Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung der 133. Sitzung des Deutschen Bundestages habe ich folgende Mitteilung zu machen:
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung des Freitags erweitert werden um zwei zweite und dritte Beratungen:
Kürzung des Amtsgehalts der Mitglieder der Bundesregierung und der Parlamentarischen Staatssekretäre
- Drucksache 9/2176 Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1982
- Drucksache 9/2193 -, zwei erste Beratungen:
Dritte Änderung des Bundesvertriebenengesetzes
- Drucksache 9/2172 Fünfte Änderung des Personenbeförderungsgesetzes
- Drucksache 9/2128 - und um den Antrag der Fraktion der SPD
Bessere Bedingungen für den CB-Funk
- Drucksache 9/2195 der zu Punkt 4 der Tagesordnung aufgesetzt werden soll, sowie um eine
Aktuelle Stunde betr. Mittelfristige Finanzplanung,
die um 8 Uhr beginnen soll.
Ich gehe davon aus, daß mit der Aufsetzung des Antrags der SPD betr. bessere Bedingungen für den CB-Funk und des Entwurfs des Bundesbesoldungs-
und -versorgungsanpassungsgesetzes 1982 und der bereits auf der Tagesordnung stehenden Vorlagen unter Punkt 3 - Änderung des Straßenverkehrsgesetzes - und unter Punkt 6 b - Beschlußempfehlung des Forschungsausschusses über die Schnellbrüter-Prototypanlage in Kalkar - gleichzeitig von der Frist für den Beginn der Beratung dieser Vorlagen abgewichen werden kann. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist entsprechend beschlossen.
Wir treten ein in die
Fragestunde
- Drucksache 9/2184 Die Fragen 12 bis 25 werden auf Grund der Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien des Deutschen Bundestages für die Fragestunde schriftlich beantwortet, weil sie im Rahmen der Tagesordnung anderwärts behandelt werden.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen begrüße ich den Herrn Staatssekretär. Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Klein auf. - Ich bitte Sie, die Frage 26 zu beantworten.
Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, die Fragen 26 und 27, da sie zusammengehören, gemeinsam beantworten zu dürfen.
Ist der Fragesteller anwesend? - Er ist nicht anwesend. Dann werden die Fragen 26 und 27 nicht behandelt.
Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Broll auf. Der Fragesteller bittet um schriftliche Beantwortung. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Dreßler auf:
Aus welchen Mitteln des Haushalts 1983 beabsichtigt die Bundesregierung die vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung am 26. November 1982 in der „Frankfurter Rundschau" angekündigten 330 Millionen DM Rückkehrhilfen für Ausländer zu finanzieren?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat bisher keinen Beschluß über eine eventuelle Rückkehrhilfe gefaßt. Deshalb ist auch noch keine Entscheidung über eine Finanzierung getroffen worden. Ich gehe allerdings davon aus, daß die Kosten per Saldo erheblich unter dem von Ihnen genannten Betrag liegen werden, weil im
Falle der Rückkehr eines ausländischen Arbeitnehmers bei den Leistungen der Bundesanstalt einschließlich des Kindergeldes auch beträchtliche Einsparungen entstehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Herr Staatssekretär, unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die von mir genannte Zahl von Ihrem Kollegen Vogt am 26. November 1982 in der „Frankfurter Rundschau" erwähnt wurde, und unter Hinzufügung der Tatsache, daß Ihr Kollege Vogt im gleichen Zeitungsartikel weitere Summen in Höhe von 345 Millionen DM für staatliche Rentenversicherungsrückzahlungen und von 21 Millionen DM für Rückzahlungen staatlich begünstigter Spareinlagen ohne Prämienverlust, also zusammen 696 Millionen DM, genannt und für 1983 angekündigt hat, erlaube ich mir noch einmal die Frage, wo diese von Ihnen angekündigten Mittel im Haushalt 1983, den wir in diesen Tagen beraten, aufzufinden sind.
Herr Kollege Dreßler, ich kann nur noch einmal betonen: Es liegt noch kein Gesetzentwurf vor. Die Bundesregierung arbeitet an der Erstellung eines solchen Gesetzentwurfes. Erst wenn die Rahmen bekannt sind, wenn bekannt ist, in welcher Weise eine Rückkehrhilfe gewährt werden soll, kann man sie auch quantifizieren und in den Haushalt, möglicherweise in einen Nachtragshaushalt, einsetzen. Ich bin nicht in der Lage, Ihnen heute die Summen zu bestätigen, die Sie aus einer Zeitungsmeldung zitiert haben.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Herr Kollege, darf ich dann daraus entnehmen, daß die von Ihrem Kollegen im Bundesarbeitsministerium, Staatssekretär Vogt, am 26. November genannten definitiven Zahlen aus der Luft gegriffen sind oder, wenn nicht, in dieser oder ähnlicher Höhe in einen Nachtragshaushalt, den Sie gerade angedeutet haben, Eingang finden und damit der Einzelplan 11, den wir zur Zeit beraten, schon nicht mehr reale Grundlage ist?
Herr Kollege, ich sage noch einmal: Unter der Voraussetzung, daß die Bundesregierung einen solchen Beschluß faßt, müßte man, um das handhaben zu können, einen Nachtragshaushalt erstellen. Aber die Bundesregierung hat diesen Gesetzentwurf noch nicht verabschiedet.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Wolfram.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, hat der Bundesaußenminister bei seinem jüngsten Besuch in der Türkei mit der türkischen Regierung über die vorzeitige Rückkehr von Türken verhandelt, und wenn j a, mit welchem Ergebnis?
Das kann ich Ihnen hier nicht sagen. Das weiß ich nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Penner.
Herr Staatssekretär Franke, welche Zahlenangaben stimmen denn nun, die Ihren oder die Ihres Kollegen Vogt?
Da sich der Fragesteller, der Kollege Dreßler, auf eine Zeitungsmeldung bezogen hat, müssen Sie mir abnehmen, daß der Sachverhalt, den ich Ihnen jetzt schildere, der Sachverhalt ist, der im Augenblick den wahren Zustand beschreibt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir denn in dem Punkte zu, daß es sich in diesem Fall um ein Interview in der „Frankfurter Rundschau" gehandelt hat?
Ich kann nicht sagen, ob es sich um ein Interview gehandelt hat, sondern ich kann nur sagen, daß die Bundesregierung im Augenblick an der Erstellung eines solchen Gesetzentwurfes arbeitet. Erst wenn klar ist, welche Rückkehrhilfen gewährt werden sollen, kann man sie quantifizieren.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen zur Frage 29.
Ich rufe die Frage 30 des Herr Abgeordneten Dreßler auf:
Auf welcher arbeitsrechtlichen Grundlage basiert die in der „Frankfurter Rundschau" vom 26. November 1982 geäußerte Differenzierung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zwischen arbeitslosen Ausländern wegen Auftragsmangels, Betriebsänderungen usw. und solchen arbeitslosen Ausländern aus Gründen eines Konkurses bzw. einer Betriebsstillegung?
Die von Ihnen angesprochene Differenzierung bei der Gewährung einer Rückkehrhilfe steht nicht zur Diskussion. Bei der Gewährung einer eventuellen Rückkehrhilfe stellt sich in besonderem Maße die Frage der Mitnahmeeffekte. Es muß verhindert werden, daß die Rückkehrhilfe auch von solchen Ausländern beansprucht wird, die ohnehin zurückgekehrt wären. Deshalb sind besondere Kriterien für die Gewährung einer solchen Hilfe notwendig.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Herr Staatssekretär Franke, die von mir angezogene Meldung der „Frankfurter Rundschau", als Interview Ihres Kollegen Vogt expressis verbis ausgedruckt, beinhaltet den Satz Ihres Kollegen Vogt - ich zitiere -:
... soll die Rückkehrhilfe nur an solche Ausländer gezahlt werden, die durch Betriebsstilllegungen und Konkurs arbeitslos geworden sind oder mindestens ein halbes Jahr Kurzarbeitergeld bezogen haben.
Halten Sie unter diesem Aspekt die Antwort aufrecht, die Sie mir gerade gegeben haben?
Als wirksame Kriterien könnten insbesondere Arbeitslosigkeit infolge von Betriebsstillegungen und Konkursen bzw. ein halbjähriger Bezug von Kurzarbeitergeld in Betracht kommen. Die Gewährung einer Rückkehrhilfe an diesen Personenkreis könnte zu einer Rückkehr von 20 000 ausländischen Arbeitnehmern führen, wenn - ich wiederhole - die Kriterien in dem Gesetzentwurf berücksichtigt werden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Herr Kollege Franke, nachdem die Bundesregierung angekündigt hat, eine Kommission einzusetzen, die diese Fragenkomplexe insgesamt behandelt und überprüft, und sie bereits arbeitet und zum 1. März die Ergebnisse erwartet werden, können Sie mir erklären, warum Mitglieder der Bundesregierung - hier konkret Ihr Kollege Vogt - solche präjudizierenden Differenzierungen innerhalb der ausländischen Arbeitnehmerschaft an die Öffentlichkeit geben?
Ich wiederhole, Herr Kollege Dreßler: wenn der Gesetzentwurf der Bundesregierung verabschiedet ist, werden wir über die Einzelheiten auch in diesem Hause sprechen können. Ich fühle mich nicht in der Lage, hier auf Zeitungsmeldungen zu reagieren.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Gilges auf:
Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, wie viele Arbeitnehmer heute schätzungsweise illegal in bundesdeutschen Gewerben beschäftigt sind, und wie hoch der dadurch entstandene Ausfall an Steuern und Sozialabgaben ist?
Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, die Fragen 31 und 32 gemeinsam beantworten zu dürfen.
Ist der Abgeordnete Gilges einverstanden? - Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Gilges auf:
Ist die Bundesregierung bereit, durch die Verstärkung des Personals im Bereich der Bundesanstalt für Arbeit wirksamer die illegale Arbeitnehmerüberlassung und -entleihung zu bekämpfen?
Zuverlässige Angaben oder Schätzungen über die Zahl der illegal beschäftigten Arbeitnehmer liegen der Bundesregierung nicht vor. Auch eine Schätzung der illegal tätigen Arbeitnehmer mit nur annähernd gesichertem Aussagewert ist nicht möglich, da es im Wesen der Illegalität liegt, daß sie sich einer statistischen Erfassung entzieht. Aus diesem Grunde sind auch Schätzungen über Verluste an Steuereinnahmen und Sozialabgaben nicht möglich.
Im Rahmen ihrer Aufgabe zur Wahrung der Ordnung auf dem Arbeitsmarkt wurde der Bundesanstalt für Arbeit durch das Gesetz zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung vom 15. Dezember 1981 der Auftrag zur Initiative und Koordinierung im Kampf aller zuständigen Behörden gegen die illegale Beschäftigung erteilt. Dazu baut die Bundesanstalt eine effektive Organisation in Form eines Stützpunktsystems auf, für das zur Zeit insgesamt über 200 Planstellen vorgesehen sind. Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, daß die Bundesanstalt ihre Aufgaben im Kampf gegen die illegale Beschäftigung wirkungsvoll wahrnehmen kann. Wieviel Personal zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung eingesetzt werden kann, wird auch in Zukunft unter Berücksichtigung der finanziellen und personalwirtschaftlichen Möglichkeiten der Bundesanstalt sowie den Erfordernissen des Arbeitsmarktes zu entscheiden sein.
Über die mit der Bekämpfung illegaler Beschäftigung gewonnenen Erfahrungen wird die Bundesregierung entsprechend der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 12. November 1981 zum 30. Juni 1984 berichten.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Gilges, bitte sehr.
Herr Staatssekretär, es kursieren in der Öffentlichkeit verschiedene Vermutungen über die illegale Beschäftigung; es werden ja Zahlen genannt. Sie sagen nun, es sei das Wesen der Illegalität, daß man das nicht feststellen könne. Sieht sich dann die Bundesregierung veranlaßt, entweder diesen Zahlenangaben zu widersprechen oder zumindest zu versuchen, dieser Illegalität nicht nur über die Bundesanstalt, sondern auch auf andere Weise nachzugehen, z. B. über die Polizeibehörden, über die Verfolgung von Wirtschaftskriminalität usw. usf.?
Verehrter Herr Kollege, es gehört - ich muß es noch einmal sagen - zum Wesen der Illegalität, daß man die Personen, die davon betroffen sind und diese Illegalität sozusagen für sich in Anspruch nehmen, nicht leicht ermitteln kann. Wären die Personen bekannt, wäre man natürlich auch in der Lage gewesen, zu handeln, d. h. mit Unterstützung der Bundesanstalt und der Ausländerpolizei für entsprechende Maßnahmen zu sorgen. Aber man ist nach der Einführung dieses Gesetzes nicht so leicht und so schnell in der Lage, zu einer wirksamen Bekämpfung zu kommen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wolfram.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wie soll nach Ihrer Auffas8218
Wolfram ({0})
sung konkret vor Ort die Bekämpfung der illegalen Leiharbeit aussehen, und wer soll sie konkret vor Ort administrieren?
Verehrter Herr Kollege, die Bundesanstalt für Arbeit ist nach einem Gesetz, das in diesem Hause verabschiedet worden ist, zum Handeln aufgefordert. Dort werden letztlich die Ermittlungsmöglichkeiten bestehen. Dann werden alle anderen Maßnahmen durch die jeweiligen Staatsorgane erfolgen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Keller.
Herr Staatssekretär, wenn Sie verständlicherweise schon keine konkreten Zahlen nennen können und die öffentlich diskutierten nicht bestätigen wollen oder können, können Sie uns dann wenigstens mitteilen, wie die Entwicklungstendenz der letzten Jahre war, ob eine Zunahme oder eine Abnahme festzustellen gewesen ist?
Was die Frage der illegalen Beschäftigung betrifft, so verquicken Sie diese möglicherweise mit der Frage der Zahl der Asylantengesuche in der Bundesrepublik Deutschland. Wenn man beides zusammennimmt, kann man davon ausgehen, daß eine abnehmende Tendenz zu beobachten ist.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Herr Staatssekretär Franke, können Sie mir unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Arbeitsminister a. D. Westphal im Sommer dieses Jahres die Länderminister aufgefordert hat, mit ihm gemeinsam die hier in Rede stehenden Fragen zu überprüfen, sagen, ob die neue Bundesregierung bzw. die neue Leitung des BMA diese Versuche des ehemaligen Arbeitsministers Westphal weiterbetrieben hat?
Verehrter Herr Kollege Dreßler, dieses Gesetz ist noch nicht ein Jahr alt. Der Beschluß des Deutschen Bundestages geht dahin, daß bis 1984 ein Bericht darüber zu geben ist. Ob man sich in der Zwischenzeit dieser Anregung bedient, ist eine Frage, die man mit Sicherheit weiter verfolgen sollte. Ich würde Ihnen zustimmen, daß das sicherlich eine Möglichkeit wäre, hier etwas Wirksames zu tun.
Zu einer zweiten Zusatzfrage, Herr Kollege Dreßler.
Herr Kollege Franke, ich habe nicht danach gefragt, was alles möglich sei. Was ich wissen möchte, möchte ich noch einmal präzisieren. Ich möchte wissen, ob die Bemühungen von Herrn Minister a. D. Westphal, die im Sommer dieses Jahres begonnen haben, von der neuen Bundesregierung weiterbetrieben worden sind.
Wir werden alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, um dem Gesetz Genüge zu tun.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt.
Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Berichte vor, wonach die personelle Ausstattung der Bundesanstalt für Arbeit und der mit diesen Fragen ebenfalls beschäftigten Ordnungsämter nicht ausreicht, den Gesetzesvollzug zu gewährleisten?
Die Bundesanstalt für Arbeit plant, für die Erfüllung dieser Aufgaben letztlich 200 Planstellen auszufüllen. Bis 1984 ist auch zu überprüfen, ob diese Planstellen ausreichen. Die Bundesanstalt für Arbeit ist dabei, diese Aufgaben zu erfüllen. Erst wenn das wirksam geworden ist, können wir eine Auskunft darüber geben, ob diese Zahlen ausreichen.
Keine Zusatzfrage mehr zu den Fragen 31 und 32.
Meine Damen und Herren, als ich vorhin die Fragen 26 und 27 aufrief, war Herr Abgeordneter Klein gerade noch draußen vor der Tür, aber schon vor dem Saal. Da er nicht wissen konnte, daß die ersten 25 Fragen heute nicht beantwortet werden, rufe ich jetzt die Fragen 26 und 27 des Herrn Abgeordneten Klein ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und die Landesversicherungsanstalten für die Arbeiterrentenversicherung seit Anfang Oktober 1982 keine Feststellungsbescheide für Neurenten erteilen, bei denen der Versicherungsfall bereits im Jahr 1982 eingetreten ist?
Trifft es zu, daß die Versicherungsträger von dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung angewiesen wurden, mit der Ausgabe von Rentenbescheiden für Neurenten Zurückhaltung zu üben, bis Klarheit geschaffen worden ist, wie die Sozialgesetzgebung für das Jahr 1983 aussieht, und hält die Bundesregierung diese Praxis gegenüber Rentnern, die auf ihre Bescheide warten, für vertretbar?
Der Herr Staatssekretär hat um verbundene Beantwortung gebeten.
Für den Versicherten spürbare Verzögerungen der Bescheiderteilung haben sich in der Arbeiterrentenversicherung nicht ergeben. Bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ist eine gewisse Verzögerung in der Bescheiderteilung eingetreten, die jedoch noch im Dezember dieses Jahres ausgeglichen werden wird.
Ihre zweite Frage beantworte ich mit Nein.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Klein.
Herr Staatssekretär, wenn schon solche Praktiken jetzt fast ein Vierteljahr von der BfA in Berlin gepflogen werden, wäre es da nicht sinnvoll, in solchen Situationen einmal die Antragsteller zu informieren - was nicht geschah - und zum zweiten zu veranlassen, daß Vorschußzahlungen geleistet werden, was ebenfalls nicht geKlein ({0})
schah? Ist die Bundesregierung bereit, in diesem Sinne auf die BfA einzuwirken?
Letzteres kann ich mit einem eindeutigen Ja beantworten. Ich selber habe mich schon vor Wochen um diese Angelegenheit gekümmert, nachdem mir Klagen auch von Kollegen aus dem Hause über diesen Tatbestand zugegangen sind. Es ist richtig, daß, wenn solche Fälle eintreten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Vorschüsse zahlt. Die Gründe für die Verzögerung liegen unter anderem in folgendem. Die zum Jahreswechsel erforderlichen und durch die aktuelle Gesetzgebung erschwerten Programmierungsarbeiten trafen zeitlich zusammen mit der Umstellung auf ein neues, moderneres Betriebssystem. Hierdurch wurden die Programmierungsarbeiten etwas verzögert. Aber wir haben - auch ich habe es in persönlichen Gesprächen mit dem Präsidenten der BfA in Berlin getan - auf diesen Tatbestand hingewiesen und darum gebeten, hier die Sorgen der Bürger zu verringern.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Klein.
Gehe ich recht in der Annahme, Herr Staatssekretär, daß zum erstenmal in der Nachkriegszeit eine solche Unterbrechung bei der Rentenberechnung eingetreten ist? So jedenfalls wurde mir mitgeteilt.
Das kann sein. Ich kann das jetzt nicht nachvollziehen. Die Gründe habe ich Ihnen gerade genannt. Hier fallen zwei unglückliche Zeitpunkte, wenn Sie so wollen, zusammen: erstens die Verabschiedung neuer Gesetze - jetzt wird für die Bundesversicherungsanstalt sichtbar, was dabei im Bundestag verabschiedet wird - und zweitens die Umstellung auf ein moderneres Betriebssystem. Das hat zu dieser Verzögerung geführt. Aber ich wiederhole noch einmal, ich bin völlig Ihrer Meinung, daß der betroffene Bürger, der Rentner wird, darunter nicht leiden soll.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Klein? - Das ist nicht der Fall.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Keller.
Herr Staatssekretär, wenn auf Grund dieser technischen Umstellung ein gewisser Stau eingetreten ist, was ja keiner bestreitet, können Sie uns dann vielleicht mitteilen, wann mit dem Abbau des Staues zu rechnen ist, damit wir wieder in normale Zeiten hineinkommen?
Wie ich mir habe sagen lassen, ist am 6. Dezember die Umstellung abgeschlossen, so daß dann der Stau abgebaut werden kann.
Keine weiteren Zusatzfragen? - Dann sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung begrüße ich den Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Jahn.
Ich rufe die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die von ihr verursachte Unklarheit über die Neugestaltung des Mietrechts ({0}) inzwischen mehr Attentismus bei den Investoren verursacht und damit ein größeres Investitionshemmnis darstellt als das soziale Mietrecht in seiner geltenden Fassung?
Herr Kollege Sperling, die Antwort lautet nein. Im übrigen weist die Bundesregierung darauf hin, daß sie die Bürger zu keinem Zeitpunkt über ihre mietenpolitische Konzeption im unklaren gelassen hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Sperling.
Herr Kollege Jahn, liegt das daran, daß die Bevölkerung von Ihnen auf jeden Fall erfährt, daß die Mieten in erheblichem Umfang steigen werden weit über das Maß hinaus, in dem sie in den vergangenen Jahren gestiegen sind?
Herr Kollege Sperling, die Propaganda, die zur Zeit läuft und heute morgen auch im Hearing lief, daß die Mieten exorbitant steigen, weist die Bundesregierung mit Nachdruck zurück.
({0})
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Sperling.
Herr Kollege Jahn, fürchten Sie nicht, daß Ihre Mietenpolitik dazu führt, daß sich potentielle Investoren lieber am mietpreissteigernden Altbau engagieren, statt in den Neubau von Mietwohnungen zu gehen?
Herr Kollege Sperling, wie Sie wissen, hat das Gutachten der Sachverständigen, das Anfang dieses Jahres vorgelegt worden ist, noch einmal darauf hingewiesen, daß es einen Kausalzusammenhang gibt zwischen dem geltenden Mietrecht und der Investitionsbereitschaft der Bauherren. Deshalb ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Novellierung zum Mietrecht kommen muß; denn wir sind nicht nur denen gegenüber verantwortlich, die bereits eine Wohnung haben, sondern auch denen gegenüber, die eine Wohnung suchen, und das sind insbesondere die alten Menschen, die kinderreichen Familien und die Rentner.
Herr Abgeordneter Müntefering, zu einer Zusatzfrage, bitte sehr.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung denn auch, daß durch die unterschiedlichen Stellungnahmen zum Bereich Staffel8220
Müntefering miete und Klauselmiete in der Tat ein Attentismus ausgelöst ist?
Herr Kollege Müntefering, die Bundesregierung sieht diesen Umstand nicht. Ich möchte Ihnen noch einmal ins Gedächtnis rufen, warum der Bundesbauminister auch die Frage der Klauselmiete hat prüfen lassen. Wie Sie genau wissen, ist damals sowohl vom Bundesverband der Haus- und Grundbesitzer wie auch vom Deutschen Mieterbund gemeinsam die Bitte an die Bundesregierung gerichtet worden, diese Frage von Klauseln prüfen zu lassen. Wie Sie auch wissen, hat dann die Bundesbank aus währungspolitischen Bedenken Kritik an diesem Modell geübt. Die währungspolitischen Bedenken sind auch aus der Sicht der Bundesregierung noch nicht ausgeräumt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Klejdzinski.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, aus dem gegenwärtig stattfindenden Anhörungsverfahren zu den Mieten ein paar Erkenntnisse mit hinüberzunehmen, oder hat die Bundesregierung ihre Meinung bereits festgelegt?
Die Bundesregierung verfolgt mit Aufmerksamkeit das Hearing. Soweit der bisherige Verlauf gewertet werden kann, darf die Bundesregierung feststellen, daß sie in drei Gesichtspunkten ihre Politik bestätigt findet. Die Sachverständigen haben erstens erklärt, daß künftig, wenn das neue Gesetz kommt, auch wieder mehr gebaut wird. Das halten wir aus den soeben von mir dargelegten Gründen auch für notwendig. Zweitens stellen wir fest, daß das soziale Mietrecht im Kern nicht angetastet wird. Es bleibt beim geltenden Kündigungsschutz. Eine Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung gibt es nicht. Und es bleibt beim Vergleichsmietenprinzip. Drittens führt dieses Gesetz zu mehr Vertragsfreiheit. Es wird keiner gezwungen, eine Staffelmiete abzuschließen, keiner wird gezwungen, einen Zeitmietvertrag abzuschließen. Dies alles geht nur im Wege einer vertraglichen Vereinbarung. Gegen den Willen des Mieters kann ein solcher Vertragsabschluß nicht erfolgen.
Herr Kollege Bindig zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung diese offensichtliche Mietsteigerungstendenz nicht sieht, darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung vor den Tatsachen die Augen verschließt.
Wir verschließen nicht vor den Tatsachen die Augen. Wenn Sie die Stellungnahmen der einzelnen Sachverständigen hören, dann werden Sie feststellen, daß das Flugblatt des Deutschen Mieterbundes bereits jetzt widerlegt ist.
Herr Kollege Müntefering, ich kann Ihnen zu einer weiteren Zusatzfrage leider nicht das Wort erteilen. Aber Ihre Frage wird j a gleich aufgerufen.
Herr Kollege Schmitt zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat die Stellungnahme des Deutschen Städtetages, vorgetragen von dem CSU-Oberbürgermeister Kiesl, zur Staffelmiete im Bestand Sie nicht in Ihrer Vorlage beeinflußt? Sind Sie nicht bereit, die dort vorgetragenen begründeten Bedenken in Ihre weiteren Überlegungen einzubeziehen?
Herr Kollege Schmitt, die Bundesregierung hat im Hearing die Stellungnahme des Deutschen Städtetages zur Staffelmiete aufmerksam verfolgt. Ich darf Sie daran erinnern, daß der Deutsche Städtetag beim Hearing im Frühjahr dieses Jahres offiziell gegen die Staffelmiete im Bestand votiert hat, und Herr Oberbürgermeister Kiesl hat gestern für den Deutschen Städtetag erklärt, daß man von dieser Position abrücke. Ich gestehe Ihnen zu, daß er aus der Interessenlage von München seine persönliche Meinung hinzugefügt hat, die eine andere ist. Aber die Bundesregierung stellt fest, daß der Deutsche Städtetag insoweit seine Stellungnahme zur Staffelmiete im Bestand im Sinne der Gedankengänge der Bundesregierung modifiziert hat.
Zu einer weiteren Zusatzfrage der Abgeordnete Klein.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen davon, daß drei Verbände gestern und heute bei dem Hearing den Standpunkt der Bundesregierung bejaht haben. Können Sie mir sagen, um welche drei Verbände es sich dabei handelt?
Ich habe eben nicht von drei Verbänden gesprochen. Ich habe gesagt, daß wir in drei Punkten die Meinung der Bundesregierung bestätigt finden. Die Verbände, die den Kurs der Bundesregierung bestätigt haben, waren mehr als drei.
({0})
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dreßler.
Herr Staatssekretär, darf ich die Frage wiederholen: Sind Sie bereit, uns die von Ihnen erwähnten drei Verbände namentlich zu nennen?
Wir haben gestern Stellungnahmen gehört vom Verband Freier Wohnungsunternehmen, vom Verband der Gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, vom Institut aus Saarbrücken, um Ihnen nur diese drei zu nennen, auf die Sie ja reflektieren. Ich kann Ihnen nur noch einmal sagen, daß die Bundesregierung dadurch ihre Auffassung bestätigt findet.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen zur Frage 33 wird nicht gewünscht.
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Müntefering auf:
Welche Bedenken hat der Bundesbauminister gegen die Staffelmiete, die er als „nicht die beste denkbare Lösung" bezeichnet hat, und bedeutet seine Ankündigung, nach der Bundestagswahl 1983 erneut die Klauselmiete vorschlagen zu wollen, daß die Staffelmiete 1983 eventuell wieder abgeschafft werden soll?
Herr Kollege Müntefering, die Staffelmiete soll es den Vertragsparteien ermöglichen, die Miete stufenweise zu vereinbaren. Die Staffelmiete bedeutet ein Stück Vertragsfreiheit. Zum Abschluß einer Staffelmiete wird keiner gezwungen, gegen den Willen eines Mieters kann es keine Staffelmiete geben, und es gibt auch keinen Eingriff in bestehende Verträge. Die Staffelmiete soll für begrenzte Zeit die Entwicklung der Mieten in der Weise überschaubarer machen, daß die jeweils zu entrichtenden Beträge den Vertragspartnern bei Vertragsbeginn bekannt sind. Mit der von Ihnen zitierten Anmerkung wollte der Bundesbauminister auf mögliche praktische Schwierigkeiten von Mietern und Vermietern bei der Einschätzung der Marktentwicklung hinweisen. Der Bundesbauminister hat in diesem Zusammenhang jedoch deutlich gemacht, daß die Möglichkeit, Staffelmieten zu vereinbaren, ein Angebot zur Vertragsfreiheit bildet. Die im Vorfeld angestellten Überlegungen, an Stelle der Staffelmiete allgemein die Vereinbarung einer Mietanpassungsklausel zuzulassen, geht zurück auf einen gemeinsamen Vorschlag des Deutschen Mieterbundes und des Zentralverbandes der Deutschen Haus-, Wohnungs-und Grundeigentümer. Für den Bundesbauminister war es eine selbstverständliche Pflicht, einen solchen Vorschlag dieser Verbände auf seine Realisierungsmöglichkeit hin zu überprüfen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müntefering.
Herr Staatssekretär, ich entnehme einem Nebensatz Ihrer Antwort, daß der Bundesbauminister tatsächlich Bedenken hat, und frage Sie noch einmal: Welche Bedenken hat der Bundesbauminister gegen die Staffelmiete?
Der Bundesbauminister hat die Staffelmiete als eine Möglichkeit unter anderen in die Überlegungen einbezogen. Er hat sich für diese Staffelmiete entschieden, nachdem er die Fragen, die mit einer Klauselmiete in Verbindung standen, eingehend geprüft hat.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Müntefering.
Der Bundesbauminister hat wiederholt angekündigt, daß er daran denkt, in absehbarer Zeit, wenn es ihm möglich ist, eine Form der Klauselmiete wieder ins Gespräch zu bringen und möglichst auch durchzusetzen, die er offensichtlich als die bessere Lösung ansieht. Ich frage noch einmal: Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, im Jahre 1983 Klauselmiete und Staffelmiete nebeneinander stehenzulassen?
Diese Frage stellt sich der Bundesregierung nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Klejdzinski.
Da Sie vorhin so erklärt haben, Sie hätten sich in Ihrer Meinung als Bundesregierung bisher von allen Verbänden bestätigt gefühlt, darf ich Sie - ich gehe davon aus, daß der Problembereich Staffelmieten für den Bestand auch Gegenstand dieses Hearings ist - fragen: Wie schätzen Sie die Stellungnahme des Deutschen Mieterbundes ein?
Die Stellungnahme des Deutschen Mieterbundes geht natürlich in Richtung Ablehnung. Der Deutsche Mieterbund hat im übrigen bereits ein Flugblatt, das Sie kennen, veröffentlicht. Die Bundesregierung distanziert sich von dem Flugblatt
({0})
und appelliert an den Deutschen Mieterbund, die Mitglieder objektiv und richtig und nicht einseitig und polemisch zu informieren.
({1})
Zu einer Zusatzfrage der Kollege Sperling.
Herr Staatssekretär, können Sie mir erklären, warum ein rational kalkulierender Investor angesichts der hohen Steuerbegünstigungen für Verbesserungsmaßnahmen im Bestand und der dort für die Zukunft auch vorgesehenen Staffelmiete überhaupt noch in den Neubau investieren soll, wenn seine Erträge und Begünstigungen dort geringer bleiben?
Herr Kollege Sperling, die Versicherungswirtschaft hat gestern im Hearing erklärt - sie hat es für sich selbst gesagt -, daß sie davon ausgeht, daß dann, wenn dieses neue Gesetz kommt, auch wieder verstärkt in den Mietwohnungsbau investiert wird.
({0})
- Die haben es u. a. erklärt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Rayer.
Herr Staatssekretär, können Sie mir noch einmal sagen, welches die nach Ansicht Ihres Ministers bessere Lösung als die Staffelmiete wäre und wann die Regierung plant, sie einzuführen?
Die Bundesregierung läßt sich immer von dem leiten, was gut ist und was machbar ist.
({0})
Deshalb hat sich der Bundesbauminister für die Staffelmiete entschieden, so wie sie im Gesetzentwurf ausgedruckt ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Neumann.
Herr Staatssekretär, da Sie gesagt haben, daß sich die Bundesregierung immer von dem leiten lasse, was gut ist: Halten Sie es für denkbar, daß sich auch der Vermieter nur von dem leiten läßt, was gut ist, und dem Mietsuchenden nur Staffelmietverträge anbietet, so daß eine wirkliche Vertragsfreiheit oder Wahlfreiheit für den Mieter nicht mehr gegeben ist?
Die Bundesregierung geht von der Wertneutralität des Begriffs „Vermieter" und „Mieter" aus.
({0})
Sie sieht insbesondere, daß die meisten Mietverhältnisse nach Treu und Glauben im Einvernehmen zwischen Vermieter und Mieter zustande gekommen sind.
({1})
Wir sollten nicht immer mit Blick auf einige Auswüchse, die auch die Bundesregierung bedauert, die Diskussion eröffnen.
Keine weiteren Zusatzfragen zur Frage 34.
Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Müntefering auf:
Trifft es zu, daß der Bundesbauminister in seinem Ministerium eine mittelfristige wohnungspolitische Neukonzentration in Auftrag gegeben hat, die voraussichtlich erst 1984 fertig sein wird, und will der Bundesbauminister bis dahin primär als Wirtschaftsminister unter dem spezifischen Aspekt seines Ministeriums wirken?
Herr Kollege Müntefering, der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau verfügt selbstverständlich über eine wohnungsbaupolitische Konzeption, wie Sie selbst genau wissen. In wesentlichen Punkten hat sie sich bereits in wichtigen wohnungsbaupolitischen Entscheidungen niedergeschlagen. Ich nenne die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für den Bau selbstgenutzten Wohneigentums, die Erhöhung der Effizienz des sozialen Wohnungsbaus, die Aufstockung der Mittel für die Städtebauförderung sowie die Änderungen der mietrechtlichen Rahmenbedingungen, die jetzt in der Diskussion sind. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau beabsichtigt, im Rahmen der wohnungspolitischen Forschung breitere Grundlagen für die Fortentwicklung der Wohnungsbaupolitik zu schaffen.
Den zweiten Teil Ihrer Anfrage beantworte ich mit Nein. Dabei füge ich hinzu, daß es selbstverständlich ist, daß der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau den wirtschafts-
und arbeitsmarktpolitischen Aspekten seiner Entscheidungen hohe Priorität beimißt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Müntefering.
Bedeutet die Aussage des Bundesbauministers, daß er sich primär als Wirtschaftsminister unter dem spezifischen Aspekt seines Ministeriums versteht, daß Sie den Wohnungsbau anregen wollen, egal wo, für wen, zu welchen Bedingungen und mit welcher sozialen Wirkung dies vonstatten geht?
Herr Kollege Müntefering, der Bundesbauminister steht in der Kontinuität des Bundeskabinetts. Das Bundeskabinett hat - und darauf sollten Sie im Grunde selbst stolz sein - den arbeitsmarktpolitischen und wirtschaftspolitischen Aspekten den Vorrang eingeräumt.
Bei dieser Arbeitslosigkeit, wie wir sie vorfinden, ist es oberstes Prinzip der Bundesregierung, arbeitsmarktpolitische Akzente zu setzen, sogar dann, wenn es notfalls auf Kosten einer wohnungsbaupolitischen Perspektive geht.
({0})
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Müntefering.
Darf ich das so verstehen, daß Sie die Bedarfsschwerpunkte, in denen sich die besonderen Schwierigkeiten der Mieter kulminieren, bei Ihren jetzigen Entscheidungen nicht in dem Maße mit berücksichtigen, wie es eigentlich vernünftig wäre, sondern daß Sie sehenden Auges zulassen, daß z. B. über 7 Milliarden DM Schuldzinsenabzug eine breite, regional und sozial ungesteuerte Förderung des Wohnungsbaus erfolgt?
Herr Kollege Müntefering, Sie wissen, daß wir im zweiten Förderungsweg viermal soviel Mengeneffekte haben wie im ersten Förderungsweg. Wenn wir ein Konzept entwickeln, durch das mehr Bauarbeiter beschäftigt werden, durch das die Arbeitslosigkeit eingedämmt wird, sucht die Bundesregierung nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen dem ersten und dem zweiten Förderungsweg.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Sperling.
Herr Staatssekretär, würde das nicht auch bedeuten, daß Sie aus der Unterrichtung der früheren Bundesregierung über das Zusammenwirken finanzwirksamer Instrumente die Konsequenz ziehen und dafür sorgen, daß es auch über Steuerbegünstigungen zu mehr Bauen kommt, statt daß sich auf weniger Bauten noch mehr Steuerbegünstigungen konzentrieren?
Herr Kollege Sperling, die Bundesregierung weiß, daß Sie in der Frage des Mengeneffekts eine von Ihrer Fraktion abweichende Meinung vertreten. Ich erinnere nur an die Fragestellung, die Sie in der letzten Fragestunde des Deutschen Bundestags eingebracht haben. Sie sind hier mit der Bundesregierung im selPari. Staatssekretär Dr. Jahn
ben Boot. Ich betone noch einmal: Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit hat für diese Bundesregierung absoluten Vorrang.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Schmitt.
Herr Staatssekretär, der Herr Bundeswohnungsbauminister hat sich zum Anwalt der Mieter ernannt. In welchem Verhältnis steht dies zu seiner Erklärung, daß er nunmehr der Wirtschaftsminister im Bauministerium ist? Sehen Sie nicht eine Diskrepanz in der Einseitigkeit der jeweiligen Erklärung?
Der Bundesbauminister hat eine Konzeption, die den ausgewogenen Interessen von Vermietern und Mietern in gleicher Weise Rechnung trägt. Der Bundesbauminister ist ein Anwalt des sozialen Mietrechts. Der vorgelegte Gesetzentwurf nimmt dies auch für sich in Anspruch.
Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Meine Damen und Herren, während der Parlamentarische Staatssekretär die Frage 35 beantwortet hat, ist ihm zugerufen worden „ahnungsloser Heini".
({0})
Wir können hier oben aber den Zwischenrufer nicht lokalisieren. Ich kann ihn deshalb auch nicht zur Ordnung rufen.
({1})
Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Zur Beantwortung begrüße ich den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Köhler.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Offergeld auf:
Wie hoch ist die vom Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Einzelplan 23 angeblich entdeckte Lücke für das Haushaltsjahr 1983, und wie gedenkt er, diese Lücke zu schließen?
Herr Kollege Offergeld, ich beantworte Ihre Frage wie folgt. Die sich für den Einzelplan 23 im Haushaltsjahr 1983 ergebende Finanzierungslücke beläuft sich auf ca. 740 Millionen DM. Diese Lücke wird u. a. durch geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen bei den betroffenen Titeln bzw. soweit das rechtlich und politisch möglich ist durch Verschiebungen in künftige Haushaltsjahre überbrückt werden müssen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Offergeld.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht klar, daß es dann keine Lücke gibt, sondern haushaltsrechtlich allenfalls von Risiken gesprochen werden könnte?
Herr Kollege Offergeld, ich halte dies für einen Streit um Worte. In Wirklichkeit bedeuten diese Risiken, daß in der finanziellen Abwicklung Engpässe eintreten, die zu dem Effekt führen können, den man mit „Lücke" benennen kann.
({0})
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Offergeld.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen noch nicht klar, daß eine Etatlücke nach den Grundsätzen des Haushaltsrechtes die neue Bundesregierung gezwungen hätte, beim Einzelplan 23 für 1983 höhere Baransätze anzusetzen, daß aber ein Risiko, wenn es nicht etatreif ist, nicht zu dieser Konsequenz führen muß, und sind Sie bereit, diese Erkenntnis, die für jeden Haushaltspolitiker selbstverständlich ist, auch in das BMZ zu übernehmen?
({0})
Herr Kollege Offergeld, es handelt sich bei der Einzelfeststellung der Summe, um die es geht, sowohl um Risiken als auch um echten Mehrbedarf.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pinger.
Herr Staatssekretär, können Sie mir mitteilen, auf Grund welcher Fehler der früheren Bundesregierung die Finanzierungslücke entstehen konnte?
Herr Kollege Professor Pinger, es handelt sich einmal um den auf das Etatjahr 1983 entfallenden Anteil aus dem bekanntgewordenen rechnerischen Risiko von 2,3 Milliarden DM. Er beträgt für das kommende Jahr 356,5 Millionen DM. Weitere 85,3 Millionen DM ergeben sich aus einer Neuberechnung des Abflußschlüssels. Weitere 70 Millionen DM ergeben sich daraus, daß schon jetzt die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit ihren Titel nicht normal fahren kann; die 70 Millionen DM wären nötig, wenn der Titel normal, also ohne Benachteiligung laufender Projekte, ausgeführt würde. Es gibt dann einen Mehrbedarf von etwa 44 Millionen DM infolge Wechselkurserhöhungen im multilateralen Bereich. Es gibt etwa 24 Millionen DM, die gegebenenfalls für den Europäischen Entwicklungsfonds nötig sind. Bei der Nahrungsmittelhilfe sind es 28 Millionen DM, die sich wahrscheinlich aus Preissteigerungen und Transportkosten ergeben werden. Es gibt eine rückwirkende Veranlagung zur Mehrwertsteuer in Höhe von 134 Millionen DM, die noch strittig ist, aber vorsichtshalber berücksichtigt werden muß. Das alles ergibt die Summe von 742 Millionen DM.
Herr Kollege Dr. Pinger, Sie möchten eine zweite Zusatzfrage stellen, Sie haben aber nur eine. Vielleicht passen Sie auf, wenn Sie noch eine stellen wollen, ob sie nicht auch
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
in den Sachzusammenhang der nächsten Frage paßt.
({0}) Herr Kollege Bindig!
Handelt es sich bei dem von Ihnen genannten Betrag um rechtlich verbindlich eingegangene Verpflichtungen, und warum hat die Bundesregierung dann nicht im Haushaltsansatz dafür gesorgt, daß diesen Verpflichtungen genügt werden kann, wo uns doch bekannt ist, daß der Minister einer Kürzung des Baransatzes zugestimmt hat?
Herr Präsident, ich bitte darauf hinweisen zu dürfen, daß diese Frage nahezu wörtlich einer der folgenden Fragen entspricht. Ich würde sie gerne dem ursprünglichen Fragesteller beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden.
Zu einer Zusatzfrage der Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, Sie haben soeben davon gesprochen, daß es sich sowohl um Risiken als auch um echten Mehrbedarf handelt. Warum haben Sie dann nicht dem Parlament einen Haushaltsplan vorgelegt, der diesen echten Mehrbedarf auch abdeckt?
Herr Präsident, auch hier gilt das gleiche. Wenn der Kollege Offergeld einverstanden ist, würde ich diese Frage gerne zusammen mit seiner Frage 40 beantworten; ich kann das sofort tun.
Herr Kollege Brück ist damit einverstanden.
Zu einer Zusatzfrage der Kollege Hüsch.
Herr Staatssekretär, liegt Ihnen eine Erklärung dafür vor, daß die beiden Fragesteller, der ehemalige Minister Offergeld und sein ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär, die Erkenntnis, die Sie uns eben mitgeteilt haben, nicht schon selbst gezogen hatten und warum sie diese Erkenntnis nicht in dem von der damaligen Bundesregierung eingebrachten Haushalt berücksichtigt haben?
({0})
Herr Kollege Hüsch, für einen sehr wesentlichen Teil der eben erwähnten Zahlen ist mir von den Verantwortlichen versichert worden, daß die frühere Leitung des Hauses darüber nicht informiert worden sei. Die daraus erfolgenden Konsequenzen, die bekannt sind, hätten dementsprechend auch im Interesse der früheren Leitung des Hauses liegen müssen.
Zu einer Zusatzfrage der Kollege Pohlmeier.
Herr Staatssekretär, können Sie Angaben darüber machen, in welchem Maße die zugesagte Soforthilfe für die Türkei zur
festgestellten Finanzierungslücke beigetragen hat und aus welchen Ursachen das geschehen ist?
({0})
Die Frage bezieht sich auf den Haushalt 1982. Für den Haushalt 1983 sind Mittel für die Türkei nicht eingestellt.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Offergeld auf:
Wie konnte der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit angesichts des Grundsatzes der Haushaltswahrheit bei einer behaupteten Finanzlücke für 1983 beim Einzelplan 23 „von mehreren hundert Millionen DM" beim Entwurf einer Ergänzung zum Bundeshaushaltsplan 1983 einer Verminderung des Baransatzes beim Einzelplan 23 zustimmen?
Herr Kollege Offergeld, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat angesichts der gesamtwirtschaftlichen und finanzpolitischen Lage des Bundes einer geringfügigen Verminderung des Baransatzes beim Einzelplan 23 zustimmen können, weil durch die gleichzeitig vorgenommene erhebliche Verminderung der Verpflichtungsermächtigungen bei der finanziellen und der technischen Zusammenarbeit die Voraussetzungen für eine mittelfristige finanzielle Konsolidierung des Entwicklungshilfehaushalts und für künftige Entscheidungsspielräume geschaffen wurden.
Ich möchte im Hinblick auf die beiden Zusatzfragen, die in diese Richtung zielten, noch hinzufügen, daß der Weg gewählt worden ist, durch eine vorsichtige Politik bei den Verpflichtungsermächtigungen eine mittelfristige Konsolidierung zu suchen. Der Baransatz des Einzelplans 23 für 1983 hat ja eine der höchsten Steigerungsraten unter allen Einzelplänen für das Jahr 1983. Dies dürfte angesichts der gesamten Finanzlage das Optimum dessen gewesen sein, was zur Zeit erreichbar und vertretbar war.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Offergeld.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie zunächst im Rahmen einer Frage darauf hinweisen, daß Sie nicht auf meine Frage geantwortet haben, weil Sie -
Herr Kollege Offergeld, Sie müssen den Hinweis mindestens in die Form einer Frage kleiden.
Ja, „darf ich Sie darauf hinweisen" - so, Herr Präsident, habe ich gesagt.
Darf ich Sie darauf hinweisen, Herr Staatssekretär, daß Sie meine Frage nicht beantwortet haben, weil ich nicht von mittelfristiger Konsolidierung, sondern von den behaupteten Lücken von mehreren hundert Millionen DM im kommenden Jahr gesprochen habe, und sind Sie bereit, hier zuzugeben, daß eine Bundesregierung den Bedarf, der sich auf Grund rechtlicher Verpflichtungen ergibt, nach den
Grundsätzen des Haushaltsrechts beim Entwurf des Bundeshaushalts 1983 einstellen müßte, und warum haben Sie das nicht getan?
Herr Kollege Offergeld, ich habe darauf mindestens sinngemäß geantwortet, daß diese Einstellung bei der Finanzlage des Bundes, die Sie ja mit zu vertreten haben, nicht möglich war und daß deswegen der allein mögliche Ausweg einer entsprechenden Bewirtschaftung und einer mittelfristigen Konsolidierung gewählt werden mußte.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Offergeld.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß es bei Möglichkeiten der Bewirtschaftung überhaupt keinen Mehrbedarf gibt und daß deswegen auch keine Lücke besteht? Sind Sie endlich bereit, dies einzugestehen?
Herr Kollege Offergeld, dies werde ich nicht tun, weil ich dies nur zugeben könnte, wenn ich es mit vollem gutem Gewissen dabei für irrelevant erklären würde, daß die Projektdurchführung darunter leidet und die nötige Hilfe für die Länder der Dritten Welt mit geringerer Leistungskraft durchgeführt wird, als es wünschenswert ist.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Brück.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht immer verpflichtet, die Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel ordnungsgemäß zu bewirtschaften, und was verstehen Sie dann unter „bewirtschaften", wenn Sie eine von Ihnen behauptete Lücke damit abdecken wollen? Hieße das, daß Sie die Mittel sonst nicht ordnungsgemäß bewirtschaften würden?
Herr Kollege Brück, nein. Der Begriff der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ist ein Begriff, der die finanzwirtschaftliche Korrektheit ausdrückt. Das Strecken und Hinausschieben von Maßnahmen - und nur darum kann es in diesem Zusammenhang gehen - hat nichts mit der Korrektheit der Abwicklung zu tun, sondern mit der Frage, ob die drängenden Bedürfnisse der Länder der Dritten Welt nur über eine längere Frist bedient werden können.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Bindig.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bitte noch einmal genau sagen, ob über den gesamten Betrag in der Größenordnung von 700 Millionen DM, den Sie in Beantwortung der ersten Frage genannt hatten, rechtlich verbindliche Verpflichtungen, diese Ausgaben zu tätigen, eingegangen worden sind, denn nur dann wäre es eine Lücke?
Herr Kollege Bindig, für die wesentlichen Summen bei der bilateralen Hilfe, die ich genannt habe, bestehen rechtlich verbindliche Verpflichtungen.
({0})
- Es bestehen rechtlich verbindliche Verpflichtungen für die wesentlichen Summen; für andere Summen, bei denen es sich um Wechselkursrisiken und um die Mehrwertsteuerforderung handelt, habe ich das ja ausdrücklich gesagt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schmöle.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir noch einmal bestätigen, daß sich die Notwendigkeit für die entsprechende Bewirtschaftung auf Grund der nicht korrekten Berechnung der Verpflichtungsermächtigung bereits in der Vergangenheit ergeben hat, und daß dies, wenn es richtig gelaufen wäre, bereits von dem früheren Bundesminister so hätte vorgelegt werden müssen?
Ich beantworte Ihre Frage mit Ja.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Stahl.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß Sie - als Sie noch im Bundestag, im Ausschuß für Forschung und Technologie tätig waren - sehr stark dafür eingetreten sind, daß die Bundesregierung in den künftigen Jahren Verpflichtungsermächtigungen in Anspruch nehmen kann, damit die Entwicklungspolitik insgesamt und das, was Sie dargestellt haben, den Entwicklungsländern zugute kommen kann, weil ja derartige Projekte nicht von heute auf morgen erstellt werden, sondern sich in der Regel über einen Zeitraum von fünf Jahren erstrecken? Ist daraus, daß Sie gesagt haben, dort sei eine Lücke entstanden, nicht zu schließen, daß dies eine falsche Interpretation Ihres Hauses ist?
Herr Kollege Stahl, Sie sagten: früher, als ich noch dem Bundestag angehörte. - Ich habe mein Mandat nicht niedergelegt, sondern ich gedenke, noch eine Zeitlang Mitglied des Bundestages zu bleiben. Zum anderen habe ich nie dem Ausschuß für Forschung und Technologie angehört; Sie meinen wahrscheinlich den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Dort habe ich die Binsenweisheit, daß man in der Entwicklungspolitik mit langfristigen Verpflichtungsermächtigungen arbeiten muß, ungefähr zur gleichen Zeit begriffen, als wir beide in diesem Ausschuß tätig waren und es dort lernten. Nur: Ich habe - zusammen mit meinen Kollegen - auch die Gefahren, die sich ergaben, relativ früh erkannt. Deswegen haben wir schon im vorigen Jahr im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit einen Tendenzantrag vorgelegt, um die Verpflichtungsermächtigungen herunterzufahren und damit Gefahren für die Zukunft zu vermeiden.
Die falsche Berechnung der Deckung der Verpflichtungsermächtigungen hat aber mit den Über8226
legungen, die Sie hier soeben angestellt haben, nichts zu tun.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hüsch.
Herr Staatssekretär, wundert es Sie nicht auch, daß der frühere Minister Offergeld in seiner Fragestellung so sehr auf die rechtliche Bedeutung eines Ausdrucks abstellt, während er gleichzeitig die politische Dimension der rechnerischen Finanzierungslücke zu verdrängen sucht?
Herr Kollege Hüsch, es steht mir an dieser Stelle des Hauses nicht zu, mich zu wundern; ich bin aber selbstverständlich gerne bereit, mich nach Schluß der Fragestunde zu wundern.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Thüsing.
Herr Staatssekretär, gelten die rechtlichen Verpflichtungen, von denen Sie sprechen, für das Jahr 1983, oder sind auch andere Jahre gemeint?
Herr Kollege Thüsing, wie wir Ihnen ausführlich im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit bei der Beratung des Einzelplans 23 dargelegt haben, erstrecken sich die Verpflichtungen insgesamt über eine ganze Reihe von Jahren. Ich habe vorhin ausdrücklich die hier genannte Summe als den Anteil, der auf das Haushaltsjahr 1983 entfällt, bezeichnet.
Zu einer Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Luuk.
Wenn Sie die Tatsache, daß man Entwicklungspolitik nur auf Grund langfristiger Zusagen betreiben kann, als eine Ihnen bekannte Binsenweisheit bezeichnen, sind Sie dann bereit, diese Binsenweisheit auch Ihrem Minister mitzuteilen, damit er bei entsprechenden Interviews in der „Bild-Zeitung" dann auch richtige Auskünfte geben kann?
({0})
Frau Kollegin, es besteht kein Grund, dem Minister das mitzuteilen, denn er weiß das.
({0})
Er weiß sogar, daß Verpflichtungsermächtigungen mit der mittelfristigen Finanzplanung in Übereinstimmung stehen müssen. Dies ist aber offenbar eine Erkenntnis, die nicht immer vorhanden gewesen ist.
Meine Damen und Herren! Weitere Zusatzfragen zu Frage 40 werden nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Brück auf:
Hätte eine Lücke beim Einzelplan 23 für das Haushaltsjahr 1983 zwischen bestehenden Rechtsverpflichtungen und vorgesehenen Barmitteln den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit veranlassen müssen, nach den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und -klarheit eine Erhöhung der Baransätze zu verlangen, und wie will der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit - obwohl er eine Erhöhung nicht beantragt hat - seine Behauptung von der Finanzlücke aufrechterhalten?
Herr Kollege Brück, ich hoffe, Ihnen jetzt bei der Beantwortung nicht mehr wie eben etwas schuldig zu bleiben. Aber die Fragen liegen j a wirklich nahe beieinander.
Der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat entsprechend den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit durch eine erhebliche Absenkung der Verpflichtungsermächtigungen im Haushalt 1983, Einzelplan 23, die Konsequenzen aus dem hohen Verpflichtungsstand der vergangenen Jahre gezogen. Er hält seine Behauptung aufrecht, daß im Einzelplan 23 für 1983 eine Finanzierungslücke besteht, die durch geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen und durch eine gegenüber den früheren Jahren vorsichtigere Verpflichtungspolitik in den nächsten Jahren überbrückt werden kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß die im Entwurf der vorigen Bundesregierung für den Bundeshaushalt 1983 angegebenen offenen Verpflichtungen für die kommenden Jahre den Tatsachen entsprechen?
Ja, Herr Kollege Brück. Das ist ja gar nicht streitig.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, wenn das, was dem Parlament und der Öffentlichkeit von der vorherigen Bundesregierung an offenen Verpflichtungen mitgeteilt worden ist, den Tatsachen entspricht, warum können Sie dann von einer Lücke sprechen?
Herr Kollege Brück, es geht um eine Lücke bei der Deckung dieser Verpflichtungen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Offergeld.
Herr Staatssekretär, jetzt einmal schlicht gefragt; bitte auch eine schlichte Antwort: Reichen die Mittel, die in Ihrem Etat vorgesehen sind, im kommenden Jahr aus, um die rechtlichen Verpflichtungen, die die Bundesrepublik eingegangen ist, zu erfüllen?
Herr Kollege Offergeld, ich habe mich davon überzeugt, wie in den letzten zehn Jahren das Verhältnis der Ansätze zu den Abflüssen gewesen ist. Es ist nicht in einem
einzigen Jahr eine sogenannte volle Punktlandung gelungen, sondern es sind fast immer entweder Unterschreitungen oder Überschreitungen durch die im Laufe des Jahres auftretenden Verhältnisse vorgekommen. Insofern wissen Sie selbst sehr genau, daß die Beantwortung dieser Frage mit einer schlichten Antwort nicht möglich ist, sondern daß das ganz und gar von den Steuerungsmaßnahmen, davon wie der Haushalt gefahren wird, abhängt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Thüsing.
Herr Staatssekretär, können Sie den Unterschied zwischen Ihrem Ausdruck „hoher Verpflichtungsstand" und einer anderen Ausdrucksweise, die Ihr Minister in dem heutigen „Bild"-Zeitungsinterview gewählt hat, erklären, wo mit dem Unterton der Verschwendung von „großzügigen Verpflichtungen" gesprochen wird?
Kollege Thüsing, ich habe nicht die Möglichkeit, einen Unterton zu kommentieren, den Sie heraushören. Aber wir stimmen doch wohl überein, daß eine Pipeline für 27 Milliarden DM insgesamt als eine große Summe bezeichnet werden kann.
({0}) - In der Tat, eine hohe Summe.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pinger.
Herr Staatssekretär, können Sie mir, wenn die Zusagen nur durch Bewirtschaftungsmaßnahmen erfüllt werden können, bestätigen, daß es auch in den vergangenen Jahren unter der früheren Bundesregierung Bewirtschaftungsmaßnahmen gegeben hat, die notwendig waren, um in der erforderlichen Weise Zusagen zur Erfüllung zu bringen?
Solche Bewirtschaftungsmaßnahmen hat es verschiedentlich gegeben. Ich erinnere mich, daß es in der Amtszeit von Herrn Bundesminister Bahr zeitweise nötig war, Abflußverlangsamungen vorzunehmen. Als der Bundestag in der Amtszeit von Frau Minister Schlei größere Summen zur Verfügung stellte, hat das Haus natürlich genauso versucht, durch Beschleunigung des Abflusses diesem Umstand gerecht zu werden.
Frau Kollegin Luuk zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob Sie die in der Vergangenheit in der Höhe von 27 Milliarden DM eingegangenen Verpflichtungen in der Höhe und in der Sache kritisieren möchten, nachdem Sie doch ausgeführt haben, daß das insgesamt eine sehr große Summe ist?
Frau Kollegin Luuk, ich darf Sie daran erinnern, daß ich in mehreren Reden bei Haushaltsberatungen der vergangenen Jahre mich mit diesem Problem der sogenannten Pipeline beschäftigt habe, genauso wie der Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion zum Einzelplan 23, der Kollege Schröder ({0}), und daß vor allem in den Beratungen des Haushaltsplans 1982 von uns beiden auf die damit verbundenen Haushaltsrisiken hingewiesen worden ist.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Herr Kollege Hüsch, Sie haben eben durch Zwischenrufe und Handbewegungen Ihr Mißfallen anscheinend darüber ausgedrückt, daß die Fragen nach Ihrer subjektiven Überzeugung nicht in den sachlichen Zusammenhang mit der gestellten Frage gehörten. Es obliegt natürlich dem Präsidenten, auch dies zu prüfen, aber das kann man eng handhaben oder weit. In erster Linie liegt es beim Beantworter, bei dem Herrn Staatssekretär, ob er die Frage noch für in den Sachzusammenhang gehörig auffaßt. Wenn er antwortet, ist das seine Sache.
Frage 41 ist beantwortet. Ich rufe die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Brück auf:
Welche Barabflüsse bis zum 31. Oktober 1982 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit bei der von ihm veranlaßten Überprüfung der Finanzsituation des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit bei der finanziellen Zusammenarbeit und bei der technischen Zusammenarbeit ({0}) festgestellt, welche Mittel stehen ihm gemäß Haushaltsplan 1982 bis zum Jahresende bei diesen Titeln noch zur Verfügung?
Herr Kollege Brück, ich bitte um Entschuldigung, wenn ich Ihnen jetzt eine ganze Zahlenkolonne verlesen muß. Ich kann aber Ihre Frage anders nicht mit der gebührenden Sorgfalt beantworten. Wir können uns ja auch an Hand des Protokolls noch darüber unterhalten.
Die Situation bei den Barabflüssen der finanziellen und technischen Zusammenarbeit stellt sich wie folgt dar:
Beim Titel 2302 866 01 betrugen die Barabflüsse bis zum 31. Oktober insgesamt 1816,6 Millionen DM. Gemäß Haushaltsplan 1982 standen am 30. November bis Jahresende noch 97,3 Millionen DM zur Verfügung.
Beim Titel 2302 866 03 betrugen die Barabflüsse insgesamt bis zum 31. Oktober 1982 411,4 Millionen DM. Gemäß Haushaltsplan für das Jahr 1982 standen am 30. November 1982 bis zum Jahresende noch 319,8 Millionen DM zur Verfügung. Zahlungen im Rahmen einer Türkei-Sonderaktion 1982 sind hierbei nicht berücksichtigt.
Erfahrungsgemäß liegen die Auszahlungen der letzten Monate des Jahres über dem Durchschnitt der vorhergehenden Monate. Dabei wird davon ausgegangen, daß noch zur Verfügung stehende Mittel aus Titel 866 03 entsprechend dem Haushaltsvermerk zur Deckung von Auszahlungen bei Titel 866 01 herangezogen werden.
Beim Titel 2302 896 03 betrugen die Barabflüsse bis zum 31. Oktober 1982 608,3 Millionen DM. Gemäß Haushaltsplan für das Jahr 1982 stehen bis zum Jahresende, also für den Zeitraum 1. November
bis 31. Dezember, bei diesem Titel noch 210,3 Millionen DM zur Verfügung. Zahlen zum 30. November 1982 liegen leider noch nicht vor. Hinzu kommen noch übertragene und freigegebene Haushaltsreste aus dem Vorjahr in Höhe von 0,16 Millionen DM.
Erfahrungsgemäß sind die Fälligkeiten in den letzten beiden Monaten des Jahres immer besonders hoch. Die laut Haushaltsplan 1982 bei Titel 896 03 vorgesehenen Barmittel werden voraussichtlich in voller Höhe ausgegeben werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, können Sie noch einmal das bestätigen, was die Bundesregierung heute morgen im Auswärtigen Ausschuß mitgeteilt hat, nämlich daß es für eine mögliche Soforthilfe an die Türkei in diesem Jahr keinerlei Barauszahlungen bedarf?
Herr Kollege Brück, ich kann dies insofern nicht bestätigen, weil mir die Begründung aus der Beratung des Ausschusses und der Sachzusammenhang nicht bekannt sind. Ich habe an dieser Sitzung nicht teilgenommen und kann deswegen dazu nicht Stellung nehmen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück.
Herr Staatssekretär, Sie haben mir eben die Reste für den Monat Dezember genannt. Können Sie mir sagen, ob Sie mit diesen vorhandenen Barmitteln alle offenstehenden Verpflichtungen in diesem Jahr abdecken können?
Herr Kollege Brück, auch dies hängt wieder von der Türkei-Hilfe ab, für die allenfalls noch Beträge von etwa 50 Millionen DM bar in diesem Jahr zur Verfügung stehen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Offergeld.
Herr Staatssekretär, muß ich aus dem „wenn" in Ihrer Antwort schließen, daß Sie die Vorschläge, die die Bundesregierung zur TürkeiHilfe unterbreitet hat, nicht kennen? Denn daraus ergibt sich, daß Sie dieses Jahr dafür keine Barmittel mehr benötigen.
Herr Kollege Offergeld, ich war von der Annahme ausgegangen, daß diese Vorschläge so lauten konnten. Ich war aber aus verschiedenen Gründen bis zu diesem Moment noch nicht in der Lage, mir die genauen Vorschläge zu vergegenwärtigen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Holtz.
Herr Staatssekretär, ist jetzt, auch nach Ihren Antworten, nicht eigentlich klar
geworden, daß sich die These von der Erblast nicht mehr aufrechterhalten läßt?
Herr Kollege Holtz, wir beurteilen den Sachverhalt offensichtlich völlig verschieden.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Bindig auf:
Hält es der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit für vereinbar mit den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und -klarheit, bei der finanziellen und technischen Zusammenarbeit im Haushaltsplan 1983 beim Einzelplan 23 Baransätze vorzuziehen, die zur Erfüllung der bestehenden völkerrechtlichen Zusagen angeblich nicht ausreichen, oder erwägt er, derartige Zusagen nicht einzuhalten?
Herr Kollege Bindig, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit wird durch geeignete Bewirtschaftungsmaßnahmen sicherstellen, daß bei den Titeln der finanziellen und technischen Zusammenarbeit im Einzelplan 23 des Haushaltsplans 1983 die vorgesehenen Baransätze zur Erfüllung der von der früheren Bundesregierung eingegangenen völkerrechtlichen Zusagen ausreichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Herr Staatssekretär, jetzt muß ich doch noch einmal auf den Sachzusammenhang Ihrer Antwort eben und dessen, was wir vorhin diskutiert haben, zurückkommen. Wenn es möglich ist, durch die Bewirtschaftung zu dem Ergebnis zu kommen, daß die Baransätze ausreichen, möchte ich Sie fragen: Waren für das Haushaltsjahr 1983 rechtlich bindende Verpflichtungen eingegangen worden, die es erforderten, daß die Mittel ausgegeben wurden, und war dafür das Geld nicht da?
Herr Kollege Bindig, Sie wissen so gut wie ich, daß die rechtlichen Verpflichtungen, die vorhanden sind, in ihrem Vollzug verschieden gehandhabt werden können. Dabei haben wir alle eine bestimmte Vorstellung davon, wie die Dinge im Rahmen der Entwicklungshilfe vollzogen werden sollen, nämlich so schnell und wirksam wie irgend möglich. Von diesem Regulativ her ist die Frage zu beurteilen und nicht allein von rechtlichen Überlegungen her.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Ich hatte Sie gefragt, ob für das Jahr 1983 rechtlich bindende Verpflichtungen eingegangen worden sind, die zu erfüllen die Baransätze nicht ausreichen. Dies ist also - wenn ich noch einmal nachfragen darf - nicht der Fall?
Wenn Sie in dieser Form auf der Beantwortung beharren, lautet die Antwort: Ja.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Hüsch.
Herr Staatssekretär, können Sie nicht doch bestätigen, daß das bewußte Hinnehmen einer rechnerischen Finanzierungslücke von bis zu 700 Millionen DM nicht mehr als eine solide und verantwortungsbewußte Haushaltsführung durch die frühere Bundesregierung bewertet werden kann?
Ich beantworte die Frage mit Ja.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, habe ich richtig verstanden, daß es, wenn die Mittel ordnungsgemäß bewirtschaftet werden, im nächsten Jahr keine Lücke geben wird?
Herr Kollege Brück, ich weiß nicht, was Sie mit dem Begriff „ordnungsgemäß" meinen. Es ist auch eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung, wenn man den Abfluß nicht auf elf Jahre, sondern auf 19 Jahre berechnet. Aber ob das entwicklungspolitisch noch verantwortbar ist, darüber könnte man sich eine ganze Weile unterhalten. In diesem Sinne ließe sich ordnungsgemäße Bewirtschaftung durch entwicklungspolitische Verantwortungslosigkeit herstellen.
Wird das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage gewünscht? - Herr Kollege Dr. Pinger.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß es bei der Beurteilung der Finanzierungslücke darauf ankommt, zu unterscheiden zwischen Entstehung einer Verbindlichkeit, Fälligkeit einer Verbindlichkeit und Erfüllung einer Verbindlichkeit im Rahmen des Möglichen?
Herr Professor Pinger, dem kann ich in der Tat nur zustimmen.
Eine Frage des Herrn Kollegen Osswald.
Herr Staatssekretär, könnten Sie uns, nachdem Sie ausgeführt haben, daß die Mittel mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bis 1983 ausreichen, sagen, in welchen Bereichen hier Lükken auftreten werden?
Herr Professor Osswald, ich habe vorhin detailliert die Zahlen und die Begründung verlesen und möchte das, gerade auch im Interesse Ihrer Fragemöglichkeiten, nicht noch einmal wiederholen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Bindig auf:
Wie hoch waren die Abweichungen beim Vollzug des Einzelplans 23 in den Jahren 1979, 1980 und 1981 vom jeweiligen Haushaltsplan, und ist mit wesentlichen Abweichungen 1982 zu rechnen?
Herr Kollege Bindig, beim Vollzug des Einzelplans 23 in den Jahren 1979, 1980 und 1981 haben sich folgende Abweichungen zwischen Soll und Ist ergeben: 1979 Mehrausgaben in Höhe von 201,5 Millionen DM, 1980 Minderausgaben in Höhe von 69,1 Millionen DM, 1981 Minderausgaben in Höhe von 83,2 Millionen DM. Die Minderausgaben in den Jahren 1980 und 1981 beruhen im wesentlichen auf Einsparungsauflagen im Zusammenhang mit der globalen Minderausgabe bzw. auf Verfügungssperren nach § 41 Bundeshaushaltsordnung. Im Jahre 1982 ist nach dem derzeitigen Stand der Mittelabflüsse allenfalls mit geringfügigen Abweichungen zwischen Soll und Ist zu rechnen. Zahlungen aus der Türkei-Sonderaktion 1982 sind aber nicht berücksichtigt. Wir haben diese Frage eben schon besprochen, so daß ich diese Behauptung aufrechterhalten kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Herr Staatssekretär, Sie können mir also auf diese Frage bestätigen, daß in den letzten Jahren in etwa eine Punktlandung geglückt ist.
Ich habe eben schon in Beantwortung einer anderen Frage gesagt, daß im Bild der letzten zehn Jahre von einer reinen Punktlandung fast nie die Rede sein konnte, sondern daß sich Abweichungen bis nahezu 500 Millionen DM ergeben haben. Diese drei Jahre zeigen geringere Ausschläge. 200 Millionen DM halte ich immerhin für ganz erheblich.
Zu einer zweiten Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Herr Staatssekretär, darf ich im Hinblick auf die Notwendigkeit, daß auch Sie sich in Zukunft um Punktlandungen bemühen müssen, fragen, ob Sie eine solche Abweichung bei der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Struktur in den Entwicklungsländern für vertretbar halten?
Ich halte solche Abweichungen in einem bestimmten Rahmen für durchaus normal. Die Frage ist nur, ob sie ausschließlich aus dem Grunde zustande kommen, den Sie eben genannt haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, da Sie eben wieder davon gesprochen haben, daß Sie vielleicht Mittel für eine Türkeihilfe brauchen: Kennen Sie wirklich nicht die Absichten der Bundesregierung, daß, wenn es eine neue Türkei-Sonderaktion geben soll, dies nur projektgebunden geschehen soll, daß also angesichts der Tatsache, daß wir heute den 2. Dezember haben, in diesem Jahr beim besten Willen nichts abfließen kann?
Erstens ist mir völlig klar, daß nichts mehr abfließen kann. Zweitens habe ich eben am Ende meiner Antwort darauf hingewiesen, Herr Brück, daß wir uns darüber einig waren, wie die Dinge liegen. Insofern war also Ihre Frage schon beantwortet.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Offergeld.
Herr Staatssekretär, erwähnen Sie die Türkeihilfe als Abflußrisiko für dieses Jahr deswegen immer wieder - obwohl die Bundesregierung andere Beschlüsse gefaßt hat -, weil Sie damit einige CDU-Kollegen, die in den letzten Wochen von Zweckentfremdung von Türkeimitteln gesprochen haben, schützen wollen?
Ich sehe keinen Anlaß zu diesem Schutz, und ich habe mich eben zur Türkeihilfe, glaube ich, so geäußert, wie es sachlich vollkommen in Ordnung war, Herr Kollege Offergeld. Ich sehe keine Divergenz zwischen dem, was Sie und was ich gesagt habe.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Hüsch.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Fragesteller Offergeld deutlich machen, daß die Entscheidung der Bundesregierung, auf die er sich jetzt beruft, gestern gefallen ist, während die Ursachen, die mit der Türkeihilfe hier besprochen worden sind, auf Erklärungen des damaligen und jetzigen Außenministers Genscher vom 3. Juni 1981, 11. November 1981, 12. Februar 1982, 6. März 1982, 10. März 1982 und vom 8. Juni 1982 unter der Verantwortung der alten Regierung zurückgehen?
Ich denke, daß das dem Kollegen Offergeld bestens bekannt ist. Der inzwischen eingetretene Umstand, daß dieses Jahr keine Barabflüsse mehr erforderlich sind, müßte ihm aus seiner Perspektive als glücklicher Zufall erscheinen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Luuk.
Herr Staatssekretär, haben Sie während des Ablaufs der Fragestunde vielleicht vergessen, daß Sie es gewesen sind, der auf die Türkeihilfe Bezug genommen hat? Ihre Anmerkung, die Sie eben gemacht haben, ist nicht ganz damit in Einklang zu bringen, daß Sie es gewesen sind, der diesen Gegenstand heute in die Diskussion eingeführt hat.
Ich war dazu schlicht und einfach bei einer vollständigen Beantwortung verpflichtet, Frau Kollegin. Ich glaube, Sie überschätzen meine Vergeßlichkeit.
Zu weiteren Zusatzfragen wird das Wort nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Dr. Ueberschär auf:
Ist nach Auffassung der Bundesregierung eine langfristige entwicklungspolitische Zusammenarbeit ({0}) möglich ohne einen Überhang von offenen Verpflichtungen ({1}), und wie muß sich die Pipeline - gleichbleibende Laufzeit der Projekte unterstellt - entwickeln, wenn der Anteil der Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt ({2}) gleichbleiben soll?
Herr Kollege Ueberschär, eine langfristig angelegte entwicklungspolitische Zusammenarbeit ist schon aus haushaltsrechtlichen Gründen ohne das Eingehen von Verpflichtungen für künftige Haushaltsjahre und damit ohne einen gewissen Bestand an offenen Verpflichtungen - es wird immer wieder von der Pipeline gesprochen - nicht möglich. Aber die Höhe des Anteils der Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt ({0}) - Sie haben es in Ihrer Frage zum Ausdruck gebracht - bestimmt sich nicht nach der Höhe der Pipeline oder ihrer Entwicklung, sondern nach der Höhe der für Entwicklungshilfe in einem Haushaltsjahr effektiv erbrachten Leistungen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Ueberschär.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, in welche Richtung die Politik der Bundesregierung im Hinblick auf die Anteile der Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt in den nächsten Jahren gerichtet ist? Wird dieser Anteil sinken, gleichbleiben oder steigen?
Herr Kollege, ich stelle der Deutlichkeit halber noch einmal fest, daß dies nur an den konkreten und baren Leistungen eines Jahres gemessen werden kann. Verschiedentlich ist erklärt worden - gerade auch von Herrn Bundeskanzler -, daß die Absicht einer Steigerung der Leistungen besteht.
Zu einer zweiten Zusatzfrage, Herr Kollege Ueberschär.
Herr Staatssekretär, darf ich daraus schließen, daß die Bundesregierung alle Anstrengungen unternehmen wird, die Zielvorgabe eines Anteils von 0,7 % am Bruttosozialprodukt wenigstens annähernd zu erreichen?
Alle in diesem Haus vertretenen Parteien haben auf dem entwicklungspolitischen Kongreß der Kirchen 1979 eine solche Verpflichtung für ihre Entwicklungspolitik bejaht. Darüber besteht also Konsens. Aber jeder ist sich auch darüber im klaren, daß eine Terminierung für die Erreichung dieses Ziels unter den obwaltenden Umständen nicht erreicht werden kann. Es kann nur eine Versicherung des besten Bemühens gegeben werden.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Offergeld.
Herr Staatssekretär, noch einmal zur Pipeline. Können Sie mir bestätigen, daß
die Zahlen, die über die Höhe der Pipeline im letzten Haushaltsentwurf ausgewiesen sind, zutreffend sind, für Sie nichts Neues und nichts Überraschendes sind und daß der in der Öffentlichkeit hervorgerufene Eindruck, die neue Bundesregierung habe zu ihrem großen Erstaunen offene Verpflichtungen vorgefunden, die sie nicht habe kennen können, unrichtig ist?
Herr Kollege Offergeld, ich habe das vorhin zum großen Teil schon mit Ja beantwortet. Was aber entdeckt worden ist, ist das rechnerische Risiko von 2,3 Milliarden DM, weil hier bei den Berechnungen bestimmte Summen nicht wieder ins Soll gestellt worden sind. Damit tritt ein Deckungsproblem für die bestehenden Verpflichtungen auf.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben davon gesprochen, für die kommenden Jahre gebe es ein Deckungsproblem. Können Sie mir bitte erklären, warum die neue Bundesregierung die mittelfristige Finanzplanung der vorigen Bundesregierung nicht geändert, sondern dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit ausdrücklich mitgeteilt hat, daß es bei der bestehenden Finanzplanung bleibt?
Herr Kollege Brück, diese Frage werden Sie morgen früh um 8 Uhr in der geplanten Aktuellen Stunde sehr umfangreich diskutieren. Ich glaube, daß die Frage im wesentlichen an den Finanzminister zu richten ist.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Bindig.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß sich die Barabflüsse in den nächsten Jahren so steuern lassen, daß sie im Vergleich zu den Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung sogar so ausgehen werden, daß ein Plus entstehen kann?
Das ist theoretisch denkbar. Ich verweise aber noch einmal darauf, was ich über die Problematik so tiefgreifender Steuerungsmaßnahmen gesagt habe. Da ich Sie, Herr Kollege Bindig, als engagierten Entwicklungspolitiker kenne, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Sie damit einverstanden wären, wenn um dieser Ziele willen an der Not der Dritten Welt vorbeigesteuert werden müßte.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Luuk.
Herr Staatssekretär, ich möchte die Frage noch einmal wiederholen, die mein Kollege Brück an Sie gerichtet hat, weil Sie die Frage offenbar nicht ganz richtig verstanden haben. Er hatte auf die mittelfristige Finanzplanung Bezug genommen, so wie sie im Einzelplan 23 von Ihnen übernommen und akzeptiert worden ist, auf den
Basisdaten der alten Bundesregierung. Warum Sie daran nichts geändert haben, hätten wir doch ganz gern gewußt.
Frau Kollegin, die Finanzplanung ist ein Gegenstand, dessen Behandlung in diesen Wochen nicht zu einem endgültigen Ergebnis gebracht werden konnte, und wird Gegenstand der Beratungen des nächsten Jahres sein. Gegebenenfalls muß das dann in der entsprechenden ordnungsmäßigen Form erfolgen.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Hüsch.
Herr Staatssekretär, da ja nun, wie gesagt worden ist, die mittelfristige Finanzplanung von der alten Bundesregierung stammt und der Umfang der eingegangenen Verpflichtungen der selben alten Bundesregierung auch bekannt war, möchte ich fragen: Gibt es eine Erklärung dafür, warum die alte Bundesregierung ihre Finanzplanung nicht auf die Gegebenheiten eingestellt hatte?
({0})
Mir ist außer dem Zuruf des Kollegen Brück soeben eine Begründung nicht bekannt.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Dr. Ueberschär auf:
Auf wieviel Jahre verteilen sich voraussichtlich die Barabflüsse aus den offenen Verpflichtungen des Einzelplans 23 in Höhe von rund 27 Milliarden DM, und ist zu erwarten, daß sich die Abflüsse in den kommenden Jahren wesentlich beschleunigen und damit zu unerwartet höheren Ausgaben führen werden?
Herr Kollege Ueberschär, die jahresweise Verteilung der Barabflüsse aus den offenen Verpflichtungen im Einzelplan 23 ist je nach Förderungsbereich verschieden. Die auf Erfahrungswerten beruhenden Abflußschätzungen gehen beispielsweise bei der finanziellen Projekthilfe von einem Abflußzeitraum von elf Jahren aus. Für eine wesentliche Beschleunigung der Abflüsse in den kommenden Jahren sind derzeit keine Anzeichen erkennbar.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Ueberschär.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß auf Grund der besonderen wirtschaftlichen Situation der meisten Entwicklungsländer hier für eine Eilbedürftigkeit zu sorgen wäre?
Diese Meinung, Herr Kollege Ueberschär, kann man sehr wohl haben. Sie hat übrigens vor etwa einem Jahr - mit anderen Rollen - zu einer Diskussion zwischen dem damaligen Minister Kollege Offergeld und der
) damaligen Opposition geführt. Trotzdem läßt sich meine Antwort aufrechterhalten, weil dies nicht nur eine Frage der Not, sondern ganz einfach auch der Umsetzungsfähigkeit in den Ländern der Dritten Welt ist.
Keine Zusatzfrage mehr, Herr Kollege Ueberschär? - Eine Zusatzfrage des Kollegen Offergeld.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie mir eine Variante der letzten Zusatzfrage des Kollegen Bindig: bei gleichbleibenden Abfluß-schlüsseln ohne -
Herr Kollege Offergeld, Sie können jetzt nicht wegen der Frage des Kollegen Bindig noch einmal fragen. Sie können eine Frage zu der Frage des Kollegen Ueberschär stellen. Vielleicht paßt die dazu.
So ist es auch gemeint, Herr Präsident. Ein gleichbleibender Abflußschlüssel unterstellt, ist es dann richtig, daß im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung, von dem Sie immer gesprochen haben, nach den bisher eingegangenen Verpflichtungen sogar Geld in verschiedenen Titeln der finanziellen Zusammenarbeit übrig sein wird?
Ich hatte gesagt, daß das in einzelnen Jahren theoretisch denkbar ist auf Grund atypischer Entwicklungen; aber Sie können daraus keine generellen Schlüsse ziehen.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Osswald auf:
Kann Bundesminister Dr. Warnke erklären, was ihn bewogen hat, am 5. November 1982 vor der Hanns-Seidel-Stiftung zu erklären, die allgemeine Zielsetzung einer Stärkung der Nordatlantischen Allianz werde ihren „spürbaren Niederschlag" auch in Entscheidungen zur Vergabe von Entwicklungshilfe finden?
Herr Kollege Professor Osswald, die Entwicklungspolitik ist als Friedenspolitik wesentlicher Bestandteil der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Sie muß daher auch Bündnisinteressen berücksichtigen. Hierfür gibt es in der Praxis der deutschen Entwicklungspolitik der letzten Jahre übrigens eine ganze Reihe von Beispielen. Deswegen darf ich hier noch einmal die Klarstellung von Bundesminister Warnke bekräftigen. Die Bundesregierung wird Bündnisinteressen zu wahren wissen, wo dies angebracht ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Osswald.
Herr Staatssekretär, ich habe ja diese Frage an Hand der Presseberichterstattung über die Rede vor der Hanns-Seidel-Stiftung gestellt. Dort ist gesagt worden, daß diese Bündnisinteressen und die NATO-Interessen einen spürbaren Niederschlag in der Entwicklungspolitik zur Folge haben müßten. Könnten Sie mir erklären, was hier „spürbarer Niederschlag" heißt?
Die Einbeziehung in die Kriterien, von denen Sie wissen, daß es eine große Anzahl gibt - nicht mehr und nicht weniger.
Zu einer zweiten Zusatzfrage, Herr Kollege Osswald.
Herr Staatssekretär, bedeutet dieser „spürbare Niederschlag" z. B., daß die Bundesregierung sich der Meinung des NATO-Partners USA in der Namibia-Frage anschließen und das Junktim zwischen der Unabhängigkeit Namibias und dem Abzug der kubanischen Truppen aus Angola fordern wird?
Herr Kollege Osswald, Namibia ist nicht Gegenstand der Entwicklungspolitik.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Holtz.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung zukünftig ihre Entwicklungspolitik stärker an den Interessen des westlichen Bündnisses ausrichten, und wie soll dies z. B. bei schwarzafrikanischen Staaten, die Entwicklungshilfe erhalten, sich konkret auswirken?
Herr Kollege Holtz, Bundeskanzler Kohl hat in seiner Regierungserklärung, glaube ich, in der eindeutigsten Weise festgestellt, daß die hohen Prioritäten der Bekämpfung von Hunger und Armut in der Welt Richtschnur der Entwicklungspolitik dieser Bundesregierung sind und ebenfalls die Blockfreiheit der Länder der Dritten Welt mit dem Zusatz: echte Blockfreiheit, weil damit gemeint war nicht eine solche, die von anderen Mächten uminterpretiert worden ist, die sich zum scheinbaren Schutzherrn der Dritten Welt aufwerfen wollen. Unter diesen Umständen bedeutet die Wahrung von Interessen des westlichen Bündnisses nicht mehr als die Ihnen ja sicherlich auch bekannte Praxis, daß zu entwicklungspolitischen Erwägungen, wie z. B. im Fall von Somalia, im Fall von Sudan usw., auch allgemeinpolitische Erwägungen hinzutreten.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Pohlmeier.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß auch die frühere Bundesregierung Interessen des Nordatlantischen Bündnisses berücksichtigt hat, und würden Sie es als verwerflich betrachten, daß solche Interessen Berücksichtigung finden?
Herr Kollege Pohlmeier, das ist, wie ich soeben schon andeutete, an sich überhaupt nichts Neues. Die Zusammenarbeit mit Portugal, mit der Türkei, in früheren Jahren mit Griechenland gehört hierhin. Im übrigen steht die Bundesregierung auf dem Standpunkt, daß das westliche Bündnis nicht nur eine militärische Allianz ist, sondern auch auf der Überzeugung gemeinsamer Werte beruht, so daß meines ErachParl. Staatssekretär Dr. Köhler
tens die Wahrnehmung der Interessen einer Wertegemeinschaft nicht als verwerflich betrachtet werden kann. Ich wundere mich insofern über einige Zwischentöne der Diskussion.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hüsch.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Hilfe an die Türkei, die j a mit entwicklungspolitischen Mitteln gezahlt wurde, aus bündnispolitischen Interessen erfolgt ist und auf ein entsprechendes Drängen des damaligen Bundeskanzlers Schmidt zurückgeht?
Das war eindeutig der Fall.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Neumann.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie Ihr Zitat aus der Regierungserklärung des Bundeskanzlers Kohl im Zusammenhang mit der Äußerung Ihres Ministers in der „Bild"-Zeitung von heute, in der wörtlich steht: „Die neue Regierung wird all den Entwicklungsprojekten Vorrang geben, die der deutschen Wirtschaft zusätzliche Aufträge bringen"?
Herr Kollege Neumann, ich bin Ihnen dankbar für die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, daß die verschiedenen Kriterien, die man anwenden kann - und dazu gehört in unserer Lage auch die Beschäftigungswirksamkeit von Maßnahmen, bezogen auf die Wirtschaft hier zu Hause -, nicht als antagonistisch, sondern als ein sich ergänzendes Bündel betrachtet werden können. Ich habe jahrelang die Meldungen, Hinweise und Erklärungen des BMZ gelesen, wieviel Arbeitsplätze in Deutschland durch Entwicklungspolitik geschaffen worden sind oder erhalten werden oder davon abhängen. Auch damals ist dies in diesem Hause nicht als ein Weg betrachtet worden, der da heißt, daß die Interessen der Völker der Dritten Welt keine Rolle spielen.
Herr Kollege Osswald, Sie wollen eine Zusatzfrage stellen. Aber Sie sind Fragesteller und haben schon zwei Fragen gestellt.
Der nächste Fragesteller ist der Abgeordnete Neumann.
Herr Staatssekretär, bedeutet das, daß Sie der Warenhilfe aus deutscher Produktion immer den Vorrang vor Entwicklungsprojekten etwa im ländlichen Bereich geben würden?
Herr Kollege Neumann, seit Jahren ist klar und eindeutig erklärt, daß die Entwicklung des ländlichen Raumes, die Entwicklungspolitik im Bereich der Landwirtschaft eine der höchsten Prioritäten unserer Politik ist; das bleibt so.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die Blockfreiheit der meisten Länder der Dritten Welt auch von hohem Interesse für die Bundesrepublik Deutschland ist und daß das Hineinziehen des Ost-West-Konflikts in die Dritte Welt gegen unsere Interessen gerichtet sein könnte?
Herr Kollege Brück, es ist nicht die Absicht der Bundesregierung - das ist sowohl vom Herrn Bundeskanzler als auch vom Herrn Bundesaußenminister mehrfach klar gesagt worden -, den Ost-West-Konflikt auf die Dritte Welt zu übertragen. Ich stimme Ihnen zu: Die Blockfreiheit der Dritten Welt liegt in unserem Interesse. Es kann sich nur um die Frage handeln, an welchen Stellen wir auf die von anderen vorgenommene Übertragung des Ost-West-Konfliktes auf die Dritte Welt reagieren müssen, aber nicht darum, diesen Konflikt unsererseits zu übertragen. Ich bin froh, das ausdrücklich klarstellen zu können. Da ich die schriftlich eingereichten Fragen hier nicht mehr alle beantworten kann, darf ich noch darauf hinweisen, daß Bundesminister Warnke den Ausdruck „Ost-West-Konflikt" in diesem Zusammenhang den Sie hier ansprechen, überhaupt nicht gebraucht hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Pinger.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß die neue Bundesregierung ebensowenig wie die alte, frühere Bundesregierung eine Lieferbindung anwendet, daß aber die neue wie die alte Regierung gleichwohl beschäftigungswirksame Aspekte bei gleichwertigen Angeboten aus dem Ausland und der Bundesrepublik berücksichtigt?
Eine Rückkehr zur allgemeinen Lieferbindung ist nicht beabsichtigt. Die Bundesregierung wird aber auch nicht die Anweisung in Kraft halten, bei Verhandlungen mit den Delegationen anderer Länder diesen in den Mund zu legen, daß es ihr dringendster Wunsch sei, in Deutschland zu kaufen, während gleichzeitig der deutschen Delegation verboten ist, auf die allgemeine Wirtschaftslage bei uns hinzuweisen. Wir werden auf diesem Gebiet eine Politik absoluter Ehrlichkeit steuern.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Schmöle.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß der Bezug zu beschäftigungspolitischen Aspekten der Entwicklungspolitik das positive Interesse der deutschen Bevölkerung an der Entwicklungspolitik stärken könnte?
Herr Kollege Schmöle, wenn ich mir vergegenwärtige, was in dieser Woche in diesem Raum über das gesprochen worden ist, was wir den Bürgern dieses Landes an
harten Notwendigkeiten sagen müssen, dann bin ich der Auffassung, daß wir eine allgemeine Billigung der so dringend notwendigen Entwicklungspolitik nicht erwarten können, wenn wir dabei nicht auch die natürlichen und berechtigten Interessen der Bürger dieses Landes im Spiel halten.
({0})
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen zur Frage 47 wird nicht gewünscht.
Die Fragen 57 und 58 des Abgeordneten Schäfer ({0}), 59 des Abgeordneten Dr. Scheer, 60 des Abgeordneten Wallow, 70 und 71 des Abgeordneten Collet, 97 und 98 des Abgeordneten Conradi, 105 und
106 des Abgeordneten Böhm ({1}), 112 des Abgeordneten Fischer ({2}), 137 und 138 des Abgeordneten Haase ({3}) sind von den Fragestellern zurückgezogen worden.
Meine Damen und Herren, im Ältestenrat war für die Fragestunde eine Zeit von 90 Minuten vereinbart. Die Zeit ist abgelaufen. Wir sind damit am Ende der heutigen Sitzung angelangt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, den 3. Dezember 1982, 8 Uhr ein. Die Sitzung des Deutschen Bundestages beginnt morgen mit einer Aktuellen Stunde.
Die Sitzung ist geschlossen.