Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Es ist die erste Sitzung nach der Sommerpause. Ich denke, wir haben uns alle gut erholt und können in die Arbeit eintreten.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
- Drucksache 9/1948 Die Fragen 1 und 2 des Abgeordneten Eigen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Ich begrüße den zur Beantwortung anwesenden Herrn Staatssekretär Grüner.
Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Engelsberger auf:
Kann die Bundesregierung ihre zustimmende Haltung zum Erdgas-Röhren-Geschäft noch aufrechterhalten, nachdem neueste Untersuchungen bekanntgeworden sind, die besagen, daß die Gasversorgung Westeuropas aus der westlichen Hemisphäre mit Flüssiggastankern sogar billiger erfolgen und auf diese Weise eine beachtliche Anzahl von Arbeitsplätzen im eigenen Lande gesichert werden könnte, und bringt der Bau der Pipeline von Sibirien zum Atlantik nicht vor allem der Sowjetunion den größten Nutzen dadurch, daß diese ihre eigene Infrastruktur ganz beachtlich verbessern kann?
Herr Kollege, die von verschiedenen deutschen Gasversorgungsunternehmen kontrahierte Aufstockung der Erdgasbezüge aus der UdSSR soll 1984/85 beginnen und wird Ende der 80er Jahre ihre sogenannte Plateauphase erreichen. Die Gasmengen werden benötigt, um die ab 1990 auslaufenden Lieferungen aus den Niederlanden auszugleichen.
Realistische Alternativen zu dem Erdgas aus der UdSSR gibt es auch in Form des durch Tanker transportierten flüssigen Erdgases in dieser Bedarfsphase nicht. Die Verträge über flüssiges Erdgas aus Algerien sind wegen der auf unserem Wärmemarkt nicht zu realisierenden algerischen Preisforderungen und wegen der Umorientierung der algerischen Erdgaspolitik auf Pipeline-Transport durch das Mittelmeer nicht ausgefüllt worden. Die für Mitte der 80er Jahre geplante Lieferung von flüssigem Erdgas aus Nigeria kommt wegen Finanzierungsschwierigkeiten auf der Produzentenseite ebenfalls vorerst nicht zustande. Ebenso sind Projekte in Kamerun, der Golfregion, in Kanada und in Mittel- und Südamerika nicht vor Mitte der 90er Jahre zu verwirklichen.
Im übrigen betrachtet die Bundesregierung das Geschäft als von beiderseitigem Vorteil. Daß auch die UdSSR einen erheblichen Nutzen davon hat, ist richtig. In diesem Zusammenhang wird oft übersehen, daß die UdSSR gleichzeitig mehrere andere Gasleitungen baut, die einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung der sowjetischen Infrastruktur leisten.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Engelsberger, bitte.
Herr Staatssekretär, ist der Vorteil für die Bundesrepublik nicht in Frage gestellt, wenn man davon ausgehen muß, daß die Sowjetunion durch die Erdgaslieferungen pro Jahr 25 bis 30 Milliarden DM von uns erhalten wird, und ist damit für die Sowjetunion nicht die Möglichkeit gegeben, das Rüstungstempo weiter aufrechtzuerhalten, und wird die Bundesrepublik andererseits nicht gezwungen, weitere Milliarden für die eigene Verteidigung auszugeben?
Die Bundesregierung beurteilt die Sachlage anders. Ich unterstreiche, daß es ein Geschäft friedlicher Art zu beiderseitigem wirtschaftlichem Nutzen ist. In der Konsequenz Ihrer Denkweise, Herr Kollege, müßten alle Wirtschaftsbeziehungen abgebrochen werden. Das hält die Bundesregierung für falsch. Sie würde das als einen Beitrag zur Verschärfung der internationalen Lage ansehen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Engelsberger.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie davon gesprochen haben, daß die Kre6694
ditkonditionen im Verhältnis zu Algerien und anderen westlichen Ländern für uns zu ungünstig seien, frage ich: Treffen Pressemeldungen zu, daß gerade die Sowjetunion außerordentlich günstige Konditionen von uns erhalten hat und daß andererseits die Erdgaspreise für die Bezüge aus der UdSSR sehr hoch veranschlagt sind?
Herr Kollege, ich habe von den Preisvorstellungen Algeriens gesprochen und nicht von Kreditkonditionen. Das ErdgasRöhren-Geschäft mit der Sowjetunion ist von deutscher Seite auf rein kommerzieller Basis abgeschlossen worden. Wie alle unsere Geschäfte ist dies kein Regierungsgeschäft, sondern es handelt sich um Geschäfte deutscher Firmen mit der Sowjetunion auf kommerzieller Basis.
Keine weiteren Zusatzfragen. Dann sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr - es handelt sich um die Fragen 5 und 6 des Abgeordneten Dr. Enders - werden auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen - das sind die Fragen 7 und 8 des Abgeordneten Milz - werden nach Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Dann kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich begrüße Herrn Staatssekretär Dr. Penner, der zur Beantwortung erschienen ist.
Die Frage 9 des Abgeordneten Dr. Scheer wird auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Catenhusen auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die Studie des US-Außenministeriums, die einen atomaren Krieg mit der Dauer eines halben Jahrs als führbar und gewinnbar erklärt, vor allem in den Auswirkungen eines derartigen Kriegs auf die Bevölkerung West-Europas?
Ich bitte um Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Catenhusen, eine solche Studie ist der Bundesregierung nicht bekannt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Hat die Bundesregierung schon Schritte eingeleitet oder wird sie Schritte einleiten, um nähere Informationen über derartige Planungen zu erhalten?
Die Bundesregierung geht davon aus, daß es bei der von den Bündnispartnern gemeinsam beschlossenen Strategie bleibt.
Ich rufe dann die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Catenhusen auf:
Wird sich die Bundesregierung im Rahmen der NATO allen Bestrebungen widersetzen, Planungen, die die Führung eines Atomkriegs einschließen, zur Grundlage der NATO-Strategie zu machen?
Die Bundesregierung würde sich solchen Bestrebungen entschieden widersetzen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Teilt also die Bundesregierung die Einschätzung vieler Militärwissenschaftler und die Sorgen auch vieler Bürger in unserem Lande, daß derartige Planungen für einen begrenzten Atomkrieg für die Bevölkerung in der Bundesrepublik und in Westeuropa mit unvorstellbaren Risiken verbunden sind?
Es gibt solche Planungen nicht. Die Bundesregierung hält an der gemeinsam beschlossenen Verteidigungskonzeption der NATO fest.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Catenhusen.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung einen Grund für das Verfolgen und für das Diskutieren derartiger Planungen sowohl in den USA als auch in der Sowjetunion bei Militärforschern in Regierungsstellen auch darin, daß die neuen Waffentechnologien geradezu die Möglichkeit herausfordern, daß man nicht mehr in einem massiven Angriff Bevölkerungszentren zu vernichten braucht, sondern daß man versucht sein könnte, militärische Kommandozentralen mit einem begrenzten Schadensausmaß anzugreifen?
Daß es Erwägungen der angesprochenen Art gibt, mag sein. Politisch bleibt es dabei: die NATO-Strategie bleibt davon unberührt.
Keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragen 12 und 13 des Abgeordneten Biehle werden auf Bitte des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung begrüße ich Herrn Staatssekretär Elias.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Welches sind die Gründe für die relativ schwache Nachfrageentwicklung für Satellitendienste in der Bundesrepublik Deutschland und für den Rückstand gegenüber anderen LänVizepräsident Dr. h. c. Leber
dern, kann insbesondere der bisher ungenügende Entwicklungsaufwand auf diesem Gebiet die Ursache sein, weil integrierte, direkt vom Teilnehmer erreichbare Satellitendienste der Netz- und Dienststrategie der Deutschen Bundespost widersprechen?
Herr Präsident, gestatten Sie bitte, daß ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworte, wenn er damit einverstanden ist.
Herr Abgeordneter Laufs ist einverstanden. Ich rufe dann noch die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß die Liberalisierung des Fernmeldewesens im angelsächsischen Raum nicht nur das Ziel verfolgt, neben den Netzträgern auch andere Anbieter im Endgerätebereich zuzulassen, sondern grundsätzlich die reinen Übermittlungsdienste ({0}) von allen aufgesetzten, erweiterten Diensten, wie zum Beispiel Bildschirmtext, sowie allen Endgeräten und Benutzersystemen auf privaten Teilnehmergrundstücken rechtlich abzutrennen und aus der staatlichen Regulierungsbefugnis herauszulösen, damit sich ein die Innovation fördernder Wettbewerb besser entwickeln kann, und wie bewertet die Bundesregierung diese Liberalisierungspolitik bezogen auf deutsche Verhältnisse?
Die Deutsche Bundespost bietet bereits seit Jahren im terrestrischen Netz ein beispiellos breites Angebot an Datenübertragungsdiensten an, so daß die Notwendigkeit der Satellitenübertragung in der Bundesrepublik nicht so zwingend ist wie z. B. in den USA, in Kanada, der Sowjetunion oder Japan. Der vorgesehene Zeitplan und der Entwicklungsaufwand für das Angebot an Satellitendiensten entspricht voll der Nachfrageentwicklung.
Die Deutsche Bundespost ist an dem europäischen Satellitensystem ECS und an Telecom I beteiligt. Außerdem investiert sie erhebliche Summen bei der Entwicklung und Erprobung von Rundfunksatelliten, des TV-Sat, und prüft darüber hinaus zur Zeit, ob der Einsatz eines nationalen Fernmeldesatelliten gerechtfertigt ist. Für den europäischen Raum kann nicht von einem Rückstand gegenüber anderen Ländern gesprochen werden.
Die Bundesregierung kann bestätigen, daß im angelsächsischen Raum unter dem Stichwort „Liberalisierung des Fernmeldewesens" Bestrebungen verstanden werden, neben dem Netzbetreiber auch andere Anbieter im Endgerätebereich zuzulassen. Diese Liberalisierung ist allerdings in Deutschland bereits seit einiger Zeit erreicht. Die Reichspost bzw. die Bundespost hat ihr rechtliches Monopol lediglich beim einfachen Fernsprechhauptanschluß in Anspruch genommen. Alle übrigen Endeinrichtungen, die Vielzahl von Zusatzeinrichtungen am einfachen Fernsprechhauptanschluß eingeschlossen, insbesondere Nebenstellenanlagen, werden dagegen entweder von der Deutschen Bundespost im Wettbewerb mit privaten Anbietern oder ausschließlich privat angeboten. Eine generelle Trennung zwischen reinen Übermittlungsdiensten auf der einen Seite und aufgesetzten, erweiterten Diensten auf der anderen Seite vermag die Bundesregierung auch bei den wettbewerbspolitischen Veränderungen auf
dem Fernmeldesektor im angelsächsischen Raum nicht zu erkennen. Eine derartige Trennung würde Gefahren für die optimale innovative Entwicklung des Fernmeldewesens in sich bergen; denn aus physikalischer, technischer und betrieblicher Sicht besteht das öffentliche Telekommunikationssystem aus Vermittlungseinrichtungen, Übertragungswegen und Endstelleneinrichtungen. Alle Elemente dieses Systems stehen miteinander in Beziehung und sind aufeinander abgestimmt. Die einzelnen Komponenten dieses eng vermaschten Systems dürfen deshalb nicht willkürlich getrennt werden, und wir dürfen dieses Problem nicht allein aus der Sicht der Hersteller betrachten, sondern müssen es auch und vor allem aus der Sicht der Kunden betrachten, die eben ein komplettes funktionierendes System für die Übertragung von Sprache und von digitalen Informationen haben möchten.
Im übrigen ist die Entwicklung in den USA dadurch gekennzeichnet gewesen, daß die AT & T, also die Bell Company, in einer Hand nicht nur das praktische Netzmonopol und nicht nur das Monopol auf dem Sektor der Endgeräte hatte, sondern gleichzeitig auch alleiniger Hersteller aller Endeinrichtungen war, was in der Bundesrepublik Deutschland, wie ich sagte, weder hinsichtlich des Monopols noch hinsichtlich der Herstellung zutrifft, denn die Bundespost produziert keine Einrichtungen, die sie im Netz einbaut, selber.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs? - Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie der Auffassung zu, daß eine Liberalisierung im angelsächsischen Sinne, übertragen auf das deutsche Fernmelderecht, grundlegende ordnungspolitische Maßnahmen erforderte, um die als Gesamtheit regulierte Fernmeldeanlage in einen öffentlichrechtlichen Netzbereich und einen privatrechtlichen Teilnehmerbereich zu untergliedern?
Herr Abgeordneter, ich glaube, dieser Zustand, der in angelsächsischen Ländern - ich sollte als Beispiel vielleicht Großbritannien anführen - jetzt erreicht wird, ist in der Bundesrepublik bereits erreicht worden, und dies wird auch durch die Untersuchungen der Monopolkommission und durch die Arbeiten des Arbeitskreises der Länderwirtschaftsminister bestätigt.
Eine Differenz gibt es nur insofern, als ein Anspruch auf die Zulassung von Endgeräten durch die Bundespost für die Anschaltung an das Netz postuliert wird. Hier unterscheidet sich die Bundesregierung mit ihrer Ansicht z. B. von dem Länderarbeitskreis „DBP und Fernmeldemonopol". Sie ist nämlich der Auffassung, daß dieser Zulassungsanspruch de facto bereits gegeben ist, und ist auch bereit, ihn beispielsweise definitiv in die Fernmeldeordnung aufzunehmen. Der Arbeitskreis ist dagegen der Auffassung, daß dies durch eine Änderung des Fernmeldeanlagengesetzes erreicht werden sollte. Daran aber, daß auf dem Sektor der Endgeräte gar kein Monopol der Bundespost besteht, daß im Gegenteil die Endgeräte de facto entweder im Wettbewerb oder aber
allein durch Private vertrieben werden, besteht unter den Beteiligten gar kein Zweifel.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie dahin gehend richtig verstanden, daß Sie sich nicht der Auffassung anschließen können, daß integrierte Anwendungen von Satellitendiensten benutzungsrechtlich durch die Bundespost erschwert werden können und daß damit Unsicherheit bezüglich ihrer Zulässigkeit besteht?
Herr Abgeordneter Dr. Laufs, ich meine, wir müssen jeweils von dem ausgehen, was unsere Kunden von uns fordern. In einer Vielzahl von Arbeitskreisen, die uns mit Anwendern und Herstellern vereinigen, werden jeweils die Kundenwünsche genau analysiert. Geprüft werden auch die Anwendungsmöglichkeiten des Satelliten, der auch nur ein Bestandteil eines Fernmeldenetzes ist. Im Moment hat er in diesem System noch eine etwas exotische Funktion, weil er sehr selten ist, aber er wird eine ganz normale Funktion im Netz erhalten.
Wenn ein Kunde - da liegt ein Vorteil des Satellitensystems - z. B. breitbandige Datenübertragung wünscht, bieten wir ihm die entsprechenden Möglichkeiten an. Bisher ist hier in der Bundesrepublik noch kein zwingend notwendiger Bedarf aufgekommen, etwa Satellitendienste für die breitbandige Übertragung von Daten in Anspruch nehmen zu müssen. Wir haben hier vermittelte Netze; wenn es aber über 64 kbit geht, könnte ein Vorteil der Satelliten darin bestehen, daß wir dann, wenn die fest geschalteten Leitungen nicht mehr genügen, auch solche hohen Datenströme schalten können. Deswegen wollen wir voraussichtlich einen deutschen Fernmeldesatelliten starten. Entsprechende Prüfungen stehen kurz vor dem Abschluß. Deswegen haben wir auch im Telecom I vorsichtshalber Übertragungskapazität angemietet, und deswegen sind Kapazitäten in dem europäischen Fernmeldesatelliten, an dem wir j a beteiligt sind, vorhanden.
Eine dritte Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie dann die Befürchtung in der Wirtschaft, daß die Kostenvorteile der Satellitenkommunikation wahrscheinlich nicht an die Kunden weitergegeben werden, wie dies z. B. in den USA durch den Wettbewerb der Netzbetreiber geschieht?
Herr Abgeordneter, ich glaube, die Kostenvorteile, die ein Satellitensystem gegenüber den Möglichkeiten der terrestrischen Informationsübertragung bietet, machen sich besonders deutlich in den USA, in der Sowjetunion oder in Japan usw. bemerkbar. Hier in der Bundesrepublik ist, wenn Sie dieses kühl durchrechnen, zunächst einmal von einem Kostenvorteil etwa bei einer breitbandigen Datenübertragung nicht die Rede. Unsere Überlegung dabei ist, daß wir etwa Mitte bis Ende
der 80er Jahre ein Glasfasernetz haben, das über vermittelte Verbindungen breitbandig Informationen übertragen kann. Bis dahin aber soll, wenn entsprechende Kundenwünsche aufkommen, diese Funktion von Satelliten wahrgenommen werden, weil ihr Hauptvorteil der ist, daß sie sehr flexibel sind.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Börnsen.
Herr Staatssekretär, welche Dienste können heute als spezifische Satellitendienste bezeichnet werden, und welche Nachfragen können bei uns heute und in absehbarer Zukunft auch in anderen Netzen zu gleichen Kosten oder billiger befriedigt werden?
Herr Abgeordneter, ich hatte das eben schon deutlich zu machen versucht. Die spezifischen Vorteile der Satelliten liegen darin, daß im Bereich der Telekommunikation beispielsweise Sprachübertragung über weite Entfernungen kostengünstig und flexibel möglich ist. Das sind die grundsätzlichen Vorteile des Satellitensystems. Im Bereich der Bundesrepublik allerdings haben wir keine Schwierigkeiten, diese Sprachübertragung im terrestrischen Netz durchzuführen. Für die schnelle Datenübertragung über 64 kbit pro Sekunde haben wir heute den Bedarf über fest geschaltete Leitungen befriedigt. Hier könnte die Flexibilität eines Satellitensystems größere Vorteile bieten. Deswegen haben wir die Möglichkeiten vorgesehen, diese Wünsche in Satellitensystemen - ich wiederhole es noch einmal - wie Telecom I, ECS oder in einem eigenen Fernmeldesatelliten zu befriedigen. Es ist aber so, daß im Hinblick auf die Kapazität im Telecom I bisher noch keine deutlich erkennbaren Wünsche seitens der Anwender vorliegen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Börnsen.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt dann die Bundesregierung die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Technik für Nachrichtensatelliten und für direkt strahlende Rundfunksatelliten im Vergleich zu ausländischen Produktionen?
Diese Frage ist dahin gehend zu beantworten, daß die deutsche Industrie bei bestimmten Komponenten der Satellitensysteme eine Spitzenstellung in der Welt hat. Wenn Sie die Rundfunksatelliten ansprechen, so wären in diesem Zusammenhang beispielsweise Hochleistungs-Senderöhren, Solargeneratoren, Antennenstabilisierungssysteme und Antriebe zu nennen.
Das Wort zu weiteren Anschlußfragen wird nicht gewünscht. Damit sind die Fragen 14 und 15 beantwortet.
Die Fragen 16 und 17 werden auf Bitte des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Stiegler, schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung begrüße ich Herrn Staatssekretär von Schoeler. Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Duve auf:
Wie bewertet die Bundesregierung die Hinweise des amerikanischen Rechtsextremisten Gary Lauck, daß er über Kontakte beim Bundesgrenzschutz und in der Bundeswehr verfüge, die seine Organisation gegebenenfalls auch mit Waffen versorgen würde?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Duve, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich Ihre beiden Fragen zusammenfassend beantworten dürfte.
Dann rufe ich auch noch die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Duve auf:
Wie gedenkt die Bundesregierung auf die in der Monitor-Sendung des WDR am 17. August 1982 von dem amerikanischen Rechtsextremistenführer unverhüllt geäußerte Drohung, künftig statt verbotenem Propagandamaterial Waffen in die Bundesrepublik Deutschland einzuschleusen, zu reagieren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit wiederholt auf die Bedeutung der sogenannten NSDAP/Auslands- und Aufbauorganisation hingewiesen. Das von Lauck nach wie vor aus den USA in das Bundesgebiet eingeschleuste Propagandamaterial wird hier von neonazistischen Gruppen und Einzelpersonen konspirativ verteilt. In dem Propagandamaterial wird das Hitler-Regime glorifiziert, zu Gewalt- und Terroraktionen aufgerufen und aggressive antisemitische Propaganda verbreitet.
Gegen führende deutsche Aktivisten aus der Anhängerschaft von Lauck sind in den letzten Jahren teilweise mehrjährige Freiheitsstrafen verhängt worden, die die Aktivitäten der sogenannten NSDAP/AO geschwächt haben. Über Kontakte von Lauck oder seinen Anhängern zu Angehörigen des Bundesgrenzschutzes oder der Bundeswehr liegen den Sicherheitsbehörden keine Erkenntnisse vor.
Die deutschen Sicherheitsbehörden stehen wegen der Aktivitäten Laucks, soweit sie in die Bundesrepublik Deutschland hineinreichen, ebenso wie wegen der sonstigen Kontakte deutscher neonazistischer Gesinnungsgenossen in den USA mit den zuständigen amerikanischen Stellen in einem ständigen Austausch von Erkenntnissen. Sie werden die weiteren Aktivitäten der NSDAP/AO mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgen und alle rechtlich zulässigen und gebotenen Maßnahmen ergreifen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Duve.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die Äußerungen des zitierten Neonazi von der Sendung des WDR vom 17. August her bekannt? Ich darf zitieren:
Wir haben Anhänger bei der Bundeswehr, beim Bundesgrenzschutz, wir haben Freunde in anderen Ländern, die mit uns sympathisieren. Es ist leicht, Waffen für uns zu besorgen.
Und ist Ihnen bekannt, daß in der gleichen Sendung die Äußerung getan wurde: Falls uns Bonn - so hatte er sich ausgedrückt - weiter verfolgt, werden wir nicht mehr Bücher, sondern Waffen schicken?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Duve, die Äußerungen sind bekannt. Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Äußerungen liegen der Bundesregierung, wie ich in meiner Antwort dargelegt habe, nicht vor.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Duve.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich eine andere Organisation, das Liberty Committee in Washington, sehr aktiv - wie in der gleichen Sendung behauptet wurde - in die innerdeutsche Debatte über Holocaust dadurch einschaltet, daß sie sogenannte Aufklärungsschriften nach der Behauptung dieser Organisation zu Hunderttausenden von Exemplaren in die deutsche Sprache übersetzen läßt und nach Deutschland einführt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Es gibt solche Organisationen, Herr Kollege Duve, die nationalsozialistisches Propagandamaterial aus dem Ausland, z. B. aus Amerika, in die Bundesrepublik Deutschland einführen. Das erfüllt uns mit Sorge, weil es die Aktivitäten der neonazistischen Gruppen in der Bundesrepublik unterstützt, und zwar in einer Weise, die die Sicherheitsbehörden schwer bekämpfen können. Die Grenzbehörden und auch die Deutsche Bundespost bemühen sich, das ihnen Mögliche dagegen zu tun, daß solches Material in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt wird.
In diesem Zusammenhang sind gleichfalls die Planungen der Bundesregierung von Bedeutung, eine noch bestehende Lücke bei der Bekämpfung neonazistischer Kleingruppen zu schließen, indem auch die Einfuhr solchen Materials unter Strafe gestellt wird, nicht nur die Verbreitung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Zu einer dritten Zusatzfrage Herr Kollege Duve.
Herr Staatssekretär, gibt es Anlaß zu der Sorge, daß Ihnen von amerikanischen Behörden nicht die notwendige Hilfe durch Beobachtung dieser Organisation in den Vereinigten Staaten selber zuteil wird, die sonst in der Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden bei der Verfolgung von Linksextremisten im Ausland üblich ist?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich habe keine solchen Anhaltspunkte.
Keine weitere Zusatzfrage.
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Die Fragen 27 und 28 des Abgeordneten Hauser ({0}) und die Fragen 29 und 30 des Abgeordneten Dr. Riedl ({1}) werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Wie viele polnische Staatsangehörige - mit Deutschen Verheiratete und rein polnische Familien - sind nach der Entlassung aus der seit dem 13. Dezember 1981 verhängten „Internierung" in der Bundesrepublik Deutschland eingetroffen und aufgenommen worden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Hupka, die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Warschau hat seit Verhängung des Kriegsrechts in Polen an 291 Personen wegen deren Betätigung in der Gewerkschaft Solidarität Sichtvermerke erteilt. In dieser Zahl sind Familienangehörige der Gewerkschaftsmitglieder mit enthalten. Sie umfaßt auch 156 Personen, die entweder selber oder deren Ehegatten deutsche Volkszugehörige oder deutsche Staatsangehörige sind.
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, wieviel Personen, die einen Sichtvermerk erhalten haben, tatsächlich in das Bundesgebiet eingereist sind. Dies festzustellen erfordert einen hohen Verwaltungsaufwand. Es kommt jedoch vor, daß Personen unter dem Einfluß der „Solidarität" oder der Kirche oder aus sonstigen Gründen von dem Sichtvermerk keinen Gebrauch gemacht haben. Das ist, wie Sie wissen, ein normaler Vorgang. Die Zahl der Sichtvermerksanträge liegt, wie Sie wissen, regelmäßig sehr hoch, die Zahl der Einreisenden dagegen niedriger.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hupka.
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie recht verstanden habe, sind im ganzen 291 Sichtvermerke erteilt worden. Weil die Sichtvermerke jeweils für die ganze Familie erteilt werden, frage ich: Wie viele davon sind bisher tatsächlich sogenannte Internierte - auf Grund des Kriegsrechts in Polen - gewesen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die mir vorliegenden Zahlen besagen nur, daß es sich bei diesen 291 Fällen um Leute handelt, die sich innerhalb der Gewerkschaft Solidarität betätigt haben. Die Zahl derjenigen, die davon interniert waren, liegt mir im Augenblick nicht vor. Ich bezweifle sogar, daß sie feststellbar ist. Aber ich werde gern noch einmal den Versuch unternehmen, Ihnen die Zahl genauer aufzuschlüsseln, wenn es möglich ist.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Hupka.
Dann hatten Sie, Herr Staatssekretär, von einer Zahl von 156 gesprochen. Es wären also die anderen 140 Personen Polen aus rein polnischen Familien, die jetzt von uns aufgenommen werden, weil sie den Wunsch haben, die Volksrepublik Polen während des Kriegsrechts zu verlassen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich müßte genauer sagen: die die Möglichkeit bekommen haben, in die Bundesrepublik Deutschland durch Sichtvermerkserteilung einzureisen. Ob sie davon Gebrauch gemacht haben und ob sie im Sinne Ihrer Frage hier aufgenommen worden sind, ist eine andere Frage, die ich an Hand des vorliegenden Zahlenmaterials nicht beantworten kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung begrüße ich Herrn Staatssekretär Huonker.
Die Fragen 33 und 34 werden auf Bitten des Fragestellers, des Abgeordneten Rapp ({0}), schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe Frage 35 des Herrn Abgeordneten Lambinus auf. - Der Fragesteller ist nicht im Saal.
Ich rufe Frage 36 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um ungerechtfertigt hohe Steuervorteile gehobener Einkommensbezieher durch Gesetze oder Verwaltungsanweisungen einzuschränken?
Sehr geehrter Herr Kollege, die Bundesregierung sieht eine wesentliche Aufgabe darin, im Interesse einer gleichmäßigen Besteuerung darauf hinzuwirken, Auswüchse bei der Ausnutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten zu verhindern. Insbesondere richtet sich ihr Augenmerk auf steuerliche Regelungen, die dazu benutzt werden, durch Verlustzuweisungen hohe Steuerersparnisse zu erzielen. Von den Maßnahmen, auf die die Bundesregierung zur Eindämmung ungerechtfertigt hoher Steuervorteile, insbesondere für Bezieher hoher Einkommen, hingewirkt hat, ist die Einführung des § 15 a des Einkommensteuergesetzes im Jahre 1980 an erster Stelle zu nennen. Diese Vorschrift beschränkt die aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften bis dahin mögliche Minderung der persönlichen Steuerschuld des Beteiligten. Wer beschränkt haftet, kann Verluste aus der Beteiligung nicht mehr, wie früher, unbegrenzt mit positiven Einkünften ausgleichen, sondern grundsätzlich nur noch bis zur Höhe der geleisteten Einlagen. Weitergehende Verluste dürfen nur mit späteren Gewinnen aus derjenigen Einkommensquelle verrechnet werden, aus der die Verluste stammen. Diese Beschränkung der Verlustverrechnung gilt auch für Beteiligungen an Auslandsprojekten. § 15a des Einkommensteuergesetzes ist auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sinngemäß anzuwenden.
Ferner ist die Änderung des § 7 Abs. 5 durch das Zweite Haushaltsstrukturgesetz 1981 zu nennen, durch die die Inanspruchnahme der degressiven AbParl. Staatssekretär Huonker
Schreibung auf im Inland gelegene Häuser beschränkt wird. Ebenfalls durch das Zweite Haushaltsstrukturgesetz wurde die Möglichkeit beseitigt, bei der Vermietung von Wohnraum auf die Umsatzsteuerbefreiung zu verzichten - ich spreche hier von der sogenannten Mehrwertsteuer-Option -, soweit es sich um Gebäude handelt, die nach dem 31. 12. 1984 fertiggestellt werden. Dadurch wird verhindert, daß die an einer Bauherrengemeinschaft Beteiligten durch Einschaltung eines gewerblichen Zwischenmieters den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen können.
Durch die Änderung des § 5 des Auslandsinvestitionsgesetzes - sie erfolgte ebenfalls mit dem Zweiten Haushaltsstrukturgesetz -, durch die sogenannte Aktivitätsklausel wird sichergestellt, daß nur noch gewerbliche Verluste aus volkswirtschaftlich besonders förderungswürdigen Projekten berücksichtigt werden können. Das sind z. B. Unternehmen, die im Ausland Waren produzieren und vertreiben.
An Verwaltungsanweisungen ist der „BauherrenErlaß" vom 13. August 1981 zu nennen. Durch diesen Erlaß wird sichergestellt, daß Auswüchse bei der Ausnutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen von Bauherrenmodellen vermindert werden. Dies geschieht - wie Sie sicherlich wissen - durch die Einschränkung des Bauherrenbegriffs und vor allem des Werbungskostenabzugs.
Über diese Maßnahmen hinaus, Herr Kollege, hat die Bundesregierung im Rahmen ihrer steuerpolitischen Beschlüsse zum Haushalt 1983 beschlossen, eine Änderung des Einkommensteuergesetzes vorzuschlagen, durch die die Verrechnung ausländischer Verluste mit positiven Einkünften, die im Inland erzielt werden, weiter eingeschränkt wird. Dadurch soll erreicht werden, daß nur noch aus aktiver gewerblicher Auslandstätigkeit stammende Verluste uneingeschränkt ausgeglichen werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Spöri.
Herr Staatssekretär, um einen konkreten Bereich aus Ihrem Bericht herauszugreifen, § 15a des Einkommensteuergesetzes - Abschaffung des sogenannten negativen Kapitalkontos -: Ist es aus der Erfahrung der Bundesregierung heraus zu den im Zusammenhang mit der Kritik an dieser gesetzgeberischen Maßnahme geäußerten negativen investitionspolitischen Folgewirkungen gekommen?
Diese Frage kann ich nicht mit Ja beantworten. Hinweise darauf sind der Bundesregierung nicht bekannt. Warum im Vorfeld dieser Überlegungen und der Erarbeitung eines neuen § 15 a des Einkommensteuergesetzes von interessierten Kreisen in dieser Weise dagegen agitiert worden ist, liegt auf der Hand.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Conradi.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung des Finanzministers von Nordrhein-Westfalen - ich zitiere aus dem „Handelsblatt" -: „Hochverdienende Steuerbürger können sich mittels konstruierter Verluste einer ihrer Leistungsfähigkeit entsprechenden Besteuerung entziehen: Der Staat, der kein Geld für die Sozialwohnung des Briefträgers hat, spendiert dem Zahnarzt in Form von Steuererstattung das Eigenkapital für die Eigentumswohnung?"
Sehr geehrter Herr Kollege, der Prüfungsauftrag, der dem Bundesfinanzminister im Zusammenhang mit den Beschlüssen über den Haushaltsentwurf 1983 erteilt worden ist und der die Prüfung zum Gegenstand hat, wie Auswüchse im Bereich von Verlustzuweisungen und Bauherrengemeinschaften weiter eingeschränkt werden können, hat natürlich auch solche Überlegungen zum Gegenstand. Der Bundesregierung ist durchaus bewußt, daß aus dem Bereich von Nordrhein-Westfalen Fälle bekanntgeworden sind, sehr geehrter Herr Kollege, die Überlegungen in dieser Richtung veranlassen. Wenn z. B. - bei aller Wahrung des Steuergeheimnisses selbstverständlich - ein Freiberufler mit 35 Jahren, verheiratet, keine Kinder, der positive Einkünfte von rund 800 000 DM hat, schließlich ein zu versteuerndes Einkommen von rund 176 000 DM hat und dann 72 000 DM Steuer zahlt statt 412 000 DM, er also durch die Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften und Bauherrengemeinschaften 340 935 DM spart, und wenn man dies dann in Relation zu einem durchschnittlichen Einkommen eines kleinen oder mittleren Gewerbetreibenden oder Facharbeiter setzt, dann weiß man, daß hier eine Prüfung mit höchster Dringlichkeit und Sorgfalt angestellt werden muß, damit das, was zu machen ist, um diese Auswüchse zu bekämpfen, dann auch ins Gesetzblatt kommt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Cronenberg.
Herr Staatssekretär, auf die Frage, ob bezüglich der nicht mehr vorhandenen Verrechenbarkeit von positiven und negativen Einkünften Erfahrungen vorlägen, haben Sie gesagt, das sei nicht der Fall; können wir davon ausgehen, daß die Bundesregierung dies prüfen wird - denn Erfahrungen können ja, weil Bilanzen noch nicht abgegeben worden sind, auf diesem Sektor nicht vorliegen -, und können Sie bestätigen, daß das Verbot der Verrechnung von Negativkapitalkonten in Personengesellschaften einerseits und positiven Einkünften in anderen Personengesellschaften, soweit sie dem gleichen Steuerpflichtigen zugeordnet werden, notwendigerweise bei dem Unternehmen, bei dem die Negativkapitalkonten entstehen, zu einer Verminderung des Eigenkapitals führt und daß notleidende Firmen dadurch gefährdet werden?
Herr Kollege, einer von uns beiden hat die Zusatzfrage des Kollegen Spöri mißverstanden. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hat er gefragt, ob die negativen Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit, die vorhergesagt worden waren, als wir an die Gestaltung des
§ 15 a EStG gingen, eingetreten seien und ob wir Erfahrungen hätten. Diese Frage habe ich verneint.
Ihre Frage, ob durch den § 15a die Auswüchse, die wir gemeinsam bekämpfen wollten, tatsächlich zurückgehen, muß ich mit Ja beantworten. Die Erfahrung zeigt, sehr geehrter Herr Kollege, daß die Zahl der Verlustzuweisungsgesellschaften, insbesondere der Angebote, die Verluste über 1004% versprachen, zurückgegangen ist. Ich muß aber hinzufügen - auch das ist Ihnen sicherlich bekannt -, daß offenbar nunmehr eine Umschichtung stattfindet: weg von der Verlustzuweisungsgesellschaft, hin zu den sogenannten Bauherrenmodellen.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Ich komme jetzt auf die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Lambinus zurück. Es entspricht der Regel der Fragestunden, daß Fragen dann nicht beantwortet werden, wenn der Fragesteller zum Zeitpunkt des Aufrufs der Frage nicht im Saal anwesend ist. Deshalb habe ich die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Lambinus soeben abgesetzt. Der Abgeordnete hat mir aber glaubwürdig versichert, daß er ohne sein Verschulden fast eine Viertelstunde wegen technischen Versagens im Aufzug gesteckt hat. Ich spreche ihm mein Mitgefühl aus
({0}) und rufe die Frage 35 abermals auf:
Treffen Pressemeldungen zu, nach welchen das Finanzamt Stuttgart die „Truppenkameradschaft des 1. Panzercorps der Waffen-SS, Leibstandarte Adolf Hitler" als gemeinnützige Organisation nach den Vorschriften der Gemeinnützigkeitsverordnung anerkannt hat, und, wenn ja, welche Kriterien führten zu dieser Anerkennung?
Sehr geehrter Herr Kollege Lambinus, eine ähnliche Anfrage, wie Sie sie gestellt haben, ist aus dem Landtag von Baden-Württemberg an die Landesregierung gerichtet worden. Diese hat daraufhin die erforderliche Prüfung veranlaßt. Der Verein hat auf die Erkundigung, ob er für die Beantwortung der Landtagsanfrage auf die Wahrung des Steuergeheimnisses verzichtet, bisher nicht reagiert. Ich muß Sie deshalb um Verständnis bitten, daß ich Ihnen nähere Einzelheiten nicht mitteilen kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lambinus.
Herr Staatssekretär, muß ich Ihrer Antwort entnehmen, daß es einen Verein dieses Namens tatsächlich gibt, und teilen Sie meine Auffassung, daß das Berufen auf das Steuergeheimnis bei der Frage, ob eine Vereinigung gemeinnützig ist oder nicht, eine falsche Auslegung des Steuergeheimnisses ist?
Sehr geehrter Kollege, was den ersten Teil Ihrer Frage angeht, kann ich nur sagen, daß ich hier klare Erkenntnisse nicht mitteilen kann. Ich hoffe, daß wir auf diesem Gebiet zusätzliche Informationen bekommen.
Den zweiten Teil Ihrer Frage beantworte ich mit Nein.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Lambinus.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für peinlich, daß ich, wenn ich diesem Verein 20 DM spende - dieser Verein nennt sich nach meinen Informationen „Truppenkameradschaft des 1. Panzercorps der Waffen-SS, Leibstandarte Adolf Hitler" -, auf Verlangen eine Spendenbescheinigung bekomme, wenn dieser Verein tatsächlich als gemeinnützig anerkannt ist, die mir die steuerliche Absetzbarkeit dieser Spende bescheinigt, während gleichzeitig vom Steuergeheimnis die Rede ist?
Herr Kollege, ich will jetzt hier nicht werten, was es bedeutet, wenn es eine Vereinigung gibt, die in ihrem Namen die Worte „SS, Leibstandarte Adolf Hitler" trägt. Ich gehe davon aus, daß wir hier gleicher Meinung sind. Im übrigen gilt das Steuerrecht generell, und ich kann nur noch einmal sagen, daß mir Informationen über Einzelheiten nicht vorliegen und daß ich unabhängig von der Frage, ob das Steuergeheimnis hier keine Hürde ist, Ihnen nichts sagen kann. Es wird bei diesen Fragen jeweils zwischen den im Gesetz vorgeschriebenen Kriterien abgewogen, und ich muß wiederholen, daß die Frage des Steuergeheimnisses dann, wenn man mehr Informationen hätte, eine Frage sein wird, die sorgfältig geprüft werden muß.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Conradi.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, legt die sehr willkürliche Bestätigung der Gemeinnützigkeit durch die Finanzämter der Bundesrepublik - wir haben da in den vergangenen Jahren eine Fülle von Vorgängen gehabt, mit Bestätigungen der Gemeinnützigkeit für sehr obskure Vereinigungen, etwa zur Stützung Südafrikas oder was immer -
Herr Kollege Conradi, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich auf den konkreten Gegenstand der Frage konzentrierten.
Ja, ich werde mich bemühen, Herr Präsident.
Legt die willkürliche Auslegung der Gemeinnützigkeitsverordnung durch die Finanzämter nicht nahe, daß die Bundesregierung auf dem Verordnungswege oder der Gesetzgeber die Gemeinnützigkeit zukünftig so definiert, daß solchen Vereinen eine Gemeinnützigkeit zukünftig nicht mehr bestätigt werden kann?
Herr Kollege, ich kann Ihnen nicht bestätigen, daß die Finanzämter den Begriff der Gemeinnützigkeit willkürlich auslegen. Ich denke, daß die Kriterien für die Gemeinnützigkeit hinreichend klar sind, so daß im Sinne des Gesetzes sachgerechte Entscheidungen getroffen werden können.
Herr Kollege Spöri.
Herr Staatssekretär, ich möchte hier noch einmal ansetzen. Wäre es nicht so, daß, wenn die steuerlichen Bestimmungen zur Gemeinnützigkeit eine positive Entscheidung über die Gemeinnützigkeit eines solchen Vereins zuließen, dies dann Anlaß geben müßte, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren? Dies gilt vor allen Dingen im Hinblick auf das Gerechtigkeitsgefälle z. B. gegenüber Kaninchenzüchtervereinen, denen nicht so entgegengekommen werden kann.
({0})
Sehr geehrter Herr Kollege Spöri, Sie wissen so genau wie ich, daß die Frage der Gemeinnützigkeit mit der Tätigkeit einer Einrichtung zusammenhängt und nicht mit dem Namen. Insofern vermag ich nur sehr schwer nachzuvollziehen - ohne jetzt den Geist Ihrer Frage auch nur im geringsten in Frage stellen zu wollen -, weshalb Sie das in anderem Kontext häufig diskutierte Problem der Gemeinnützigkeit der Kleintierzucht in diesen Zusammenhang bringen.
Herr Kollege Waltemathe zu einer Anschlußfrage.
Herr Staatssekretär, auch wenn ich Ihrer eben gegebenen Antwort entnehme, daß offensichtlich Name und Tätigkeit auseinandergehalten werden müssen, darf ich Sie noch einmal fragen, ob, wenn es klare Kriterien für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit gibt und wenn das Steuergeheimnis es nicht zuläßt, mitzuteilen, ob diese Organisation als gemeinnützig von einem bestimmten Finanzamt anerkannt worden ist, diese Kriterien so klar sind, daß, jedenfalls nach Auffassung der Bundesregierung, eine Organisation der ehemaligen Waffen-SS, Leibstandarte Adolf Hitler, als gemeinnützig anerkannt werden könnte oder nicht anerkannt werden könnte?
Ich will noch einmal wiederholen, daß die Kriterien so klar sind, wie sie sein können. Darüber ist auch in diesem Hause in den letzten Jahren an Hand konkreter Fälle vielfältig diskutiert worden.
Im übrigen bitte ich um Verständnis, daß ich mich nicht imstande sehe, auf hypothetisch-theoretische Fragen zu antworten.
({0})
- Dem stimme ich zu, Herr Kollege.
Herr Kollege Peter zu einer Anschlußfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, wenn im Zusammenhang mit der Frage im baden-württembergischen Landtag und Ihren Ermittlungen Ergebnisse über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit dieses Vereins vorliegen, den Fragesteller und den Zusatzfragesteller über die Ergebnisse Ihrer Nachforschungen zu informieren?
Dies wird von der Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und dem Steuergeheimnis abhängen.
({0})
Ich kann auf den sachlichen Inhalt von Frage und Antwort keinen Einfluß nehmen, es sei denn, es wird von der Fragestellung abgewichen. Das ist nicht der Fall gewesen.
Ich rufe die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Inwieweit waren diese Maßnahmen wirksam bzw. wurden sie durch Nutzung anderer steuerlicher Schlupflöcher unterlaufen?
Sehr geehrter Herr Kollege, § 15 a des Einkommensteuergesetzes ist grundsätzlich erstmals auf Verluste anzuwenden, die in dem nach dem 31. Dezember 1979 beginnenden Wirtschaftsjahr entstehen. Hinzu kommt, daß die Finanzämter keine umfassenden Statistiken über die Inanspruchnahme von Verlusten aus Verlustzuweisungsgesellschaften erstellen. Deshalb kann ein umfassender, auf Zahlen der Finanzverwaltung beruhender Erfahrungsbericht - ich füge als meine persönliche Meinung hinzu: leider - nicht gegeben werden.
Nach den bisherigen Beobachtungen zeichnet sich jedoch ab, daß bei gewerblich tätigen Abschreibungsgesellschaften - ich habe dies schon bei der Antwort auf eine Zusatzfrage des Kollegen Cronenberg skizziert - kaum mehr Angebote mit Verlustzuweisungen von über 100 % konzipiert werden dürften.
Beobachtungen deuten ferner darauf hin, daß im Bereich der Verlustzuweisungsgesellschaften durch die Schaffung des § 15 a Einkommensteuergesetz die Zahl der Neugründungen von Verlustzuweisungsgesellschaften deutlich abgenommen haben dürfte. Projekte mit Verlustzuweisungen von über 100 % beruhen auf den Übergangsregelungen für Altfälle und Hotelbetriebe in Berlin ({0}) bis 1984 sowie für die Schiffahrt und den sozialen Wohnungsbau bis 1989.
Ich wiederhole, was ich Herrn Cronenberg schon sagen durfte, daß der Markt und auch das Angebot in Annoncen deutlich machen, daß die Anleger offenbar zunehmend erkennbar auf Bauherrenmodelle ausweichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Spöri.
Herr Staatssekretär, können Sie mir die Erfahrung bestätigen, daß Verlustkonstruktionen steuerrechtlicher Art in weiten Bereichen in einer großen Anzahl von Fällen zu einer großen volkswirtschaftlichen Kapitalfehlleitung und auch zu einer beträchtlichen Kapitalvernichtung geführt haben?
Ich kann dies, Herr Kollege, bestätigen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Spöri.
Herr Staatssekretär, ist nicht generell - über die Abschaffung der Konstruktion des negativen Kapitalkontos hinaus - zu sehen, daß steuerliche Attraktivitätsmodelle, die mit Verlusten arbeiten, eigentlich zu einer Fehlsteuerung in unserer Marktwirtschaft führen, weil ja normalerweise unsere Marktwirtschaft mit dem Investitionsanreiz der Gewinnerwartung funktioniert, und daß es im Sinne der Stärkung marktwirtschaftlicher Lenkungsmechanismen wäre, wenn die Bundesregierung auf diesem Wege weiter voranschreiten würde?
Herr Kollege, ich will nicht sagen, daß die in Ihrer Frage enthaltene Aussage zu hundert Prozent stimmt. Aber daß es Verlustzuweisungsgesellschaften gibt, die nur zu dem Zweck gegründet worden sind, wirtschaftlich „Nichts" zu produzieren, insofern also eine eindeutige Fehlallokation stattfindet und das einzige, was produziert werden soll, Verluste sind, diesen Teil Ihrer Aussage und Ihrer Frage will ich ebenfalls uneingeschränkt bejahen.
Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht.
Dann rufe ich die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Gobrecht auf:
Welche der vom nordrhein-westfälischen Finanzminister Dr. Posser dargestellten Praktiken bei Steuervergünstigungen, mit denen das steuerpflichtige Einkommen drastisch reduziert wird, sollten nach Auffassung der Bundesregierung künftig gesetzgeberisch verhindert werden?
Herr Kollege Gobrecht, die Bundesregierung erachtet es ebenso wie der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen für notwendig, sorgfältig zu prüfen, ob und wie durch weitere gesetzgeberische Maßnahmen ausgeschlossen werden kann, daß durch die Ausnützung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten das steuerpflichtige Einkommen über das Maß einer gerechten Steuerbelastung hinaus gemindert wird.
Ich will hinzufügen, daß dies um so mehr gelten muß, als die schwierige Haushaltslage aller öffentlichen Hände auch Sparmaßnahmen bei sozial Schwächeren erforderlich macht und deshalb die noch bestehenden legalen Möglichkeiten zur Vermeidung von Einkommensteuer bei einer immer größer werdenden Zahl von Bürgern auf immer größer werdenden Unmut und Ablehnung stoßen, zumal diese Steuervermeidungsmöglichkeiten in der Regel und in der Realität nur von Beziehern höherer Einkommen in Anspruch genommen werden können.
Das Bundeskabinett hat deshalb - ich habe das vorhin schon erwähnt - den Bundesminister der Finanzen beauftragt, zu prüfen, wie der Verlustausgleich über die Regelung des § 15a Einkommensteuergesetz hinaus weiter eingeschränkt werden kann mit dem Ziel, ungerechtfertigte Steuervorteile aus Verlustzuweisungsgesellschaften, Bauherrenmodellen und ähnlichen Konstruktionen auszuschließen oder zu begrenzen. Im Rahmen dieser Prüfung, Herr Kollege, werden selbstverständlich auch die vom nordrhein-westfälischen Finanzminister Posser dargestellten Praktiken, nämlich durch Beteiligung von Beziehern großer Einkommen an Bauherrenmodellen und Verlustzuweisungsgesellschaften Einkommensteuer weitgehend, zum Teil weitestgehend, zu vermeiden - ein Beispiel habe ich vorhin auf die Zusatzfrage des Kollegen Conradi genannt-, gewertet werden. Es läßt sich jedoch heute noch nicht übersehen, welche gesetzgeberischen Konsequenzen die Bundesregierung vorschlagen wird, um derartige, mit dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, also mit dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Praktiken auszuschließen, da die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist und angesichts der Komplexität der Materie auch nicht abgeschlossen sein kann.
Ich wiederhole, daß die Bundesregierung bereits beschlossen hat, diese Änderung des § 2 a im Bereich der im Ausland erzielten Verluste vorzuschlagen, und daß sich weiterhin die Absicht abzeichnet, durch eine Änderung des § 180 a - wie sie auch von Minister Posser vorgeschlagen wurde - sicherzustellen, daß die Verluste aller an einem Bauherrenmodell Beteiligten zur Wahrung der gleichmäßigen Besteuerung zentral von einem Finanzamt festgestellt werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Gobrecht.
Herr Staatssekretär, können Sie bereits jetzt etwas dazu sagen, ob im Sinn der bisher betriebenen Politik - Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, Steuergerechtigkeit - unter dem Gesichtspunkt der Belastung derer, die stärkere Schultern haben, in der aktuellen Diskussion in diese Prüfung auch die Frage der begünstigten Besteuerung bei Betriebsveräußerungen und Teilbetriebsveräußerungen und die Frage einer schärferen Nachversteuerung z. B. von Objekten, die nach dem Auslandsinvestitionsgesetz gefördert werden, einbezogen werden?
Unsere Prüfung ist angesichts der vielfältigen Problematik des Bereichs, über den wir sprechen, Herr Kollege, und auch angesichts der Fälle, die aus dem Land Nordrhein-Westfalen deutlich geworden sind, sowie angesichts der Steuerausfälle oder Steuerverlagerungen sehr umfassend angelegt und berücksichtigt selbstverständlich auch die von Ihnen genannten Sachverhalte sowie all die Vorschläge, die, sei es aus dem Land Nordrhein-Westfalen von Minister Posser, sei es von anderer Seite, gemacht worden sind oder - und dazu lade ich ein - in Zukunft gemacht werden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Gobrecht.
Darf ich, da Sie das Bauherrenmodell angesprochen haben, davon ausgehen, daß in diese Prüfung auch die Frage einer Verlängerung der Spekulationsfrist einbezogen wird, selbst wenn hier, wie es sicher der Fall ist, bestimmte Probleme liegen?
Auch dies wird in die Prüfung sorgfältig einbezogen. Sie haben - und ich bin Ihnen dankbar dafür - auf die Probleme hingewiesen. Natürlich muß bei all diesen Prüfungen sorgfältig zwischen der Notwendigkeit der Steuergerechtigkeit - sprich: Besteuerung nach Leistungsfähigkeit - und den ökonomischen Auswirkungen in der jetzigen Zeit abgewogen werden. Weil - ich habe es schon gesagt - die Prüfung sehr komplex ist und sich auch auf Fragestellungen erstreckt, die über den engeren Bereich des Steuerrechts hinausgehen, wird sie - und ich bitte erneut dafür um Verständnis - natürlich eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Conradi.
Herr Staatssekretär, da die steuerrechtlichen Tatbestände und die Mißbrauchstatbestände, von denen hier die Rede ist, nicht gerade neu sind und da im Bundesfinanzministerium dazu sicher schon einiges vorliegt, frage ich: Können Sie uns einen Hinweis geben, bis wann ein Ergebnis dieser Prüfung, deren Sorgfalt Sie bisher so sehr betont haben, zu erwarten ist?
Ich kann Ihnen darauf in der Weise antworten, daß ich Ihnen sage: Die Bundesregierung hat beschlossen, daß das Ergebnis der Prüfung bis zum Ende dieses Jahres vorliegen muß.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, es gibt einen Spitzensteuersatz im Einkommensteuerrecht. Ist Ihnen bekannt oder gibt es Ermittlungen darüber, welchen Steuersatz die Höchstverdienenden, die diesen Spitzensteuersatz an sich zu zahlen hätten, nach Inanspruchnahme von Steuervorteilen tatsächlich zahlen?
Ich kann darüber keine generalisierende Aussage machen, weil es solche Ermittlungen nicht gibt. An dem Beispiel, das ich vorhin auf eine Zusatzfrage genannt habe, wird deutlich, daß in vielen Fällen die Einkommensteuer in einer wirklich erstaunlichen Weise gekürzt wird. Wenn Sie bedenken, daß es, wie bekannt ist, zum Teil Fälle sind, in denen sich ein Steuerpflichtiger an acht oder gar zehn Bauherrenmodellen beteiligt, können Sie sich vorstellen, daß die Bezieher hoher Einkommen, die die Möglichkeiten, die das Steuerrecht heute noch gibt, voll ausschöpfen, ihre Einkommensteuer so senken können, daß z. B. der Proportionalsatz im Einkommensteuerrecht von 22 % im Einzelfall durchaus erreicht werden kann.
Herr Kollege Waltemathe zu einer Anschlußfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer zuletzt gegebenen Antwort auf die Frage des Kollegen Leuschner entnehmen, daß bei Beibehaltung der bisherigen Absetzungsmöglichkeit für Bauherrenmodelle und andere Geschichten der Verlust
für den Staat oder der Spareffekt für den Steuerzahler um so höher ist, je höher wir den Spitzensteuersatz schrauben?
Dies kann ich natürlich bejahen. Das ist eine logische Konsequenz. Je höher der Spitzensteuersatz ist, je mehr jemand durch Beteiligung an Bauherrenmodellen das zu versteuernde Einkommen herunterbringen kann, um so größer sind die Steuerausfälle bei allen Gebietskörperschaften, nämlich beim Bund und - das wird häufig übersehen - auch bei den Ländern und den Gemeinden.
Herr Kollege Stutzer zu einer Anschlußfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen auch die Auslandsinvestitionen an. Werden Sie dem Bundestag die Gewährung von Übergangsfristen mit dem Ziel eines Vertrauensschutzes vorschlagen?
Wir haben, wenn ich mich nicht ganz täusche, eine Übergangsfrist in dem Entwurf des § 2 a nicht vorgesehen. Ich werde mich aber noch einmal absolut sicher machen und Ihnen das noch im Laufe des heutigen Tages mitteilen.
Keine weiteren Anschlußfragen mehr.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Gobrecht auf:
Inwieweit tragen die steuerpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung zum Haushalt 1983 diesen Fehlentwicklungen bei der legalen Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen Rechnung?
Sehr geehrter Herr Kollege, wie schon erwähnt, hat die Bundesregierung im Rahmen des Entwurfs eines Einkommensteuer-Änderungsgesetzes 1983 vorgeschlagen, diese neue Vorschrift, über die wir eben auch im Dialog mit Herrn Stutzer sprachen, in das Einkommensteuergesetz aufzunehmen, wonach die Verrechnung ausländischer Verluste mit positiven Einkünften weiter eingeschränkt wird. Der Prüfungsauftrag, über den wir uns in dieser Fragestunde schon wiederholt ausgetauscht haben, ist natürlich ebenfalls Gegenstand der steuerpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Gobrecht.
Herr Staatssekretär, Sie hatten eben zugesagt, zu prüfen, ob es eine Übergangsfrist im Auslandsinvestitionsgesetz gibt. Bisher haben wir so etwas ja nicht gehabt. Darf ich Sie fragen, ob Sie bereit wären, auch mir das Ergebnis Ihrer Prüfung zuzuleiten, wie Sie es dem Kollegen Stutzer zugesagt haben?
Ich bin natürlich selbstverständlich dazu bereit, dies um so mehr, als
ja klar ist, daß der Obmann in der zuständigen Arbeitsgruppe der SPD-Fraktion - aber dies gilt für alle Fraktionen - hieran ein besonderes Interesse haben muß.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Spöri.
Herr Staatssekretär, da ein Teil der steuerpolitischen Beschlüsse der Bundesregierung zum Abbau von Steuervergünstigungen im Rahmen des Haushalts 1983 nicht gesetzgeberischer Natur ist - ich greife hier das Beispiel der Erhöhung des privaten Nutzungsanteils für die Pkws heraus -, möchte ich Sie ganz konkret fragen: Welche Chancen bestehen aus der Sicht der Bundesregierung nach den eventuell schon geführten Gesprächen mit den Ländern, diese Regelung durchzusetzen?
Ich bitte um Verständnis, daß ich im gegenwärtigen Stand der Erörterung - sowohl was den gesetzgeberischen Teil angeht als auch die Dinge, die Sie genannt haben, die ja eine Übereinkunft der Länder außerhalb der Gesetzgebungsorgane verlangen - hier eine Prognose, die sich nur auf zum Teil vage, zum Teil unterschiedliche Äußerungen wichtiger Politiker der CDU/CSU stützen müßte, nicht geben kann und deshalb von einer solchen Äußerung im gegenwärtigen Zeitpunkt absehen möchte.
Das Wort zu weiteren Anschlußfragen wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Poß auf:
Welche der vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen angeregten Gesetzesänderungen zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Steuervorteilen sollten nach Auffassung der Bundesregierung mit dem Ziel, sie zu verwirklichen, geprüft werden?
Sehr geehrter Herr Kollege Poß, wie ich bereits auf die Frage von Herrn Kollegen Gobrecht zum Ausdruck gebracht habe, hält es die Bundesregierung ebenso wie der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen für eine dringend notwendige Aufgabe, sorgfältig zu prüfen, ob und inwieweit durch weitere geeignete gesetzgeberische Maßnahmen im Bereich der Verlustzuweisungsgesellschaften und der Bauherrenmodelle auf eine gerechte Steuerbelastung auch hoher und höchster Einkommen hingewirkt werden kann. Die Vorschläge von Minister Posser zielen im Prinzip in die gleiche Richtung, also auf das, was Anlaß zu dem Prüfungsauftrag gegeben hat; sie werden deshalb insgesamt in die vom Bundesminister der Finanzen vorzunehmende Prüfung einbezogen. Ich bitte erneut um Verständnis dafür, daß ich vor Abschluß dieser Prüfung nicht sagen kann, ob und inwieweit sich diese Vorschläge mit denen, die die Bundesregierung machen wird, decken werden.
Zusatzfrage, Herr Kollege Poß? - Nicht.
Dann rufe ich die Frage 41 des Abgeordneten Poß auf:
Welche Steuervorteile werden auf Grund von Übergangsregelungen in den nächsten Jahren automatisch auslaufen?
Herr Kollege Poß, mit der Einführung des § 15a des Einkommensteuergesetzes, der für beschränkt haftende Unternehmer - zum Beispiel Kommanditisten - die Verrechnung von Verlustanteilen aus der Beteiligung mit positiven Einkünften grundsätzlich auf den Betrag der geleisteten Einlage beschränkt, sind Übergangsregelungen in diesem Bereich geschaffen worden. Das alte Recht gilt danach für Betriebe, die vor dem 11. Oktober 1979 eröffnet worden sind, sowie für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin ({0}) bis 1984, für den sozialen Wohnungsbau sowie für die Seeschiffahrt bis 1989. Ich unterstelle, daß die Gründe für diese Übergangsfristen bekannt sind.
Bei der Vermietung von Gebäuden haben die Bauherren nach derzeit geltendem Recht die Möglichkeit, gemäß § 9 des Umsatzsteuergesetzes - wir sprachen hier schon darüber - auf die für die Vermietung geltende Umsatzsteuerbefreiung zu verzichten und sich damit die Berechtigung zum Abzug der auf den Baukosten ruhenden Vorsteuern zu verschaffen. Diese Gestaltungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber im 2. Haushaltsstrukturgesetz bei Wohnzwecken dienenden Gebäuden ausgeschlossen, und zwar für Gebäude, die nach dem 31. Dezember 1984 fertiggestellt werden.
Keine Zusatzfrage, Herr Kollege Poß? - Dann ist die Frage beantwortet.
Ich rufe die Frage 42 des Abgeordneten Dr. Mertens ({0}) auf:
Welchen Fällen mißbräuchlicher Nutzung überhöhter Steuervorteile kann aus der Sicht der Bundesregierung gegenwärtig gesetzgeberisch nicht wirksam entgegengetreten werden?
Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Mertens, ich gehe davon aus, daß Sie mit Ihrer Frage ebenso wie die Kollegen Dr. Spöri, Gobrecht und Poß darauf abzielen, welchen gesetzgeberischen Handlungsbedarf die Bundesregierung sieht, um zu verhindern, daß durch die Ausnutzung gesetzlicher Vorschriften überhöhte Steuervorteile - insbesondere durch die Beteiligung an den hier mehrfach erwähnten Verlustzuweisungsgesellschaften und Bauherrengemeinschaften - entstehen. Ich muß hier nochmals auf den bereits mehrfach erwähnten, vom Bundesminister der Finanzen für das Bundeskabinett zu erstellenden Prüfungsbericht verweisen.
Die gesetzgeberischen Möglichkeiten werden geprüft. Wie ich schon sagte, können konkrete Ergebnisse noch nicht vorliegen. Ich muß deshalb erneut um Verständnis bitten, daß ich im gegenwärtigen Zeitpunkt konkrete Änderungsmöglichkeiten noch nicht andeuten kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Mertens? - Das ist nicht der Fall.
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Dann rufe ich die Frage 43 des Abgeordneten Dr. Mertens ({0}) auf:
Welche gesetzgeberischen Einschränkungsversuche der Bundesregierung bei Steuervorteilen scheiterten bisher am Widerstand des Bundesrats?
Sehr geehrter Herr Kollege, auf den Widerstand des Bundesrates stieß in dem Bereich, den wir hier erörtern, der Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei Wohngebäuden, also die sogenannte Mehrwertsteueroption, eine Maßnahme, die besonders für Bauherrengemeinschaften von Bedeutung ist. Diese Maßnahme konnte erst nach einem Vermittlungsverfahren, das von der Bundesregierung beantragt wurde, nachdem der Bundesrat zunächst abgelehnt hatte, verwirklicht werden, und zwar in der Weise, daß der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung gegenüber dem Vorschlag der Bundesregierung und dem Beschluß des Deutschen Bundestages um ein Jahr hinausgeschoben wurde.
Die mögliche Tendenz des Bundesrates, steuerliche Vergünstigungen zu konservieren, zeigt sich übrigens in jüngster Zeit auch darin, daß der Bundesrat dem Gesetz zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke nicht zugestimmt hat.
Ob der Bundesrat, sehr geehrter Herr Kollege, der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Einschränkung der Verrechnung von Auslandsverlusten mit positiven Einkünften zustimmt, bleibt abzuwarten. Die eine oder andere Stimme - aus Bayern kommend -, die davon spricht, das gesamte Steuergesetz ausnahmslos abzulehnen, haben Sie sicherlich ebenso wie ich heute in der Zeitung lesen dürfen.
Keine Anschlußfragen mehr.
Dann rufe ich die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Dr. Struck auf:
Wie entwickelte sich in den letzten Jahren der Umfang der Steuersubventionen im Verhältnis zum Gesamtsubventionsvolumen?
Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Struck, die Einnahmeausfälle des Bundes auf Grund von steuerlichen Tatbeständen, die im Subventionsbericht als Steuervergünstigungen ausgewiesen sind, betragen im Verhältnis zu den gesamten Subventionen des Bundes etwas mehr als 50 %. Der Anteil hat sich laut 7. und 8. Subventionsbericht von rund 48 % im Jahre 1977 auf knapp 54 % im Jahre 1982 erhöht. Hinzufügen möchte ich, daß sich die Steuervergünstigungen des Bundes im Verhältnis zum Steueraufkommen des Bundes - das ist im einzelnen ebenfalls im 8. Subventionsbericht dargelegt - in dem angeführten Zeitraum tendenziell allerdings verringert haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Struck.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir angesichts dieser Entwicklung zustimmen, wenn ich sage, daß es dringend einer Abflachung dieser Steigerung bzw. einer Rückführung dieses
Anteils der Steuersubventionen an den Gesamtsubventionen bedarf?
Ich würde Ihnen im Prinzip zustimmen und noch hinzufügen: zumindest in dem Ausmaß, in dem Finanzhilfen und andere außer steuerlichen Subventionen abgebaut werden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Struck.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, auch über den Zeitraum vor 1966 Angaben über den Anteil der Steuersubventionen an den Gesamtsubventionen zu machen?
Ich habe keine Zahlen aus den Jahren vor 1976 vor mir liegen. Im Jahre 1976 betrug der Anteil der Steuervergünstigungen an den Gesamtsubventionen 47 %, 1977 47,9 %, 1978 50,1 %, 1979 50,7 %, 1980 50,9 %, 1981 50,7 %, 1982 53,6 %.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Conradi.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, können die Abgeordneten des Hauses, deren Fragen nach den quantitativen Auswirkungen des Bauherrenmodells das Bundesfinanzministerium noch vor wenigen Monaten hier ausweichend bzw. ablehnend beantwortet hat, damit rechnen, daß nun auf Grund des Vorstoßes von Nordrhein-Westfalen der Bundesfinanzminister bald in der Lage ist, konkrete und stichfeste Zahlen zu den Auswirkungen dieses Bauherrenmodelles vorzulegen, z. B. zu klären, ob es zutrifft, daß das Bauherrenmodell allein im Jahre 1980 Steuerausfälle von 2 Milliarden Mark bewirkt hat?
Sehr geehrter Herr Kollege, ich fürchte, daß ich hier nichts anderes antworten kann als mein Amtsvorgänger Herr Dr. Böhme,
({0})
und zwar deshalb, weil es aus den bekannten Gründen keine Statistiken über diesen Bereich gibt. Das gilt sowohl für das Bauherrenmodell als auch für die Verlustzuweisungsgesellschaften. Daß ich dies bedaure, versteht sich von selbst, Herr Kollege.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Waltemathe.
Herr Staatssekretär, da ich davon ausgehe, daß sich Ihre Aussage „53 % derzeitiger Anteil steuerlicher Subventionen am Gesamtsubventionsvolumen" auf den Bundeshaushalt insgesamt bezieht, können Sie mir bestätigen, daß alleine im Bereich des Wohnungs- und Städtebaus der Anteil der steuerlichen Förderung, gemessen am Gesamtsubventionsvolumen, 75 % beträgt?
Ich kann diese exakte Zahl nicht bestätigen. Wenn ich aber die Steuergesetzgebung in dem von Ihnen genannten Zeitraum und den Abbau anderer im Subventionsbe6706
richt genannten Leistungen in diesem Bereich vergleiche, haben Sie in der Tendenz, sehr geehrter Herr Kollege, recht.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Schlatter.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich, daß die Mehrheit des Bundesrats zwar Vorschläge mitträgt, das Gesamtvolumen der Subventionen einzuschränken, sich aber andererseits nach Ihren Ausführungen auf die Frage 43 beim Abbau von Steuervergünstigungen sperrt?
Sehr geehrte Kollegen, ich greife jetzt der Antwort auf eine Frage eines anderen Kollegen, die ich noch zu beantworten habe, vor und will deswegen nur stichwortartig sagen, daß Steuervergünstigungen - jedenfalls im Bereich des Einkommensteuerrechts - wegen des Progressionseffekts tendenziell die Wirkung haben, aus zwei Gründen, die ich schon genannt habe, eher den Beziehern hoher und höchster Einkommen zugute zu kommen.
Der eine Grund liegt, um im Klartext zu sprechen, darin, daß jemand, der ein so geringes Einkommen hat, daß er praktisch keine Steuern zahlen muß, natürlich nicht in der Lage ist, Steuersubventionen in Anspruch zu nehmen.
Zum anderen hat das Einkommensteuerrecht mit seinem Progressionstarif natürlich bei Steuervergünstigungen eine um so stärker entlastende Wirkung, je höher das Einkommen des Steuerpflichtigen ist.
Herr Kollege Spöri zu einer weiteren Anschlußfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß, ganz einfach ausgedrückt, Subventionsabbauparolen, die versuchen, den dynamischsten und wichtigsten Teil der Subventionen auszusparen, nicht ernstgenommen werden können?
({0})
Sehr geehrter Kollege, diese Einstellung unterschreibe ich ohne Wenn und Aber; ich teile sie voll.
({0})
Ich rufe Frage 45 des Herrn Abgeordneten Dr. Struck auf:
Welche verteilungspolitischen Folgen hätte die Ausklammerung von Steuersubventionen beim Subventionsabbau?
Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Struck, die verteilungspolitischen Auswirkungen von Subventionen lassen sich nicht ohne weiteres am Empfängerkreis, an der Subventionsform, an der Subventionshöhe und am Subventionszweck ablesen. Eine fundierte Ermittlung der Verteilungswirkungen müßte vielmehr auch Analysen über die Wirkungsweise der jeweiligen Subventionen einbeziehen. So müßten z. B. - ich erinnere an den soeben mit Herrn Kollegen Waltemathe geführten Dialog - im sozialen Wohnungsbau sowohl die Auswirkungen auf das Wohnungsangebot als auch die Eigentumsbildung analysiert und die Auswirkungen auf die Bautätigkeit berücksichtigt sowie in ihrer verteilungspolitischen Wirkung aufgeschlüsselt und bewertet werden.
Im Bereich der steuerlichen Subventionen sprechen, wie ich bereits ausgeführt habe, eine Reihe von Gründen für die Annahme, daß diese Vergünstigungen zumindest im Primäreffekt nicht allen Bevölkerungsschichten in gleicher Weise zugute kommen und daher verteilungspolitisch in der Regel nicht neutral sind. So können die Begünstigungstatbestände im Einkommensteuerrecht tendenziell eher von Schichten mit höherem Einkommen wahrgenommen werden, und infolge der Progression tritt dort ein höherer Entlastungseffekt auf.
Daher dürfte - dies möchte ich auch von meiner Seite mit allem Nachdruck unterstreichen - eine Festlegung, die Steuersubventionen von vornherein vom Subventionsabbau ausschließen würde, die Gefahr einer verteilungspolitischen Schieflage beim Subventionsabbau in sich tragen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Struck.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich feststelle, daß die Forderung oder politische Vorstellung, Subventionen generell um einen bestimmten Prozentsatz zu kürzen, erstens nur den Teil der Subventionen betrifft, der nicht Steuersubvention ist, und zweitens auch besonders diejenigen begünstigen würde, die gerade nicht zu den schlecht Verdienenden in unserem Lande gehören?
Ja, Herr Kollege, dies würde ich bestätigen. Im Klartext: Wer keine Steuern zahlt, weil er wenig verdient, hat von einer Steuersubvention nichts.
Zu einer Anschluß-frage der Herr Kollege Conradi.
HerrStaatssekretär, finden Sie es
nicht auch bestürzend, daß in demselben Zeitraum, in dem die Förderung der Vermögensbildung bei den Beziehern kleiner Einkommen, also etwa des Prämiensparens oder des Bausparens, abgebaut worden ist, die Vermögensbildung der Großverdiener durch solche Steuergeschenke zugenommen hat?
Sehr geehrter Kollege, die Erörterungen der Bundesregierung zu den Maßnahmen, die ich eingangs - in Beantwortung der ersten Frage des Kollegen Spöri - genannt habe, die dem Prüfungsbeschluß des Kabinetts zugrunde lagen, waren natürlich, jedenfalls zu einem erheblichen Teil, von ähnlichen Überlegungen bestimmt.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Leuschner.
Herr Staatssekretär, ist nach Ihrer Auffassung der Grundsatz „Dem, der viel hat, werden auch viele Steuervorteile gewährt" ein unabänderlicher Bestandteil des deutschen Steuerrechts, das ja die Besteuerung nach Leistungsfähigkeit beinhaltet?
Diese Frage bedürfte natürlich einer sehr differenzierten Antwort. In der Tendenz würde ich Ihnen zustimmen. Man müßte jetzt natürlich einmal genau über das Thema „Besteuerung nach Leistungsfähigkeit und Steuergerechtigkeit" diskutieren. Eine solche Diskussion - ich bitte um Nachsicht - würde aber wohl den Rahmen dieser Fragestunde sprengen.
Herr Kollege Lennartz zu einer Anschlußfrage.
Herr Staatssekretär, unter dem Gesichtspunkt der von Ihnen gemachten Aussagen möchte ich Sie fragen: Sind Sie denn der Auffassung, daß das Prädikat „Steuergerechtigkeit" noch zutreffend ist?
Eine generalisierende Aussage zu diesem Thema ist sicherlich nicht möglich. Im übrigen gibt es natürlich über das Thema, was Steuergerechtigkeit ist, zwischen den politischen Parteien erhebliche Meinungsunterschiede.
Ich möchte den Fall noch einmal in Ihre Erinnerung zurückrufen, der aus Nordrhein-Westfalen bekanntgeworden und von mir hier dargelegt worden ist. In einem solchen Fall - und es ist bekanntlich kein Einzelfall - fällt es mir schwer, von Steuergerechtigkeit zu sprechen.
({0})
Sie können keine Anschlußfrage mehr stellen, Herr Kollege Lennartz.
Ich rufe die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Schlatter auf:
Sieht die Bundesregierung eine Einschränkung des sofortigen Abzugs von Werbungskosten als ein geeignetes und notwendiges Mittel an, um ungerechtfertigten Steuervorteilen beim Bauherrenmodell entgegenzuwirken, wie dies der nordrhein-westfälische Finanzminister tut?
Sehr geehrter Herr Kollege Schlatter, der von Ihnen aus dem Maßnahmenbündel von Herrn Minister Posser genannte Vorschlag einer Einschränkung des sofortigen Werbungskostenabzugs ist sicherlich einer der Punkte, die im Rahmen des erwähnten Prüfungsauftrages sorgfältig geprüft werden müssen. Ich muß aber auch hier um Verständnis bitten, daß ich dem Ergebnis der vom Bundesminister der Finanzen vorzunehmenden Prüfung nicht vorgreifen kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schlatter.
Wenn Sie dem Ergebnis schon nicht vorgreifen wollen: Würden Sie dennoch zustimmen, wenn ich feststelle, daß beim Bauherrenmodell erst eine geschickte und systematische Ausnutzung verschiedener Elemente der Normalbesteuerung dazu führt, daß die hier beschriebenen Wirkungen eintreten, die von der Bundesregierung ja so nicht gewollt sein können? Müßte dann, wenn das so ist, nicht nur die zugesicherte sorgfältige Prüfung, sondern auch eine dringliche Änderung von der Bundesregierung ins Auge gefaßt werden?
Ich kann nur wiederholen, daß ich das Prüfungsergebnis heute nicht vorwegnehmen kann. Deswegen bitte ich um Verständnis, daß ich zu einzelnen Maßnahmen nichts sage. Zu sagen: „Hier ist eine dringliche Änderung notwendig, dort aus diesem oder jenem Grunde nicht" - dieses wäre eine Vorwegnahme des Prüfungsergebnisses. Ich bitte um Verständnis dafür, daß dies leider wirklich nicht geht.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Schlatter.
Teilen Sie dann zumindest die Auffassung, daß das Bauherrenmodell zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des konventionellen Wohnungsbaus führt und daß negative Auswirkungen auf den Baumarkt bei Einschränkung des Bauherrenmodells nicht zu befürchten sind, wie dies auch in dem Bericht der Bundesregierung über das Zusammenwirken finanzwirksamer wohnungspolitischer Instrumente bereits beschrieben worden ist?
Das Ergebnis der von Ihnen hier angesprochenen Wirkungsanalyse ist mir sehr wohl bekannt. Dies wird ebenfalls ein besonders sorgfältig zu prüfender Aspekt im Rahmen des Prüfungsauftrages, von dem ich gesprochen habe, sein.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Schroeder ({0}).
Herr Staatssekretär, können Sie schon jetzt vor dieser Prüfung bestätigen, daß bei dem Bauherrenmodell die Steuerersparnis, die in dem einen Jahr eintritt und dann auch zu Steuermindereinnahmen führt, in den Folgejahren wieder ausgeglichen wird, weil infolge geringerer Herstellungs- oder Anschaffungskosten bei dem betreffenden Baumodell dann die AfA, also die Absetzungen, geringer sind und dementsprechend auch keine Steuerersparnis, sondern ein Mehr an Steuern anfällt.
Sehr geehrter Herr Kollege, dies ist theoretisch möglich. Es würde sich hier um ein Bauherrenmodell handeln, wo man bezüglich derjenigen, die dieses Modell konzipiert haben, nicht von besonders großer Phantasie sprechen kann.
Viele Bauherrenmodelle sind genauso konzipiert. Deswegen spielen die Überlegungen, die der nordrhein-westfälische Finanzminister auf den Tisch gelegt hat, ob nämlich auch die Spekulationsfrist verlängert werden müßte, eine wichtige Rolle. Denn es ist eine stark verbreitete Praxis, daß man zunächst über eine Kumulierung von Werbungskosten und
ähnliche Maßnahmen hohe Ausgaben, hohe Verluste produziert und dann unter Ausnutzung der nur zweijährigen Spekulationsfrist und der Gegebenheiten des Marktes das Objekt mit Gewinn verkauft, der nicht versteuert werden muß.
Es handelt sich hier also um eine sehr komplexe, diffizile Materie. Deswegen kann eine solche Prüfung - ich wiederhole es - nicht übers Knie gebrochen werden.
Zu einer Anschluß-frage Herr Kollege Roth.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich habe die Frage: Besteht nicht schon ohne Prüfung der begründete Verdacht, daß durch das derzeitige Bauherrenmodell unwirtschaftliche Werbungskosten aufgebläht werden? Ich meine z. B. das Auswuchern der Disagios gegenüber den früheren Kapitalmarktverhältnissen. Ich meine beispielsweise neue Erfindungen auf dem Gebiet der Vermittlungsgebühren bei Architekten sowie bei Leuten, die Kredite vermitteln. Gibt es derartige Erkenntnisse im Bundesfinanzministerium nicht schon heute, so daß man nicht auf künftige Überprüfungen der Angelegenheit verweisen muß?
Sehr geehrter Herr Kollege, ich bitte, doch zwei Dinge auseinanderzuhalten. Wir sind uns im Grunde natürlich einig. Jeder, der mit offenen Augen durch die Welt geht - wie ich mich z. B. jetzt im Urlaub an der Ostseeküste bewegt habe -, weiß, daß es eine Vielzahl von Bauherrenmodellen mit Verlustzuweisungsversprechungen von weit über 100 % gibt. Er weiß natürlich auch - dazu braucht er kein Steuerexperte zu sein -, was die Ursachen für diese Verlustversprechungen sind, daß in diesem Rahmen hohe Werbungskosten natürlich durch vorgezogene Gebühren und andere Dinge produziert werden, die ich jetzt im einzelnen nicht auszuführen brauche.
Wie diese Modelle laufen, ist der Bundesregierung natürlich weitgehend bekannt. Daß die Prüfung Zeit braucht, liegt daran, daß beim Bauherrenmodell - gerade in der jetzigen Zeit - die ökonomischen Zusammenhänge sorgfältig geprüft werden müssen. Es muß genau geprüft werden, welche negativen und welche positiven Wirkungen die eine oder andere steuerliche Änderung hat. Das ist es, was Zeit verlangt; es ist nicht so sehr die Aufklärung dessen, was es heute auf dem Markt gibt. Die Prospekte sind mir jedenfalls ebenfalls hinreichend bekannt.
Zu einer Anschlußfrage Herr Kollege Conradi.
Herr Staatssekretär, können wir uns nicht auch ohne Prüfung - ich will nicht bestreiten, daß Sie schwergeprüft sind - dahin verständigen, daß eine Baupolitik, bei der nur noch die Investitionen sinnvoll sind, die besonders hohe Verluste erzeugen, ökonomisch sinnlos ist?
Das ist eine angesichts der Komplexität der Materie, wie Sie mir zustimmen werden, sehr holzschnittartige Formulierung. Ich bitte um Verständnis, wenn ich sie so im Raume stehen lasse, wie sie von Ihnen gemacht worden ist. Das ist aber nicht Ausdruck der Tatsache, daß ich mir hier besonders geprüft vorkomme, sondern hier bestehen wirklich die Sachgründe, die ich genannt habe und die eine gründliche Prüfung erforderlich machen.
Ich bin auch nicht überzeugt, Herr Kollege Conradi, ob das noch einen sehr konkreten Zusammenhang mit der Frage 46 hat.
Herr Kollege Lennartz, Sie wollen noch eine Anschlußfrage stellen. Bitte sehr.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie sprachen bei der Beantwortung der Frage 46 mehrfach von Prüfungen, die durchgeführt würden bzw. deren Ergebnisse nicht vorlägen. Kann ich daraus schließen, daß diese Prüfungen von seiten der Bundesregierung erst von dem Zeitpunkt an begonnen haben, an dem Herr Posser diese Mißstände nach außen hin dargestellt hat, oder ist von seiten der Bundesregierung bereits im Vorfeld bzw. bei der Prüfung auf die Beseitigung dieser Mißbräuche hingearbeitet worden?
Wenn Sie sich die sehr zeitraubende Arbeit vergegenwärtigen, die schließlich zu dem § 15 a Einkommensteuergesetz geführt hat, wenn Sie sich ferner vergegenwärtigen, daß nach einer sehr intensiven Arbeit im Zusammenwirken mit den Ländern der Bauherrenerlaß geschaffen wurde, der eine wichtige Sache ist, obwohl er keine gesetzgeberische Maßnahme ist - Einschränkung der abzugsfähigen Werbungskosten beim Bauherrenmodell, einschränkende Definition des Bauherrenmodells -, dann ersehen Sie schon daraus, daß sich die Bundesregierung natürlich seit längerem mit diesen Problemen befaßt. Dessen ungeachtet will ich erneut betonen, daß die Vorschläge, die Finanzminister Posser gemacht hat, natürlich wertvoll sind, und daß sie in unsere Prüfung eingehen werden.
Ich rufe Frage 47 des Herrn Abgeordneten Schlatter auf:
Sieht die Bundesregierung über den Vorschlag der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hinaus, Verluste aus Vermietungen und Verpachtungen, die in der Bauphase eines Gebäudes entstehen, nicht mehr im Vorauszahlungsverfahren, sondern erst bei der Veranlagung zur Einkommensteuer zu berücksichtigen, weitere gesetzliche Möglichkeiten, den Personalaufwand der Finanzämter bei der Besteuerung von Bauherrengemeinschaften in vertretbaren Grenzen zu halten?
Herr Kollege Schlatter, gerade bei Bauherrengemeinschaften zeigt die Praxis, daß häufig hohe Verluste gegen Jahresende behauptet und geltend gemacht werden, die erst nach Vorliegen der Steuererklärung und nach gründlicher Überprüfung auf das zutreffende Maß zurückgeführt werden können. Generell zeigt die Praxis, daß die umfangreichen, lediglich auf steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten beruhenden, zum Teil außerordentlich komplizierten Vertragsgestaltungen bei Verlustzuweisungsgesellschaften und
auch bei Bauherrengemeinschaften einen sehr hohen Verwaltungsaufwand bei den Finanzämtern mit sich bringen, dem wir im Rahmen des erwähnten Prüfungsauftrags die notwendige Aufmerksamkeit widmen werden.
Ich möchte hinzufügen: Ich habe schon erwähnt, daß es beabsichtigt ist, eine Änderung der Abgabenordnung dahin gehend vorzuschlagen, daß die Uberprüfung der anteiligen Verluste in allen Fällen der Beteiligung an Abschreibungsprojekten einheitlich durch das Betriebs-Finanzamt erfolgen kann. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hatte dies kürzlich in Frage gestellt. Durch diese Verbesserung der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten bei der einheitlichen Gewinnfeststellung könnte auch der Verwaltungsaufwand bei den Wohnsitz-Finanzämtern begrenzt werden.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Schroeder.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß durch den von Ihnen bereits erwähnten Bauherrenerlaß, durch weitere Verwaltungsanweisungen und durch die Rechtsprechung in der Zwischenzeit ursprünglich bekanntgewordene Mißbräuche beim Bauherrenmodell beseitigt oder ganz wesentlich reduziert worden sind und daß eine Änderung der Vorauszahlungen in der in der Frage 47 abgefragten Weise eine grundlegende Änderung des Steuersystems darstellen würde?
Ich kann im Prinzip Ihre beiden Fragen mit „Ja" beantworten. Es ist richtig, daß durch das, was in der Zwischenzeit geschehen ist - auch durch den im Zusammenwirken mit den Ländern erstellten Bauherrenerlaß - einiges erreicht worden ist. Aber ich will genauso deutlich sagen: Die Finanzverwaltungen des Bundes und der Länder sehen sich einem großen Heer hochbezahlter, qualifizierter Experten draußen in der freien Wirtschaft gegenüber, die sich immer wieder neue Gestaltungsmöglichkeiten einfallen lassen, auf die die Steuergesetzgebung und die Finanzverwaltung jeweils reagieren müssen. Ich denke, daß wir alle miteinander diesen Prüfungsauftrag wirklich außerordentlich ernstnehmen müssen - ohne das bereits Erreichte geringschätzen zu wollen; wie käme ich dazu - das Gegenteil ist der Fall.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Urbaniak.
Herr Staatssekretär, wenn aus der Beanwortung der Frage 47 geschlossen werden kann, daß man bei der Behandlung dieser Frage Personal freibekäme: Könnte man diese Beschäftigten bei den Finanzämtern stärker für die Betriebsprüfungen einsetzen, bei denen wir ja auch das Gefühl haben, daß sie eigentlich in kürzeren Zeitabständen erfolgen müßten?
Ich will die Frage mit Ihrem Einverständnis generalisierend folgendermaßen beantworten. Wenn man aus der Praxis
weiß, welcher Zeitaufwand investiert wird, um immer kompliziertere Konstruktionen im Bereich der Verlustzuweisungsgesellschaften und der Bauherrenmodelle zu bearbeiten, dann kommt man zu dem Schluß, daß es sicherlich richtig ist, daß, wenn hier einiges abgebaut werden kann, Arbeitskapazität in den Finanzämtern für sinnvollere Tätigkeiten frei würde.
Keine Zusatzfragen mehr. Dann rufe ich die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Lennartz auf:
Sieht die Bundesregierung in der Abschaffung der Steuerfreibeträge und des ermäßigten Steuersatzes bei der Veräußerung von Betrieben und Beteiligungen, die nur eine kurze Zeit dem Veräußerer zuzurechnen waren, eine wirksame Maßnahme zur Vermeidung ungerechtfertigter steuerlicher Vorteile aus einer Verlustzuweisungsgesellschaft, und hält sie diese Maßnahmen bei anderen Betrieben für vertretbar?
Herr Kollege Lennartz, ich bitte, Ihre beiden Fragen zusammen beantworten zu dürfen.
Der Abgeordnete ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 49 des Herrn Abgeordneten Lennartz auf:
Hält die Bundesregierung eine weitere Einschränkung der nach dem Auslandsinvestitionsgesetz begünstigten Aktivitäten und schärfere Nachweisvoraussetzungen für notwendig - wie dies vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen gefordert wurde - oder sogar darüber hinausgehende Beschränkungen der Berücksichtigung ausländischer Verluste bei der deutschen Besteuerung?
Ich muß Sie, Herr Kollege Lennartz, wie schon andere Kollegen sehr um Verständnis dafür bitten, daß die Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu den einzelnen in der Diskussion befindlichen Vorschlägen noch nicht Stellung nehmen kann.
Ich weise nochmals auf § 2 a im Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1982 hin.
Im übrigen muß das Ergebnis unserer intensiv betriebenen Prüfungen abgewartet werden.
Keine Zusatzfrage, Herr Kollege Lennartz?
Aus dieser Antwort ergibt sich keine Zusatzfrage!
Danke schön. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen beantwortet. Ich habe Veranlassung, Ihnen besonders für die Geduld zu danken, mit der Sie die Fragen beantwortet haben, Herr Kollege.
({0})
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich begrüße zur Beantwortung der Fragen Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Egert. Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Vizepräsident Dr. h. c. Leber
Was wird die Bundesregierung unternehmen, um den von der Bundesanstalt für Arbeit neu berechneten Fehlbedarf von rund 6 900 Kräften zu decken, oder ist sie der Meinung, daß auch bei einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit die Arbeitsverwaltung mit dem derzeitigen Personalbestand ihre Aufgaben uneingeschränkt so wahrnehmen kann, wie es das Arbeitsförderungsgesetz vorsieht?
Herr Präsident, ich möchte die beiden Fragen des Herrn Kollegen Stutzer - sein Einverständnis vorausgesetzt - im Zusammenhang beantworten.
Der Abgeordnete ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Stutzer auf:
Wird die Bundesregierung eine Aufhebung der Bestimmung des 2. Haushaltsstrukturgesetzes vorschlagen, nach der die Bundesanstalt für Arbeit ihren Personalbestand im Jahr 1983 um 1 v. H. zu kürzen hat, oder hat sie eine Aufgabenentlastung für den Bereich der Bundesanstalt für Arbeit vorgesehen?
Herr Kollege Stutzer, die in Ihrer Frage genannte Zahl von 6 900 Kräften ist nach dem aus arbeitsanalytischen Untersuchungen entwickelten Personalbemessungssystem der Bundesanstalt für Arbeit errechnet. Dieses Bemessungssystem ist nach dem erklärten Willen des Vorstands der Bundesanstalt jedoch nicht die entscheidende Grundlage für Personalanforderungen, sondern in erster Linie ein Hilfsmittel bei der Prüfung solcher Mehranforderungen und insbesondere bei der belastungsgerechten Verteilung des Personals auf die einzelnen Dienststellen und Sachgebiete.
Der sich aus dem Personalbemessungssystem rechnerisch ergebende Optimalzustand in der Personalausstattung ist in der Vergangenheit nie erreicht worden. Er kann im Hinblick auf die personal-und finanzwirtschaftliche Gestaltungsfreiheit der über den Haushalt entscheidenden Gremien auch künftig kein Maßstab für den tatsächlichen Personalbedarf sein.
Die Selbstverwaltung hat in den Haushaltsplan 1983 2 428 zusätzliche Stellen eingestellt. Die Bundesregierung wird bei der Genehmigung des Haushalts der Bundesanstalt prüfen, ob und in welchem Umfang die personellen Verhältnisse insbesondere bei den Arbeitsämtern verbessert werden können.
Sie wird dabei auch prüfen, ob durch weitere Maßnahmen zur Vereinfachung und Rationalisierung der Arbeitsabläufe, durch Delegation von Entscheidungsbefugnissen und auch durch vorübergehende Einschränkungen aufschiebbarer Arbeiten Entlastungen möglich sind.
Zu Ihrer zweiten Frage: Ich stimme Ihrer Einschätzung zu, daß die Belastungssituation in den Arbeitsämtern die im Gesetz zur Personaleinsparung in der mittelbaren Bundesverwaltung vorgesehene einprozentige Stellenkürzung bei der Bundesanstalt für Arbeit in Frage stellt. Diese im Gesetz verbindlich festgelegte Stellenkürzung kann nur durch den Gesetzgeber selbst rückgängig gemacht werden.
Entsprechende Initiativen werden jedoch die Unterstützung der Bundesregierung finden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Stutzer.
Herr Staatssekretär, wann und wo haben Sie sich zuletzt über die Leistungen der Arbeitsämter vor Ort überzeugt? Was ist Ihnen dabei hinsichtlich der Belastung von den Mitarbeitern gesagt worden?
Ich bin im Juli im Landesarbeitsamt in Berlin gewesen und habe mir dort vor Ort von dem Landesarbeitsamtspräsidenten und den Leitern der einzelnen Arbeitsämter, die in Berlin eine besondere Struktur haben, die Situation schildern lassen. Dabei ist mir durchaus deutlich gemacht worden, daß die Arbeitsbelastung groß ist. Allerdings ist mir bei dieser Gelegenheit - dies verdient auch aus diesem Anlaß Anerkennung -, gesagt worden, daß man auch vor dem Hintergrund größerer Schwierigkeiten bisher mit den Anforderungen fertiggeworden ist.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, darf ich von Ihnen eine ganze präzise Erklärung haben, ob Sie die derzeitige Belastung des Personals politisch noch für vertretbar halten? Als Antwort würde mir ein Ja oder ein Nein genügen.
Herr Kollege Stutzer, wenn die Welt so einfach wäre, könnten Sie Ihr Ja oder Nein haben. Angesichts der personal- und finanzwirtschaftlichen Situation, die wir insgesamt sehen müssen, daß wir nämlich im öffentlichen Dienst eine 1 %ige Stellenkürzung haben, und unterstellt, daß es zu Initiativen kommt, dies für die Bundesanstalt für Arbeit und insbesondere die Arbeitsämter auszusetzen, halte ich dies in diesem Rahmen für eine vertretbare Belastung, ohne zu verkennen, daß da tatsächlich Belastungen bestehen.
Eine dritte Zusatzfrage, Herr Kollege Stutzer.
Herr Staatssekretär, wenn Sie Prioritäten setzen, was würde am Ende dieser Prioritätenliste stehen, oder anders ausgedrückt, auf welche Dienstleistungen könnte nach Ihrer Meinung ganz oder teilweise verzichtet werden?
Herr Kollege Stutzer, Priorität bei der Arbeit der Arbeitsämter haben zweifellos die Leistungsfälle und die Beratungsfälle. Mit diesen beiden Aufgaben wird sich das Arbeitsamt schwerpunktmäßig beschäftigen müssen. Ich kann mir vorstellen, daß es dagegen eine läßliche Sünde wäre, etwa Fragen des internen Dienstverkehrs etwas langsamer anzugehen.
Eine vierte Zusatzfrage, Herr Kollege Stutzer.
Herr Staatssekretär, was sagen Sie zu der Ihnen wohl bekannten, die Personalsituation betreffenden Resolution des Personalrats des Arbeitsamtes Düsseldorf?
Ich kenne diese Resolution persönlich nicht.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Peter.
Herr Staatssekretär, liegen Ihnen Erfahrungen darüber vor, ob die im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit dem Zweiten Haushaltsstrukturgesetz eingeleiteten Maßnahmen von Umsetzungen von Beschäftigten den Problemdruck in einigen Arbeitsämtern, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind, gemildert haben?
Ich kann sagen, daß diese Umsetzung geholfen hat, die Aufgaben nach den Notwendigkeiten zu erledigen. Dies hat auch dazu geführt, daß der Problemdruck da gemildert worden ist, wo besondere Belastungen aufgetreten sind.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Urbaniak.
Herr Staatssekretär, haben Sie bei Ihren Besuchen bei den Arbeitsämtern auch vortragen müssen, daß Fälle des berechtigten Empfangs von Arbeitslosengeld, von Arbeitslosenhilfe oder anderer Leistungen von den Ämtern nicht mit der, sage ich einmal, Normalgeschwindigkeit bearbeitet worden sind und daß sich daraus berechtigte Beschwerden für die Leistungsempfänger ergeben haben?
Herr Kollege Urbaniak, ich kann nicht ausschließen, daß es im Einzelfall zu Mißständen gekommen ist. Generell kann ich Ihre Befürchtung nicht bestätigen.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Wolfram.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß der Arbeitskräftebedarf bei den lokalen Arbeitsämtern natürlich auch davon abhängt, wie hoch die Arbeitslosenquote ist, teilen Sie meine Auffassung, daß es sinnvoll wäre, wenn mehr Berufsberater und -vermittler, die vor allem auch die Betriebe aufsuchen könnten, verfügbar wären, und sehen Sie eine Möglichkeit, über die Bundesanstalt einmal abchecken zu lassen, welcher Bedarf an Arbeitskräften von den einzelnen Arbeitsämtern mit Begründung gemeldet wird?
Herr Kollege Wolfram, ich will Ihnen zustimmen, daß die regionale Situation je nach der Arbeitslosenzahl unterschiedlich ist, und daß es verstärkter Anstrengungen bedarf, diesen unterschiedlichen Arbeitsbelastungen vor dem Hintergrund einer insgesamt gewachsenen Arbeitsbelastung differenziert Rechnung zu tragen.
Das Wort zu weiteren Anschlußfragen wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß es grundsätzlich äußerst bedenklich ist, daß ab 1983 alle Empfänger von Leistungen der Altershilfe für Landwirte als Bezieher von Versorgungsbezügen Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe des halben maßgeblichen Beitragssatzes - im Bundesdurchschnitt z. Z. 6,2 v. H. - aufbringen sollen und die entsprechenden Mehrbelastungen im Regelfall 1983 höher liegen als die vorgesehene nominelle Leistungsanpassung von rund 5,6 v. H. durch das Rentenanpassungsgesetz 1983?
Herr Präsident, ich habe die Bitte, daß ich auch die Fragen 52 und 53 im Zusammenhang beantworten darf.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Räumt die Bundesregierung ein, daß diese vorgesehene Maßnahme, die der Entlastung des Bundeshaushalts dienen soll, die Folge ihrer Wirtschafts-, Finanz-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik ist, durch die jetzt den Leistungsempfängern in der Altershilfe für Landwirte neue Opfer zugemutet werden?
Herr Kollege Horstmeier, nach den Beschlüssen des Bundeskabinetts vom 1. Juli 1982 sollen 1983 durch Abbau von Finanzhilfen und Steuervergünstigungen sowie durch Änderungen im Sozialbereich rund 10 Milliarden DM eingespart werden. Die Landwirtschaft soll hierzu unmittelbar einen Betrag von 145 Millionen DM beitragen, davon im Bereich der sozialen Sicherung 120 Millionen DM.
Nachdem die bisherigen Maßnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushalts und zur Senkung der Kreditaufnahme im wesentlichen die Erwerbstätigen belastet haben, soll 1983 nach Möglichkeit von neuen Belastungen dieser Gruppe abgesehen werden.
Als Alternative zur Einführung des von Ihnen angesprochenen Beitrags der Altersgeldempfänger wäre eine Senkung des Bundeszuschusses zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung in Frage gekommen. Dies aber hätte zu höheren Beiträgen der erwerbstätigen Landwirte geführt.
Die Leistungen der Altershilfe dienen ebenso wie die übrigen beitragspflichtigen Versorgungsbezüge, z. B. Betriebsrenten und Pensionen, der wirtschaftlichen Sicherung der Versicherten. Die vorgesehene Beitragspflicht entspricht deshalb dem Prinzip der solidarischen Finanzierung der Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die sich daraus ergebende Belastung ist bei den Beziehern von Leistungen der Altershilfe für Landwirte nicht höher als bei den Empfängern anderer Versorgungsbezüge.
Die Ihrer zweiten Frage zugrunde liegende Unterstellung teile ich nicht; dies ergibt sich schon aus meiner Antwort auf Ihre erste Frage. Den Empfängern von Leistungen der Altershilfe wird kein besonderes „Opfer" zugemutet. Sie werden lediglich so behandelt wie andere Bezieher von Versorgungsbezügen.
Eine Zusatzfrage Herr Kollege Horstmeier.
Herr Staatssekretär, gibt es denn einen sachlichen Grund, die Beteiligung der Rentner und der Altenteiler an den Krankenversicherungskosten unterschiedlich zu regeln?
Herr Kollege Horstmeier, Sie wissen wie ich, daß Ausgangspunkt für die Beschlüsse, die die Bundesregierung gefaßt hat, der gesamtfinanzwirtschaftliche Hintergrund ist, vor dem wir uns befinden. Vor diesem Hintergrund sind alle Regelungen im sozialen Bereich, die wir getroffen haben, im solidarischen Verbund zu sehen, der zu anderen Empfängern von Versorgungsbezügen besteht und natürlich auch vor dem Hintergrund der haushaltsmäßigen Notwendigkeiten.
Eine zweite Zusatzfrage. Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die Intention und auch die Geschäftsgrundlage des Krankenversicherungsgesetzes für Landwirte aus dem Jahre 1972, mit dem ja ausdrücklich die Krankenversicherungskosten für Altenteiler vom Bund übernommen worden sind, durch diese Maßnahmen verändert werden?
Herr Kollege Horstmeier, wenn Sie sich die Situation ansehen, daß wir etwa bei unseren haushaltsmäßigen Überlegungen im sozialpolitischen Bereich auch eine Übertragung bestimmter Maßnahmen im Kriegsopferbereich vorsehen, dann werden Sie verstehen, daß die Aussage, die Sie gemacht haben, zwar dem Grunde nach bestehen bleibt, daß dies aber dennoch nicht ausschließt, daß man die finanzielle Beteiligung des Bundes auch im Blick auf den Haushalt neu regelt.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 54 des Abgeordneten Austermann auf:
In welchem Umfang wurden 1982 Arbeitserlaubnisse für ausländische Arbeitnehmer auf Grund bestimmter Zusagen gegenüber ausländischen Regierungen erteilt?
Herr Kollege Austermann, ich habe die Bitte, daß ich beide Fragen im Zusammenhang beantworten darf.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe auch die Frage 55 des Abgeordneten Austermann auf:
Ist beabsichtigt, die Arbeitsverwaltung flexibler zu machen, um bei Bedarf an Arbeitskräften in Gebieten mit geringerer Arbeitslosigkeit Arbeitslose aus Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit vermitteln zu können?
Herr Kollege, die Bundesrepublik Deutschland hat in der Vergangenheit mit einigen osteuropäischen Ländern Abkommen über wirtschaftliche Kooperation abgeschlossen. Im Zusammenhang mit diesen Abkommen kann eine
begrenzte Zahl ausländischer Arbeitnehmer auf der Grundlage von Werkverträgen im Bundesgebiet beschäftigt werden, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß dadurch die Beschäftigungsmöglichkeiten für deutsche und gleichberechtigte ausländische Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt werden.
Das Bundeskabinett hat im Herbst des vergangenen Jahres beschlossen, daß als Höchstzahl nicht überschritten werden dürfen bei Jugoslawen 10 200, bei Polen 8 500 und bei Ungarn 1 700. Nach der Statistik der Bundesanstalt für Arbeit sind in den ersten acht Monaten des Jahres 1982 4 457 Arbeitserlaubnisse für eine erstmalige Beschäftigung als Werkvertragsarbeitnehmer erteilt worden, darunter 2 379 für polnische, 941 für ungarische und 827 für jugoslawische Werkvertragsarbeitnehmer.
Neben den genannten Werkvertragsarbeitnehmern werden auf Grund von zwischenstaatlichen Vereinbarungen Gastarbeitnehmer zugelassen. Die Bundesregierung hat besonders in den Nachkriegsjahren Vereinbarungen über den Austausch von Gastarbeitnehmern abgeschlossen, die ein in der Regel auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse eingehen können. Die Zulassung dieser Gastarbeitnehmer ist unabhängig von der jeweiligen Beschäftigungslage. Sie ist durch eine mit jedem Land vereinbarte Höchstquote festgesetzt: für Finnland 150, Griechenland 200, Österreich 500, Schweden 250, Schweiz 500, Spanien 150.
Die Zahl der ausländischen Gastarbeitnehmer ist in den letzten Jahren ständig zurückgegangen. So wurden im ersten Halbjahr 1982 insgesamt nur 218 ausländische Gastarbeitnehmer zugelassen, darunter 136 Finnen, 40 Schweden, 14 Schweizer, 13 Osterreicher, 11 Spanier und 4 Griechen. Im übrigen sind die mit den meisten EG-Mitgliedstaaten abgeschlossenen Gastarbeitnehmer-Abkommen durch die Freizügigkeitsregelung überholt.
Zu Ihrer zweiten Frage weise ich darauf hin, daß die Arbeitsvermittlung durch die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit als mittelbare Bundesverwaltung mit flächendeckender Organisation und einheitlichen Verfahrensvorschriften darauf angelegt ist, überregional für den Arbeitskräfteausgleich zwischen Gebieten mit geringerer und Gebieten mit höherer Arbeitslosigkeit zu sorgen. Die Bundesanstalt für Arbeit unterhält für bestimmte Berufe mit bundesweitem Arbeitsmarkt zentrale Vermittlungseinrichtungen. Für alle Berufe gibt es ein jederzeit abrufbares und rasch reagierendes System des sogenannten Randausgleichs zwischen benachbarten Arbeitsamtsbezirken, des Landesausgleichs innerhalb des Landesarbeitsamtsbezirks und des Bundesausgleichs. Zentrale Stellen- und Bewerberanzeiger, die mehrmals wöchentlich erscheinen, liegen in allen Arbeitsämtern aus. Zur Abdeckung besonderen Arbeitskräftebedarfs werden überregional gezielte Aktionen unternommen.
Computer und Mikrofilmlesegeräte machen die Arbeitsvermittlung beweglicher. Die in mehreren hessischen Arbeitsamtsbezirken bereits eingesetzte computerunterstützte Arbeitsvermittlung wird nach ihrer Einführung im gesamten Bundesgebiet den
unmittelbaren Zugriff auf alle offenen Stellen innerhalb des Bundesgebietes ermöglichen. Im Landesarbeitsamtsbezirk Nordbayern sowie voraussichtlich bis Ende dieses Jahres in allen Arbeitsamtsbezirken der Landesarbeitsamtsbezirke Baden-Württemberg und Südbayern können sich die Arbeitsuchenden in den Arbeitsämtern dann an Lesegeräten mit Hilfe verfilmter Stellenangebote einen Überblick nicht nur über die offenen Stellen des Arbeitsamtsbezirks, sondern über die regional erreichbaren Stellen verschaffen. Die Ausdehnung auf das gesamte Bundesgebiet ist vorgesehen.
Die Möglichkeiten einer überregionalen Vermittlung werden im übrigen auch vor der Erteilung von Arbeitserlaubnissen an Werkvertragsarbeitnehmer geprüft, auf die Sie sich in Ihrer ersten Frage bezogen haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Austermann.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer ersten Antwort auf gewisse Voraussetzungen abgestellt, die gegeben sein müssen. Halten Sie diese Voraussetzungen für die Erteilung von Arbeitserlaubnissen bei der inzwischen ja dramatisch angestiegenen Arbeitslosigkeit noch für gegeben?
Ja, ich gehe davon aus, daß diese Voraussetzungen nach wie vor noch gegeben sind und, wie die restriktive Handhabung zeigt, auch greifen.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Teilen Sie nicht vielmehr meine Auffassung, daß von einer restriktiven Handhabung nicht gesprochen werden kann angesichts der Tatsache, daß nach Aussage des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit insgesamt 40 000 statt der von Ihnen angegebenen 218 Arbeitserlaubnisse entweder neu erteilt oder verlängert worden sind und beide Zahlen doch wohl im Zusammenhang gesehen werden müssen?
Meine Aussage, die ich soeben gemacht habe, bezog sich ausdrücklich auf die Realität nach den Beschlüssen der Bundesregierung und der sich daraus entwickelnden Praxis.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Wolfram.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, können Sie uns sagen, ob es auch Anforderungen von ausländischen Arbeitskräften durch Betriebe und Branchen wie z. B. das Gaststättengewerbe gibt und, wenn j a, in welchem Umfang?
Ich kann Ihnen den Umfang nicht sagen, aber ich kann Ihnen bestätigen, daß es dort Anforderungen gibt; auch im Baubereich gibt es entsprechende Anforderungen. Insofern sind die Beschlüsse der Bundesregierung, wie ich glaube,
ein sinnvoller Weg, um mit dem Bedarf und dem sich auch aus der arbeitsmarktpolitischen Vergangenheit der Bundesrepublik ergebenden komplizierten Sachverhalt zu Rande zu kommen.
Herr Abgeordneter Urbaniak.
Herr Staatssekretär, können Sie etwas darüber aussagen, in welchen Branchen die Werkverträge abgewickelt werden und in welchen Industrie- und Betriebsbereichen diese Arbeitnehmer, die den Werkverträgen unterliegen, beschäftigt werden?
Wir haben zwei Beispiele schon gehabt. Vor allem im Baubereich haben wir es mit Werkvertragsarbeitnehmern zu tun. Ein anderer Bereich ist das Hotel- und Gaststättengewerbe, und Teilbereiche gibt es noch bei den öffentlichen Dienstleistungen. Sicherlich gibt es vereinzelt noch andere, aber einen vollständigen Katalog kann ich Ihnen aus dem Stand nicht anbieten.
Herr Kollege Kansy zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, eingehend auf Ihre Aussage, daß Betriebe tatsächlich noch ausländische Arbeitnehmer anfordern, frage ich: Worauf führen Sie es zurück, daß das angesichts von 1,8 Millionen Arbeitslosen im eigenen Land passiert?
Ein Grund, der Betriebe dazu führt, ausländische Werkvertragsarbeitnehmer anzufordern, hat sicher damit zu tun, daß man die Bedingungen, unter denen Betriebe im Wettbewerb stehen, zu den eigenen Gunsten verändern will. Dies ist nicht etwa - wenn sich das hinter Ihrer Frage verstecken sollte - eine Frage der Arbeitsbereitschaft der arbeitslosen Arbeitnehmer im Lande; die sehe ich uneingeschränkt gewährleistet.
({0})
Keine Zusatzfrage mehr. Ich rufe die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Peter auf:
Welche Kostenentwicklung hat es im Bereich der Kuren - nach den einzelnen Leistungsträgern gegliedert - seit den Gesetzesänderungen zum 1. Januar 1982 gegeben?
Von dem Kollegen Peter hätte ich gern das Einverständnis, daß ich seine Fragen 56 und 57 zusammen beantworten darf.
({0}) - Ich sehe: Er ist einverstanden.
Ich rufe daher auch die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Peter auf:
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, welche personellen Auswirkungen auf Grund der Kostenentwicklung in Kurheimen eingetreten sind?
Herr Kollege Peter, nach den zur Zeit vorliegenden Daten ergibt sich bei
den einzelnen Sozialleistungsträgern für die Ausgabenentwicklung im Kurbereich folgendes Bild:
Die Rentenversicherungsträger haben im ersten Halbjahr 1982 knapp 100 Millionen DM mehr für Heilbehandlungen wegen allgemeiner Erkrankungen ausgegeben als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs; das entspricht einer Steigerung um 7,7%. Bei der Wertung dieser Entwicklung ist zu berücksichtigen, daß ein Großteil der im ersten Halbjahr durchgeführten und abgerechneten Maßnahmen aus dem Antragsbestand des Vorjahrs resultiert, der Ende 1981 um etwa 100 000 Anträge höher lag, als dies sonst zum Jahresende üblich ist. Die Zahl der Antragseingänge ist im ersten Halbjahr 1982 gegenüber dem ersten Halbjahr 1981 deutlich zurückgegangen. Es ist zu erwarten, daß diese Entwicklung im weiteren Verlauf des Jahres die Kurausgaben in der Rentenversicherung beeinflussen wird.
Für den Bereich der Kriegsopferversorgung ist mangels aktueller Daten eine genaue Kostenauflistung noch nicht möglich. Man kann jedoch davon ausgehen, daß auf Grund des beobachteten Rückgangs der Kurhäufigkeit die Kurkosten um etwa 25 v. H. ({0}) gesunken sind. Es ist anzunehmen, daß im weiteren Jahresverlauf die Zahl der Kurgenehmigungen und die dafür aufzuwendenden Kosten weiter zurückgehen werden.
Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung liegen der Bundesregierung im Augenblick nur Angaben zum ersten Quartal 1982 vor. Die Meldungen über die Ausgabenentwicklung des ersten Halbjahrs werden für diese Tage erwartet. Im ersten Quartal 1982 wurde zwar im Vergleich zum ersten Quartal 1981 ein Rückgang der Ausgaben für Vorbeugungs- und Genesungskuren festgestellt; gleichwohl können daraus aber noch keine Aussagen zur Gesamtentwicklung gemacht werden. Es kommt hinzu, daß auch die Anzahl der durchgeführten Kurmaßnahmen noch nicht bekannt ist. Die Krankenkassen sind gebeten worden, für die Jahre 1982 und 1983 Sondererhebungen über die Entwicklung des Kurgeschehens durchzuführen. Die Ergebnisse werden jedoch nicht vor Herbst 1983 bzw. 1984 vorliegen.
Zu Ihrer zweiten Frage muß ich Ihnen leider mitteilen, daß der Bundesregierung Erkenntnisse über personelle Auswirkungen auf Grund der Kostenentwicklung in den Kurheimen nicht vorliegen.
Im übrigen darf ich Sie wegen Einzelheiten zu der von Ihnen angesprochenen Problematik auf die Antwort der Bundesregierung vom 14. Juni 1982 auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion ({1}) hinweisen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, gibt es bei Ihnen Erkenntnisse, ob Pressemeldungen zutreffen, daß die Zahl der beantragten, aber nicht angetretenen Kuren in der Bundesrepublik in diesem Jahr zugenommen hat?
Herr Kollege Peter, ich habe zum ersten Mal bei einem Informationsgespräch mit dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger eine entsprechende Information aus dem Bereich der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg bekommen. Wir sind dabei, zu prüfen, was sich hinter diesen Pressemeldungen verbirgt.
Die zweite Zusatzfrage, Herr Kollege Peter.
Auch meine zweite Zusatzfrage richtet sich auf die Bestätigung oder Nichtbestätigung von Pressemeldungen. Liegen Ihnen Erkenntnisse vor, ob auf Grund der Entwicklung der beantragten, aber nicht angetretenen Kuren Landesversicherungsanstalten Betten in Kurorten in größerer Zahl gekündigt haben?
Herr Kollege Peter, wir haben die Situation zu verzeichnen, daß es Maßnahmen der Versicherungsträger gibt, auf die Ihre Frage zielt. Ich kann Ihnen sagen, daß die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Belegungsverträge über Betten in Kurheimen - das sind 2 858 Plätze - zum 31. März 1982 gekündigt hat. Diese Kündigung erfolgte bereits Anfang Dezember 1981, also bevor mögliche Entwicklungen aus dem Haushaltsstrukturgesetz hätten greifen können. Sie sollte den Sinn haben, den Einrichtungen ausreichend Zeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. Die Umstellung wurde zusätzlich dadurch erleichtert, daß bereits bewilligte Kuren in diesen Einrichtungen bis etwa Ende Mai dieses Jahres durchgeführt werden konnten. In diesem Zeitraum dürften in Kurheimen nicht erheblich weniger Kuren als früher durchgeführt worden sein.
Dazu muß man wissen, daß bei der Bundesversicherungsanstalt Ende 1981 ein Überhang von 50 000 Kuren bestand, von denen etwa die Hälfte im Jahre 1982 nicht mehr hätte bewilligt werden dürfen, die zu einem nicht geringen Teil in Kurheimen durchgeführt werden.
Eine dritte Zusatzfrage, Herr Kollege Peter.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir auf Grund dieser teilweise noch zu vermutenden Tendenzen zu, daß in absehbarer Zeit im Bereich von Kurheimen und damit dann auch schwerpunktmäßig strukturiert dort, wo viele LVA-und BfA-Kurheime konzentriert sind, mit Überkapazitäten und damit mit Personalabbau zu rechnen sein wird?
Herr Kollege Peter, bevor ich zu dieser Aussage komme, darf ich in Erinnerung rufen, daß es der Wille des Gesetzgebers war, die Ausgaben für Kuren auf einen vertretbaren Umfang zurückzuführen. Um gesicherte Erkenntnisse zu haben, welches die wirklichen Ausführungen sind, muß man die Entwicklung im Jahre 1982 in Gänze kennen. Erst dann kann ich eine gesicherte Aussage zu Ihrer Frage machen. Ich kann allerdings nicht ausschließen, daß die beabsichtigte RückfühParl. Staatssekretär Egert
rung von Kurmaßnahmen auch Auswirkungen auf die Kureinrichtungen hat.
Eine Anschlußfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, was wird die Bundesregierung unternehmen, wenn die von Ihnen eben angekündigten Zahlen der Auswertung des ersten Halbjahres ergeben, daß das erklärte Ziel der Bundesregierung, nämlich eine Einschränkung der Kuren in einer Höhe von 13 oder 14 % zu erreichen, erheblich überschritten wird?
Herr Kollege, ich muß Sie noch einmal auf meine Antwort auf die Eingangsfrage des Herrn Kollegen Peter verweisen. Die jetzige Situation ist, daß für das Jahr 1982 die Ausgaben der Rentenversicherungsträger für Kuren um 7,7 % höher sein werden, und die beabsichtigte Entwicklung, die man erst dann sorgfältig einschätzen kann, wenn man das Jahr 1982 in Gänze kennt, steht noch bevor. Insofern gilt der Grundsatz, den wir in der Antwort auf die Kleine Anfrage deutlich gemacht haben, daß wir diese Entwicklung sehr sorgfältig beobachten, um einer Überkonsolidierung in entsprechender Weise gegensteuern zu können.
Eine zweite Anschlußfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, daß die Bundesregierung die Entwicklung sorgfältig beobachtet, unterstelle ich. Aber meine Frage lautet: Was wird die Bundesregierung tun, wenn erkennbar wird, daß das Ziel überschritten wird?
Ich sage Ihnen noch einmal, daß die Entwicklung für 1982 gegenläufig zu den öffentlichen Spekulationen ist. Wenn sie anders eintritt, wird die Bundesregierung ihre Antwort geben. Sie ist j a durch das Haushaltsstrukturgesetz gebunden, die Kurmaßnahmen in einem bestimmten Umfang zurückzudrängen. Wenn dieser Umfang überschritten wird, wird man Sorge zu tragen haben, daß dies nicht zu Lasten der Kureinrichtungen geht.
Meine Damen und Herren! Das Wort zu weiteren Zusatzfragen wird nicht gewünscht. Damit ist die Frage 57 beantwortet.
Die Fragestunde ist beendet.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/
CSU Vorlage neuer Haushaltsentwürfe
- Drucksache 9/1933 ({0}) -Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das Wort der Herr Abgeordnete Häfele.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der CDU/ CSU vom 23. August dieses Jahres zielt auf einen
überarbeiteten Entwurf des Nachtragshaushalts 1982, auf einen neuen Entwurf für den Bundeshaushalt 1983 und auf eine neue mittelfristige Finanzplanung. Hierbei, meine Damen und Herren, geht es nicht um „marginale Änderungen", also Randerscheinungen, wie der Regierungssprecher Rühl in der Sommerpause im Auftrag des Bundeskanzlers sagen mußte, sondern um eine grundlegend andere Beurteilung unserer wirtschaftlichen und finanzpolitischen Lage, um eine grundlegend andere Beurteilung der Erwartungen für die kommenden Jahre. Dies hat die CDU/CSU von vornherein, schon am Tage der ersten Beschlußfassung der Bundesregierung, am 1. Juli dieses Jahres im Einvernehmen mit allen nüchternen Sachkennern unseres Landes kundgetan.
Es geht heute weniger um konjunkturelle Schwankungen, sondern es liegt eine tiefgehende, hartnäckige Erschlaffung der dynamischen Kräfte unseres Landes vor. Diese Erschlaffung ist Folge und Ursache zugleich der finanzpolitischen Fehlentwicklungen, die wir in Deutschland haben. Im einzelnen geht es um folgendes:
Die Bundesregierung legt bei ihrem Entwurf zum Nachtragshaushalt 1982, den sie hier kurz vor der Sommerpause eingebracht hat, für das laufende Jahr ein reales Wachstum von 1 bis 11/2% und eine durchschnittliche Arbeitslosenzahl von 1,8 Millionen zugrunde. Diese Annahmen hält eigentlich kaum jemand mehr in unserem Land für wirklichkeitsgerecht.
({0})
Dies bedeutet, daß im laufenden Jahr über die 7 Milliarden zusätzlicher Neuverschuldung hinaus, die die Bundesregierung Ende Juni schließlich einräumen mußte, weitere bis zu 3 Milliarden DM fehlen.
Beim Entwurf für das Haushaltsjahr 1983 sieht die Regierung ein reales Wachstum von 3 % und eine durchschnittliche Arbeitslosenzahl von 1,85 Millionen vor. Auch in diesem Zusammenhang gibt es niemanden mehr in unserem Lande, der diese Annahmen noch für wirklichkeitsgerecht halten könnte.
({1})
Dies bedeutet, daß sich im kommenden Jahr allein im Bundeshaushalt zusätzliche Lücken von bis zu 10 Milliarden DM auftun werden. Inzwischen haben das auch die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herr Roth und Herr Liedtke, öffentlich eingeräumt.
({2})
Meine Damen und Herren, dabei werden die Wachstumsaussichten um so geringer, je weniger die Bundesregierung der wirklichen Lage ins Auge sieht und je mehr die Bundesregierung in Handlungsunfähigkeit versinkt. Jede weitere Unsicherheit ist Gift für den Kapitalmarkt, für die Zinsentwicklung und für die Wirtschaft. Jeder Monat an weiterer Zeitverzögerung verschlimmert die Lage.
({3})
Dabei geht es nicht - wie das SPD-Parteipräsidium gestern beschlossen hat - darum, eine „deflatorische Haushaltspolitik" zu verhindern. Angesichts der abenteuerlichen Verschuldungspolitik kann von deflatorischer Haushaltspolitik in Deutschland überhaupt nicht die Rede sein.
({4})
Nein, es geht um eine rasche, aber auf mehrere Jahre angelegte Einleitung der Sanierung. Nur diese schafft eine neue Berechenbarkeit. Nur diese kann wieder neues Vertrauen herstellen.
({5})
Der Vertrauensverlust bei uns in Deutschland ist besonders groß, reicht besonders tief, weil wir zum dritten Mal hintereinander in drei Jahren dasselbe Verwirrspiel mit Zahlen der Bundesregierung erleben. Jedesmal schwor die Bundesregierung heilige Eide, daß die Vorhaltungen, die Warnungen der Opposition völlig aus der Luft gegriffen, nicht wahr seien, und dann mußte sie schließlich doch scheibchenweise die Wahrheit einräumen.
1981 begann die Bundesregierung mit einem Entwurf, der eine Neuverschuldung von 27,4 Milliarden Mark vorsah. Am Schluß sind wir dann bei 37,4 Milliarden Mark, 10 Milliarden Mark mehr, gelandet. Für das laufende Jahr 1982 standen im Entwurf der Bundesregierung 26,5 Milliarden Mark Neuverschuldung. Schließlich hat sie vor der Sommerpause weitere 7 Milliarden Mark Neuverschuldung eingeräumt. Schon jetzt wissen wir, daß im laufenden Jahr weitere 3 Milliarden Mark fehlen. Also wiederum rund 37 Milliarden Mark! Im Entwurf für das kommende Jahr sieht die Bundesregierung 28,4 Milliarden Mark vor. Schon jetzt ist sicher, daß sich eine weitere Lücke von etwa 10 Milliarden Mark auftut. Dabei sind die 10 Milliarden Mark Bundesbankabführung gar nicht gerechnet, die volkswirtschaftlich wie eine Verschuldung wirken, so daß wir im nächsten Jahr, wenn nichts Druchgreifendes geschieht, bei einer Neuverschuldung allein des Bundes von rund 50 Milliarden Mark landen werden.
Zum dritten Mal hintereinander überschreitet damit die Bundesregierung die Grenze, die das Grundgesetz zieht, wonach die Neuverschuldung die Investitionen nicht übersteigen darf.
Meine Damen und Herren, natürlich will niemand, daß die Bundesregierung möglichst pessimistische Zahlen vorlegt. Aber die Aufgabe der Regierung besteht darin, möglichst realistische Zahlen vorzulegen.
({6})
Neues Vertrauen, das in unserem Land so dringend notwendig ist, kann nur entstehen, wenn die Zahlen wieder berechenbar und verläßlich werden. Das ist die Aufgabe einer Haushaltsplanung. Neben der abenteuerlichen Staatsverschuldung, die wir in Deutschland haben, ist das trostlose Bild der Regierung in dieser Frage inzwischen zum Investitionshemmnis Nummer 1 geworden und damit zur Bremse zur Schaffung von Arbeitsplätzen.
({7})
Nun führen die Bundesregierung und die Koalition einige Gründe an, weshalb heute keine neuen Entwürfe vorzulegen seien. Erstens sagt sie, nach der Bundeshaushaltsordnung müsse der Entwurf des Haushaltsplans in der Regel, wie es im Gesetz steht, in der ersten Woche des Monats September eingebracht werden. Das ist richtig, und das ist vernünftig. Aber wir fordern ja schon seit Monaten, daß die überholten Zahlen endlich auf die wirkliche Basis gestellt werden. Zum zweiten ist das Verfassungsgebot, daß die Zahlen natürlich wahr sein müssen, daß sie dem Gebot der Haushaltswahrheit entsprechen müssen, vorrangig vor allem anderen.
({8})
Zweitens hört man aus der Koalition, jetzt sei der Bundestag, das Parlament Herr des Verfahrens. Wir könnten jetzt in den Ausschüssen die Zahlen ja beliebig verändern. Meine Damen und Herren, es ist die erste Führungsaufgabe einer Regierung, einen Haushalt vorzulegen, der den Geboten der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit entspricht.
({9})
Einen Haushalt wirklich gestalten kann nur eine Regierung. Nach dem Gesetz ist sie allein in der Lage, einen Entwurf vorzulegen. Jemand anders kann das gar nicht. Nach allen Erfahrungen in den Ausschüssen können wir da und dort etwas verbessern, verändern, ausgleichen. Aber grundlegende Änderungen vornehmen kann nur eine Regierung, die ihrem Führungsauftrag gerecht wird. Das gilt zumal dann, wenn, wie es die Koalition verabredet hat, gespaltene Abstimmungen im Parlament nicht zulässig sind. Wenn Sie im Parlament gespaltene Abstimmungen zulassen, wenn Sie künftig ermöglichen, daß womöglich FDP und CDU/CSU gemeinsam Beschlüsse durchsetzen können, dann könnte eine andere Lage eintreten.
({10})
Meine Damen und Herren, diese beiden genannten Gründe erweisen sich als rein vorgeschobene Gründe. In Wirklichkeit sind folgende Gründe die tiefere Ursache dafür, warum die Regierung die Zahlen nicht auf den Tisch legt:
({11})
Erstens. Vor den Wahlen in Hessen und in Bayern sollen nach dem Willen der Regierung die wirklichen Zahlen nicht auf den Tisch kommen.
({12})
Dies ist reine Parteitaktik und schädlich für unser Land.
({13})
Zweitens. Die Koalition will ihren Todeskampf hinauszögern in der Hoffnung, daß eine Wiederbelebung der Koalition vielleicht nach Monaten stattfindet. Unser Volk hat diese Parteitaktikerei satt und will wirkliche Lösungen haben.
({14})
Drittens - und das ist vor allem für die SPD der entscheidende Grund -: Sie hofft, daß dann, wenn die Zahlen so spät zum Vorschein kommen, gar nicht mehr genügend Zeit vorhanden ist, um wirkliche Gesetzesänderungen durchzusetzen, womit gar nichts anderes mehr übrig bliebe als die „bewährte Lösung", eine zusätzliche Staatsverschuldung vorzunehmen, wie Arbeitsminister Westphal es schon gesagt hat. Meine Damen und Herren, genau dies wäre die Fortsetzung des falschen Weges der letzten Jahre. Es wäre wirtschaftspolitisches Gift in unserer Lage.
({15})
Im übrigen ist das ganze Vorgehen für ein Parlament, das auf sich hält, unzumutbar. Man stelle sich das vor: Die Mitglieder des Haushaltsausschusses bemühen sich in monatelangem Fleiß, Hunderttausend für Hunderttausend Mark, Million für Million Mark hin und her zu bewegen und einzusparen, und an diese Arbeit sollen sie sich machen, wohl wissend, daß schon von vornherein etwa 10 Milliarden Mark zusätzlich wieder fehlen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie auch das mit den Nachschiebelisten, was wir kennen! Sie wollen dann still und leise im Haushaltsausschuß mit Nachschiebelisten etwas tun, von dem möglichst niemand erfährt, um die wahren Zahlen vor der Öffentlichkeit möglichst zu verhüllen. Ich höre, schon heute nachmittag soll dieses Spiel im Haushaltsausschuß wieder fortgesetzt werden. Ich habe mir die Zahlen angeschaut. Es ist nicht die Wahrheit, die hier auf den Tisch kommt. Zum zweiten handelt es sich hierbei weitgehend um ein neues Verschieben ins nächste Jahr hinein, so daß sich schon im nächsten Jahr wieder zusätzliche Löcher auftun. Das ist keine Lösung.
Nein, meine Damen und Herren, die CDU/CSU will, daß das Verfassungsgebot der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit endlich in diesem Parlament wieder Einzug hält.
({16})
Es muß Schluß sein mit der Verschiebe- und Verschleierungstaktik der letzten Jahre. Unsere Bürger haben Sorgen wegen der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie wissen, daß eine Hoffnung auf eine Wiedergesundung unserer Wirtschaft nur durch eine vertrauenswürdige Einleitung durchgreifender Sanierungsmaßnahmen begründet werden kann.
({17})
Deshalb, meine Damen und Herren, fordert die CDU/CSU die Bundesregierung auf: Erstens.
({18})
Legen Sie endlich die wirklichen Zahlen auf den Tisch!
({19})
Zweitens. Herr Finanzminister Lahnstein, hören Sie endlich auf, Ihren Haushalt als „stocksolide" zu bezeichnen!
({20})
Drittens. Leiten Sie endlich die unabweisbaren Sparmaßnahmen ein!
({21})
Viertens. Beenden Sie endlich die gefährliche Lähmung unseres Landes!
({22})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Walther.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Häfele, wenn Sie hier zu Beginn Ihrer Ausführungen behaupten, das, was an unbestreitbaren Schwierigkeiten sich auch in unserem Lande zeigt, sei eine Folge der Politik dieser Regierung, muß ich Sie als erstes fragen: In welcher Welt leben Sie eigentlich?
({0})
Ist Ihnen eigentlich wirklich entgangen, was jetzt in Toronto - der Finanzminister war ja dort - bezüglich der Weltwirtschaftssituation besprochen worden ist?
({1})
Ist Ihnen wirklich entgangen, mit welchen Schwierigkeiten andere Länder zu kämpfen haben?
({2})
Meine Damen und Herren, ist Ihnen wirklich entgangen, daß wir in unserem Lande, so gut oder so schlecht diese Regierung immer sein mag,
({3})
mit eigenen nationalen Mitteln nur sehr wenig bewirken können?
({4})
Ist Ihnen, Herr Kollege Häfele, wirklich entgangen - wenn der Kollege Kohl lacht, nehme ich ihm das nicht übel, aber Sie, Herr Kollege Häfele, sind ja, wie ich glaube, ein Fachmann und wissen Bescheid -, daß die weltwirtschaftlichen Einflüsse - ich sage nur einmal „Zinsniveau", ich sage nur einmal „amerikanisches Haushaltsdefizit" in Größenordnungen, die auch vergleichsweise sehr viel höher sind als bei uns - entscheidend dafür sind, wie die Konjunktur läuft? Es ist doch ein Irrglauben, Herr Kollege Häfele, zu glauben, ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland, das fast ein Drittel seines Volkseinkommens auf den Weltmärkten verdient, könne sich von der internationalen Entwicklung abkoppeln.
({5})
Herr Abgeordneter Walther, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Graf Stauffenberg?
Wenn sie auf meine Redezeit nicht angerechnet wird, gern, Herr Präsident.
Ja oder nein?
({0})
Bitte schön.
Herr Kollege Walther, wollen Sie mit Ihren Ausführungen sagen, daß der Herr Finanzminister bei der Vorlage die weltwirtschaftliche Lage nicht gekannt hat?
Nein, Herr Kollege, ich komme darauf gleich zurück.
({0})
- Ich kann mich immer darüber amüsieren, daß diejenigen, die am wenigsten davon verstehen, hier am lautesten lachen.
({1})
Herr Kollege, ich komme darauf sofort zurück. Herr Kollege Häfele, ich halte Sie - soweit man das bei einem Politiker überhaupt sagen kann - für einen seriösen Mann.
({2})
- Herr Kollege Kohl, mit Ihnen streite ich mich darüber nicht.
({3})
Sie wissen besser als manch einer Ihrer Kollegen in der Fraktion, daß das öffentliche, seit Wochen andauernde Verunsicherungsgerede auch mit dazu beiträgt, daß manches von dem, was wir - es ist nicht viel - in unserem eigenen Lande bewegen könnten, verschüttgeht. Das, was Sie hier tun, ist ein Teil der Kampagne, die Herr Strauß 1974 in Sonthofen schon vorgezeichnet hat.
({4})
- Nein, es tut mir leid, Herr Kollege Haase, ich habe nur 15 Minuten Redezeit.
Herr Kollege Häfele, zweitens geht es doch auch darum - der Herr Kohl wird gleich nicht mehr lachen -, daß Sie verschleiern wollen, daß Sie als Opposition keine eigene Konzeption haben.
({5})
Da muß doch der Herr Kohl mit dem Herrn Strauß Berg- und Talwanderungen machen, um zu erfahren, was er hier eigentlich sagen darf. Wenn der eine von Ihnen dies sagt, sagen drei andere jenes. Wenn die einen von totaler Verweigerung im Bundesrat reden, reden die anderen davon, das eine oder andere könne man vielleicht doch mitmachen. Herr Kollege
Kohl, in allem Ernst - wir haben heute keine Zeit, aber morgen ist Gelegenheit gegeben; Sie werden an dieses Rednerpult treten -: Ich fordere Sie auf, morgen hier zu erklären, welche wirtschaftspolitischen Rezepte Sie haben.
({6})
Sie wollen Kanzler werden. Sie müssen dem deutschen Volk sagen, was Sie tun würden, würden Sie Kanzler werden. Das deutsche Volk hat einen Anspruch darauf,
({7})
daß der Führer der Opposition sagt, was er denn tun würde, würde man ihn lassen.
({8})
Herr Kollege Kohl, dann hilft das Blabla nicht mehr, das Sie vor den Fernsehkameras erzählen, dann hilft das Blabla nicht mehr, das Sie in Zeitungsinterviews erzählen.
({9})
Sie müssen hier vorn hinkommen und - im einzelnen, nicht als Generalist - deutlich sagen, was Sie tun würden, würde man Sie lassen.
Herr Abgeordneter Walther, darf ich Sie unterbrechen. Ich bitte, den Redner ungestört reden zu lassen
({0})
und nicht mit haarscharf an der Grenze des Zulässigen liegenden Zwischenrufen zu taktieren.
({1})
Herr Präsident, ich bin Ihnen dankbar für diese Bemerkung; Sie werden es mir aber verzeihen, wenn ich sage: Mich können die Kollegen von der Union nicht stören.
({0})
Meine Damen und Herren, ich komme auf die Frage der Prognosen zurück. Herr Kollege Häfele, wie schwierig es in dieser Zeit ist, Prognosen für das kommende Jahr aufzustellen, wissen Sie besser als andere. Ich bin gern bereit - wenn die Zeit dafür vorhanden wäre -, Ihnen vorzulesen, was in den vergangenen Jahren aus den Prognosen der sogenannten wirtschaftswissenschaftlichen Sachverständigen geworden ist. Ich muß Graf Lambsdorff in Schutz nehmen.
({1})
Graf Lambsdorff hat wirtschaftliche Daten für das kommende Jahr prognostiziert. Ich kann Ihnen aus zwei Zeitungen, die gewiß nicht verdächtig sind, der Sozialdemokratie nahezustehen, der „Frankfurter Allgemeinen" und der „Welt" vom Juli, vorlesen, daß man die Annahmen, die Graf Lambsdorff damals hier vorgelegt hat, nicht für unrealistisch gehalten hat. Ich denke, das ist nicht nur geschrieben worden, um Graf Lambsdorff einen Gefallen zu tun.
Ich sage das deshalb, meine Damen und Herren, weil wir natürlich mit dem einverstanden sind, was auf Vorschlag des Bundeskanzlers die BundesregieWalther
rung beschlossen hat, nämlich ein Sondergutachten zu erstellen. Nur, meine Damen und Herren, wer glauben möchte, mit einem solchen Sondergutachten fänden wir den Stein der Weisen, den muß ich enttäuschen. Ich bin ganz sicher, daß das, was in einem Sondergutachten oder dem Hauptgutachten steht, in einem Jahr so oder so nicht mehr stimmen wird.
Ich sage das nicht zur Entschuldigung, Herr Kollege Häfele, sondern deshalb, weil wir es zulassen, daß uns der versammelte wirtschaftswissenschaftliche Sachverstand richtige oder weniger richtige oder gar falsche Prognosen vorgibt, während wir so tun, als hätten diese Leute nie etwas gesagt. Aber die Finanzpolitiker, die daraus Konsequenzen ziehen, also auch Konsequenzen aus falschen Prognosen, werden von Ihnen dafür beschimpft, daß falsche Zahlen vorgelegt worden seien.
Herr Kollege Häfele, Sie haben gesagt, die Regierung solle richtige Zahlen vorlegen. Dazu frage ich in aller Bescheidenheit: Welche Zahlen haben denn die von CDU und CSU regierten Bundesländer ihren Haushalten 1983 zugrunde gelegt?
({2}) Gibt es dort bessere, andere Zahlen?
({3})
- Also, lieber Herr Kollege Jenninger, über den Doppelhaushalt von Baden-Württemberg wollen wir hier vorn nicht streiten.
Herr Kollege Häfele, in aller Fairneß: Wenn Sie den Vorwurf machen, die Bundesregierung richte sich nach Prognosedaten, die sich im Nachhinein als unrichtig erweisen, dann sprechen Sie den Vorwurf bitte auch gegenüber den Ihrer Partei angehörenden Finanzministern aus, daß sie die gleichen Prognosen ihren Planungen zugrunde gelegt haben! Denn es ist doch wohl kein Geheimnis: In den Haushalten der von der Union regierten Länder haben wir die gleichen Probleme wie beim Bundeshaushalt. Sie können durch einen solchen spektakulären Akt wie den heutigen nicht davon ablenken, daß sich Ihre Parteikollegen in den Länderparlamenten genauso verhalten. Nur, wenn das so ist - ich bin da fair, Herr Kollege Häfele -, dann machen Sie der Bundesregierung bitte keinen Vorwurf dafür, daß sie sich genauso verhält wie Ihre Länderfinanz- und -wirtschaftsminister.
Welche Schlußfolgerungen ergeben sich daraus, meine Damen und Herren? Es ergibt sich die Schlußfolgerung, daß wir dem von Ihnen zu Recht zitierten Verfassungsgrundsatz zu folgen haben. Nächste Woche haben wir den Nachtragshaushalt zu verabschieden. Auch wenn sich im nächsten Vierteljahr bei der Steuerschätzung möglicherweise die eine oder andere Änderung ergibt, bestehen Möglichkeiten, das im Rahmen des Bundeshaushaltsrechts in Ordnung zu bringen. Aber wir müssen dafür sorgen, daß im Nachtragshaushalt der Investitionsteil der Gemeinschaftsaufgabe zum Laufen kommt.
({4})
Denn was die Wirtschaft braucht, meine Damen und Herren, sind auch Aufträge der öffentlichen Hand. Wenn wir uns so verhielten wie Sie, so würde das bedeuten, daß wir auch den Investitionsteil des Nachtragshaushalts nicht in Gang setzen können, was für die Konjunktur all die Folgen hat, über die Sie, Herr Kollege Häfele, mindestens genauso Bescheid wissen wie ich.
Zweitens ergibt sich die Folgerung, daß die Bundesregierung auch den Haushalt 1983 in der nächsten Woche so einbringen muß, wie es das Grundgesetz befiehlt. Sie waren es doch, Herr Kollege Häfele, die dieses Urteil in Karlsruhe erstritten haben. Ich sage es einmal vereinfacht, obwohl es komplizierter ist: Der Grundgesetzartikel, der uns verpflichtet, den Haushalt bis Ende dieses Jahres zu verabschieden, gilt wirklich. Wenn das so ist, dann ist es unredlich, Herr Kollege Häfele, heute einen Antrag zu stellen, der uns daran hindert, das Verfassungsgebot zu erfüllen.
({5})
Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen, wohlwissend, daß es - das wird nicht bestritten - Veränderungen geben wird. Nur: Ist das etwas Neues? Sie sind lange genug im Geschäft, Herr Kollege Häfele, um zu wissen: Das war jedes Jahr so, auch bei Regierungen, die von Kanzlern der Union geführt worden sind. Es war immer so, daß Veränderungen, die sich im Laufe der Haushaltsberatungen ergeben, mit eingearbeitet werden.
({6})
- Das gilt obendrein, Herr Kollege Roth.
Woher wissen Sie, Herr Kollege Jenninger - Sie schauen sehr intelligent aus -, daß es 10 Milliarden DM sein werden? Kommen Sie hierher, sagen Sie: Ich berechne die 10 Milliarden wie folgt. Dann können wir darüber streiten. Aber irgendwo gegriffene Zahlen in die Welt zu setzen - wer immer sie in die Welt setzt - halte ich in dieser Situation für gefährlich.
({7})
- Ich sage noch einmal: Wer immer sie in die Welt setzt.
Ich denke, wir werden in wenigen Wochen ein bißchen weiter sein und ein bißchen mehr wissen. Ich halte es aber für einen Aberglauben, zu meinen, daß wir mit dem Sondergutachten, das die Regierung zu Recht angefordert hat, genau wüßten, wie die Konjunktur im September 1983 läuft. Das hängt von einer Menge von Faktoren ab. Ich habe versucht, das einleitend zu sagen. Das hängt vom allgemeinen Zinsniveau ab, das wiederum zu einem erheblichen Teil vom amerikanischen Defizit abhängt. Das hängt auch davon ab - ich will das hier deutlich als Sozialdemokrat sagen -, welche Politik wir in unserem Lande treiben, d. h. das hängt davon ab, ob wir uns endlich dazu durchringen können, auch mit öffentlichen Mitteln Beschäftigung zu schaffen.
({8})
Das hängt davon ab, inwieweit es uns gelingt, aus
dem Bundeshaushalt zusätzliche beschäftigungsin6720
tensive - nicht irgendwelche - Investitionen in Gang zu bringen.
({9})
- Wissen Sie, wenn Sie den Zwischenruf machen, rate ich Ihnen, einmal einen Vergleich zwischen allen Industrieländern zu ziehen, wer die meisten Schulden hat. Dabei kommen wir prima weg, Herr Kollege.
({10})
Meine Damen und Herren, wir lehnen Ihren Antrag aus den Gründen ab, die ich genannt habe. Ich weiß aber, daß öffentliche politische Diskussionen - auch solche wie heute - nicht unbedingt hilfreich für das sind, was notwendig ist, damit unsere Wirtschaft wieder investiert. Deshalb möchte ich zum Schluß dem zustimmen, was Sie, Herr Kollege Mischnick, gestern vor Ihrer Fraktion gesagt haben - ich habe das nachgelesen -: Nicht Sensationen und Lautstärke sind gefragt, sondern Sachkunde und Leistung.
Ich hoffe, daß wir damit als Koalition heute geschlossen den Antrag der Opposition ablehnen können.
({11})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gärtner.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um Ihnen, meine Kollegen von der Union, die Spannung gleich zu nehmen: Wir lehnen Ihren Antrag ab.
({0})
- Vielleicht können Sie einmal ein bißchen zuhören. Ich will Ihnen auch ein Argument nennen.
Wenn alle Länderfinanzminister sich an das halten, was der Finanzplanungsrat vereinbart hat, ist das offenbar nur so lange in Ordnung, wie das Ihre eigene Leute machen. Als z. B. der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg zu verstehen gab, daß er seinen Doppelhaushalt mit demselben Argument verschieben will wie der Herr Kollege Häfele hier, haben die drei Fraktionsvorsitzenden und der Vorsitzende der Gruppe der Grünen erklärt, es sei ihnen egal, wie die Regierung den Haushalt einbringe, sie bestünden auf ihrem Recht als Parlament; die Regierung solle ihn so unvollständig wie immer einbringen, weil es nämlich das Recht des Parlaments ist, einen Haushalt zu verabschieden. Die Regierung kann Entwürfe machen, aber das Parlament soll nicht so tun, als ob es nicht in der Lage ist, 10 oder 15 Milliarden DM zu bewegen. Sind wir denn in diesem Haushalt nur noch für die Büroklammern zuständig?
({1})
Natürlich ist folgendes richtig: Wenn man in der Mitte des Jahres 1982 den Entwurf des Haushalts für 1983 mit Annahmen machen soll, die das ganze
Jahr 1983 Gültigkeit haben sollen, ergeben sich Probleme. Wenn der Herr Häfele offenbar darunter zu leiden hat, daß diese Annahmen nicht mit seinen übereinstimmen, obwohl er immer recht gehabt hat, dann frage ich mich: Warum sind Sie nicht längst in der freien Wirtschaft? Mit der Prognosefähigkeit, die Sie hier immer vorgeben, müßten Sie unheimlich viel Geld verdienen.
({2})
- Herr Kollege Kiechle, Sie reden immer über einen Etat, der nach oben offen ist, nämlich Einzelplan 10. Wissen Sie, was das ist?
Zur Prognosefähigkeit will ich Ihnen einmal sagen: Seit 1967 - also auch zur Zeit von Regierungen, an denen Sie beteiligt waren - waren alle Prognosen, auch vom sogenannten wirtschaftlichen Sachverstand, von europäischen und sonstigen Institutionen, falsch. Nur eine einzige Institution in der Bundesrepublik hatte recht, nämlich das Statistische Bundesamt. Es hat nämlich immer am Ende des Jahres festgestellt, wie das Ganze gelaufen ist.
({3})
Ich sage noch einmal: Man muß jedem, wie Staatssekretär Schlecht gesagt hat, das Recht auf Irrtum zubilligen.
({4})
Ich will das Privileg des Rechts auf Irrtum nicht allein für die FDP oder die SPD reklamieren; das kann Ihnen, Herr Kohl, gelegentlich auch passieren.
Ich will zum Schluß noch folgendes sagen. Der Kollege Häfele hat zu Recht erklärt: Es muß ohne Verzögerung gehandelt werden. Das wollen wir. Wir wollen möglichst rasch beraten und möglichst rasch entscheiden. Ich hoffe, daß Sie an dieser Stelle mitmachen können. Ich kann mir den Hinweis nicht versagen: Wenn Sie beim Sparen mitmachen, ist das besser, als wenn Sie nur verbal agieren. Die Leute sind wirklich daran interessiert zu erfahren, wo Sie mitsparen wollen.
({5})
Der Bundesrat hat uns im Zusammenhang mit der Kürzung des Taschengelds für Heimbewohner einen Hinweis darauf gegeben, wie man seine eigenen Beschlüsse wieder zurücknimmt. Er hat in seiner Stellungnahme vom 6. August, also vor kurzem, darauf hingewiesen, daß die Regierung endlich im konsumtiven Bereich sparen soll. Kennen Sie die Beschlußlage beim Bundesrat im konsumtiven Bereich bezüglich der Verschiebung der Besoldungserhöhungen um drei Monate?
({6})
Ich meine, wenn wir gemeinsam ein bißchen mehr beim Sparen mitmachen und weniger bei großen Auftritten, die uns eigentlich von der Arbeit abhalGärtner
ten, dann kämen wir vielleicht ein bißchen weiter. Wir müßten das nämlich gemeinsam machen.
({7})
- Ich habe ein gutes, ausgeprägtes Demokratieverständnis; das wissen Sie. Ich will Ihnen sagen: Mir wäre es gelegentlich sehr viel lieber, wenn ich mit Ihnen nicht nur über verbale Formulierungen, wie man sparen kann, streiten müßte, sondern von Ihnen beispielsweise konkret im Zusammenhang mit dem Verkehrshaushalt hören würde, wie Sie sich die Sanierung der Deutschen Bundesbahn vorstellen. Sagen Sie doch einmal, wieviel tausend Leute zu entlassen sind, wieviel Kilometer Strecken stillgelegt werden sollen!
Ich kann mich gut an Positionen der Sanierer der Deutschen Bundesbahn im Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn erinnern. Der Kollege Jaumann gehört dazu. Er ist immer für das Sanieren bei der Bundesbahn. Sobald aber eine Strecke in seinem eigenen Land betroffen war, hat er gesagt: Aber hier nicht! - Das ist das Prinzip, das ich persönlich nicht haben will!
({8})
- Entschuldigen Sie, Herr Lemmrich. Es ist nun gerade einmal so, daß Sie sich gemeldet hatten. Dafür kann ich doch nichts.
Ich finde, das kann auch mit dazu beitragen, daß uns draußen im Lande immer mehr Leute ein Stück Glaubwürdigkeit absprechen. Es kann nicht jeder so tun, als ob er das Beste wüßte, wenn ein großer und mächtiger Teil in diesem Parlament dieses Wissen dann immer verschweigt. Öffnen Sie doch endlich die Büchse der Pandora! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
({9})
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst ein Wort zu Herrn Gärtner. Es gibt das bekannte Wort eines angelsächsischen Ökonomen: Prognosen sind immer schwer, besonders dann, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Sie haben das Statistische Bundesamt ein bißchen davon abgesetzt. Ich muß Ihnen diesen Trost nehmen. Selbst das Statistische Bundesamt ist immer wieder gezwungen, seine Zahlen zu korrigieren, auch dann, wenn es dies im nachhinein feststellt. Darunter leiden wir übrigens bei der Erarbeitung von Wirtschaftsdaten, wie jeder weiß, der sich mit den Daten für den Auftragseingang und die Produktion ständig zu beschäftigen hat. - Dies aber nur als eine Vorbemerkung.
Ich persönlich bin froh, daß sich die Diskussion über den Nachtragshaushalt 1982 und - ein wenig verfrüht - auch die Diskussion über den Etat 1983 dahin verlagert hat, wohin sie gehört, nämlich in den Deutschen Bundestag. Das zwingt uns aber wohl alle dazu, zunächst die Sach- und die Rechtslage zur
Kenntnis zu nehmen. Darauf möchte ich mich heute im wesentlichen beschränken.
Für alle Verfassungsorgane, meine Damen und Herren, gibt es bei der Haushaltsaufstellung den Art. 110 unserer Verfassung zu beachten, und dieser Art. 110 setzt einen festen Eckpunkt: Der Haushaltsplan wird vor Beginn des Rechnungsjahres durch Gesetz festgestellt. Das Bundesverfassungsgericht - darauf hat Herr Walther hingewiesen - hat dies auf Grund einer Klage der CDU/CSU ausdrücklich bestätigt. Davon kommt keiner runter.
Daraus ergibt sich aber, daß wir, wenn wir diese Vorschrift für den zeitlichen Ablauf der Etatberatungen ernst nehmen - und wir müssen sie ernst nehmen -, in ein Spannungsverhältnis zu einem anderen Artikel des Grundgesetzes geraten, den man auch sorgsam zur Kenntnis nehmen muß, nämlich den Art. 109. Der Art. 109 des Grundgesetzes schreibt uns vor, daß Bund und Länder bei der Haushaltsaufstellung den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen haben. An sich würde diese Vorschrift eine möglichst späte Vorlage des Regierungsentwurfs erfordern; denn es ist ganz richtig - da kann man auch Herrn Häfele gar nicht widersprechen -: Je mehr wir über den Wirtschaftsablauf des laufenden und des Folgejahres wissen, um so sicherer ist selbstverständlich die Prognose für das folgende Haushaltsjahr. Mit diesem Spannungsverhältnis muß jede Bundesregierung fertigwerden, und deshalb ist auch jede Polemik an diesem Punkte überflüssig.
({0})
Wir müssen ein Drittes beachten, nämlich daß sichergestellt bleiben muß, daß den gesetzgebenden Körperschaften, dem Bundestag in erster Linie, aber auch dem Bundesrat, ausreichende Beratungszeit zur Verfügung steht. Der Bundeshaushalt, was den Entwurf für das Jahr 1983 angeht, geht spätestens in der nächsten Woche in Ihr Eigentum, in das Eigentum des Deutschen Bundestages, über, und dies erfordert wiederum - damit bin ich bei Art. 110 - eine möglichst frühe Vorlage des Haushaltsentwurfs. Dazu zwingt uns übrigens auch § 30 der Bundeshaushaltsordnung, den Herr Häfele genau so gut kennt wie ich. In § 30 der Bundeshaushaltsordnung ist deshalb ausdrücklich von einer Einbringung des Bundeshaushalts im Parlament in der ersten Septemberwoche die Rede; das heißt wohl: in der ersten Sitzungswoche. Wir kommen in die zweite Sitzungswoche.
Um diesen Vorschriften in hinreichender Weise Rechnung zu tragen, hat sich in den letzten Jahren für die Haushaltsberatungen ein fester zeitlicher Ablauf eingespielt, und der hat sich in der Praxis auch immer voll bewährt. Genau danach wollen wir für die Haushaltsaufstellung 1983 auch verfahren.
Das heißt: vor der Sommerpause Entscheidung der Bundesregierung über den Haushaltsentwurf. Dabei muß man dann bewußt in Kauf nehmen, daß die dann, also im Juni, Juli des betreffenden Jahres, vorliegenden Daten, nur eine erste und noch sehr vorläufige Prognose zulassen. Es geht gar nicht anders. Genau darauf, Herr Häfele, hat sich mein Wort
„stocksolide" bezogen. Das können Sie gern nachlesen. Ich habe dies auf den Entwurf und die ihm zu diesem Zeitpunkt zugrunde liegenden Wirtschaftsdaten bezogen. Die dahinter liegenden Risiken habe ich im nächsten Satz gleich mit genannt. Das war auf der Pressekonferenz vom 1. Juli dieses Jahres.
Dann kommt die Sommerpause, die zur Vorbereitung der Unterlagen für die parlamentarische Beratung genutzt wird: Haushaltsvorlage mit über 3 000 Seiten, Entwürfe der Begleitgesetze, die in diesem Jahr nicht ganz ohne Schwierigkeiten zu behandeln sind, Ausarbeitung von Finanzbericht und Finanzplan. All dies gehört ja zu der Arbeit hinzu, die wir jetzt miteinander leisten müssen.
Dann folgt die Einbringung im September, wie es uns § 30 der Bundeshaushaltsordnung vorgibt. Für die Schlußphase der Beratungen im Haushaltsausschuß folgen die Überarbeitung der gesamtwirtschaftlichen Eckwerte auf Grund der dann zur Verfügung stehenden neuen Daten, die Steuerschätzung und dann gegebenenfalls unsere Vorschläge an den federführenden Ausschuß zur Anpassung des Regierungsentwurfs.
Es freut mich, daß ich dies hier ganz in Ruhe vortragen kann. Deswegen wundere ich mich darüber, warum dieser Gang, der ganz normal seit langen Jahren gegangen wird, in diesem Jahr zu so viel Polemik Anlaß geben konnte. Hier ist uns unterstellt worden, wir hätten verschleiern wollen. Davon kann gar keine Rede sein. Aber möglicherweise haben politische Vorgänge auch bei Ihnen eine gewisse Rolle gespielt, als Sie Ihren Antrag formuliert haben.
Auch die Haushaltsentwürfe der letzten Jahre sind immer wieder vor Abschluß der Beratungen durch derartige Änderungen angepaßt worden, und das - Herr Häfele, Sie sprachen immer von den letzten Jahren - hat in den letzten Jahren, z. B. im Jahre 1979 und im Jahre 1980, zu einer Absenkung der Nettokreditaufnahme geführt, weil sich die wirtschaftlichen Daten zwischen Sommer und Herbst verbessert hatten. Das Umgekehrte war im Jahre 1981 der Fall.
Auch für 1982 - den Prozeß, den wir jetzt vor uns haben - muß man von einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Daten ausgehen. Nur dürfen wir hier Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Wir müssen die Ursachen diskutieren. Wir müssen die Ursachen für die Verschlechterung der Wirtschaftsdaten diskutieren und dürfen um Himmels willen die Diskussion dann nicht abstrakt verengen auf die eine oder andere Milliarde auf der Einnahmenseite oder der Ausgabenseite der Haushalte.
Was nun aber, um Ihnen entgegenzukommen, diese Aktualisierung der Daten angeht, so hat die Bundesregierung heute morgen mit folgendem Ergebnis beraten:
Erstens. Der Bundeswirtschaftsminister wird den interministeriellen Arbeitskreis „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen" zum 7. Oktober 1982 einberufen. Dieser Arbeitskreis tritt in jedem Jahr zusammen, um die Grundlage für die Steuerschätzungen und die Grundlage für andere gesamtwirtschaftliche Überlegungen zu legen. Zu diesem Datum
7. Oktober 1982 liegen dann auch wesentliche Wirtschaftsdaten vor, z. B. das Bruttosozialproduktergebnis für das erste Halbjahr. Es liegen noch nicht alle Daten vor; z. B. kommt die Gemeinschaftsdiagnose der Forschungsinstitute erst am 25. Oktober. Aber da die Analyse der einzelnen Institute einigermaßen bekannt ist, kann man das wohl in die Arbeit des Arbeitskreises mit einbeziehen.
Zweitens - darauf hat Herr Walther schon hingewiesen -: Wir bitten den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung um seine Meinungsäußerungen bis Mitte Oktober und werden dann, wie es dem gesetzlichen Stand entspricht, eine Stellungnahme zu diesem Gutachten des Sachverständigenrates abgeben. Auf dieser Basis kann dann der Arbeitskreis Steuerschätzung am 15. und 16. November zusammentreten. Der Termin ist so gewählt, daß wir die Daten über den tatsächlichen Steuereingang noch einbeziehen können. Jeder, der mit Steuerschätzungen zu tun hat, weiß, daß hier nicht alles aus globalwirtschaftlichen Daten abgeleitet werden kann; da brauchen wir die Praktiker, insbesondere aus den Länderfinanzverwaltungen.
Gleichzeitig wird Mitte November dann auch der Entwurf für den Haushalt der Bundesanstalt für Arbeit vorliegen.
Mit dieser, ganz klar mit Daten versehenen zeitlichen Abfolge sollten nicht nur Klarheit hergestellt sein und Spekulationen beendet werden können, sondern damit wird auch sichergestellt, daß die finanzpolitischen Schlußfolgerungen rechtzeitig gezogen werden können. Herr Häfele, „rechtzeitig" heißt, rechtzeitig auch für den Fall, daß die Bundesregierung zu dem Schluß kommt, daß bestimmte Probleme nur durch gesetzliche Veränderungen gelöst werden können. Das ist aus heutiger Sicht aber überhaupt noch nicht gesagt; rechtzeitig für alle Varianten, die man sich dann vorstellen kann.
Würde man Ihrem Antrag folgen, dann ergäben sich daraus zwei Konsequenzen. Erstens. Die neuen Eckwerte jetzt hätten ja auch wieder nur vorläufigen Charakter. Ich weiß, was dann passieren würde. Es würden zwei Wochen ins Land gehen, und dann würden Sie den gleichen unberechtigten Vorwurf wieder erheben, den Sie eingangs der Sommerpause erhoben haben, nämlich, die Daten seien schon wieder überholt. Nein, wir müssen die Daten schon so zeitnah setzen, wie es irgend geht.
Zweitens - das ist politisch noch viel wichtiger -: Der Haushaltsausschuß verlöre wichtige Sitzungszeit, die der Ausschuß dringend benötigt, um die weit überwiegende Zahl von rund 7 000 Ausgabetiteln zu beraten, die von neuen gesamtwirtschaftlichen Eckdaten überhaupt nicht berührt werden. Wenn Sie sich bei den Kollegen im Haushaltsausschuß umhören, dann werden Sie feststellen, daß dort traditionell die konjunkturabhängigen Ausgabetitel ans Ende der Beratung gerückt werden. Aber für die anderen Titel braucht der Haushaltsausschuß ausreichend Beratungszeit.
Was ich hier für 1983 gesagt habe, gilt sinngemäß auch für den Entwurf des Nachtragshaushalt 1982.
Hier kommt aber noch eine Besonderheit hinzu, die ich unterstreichen möchte. Der Nachtragshaushalt 1982 enthält, Herr Häfele, das von der Bundesregierung im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative beschlossene Programm zur Energieeinsparung und zur Modernisierung von Bundesgebäuden. Für dieses Programm brauchen wir die rasche parlamentarische Billigung, damit wir noch in diesem Jahr beschäftigungswirksame Aufträge in einer Größenordnung von einer halben Milliarde DM loswerden können.
({1})
Um diese Beschäftigungseffekte möglichst rasch zu verwirklichen, wollen wir die Auftragsvergabe schon unmittelbar nach Billigung des Programms durch den Haushaltsausschuß anlaufen lassen. Eine Verzögerung ist hier also auch zusätzlich aus ökonomischen Gründen nicht zu verantworten.
Sie, Herr Häfele, haben, wenn ich es in der Presse richtig gesehen habe, im Zusammenhang mit dem Nachtrag 1982 ja wieder im Verhältnis zu Art. 115 GG, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, die Absicht erklärt, das Bundesverfassungsgericht zu bemühen. Ich will hier noch einmal in Erinnerung rufen, daß ich, was die entsprechende Klageabsicht zum Haushalt 1981 angeht, hier vor der Sommerpause gesagt habe, die Bundesregierung sehe dem mit Gelassenheit entgegen. Ich will meine Gelassenheit behalten, denn wenn ich es recht sehe, ist die Klage bis heute zwar angekündigt, aber nicht eingereicht worden.
({2})
Ich bin deshalb gelassen und neugierig, weil mich die Begründung interessiert. Aber vielleicht können wir in Zukunft auch ohne das Bundesverfassungsgericht solche Fragen von der Sache her hier im Parlament diskutieren;
({3}) das wäre ja viel besser.
Meine Damen und Herren, aus all diesen dargelegten Gründen bitte ich im Namen der Bundesregierung, den Antrag der CDU/CSU abzulehnen. - Schönen Dank.
({4})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der CDU/CSU - Vorlage neuer Haushaltsentwürfe - auf Drucksache 9/1933 ({0}) zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! ({1})
Enthaltungen? - Die Nein-Stimmen waren die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
({2})
Ich rufe die Punkte 3 bis 5 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({3}) zu dem Mietrechtsänderungsgesetz 1982 ({4})
- Drucksache 9/1941 Berichterstatter: Abgeordneter Kleinert
Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({5}) zu dem Gesetz über die Erstellung von Übersichten über die üblichen Entgelte für nicht preisgebundenen Wohnraum ({6})
- Drucksache 9/1942 Berichterstatter: Abgeordneter Kleinert
Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({7}) zu dem Gesetz zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke ({8})
- Drucksache 9/1943 Berichterstatter:
Senator Dr.-Ing. Czichon
Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeordnete Kleinert.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Als Berichterstatter habe ich auftragsgemäß die Beschlüsse des Vermittlungsausschusses zu den beiden erstgenannten Punkten wie folgt hier vorzutragen und bitte, die beiden Punkte auch gemeinsam behandeln zu dürfen. Die Punkte stehen insofern in einem engen Sachzusammenhang, als der Beschluß zu Punkt 4 im Ergebnis des Vermittlungsausschusses die Aufhebung des Mietspiegelgesetzes wegen seiner Ersetzung durch eine Änderung des Miethöhengesetzes zwangsläufig mit sich bringt.
Davon abgesehen, handelt es sich bei den Ihnen auf der Drucksache 9/1941 vorliegenden sieben Punkten der Beschlußempfehlung kurz um folgendes.
In Abweichung vom Beschluß des Bundestages soll ein Eigenbedarfsanspruch nach einer Schutzfrist von ...
({0})
Herr Abgeordneter Kleinert, bitte entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. - Meine Damen und Herren, darf ich bitten, die Plätze einzunehmen und die Unterhaltungen außerhalb des Plenarsaals durchzuführen.
... drei Jahren statt nach der im Beschluß des Bundestages vorgesehenen Schutzfrist von fünf Jahren erhoben werden können.
In Punkt 2 handelt es sich um die Einbeziehung insbesondere von Wohnraum, der Teil eines Studenten- oder Jugendwohnheims ist, in die Ausnahmeregelungen.
In Punkt 3 handelt es sich bei meiner Meinung nach allenfalls sehr geringfügigen materiellen Unterschieden um eine rechtstechnisch andere Darstellung der Frage, ob sich ein Mietverhältnis grundsätzlich verlängert, wenn nicht die besonderen dort genannten Voraussetzungen vorliegen, oder ob es sich - so jetzt der Vorschlag des Vermittlungsausschusses - grundsätzlich nicht verlängert, wenn nicht umgekehrt die Sondervoraussetzungen dargelegt werden.
In Punkt 4 handelt es sich um die Frage der Vergleichsmiete von ihrer materiellen Grundlage her. Nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses sollen entgegen dem Bundestagsbeschluß statt drei Vergleichswohnungen zwei Vergleichswohnungen genügen. Im übrigen soll die Bezugnahme auf Wohnungen aus dem eigenen Bestand als Vergleichsobjekte zulässig sein.
Ich habe mich vorhin insofern geirrt, als ich den Zusammenhang mit dem Mietspiegelgesetz bei Punkt 4 hergestellt habe. Es handelt sich um den nächsten Punkt: Punkt 5.
Punkt 5 verlegt die Regelung der Herstellung eines Mietspiegels in das Miethöhengesetz und will die Einzelregelungen einer Verordnung vorbehalten, während der Bundestagsbeschluß mit dem ausdrücklichen Mietspiegelgesetz die meisten und die wesentlichen Fragen gesetzlich in einem Zusammenhang regeln wollte.
Punkt 6 befaßt sich mit der neu einzuführenden Staffelmiete. Der Unterschied zwischen dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses und dem Beschluß des Bundestages liegt darin, daß die Staffelmiete hiernach auch in dem sogenannten alten Bestand und nicht nur in dem Wohnungsbestand, der nach einem verhältnismäßig neuen Stichtag fertiggestellt worden ist oder in Zukunft fertiggestellt werden wird, eingeführt werden kann.
Punkt 7 schließlich befaßt sich mit der Frage des Inkrafttretens. Hier soll der 1. Oktober 1982 durch den 1. November ersetzt werden. Das ist eine Änderung, die sich durch den Gang der Beratungen als notwendig erwiesen und die, wenn ich das so sagen darf, u. a. dazu geführt hat, daß Ihnen hier vorgeschlagen wird, über die von mir soeben genannten Punkte einzeln und nicht, wie bei anderen Gelegenheiten üblich, insgesamt abzustimmen.
Wie bereits erwähnt, wird dann zum nächsten Punkt folgerichtig nach dem hier dargestellten Zusammenhang die Aufhebung des vom Bundestag beschlossenen Mietspiegelgesetzes verlangt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
({0})
Als weiterer Berichterstatter hat Herr Senator Dr.-Ing. Czichon das Wort.
Senator Dr.-Ing. Czichon ({0}): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der
Vermittlungsausschuß gibt für das Gesetz zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke die Beschlußempfehlung, den Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages vom 27. Mai 1982 aufzuheben und den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und der FDP abzulehnen.
Zur Abgabe einer Erklärung für die Fraktion der CDU/CSU hat der Herr Abgeordnete Dr. Jahn ({0}) das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses zum Mietrecht sowie zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke gebe ich namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gemäß § 90 der Geschäftsordnung folgende Erklärung ab:
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gibt den Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses ihre Zustimmung. Sie appelliert gleichzeitig an SPD und FDP: Gehet hin und tuet desgleichen.
Der Vermittlungsausschuß soll vermitteln. Dies ist aber nur möglich, wenn bei allen politischen Parteien grundsätzliche Bereitschaft zum Kompromiß besteht. Diese Kompromißbereitschaft wurde von der Union im Vermittlungsausschuß signalisiert, aber von der Koalition ignoriert. Die Union hat im Vermittlungsausschuß den ursprünglichen Antrag des Bundesrates, den Gesetzentwurf des Bundesrates zum Mietrecht an die Stelle der Gesetzentwürfe der Bundesregierung zu stellen, nicht weiter verfolgt, sondern sich auf konkrete, bestimmte Änderungsanträge beschränkt. Doch die Koalitionsvertreter von SPD und FDP blieben unbeweglich: aus Koalitionsgründen durften an den Regierungsvorlagen zum Mietrecht kein Wort und kein Komma geändert werden.
Es widerspricht der parlamentarischen Demokratie, Regierungsvorlagen mit Fraktionsdisziplin unter Kündigungsschutz zu stellen.
({0})
Dieses Verhalten macht deutlich, daß sich marktwirtschaftliche und antimarktwirtschaftliche Positionen in der Koalition unüberbrückbar gegenüberstehen. Die parlamentarische Behandlung zeigt: die Koalition löst die Probleme nicht, sie ist selbst zum Problem geworden.
({1})
Die im Mietrechtsänderungsgesetz sowie im Mietspiegelgesetz der Bundesregierung enthaltenen Änderungen reichen nicht aus, in dem erforderlichen Umfange die Rahmenbedingungen des frei finanzierten Wohnungsbaus zu verbessern. Die Vorschläge der Bundesregierung führen zu Mieterhöhungen, nicht aber zum Bau von mehr Wohnungen. Zudem sind diese Gesetzesinitiativen ein Musterbeispiel für mehr Bürokratie und mehr Verwaltungsaufwand. Herr Kollege Schöfberger hat im Plenum des Deutschen Bundestages hierzu wörtlich ausgeführt: „Das Gesetz der Regierung ist unzureichend formuliert und Laien unverständlich. Es kompliziert das geltende Mietrecht."
Dr. Jahn ({2})
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hält die Empfehlungen des Vermittlungsausschusses für ausgewogen. Wir sagen j a zur Möglichkeit des Abschlusses von Staffelmieten auch im Bestand. Staffelmieten sind lediglich ein Stück Vertragsfreiheit. Keiner wird gezwungen, Staffelmieten zu vereinbaren, weder der Vermieter, noch der Mieter. Gegen den Willen des Mieters kann es also auch keine Staffelmiete geben. Der Mieter hat keinen Nachteil, wenn er nein zur Staffelmiete sagt. Es bleibt dann bei der jetzigen Vergleichsmiete.
Wir sagen zweitens ja zu der Möglichkeit des Abschlusses von Mietverträgen für eine ganz bestimmte Zeit, nämlich als Anreiz zur Vermietung von leerstehendem Wohnraum.
Wir sagen drittens ja zur Verbesserung der Mietsituation für Studenten, Schüler und Auszubildende. Wir verbessern die Situation derer, die einen Platz in einem Studenten- oder Jugendheim suchen.
Wir sagen viertens ja zu der Verfahrenserleichterung, wonach der Vermieter bei der Begründung der Vergleichsmiete zwei Wohnungen aus dem eigenen Bestand benennen kann.
Wir sagen fünftens ja zur Aktualisierung der Mietspiegel. Wir sagen aber nein zum Zwang zur Erstellung von Mietspiegeln. Unser Nein zum Mietspiegelgesetz ist deshalb kein Nein zum Mietspiegel.
Wir sagen sechstens nein zur Verlängerung der Frist von drei auf fünf Jahre, innerhalb deren die Eigenbedarfsklage des Erwerbers bei Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen ausgeschlossen ist.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion weist den Vorwurf von Bundesbauminister Haack zurück, kein einziger der Vorschläge des Vermittlungsausschusses komme den Mietern zugute. Die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses verletzen in keiner Weise den Kernbereich des sozialen Mietrechts. Sie sind geradezu die Voraussetzung, um soziales Mietrecht zu schaffen.
Der Vorschlag der CDU/CSU, der sich im Vermittlungsausschuß niedergeschlagen hat, will die sozialpolitisch unvertretbaren Auswirkungen beseitigen. Denn es ist nach Auffassung der Union völlig unsozial, daß im Mietwohnungsbau die Ärmeren die höheren Mieten zahlen. Es ist für uns unsozial, daß die Wohnungsbaupolitik in erster Linie den Besitzstand fördert und daß am billigsten wohnt, wer am längsten wohnt.
Letztlich, meine Damen und Herren, folgt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke abzulehnen. Die Union hat sich schon immer für eine zeitnahe Einheitsbewertung ausgesprochen, allerdings aller Grundstücke und dies in einem einzigen Gesetz. Zeitnahe Einheitsbewertung ist für uns ein Postulat der Gerechtigkeit. Der Gesetzentwurf von SPD und FDP ist weder sozial noch praktikabel. Die junge kinderreiche Familie, die gerade das Geld für ein Baugrundstück aufgebracht hat, aber wegen der ansteigenden Baukosten und wegen der Hochzinsphase nicht bauen kann, muß nach dem Gesetzentwurf die fünf- bis zehnfache, erhöhte Grundsteuer bezahlen. Wer ein Grundstück erbt, aber sonst kein Vermögen hat, und ebenfalls nicht bauen kann, wird praktisch zum Verkauf seines Grundstücks gezwungen.
Meine Damen und Herren, der Reiche zahlt die Steuer, oder er baut; der Arme wird zur Aufgabe seines Grundstücks gezwungen. Diese Sozialphilosophie verbilligt nicht, sondern verteuert das Bauen und gefährdet gleichzeitig die Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips.
({3})
Unsere Schlußbemerkung: Ohne Vertrauen lassen sich keine Wohnungen bauen. Der Staat baut nicht billiger, sondern teurer als der private Investor. Deshalb: Weniger Staat, mehr privat; mehr Soziale Martwirtschaft und damit Vertragsfreiheit im Wohnungsbau sind kein Angriff auf das, sondern die elementare Voraussetzung für das soziale Mietrecht.
Mit der bisherigen Politik, mehr Wohnberechtigungsscheine statt mehr Wohnungen, wurden zwar Erwartungen geweckt, aber keine Erwartungen erfüllt.
({4})
Deshalb wollen wir neue Wege gehen - den Weg des Vermittlungsausschusses als neue Vertrauensgrundlage für private Investitionen und als einen Beitrag zur dringend notwendigen Verminderung der Arbeitslosigkeit im Baugewerbe. Die Bürger unseres Landes warten darauf.
({5})
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung für die Fraktion der SPD hat der Herr Abgeordnete Gnädinger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ergebnis des Vermittlungsausschusses, soweit es das Mietrechtsänderungsgesetz 1982, das Mietspiegelgesetz und das Teilhauptfeststellungsgesetz betrifft, darf ich im Namen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion folgende Erklärung abgeben.
Die im Vermittlungsausschuß getroffenen Entscheidungen sind Mehrheitsbeschlüsse und können nur schwerlich als Einigungsvorschlag bezeichnet werden. Diese Mehrheitsentscheidungen sind nach unserer Auffassung verfehlte Mieten-, Wohnungsbau- und Bodenpolitik. Sie stören das Bemühen um einen gerechten Ausgleich von Mieter- und Vermieterinteressen und tragen entgegen den erklärten Absichten nicht zur Belebung des Wohnungsbaus bei. Sie verhindern darüber hinaus den Abbau von Bodenhortung.
({0})
Die Koalitionsfraktionen von SPD und FDP haben zu den Mietrechtsfragen im Deutschen Bundestag einen Kompromiß geschlossen. Keine der beiden Seiten konnte dabei ihre Absichten voll durchsetzen. Es ist kein Geheimnis, daß die SPD-Bundestagsfraktion alleine die Gewichte anders gelagert hätte. Un6726
sere Fraktion ist aber bereit, den insgesamt ausgewogenen Kompromiß zusammen mit dem Koalitionspartner zu tragen. Wir werden deshalb das Ergebnis des Vermittlungsausschusses ablehnen und im weiteren Verlauf des Verfahrens den zu erwartenden Einspruch der Mehrheit des Bundesrates zurückweisen.
Dies, meine Damen und Herren, geschieht nicht ausschließlich deshalb, weil wir unbeweglich an Vereinbartem festhalten wollen, sondern weil wir die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses in jedem Einzelpunkt und in der Sache für falsch halten, falsch, weil die durchgesetzten Vorschläge, jeder für sich, eine Verschlechterung der Position des Mieters darstellen und insgesamt gesehen auf eine Aushöhlung des sozialen Mietrechts hinauslaufen.
Zweitens sind die Vorschläge in der Sache nicht geeignet, das vorgegebene Ziel zu erreichen. Während der von den Koalitionsfraktionen herbeigeführte Beschluß des Deutschen Bundestages ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mieter- und Vermieterinteressen anstrebt, wird uns von der Mehrheit des Vermittlungsausschusses ein Ergebnis vorgelegt, das dieses ausgewogene Verhältnis ausschließlich zu Lasten der Mieter verändern will. Der einzige positive Aspekt des Vorschlags des Vermittlungsausschusses besteht allenfalls darin, daß die Opposition Farbe bekennen mußte. Dabei wird deutlich, daß sie die Probleme des Wohnungsmarktes einseitig auf dem Rücken der Mieter austragen will.
({1})
Zu den wichtigsten Einzelfragen darf ich wie folgt Stellung nehmen.
Durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist es in den vergangenen Jahren nicht nur zu einem Verdrängungsprozeß von Mietern aus ihren angestammten Wohnungen gekommen, sondern es ging auch eine Verknappung des Wohnungsangebots insgesamt damit einher. Es ist daher geboten, die Schutzfrist für den Mieter von drei auf fünf Jahre zu verlängern und dem Mieter ein Vorkaufsrecht einzuräumen.
Die vom Gesetzesbeschluß des Deutschen Bundestages vorgesehene Einführung der Staffelmiete hat den Sinn, Investoren im Wohnungsneubau für die Anfangsjahre Gewißheit über die zu erwartenden Mieteinnahmen zu geben. Sie ist geeignet, Investitionen zu fördern. Diese Überlegung gilt jedoch nicht für den Bestand, da es sich hier nicht um die Schaffung von neuen Wohnungen handelt. Das einzige, was man mit diesem Vorschlag des Vermittlungsausschusses erreichen kann, wäre eine Verteuerung der Bestandswohnungen, vornehmlich in Ballungsgebieten. Bei den herrschenden Eigentumsverhältnissen im Wohnungsbestand ist nicht damit zu rechnen, daß die fraglichen Personengruppen die zusätzlichen Einnahmen in den Neubau investieren. In Wirklichkeit, meine Damen und Herren, geht es um den Versuch, das bewährte Vergleichsmietverfahren abzuschaffen.
({2})
Der Vermittlungsausschuß schlägt vor, bei Studenten- und Jugendwohnheimen den Kündigungsschutz aufzuheben und das Vergleichsmietverfahren abzuschaffen. Eine erste Bemerkung hierzu: In diesem Umfange und in dieser pauschalen Form vorgelegte Formulierungen können wir nicht billigen. Die Materie ist nämlich etwas komplizierter. Es konnte bisher nicht hinreichend geklärt werden, was denn nun tatsächlich unter einem Studentenwohnheim zu verstehen ist. Unklar blieb auch, warum die Opposition nur Jugendwohnheime in die Regelung einbeziehen will, nicht aber andere Wohnheime. Andererseits, meine Damen und Herren, wollen auch wir dazu beitragen, daß das Rotationsprinzip auch in Zukunft funktioniert. Es wird auch zu untersuchen sein, inwieweit das Vergleichsmietverfahren speziell für Studentenwohnheime geeignet ist. Deshalb sind wir gerne bereit, mit den Betroffenen nochmals die Fragen zu besprechen und je nach dem Ergebnis dieser Erörterungen gesetzgeberisch initiativ zu werden. Dies ändert jedoch nichts an unserer Ablehnung der pauschalen Vorschläge des Vermittlungsausschusses.
Angesichts der holzhammerartigen Entscheidung der Mehrheit des Vermittlungsausschusses, auf das Teilhauptfeststellungsgesetz verzichten zu wollen, ist es notwendig, an die Motive für dieses Gesetz zu erinnern und die Einwendungen dagegen zurückzuweisen. Ziel des Gesetzes war es, das Angebot an Bauland zu vermehren und insbesondere Baulücken in unseren Städten zu nutzen. Dieses Ziel läßt sich durch die vorgezogene neue Einheitsbewertung unbebauter Grundstücke erreichen. Insgesamt scheint uns, daß es der Union nicht gelungen ist, klarzumachen, warum sie sich verbal für eine baldige Neubewertung von Grundstücken einsetzt, diesen ersten Schritt jedoch ablehnt.
Wir meinen, was das Mietrecht angeht, daß wir letztlich ein Kündigungsrecht brauchen, das die unterschiedlichen Interessen von Mieter und Vermieter zu einem fairen Ausgleich bringt. Grundvoraussetzung hierfür ist, daß der Mieter vor willkürlichen Kündigungen geschützt ist. Darüber hinaus wollen wir ein Mietpreisrecht, das das Interesse an einer finanziell tragbaren Wohnung mit den Notwendigkeiten der Rentabilität im Wohnungsbau in Einklang bringt. Die Erstellung von Mietspiegeln in allen Großstädten kann ein Beitrag zur Streitvermeidung sein.
Diesen Grundsätzen wird der sogenannte Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses nicht gerecht. Die SPD-Bundestagsfraktion wird deshalb die Mehrheitsentscheidung des Vermittlungsausschusses ablehnen und damit für eine Wiederherstellung des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages votieren. - Ich bedanke mich.
({3})
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung für die Fraktion der FDP hat der Herr Abgeordnete Gattermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 27. Mai dieses Jahres habe ich für die FDP-Fraktion anläßlich der
abschließenden Beratungen des Mietrechtsänderungsgesetzes von dieser Stelle aus erklärt:
Dieses nicht zustimmungspflichtige Mietrechtsänderungsgesetz 1981 ist zwischen Verhandlungspartnern, die von höchst unterschiedlichen Denkansätzen aus operieren, in sich austariert. Dieses austarierte Konzept verträgt keine Veränderung im Sinne einer „Draufsattelaktion". ... wer diesen Versuch unternimmt, muß wissen, daß er die notwendige Fortentwicklung des Mietrechts damit gefährden könnte.
Diese Feststellung gilt für die FDP-Fraktion nach wie vor uneingeschränkt, wie für uns überhaupt, bezogen auf Vereinbarungen, die mit einem parlamentarischen Partner getroffen worden sind, gilt, daß Vereinbarungen einzuhalten sind,
({0})
wie es der altrömischen Maxime „pacta sunt servanda" entspricht.
({1})
Daraus leitet sich das Abstimmungsverhalten der FDP-Fraktion zu den Vorschlägen des Vermittlungsausschusses zwanglos ab. So ist es z. B. überhaupt kein Geheimnis, daß wir unter dem Stichwort „liberalere Bewirtschaftungsregeln für Wohnraum" eine Erleichterung der Nachweisinstrumente durch Reduzierung der Zahl der Vergleichswohnungen und auch durch teilweisen Zugriff auf Wohnungen aus dem eigenen Bestand als parteipolitische Forderung erhoben haben. Es ist auch kein Geheimnis, daß wir im parteipolitischen Bereich unter dem Stichwort „mehr Vertragsfreiheit bei der Mietpreisgestaltung" nicht nur bei Neubauwohnungen, sondern auch bei Bestandswohnungen die Zulässigkeit vertraglicher Mietzinsanpassungen für wünschenswert halten.
Die Vorschläge des Vermittlungsausschusses können uns allerdings nicht veranlassen, von dem mit dem Partner vereinbarten Konzept abzuweichen. Ein sozial völlig abgesicherter kleinerer Schritt zur Liberalisierung des Mietrechts scheint uns in der gegenwärtigen gesamtgesellschaftlichen Situation auch von der Sache her vernünftig zu sein. Wir werden also mit unserem Votum sicherstellen, daß das Mietrechtsänderungsgesetz in der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Fassung Gesetz werden kann.
Dieses Gesetz mit seinen Erleichterungen im Verfahren der Mietzinsanpassung, mit seiner zeitnäheren Definition des Vergleichsmietenbegriffs und mit seinen Verbesserungen für die Stellung der Mieter stellt sowohl eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für Wohnungsbauinvestitionen dar, wie es auch die Stellung des Mieters in Einzelpunkten verbessert.
Selbstverständlich werden wir auch nicht dem Voturn des Vermittlungsausschusses folgen, nunmehr gegen das von uns selbst hier beschlossene Gesetz zur Neubewertung unbebauter baureifer Grundstücke zu stimmen. Bei aller Respektierung verfassungsrechtlicher Bedenken und verwaltungstechnischer Einwendungen des Bundesrates bedauern wir das Scheitern dieses Gesetzes im Hinblick auf die
nun nicht eintretende Verbesserung der Finanzsituation der Gemeinden.
({2})
Da wir der Empfehlung des Vermittlungsausschusses zum Mietrechtsänderungsgesetz auf Einfügung einer Mietspiegelregelung in das Miethöhengesetz nicht folgen, weil dies dazu führen würde, daß das Mietrechtsänderungsgesetz 1982 zustimmungspflichtig würde, können wir selbstverständlich auch der Empfehlung des Vermittlungsausschusses auf Ablehnung des Gesetzes über die Erstellung von Übersichten über die üblichen Entgelte für nicht preisgebundenen Wohnraum nicht folgen.
Das Schicksal des Mietspiegelgesetzes liegt nunmehr allein in den Händen des Bundesrates. Wir appellieren an den Bundesrat, seine ordnungspolitischen Bedenken gegen dieses Gesetz zurückzustellen, weil die Auswirkungen der zeitnäheren Fassung des Vergleichsmietenbegriffs im Mietrechtsänderungsgesetz durch das Fehlen eines Mietspiegelgesetzes beeinträchtigt werden könnten. Allerdings macht das Fehlen eines Mietspiegelgesetzes, über das offenbar weder Mieterorganisationen noch Vermieterorganisationen noch Gemeinden glücklich sind, die zeitnähere Definition des Vergleichsmietenbegriffes nicht wertlos. Es steht jedenfalls fest, daß ohne Mietspiegelgesetz Mietspiegel, die älter als fünf Jahre sind, wertlos sind. Fest steht, daß Mietspiegel, die in herkömmlicher Weise aufgestellt oder fortzuschreiben sind, nur dann einen Wert haben, wenn sie gemäß der Neufassung des Vergleichsmietenbegriffes mit zeitnahem Datenmaterial ausgestattet werden. Die Bereitschaft zur Aufstellung von Mietspiegeln wird beim Fehlen eines Gesetzes wohl kaum größer werden, wie auch der Einigungsvorgang zwischen den Beteiligten nicht leichter werden wird. Meine Damen und Herren, die Verantwortung dafür wird der Bundesrat tragen. - Herzlichen Dank.
({3})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Wir kommen zuerst zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Mietrechtsänderungsgesetz 1982 - Drucksache 9/1941 -.
Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die Änderungsvorschläge nicht gemeinsam abzustimmen ist.
Ich rufe Nr. 1 der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Enthaltungen? - Die Nein-Stimmen waren die Mehrheit.
Ich rufe Nr. 2 der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Enthaltungen? - Keine. Die Nein-Stimmen waren die Mehrheit. Damit ist Nr. 2 der Beschlußempfehlung abgelehnt.
Präsident Stücklen
Ich rufe Nr. 3 der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Enthaltungen? - Keine. Die Nein-Stimmen waren die Mehrheit. Nr. 3 der Beschlußempfehlung ist abgelehnt.
Ich rufe Nr. 4 der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Enthaltungen? - Keine. Die Nein-Stimmen waren die Mehrheit. Nr. 4 der Beschlußempfehlung ist damit abgelehnt.
Ich rufe Nr. 5 der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Enthaltungen? - Keine. Die Nein-Stimmen waren die Mehrheit. Nr. 5 der Beschlußempfehlung ist damit abgelehnt.
Ich rufe Nr. 6 der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Enthaltungen? - Keine. Die Nein-Stimmen waren bei Nr. 6 ebenfalls die Mehrheit.
Ich rufe Nr. 7 der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Nr. 7 der Beschlußempfehlung ist damit einstimmig angenommen.
Damit sind die Einzelabstimmungen abgeschlossen.
Wir kommen jetzt zur Schlußabstimmung über den soeben angenommenen Teil des Einigungsvorschlages des Vermittlungsausschusses. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Keine Nein-Stimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig zugestimmt.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 4: Mietspiegelgesetz - Drucksache 9/1942 -.
Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1942 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine. Die NeinStimmen waren die Mehrheit. Die Beschlußempfehlung ist damit abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 5: Teilhauptfeststellungsgesetz 1983 - Drucksache 9/1943 -.
Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1943 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine. Die NeinStimmen waren die Mehrheit. Die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses ist damit abgelehnt.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:
Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Sozialgesetzbuch ({1})
- Zusammenarbeit der Leistungsträger und ihre Beziehungen zu Dritten -- Drucksache 9/1944 Berichterstatter: Senator Dr. Blüm
Für den Berichterstatter, Herrn Senator Dr. Blüm, hat das Wort der Herr Staatsminister für Bundesangelegenheiten des Freistaats Bayern, Herr Schmidhuber.
Staatsminister Schmidhuber ({2}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner 109. Sitzung am 25. Juni 1982 das vorliegende Gesetz beschlossen, das in Art. 1 ein weiteres Kapitel des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs und in Art. 2 eine Reihe nur zum Teil in einem Zusammenhang damit stehende Änderungen anderer Gesetze enthält.
Der Bundesrat hat in seiner 514. Sitzung am 16. Juli 1982 den Vermittlungsausschuß aus elf Gründen angerufen, von denen sich nur drei auf das Zehnte Buch des Sozialgesetzbuchs - drittes Kapitel -, die übrigen acht auf andere Regelungsgegenstände bezogen. Hierzu gehörten vier Regelungen aus dem Bereich der sogenannten Operation '82, die in der Öffentlichkeit auf Kritik gestoßen waren und die in dem vorliegenden Gesetz eine Korrektur erfahren hatten.
Der Vermittlungsausschuß hat den Ihnen in Bundestagsdrucksache 9/1944 vorliegenden Einigungsvorschlag beschlossen. Bei seiner Erläuterung möchte ich mich auf die folgenden Punkte beschränken, die auch im Mittelpunkt der Beratungen des Vermittlungsausschusses gestanden haben.
Erstens zu der Frage der Arbeitsgemeinschaften und der Beauftragung eines Verbandes von Leistungsträgern. Bundestag und Bundesrat sind unterschiedlicher Meinung darüber, ob das Sozialgesetzbuch eine ausdrückliche Regelung über die Bildung von Arbeitsgemeinschaften von Leistungsträgern enthalten sollte und ob ein Leistungsträger berechtigt sein sollte, seinen Verband mit der Wahrnehmung ihm obliegender Aufgaben zu beauftragen. Nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses bleibt es dabei, daß Leistungsträger auch ihre Verbände beauftragen können, wohingegen sich eine ausdrückliche Regelung der Bildung von Arbeitsgemeinschaften auf solche im Bereich der Rehabilitation beschränken soll. Damit wird eine konkrete Regelung im Gesetz nur für die auf diesem Gebiet tätigen Arbeitsgemeinschaften getroffen. Das Recht zur Bildung von Arbeitsgemeinschaften auf anderen Gebieten wird hierdurch nicht berührt. Es gibt auf den verschiedensten Gebieten seit Jahren Arbeitsgemeinschaften, die auch ohne eine ausdrückliche Regelung in einem Gesetz gebildet worden sind. Diese Möglichkeit soll durch die vorgeschlagene Regelung nicht beeinträchtigt werden.
Zweitens zum Taschengeld für Heimbewohner. Ein weiterer Differenzpunkt zwischen Bundestag und Bundesrat ist, in welcher Weise die im zweiten Haushaltsstrukturgesetz getroffene Taschengeldregelung für Heimbewohner korrigiert werden soll.
Staatsminister Schmidhuber ({3})
Der Bundestag wollte das Taschengeld bundeseinheitlich im Gesetz auf 120 DM festsetzen und einer Dynamisierung unterwerfen, während es der Bundesrat bei der Festsetzung durch die oberste Landesbehörde belassen wollte. Der Höchstbetrag des Zusatztaschengeldes sollte nach der Regelung des Deutschen Bundestages auf 8 % des Regelsatzes, nach den Vorstellungen des Bundesrats auf 20 % des Regelsatzes festgesetzt werden.
Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen einen mittleren Weg vor. Das Taschengeld soll mindestens 30 v. H. des Eckregelsatzes betragen, d. h. bei einem derzeitigen Eckregelsatz von 345 DM beträgt das Taschengeld mindestens 103,50 DM. Das liegt unterhalb des vom Deutschen Bundestag vorgesehenen Taschengeldes von DM 120, aber über, zum Teil erheblich über den augenblicklichen Taschengeldbeträgen in den Ländern. Durch die Ausgestaltung als Mindestregelung ist es möglich, daß die Sozialhilfeträger das Taschengeld auch auf einem höheren Niveau als 30 v. H. des Regelsatzes festsetzen.
Die Höchstgrenze für das Zusatztaschengeld soll nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses nicht auf 8 v. H., wie der Deutsche Bundestag das wollte, und auch nicht auf 20 v. H., wie der Bundesrat das anstrebte, sondern auf 15 v. H. des Regelsatzes festgesetzt werden. Bei einem Regelsatz von 345 DM entspräche das einem Betrag von 51,75 DM statt 27,60 DM wie nach dem Vorschlag des Deutschen Bundestags und 69 DM wie nach dem Vorschlag des Bundesrats. Mit dem Vorschlag, das Zusatztaschengeld zu verbessern, sollen die Bemühungen der Heimbewohner um eine eigene Lebensvorsorge mehr gewürdigt werden.
Die neuen Regelungen zum Taschengeld, das künftig Barbetrag heißen soll, sollen am ersten Tage des zweiten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft treten, d. h. bei Verkündung im Monat Oktober am 1. Dezember 1982.
Drittens: Kostenbeitrag der Eltern behinderter Kinder in Heimen. Das war der zweite Punkt, den der Deutsche Bundestag korrigiert hat, nachdem die Regelung des Zweiten Haushaltsstrukturgesetzes in der Öffentlichkeit auf Ablehnung gestoßen war. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen vor, es bei der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Regelung, nämlich der Rückkehr zum Recht vor Inkrafttreten des Zweiten Haushaltsstrukturgesetzes zu belassen, aber zugleich die Länder zu ermächtigen, Näheres über die Bemessung der beim häuslichen Unterhalt ersparten Aufwendungen zu bestimmen. Damit soll nach den Vorstellungen des Vermittlungausschusses erreicht werden, daß die Bemessung nach allen persönlichen Verhältnissen differenziert werden kann, ohne daß es im Einzelfall einer Offenbarung dieser Verhältnisse bedarf.
Viertens: Anrechnung des Blindengeldes auf das Pflegegeld. Nicht einig waren sich der Deutsche Bundestag und der Bundesrat über den Umfang der Anrechnung der Blindenhilfe auf das aus anderen Gründen gewährte Pflegegeld. Während der Bundestag eine Anrechnung nur zur Häfte vorsah, wollte der Bundesrat das Blindengeld in Stufen - bis zum 31. Dezember 1983 mit 50 v. H., im Jahre 1984
mit 75 v. H. und vom 1. Januar 1985 an in voller Höhe - angerechnet wissen. Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses sieht vor, das Blindengeld bis zum 31. Dezember 1983 mit 25 v. H., im Jahre 1984 mit 50 v. H. und vom 1. Januar 1985 an mit 70 v. H. anzurechnen. Der Vermittlungsausschuß ging bei diesem Vorschlag allerdings davon aus, daß die Gesamtproblematik des Pflegegeldes bei Mehrfachbehinderungen einer gesetzlichen Neuregelung bedarf.
Fünftens: Geringfügigkeitsgrenze in der Sozialversicherung. Umstritten ist schließlich die Frage, wann eine geringfügige Beschäftigung vorliegt, bei der Versicherungsfreiheit in der Sozialversicherung besteht, und ob eine entsprechende Regelung gemäß dem geltenden Recht bis zum 31. Dezember 1984 befristet bleiben soll oder nicht. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen folgende Regelung vor. Bis zum 31. Dezember 1984 soll eine geringfügige Beschäftigung dann vorliegen, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig 390 DM im Monat, bei höherem Arbeitsentgelt ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht übersteigt. Ab 1. Januar 1985 soll eine geringfügige Beschäftigung dann vorliegen, wenn die Beschäftigung regelmäßig weniger als 15 Stunden in der Woche ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße ({4}), bei höheren Arbeitsentgelten ein Sechstel des Gesamteinkommens nicht übersteigt.
Damit soll die Befristung bis zum 31. Dezember 1984 entfallen. Die Auswirkungen einer Festschreibung der Freigrenze auf 390 DM sollen dagegen bis zum 31. Dezember 1984 weiter bestehen.
Neben diesen politisch besonders bedeutsamen Änderungen schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß eine Neuformulierung der Auskunftspflicht von Ärzten gegenüber einem Leistungsträger, eine Regelung über die Verpflichtung von Behörden zur Mitteilung bestimmter, ausländerrechtlich erheblicher Tatbestände an die Ausländerbehörde und eine klarstellende Ergänzung der Bestimmung über die Erstattungspflicht vorrangig verpflichteter Sozialleistungsträger vor.
Die Beschränkung der Gewährung von Kinderkuren durch die Rentenversicherungsträger auf den Betrag des Jahres 1981, die der Bundesrat beseitigt wissen wollte, soll nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses aufrechterhalten bleiben. Es soll also bei der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Regelung verbleiben.
Der Vermittlungsausschuß hat beschlossen, daß im Deutschen Bundestag über die von ihm vorgeschlagenen Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich das Hohe Haus, diesen Vorschlägen zuzustimmen.
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Zur Abgabe einer Erklärung wünscht das Wort der Herr Abgeordnete Dolata.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der CDU/CSU-Fraktion
möchte ich folgende Erklärung abgeben. Dabei beziehe ich mich auf den Abschnitt der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses, der den sozialrechtlichen Teil betrifft.
Hier handelt es sich, wie wir gehört haben, um die Zusammenarbeit der Leistungsträger und die Beziehungen zu Dritten, um das Taschengeld - jetzt „Barbetrag an Heimbewohner" genannt -, um die Kostenbeteiligung bei der Heimunterbringung behinderter Kinder, um die Anrechnung des Blindengelds auf das Pflegegeld und um die Regelung der Versicherungsfreigrenze.
Die massiven Proteste der Betroffenen, zu denen es seit Herbst vorigen Jahres gekommen war, nachdem sich Bundestag und Bundesrat auf Änderungen im Sozialhilferecht geeinigt hatten, die auf spürbare finanzielle Einbußen hinausliefen, sind uns allen bekannt. Wir halten es für verfehlt, jetzt, da eine Lösung greifbar nah erscheint, die Schuldzuweisungen zu wiederholen, die im letzten Frühjahr zu diesem Thema zu hören waren.
Allerdings sei der Hinweis erlaubt, daß die CDU/ CSU nicht für die Verzögerung verantwortlich ist, die zwischenzeitlich dadurch eingetreten ist, daß meine Fraktion bereits im April dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorgelegt hatte, mit dem der alte Rechtszustand wiederhergestellt werden sollte, die Koalition sich vor der Sommerpause aber leider nicht dazu aufraffen konnte, diese Anregungen schon damals in die Tat umzusetzen. Dann wären den Sozialhilfeempfängern wenigstens diese Verzögerungen erspart geblieben.
({0})
Unter verfassungspolitischen Gesichtspunkten muß es ohnehin als bedenklich angesehen werden, daß es bei den Regierungsparteien zur Praxis geworden zu sein scheint, umstrittene Themen im Vermittlungsausschuß lösen zu wollen,
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statt sie im üblichen Gesetzgebungsverfahren hier im Hause zu regeln.
Wie gesagt: heute keine Geschichtsforschung mehr und keine Schuldzuweisung, es sei denn, man bekennt seine eigene Mitverantwortung.
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Jedenfalls sind wir sozusagen nach 14monatiger parlamentarischer Irrfahrt am Status quo angekommen.
Unser Gesamtverhalten ist kein Ruhmesblatt. Das Kopfschütteln unserer Mitbürger und die Proteste der Betroffenen haben wir uns zu Recht eingehandelt. Wir alle haben uns aber jetzt zwar spät, aber noch nicht zu spät, wohl an bestimmte Tugenden erinnert, die auch Politiker haben sollten, nämlich zuhören, entscheiden, begründen und dann dazu stehen. Wir haben zugehört, was man uns seit Herbst vergangenen Jahres um den Kopf gehauen hat, wir werden heute mit guten Gründen entscheiden, und wir werden dann hoffentlich alle zu dieser Entscheidung stehen.
Die Korrekturen an den Beschlüssen zum 2. Haushaltsstrukturgesetz, die das Sozialgesetzbuch betreffen, sind Kompromisse, denen wir alle zustimmen könnten und sollten. Da ist als erstes die Korrektur am Taschengeld für Heimbewohner, das, wie gesagt, jetzt nicht mehr Taschengeld heißt, sondern als Barbetrag deklariert wird, d. h. die Überlassung eines Betrages in bar zur persönlichen Verfügung. Unverständlich ist in diesem Zusammenhang übrigens, daß die Fraktionen von SPD und FDP dem Vermittlungsausschuß einen Vorschlag unterbreitet hatten, der Änderungen beim Grundbarbetrag für die Heimbewohner vorsah, obwohl dieser durch das Haushaltsstrukturgesetz überhaupt nicht geändert wurde, sondern lediglich die Höhe des zusätzlich gewährten Barbetrages.
Also kann man künftig von 30 % des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes nach dem BSHG ausgehen. Das sind 103 DM monatlich. Trägt allerdings der Hilfeempfänger einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst, so erhält er zusätzlich einen Barbetrag von 5%, maximal 15% des Eckregelsatzes der Sozialhilfe. Das wären 51,75 DM. Für Hilfeempfänger, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, setzen die zuständigen Landesbehörden für die in ihrem Bereich vorhandenen Einrichtungen die Höhe des Barbetrages fest.
Die CDU/CSU-Fraktion wird also den im Vermittlungsausschuß erzielten Kompromiß über Höhe und Berechnungsweise akzeptieren; denn er kommt den Vorschlägen, die die CDU/CSU im Vermittlungsausschuß gemacht hat, sehr nahe und ist darüber hinaus um etwa 20 bis 30 Millionen DM kostengünstiger als die von SPD und FDP mit ihrer Mehrheit im Bundestag beschlossene Korrektur damals. SPD und FDP hatten eine bundeseinheitliche Barleistung von 120 DM bevorzugt, doch glücklicherweise hat der Vermittlungsausschuß unseren Vorschlag angenommen, daß die Grundbarleistung von den Ländern nach dem Bedarf des Empfängers bemessen wird. Der Geldwertschwund wird übrigens durch die Anbindung der Grundbarleistung an den Sozialhilferegelsatz wohl in etwa ausgeglichen werden können.
Auch der Kompromiß des Vermittlungsausschusses zur Zusatzbarleistung entspricht dem Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion. Diese Vorschriften ermöglichen übrigens auch eine stärkere Berücksichtigung der Eigenleistung der Heimbewohner und finden gerade auch deshalb unsere Zustimmung.
Nun zur zweiten Korrektur bei der Beteiligung an den Kosten für die Unterbringung behinderter Kinder in einer Vollzeitfördereinrichtung. Ursprünglich waren die häuslichen Ersparnisse mit 150 bis 300 DM anzusetzen. Nach dem 2. Haushaltsstrukturgesetz sollten die Kosten der Lebenshaltung und eventuell vorhandene Vermögen angesetzt werden, was eine Eigenbeteiligung von bis zu 850 DM monatlich ausmachen konnte. Wir im Bundestag wollten die Wiederherstellung des alten Zustandes. Der Bundesrat wollte, wie wir gehört haben, bis zur Höhe des doppelten Eckregelsatzes gehen, d. h. bis 690 DM, und dafür den Grundbetrag der Einkommensgrenze verdoppeln. Wenn wir nachher das beschließen, was der Vermittlungsausschuß vorschlägt, haben wir die Wiederherstellung des alten Zustandes. Dabei ist es
nur folgerichtig, daß die Bemessung der häuslichen Ersparnisse durch die zuständigen Landesbehörden vorgenommen wird; denn bei solchen und ähnlichen Gelegenheiten wird ja stets der klassische Warenkorb zitiert, und der wird nun einmal in den verschiedenen Landesteilen mit unterschiedlichen Preisen verkauft und eingekauft.
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Dabei können dann die Landesbehörden auch gleich die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Betroffenen in ihren jeweiligen Ländern mitberücksichtigen. Die häuslichen Ersparnisse eines Fabrikarbeiters z. B. sind eben anders zu bemessen als die eines Direktors in irgendeinem Unternehmen.
Nun zur dritten Korrektur, zur Korrektur bei der Anrechnung des sogenannten Blindengeldes auf das Pflegegeld: Nach dem 2. Haushaltsstrukturgesetz war eine volle Anrechnung vorzunehmen. Wir im Bundestag wollten eine 50%ige Anrechnung, der Bundesrat wollte eine stufenweise Anrechnung, ab 1. Januar 1985 dann die volle Anrechnung. Wir, die CDU/CSU-Fraktion, stimmen dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zu. Das heißt, bis zum 31. Dezember 1983 werden 25 % angerechnet, bis 31. Dezember 1984 werden 50 % angerechnet, und vom 1. Januar 1985 an werden 70 % angerechnet. Meine Fraktion erwartet allerdings - das möchten wir hier an dieser Stelle ganz besonders betonen -, daß noch eine Regelung für Mehrfachbehinderte erreicht wird. Denn die Mehrfachbetroffenen sollten nun wahrlich nicht mehrfach belastet werden.
Zum Schluß noch zwei Bemerkungen zu den Kompromißlösungen bei den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.
Erstens. Hinsichtlich der Frage der Bildung von Arbeitsgemeinschaften von Leistungsträgern wurde nunmehr eine, wie wir meinen, annehmbare Lösung gefunden.
Zweitens. Die Korrektur der Sozialversicherungsfreigrenze, wie wir sie soeben in der Berichterstattung des Kollegen aus dem Bundesrat dargelegt bekommen haben, kommt nach unserer Auffassung dem mittelständischen Bereich insoweit besonders zugute, als zusätzlicher Verwaltungsaufwand auf diese Weise vermieden werden kann. Die nach harten Verhandlungen im Vermittlungsausschuß gefundenen Kompromisse bieten, wie gesagt, Lösungen, die von uns allen getragen werden sollen.
Meine Fraktion stimmt diesen Vorschlägen daher zu.
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Zur Abgabe einer weiteren Erklärung hat das Wort der Herr Abgeordnete Heyenn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für die sozialdemokratische Fraktion folgende Erklärung abgeben:
Aufgabe der Sozialhilfe ist es, dem Empfänger der Hilfe die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Diesen Satz haben wir alle in Frage gestellt, als der Deutsche Bundestag der Empfehlung des Vermittlungsausschusses zum 2. Haushaltsstrukturgesetz zugestimmt hat. Der Bundesrat hatte mit seiner Mehrheit wesentliche Kürzungen verlangt, die vom Vermittlungsausschuß nur teilweise abgewehrt werden konnten. Als wir Sozialdemokraten dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses zustimmten, wußten wir, daß das der Preis war, den wir zu zahlen hatten, um nicht das gesamte 2. Haushaltstrukturgesetz scheitern zu lassen. Bei manchen kam ein Mangel an Sensibilität hinzu. Es wurde außer acht gelassen, daß eine auf Solidarität angelegte Gesellschaft in ihrem Anspruch widersprüchlich wird, wenn sie anfängt, bei Sozialhilfeempfängern zwanzig- oder vierzigmarkweise oder - in Einzelfällen - sogar mit Kürzungen von mehreren 100 DM vorzugehen.
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Der Grundsatz der Bedarfsdeckung muß beibehalten werden. Denn die Betroffenen - es sind 2 Millionen in unserer Bundesrepublik - haben einen Anspruch auf Hilfe der Gemeinschaft zur Sicherung ihrer Existenz.
Nun war dem Bundestag in seiner Gesamtheit sehr schnell klargeworden, daß im Interesse der betroffenen Menschen Korrekturen notwendig sind. Dazu haben die Fraktionen von SPD und FDP die Initiative ergriffen. Wir stehen heute vor einer Entscheidung, auf die viele Menschen warten. Wir reparieren Schäden, die ohne Änderungsbegehren der Mehrheit des Bundesrates nicht eingetreten wären.
Wenn uns hier vorgehalten wird, diese Reparatur der durch die Mehrheit des Bundesrates verursachten Schäden hätte viel schneller geschehen können, kann ich dem nur entgegenhalten: Wir haben vor der Sommerpause hier gemeinsam in zweiter und dritter Lesung beschlossen; wir hätten alles im Bundesgesetzblatt, und die Betroffenen, die arg gebeutelten, hätten Rechtssicherheit, wenn es nicht ein völlig unnötiges Einspruchsverfahren durch den Bundesrat gegeben hätte.
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Es geht im wesentlichen um drei Punkte, die in der Öffentlichkeit stark diskutiert wurden und die auch Gegenstand der Beratungen im Vermittlungsausschuß waren.
Beim sogenannten Taschengeld für Sozialhilfeempfänger hatte der Bundestag, sich korrigierend, beschlossen, eine auf 120 DM monatlich erhöhte bundeseinheitliche Barleistung für alle Heimbewohner einzuführen; diejenigen, die aus eigenem Einkommen zu den Kosten beitragen konnten, sollten einen Zuschlag erhalten. Und wir hatten beschlossen - das war von großer Bedeutung -, daß diese Barleistung jeweils nach Maßgabe der Rentenentwicklung zu erhöhen sei.
Was passierte? Ich habe es angesprochen: Der Bundesrat widersprach erneut.
Es ist nun zu einem Kompromiß gekommen, der in etwa einen Mittelweg zwischen den unterschiedlichen Vorstellungen darstellt. Alle Heimbewohner
erhalten rund 100 DM monatlich - genau muß es heißen: eine monatliche Barleistung zur persönlichen Verfügung in Höhe von 30 % des Sozialhilferegelsatzes eines Haushaltungsvorstandes, also des sogenannten Eckregelsatzes. Wer einen Eigenanteil zu den Heimkosten trägt, erhält einen Zuschlag bis etwa 50 DM, 5 % seines Einkommens bis höchstens 50 % des Eckregelsatzes.
Ich meine, wir haben durch diesen Kompromiß sogar einen Fortschritt erzielt gegenüber der Regelung, die vor dem Inkrafttreten des 2. Haushaltsstrukturgesetzes galt. Denn erstens wird durch die Anhebung der Barleistung auf 100 DM die mißliche Situation beseitigt, daß Heimbewohner ohne eigenes Einkommen mit einem sehr viel geringeren Betrag auskommen mußten, und zweitens ist durch die Anbindung der Barleistung an den Eckregelsatz - die der Bundesrat im übrigen auch jetzt verhindern wollte - sichergestellt, daß sich die Barleistung mit dem Eckregelsatzerhöht. Dies bedeutet z. B. zum 1. Januar 1983 eine 3 %ige Erhöhung.
Bei der Kostenbeteiligung der Eltern, deren behinderte Kinder einen Platz in einem Heim oder einer Tageseinrichtung haben, soll im wesentlichen die alte Rechtslage wiederhergestellt werden. Das bedeutet, daß bei der Elternbeteiligung wieder die sogenannten häuslichen Ersparnisse angesetzt werden bis rund 180 DM monatlich, und daß nicht die Kosten des Lebensunterhalts in der Einrichtung die Grundlage sind. Dieses Ziel hatte sich ja der Bundestag in seiner Gesamtheit - auch mit den Stimmen der CDU/CSU - gesetzt.
Eine Belastung der Eltern, wie wir sie hier auf Vorschlag von Bundesrat und Vermittlungsausschuß beschlossen hatten, mit monatlichen Beträgen bis zu 850 DM - das stelle man sich einmal vor bei mehreren behinderten Kindern in einer Familie! -, war nämlich unvertretbar. Dies konnte von den betroffenen Familien einfach nicht verkraftet werden. Aber sie war das Ergebnis des vom Bundesrat initiierten Vorschlages des Vermittlungsausschusses, den wir übernommen hatten.
Wir, die Mitglieder der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, sind froh darüber, daß der Vermittlungsausschuß im jetzigen Verfahren nicht dem Vorschlag des Bundesrates gefolgt ist, der entgegen der Haltung der CDU/CSU hier im Plenum des Bundestages eine monatliche Belastung der Eltern bis nahezu 700 DM oder, genauer, 680 DM im Monat bewirkt hätte. Für mich ist dieses Begehren - das abgewendet werden konnte - nur vorstellbar, wenn es sich in völliger Realitätsferne zu den Betroffenen gegründet hatte. Auch dies wäre ein Brocken gewesen, der den Eltern mehr abverlangt hätte, als sie aufzubringen in der Lage gewesen wären.
Der Bundesrat hatte auf Vorschlag der Bundestagsmehrheit und dann dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses folgend weiter beschlossen, das Blindengeld voll auf das Pflegegeld anzurechnen. Dies hat der Bundestag auf übereinstimmenden Antrag aller drei Fraktionen in der Weise korrigiert, daß die Anrechnung rückwirkend auf Dauer nur bis zu 50 ({2}) eine gesetzliche Regelung über die Bildung von Arbeitsgemeinschaften, b) eine wichtige Besserstellung unfallgeschädigter Bürger bei der Höhe der empfangenen Leistung durch die Haftpflichtversicherer, c) eine Regelung, die eine beschleunigte Nachzahlung von Sozialleistungen ermöglicht, d) eine Regelung der Vermeidung von heute leider sehr häufigen Doppeluntersuchungen in der Sozialversicherung und e) ein verbesserter Datenschutz.
Wir Sozialdemokraten bedauern sehr, daß die ursprünglich vorgesehene Regelung zur Zulässigkeit der Bildung von Arbeitsgemeinschaften trotz der Straffung dieser Vorschrift in der Beratung nunmehr vom Vermittlungsausschuß auf den Spezialfall der Wahrnehmung von Aufgaben für Behinderte beschränkt wurde. Dies ergibt keinen Sinn. Herr Kollege Hölscher, wir beide wissen: Wir haben Arbeitsgemeinschaften. Wir wissen auch, daß diese Arbeitsgemeinschaften im Bereich der Krebsbekämpfung, im Bereich der Behandlung von Tuberkulose, bei der Suchtbekämpfung, bei der Rehabilitation Behinderter, bei der Mitarbeit in Berufsförderungswerken, in der Heimdialyse, auch in der Organisation von Beratungsstellen eine hervorragende Arbeit leisten. Die Träger müssen, wenn sie Arbeitsgemeinschaften haben, nicht jeder für sich allein optimale Kräfte sammeln und alle Maßnahmen abdecken, sondern es gibt eine vernünftig ausgerichtete Stelle für das jeweilige Fachgebiet. Der Bürger hat einen Ansprechpartner. Er muß nicht mehr von Stelle zu Stelle laufen. Zudem gibt es eine Komprimierung beim Sachund Leistungsangebot. Sie bringt insgesamt Kosteneinsparung und mehr Wirtschaftlichkeit. Nicht ein Mehr an Verwaltung, wie fälschlich von der Opposition befürchtet, sondern eine effektivere Verwaltung, nicht Bürgerferne, sondern optimale Betreuung des Bürgers ist das Ergebnis vorhandener Arbeitsgemeinschaften, denen ich hier für ihre Arbeit zu danken habe.
Jetzt besteht, weil wir im Gesetz die Bildung von Arbeitsgemeinschaften nur für die Probleme BehinHeyenn
derter zulassen, die Gefahr, daß im Umkehrschluß Arbeitsgemeinschaften dort, wo sie flexibler, effektiver und wirtschaftlicher soziale Aufgabenstellungen bewältigen können, nicht mehr gegründet werden können. In jenem Falle ist hier durch die Mehrheit des Bundesrates die Möglichkeit verhindert worden, rechtsgestaltend einen Rahmen für einen historisch gewachsenen und bürgerbetreuenden Bereich zu schaffen.
Die Tatsache, daß jetzt den Verbänden der Leistungsträger zugestanden worden ist, mit deren Zustimmung entsprechende Aufgaben zu übernehmen, ist ein schwacher Trost, gleichzeitig aber ein Fortschritt. Für den Kundigen mag sich hier ein Teil der Interessenlage erhellen.
Wir Sozialdemokraten stimmen dieser Regelung dennoch zu. Wegen eines Bereichs, den der Bürger in seiner Kompliziertheit überhaupt nicht zu übersehen vermag, sind wir nicht bereit, auf die nicht durch unser Verschulden viel zu lange verzögerten Regelungen nach dem BSHG noch länger zu warten. Der verunsicherte Bürger hat Anspruch darauf, daß wir hier und heute endlich klare Verhältnisse schaffen.
Uns ist die Verbesserung der materiellen Situation unfallgeschädigter Bürger ein dringendes Anliegen. Wesentlich mehr als bisher - im Einzelfall bis zu mehreren hundert Mark - erhält derjenige, der bisher nach einem Unfall hilflos zusehen mußte, wie sein gesamter Anspruch gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers an die Sozialversicherung überging. Auch diese von der Bundesregierung in der Tendenz vorgeschlagene Regelung muß endlich Gesetzeskraft erhalten.
Lassen Sie mich zum Bereich des Schutzes von Sozialdaten nur einen Punkt erwähnen, der durch den Vermittlungsausschuß eine vertretbare Änderung erfahren hat. Wir wissen, daß für Ausländer der Bezug von Sozialhilfe einen Ausweisungstatbestand darstellen kann. Wir wollten eine Mitteilung des Sozialhilfebezuges von Ausländern an die Ausländerbehörde in diesem Gesetz nicht zulassen, weil wir meinten, daß diese Problematik einer umfassenden Diskussion vielleicht im Zuge der Novellierung des Ausländergesetzes bedürfte. Nun liegt uns ein Vorschlag vor, eine Meldung während der ersten sechs Monate nicht zu gestatten. Diese Einschränkung für kurzfristig durch Sozialhilfe zu überbrückende Fälle zu ihren Gunsten ist im Interesse der Betroffenen zu begrüßen.
Mit dem Kompromiß, den der Vermittlungsausschuß zur Frage der geringfügig Beschäftigten gefunden hat, können wir leben. Sein Inhalt ist hier beschrieben worden. Wir verhindern mit diesem Kompromiß für einen nicht kleinen Personenkreis - beispielsweise für Beamte mit Nebenbeschäftigung - einen billigen Einstieg in die gesetzliche Krankenversicherung.
({3})
Uns liegt ein Kompromiß vor. Wir begrüßen nicht unerhebliche Teile dieses Kompromisses. Andere berühren uns schmerzlich. Insgesamt stimmt meine
Fraktion im Interesse der betroffenen Menschen diesem Kompromiß zu.
Ich danke Ihnen.
({4})
Meine Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne hat eine Delegation des Wirtschaftsausschusses des finnischen Reichstages Platz genommen. Ich begrüße Sie im Bundestag herzlich.
({0})
Ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen des finnischen Reichstages einen recht angenehmen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat Herr Abgeordneter Eimer ({1}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den in der Drucksache 9/1944 behandelten Punkten ist - mit wenigen Ausnahmen - eher zuviel als zuwenig gesprochen worden, - von der Sache her, aber auch von den Versuchen der Rechtfertigung, die manche glaubten nötig zu haben. Nachdem mein Vorredner die Thematik richtig und sachlich dargestellt hat, kann ich mich auf einige wenige Sätze beschränken.
Da ist zunächst einmal die Zusammenarbeit der Leistungsträger. Ich will nicht verhehlen, daß wir mit dieser Regelung sehr gut leben können. Mit „wir" meine ich vor allem die Fraktion der FDP. Wir halten dies für eine Verbesserung.
Ähnliches gilt für den zweiten Punkt, den ich ansprechen möchte, das Taschengeld für Heimbewohner oder, wie es jetzt besser heißt: den Barbetrag. Die Dynamisierung bedeutet sicher Mehrausgaben in der Zukunft, die Koppelung an den Regelsatz ist aber sachgemäß.
Die Kosten des in einer Einrichtung gewährten Lebensunterhalts sollen - das ist der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte - nur so hoch sein wie die häuslichen Ersparnisse. Auch das entspricht unserer Vorstellung und den Vorstellungen der betroffenen Eltern von Behinderten.
Die übrigen Punkte, die hier angesprochen worden sind, sind ebenfalls so gestaltet, daß die FDP zustimmen kann.
Lassen Sie mich zum Abschluß sagen: Nachdem das, was wir heute beschließen werden, zweimal durch den Vermittlungsausschuß gewandert ist, möchte ich denen, die auszogen, uns das Sparen zu lehren, und das Ganze initiiert haben, nur empfehlen, in Zukunft etwas vorsichtiger zu sein.
({0})
Nichts zu tun, kann manchmal besser sein, im Hinblick auf die Sache und das Ansehen des Parlaments. - Vielen Dank.
({1})
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Präsident Stücklen
Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die Änderungsvorschläge gemeinsam abzustimmen ist. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 9/1944 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Keine Nein-Stimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Der Beschlußempfehlung ist damit einstimmig zugestimmt worden.
Meine Damen und Herren, wir sind am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe - ich bitte jetzt um besondere Aufmerksamkeit - die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 9. September, 8.30 Uhr - also entgegen der ursprünglichen Festlegung auf 8 Uhr - ein.
Die Sitzung ist geschlossen.