Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Fragestunde einige amtliche Mitteilungen:
Die Fraktion der CDU/CSU hat für die aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Kohl, Vogel ({0}) und Dr. Zimmermann die Abgeordneten Dr. Dregger, Dr. Waigel und Erhard ({1}) als Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission benannt. Ist das Haus mit diesen Vorschlägen einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Damit sind die genannten Abgeordneten Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission.
Wir treten ein in die
Fragestunde
- Drucksache 9/2043 Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf. Wir kommen zu Frage 1 des Herrn Abgeordneten Hansen. Der Fragesteller bittet um schriftliche Beantwortung. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Die Fragen 2 und 3 des Herrn Abgeordneten Marschall werden vom Fragesteller zurückgezogen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Hansen, die Fragen 32 und 33 des Herrn Abgeordneten Merker sowie die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Das gleiche gilt für zwei weitere Fragen: Die Fragen 18 und 19 des Herrn Abgeordneten Walther sollen ebenfalls auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Hinsken auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Es wird, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen,
verfahren. Das gleiche gilt für die von ihm gestellte Frage 15.
Ich rufe Frage 16 des Herrn Abgeordneten Pauli auf:
Wie hoch ist der Betrag der Einsparung der angekündigten fünfprozentigen Gehaltskürzung bei den Mitgliedern der Bundesregierung, und wie hoch sind andererseits die Mehrausgaben, bedingt durch die Tatsache, daß der neuen Bundesregierung vier Staatssekretäre bzw. Staatsminister mehr als bisher angehören?
Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Spranger zur Verfügung.
Herr Kollege Pauli, die vorgesehene 5%ige Kürzung des Amtsgehalts der Mitglieder der Bundesregierung und der Parlamentarischen Staatssekretäre bewirkt jährliche Einsparungen in Höhe von rund 365 000 DM. Für die Gesamtlaufzeit der Kürzungsregelung von 26 Monaten ergibt sich eine Einsparung von rund 790 000 DM. Der Berechnung liegen die Sätze nach dem Entwurf eines Bundesbesoldungs- und Bundesversorgungsanpassungsgesetzes 1982 für einen verheirateten Amtsträger ohne kindergeldberechtigte Kinder zugrunde.
Die jährlichen Mehraufwendungen infolge der Berufung eines weiteren Staatsministers und dreier weiterer Parlamentarischen Staatssekretäre betragen bei Zugrundelegung der genannten Berechnungsweise rund 435 000 DM. Dabei ist die Kürzung der Abgeordnetenentschädigung um 50 v. H. nach § 29 Abs. 1 des Abgeordnetengesetzes und der Kostenpauschale um 25 v. H. nach § 12 Abs. 6 des Abgeordnetengesetzes berücksichtigt.
Ich halte es jedoch nicht für sachgerecht, zwischen den genannten Einsparungen und Aufwendungen einen Zusammenhang herstellen zu wollen. Die im Verhältnis zum Haushaltsvolumen geringfügigen Einsparungen stellen vielmehr einen persönlichen Solidaritätsbeitrag der Regierungsmitglieder und der Parlamentarischen Staatssekretäre dar.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Tatsache, daß Bundeskanzler Helmut
Schmidt die vorgesehene Erhöhung der Gehälter um 3,6 % nicht vorgenommen hat, dies dann aber durch die neue Bundesregierung gemacht und im Anschluß daran eine Senkung um 5 % beschlossen wurde, so daß tatsächlich nur 1,4 % eingespart werden? Wie steht es zum anderen mit den Mitarbeitern, Fahrern, Referenten und mit der übrigen Ausstattung? Halten Sie das schließlich für die kurze Regierungszeit überhaupt für gerechtfertigt?
({0})
Herr Kollege Pauli, auf Ihre erste Frage nach dem Verhältnis zu den früheren Vorschlägen darf ich wie folgt antworten. Der neue Vorschlag unterscheidet sich von dem früheren zum einen durch die Dauer seiner Wirkung und zum anderen durch die Höhe der Kürzung. Nach dem Vorschlag der früheren Bundesregierung sollte für die Dauer von fünf Monaten die Abgeordnetenentschädigung um den Betrag gekürzt werden, um den die Amtsgehälter und die Ortszuschläge infolge der Besoldungsanpassung erhöht werden; das sind 3,6 v. H.
Nach dem Vorschlag der jetzigen Bundesregierung sollen dagegen die Amtsgehälter für die Dauer von 26 Monaten um 5 v. H. gekürzt werden. Dieser Vorschlag bezieht zudem anders als der der früheren Bundesregierung auch die Regierungsmitglieder ein, die nicht Mitglied des Deutschen Bundestages sind. Während die Gesamteinsparungen, wie schon erwähnt, rund 790 000 DM betragen, wären nach dem Vorschlag der früheren Bundesregierung nur rund 111 000 DM eingespart worden.
Bezüglich der anderen Frage darf ich zum Ausdruck bringen, daß selbstverständlich auch im Personellen die Voraussetzungen für ein sachgerechtes Arbeiten der Bundesregierung gewährleistet sein müssen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß sich der Vorschlag der gegenwärtigen Bundesregierung vor allem dadurch wohltuend von den früheren Vorschlägen unterscheidet, daß es die frühere Regierung eben trotz dreijähriger Ankündigung nur beim Reden hat bewenden lassen, während die gegenwärtige Regierung gleich zu Taten geschritten ist?
({0})
Ich stimme der positiven Bewertung der Entscheidung der jetzigen Bundesregierung in vollem Umfange zu.
({0})
Ich rufe Frage 17 des Herrn Abgeordneten Pauli auf:
Wie viele Mitarbeiter der einzelnen Bundesministerien und des Bundeskanzleramts wurden seit dem Regierungswechsel in den einstweiligen Ruhestand versetzt, und wie viele mußten den Arbeitsplatz innerhalb der Bundesministerien wechseln?
Herr Kollege Pauli, in der Zeit vom 4. Oktober bis 25. Oktober 1982, 16 Uhr - das ist der Erhebungszeitraum -, sind 35 Beamte des Bundes in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Im gleichen Zeitraum sind im direkten Zusammenhang mit der Regierungsumbildung 102 Mitarbeiter innerhalb der Ministerien und des Bundeskanzleramtes umgesetzt worden.
Eine Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, glaubt die Bundesregierung, daß die entlassenen, in den Ruhestand versetzten oder umgesetzten Beamten und Angestellten nicht auch dieser neuen Regierung nach besten Kräften loyal gedient hätten?
({0})
Herr Kollege Pauli, Sie können davon ausgehen, daß die Entscheidungen der Bundesregierung nicht nach Glauben oder Vermutungen, sondern auf Grund der Möglichkeiten der gesetzlichen Grundlage des § 36 des Bundesbeamtengesetzes sachgerecht getroffen wurden.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen. - Doch? Ich bitte Sie, mir durch Ihr Handzeichen rechtzeitig mitzuteilen, daß Sie die Absicht haben, eine weitere Frage zu stellen. Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für gerechtfertigt, daß für diese kurze Regierungszeit tatsächlich Mehrkosten von 30 Millionen DM entstehen?
Ich weiß nicht, woher Sie diese Zahl nehmen, die einer rationalen Betrachtungsweise absolut nicht standhalten könnte.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause mitteilen, wie viele Beamte von der Regierung Brandt im Jahre 1969 im Vergleichszeitraum abgelöst worden sind?
Herr Kollege Reddemann, ich würde die Antwort darauf jetzt gern geben, aber der Kollege Möller hat eine entsprechende Frage gestellt, und ich möchte die Antwort auf die Frage des Kollegen Möller nicht vorwegnehmen.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Conradi.
Herr Staatssekretär, wie viele der von der Regierung Brandt/Scheel und von den
nachfolgenden Regierungen in den einstweiligen Ruhestand versetzte politische Beamte hat die neue Bundesregierung jetzt reaktiviert?
Sie wissen, daß die Entscheidungen in diesem Bereich noch nicht abgeschlossen sind und daß hier Entscheidungen getroffen wurden, die nicht unter parteipolitischen Gesichtspunkten zu sehen waren.
({0}) Insofern stellt sich diese Frage nicht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hinsken.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß, obwohl der Wechsel der Regierung schon bekannt war, in verschiedenen Ministerien noch reihenweise Beförderungen vorgenommen wurden?
Ich kann auf diese Frage jetzt keine konkreten Bestätigungen geben. Aber es ist davon gesprochen und geschrieben worden.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, war es nicht so, daß die letzte Regierung eine ganze Menge von Spitzenbeamten entlassen hat, obwohl sie den jeweils regierenden Parteien angehörten, woraus man schließen muß, daß es sich bei den Gründen um innerparteiliche Querelen und keinerlei im Beamtenrecht verankerte Gründe für Entlassungen gehandelt haben muß?
Ihre Frage ist durch die Geschehnisse der letzten Jahre wiederholt und eindringlich bestätigt worden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Möller auf:
Wie viele politische Beamte ({0}) sind während der Zeit der sozialliberalen Koalition von 1969 bis 1982 in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, und wie hoch sind die Ruhestandsbezüge, die für sie bezahlt werden müssen?
Herr Kollege Dr. Möller, in der Zeit vom 1. Januar 1969 bis 1. Oktober 1982 sind 161 politische Beamte des Bundes in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Die Ermittlung der Höhe der derzeit jährlich anfallenden Ruhestandsbezüge war in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wegen des mit einer solchen Erhebung verbundenen Zeit- und Verwaltungsaufwandes nicht möglich. Ich bitte daher um Verständnis, daß die Beantwortung der Frage insoweit erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Um eine Beschleunigung der Angelegenheit bleibe ich bemüht.
Vorab kann ich jedoch mitteilen, daß die Höhe der Ruhestandsbezüge für die zwischen dem 1. Januar 1969 und dem 31. Dezember 1979 in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten z. B. im Jahre 1979 knapp 7,5 Millionen DM betrug.
({0})
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, könnten Sie eine Aufgliederung der politischen Beamten, die in dieser Zeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden sind, nach Besoldungsgruppen geben?
Eine solche Aufgliederung ist zu erstellen. Hier brauchte wahrscheinlich nur die Antwort auf eine entsprechende Kleine Anfrage der damaligen CDU/CSU-Opposition aus dem Jahre 1981 aktualisiert zu werden.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wie viele Beamte und Angestellte in dem genannten Zeitraum auf andere Dienstposten umgesetzt worden sind?
Ich bitte um Verständnis, wenn ich hier keine Zahlen nennen kann. Aber ich bin gern bereit, diese Frage schriftlich zu beantworten.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Conradi.
Herr Staatssekretär, hätte es den Sparwillen der neuen Bundesregierung nicht überzeugend untermauert, wenn sie möglichst viele dieser 161 in den vergangenen Jahren in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten nun wieder reaktiviert und damit die Pensionsleistungen reduziert hätte?
({0})
Ich kenne nicht im einzelnen die Gründe, die die damalige Bundesregierung veranlaßt haben, 161 Beamte in den Ruhestand zu schicken. Ich gehe davon aus, daß die Bundesregierung zumindest die Auffassung vertreten hat, es seien sachliche Gesichtspunkte gewesen.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, sind Sie vielleicht so freundlich, dem Informationsbedürfnis der Kollegen von der SPD dadurch Rechnung zu tragen, daß Sie die angekündigten Zahlen über die Beamten anreichern durch die Zahl all der SPD-und FDP-Minister und Parlamentarischen-Staatssekretäre, die in den 13 Jahren der Regierung dieser Koalition vor ihrer Beendigung auch mit Pensionsansprüchen versorgt worden sind?
({0})
Wir werden diese Anregung sehr sorgfältig prüfen, Herr Kollege Broll.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause darstellen, wie viele der hier angesprochenen Beamten aus Altersgründen und wie viele aus politischen Gründen ausgeschieden sind und wie sich das in den Ministerien der Freien Demokratischen Partei aufteilt?
Nachdem diese Details in der Ursprungsfrage nicht enthalten waren, haben Sie bitte Verständnis, wenn ich mich bemühen werde, diese Frage schriftlich zu beantworten. Hier wird Detailwissen abverlangt, das jetzt einfach nicht zur Verfügung steht.
({0})
- Zu viel!
Diese Zwischenfrage wollen wir hier nicht einführen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß der Vergleich der 31 entlassenen politischen Beamten anläßlich dieses Regierungswechsels mit den 161 innerhalb von 13 Jahren entlassenen oder in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten unzulässig ist?
({0})
Herr Kollege Lambinus, das einzig Auffällige ist der große Unterschied in der Quantität. Über die Frage der sachlichen Berechtigung des einen oder des anderen sollte hier nicht diskutiert werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Graf von Stauffenberg? - Nein? - Und Sie, Herr Helmrich, auch nicht?
Ich bitte, nicht zu früh ans Mikrophon zu gehen. Sie werden hier sofort notiert und aufgerufen. -Also keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 21 des Grafen Stauffenberg auf:
Wann wird die Bundesregierung die Dokumentation des Bundesarchivs über die Vertreibungsverbrechen zur Veröffentlichung freigeben?
Herr Kollege Graf von Stauffenberg, die Dokumentation des Bundesarchivs über Vertreibungsverbrechen beruht auf einem Ausgangsmaterial von mehr als 40 000 Einzeldokumenten zum Vertreibungsgeschehen, die in etwa 3 500 Erhebungsbögen entsprechend ausgewertet worden sind. Es war von vornherein vorgesehen, daß das Ergebnis der Arbeit nur eine aufbereitete Materialsammlung sein könne. Die Materialsammlung war nicht zur Veröffentlichung vorgesehen und ist wegen ihres großen Umfangs und der Art der Aufbereitung dazu auch nicht geeignet. Das Material steht jedoch uneingeschränkt zur wissenschaftlichen Benutzung nach der Benutzungsordnung des Bundesarchivs zur Verfügung.
Neben den Erhebungsbögen gibt es einen abschließenden Bericht des Bundesarchivs an den Bundesminister des Inneren vom 28. Mai 1974. Dieser Bericht ist für innerdienstliche Zwecke, also nicht zur uneingeschränkten wissenschaftlichen Nutzung und Veröffentlichung bestimmt. Ungeachtet dessen fehlen dem ohne Anlagen nur 60 Seiten umfassenden Bericht die Voraussetzungen für eine Publizierung. Er ist nicht als eine wissenschaftlich abgerundete Arbeit anzusehen, die den Rang gesicherter historischer Darstellung beanspruchen kann.
Aus einer Veröffentlichung in der vorliegenden Form würde sich zudem kein wesentlich anderer Erkenntnisstand ergeben, als er mit der seit langem vorliegenden Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa bereits erreicht ist. Diese Dokumentation ist von der Bundesregierung 1953 bis 1961 in acht Bänden herausgegeben. Sie wurde von namhaften Wissenschaftlern erarbeitet, war im Buchhandel erhältlich und ist in zahlreichen Bibliotheken einzusehen. Die Dokumentation enthält in einer methodisch begründeten Auswahl weitgehend das gleiche Berichtsmaterial, das der Dokumentation der Vertreibungsverbrechen zugrunde liegt. Damit bietet sie einen instruktiven Überblick über das Vertreibungsgeschehen insgesamt und damit auch über Vertreibungsverbrechen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, habe ich aus Ihrer Antwort zu entnehmen, daß sich die Haltung der Bundesregierung nicht geändert hat?
({0})
Meiner Antwort können Sie entnehmen daß sich die Bewertung der wissenschaftlichen Qualifikation und damit auch der Möglichkeit, diese Dokumentation zu veröffentlichen, mit der Auffassung der früheren Bundesregierung deckt.
({0})
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Antwort, daß die politischen Gründe, die die früheren Bundesregierungen ab dem Jahre 1974 dazu geführt haben, die Zusammenfassung unter „VS-Vertraulich" zu halten und für eine Veröffentlichung zu sperren, von der jetzigen Bundesregierung geteilt werden?
Herr Kollege von Stauffenberg, ich versuchte darzulegen, daß es hier nicht politische Gründe waren, die die jetzige Bundesregierung zu der entsprechenden Bewertung
veranlaßten, sondern daß wissenschaftlich-methodische Ursachen die Haltung der Bundesregierung begründen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß es bereits einen Raubdruck dieser Dokumentation der Vertreibungsverbrechen gibt, und wäre es angesichts dieses Raubdruckes, dessen Inhalt ja nie dementiert worden ist, nicht angebracht, nun selbst mit einer Veröffentlichung zu erscheinen?
Herr Dr. Hupka, der Bundesregierung ist dieser Druck bekannt. Ich darf versichern, daß die Bundesregierung auch unter diesem Gesichtspunkt durchaus zur weiteren Prüfung bereit ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf:
Welches Ergebnis brachte das von der Bundesregierung angekündigte Fachkolloquium vom Februar 1982 sowie das in Auftrag gegebene „Forschungsvorhaben über gesundheitsschädliche Wirkungen des Abriebs von asbesthaltigen Bremsbelägen in der Atemluft", wie in der Antwort der Bundesregierung vom 3. Dezember 1981 auf meine parlamentarische Anfrage angekündigt?
Herr Kollege Kirschner, vom 17. bis 19. Februar 1982 fand im Bundesgesundheitsamt in Berlin ein internationales Symposium zu den gesundheitlichen Risiken von Asbest statt. Auf dieser Veranstaltung wurden die wissenschaftlichen Grundlagen der Risikoermittlung und -bewertung und ihre Bedeutung für umweltpolitische Entscheidungen diskutiert.
Nach Auffassung des Bundesgesundheitsamts bestätigt die Veranstaltung u. a. die im Bericht 4/81 „Gesundheitliche Risiken von Asbest" veröffentliche Stellungnahme des Amtes, nach der als Größenordnung eines Richtwertes für Asbestfaserimmissionen der kritischen Dimension ein Wert deutlich unterhalb von 1 000 Fasern pro Kubikmeter angestrebt werden sollte. Danach beträgt das für eine ständige lebenslange Belastung von männlichen Rauchern mit 1 000 Fasern pro Kubikmeter geschätzte zusätzliche Krebsrisiko etwa ein Hundertstel der Lungenkrebsrate mäßiger Raucher. Die Ergebnisse des Symposiums werden in Kürze als Bericht des Bundesgesundheitsamtes veröffentlicht werden.
Einschlägige Forschungsvorhaben werden am Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Gießen durchgeführt. Dort laufende Untersuchungen zeigen, daß sowohl beim Überdrehen und Schleifen von Bremsbelägen als auch beim Reinigen von Bremsanlagen Spitzenkonzentrationen entstehen können, die ein Mehrfaches der am Arbeitsplatz zulässigen Höchstkonzentration, der technischen Richtkonzentration, betragen. Der Asbestgehalt im Abriebstaub ist aber erheblich niedriger als in den Bremsbelägen selbst. Eine quantitative Abschätzung der Emission von Asbest in die Umwelt durch den Abrieb aus Bremsbelägen ist schwierig. Die Wirkung von Asbest kann unabhängig von der Emission beurteilt werden, wie dies in der zitierten Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes geschehen ist.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie daran erinnern, daß zu den von mir früher gestellten Anfragen von Ihrem Ministerium festgestellt wurde, daß rund 8 000 Tonnen Asbestabrieb durch Bremsbeläge in die Umwelt freigesetzt werden? Darf ich Sie nun fragen, welche Konsequenzen die Bundesregierung im Zusammenhang mit diesem Fachkolloquium daraus zieht?
Herr Kollege Kirschner, Sie werden Verständnis dafür haben, daß die notwendigen Konsequenzen erst dann gezogen werden können, wenn der Bericht aus diesem Symposium vorliegt. Daß die Konsequenzen gezogen werden, habe ich zum Ausdruck gebracht.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Miltner auf:
Welche Maßnahmen ist die Bundesregierung bereit einzuleiten, um das Problem der durch den sogenannten sauren Regen zumindest mitverursachten Waldschäden zu lösen, und ist sie insbesondere bereit, alsbald geeignete Schritte zu einer spürbaren Minderung der S02-Emissionen zu unternehmen?
Herr Kollege Dr. Miltner, nach Meinung von Experten führen Schwefeloxyde und Stickstoffoxyde zur Bildung des sogenannten sauren Regens und tragen wesentlich zur Schädigung der Wälder bei. Hauptemissionsquellen sind die Feuerungsanlagen der Kraftwerke und der Industrie. Beim Schwefeldioxyd machen sie ungefähr 80 % der Gesamtemission aus, und an der Stickstoffoxydemission sind sie mit zirka 50 % beteiligt. Um der Luftbelastung durch diese Schadstoffe spürbar zu begegnen, ist daher der Erlaß einer Verordnung für Großfeuerungsanlagen erforderlich. Bundesinnenminister Zimmermann hat am 11. Oktober einen Referentenentwurf an die beteiligten Kreise versenden lassen, der auf einen von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erarbeiteten Entwurf zurückgeht. Eine nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vorgeschriebene Anhörung der beteiligten Kreise wird Ende November stattfinden. Es ist beabsichtigt, dem Bundeskabinett im Frühjahr 1983 einen abgestimmten Verordnungsentwurf zur Entscheidung vorzulegen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung auch bereit, diesem Problem durch internationale Kontakte und Vereinbarungen zu Leibe zu rücken?
Herr Dr. Miltner, es ist zutreffend, daß dieses Problem nicht nur rein
Parl Staatssekretär Spranger
national gelöst werden kann, sondern hier auch internationale Maßnahmen erforderlich sind. Das setzt internationale Abstimmung voraus. Die Bundesregierung wird alles tun, damit diese internationale Abstimmung herbeigeführt wird.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung schon in der Lage, etwa zu quantifizieren, wie viele der Schadstoffe, die zum sauren Regen führen, vom Ausland in die Bundesrepublik hereinkommen, oder ist sie bereit, dieses Problem durch eine Prüfung näher zu quantifizieren?
Hierüber gibt es noch keine absolut abgesicherten Erkenntnisse. Aber die Bundesregierung wird sich bemühen, diese Erkenntnisse zu beschaffen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, gehe ich richtig in der Annahme, daß der von Ihrem Minister weitergeleitete Referentenentwurf unverändert von der vorhergehenden, der sozialliberalen Regierung bzw. von Bundesinnenminister Baum übernommen wurde?
Wenn ich Sie recht verstehe, meinen Sie wohl: übernommen von Herrn Bundesinnenminister Baum durch Herrn Bundesinnenminister Dr. Zimmermann. Sie können davon ausgehen, daß dieser Entwurf nach sachgerechter Prüfung durch Herrn Bundesinnenminister Dr. Zimmermann und die sachkundigen Beamten des Hauses übernommen wurde zur Weiterleitung und zur weiteren Prüfung in den zuständigen Gremien. Das bedeutet, die Bundesregierung ist offen für jede Form von Kritik und Verbesserungsvorschlägen, die der Sache nützlich sind.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ein ausführliches Gutachten vorliegt - es soll aber wegen der Abstimmung mit den Landesministern, die etwa am 10./11. November stattfinden wird, noch nicht veröffentlicht werden -, in dem darauf hingewiesen wird, daß der saure Regen oder, genauer gesagt, daß Waldsterben nicht allein, sondern nur zu einem geringen Teil von der Komponente SO2 abhängt, darüber hinaus, wie Sie eben schon sagten, aber auch von Stickoxid und ebenfalls von der Bodenbeschaffenheit und -bearbeitung? Und muß nicht festgestellt werden, daß die Forstwirtschaft in gewisser Hinsicht durch ihre Monokultur und durch Raubbau versäumt hat, das zu tun, was notwendig wäre, um dem Waldsterben entgegenzuwirken?
Herr Kollege Immer, es ist allgemein bekannt, daß der saure Regen
eine Reihe von Ursachen hat. Sie können versichert sein, daß auch die in dem von Ihnen erwähnten Gutachten genannten Ursachen bei der Bewertung dieser Verordnung einbezogen werden.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter von Schoeler.
von Schoeler ({0}): Herr Staatssekretär, können Sie zusagen, daß die Bundesregierung auf jeden Fall an dem entscheidenden Grenzwert von 400 mg in der Großfeuerungsanlagenverordnung festhalten wird?
({1})
Herr Kollege von Schoeler, wenn ich hier eine Festlegung treffen würde, würde ich diejenigen, die zu diesem Entwurf noch gehört werden wollen, in einer Weise präjudizieren, die der Sache wohl nicht angemessen wäre.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, habe ich Sie bei der Beantwortung der Frage des Kollegen von Schoeler richtig dahin verstanden, daß die jetzige Bundesregierung beabsichtigt, diese Grenzwerte, die damals in Aussicht genommen wurden und teilweise auch schon ernsthaft festgelegt worden sind, in Frage zu stellen, weil sie dem Problem nicht die große Bedeutung beimißt wie die letzte Bundesregierung?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich bitte Sie um einen Moment.
Die nächste Frage, die Frage 24 befaßt sich mit diesem Gegenstand. Ich bitte, die Zusatzfrage dann noch einmal zu stellen. Sie paßt genau zu der Fragestellung des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs.
Ich rufe die Frage 24 des Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung für die Verabschiedung und den Erlaß einer Großfeuerungsanlagenverordnung, und welche Grenzwerte für die Emissionen säurebildender Schadstoffe beabsichtigt sie festzusetzen?
Herr Kollege Dr. Laufs, der Bundesminister des Innern hat am 11. Oktober 1982 den Referentenentwurf der Großfeuerungsanlagenverordnung versandt und gleichzeitig die gemäß § 51 des Bundesimmissionsschutzgesetzes zu beteiligenden Kreise zu einer Anhörung am 29./30. November 1982 nach Bonn eingeladen. Danach werden die Ressortgespräche fortgesetzt werden, so daß dem Bundeskabinett voraussichtlich im Frühjahr 1983 ein abgestimmter Entwurf der Verordnung vorgelegt werden kann.
Für die Schwefeloxide und Stickoxide als Hauptsäurebildner sind folgende Immissionsgrenzwerte bei großen Anlagen in diesem Verordnungsentwurf vorgesehen:
1. für SO2 im Regelfall 400 mg pro Kubikmeter Abgas; für Fälle außerhalb der Regel, z. B. für gewisse Braunkohle- und Ballastkohlesorten werParl. Staatssekretär Spranger
den verfahrenstechnische Vorgaben gemacht, die dazu führen sollen, daß ein Immissionswert von 650 mg pro Kubikmeter nicht überschritten wird;
2. für Stickstoffoxide - NOx - sind je nach eingesetzter Brennstoffart - fest, flüssig, gasförmig - und angewandter Feuerungstechnik - Rostfeuerung, Staubfeuerung etc. - unterschiedliche Begrenzungen vorgeschrieben. Die Grenzwerte bewegen sich in jedem Fall in Größenordnungen, die durch konstruktive Maßnahmen erreicht werden können. Das heißt, spezielle nachgeschaltete Verfahren, wie sie z. B. für die Entschwefelung der Abgase vorgesehen sind, werden nicht verlangt.
Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, da die entscheidende Altanlagen-Problematik in der vorgesehenen Großfeuerungsanlagenverordnung wegen des § 17 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sehr schwierig zu regeln sein dürfte, frage ich: Ist die Bundesregierung bereit, zu prüfen, ob durch Vereinbarung mit der Steinkohlenkraftwirtschaft im Rahmen des Kooperationsprinzips eine beschleunigte Stillegung der Altanlagen erreichbar sein wird?
Die Bundesregierung ist nicht nur grundsätzlich, sondern auch speziell bei dieser Frage zur Prüfung bereit.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von Schoeler.
von Schoeler ({0}): Herr Staatssekretär, da Sie vorhin darauf hingewiesen haben, daß die Bundesregierung sorgfältig geprüft hat, bevor sie die Großfeuerungsanlagenverordnung verschickt hat, frage ich Sie, ob Sie die Einhaltung des Grenzwerts von 400 mg für technisch realisierbar halten.
Wenn Sie meine persönliche Meinung wissen wollen: Ich halte das für technisch realisierbar.
({0})
Ich rufe die- Frage 25 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, Maßnahmen zur Erhöhung der Rechtssicherheit und der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Anlagen des Kernbrennstoffkreislaufs einzuleiten?
Herr Kollege Dr. Laufs, Ihre Frage beantworte ich mit Ja. Ein mit den zuständigen Behörden der Länder, der einschlägigen Industrie und den Sachverständigenorganisationen weitgehend abgestimmter Berichtsentwurf liegt bereits vor. Mit der Fertigstellung ist für Ende dieses Jahres zu rechnen. Zur Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen wird der Bundesminister des Innern unter seiner Federführung eine spezielle Arbeitsgruppe einsetzen, an der alle Beteiligten mitwirken sollen.
Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie mir die sachlichen Schwerpunkte der in Aussicht genommenen Beschleunigungsmaßnahmen nennen?
Es ist hier allgemeine Übereinstimmung vorhanden, daß nur solche verfahrensbeschleunigenden Maßnahmen in Betracht kommen, die nicht mit irgendwelchen Einbußen an Sicherheit und an Rechtsschutz verbunden sind. Hier werden insbesondere normative Regelungen über die Erarbeitung einer atomrechtlichen Sachverständigenverordnung als notwendig angesehen. Insbesondere eine Rechtsverordnung nach § 10 des Atomgesetzes wäre möglicherweise zu erarbeiten. Das ist aber noch in der Prüfung.
Zur Erhöhung der Rechtssicherheit werden auch die in dem Bericht aufgeführten, Ihnen ja bekannten Maßnahmen, z. B. Festlegung im Rahmen des § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung, vorgesehen und geprüft.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, wann ist damit zu rechnen, daß sich die Bundesregierung zu diesem Komplex eine abschließende Meinung bildet, um einen gewissen Terminplan vorzulegen? Zusätzlich möchte ich Sie - mit Genehmigung des Präsidenten - bezüglich der Grenzwerte, die Sie vorhin als private Meinung von sich gegeben haben, fragen, was die jetzige Bundesregierung zu diesen Grenzwerten zu sagen hat.
Herr Kollege Stahl, ich glaube nicht, daß die Frage nach den Grenzwerten mit der jetzt aufgerufenen Frage des Kollegen Laufs etwas zu tun hat. Im übrigen: Was den Zeitablauf betrifft, habe ich in meiner Hauptantwort ebenfalls schon Auskunft erteilt, nämlich daß mit der Fertigstellung Ende dieses Jahres zu rechnen ist.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von Schoeler.
von Schoeler ({0}): Herr Staatssekretär, da Sie persönlich die Grenzwerte für technisch realisierbar halten, frage ich sie, aus welchen Gründen im weiteren Verlauf der Beratungen eine Änderung dieser Grenzwerte, die Sie vorhin nicht ausgeschlossen haben, Ihnen gegebenenfalls noch möglich erscheint.
Herr Kollege von Schoeler, ich weiß nicht, ob Ihnen die Frage 25 des Kollegen Laufs vorliegt. Sie beschäftigt sich nicht mit diesem Thema. Die Grenzwerte waren Gegenstand der vorherigen Frage.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Volmer auf:
Präsident Stücklen
Wird die Bundesregierung jahrealten Forderungen auch der CDU/CSU-Fraktion, die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft, die sogenannte TA Luft, endlich dem neueren Stand der Erkenntnisse über Luftschadstoffe, ihre Abgabe und Ausbreitung anzupassen, alsbald entsprechen, oder sind die bisher geleisteten Vorarbeiten noch nicht soweit gediehen, daß die für notwendig gehaltenen Änderungen der TA Luft unverzüglich vorgenommen werden könnten?
Herr Kollege Volmer, ich wäre dankbar, wenn ich wegen des Sachzusammenhangs beide Fragen zusammen beantworten könnte.
({0})
Dann rufe ich auch die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Volmer auf:
Welche Änderungen der TA Luft beabsichtigt die Bundesregierung im einzelnen, und welche in der Anhörung des Innenausschusses am 6. Oktober 1982 gewonnenen Erkenntnisse der Bundesregierung wird sie dabei berücksichtigen?
Die Bundesregierung mißt der baldigen Verabschiedung der TA Luft eine besondere Priorität zu. Es ist daher vorgesehen, die Beschlußfassung des Bundeskabinetts über diese umweltpolitisch besonders bedeutsame Verwaltungsvorschrift noch in diesem Jahr herbeizuführen. Mit der Novelle werden vor allem folgende umweltpolitische Ziele verfolgt.
Erstens. Der Schutz der menschlichen Gesundheit wird gegenüber der TA Luft 1974 verbessert durch Herabsetzung des Immissionswertes für Stickstoffdioxid und Einführung neuer Immissionswerte für Blei und Cadmium, scharfe Begrenzung der Emissionen kanzerogener Stoffe bis hinein in den vorbeugenden Gesundheitsschutz, ähnlich dem Strahlenminimierungsgebot, zuverlässige Beurteilung der tatsächlichen Umweltbelastung, insbesondere durch Verkleinerung der Beurteilungsfläche, Einführung eines Prüfverfahrens für Stoffe, für die noch keine Immissionswerte festgelegt sind.
Zweitens: erstmalig Vorschriften zum Schutz besonders empfindlicher Tiere und Pflanzen, Senkung des Immissionswertes von Fluorwasserstoff, Einführung eines Prüfverfahrens zum Schutz besonders empfindlicher Tiere und Pflanzen.
Drittens: erstmalig Anforderungen zum Schutz von Lebens- und Futtermitteln im Hinblick auf Schwermetalle unter Berücksichtigung der vorhandenen Bodenbelastungen, die Einführung von Immissionswerten für Blei, Cadmium und Thallium im Staubniederschlag und Einführung eines Prüfverfahrens für die Belastung von Lebens- und Futtermitteln.
Viertens. Die Präzisierung des Beurteilungsverfahrens gibt die Möglichkeit, für die gesetzlich vorgeschriebene Abwägung bei Nachteilen und Belästigungen ein generalisiertes Verfahren vorzuschreiben. Auf Grund der besonderen örtlichen Situation - z. B. Art der Nutzung - können deshalb zum Schutz vor Nachteilen und Belästigungen strengere oder weniger strenge Anforderungen als nach dem Immissionswert vorgeschrieben werden. Diese individuelle Prüfung berechtigt uns, den Im-missionswert für Bleiniederschlag von 500 - so im Entwurf vom September 1981 - auf 300 Mikrogramm zu senken, die scharfen Immissionswerte für Cadmium und Thallium beizubehalten und den hohen Staubniederschlagswert für industrielle Gebiete aufzugeben.
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, ich habe in der Frage 27 danach gefragt, in welchem Maße die Anhörung des Innenausschusses vom 6. Oktober 1982 noch in die Überlegungen einbezogen werden kann. In diesem Zusammenhang darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß ein erster Entwurf der vergangenen Bundesregierung in einer Sachverständigenanhörung zerrissen wurde und ein neuer Entwurf vorgelegt werden mußte, zu dem der Innenausschuß jetzt eine Anhörung beantragt und durchgeführt hat.
Spranger, Parl. Staastssekretär: Herr Kollege Volmer, die Bundesregierung mißt der Anhörung und den Stellungnahmen im Innenausschuß wie auch im Wirtschaftsausschuß große Bedeutung zu. Sie können versichert sein, daß die Sachverständigenstellungnahmen in diesem Entwurf mit berücksichtigt werden.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schuchardt.
Herr Staatssekretär, gibt es Ihrer Meinung nach einen Zusammenhang zwischen der TA Luft und der Großfeuerungsanlagenverordnung?
Von der Zielsetzung her sicherlich. Beide dienen nämlich der Verbesserung der Umwelt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Leuschner.
Herr Staatssekretär, Sie haben eben in der Zusammenfassung die allgemeinen Zielsetzungen der TA Luft wiedergegeben, u. a. haben Sie auch über Beurteilungsflächen gesprochen. Ist die neue Bundesregierung wie die alte Bundesregierung der Auffassung, daß die Beurteilungsgebiete von 4 x 4 km auf 1 x 1 km reduziert werden soll bzw. müssen?
Herr Kollege, die Endentscheidung der Bundesregierung wird sich maßgeblich an den noch vorzunehmenden Anhörungen und Prüfungen orientieren. Ich bitte deshalb, davon absehen zu wollen, mir jetzt eine endgültige Festlegung der Bundesregierung abzuverlangen, um kein Präjudiz für die weiteren Anhörungen zu schaffen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von Schoeler.
von Schoeler ({0}): Herr Staatssekretär, nachdem Sie den Zusammenhang zwischen Großfeuerungsanlagenverordnung und TA Luft eben
von Schoeler
selbst erwähnt haben, darf ich Sie fragen, warum Sie eine Antwort auf meine Frage verweigern, die ich vorhin gestellt habe. Sie lautete, da Sie selbst den Grenzwert von 400 mg als technisch realisierbar dargestellt haben, wieso dann Ihrer Meinung nach im weiteren Verfahren Veränderungen dieses Grenzwertes nicht ausgeschlossen werden können.
Herr Kollege von Schoeler, ich habe Ihnen die Antwort nicht verweigert, sondern ich habe zu Ihrer Zusatzfrage zur Frage des Kollegen Dr. Laufs erklärt, daß ein Sachzusammenhang hier nicht mehr besteht. Aber ich habe vorher erklärt, daß es eine Präjudizierung der noch laufenden Anhörungen und Stellungnahmen wäre, wenn die Bundesregierung hier Werte festsetzte, die ja gerade durch Sachverständige noch einer Prüfung unterzogen werden sollen. Daß die Bundesregierung der Meinung ist, daß dieser Entwurf sachgerecht ist, ergibt sich aus seiner Weiterleitung.
Ich möchte hier zwar nicht belehrend wirken, aber, Herr Staatssekretär, es ist Ihnen selbstverständlich unbenommen, zu sagen: Ich habe auch diese Frage schon beantwortet. Ich würde das an Ihrer Stelle auch tun.
({0})
Darf ich bitten, mit den Zusatzfragen fortzufahren. - Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, Sie haben im Zusammenhang mit Pflanzen, Futtermitteln und Nahrungsmitteln auch Blei erwähnt: Erwägt die Bundesregierung, vorzuschreiben, daß etwa entlang den Autobahnen produktionsfreie Streifen eingerichtet werden, um zu verhindern, daß sich Schwermetalle in Futtermitteln ablagern, die nach der Verfütterung Rückstände hinterlassen, oder will sie darauf hinaus, den Bleigehalt bei den Automobilen auf Null oder auf ein Minimum zu senken?
Herr Kollege Immer, ich glaube, daß diese Frage nun wirklich nicht mehr im Zusammenhang mit Frage 26 steht. Ich bitte, die Umweltprobleme, die Sie hier einbringen und die eine neue Dimension eröffnen, nicht erörtern zu müssen.
({0})
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, da Sie die Werte der Großfeuerungsanlagenverordnung und der TA Luft, die im Zusammenhang stehen, nicht in Frage gestellt haben, möchte ich Sie bitten, doch nun darzustellen, welche Meinung die Bundesregierung bezüglich der Werte, die Herr von Schoeler angesprochen hat, vertritt. Denn Ihre persönliche Meinung kann j a nicht die Meinung der derzeitigen Bundesregierung darstellen.
Herr Abgeordneter Stahl, darauf hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär bereits Antwort gegeben.
({0})
Ich rufe die nächste Zusatzfrage auf, Frau Abgeordnete Zutt.
Herr Staatssekretär, da Sie den Zusammenhang zwischen der TA Luft und der Verordnung für Großfeuerungsanlagen hier mehrfach deutlich gemacht haben, habe ich die Frage, ob Sie im Interesse der Rechtssicherheit mitteilen können, welches die genauen Abgrenzungen zwischen Großfeuerungsanlagen und mittleren und kleinen Anlagen sind.
Ich möchte nicht davon ausgehen, daß die frühere Bundesregierung einen Zustand der Rechtsunsicherheit in der Form hinterlassen hat, wie Sie ihn jetzt beschrieben haben. Sie können aber für den Fall, daß Sie meinen, es bestünde hier eine Rechtsunsicherheit, davon ausgehen, daß die neue Bundesregierung diese Rechtssicherheit so bald wie möglich herstellen wird, nachdem die Prüfungen und die Stellungnahmen der Sachverständigen abgeschlossen worden sind.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hirsch.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, können Sie hinsichtlich der etwas polemischen Frage des Kollegen Volmer, der sich auf die bisherige Entstehungsgeschichte der TA Luft bezog, bestätigen, daß die jetzige Bundesregierung die TA Luft verabschiedungsreif vorgefunden hat und daß es dem Innenausschuß außerordentlich schwer fiel, zu den Bereichen Cadmium, Thallium und kanzerogene Stoffe noch ein paar Fragen zu entwikkeln, um ein Hearing überhaupt möglich zu machen, dessen Sinn es nur war, die sehr viel umfangreicheren Fragestellungen des Wirtschaftsausschusses zu verhindern, der die TA Luft noch nachträglich kaputtmachen wollte?
Also, Herr Kollege -
Einen Augenblick, Herr Staatssekretär. - Mit Ausnahme Ihres Vorspanns, Herr Abgeordneter Hirsch, ist die Frage, glaube ich, zu beantworten. - Bitte.
Ich würde vielmehr meinen, daß der Nachsatz schwierig zu beantworten wäre. Den Vor-Satz kann man schon beantworten, und zwar dahin, daß ich der Frage des Kollegen Volmer keine Polemik entnommen habe. Ich möchte aber zum Ausdruck bringen, daß in der Politik nicht die Absichten, sondern die Entscheidungen und die Taten das Entscheidende sind. Die neue Bundesregierung hat die TA Luft vorgelegt.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Volmer.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß sich die verflossene Bundesregierung trotz mehrmaligen Befragens nicht in der Lage gesehen hat, die Großfeuerungsanlagenverordnung in naher Verbindung mit der gerade genannten TA Luft zu verabschieden?
Ich kann Ihnen das in vollem Umfange bestätigen, weil ich bei der Formulierung entsprechender Fragen, damals auf der Seite der Opposition, mitwirken durfte.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Zutt.
Herr Staatssekretär, Sie haben zwar allgemein die Frage nach der Rechtssicherheit bejaht, doch wurden Sie nicht konkret. Ich frage Sie als Vertreter der neuen Bundesregierung, welches die genauen Abgrenzungen zwischen mittleren, kleinen und Großfeuerungsanlagen sind, weil da Unterschiede bei der Umrüstung bestehen, wie sie in dem Stufenplan nach der TA Luft vorgesehen ist.
({0})
- Ich weiß es nicht genau.
Soweit in dieser Verordnung Abgrenzungen in der von Ihnen beschriebenen Art nicht vorhanden sein sollten, bitte ich, abzuwarten. Ich muß darauf abstellen, welche Verbesserungen der Abgrenzungen möglicherweise im Rahmen der Anhörungen und der weiteren sachverständigen Stellungnahmen möglich sind. Erst dann kann sich die Bundesregierung entscheiden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, da Sie auf meine Frage vorhin gesagt haben, daß sie nicht im Zusammenhang mit der aufgerufenen Frage stehe, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen entgangen ist, daß Sie bei der ausführlichen Beantwortung der Frage des Kollegen Volmer ausdrücklich auf Futtermittel und Nahrungsmittel hingewiesen haben und daß meine Frage somit berechtigt war.
Herr Abgeordneter Immer, das ist keine Frage, die zu beantworten ist. Das ist eine Entscheidung des Präsidenten.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 28 der Frau Abgeordneten Schuchardt auf:
Bis wann beabsichtigt die Bundesregierung, erste Ergebnisse der in der Koalitionsvereinbarung enthaltenen Bestandsaufnahme über die Anwendung der Vorschriften des
Grundgesetzes und der Beamtengesetze zur Verfassungstreue in der tatsächlichen Praxis von Bund und Ländern vorzulegen?
Frau Kollegin Schuchardt, vielleicht darf ich mit Ihrem Einverständnis beide Fragen wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten?
Dann rufe ich auch Frage 29 der Abgeordneten Frau Schuchardt auf:
Hat sich die Bundesregierung der Mitarbeit der Länder versichert, und sind alle Länder dazu bereit, über Regelungen Auskunft zu geben, die bereits jetzt die differenzierte Vorgehensweise bei der Prüfung der Verfassungstreue berücksichtigen?
Die Bundesregierung hat sich mit dem von Ihnen angesprochenen Punkt der Koalitionsvereinbarung bisher noch nicht befaßt. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß die Bestandsaufnahme - wie vorgesehen - bis zum 1. April 1983 durchgeführt werden wird. Ein Grund zu der Annahme, einzelne Länder könnten ihre Mitarbeit bei diesem Vorhaben verweigern, ist nicht erkennbar. Wann erste Ergebnisse der Bestandsaufnahme vorliegen werden, läßt sich jedoch zur Zeit nicht sagen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, dient die Bestandsaufnahme dazu, die Funktionsdifferenzierung später einzuführen, oder schließen Sie Funktionsdifferenzierungen schon vorher aus?
Eine Bestandsaufnahme bedeutet, daß man a priori nicht auf irgendein Ergebnis festgelegt ist. Deswegen können Sie auch hier davon ausgehen, daß erst einmal eine objektive Bestandsaufnahme durchgeführt und anschließend eine entsprechende Wertung vorgenommen wird.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 30 des Herrn Abgeordneten Dr. Haussmann auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Es wird wie in der Geschäftsordnung vorgesehen verfahren.
Das gleiche gilt für die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Dr. Haussmann.
Die Fragen 34 und 35 des Herrn Abgeordneten Bergerowski werden auf Wunsch des Abgeordneten schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Weiß auf:
In welchem Umfang waren die im Verfassungsschutzbericht 1981 der Bundesregierung dargestellten Bemühungen der DKP und der sie unterstützenden Kräfte, mit Nichtkommunisten zusammenzuarbeiten und in demokratischen Organisationen Einfluß zu gewinnen, von Erfolg gekrönt?
Herr Kollege Weiß, den orthodoxen Kommunisten gelang es im Jahre 1981 stärker als früher, mit nicht extremistischen Gruppen und Personen Aktionsbündnisse
einzugehen. Dabei spielen die von ihnen beeinflußten Organisationen eine besondere Rolle. Zu einer aus der Sicht der DKP und ihrer Nebenorganisationen erfolgreichen Zusammenarbeit mit Nichtkommunisten kam es insbesondere bei der Kampagne gegen den NATO-Doppelbeschluß. Sie entwickelte sich zum überragenden Instrument kommunistischer Massenarbeit. Innerhalb der Friedensbewegung bilden die orthodoxen Kommunisten zwar zahlenmäßig nur eine Minderheit, da sie aber über klare Zielvorstellungen, eine geschlossene Organisation und ausreichende finanzielle Mittel verfügen, ging ihre Bedeutung in der Bewegung über ihren zahlenmäßigen Anteil erheblich hinaus. Zu einer ähnlichen Zusammenarbeit von Kommunisten und Nichtkommunisten kam es auch bei den Kampagnen gegen die sogenannten Berufsverbote, gegen Imperialismus und Neokolonialismus, gegen Umweltverbrechen und das Bonner Atomprogramm sowie bei der Antifaschismus-Kampagne. Im Hochschulbereich blieb der Einfluß orthodoxer Kommunisten ungeschmälert. Er geht dort erheblich über ihren Mandatsanteil in den Studentenparlamenten hinaus.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, welche konkreten Bemühungen von Nichtkommunisten in kommunistisch beeinflußten Organisationen, diesen Einfluß zurückzudrängen, und welche Erfolge solcher Bemühungen sind der Bundesregierung bekanntgeworden?
Es ist ohne Zweifel richtig, daß demokratische Gruppen und Personen versuchen, den Einfluß zurückzudrängen. Daß dieses Unterfangen und dieser Versuch bei der Struktur, bei dem Engagement der DKP nicht großen Erfolg aufweisen konnte, hat die Beantwortung Ihrer ersten Frage ergeben.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr von Schoeler.
von Schoeler ({0}): Herr Staatssekretär, stellt jede Zusammenarbeit einer kommunistischen Organisation mit einer demokratischen Organisation aus Ihrer Sicht einen Erfolg kommunistischer Bündnispolitik dar?
Hier müßte man die Frage der Zusammenarbeit als Begriff klären. Die DKP war über Jahre hinweg wesentlich bemüht, sogenannte Berührungsängste im Rahmen von Zusammenarbeit mit demokratischen Organisationen abzubauen. Dies ist ein erklärtes politisches Ziel der DKP gewesen und sollte jeden, der in irgendeiner Aktionseinheit mit Kommunisten auftritt, nachdenklich stimmen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schuchardt.
Herr Staatssekretär, halten Sie speziell die Friedensbewegung für einen Erfolg der DKP?
Ich habe in meiner Antwort darzulegen versucht, in welch hohem Maße die DKP im Bereich der sogenannten Friedensbewegung organisatorisch, finanziell und personell verflochten ist. Jeder, der die politische Landschaft richtig zu deuten und zu analysieren weiß, muß davon ausgehen, daß die DKP selber dies als großen Erfolg bewertet.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, halten Sie die Tatsache, daß verschiedene Gruppen mindestens äußerlich gleiche Ziele verfolgen, etwa die Friedensdiskussion auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag, für einen Erfolg der DKP?
({0})
Herr Immer, man sollte bei diesem Thema, das zu ernst ist, als daß man es an Beispielen aufhängt,
({0})
die natürlich sofort zu einer anderen Bewertung kommen lassen müssen, als ich sie hier angesichts der konkreten Frage des Kollegen Weiß abgegeben habe.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lambinus.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen davon, daß es einen großen Einfluß der DKP auf die deutsche Friedensbewegung gibt. Sind Sie der Auffassung, daß die große Friedensdemonstration im vergangenen Jahr hier in Bonn, die von kirchlichen Jugendgruppen, von Jugendgruppen aus den demokratischen politischen Parteien, von der Gewerkschaftsjugend usw. getragen war, zum großen Teil von Kommunisten beeinflußt war?
Herr Lambinus, Sie unterstellen mir etwas, was ich nicht gesagt habe.
({0})
Weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Grobecker.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir als Gewerkschaftsfunktionär raten, meine Gewerkschaft zu verlassen, weil es in ihr auch DKP-Leute gibt?
Ich will Ihnen keine persönlichen Ratschläge geben; das müssen Sie selber wissen.
({0})
Ich gehe davon aus, daß ein freigewählter Abgeordneter des Deutschen Bundestages in der Lage ist, diese persönliche Frage selber zu entscheiden, ohne daß ihm die Bundesregierung einen Ratschlag erteilt.
({1})
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hirsch.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben vorhin gesagt, daß die DKP die Zusammenarbeit als einen Erfolg werte. Schließen Sie sich denn dieser Bewertung durch die DKP an?
Ich glaube, daß ich als Angehöriger einer demokratischen Partei eine Bewertung des Erfolgs der DKP unter ganz anderen Gesichtspunkten zu treffen habe.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hölscher.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß beide Kirchen - die katholische und die evangelische Kirche - zumindest in Teilen sehr aktiv in der Friedensbewegung sind, und heißt das nach Ihrer Schlußfolgerung, daß auch unsere beiden Volkskirchen zum Teil durch Kommunisten unterwandert sind?
Das ist die Schlußfolgerung, die Sie gezogen haben und die nicht ich ziehe. Ich kann nur sagen: Die Beteiligung der DKP in der Friedensbewegung ist unumstritten.
({0})
- Und groß.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, entspringt nach Ihrer Meinung die starke Beteiligung der DKP und anderer kommunistischer Gruppen in der Friedensbewegung einer genuin marxistisch-leninistischen Friedensbemühung, oder ist es vorwiegend das Bemühen, Kontakt zu demokratischen Gruppen zu bekommen?
Herr Kollege Broll, die Motive, die die DKP veranlaßten, sich hier in hohem Maße zu engagieren, sind zweifelsohne außen- wie innenpolitischer Art. Sie sind verschiedener Art. Ich glaube, wir sollten uns hier nicht über die Motive der DKP unterhalten; wir sollten das, was die DKP auf diesem Sektor erreicht hat, zur Kenntnis nehmen und die notwendigen
demokratischen und rechtsstaatlichen Konsequenzen ziehen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Zeitler.
Herr Staatssekretär, ist Ihrem Hause denn bekannt, wie viele Mitglieder einerseits die DKP zur Zeit hat, wie viele Menschen andererseits sich an den Aktionen der Friedensbewegung beteiligen?
Ich darf mich bei Ihrer Frage darauf berufen, daß die vorige Bundesregierung im Verfassungsschutzbericht 1981 dazu ausführlich Stellung genommen hat.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer letzten Antwort entnehmen, daß im letzten Bericht der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Zahlen zur Friedensbewegung bekanntgegeben worden sind, wie Sie es hier darzustellen versucht haben?
Herr Kollege Stahl, ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich überhaupt keine Zahlen genannt habe. Ich habe auf die Frage des Kollegen Weiß lediglich die starke Beteiligung der DKP zum Ausdruck gebracht, die sich in verschiedener Weise äußert. Ich habe das in der Antwort dargelegt.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Broll auf:
Welchen Einfluß haben nach der Kenntnis der Bundesregierung die DKP, der MSB Spartakus und andere kommunistische oder kommunistisch beeinflußte Organisationen auf die Kampagne, Städte, Stadtteile, Bildungseinrichtungen und Betriebe zu „atomwaffenfreien Zonen" zu erklären?
Herr Kollege Broll, ich darf auch hier wegen des Sachzusammenhangs beide Fragen gemeinsam beantworten.
Dann rufe ich auch die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Broll auf:
Welche Ansätze sieht die Bundesregierung, um - z. B. auf dem Weg über kommunale Verbände, die Kultusministerkonferenz, die Sozialpartner - für Aufklärung über Zielsetzung und Hintergrund dieser Kampagne zu sorgen?
Die Kampagne für die Ausrufung bestimmter Gebiete, Städte, Gemeinden, Straßen, Hochschulen, Schulen, Betriebe zu atomwaffenfreien Zonen oder auch weitergehend zu atomfreien Zonen geht auf Vorbilder in angelsächsischen Ländern zurück. Ebenso wie dort wurde die Kampagne auch in der Bundesrepublik Deutschland zunächst von Nichtextremisten propaParl. Staatssekretär Spranger
giert. Bei ihrem aktuellen Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluß engagieren sich jedoch insbesondere die DKP, ihre Nebenorganisationen und von ihr beeinflußte Organisationen für diese Aktionsform.
Mit der Kampagne für atomwaffenfreie Gebiete sollen weite Bevölkerungskreise direkt angesprochen werden. Gleichzeitig soll Druck auf die Parlamente ausgeübt werden. Die orthodoxen Kommunisten verbinden sie in der Regel mit der Unterschriftensammlung zum „Krefelder Appell".
Die DKP bemüht sich in den Stadt- und Gemeindeparlamenten, in denen sie vertreten ist, Beschlüsse über die Ausrufung von atomwaffenfreien Kommunen herbeizuführen. Entsprechend will die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend ({0}) nach einem Beschluß ihres Bundesvorstands mindestens 100 Lehrwerkstätten von Großbetrieben zu atomwaffenfreien Zonen erklären. Ähnlich beschloß der marxistische Studentenbund „Spartakus" ({1}) auf seiner vierten Bundesvorstandstagung in Frankfurt Mitte Juli des Jahres neue Friedensaktionen an den Hochschulen unter dem Motto „atomwaffenfreie Fachbereiche und Hochschulen".
Von den DKP-beeinflußten Vereinigungen ist vor allem die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner ({2}) um die Intensivierung der Kampagne bemüht, mit der sie ein öffentliches Klima gegen weitere atomare Hochrüstung schaffen will. Auch das DKP-beeinflußte „Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" ({3}) fordert in einer im September des Jahres verbreiteten Erklärung in Verbindung mit der Sammlung von Unterschriften unter dem „Krefelder Appell", unser Land Straße für Straße, Gemeinde für Gemeinde, Betrieb für Betrieb, Schule für Schule, Universität für Universität zur atomwaffenfreien Zone zu erklären. Die Bundesregierung wird die Öffentlichkeit und die von der Kampagne orthodoxer Kommunisten und von ihnen beeinflußter Organisationen betroffenen Institutionen in geeigneter Weise informieren, ohne der Kampagne ungewollt Publizität zu verschaffen.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung auch die demokratischen Parteien, ihre Spitzenorganisationen, über diese Zusammenhänge informieren und gegebenenfalls die Öffentlichkeit über die Reaktionen aus diesem Kreis wiederum unterrichten?
Herr Kollege Broll, ich gehe schon davon aus, daß die demokratischen Parteien über diesen Sachverhalt informiert sind. Die Bundesregierung ist aber selbstverständlich bereit, Informationsdefizite auszugleichen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hölscher.
Herr Staatssekretär, da sich die von Ihnen bereits angesprochenen rechtsstaatlichen Konsequenzen zweifellos auch auf diese Frage
beziehen, darf ich Sie fragen: Erwägt die Bundesregierung ein Verbot der DKP wegen dieser und ähnlicher Aktivitäten, oder wie ist sonst Ihre Bemerkung hinsichtlich der rechtsstaatlichen Konsequenzen zu verstehen?
Ich glaube nicht, daß das Problem des Verbots der DKP in dieser Fragestunde von Bedeutung ist. Es wäre aber sicherlich Aufgabe aller demokratischen Parteien, nun die notwendigen Konsequenzen aus den erkannten Zielen der DKP zu ziehen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Darf ich Sie um eine konkrete Antwort bitten, Herr Staatssekretär: Wie wären bitte diese rechtsstaatlichen Konsequenzen? Sie schließen also, wenn ich Sie direkt fragen darf, ein Verbot der DKP auf Initiative der Bundesregierung nicht aus?
Ich habe von der Konsequenz für die demokratischen Parteien gesprochen, und die wäre beispielsweise, die Frage der Aktionseinheit oder der Zusammenarbeit mit Kommunisten eindeutig zu klären.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 39 des Herrn Abgeordneten Fellner auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die politische Orientierung, die Motive und Ziele von Personen, die sich unmittelbar oder unterstützend an Hausbesetzungen beteiligen?
Herr Kollege Fellner, soweit sich Personen an Hausbesetzungen beteiligen, die nicht dem politischen Extremismus zuzurechnen sind, sieht die Bundesregierung hier ähnlich wie die Enquête-Kommission „Jugendprotest im demokratischen Staat" in ihrem Zwischenbericht vom 28. April 1982 vor allem eine Form des aktiven Jugendprotests, mit dem eine aus dieser Sicht verfehlte staatliche Sanierungs- und Wohnungsbaupolitik angegriffen werden soll. Hinzu kommt vielfach der Wunsch nach alternativen Lebensformen.
Bei Personen aus dem Bereich des Linksextremismus, die sich an Hausbesetzungen beteiligen, ist folgendermaßen zu differenzieren:
Erstens. Orthodoxe Kommunisten, die 1981 an etwa 100 der über 700 gezählten Hausbesetzungen beteiligt waren, sahen in ihrer Beteiligung am „Häuserkampf" die Gelegenheit, eine breite Protestbewegung gegen „Bodenspekulation" und „kapitalistische Ausbeutung" zu entwickeln, zugleich für ihre Bündnispolitik zu werben und das Ansehen ihrer Partei, der DKP, unter Jugendlichen zu verbessern.
Zweitens. Angehörige der undogmatischen „Neuen Linken" erklärten den sogenannten Häuserkampf zum Teil eines Kampfes für eine „herrschaftsfreie anarchistische Gesellschaft". Einige erklärten besetzte Häuser zu „befreiten Gebieten"
Pari. Staatssekretär Spranger
und zum „Ausgangspunkt" für den weiteren Kampf, bei dem es letztlich darum gehe, „das Ganze der bürgerlichen Gesellschaft zu zerschlagen".
Drittens. Gruppen und Einzelpersonen aus der terroristischen Unterstützerszene, die zumindest in den Zentren an Hausbesetzungen beteiligt waren, wollten damit „Massenmilitanz" und „subversive Aktionsformen" verbinden sowie Zusammenhänge mit den Kämpfen der „Befreiungsbewegungen der Dritten Welt" und dem Kampf gegen den „US-Imperialismus" herstellen.
Zum Anteil der Linksextremisten unter den Hausbesetzern insgesamt liegen keine gesicherten Zahlen vor. Rund 25 % der den Sicherheitsbehörden 1981 namentlich bekanntgewordenen Hausbesetzer hatten sich bereits früher für Ziele linksextremistischer Gruppen betätigt. Auf Grund von Einzelhinweisen wird der Anteil der Linksextremisten unter den Hausbesetzern bei starken örtlichen Unterschieden auf 30 bis 60 % geschätzt.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 40 des Herrn Abgeordneten Bühling auf:
Wie weit ist die Abstimmung der Pläne zwischen der Bundesregierung und dem Senat von Berlin bezüglich der Errichtung eines Museums für Deutsche Geschichte inzwischen gediehen?
Herr Kollege Bühling, darf ich Ihre beiden Fragen wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten?
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe auch noch Frage 41 des Abgeordneten Bühling auf:
Ist insbesondere nunmehr sichergestellt, daß Berlin der Sitz eines solchen Museums werden sollte und daß dazu keine „konkurrierende" Einrichtung an anderem Ort geschaffen wird?
Wie bereits in der Fragestunde am 28. April 1982 auf Ihre Fragen zu diesem Komplex dargelegt, hat der Senat von Berlin Überlegungen angestellt, ein „Deutsches historisches Museum" einzurichten. Hierfür wurden auch nach einer ersten Kontaktaufnahme zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Senator für Wissenschaft und kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Land Berlin erörtert. Ein von Berlin vorgelegtes Rohkonzept über die Gestaltung des Vorhabens wird inzwischen fachlich überarbeitet. Seitens des Bundes ist nach wie vor eine große Bereitschaft zur Unterstützung des Berliner Vorhabens vorhanden, wobei stets hervorzuheben ist, daß in Bonn seit langer Zeit, zumindest seit Ende der 50er Jahre, unter dem Gesichtspunkt der politischen Bildung ein Ausstellungsangebot über die Darstellung der deutschen Geschichte - insbesondere auch unter dem Aspekt der Wurzeln und der Tätigkeit des Deutschen Bundestages und der jeweiligen Bundesregierungen - geplant ist. Gewisse Überschneidungen beider Ausstellungsvorhaben sind zwar möglich, werden sich jedoch, da verschiedene Ausgangspositionen vorliegen - in Berlin vordringlich historische Darstellung, in Bonn hauptsächlich politisch bildender Hintergrund -, in Grenzen halten.
Die Bemühungen der Bundesregierung in dieser Richtung werden besonders deutlich, nachdem in der Regierungserklärung vom 13. Oktober 1982 ausgeführt wurde, daß verstärkt darauf hingewirkt werden soll, möglichst bald in der Bundeshauptstadt Bonn eine Sammlung zur deutschen Geschichte seit 1945 zu errichten.
Herr Kollege Bühling, eine endgültige Entscheidung darüber, ob Berlin Sitz eines Historischen Museums für Deutsche Geschichte werden soll, ist noch nicht gefallen. Wie aus der Beantwortung der Frage hervorgeht, besteht seitens des Bundes keinerlei Absicht, eine konkurrierende Einrichtung zu schaffen. Die weitere Abstimmung geschieht in enger Zusammenarbeit mit Berlin.
Eine Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie also dahin gehend verstehen, daß auch die Bemerkungen des Herrn Bundeskanzlers in der Regierungserklärung die Berliner Bestrebungen nicht beeinträchtigen, sondern möglicherweise sogar fördern werden?
Herr Kollege Bühling, der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung die hohe Priorität Berlins für die Bundesrepublik und für diese Regierung deutlich gemacht. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das Problem zu sehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Professor Diederich.
Herr Staatssekretär, könnten Sie die Liebenswürdigkeit haben, zu erläutern, wo der Unterschied liegt, wenn Sie in Ihrer Antwort einerseits von „historisch darstellend" und andererseits von „politisch bildend" sprechen?
Ich glaube, daß der Unterschied so offenkundig ist, daß man ihn nicht näher erläutern muß. Das eine hat einen eindeutig retrospektiven, das andere hat einen sehr gegenwärtigen Bezug.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, obwohl ich Politische Wissenschaft als Lehrfach habe, ist mir der Unterschied doch nicht klar.
({0})
Darf ich Sie bitten, mir dies einmal schriftlich zu erläutern?
Ich bin gerne bereit, Ihnen über die eindeutigen Festlegungen, die ich hier vorgenommen habe, hinaus längere AusParl. Staatssekretär Spranger
führungen zu diesem Thema schriftlich zugehen zu lassen.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 42 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Wie steht die Bundesregierung zu der Regelung des Abwasserabgabengesetzes, wonach in entlegenen ländlichen Bereichen Landwirte und andere Grundstückseigentümer eine Abwassergebühr auch dann entrichten müssen, wenn schon jetzt gesagt werden kann, daß ihre Betriebe und Grundstücke niemals an eine Kanalisationsanlage angeschlossen werden können, und wird die Bundesregierung eine entsprechende Änderung dieses Gesetzes anstreben, das bei den Betroffenen insoweit auf verbreitetes Unverständnis stößt?
Herr Kollege Dr. Jobst, nach dem Abwasserabgabengesetz hat jeder, der Abwasser in ein Gewässer einleitet, nach Maßgabe der Schädlichkeit des Abwassers eine Abgabe zu zahlen, und zwar auch der Abwassereinleiter, der niemals an eine Kanalisation angeschlossen werden kann. Diese Regelung verwirklicht das Verursacherprinzip: Wer direkt oder indirekt verschmutzt, zahlt.
Die Sache ist auch unter dem Gleichheitsgrundsatz zu sehen, nach dem diejenigen, die Abwasser über die Kanalisation ableiten, ebenfalls mit entsprechenden Kosten belastet werden. Der Betreiber der Kanalisation wälzt die von ihm zu zahlende Abwasserabgabe auf die Benutzer der Kanalisation ab.
Im Bundesministerium des Innern wird zur Zeit unter Mitwirkung der für den Vollzug zuständigen Bereiche ein Erfahrungsbericht zum Abwasserabgabengesetz erstellt. Ob und in welchem Umfange sich Änderungen des Abwasserabgabengesetzes ergeben könnten, wird sich in der noch zu führenden Diskussion herausstellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, die Abwassergebühr wird ja vielfach - und nicht zu Unrecht - als Regensteuer bezeichnet. Ich frage Sie: Sollte nicht die Kleineinleitung im Sinne des § 8 des Abwasserabgabengesetzes von der Abgabepflicht freigestellt werden?
Zwar sind diese Kleineinleitungen nach der jetzigen Regelung abgabepflichtig - für die Höhe der Abgabe wird pauschal die Hälfte der Zahl der Einwohner zugrunde gelegt, die nicht über einen Anschluß an die Kanalisation verfügen, womit in etwa der Restschädlichkeit des eingeleiteten Abwassers entsprochen wird -, jedoch kann der Abgabesatz durch Landesvorschrift ermäßigt werden. Eine völlige Freistellung würde allerdings gegen das Verursacherprinzip verstoßen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß diejenigen, die die vorgeschriebenen Anforderungen an die Abwasserreinigung erfüllen, von der Abgabepflicht freigestellt werden sollten?
Herr Kollege Dr. Jobst, diese wichtige Frage wird zweifelsohne jetzt bei den Überprüfungen, die stattfinden, eine Rolle spielen. Und die Bundesregierung ist hier auch bereit, wenn Mängel festgestellt werden, diese Mängel zu korrigieren. Ich hätte die herzliche Bitte, das Ergebnis der laufenden Prüfungen abzuwarten. Wir werden Ihre Anregungen und Ihren Vorschlag mit in die Überlegungen und Prüfungen einbeziehen.
Weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Martiny-Glotz.
Herr Staatssekretär, Umweltspezialisten beurteilen bei der Belastung des Wassers das Nitrat-Problem als besonders schwerwiegend. Glauben nicht auch Sie, daß gerade die von Herrn Kollegen Jobst angesprochenen Kleineinleiter einen besonderen Beitrag zu dieser Nitrat-Belastung leisten?
Frau Kollegin, ich weiß nicht, welche Spezialisten Sie zitieren. Ich möchte mir zu dem Thema jedenfalls dieses Etikett nicht anziehen. Auch hier bitte ich, abzuwarten, wie dieses Problem bei den laufenden Überprüfungen bewertet wird.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Möhring auf:
Welche Gründe kann die Bundesregierung dafür erkennen, daß Zwischenfälle und gefährliche Begegnungen auf der Elbe, an denen bewaffnete Boote der NVA-Marine beteiligt sind, in jüngster Zeit offensichtlich in ungewöhnlicher Weise zunehmen, nachdem an diesem, nicht festgestellten Grenzabschnitt seit Abschluß des Grundlagenvertrags von 1972 erträgliche Ruhe herrschte, und in welcher Weise gedenkt sie, die ständige Präsenz von Marinestreitkräften der DDR als Angehörige des Warschauer Pakts auf einem von der jetzigen Bundesregierung behaupteten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zu beenden, um damit die volle Souveränität herzustellen?
Herr Kollege Möhring, zur Frage 44: Der Bundesregierung sind im Laufe des Jahres insgesamt sieben Zwischenfälle bekanntgeworden, die sich in der Zeit zwischen dem 22. August und 26. September 1982 fast alle im Raum nahe Boizenburg ereignet haben. Die Häufung solcher Vorkommnisse ist ungewöhnlich, obwohl es auch in den vergangenen Jahren gelegentlich zu Zwischenfällen mit Streifenbooten der DDR auf der Elbe gekommen ist.
Die Vorfälle sind daher in der Sitzung der Grenzkommission am 29./30. September 1982 mit dem Ausdruck ernster Besorgnis gegenüber der DDR zur Sprache gebracht worden. Auf die Verpflichtung zur Vermeidung von Schwierigkeiten wurde hingewiesen. Die Vertreter der DDR haben deutlich gemacht, daß es sich hier um ein Fehlverhalten einzelner Bediensteter gehandelt habe. Sie haben ihren Willen erkennen lassen, sich weiterhin an den
Protokollvermerk zu Artikel 1 des Regierungsprotokolls vom 29. November 1978 zu halten, wonach beide Seiten „bis zur Herbeiführung der Übereinstimmung den Umstand, daß die Arbeiten zu den Grenzabschnitten 7 bis 9 noch nicht abgeschlossen sind, zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei allen Maßnahmen weiterhin berücksichtigen" werden.
Seit dem 26. September und der nachfolgenden Erörterung der Vorfälle in der Grenzkommission sind neuerliche Zwischenfälle auf der Elbe nicht mehr bekanntgeworden. Die Bundesregierung wird die weitere Entwicklung sehr sorgsam beobachten.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage weise ich darauf hin, daß die Arbeiten zur Feststellung des Grenzverlaufs im Elbe-Abschnitt, wie im Regierungsprotokoll vom 29. November 1978 über die Ergebnisse der Arbeit der Grenzkommission festgestellt worden ist, noch nicht abgeschlossen sind.
Beide Seiten haben im Regierungsprotokoll die Absicht bekundet, die Arbeiten fortzusetzen und im Protokollvermerk zu Artikel 1 des Regierungsprotokolls vereinbart, daß sie bis zur Herbeiführung der Übereinstimmung den Umstand, daß die Arbeiten zu den Grenzabschnitten 7 bis 9 noch nicht abgeschlossen sind, zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei allen Maßnahmen weiterhin berücksichtigen werden. Beide Seiten gehen nach der im Protokollvermerk zu Artikel 1 getroffenen Vereinbarung weiter davon aus, daß die Auffassungen beider Seiten zur Rechtslage unberührt bleiben.
Eine Zusatzfrage.
Zur Frage 44 eine Zusatzfrage: Können Sie mir bestätigen, daß die Rechtsauffassung früherer CDU-geführter Regierungen mit der heutigen übereinstimmt, daß die Grenze am Ostufer der Elbe behauptet wird, und wie würden Sie die begründen?
Herr Kollege Möhring, diese Frage eindeutig zu beantworten hängt von den Feststellungen der Kommission ab, die am Arbeiten ist. Bevor diese Arbeiten, auch im Zusammenwirken und im Kontakt mit den DDR-Behörden und dem DDR-Teil der Kommission, nicht abgeschlossen sind, würde ich hier auf eine Festlegung verzichten wollen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Möhring auf:
Welche eindeutigen Beweise aus alliierten Vereinbarungen von und nach 1945 besitzt die Bundesregierung für ihre Rechtsbehauptung, daß die Elbe in voller Breite zur Bundesrepublik Deutschland gehört und die Grenze zur DDR damit auf dem Ostufer der Elbe verläuft, und welche Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, diesen Rechtsstandpunkt anhand ihrer Beweise so in das Protokoll der Grenzkommission vom 25. Oktober 1978 einzuführen, daß der offengebliebene Teil damit geschlossen werden kann?
Herr Kollege Möhring, die Bundesregierung hat wiederholt unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß allein maßgebliche Grundlage für die Feststellung des Grenzverlaufs die zum Grundlagenvertrag abgegebene Erklärung zu Protokoll über die Aufgaben der Grenzkommission ist. Danach bestimmt sich der Verlauf der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nach den diesbezüglichen Festlegungen des Londoner Protokolls vom 12. September 1944 und späteren davon abweichenden Vereinbarungen der damaligen Besatzungsmächte. Mit Rücksicht darauf, daß die Arbeiten zur Grenzfeststellung mit der DDR noch nicht abgeschlossen sind, erscheint es nicht zweckdienlich, hier auf die alliierten Unterlagen im einzelnen einzugehen. Die Bundesregierung wird bei künftigen Arbeiten zur Grenzfeststellung an dieser grundsätzlichen Position der Maßgeblichkeit der Unterlagen der Alliierten unverändert festhalten.
Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wann wurden an Hand welcher Unterlagen nach 1945 im Tauschwege die früher niedersächsischen Gebiete der Sowjetzone und die früher mecklenburgischen Gebiete der britischen Zone zugeschlagen, wie dies in einem Zeitungsbericht vom 26. Mai 1982 behauptet wird? Ich füge hinzu: Ich wäre zufrieden, wenn Sie mir die Frage schriftlich beantworteten, wenn Sie auf eine mündliche Erörterung verzichten.
Herr Kollege Möhring, ich kann hier nur insoweit Auskunft geben, als ich sage, daß eine Vielzahl von Dokumenten vorhanden ist, die eine Auswertung in dieser oder jener Richtung möglich macht. Bevor die Auswertung dieser Vielzahl von Dokumenten nicht geschehen ist, kann weder die Grenzkommission noch die Bundesregierung konkrete Grundlagen für ihre Entscheidung vorfinden.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie Zeitungsmeldungen vom 3. Juli 1982 bestätigen, daß es entgegen einer Auskunft der früheren Regierung Schmidt/Genscher an mich doch einen Brief des Foreign Office an Außenminister Genscher zu Fragen der Elbgrenze gibt, der von der DDR als Freibrief für ihre Grenzregelungsabsichten ausgelegt werden könnte?
Mir ist diese Zeitungsmeldung nicht bekannt. Ich kann die Richtigkeit des Inhalts dieser Zeitungsmeldung weder bestätigen noch widerlegen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Professor Diederich.
Herr Staatssekretär, da Sie verständlicherweise auf Einzelheiten zu diesem Zeitpunkt nicht eingehen wollen, könnten Sie wenigstens bestätigen, daß die vorliegenden Unterlagen und Beweise die Rechtsauffassung der Bundesrepublik völlig eindeutig und uninterpretierbar darstellen und stützen?
Ja, ich kann das bestätigen.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von Schoeler.
von Schoeler ({0}): Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Bundesregierung immer - jedenfalls in den letzten Jahren - die von Ihnen hier vertretene Auffassung dargelegt hat, daß sich der Grenzverlauf nach den Unterlagen bestimmt, die Sie erwähnt haben, und daß Präzisierungen, was das für den Grenzverlauf im einzelnen bedeutet - Strommitte oder Ostufer -, niemals öffentlich in den letzten Jahren vorgenommen worden sind, weil das ja das Ergebnis der von Ihnen erwähnten Arbeit der Grenzkommission sein soll?
Herr Kollege von Schoeler, es würde naheliegen, daß Sie viel besser beurteilen können, wie die Haltung der vergangenen Bundesregierung war. Wenn Sie der Meinung sind, daß die neue Bundesregierung die gleiche Auffassung vertritt wie die vergangene Bundesregierung, dann will ich dem jetzt nichts hinzufügen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Professor Dr. Klein zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 46 der Frau Abgeordneten Dr. Martiny-Glotz auf:
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung nach Vorlage der Studie über die Praxis des Konsumentenkredits ergreifen, um insbesondere den Kreditnehmern aus den unteren Einkommensschichten die notwendigen Kenntnisse und aktuellen Informationen über den Kreditmarkt zu geben, und könnte eventuell auch eine bessere Information über die Ergebnisse der Zinserhebungen der Deutschen Bundesbank durch die Bundesregierung dazu beitragen, die großen Kostenunterschiede auf dem Kreditmarkt in das Bewußtsein der Kreditnehmer zu bringen?
Frau Kollegin, durch die Vorschriften der Verordnung über Preisangaben vom 10. Mai 1973 ist sichergestellt, daß bei Kreditangeboten und bei der Preiswerbung für Kredite alle wichtigen Kreditkonditionen und insbesondere der sogenannte effektive Jahreszins angegeben werden. Ferner sind nach § 3 der Verordnung die Kreditinstitute verpflichtet, Preisverzeichnisse auszuhängen, die alle wesentlichen Konditionen für standardisierte Mengengeschäfte, darunter auch den jeweiligen effektiven Jahreszins, ausweisen. Durch die vorgeschriebene Angabe des effektiven Jahreszinses wird der Kreditinteressent in die Lage versetzt, verschiedene Kreditangebote auf einfache Weise und ohne zusätzliche Berechnungen miteinander zu vergleichen. Dabei wird vom Kunden allerdings erwartet, daß er von sich aus Erkundigungen über verschiedene Kreditangebote einholt. Presseveröffentlichungen und vor allem Verbraucherinformationen in Zeitschriften ermöglichen einen Überblick über die Zinsen und weisen regelmäßig auf bestehende Kostenunterschiede hin. Die Bundesregierung hat in ihren Verbraucherbroschüren - ich verweise z. B. auf den sogenannten „Wegweiser für Verbraucher" - nachhaltig auf die Notwendigkeit von Preisvergleichen gerade auch auf dem Kreditsektor hingewiesen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die laufende Information über Zinsen am Kreditmarkt vor allem eine Aufgabe der Presse und der Verbraucherverbände. Amtliche Veröffentlichungen, z. B. im Bundesanzeiger, könnten nach Meinung der Bundesregierung den Letztverbraucher in der Regel nicht erreichen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ich habe in meiner Frage auf eine Untersuchung, nämlich auf die Studie über die Praxis des Konsumentenkredits, abgestellt, die in den letzten Wochen veröffentlicht worden ist. Aus dieser Studie geht hervor, daß gerade Bezieher nur kleiner Einkommen nicht den von Ihnen eingeschlagenen Weg benutzen, sich nämlich bei der Sparkasse oder Bank zu informieren, sondern ihren Konsumentenkredit über einen Kreditvermittler und eine Teilzahlungsbank in Anspruch nehmen.
Ich frage Sie deshalb, hierauf bezogen, ganz gezielt. Treffen all die Dinge, die Sie hier angeführt haben, auch für diese heikle Gruppe - nicht gänzlich, aber zum Teil heikle Gruppe - der Kreditvermittler und der Teilzahlungsbanken zu? Reicht hier die von Ihnen angesprochene Information, die gegeben wird?
Frau Kollegin, Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß die von Ihnen angesprochene Studie erst vor kurzer Zeit vorgelegt worden ist. Die Bundesregierung ist dabei, sie auszuwerten. Sie wissen, wie ich annehme, darüber hinaus, daß sie in erster Linie zur Vorbereitung einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft erbeten worden ist, die sich in Arbeit befindet. In diesem Zusammenhang werden auch Überlegungen in der von Ihnen angedeuteten Richtung anzustellen sein. Sie haben zutreffend darauf hingewiesen, daß in dem von Ihnen angesprochenen Bereich besondere Probleme liegen und zu berücksichtigen sind.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Ich möchte noch eine zweite Frage stellen und Sie bitten, wenn Sie sich überfordert fühlen sollten, was verständlich wäre, mir das vielleicht schriftlich nachzureichen. In dieser Studie steht ganz deutlich, daß es sich hier um sozial schwache Kreditnehmer handelt. Glauben Sie, daß für diese Gruppe der Kreditnehmer durch Faltblätter oder ähnliche Informationsinstrumente über die Sozialämter, über die Arbeitsämter - häufig ist ein solches Problem eine Folge von Arbeitslosigkeit - gezielte Informationspolitik geleistet werden sollte, um diese Gruppe besonders zu schützen?
Frau Kollegin, diese Anregung nimmt das Bundesministerium der
Justiz gern zur Kenntnis, und Ihrer Anregung entsprechend werde ich mir erlauben, dem im Hause nachzugehen und Sie über das Ergebnis zu informieren.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Emmerlich.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung, aus der in der Vorfrage angesprochenen Studie über Konsumentenkredite Konsequenzen zu ziehen, und zwar einmal in Richtung auf einen verbesserten Schutz der Kreditnehmer vor überteuerten Krediten und zum anderen in Richtung auf einen verbesserten Schutz der Kreditnehmer gegen Kreditkündigungen bei unverschuldeten Notlagen, z. B. Arbeitslosigkeit und Krankheit?
Herr Kollege Dr. Emmerlich, Ihre Frage ist identisch mit der nächsten Frage des Kollegen Gnädinger, die auf dessen Bitte hin schriftlich beantwortet werden wird. Ich bitte im Interesse der folgenden Fragesteller um Verständnis dafür, daß ich diese Antwort jetzt hier nicht verlese, sondern Sie auf die Antwort an Herrn Gnädinger verweise.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Weyel.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß die Bundesregierung es nicht für notwendig hält, einen Gesetzentwurf zum Schutz der Verbraucherkredite vorzulegen, oder wird sich die Bundesregierung hier im Rahmen der beabsichtigten EG-Richtlinie beteiligen?
Sie haben mich richtig verstanden, wenn Sie mich so verstanden haben, daß die Bundesregierung im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beabsichtigt, durch die Vorlage einer entsprechenden Gesetzesinitiative dem Meinungsbildungsprozeß im Rahmen der EG vorzugreifen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Professor Dr. Diederich.
Herr Staatssekretär, würden Sie die in der Frage von Frau Dr. Martiny-Glotz erwähnten Ergebnisse der Zinserhebungen der Deutschen Bundesbank nicht für ein so wichtiges Informationsdatum halten, daß man Kreditgeber verpflichten sollte, den Kreditnehmern vor Vertragsschluß diese Zahl neben den anderen Daten, die dem Kreditnehmer j a bekanntgegeben werden müssen, mitzuteilen, damit der Kreditnehmer einen Vergleichsmaßstab hat?
Ich kann im gegenwärtigen Zeitpunkt - haben Sie dafür bitte Verständnis - nicht beurteilen, in welchem Maße und auf Grund welcher Unterlagen die Ergebnisse der Erhebungen der Deutschen Bundesbank der Allgemeinheit zugänglich sind. Ich habe in Vorgesprächen in meinem Hause angeregt, darüber nachzudenken, ob dieser Ermittlungen der Deutschen Bundesbank nicht etwa auf dem Weg über die Tagespresse bekanntgemacht werden könnten, was ja vielleicht den gleichen Zweck erfüllen würde. Darüber wird nachgedacht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 47 und 48 des Abgeordneten Gnädinger sowie die Frage 51 des Abgeordneten Dr. Kübler werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 49 der Abgeordneten Frau Zutt auf:
Sollten nach Meinung der Bundesregierung die Verbraucher beim Abschluß von Ratenkreditverträgen wie bei Ratenkaufverträgen durch ein Rücktrittsrecht innerhalb von sieben Tagen geschützt werden, wie dies von Verbraucherorganisationen gefordert wird?
Frau Kollegin, nach geltendem Recht erstreckt sich in allen Fällen, in denen ein Kaufgeschäft durch einen Ratenkredit finanziert wird und beide Geschäfte eine wirtschaftliche Einheit bilden, das Widerrufsrecht des Käufers auch auf den Ratenkreditvertrag. Im Schutzbereich des Abzahlungsgesetzes bewegen sich dabei nach der schon mehrfach erwähnten Studie etwa 24 % der bankmäßigen Ratenkredite, wenn man die von der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf entwickelten Kriterien zugrunde legt.
Ferner verbietet § 56 der Gewerbeordnung den Abschluß und die Vermittlung von Darlehnsgeschäften im Reisegewerbe. Unter Verstoß hiergegen geschlossene Verträge sind nach § 134 BGB nichtig.
Die Einführung eines weitergehenden Widerrufs-
oder Rücktrittsrechts bei Ratenkreditverträgen hätte daher vor allem für Personalkredite Bedeutung, die mit dem Kreditnehmer im Schaltergeschäft eines Kreditinstituts vereinbart werden.
Die Bundesregierung hat Zweifel, ob die Einführung eines befristeten Lösungsrechts des Kreditnehmers für diese Fälle sinnvoll und notwendig ist. Eine solche Regelung, die übrigens auch von der Zivilrechtsabteilung des 53. Deutschen Juristentages abgelehnt wurde, hätte wohl zur Folge, daß der Kredit erst nach Ablauf der Widerrufsfrist ausgezahlt, ein dringender oder sofortiger Kreditbedarf also nicht befriedigt werden könnte.
Im übrigen wird ein Kreditinteressent, der aus eigenem Antrieb ein Kreditinstitut aufsucht und dort in Verhandlungen über einen Kredit eintritt, nach Unterschreiben des Kreditantrags diesen in der Regel wohl nicht widerrufen wollen.
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 50 der Abgeordneten Frau Zutt auf:
Sollten die Kreditvermittler verpflichtet werden, die Kreditsuchenden über den von der Deutschen Bundesbank ermittelten „Schwerpunktzins für Ratenkredite" schriftlich zu informieren, und sollten sie ebenso verpflichtet werden, nePräsident Stücklen
ben den geforderten Vermittlungsgebühren auch die von den Banken gezahlte Provision für „eingereichte Kredite", das sogenannte Packing, dem Kreditnehmer mitzuteilen?
Auf Grund der Makler- und Bauträgerverordnung vom 11. Juni 1975 ist der Darlehensvermittler zu umfänglichen schriftlichen Informationen des Kreditinteressenten verpflichtet, u. a. zur Angabe des Vermittlungsentgelts sowie des effektiven Jahreszinses des zu vermittelnden oder nachzuweisenden Darlehens. Ich glaube, ich hatte bereits bei Beantwortung einer früheren Frage Gelegenheit, darauf hinzuweisen.
Bei der Beratung des dem Bundestag vorliegenden Gesetzentwurfs über Maklerverträge sollte nach unserer Ansicht einer Anregung des Bundesrates, den Darlehensvermittler zusätzlich zur Angabe der Kreditgeberprovision - das ist das sogenannte Packing - im Vermittlungsvertrag zu verpflichten, entsprochen werden. Hingegen kann nach Auffassung der Bundesregierung dem Kreditvermittler eine schriftliche Information über den von der Bundesbank ermittelten jeweiligen Schwerpunktzins für Ratenkredite kaum zugemutet werden. Die Information über die Entgelte anderer bzw. das marktübliche Entgelt ist grundsätzlich Sache des Kunden und wird auch bei anderen gewerblichen Leistungen jedenfalls nicht dem Anbieter abverlangt.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Hat die Bundesregierung Informationen über die Höhe des Packings im Vergleich zur Kreditsumme sowohl im Schnitt wie bei einer Mindest- und einer Höchstbelastung?
Ich bitte um Nachsicht, daß ich diese Frage nicht aus dem Handgelenk beantworten kann. Ich reiche Ihnen die Antwort gern schriftlich nach.
({0})
Die letzte Zusatzfrage. Wir sind am Ende der Fragestunde! Frau Dr. Martiny-Glotz.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß die Angabe des
Schwerpunktzinses für Ratenkredite, wie er von der Bundesbank ausgewiesen wird, doch erheblich zur Transparenz der gesamten Kredittransaktionen beitragen würde, und könnten Sie Ihre Begründung, die Sie meiner Kollegin Zutt soeben gegeben haben, warum eine solche Angabe nicht zugemutet werden kann, nicht doch noch ein wenig spezifizieren?
Ich teile Ihre Feststellung, daß die Kenntnis dieses Datums zur Transparenz in dem betreffenden Gewerbe beitragen könnte. Unsere Meinungsverschiedenheit liegt allenfalls darin, wer dazu angehalten werden sollte, dieses Datum zu publizieren: Der Anbieter der Leistung - hier des Kredits - oder - eine Auffassung, der die Bundesregierung im gegenwärtigen Zeitpunkt mehr zuneigt - die in diesem Bereich nach meinem Dafürhalten besonders geforderten Verbraucherverbände und die Presse, also nicht nur die Fachzeitschriften.
Wir sind am Ende der Fragestunde.
Bevor ich die Sitzung schließe, mache ich eine amtliche Mitteilung:
Die Tagesordnung der 125. Sitzung des Deutschen Bundestages am Donnerstag, dem 28. Oktober 1982, wird gemäß Nr. 2 Buchstabe b der Anlage 5 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages auf Verlangen der Fraktion der SPD ergänzt um eine Aktuelle Stunde zu dem Thema „Weitere Konzentration im Pressewesen durch den beabsichtigten Zusammenschluß der Verlage Springer und Burda". Einer interfraktionellen Vereinbarung entsprechend wird dieser Zusatzpunkt morgen um 8 Uhr aufgerufen.
Ich berufe deshalb die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 28. Oktober 1982, 8 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.