projektion die Entscheidungen aufzubauen. Anders kann verantwortungsbewußte Politik in den sachlichen und zeitlichen Abläufen doch nicht vorgehen. Der Versuch, das alles zwischen acht und neun Uhr morgens durch Fragen und Bemerkungen und ein bißchen Polemik im Vorbeigehen zu behandeln, wird dem Ernst dieser Themen und der gemeinsamen Verantwortung, die wir tragen, leider nicht gerecht. ({11})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat Frau Abgeordnete Traupe.

Brigitte Traupe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002099, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Stoltenberg, bis zu Ihrer Rede und der des Kollegen Echternach ging ich davon aus, daß wir uns in einem in diesem Raum heute morgen einig waren, daß sich nämlich die Lage und die Daten drastisch verschlechtert haben und daß dies eigentlich auch der neuen Bundesregierung und der alten nicht allein anzulasten ist. Aber vielleicht, Herr Minister, fragen Sie sich nun selbst, woher Sie am 11. November den Mut genommen haben, dem von der jetzigen Koalition vorgelegten, geänderten Bundeshaushaltsentwurf 1983 eine bessere Qualität zuzuschreiben. Sie forderten uns damals auch auf, eine anspruchsvolle, sachorientierte, kritische Diskussion über die gewaltigen Probleme aufzunehmen. Wir tun das. Wir müssen leider feststellen, daß in den Beiträgen, die hier gebracht worden sind, diese sachliche und kritische Diskussion nicht möglich war. Angesichts von mehr als 2 Millionen Arbeitslosen und mehr als 1 Million Kurzarbeiter müssen Sie noch dringlicher nach mittelfristigen Lösungen fragen. Wenn sich also die Ausgangsdaten für die nächsten Jahre drastisch verschlechtert haben, dann haben wir Sozialdemokraten überhaupt kein Verständnis dafür, daß Sie ohne eine mittelfristige Finanzplanung neue finanzielle Aufgaben für die Jahre 1984 bis 1986 genehmigen. Wie konnten Sie hier am 11. November die vom Kabinett beschlossene Verstärkung des laufenden NATO-Infrastrukturprogramms vor dem Deutschen Bundestag als - Zitat - „neues Element der Bundesregierung" verteidigen, ohne vorher eingehend zu prüfen, ob nicht auch bei diesem Programm sinnvolle Einsparungsmöglichkeiten gegeben seien. ({0}) Der Bundesverteidigungsminister Dr. Wörner hat mehrfach erklärt, daß er nie internationale Mehrausgaben zugesagt hätte, wenn das Kabinett sie nicht akzeptiert hätte. Warum haben Sie als der zuständige Finanzminister nicht gewartet, bis Sie sich einen Überblick über die Finanzlage der nächsten Jahre machen konnten? Wir fragen uns, wie ehrlich diese neue Regierung und die sie tragende Koalition ist. Da wird munter verkündet, die Bundeswehr benötige bessere Übungsmöglichkeiten und damit mehr Betriebsstoffe. Wenn jedoch für 1983 von uns genügend Geld durch Einsparungsmöglichkeiten an anderer Stelle des Verteidigungsetats beantragt wird, dann passen Ihre Parteifreunde. Am 13. Oktober haben Sie hier den Sozialdemokraten Bankrott ihrer Politik vorgeworfen. ({1}) Was halten Sie davon, daß unser sachliches Angebot zur Einsparung bei Rüstungstiteln von Ihren Freunden nicht einmal gründlich geprüft wurde? ({2}) - Aber mehr als das, Herr Kollege Schmitz, sonst hätten Sie sich vielleicht darum gekümmert. ({3}) Wie sagten Sie, Herr Minister, am 13. Oktober 1982? „Der Bürger als Steuerzahler soll die Gewißheit haben, daß seine Steuern und seine Ausgaben sparsam, sorgfältig und überprüfbar für die Staatsausgaben, d. h. für die großen Gemeinschaftsaufgaben unseres Volkes verwandt werden." Ja, wenn dies stimmte, würde man doch erst ein laufendes Programm überprüfen, bevor man weitere Steuermittel freigibt. Uns ist gesagt worden, daß sich die Bundesregierung bei der Planung der Verteidigungsausgaben an der von Ihnen offiziell nicht akzeptierten 16. Finanzplanung orientiert. Danach müßten neue Zusagen im Plafond des Einzelplans 14 untergebracht werden. Sind es allein ideologische Barrieren, meine Damen und Herren von der konservativ geführten Bundesregierung, die Sie davon abhalten, auch den Verteidigungsetat einer nochmaligen kritischen Prüfung für die Jahre 1983 und folgende zu unterziehen? Unsere Sparvorschläge könnten Ihnen helfen, die Sorgen eines Bundesfinanzministers zu verkleinern und ein bißchen Luft für die nächsten Jahre zu bekommen. Wir haben zur Kenntnis nehmen müssen, daß die Worte alles Show sind und daß dahinter kein ernsthafter Wille steckt. - Ich bedanke mich. ({4})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Zumpfort.

Dr. Wolf Dieter Zumpfort (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002609, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Brigitte Traupe, wenn der neue Bundesverteidigungsminister oder die neuen Bundesverteidigungsminister im Verteidigungsbereich nur halb soviel Versprechungen machen wie die alten, dann brauchen wir uns um den Einzelplan 14 in Zukunft keine Sorgen mehr zu machen. Und was die Einsparvorschläge anlangt, so möchte ich Sie fragen, ob das Erhöhen des Ansatzes für Benzin um 40 Millionen DM ein Sparansatz ist. Da sind wir, glaube ich, ganz anderer Meinung. Es gibt für diese Diskussion hier ein paar, wenige Konstanten, aber die sind wesentlich: Erstens. Wir haben uns hier im Plenum über die mittelfristige Finanzplanung noch nie direkt unterhalten. Jetzt tun wir das, und dennoch hält sich keiner an das, was z. B. im Gesetz darüber steht; ich werde darauf gleich noch eingehen. Zweitens. Wir sind uns inhaltlich alle so nahe, insbesondere die Haushälter, daß wir uns hier um so mehr streiten müssen, damit der Eindruck entsteht, daß wirklich Differenzen da sind. Drittens. Das einzige, was an der MifriFi für Haushälter bisher gestimmt hat, war die Tatsache, daß die Ansätze im nächsten Jahr nicht mehr gestimmt haben. Dazu möchte ich ein Beispiel geben: Nehmen wir doch nur die mittelfristige Finanzplanung der alten Koalition, und zwar in bezug auf die Nettokreditaufnahme für das Jahr 1982. Für das Jahr 1982 wurde in der mittelfristigen Finanzplanung 1978 bis 1982 ein Volumen von 29,8 Milliarden DM geschätzt. Das nächste Jahr war die Schätzung 23 Milliarden DM, im Jahr danach 26 Milliarden DM, dann lag sie bei 26,5 Milliarden DM. Das, was am Schluß herauskam, waren 33,8 Milliarden DM. Jetzt haben wir im Zweiten Nachtragshaushalt eine Nettokreditaufnahme von rund 40 Milliarden DM; das ist die Realität. ({0}) - Das läßt mein Herz nicht höher schlagen, sondern das zeigt nur, daß die mittelfristige Finanzplanung nur ein Anhaltspunkt sein kann. Gehen wir doch jetzt einmal auf das ein, was es bedeutet. Mittelfristige Finanzplanung heißt, Umfang und Zusammensetzung der voraussichtlichen Ausgaben und deren Deckungsmöglichkeiten in ihrer Wechselbeziehung zur mutmaßlichen Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Wirtschaft darzustellen. Wenn aber die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft schwankt - so hat z. B. die alte Regierung 3 % Wachstum, die neue Regierung dagegen 0 % Wachstum angenommen -, dann muß sich die mittelfristige Finanzplanung notwendigerweise ändern. Hier ist die letzte: vom 30. Juli 1982; die nächste kann erst Mitte Juli nächsten Jahres herauskommen. Vorher müssen wir, wie der Finanzminister gesagt hat, die Projektion des Wirtschaftsministers abwarten. Das ist der ordentliche Gang der Dinge. Deswegen ist diese Diskussion hier falsch angesetzt. Sie erinnert mich ein bißchen an kalten Kaffee - meiner ist nämlich wegen dieser Aktuellen Stunde kalt geworden -, und das, was hier inhaltlich gesagt worden ist, war nicht viel mehr. ({1}) Schauen wir, wie vorhin angekündigt, einmal ins Gesetz. Im Stabilitätsgesetz heißt es - § 9 Abs. 2 -: Der Finanzplan muß vom Bundesminister der Finanzen aufgestellt und begründet werden. In § 10 heißt es: Als Planungsunterlagen sind durch die Bundesminister für ihren Geschäftsbereich mehrjährige Investitionsprogramme und sonstige Bedarfsschätzungen aufzustellen und dem Finanzminister zu übersenden. So, nun nehmen wir einmal als Beispiel den Bundesforschungsminister: Wie soll der denn im Augenblick eine sichere mittelfristige Finanzplanung aufstellen, wenn er ein Problem - wie auch sein Vorgänger - noch nicht bereinigen konnte, nämlich z. B. den Schnellen Brüter und den Hochtemperaturreaktor zukünftig auf finanziell sichere Beine zu stellen? Wenn das aber so ist - beim alten wie beim neuen Forschungsminister -, dann kann z. B. der Etat dieses Ministers im Augenblick mittelfristig noch nicht sicher abgeschätzt werden. Genau dieses Problem stellt sich auch für andere Haushalte. Deswegen ist es unrealistisch, zu sagen, man könnte nach acht Wochen, nachdem man einen Haushalt für ein Jahr überprüft und neu aufgestellt hat, auch schon die Projektion für vier Jahre Zukunft herausgeben. Wenn das aber so ist - das sind meine letzten Worte -, wenn also die mittelfristigen Daten auf Grund der wirtschaftlichen Risiken, auf Grund der Unwägbarkeiten nicht sicher festzustellen sind, kommt es um so mehr darauf an, daß die Prinzipien stimmen. Zu den wichtigsten gehören die Prinzipien der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. Die haben wir mit dem Ergänzungshaushalt zum Haushalt 1983 eingehalten. Daß wir an der pessimistischen Untergrenze sind, daß wir keine geschönten Zahlen einsetzen, daß wir versuchen, die Realitäten realistisch einzuschätzen - das ist das, worauf wir auch in Zukunft setzen wollen. Das sind die Prinzipien, auf die es auch in Zukunft ankommen soll. Daran werden wir mitarbeiten. - Vielen Dank. ({2})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmitz ({0}).

Hans Peter Schmitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Kollegen der SPD: Der Finanzminister mußte dringend nach Hamburg. Ich bitte also um Entschuldigung, daß er nicht hier sein kann. Ich hätte gedacht, daß wir uns über die mittelfristige Finanzplanung etwas seriöser hätten unterhalten können, als das bisher geschehen ist. ({0}) - Warten Sie doch einmal ab! Wenn man einmal davon ausgeht, was für eine Funktion der mittelfristige Finanzplan hat, dann müssen wir festhalten: Er ist eigentlich nur Leitlinie, nichts anderes. Wenn er diese Aufgabe hat, dann muß er auch irgendeine Begründung haben. Ich darf Ihnen einmal vorlesen, welche Begründung Sie bei Ihrer Finanzplanung immer gegeben haben. Für 1980 bis 1984 heißt es: Vor allem durch den Ölpreisschub und seine weltweiten Auswirkungen wurden 1979 die wirtschaftlichen Auftriebstendenzen spürbar gebremst. Für 1981 bis 1985 heißt es: Im Jahre 1981 sind die Folgen der zweiten Ölpreisexplosion in den westlichen Industrienationen noch immer nicht überwunden. In der Begründung für 1982 bis 1986 steht: Im Verlauf des Jahres 1981 und der ersten Hälfte 1982 ist die Bundesrepublik Deutschland bei der Bewältigung der Folgen der zweiten Ölpreisexplosion weiter vorangekommen. Meine Damen und Herren, wo trifft das zu? Angesichts der Tatsache, daß Sie diese Begründungen jeweils für Ihre Finanzplanungen nehmen, unterstelle ich, daß dies eine Begründung ist, die im Grunde genommen bewußt fehlleitet. ({1}) Durch die Begründung wird die Bevölkerung bewußt nicht darüber informiert, was Wahrheit ist. - Herr Kollege, wenn das alles einen Sinn haben soll, dann muß man natürlich die richtigen Angaben ma8276 Schmitz ({2}) chen. Sie sind bei Ihrer Finanzplanung von 1980 bis 1984 - wir haben jetzt 1982 - von einem realen Wirtschaftswachstum von 3 % im Jahresdurchschnitt, von einem Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus von jährlich knapp 4 % sowie von einer leichten Zunahme der Zahl der Erwerbstätigen ausgegangen. Das stimmt doch alles nicht mehr, meine Damen und Herren! ({3}) - Aber, Entschuldigung! Das stimmt doch alles deswegen nicht, weil Sie von falschen Voraussetzungen ausgegangen sind. Ich sage Ihnen noch etwas. ({4}) Sie haben bewußt diese falschen Voraussetzungen hier hineingeschrieben. Sie haben Politik durch Taktik ersetzt, meine Damen und Herren. ({5}) Wer das tut, muß immer zum Mittel der Camouflage, der Tarnung greifen. Deswegen können Sie hier nicht als seriös genommen werden. Ich sage Ihnen ein weiteres. Frau Kollegin Simonis hat gesagt, daß die Finanzplanung eigentlich ein Wegweiser ist. Sie hat gefragt, wohin die Reise geht. Meine Damen und Herren, wenn ich diesen Maßstab an Ihre Finanzplanung anlege und diese daraufhin überprüfe, ob Sie die erforderlichen Angaben gemacht, den Weg angezeigt, den Wegweiser aufgestellt haben, dann muß ich sagen: Sie haben die Leute in die Irre geführt. Alle Annahmen sind falsch gewesen. Deswegen mußte letzten Endes auch Ihre Finanzplanung falsch sein. Hier ist die Frage der NATO-Infrastruktur angesprochen worden. Frau Kollegin Traupe, Sie haben gestern deutlich zugehört, was der Herr Bundesverteidigungsminister gesagt hat. Seine Worte waren wohl sehr eindeutig. Ich will Sie nicht an Ihre Äußerung erinnern; ich halte sie nicht für sehr seriös. Trotzdem muß ich noch einmal sagen: Das Stichwort Tornado ist nicht gerade eine Glanzleistung, auch nicht für die Finanzplanung. Darüber sind wir uns hier als Haushälter doch wohl einig. Sollten wir da also nicht etwas seriöser verfahren? Lassen Sie mich ein letztes zu der Frage Kohle und Stahl sagen. Wir haben in dieser Woche in einer dramatischen Situation erlebt, daß sich dieses Thema nicht eignet, parteipolitische Polemik zu betreiben. Wir haben hier eine Aktuelle Stunde erlebt, in der ein einzelner versucht hat, seinen Wahlkreis in irgendeiner Weise zu vertreten. Letzten Endes ist dabei von Ihrer Seite der Versuch unternommen worden, dies in die parteipolitische Auseinandersetzung zu ziehen. ({6}) - Herr Wolfram, wir kennen das ja. Sie hatten Probleme bei der Aufstellung. Wir wollen das nicht vertiefen. ({7}) Daß Sie unter den Voraussetzungen dabei sind, die bisherige gemeinsame Kohle-Fraktion aufzukündigen, nehme ich mit Interesse zur Kenntnis. Nur müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen, daß es in Ihren Reihen eine Menge von Leuten gibt, die, wie ich unterstelle, so vernünftig sind, daß sie wissen, daß sich dieses Thema nicht zur parteipolitischen Auseinandersetzung eignet. Es kommt noch hart und härter auf uns zu. Das Thema Saar und Saarstahl, meine Damen und Herren, ist eigentlich nur der Anfang. Deswegen habe ich die freundliche Bitte, daß wir uns in diesen Fragen so verhalten, wie sich vernünftige Leute verhalten. Denn hier müssen wir uns um die Arbeitsplätze sorgen und dürfen nicht parteipolitisches Gezänk machen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren. ({8})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aktuellen Stunde angelangt. Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern ({0}) - Drucksache 9/2110 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß ({1}) Rechtsausschuß Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache eine Runde vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall. Wird zur Einbringung das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Meyer zu Bentrup.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf des Bundesrates zur Änderung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern dient dem Ziel, die Einnahmen aus der bergrechtlichen Förderabgabe auf inländische Erdöl-und Erdgasgewinnung in den Länderfinanzausgleich einzubeziehen. Dieser Gesetzentwurf steht in engem Zusammenhang mit der Neufestsetzung des Anteils von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sowie mit der Neuverteilung der Bundesergänzungszuweisungen - wie sie in Art. 6 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 geregelt werden sollen. Wir wollen das AnlieDr. Meyer zu Bentrup gen dieses Gesetzentwurfes in das Haushaltsbegleitgesetz 1983 - in Art. 6 - aufnehmen. ({0}) Meine Fraktion begrüßt es, daß sich der Bundesrat geeinigt hat, die Einnahmen aus den „Förderzinsen" in die Bemessungsgrundlage des horizontalen Länderfinanzausgleichs stufenweise einzubeziehen. So ist es vorgesehen, daß in den Jahren 1983, 1984 und 1985 die Einnahmen aus der Förderabgabe zu einem Drittel, von 1986 an zur Hälfte in den Finanzausgleich einbezogen werden sollen. Im Ergebnis bedeutet dies, daß bei der Anrechnung der „Förderzinsen" entsprechend dem Gesetzentwurf ein Finanzvolumen von 500 bis 600 Millionen DM jährlich - mit steigender Tendenz nach derzeitiger Schätzung - zu Lasten von Niedersachsen und zugunsten anderer Länder umgeschichtet werden soll. Die erzielte Übereinkunft des Bundesrates trägt damit der Entwicklung Rechnung, die sich aus den wachsenden Einnahmen aus der Förderabgabe in den letzten zwölf Jahren ergeben hat. Meine Fraktion wird diese vorgeschlagene Kompromißlösung unterstützen, weil sie einen Weg für ein zukünftiges gedeihliches Zusammenwirken eröffnet und die besonderen Strukturprobleme Niedersachsens in angemessener Weise berücksichtigt. Wer hier drastische Mehrforderungen stellt, zerstört diese gemeinsame Brücke des Ausgleichs. Dieser Gesetzesvorschlag ist aber nur ein Element bei der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. Zu diesem Gesamtkomplex gehören, wie es auch der Bundesrat in der Entschließung zum Ausdruck bringt, die Regelungen zum Beteiligungsverhältnis von Bund und Ländern am Aufkommen an der Umsatzsteuer sowie die Bundesergänzungszuweisungen. Dem Bundesfinanzminister gebührt unsere Anerkennung und unser Dank für seine Bemühungen, mit denen er in den Bund-Länder-Verhandlungen auf diesem schwierigen Gebiet eine schnelle, klare und einvernehmliche Vereinbarung zwischen allen Beteiligten erreicht hat. Es zeigt seine hohe Verantwortung gegenüber dem Bundesrat, dessen Aufgaben und Sorgen, Nöte und Probleme er ja lange genug als Ministerpräsident selbst kennengelernt hat und bei deren Bewältigung er tatkräftig und entschieden mit beigetragen hat. Diese deutliche und dem Föderalismus verpflichtete Haltung haben wir bei seinen Vorgängern vermißt. Denn es ist diesen Vorgängern nicht gelungen, eine Einigung über eine gesetzliche Festlegung der Länderanteile an der Umsatzsteuer für das Haushaltsjahr 1981 zu erreichen. Am Ende des Vermittlungsverfahrens zum Steueränderungsgesetz 1981 wurde an Stelle einer gesetzlichen Festlegung eine zeitliche Hilfslösung gefunden. Aus diesem Grunde soll nun im Haushaltsbegleitgesetz 1983 folgendes geregelt werden: Erstens. Die Länder erhalten 1 Milliarde DM zurück, die sie für die Kosten des erhöhten Kindergeldes ab 1981 dem Bund gezahlt haben; denn mit der Kürzung des Kindergeldes durch die SPD/FDP-Koalition nach der Bundestagswahl ist diese Grundlage entfallen. Die von den Ländern für das Haushaltsjahr 1982 bereits geleisteten Beträge werden noch in diesem Jahr erstattet. Zweitens. Die seit 1980 bestehende Regelung der Verteilung der Umsatzsteuer, nämlich für den Bund 67,5 % Anteil und für die Länder 32,5 % Anteil, soll im Haushaltsbegleitgesetz 1983 rückwirkend für die Jahre 1981 und 1982 geregelt werden. Für 1983 erhalten die Länder rund 1 Milliarde DM mehr, weil der Anteil der Länder um einen Prozentpunkt auf 33,5 % erhöht wird - eine länderfreundliche Politik dieser Bundesregierung. Drittens. An leistungsschwache Länder werden weiterhin die Bundesergänzungszuweisungen im Umfang von 1,5 % des Aufkommens der Umsatzsteuer gegeben. Das Grundgesetz schreibt eindeutig vor, nach welchen Merkmalen die Verteilung zu erfolgen hat. In der Erläuterung des „Bonner Kommentars" zum Grundgesetz zu Art. 107 steht unter der Überschrift „Ausgleich einer Leistungsschwäche" folgendes - ich zitiere -: Empfänger der Finanzzuweisungen können ... nur diejenigen Länder sein, die auch im Finanzkraftausgleich ausgleichsberechtigt sind ({1}). Im Ergebnis bedeutet das, daß Länder mit überdurchschnittlicher Leistungskraft auch dann keine Ergänzungszuweisungen erhalten können, wenn sie überdurchschnittliche Lasten zu tragen haben. So weit das Zitat im „Bonner Kommentar" zu Art. 107. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die politische Gestaltung der Ausgaben und ihrer Struktur in den Länderhaushalten kann nicht maßgebend sein für die Gestaltung des Finanzausgleichs. Abschließend möchte ich feststellen: Das Ergebnis der Bund-Länder-Verhandlungen ist ein positiver Neuanfang für eine verantwortungsvolle Zusammenarbeit. Es stärkt die Finanzkraft der Länder und erneuert das gegenseitige Vertrauensverhältnis von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. ({2})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Spöri.

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf des Bundesrats zum Finanzausgleich befaßt sich ja nur mit einem Teilaspekt und nicht mit den gesamten Komponenten des Finanzausgleichs, die mein Kollege Meyer zu Bentrup gerade eben erläutert hat. In der Beschränkung dieses Gesetzentwurfes auf einen Aspekt, nämlich den horizontalen Finanzausgleich, liegt ja schon eine gewisse Schwäche dieser Initiative, die vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten ausgegangen ist. Es ist sicherlich richtig, wenn Sie darauf hinweisen, Herr Meyer zu Bentrup, daß es in den Verhand8278 lungen zwischen dem Bund und der Vier-LänderKommission inzwischen ein Angebot des Bundes zur zweiten Komponente des Finanzausgleichs gegeben hat, nämlich zur Umsatzsteuerverteilung. Die Länderanteile sollen danach von 32,5 % auf 33,5% erhöht werden. Das ist sicherlich etwas, was die Länder, auch die SPD-regierten Länder gerne sehen und akzeptieren. Nur, das ändert nichts an der Tatsache, daß im dritten und entscheidenden Punkt, bei dem Streitpunkt, Herr Meyer zu Bentrup, nämlich bei dem vertikalen Finanzausgleich im Rahmen der Bundesergänzungszuweisungen keine Einigung erzielt worden ist. Insofern habe ich mich ein bißchen über Ihre Rede gewundert, die von einer angeblich vorhandenen Harmonie ausging. Bisher ist von der Bundesratsmehrheit keine akzeptable Lösung zu den Ergänzungszuweisungen angenommen worden. Es ist ja auch so, daß die Bundesregierung im Hinblick auf die Bundesergänzungszuweisungen ebenfalls keine befriedigende Konzeption vorgelegt hat. Insofern muß ich sagen, daß die Prämisse Ihrer Rede nicht stimmt, es gäbe einen fertigen und abgerundeten Kompromiß zum Finanzausgleich und die SPD-Länder hätten überall zugestimmt. Wenn Sie sich ansehen, was vorletzte Woche zwischen den vier Ländervertretern und dem Bundesfinanzminister ausgehandelt worden ist, werden Sie feststellen, daß zwar über die anderen Punkte ein Konsens möglich gewesen wäre, daß man einem Gesamtkompromiß aber nicht zustimmen konnte, weil letzten Endes alle Komponenten des Finanzausgleichs im Zusammenhang zu sehen sind und ein zentraler Punkt für die SPD-regierten Länder - vielleicht auch für andere - nicht erfüllt war, nämlich eine tragfähige Änderung des vertikalen Finanzausgleichs. Das ist für uns ein bedenklicher und problematischer Vorgang, weil wir von der Logik des Finanzausgleichssystems her davon ausgehen, daß, wenn der horizontale Finanzausgleich geändert wird, logischerweise auch der ergänzende Ausgleich, nämlich die Ergänzungszuweisungen, geändert werden müssen. ({0}) Meine Damen und Herren, es ist von der Logik her unmöglich, daß man in der Debatte ein Kriterium herausgreift, z. B. den Förderzins, daß man dieses Kriterium grundsätzlich als Maßstab für die finanzielle Leistungsfähigkeit, für die Finanzkraft akzeptiert und beim horizontalen Finanzausgleich zwischen den einzelnen Ländern prozentual berücksichtigt, während auf der anderen Seite beim ergänzenden Ausgleichssystem, bei den Bundesergänzungszuweisungen, dieses Kriterium überhaupt nicht berücksichtigt wird. Das ist logischerweise unmöglich. ({1}) Deswegen gibt es in diesem Punkt, Herr Kollege Meyer zu Bentrup, überhaupt keine Harmonie, beim Umsatzsteueraufkommen und dessen Aufteilung aber durchaus. Das müssen wir hier sehen. Insofern war die Prämisse Ihres Beitrags völlig falsch. Aber lassen Sie mich hier nicht selbstgerecht argumentieren. Man kann sicherlich sehr leicht sagen, was eigentlich verfassungsrechtlich erreicht werden müßte. Ich gebe zu, daß es furchtbar schwierig ist, auf dem Verhandlungsweg die notwendigen Konsequenzen aus der verfassungsrechtlichen Situation zu ziehen und bei den bisher privilegierten Ländern die notwendigen Konzessionen zu erreichen. Es ist sicherlich schwierig, auf einem pragmatischen Weg zu erreichen, daß die bisher benachteiligten Länder kurzfristig aus diesem Finanzausgleich etwas zusätzlich bekommen. Es ist sicherlich auch richtig, daß man hier nicht willkürlich und mutwillig den Prozeßhansel spielen und gleich vor das Verfassungsgericht gehen sollte, um seine Rechte einzuklagen. Es ist doch ganz klar, daß es besser ist, sich im Rahmen einer Kommission zusammenzusetzen und pragmatisch zu sehen, was kurzfristig geht. Man sollte sich nicht auf die zeitlich lange Bank des Bundesverfassungsgerichts verlassen. Aber selbst unter Anerkennung der Tatsache, daß ein Verfassungsgerichtsstreit ein Armutszeugnis für die Funktionsfähigkeit des Föderalismus wäre, muß ich sagen: Kompromiß hin und her - wir sind auch für Kompromisse -, aber solche Kompromisse müssen irgendwie berücksichtigen, daß es Verfassungsbestimmungen zu diesem Themenbereich des Finanzausgleichs zwischen Bund und Ländern gibt. ({2}) Diese verfassungsmäßigen Grenzen müssen eingehalten werden. Das ist der Punkt, um den es heute in dieser Debatte und bei der Beratung im Finanzausschuß geht. Meine Damen und Herren, was bedeutet eine verfassungskonforme Lösung? Eine verfassungskonforme Lösung bedeutet aus meiner Sicht: Für Übergangszeiträume kann beim horizontalen Finanzausgleich eine Teilanrechnung vorgesehen und ausgehandelt werden; aber längerfristig, zeitlich unbegrenzt kann eine Teilanrechnung des Förderzinses von der verfassungsrechtlichen Situation her nicht akzeptiert werden. ({3}) Das heißt, es kann nicht auf ewig die Rechtsposition aufgegeben werden, daß der Förderzins voll in den Finanzausgleich einzubauen ist. Das ist genauso wie bei der Schwangerschaft: Eine Teilschwangerschaft kann es nicht geben. ({4}) Eine Teilanrechnung des Förderzinses kann es aus verfassungsrechtlicher Sicht langfristig nicht geben. ({5}) Diese Kategorie „Förderzins" gehört entweder hinein oder nicht hinein in den Finanzausgleich. Langfristig kann sie nicht zur Hälfte angerechnet werden. Ich akzeptiere Übergangsregelungen. Das ist ganz klar. Wenn wir jetzt davon ausgehen, daß es nach diesem Bundesratsentwurf nur zu einer teilweisen Berücksichtigung kommen soll, dann sind wir der Auffassung, daß, Herr Kollege Meyer zu Bentrup, schon beim horizontalen Finanzausgleich die rechnerische Auswirkung auf die Finanzposition einzelner Länder unbefriedigend ist. Diese Länder erhalten weniger, als es ihrer Finanzausstattung nach angemessen wäre. Das Ergebnis wird noch absurder, wenn wir davon ausgehen, daß es nicht zu einer korrespondierenden Änderung der Bundesergänzungszuweisungen kommt. Wir gehen davon aus, Herr Staatssekretär Häfele, daß wir bis zur Beratung im Finanzausschuß am Dienstag über die finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzentwurfs auf der Länderebene ein paar konkrete Zahlen - sie müßten ja eigentlich vorliegen - erhalten, aus denen man ganz genau sieht, wie sich das auf die Finanzposition der einzelnen Länder auswirkt. Wir können hier ja nicht theoretisch einen Gesetzentwurf diskutieren, von dem wir gar nicht wissen, wie sich das zahlenmäßig in den einzelnen Landeshaushalten niederschlägt. ({6}) Wenn wir uns im Finanzausschuß richtig anschauen, was an Zahlen und Modellrechnungen und rechnerischen Konsequenzen für die einzelnen Landeshaushalte vorliegt, können wir uns, glaube ich, durchaus in die Lage mancher Länder versetzen. Dann wird sich, glaube ich, herausstellen, daß die Lösung gemäß der Initiative des baden-württembergischen Ministerpräsidenten, die er ja mit Brachialgewalt mehrheitspolitisch durchgepeitscht hat - was in diesen Fragen ein einmaliger Vorgang im Bundesrat war -, unbefriedigend und unzumutbar für Länder wie Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg, ({7}) aber auch das Saarland, das CDU-regiert ist, und auch für Baden-Württemberg ist, weil die Ergebnisse zum Finanzausgleich, zu denen Baden-Württemberg in seinem Gutachten gekommen ist, im Grunde genommen einen weitergehenden Rechtsanspruch darstellen als das, was der Herr Ministerpräsident Späth im Bundesrat vorgelegt hat. Das ist aber nicht das Entscheidende, daß ich jetzt auf einzelne Landeshaushalte abhebe. Das Bedenklichste an dieser unvollkommenen Lösungskonzeption ist die Tatsache, daß wir zum ersten Mal seit 1969, seit der großen Finanzverfassungsreform, eine Chance haben, den Bund-Länder-Finanzausgleich zu ändern und an die Gegebenheiten, die sich inzwischen entwickelt haben, anzupassen, diese Chance jedoch verpassen. Diese Chance liegt darin, daß es einen großen politischen Druck auf Änderungen hin gibt. Er entsteht aus der Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Situation. Aber er wird jetzt nicht genutzt, um eine langfristig tragbare Regelung zu vereinbaren und zu verabschieden. Das ist das Problem. Wenn das, was hier auf dem Tisch liegt, nicht geändert wird, drängen wir - das kann ich Ihnen prophezeien - manche Länder zum Verfassungsgericht. Das wäre keine positive Entwicklung. Wir können uns vom Selbstverständnis dieses Parlaments aus auch nicht, wie es bei Ihnen, Herr Kollege Meyer zu Bentrup, angeklungen ist, gewissermaßen als Notare gebärden. Wir sind unser Geld nicht wert, wenn wir nur alles absegnen, was eine Mehrheit im Bundesrat durchpeitscht. ({8}) Wir müssen uns selber Gedanken zum Finanzausgleich machen. Das ist eine bundesstaatliche Ausgleichsaufgabe. Das ist nach der Verfassung eine strukturpolitische Funktion, die wir hier wahrzunehmen haben. ({9}) Deshalb möchte ich darauf hinweisen, daß Herr Bürgermeister Hans Koschnick, dem wir von dieser Stelle aus baldige Genesung wünschen, bei der vorletzten Bundesratssitzung, als dieser Punkt behandelt wurde, einige bedenkenswerte Sätze, einige wichtige Sätze hierzu gesagt hat. ({10}) Herr Koschnick hat nämlich darauf hingewiesen, daß wir in diesem Parlament die Pflicht haben, auf die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik bei derartigen Problemen wie dem Finanzausgleich hinzuarbeiten. Das ist die Zielsetzung des Finanzausgleichs. Deswegen können wir uns nicht an unserer Aufgabe vorbeidrücken und vorbeischlängeln, auch die Ergänzungszuweisungen unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse problemgerecht zu regeln. Es geht einfach nicht, daß sich das Parlament in dieser Frage als Notar gebärdet, wenn eine Bundesratsmehrheit unter dem Gesichtspunkt der Ergänzungszuweisungen keine Regelung vorlegt, wenn auch die Bundesregierung keine Regelung zur Berücksichtigung des Förderzinses vorlegt, daß wir uns dann damit zufrieden geben und akzeptieren, daß der unerträgliche Rechtszustand eingefroren wird. Das ist unmöglich, das akzeptiere ich hier nicht. ({11}) Fast zum Abschluß möchte ich an die Adresse der Bundesregierung eines sagen. Es geht hier um 1,6 Milliarden DM Haushaltsmittel im Jahre 1983 - originäre Bundesmittel, Umsatzsteueranteile des Bundes. Und die können aus unserer Sicht nicht an der verfassungspolitischen Ausgleichszielsetzung vorbeiverteilt werden. Wenn ich mir ansehe, welche Position die neue Bundesregierung hier vertreten hat - ich sehe eben den Kollegen Baack und erinnere an seine Fragen -, dann muß ich auf das hinweisen, was die Bundesregierung in der Fragestunde am 24. November 1982 zu diesem Problem sinnvollerweise gesagt hat. Das waren gute Sätze, die dazu gesagt worden sind. Ich bin gleich fertig, eine Minute noch. Ich möchte eine Zusatzfrage herausgreifen. Der Herr Kollege Zeitler hat den Parlamentarischen Staatssekretär beim Finanzminister, Häfele, gefragt: ... teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die bundesrechtliche Regelung der Ergänzungszuweisungen des Bundes an die finanzschwachen Länder nach der Verfassung als Ergänzung des horizontalen Finanzausgleichs konstruiert sein muß - jetzt kommt das Entscheidende und damit auch die Kriterien für die Bemessung des horizontalen Finanzausgleichs den Ergänzungszuweisungen zugrunde zu legen sind? Jetzt passen Sie einmal auf, was der Staatssekretär Häfele vom Finanzministerium dazu gesagt hat: Ja, beides muß zusammen gesehen werden. Völlig richtig. Und ich sage: Völlig richtig, was der Herr Häfele dazu gesagt hat. Aber die Lösungskonzeption der Bundesregierung, die jetzt auf dem Tisch liegt, entspricht nicht Ihrer eigenen Meßlatte, die Sie in der damaligen Fragestunde vorgegeben haben. ({12}) Meine Damen und Herren, wir werden mit allen, die hier willens sind, nach tragfähigen, konstruktiven Lösungskonzepten in der Beratung suchen. Es sind keine Extremlösungen, die wir anvisieren. Wir sind kompromißbereit, aber nur innerhalb der Verfassung kompromißbereit. ({13}) Deswegen haben wir ein Hearing beantragt. Es ist gut, daß die Opposition - Entschuldigung, das war eine Freudsche Fehlleistung; ({14}) es war die Wunschvorstellung für nach dem 6. März ({15}) - diesem Wunsch zugestimmt hat. Wir freuen uns also, daß die neue Koalition auf unseren Wunsch eingegangen ist. Wir werden bei der Beratung die verfassungsrechtlichen Kriterien berücksichtigen. Wir werden mit jedem eine konstruktive Lösung suchen, der nur will. Aber diese Lösung muß eine Nachbesserung enthalten. - Danke schön. ({16})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Ich erteile das Wort dem Abgeordenten Rentrop.

Friedhelm Rentrop (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001824, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen, daß mit diesem Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich der Anfang unternommen worden ist, die bergrechtlichen Förderabgaben in den Länderfinanzausgleich einzubeziehen. Wir sind allerdings der Meinung, daß dies nur ein Anfang sein kann - das ist auch bei meinen Vorrednern schon zur Sprache gekommen -, und daß wir auch in der Beratung prüfen müssen, inwieweit wir dies so langfristig in diesen Beträgen festlegen können, ob wir nicht hierüber schneller zu einer besseren Anpassung kommen müssen. Immerhin handelt es sich um Abgaben von beachtlicher Höhe. Laut einer Mitteilung im gestrigen „Handelsblatt" werden für 1983 2 Milliarden DM erwartet, während bisher noch von über 1,6 Milliarden DM die Rede war. Man kann daraus sehen, wie diese Beträge gestiegen sind. Der neueste Stand ist, daß die Förderabgabe für Erdgas auf 36 % angehoben worden ist. Wir begrüßen auch dies; denn die hier noch nicht angesprochene Frage lautet, inwieweit eine solche mögliche Erhebung einer Förderabgabe bis zu 40 % nicht auch im Länderfinanzausgleich ausgeschöpft werden muß, bevor mit Sonderzuweisungen des Bundes Haushaltsausgleiche hergestellt und herbeigeführt werden. Dies ist die eine Seite; dies werden wir zu beraten haben. Wir werden, worauf der Kollege Spöri bereits hingewiesen hat, hierzu in der nächsten Woche eine Anhörung haben, die allerdings im wesentlichen dem Art. 6 der Haushaltsbegleitgesetze dient und die daher sehr kurzfristig angesetzt werden mußte. Für uns ergibt sich die weitere Frage - und hier ist man erstaunt, wenn man die Vorlage sieht -, daß es bei den Veränderungen im Ausgleich zwar erhebliche Verschiebungen gegeben hat, daß sich aber - und hier spreche ich auch als nordrhein-westfälischer Abgeordneter - für das Land Nordrhein-Westfalen trotz der bei ihm anliegenden Sonderprobleme immer wieder ein Gleichstand, d. h. weder ein Plus noch ein Minus, über Jahre ergibt. Das werden wir prüfen müssen; denn es kann wohl nicht bestritten werden, daß Sonderprobleme, wie sie z. B. für das Land Bremen und für das Saarland Berücksichtigung beim Länderfinanzausgleich gefunden haben, gerade für das Land NordrheinWestfalen gelten. Wir sollten sehen, daß Probleme in der strukturellen Belastung mit der Stahl- und Kohlenkrise auch in unserem Land vorliegen. Bei einer vollen Einbeziehung der Förderabgabe würde für das Saarland eine Erhöhung des Absetzungsbetrages überflüssig sein, weil ihm auf dem Wege des horizontalen Finanzausgleichs ohnehin mehr zufließen würde. Wir sollten auch nicht übersehen, daß bei der Berücksichtigung des Landes Niedersachsen, das im wesentlichen durch die Einbeziehung der Förderabgabe betroffen ist, auch eine Belastung des Bundes erfolgt, da die von den Fördergesellschaften zu entrichtende Förderabgabe steuerlich abzugsfähig ist, also auch zur steuerlichen Mindereinnahme führt, wodurch dem Bund weniger Geld für die Verteilung zur Verfügung steht. Das alles sind Prüfaufträge, die wir in der weiteren Debatte verfolgen sollten. Wir sollten dies nicht langfristig anlegen; denn wir meinen, daß das Bund-Länder-Verhältnis neu geregelt werden muß. Art. 6 trägt hierzu bei, der Bundesratsentwurf auch. Wir hoffen auf eine baldige Beratung. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesfinanzminister, Dr. Häfele.

Dr. Hansjörg Häfele (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000774

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung bedankt sich bei allen drei Fraktionen, daß die erste Lesung des Gesetzentwurfs schon heute stattfinden kann. Dadurch wird eine schnelle Überweisung an die Ausschüsse möglich, die den Gesetzentwurf noch mit den Regelungen zum Finanzausgleich beraten können, welche schon im bisherigen Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes vorgesehen waren. Der Bundesregierung liegt sehr daran, daß dieser sachliche Zusammenhang in den Ausschußberatungen hergestellt wird. Nicht nur formell, sondern auch inhaltlich stehen j a alle drei Regelungsbereiche im Zusammenhang. Der Gesetzenwurf des Bundesrates enthält mit seinem Vorschlag für eine Neuregelung des Länderfinanzausgleichs ab 1983 ein Teilstück aus dem Gesamtbereich des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, das zeitgleich mit den Bestimmungen zur Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern und zur Gewährung von Bundesergänzungszuweisungen an leistungsschwache Länder verabschiedet werden sollte. Nicht nur der Bundesrat hält eine zusammenhängende Regelung dieser drei Bestandteile des bundesstaatlichen Finanzausgleichs für notwendig, sondern auch die Bundesregierung ist dieser Auffassung. Kollege Dr. Spöri, Sie haben mich zu Recht mit meiner Antwort aus der Fragestunde zitiert. Meine Einlassung ging dahin: wir halten alle drei Komplexe für inhaltlich zusammenhängend. ({0}) - Daß nicht immer alle zufrieden sind, ist leider das Problem bei einem Ausgleich. Ich erinnere daran, daß in dem von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Haushaltsbegleitgesetz 1983 und den dazu von der Bundesregierung nachgereichten Formulierungshilfen für den Regelungszeitraum ab 1983 nur Vorschläge für die Umsatzsteuerneuverteilung und für die Bundesergänzungszuweisungen enthalten sind. Der Bereich des Länderfinanzausgleichs war hierbei mit Rücksicht auf die Bundesratsinitiative zunächst ausgespart. In den Ausschußberatungen wird darüber zu befinden sein, ob die Bundesratsvorlage als gesondertes Gesetz behandelt werden oder ob sie - das wäre der Wunsch der Bundesregierung - in der endgültigen Fassung noch in das Haushaltsbegleitgesetz hineinkommen soll. Mir scheint jedenfalls der Hinweis wesentlich, daß eine Abkoppelung dieses Teilbereiches aus der fälligen Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs sachlich nicht vertretbar erscheint und insbesondere auch dem Bundesrat die Zustimmung zum Haushaltsbegleitgesetz erschweren würde. Ein wichtiger Gesichtspunkt! Der Gesetzentwurf des Bundesrates sieht eine schrittweise Einbeziehung der Förderzinseinnahmen der Förderländer in die Bemessungsgrundlagen für den Länderfinanzausgleich vor. Damit wird das wohl gewichtigste Problem angepackt, das seit der Finanzreform von 1969 beim Finanzausgleich neu entstanden ist. Um diese Lösung ist lange gerungen worden. Das kann nicht verwundern, denn hier treffen unterschiedliche finanzielle Interessen der einzelnen Länder aufeinander. Da ist einmal das Interesse der ausgleichspflichtigen Länder, allen voran des Hauptgeberlandes Baden-Württemberg, an einer Minderung ihrer hohen Ausgleichslasten im horizontalen Finanzausgleich. Da ist auf der anderen Seite das Bemühen des hauptbetroffenen Förderlandes Niedersachsen, die im Länderfinanzausgleich bisher erhaltenen Ausgleichsleistungen nicht schlagartig abfallen zu lassen. Der Kompromiß - es ist ein Kompromiß - liegt in der Einräumung von Schonfristen für Niedersachsen, die den ausgleichspflichtigen Ländern hinnehmbar erscheinen. Es ist ein Gebot politischer Vernunft, daß eine derart grundlegende Neuordnung des Finanzausgleichs stufenweise vollzogen wird. Die Zahlen, Herr Kollege Dr. Spöri, wie es sich im einzelnen auf die verschiedenen Bundesländer auswirkt, werden Sie natürlich im Finanzausschuß erhalten. Manchen erscheint die mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates vorgeschlagene Regelung nicht weitgehend genug. Das ist verständlich. Man kann sich aber doch nicht der Einsicht verschließen, daß es in einer so schwerwiegenden Problematik gleichsam von Natur aus Grenzen der Gemeinsamkeit gibt, die beachtet sein wollen. Wenn es jetzt mangels Zustimmungsfähigkeit zu keiner Lösung käme, wäre niemandem gedient. Eine Verlängerung des Tauziehens um Einbeziehungsquoten und Stufenfolgen hätte wahrscheinlich zur Folge, daß eine Regelung für 1983 gar nicht mehr möglich wäre. Um für diesen schwierigen Fragenbereich sachgerechte Lösungen zu finden, müssen wir uns heute für das jetzt Mögliche entscheiden. Für die Bundesregierung darf ich zusammenfassen. Erstens. Mit dem Gesetzentwurf des Bundesrates wird ein Weg in die richtige Richtung eingeschlagen. Zweitens. Eine stufenweise Einbeziehung der Förderzinsen in den Länderfinanzausgleich erscheint vertretbar. Drittens. Wir halten die Gesamtlösung für verfassungsgemäß. Viertens. Für den von dem Gesetzentwurf nicht erfaßten Regelungszeitraum nach dem Jahre 1986 sind weitergehende Überlegungen und Lösungen nicht blockiert. ({1})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Das Wort hat der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Minister Dr. Posser ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen begrüße ich den Gesetzentwurf des Bundesrates insoweit, als nunmehr endlich allseits anerkannt wird, daß die Einnahmen aus der bergrechtlichen Förderabgabe bei der Beurteilung der Finanzkraft der einzelnen Länder nicht länger außer Betracht bleiben können. Auch die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf ihre schon früher bekundete Auffassung bekräftigt, daß der in Minister Dr. Posser ({1}) Art. 107 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes vorgesehene Finanzkraftausgleich nicht weiterhin nur als Steuerkraftausgleich bestehenbleiben kann, sondern die Förderzinseinnahmen der verschiedenen Länder mit zu berücksichtigen hat. Die Grundsatzfrage der Einbeziehung der Einnahmen aus der bergrechtlichen Förderabgabe in den Länderfinanzausgleich, die im Gesetzentwurf des Bundesrates geklärt ist, ist allerdings nur ein Teilaspekt einer Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. In finanzwirtschaftlichem Zusammenhang mit der Lösung der Probleme des horizontalen Finanzausgleichs zwischen den Ländern stehen die Neufestsetzung der Anteile von Bund und Ländern am Umsatzsteueraufkommen sowie die Neuverteilung der Bundesergänzungszuweisungen. Zur Verteilung der Umsatzsteuer haben die Verhandlungsführer von Bund und Ländern am 22. November ein Ergebnis erzielt, das sicherlich aus der Sicht der Länder nicht voll befriedigen kann, das ich aber hier nicht zerreden möchte. Es steht allerdings noch eine Entscheidung über die Neuverteilung der Bundesergänzungszuweisungen auf die einzelnen Länder aus. Dabei verhehle ich nicht meine Enttäuschung über die Haltung, die die Bundesregierung zu dieser Frage bislang eingenommen hat. Nach Art. 107 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes kann das Finanzausgleichsgesetz bestimmen, daß - ich zitiere der Bund aus seinen Mitteln leistungsschwachen Ländern Zuweisungen zur ergänzenden Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs ({2}) gewährt. Bei dieser Sachlage, einer vom Grundgesetz bestimmten Sachlage, kann die Bundesregierung doch nicht sagen: Der Bund zahlt Ergänzungszuweisungen in Höhe von rund 1,6 Milliarden DM, und die Länder mögen sich untereinander über die Verteilung dieser Gelder aus dem Bundeshaushalt einigen. ({3}) Da sind doch die Interessen der Länder viel zu unterschiedlich. Hier ist die Bundesregierung selbst und unmittelbar gefordert, ein Konzept für die Verteilung der Ergänzungszuweisungen vorzulegen, das an objektiven Kriterien ausgerichtet ist, wie es das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit anderen Fragen des Finanzausgleichs bereits im Jahr 1952 - wiedergegeben im ersten Band der Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts - festgelegt hat. Wo aber sind diese objektiven Grundsätze, die den Entscheidungsschlüssel festlegen, und sind sie eingehalten worden? Man kann doch nicht so tun, als sei seit 1972, als letztmalig der Verteilungsschlüssel der Ergänzungszuweisungen nach Kriterien und Daten des Jahres 1969 festgelegt wurde, die Finanzkraftrelation der Länder unverändert geblieben. Nehmen Sie bitte die Antwort der Bundesregierung vom 29. Oktober - Bundestagsdrucksache 9/2067 - auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der SPD-Fraktion und betrachten Sie die Darstellung über die Entwicklung der Förderabgaben der Erdöl- und Erdgasindustrie nach Ländern im Zeitraum bis 1981! Von 45 Millionen DM im Jahr 1970 auf über 1,5 Milliarden DM im Jahr 1981 sind diese Förderabgaben angestiegen. Allein das Land Niedersachsen hat 1981 1 049 000 000 DM Förderzinsen vereinnahmt und rechnet nach seinen eigenen Angaben im Nachtragshaushalt für 1982 mit Einnahmen in Höhe von 1 740 000 000, ohne daß diese beträchtlichen Einnahmen bisher auf seine Finanzkraft angerechnet worden sind. 1983 werden es nach den Schätzungen der Erdöl- und Erdgasindustrie 2,3 Milliarden DM an Förderabgaben im Bundesgebiet sein, davon allein 2,1 Milliarden DM in Niedersachsen. Wir verlangen übrigens nicht, an diesen Einnahmen beteiligt zu werden. Alles was wir fordern ist, daß diese Einnahmen beim Finanzausgleich und bei den Bundesergänzungszuweisungen in den Finanzkraftausgleich einbezogen werden. ({4}) Die Bundesregierung sieht das ebenso. Sie hat dies nicht nur in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates ausdrücklich erklärt. Sie hat dies auch - wie schon erwähnt; deshalb will ich das nicht im einzelnen wiederholen - am 24. November dieses Jahres durch den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär in Beantwortung einer Frage des Abgeordneten Zeitler erneut bekräftigt. Die Bundesregierung hat in Beantwortung der bereits erwähnten Kleinen Anfrage am 29. Oktober dieses Jahres erklärt, daß sich die Finanzkraftverstärkung einzelner Länder durch bedeutsam gestiegene Förderzinseinnahmen auch bei der Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen niederschlagen muß. Die Bundesregierung befürwortet daher im Rahmen der Neuregelung der Ergänzungszuweisungen Umschichtungen aus dem bisherigen Anteil Niedersachsens an den Ergänzungszuweisungen zugunsten anderer Länder. Warum, so frage ich die Bundesregierung, folgen diesen Worten keine Taten? Warum legt die Bundesregierung keinen Verteilungschlüssel für die Ergänzungszuweisungen vor, der den von ihr selbst als richtig anerkannten Bemessungskriterien entspricht? Warum schweigt sie sich dazu aus, wenn eine Ländermehrheit an einem unveränderten, oder eventuell nahezu unveränderten Verteilungsschlüssel aus dem Jahre 1972 festhalten will? Wenn es richtig ist, daß die Einnahmen aus der bergrechtlichen Förderabgabe in den horizontalen Finanzausgleich einzubeziehen sind, dann muß dies um so mehr für die Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen gelten, ({5}) die doch nur ergänzend zu dem horizontalen Finanzausgleich gezahlt werden. Wenn Sie sich die Minister Dr. Posser ({6}) Zahlen anschauen, die wir in der Vergangenheit wiederholt vorgelegt haben, dann werden Sie feststellen, daß in erster Linie drei Länder bei der Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen zu bedenken sind: Bremen, das Saarland und Nordrhein-Westfalen. Sie müssen zu diesem Ergebnis kommen, gleich ob Sie dem Deckungsquotenvergleich oder dem Vergleich der unterschiedlichen Finanzkraft der einzelnen Länder den Vorzug geben. Gegen den Vergleich nach Deckungsquoten wird mitunter eingewendet, er führe zu einer Benachteiligung derjenigen Länder, die sich bei ihrer Ausgabengestaltung um größere finanzpolitische Zurückhaltung bemüht hätten als andere Länder. Diese Bedenken können ausgeräumt werden. Mit diesem Einwand hat sich schon die von den Regierungschefs des Bundes und der Länder eingesetzte Sachverständigenkommission zur Vorklärung finanzverfassungsrechtlicher Fragen für künftige Neufestlegungen der Umsatzsteueranteile auseinandergesetzt. Sieben der acht Sachverständigen sind dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß jedenfalls im BundLänder-Verhältnis das Deckungsquotenverfahren, das in der Staatspraxis übrigens seit 1955 angewendet wird, eine verfassungsrechtlich zulässige Methode des Finanzausgleichs sei. Was im Bund-Länder-Verhältnis richtig ist, kann doch nicht im Verhältnis der Länder untereinander falsch sein. Es ist meines Erachtens sogar zwingend geboten, die Verteilungsmethode des vertikalen Finanzausgleiches bei der Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen fortzuführen. Denn die Verteilung der Umsatzsteuer nach dem Deckungsquotenverfahren zwischen Bund und Ländern hat zur Folge, daß sich die vertikale Verteilung nach der durchschnittlichen Deckungsquote der Länder ausrichtet, von der es notwendigerweise Abweichungen nach oben und nach unten gibt. Das heißt, die Länder mit überdurchschnittlicher Deckungsquote, z. B. auch das Land Niedersachsen, profitieren im vertikalen Finanzausgleich davon, daß die unterschiedlichen Deckungsquoten der Länder Bremen, Nordrhein-Westfalen und Saarland den Länderdurchschnitt insgesamt absenken und die Ländergesamtheit damit in eine günstigere Forderungsposition gegenüber dem Bund gelangt. Umgekehrt werden die genannten drei Länder wiederum im vertikalen Vollzug benachteiligt, weil die aus ihrer Sicht überhöhte Deckungsquote des Länderdurchschnitts ihnen weniger Umsatzsteueranteile zuerkennt, als es ihrer tatsächlichen Finanzlage entspricht. Der horizontale Finanzausgleich zwischen den Ländern, der nahezu ausschließlich nach der Finanzkraft - derzeit sogar nur nach der Steuereinnahmekraft - ausgerichtet ist, vermag diese unbefriedigende Finanzkraftverteilung nicht zu harmonisieren, weil die Bedarfssituation der Länder, die beim Deckungsquotenverfahren im vertikalen Finanzausgleich mitbestimmend ist, im horizontalen Finanzausgleich unter den Ländern unberücksichtigt bleibt. Nicht von ungefähr spricht daher das Grundgesetz in Art. 107 Abs. 2 Satz 3 davon, daß die Zuweisungen des Bundes - ich zitiere - zur ergänzenden Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der leistungsschwachen Länder zu gewähren sind. Es ist also geboten, die Bundesergänzungszuweisungen nach genau derselben Methode zu verteilen, die im Bund-Länder-Verhältnis zugrunde gelegt wird, weil sich sonst die leistungsschwachen Länder auf Dauer mit einer niedrigeren Deckungsquote zufriedengeben müßten als der Bund. Aber auch wenn Sie nur den Finanzkraftausgleich gelten lassen wollen, kommen Sie zwingend zu demselben Ergebnis. Die Einnahmen aus der bergrechtlichen Förderabgabe, die eine Ländermehrheit nur zu einem Bruchteil in den Länderfinanzausgleich einbeziehen will, werden jedenfalls in voller Höhe bei Berechnung der Finanzkraft aller Länder im Rahmen der Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern berücksichtigt, was richtig ist. Die Verstärkung der Finanzkraft aller Länder um 2,3 Milliarden DM Förderzinseinnahmen im Jahre 1983 kostet die Länder im vertikalen Finanzausgleich Bund-Länder über einen Punkt Umsatzsteueranteil. Es ist doch dann nur logisch - juristisch, finanzpolitisch und arithmetisch -, daß im Verhältnis der Länder zueinander diese Finanzkraftverstärkung einzelner Länder, die sich die anderen haben mittelbar zurechnen lassen müssen, gleichfalls in voller Höhe angerechnet und ausgeglichen wird. ({7}) Nichts anderes verlangen wir, nämlich die volle Anrechnung der Einnahmen aus der bergrechtlichen Förderabgabe in die Bemessungskriterien für den Verteilungsschlüssel der Bundesergänzungszuweisungen. Wir haben nachgewiesen, daß die Finanzkraft des Landes Niedersachsen vor Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen sich bereits in diesem Jahr auf 103,5% des Länderdurchschnitts beläuft und derzeit höher ist als die Finanzkraft aller anderen Länder einschließlich der im Länderfinanzausgleich ausgleichspflichtigen Länder Baden-Württemberg, Hamburg und Hessen. Durch die Bundesergänzungszuweisungen, wo der Hauptteil an Niedersachsen fällt, wird die Finanzkraft Niedersachsens sogar auf 106,5% angehoben, während die Länder Bremen und Nordrhein-Westfalen mit jeweils unterdurchschnittlicher Finanzkraft nach dem Willen einer Ländermehrheit von der Gewährung der Ergänzungszuweisungen des Bundes weiterhin ausgeschlossen bleiben sollen. Diesem Vorhaben steht die Verfassungswidrigkeit auf der Stirn geschrieben. ({8}) Ich appelliere an die Bundesregierung, ihre passive Haltung in dieser Frage aufzugeben und nunmehr die Federführung für ein verfassungskonformes Konzept zu übernehmen, das eine Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen nach folgenden Grundsätzen zum Inhalt hat, nämlich Feststellung der Leistungsschwäche einzelner Länder nach nachprüfbaren Kriterien, wobei die Leistungsschwäche nicht ohne Einbeziehung der konkreten Lastensituation der Länder erfolgen kann - denn Leistungsschwäche kommt begrifflich von leisten -, dann gleichmäßige Behandlung aller leistungsschwachen Länder und vor allem auch regelmäßige Anpassung des Finanzausgleichs ein8284 Minister Dr. Posser ({9}) schließlich der Ergänzungszuweisungen des Bundes. Lassen Sie bitte nicht den Eindruck aufkommen, wir akzeptierten auch auf Kosten von Verfassungsgrundsätzen alles, was eine Ländergruppierung vorschlägt, sofern es nur dem Bund keine zusätzlichen Kosten aufbürdet. Nehmen Sie bitte die Verantwortung wahr, die das Grundgesetz in Art. 107 Ihnen auferlegt, und verteilen Sie diese Bundesmittel so, daß sie wirklich dazu beitragen, die Finanzkraftunterschiede der Länder angemessen auszugleichen. Der Herr Bundesfinanzminister hat in der Sitzung des Bundesrates vom 26. November dieses Jahres, also vor genau einer Woche, erklärt, man müsse bei der Frage der Aufteilung der Bundesergänzungszuweisungen die aktuelle Terminsituation sehen, die es nicht erlaube, in lange Detail- und Kompromißerörterungen einzutreten. Zudem stehe das Thema Bundesergänzungszuweisungen - ich zitiere - „in zwei oder drei Jahren ohne den jetzigen Zeitdruck wieder einmal zur Debatte". Diese Bemerkungen lassen unberücksichtigt, daß es ausreichende Vorarbeiten und Vorschläge für eine verfassungskonforme Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen seit langem gibt. Nordrhein-Westfalen hat dem Bundesrat schon frühzeitig einen Vorschlag unterbreitet, nach dem lediglich der unter keinem Gesichtspunkt mehr zu rechtfertigende Anteil Niedersachsens an den Bundesergänzungszuweisungen unter den Ländern Bremen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland aufgeteilt werden soll, während die Anteile der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein unverändert bleiben sollen. Es sind also die von dem Herrn Bundesfinanzminister befürchteten langen Detailerörterungen nicht erforderlich. Notwendig ist der politische Wille, einen inzwischen offensichtlich unhaltbar gewordenen Zustand zu ändern. ({10}) Vor allem kann eine schwierige Terminsituation kein Grund sein, einen von mehreren Ländern und von den bisher mit der Rechtsfrage befaßten Sachverständigen als verfassungswidrig gerügten Zustand tatenlos hinzunehmen. Der frühere Finanzminister Lahnstein hat am 22. September dieses Jahres einen Vorschlag unterbreitet, der u. a. einen Verteilungsschlüssel für die Ergänzungszuweisungen nach dem Verhältnis der Fehlbeträge der einzelnen Länder an der sogenannten Ausgleichsmeßzahl, einschließlich Förderzins-einnahmen, vorsah. Dies war ein Vorschlag mit objektiven Verteilungskriterien, der zudem den Vorzug besitzt, den sich laufend verändernden Finanzkraftrelationen der Länder jeweils Rechnung tragen zu können. An Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, appelliere ich: Nehmen Sie den Vorschlag einer Ländermehrheit nicht kritiklos entgegen! Wirken Sie bitte daran mit, daß wir gemeinsam einen verfassungskonformen Interessenausgleich erreichen! Ich möchte dankbar hinzufügen, daß die Beiträge der Herren Bundestagsabgeordneten mich hoffnungsfroh stimmen. ({11})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Das Wort hat der Senator für Bundesangelegenheiten der Freien Hansestadt Bremen. Senator Dr. Czichon ({0}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist wirklich eine seltene Ausnahme, daß ein Bremer Senator vor dem Bundestag spricht. Aber bei diesem Thema muß sich das kleinste Bundesland zu Wort melden. Unsere wachsende Finanzschwäche ist allgemein bekannt. Es scheint aber weniger bekannt zu sein, warum sich die finanzielle Situation Bremens im Vergleich zu der anderer Länder kontinuierlich verschlechtert. Erstens. Bremen erhält als einziges im horizontalen Finanzausgleich empfangsberechtigtes Land keine Bundesergänzungszuweisungen; als einziges! Zweitens. Bremen kann nicht auf den in Flächenländern gegebenen Ausgleich zwischen Stadt und Land zurückgreifen. In Hamburg und Bremen kommen die kostensteigernden Faktoren, die sich aus der Massierung der Bevölkerung auf engem Raum ergeben, voll zur Wirkung, ohne einen internen Ausgleich in ländlichen Gebietsteilen zu finden. Drittens. Seit 1975 ist die wirtschaftliche Entwicklung im Lande Bremen hinter der durchschnittlichen Entwicklung im Bundesgebiet deutlich zurückgeblieben. Bremen hat mit seinen Werften, seiner Stahlindustrie, der Luft- und Raumfahrt und der Fischwirtschaft eine Häufung von Problemindustrien aufzuweisen wie kein anderes Bundesland. Viertens. Die jährliche Einbuße an originärer Steuerkraft durch die Erhebung nach dem Wohnortprinzip seit der Finanzreform 1969 beträgt in Bremen 200 Millionen DM jährlich. Hier muß es zu einer gerechteren Verteilung des Lohnsteueraufkommens zwischen der Beschäftigungsgemeinde und der Wohnsitzgemeinde kommen. Schließlich ist jede Mark, die Bremen für die Stützung des Arbeitsmarkts ausgibt, zugleich eine Hilfe bei der Bewältigung der Beschäftigungssorgen von Niedersachsen. Es handelt sich inzwischen immerhin um dreistellige Millionenbeträge im Jahr. Es ist aber nicht nur existentiell wichtig für Bremen, in den Verteilungsschlüssel für Bundesergänzungszuweisungen mit aufgenommen zu werden, sondern auch verfassungsrechtlich geboten. Man kann doch nicht so tun, als ob sich in der Finanzkraft der Länder in den letzten Jahren nichts verändert hätte. Das hat der frühere Finanzminister auf Grund der Berechnungen und Erkenntnisse seines Ministeriums auch ausdrücklich anerkannt. Der jetzige Bundesfinanzminister hingegen hat vorige Woche im Bundesrat ausgeführt, für ihn sei bei der Aufteilung der Bundesergänzungszuweisungen die Mehrheit des Bundesrats maßgeblich. Herr Bundesminister Dr. Stoltenberg begründet das mit der Senator Dr. Czichon ({1}) aktuellen Terminsituation und dem damit zusammenhängenden Zeitdruck. Mit Zeitmangel kann die nun absehbare Vorgehensweise aber eigentlich nicht begründet werden. Es ist auch keineswegs zwingend, die Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen bis einschließlich 1984 festzuschreiben. Das Volumen mag aus Gründen der Sicherheit des Bundeshaushalts durchaus mit 1,5 % des Umsatzsteueraufkommens festgeschrieben werden. Über die Aufteilung der Bundesergänzungszuweisungen auf die Bundesländer müßte aber nach den Verfassungsgrundsätzen des Art. 107 Abs. 2 des Grundgesetzes eigentlich jährlich neu verhandelt werden. Denn die Finanzkraftunterschiede der Länder bleiben nun einmal nicht konstant, sondern ändern sich von Jahr zu Jahr. Wenn nun der Herr Bundesfinanzminister sagt, er könne sich nicht gegen ein wie immer zustande gekommenes Mehrheitsvotum des Bundesrats stellen, so halte ich dem entgegen: Wenn dieses Mehrheitsvotum die Grundsätze des Art. 107 nicht beachtet, so ist er sogar verpflichtet, sich dem entgegenzustellen. Abschließend möchte ich noch einmal an die Bundesregierung appellieren, Bremen mit seinen Problemen und Sorgen nicht allein zu lassen. Aber, meine Damen und Herren, wenn alle solche Appelle nichts fruchten, bleibt schließlich nur noch übrig, den Mehrheitskompromiß daraufhin zu überprüfen, ob er verfassungsrechtlich eigentlich zulässig ist. - Ich danke Ihnen. ({2})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf des Bundesrats Drucksache 9/2110 zur federführenden Beratung dem Finanzausschuß, zur Mitberatung dem Rechtsausschuß sowie zur Mitberatung und zur Beratung gemäß § 96 unserer Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Ich frage das Haus, ob es mit den vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden ist. - Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ehe ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, mache ich Ihnen folgende Mitteilung: Auf Grund einer Vereinbarung im Ältestenrat wird vorgeschlagen, in der Sitzungswoche vom 13. Dezember 1982 mit Rücksicht auf die für diese Woche vorgesehene Haushaltsberatung keine Fragestunden durchzuführen. Diese Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde muß nach § 126 unserer Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder beschlossen werden. Ich frage das Haus, ob es damit einverstanden ist. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist das mit der erforderlichen Mehrheit so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes - Drucksache 9/2201 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache ein Beitrag von bis zu 10 Minuten für jede Fraktion vereinbart worden. Ich frage auch hier, ob das Haus mit dieser Regelung einverstanden ist. - Es erhebt sich kein Widerspruch. Ich stelle Ihr Einvernehmen fest. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Straßmeir.

Günter Straßmeir (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002268, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ziel dieses Gesetzes ist, die Grenze für die Eintragung in das Verkehrszentralregister in Flensburg von derzeit 40 auf 80 DM anzuheben und, damit verbunden, zugleich die Möglichkeit eines bundeseinheitlichen Bußgeldkatalogs zu schaffen. Dafür gibt es viele Gründe. Seit nahezu fünf Jahren diskutieren wir erfolglos über eine allseits unbestritten notwendige Reform des Verkehrszentralregisters, und auf der anderen Seite haben wir inzwischen 4,85 Millionen Personen und 9,5 Millionen Entscheidungen in Flensburg eingetragen und diese Tendenz ist steigend. Dieser gewaltigen Zahl steht gegenüber, daß im Jahre 1980 von den ca. 150 000 Führerscheinentzügen nur 3 % auf den Eintragungen im Verkehrszentralregister beruhen. Berücksichtigt man ferner, daß das Unfallgeschehen in entscheidendem Maße von den sogenannten Einfachtätern bestimmt wird, dann kann man kaum noch von einem angemessenen Verhältnis von Registeraufwand und Erfolg für die Verkehrssicherheit sprechen. Der Entwurf eines Verkehrszentralregistergesetzes im Jahre 1980 ist am Ablauf der Legislaturperiode gescheitert. Ein gleiches Schicksal droht nunmehr dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Ordnungswidrigkeitengesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes. Dieser Entwurf, in dem auch eine Reform der Eintragungsregelung enthalten ist, hat dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegen. Eine Gegenäußerung der Bundesregierung dazu wird gegenwärtig erwartet. Es steht zu erwarten, daß angesichts der bevorstehenden Neuwahlen auch diese Gesetze nicht mehr abschließend behandelt werden können. Deshalb haben sich die Fraktionen von CDU/CSU und FDP entschlossen, als Teilstück einer später zu verwirklichenden umfassenden Reform einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen, um doch noch in dieser Legislaturperiode eine Lösung zu finden, der alle Beteiligten zustimmen können. Der vorliegende Gesetzentwurf beschränkt sich daher bewußt auf die Neuregelung der Eintragungsgrenze für Verkehrsordnungswidrigkeiten im Verkehrszentralregister. Eine Untersuchung des Infas-Instituts hat ergeben, daß der überwiegende Teil unserer Bevölke8286 rung das Verkehrszentralregister als notwendig anerkennt und auch für seine Beibehaltung eintritt. Wenn die Generalprävention erhalten bleiben soll, dann wäre es äußerst zweifelhaft, wenn wir die Eintragungen auf die wenigen allerschwersten Ordnungswidrigkeiten und Zuwiderhandlungen im Verkehr beschränken würden, die dann nur noch registriert werden, wenn die Eintragungsgrenze bei 120 DM läge. Sollte es in absehbarer Zeit, so wie es die Höcherl-Kommission vorgetragen hat, auch zur Einführung eines Führerscheins auf Probe für Fahranfänger kommen, dann muß sowieso ein erheblich weiterer Kreis von Eintragungen zur Verfügung stehen, um hier die richtigen Kriterien zusammen zu haben. Die Lücke zwischen diesen Zuwiderhandlungen und den danach noch allein zur Eintragung vorgesehenen Zuwiderhandlungen darf nicht allzu groß sein. Deswegen haben wir eine solche mittlere Lösung bevorzugt, die im übrigen auch den Vorstellungen des Bundesrates entspricht, ohne dessen Zustimmung das Gesetz j a nicht zustande kommen kann. Der Bundesrat hat Verwarngeld von 40 bis 79 DM und Bußgeld - eintragungspflichtig - ab 80 DM vorgesehen. Damit wird zugleich vermieden, daß wie bei einer Eintragungsgrenze von 120 DM ganz wesentliche Verkehrsverstöße nicht mehr aufgenommen werden, z. B. das Überfahren roter Ampeln, Verstöße gegen das Rechtsfahrgebot bei Gegenverkehr, überhöhte Geschwindigkeit in besonders gefährlichen Situationen und dergleichen mehr. Eine solche Anhebung der Eintragungsgrenze auf 80 DM wird eine spürbare Verringerung des Registerbestandes und eine Beschränkung auf die Erfassung der gewichtigsten Verkehrsordnungswidrigkeiten sicherstellen. Wie man vom Kraftfahrt-Bundesamt hört, wird sich der Bestand an Bußgeldentscheidungen um rund 39 % auf 3,2 Millionen Eintragungen verringern, der Bestand an eingetragenen Personen von 4,8 Millionen auf 3,7 Millionen. Das, glaube ich, ist schon ein wesentlicher Fortschritt. Der Gesetzentwurf enthält noch drei ergänzende rechtliche Vorschriften. Da ist einmal die Ermächtigung für den Bundesminister für Verkehr, die Regelsätze für Geldbußen im Straßenverkehr, also den sogenannten Bußgeldkatalog, künftig als Rechtsverordnung bundeseinheitlich bindend zu erlassen. Das bedeutet nicht, daß die jetzt geltenden Regelsätze angehoben werden sollen. Sowohl die Bundesländer als auch meine Fraktion haben immer wieder betont, daß eine Anhebung der Regelsätze nicht in Frage kommt. Das wäre überdies auch gar nicht sinnvoll, da dadurch die gewünschte Reduzierung des Eintragungsbestandes gleich wieder in Frage gestellt werden würde. ({0}) Da ist zum anderen die Bestimmung, daß dann, wenn die Geldbuße lediglich aus wirtschaftlichen Gründen über oder unter dem Regelsatz liegt, in Flensburg künftig immer der Regelsatz zur Erfassung richtiger Kriterien festgehalten wird. In zwei Punkten folgt der Entwurf allerdings den Vorstellungen des Bundesrates nicht. Auch künftig sollen die eintragungswürdigen Verstöße von Fahrzeughaltern im Verkehrszentralregister erfaßt werden. In vielen Fällen ist eben doch der Halter der eigentlich Verantwortliche für den verkehrsgefährdenden Zustand eines Fahrzeuges und sollte daher zur Rechenschaft gezogen werden können. Etwa notwendige Differenzierungen bei der Frage, in welchem Umfang solche Verstöße auch zur Beurteilung der Kraftfahreignung herangezogen werden können, sind im Rahmen der Neufassung des Mehrfachtäterpunktesystems künftig durchaus noch möglich. Nach dem Entwurf entfällt künftig ferner die Erfassung der gerichtlichen Entscheidungen nach § 153a der Strafprozeßordnung. Das sind die Einstellungen des Verfahrens wegen geringer Schuld. Wir sind der Auffassung, daß sich das Register so weit wie möglich auf die Erfassung rechtskräftiger und völlig zweifelsfreier Entscheidungen beschränken sollte. Für die Eintragung einer Verfahrenseinstellung dürfte wohl auch dem betroffenen Bürger wie uns Politikern jegliches Verständnis fehlen. Ich hoffe, daß mit diesem Gesetz die Beschränkung des Registers auf die Erfassung der gewichtigsten Verkehrsverstöße gelingt. Darüber hinaus meine ich, daß wir das nach den langanhaltenden Diskussionen der letzten Jahre auch den Bürgern und Autofahrern in unserem Lande schuldig sind. Dieses Gesetz dient der Verkehrssicherheit, es entlastet Gerichte und Verwaltungen, es erfreut mit großer Sicherheit den Bürger, es ist ausnahmsweise kostenneutral, wenn nicht kostensparend. Ich sehe deshalb keinen Grund, diesem Gesetz die Zustimmung zu versagen, und wünschte, wir hätten mehr solche Gesetze. ({1})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Pauli.

Günter Pauli (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001683, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fragen der Verkehrssicherheit haben bei uns nach wie vor eine hohe Priorität. Wir sind deshalb der Auffassung, daß wir uns diesem Bereich mit allem Ernst widmen müssen. Hier kann es nicht um Effekte vordergründiger Art gehen, hier kommt es darauf an, die Erfolge der letzten Jahre konsequent fortzuführen. ({0}) Noch 1970 hatten wir in der Bundesrepublik Deutschland 19 193 Verkehrstote zu beklagen. Bis 1981 konnte die Zahl auf 11 647 gesenkt werden, und das bei einer immer noch steigenden Motorisierung. Aber, meine Damen und Herren, das sind immer noch 11 647 Verkehrstote zuviel. ({1}) Unsere Bemühungen um mehr Sicherheit im Verkehr wären sinnlos, wenn sie nicht erstens die ständige Reduzierung der tödlichen Unfälle, zweitens die Reduktion des Risikos für alle Straßenbenutzer und drittens einen noch stärkeren Schutz für Kinder und alte Menschen zum Ziel hätten. Deshalb sind wir der Auffassung, daß die Zahl der VerkehrsPauli opfer, die fast eine halbe Million Verletzten und der hohe volkswirtschaftliche Schaden nicht hingenommen werden können. Die Höcherl-Kommission hat dies in ihrem Bericht nachdrücklich unterstrichen. Das Verkehrszentralregister und seine Reform können dabei nur ein Punkt von vielen im Verkehrssicherheitsprogramm sein. Ich glaube, nach allgemein unbestrittener Auffassung hat die Flensburger Zentralkartei eine verkehrssicherheitspolitische Aufgabe wahrzunehmen, nämlich die Autofahrer herauszufiltern, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, daß sie für unseren Straßenverkehr eine zu hohe Gefährdung darstellen. Wir alle haben aber sehen müssen, daß das Verkehrszentralregister in Flensburg diese Aufgabe in den letzten Jahren immer unvollkommener erfüllen konnte. Die fast 5 Millionen Registrierten, die Zahl der steigenden Eintragungen und dagegen die geringe Zahl der Fahrerlaubnisentziehungen auf Grund dieses Registers sprechen eine deutliche Sprache, meine Damen und Herren. Eine Reform ist also hier unbestritten. Deshalb hat sich die öffentliche Diskussion diesem Thema seit langem gewidmet, und die Fachleute haben sich bemüht, zu einer adäquaten Lösung zu kommen. Diesen Bemühungen entspricht der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf nicht. ({2}) Was Sie hier tun, meine Damen und Herrn der neuen Koalition, ist meines Erachtens nur Effekthascherei und läßt jegliche Verkehrssicherheitskonzeption auch nur in Ansätzen vermissen. ({3}) Die Anhebung der Eintragungsgrenze kann doch nur ein Punkt von vielen sein. ({4}) Wenn wir uns mit dem Komplex von Verwarnungs- und Bußgeldern befassen, dann kommen wir auch nicht um die Behandlung von Fragen wie z. B. die Kennzeichenanzeigen herum. ({5}) In dieser Hinsicht tut sich bei Ihrem Gesetzentwurf gähnende Leere auf. Diese Leere ist erschreckend angesichts der Tatsache, daß noch unter der Regierung Schmidt der Verkehrsminister Hauff den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten, des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze in die parlamentarische Beratung eingebracht hat. ({6}) Haben Sie, meine Damen und Herren, eigentlich nicht mehr vor, diesen Gesetzentwurf und die darin enthaltene Konzeption zu verfolgen? Herr Kollege Straßmeir hat heute morgen hier sehr vage erklärt, was mit diesem Entwurf geschehen soll. Wir sind der Meinung, daß dieser Entwurf hätte weiterberaten werden können. ({7}) In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung unter Helmut Schmidt war vorgesehen, daß erst bei einem Bußgeldbetrag von mindestens 120 DM in Flensburg eingetragen werden soll. ({8}) Wir hätten hierin keine Gefährdung der Verkehrssicherheitspolitik, aber vor allem ein Weniger an Gängelei der Autofahrer gesehen, um hier ein Wort des neuen Verkehrsministers aufzugreifen. ({9}) Wenn es um die Freiheit der Autofahrer geht, war die Union bisher immer sehr groß. Die Gurtmuffel, deren Verhalten für ihr Leib und Leben gefährlich ist, sollen unangetastet bleiben, während in anderen, nicht so bedeutenden Bereichen wie dem hier zur Diskussion stehenden mit höherer Reglementierung durchgegriffen werden soll. ({10}) Wer soll das verstehen, meine Damen und Herren? Mit einer Verkehrssicherheitskonzeption aus einem Guß hat dies nichts zu tun. ({11}) Dies alles ist ein sinnloser Torso, der nicht nur für Fachpolitiker, sondern auch für die Autofahrer in unserem Land völlig unverständlich sein wird. ({12}) Ich bin der Auffassung, daß die Fragen der Verkehrssicherheit aus dem politischen Tagesgeschäft herausgehalten werden sollten. Dafür sind diese Fragen viel zu ernst. Die Verkehrssicherheit bleibt bei Ihrem Vorgehen auf der Strecke, und daran dürfte niemand Interesse haben. ({13}) Ich kann daher nur feststellen: So, wie Sie vorgehen, wird nun auch in der Verkehrssicherheitspolitik in großer Eile Stückwerk betrieben. Ich bestreite nicht, daß die Anhebung der Eintragungsgrenze eine notwendige Maßnahme in einem umfassenden Maßnahmenbündel ist. Dies war j a auch ein wesentlicher Teil in dem Gesetzentwurf des sozialdemokratischen Verkehrsministers Hauff. Wenn auch nicht ohne Bedenken - die ich auf Grund der Kürze der zugemessenen Zeit nur anreißen konnte - akzeptieren wir die Anhebung der Eintragungsgrenze von 40 auf 80 DM.

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Herr Abgeordneter, der Abgeordnete Feinendegen will Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Sind Sie einverstanden?

Günter Pauli (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001683, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe nur kurz Zeit. Ich bitte, mich ausreden zu lassen. ({0}) Keinesfalls können wir Ihr weiteres Vorgehen unterstützen, wonach alle anderen von unserer Regierung vorgesehenen und auch notwendigen Maßnahmen auf der Strecke bleiben. Wir werden daher in den weiteren Beratungen unsere Vorstellungen einbringen, und zwar auf der Basis des Gesetzentwurfs, der dem Bundesrat ja schon zur Beratung vorgelegen hat. Unsere Vorstellungen werden wir wieder einbringen, um aus Ihrer Flickschusterei doch noch ein vertretbares Konzept zu entwickeln. ({1}) Die SPD-Fraktion stimmt der Überweisung des Gesetzentwurfs zu. ({2})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Riemer.

Dr. Horst Ludwig Riemer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001848, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin gespannt, ob wir es diesmal schaffen werden, vor Ende der Legislaturperiode wenigstens eine Teilreform des Verkehrszentralregisters zu verwirklichen. Die Diskussion dauert lange genug. Das Problem ist von allen Seiten beleuchtet worden. Es gab in der vorigen Legislaturperiode schon einen Gesetzgebungsanlauf. Was uns jetzt vorliegt, ist unbestritten sicher bescheidener und weniger als der damalige Gesetzentwurf, aber deswegen, was die Durchsetzung betrifft, vielleicht um so realistischer. ({0}) Die Erfahrungen mit dem bisherigen Registersystem zwingen uns ganz einfach zum Handeln. Wir dürfen nicht länger warten. ({1}) Dieses Registriersystem droht trotz steigenden Verwaltungsaufwands wirkungsloser zu werden. Ja, es ist wahrscheinlich sogar gefährlich. Das Wachsen der Zahl der Registrierten, die hier schon genannt worden ist, auf 5 Millionen - das sind 10 Millionen Eintragungen - mit der Konsequenz von nur 5 000 Führerscheinentziehungen zeigt ganz deutlich, daß hier etwas nicht stimmt. Nur darf man daraus nicht den Schluß ziehen: Das Ding muß weg. Das wäre zu einfach und auch ein gefährlicher Rückschritt in Sachen Verkehrssicherheit. Wenn dieses Zentralregister nur staatliche Gängelei wäre, würde uns, den Liberalen, die Entscheidung nicht schwerfallen. Denn in unserem Bemühen, staatlichen Bürokratismus auf Null zu bringen, lassen wir uns so schnell nicht überholen. ({2}) Worum geht es? Es geht um das Ziel Verkehrssicherheit. Es geht um den Schutz erheblicher Sachwerte, und es geht um den Schutz der wichtigsten individuellen Rechtsgüter Gesundheit und Leben. Ganz sicher kann man über eine Registrierung herausfinden, wer als Autofahrer ungeeignet ist. Das Registriersystem hat mit der Drohung seiner Rechtsfolgen auch Abschreckungswirkung und wirkt deswegen, was die Disziplin im Verkehr betrifft, vorbeugend. ({3}) Die Frage ist aber: Steht der Verwaltungsaufwand im richtigen Verhältnis zum Erfolg? Wenn ich von Verwaltungsaufwand spreche, rechne ich dazu auch die Belastung der Gerichte, durch deren Anrufung viele die Eintragung zu vermeiden versuchen. Es stellt sich die Frage: Ist der Eingriff in die Rechtssphäre so vieler Bürger, nämlich 5 Millionen, erforderlich, um 3 % Ungeeignete herauszufinden? Die weitere Frage ist: Ist das Instrument der Registrierung nicht durch Inflationierung stumpf geworden? Ein Weiteres. Mehrere ganz leichte Verstöße, die jetzt noch eingetragen werden, sind im Hinblick auf das Ziel Verkehrssicherheit nicht miteinander gleichwertig einem schweren Verstoß; sie sollten hier unterschieden werden. Die Gleichsetzung von mehreren leichten Verstößen mit einem schweren ist wahrscheinlich sogar ungerecht. Alle diese Schwachstellen kann man in ihren Auswirkungen zumindest mildern - ich will nicht sagen, daß man sie ganz beseitigen kann -, wenn die Eintragungsgrenze heraufgesetzt wird. Wir hätten es gern gesehen, meine Damen und Herren von der SPD, wenn wir die Grenze auf 120 DM heraufsetzen könnten. Aber wir haben die Vorentscheidung des Bundesrats, die wir beachten müssen, wenn wir das Gesetz jetzt noch durchbringen wollen. 120 DM als Grenze hätten deutlichere Verbesserungen gebracht als die 80 DM jetzt. Aber auch die Heraufsetzung auf 80 DM ist schon ein Fortschritt - bis zu einem Drittel der Eintragungen fällt weg. Das bedeutet geringeren Verwaltungsaufwand und Konzentration auf die Verstöße, die wirklich gefährlich sind oder jedenfalls deutlicher zeigen, wer nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Es bedeutet auch die Aufwertung des Systems durch Abbau der Eintragungsinflation. Das führt zu größerer Akzeptanz beim Bürger. Es wirkt in seiner Vorbeugung jedenfalls überzeugender, weil es einsichtiger ist, was übrigens für das allgemeine Verhältnis von Bürger und Staat nicht ohne Bedeutung ist. Systeme wie das Verkehrszentralregister, das immerhin 5 Millionen Personen erfaßt, solche Systeme, die ins totale Erfassen expandieren - wir haben davon ja mehrere - erscheinen jedes für sich ungefährlich, ja nützlich; zusammen könDr. Riemer nen sie aber für die Freiheit dennoch bedrohlich sein. Meine Damen und Herren, tun wir etwas, damit sich das Registriersystem nicht zu einer Riesenkrake entwickelt, die uns bald alle in ihren Fängen hält. ({4}) Wir müssen nicht jedes Fehlverhalten im Verkehr perfektionistisch einsammeln und aufbewahren. Machen wir das Register zu einem wirkungsvollen Sieb für Verkehrsrowdies. Die aber, meine Damen und Herren, müssen in diesem Sieb auch hängen bleiben. Dieses Gesetz kann, je nachdem, wie es sich auswirkt, ein Anfang zu einer umfassenderen Reform werden, und so sollten wir es auch sehen. Die Diskussion zu diesem Thema ist damit sicher noch nicht abgeschlossen. Aber wir sollten alles tun, um zu erreichen, daß dieser Entwurf noch in dieser Legislaturperiode Gesetz wird. ({5})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 9/2201 an den Ausschuß für Verkehr zu überweisen. Ist das Haus mit der vorgeschlagenen Überweisung einverstanden? - Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen. Ich rufe den Punkt 4 der Tagesordnung und den Zusatzpunkt 2 zur Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Pfeffermann, Lintner, Bühler ({0}), Linsmeier, Merker, Dr. Riemer, Rösch, Funke, Frau Noth, Timm und der Fraktionen der CDU/CSU und FDP Bessere Bedingungen für den CB-Funk - Drucksache 9/2125 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Bessere Bedingungen für den CB-Funk - Drucksache 9/2195 Überweisungsvorschlag: Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen Meine Damen und Herren, im Ältestenrat sind eine gemeinsame Beratung des Punktes 4 der Tagesordnung und des Zusatzpunkts 2 zur Tagesordnung und ein Beitrag bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart worden. Ich darf Sie fragen, ob Sie damit einverstanden sind. - Ich stelle Ihre Zustimmung fest. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Dies ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Lintner.

Eduard Lintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was unter der alten Regierungskoalition lange gewährt hat, wird nun bei der neuen Koalition schnell gut. Zwei Anträge mit dem Anliegen „bessere Bedingungen für den CB-Funk" wurden bereits abgelehnt. Jetzt liegt der dritte Antrag vor. Seit dreieinhalb Jahren setzen wir uns von der Fraktion der CDU/CSU beharrlich für die Verbesserung beim CB-Funk ein. Leider sind sie bisher letztendlich immer an der starren und restriktiven Haltung der SPD-Postminister gescheitert. Wir aber waren und sind uns in dem Ziel einig, den CB-Funk als ein interessantes und auch wertvolles Hobby zu sehen. Wir wollen seine Ausübung fördern und unterstützen, auch wegen seiner wichtigen gesellschaftlichen Funktionen. Ich nenne hier nur zwischenmenschliche Kontakte, Notrufweitergabe usw. Wie ich aus einem Antrag der SPD-Fraktion von vorgestern sehe, versuchen die Damen und Herren von der Opposition quasi in letzter Minute auf den bereits abgefahrenen Zug der Regierungskoalition noch aufzuspringen. Auf einen solchen Antrag haben wir als damalige Opposition dreieinhalb Jahre vergeblich gehofft. Aber auch jetzt bleibt Ihr Antrag, meine Damen und Herren, weit hinter dem zurück, was wir an Verbesserungen durchsetzen wollten. Es wäre deshalb besser und sachgerechter und würde dem CB-Funk sicher mehr dienen, wenn Sie einfach dem weitergehenden Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmten. Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den einzelnen Punkten unseres Antrages. Erstens schlagen wir den endgültigen Verzicht auf die Pilottonsperre vor. Sie wird, weil das Gespräch zwischen Feststationen nicht mehr verboten sein wird, nicht mehr gebraucht. Experten hatten sie ohnehin als das - so wörtlich - „Hirnverbrannteste, das die Funkwelt je auf diesem Gebiet erlebt hat", bezeichnet. Außerdem ist die bisherige Praxis des bloßen befristeten „Möglichbleibens" des Fest-Fest-Verkehrs unbefriedigend, weil dabei das grundsätzliche Gebot aufrechterhalten bleibt. So würde an der von uns und den CB-Funkern als völlig unangemessen empfundenen Kriminalisierung nichts geändert werden. Auch eine einmalige Negativleistung der früheren Regierung! Denn kein Land innerhalb der CEPT ist bisher auf die Idee einer solche Sperre gekommen. Der Bundesminister sollte nunmehr den endgültigen Verzicht umgehend erklären. Zweitens. Damit einhergehen muß nach unserer Auffassung die Zulassung des Sprechfunkverkehrs zwischen Feststationen ohne Wenn und Aber. Wenn nach eigenen Angaben der Deutschen Bundespost zwischen 80 % der Feststationen tatsächlich gesprochen wird, so zeigt sich, wie unsinnig das Verbot ist. Längst dürfte sich erwiesen haben, daß dadurch der übrige Funkverkehr nicht gestört wird; deshalb ist es höchste Zeit, den Fest-Fest-Verkehr endlich zuzulassen. Ein Verbot, das praktisch nicht kontrolliert werden kann und bei dem eine Zuwiderhandlung deshalb auch keine Konsequenzen nach sich zieht, macht den Staat nur lächerlich. Im übrigen kann ich in den CEPT-Bestimmungen nirgends etwas finden, wonach Fest-Fest-Verkehr verboten sein soll. Drittens sehe ich auch keinen Grund, den deutschen CB-Funkern weiterhin die Erweiterung der Zahl der Kanäle auf 40 vorzuenthalten. In Großbritannien gibt es sie bereits seit dem 1. Januar 1982, in den Niederlanden seit 1. März 1982, und in Frankreich werden sie am 1. Januar 1983 zugelassen. Sogar im kommunistischen Ungarn - man höre und staune! - gibt es 40 Kanäle. Die Bundesrepublik, die eigentlich Vorreiter hätte sein können, hinkt jetzt fast hoffnungslos hinter den Nachbarländern her. Da es ein immer wieder von der Deutschen Bundespost betontes Ziel war, „im CB-Funk auf möglichst einheitliche europäische Bestimmungen hinzuarbeiten", ist jetzt ein Nachziehen der Bundesrepublik unerläßlich geworden. Viertens. Ähnliches gilt auch für die Erhöhung der Ausgangsleistung auf 4 Watt bei der Frequenzmodulation. Großbritannien hat diese Wattzahl schon, in Frankreich wird sie ab 1. Januar 1983 verwirklicht, und die Niederlande werden in Kürze folgen. Das Argument der ehemaligen SPD-Postminister, größere Ausgangsleistungen bedeuteten auch größere Störreichweiten, ist unzutreffend. Dann müßten beispielsweise Funkamateure, die bei ihren Geräten bis zu 750 Watt Ausgangsleistung haben und auf allen Modulationsarten funken dürfen, quasi extreme Dauerstörer sein. In Wirklichkeit ist die Störhäufigkeit der CB-Funker sehr gering angesichts der großen Zahl von Gesprächen. Die Ursache liegt im übrigen meistens bei nicht einwandfrei störfest gemachten Fernseh- und Radiogeräten. Solange die CB-Geräte jedenfalls nicht manipuliert werden, braucht es auch bei höheren Ausgangsleistungen nicht zu mehr Störungen zu kommen. ({0}) Nach der 1980 erfolgten Zulassung von 22 Kanalgeräten FM mit 0,5 Watt Ausgangsleistung hat sich sehr schnell gezeigt, daß diese Geräte gar nicht absetzbar sind, weil die CB-Funker wegen der völlig ungenügenden Reichweiten diese Geräte nicht annehmen. Wenn wir hier sinnvoll handeln wollen, meine Damen und Herren, dann muß die Ausgangsleistung, wie von uns vorgeschlagen wird, auf mindestens 4 Watt erhöht werden. Im übrigen würde ein weiteres Beharren auf der ungenügenden Ausgangsleistung nur zum unerlaubten Einbau von sogenannten Nachbrennern animieren. Genau das wollen wir nicht. Die Erhöhung der Ausgangsleistung auf 4 Watt ist deshalb unabweislich. Fünftens. Die Zulassung FM/AM umschaltbar bei verminderter Trägerleistung für AM: Dies ist bereits ein, wie ich hoffe, nur vorläufiger Kompromiß. Wir hätten auch für AM lieber 4 Watt Ausgangsleistung gesehen. Die CB-Funker werden - wie wir im übrigen - sicherlich keinen überzeugenden Grund für diese Zurückhaltung sehen, höchstens den, daß unsere französischen Nachbarn ab 1. 1. 1983 auf 1 Watt bei AM gehen werden. Wir hielten diese Lösung, auch wenn sie nicht optimal erscheint, gerade noch für vertretbar um einer schnelleren Verbesserung in den übrigen Bereichen willen. Ca. 95 % der derzeitigen CB-Funker benutzen AM und wollen AM auch weiter benutzen. Ohne Zulassung von AM - das heißt Amplitudenmodulation - wäre eine Kommunikation mit den Millionen Altgerätebesitzern unmöglich. Außerdem macht auch die bessere Reichweite die Ausübung des Hobbys mit AM interessanter. Es muß deshalb weiter nach Wegen gesucht werden, wie AM für die CB-Funker attraktiver gemacht werden kann. Sechstens. Die Aufnahme von Gesprächen mit CB-Funk-Verbänden über künftige Regelungen im CB-Funk - wie beispielsweise über einen eigenen Notrufkanal oder einen automatischen Kennungsgeber - halten wir für unbedingt notwendig. Zuviel Zeit ist seitens der Post schon durch die sture Verweigerung solcher Gespräche verloren worden, und zwar zum Schaden aller Beteiligten. Wir haben in jüngster Zeit die CB-Funker aufgefordert, sich in einem Arbeitskreis zusammenzuschließen, um künftig ein akzeptabler Ansprechpartner für den Bundespostminister zu sein. Man hat uns das zugesagt, und ich hoffe, daß der erste offizielle Kontakt möglichst schnell erfolgen wird. Wir wissen, daß das weitere Schicksal unseres Antrags beim Bundespostminister liegt. Die Versäumnisse der letzten Jahre liegen bei seinen Vorgängern. Ich möchte ihn daher besonders bitten, unser Anliegen und damit die Anliegen der CB-Funker zu dem seinigen zu machen und unseren Vorschlag so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen. Daß der Antrag in der Richtung seiner Auffassung liegt, hat er bereits zu erkennen gegeben. Wir freuen uns, den CB-Funkern wieder ein Stück unnötig vorenthaltener Freiheit zur Selbstverwirklichung ermöglichen zu können. Das entspricht unserer Grundüberzeugung. Herr Bundespostminister, bitte geben Sie dem FTZ grünes Licht. ({1})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Bernrath.

Hans Gottfried Bernrath (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000161, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte ausdrücklich vorausschikken, daß bei den Themen, die wir hier zu behandeln haben, nach meiner Auffassung die Sprache auch die Bedeutung des Themas angemessen spiegeln sollte. Ich glaube, daß es sich hier um eine Sache handelt, die natürlich für die CB-Funker von Bedeutung, aber in erster Linie doch eine Aufgabe der Deutschen Bundespost ist, wobei die Kontrollfunktion hier beim Verwaltungsrat der Post liegt. Ich möchte Ihnen, Herr Lintner, auch sagen, daß unser Entschließungsantrag nur darum notwendig geworden ist - obwohl er sich j a im Ziel mit dem deckt, was Sie beantragt haben -, weil Sie in Ihrem Antrag verschweigen, daß Sie nur darum auf einen fahrenden Zug aufspringen können, weil wir den Postminister vor etwa anderthalb Jahren gebeten haben, nun seine Vorbereitungen dahin gehend zu treffen und vor allen Dingen die CEPT-Vorschriften ändern zu lassen, daß einige der Bedingungen, die möglicherweise jetzt durchgesetzt werden können, auch durchgesetzt werden. ({0}) - Ich habe gedacht, Sie wären wieder mit der „Erblast" gekommen. Wir bremsen nicht. Wir haben vor anderthalb Jahren ausdrücklich den Weg dahin geöffnet. Ich möchte Ihnen noch einmal sagen: Sie springen jetzt auf einen Zug, der unmittelbar vor der Einfahrt in den Bahnhof steht. ({1}) Es handelt sich hier um einen im Grunde auf Beweglichkeit angelegten Funk, der im Hobby wahrgenommen wird und der darum - und dabei bleibe ich auch - sich abgrenzen können muß beispielsweise gegenüber dem Amateurfunk. Auch technische Bestimmungen dienen dazu, beide Funkarten nebeneinander möglich zu machen. Derjenige, der etwa mit seinen Geräten in stärkere Leistungen kommen will, muß zu einem bestimmten Zeitpunkt auf den Amateurfunk überwechseln. Um das zu erleichtern, haben wir vor eineinhalb Jahren dazu beigetragen, daß der Bundespostminister die Prüfungsvoraussetzungen für die Teilnahme am Amateurfunk vereinfacht hat. Ich möchte ausdrücklich sagen, daß wir keinen Grund mehr sehen, über die Pilottonsperre zu sprechen. Sie ist weg. Das ist damals ja auch beschlossen worden. Ich glaube, daß jetzt formal ein Schlußpunkt gesetzt werden kann. Wir sind auch der Meinung, daß die Versuche gezeigt haben, daß FestFest-Verkehr im CB-Funk jetzt möglich ist, allerdings unter Berücksichtigung auch anderer Dienste, die im CB-Frequenzbereich liegen, beispielsweise unter Berücksichtigung der Fernseh- und Rundfunkteilnehmer, die durch die CB-Funker nicht gestört werden wollen. Jeder, der mit OB-Funkern zu tun hat, hat auch mit Leuten zu tun, die sich gestört fühlen. Ich weiß nicht, ob Sie sich darum an Ort und Stelle schon einmal haben kümmern können. Ich möchte auch ausdrücklich sagen - und das wird sich jetzt nach den zu erwartenden CEPTEmpfehlungen ermöglichen lassen -, daß die sogenannten ISM-Leistungen, also die Leistungen der Industrie, die Leistungen der Wissenschaft und der Medizin in diesem Bereich, die über CB-Funk wahrgenommen werden, nicht behindert werden dürfen. ({2}) Wir müssen alle technischen Möglichkeiten - im Sinne auch Ihrer Ausführungen, Herr Lintner - nutzen. Ich hoffe, daß die vorausgegangenen Versuche und die Bemühungen der Post, auf die CEPT dahin gehend einzuwirken, daß uns beispielsweise mehr Frequenzen zur Verfügung gestellt werden, nunmehr zu einem positiven Ergebnis führen und die Post recht bald 40 Kanäle anbietet und auch die Ausgangsleistung auf 4 Watt erhöht werden kann. Wenn es gelingt - und es sieht j a so aus; Sie haben das auch angedeutet -, daß wir 40 Kanäle bekommen, liegt das daran, daß inzwischen die CEPTEmpfehlung dahin angelegt ist. Von den künftig zur Verfügung stehenden Frequenzbändern stehen dann 13 zusätzlich für den CB-Funk zur Verfügung, die qualitativ so sind, daß damit möglicherweise die Störungen, die wir bisher in den vorhin erwähnten Bereichen immer wieder einmal hatten, abnehmen werden. Was die Ausgangsleistung angeht, sprechen wir uns ebenfalls für eine Erhöhung aus. Es bleibt aber dabei, daß über eine höhere Ausgangsleistung die Störungen auch wieder zunehmen können. Darum hier noch einmal der Hinweis auf den Amateurfunk, der geeignet ist, andere gewünschte Leistungen im Funkbereich ohne Begrenzungen aufzunehmen, und auch Möglichkeiten zu wesentlich interessanteren Betätigungen, als sie im CB-Funk möglich sind, bietet. Wir bitten Sie darum in Anknüpfung an unsere Bemühungen aus 1981, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen, weil er durch die bisherigen Bemühungen des Postministeriums untermauert ist. Ich bin überzeugt - das kann ich ohne jede Einschränkung sagen -, daß die jetzige Spitze des Postministeriums natürlich diese Vorarbeit nutzen und dann recht bald entscheiden wird. In diesem Sinne bitte ich Sie nochmals, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen. ({3})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Ich erteile dem Abgeordneten Merker das Wort.

Rolf Merker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001479, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bedeutung des Themas „Bessere Bedingungen für den CB-Funk" mag man vielleicht daran ablesen, daß wir über dieses Thema innerhalb der letzten drei Jahre zum dritten Mal hier im Plenum sprechen. Ich habe gelesen, daß in einer der früheren Debatten - ich glaube, damals war der Zeitpunkt der Debatte abends 9 Uhr - auf eine kritische Frage des Kollegen Wuttke, ob es denn wirklich angemessen sei, auch in der ersten Lesung das Parlament mit dieser Frage zu belästigen, ein zustimmender Zwischenruf des Kollegen Wehner gekommen ist, der in der Tat wohl auch signalisiert, daß es sich hierbei um ein sehr fachbezogenes Thema handelt, dessen tieferer Sinn dem einen oder anderen Kollegen in diesem Hohen Hause möglicherweise doch verborgen bleibt, zumal dann, wenn wie bei meinen Vorrednern sehr viel Fachchinesisch in die Debatte einfließt. Ich jedenfalls werde mich bemühen, dieses Fachchinesisch zu vermeiden. Ich werde Ihnen auch keine Aufklärung etwa darüber geben, was es denn mit der sogenannten Amplitudenmodulation und Frequenzmodulation und mit den Unterschieden zwischen diesen beiden nun wirklich auf sich hat, zumal mir dies eigentlich - ({0}) - Ja, das mag ja sein. Nur fehlt mir die Fähigkeit, Ihnen dies zu erklären, weil ich es selber noch nicht ganz verstanden habe. Aber da werden vielleicht die Beratungen in der nächsten Woche, die wir im Fachausschuß durchführen, noch zu weiteren gegenseitigen Aufklärungen führen können. Wir sollten uns zunächst einmal auf einige politische Grundsätze verständigen, bevor wir uns hier mit den technischen Dingen auseinandersetzen. Dabei würde ich gerne darauf hinweisen - das wäre mein erster Grundsatz -, daß es sich bei dem Wunsch nach besseren Bedingungen für den CB-Funk immerhin um den Wunsch einer recht großen Bevölkerungsgruppe handelt, denn CB-Funk ist das Anliegen einer großen Bevölkerungsgruppe. Wir können davon ausgehen, daß wir inzwischen etwa 2 Millionen Teilnehmer haben. Wir sollten also die Wünsche dieser Bevölkerungsgruppe ernst nehmen und uns auch bemühen, berechtigte Wünsche da, wo sie an uns herangetragen werden, zu erfüllen. Zweiter Grundsatz: Der CB-Funk ist inzwischen mehr als nur ein Hobby. Ich brauche nicht darauf hinzuweisen, welche positiven, welche guten Ansätze in der Hilfsbereitschaft, z. B. bei der Schneekatastrophe, die uns noch in Erinnerung ist, die CB-Funker haben nachweisen können. Wir wissen, daß sie inzwischen, z. B. bei Veranstaltungen, zu einer guten Hilfe für die Polizei geworden sind. Die Hilfsbereitschaft der CB-Funker sollte von uns allen anerkannt werden. Dritter Grundsatz: Der CB-Funk hat deshalb eine wichtige positive gesellschaftliche Funktion, weil er zu neuen Kommunikationsformen führt. Ich denke, daß insbesondere Behinderte, die sich den CB-Funk für ihre verminderten Kommunikationsmöglichkeiten zunutze machen, einen Anspruch darauf haben, daß sie von uns politische Unterstützung erfahren. Ich will die einzelnen Positionen in unserem Antrag nur kurz streifen. Zum Thema „Pilottonsperre" möchten wir die Bundesregierung auffordern, die Erfahrungen aus dem vorübergehenden Verzicht zu nutzen und diese Pilottonsperre endgültig aufzugeben. Herr Kollege Bernrath, bei der Forderung nach dem Verkehr zwischen Feststationen schließe ich mich Ihrer Auffassung an. Wir haben bereits Anfang 1981 darauf hingewiesen, daß wir uns nach einer etwa zweijährigen Erfahrungszeit diese Frage noch einmal vornehmen wollen, daß wir diese zweijährige Erfahrungszeit auswerten wollen, um dann zu entscheiden, ob dieser Verkehr endgültig zugelassen werden soll. Ich denke, die Zeit ist jetzt reif. Wir können eine entsprechende Entscheidung treffen. Zweites Stichwort: Erhöhung der Zahl der Kanäle auf 40. Auch hier liegt ein Versprechen der früheren Bundesregierung vor, nach einer Übergangszeit eine größere Anzahl von Kanälen zur Verfügung zu stellen, was im übrigen einer Empfehlung der europäischen Postminister entspricht. Wir können dabei auf die Erfahrungen im Ausland, insbesondere in Amerika, zurückgreifen und sollten auch eine entsprechende Entscheidung forcieren. Dabei muß allerdings sichergestellt sein, daß durch die höhere Anzahl der Kanäle keine zusätzlichen Störungen im Ton- und Fernsehfunk entstehen. Die Geschichte - ich darf es noch einmal sagen - mit FM und AM ist viel zu technisch, um sie vor dem Plenum zu erläutern. Ich will mir das also ersparen. Den nächsten Punkt, daß Gespräche mit den Organisationen des CB-Funks stattfinden sollen, halten wir für so selbstverständlich, daß es darüber wohl überhaupt keine Auseinandersetzung geben darf. Man kann natürlich fragen, weshalb Regelungen überhaupt erforderlich sind, weshalb überhaupt der Gesetzgeber oder der Bundespostminister sich in die Angelegenheiten der CB-Funker einmischen soll. Dazu ist darauf hinzuweisen, daß es sich eben beim CB-Funk nicht nur um ein Hobby handelt, sondern daß der CB-Funk durchaus auch eine wichtige Funktion im beruflichen Leben hat, z. B. bei der Sicherung der Baustellen. Wir alle wissen, daß hier in und um unser Haus herum der CB-Funk nicht zu Störungen führen darf, um nicht Sicherheiten zu gefährden. Es muß also das Ziel sein, erstens so wenig wie möglich zu reglementieren, zweitens die Attraktivität des CB-Funks zu fördern und drittens darauf zu achten, daß dies Ganze sich innerhalb einer internationalen Harmonisierung abwickelt. Wir werden uns bei den Beratungen von guten liberalen Grundsätzen leiten lassen, nämlich den CB-Funkern so viel Freiraum und Entfaltungsspielräume wie möglich einzuräumen. Die Grenzen sind da gesetzt, wo die Freiheiten der anderen, z. B. die der Tonrundfunk- und Fernsehteilnehmer, berührt werden können. In diesem Sinne plädiert die FDP-Fraktion für eine zügige Verabschiedung durch den Fachausschuß und das Plenum. ({1})

Heinrich Windelen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002525

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Interfraktionell und gemäß einer Vereinbarung des Ältestenrats wird vorgeschlagen, die Anträge der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP sowie der Fraktion der SPD betr. bessere Bedingungen für den CB-Funk auf den Drucksachen 9/2125 und 9/2195 an den Ausschuß für das Post- und Fernmeldewesen zu überweisen. Ist das Haus mit der vorgeschlagenen Überweisung einverstanden? - Es erhebt sich kein Widerspruch; dann ist dies so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf: Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Stand, Entwicklung und mögliche Konsequenzen der 3. Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen - Drucksache 9/1366, 9/1771 Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist für die Aussprache ein Beitrag von bis zu zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart worden. Darf ich das Haus fragen, ob es damit einverstanden ist. - Es Vizepräsident Windelen erhebt sich kein Widerspruch. Ich stelle Ihre Zustimmung fest und eröffne die Aussprache. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Kittelmann.

Peter Kittelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001106, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU bekräftigt im Rahmen dieser Diskussion ihre mehrfach geäußerte Ansicht, daß die Konvention der deutschen Interessenlage nicht gerecht wird. Die CDU/CSU-Fraktion fordert daher die Bundesregierung ausdrücklich auf, zur Zeit keine Zeichnung der Seerechtskonvention vorzunehmen. Es ist unmöglich, schon jetzt eine abschließende Bewertung der Konvention abzugeben. Die Antwort der vorherigen Bundesregierung auf die Große Anfrage beweist eindeutig, daß die Konvention vor allen Dingen auf dem Gebiet des Tiefseebergbaus selbst minimalen Anforderungen der deutschen Interessenlage nicht gerecht wird. Der Deutsche Bundestag hat mehrfach einstimmig seine Erwartung zum Ausdruck gebracht, wo er die Interessenlage sieht. Die minimalen Anforderungen mit Rücksicht auf die deutsche Interessenlage sind in keiner Weise auch nur annähernd erfüllt. Die CDU/CSU erwartet daher von der Bundesregierung, daß alle erdenklichen Möglichkeiten ausgenutzt werden, die bisherigen Verhandlungsergebnisse zu verbessern. Nach Meinung der CDU/CSU-Fraktion ist dies zur Zeit durch ein Hinausschieben der Zeichnung besser erreichbar als durch einen Beitritt zur Konvention, die bis in die letzten Tage auch von der vorherigen Bundesregierung bei der Seerechtskonferenz für nicht akzeptabel erklärt worden ist. In der kommenden Woche wird in Jamaika die Schlußzeichnung der Protokolle vorgenommen werden. Dieser eher protokollarischen Zeremonie sollten wir uns nicht widersetzen. ({0}) Danach besteht eine Frist von zwei Jahren, in der sich die Bundesregierung darüber schlüssig werden kann, ob sie die Konvention zeichnen will. Selbstverständlich liegt die Entscheidung darüber in der Verantwortung der Bundesregierung. Das Parlament wird erst bei einer eventuell anstehenden Ratifizierung im nachhinein gefordert werden. Doch ist das Parlament nicht gehindert, seiner Meinung Ausdruck zu geben. Für die CDU/CSU-Fraktion darf ich der Regierung deshalb eindeutig den Ratschlag geben, hinsichtlich der Frage, ob und wann gezeichnet wird, sehr intensive Überlegungen anzustellen und sich dabei Zeit zu lassen. Es wäre ein mehr als unverständliches Verhalten, wenn die Bundesregierung zu den ersten gehören würde, die diese Konvention zeichnen, die sie selbst bis zuletzt bekämpft hat. Die CDU/CSU-Fraktion hofft auf jeden Fall, daß die Zeit, in der schnelle Entscheidungen höher eingeschätzt wurden als qualitativ gute Entscheidungen, mit der hinter uns liegenden Regierungsbildung endgültig vorbei ist. Dies gilt auch für die Seerechtskonvention. ({1}) Die CDU/CSU hegt die Erwartung, daß auch bei Entscheidungen im Nord-Süd-Bereich Maßstab jeder Entscheidung in Zukunft die Wahrung nationaler Interessen sein wird. Dies wird die Meßlatte sein, an der wir uns orientieren. Die SPD hat hier einen Entschließungsantrag vorgelegt, der gegen ihre eigene Überzeugung ist, die sie in den letzten Jahren mit uns gemeinsam vertreten hat. Ich bitte darum, diesen Antrag zu überweisen, aber auf keinen Fall darf er die Mehrheit dieses Hauses finden, sondern muß abgelehnt werden. ({2}) Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU/CSU weigert sich, hinzunehmen, daß eine Fraktion des Deutschen Bundestages - nur wenige Tage nach den GATT-Verhandlungen in Genf, wo wir für die Erhaltung des freien Welthandels gemeinsam gestritten haben - hier Grundsätze in Frage stellt, ({3}) für die man dort eingetreten ist, und sich hier durch einen vorschnellen Beitritt in Widerspruch zu selbst aufgestellten Grundsätzen begibt. Ich darf abschließend folgendes sagen: Wir haben die Amerikaner gemeinsam bekniet, gegenüber der Konvention kritischer zu sein. Wir haben es gemeinsam erreicht, Herr Grunenberg, daß die Amerikaner über eine skeptische zu einer ablehnenden Haltung gekommen sind. Wie wirkt es denn, wenn sich die Amerikaner jetzt - mit auf unser Bemühen, auf unsere Bitte hin - heraushalten und nicht unterzeichnen und wir die ersten sind, die in Jamaika unterzeichnen? ({4}) - Herr Grunenberg, wenn Sie wollen, bringe ich Ihnen viele Zitate von Ihnen selbst in dieser Richtung. Weiterhin bitten wir auch die EG, sich zu bemühen, hier zurückhaltend zu sein. Wir freuen uns, daß große Industrienationen wie Italien, Belgien und Großbritannien ebenfalls eine sehr abwartende Haltung gegenüber der Konvention einnehmen. Deshalb fordere ich auch uns auf, diese Frage sorgfältig zu prüfen und nicht vorschnell zu sein. Ich darf zusammenfassen: Alle bedeutenden wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Institutionen raten zum jetzigen Zeitpunkt von einer Zeichnung der Konventionen ab. Die Bundesregierung wird zu prüfen haben, ob unsere Position nicht wirksamer ist, wenn wir in den sich bildenden Vorbereitungskommissionen der Seerechtskonferenz den Status eines Beobachters einnehmen. Die Bundesregierung wird zu prüfen haben, inwieweit die aus der Überbürokratie einer Weltmeeresbehörde entstehenden Finanzierungsverpflichtungen haushaltspolitisch verantwortbar sind. Und - letztens -: Maßstab jeglichen Handelns, jeglicher außenwirtschaftlicher Entscheidung im Nord-Süd-Bereich muß die Wahrung unserer nationalen Interessen sein. Daran wird die CDU/CSU ihre Politik auch bei dieser Frage orientieren. ({5})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Grunenberg.

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach neunjährigen Verhandlungen hat die 3. UN-Seerechtskonferenz ihre Arbeit beendet und eine Seerechtskonvention vorgelegt. Damit hat die Völkergemeinschaft die ihr gestellte Aufgabe, eine völlige Neuordnung des Meeresvölkerrechts vorzunehmen, das geltende Völkerrecht den Entwicklungen, die sich bereits vollzogen haben, anzupassen und weiteren aquatorialen Zugriffen von Küstenstaaten einen Riegel vorzuschieben, bewältigt. Auch der Schwierigkeit, das Meer und seine Ressourcen als „gemeinsames Erbe der Menschheit" in juristische Normen zu fasssen, hat sich diese Konferenz unterzogen. Daß dabei nicht alle Interessen - auch unsere nicht - berücksichtigt werden, ist hier festzuhalten. Es geht jetzt um die Feststellung negativer und positiver Aspekte der Konvention und um unsere weitere Haltung zur Konvention. Dies ist die Kernfrage, vor deren Beantwortung wir uns nicht drücken können. 130 Staaten haben für die Feststellung der Konferenzergebnisse gestimmt. Vier Staaten, die USA, die Türkei, Israel und Kolumbien, haben aus unterschiedlichen Gründen dagegen gestimmt. Stimmenthaltung übten neben den Staaten des Ostblocks - allerdings ohne Rumänien - Großbritannien, Italien, die Niederlande, Belgien, Spanien, Thailand und die Bundesrepublik. In einer Abstimmungserklärung ist die Haltung der Bundesrepublik Deutschland bezüglich der Zeichnung und Ratifizierung der Konvention offengehalten worden. In der Antwort der Bundesregierung Drucksache 9/1771 auf die Große Anfrage der CDU/CSU verschwieg die sozialliberale Bundesregierung nicht die Schwachstellen der Konvention, insbesondere hinsichtlich der Regeln über das Meeresbodenregime. Die aufgeführten Bedenken, die im wesentlichen ordnungspolitischer Art sind, werden von uns nicht übersehen. Sie sind zwar nur ein Teilaspekt in der Beurteilung der Konvention, werden aber in der öffentlichen Diskussion, insbesondere von Ihnen, meine Herren von der CDU/CSU, unangemessen hervorgehoben. Der Tiefseebergbau als Zukunftstechnologie ist sicherlich bedeutsam, aber es darf nicht vergessen werden, daß es in der Schlußphase der Verhandlungen gelungen ist, hierzu noch wesentliche Verbesserungen durchzusetzen. Ich verweise auf die Resolutionen I und II. ({0}) - Machen Sie Ihre Schularbeiten, Herr Kittelmann! Dann können Sie es darin lesen. ({1}) Bei einer Abwägung dieses Teils mit den übrigen Regelungen der Konvention ist die SPD-Fraktion der Auffassung, daß die sicherheitspolitischen Aspekte zufriedenstellend geregelt sind, Schifffahrtsfreiheiten und Überflugfreiheiten gewahrt bleiben, die Umweltschutzbestimmungen wegweisend sind, für die Fischerei der Status quo ante nicht wieder herbeizuführen ist - andernfalls hätten wir auf diesem Gebiet Illusionen -, durch eine aktive Meeresforschungspolitik einengende Auswirkungen überwunden werden können und Ansätze zu einer Ausweitung der Zusammenarbeit mit anderen Staaten in der Meeresforschung gefunden werden müssen, die Streitbeilegungsbestimmungen zur Konfliktverhütung beitragen können, die Einrichtung des internationalen Seerechtsgerichtshofs in Hamburg einen großen außenpolitischen Erfolg darstellt und schließlich die EG-Kommission den Mitgliedstaaten die Zeichnung empfiehlt. Die Entwicklung zum 12-Seemeilen-Küstenmeer, der 200-Seemeilen-Wirtschaftszone und der Nutzung des Festlandsockels bis zu 350 Seemeilen durch die Küstenstaaten ist nicht mehr zurückdrehbar. Die Konvention dagegen wird hier weitergehende Entwicklungen stoppen. Übrigens hat die Bundesrepublik bereits 1969 beim internationalen Gerichtshof ein obsiegendes Urteil wegen ihres Anspruchs auf die Festlandsokkelnutzung nach Billigkeitsprinzip erwirken müssen, weil sich bei der zweiten Seerechtskonferenz die damalige Bundesregierung ebenfalls „weise Zurückhaltung" auferlegt und dabei erfolgversprechende Verhandlungspositionen aufgegeben hatte. Merkposten: Seit diesem IGH-Urteil ist die Festlandsockeldoktrin nicht mehr Fiktion, sondern völkerrechtliches Faktum. Wie Sie wissen, besagt die Doktrin: Nutzung des Meeresbodens bis zur 200Meter-Tiefenlinie oder bis zur technischen Ausbeutbarkeit. Die deutsche Industrie wird im Rahmen ihrer Konsortialbeteiligung in der zur Konvention gehörenden Resolution II als Pionierinvestor im Tief seebergbau anerkannt. Eben das wird von der neuen Mehrheit in diesem Hause entweder nicht begriffen oder bewußt verdrängt. Interessant ist dabei, daß es hier einen deutlichen Gegensatz zwischen dem Außenminister und dem Wirtschaftsminister gibt. In der nächsten Woche wird die Schlußakte auf Jamaika gezeichnet und anschließend die Konvention zur Zeichnung aufgelegt werden. Die Zeichnung verschafft die Möglichkeit, mit Sitz und Stimme in der Vorbereitungskommission vertreten zu sein. Der Unterzeichner der Schlußakte hat dagegen lediglich die Rolle des Beobachters. Da die Kommission aus dem UN-Haushalt finanziert wird, bezahlen wir sie in jedem Fall mit. Ich erinnere an die Resolution I Abschnitt 14; da steht es drin. Es dürfte doch klar sein, daß Sitz und Stimme größeres politisches Gewicht bedeuten, als lediglich zu beobachten. Wenn schon Bedenken gegen das Meeresbodenregime bestehen, dann müßte doch eigentlich einsichtig sein, daß an der AusforGrunenberg mung rechtlicher und technischer Regeln für den Tiefseebergbau mit Entscheidungsbefugnis mitzuarbeiten sinnvoller ist, als sich diese Regeln letztendlich überstülpen lassen zu müssen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kittelmann? - Wenn Sie bitte ans Mikrophon gehen würden, Herr Kollege.

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin, wir haben nur zehn Minuten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ja, die haben Sie nur.

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist das Bedauerliche, daß wir eine Große Anfrage der CDU/CSU im Rahmen einer Kurzdebatte in Zehn-Minuten-Beiträgen abhandeln müssen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte schön, Herr Kittelmann.

Peter Kittelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001106, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Grunenberg, sind Sie bereit, mir zuzugeben, daß Sitz und Stimme der Bundesrepublik Deutschland in den bisherigen Verhandlungen über die Seerechtskonvention nichts daran geändert haben, daß es zu den negativen Ergebnissen gekommen ist, die wir jetzt gemeinsam beklagen?

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Kittelmann, lesen Sie doch einmal genau die beiden Resolutionen, die Geschäftsordnung, die vorgeschrieben ist für die Vorbereitungskommission, und andere Dinge, die da drinstehen, dann werden Sie feststellen, daß wir eine ganze Menge dessen, was Sie gerade zum Tiefseebergbau beklagen, verändern können. Es geht hier um das Consensus-Verfahren auch in diesem Bereich. Ich halte das jedenfalls für praktikabler, als daß man sagt, wir wollen eine vierte Seerechtskonferenz, wie Sie es wahrscheinlich wollen. Meine Damen und Herren, wenn die Bundesregierung die Absicht hat, die Zeichnungsfrist von zwei Jahren auszuschöpfen, eine Politik des leeren Stuhls zu betreiben - und dies angesichts bestehender Interessen im Tiefseebergbau -, dann ist eine solche Politik nach unserer Meinung in höchstem Maße fahrlässig, außenpolitisch fahrlässig, entwicklungspolitisch fahrlässig, aber auch wirtschaftspolitisch fahrlässig. Daß damit auch der Sitz Hamburg für den Internationalen Seerechtsgerichtshof gefährdet ist, versteht sich von selbst. Das Auswärtige Amt hat kürzlich im Auswärtigen Ausschuß erklärt, daß es aus den eben genannten Gründen für die Zeichnung sei. Der Wirtschaftsminister hält dagegen. Er hat sich anscheinend durchgesetzt. Es gab da wohl einen gräflichen Wadenbiß. Die Frage ist allerdings, ob man im Bereich des Tiefseebergbaus den freien Welthandel beschwören muß, wenn es möglicherweise nur darum geht, daß derjenige, der Technik und Finanzkraft hat, die Ressourcen nützt, der, der nichts hat, aber eben auch nichts bekommt. Dies ist jedenfalls der Eindruck, den die Dritte Welt durch unsere abwartende Haltung bekommen muß. Im übrigen darf nicht unerwähnt bleiben, daß es die USA waren, die bis Anfang 1981 den Text der Konvention auch gerade im Meeresbodenteil wesentlich geprägt haben. Die wirtschaftspolitische Philosophie des US-Präsidenten Reagan hat den Schwenk verursacht. Daß diese Wende auch in den USA nicht unumstritten ist, kann man aus einem Aufsatz des ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der letzten US-Delegation, Leigh S. Ratiner, entnehmen, der im Sommer 1982 in „Foreign Affairs" veröffentlicht wurde. Zusammenfassend stelle ich fest: Erstens. Die SPD-Bundestagsfraktion ist aus wohlerwogenen Gründen der Meinung, daß es im nationalen Interesse ist, die Konvention zu zeichnen. Zweitens. Die Bundesrepublik sollte von Anfang an Sitz und Stimme in der Vorbereitungskommission haben. Drittens. Wir erwarten, daß sich die Bundesregierung mit der Zeichnung um den Vorsitz in einer der Unterkommissionen bemüht. Viertens. Wir empfehlen der Bundesregierung, die Vorbereitungskommission personell und fachlich hochkarätig zu besetzen. Fünftens. Wir sind der Auffassung, daß unsere Interessenlage eine andere ist als die der USA und auch als die Großbritanniens, deren aquatoriale Zugewinne die Größe Europas übersteigen und auf die sie nicht verzichten werden. ({0}) - Haben die auch nicht nötig, die haben doch genug. ({1}) - Na, das ist doch so. Sehen Sie sich einmal den Falkland-Konflikt an! Wollen wir das mitmachen? Sechstens. Wir weisen darauf hin, daß der Seerechtsgerichtshof in Hamburg nicht nur ein Gewinn für die Hansestadt ist, sondern auch für die Bundesrepublik Deutschland und daß der Sitz einer UN-Behörde in der Bundesrepublik Deutschland ein Ausdruck des Vertrauens ist, das uns entgegengebracht wird, nicht zuletzt auf Grund der Friedens-und Entspannungspolitik der sozialdemokratisch geführten Bundesregierungen der letzten 13 Jahre. ({2}) - Herr Kollege Kittelmann, wir befürchten, daß die Nichtzeichnung der Konvention innerhalb der Völkergemeinschaft Zweifel an unserer echten Bereitschaft zu einer vertrauensvollen, auf Gerechtigkeit aufgebauten Zusammenarbeit mit anderen Völkern aufkommen läßt. Konstruktive Mitarbeit auf allen Gebieten, besonders auf denen, wo wir Weltgeltung genießen, wird auch uns zu den Gewinnern der III. UN-Seerechtskonferenz machen, auch wirtschaftlich. ({3}) Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, ich erinnere Sie an eine ähnliche außenpolitische Fehleinschätzung, als nämlich die CDU/CSU 1975 die Zeichnung der KSZE-Schlußakte von Helsinki sogar massiv bekämpfte. ({4}) Deshalb fordern wir die Bundestagsfraktionen auf, der vorgelegten Entschließung auf Drucksache 9/2194 zuzustimmen, um zu den ersten 50 Zeichnerstaaten zu gehören. Abschließend und dick unterstrichen: Die SPD-Fraktion bescheinigt unserer Verhandlungsdelegation ausdrücklich, daß sie im Rahmen dieser Marathon-Konferenz alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, bundesdeutsche Interessen durchzusetzen, nicht selten gegen den Rest der Welt. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit. ({5})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Abgeordnete Funke.

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den vergangenen neun Jahren hat der Deutsche Bundestag die Arbeiten der Bundesregierung in der 3. UN-Seerechtskonferenz aufmerksam begleitet und auch nachhaltig unterstützt. So waren Abgeordnete aller Fraktionen dieses Hauses in der Seerechtsdelegation vertreten. Bis zum heutigen Tage, Herr Kollege Grunenberg, wurden die seerechtlichen Positionen im gemeinsamen Interesse aller Fraktionen von allen politischen Kräften im Bundestag unterstützt. ({0}) Ich darf in diesem Zusammenhang auf vier gemeinsam erarbeitete und verabschiedete Entschließungen hinweisen. Ich meine, wir sollten diese gemeinsame Position in Interesse der Bundesrepublik Deutschland und auch im Interesse unserer Küstenländer in Norddeutschland nicht ohne Not aufgeben. Auf Grund unserer objektiv schwierigen Ausgangslage haben wir, Herr Kollege Grunenberg, die Bundesregierung darin ermuntert, den von uns über alle Jahre hinweg als unbefriedigend bezeichneten Verhandlungsstand zu verbessern. Das ist uns bedingt insoweit gelungen, als wir zunächst die USA veranlassen konnten, die Konvention, die ja schon vor zwei Jahren fast unterschriftsreif in der UNO vorlag, erneut zu überprüfen. Diese Revisionsbemühungen der USA sind dann im Ergebnis zwar nicht sehr erfolgreich gewesen, aber sie haben doch immerhin partielle Verbesserungen gebracht. Generelle Verbesserungen jedoch, die wir in einer Beschlußempfehlung vor der letzten Session am 11. Februar 1982 hier gemeinsam gefordert haben, konnten nicht mehr durchgesetzt werden. Daher war es auch völlig logisch ({1}) - ich komme dazu, Herr Kollege Grunenberg -, daß sich unsere Regierung bei der abschließenden Abstimmung am 30. April 1982 in der UNO der Stimme enthalten hat. Meine Damen und Herren von der Opposition, mit Ihrem Entschließungsantrag fordern Sie uns auf, heute bereits eine Festlegung für die Zeichnung der Konvention in der nächsten Woche in Jamaika vorzunehmen. Das, obwohl diese Zeichnungsfrist erst in der nächsten Woche beginnt und die Zeichnung immerhin für zwei Jahre offen ist und wir uns weiterhin an den Verhandlungen beteiligen können. Inzwischen wissen wir von einigen Partnerländern, daß sie sich endgültig für oder gegen eine Zeichnung aussprechen. Auf der anderen Seite wissen wir aber auch ganz genau, daß einige Länder noch sehr unentschieden sind: Großbritannien, Belgien usw., vor allem auch wichtige EG-Länger, die gesagt haben, sie wollten sich erst noch in Ruhe ansehen, wie die Entwicklung verläuft, wie insbesondere die unbefriedigenden Teile endgültig geregelt werden. Angesichts der sehr komplexen Verhandlungsmaterie stehen wir bei einer Gesamtbewertung in der Tat vor der Schwierigkeit, die Vor- und Nachteile der neuen Regelungen hinsichtlich der einzelnen Teilbereiche der Meeresnutzung politisch und ökonomisch wie auch im Verhältnis vor allem zu unseren Partnerländern richtig zu gewichten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Grunenberg, Herr Abgeordneter?

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte schön.

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Funke, sind Sie der Meinung, daß es falsch war, sich um den Sitz des Seegerichtshofs in Hamburg zu bemühen, bevor man weiß, was in der Konvention steht?

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich habe Ihre Frage teils akustisch, teils intellektuell nicht ganz aufnehmen können. Sind Sie so freundlich, sie zu wiederholen? ({0}) - Genau; das ist das Problem.

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, sind Sie der Meinung, daß es falsch war, sich zuerst um den Sitz des Seegerichtshofs zu bemühen und nachher festzustellen, daß die ganze Konvention auf gut deutsch Käse ist?

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Nein. Herr Kollege Grunenberg, Sie wissen, daß ich mich selbst außerordentlich stark darum bemüht habe, daß der Seegerichtshof nach Hamburg kommt. Ich war auch bei der entscheidenden Sitzung in Genf dabei, genauso wie Sie, Herr Kollege. Wir haben uns beide gemeinsam darum bemüht. Insoweit können Sie sicherlich nicht unterstellen, daß wir nicht gemeinsam genügend getan hätten. Sowohl Sie als auch ich haben allen Delegationen, die wir kontaktiert haben, gesagt: Die Wahl, die unter Umständen auf Hamburg fällt, darf nicht dazu führen, daß wir in der Frage präjudiziert sind, ob wir die Seerechtskonvention zeichnen oder nicht. Das haben Sie aber auch gesagt. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Jens?

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich komme etwas in Zeitverdrükkung.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich gebe Ihnen diese Minute mehr, Herr Kollege.

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Danke.

Prof. Dr. Uwe Jens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Funke, da Sie offenbar auch dafür sind, daß der Seegerichtshof nach Hamburg kommt: Sind Sie denn nicht auch der Meinung, daß es dann sinnvoll ist, die Konvention zu zeichnen, damit wir eine Stimme bekommen und konkret an der Ausgestaltung mitwirken können, damit Hamburg den Seegerichtshof bekommt? ({0})

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Dr. Jens, Sie werden gleich aus meinen Ausführungen ersehen, daß ich gemeinsam mit allen Fraktionen hier im Bundestag die Vor- und Nachteile genau abwägen möchte, die sich aus dieser Seerechtskonvention ergeben. Dann muß entschieden werden. Wenn die Nachteile überwiegen, muß man auch in Kauf nehmen, daß Hamburg nicht Sitz des Seegerichtshofs wird. Das ist doch ganz klar. Wenn überwiegende nationale Interessen berührt sind, kann ich doch selbst als Hamburger Abgeordneter, so leid es mir tut, nicht für die Seerechtskonvention sein. Das ist doch ganz klar. Das sehen Sie, Herr Dr. Jens, sicherlich nicht anders. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage.

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Natürlich.

Prof. Dr. Uwe Jens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Funke, können Sie mir vielleicht bestätigen, daß das Hamburger Weltwirtschafts-Archiv die Vor- und Nachteile sehr sorgfältig untersucht hat und daß dieses weltweit anerkannte wissenschaftliche Institut zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Vorteile die Nachteile überwiegen und daß wir deshalb zeichnen sollten?

Rainer Funke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000624, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Dr. Jens, das kann ich Ihnen so nicht bestätigen. ({0}) Die Wirtschaftsforschungsinstitute, insbesondere das Kieler Institut, haben vor wenigen Tagen ({1}) - ich komme gleich dazu - die Vor- und Nachteile sehr sorgfältig abgewogen. Im Zusammenhang mit Kapitel XI - Tiefseebergbau - sind alle Institute der Meinung - auch das Hamburger Institut -, daß die Nachteile bei weitem überwiegen. Die Hamburger messen dem Seeverkehr ähnlich wie ich eine ganz große Bedeutung bei. Sie meinen im übrigen wie ich, daß diese Seeverkehrsseite befriedigend geregelt ist. Das macht unterschiedliche Schwerpunkte deutlich. Ich sage ja: Wir müssen ganz genau gewichten, auch im Verhältnis zu unseren Partnerländern. Wenn die USA nicht zeichnen, wenn Großbritannien nicht zeichnet, wenn Belgien nicht zeichnet, wenn Italien nicht zeichnet, dann hat das ein ganz anderes Gewicht, insbesondere weil wir dann die Möglichkeit haben, nationale Vereinbarungen, wie wir sie z. B. zum Teil schon mit dem Interimsgesetz haben, mit den USA zu treffen und dann unter Umständen befriedigende Lösungen für den Tiefseebergbau herbeizuführen. Herr Kollege, es muß auch noch sehr genau untersucht werden, ob die seeverkehrsrechtliche Seite unter Umständen nicht durch Gewohnheitsvölkerrecht sowieso denselben Charakter erwirbt, wie die vertraglichen Rechte ihn ohnehin schon haben. Das muß in Ruhe gemeinsam mit unseren Partnerländern überlegt werden. Deswegen meine ich, daß Ihr Antrag ein Schnellschuß ist. Diesem Schnellschuß werden wir nicht zustimmen. Ich bin der Auffassung, daß wir, wie die Bundesregierung angekündigt hat, bis etwa Februar, März Zeit haben, um dann in Ruhe auch hier im Bundestag abzuwägen, ob wir die Konvention zeichnen sollen. Es gibt überhaupt keinen Anlaß, hier mit Schnellschüssen zu arbeiten. - Danke schön. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Geldern.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rede, die der Herr Kollege Grunenberg hier gehalten hat, und der Antrag der SPD-Fraktion widersprechen völlig der bisherigen Einlassung zur Seerechtskonferenz, die gerade von der SPD in den letzten Jahren gekommen ist, und sind deshalb für uns ganz unverständlich. ({0}) Die Bundesregierung hat bei der Abstimmung im April dieses Jahres Enthaltung geübt. Die Bundesregierung wird jetzt bei der ersten Möglichkeit, die Konvention zu zeichnen, ebenfalls keine Stellungnahme abgeben und sich weiterhin zurückhalten. Ich glaube, das ist die richtige Politik für die Behandlung dieser Konvention. Ich begründe das kurz. Erstens. Der Deutsche Bundestag hat in einstimmig gefaßten Resolutionen seine Erwartungen für die Neuordnung des Meeresvölkerrechts ausgesprochen. Diesen Erwartungen entspricht das Konferenzergebnis in keiner Weise. Zweitens. Die frühere Bundesregierung hat es versäumt, ein ressortübergreifendes Gesamtkonzept für die deutsche Verhandlungsposition zu entwickeln. Nach dem Regierungswechsel muß dieses Versäumnis unter Beteiligung aller betroffenen Ressorts der Bundesregierung und zahlreicher Institutionen und Verbände der betroffenen Wirtschaft aufgearbeitet werden. Dies kann in der gebotenen Gründlichkeit nicht vor der Neuwahl des Deutschen Bundestages geschehen. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Grunenberg?

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte.

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege von Geldern, sind nicht auch Sie der Meinung, daß wir unsere Resolution gemeinsam beschlossen haben, um die letzten Möglichkeiten ausschöpfen zu können und um einen Push für die Delegation zu geben? Aber nun ist eben ein Faktum: Die Konvention ist da.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Genau dieser Meinung bin ich. Dies muß auch der Maßstab für die Beurteilung der Konvention sein. Und diesem Maßstab genügt die Konvention nicht. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Brück?

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte.

Alwin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000276, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, da Sie soeben gesagt haben, die frühere Bundesregierung habe es versäumt, ein geschlossenes Konzept zu erarbeiten, frage ich Sie: Wollen Sie dem jetzigen Bundesminister des Auswärtigen, Herrn Genscher, der ja in all den Jahren federführend für die Seerechtskonferenz war, vorwerfen, er habe hier seine Pflicht nicht getan?

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte, daß ressortübergreifend ein Gesamtkonzept entwickelt wird. Das haben wir bisher vermißt. Es ist zwar hier in der gemeinsamen Resolution des Bundestages zum Ausdruck gekommen. Aber wir haben nicht den Eindruck gehabt, daß das bereits ressortübergreifend im Kabinett früher abgestimmt gewesen ist. ({0}) Der dritte Punkt dafür, daß es richtig ist, sich jetzt nicht für die Unterzeichnung zu erklären, ist, daß die Vereinigten Staaten und weitere Partner im westlichen Bündnis - Italien, Belgien, Großbritannien - ebenfalls die Unterzeichnung jetzt nicht wollen. Wir sehen keinen Grund, hier abzuweichen - besonders deshalb nicht, weil wir gemeinsame Positionen besonders mit den Vereinigten Staaten auf der Konferenz vorgetragen haben. Viertens. Aus Unterzeichnung und Inkrafttreten der Konvention erwachsen für die Bundesrepublik Deutschland erhebliche Kosten. Unsere Einflußmöglichkeiten sind bei voreiliger Akzeptierung des bisherigen Verhandlungsergebnisses nicht besser, sondern geringer, weil gerade die Befürworter der Konvention das deutsche finanzielle Engagement wollen. Fünftens. Die Konvention selbst sieht eine Zweijahresfrist zur Unterzeichnung vor. Das ist hier schon angesprochen worden. Niemand, auch kein Mitglied der Gruppe der 77 auf der Konferenz, kann uns einen Vorwurf machen, wenn wir diese Zeitspanne oder einen Teil davon in Anspruch nehmen, um die notwendige Klärung unserer Position vorzunehmen. Meine Damen und Herren, zum Inhaltlichen möchte ich nur auf einen Aspekt hinweisen. Die allgemeinen Regeln des Seevölkerrechts, wie sie in der Konvention neu geschrieben werden, entfalten bereits ihre Wirkung - negativer und positiver Art für uns -, z. B. die Einrichtung der 200-SeemeilenWirtschaftszonen. Wir werden diesen Ergebnissen gar nicht entgehen können. Was wirklich offen ist, ist der Teil 11 der Konvention, die Frage des Meeresbodenregimes. Dieses dirigistische Meeresbodenregime, das die Konvention vorsieht, wird nicht in Kraft treten ohne die Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland, der Vereinigten Staaten und anderer Industriestaaten. Deshalb haben wir hier die Möglichkeit, die Notwendigkeit und auch die Chance, noch einzuwirken. Und das sollten wir nutzen. - Ich bedanke mich. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Senator der Freien und Hansestadt Hamburg. Senator Lange ({0}): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es ein einzelnes Bundesland gibt, das die Verhandlungen der 3. Seerechtskonferenz besonders aufmerksam verfolgt hat, wenn es ein einzelnes Bundesland gibt, das von den Regelungen der neuen UN-Seerechtskonvention stärker als andere betroffen wird, wenn es deshalb ein einzelnes Bundesland gibt, das nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht hat, den Mitgliedern des Deutschen Bundestages seine Stellungnahme zum heutigen Debattenthema vorzutragen, ({1}) dann ist dieses mit Sicherheit nicht Schleswig-Holstein, sondern Hamburg - Herr Funke hat ja hier gezeigt, wie schwer es einem Hamburger ist, gegen die Zeichnung aufzutreten -, die Stadt, deren Wohl und Wehe heute wie seit Jahrhunderten Senator Lange ({2}) mit Hafen und Schiffahrt verbunden ist, die Heimathafen von fast drei Viertel der deutschen Handelsflotte ist und in der über 37 % aller Arbeitsplätze von Export und Außenhandel abhängig sind. Die Debatte, die heute in diesem Hause geführt wird, ist nicht nur und nicht einmal hauptsächlich eine Auseinandersetzung um Bodenschätze der Tiefsee oder um Meeresbodenregime, um Vertonung der Meere oder, wie Sie uns hier durch Ihre Vorredner glauben machen wollen, um die klammheimliche Vorbereitung einer neuen dirigistischen Weltwirtschaftsordnung. Meine Damen und Herren, bei dieser Debatte geht es auch oder, besser gesagt, in erster Linie um Fragen, die für ein so exportabhängiges Land wie die Bundesrepublik Deutschland lebenswichtig sind. ({3}) Es geht um die Freiheit des Seeverkehrs, die von der neuen UN-Seerechtskonvention gesichert und geregelt wird. Es geht um ein System zur friedlichen Beilegung von Streitfällen, die die Meere betreffen. Hamburg soll Sitz des Seegerichtshofes werden, vor dem solche Streitfälle ausgetragen und entschieden werden. ({4}) Es geht ferner um ein Ende der größten Landnahme aller Zeiten zur See, um eine Grundlage, die seit 1945 immer häufiger gewordene Bestrebung einzelner Staaten einzudämmen, ihre Hoheitsrechte immer weiter auszudehnen. Es geht um Berufungsgrundlagen gegen die weitere Ausdehnung küstenstaatlicher Rechte zum Nachteil der Seeschiffahrt. Es geht nicht zuletzt darum, daß endlich eine Rahmengesetzgebung für den Meeresumweltschutz geschaffen wird. ({5}) - Ich glaube nicht, daß Sie das wissen; sonst würden Sie ja für eine Zeichnung eintreten. ({6}) Es geht um eine Grundlage dafür, der ständig zunehmenden und immer bedrohlicheren Verschmutzung der Meere Einhalt zu gebieten. ({7}) Dies sind Gesichtspunkte, die mir bei den Debattenbeiträgen der Regierungsparteien zu kurz gekommen sind. ({8}) In der bisherigen Diskussion um die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland die neue UN-Seerechtskonvention in diesem Monat auf Jamaika zeichnen soll oder nicht, werden von den Zeichnungsgegnern vor allem zwei Vorwürfe gegen die Konvention erhoben: Erstens, sie sei der Wegbereiter einer neuen dirigistischen Weltwirtschaftsordnung, ({9}) zweitens, sie knebele den Tiefseebergbau, sie versperre uns den Zugang zum gemeinsamen Erbe der Menschheit. ({10}) Dazu einige Anmerkungen. Natürlich ist diese erste umfassende Kodifizierung des Seevölkerrechts nicht vollkommen. Das behaupten nicht einmal ihre glühendsten Verfechter. Natürlich sind darin auch für uns ungünstige Regelungen enthalten, die wir nur schwer akzeptieren können. Natürlich hätte die Bundesrepublik Deutschland gern einiges mehr zu unserem Vorteil in der UN-Seerechtskonvention verankert gesehen. Dennoch halte ich sie für akzeptabel und bitte insbesondere Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU und von der FDP, sich nicht auf Ideologien zu versteifen, sondern pragmatisch zu denken ({11}) und zu urteilen. Was ist denn wirklich an den Bedenken dran, hier solle eine neue dirigistische Weltwirtschaftsordnung installiert werden? Nicht viel, meine ich. Wir Hamburger sind von jeher gegen Protektionismus und für freien Welthandel. ({12}) Ohne freien Welthandel hätte Hamburg, hätte im übrigen die ganze Bundesrepublik nicht ihren heutigen Wohlstand erreichen können. ({13}) Wir können auch in Zukunft auf diesen freien Welthandel nicht verzichten, und er wird j a auch mit den Regelungen zur Sicherung der Freiheit des Seeverkehrs nicht etwa eingeschränkt - das müssen sogar Sie zugeben -, sondern gefördert. Dies allein widerspricht schon der Behauptung, die Konvention sei ein erster Schritt dazu, eine neue, unseren Interessen und unserem Gesellschaftssystem feindliche Weltwirtschaft vorzubereiten. Hinzu kommt: Bergbau war immer, zu allen Zeiten und in allen Ländern, starker staatlicher Reglementierung unterworfen: aus gutem Grund. Nicht der Stärkste oder Reichste, nein, die Gemeinschaft sollte von den Bodenschätzen profitieren. Weil für den Tiefseebergbau nationalstaatliche Regelungen naturbedingt nicht in Frage kommen, will die Völkergemeinschaft, wollen die ganz gewiß nicht vollkommenen Vereinten Nationen eine Meeresbergbaubehörde errichten. Diese Behörde braucht Befugnisse, und sie braucht Geld; sonst wäre sie nicht in der Lage, ihre Aufgabe zu erfüllen. Ein Präzedenzfall für künftige weitere UN-Institutionen ist sie jedenfalls nicht und damit auch kein Vorläufer irgendwelcher weltwirtschaftsregelnder Behörden. Meine Damen und Herren, die Meeresbergbaubehörde wird uns gewiß Geld kosten, mehr Geld, als jene ärmeren Länder aufbringen sollen, die von ihr ebenfalls profitieren wollen und werden. Nur, es Senator Lange ({14}) wird uns gewiß leichterfallen, unseren höhren Beitrag zu leisten, als diesen ärmeren Ländern, ihren niedrigen Beitrag aufzubringen. Die vorgesehenen Regelungen für den Tiefseebergbau sind nicht alle in unserem Sinne. Ich denke dabei an den geplanten Technologietransfer, bei dem wir unser Know-how zum Nulltarif an technologische Habenichtse weitergeben sollen. Dagegen gibt es aus der Wirtschaft Bedenken, die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind. Aber Kosten und Befugnisse der Meeresbergbaubehörde werden in der Vorbereitungskommission ausgearbeitet, die 1983 ihre Arbeit aufnehmen soll. In dieser Kommission hat nur Sitz und Stimme, wer die Konvention unterzeichnet hat. Auch das ist ein Grund, nicht abseits zu stehen. ({15}) Wir sollten die Möglichkeit zur Mitwirkung, zur Ausgestaltung der Seerechtskonvention in dieser Kommission nutzen. Es ist übrigens geradezu absurd zu behaupten, daß die Zeichnung ihre spätere Ratifizierung sozusagen nach sich ziehen würde. Diesen Automatismus gibt es nicht. Zeichnung und Ratifizierung sind nicht umsonst zwei sorgsam voneinander getrennte Schritte. ({16}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wo ist denn das Interesse der Industrie bisher gewesen, wo sind die großen Betriebe und Firmen, die sich da beteiligen? Bisher gibt es lediglich drei, die sich beteiligt hätten. Es stimmt damit durchaus überein, daß ich bisher nichts davon gehört habe, daß einer der großen Industrieverbände sich je sonderlich für die Interessen des deutschen Tiefseebergbaus eingesetzt hat, obwohl die Vertreter die Möglichkeit dazu gehabt haben; ({17}) denn sie gehörten ja der Delegation die ganze Zeit an. Die Industrieverbände waren mit dieser Zurückhaltung gut beraten. Ich will auf diese Fragen nicht weiter eingehen; Ihnen ist dies aus der Diskussion bekannt. Ich will nur einen Punkt herausheben. In einer Stellungnahme der Stiftung „Wissenschaft und Politik", die zur Zeichnung der Seerechtskonvention rät, hat übrigens Frau Dr. Renate Platzöder, die die Konferenz über Jahre begleitet und die Ergebnisse gründlich ausgewertet hat, meinem Kieler Kollegen Dr. Westphal geschrieben - ich zitiere wörtlich -: „Die Bundesrepublik Deutschland ist hinsichtlich des gemeinsamen Menschheitserbes sicherlich nicht benachteiligt. Sie gehört zu dem kleinen privilegierten Kreis der Pionierinvestoren." ({18}) Alles in allem, meine Damen und Herren, es bleibt von den Argumenten, die Sie hier vorgetragen haben, herzlich wenig Stichhaltiges, wenn man Ihre Argumente ernsthaft abklopft. ({19}) Dies gilt übrigens auch für das Bedenken gegen die weite seewärtige Begrenzung der Festlandsokkel. Die Bundesrepublik Deutschland wird eines hoffentlich nicht allzu fernen Tages als Mitglied der Landküsteneinheit EG ihren Nutzen aus dem weiten Festlandsockel um das EG-Meer ziehen können. Wenn Sie hier Großbritannien und Belgien zitieren, wissen Sie sehr wohl, daß die ihre Entscheidung von der Entscheidung der Bundesrepublik abhängig machen, ({20}) daß aber andere EG-Länder wie Frankreich und Niederlande hier zur Zeichnung raten und auch zeichnen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach gründlicher Prüfung aller Faktoren steht für mich fest, die Vorteile der neuen Seerechtskonvention - weitgehende Sicherung der Freiheit des Seeverkehrs, tragbarer Kompromiß zwischen widerstreitenden Umweltschutzinteressen von Küstenstaaten, Errichtung eines Systems zur friedlichen Beilegung von maritimen Konflikten zwischen den Staaten - überwiegen bei weitem die bei näherer Untersuchung ohnehin nicht so stichhaltigen Bedenken gegen die Zeichnung. Überdies sollten wir nicht vergessen, meine Damen und Herren: Was geschieht, wenn die Bundesrepublik der Konvention fernbleibt? Eine eigene Meerespolitik außerhalb der Völkergemeinschaft betreiben und durchsetzen, das mögen sich vielleicht - und ich habe auch da meine Zweifel - die USA als Weltmacht auf Dauer leisten können. Wir können dieses sicherlich nicht. Unsere internationalen Interessen - auch die im Tiefseebergbau, nebenbei gesagt - lassen sich langfristig und dauerhaft nur innerhalb der Gemeinschaft, nicht neben ihr oder gegen sie wahrnehmen. In den nächsten Wochen wird die weitüberwiegende Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten die Konvention zeichnen. Auch wir müssen das tun. Eine realistische Alternative, wie unsere Schiffahrts-, Wirtschafts- und Umweltinteressen gewahrt werden, gibt es nicht. Wenn wir uns in den Schmollwinkel zurückziehen, weil nicht alle unsere Wünsche wahr geworden sind, verwirken wir das Recht auf Mitarbeit in der Vorbereitungskommission, müssen wir bei unserem späteren Beitritt - und beitreten werden und müssen wir früher oder später - schlucken, was die anderen ohne uns zubereitet haben. Meine Damen und Herren, natürlich komme ich als Hamburger Wirtschaftssenator in den Verdacht, mich hier für die Unterzeichnung stark zu machen, weil Hamburg als Sitz des Seegerichtshofes ausersehen ist. ({21}) Senator Lange ({22}) Natürlich freut sich Hamburg über die Entscheidung, die nicht nur eine Entscheidung für Hamburg, sondern für den gesamten norddeutschen Raum und für die Bundesrepublik Deutschland ist. Wir würden es sehr bedauern, wenn die Konvention nicht unterzeichnet würde und wenn wir dann nicht diesen Seegerichtshof auf unser Territorium bekäme n. Schwerer noch, meine Damen und Herren, wiegt für mich aber etwas anderes. ({23}) - Ich finde es besonders gut, daß Sie dies nicht hören wollen; ({24}) denn das macht j a sehr deutlich, daß Ihre Argumente gegen die Zeichnung einfach nicht ziehen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. ({25}) Ich sage deswegen ganz bewußt und sehr deutlich hier auch noch einmal, für mich wiegt etwas anderes noch schwerer. Ich meine, daß es uns als Bundesrepublik Deutschland Ehre und auch Verpflichtung sein sollte, wenn uns wenige Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg von den Vereinten Nationen der Internationale Seegerichtshof anvertraut wird, ({26}) in dem eines Tages im Namen der Völkergemeinschaft Recht gesprochen werden wird. ({27}) Auch dieser Gedanke hat Hamburgs und hat meine Haltung zur Beitrittsfrage mitbestimmt. Letztlich: entscheidend aber - lassen Sie mich das noch einmal zusammenfassend sagen - war folgendes. Hamburg ist fest davon überzeugt: wir können unsere lebenswichtigen Handels- und Seefahrtsinteressen nur wahren, wenn wir der Seerechtskonvention beitreten. Der langfristig für die gesamte Menschheit lebenswichtige Umweltschutz der Meere muß endlich geregelt werden. Und letztens: nur ein allseits anerkanntes System zur Regelung maritimer Streitfragen kann die Gefahr neuer Kriege auf den Weltmeeren und um die Weltmeere bannen. - Vielen Dank. ({28})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Staatsminister Dr. Mertes.

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hatten heute ein Urerlebnis in der Seerechtsdebatte. Zum erstenmal ist durch den hamburgischen Senator Lange die Seerechtsfrage in diesem Hohen Hause demagogisch behandelt worden. Ich bedaure dies. ({0}) Aber selbst unter dem Gesichtspunkt des bevorstehenden Wahlkampfes in Hamburg war dieses eine Argumentation, die neben dem Thema lag. ({1}) Und wenn Sie zum Schluß auch noch den Gesichtspunkt der Ehre hier einführen, so muß ich sagen, Herr Senator Lange, das geht wirklich zu weit. Sie haben dann gesagt, hier stünden ideologisches und pragmatisches Denken einander gegenüber. Halten Sie als Hamburger eigentlich die Briten, die ähnlich urteilen wie wir, für Ideologen oder für Pragmatiker? Es ist doch eine falsche Gegenüberstellung, zu sagen: hier die Ideologen und dort die Pragmatiker. Die wahre Alternative, die sich hier stellt, ist die: denken wir hier provinziell, lokalpatriotisch, oder denken wir gesamtstaatlich, Herr Senator? Das ist die Frage! ({2}) Auch die sozialdemokratischen Kollegen, die sich wie ich lange Jahre an der Seerechtsdebatte beteiligt haben und die seinerzeit mit uns für den Seerechts-Gerichtshof in Hamburg waren, haben immer gesagt: die Bestellung Hamburgs als Platz für diesen Gerichtshof bedeutet keine Präjudizierung des Urteils über die Substanz der Frage. Ich möchte Sie an diese Ihre eigenen Worte erinnern. ({3}) Nun sind Sie sehr einseitig gewesen, indem Sie Frau Dr. Renate Platzöder genannt haben, die in Fragen der Seerechtskonferenz in der Tat eine Autorität ist. Doch hat gerade sie zusammen mit einer anderen, national und international anerkannten Seerechtsautorität, dem Tübinger Völkerrechtslehrer, Professor Wolfgang Graf Vitzthum, im Europaarchiv kürzlich einen Aufsatz veröffentlicht, der auch Ihnen, Herr Senator Lange und Herr Kollege Grunenberg, sehr gute Gelegenheit bietet, das Pro und Kontra in Ruhe und Sachlichkeit abzuwägen. Meine Damen und Herren Abgeordneten und Herr Senator Lange, doch nur darum geht es. Herr Kollege Funke hat den treffenden Ausdruck „Schnellschuß" gebraucht. Die Frage ist: jetzt einen Schnellschuß im Blick auf den 19. Dezember in Hamburg oder eine sorgfältige Abwägung des Für und Wider der Zeichnung, wie sie bisher die gute Regel in diesem Hohen Hause war, seit die CDU/ CSU-Fraktion 1974 mit einer Kleinen Anfrage und 1976 mit einer Großen Anfrage das Thema Seerecht überhaupt erst in das deutsche Parlament eingeführt hat, weil sie es als politisch wichtiges Thema erkannt hatte. ({4})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Grunenberg?

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Bitte schön, Herr Kollege.

Horst Grunenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000743, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, können Sie nun erklären, warum das Auswärtige Amt im Ausschuß sich für die Zeichnung der Konvention ausgesprochen hat und Sie als Vertreter des Auswärtigen Amtes vor dem Plenum jetzt dagegen sprechen? Da komme ich irgendwie ein bißchen durcheinander. ({0})

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Herr Kollege Grunenberg, Sie haben offensichtlich nicht ganz zugehört. Ich habe gesagt: sollen wir jetzt entscheiden oder nicht? Ich habe nicht einseitig für oder gegen die Seerechtskonvention gesprochen - ich werde das auch nicht tun -, sondern ich habe gegen Ihren Schnellschuß gesprochen. Sonst gar nichts. ({0}) - Wissen Sie, wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es heraus. Herr Kollege Grunenberg hat in seiner netten Art Opposition betrieben, dafür habe ich - weiß Gott - Verständnis. Aber was Senator Lange hier vorgetragen hat, war in Sache und Ton wirklich neben der Sache. ({1}) Als wenn die Bundesregierung nicht die Argumente kennte, die für eine Zeichnung sprechen - aber sie kennt auch die anderen. ({2}) - Ich möchte jetzt weiterfahren. ({3}) - Vielen Dank, daß Sie so großzügig sind. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in enger Abstimmung mit ihren wichtigsten Verbündeten von Anfang an an den Verhandlungen beteiligt. Das ist auch von der Konferenz anerkannt worden, nicht zuletzt mit der Entscheidung, den vorgesehenen Internationalen Seegerichtshof in Hamburg einzurichten. Wenn wir unsere Vorstellungen nicht immer oder nicht in dem von uns gewünschten Umfange durchsetzen konnten, dann lag das daran, daß auch unsere Freunde vielfach andere Interessen als wir verfolgt haben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Brück?

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Bitte schön, Herr Kollege Brück.

Alwin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000276, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, Sie haben eben davon gesprochen, daß die Bundesregierung in all den Jahren in enger Abstimmung mit den Verbündeten verhandelt habe. Können Sie bitte etwas zu dem Vorwurf des Kollegen Geldern sagen, daß das Auswärtige Amt ohne ein geschlossenes Konzept verhandelt habe?

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Herr Kollege Brück, ich vertrete hier die Bundesregierung, die ihren Abwägeprozeß noch nicht abgeschlossen hat. ({0}) - Lassen Sie mich bitte fortfahren. Wenn ich meine Gedanken, die zum Teil - ich ahne es schon - Antworten auf Ihre Fragen sind, vorgetragen haben werde, können wir das Frage- und Antwortspiel fortführen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Also keine weiteren Zwischenfragen!

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Ich jedenfalls möchte einen kurzen Beitrag leisten und nicht wie Herr Senator Lange - über die Vereinbarung hinaus - eine lange Rede halten. ({0}) Die Bundesrepublik Deutschland ist nun einmal ein Staat mit kurzen, ungünstig verlaufenden Küsten. Kein anderes größeres Industrieland ist so wie wir geographisch benachteiligt. Viele unserer Partner, auch in der Europäischen Gemeinschaft, sind in einer ganz anderen Lage. Sie konnten z. B. von der allgemeinen Tendenz zur Ausweitung der Rechte der Küstenstaaten profitieren, während wir uns mit einer Minderheit um die Begrenzung dieser Rechte bemühen mußten. In der Antwort, Herr Senator Lange und Herr Kollege Grunenberg, der früheren Bundesregierung auf die Große Anfrage der damaligen Opposition, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist auf diese ungünstige Ausgangslage sachlich und zutreffend besonders hingewiesen worden. Wir bleiben auch hier in der Kontinuität der Argumentation. Die Bundesregierung begrüßt es sehr - auch die früheren Regierungen haben es begrüßt -, daß der Deutsche Bundestag, wie die Kleinen und Großen Anfragen, insbesondere der CDU/CSU-Fraktion, es gezeigt haben und auch die heutige Debatte es zeigt, an diesen Problemen ständig Anteil genommen hat. Mit seinen einstimmig verabschiedeten, nicht kontroversen, Entschließungen zur Seerechtskonferenz hat er wichtige Entscheidungshilfen und Orientierungen auch für die deutsche Delegation gegeben. Ich möchte im übrigen dem Kollegen Grunenberg dafür danken, daß er sich so anerkennend über die deutsche Verhandlungsdelegation ausgesprochen hat. Diesen Dank spreche ich namens der Bundesregierung an Sie als den Vertreter der Opposition aus. ({1}) Die Bundesregierung hat ein Interesse daran, daß diese Frage auch in Zukunft in Sachlichkeit und im Konsens behandelt wird. Ich hoffe, daß Senator Lange heute - im Blick auf den 19. Dezember - nur ein schnell vergessenes Intermezzo der Unsachlichkeit geboten hat. Wir von der Regierung aus wollen weiter auf der sachlichen Linie bleiben. Bei ihrer Antwort auf die Große Anfrage hat die Bundesregierung bereits das endgültige Verhandlungsergebnis berücksichtigen können, nachdem die Sachverhandlungen mit der Annahme des Konventionstextes am 30. April 1982 abgeschlossen worden sind. Die Bundesregierung hat dabei auch zu einzelnen Aspekten des Übereinkommens Stellung genommen und erneut ihre Bedenken - das war die frühere Bundesregierung! - zum Ausdruck gebracht, die sie stets gegen die Ausgestaltung des Meeresbodenregimes geltend gemacht hat, und zwar schon zu einer Zeit, als andere westliche Industriestaaten - Sie erinnern sich sehr genau, Herr Kollege Grunenberg - einschließlich der USA diese Regelung aktiv mitgestaltet haben. Das vorliegende Seerechtsübereinkommen ist jedoch nicht nur eine Vereinbarung über den Tiefseebergbau. Es stellt vielmehr den Versuch einer umfassenden Regelung des Seerechts dar, mit der die Rechtsverhältnisse und Nutzungsrechte auf das Meer, den Meeresboden und den Meeresuntergrund wieder auf eine feste Grundlage gestellt werden sollen. - Hier, Herr Senator Lange, würdigen Sie das Ergebnis zu Recht. Wir können das Übereinkommen daher nicht allein unter dem Gesichtspunkt der Mängel eines künftigen Tiefseebergbaus sehen - das wird die Bundesregierung auch nicht tun -, zumal dies möglicherweise noch verbessert werden kann. Dabei spielen Gesichtspunkte der internationalen Rechtssicherheit, der Schiffahrtsfreiheit und der Sicherheitspolitik sowie Umweltschutz und Meeresforschung ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Rolle. Diese Regelungen liegen aber gerade für die Schiffahrt zu einem erheblichen Teil auch in unserem Interesse. Wir dürfen uns schließlich nicht der Täuschung hingeben, daß ohne das Übereinkommen die Freiheit der Meere in der früheren Form einfach erhalten würde. Die Entwicklungen, die sich vielfach außerhalb und unabhängig von der Seerechtskonferenz vollzogen haben, können wir nicht rückgängig machen und für die Zukunft nicht aufhalten. Hier könnte das Übereinkommen aber immerhin Grenzen setzen. Das ist wichtig insbesondere für die in den vergangenen Jahren von zahlreichen Staaten mehr oder weniger willkürlich vorgenommene Ausweitung der Zuständigkeiten in Meereszonen vor ihren Küsten. In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, daß eine umfassende obligatorische internationale Streitregelung eingeführt werden soll. Die Entscheidung für Hamburg als Sitz des Seegerichtshofs, der damit als erste Institution der Vereinten Nationen in die Bundesrepublik Deutschland kommen könnte, sollte sicherlich nicht gering geachtet werden, kann aber unsere allgemeine Bewertung nicht entscheidend beeinflussen. Dieses wäre unverantwortlicher Provinzialismus, den ich gerade eigentlich den hanseatischen Denkern und Politikern nicht unterstellen möchte, und zwar trotz der Wahlkampfrede des Senators Lange. ({2}) Die Entscheidung, wie sich die Bundesrepublik Deutschland zu dem Seerechtsabkommen stellen soll, ist deshalb, das sei zugegeben, nicht einfach. Argumenten, die gegen eine Zeichnung sprechen, stehen gewichtige gegenüber, die dafür sprechen. Dabei sollte allerdings in jedem Falle bedacht werden, daß es zunächst nur um die Zeichnung des Übereinkommens geht. Fragen, die für eine eventuelle Ratifikation von Bedeutung sind, brauchen daher jetzt noch nicht abschließend geprüft zu werden. Die Zeichnung würde uns nämlich rechtlich und politisch noch nicht an das Übereinkommen binden, würde uns nicht einmal zur späteren Ratifizierung verpflichten, obwohl hier ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung getan würde. Sie würde uns auf der anderen Seite die vollwertige Mitgliedschaft in der Vorbereitungskommission eröffnen. Damit hätten wir eine Chance, von innen auf die weitere Entwicklung des ganzen Systems Einfluß zu nehmen und möglicherweise auch auf Verbesserungen hinzuwirken. Aber auch die gravierenden Gegenargumente, die nicht nur die USA vorbringen, sondern auch so pragmatisch denkende Länder wie Großbritannien, wie Italien, wie Belgien, sehen wir. Die Bundesregierung wird diese Frage in Kürze deshalb noch einmal eingehend erörtern. Zu dem Antrag der SPD-Fraktion ist jedoch zu sagen, daß eine Entscheidung über die Zeichnung des Übereinkommens jetzt schlicht und einfach noch nicht erforderlich ist. Wollen wir wirklich diesen Schnellschuß? Auch die Vorbereitungskommission wird nicht vor dem nächsten Frühjahr zu ihrer ersten Sitzung zusammentreten. Wie bisher werden wir auch bei unserem weiteren Vorgehen das Verhalten wichtiger Partner zu beachten haben. Es ist schon erwähnt worden, daß die USA, die allerdings zum Teil ganz andere seerechtliche Interessen haben, als Großmacht diese Interessen auch in anderer Weise durchsetzen können als wir, wenn wir das Übereinkommen ablehnen. Es ist mehrfach hervorgehoben worden: Großbritannien, Italien und Belgien, wichtige Partner in der Europäischen Gemeinschaft, sind sehr kritisch, haben jedoch ähnlich wie wir auch noch nicht entschieden. Frankreich hat sich dagegen ebenso wie vier weitere Staaten der EG bereits auf Zeichnung festgelegt. Es ist offensichtlich, daß diese Frage auch von großer Bedeutung für die Europäische Gemeinschaft ist, die ihrerseits das Übereinkommen selbst zeichnen kann, wenn eine Mehrzahl ihrer Mitgliedstaaten zeichnet. Bei den weiteren Überlegungen zur Zeichnung des Seerechtsübereinkommens wird die Bundesregierung dem Aspekt Europäische Gemeinschaft in jedem Fall die gebührende Aufmerksamkeit schenken. Meine Damen und Herren, es geht nur darum, ob die Frage der Zeichnung sorgfältig oder im Schnellverfahren behandelt werden soll. - Ich danke Ihnen. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Vizepräsident Frau Renger Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag auf Drucksache 9/2194 des Abgeordneten Cronenberg und der Fraktion der SPD. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 6 auf: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Zwischenbericht und Empfehlungen der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" - Drucksache 9/2130 - b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie ({0}) zu dem Zwischenbericht und den Empfehlungen der Enquete-Kommission „Zukünftige KernenergiePolitik" über die Inbetriebnahme der Schnellbrüter-Prototypanlage SNR 300 in Kalkar gemäß Beschlüssen des Deutschen Bundestages vom 26. Mai 1981, 10. Dezember 1981 und 29. April 1982 - Drucksachen 9/2001, 9/2205 Berichterstatter: Abgeordnete Lenzer Dr. Steger Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Debattenrunde vor. - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Lenzer.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie brauchen keine Angst zu haben, daß ich die ganzen Akten, die ich hier mitgebracht habe, vorlese. Aber notfalls werde ich damit - mit Ihrer Erlaubnis - werfen, wenn zu viele Zwischenrufe kommen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das ist verboten!

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, mit der Vorlage des Zwischenberichts und der Empfehlungen der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" auf Drucksache 9/2001 vom 27. September 1982 über die Inbetriebnahme des Schnellbrüter-Prototypreaktors SNR 300 in Kalkar ist ein bedeutendes Stück auf dem langen Weg seit dem Einsetzungsbeschluß der ersten Enquete-Kommission am 14. Dezember 1978 zurückgelegt. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, einen Moment. - Meine Damen und Herren, ich bitte, Platz zu nehmen und die Gespräche einzustellen. Sonst muß ich Sie bitten, nach draußen zu gehen. - Fahren Sie bitte fort, Herr Kollege.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da die Kommission des 8. Deutschen Bundestages in ihren Schlußfolgerungen feststellte, daß es in breitem Konsens heute nicht möglich sei, für oder gegen die langfristige Nutzung der Kernenergie zu votieren, empfahl sie einige energiepolitische Maßnahmen, z. B. zum Energieeinsparen, und führte unter diesen Einsparungsvorschlägen ausdrücklich auch die Verfügbarkeit der Brutreaktortechnologie auf. Nun, in der Zwischenzeit haben es sich die beiden Enquete-Kommissionen wirklich nicht einfach gemacht. Ich möchte mich bei allen bedanken, die an den Beratungen mitgewirkt haben, bei den Kollegen, aber auch bei den Experten. Ich will feststellen: Ich respektiere jedes Votum, auch wenn es von meiner persönlichen Auffassung, die hier ja, glaube ich, bekannt ist, abweicht. Ich respektiere diese Voten, wenn ich sie auch nicht teile. Dank also an alle, die dort mitberaten haben. Der Entscheidung aber - das war ein wichtiges Ergebnis - über die politische Verantwortbarkeit der Inbetriebnahme des SNR 300 sollten die Ergebnisse zweier Studien vorausgehen: erstens das Ergebnis der sogenannten risikoorientierten Analyse, zweitens das Ergebnis einer Bewertung dieser Obergrenzenstudie, auch Bethe-Tait-Studie genannt. Die Empfehlung lautete - ich darf zitieren -: Die Kommission unterscheidet Fragen der Inbetriebnahme des SNR 300 und Probleme, die mit dem großtechnischen Einsatz Schneller Brüter auf sozialer, ökologischer und politischer Ebene verbunden sind und für die Zeit nach 1990 anstehen könnten. Die Kommission empfiehlt, diese Probleme in einer zweiten Arbeitsphase aufzunehmen und dabei die Vor-und Nachteile des Schnellen Brüters mit denen anderer Kraftwerkskonzepte gleicher Leistungsfähigkeit zu vergleichen Meine Damen und Herren, das ist eine ganz wichtige Prämisse für die Beurteilung der Arbeit der Enquete-Kommission. In der 19. Sitzung des 9. Deutschen Bundestages am 30. Januar 1981 hat man dem Ausschuß für Forschung und Technologie die Federführung der Beratungen anvertraut. Dieser forderte die Bundesregierung auf, bei den Auftragnehmern der beiden Studien dafür Sorge zu tragen, daß der Vorlagetermin 15. Januar 1982 bzw. der durch die Bundesregierung festgesetzte Termin 30. April 1982 eingehalten werden kann. Ziel sollte es sein, noch rechtzeitig vor der parlamentarischen Sommerpause 1982 eine Empfehlung zur Inbetriebnahme des SNR 300 in der Enquete-Kommission abzugeben. Ich darf daran erinnern, daß hinsichtlich des SNR 300 der ganz klare Auftrag erteilt wurde - auch hier möchte ich zitieren -: ... die von der Enquete-Kommission ,Zukünftige Kernenergie-Politik des 8. Deutschen Bundestages empfohlenen Gutachten zum SNR 300 auszuwerten und eine Empfehlung zur möglichen Inbetriebnahme des SNR 300 bis zum 31. Juli zu erarbeiten. Die Termine wurden mehrfach verschoben. Ich will das nicht vertiefen. Ich verweise in dem Zusammenhang auf die Beschlußempfehlung des ForLenzer schungsausschusses. In der Begründung ist der ganze Terminkalender noch einmal umfassend dargestellt worden. Nun zum Ergebnis. Auf Grund eines Vergleichs der Sicherheitsaspekte des SNR 300 mit denen eines Leichtwasserreaktors des heutigen Standes der Technik - genauer gesagt: Druckwasserreaktortyp Biblis B mit 1 300 MW elektrischer Leistung - mit Hilfe der risikoorientierten Analysen, die einmal die Gesellschaft für Reaktorsicherheit, GRS, und andererseits die Forschungsgruppe Schneller Brüter, FGSB, vorgenommen haben, und einer Bewertung der von der Enquete-Kommission des 8. Deutschen Bundestages empfohlenen Literaturstudie zu hohen Energiefreisetzungen bei hypothetischen Störfällen in natriumgekühlten Schnellbrutreaktoren hat dann eine eindrucksvolle Mehrheit von 11 gegen 5 Stimmen das Urteil gefällt. ({0}) Um dieses Urteil geht es heute, um nichts anderes. Es heißt dort: Durch die Auswertung des Risikovergleichs, die Bewertung seiner Randbedingungen und die Diskussion nicht quantitativ erfaßbarer Faktoren hat die Kommission die Überzeugung gewonnen, daß das Risiko aus dem Betrieb des SNR 300 in der gleichen Bandbreite liegt wie jenes der im Betrieb befindlichen Leichtwasserreaktoren. Die Kommission hält deshalb die Inbetriebnahme des SNR 300 politisch für verantwortbar. ({1}) Dann folgt eine Reihe weiterer Empfehlungen, die auch in dem Beschluß des federführenden Ausschusses für Forschung und Technologie ihren Niederschlag gefunden haben. Ich möchte aber hinzufügen: Teilweise handelt es sich um Selbstverständlichkeiten. Das betrifft z. B. die stufenweise Inbetriebnahme; keine Kraftwerksanlage wird gleich mit Vollast angefahren. Die Kommission empfiehlt also, den vom 8. Deutschen Bundestag am 14. Dezember 1978 beschlossenen politischen Vorbehalt gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Kalkar SNR 300 aufzuheben. Sie weist ausdrücklich daraufhin, daß sich diese Empfehlung nur auf die mögliche Inbetriebnahme des Kraftwerks unter Sicherheitsgesichtspunkten bezieht, in keiner Weise also irgendeine andere Entscheidung, etwa die Gesamtbewertung der Schnellbrütertechnologie, vorwegnimmt. Dies bleibt dem Abschlußbericht der Enquete-Kommission vorbehalten, wenn es dazu kommt oder die Arbeit wie auch immer weitergehen wird. ({2}) Im übrigen war die Kommission des 8. Deutschen Bundestages bereits zu dem Ergebnis gekommen, daß die Frage etwa nach dem Plutoniumproblem, das in der öffentlichen Diskussion oft eine so große Rolle spielt, für den Betrieb des SNR 300 nicht gesondert geprüft zu werden brauche. Es war also nicht die Aufgabe der Kommission, darüber hinaus zu Finanzierungsfragen, zur Kostenbewertung oder zu Problemen der Wirtschaftlichkeit der Schnellbrütertechnologie in allgemeiner Form Stellung zu nehmen. Aus diesen Gründen hat die Kommission in diesen Bereichen ausdrücklich auf Empfehlungen verzichtet. Ich will ganz kurz einige Argumente streifen, die sich zum Teil in der öffentlichen Diskussion oder auch in dem SPD-Antrag wiederfinden. Da gibt es einmal die Feststellung, die bisher unwidersprochen geblieben ist, daß die Brütertechnologie wegen ihrer verbesserten Uranausnutzung eine wichtige Chance biete, mehr Unabhängigkeit von Uranimporten zu erreichen. Darauf kommt sofort die Frage: Weshalb ist das jetzt nötig, in einer Zeit der Uranschwemme, wo der Uranmarkt doch quasi zusammengebrochen ist? Nun, Sie wissen alle, daß in den Jahren 1973 bis 1976 die Uranpreise - inflationsbereinigt - um das Vierfache gestiegen sind. Nachdem sie anschließend wieder gefallen sind, hat man gesehen, daß es bei den Uranpreisen keine feste Tendenz gibt. Auf dieser Basis ist es, glaube ich, etwas gewagt, gesicherte Schlüsse zu ziehen. Es gibt auch das andere Argument: Warum geben wir nicht die ganze Entwicklung auf und kaufen uns in die französischen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ein? Ziel der Inbetriebnahme des Prototypkraftwerks SNR 300 im Jahr 1987 ist der Nachweis der Brütertechnologie und der Brennelementtechnik durch den Aufbau der industriellen und genehmigungstechnischen Strukturen. Käme es zu einer Aufgabe dieses Projekts, dann wäre die Bundesrepublik Deutschland in der internationalen Öffentlichkeit doch sicherlich mit Recht mit dem Odium behaftet, daß es einfach aus genehmigungsrechtlichen und anderen Gründen bei uns überhaupt nicht mehr möglich wäre, ein technologisch anspruchsvolles industrielles Großprojekt in einer internationalen Kooperation und in gemeinsamer Anstrengung von Wissenschaft, Wirtschaft und Staat durchzuziehen. Das hätte doch Konsequenzen für unseren Ruf als Industrienation. Meine Damen und Herren, es ist auch sicherlich ebenso unbestritten, daß man sich an dieser Entwicklung dann höchstens noch durch den Kauf einer schlüsselfertigen Anlage minimal beteiligen könnte und daß man nicht mehr als gleichgewichtiger Partner angesehen werden könnte, obwohl man sich dazu vertraglich verpflichtet hat. Wir wären quasi, wenn es ganz positiv käme, zur Rolle eines Komponentenlieferanten degradiert. Lassen Sie mich auch ein Wort zur Kostenunsicherheit sagen. Niemand will bestreiten, daß hinsichtlich der Kosten Unklarheiten bestehen. ({3}) Aber ich glaube, es ist doch auch bei der früheren Bundesregierung und insbesondere bei dem jetzigen Bundesminister für Forschung und Technologie ganz klar, daß er sich mit besonderem Engagement müht, hier eine vernünftige Gesamtkostenabschätzung zu erreichen und insbesondere hinsicht8306 lich der Mehrkosten die Betreiber und die reaktorbauende Industrie zur Übernahme eines größeren Anteils an der Finanzierung zu bewegen. ({4}) Das sollten wir unterstützen. Wir sollten hier keinen Sand ins Getriebe werfen. ({5}) Meine Damen und Herren, wer gegen diese wichtige Voraussetzung auch für die Abschlußfinanzierung, nämlich die Aufhebung des sogenannten Parlamentsvorbehalts, um den es heute geht, stimmt, der muß sich den Vorwurf gefallen lassen, daß er das Projekt zu Fall bringt und überhaupt nicht an einer sachlichen Lösung interessiert ist. ({6}) Meine Damen und Herren von der Opposition, ich bitte Sie, das zu bedenken. Ich bitte Sie, zu bedenken, Herr Kollege Steger - Sie werden j a nachher hier reden; Sie haben eben den Zwischenruf „Dolchstoß" gemacht; ({7}) Vorsicht, daß man sich mit diesen scharfen Waffen nicht irgendwo verletzt -, daß 11 500 Mitarbeiter an diesem Projekt hängen. Das ist in der augenblicklichen Arbeitsmarktsituation ein Wort: in den Forschungszentren, bei der reaktorbauenden Industrie. ({8}) Ich darf Ihnen, um Ihr Gedächtnis aufzufrischen, vorlesen, was jemand, der sicherlich der CDU/CSU nicht besonders nahesteht - das geht schon aus der Anrede hervor -, Ihnen ins Stammbuch geschrieben hat. Da heißt es nämlich in einem Fernschreiben an die SPD-Fraktion: Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Genossen! - Jetzt wissen Sie auch, wo der Herr steht -... Unglaublich erscheint, daß Genossen wie Andreas von Bülow, Ulrich Steger, Peter Reuschenbach, Erwin Stahl und andere mehr jetzt, nachdem Helmut Schmidt nicht mehr Regierungschef ist, mit daran wirken wollen, eine Wende bei den fortgeschrittenen Reaktorprojekten einzuleiten, eine Wende, die an parteitaktischen und auf einen kurzfristigen Erfolg - bei wem eigentlich? - wartenden Erwägungen ausgerichtet scheint. ({9}) Ich bitte Sie, sich das zu Herzen zu nehmen, meine Damen und Herren. ({10}) Ich bitte, das sehr ernst zu nehmen. Ich bitte auch weiterhin, sehr ernst zu nehmen, was der von mir sehr geschätzte Kollege Peter Reuschenbach ({11}) im Wirtschaftsausschuß erklärt hat. Ich hätte mich gerne persönlich bei ihm bedankt, aber ich sehe ihn hier nicht im Saal. Vielleicht hat er eine andere Verpflichtung. Das ändert nichts an dem Gewicht seiner Aussage. Er hat im Wirtschaftsausschuß erklärt - es ging um den SPD-Antrag in der ursprünglichen Form; die geänderte Form ist nicht besser, muß ich sagen -: Es werden in der Begründung Gründe aufgeführt, die nichts oder ganz überwiegend nichts mit der Frage zu tun haben, die die Enquete-Kommission zu beurteilen hatte, ob aus Sicherheitserwägungen die Inbetriebnahme als verantwortbar bezeichnet werden könne. Deshalb bleibe ich bei meinem Votum, das ich in der Enquete-Kommission zusammen mit Alois Pfeiffer - dem Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes; gilt das alles nichts, ist das bei Ihnen nur was für Sonntagsreden, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion? und einer Mehrheit in der Kommission abgegeben habe, daß ich die Inbetriebnahme für verantwortbar halte. ({12}) - Jawohl, das kann man sagen: ein standhafter Mann. Ich hoffe, daß es noch viele standhafte Leute von diesem Kaliber gibt, die das heute auch in ihrem Abstimmungsverhalten in der SPD-Fraktion deutlich machen. Weil Sie, Herr Kollege Steger - ich weiß das -, einen anderen Tatbestand ansprechen wollen, will ich dem zuvorkommen. Sie haben dann Gelegenheit, eine Stellungnahme abzugeben. Mir liegt eine Information des Bundesministers des Innern zu der Rücknahme der Klage der SBK vor. Das war ja in Ihrem Antrag ein wichtiges Argument. Mittlerweile haben Sie den Antrag modifiziert und heute auf Drucksache 9/2227 eingebracht. Aus diesem Vermerk geht eindeutig hervor, daß von seiten der Bundesregierung, hier des zuständigen BMI, in keiner Weise Druck auf die Genehmigungsbehörde im Land Nordrhein-Westfalen ausgeübt wurde. Hier sitzt j a Herr Minister Professor Jochimsen, der das sicherlich gern bestätigen wird. Ich stelle also fest: In keiner Weise ist vom BMI, d. h. vom zuständigen Abteilungsleiter oder von irgendeiner anderen Stelle ein Druck ausgeübt worden. Herr Kollege Schäfer, ich bitte Sie herzlich ({13}) - ich kann Ihre Frage nicht mehr beantworten, weil meine Redezeit abgelaufen ist und die Präsidentin mich schon ermahnt hat, zum Schluß zu kommen, was ich auch gerne tue -, diese Behauptungen nicht weiter in der Öffentlichkeit zu wiederholen. Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, bitte lassen Sie uns zu der gemeinsamen Verantwortung zurückkommen. Es geht um überhaupt keine Präjudizierung irgendeiner großtechnischen Entscheidung in der Schnellbrüter-Technologie, es geht um die Aufhebung des Parlamentsvorbehalts hier und heute. Bitte stimmen Sie dieser Aufhebung zu. Bekennen Sie sich zu der Entschließungsempfehlung des Forschungsausschusses. Und wenn ich noch zum Abschluß einen Vereinfachungsvorschlag machen darf: Ziehen Sie doch der Einfachheit halber Ihren Antrag am besten zurück. - Ich bedanke mich. ({14})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Steger.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zeit, zu der man über das Thema Schneller Brüter spannende und vielleicht auch brillante Debatten führen konnte, ist wohl endgültig vorbei, wie der Beitrag des Kollegen Lenzer zeigt. Ich habe den Eindruck, dieses Thema ist wie ein zäher Kaugummi, der nachts schon dreimal am Bettpfosten geklebt hat. ({0}) Er verfolgt uns in zahllosen Zeitungs-, Ausschuß-, Versammlungs- und auch in Plenarabhandlungen. ({1}) Lustlos wird er mit den bekannten Argumenten in immer dieselbe Zahnlücke geschoben. Und ich fürchte, man kann auch schon ziemlich genau prognostizieren, was der Kollege Laermann gleich ausführen wird. ({2}) Als Interessenwahrer der Bürger füge ich hinzu, Herr Prangenberg: ({3}) Es kann einem wirklich flau im Magen werden, wenn man sieht, wie viele sauer verdiente Steuergroschen hart arbeitender Bürger bislang in Kalkar nutztlos in Beton gegossen worden sind und wie viele noch folgen werden, wenn es nach dem Willen der neuen Bundesregierung geht. Herr Kollege Riesenhuber, ich glaube, nicht nur die Unternehmer haben, um in Ihrem Jargon zu bleiben, einen Anspruch auf einen return on investment, sondern auch die Steuerzahler. Das Projekt Brüter garantiert, daß das nie geschehen wird. ({4}) Uns wird dabei von Herrn Lenzer und anderen vorgeworfen, wir hätten unseren Standpunkt geändert. Das ist richtig. Aber, Herr Lenzer, man darf dabei bitte nicht vergessen, was sich mittlerweile alles an Voraussetzungen und Bedingungen geändert hat, ({5}) juristisch gesprochen: was zum „Wegfall der Geschäftsgrundlage" geführt hat. Ich betone ausdrücklich: Die Tatsache, daß wir für eine kurze Zeit im Parlament eine andere Rolle wahrzunehmen haben, hat nichts mit unserer Meinungsänderung zu tun. ({6}) Ich möchte unseren Antrag wie folgt begründen: In dem damaligen Einsetzungsbeschluß der Enquete-Kommission hieß es, daß „vor einer möglichen Inbetriebnahme des SNR 300 erneut eine Entscheidung des Bundestages auf Grund einer grundsätzlichen politischen Debatte" herbeizuführen sei. Und es hieß dann weiter: Die Kommission hat die Aufgabe, die zukünftigen Entscheidungsmöglichkeiten und Entscheidungsnotwendigkeiten im Zusammenhang mit der künftigen Entwicklung auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie unter ökologischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und Sicherheitsgesichtspunkten national wie international darzustellen und Empfehlungen für entsprechende Entscheidungen zu erarbeiten. Wir stehen heute anders als bei der Seerechtskonferenz tatsächlich vor den Fragen: Sind die Voraussetzungen für eine grundsätzliche politische Debatte erfüllt? Gibt es genügend Gründe für oder gegen die Aufnahme des Inbetriebnahmevorbehaltes? Herr Kollege Lenzer, gibt es genügend gesicherte Fakten - nicht nur im technischen Bereich -, um heute schon grünes Licht für die vielleicht 1987 oder 1988 fällige Inbetriebnahme zu geben? Die Auffassung der SPD-Fraktion lautet hierzu eindeutig: Nein! ({7}) Ich will dies kurz an Hand der in unserem Antrag genannten Gründe erläutern. Niemand in diesem Hause wird bestreiten, daß sich die realistische Einschätzung - sie ist vielleicht sogar schon zu optimistisch - für eine kommerzielle Nutzung des Brüters auf weit nach dem Jahr 2 000 verschoben hat. Herr Kollege Lenzer, gerade, weil der Anteil der Brennstoffkosten bei diesem Stromerzeuger so gering ist, ist er natürlich auch unempflindlich gegenüber relativen Veränderungen bei den Brennstoffpreisen. Gerade die französischen Erfahrungen zeigen ja, daß die Brennstoffkosten gar nicht so schnell und dramatisch steigen können, als daß die höheren Investitionskosten dadurch aufgewogen würden. Die Erwartungen an den Ausbau der Kernenergie haben sich weltweit drastisch vermindert. Damit ergeben sich auch Rückwirkungen auf die Uranversorgung in den nächsten Jahren. Ökonomisch ist da nichts zu begucken. ({8}) Herr Bugl, die volkswirtschaftliche und technologische Neubewertung, die wir j a einmal miteinander gefordert haben, muß diese Tatsachen berücksichtigen, auch und gerade um Rolle und Stellenwert des SNR 300 innerhalb der Brüterentwicklung zu klären. ({9}) Die Neubewertung, die für Ende Oktober angekündigt wurde, liegt noch nicht vor. Ihre Ergebnisse zeigen sich noch nicht einmal in Umrissen. Die Indizien, die der Herr Bundesforschungsminister - vor allen Dingen sein Parlamentarischer Staatssekretär; der ist da ja noch viel besser - bislang aus dem Sack gelassen hat, weisen in eine Richtung, die es uns nicht ratsam erscheinen lassen, jetzt an technischen Details einen Konsens zu demonstrieren, den es in der Sache und im Grundsatz längst nicht mehr gibt. ({10}) Zweitens. In den letzten Monaten sind die Kosten für die Errichtung des SNR 300 erneut explodiert. Übrigens nicht nur in der Bundesrepublik; auch der amerikanische Kongreß steht mit dem Clinch-River-Projekt vor dem gleichen Problem, nur daß dort die Kosten für das gleichgroße Projekt noch um 1 Milliarde DM höher liegen. ({11}) Finanzierungskonzepte liegen nicht vor. Im Gegenteil: Die Position des Bundesforschungsministers in den Finanzierungsverhandlungen ist durch die CDU/CSU-Fraktion geschwächt. Insbesondere möchte ich hier die Namen Lenzer und Bugl nennen; sie hatten Papiere lanciert, die eben signalisiert haben: wir übernehmen die Kosten für diese Reaktorlinien auch aus den öffentlichen Haushalten. Der Bundesforschungsminister wird schon seine Gründe dafür haben, warum er alles über den 6. März hinausschiebt. Denn er ahnt, daß er zum Schluß mit leeren Händen dastehen wird. Ich rede jetzt nur über die Errichtungskosten, nicht einmal über 200 Millionen DM Betriebskostendefizit, die der Brüter verursachen wird. ({12}) Der Bundesforschungsminister - hier möchte ich ihm ausdrücklich zustimmen - hat am 27. Oktober in der „Süddeutschen Zeitung" folgendes erklärt, und in seinem Interview im gestrigen Bonner Energiereport hat er das erneut bestätigt. Auf die Frage, ob es nicht das Vernünftigste wäre, mit dem Brüter aufzuhören, antwortete er: Dies ist die Kernfrage. Diese Entscheidung werde ich am Ende eines Prüfungs- und vor allen Dingen Verhandlungsprozesses fällen. Herr Bundesforschungsminister, ich füge hinzu: Wir auch. Sie werden uns ja sicherlich das gleiche Recht zubilligen, das Sie für sich in Anspruch nehmen. Der Unterschied zum Seerecht liegt ja wirklich darin, daß dort mittlerweile die Fakten klar sind, während beim Brüter alles unklar ist. Drittens. Schlimm ist die Posse, die sich bei der Klage des Betreibers abgespielt hat. Der Kollege Schäfer und auch die nordrhein-westfälische Landesregierung haben sich ja dazu ausführlich geäußert. Ich will das hier aus Zeitgründen nicht tun, sondern an dieser Stelle ausdrücklich der nordrhein-westfälischen Landesregierung als der zuständigen Genehmigungsbehörde dafür danken, daß sie sich dem Druck des Bundesinnenministers nicht gebeugt hat. Dies ist im Interesse der Sicherheit des Bürgers, der Glaubwürdigkeit der Genehmigungsverfahren und auch der Verantwortbarkeit der Kernenergie. ({13}) Die Tricks der Bundesregierung richten sich selber und geben auch ein Indiz dafür, welche Kernenergiepolitik ohne Wenn und Aber wir nach dem 6. März zu erwarten hätten, wenn die neue Bundesregierung so handeln könnte, wie sie möchte. Ich möchte in diesem Zusammenhang, Frau Präsidentin, erwähnen, daß die Rücknahme der Klage zu der Änderung geführt hat, die mittlerweile auf Drucksache 9/2227 vorliegt. Dies ist eine Reaktion unserer Fraktion auf diese Änderung. Viertens. Die Sicherheits- und Genehmigungsfragen des Schnellen Brüters sind längst noch nicht geklärt. Professor Birkhofer hat dem für die Enquete-Kommission erstellten Sicherheitsgutachten teilweise einen nichtexistierenden Reaktor unterstellt. Ob die von dem Professor zugrunde gelegten Nachbesserungen von der Genehmigungsbehörde aufgegriffen werden können, ist noch nicht abschließend geklärt; von den zusätzlichen Bedenken der Minderheit in der Enquete-Kommission ganz zu schweigen. ({14}) Und dieser Minderheit, Herr Kollege Lenzer, möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich meinen Respekt bezeugen, auch wenn ich persönlich ihre Schlußfolgerungen nicht teile. Das Experiment der Parallelforschung, so schwierig und kompliziert es war, war doch sehr aufschlußreich. Es war kein Ruhmesblatt für die deutsche Nuklearforschung, daß hier Diplomanden gegen etablierte Professoren antreten mußten, weil die für die Glaubwürdigkeit notwendige Pluralität der Nuklearwissenschaft auf diesem Fachgebiet nicht anders zu demonstrieren war. ({15}) Nur über eines scheint Gewißheit zu bestehen, Herr Kollege Lenzer, und das hätten Sie fairerweise erwähnen müssen, daß nämlich das Risiko des SNR 300 größer als das eines Standard-Leichtwasserreaktors vom Typ Biblis ist. Daraus folgt noch keine Ablehnung der Inbetriebnahme. Das ist überhaupt nicht mein Punkt. Aber Sie schreiben ja in Ihrer Stellungnahme selber, daß das Risiko aus dem Betrieb des SNR 300 in der gleichen Bandbreite wie jenes der in Betrieb befindlichen Leichtwasserreaktoren liegt. Der in Betrieb befindlichen! Das heißt, sie decken auch so unsichere Kantonisten wie Gundremmingen ab, wo ja das Risiko beträchtlich höher ist. Zur Verdeutlichung dieser Sachaussage - persönlich neige ich sehr dazu - zum Risiko haben die beiden von Ihnen zitierten Kommissionsmitglieder, nämlich der Kollege Reuschenbach und Alois Pfeiffer, in ihrer separaten Begründung des Votums klargestellt - ich zitiere -: Es ist deshalb die vorsichtige Bewertung vertretbar, daß das gesamte Risiko aus dem Betrieb des SNR 300 in der gleichen Bandbreite liegt wie jenes der in Betrieb befindlichen Leichtwasserreaktoren. Damit ist weder eine Hochrechnung auf z. B. zehn Leichtwasserreaktoren noch eine vergleichende Begrenzung auf einen Leichtwasserreaktor zulässig. Die Wahrheit wird dazwischen liegen. Dies ist, glaube ich, eine sehr realistische Betrachtung. Bevor ich zum Schluß komme und noch einmal darauf verweise, wie viele ungelöste Fragen es gibt, lassen Sie mich eine persönliche Bemerkung machen, von der ich nicht weiß, ob alle Kollegen aus meiner Fraktion sie teilen. Jeder in diesem Hause weiß, daß ich mich seit Beginn der Energiedebatte für die Verantwortbarkeit und auch die Wünschbarkeit der Kernenergienutzung im Rahmen einer Energiepolitik eingesetzt habe, die auf dem Vorrang des Energieeinsparens und der Kohle und dem Vorrang der Sicherheit vor wirtschaftlichen Überlegungen steht. Ich habe in der Energiediskussion viel gelernt und manchmal umdenken müssen, ({16}) aber in der Substanz wenig von dem zurücknehmen müssen, was ich zur und für die Kernenergie gesagt habe. Um so deutlicher möchte ich hier zu Protokoll geben: Der Bau des SNR 300 in Kalkar war aus heutiger Sicht ein Frühstart in der Wachstumseuphorie der Nachkriegszeit, die mittlerweile zu Recht verflogen ist. Das Kalkar-Projekt ist heute zum Symbol einer Technikgläubigkeit geworden, hinter die vor allem die jüngere Generation zu Recht Fragezeichen setzt. Schlimmer noch: Es ist zum Symbol für ein katastrophales Mißmanagement von Staat, Industrie und Wissenschaft geworden. ({17}) Niemand kann sich dabei von Schuld freisprechen. Es mauert unseren Forschungshaushalt zu und läßt kaum Platz für wirklich entscheidende Zukunftstechnologien wie Mikroelektronik - Biotechnologie oder andere energiesparende und umweltfreundliche Technologien. Es ruiniert den Ruf und das Ansehen unserer Forschungs- und Technologiepolitik. Wenn ich jetzt sage „unserer", dann meine ich das, was wir in der Vergangenheit ja zum großen Teil gemeinsam miteinander getragen haben. ({18}) Ich sage: Es ruiniert diesen Ruf zu Recht, und es erweist sich immer mehr als eine schwärende Wunde für die Nutzung der Kernenergie, weil angesichts der Milliardenkosten dieses Denkmals eines Nuklearbarocks niemand noch bereit ist, an die wirtschaftlichen Vorteile der Kernenergie zu glauben. ({19}) Dies zuzugeben und daraus die unvermeidlichen Konsequenzen zu ziehen, wäre eine glaubwürdigere Politik als das Hin- und Herschieben von Verantwortlichkeiten für die Zerstörung falscher Hoffnungen. ({20}) Nur um zu beweisen, Herr Kollege Lenzer, „daß wir auch so etwas können", ist den Preis, daß sich der Staat durch eine Milliarden-Fehlinvestition weiter kompromittiert, nicht wert. ({21}) Ich fasse zusammen. Der Deutsche Bundestag hat am 14. Dezember gegen die Stimmen der CDU/ CSU beschlossen, „daß der Bau des SNR 300 und die begleitenden Forschungsarbeiten einschließlich der sich daraus eventuell ergebenden Modifikationen fortgesetzt werden" sollen. An diesem Beschluß hält die SPD-Bundestagsfraktion weiter fest. Angesichts der nicht vorhandenen Entscheidungsgrundlagen, der ausstehenden Neubewertung, der ungesicherten Finanzierung, der ungeklärten Sicherheitsfragen und der Unvollständigkeit der Aussagen der Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergiepolitik" hält es meine Fraktion für politisch unverantwortbar, derzeit eine grundsätzliche Entscheidung über die Zukunft des SNR 300 zu fällen. Ich beantrage daher im Namen meiner Fraktion, den Inbetriebnahmevorbehalt des Bundestages jetzt nicht aufzuheben, und bitte daher auch die Mitglieder der Regierungskoalition, insbesondere aus der FDP, unserem Antrag auf der Bundestagsdrucksache 9/2130 mit den heute eingebrachten Änderungen auf Drucksache 9/2227 zuzustimmen. - Herzlichen Dank. ({22})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Laermann.

Prof. Dr. - Ing. Karl Hans Laermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001266, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Steger, es ist schon erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit Sie zu rotieren vermögen, denn wenn ich in jahrelanger enger Zusammenarbeit nicht Gelegenheit gehabt hätte festzustellen, was Ihre eigentliche Meinung ist, kann ich nur meiner Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß sie sich in den letzten vier Wochen so total geändert hat. ({0}) - Ja, manchmal brüten welche ganz langsam und kriegen dann auch nicht die Kurve. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage, über die wir heute zu entscheiden haben, ist doch, ob der Deutsche Bundestag seinen politischen Vorbehalt gegen eine mögliche Inbetriebnahme des SNR 300, eines Prototyps eines Schnellen Brüters, aufheben will oder nicht. Der Deutsche Bundestag hatte schon 1978 einen Beschluß darüber gefaßt, nämlich eine Enquete- Kommission einzusetzen und sie mit der fachlichen Klärung dieser sehr schwierigen Frage zu betrauen. Diese Kommission hat in der 8. Legislaturperiode eine Beschlußempfehlung abgegeben, ohne sich letztendlich über die Inbetriebnahme zu äußern, weil noch nicht für alle Kommissionsmitglieder Evidenz im Hinblick auf die politische Verantwortbarkeit bestand. Die Kommission hat dann für die Nachfolgekommission in der 9. Legislaturperiode empfohlen, noch eine Literaturstudie über den internationalen Stand in der Frage der Höhe der Energiefreisetzung im Auslegungsstörfall zu erstellen; sie sollte darüber hinaus noch eine risikoorientierte Studie in Auftrag geben, an der sowohl Kritiker als auch Befürworter der Schnellbrütertechnologie beteiligt werden sollten. Die Studien wurden vorgelegt und in der Kommission ausgewertet. Zusätzlich wurden internationale Experten zur Stellungnahme hinzugezogen und um Disputation gebeten. Die Enquete-Kommission hat dann ihrem detaillierten Auftrag entsprechend einen Zwischenbericht vorgelegt, in dem sie mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder zu der Auffassung gelangt, daß das Risiko - das war die eigentliche Aufgabe der Kommission - eines Schnellbrutreaktors des Typs SNR 300 kleiner ist oder allenfalls in der Bandbreite eines Leichtwasserreaktors des Typs Biblis B, also 1 300 MW, liege. Das war die konkrete Frage, die nach der Beschlußempfehlung der alten Kommission noch zu prüfen war. In der Kommission hat dann eine Minderheit entgegen den ursprünglichen Vorstellungen - ich habe das hier schon vorgetragen - andere Argumente berücksichtigt und zu einer ablehnenden Empfehlung herangezogen, und zwar eigenartigerweise von einem Mitglied damit begründet, daß in der Zwischenzeit - nämlich von 1980 bis jetzt - zu wenig für das forcierte Energiesparen getan worden sei, zu wenig Geld für die Erforschung alternativer Energiequellen zur Verfügung gestellt worden sei. Wenn nun kurzfristig 2 Milliarden DM dafür bereitgestellt würden, könne er einer Inbetriebnahmeempfehlung zustimmen. Es waren also offensichtlich keine Sicherheitsbedenken; denn die läßt man sich auch nicht mit 2 Milliarden DM abkaufen. Ich finde, das sind eigenartige Schlußfolgerungen, und mit deren Auswirkungen haben wir uns hier zu beschäftigen. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit will ich nicht auf die technischen Einzelheiten eingehen, sondern lassen Sie mich noch einmal folgendes feststellen. Die Aufhebung des politischen Vorbehaltes gegen eine mögliche Inbetriebnahme des SNR 300 ist kein Einstieg in eine Plutoniumwirtschaft. Das hat auch die Enquete-Kommission in der vorigen Legislaturperiode einstimmig festgestellt. Sie ist auch keine Festlegung auf eine in Zukunft mögliche oder notwendige - die Frage steht jetzt nicht an - kommerzielle Brüternutzung. Sie ist auch keine Festlegung auf eine volle Finanzierung des in Frage stehenden Projektes durch den Staat, durch die öffentliche Hand. Die Aufhebung des politischen Vorbehaltes gegen eine mögliche Inbetriebnahme hat - auch nach den Vorstellungen der Enquete-Kommission in der 8. wie in der 9. Legislaturperiode - keinen Einfluß auf das Genehmigungsverfahren. Dieses Genehmigungsverfahren läuft entsprechend der gegebenen Rechtslage ab. Ich möchte wissen, was geschieht, wenn der Vorbehalt des Bundestages nicht aufgehoben wird. Kann die Genehmigungsbehörde nach zwölf Jahren Genehmigungsverfahren, in dem sie die Auflage in Richtung auf eine Inbetriebnahme gemacht hat, am Ende erklären: „Das war alles falsch. Obwohl Sie meine Auflage erfüllt haben, kann ich die Genehmigung zur Inbetriebnahme nicht erteilen"? Auf welcher Rechtsbasis soll denn eine Betriebsgenehmigung versagt werden? Wenn der Bundestag außer seinem politischen Vorbehalt auch einen rechtlichen Vorbehalt hätte machen wollen, dann hätte er konsequenterweise eine Novellierung des Atomgesetzes anstreben müssen. Die Aufhebung des politischen Inbetriebnahmevorbehaltes ist eine Voraussetzung dafür - auch darüber, Herr Kollege Steger, waren wir uns in den letzten Monaten im klaren, auch zusammen mit dem damaligen Forschungsminister Herrn von Bülow -, daß die Verhandlungen mit der Wirtschaft - vorwiegend mit der Elektrizitätswirtschaft - bezüglich der Übernahme der Kostensteigerung beim SNR 300, wie aber auch beim THTR, den wir nicht außenvor lassen dürfen, erfolgversprechend geführt werden können. Wenn Sie heute beklagen, daß noch kein Ergebnis vorliegt, dann hängt das entscheidend damit zusammen, daß dieser Vorbehalt des Parlamentes noch nicht aufgehoben worden ist. ({1}) Nun hat eine Kommission von Experten sachverständig festgestellt, daß wir dieses Risiko politisch verantworten könnten, und nun wird gesagt: „Aber die Finanzierung ist nicht gesichert." Irgendwo müssen wir aus diesem Teufelskreis ausbrechen und den ersten Schritt tun. Ich meine, daß dies die Aufhebung des Inbetriebnahmevorbehaltes ist. Wenn die Wirtschaft zum volkswirtschaftlichen Nutzen der Brütertechnologie in der Zukunft steht, dann wird sie auch bereit sein, dieses Ding zu finanzieren. Wenn sie dazu nicht bereit ist, dann ist das Unternehmen beendet. Aber es scheitert nicht an diesem Parlament. ({2}) Dieses Parlament soll sich doch - verdammt noch mal! - nicht den Schwarzen Peter in die Tasche stecken, daß es für alle Folgen verantwortlich ist, die durch eine solche Entscheidung entstehen. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schäfer? Bitte schön.

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Laermann, darf oder muß ich Ihre eben gemachten Äußerungen so verstehen, daß über die Einführung der Brutreaktortechnologie letztlich die Wirtschaft und nicht die Politik zu entscheiden hat?

Prof. Dr. - Ing. Karl Hans Laermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001266, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Schäfer, das haben Sie völlig mißverstanden. Es geht darum, ob wir diese Technologie in einem Forschungs- und Entwicklungsstadium bis zur Anwendungsreife entwickeln. Wir stellen fest, daß die Kosten für dieses Projekt das Maß dessen überstiegen haben, was die öffentliche Hand finanzieren kann. Wenn die Industrie - ohne daß dies, das wiederhole ich, eine Präjudizierung der kommerziellen Nutzung ist und sein soll und sein darf - daran interessiert ist, in der Zukunft, in welcher Zeit auch immer, über diese Technologie verfügen zu wollen, dann muß sie dies heute damit bekennen, daß sie bereit ist, die Finanzierung zu übernehmen. Wir sollten sie, Herr Kollege Schäfer, aus dieser Pflicht auch nicht entlassen, indem wir mit der Nichtaufhebung dieses Vorbehalts nun unsererseits das Scheitern der gesamten Entwicklung zu verantworten haben. Ich sage das in bezug auf die gesamte Entwicklung der fortgeschrittenen Reaktorlinien einschließlich des Hochtemperaturreaktors. Wenn Herr Kollege Steger eben sagte, er fühle sich als Interessenwahrer des Steuerzahlers und sei dagegen, daß nutzlos die Milliarden in Beton gegossen werden, dann muß ich sagen, der Beton steht schon da, wir haben vor zwölf Jahren mit dem Gießen von Beton angefangen. Herr Kollege Steger, zwölf Jahre arbeiten wir zusammen und haben zusammen dieses Projekt und die Fortentwicklung vertreten. Also warum fällt Ihnen erst jetzt ein, daß Sie Interessenwahrer sind? ({0}) Nun begründet die SPD-Fraktion ihre Ablehnung unter anderem auch damit, daß noch wichtige sachliche und methodische Fragen der Sicherheitsanalyse weiterer Klärung bedürften und von den zuständigen Genehmigungsbehörden weiter zu verfolgen seien. Ich darf mit Genehmigung der Frau Präsidentin aus der alten Enquete-Kommission zitieren: Die Kommission legt Wert auf die Feststellung, daß die im Zusammenhang mit dem SNR 300 genehmigungstechnisch relevanten sicherheitstechnischen Fragen von der Genehmigungsbehörde aufgenommen worden sind bzw. werden. Es ist festzuhalten, daß die Genehmigungsbehörde auf der Basis einer Konzeptbeurteilung davon ausgeht, daß nach Berücksichtigung der von ihr im Laufe des detaillierten Genehmigungsprozesses auferlegten Maßnahmen der SNR 300 sicher betrieben werden kann. Ich frage mich, was heute anders an dieser Situation ist. Die Genehmigungsbehörde wird, dessen können wir sicher sein, auch neue Erkenntnisse aufgreifen und berücksichtigen, mit Sicherheit auch neue Erkenntnisse, die sich aus der Begutachtung, aus den Studien ergeben. Es ist nicht unsere Aufgabe, dies zu beurteilen, sondern dies ist die Pflicht, die gesetzliche Pflicht der Genehmigungsbehörde. Des weiteren wird die Ablehnung seitens der SPD-Fraktion mit der Frage begründet, ob der Nutzen des SNR 300 das Risiko rechtfertige. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß das Risiko unter Beachtung sowohl der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses als auch hinsichtlich des Schadensausmaßes, der Folgen kleiner ist, höchstens aber in der Bandbreite eines Leichtwasserreaktors liegt. Zum anderen halte ich eine derartige Begründung für eine höchst gefährliche Argumentation. Soll diese Begründung etwa heißen, daß man in Abhängigkeit von der Bedarfslage ein hohes oder sogar jedes Risiko akzeptieren kann, dies dann u. a. deshalb, weil man die notwendigen verantwortbaren Entscheidungen nicht zur rechten Zeit trifft? Das kann doch wohl nicht wahr sein. Es ist doch gerade unsere politische Verpflichtung, im Hinblick auf die langen Entwicklungszeiten neuer Technologien, insbesondere zur Zukunftssicherung der Energieversorgung, dafür Sorge zu tragen, daß die Risiken unabhängig von der aktuellen Bedarfslage minimiert werden. ({1}) Das ist ein Stück verantwortlicher Daseinsvorsorge. Das heißt auch, daß wir in unserem Land mit unserem wissenschaftlichen und technischen Potential auf der Grundlage unserer hohen und, international gesehen, höchsten Sicherheitsanforderungen die notwendigen Technologien und Verfahren selbst entwickeln, unsere eigenen Erfahrungen in Planung, Genehmigung, Bau und Betrieb solcher Anlagen sammeln müssen. Ich meine, es wäre geradezu töricht, zu einem späteren Zeitpunkt bei dann gegebenem Bedarf das zu kaufen, was am Markt ist. Das würde Verzicht auf Sicherheit, Verzicht auf Unabhängigkeit bedeuten. Es würde letztlich unsere Existenz aufs Spiel setzen. Im Dezember 1978 bei dem sogenannten Kalkar-Beschluß stimmte die CDU/CSU-Fraktion aus politisch opportunen Gründen mit Nein. Heute hat sich die SPD-Fraktion, jedenfalls eine Mehrheit, wie ich annehmen muß, aufgemacht, ihre ursprüngliche Haltung um 180 Grad zu verändern. Denn schließ8312 lich hat sie seit mehr als einem Jahrzehnt die Verantwortung für dieses Entwicklungsprojekt, hat schließlich auch die internationalen Verpflichtungen, die Vereinbarungen von Nizza und die daraus abgeleiteten Verträge zu verantworten. Wer hat die denn abgeschlossen? Es war der Bundesforschungsminister Matthöfer, der 1974/1975 die Vereinbarungen von Nizza festgelegt und vertraglich abgesichert hat. Es ist schon beachtlich, wie reine Sachfragen, insbesondere technische Entwicklungen in unverantwortlicher Weise dem politischen Kalkül, dem durchsichtigen politischen Taktieren unterworfen werden, ja, ich sage, geopfert werden. ({2}) Das ist unverantwortlich im Hinblick auf den zwingend notwendigen Strukturwandel. So setzen wir unsere wirtschaftliche und damit politische Zukunft aufs Spiel. Nach dem in mehrjähriger Arbeit der Enquete-Kommission erarbeiteten Ergebnis kann die mögliche Inbetriebnahme des SNR 300 sicherheitstechnisch verantwortet werden. So die Beschlußempfehlung. Größte, schwerste Störfälle sind höchst unwahrscheinlich, die dann möglichen Schadensfolgen, Wirkungen auf Menschen gering, keine Frühschäden zu befürchten, die möglichen Spätschäden abwendbar, und für eventuell notwendige Evakuierungsmaßnahmen steht ausreichend Zeit zur Verfügung. Und dies bezogen auf den hypothetischen Störfall unter Zugrundelegung schon naturgesetzlich nicht gegebener Möglichkeiten. Ob das Unternehmen SNR 300 zu Ende gebracht werden kann, hängt im weiteren von der Bereitschaft der Industrie ab, die Finanzierung zu sichern, und letztlich von den Entscheidungen der allein verantwortlichen Genehmigungsbehörden. In diesem Sinne, meine ich, könnten wir es verantworten, den politischen Inbetriebnahmevorbehalt aufzuheben. Ich bitte Sie, der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Forschung und Technologie und der mitberatenden Ausschüsse - Wirtschaftsausschuß und Innenausschuß - zuzustimmen. Ich bedanke mich. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schuchardt.

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, nicht nur um meine eigene Position zur zukünftigen Entwicklung der Kernenergie hier aufzuzeigen, sondern auch um die FDP-Fraktion - oder ich sollte vielleicht besser sagen: um die Mehrheit der FDP-Fraktion in diesem Hause - an die FDP-Beschlüsse zu erinnern, ({0}) mit denen sich die FDP 1980 dem Wähler gestellt hat. - Na j a, es kann j a sein, daß es manchmal unangenehm ist. Wie es überhaupt sehr traurig ist, daß es inzwischen den fraktionslosen 1980 unter dem blaugelben Schirm Angetretenen im Wahlkampf überlassen ist, sich im wesentlichen für die Parteibeschlüsse einzusetzen. ({1}) Die FDP hat sich auf ihren Parteitagen 1977 bis 1980 sehr umfassend mit der Energiepolitik befaßt. In bezug auf die Kernenergie liest sich das im Wahlprogramm 1980 so: Alle Möglichkeiten der rationellen Energienutzung und alternativer Energien sind so weit auszunutzen, daß der Einsatz von Kernenergie überflüssig werden kann. Insofern sieht die FDP-Programmatik den Einsatz der Kernenergie nur zur Restbedarfsdeckung, also für einen mittelfristigen Zeitraum vor. Was nun den Schnellen Brüter anlangt, hat die FDP 1978 beschlossen - dies ist auch noch einmal im Wahlprogramm 1980 erwähnt worden -: Die FDP lehnt die kommerzielle Nutzung der Schnellen-Brüter-Technologie ab. Und: Die FDP wird sich im internationalen Bereich für die Durchsetzung des Verzichts auf die kommerzielle Nutzung der Schnellen-BrüterTechnologie einsetzen. Heute soll nun das Gegenteil beschlossen werden. ({2}) Ich gehörte zu denen, die der dritten Teilerrichtungsgenehmigung zum SNR 300 nicht zugestimmt haben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Laermann?

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Das Problem ist, daß Fraktionslosen eine sehr eingegrenzte Zeit zur Verfügung steht. Insofern möchte ich die Argumente, die aus dem FDP-Programm abzuleiten sind, in eins durchziehen. Es tut mir leid, Herr Laermann. Aber wir sind leider zeitlich immer begrenzt. ({0}) Meine Damen und Herren, damals wurde einigen, übrigens auch innerhalb der FDP-Fraktion, die Zustimmung erleichtert, indem man beschloß, vor Erteilung der Betriebsgenehmigung das Parlament erneut zu befragen und einzuschalten. Heute nun soll der Parlamentsvorbehalt aufgehoben werden, um Privatfirmen die Beteiligung am Schnellen Brüter zu erleichtern, d. h. die Entmachtung des Parlamentes in der wichtigen Frage der zukünftigen Kernenergie. Ich appelliere deshalb an die Mehrheit in der FDP-Fraktion, ({1}) sich an die Beschlüsse ihrer Partei zu halten ({2}) und den Antrag, der den Weiterbau des SNR 300 ermöglichen soll, abzulehnen. Die Einführung der kommerziellen Nutzung der Brütertechnologie hieße ein Ja zum forcierten Ausbau der Kernenergie. Und dafür haben Sie in Ihrer Partei kein Mandat. Es wird so oder so vor dem Jahre 2030 keinen rentablen Betrieb von Schnellen Brütern geben. ({3}) Das heißt, ein Ja zum Weiterbau des Schnellen Brüters hieße langfristig auf Kernenergie setzen und widerspräche damit dem FDP-Wahlversprechen. Warum ist die Entscheidung für einen Weiterbau mehr als fahrlässig? ({4}) Erstens. Die technische Sicherheit ist keineswegs garantiert. ({5}) Die Wahrscheinlichkeit schwerer Reaktorunfälle ist ungewiß. ({6}) Und jeder weiß, daß der Schadensumfang beim Schnellen Brüter alles übersteigen würde. Schließlich ist die Auswirkung von Sabotage und Erdbeben nicht zu Ende analysiert worden. ({7}) Zweitens. Die Entsorgung der radioaktiven Abfälle ist nicht gewährleistet. ({8}) - Mein Gott, nun hören Sie doch mal zu. Es gehört zum parlamentarischen Dasein auch, daß man einmal zuhört. Die Entsorgung der radioaktiven Abfälle ist also nicht gewährleistet. Der Wechsel auf die Zukunft, also auf künftige Generationen, ist damit unverantwortlich. Brüterkraftwerke sind Plutoniumkraftwerke. ({9}) Die FDP sagt dazu in ihrem Wahlprogramm: Vor allem bei einer kommerziellen Nutzung des Schnellen Brüters wird von Gegnern der Kernenergie befürchtet, daß zum Schutz vor Mißbrauch des in großen Mengen entstehenden Plutoniums für einen Rechtsstaat unerträgliche Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind. Richtig. Deshalb dürfen Liberale diesen Weg nicht gehen. Die vornehmste Aufgabe von Liberalen ist heute der Schutz der persönlichen Freiheit des einzelnen vor dem drohenden Überwachungsstaat. ({10}) - Ja, natürlich, Traube, in der Tat. Das sollte jeden nachdenklich machen, jeden in diesem Raume. ({11}) Die FDP betonte immer wieder, daß die Innovation in kleinen und mittelständischen Betrieben ungleich viel wertvoller ist und forderte immer wieder, die Förderung kleiner auf Kosten der großen zu erhöhen. ({12}) - Aber für Klein- und Mittelbetriebe, die im Einsparungs- und Alternativenergiebereich besonders wirken könnten, gibt es eben die Sonntagsreden und für die Großen das Geld. Heute muß man schon davon ausgehen, daß man wahrscheinlich für den Schnellen Brüter 6,5 Milliarden DM einsetzen muß. Und wenn man so die Entwicklungen der letzten Jahre betrachtet, kann man wohl auch ruhig davon ausgehen, daß es am Ende vielleicht eher 10 Milliarden DM heißen wird. Dies ist im Grunde ein Beweis dafür, daß man immer noch auf Großtechnologien setzt, aber immer wieder sagt, daß es eigentlich bei kleinen Systemen anzusetzen gilt. ({13}) Ich appelliere deshalb an die gesamte FDP-Fraktion, versuchen Sie doch bitte einmal, Ihren Wahlaussagen treu zu bleiben, und lehnen Sie den Weiterbau des Brüters ab. ({14})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Minister für Wirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Jochimsen. Minister Dr. Jochimsen ({0}): Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen trägt auf zweifache Weise beim Projekt Schneller Brüter Verantwortung. Sie ist Genehmigungsbehörde nach dem Atomgesetz und sie ist mitverantwortlich für die Sicherung der Energieversorgung nach dem Energiewirtschaftsgesetz. Beide Aufgaben nehmen wir sehr ernst. Die bisherige Abwicklung des Genehmigungsverfahrens ist der Komplexität des zu erstellenden Bauwerks angemessen gewesen. Das Verfahren ist so zügig abgewickelt worden, wie dies nach Lage der Dinge möglich war. Für uns hat dabei die Sicherheit absoluten Vorrang. Es hat in den letzten Tagen Versuche gegeben, die Arbeit der Genehmigungsbehörden in Nord8314 Minister Dr. Jochimsen ({1}) rhein-Westfalen in ein Zwielicht zu bringen. Ich weise alle solche Versuche zurück. ({2}) Die Genehmigungsbehörde arbeitet im Auftrag des Bundes. Dies setzt Kooperation und faire Zusammenarbeit voraus. Wo diese Fairneß herrscht, kann sich das Ergebnis der Arbeit sehen lassen. Wo diese Fairneß verletzt wird, muß öffentlich gestritten und notfalls auch hart reagiert werden, wie dies die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung in dieser Woche tun mußte, nachdem ein Protokoll über eine Besprechung am letzten Freitag den Eindruck zu erwecken versuchte, Nordrhein-Westfalen habe die letzte Teilerrichtungsgenehmigung in einer wesentlichen Frage geändert oder werde dies tun. Dies, meine Damen und Herren, ist nicht der Fall. Am 26. November ist eine Prüfung zugesagt worden, nachdem der Bundesinnenminister seine Auffassung dargelegt hat, er halte eine Auflage der letzten Teilerrichtungsgenehmigung für interpretations- und änderungsbedürftig. Nicht mehr und nicht weniger. Danach hat die Landesregierung ihren Willen, nicht abzuändern, bekräftigt. ({3}) Ich hoffe, daß mit dieser Klarstellung ein Schlußstrich unter die unerfreulichen Spekulationen der letzten Tage gesetzt ist. ({4}) Man muß sich darüber im klaren sein, meine Damen und Herren, daß die Debatte um die Aufhebung des politischen Vorbehalts zur Inbetriebnahme des SNR 300 im Grunde genommen an die im Jahre 1978 gegebene Ausgangslage anschließt. Diese Ausgangslage besteht aber heute nicht mehr. Die energiewirtschaftliche Situation hat sich weltweit verändert. Alle, auch die Befürworter, haben ihren Zeithorizont, ihre Beurteilung der energiewirtschaftlichen Erfordernisse des Brüters für zivile Zwecke in wenigen Jahren um Jahrzehnte hinausgeschoben, bis weit in das 21. Jahrhundert. Der SNR 300 ist unverändert ein Forschungsprojekt, aber kein Vorläufer einer sich abzeichnenden kommerziellen Nutzung. Die rasant aufgetretenen Kostensteigerungen sind ein Zeichen dafür, daß an diesem Projekt gelernt wird und daß noch weiter gelernt werden muß. Auch die Motor-Columbus-Studie des Bundesministers für Forschung und Technologie zeigt, daß Techniker und Physiker, aber auch die Administration dazulernen müssen. Die konkreten Probleme des SNR 300 sind dabei vor allem technischer und administrativer Natur, wenn ich hier etwa nur an das Ergebnis der Motor-Columbus-Studie erinnere, was technische Probleme angeht, das Problem der Stahlblechhülle oder das der zerstörungsfreien Prüfung der interkristallinen Korrosion im Reaktortank. Wir müssen auch klar sehen, was in der gegenwärtigen Debatte häufig übersehen wird, daß die Teilerrichtungsgenehmigung 5 einige wesentliche Dinge noch nicht genehmigt hat, was den Bau angeht. Das ist nämlich die Frage der zulässigen Anzahl der Lastwechsel sowie die maximal zulässigen Anfahr- und Abfahrgeschwindigkeiten oder etwa die Zulässigkeit der in den in Bezug genommenen Unterlagen dargelegten Betriebsweisen des Kraftwerks bei anomalen Bauzuständen. Ich weise hier deshalb, meine Damen und Herren, jeden Vesuch zurück, die akuten technischen und die noch offenen physikalischen Probleme zu übertünchen oder sie den Genehmigungsbehörden einseitig in die Schuhe zu schieben. ({5}) Meine Damen und Herren, als Teil der Genehmigungsbehörde gehe ich derzeit davon aus, daß es möglich werden dürfte, die Inbetriebnahme des SNR 300 so zu gestalten, daß sie sicher und verantwortbar ist. Aber auch hier sind noch eine Reihe von offenen Fragen zu lösen. Die vielen dazu von der Enquete-Kommission vorgelegten Studien und Gutachten sind noch nicht abschließend geprüft. Im übrigen hat ja die Klage der SBK auch deutlich gemacht, wo genau einige solcher offenen Probleme liegen, unverändert noch immer liegen. Meine Damen und Herren, man muß bei der Entscheidung heute auch die immer noch nicht abgeschlossene Neubewertung und die immer noch ungeklärte Finanzierung von Bau und Betrieb der beiden fortgeschrittenen Reaktorlinien einbeziehen. Zur Finanzierungsfrage meine ich gleichfalls, daß es möglich sein sollte, zu einer Regelung zu finden. Der Bundesminister für Forschung und Technologie der vorigen Regierung, Andreas von Bülow, hat hierzu Vorschläge gemacht, die Herr Kollege Riesenhuber offensichtlich unverändert weiterverfolgen will. Geschieht dies tatsächlich, hat die Bundesregierung dabei unverändert die Unterstützung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen. Aber ich sage hier ganz ausdrücklich - dies hat auch der Landtag von Nordrhein-Westfalen beschlossen -: Es kann allerdings keine Finanzierungslösung ohne den substantiellen Beitrag der Industrie geben, der die Mehrkosten beim SNR 300 abdeckt. ({6}) Deshalb, meine Damen und Herren: Aus der Sicht des Landes Nordrhein-Westfalen bleibt der Deutsche Bundestag, auch wenn Sie den Vorbehalt heute aufheben sollten, für den SNR 300 verantwortlich, ({7}) sowohl in bezug auf die zuständigen Bundesressorts als auch in bezug auf die Haushaltsentscheidungen. - Vielen Dank. ({8})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vizepräsident Frau Renger Das Wort zu einer Erklärung zur Abstimmung gemäß § 31 unserer Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Gärtner.

Klaus Gärtner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000627, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Auch im Namen meines Kollegen Burkhard Hirsch gebe ich hier für mein Abstimmungsverhalten eine Erklärung ab. Ich tue dies, obwohl ich es mir einfach machen und dem Plenum meine Erklärung vom 14. Dezember 1978 noch einmal vortragen könnte. Ich will Ihnen das ersparen. Jedem Kollegen, der das wünscht, werde ich die Nummer des Sitzungsprotokolls angeben. Ich möchte hier vielmehr deutlichmachen - Herr Kollege Lenzer hat das heute morgen schon getan -, was sich dieses Parlament damals mit seiner Abstimmung eigentlich geleistet hat. Damals hat die damalige Opposition - von daher ist auch ein gewisses Maß an Kontinuität vorhanden - gegen diesen Antrag gestimmt, obwohl sie für den Schnellen Brüter war. Heute habe ich den Eindruck, daß die heutige Opposition in dieser Frage von der damaligen Opposition etwas gelernt hat. Das nur zur Kontinuität und Ehrlichkeit von Entscheidungen. Herr Kollege Lenzer, damals -

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, Sie haben das Wort zu einer Erklärung zu Ihrem Abstimmungsverhalten. Ich bitte Sie, sich doch ein bißchen daran zu halten.

Klaus Gärtner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000627, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich versuche das, Frau Präsidentin. Aber ich glaube - Sie werden es mir gestatten - darauf hinweisen zu dürfen, daß hier eine Entscheidung ansteht, über die man meines Erachtens länger hätte diskutieren können. Denn ich finde, daß das Entscheidungen sind, die nicht nur uns, sondern auch noch Generationen nach uns betreffen. Ich habe vor vier Jahren erklärt: Denn wie sollen wir in einigen Jahren noch über das Ergebnis der Enquete-Kommission an dieser Stelle frei diskutieren können? Der Druck durch die schon jetzt verbauten Milliarden wird größer, wenn die Anlage fertig ist. Wie teuer muß eine Ruine dann sein - so fragen wir uns -, bis man entscheidet, ob sie Ruine bleibt? Wenn ich das, was ich heute gehörte habe, in meine Betrachtungen mit einbeziehe, dann stelle ich fest, daß wir auf Kosten vieler anderer technologischer Entscheidungen im Haushalt des Bundesforschungsministeriums eine Ruine finanzieren, von der viele heute wissen, daß sie sich nicht rechnet, daß sie industriepolitisch möglicherweise in eine Sackgasse führt und für uns am Ende nur die Erkenntnis übrigbleibt, daß wir zu einem Zeitpunkt entschieden haben, in dem wir noch lange nicht vollständig wußten, was diese Technologie für Konsequenzen hat. ({0}) Ich will auch folgendes klarmachen. Ich möchte auch als Parlamentarier zu dieser Entscheidung stehen, und zwar auch deshalb, Herr Kollege Laermann, weil ich meine, daß ein Parlament nicht für die Büroklammern zuständig ist, sondern für Entscheidungen von einer Tragweite, die etwas mehr als zwei oder drei Mark ausmacht. Ich meine deshalb, das Parlament selber sollte bei dieser Entscheidung noch einmal fragen, ob das, was in den vergangenen Diskussionen eine gewisse Rolle gespielt hat, berücksichtigt worden ist. Als nämlich im Vorfeld der Entscheidung der Enquete-Kommission sozusagen zwei Reaktorlinien gegeneinandergeschickt worden sind - frei nach dem Motto: der eine will den THTR 300, der andere den SNR 300 -, da wollten sich beide zusammentun, und dann hieß es: Keiner kriegt sein Spielzeug! Dann hat sich nach meinem Eindruck offenbar das Leichtwasserimperium durchgesetzt, jedenfalls wenn man die heutige Entscheidungsstruktur im Parlament sieht. Ich bleibe dabei, daß die Entscheidung des Parlaments in der Sache nicht überzeugend und finanzpolitisch unvertretbar ist. Deshalb muß an die Kommission zurückgeben: Wer wie in der Vorlage auf Seite 3 Buchstabe d behauptet, durch die Aufhebung des politischen Vorbehalts entstünden weder neue noch zusätzliche Kosten, der kann nach meinem Eindruck in den letzten Jahren nicht sorgfältig beraten haben. Das ist mindestens ein Beschluß, den ein Parlament sehenden Auges nicht fassen darf, wenn man das Thema industriepolitisch so diskutiert. Wenn man den Beschluß sachlich und finanzpolitisch sieht, dann ist er nicht haltbar. Ich werde das Parlament zu späterer Zeit, wenn es dazu noch eine Möglichkeit gibt, daran erinnern. - Vielen Dank, daß Sie mir die Möglichkeit gegeben haben, dies in Ruhe vorzutragen. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung. Zuerst stimmen wir über den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 9/2130 ab, Tagesordnungspunkt 6 a. Hierzu hat die Fraktion der SPD auf Drucksache 9/2227 einen Änderungsantrag vorgelegt. Wir stimmen über beides zusammen ab, also über den Antrag und den Änderungsantrag. Wer dem Antrag Drucksache 9/2130 mit der vorgelegten Änderung gemäß Drucksache 9/2227 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Forschung und Technologie auf Drucksache 9/2205, Tagesordnungspunkt 6 b. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses auf Drucksache 9/2205 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen. Meine Damen und Herren, wir haben noch eine Reihe von Punkten abzuwickeln. Ich unterbreche die Sitzung für eine Minute, damit die Damen und Vizepräsident Frau Renger Herren, die gehen wollen, jetzt gehen können. - Ich bitte diejenigen, die nicht mehr anwesend sein und nicht mehr mit abstimmen möchten, das Plenum möglichst schnell zu verlassen. Meine Damen und Herren, wir fahren in den Beratungen fort. Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 14. Juni 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zaire über den Luftverkehr - Drucksache 9/2033 -Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr ({0}) - Drucksache 9/2170 Berichterstatter: Abgeordneter Ibrügger ({1}) Das Wort wird offensichtlich nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Schlußabstimmung. Die Schlußabstimmung wird mit der Abstimmung verbunden. Ich rufe die Art. 1 und 2 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Meine Damen und Herren, ich bitte, sich hinzusetzen, weil ich sonst nicht sehen kann, wer gegen den Gesetzentwurf stimmt. - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 24. Juli 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Sri Lanka über den Luftverkehr - Drucksache 9/2032 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr ({2}) - Drucksache 9/2171 Berichterstatter: Abgeordneter Tillmann ({3}) Auch hier wird das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Einzelberatung und zur Schlußabstimmung. Ich rufe Art. 1 und 2 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wir verbinden die Abstimmung mit der Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 6. April 1974 über einen Verhaltenskodex für Linienkonferenzen - Drucksache 9/1713 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr ({4}) - Drucksache 9/2174 Berichterstatter: Abgeordneter Sick ({5}) Das Wort wird nicht erbeten. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe die Art. 1 bis 8, Einleitung und Überschrift auf. Die Abstimmung wird mit der Schlußabstimmung verbunden. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig angenommen. Meine Damen und Herren, es ist noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/2174 unter Nr. 2 die Annahme einer Entschließung. Wer der Entschließung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so angenommen. Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 9 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes - Drucksache 9/1909 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr ({6}) - Drucksache 9/2173 - Berichterstatter: Abgeordneter Curdt ({7}) Das Wort wird nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung über Art. 1 bis 5, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich der zweiten Lesung angenommen. Wir treten ein in die dritte Beratung und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung einer Straßenverkehrsunfallstatistik ({8}) - Drucksache 9/1910 Vizepräsident Frau Renger Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr ({9}) - Drucksache 9/2169 Berichterstatter: Abgeordneter Feinendegen ({10}) Das Wort wird nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung. Ich rufe die §§ 1 bis 7, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ist in der zweiten Beratung angenommen. Wir treten ein in die dritte Beratung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Berlinförderungsgesetzes - Drucksache 9/2086 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({11}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 9/2183 - Berichterstatter: Abgeordnete Löffler Hoppe Dr. Hackel b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({12}) - Drucksache 9/2182 Berichterstatter: Abgeordnete Frau Geiger Dr. Spöri ({13}) Auch hier wird das Wort nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung. Ich rufe die Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In der zweiten Beratung angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung - Drucksache 9/1905 Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses ({14}) - Drucksache 9/2107 Berichterstatter: Abgeordnete Buschbom Fischer ({15}) ({16}) Das Wort wird nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung. Ich rufe die Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift mit den vom Ausschuß empfohlenen Änderungen auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ist in der zweiten Beratung angenommen. Wir treten in die dritte Beratung und Schlußabstimmung ein. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in der dritten Lesung einstimmig angenommen. Ich rufe Zusatzpunkt 3 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Kürzung des Amtsgehalts der Mitglieder der Bundesregierung und der Parlamentarischen Staatssekretäre - Drucksache 9/2028 Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({17}) - Drucksache 9/2176 Berichterstatter: Abgeordnete Regenspurger Bernrath Dr. Wendig ({18}) Auch hierzu wird das Wort nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung. Ich rufe die §§ 1 bis 3, Einleitung und Überschrift mit den vom Ausschuß empfohlenen Änderungen auf. Wer dem Gesetz in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist bei einer Enthaltung angenommen. Ich rufe Zusatzpunkt 4 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vizepräsident Frau Renger Gesetzes über die Anpassung von Dienst-und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1982 ({19}) - Drucksache 9/1912 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({20}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 9/2206 Berichterstatter: Abgeordnete Gerster ({21}) Kühbacher b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({22}) - Drucksache 9/2193 Berichterstatter: Abgeordnete Bernrath Regenspurger Dr. Wendig ({23}) Auch hierzu wird das Wort nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Schlußabstimmung. Ich rufe die §§ 1 bis 10, Einleitung und Überschrift mit den vom Ausschuß empfohlenen Änderungen auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Lesung mit Mehrheit angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Das Gesetz ist angenommen. Es ist noch über eine Beschlußempfehlung des Ausschusses abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/2193 unter Nr. 2, den Gesetzentwurf auf Drucksache 9/1533 für gegenstandslos zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so angenommen. Ich rufe Zusatzpunkt 5 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften - Drucksache 9/2119 Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({24}) - Drucksache 9/2223 Berichterstatter: Abgeordnete Bernrath Regenspurger Dr. Wendig ({25}) Auch hier wird das Wort nicht erbeten. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung. Ich rufe die Art. I bis IV, Einleitung und Überschrift mit den vom Ausschuß empfohlenen Änderungen auf. Wer dem Gesetz in zweiter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein und kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen! Ich rufe die Punkte 14 und 15 sowie die Zusatzpunkte 6 bis 9 auf: 14. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes ({26}) - Drucksache 9/2068 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß ({27}) Innenausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit 15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Vierten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts ({28}) - Drucksache 9/1878 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß ({29}) Finanzausschuß Ausschuß für Wirtschaft 6. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes ({30}) - Drucksache 9/2172 Überweisungsvorschlag: Innenausschuß ({31}) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß 7. Erste Beratung des von den Abgeordneten Daubertshäuser, Curdt, Kretkowski, Pauli, Wimmer ({32}) und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes - Drucksache 9/2128 Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Verkehr 8. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Berlinförderungsgesetzes Vizepräsident Frau Renger - Drucksache 9/2191 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß ({33}) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO 9. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts ({34}) - Drucksache 9/2140 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß ({35}) Innenausschuß Rechtsausschuß Finanzausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Verteidigungsausschuß Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Auch hierzu wird das Wort nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt Überweisung der Gesetzentwürfe auf den Drucksachen 9/2068, 9/1878, 9/2172, 9/2128, 9/2191 und 9/2140 an die Ausschüsse vor. Die Überweisungsvorschläge ersehen Sie aus der Tagesordnung. Ist das Haus mit den Überweisungsvorschlägen einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf: Beratung der Sammelübersicht 48 des Petitionsausschusses ({36}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache 9/2095 - Auch hierzu wird das Wort nicht erbeten. Wer der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses, die in der Sammelübersicht 48 enthaltenen Anträge anzunehmen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen ({37}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht des Bundesministers für Verkehr 1980 über den Fortgang der Verkehrserschließung des Zonenrandgebietes - Drucksachen 9/89, 9/2175 Berichterstatter: Abgeordnete Böhm ({38}) Stiegler Dr. Wendig Das Wort wird nicht erbeten. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 9/2175 die Annahme einer Entschließung. Wer ihr zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrechnungshofes Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Bundeshaushaltsrechnung ({39}) für das Haushaltsjahr 1980 - Drucksache 9/2108 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Haushaltsausschuß Das Wort wird nicht erbeten. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung der Vorlage an den Haushaltsausschuß vor. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 19 und 20 auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({40}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 3511 Tit. 698 02 - Abgeltung von Schäden -- Drucksachen 9/2020, 9/2120 Berichterstatter: Abgeordnete Nehm Glos Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({41}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 05 02 Tit. 686 30 - Beitrag an die Vereinten Nationen -- Drucksachen 9/2044, 9/2121 Berichterstatter: Abgeordnete Picard Gärtner Würtz Das Wort wird nicht erbeten. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß empfiehlt auf den Drucksachen 9/2120 und 9/2121, von der Unterrichtung durch die Bundesregierung auf den Drucksachen 9/2020 und 9/2044 Kenntnis zu nehmen. - Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({42}) zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({43}) - Drucksachen 9/2042, 9/2180 8320

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Abgeordneter Lampersbach Das Wort wird nicht erbeten. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses zuzustimmen wünscht, bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir sind am Schluß dieser Tagesordnung angelangt. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 8. Dezember 1982, 13 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.