Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, für den verstorbenen Abgeordneten Ollesch hat die Fraktion der FDP als Mitglied des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses ({0}) den Abgeordneten Dr. Wendig benannt. - Das Haus ist damit einverstanden; ich höre keinen Widerspruch. Damit ist der Abgeordnete Dr. Wendig als Mitglied dieses Gremiums bestimmt.
Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen - Stand 9. Mai 1978 - vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Entwicklung der Zollunion und des innergemeinschaftlichen Marktes ({1})
zuständig: Ausschuß für Wirtschaft ({2})
Finanzausschuß
Betr.: Bericht der Bundesregierung über die Integration in
den Europäischen Gemeinschaften ({3})
zuständig: Auswärtiger Ausschuß ({4})
Haushaltsausschuß
Betr.: Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit
der Neuregelung der Tarifüberwachung im Güternahverkehr ({5})
zuständig: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen
Betr.: Zweiter Bericht der Bundesregierung über die „Europäische Hochschulpolitik" ({6})
zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft ({7})
Auswärtiger Ausschuß
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
Auch hier erhebt sich kein Widerspruch; so beschlossen.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. Mai 1978 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Drittes Gesetz zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 1. März 1977 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Spanischen Staates über die Erstreckung einiger Vorschriften über die soziale Sicherheit
Gesetz zu dem Zusatzprotokoll vom 20. September 1976 zum Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Portugiesischen Republik
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 11. Mai 1978 die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Dienstaufsichtsbeschwerde der „Aktion Billiges Telefon" - Drucksache 8/1746 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1809 verteilt.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 17. Mai 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Forschung und Technologie die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Rühe, Daweke, Frau Dr. Wilms, Frau Benedix, Dr. Meyer zu Bentrup, Dr. Hennig, Dr. Hornhues, Dr. Rose und der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung eines Forschungsprojektes „Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeitnehmer als Gegenstand der Hochschulforschung" an der Universität Bielefeld - Drucksache 8/1757 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1816 verteilt.
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 18. Mai 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. von Geldern, Carstens ({8}), Dr. Müller-Hermann, Francke ({9}), Sick, Schröder ({10}), Dr. Ritz, Kiechle, Stutzer, Eymer ({11}), Susset, Dr. Früh, Ey, Dr. Dollinger, Metz, Dr. Kunz ({12}), Schmitz ({13}) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Fischereipolitik - Drucksache 8/1747 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1818 verteilt.
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 24. Mai 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klein ({14}), Frau Dr. Walz, Benz, Daweke, Dr. von Geldern, Dr. Hubrig, Dr. Hupka, Klein ({15}), Kraus, Dr. Kreile, Krey, Kroll-Schlüter, Lenzer, Metz, Dr. Narjes, Dr. Pinger, Dr. Probst, Dr. Riesenhuber, Dr. Schäuble, Schmidhuber, Dr. Schwarz-Schilling, Dr. Stercken, Weiskirch ({16}), Frau Dr. Wilms, Wohlrabe und der Fraktion der CDU/ CSU betr. Ursachen und wirtschaftliche sowie arbeitsmarktpolitische Auswirkungen der bisherigen Verhinderung der Einführung neuer Kommunikationstechniken - Drucksache 8/1756 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1832 verteilt.
Die in Drucksache 8/1759 unter Nr. 2 aufgeführte EG-Vorlage
Vorschlag einer Verordnung ({17}) des Rates zur Anwendung der Verordnung des Rates über die Gewährung einer finanziellen Unterstützung für Vorhaben zur Nutzung alternativer Energiequellen auf dem Gebiet der Erdwärme
Vorschlag einer Verordnung ({18}) des Rates zur Anwendung der Verordnung des Rates über die Gewährung einer finanziellen Unterstützung für Vorhaben zur Nutzung alternativer Energiequellen auf dem Gebiet der Umwandlung fester Brennstoffe in gasförmige und flüssige Brennstoffe
wird als Drucksache 8/1814 verteilt.
Die in Drucksache 8/1802 unter Nr. 9 aufgeführte EG-Vorlage
Entwurf der Kommission der Europäischen Gemeinschaften
für eine Entscheidung des Rates betreffend das Auftreten
bestimmter Staatshandelsländer in der Güter-Linienschiffahrt
wird als Drucksache 8/1829 verteilt.
Die in Drucksache 8/1435 unter Nr. 49 aufgeführte EG-Vorlage
Vorschlag einer Verordnung des Rates über den Beitritt zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über einen Verhaltenskodex für Linienkonferenzen
wird als Drucksache 8/1830 verteilt.
Wir kommen jetzt zu Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
- Drucksache 8/1826 Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gallus steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Vizepräsident Frau Renger
Frage 1 stellt der Abgeordnete Oostergetelo:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch ungleichmäßige Förderung sich die Chancengleichheit bei der Geflügelhaltung zuungunsten der landwirtschaftlichen Betriebe und zugunsten der gewerblichen Betriebe verschoben hat, und ist die Bundesregierung bejahendenfalls bereit, konkrete Schritte zu unternehmen, damit die Chancengleichheit wiederhergestellt wird?
Herr Kollege Oostergetelo, es ist der Bundesregierung bekannt, daß gewerbliche Geflügelmastbetriebe unter bestimmten Bedingungen nach dem Investitionszulagengesetz gefördert werden können, während nach der EG-Richtlinie 72/159/EWG vom 17. April 1972 eine Förderung landwirtschaftlicher Betriebe im Bereich der Eiererzeugung und Geflügelmast verboten ist. Der BML ist der Auffassung, daß die Förderungsmöglichkeit für gewerbliche Geflügelmastbetriebe sehr problematisch ist. In Zusammenarbeit mit dem Bundeswirtschaftsminister, dem die Durchführung des Investitionszulagengesetzes obliegt, sind bereits Schritte eingeleitet worden mit dem Ziel, daß zukünftig Bescheinigungen über die Förderungswürdigkeit von Investitionen in Betriebsstätten, in denen Geflügel gewerblich gemästet wird, nicht mehr erteilt werden.
Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die tierische Veredelung in größeren Einheiten weder im Interesse des Umweltschutzes des ländlichen Raumes noch des Berufsstandes, aber auch nicht im Interesse der Verbraucher liegt, zumal sie nicht billiger produzieren können?
Herr Kollege, ich bin mit Ihnen dieser Auffassung.
Zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da es sich hier auch um eine EG-weite Angelegenheit handelt, ist auch die Bundesregierung bereit, in der EG alles zu tun, um diese Entwicklungen, die ja technisch möglich sind, zu verhindern, zumal auch eine Monopolstellung nicht auszuschließen ist?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist bestrebt, die Veredelungsproduktion bei Geflügel und bei anderen Tierarten im Bereich der bäuerlichen Veredelung zu halten.
Was das Monopol anbetrifft, wissen Sie, daß wir die Kartellnovelle haben und daß wir bestrebt sind, ähnliche Lösungen auf europäischer Ebene zu erlangen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peters.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß man, wenn man die bäuerliche Veredelung stärken und stützen will, von einer bestimmten Betriebsgröße ab, z. B. 50 ha, die heutigen Sätze für die gewerbliche Mast herunterdrücken muß, um die bäuerliche Mast sowohl bei Schweinen wie auch bei Geflügel zu fördern?
Herr Kollege Peters, ich persönlich würde Ihnen zustimmen. Mein Haus und die Bundesregierung als solche haben über diese Frage noch nicht eingehend genug nachgedacht. Ich fasse Ihre Frage aber als Anregung auf, dieses Problem aufzugreifen.
Herr Kollege Immer, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gilt Ihre Abwehr der Konzentration auch dann, wenn es sich um Zusammenschlüsse von Landwirten zu genossenschaftsähnlichen Unternehmungen in dieser Größenordnung handelt?
Herr Kollege, grundsätzlich gilt das für die Größenordnungen. Aber jeder Fall muß natürlich im einzelnen geprüft werden. Ich bin nicht der Auffassung, daß jeder genossenschaftliche Zusammenschluß zur Erzeugung von Veredelungsprodukten verhindert werden sollte.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß sich die Frage der Förderungssysteme im wesentlichen und schwerpunktmäßig sicherlich auch nach den Förderungsformen für derartige Betriebe in den übrigen europäischen Staaten richten muß?
Herr Kollege Ey, vom Grundsatz her ja. Das kann uns nicht davon entbinden, weiterhin darüber nachzudenken, inwieweit wir im Rahmen der EWG entsprechende Vorschläge einbringen sollten, um in ganz Europa eine vernünftig geförderte Veredelungsstruktur aufrechtzuerhalten. Allerdings müßte die Zielsetzung der EWG-Agrarpolitik geändert werden, wenn hier unbemerkt Größenordnungen entstünden, die mit bäuerlicher Veredelung nichts mehr zu tun haben. Wir werden auf jeden Fall alles dazu beitragen, daß diese Gedankengänge auf europäischer Ebene Eingang finden.
Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Oostergetelo auf:
Ist die Bundesregierung bereit, eine politische Priorität für eine bäuerliche Geflügelhaltung zu setzen?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat agrarpolitisch immer den Standpunkt vertreten, daß die tierische VeredelungsParl. Staatssekretär Gallus
produktion soweit als möglich in den landwirtschaftlichen Betrieben verbleiben sollte.
Durch die Gestaltung des Vieheinheitenschlüssels nach § 51 des Bewertungsgesetzes wird die verstärkte Tierhaltung vor allem in kleinere bäuerliche Betriebe gelenkt. Die Abgrenzung Landwirtschaft-Gewerbe im Steuerrecht hat bei diesen bäuerlichen Betrieben zu einer nicht unwesentlichen materiellen Förderung geführt.
Ich darf auch auf das zweite Steueränderungsgesetz von 1971 hinweisen, mit dem der Ausgleich von Verlusten aus der gewerblichen Tierhaltung mit anderen Einkünften ausgeschlossen wurde. Diese Maßnahme hatte durchschlagenden Erfolg: Eine für die Landwirtschaft verhängnisvolle Entwicklung konnte gestoppt werden.
An der Prioritätensetzung der Bundesregierung zugunsten der bäuerlichen Veredlung hat sich .nichts geändert.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Oostergetelo.
Herr Staatssekretär, ich weiß diese Ihre Haltung zu schätzen, frage aber dennoch: Ist die Bundesregierung bereit, Hemmnisse abzubauen, z. B. im einzelbetrieblichen Förderungsprogramm, oder das zumindest zu prüfen?
Ja, Herr Kollege. Das Verbot der Investitionsförderung im Bereich der Eier- und Geflügelerzeugung landwirtschaftlicher Betriebe durch die Richtlinie 72/159/EWG ist seinerzeit vor allem aus marktpolitischen Gründen ausgesprochen worden. Hinzu kam, daß kein Bedürfnis für eine Förderung in diesem Bereich gesehen wurde.
Zur Zeit wird über Änderungen dieser Richtlinie in Brüssel verhandelt. Bei diesen Verhandlungen ist bisher von keiner Seite die Aufhebung des generellen Verbots gefordert worden. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist weder von seiten der Länder noch der Verbände etwas Ähnliches angesprochen worden. Geprüft wird allerdings die Frage, ob bei Aussiedlungen im öffentlichen Interesse eine Förderung zum Schließen von Finanzierungslücken notwendig sein wird. Das würde allerdings nur zu einer beschränkten Förderung führen.
Die Aussichten, generell eine Förderung der Eier-
und Geflügelerzeugung - auch bäuerlicher Erzeugung - im EWG-Bereich zu ermöglichen, müssen pessimistisch beurteilt werden, weil zur Zeit kein generelles Bedürfnis dafür besteht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, besteht die Möglichkeit, den sogenannten Umrechnungsschlüssel, den Vieheinheitenschlüssel - so wird er wohl genannt - noch einmal zu verbessern - ich weiß, daß er verbessert worden ist -, zumal die
tierische Veredlung für flächenarme kleine und mittlere Betriebe einen Teil der Existenzgrundlage darstellt?
Ja, Herr Kollege. Die Bundesregierung prüft stets, ob eine Änderung des Vieheinheitenschlüssels entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten notwendig ist. Allerdings kann auf Grund der Vorschrift des § 51 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes eine Änderung des Vieheinheitenschlüssels erst zur nächsten Hauptfeststellung der Einheitswerte erfolgen. Die letzte Hauptfeststellung war am 1. Januar 1974; die nächste wird voraussichtlich nicht vor 1980 stattfinden. Sie muß politisch beschlossen werden.
Aber in bezug auf meine Antwort auf die vorhergehende Frage des Abgeordneten Peters möchte ich noch einmal betonen, daß eine Änderung des Vieheinheitenschlüssels nach entsprechender Prüfung einerseits für kleinere Betriebe bedeutet, die Frage zu klären, ob mehr getan werden muß, für Betriebe im oberen Bereich andererseits, ob nicht schon zuviel getan worden ist. Beide Dinge müssen in eine solche Prüfung mit einbezogen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Änderungen vor, um den Konflikt der kleinen Betriebe mit hoher Veredlung mit dem Immissionsschutzgesetz anders zu lösen als bisher?
Herr Kollege Ey, dies ist deshalb eine sehr schwerwiegende Frage, weil man in bezug auf die Emissionen nicht davon ausgehen kann, daß die Hektare, die ein kleiner Betrieb besitzt, in bezug auf Emissionen - Ausbringung von Gülle, andere Umweltbelastungen - eine höhere Belastung ertragen als die Hektare eines Großbetriebes. Hier stellt sich grundsätzlich die Frage der Umweltbelastung. Wir müssen noch darüber nachdenken, welche Lösungen wir letzten Endes finden, um dem kleinen bäuerlichen Betrieb gerecht zu werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, wird bei einer Festsetzung von Höchstgrößen für Bestände gewährleistet, daß der Fortschritt im Rationalisierungsbereich nicht gefährdet wird? Sie sind doch hoffentlich auch der Meinung, daß es fatal wäre, wenn wir Fixierungen festlegten, die es dem Landwirt nicht auch selbst ermöglichen, größere Einheiten zu schaffen.
Herr Kollege, das ist die grundsätzliche Frage der Agrarpolitik überhaupt. Nach dem Landwirtschaftsgesetz des Jahres 1956 sind wir verpflichtet, der Landwirtschaft mit verschiedenen Maßnahmen gleichwertige Einkommens7262
verhältnisse zu gewährleisten. Heute, nach gut 20 Jahren kann diese Entwicklung als zu einem erheblichen Teil abgeschlossen gelten. Wir stellen allerdings nun eine Entwicklung in der Richtung fest, daß sich landwirtschaftliche Betriebe entwickeln, deren Zielsetzungen sich nicht mehr an einem vergleichbaren Einkommen orientieren, sondern die darauf bedacht sind, auf Grund unseres allgemeinen wirtschaftlichen Systems soviel als möglich zu erwirtschaften. Dem ist nichts entgegenzuhalten als die Tatsache, daß ich der Auffassung bin, solche Betriebe brauchen nicht mehr gefördert zu werden. Wenn jemand von sich aus Mittel einsetzt, um zu rationalisieren, und darüber hinaus, so ist das dessen ursprüngliche Privatangelegenheit im Rahmen der freien Marktwirtschaft.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peters.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß in weiten Teilen der Bundesrepublik größere landwirtschaftliche Betriebe schon große Flächen - 80, 100, 200 ha Land - zupachten, um dadurch zu erreichen, daß sie den Veredlungsspielraum im bäuerlichen Bereich noch halten können? Ist die Bundesregierung bereit, diesen Zustand dadurch zu ändern, daß irgendwo ein Limit - meinetwegen bei 50 oder 60 ha - gesetzt wird?
Herr Kollege, ich sehe die Entwicklung genauso wie Sie und halte sie für beängstigend in bezug auf die Aufrechterhaltung der bäuerlichen Agrarstruktur, die wir bisher haben. Allerdings hat sich die Bundesregierung noch keine abschließende Meinung darüber gebildet, wo eine Grenze in der von Ihnen aufgezeigten Richtung gezogen werden soll und kann.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Engholm steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Rühe auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die von der sonst üblichen statistischen Erhebungsmethode abweichende Praxis bei der Berechnung der Bedarfssätze zur Bundesausbildungsförderung, die ohne Zugrundelegung eines spezifischen „Warenkorbs" lediglich auf Grund von Befragung der Betroffenen zustandekommen?
Frau Präsidentin, ich würde gern die beiden von Herrn Abgeordneten Rühe eingebrachten Fragen im Zusammenhang beantworten, wenn es gestattet ist.
Gestatten Sie es, Herr Kollege?
Ja.
Dann rufe ich noch die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Rühe auf:
Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen zu treffen, die zu einer Fundierung des statistischen Materials beitragen, etwa vergleichbar mit dem für ähnliche Statistiken bewährten Verfahren des „Warenkorbs"?
Herr Kollege Rühe, die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit den von ihr vorgelegten Berichten nach § 35 Bundesausbildungsförderungsgesetz wiederholt die Frage einer statistischen Erhebungsmethode für die Bestimmung der Bedarfssätze nach dem BAföG geprüft. Die hierbei festgestellten methodischen Schwierigkeiten haben es ihr angeraten sein lassen, von einem spezifischen Warenkorb für die Zielgruppe des BAföG Abstand zu. nehmen. Ausschlaggebend hierfür waren vor allem zwei Überlegungen.
Erstens. Die Bildung eines Warenkorbes setzt voraus, daß man eine geschlossene Wirtschaftseinheit, also z. B. einen bestimmten Haushaltstyp, betrachtet. Schüler und Studenten gehören jedoch gewöhnlich zu der wirtschaftlichen Einheit ihrer Familie. Dies gilt auch für Auszubildende, die während ihrer Ausbildung nicht bei den Eltern untergebracht sind, da die Tatsache nur selten zu einer vollständigen Lösung der Auszubildenden vom gemeinsamen Familienbudget führt. Zu denken ist etwa an die Ferienzeiten oder an die Heimfahrten an Wochenenden.
Zweitens. Das Sozialleistungsgesetz BAföG sieht ausweislich seines Grundsatzes in § 1 staatliche Förderungsleistungen nur insoweit vor, wie diese für die Ausbildung und den Lebensunterhalt erforderlich sind. Dieser Bedarf läßt sich jedoch kaum aus einem Warenkorb ermitteln, wie er der Berechnung von Lebenshaltungskostenindizes zugrunde liegt. Ein solches Vorgehen würde letztlich dazu führen, daß die staatlichen Förderungsleistungen nicht durch den eigentlichen Bedarf und damit die Beschränkung auf das Erforderliche, sondern durch das jeweilige Konsumverhalten der Betroffenen selber bestimmt würden.
Die Bundesregierung hat daher bei ihren bisherigen Anpassungen 1974 und 1977 den Weg gewählt, die Bedarfssätze entsprechend dem Lebenshaltungskostenanstieg eines Zweipersonenhaushalts zu erhöhen, da die Verbrauchergewohnheiten dieser Personen ihrer Auffassung nach denen der Auszubildenden am ehesten vergleichbar sind. Im übrigen unterscheiden sich die Anstiegswerte der verschiedenen Lebenshaltungskostenindizes nur so geringfügig um Stellen hinter dem Komma, daß dies bei der verwaltungstechnisch gebotenen Anhebung um runde Markbeträge nicht ins Gewicht fällt.
Herr Kollege Rühe, Sie dürfen vier Zusatzfragen stellen. Bitte, Ihre erste Frage.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Bedarfssätze bisher so ermittelt wurden, daß die Studenten nach Kosten für Unterkunft, Verpflegung usw. gefragt, diese Zahlen dann einfach addiert wurden und das Ergebnis durch die Zahl der Erhebungsbogen dividiert wurde?
Es hat verschiedene Kriterien gegeben, die zu den Erhöhungsfaktoren geführt haben, darunter auch Befragungen der Studenten. Ich schließe auch nicht aus, daß eine breit angelegte Erhebung bei Studenten zur nächsten BAföG-Erhöhung - genau genommen: vor der nächsten BAföG-Erhöhung - vorgenommen wird. Aber ich glaube, daß eine Orientierung an dem von mir genannten Zweipersonenhaushalt weiterhin die richtige Grundlage sein wird.
Die zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wenn es so ist, daß z. B. 1 000 Studenten angeben, monatlich 1 000 oder 950 oder 550 oder 500 DM zu bedürfen, und aus den Zahlen, wie geschehen, vom Deutschen Studentenwerk ein Mittel von 750 DM errechnet wird, meinen Sie dann nicht, daß das angesichts der Millionenbeträge, die für Ausbildungsförderung ausgegeben werden müssen, eine etwas primitive Methode ist?
Was das Deutsche Studentenwerk wie auch andere Organisationen ermittelt haben, sind jeweils nur kleine Mosaiksteinchen in dem großen Bild der Bestimmung der Bedarfssätze nach dem BAföG. Wir werden uns dabei nie auf nur eine Erhebungsmethode, etwa diejenige, die Sie genannt haben, verlassen können.
Ich muß noch einmal darauf hinweisen, daß wir auch in der politischen Entscheidung zwei Eckpunkte haben. , Das eine sind die objektiv nicht immer leicht feststellbaren Bedürfnisse der Studierenden selbst. Zum anderen sind es natürlich auch die staatlichen Budgets von Bund und Ländern, die nicht beliebig expandierbar sind.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, können Sie schließlich noch etwas zu der Erhebung sagen, die Sie für die Bundesregierung angekündigt haben? Wie soll dort methodisch verfahren werden?
Hierüber wird auch mit den Bundesländern noch zu reden sein, ob eine breit angelegte Erhebung über den studentischen Bedarf gemacht wird. Ich denke, wir sollten in dieses Feld trotz der Kosten einsteigen, um zusätzliche Anhaltspunkte für die nächste BAföG-Erhöhung - voraussichtlich im kommenden Jahr - zu erhalten.
Keine weitere Zusatzfrage.
Schönen Dank, Herr Staatssekretär. Die Beantwortung der Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich ist beendet.
Wir kommen zu der Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Brück zur Verfügung. Ich rufe die Frage 5 der Abgeordneten Frau Erler hiermit auf:
Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Frage ergeben, ob und wie Hilfe für das sahrouische Volk im entwicklungspolitischen Rahmen möglich ist?
Frau Kollegin, wie ich dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit in seiner Sitzung vom 22. Februar dargelegt habe, sieht sich die Bundesregierung nicht in der Lage, Hilfe für das sahrouische Volk im entwicklungspolitischen Rahmen zu leisten.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht wenigstens möglich, über private Träger etwa Bildungshilfe oder Gesundheitshilfe für die Flüchtlinge in den Lagern zu leisten?
Frau Kollegin, ein solcher Antrag liegt ,der Bundesregierung nicht vor.
Die zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist meine Annahme richtig, daß die bisherige Entscheidung der Bundesregierung, keine entwicklungspolitische Hilfe für das sahrouische Volk zu leisten, nicht so sehr auf entwicklungspolitische, sondern mehr auf außenpolitische Überlegungen zurückgeht, nämlich auf Rücksichtnahmen auf den NATO-Partner Frankreich und auf die mit uns befreundeten Regierungen von Marokko und Mauretanien?
Herr Staatssekretär, die meisten wissen nicht, was das sahrouische Volk ist. Vielleicht können Sie das mit erläutern.
Frau Präsidentin, es handelt sich um die Bevölkerung in dem Gebiet der Westsahara. Die Westsahara war früher eine spanische Kolonie. Marokko und Mauretanien beanspruchen jeweils einen Teil dieser früheren spanischen Kolonie. Ein Teil des Volkes der Westsahara lebt in Flüchtlingslagern in Algerien. Es gibt eine Widerstandsbewegung, „Polisario", die für sich beansprucht, daß die Westsahara ein eigener Staat wird.
Herzlichen Dank.
Frau Kollegin, ich komme jetzt zu Ihrer Frage. Die Bundesregierung verhält sich in diesem Konflikt neutral. Sie glaubt, daß dies ein regionales Problem ist, das durch die Einmischung nichtafrikanischer Staaten nicht besser wird. Im übrigen ist Entwicklungshilfe nur dann möglich, wenn sie langfristig angelegt werden kann. Die Zukunft dieses Gebietes ist aber nicht geklärt; von daher ist Entwicklungshilfe im Augenblick nicht möglich. Hinzu kommt, daß wir auch keinen Partner haben, mit dem wir über Entwicklungshilfe sprechen könnten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Becker.
Würde die Bundesregierung einem Antrag auf medizinische Hilfeleistung zustimmen, wenn er ihr vorliegen würde?
Es handelt sich hier um humanitäre Hilfe. Dafür ist das Auswärtige Amt zuständig. Es gibt eine Frage der Kollegin Erler zum Problem der humanitären Hilfe, die morgen vom Auswärtigen Amt beantwortet werden wird.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich sind damit beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Schoeler steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Berger ({0}) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Stockleben auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung für die Verwertung von Hausmüll, und welche Anlagen wurden von ihr initiiert?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich Ihre Fragen zusammenfassend beantworten könnte.
Ja.
Dann rufe ich auch die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Stockleben auf:
Fördert die Bundesregierung die Rückgewinnung von Werkstoffen aus Hausmüll, und wie beurteilt sie die Chancen des Einsatzes entsprechender Anlagen, die zumindest teilweise eine Rückgewinnung ermöglichen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Zur Hausmüllverwertung hat die Bundesregierung ausführlich im Abfallwirtschaftsprogramm 1975 - Bundestagsdrucksache 7/4826 - Stellung genommen.
Danach konzentrieren sich ihre Anstrengungen in diesem Bereich auf folgende Möglichkeiten: erstens Materialrückgewinung und Verwertung über die getrennte Sammlung oder maschinelle Sortierung der Abfälle, zweitens Energiegewinnung und drittens Kompostierung.
Auf diesen Gebieten hat die Bundesregierung in Ausführung ihres Abfallwirtschaftsprogramms eine Fülle von Forschungs- und Entwicklungsprojekten in Auftrag gegeben. Diese Projekte umfassen in ihrer Thematik nahezu alle Alternativen, die sich zur Zeit im Bereich der Hausmüllverwertung anbieten.
Für entsprechende Versuchsanlagen in Aachen, Frankfurt, Hamburg, Saarbrücken, Düsseldorf und Berlin wurden Finanzmittel des Bundes in Höhe von insgesamt 26,65 Millionen DM bereitgestellt. Sechs weitere Projekte dieser Art, die der Bund mit insgesamt nahezu 100 Millionen DM fördern wird, sind in Vorbereitung. Parallel zu diesen Versuchsanlagen fördert die Bundesregierung eine Vielzahl von Vorhaben, in denen neue Produktbereiche für den Einsatz der zurückgewonnenen Rohstoffe entwickelt werden. Der Gesichtspunkt der Marktfähigkeit der Produkte ist dabei von besonderer Bedeutung. Ich bin gern bereit, Sie über diese Vorhaben im einzelnen auch schriftlich zu unterrichten.
Die Wiederverwendung und -verwertung von Hausmüll ist teilweise im Labor und im kleintechnischen Maßstab bereits erprobt. Inwieweit eine großtechnische Anwendung dieser Verfahren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten möglich ist, läßt sich derzeit noch nicht abschließend beurteilen.
Mit den genannten Projekten nimmt die Bundesrepublik Deutschland jedoch international eine führende Rolle in der Entwicklung ,der Hausmüllverwertung ein. Die Bundesregierung erwartet, daß die von ihr geförderten Vorhaben in Kombination mit Fortschritten bei der getrennten Sammlung von Altstoffen mittelfristig eine wesentliche Steigerung der Hausmüllverwertung bewirken wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stockleben.
Ist die Bundesregierung bereit, über die von Ihnen genannten Förderungsvorhaben hinaus weitere Vorhaben in ihr Programm aufzunehmen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich möchte noch einmal ausdrücklich unterstreichen, daß wir eine Fülle von Maßnahmen bereits unterstützen. Selbstverständlich werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten auch bereit sein, zu prüfen, ob wir noch weitere Objekte einbeziehen können, was aber natürlich immer auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten ist, da Mittel nicht in unbegrenzter Höhe zur Verfügung stehen.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.
Somit bestätigen Sie, daß das Engagement der Kommunen bzw. der Träger im öffentlichen Bereich, die sich mit Hausmüllbeseitigung beschäftigen, ausreichend gegeben ist?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich glaube, es kann nicht meine Aufgabe sein, die Anstrengungen der Kommunen in so globaler Form hier zu beurteilen. Ich will nur noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung durch die Förderung der genannten Projekte in Millionenhöhe einen Beitrag dazu leisten will, daß der Hausmüllverwertung noch stärker als in der Vergangenheit Rechnung getragen wird. Das tun wir in Ausfüllung des Abfallwirtschaftsprogramms, das 1975 von uns vorgelegt worden ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?
({0})
- Dann eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Oostergetelo.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung in diesen Fragenkomplexen von den Landesregierungen unterstützt, zumal es hier doch verschiedene Gesetze gibt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, Klagen über einen Mangel an Zusammenarbeit sind mir nicht bekanntgeworden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, gibt es auf Grund der Förderungsmaßnahmen, die ja wahrscheinlich in ihrem Erfolg überprüft werden, Erkenntnisse darüber, inwieweit die Rückgewinnung von Stoffen bereits kostendeckend, wenn nicht sogar gewinnbringend ist?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe in der Antwort auf die Ausgangsfrage bereits darauf hingewiesen, daß die Frage der Wirtschaftlichkeit der Hausmüllverwertung auch ganz entscheidend von der Entwicklung neuer Produktbereiche abhängig ist, auch von der Frage, ob es für solche Produkte dann Märkte gibt oder ob diese geschaffen werden können. Angesichts der Kürze der Zeit, in der diese Projekte jetzt laufen, läßt sich diese Frage, wie ich vorhin schon dargelegt habe, abschließend noch nicht beurteilen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker ({0}).
Wie rasch schlagen die Ergebnisse Ihrer Förderungsmaßnahmen inzwischen bei den Kommunen durch?
von Schoeler, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, die Frage ist mir deshalb nicht ganz klar; weil jede
Anlage, die mit unserer Förderung gebaut wird, natürlich unmittelbar dadurch Auswirkungen hat, daß sie sofort in Betrieb genommen wird. Aber vielleicht habe ich die Frage falsch verstanden.
Darf ich die Frage erläutern?
Weil zwei Fragen gemeinsam beantwortet worden waren, haben Sie ohnehin noch eine Zusatzfrage.
Ich darf diese Frage etwas verdeutlichen: Gibt es bereits so weitgehende Ergebnisse Ihrer Forschungen, daß sie breitgestreut bei den Kommunen zu entsprechenden Anwendungen führen und auch dort schon entsprechende Ergebnisse haben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich kann nur über die Maßnahmen Auskunft geben, die die Bundesregierung mit fördert. Sie können der Aufzählung der Orte, in denen Projekte durch die Bundesregierung mit gefördert werden, entnehmen, daß sich die Bundesregierung mit Maßnahmen schon sehr weitgehend - ja, man könnte fast schon von flächendeckend sprechen - beteiligt.
Ich rufe Frage 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker ({0}) auf:
Treffen Meldungen zu, nach denen von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig festgestellt wurde, daß Kohlekraftwerke radioaktive Bestandteile an die Luft abgeben und das hierbei entstehende Strahlenrisiko bis zu 100mal größer sei als dasjenige eines leistungsgleichen Kernkraftwerks?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es trifft zu, daß die Physikalisch-Technische Bundesanstalt Strahlenbelastungen durch Kohlekraftwerke in der genannten Größenordnung festgestellt hat.
Ergänzend kann ich Ihnen mitteilen, daß außer der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt auch das Institut für Strahlenschutz der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung München und der Lehrstuhl für Reaktortechnik der Technischen Hochschule Aachen vergleichbare Untersuchungen durchgeführt haben. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt ist dabei auf Grund der von ihr benutzten speziellen Daten zu etwas höheren Werten für die Strahlenbelastung durch Kohlekraftwerke gekommen als die beiden anderen Forschungsinstitute.
Wie Herr Kollege Baum in der Antwort auf die Schriftliche Frage des Kollegen Engelsberger am 20. April 1978 bereits ausgeführt hat, geht die Bundesregierung auf Grund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse davon aus, daß die zusätzliche Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Kohlekraftwerke an der ungünstigsten Einwirkungsstelle rund zehnmal so groß ist wie an der ungünstigsten Einwirkungsstelle eines Kernkraftwerkes gleicher Leistung. Weder die zusätzliche Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Kernkraftwerke noch die Strahlenbelastung durch Kohlekraftwerke stellt jedoch eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung in der Umgebung dieser Kraftwerke dar.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker.
Können Sie genaue Angaben darüber machen, wie weit diese Belastung unterhalb der Toleranzgrenze liegt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, sie liegt, wie ich ausgeführt habe, darunter; wie weit, bin ich gern bereit Ihnen schriftlich mitzuteilen.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Dr. Diederich ({0}) auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung noch keine Konsequenzen aus den in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen Erkenntnissen gezogen hat, nach denen aus dem Osten Einflußagenten in rechtsextreme Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland eingeschleust werden, um hier für neonazistische Vorfälle zu sorgen, die dann Munition für antideutsche Propaganda liefern, und wenn ja, warum nicht, und bestehen Vermutungen über die spiegelbildliche Außensteuerung von linksradikalen Kräften?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung hat in Antworten auf parlamentarische Anfragen bereits mehrfach dargelegt, daß zwar einzelne heute rechtsextremistisch tätige Personen früher kommunistischen Organisationen angehört hatten oder aus dem kommunistischen Machtbereich stammen, aber in keinem dieser Fälle konkrete Hinweise darauf vorliegen, daß die heute rechtsextremistische Betätigung dieser Personen von kommunistischer Seite gesteuert würde. Da entsprechende Meldungen von der Bundesregierung nicht bestätigt werden konnten und nicht bestätigt werden können, bestand und besteht kein Anlaß, besondere Konsequenzen zu ziehen.
Keine Zusatzfrage. - Dann rufe ich die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dr. Diederich ({0}) auf:
Welche Initiativen wird die Bundesregierung ergreifen, um die mißbräuchliche und politisch das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland als antifaschistisch-demokratisches Gemeinwesen im Ausland schädigende, gezielte und systematische Verbreitung der ersten und zweiten Strophe des sogenannten Deutschlandlieds in Schulen und Bildungseinrichtungen durch reaktionäre und revanchistische Kräfte zu unterbinden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung bedauert unzeitgemäße Versuche, die erste und zweite Strophe des Deutschlandliedes wiederzubeleben. Sie geht davon aus, daß die Landesregierungen den unerwünschten Gebrauch in Schul- und Bildungseinrichtungen der Länder zu verhindern wissen. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß den genannten Bestrebungen am besten dadurch entgegengewirkt wird, daß bei staatlichen Veranstaltungen nicht nur die Haydn'sche Melodie gespielt, sondern möglichst auch die dritte Strophe des Hoffmann'schen Liedes „Einigkeit und Recht und Freiheit" gesungen wird.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, was bedeutet in Ihrer Antwort der Begriff „unzeitgemäße Versuche"?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe damit die Frage aufgegriffen, in der mit anderen Worten dargestellt wird, daß die erste und die zweite Strophe des Deutschlandliedes von ihrem Wortlaut und Inhalt her als unzeitgemäß zu betrachten sind.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Diederich.
Würden Sie mir also zustimmen, Herr Staatssekretär, daß ein Zusammenhang zwischen der Belebung neonazistischer bzw. rechtsradikaler Tendenzen in der Bundesrepublik, wie sie jetzt vor allen Dingen in der Presse dargestellt wird, und dem Versuch vermutet werden könnte, die erste Strophe des Deutschlandliedes erneut zu popularisieren, und daß das einen entsprechenden Eindruck im Ausland hinterläßt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir sind aus den vergangenen Jahren zwei konkrete Beispiele der in Ihrer Frage genannten Art bekannt, die, glaube ich, so weitreichende Schlußfolgerungen, wie Sie sie in Ihrer jetzigen Frage daran geknüpft haben, nicht zulassen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Dr. Diederich.
Würden Sie mir zustimmen, Herr Staatssekretär, daß man das Deutschlandlied in der Schule also nur im Zusammenhang mit einer kritischen Interpretation der Geschichte der Nationalhymne behandeln sollte, einer Interpretation, die die Geschichte der Nationalhymne als ein Symbol deutschen Weltherrschaftsstrebens und deutschen Expansionismus darstellt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es ist nicht meine Aufgabe, hier im einzelnen zu den Bildungsinhalten Stellung zu nehmen. Das festzulegen ist wirklich Aufgabe der Länder.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir einig gehen, wenn ich sage, daß Hoffmann von Fallersleben ein so zweifelsfreier Demokrat war, daß es völlig unmöglich ist, ihn mit irgendwelchen nationalsozialistischen Wiederbelebungen in einem Atemzug zu nennen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, dem würde ich sicherlich zustimmen. Nur, das war, glaube ich, nicht die Frage. Die Fragen, die hier
Parl. Staatssekretär von Schoeler
gestellt worden sind, bezogen sich vielmehr darauf, wie der Text heute in der konkreten Gegenwart, in der konkreten Gesellschaft, in der wir leben, im In- und Ausland verstanden werden muß. Daran haben sich kritische Bemerkungen angeknüpft, die ich mit Hinweis darauf beantwortet habe, daß bei staatlichen Veranstaltungen die dritte Strophe dieses Liedes gesungen werden soll.
({0})
Herr Abgeordneter Lampersbach, bitte.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für zweckmäßig, einmal darauf hinzuweisen, unter welchen Voraussetzungen der Text des Deutschlandliedes, also der Text des Hoffmann von Fallersleben'schen Deutschlandliedes, zustande gekommen ist und welches die Überlegungen des Dichters waren, den Text „Deutschland, Deutschland über alles" zu formulieren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich hatte auf Grund der bisherigen Fragen keine Notwendigkeit dazu gesehen. Aber selbstverständlich ist, daß der Text eines solchen Liedes, die Entstehung eines solchen Liedes nur aus der jeweiligen Zeitgebundenheit heraus zu begreifen ist.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß jeder in der Literaturgeschichte auch nur halbwegs bewanderte Schüler eines Gymnasiums sehr wohl in der Lage ist, diesen Text unter dem Gesichtspunkt unserer heutigen Erfahrungen differenziert zu beurteilen, und daß er deswegen auch die Entscheidung eines seinerzeitigen Bundespräsidenten, daß das Deutschlandlied in seiner Gesamtheit die Nationalhymne bilde, richtig einzuordnen weiß?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, leider gab es in der Vergangenheit zwei konkrete Fälle, in denen der ersten und der zweiten Strophe des Deutschlandliedes wieder besondere Bedeutung - einmal auch im Schulunterricht - zugemessen wurde. Das ist ja wohl auch der Anlaß, aus dem die Fragesteller diese Frage hier im Plenum des Deutschen Bundestages wieder zur Sprache gebracht haben. Deswegen kann ich Ihre Einschätzung in dieser globalen Form leider nicht teilen. Vielmehr wiederhole ich das, was ich in meiner ersten Antwort bereits dargelegt habe: daß durchaus Anlaß besteht, darauf hinzuweisen, daß die Bundesregierung es bedauert, wenn die erste und die zweite Strophe des Deutschlandliedes in Einzelfällen propagiert worden sind, auch im Schulunterricht.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin zustimmen, daß die in der jüngsten Geschichte erfolgten Interpretationen der ersten und der zweiten Strophe des Deutschlandliedes die Aussage nicht rechtfertigen, diese Strophen seien nicht zeitgemäß, sondern daß aus der Geschichte heraus zu konstatieren ist, daß diese beiden Strophen in Deutschland nicht mehr gesungen werden können?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Daß die ersten beiden Strophen u. a. auch aus den von Ihnen gegenannten Gründen nicht gesungen werden sollen, entspricht auch dem Briefwechsel zwischen dem damaligen Bundeskanzler Adenauer und dem damaligen Bundespräsidenten Heuss, der aus eben diesen Gründen geführt wurde.
Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weißkirchen.
Herr Staatssekretär, wie bewertet die Bundesregierung im Blick auf die außenpolitische Wirkung des Vorganges die Tatsache, daß der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Hans Karl Filbinger, mit dem Sänger Heino an Schulkinder gemeinsam Schallplatten verteilt hat, bei denen die ersten beiden Strophen der Nationalhymne mit aufgenommen sind?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das ist einer der beiden von mir vorhin im einzelnen erwähnten Fälle, von denen ich sagen muß, daß die Bundesregierung die Versuche bedauert, die erste und die zweite Strophe dieses Liedes wiederzubeleben.
Ich rufe die Frage 12 auf. - Herr Abgeordneter Dr. Mertes ({0}) ist nicht im Raum. Diese Frage wird ebenso wie seine Frage 13 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 14 des Herrn Abgeordneten Broll. - Er ist nicht im Raum. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 15 des Herrn Abgeordneten Weißkirchen ({1}):
Sieht die Bundesregierung in dem Umstand, daß sich - wie die Stuttgarter Zeitung vom 8. Mai 1978 meldete die KPD/ML die Kosten für Reise und Aufenthalt des einstigen Kommunisten und Sowjetgenerals Grigorenko, der von der KPD/ML nach Hamburg eingeladen wurde, gemeinsam mit der Jungen Union teilte, einen Bestandteil der verfassungsfeindlichen Zielen dienenden Bündnispolitik und Strategie der KPD/ML?
Herr Kollege, der Bundesregierung ist bekannt, daß der ehemalige sowjetische Generalmajor Grigorenko am 6. Mai 1978 in Hamburg auf getrennten Veranstaltungen der Jungen Union und der KPD gesprochen hat. Ihr ist nicht bekannt, daß es zwischen den Veranstaltern Absprachen über eine Erstattung der Kasten oder sonstige Absprachen gegeben hätte.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weißkirchen.
Herr Staatssekretär, können Sie mir zustimmen, ,daß es in diesem Fall um eine umgekehrte Doppelstrategie der Jungen Union gehen könnte, gemeinsam mit der KPD/ML solche Veranstaltungen zu bestreiten?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, entsprechend Antworten auf viele andere Fragen muß ich darauf hinweisen, daß es nicht die Aufgabe ,der Bundesregierung sein kann, das Verhalten demokratischer Organisationen zu beurteilen. Für einen erwähnenswerten Fall einer Bündnispolitik gibt es hier mangels uns bekannter Absprachen zwischen den Organisatoren ,der beiden getrennten Veranstaltungen nach meiner Kenntnis jedenfalls keinen Anhaltspunkt.
Ich hätte die Frage eigentlich auch nicht zulassen sollen.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, mit Rücksicht auf die ganz erhebliche Lärmbelästigung der Bevölkerung in den an Truppenübungsplätzen angrenzenden Gemeinden nicht nur den Verkehrslärm, sondern auch den Lärm von Truppenübungsplätzen in das bevorstehende Lärmschutzgesetz einzubeziehen, um auf diese Weise den bei der Bevölkerung dort zumindest mittelfristig zu erwartenden gesundheitlichen Schädigungen entgegenzuwirken?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, der Entwurf eines Gesetzes zum Schutz gegen Verkehrslärm an Straßen und Schienenwegen, der dem Deutschen Bundestag derzeit zur Beratung vorliegt, hat zum Ziel, klare Rechtsgrundlagen für ,den Schutz der Bevölkerung gegen Verkehrslärm bei der Planung und beim Bau von Verkehrswegen zu schaffen. Eine Einbeziehung anderer Lärmarten wie zum Beispiel des Lärms von Truppenübungsplätzen verbietet sich aus sachlichen und rechtssystematischen Gründen; sie würde den Rahmen des Gesetzes sprengen.
Die Bundeswehr hat jedoch bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um unter anderem die Beeinträchtigung der Anwohner von Truppenübungsplätzen durch Lärm zu verringern. Dazu gehören zum Beispiel die Verlagerung von Übungsbetrieb aus dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland auf Truppenübungsplätze verbündeter Staaten, einschränkende Bestimmungen über .die Nutzung von Truppenübungsplätzen sowie die Durchführung schallschützender Baumaßnahmen. Im Hinblick auf die Notwendigkeit der Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr und zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Rahmen des NATO-Bündnisses wird es jedoch nicht völlig zu vermeiden sein, daß der Bevölkerung gewisse Belastungen durch den militärischen Übungsbetrieb entstehen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kunz ({0}).
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung wenigstens in anderer
Weise bereit, zu helfen, etwa durch die Bereitstellung von Mitteln, damit die am stärksten vom Schießlärm betroffenen Truppenübungsplatzanrainer durch schalldämmende Maßnahmen an den Wohngebäuden die gesundheitlichen Schäden so gering wie möglich halten können?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung schon eine Reihe von Maßnahmen ergriffen hat. Selbstverständlich können und müssen weitere Maßnahmen ständig geprüft werden. Das ist aber nur an Hand eines konkreten Falles und der konkret dafür vorzuschlagenden Maßnahmen möglich.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kennt die Bundesregierung die Höhe des Lärmpegels, dem die Truppenübungsplatzanrainer bei Tag und Nacht ausgesetzt sind, und ist sie bereit, diese Zahl zu nennen bzw. über ein unabhängiges Institut einmal über einen längeren Zeitraum - beispielsweise über ein ganzes Jahr hinweg - feststellen zu lassen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich bin gern bereit, diese Frage zu prüfen und Ihnen dazu eine Antwort zu geben.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schartz.
Herr Staatssekretär, Sie haben in Ihrer Antwort an den Kollegen Kunz ausschließlich die Bemühungen der Bundeswehr herausgestellt. Ist die Bundesregierung bereit, auch auf ihre Verbündeten, die Truppenübungsplätze im Bereich der Bundesrepublik Deutschland haben, einzuwirken, damit dort Lärmbelästigungen vermieden werden?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, mir ist im Augenblick nicht bekannt, ob es Anlaß gibt, daran zu zweifeln, das seitens der Verbündeten, die in der Bundesrepublik Truppenübungsplätze zur Verfügung haben, schon entsprechende Maßnahmen ergriffen wurden.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Schartz ({0}) auf:
Ist es nach Auffassung der Bundesregierung richtig, daß Bundesbeamte im Dienst die Abzeichen politischer Parteien tragen wie z. B. Anstecknadeln mit der Aufschrift „SPD" oder Anstecknadeln mit roten Köpfen, von denen der Bürger weiß, daß sie die Mitgliedschaft zur SPD symbolisieren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, wie Herr Kollege Baum in seiner Antwort auf eine entsprechende Frage des Herrn Kollegen Dr. Wittmann für die Fragestunde am 3./4. Dezember 1975 ({1}) schon ausgeführt hat, muß das Tragen von Abzeichen politiParl. Staatssekretär von Schoeler
scher Parteien im Dienst danach beurteilt werden, ob hierdurch im Einzelfall das Vertrauen der Öffentlichkeit in die parteipolitische Neutralität der Verwaltung in Frage gestellt oder das von politischer Beeinflussung freizuhaltende Verhältnis von Vorgesetzten und Mitarbeitern sowie der Mitarbeiter untereinander gestört werden könnte. Dies läßt sich nicht allgemeinverbindlich regeln, sondern sollte zunächst der eigenverantwortlichen Entscheidung des Beamten überlassen bleiben.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schartz.
Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Staatssekretär, daß Sie die Meinung vertreten, ein Tragen von Parteiabzeichen im Dienst stehe nicht im Widerspruch zum Beamtenrecht?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das wäre eine sehr schwierige verfassungsrechtliche Frage. Auch den Beamten steht im außerdienstlichen Bereich und auch im dienstlichen Bereich, soweit die zwingenden Erfordernisse des Dienstes dem nicht entgegenstehen, das Recht auf freie politische Betätigung zu. Im dienstlichen Bereich gelten die Einschränkungen, die sich aus den Erfordernissen des Dienstes und beispielsweise aus den §§ 52 und 53 des Bundesbeamtengesetzes ergeben.
Ich hätte, um auf Ihren Frage einzugehen, Bedenken, ob es zulässig wäre, ein generelles Verbot des Tragens von Parteiabzeichen oder ähnlichen Emblemen einzuführen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schartz.
Herr Staatssekretär, ich hatte Sie nach dem Tragen von Parteiabzeichen im Dienst gefragt. Sie haben das bei Ihrer Antwort nicht berücksichtigt. Würde es nach Meinung der Bundesregierung eine Überprüfung im Einzelfall notwendig machen, wenn ein Beamter im Dienst das Abzeichen einer politischen Partei trägt oder ein Schild auf dem Schreibtisch hat „Ich bin Mitglied der SPD"?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, das Problem stellt sich zunächst einmal nicht für eine bestimmte Partei, sondern für alle Parteien. Im übrigen habe ich in der Antwort bereits darauf hingewiesen, daß es eine Prüfung des Einzelfalles erfordert, ob das Recht auf freie politische Betätigung, das grundsätzlich auch für einen Beamten gilt, im Einzelfall hinter die dienstlichen Belange zurücktreten muß, die es in jedem Fall erforderlich machen, daß das Vertrauen des Bürgers in die parteipolitisch neutrale Tätigkeit eines Beamten nicht erschüttert wird.
Die Frage ist unterschiedlich zu beantworten, und zwar - um auf Ihre erste Bemerkung einzugehen - auch bei der dienstlichen Tätigkeit des
Beamten, je nachdem, wie der Beamte beispielsweise in Kontakt mit dem Publikum ist.
Die Frage ist, um es am Beispiel zu konkretisieren, bei einem Archivbeamten anders zu beantworten als bei einem Mann, der derart im ständigen Publikumsverkehr steht, daß das Vertrauen dieses Publikums in seine parteipolitische Neutralität erschüttert werden könnte, wenn ein solches Emblem offen sichtbar getragen wird.
Im übrigen gestatten Sie mir die Bemerkung, daß es manchmal besser ist, wenn ein Emblem offen getragen wird, als wenn es unter dem Revers versteckt ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Immer.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß viele Bedienstete des Landes Rheinland-Pfalz ein CDU-Abzeichen tragen, obwohl es eigentlich gar nicht notwendig wäre, weil jedermann im Lande Rheinland-Pfalz weiß, daß im Regelfall die meisten Beamten nur „Schwarze" sind?
({0})
Herr Kollege, ich glaube, dieses Adjektiv war nicht ganz angebracht. Aber sonst ist die Frage bis dahin zulässig.
({0})
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Soll die Frage beantwortet werden, Frau Präsidentin?
Wenn Sie wollen, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Es ist mir nicht bekannt, und ich habe auch keine Möglichkeiten, zu prüfen, welche Abzeichen rheinland-pfälzische Landesbeamte im Dienst tragen.
Herr Abgeordneter Jäger, Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß die Bundesregierung und Sie davon ausgehen, daß das Tragen von Parteiabzeichen im Dienst und im Publikumsverkehr grundsätzlich als nicht zulässig angesehen werden muß?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Auch dies hängt von der jeweiligen Situation des Einzelfalls ab, Herr Kollege, wie von der Bundesregierung bereits hier im Plenum des Deutschen Bundestages dargestellt und von mir heute wiederholt.
Letzte Frage, Herr Oostergetelo.
Herr Staatssekretär, könnte es nicht sein, daß die Verhaltensweisen der Beamten, die Herr Schartz hier gemeint hat, auch zur Chancengleichheit beitragen, zumal es doch bei der Opposition sehr viele Wähler gibt, die dies am Zweit- und Drittwagen im öffentlichen Straßenverkehr zeigen können?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die mir gestellte Frage ist rechtlich unabhängig davon zu beurteilen, um welches Parteiabzeichen oder welches Emblem es sich handelt.
({0})
Die Fragen 18 und 19 des Herrn Abgeordneten Engelsberger sowie 20 und 21 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Fragen 22 und 23 der Frau Abgeordneten Karwatzki, 24 des Herrn Abgeordneten Waltemathe, 25 und 26 des Herrn Abgeordneten Hoffmann ({0}), 27 und 28 des Herrn Abgeordneten Lutz, 29 des Herrn Abgeordneten Dr. Schwencke ({1}), 30 und 31 des Herrn Abgeordneten Dr. Staudt, 32 des Herrn Abgeordneten Gansel sowie 33 und 34 des Herrn Abgeordneten Conradi sind von den Fragestellern zurückgezogen worden.
({2})
Die Fragen 87 und 88 des Herrn Abgeordneten Spranger werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe Frage 35 des Herrn Abgeordneten Wehner auf:
Welche Ergebnisse hat die Prüfung gehabt, die von der Bundesregierung in der Fragestunde vom 17. Februar 1978 zu der Frage zugesagt worden ist, ob und gegebenenfalls welche gesetzgeberischen Maßnahmen gegen die Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda zu veranlassen sind?
Auf das Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 25. Januar 1978 an die Justizminister und -senatoren der Länder haben inzwischen alle Länder geantwortet. In den Antwortschreiben wird übereinstimmend die Besorgnis über das Ansteigen des Vertriebs und der Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut und nationalsozialistischen Symbolen geteilt. Weiter wird in den Schreiben mitgeteilt, daß die Landesjustizverwaltungen entweder bereits Anordnungen mit besonderen Berichtspflichten für die Staatsanwaltschaften für die einschlägigen Verfahren erlassen haben oder aber ihre Staatsanwaltschaften nochmals auf die besondere Bedeutung der nachdrücklichen Verfolgung 'von Straftaten nach den §§ 86, 86 a des Strafgesetzbuches hingewiesen haben. So bestehen beispielsweise in Bayern seit Jahren für diese Verfahren besondere Berichtspflichten. Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat auf einer Dienstbesprechung mit den Generalstaatsanwälten und den Leitenden Oberstaatsanwälten des Landes Nordrhein-Westfalen am 9. Februar 1978 auf die Problematik des öffentlichen Vertriebs von Nazi-Emblemen hingewiesen und zum Ausdruck gebracht, daß Ermittlungsverfahren in diesem Bereich mit besonderem Nachdruck zu führen sind.
Erfahrungsberichte der Strafverfolgungsbehörden konnten bisher aus den Geschäftsbereichen der Landesjustizverwaltungen Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ausgewertet werden. Die vorläufige Auswertung dieser Berichte ergibt, daß offenbar in wesentlich größerem Umfang als bisher angenommen Verfahren wegen Vergehen nach den §§ 86, 86 a des Strafgesetzbuches von den Staatsanwaltschaften eingeleitet worden sind und eingeleitet werden. In den durch Urteil abgeschlossenen einschlägigen Strafverfahren haben die Gerichte nach den bisher mitgeteilten 43 Entscheidungen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr und drei Monaten und Geldstrafen bis zu einer Höhe von 5 400 DM verhängt. Die Zahl der Freisprüche fällt demgegenüber nicht ins Gewicht.
Die bisherige Auswertung hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß auf Grund der derzeitigen Rechtslage die Straftatbestände der §§ 86 und 86 a des Strafgesetzbuches ergänzungs- oder änderungsbedürftig wären.
Eine abschließende Bewertung, ob gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich sind oder das geltende Recht ausreicht, ist zur Zeit jedoch noch nicht möglich. Hierzu bedarf es zunächst noch der Auswertung der Erfahrungsberichte aller Landesjustizverwaltungen. Falls es erforderlich erscheinen sollte, wird die Bundesregierung nicht zögern, gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
Zu den Verfahren, die mit Veranlassung für das Schreiben des Bundesministers der Justiz an die Justizminister und -senatoren der Länder gewesen sind, ist zu bemerken, daß diese Verfahren, die sich gegen Herstellungs- und Vertriebsunternehmen von Gegenständen mit Nazisymbolen richten, noch nicht abgeschlossen sind. Aus den bisher vorliegenden Berichten ist jedoch zu entnehmen, daß sie in der gebotenen Weise betrieben werden.
Im Bereich der Landesjustizverwaltung NordrheinWestfalen sind beispielsweise vier bedeutendere Verfahren anhängig: Verfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen eine Kauffrau wegen des Vertriebes von sogenannten Dokumentarschallplatten; Verfahren der Staatsanwaltschaft Essen gegen einen Kaufmann, der in der „Deutschen Nationalzeitung" Hitler-Reliefbüsten angeboten hat - bei einer Durchsuchung wurden zahlreiche derartige Büsten sichergestellt -; Verfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen den Geschäftsführer einer Firma, dem vorgeworfen wird, in Zeitschriften Orden, Uniformteile, Fahnen und Abzeichen mit NS-
Emblemen sowie Hitler-Münzen in sehr großer Zahl zum Kauf angeboten zu haben; Verfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen die VerantwortParl. Staatssekretär Dr. de With
lichen einer Firma wegen des Verkaufs von Schiffs-
und Flugzeugmodellen aus Plastik mit Hakenkreuzen.
Die strafrechtliche Ahndung der Verbreitung und Verwendung von Propagandamitteln ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen und die Strafverfolgung anderer rechtsextremistischer Aktivitäten wird im übrigen als Tagesordnungspunkt auf der 49. Konferenz der Justizminister und -senatoren vom 30. Mai bis 1. Juni 1978 in Essen auf Anregung des Bundesministers der Justiz behandelt. Diese Konferenz läuft zur Zeit noch.
Ich darf Ihre Frage, Herr Kollege Wehner, zum Anlaß nehmen, nochmals zu bekräftigen, daß die Bundesregierung der Sache die gebotene Bedeutung beimißt und die Entwicklung sehr aufmerksam verfolgt.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, haben Sie in Ihrer Antwort u. a. betont, daß die bisherige Auswertung ergeben habe: keine Anhaltspunkte auf Grund der derzeitigen Rechtslage, die Straftatbestände der einschlägigen Paragraphen - die haben Sie genannt - zu verändern. Bin ich völlig ungenügend unterrichtet, wenn ich aus dem, was ich habe lesen können über Verurteilungen entsprechend den von Ihnen angeführten Paragraphen, in sehr vielen Fällen die Schlußfolgerung habe ziehen müssen: Es gibt zwar gewisse Urteile, aber sie werden dann in einer sehr großen Anzahl mit Bewährung ausgesprochen, brauchen also durch die Täter faktisch nicht ausgeführt zu werden?
Es trifft zu, daß es eine ganze Anzahl von Urteilen gibt, in denen die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dies ist etwa, nur um einige Beispiele zu nennen, dann der Fall gewesen, wenn es sich um Ersttäter oder um Jugendliche handelte. Ich gehe aber davon aus, daß die Richter gleichwohl sehr nachdrücklich von ,dem gebotenen Strafmaß Gebrauch machen, wenn deutlich wird, daß es sich - um es einmal so auszudrücken - um nachdrückliche Vergehen nach den angezogenen Vorschriften handelt. Ich bin auch der Meinung, daß die Öffentlichkeit in letzter Zeit mit größerem Argwohn Anzeichen dieser Art beobachtet und daß dies Auswirkungen auf die Strafverfolgung haben wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, vom Zentralrat der Juden in Deutschland sind nicht nur, aber besonders in letzter Zeit einige doch sicher nicht einfach von der Hand zu weisende Hinweise auf alarmierende Zeichen in bezug auf Veröffentlichungen - ich könnte eine ganze Reihe von sogenannten Diensten, die bei uns auf Grund der herrschenden Pressefreiheit natürlich erscheinen
können, hier nennen - gegeben worden, und ich möchte gern wissen, ob die Bundesregierung diesen Hinweisen, die der Zentralrat der Juden auf Grund der Erfahrungen gegeben hat, die ja wohl vor allem der jüdische Teil unseres Volkes, soweit er noch existiert, nachdem „Deutschland, Deutschland über alles" gewesen ist, gemacht hat, besonderes Gewicht beimißt.
Es hat in der Tat den Anschein, daß in den letzten Monaten eine Verstärkung der Aktivitäten in diesem Bereich zu verzeichnen ist. Ich habe Ihre Frage gern zum Anlaß genommen, darauf hinzuweisen, daß jedoch mit Nachdruck entsprechende Straftatbestände verfolgt werden. Ich benutze die Gelegenheit auch gern, zu betonen, daß wir alle über das Ausmaß, das wir feststellen mußten, sehr betroffen sind. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß wir nicht zögern werden, entsprechende gesetzliche Maßnahmen einzuleiten, wenn sich bei der endgültigen Auswertung herausstellen sollte, daß die bisherigen Bestimmungen nicht ausreichen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, haben Sie die umfangreichen Ermittlungen und Nachforschungen, deren Ergebnis Sie hier vorgetragen haben, lediglich auf die Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda beschränkt, ober haben Sie auch andere verfassungsfeindliche Propaganda in Ihre Prüfungen und Untersuchungen mit einbezogen?
Die Frage, die Herr Abgeordneter Wehner ,gestellt hat, war eindeutig. Danach sind wir verfahren, und entsprechend habe ich geantwortet.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.
Bis wann, Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung ihre auf diesem Zwischenbericht beruhenden Überlegungen und Prüfungen abgeschlossen haben können, und in welcher Weise beabsichtigt sie dann den Deutschen Bundestag vom Ergebnis ihrer abschließenden Überlegungen zu unterrichten?
Einen Zeitraum, Herr Kollege Jahn, kann ich noch nicht nennen. Ich erwähnte, daß dieser Bereich auch ein Tagesordnungspunkt der Justizministerkonferenz dieser Tage war. Das heißt, es wird wohl noch ein gewisser Zeitraum abgewartet werden müssen. Aber Sie dürfen versichert sein, daß der Bundesminister der Justiz, soweit das in seinen Möglichkeiten liegt, drängen wird, um möglichst bald einen endgültigen Bericht erstellen zu können. Wie der Bericht veröffentlicht wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber ich darf versichern, daß die Veröffentlichung so geschehen
wird, daß jedermann alsbald von diesem Bericht Kenntnis erlangen kann und eine möglichst weite Verbreitung gesichert ist.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause mitteilen, ob die gestiegenen antisemitischen Aktivitäten auf Grund einer zentralen Leitung etwa von Rechtsradikalen oder, wie wir in einigen Fällen wissen, auch von Linksradikalen erfolgen oder aus welchem Grunde antisemitische Aktionen in letzter Zeit in der Bundesrepublik durchgeführt wurden?
Ich sagte, daß es eine endgültige Auswertung noch nicht gibt. Es kann lediglich verzeichnet werden, daß eine Steigerung zu beobachten ist. Was der Hintergrund ist und wie die Motivationen lauten, kann ich nicht mitteilen.
Herr Dr. Linde, noch eine Frage.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung ihre Bemühungen bei der Eindämmung des Rechtsradikalismus auch darauf konzentriert, die Strafverfolgungsbehörden ganz allgemein besser über die Gefährlichkeit sowie über Art und Umfang dieses Täterkreises zu unterrichten?
Der Bundesminister der Justiz hat in seinem Schreiben auf das Geschehen, das ich zu schildern versucht habe, mit Nachdruck hingewiesen. Es hat über dieses Schreiben bis zum heutigen Tage mehrmals einen Informationsaustausch mit allen Bundesländern auf verschiedenen Ebenen gegeben. Ich sagte bereits, daß während der Justizministerkonferenz, die in diesen Tagen läuft, dieser Bereich erneut auf der Tagesordnung steht, so daß von einem ständigen Kontakt gesprochen werden kann und davon ausgegangen werden muß, daß die Strafverfolgungsbehörden über die Landesjustizverwaltungen davon entsprechende Kenntnis erhalten haben.
Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Lampersbach auf:
Hält es die Bundesregierung mit dem Gebot der Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz für vereinbar, daß der Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With am 20. April 1978 in der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage das Geltend-machen von Schadenersatzansprüchen gegen Ladendiebe in der Form der Erstattung von Ergreifungsprämien und Bearbeitungskosten als „Privatjustiz bei Ladendiebstählen" bezeichnete, wenn die Deutsche Bundespost für die Feststellung der Überführung von Tätern, die öffentliche Münzfernsprecher mutwillig beschädigen, Auslobungen aussetzt und ausgezahlte Belohnungen entsprechend der Rechtsprechung als Schadensbetrag vom Schädiger einfordert, und will sich die Bundesregierung nicht dazu entschließen, Umschreibungen wie Selbstjustiz", „Warenhausjustiz" oder auch „Privatjustiz bei Ladendiebstählen" und dergleichen energisch entgegenzutreten?
Ein verfassungsrechtlich relevanter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt deshalb nicht vor, weil auf der einen Seite die Äußerung der Bundesregierung zu einer Rechtsfrage, auf der anderen Seite ein eigenes Verwaltungshandeln des Bundes steht. Wenn man Ihre Frage dahin auslegt, daß Sie der Bundesregierung ein widersprüchliches Verhalten vorwerfen wollen, darf ich folgendes bemerken:
Ich habe in der Antwort auf eine schriftliche Frage des Kollegen Würtz die Ansicht vertreten, daß beim Ladendiebstahl dem Geschäftsinhaber ein pauschalierter Schadensersatz in Form einer „Bearbeitungsgebühr" nicht zustehe und daß die sogenannte Fangprämie in der Regel zu den allgemeinen Kontroll- und Vorsorgemaßnahmen des Geschäftsinhabers gehöre und ebenfalls keinen vom Ladendieb zu ersetzenden Schaden darstellen dürfte.
Ergänzend habe ich darauf hingewiesen, daß diese Rechtsfragen umstritten seien und daß ein höchstrichterliche Entscheidung nicht vorliege.
Die Deutsche Bundespost verlangt, soweit ich unterrichtet bin, keine pauschalierten Bearbeitungskosten von Personen, die eine Fernsprechzelle beschädigt haben.
Richtig ist allerdings, daß die Oberpostdirektionen zum Teil für Hinweise auf solche Täter Belohnungen ausloben und von den Tätern anschließend die Erstattung der Belohnung fordern. Die Höhe dieser Belohnungen liegt bei etwa 50 oder 100 Deutsche Mark. Im Tatsächlichen ergeben sich jedoch Unterschiede: Im Durchschnitt liegt der Betrag, den die Post bei mutwilliger Beschädigung eines Münzfernsprechers gegen den Täter in Ansatz bringt, anders als beim Warenhausdiebstahl erheblich unter dem angerichteten Schaden. Außerdem hat die Post naturgemäß größere Schwierigkeiten, diese ihre Einrichtungen zu überwachen und zu schützen. Schließlich handelt es sich bei Münzfernsprechern um Einrichtungen im Allgemeininteresse.
Ob diese Unterschiede im Tatsächlichen zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen können, muß freilich abgewartet werden.
Die Ausdrücke „Selbstjustiz", „Warenhausjustiz" und „Privatjustiz" bei Warenhausdiebstählen haben sich in der rechtspolitischen Diskussion eingebürgert. Ich bin allerdings der Auffassung, daß man bei der Verwendung solcher Worte sogleich präzisieren sollte, welcher konkrete Sachverhalt gemeint ist. Dementsprechend habe ich auch in der Antwort auf die Frage des Kollegen Würtz zunächst den in der Frage verwendeten Ausdruck „Privatjustiz bei Ladendiebstählen" mit konkreten Beispielsfällen ausgefüllt und anschließend meine Rechtsauffassung zu diesen Fällen dargelegt. Es war also, Herr Kollege, ein Ausdruck, den der Fragesteller gebraucht hatte.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lampersbach.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Ihre Darstellung, die Sie gerade zur Unterschiedlichkeit des Tatbestandes bei der Bundespost und bei einem Ladendiebstahl in einem Warenhaus oder Privatgeschäft gegeben haben, ist für mich in der Wertung nicht ganz nachzuvollLampersbach
ziehen. Trotzdem möchte ich Sie fragen: Auf welche Untersuchungen stützen sich Ihre Aussagen, die Sie zu diesem Vorgang gerade gemacht haben?
Es gibt hier keine weitgefächerten Untersuchungen, sondern einfach eine Beurteilung des Tatsächlichen und Angaben über den Wert des Schadens. Darauf basiert die Differenzierung, die ich vorgenommen habe, und ich habe deutlich betont, daß dies Unterschiede im Tatsächlichen sind, und, wie ich meine, in der Bewertung eine sehr vorsichtige Ausdrucksweise gebraucht, wenn Sie recht hingehört haben.
Zweite Zusatzfrage.
Ich habe recht hingehört, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Der Schaden ist doch sicherlich bei beiden Vorgängen, ob er nun in einem Warenhaus, in einem Einzelhandelsgeschäft oder bei der Bundespost entsteht, unterschiedlich hoch. Es kann bei der Beschädigung einer Telefonzelle ein geringwertiger, aber auch ein sehr teurer Schaden entstehen, wie auch beim Ladendiebstahl ein dem Wert nach geringer oder größerer Schaden entstehen kann. Insofern wäre es doch erforderlich, wenn Sie hier derartige Aussagen machen, zunächst einmal festzustellen: Wie ist der tatsächliche Vorgang in all den Fällen, die der Bundesregierung bekanntgeworden sind?
Nach den uns zugänglichen Unterschieden - und dies habe ich deutlich zu machen versucht - ist der durchschnittliche Schaden bei einem Warenhausdiebstahl unter dem Betrag der Fangprämie anzusiedeln, wohingegen der durchschnittliche Schaden bei Beschädigung von Münzfernsprechern der Post weitaus höher liegt als die Auslobungssumme. Das ist eine Differenz, die im Tatsächlichen beachtet werden muß.
Hinzu kommt, um dies noch einmal zu betonen, daß ein Münzfernsprecher ,dem Allgemeininteresse dient und ganz sicher schwieriger zu schützen ist als Gegenstände in einem Warenhaus.
Ich darf aber auch darauf hinweisen, daß ich erwähnt habe, daß freilich noch offensteht, wie dieser Unterschied im Tatsächlichen rechtlich bewertet werden soll.
Ich rufe Frage 37 des Herrn Abgeordneten Lampersbach auf:
Ist die Bundesregierung darüber hinaus der Auffassung, daß der Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With den Grundsatz, Beeinflussungen schwebender Gerichtsverfahren zu unterlassen, mit Rücksicht auf den ihm bekannten, beim Bundesgerichtshof anhängigen Musterprozeß dadurch verletzt hat, daß er die Einforderung von Ergreifungsprämien und „pauschalierter" Bearbeitungskosten als grundsätzlich unzulässig bezeichnet hat, anstatt sich auf den Hinweis zu beschränken, daß insoweit streitige Rechtsfragen zur höchstrichterlichen Entscheidung anstehen?
In der Antwort auf die Frage des Kollegen Würtz habe ich in keiner Weise auf einen anhängigen Rechtsstreit Bezug genommen. Ich habe lediglich eine Rechtsauffassung wiederholt, die von der Bundesregierung schon
mehrfach im Deutschen Bundestag geäußert worden ist, und zwar unter Hinweis darauf, daß eine endgültige gerichtliche Klärung noch nicht erfolgt sei. Es dürfte fernliegen, in diesem Zusammenhang den Versuch einer Beeinflussung eines Gerichtsverfahrens zu konstruieren.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lampersbach.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, außer der anhängigen höchstrichterlichen Entscheidung liegen ja bereits Urteile von Oberlandesgerichten in diesen Fällen vor, die durchaus bestätigen, daß die Inhaber von Einzelhandelsgeschäften Rechtens gehandelt haben. Sind Sie nicht auch der Auffassung, daß die Bundesregierung hier doch einen weitgehenden Eingriff in ein schwebendes Verfahren vorgenommen hat oder daß aus Ihrer Antwort zumindest eine Bagatellisierung entnommen werden kann?
Es liegen Urteile - wenn ich das vereinfacht sagen darf - in beiderlei Richtungen vor. Dasselbe gilt für vielerlei Kommentare, die hierzu geschrieben wurden und die man eigentlich in jeder Fachzeitschrift nachlesen kann. Unter dieser Voraussetzung habe ich die Meinung der Bundesregierung, losgelöst von irgendeinem einzelnen Fall, kundgetan, und zwar mit der gebotenen Vorsicht, indem ich nämlich darauf hinwies, daß das noch nicht höchstrichterlich entschieden sei.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, der Bundesregierung ist also bekannt, daß die Zahl der Ladendiebstähle in einem erschreckenden Ausmaß zugenommen hat. Meinen Sie nicht, daß man alles tun sollte, um der Zügellosigkeit Einhalt zu gebieten, und mit allem Nachdruck darauf hinweisen sollte, daß es sich nicht nur um kleine Kavaliersdelikte handelt, sondern gerade bei Jugendlichen 'vielfach , auch um den Beginn einer später kriminell werdenden Karriere.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Zahl der Ladendiebstähle ganz offensichtlich zugenommen hat. Es kann aber auch keinem Zweifel unterliegen, daß eine harte Strafmaßnahme nicht das einzige Mittel ist, um Ladendiebstähle zu bekämpfen. Wenn es hier zu Maßnahmen kommt, muß dafür Sorge getragen werden, daß ein vernünftiger Weg der Mitte gewählt wird. Genau das hat die Bundesregierung getan, übrigens mit Zustimmung des gesamten Hauses; ich erinnere an die Beratungen im Strafrechtssonderausschuß zu einigen Vorschriften - nicht zuletzt auch der Strafprozeßordnung; ich darf § 153 a StPO erwähnen -, die einschlägig sind,
Aus diesem Grunde kann ich nicht zustimmen, falls Ihre Frage bedeuten sollte, alles solle dafür getan werden, daß irgend jemand in möglichst weitem Umfang haftet. Ich meine, wir haben alles zu tun, um schon vorbeugend dafür Sorge zu tragen, daß die Zahl der Diebstähle abnimmt und differenziert verfahren wird, und zwar so, daß nach Möglichkeit wirklich nur die Schuldigen, aber keinesfalls die Unschuldigen getroffen werden.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Dr. Linde auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhältnis der Eingriffsmöglichkeiten in den Grundrechtsbereich des Artikels 10 des Grundgesetzes auf Grund des G 10-Gesetzes und richterlicher oder staatsanwaltlicher Entscheidung gemäß §§ 100 a und 100 b der Strafprozeßordnung ({0}) im Hinblick auf einen wirksamen Schutz des Bürgers vor übermäßiger Kontrolle, und gibt es nach dem Wissensstand der Bundesregierung Fälle, in denen eine Überwachung nach dem G 10-Gesetz abgelehnt wurde, die anschließend als Maßnahme nach den §§ 100 a, 100 b StPO fortgesetzt wurde?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Die Eingriffsmöglichkeiten in den Grundrechtsbereich des Brief-, Post-
und Fernmeldegeheimnisses auf Grund von Art. 1 des Gesetzes zu Art. 10 des Grundgesetzes einerseits und der §§ 100 a und 100 b der Strafprozeßordnung andererseits stehen selbständig nebeneinander. Es besteht weder ein Spezialitäts- noch ein Subsidiaritätsverhältnis in dem Sinne, daß die Durchführung der einen Maßnahme die andere ausschließen würde oder eine bestimmte Rangfolge einzuhalten wäre. Das folgt aus den unterschiedlichen Zielrichtungen beider Regelungen. Während die strafprozessualen Bestimmungen der Aufklärung begangener Straftaten dienen, ist die Regelung des Gesetzes zu Art. 10 des Grundgesetzes präventiv auf die Abwehr drohender Gefahren für die verfassungsmäßige Ordnung und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichtet.
Die Voraussetzungen der nach den genannten Bestimmungen zulässigen Maßnahmen und das dabei zu beobachtende Verfahren weichen in den beiden Eingriffsermächtigungen - der Natur der beiden Regelungsbereiche entsprechend - nicht unerheblich voneinander ab. Die gesetzlichen Regelungen schließen dabei nicht aus, daß in Grenzfällen wegen desselben Sachverhalts unabhängig voneinander Überwachungsmaßnahmen sowohl nach den §§ 100 a und 100 b der Strafprozeßordnung als auch - gleichzeitig oder nacheinander - nach dem Gesetz zu Art. 10 des Grundgesetzes durchgeführt werden können. Bei beiden Maßnahmen ist der Schutz der Bürger vor übermäßiger Kontrolle durch die engen Voraussetzungen, an die die Eingriffe gebunden sind, gewährleistet.
Von Fällen, in denen die eine Überwachungsmöglichkeit durch ein Ausweichen auf die andere unterlaufen worden ist, ist der Bundesregierung nichts bekannt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Linde, bitte.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung im Hinblick auf die Effektivität einerseits die Kontrolle, die in dem vorstrafverfahrensrechtlichen Teil, also G 10, durch das Gremium und eine Kommission gegeben ist, und auf der anderen Seite die Kontrolle „nur" durch einen Richter am Anfang eines Verfahrens, ohne eine laufende Kontrolle über die materielle Rechtmäßigkeit von Überwachungsmaßnahmen zu haben und ohne anschließend im Wege der Nachkontrolle auch feststellen zu können, ob dieser intensive Eingriff überhaupt erforderlich war?
Nach der StPO gibt es ja eine nachträgliche Kontrolle, wie Ihnen bekannt ist. Bisher gibt es jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür, daß in dem einen oder anderen Fall die Überprüfungsmöglichkeiten zu gering wären. Ich kann versichern, daß die Bundesregierung sehr sorgfältig prüfen wird, ob die vorhandenen Kontrollmaßnahmen ausreichen. Sie hat Ihre Frage zum Anlaß genommen - wie sich aus ,der Beantwortung Ihrer zweiten Frage ergeben wird -, bei den Landesjustizverwaltungen entsprechend Nachfrage zu halten.
Keine weitere Zusatzfrage von Ihnen, Herr Abgeordneter Linde.
Frau Dr. Däubler-Gmelin, bitte.
Herr Staatssekretär, da nach §§ 100 a und b im Stadium der strafprozessualen Ermittlungsverfahren bei Versuchstaten, also bereits im Vorfeld vorgegangen werden kann: Wo sehen Sie unter Berücksichtigung dieser strafprozessualen Ermittlungsverfahren von den Sachverhalten her die Grenze zwischen einem Vorgehen nach der Strafprozeßordnung und nach G 10? Zum zweiten: Sehen Sie keine Schwierigkeiten bei der Koordination der Verwertung von Erkenntnissen, die im einen Fall bei der Kriminalpolizei und im anderen Fall beim Verfassungsschutz anlaufen?
Ich habe versucht, die Unterschiede zwischen den beiden Maßnahmen darzulegen, indem ich sagte, daß bei dem einen die Präventivkontrolle, bei dem anderen die Repressivkontrolle in Betracht kommt: das heißt: Eine Straftat ist begangen worden, es muß nachträglich versucht werden, zu eruieren, wie diese Straftat in die Wege geleitet wurde. Das schließt aber nicht aus, daß es durchaus zu Verfahren nebeneinander oder zu Überlappungen kommt, denn im Einzelfall kann es so sein, daß bestimmte Tatsachen den Verdacht einer Straftat schon begründen, wohingegen gleichzeitig davon ausgegangen werden kann, daß andere Straftaten in einem Stadium sind, in dem sie repressiv noch nicht zu bewerten sind, so daß das G 10-Gesetz in Betracht kommt. Es kommt hier also jeweils auf den Einzelfall an. Nach den Unterlagen, die uns zugänglich sind, hat es bisher keine Schwierigkeiten im Verwerten von gefundenen Tatsachen einerseits oder andererseits gegeben. Ich nehme an, daß auf Grund der Nachfragen bei den Landesjustizverwaltungen - ich bin dessen aber
nicht ganz sicher; es kommt darauf an, wie das Material aussieht - auch hier Aussagen gemacht werden können.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Dr. Linde auf:
Wie häufig wurden - aufgeteilt nach Eingriffen auf Grund des G 10-Gesetzes und der §§ 100 a, 100 b StPO - nach dem Wissensstand der Bundesregierung sogenannte unverdächtige Dritte, beispielsweise Rechtsanwälte, von Überwachungsmaßnahmen betroffen, und hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie oft die Staatsanwaltschaften bei der Post- und Fernmeldekontrolle von der 3-Tage-Überwachung mit und ohne richterliche Bestätigung Gebrauch gemacht haben?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Eine Antwort auf die Frage, Herr Kollege Dr. Linde, wie häufig unverdächtige Personen von Überwachungsmaßnahmen betroffen sind und wie häufig die Staatsanwaltschaften bei der Post- und Fernmeldekontrolle von der Drei-Tage-Überwachung mit und ohne richterliche Bestätigung Gebrauch machen, erfordert umfangreichere Erhebungen. Diese Erhebungen sind, wie ich bei der Beantwortung Ihrer ersten Frage sagte, eingeleitet, konnten jedoch in der Kürze der Zeit nicht abgeschlossen werden. Die Bundesregierung ist jedoch bereit, Sie nach Eingang der Erhebungsergebnisse zu unterrichten.
Bitte, Sie haben eine Zusatzfrage. Wenn Sie es möchten, können Sie sogar zwei Zusatzfragen stellen.
Herr Staatssekretär, würden Sie es für verfassungspolitisch wünschenswert halten, daß das Kontrollgremium nach Art. 10 auch einen Überblick über das Maß der Grundrechtseinschränkung im strafprozessualen Bereich erhält?
Diese Frage würde ich im Sinne einer allgemeinen Information uneingeschränkt bejahen.
Würden Sie bei Ihren Ermittlungen bei den Landesjustizverwaltungen freundlicherweise auch ermitteln lassen können, ob Mitteilungen an Betroffene nach § 101 StPO erfolgt sind bzw. ob es Kontrollmaßnahmen gegeben hat, bei denen Mitteilungen nicht erfolgt sind, und wie hoch die Zahl insgesamt im Verhältnis zu den Abhörmaßnahmen generell ist?
Herr Kollege Linde, das wird keine Schwierigkeiten bereiten. Jedermann wird daran ein Interesse haben.
Danke, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf:
Was hat die Bundesregierung veranlaßt, die Staatsanwaltschaft zu ermächtigen, nach § 353 c StGB gegen die Halbmonatszeitschrift „Weltbild" anzugehen?
Wegen der Veröffentlichung von Auszügen aus dem mit hohem Verschlußsachengrad eingestuften Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf gegen Günter Guillaume in dem Magazin „Weltbild" führt die Staatsanwaltschaft Augsburg ein Ermittlungsverfahren. Die Bundesregierung hat in diesem Verfahren lediglich eine Ermächtigung zur Strafverfolgung der unbekannten Informanten nach § 353 b StGB erteilt. Eine Ermächtigung nach § 353 c StGB zur Strafverfolgung der für die Veröffentlichung in „Weltbild" verantwortlichen Journalisten ist ausdrücklich nicht erteilt worden. Eventuelle exekutive Maßnahmen der bayerischen Strafverfolgungsbehörden, denen gegenüber die Bundesregierung selbstverständlich keinerlei Weisungsbefugnis hat, erfolgten allein in der Verantwortung dieser Behörden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, wie kommt es, daß es möglich war, die Redaktion und das Archiv des Magazins „Weltbild" durchsuchen zu lassen?
Ich dachte, ich habe mit dem letzten Satz deutlich darauf verwiesen, daß dies in der Verantwortung der örtlichen Behörden liegt; und die sind bayerisch.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, da die Bundesregierung bei ähnlichen Vorfällen, wenn es sich um die Magazine „Stern" und „Spiegel" handelt, generell keine Genehmigung für Strafverfahren erteilt, möchte ich Sie fragen, warum die Bundesregierung gerade in diesem Fall von ihrer bisherigen Praxis abgewichen ist.
Ich bin nicht ganz sicher, ob das noch mit der Frage zu tun hat.
Ich wollte gerade sagen: Der erste Teil hat mit der Frage nichts mehr zu tun.
({0})
- Nein, Herr Kollege! Gestatten Sie mir die Auslegung, daß der erste Teil dieser Fragestellung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Ihrer eingereichten Frage steht.
({1})
- Wir wollen doch keine Witze machen. ({2})
Der erste Teil Ihrer Zusatzfrage - betr. „Stern"
usw. - steht nicht in einem unmittelbaren Zusam7276
Vizepräsident Frau Renger
menhang mit der Frage, die die Zeitschrift „Weltbild" betrifft. Das ist doch wohl eindeutig.
({3})
- Herr Reddemann, seien Sie doch so freundlich, den Präsidenten hier nicht in dieser Form zu kritisieren. Das ist doch überflüssig. Ich gebe Ihnen doch alle Möglichkeiten zur korrekten Fragestellung.
({4})
- Bitte keine Diskussion! Der Präsident regelt hier die Geschäftsführung.
Ich rufe die Frage 41 des Abgeordneten Reddemann auf:
Wieviel Verfahren sind nach dem Wissensstand der Bundesregierung gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland nach § 353 c StGB anhängig?
Der Bundesregierung sind zwei Verfahren wegen eines Vergehens nach § 353 c StGB bekannt, die gegenwärtig bei Strafverfolgungsbehörden anhängig sind. Es handelt sich einmal um ein Verfahren wegen einer Veröffentlichung in der Tageszeitung „Die Welt", zum anderen um ein Verfahren wegen einer Veröffentlichung im Magazin „Der Spiegel".
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Reddemann.
Können Sie, Herr Staatssekretär, die beiden Fälle, die Sie hier genannt haben, so konkretisieren, daß man weiß, worum es speziell geht?
Ich bin gern bereit, Ihnen dies schriftlich mitzuteilen. Ich halte es aber nicht für zuträglich, Verfahren, die sich noch im Ermittlungsstadium befinden, . im Bundestag öffentlich auszubreiten.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Ihnen auch bekannt ist, daß Verfahren dieser Art immer von der Besorgnis begleitet werden, es könnten Eingriffe in die Pressefreiheit stattfinden, möchte ich Sie fragen, ob die Bundesregierung nicht noch einmal generell überprüft, inwieweit sie nach § 353 c Ermächtigungen zur Strafverfolgung gibt.
Sie dürfen versichert sein, daß die Bundesregierung in jedem Einzelfall sehr sorgfältig prüft, ob sie eine Ermächtigung zu erteilen hat oder nicht. Die Bundesregierung ist sehr darauf bedacht, auch nicht einmal den Eindruck zu erwecken, daß es hier unzulässige kleine Einschränkungen oder überhaupt unzulässige Einschränkungen der Pressefreiheit irgendwelcher Art geben könnte.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 42 ides Abgeordneten Niegel auf:
Trifft die Meldung im Handelsblatt vom 5. Mai 1978 unter der Überschrift „Die hohe Kunst der Information" über die Pressearbeit des Bundesfinanzministeriums in Mexiko-City zu
ließ sich der Pressemann des Bonner Finanzministeriums, Steinke, nur kurz einmal zum Eide der Währungskonferenz blicken, weil ihn der Minister zu kunsthistorischer Mexiko-Touristik in Betreuung einiger aus Bonn angereister Journalisten freigestellt hatte"?
Die zitierte Meldung trifft nicht zu. Der Pressereferent des Bundesministeriums der Finanzen war nicht zur Mexiko-Touristik einiger aus Bonn angereister Journalisten freigestellt, sondern war u. a. mit der Organisation und der Durchführung der offiziellen deutschen Pressekonferenz in Mexiko am zweiten Konferenztag - das war der 30. April 1978 - beschäftigt.
Darüber hinaus war, wie in der Frage formuliert, der BMF-Pressemann genau wie alle anderen Mitglieder der deutschen Delegation bemüht, in langen und intensiven Pressekontakten mit den aus Bonn angereisten und den aus Washington kommenden deutschen und amerikanischen Journalisten die Haltung der Bundesrepublik Deutschland zu erläutern. Daß dies gelungen ist, zeigt die umfassende und größtenteils verständnisvolle Berichterstattung der deutschen und der amerikanischen Presse.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.
Herr Staatssekretär, haben Sie diese Tatsache dem „Handelsblatt" mitgeteilt, oder worauf gründen sich Ihrer Meinung nach die Ausführungen des „Handelsblattes"?
Ich kann mir nicht erklären, aus welchen Gründen das „Handelsblatt" zu dieser Meldung kommt. Ich fühle mich allerdings auch nicht berufen, diese Meldung zu kritisieren, sondern ich habe hier den richtigen Sachverhalt vorgetragen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Können Sie daraus vielleicht schließen, daß der Korrespondent des „Handelsblattes" nicht zu den eingeladenen Journalisten gehörte?
Diesen Schluß ziehe ich nicht.
Ich rufe die Frage Nr. 43 des Herrn Abgeordneten Dr. Häfele auf:
Vizepräsident Frau Renger
Wann wird die Bundesregierung die gesetzgeberischen Konsequenzen aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 1977 - I BvR 265/75 ({0}) -betreffend die steuerliche Behandlung geschiedener und getrennt lebender Eltern sowie der Eltern nichtehelicher Kinder ziehen, und aus welchen Gründen hält die Bundesregierung den im Bundesfinanzministerium erstellten Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1978 weiterhin zurück?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, der im Bundesfinanzministerium erstellte Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1978 lag dem Kabinett zum Beschluß vor. Ich kann Ihnen heute mitteilen, daß der Entwurf in der heutigen Sitzung am 31. Mai 1978 vom Kabinett verabschiedet wurde.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Meint die Bundesregierung, daß sie damit dem Gebot des Verfassungsgerichts rechtzeitig nachgekommen ist?
Herr Kollege, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts datiert vom Sommer letzten Jahres. Die Suche nach praktikablen und haushaltsmäßig tragbaren Lösungen, die auch verfassungsmäßig vertretbar sind, hat lange und intensive Diskussionen erfordert. Wie Sie sicher aus der bisher schon öffentlich geführten Diskussion wissen, sieht der Entwurf die Einführung des sogenannten Halbteilungsgrundsatzes vor. Die Durchführung dieses sogenannten Halbteilungsgrundsatzes hat besonders im Bereich der kinderbedingten Sonderausgabenhöchstbeträge Schwierigkeiten gemacht. Zur Lösung waren umfangreiche Vorarbeiten innerhalb des Ministeriums, aber auch erhebliche Abstimmungen mit den anderen Ressorts erforderlich, um zu einer verfassungsrechtlich vertretbaren, aber auch praktikablen Lösung zu kommen. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die Regelung rückwirkend gilt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Gibt es in der Bundesregierung keine Zweifel, ob sie mit diesem ihrem Vorschlag das Gebot des Verfassungsgerichts erfüllt?
Der Entwurf und die Begründung werden zu dieser Frage ausführliche Stellungnahmen enthalten. Es wird auch im Finanzausschuß und hier im Bundestag Gelegenheit sein, ausgiebig über diese Frage zu sprechen. Aus den Gründen, die Sie hier andeuten, ist die Regelung bei den kinderbedingten Sonderausgabenhöchstbeträgen eine Übergangsregelung.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker ({0}) auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung, das im Ratifikationsgesetz von 1969 zum Kriegsschadenausgleich für Deutsche in Italien vorgesehene Verteilungsgesetz zu erlassen, nachdem Italien die
vereinbarte Zahlung bereits 1969 geleistet hat und die Antragsfrist auf Schadensfeststellung bereits 1971 abgelaufen war, und aus welchen Gründen entstand die Verzögerung?
Für das von Ihnen erwähnte Verteilungsgesetz wird zur Zeit im Finanzministerium ein Referentenentwurf erstellt. Ich rechne damit, daß gegen Ende des Jahres ein entsprechender Gesetzentwurf den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden kann. Voraussetzung für die Verteilungsregelung war die genaue Kenntnis der Gesamthöhe der Schäden, da nur ein fester Betrag zur Verfügung steht, der voll ausgegeben werden muß, aber auch nicht überschritten werden darf. Die hierzu erforderlichen Feststellungsarbeiten durch das zuständige Ausgleichsamt der Stadt Köln haben erst jetzt einen Stand erreicht, der einen einigermaßen sicheren Überblick ermöglicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Becker.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, glauben Sie, daß es 33 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, 81/2 Jahre, nachdem Italien bereits den Entschädigungsbeitrag gezahlt hat, und 61/2 Jahre, nachdem die Betroffenen ihre Schäden anmelden mußten, und nachdem bereits 1973 eine Rechtsverordnung über die Wertzahlen erlassen worden 'ist, nun längst Zeit gewesen ist, ein solches Entschädigungsgesetz zu erstellen?
Herr Kollege, ich habe ihnen die Schwierigkeiten der notwendigen Feststellungsarbeiten soeben erklärt. Für die Berechnung der Schäden bedurfte es zunächst einer Rechtsverordnung, mit der Wertzahlen für die Ermittlung von Ersatzeinheitswerten festgelegt wurden. Die Vorarbeiten hierzu konnten erst nach Ablauf der Antragsfrist - dies war im September 1971 - aufgenommen werden, weil erst danach feststand, für welche Schadensgebiete solche Wertzahlen benötigt wurden. Die Verordnung erging im Oktober 1973. Erst danach begann die praktische Arbeit des Ausgleichsamtes. Es ergaben sich erhebliche Schwierigkeiten auf tatsächlichem, rechtlichem und personellem Gebiet, die einen schnelleren Arbeitsablauf leider nicht zuließen.
Die zweite Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wäre es nicht wie in ähnlich gelagerten anderen Fällen möglich gewesen, zunächst ein Vorlaufgesetz oder Abschlagszahlungen und nachträglich die Feststellung der endgültigen Entschädigungsquote vorzusehen?
Ich glaube nicht, daß dies möglich war, weil eben, wie vorhin ausgeführt, nur ein fester Betrag zur Verfügung stand
und steht, der voll ausgegeben werden muß, aber auch nicht überschritten werden darf, so daß nicht sozusagen nach Schätzung Abschlagszahlungen hätten geleistet werden können.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 45 und 46 des Abgeordneten Möllemann werden schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 47 des Herrn Abgeordneten Höpfinger auf:
Haben - wie der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands in der Zeitschrift „Brandwacht" 9/77, Seite 185, meint - die vom Bundesfinanzminister zum 1. Januar 1974 in Kraft gesetzten neuen Rechnungslegungsvorschriften für die Schadensversicherung ({0}) zu einem stärkeren Rückgang der Feuerschutzsteuer und damit zu einer Gefahr für den Bestand der freiwilligen Feuerwehren, die Ausrüstung, Ausbildung und Personalkosten aus dieser Feuerschutzabgabe decken, geführt?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Das Aufkommen der Feuerschutzsteuer, das zweckgebunden zur Förderung des Feuerlöschwesens und des vorbeugenden Brandschutzes verwendet wird, hat im Jahre 1977 rund 182 Millionen DM betragen und hat damit um etwa 11 Millionen DM höher gelegen als 1976.
Die Bundesregierung verkennt aber nicht, daß die Aufkommensentwicklung in den letzten Jahren ungünstiger verläuft als bei anderen vergleichbaren Steuern. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, daß die verbundene Gebäudeversicherung und die verbundene Hausratsversicherung sich zu selbständigen Einheitsversicherungen entwickelt haben und nicht mehr zur Feuerschutzsteuer herangezogen werden können. Diese Entwicklung ist durch die Verordnung über die Rechnungslegung der Versicherungsnehmer vom 11. Juli 1973 nicht herbeigeführt, sondern lediglich bestätigt worden. Sie führt nach Schätzungen der Bundesregierung zu Einnahmeausfällen von etwa 30 Millionen DM jährlich.
Mir ist bekannt, daß die Länder im Bundesrat deshalb initiativ werden wollen, um durch Änderungen des Feuerschutzsteuergesetzes die entstandenen Einnahmeausfälle auszugleichen.
Eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, Sie selber wiesen auf die vielfältigen Aufgaben der freiwilligen Wehren hin. Welche Überlegungen stehen an, um Ausbildung und Gerätschaften gerade der freiwilligen Wehren dann auch entsprechend zu fördern, d. h. finanzieren, zu können?
Wie ich Ihnen schon sagte, Herr Kollege, werden im Bundesrat Überlegungen angestellt, gesetzlich initiativ zu werden, um durch eine Änderung des Feuerschutzsteuergesetzes die Einnahmen zu verbessern. Diese Initiativen werden abgewartet.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich Frage 48 des Herrn Abgeordneten Höpfinger auf:
Müssen - wie in dem o. a. Aufsatz dargelegt wird - die Versicherungsverhältnisse der in Art. 4 der Ersten Koordinierungsrichtlinie der EG genannten öffentlich-rechtlichen Pflicht-
und Monopolanstalten für die Gebäudefeuerversicherung und die von ihnen zu schützenden Risiken auch von ausländischen Dienstleistern respektiert werden, und wenn nein, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus?
Die Zwangs- und Monopolrechte der in Art. 4 der Ersten Koordinierungsrichtlinie der EG für die Schadensversicherung genannten Anstalten müssen nach geltendem Recht auch von ausländischen Versicherungsunternehmen, die im Inland Dienstleistungen erbringen wollen, voll beachtet werden.
Auch der Vorschlag der Kommission für eine zweite Koordinierungsrichtlinie, die der Erleichterung des Dienstleistungsverkehrs ,dienen soll, enthält weder ausdrücklich noch sinngemäß eine Einschränkung der Zwangs- und Monopolrechte.
Inzwischen ist zusätzlich zur Klarstellung in dem zuständigen Gremium des Rates der EG Einigkeit darüber erzielt worden, daß der Dienstleistungserbringer grundsätzlich das gesamte im Lande des Risikos geltende Recht beachten muß. Einige Rechtsgebiete, darunter das Verfassungs- und das Verwaltungsrecht, werden als Beispiele ausdrücklich aufgeführt. Damit ist jeglicher Zweifel daran, daß durch die Richtlinie die Zwangs- und Monopolrechte berührt werden könnten, ausgeräumt.
({0})
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich noch die Fragen 49 und 50 des Herrn Abgeordneten Freiherr von der Heydt von Massenbach auf. - Der Abgeordnete ist nicht anwesend; die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Meine Damen und Herren, damit 'sind wir am Ende der Fragestunde, weil ich die nächste Frage wohl nicht noch aufrufen sollte; an sie schließt sich nämlich ein ganzer Fragenkomplex an. Wir haben zwar noch zwei Minuten, fahren damit aber besser morgen in der Fragestunde fort. Oder gibt es dagegen Einwendungen? Dann müßte ich die Frage noch aufrufen, und die Antwort könnte gerade noch gegeben werden, aber weitere Fragen wären nicht möglich. - Gut, dann ist die Fragestunde hiermit beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 1. Juni 1978, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.