Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine
Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehende Vorlage überwiesen:
Aufhebbare verkündete Sechsunddreißigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - ({0})
Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um
rechtzeitige Vorlage des Berichts dem Plenum am 22. Juni 1978.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit dem Schreiben vom 9. Mai 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern die Kleine Anfage der Abgeordneten Glos, Strauß, Dr. Zimmermann, Dr. Marx, Röhner, Dr. Riedl ({1}), Dr. Waigel, Dr. Häfele, Haase ({2}), Spranger, Stücklen, Dr. Rose, Lintner, Dr. Bötsch, Kiechle, Graf Huyn, Haberl, Biehle, Niegel, Dr. Wittmann ({3}), Kraus, Dr. Kunz ({4}), Gerster ({5}), Wohlrabe, Klein ({6}) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. 11. Weltjugendfestspiele in Kuba 1978 - Drucksache 8/1718 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1786 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 9. Mai 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. von. Geldern, Dr. Narjes, Blumenfeld, Sick, Dreyer, Dr. Köhler ({7}), Dr. Müller-Hermann, Metz, Dr. Hüsch, Dr. Hoffacker, Schröder ({8}), Nordlohne, Kittelmann, Dr. Reimers, Lagershausen, Frau Tübler, Dr. Hubrig, Krey und der Fraktion der CDU/CSU betr. Küstensicherheit und Tankerunfälle - Drucksache 8/1706 - beanwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1793 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 10. Mai 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des - Innern die Kleine Anfrage der Abgeordneten Batz, Büchner ({9}), Klein ({10}), Müller ({11}), Dr. Müller-Emmert, Dr. Staudt, Scheffler, Schirmer, Dr. Penner, Dr. Schmitt-Vockenhausen, Gobrecht, Baack, Huonker, Kühbacher, Meinike ({12}), Dr. Spöri, Wiefel, Mischnick, Hoffie und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Auswirkungen der Abgabenordnung 1977, der Körperschaftsteuerreform und des Gemeinnützigkeitsrechts für den Amateursport - Drucksache 8/1745 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1800 verteilt.
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 26. April bis 9. Mai 1978 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/1802 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen.
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Jahn ({13}), Dr. Schneider, Dr. Dollinger, Nordlohne, Dr. van Aerssen, Eymer ({14}), Francke ({15}), Kolb, Link, Lintner, Luster, Dr. Möller, Niegel, Frau Pack, Prangenberg, Pieroth, Dr. Waffenschmidt, Dr. Kunz ({16}), Dr. Schulte ({17}), Schmitz ({18}), Bühler ({19}), Kiechle und der Fraktion der CDU/CSU
Neuorientierung der Wohnungsbaupolitik - Drucksachen 8/1123, 8/1436 Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Jahn ({20}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Drei sozialdemokratische Wohnungsbauminister kamen und gingen; das Dilemma blieb. Die derzeitige Wohnungspolitik ist zum öffentlichen Ärgernis geworden. Sie verdient in vielen Bereichen nicht mehr die Bezeichnung „sozial", von „liberal" mangels Marktorientierung ganz zu schweigen.
({0})
Als früher verantwortlicher Minister hat Herr Ravens - den wir leider hier heute morgen vermissen - einem beispiellosen Niedergang des freifinanzierten Mietwohnungsbaus ohnmächtig zugesehen und die überhandnehmende Bürokratie nicht stoppen können. Überhaupt ist ihm vorzuwerfen, daß er seinem Nachfolger ein äußerst gestörtes Verhältnis zwischen Bund und Ländern hinterlassen hat.
({1})
Der neue Wohnungsbauminister, Dr. Haack, hat in verschiedenen Interviews zu erkennen gegeben, daß er zumindest guten Willens ist. Das erkennen wir an.
({2})
- Nein; das erkennen wir an, Herr Kollege Wehner. Aber, Herr Kollege Wehner, vom Wollen zum Dürfen, von der Idee bis zur Realität ist bei Ihnen ein weiter Weg.
({3})
Der vierte in der Reihe sozialdemokratischer Wohnungsbauminister darf weder über seinen eigenen Schatten als Parlamentarischer Staatssekretär noch über den seiner eigenen Partei springen.
({4})
Die Beratungen, Herr Kollege Wehner, der Novelle zum Modernisierungsgesetz haben gezeigt, daß der eigene Minister zum Prügelknaben Ihrer Fraktion geworden ist. Welch ein Bild war dies! Herr Paterna, Sie werden es bestätigen können; Sie
Dr. Jahn ({5})
waren es, der den Bericht des Ministers so' kommentiert hat: Es ist ein Trauerspiel!
({6})
Was sind die Ärgernisse, die wir Ihnen vorhalten?
Erstens. SPD-Parteiprogramme sprechen nicht von einer breiteren Streuung privaten Eigentums, sondern lediglich von der Einräumung bloßer Nutzungsrechte. Die verstärkte Bildung von Wohnungseigentum ist für die Bundesregierung neben der Erhaltung und der Erneuerung des vorhandenen Wohnungsbestandes sowie der Stärkung der Wohnkaufkraft von Haushalten ausweislich der eigenen Beantwortung der Großen Anfrage nur eine von drei gleichrangigen Zielsetzungen.
Sicher - da sind wir mit Ihnen in Übereinstimmung - sind Wohnungsneubau, Wohnungsmodernisierung und Sanierung gleichwertige städtebauliche und wohnungspolitische Aufgaben der Zukunft. Das aber darf nicht dazu führen, daß die Bedeutung des privaten Eigentums relativiert wird. Für die CDU/ CSU bleibt idle Bildung privaten Eigentums ein vorrangiges Ziel. Denn die breitere Streuung privaten Eigentums ist die freiheitliche Alternative zur Einräumung bloßer Nutzungsrechte.
({7})
Die SPD als Partei, Herr Kollege Wehner, muß sich fragen lassen, wie sie ihr verbales Bekenntnis zum privaten Eigentum mit ihren eigenen Parteiprogrammen vereinbaren will. Wir haben noch sehr wohl in Erinnerung, daß Herr Koschnick, als er ein Modell zur Aufspaltung des Eigentums in Verfügungseigentum und Nutzungseigentum entwarf, an den Parteivorstand einen Brief schrieb, Herr Kollege Wehner, in dem er wörtlich folgendes mitteilte:
Liebe Genossinnen und Genossen!
({8})
Die Kommission ist sich bewußt, daß zur Zeit und wahrscheinlich auch in der näheren Zukunft
({9})
das Thema „Neuordnung der Eigentumsstruktur an Grund und Boden für städtebauliche Problembereiche" politische Brisanz in sich birgt, die sich im Wahlkampf auch gegen die SPD auswirken könnte.
({10})
Die Kommission war jedoch gehalten, den Auftrag des Parteitages 1973 zu erfüllen.
Die Mitglieder der Kommission halten die politische Bewußtseinslage der Öffentlichkeit in diesem Fragenkomplex nicht für so vorbereitet, daß ,der politische Gegner
- damit sind offensichtlich wir gemeint ({11})
daraus nicht im Augenblick die alte Verteufelungsmasche herleiten würde.
Herr Kollege Wehner, das heißt doch im Klartext: Die deutsche Öffentlichkeit darf auf dem Gebiete der Eigentumspolitik immer nur das erfahren, was, gerade mehrheitsfähig ist. Und wenn die Bewußtseinslage in der deutschen Bevölkerung noch nicht so weit ist, daß sie es zuläßt, dem Volk die Wahrheit zu sagen - siehe Bahr hier vor ,dem Deutschen Bundestag -, nehmen Sie Abstand davon, uns das zu sagen, was Sie wirklich wollen. Das werfen wir Ihnen auf dem Gebiete der Eigentumspolitik vor.
({12})
Alle Ihre Modelle zur Eigentumspolitik führen nicht zu mehr Bodenrecht, sondern zu mehr Boden ohne Recht. Nicht die Kommunalisierung, sondern die Privatisierung von Grund und Boden entspricht den Wünschen unserer Bürger.
Herr Minister Haack, Sie legen in ,der letzten Zeit flammende Bekenntnisse für eine breitere Streuung privaten Eigentums ab. Aber die Frage lautet eben, wie Sie das in Einklang bringen mit dem, was Sie als „Genosse Dieter" in der Partei mitbeschlossen haben.
Meine Damen und Herren, Ärgernis Nr. 2: Die SPD lehnt es bislang ab, verstärkt Anreize für die Privatisierung von Sozialwohnungen zu gewähren.
({13})
- Möglichst viele Mieter, Herr Kollege Wolfram, die dies wollen, sollen in ,die Lage versetzt werden, Eigentümer ihrer jetzigen Sozialwohnung zu werden; denn Eigentum an der eigengenutzten Wohnung ist und bleibt nun einmal der beste Mieterschutz. Ist es aber nicht so, Herr Minister Haack, daß Ihre politischen Freunde im Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau einen Antrag eingebracht haben, in dem es u. a. heißt:
Wegen der speziellen Zweckbestimmung „für die allgemeine Wohnungsversorgung" soll die Veräußerung umgewandelter Wohnungen nicht forciert werden.
({14})
- Damit, Herr Paterna, haben Sie schon wieder den Widerspruch aufgezeigt, der in Ihren eigenen Reihen besteht, und gezeigt, daß das, was (der Minister heutzutage sagt, in Ihrer eigenen Fraktion nicht unbedingt mehr mehrheitsfähig ist. Dieser Antrag, Herr Kollege Paterna, an dem Sie beteiligt waren, bezweckt - das müssen Sie zugeben - nicht die Förderung ,der Privatisierung; vielmehr sollten der Privatisierung Korsettstangen (eingezogen werden. Auch dies sollte einmal von hier aus gesagt werden, damit die Kollegen, die draußen das Lied von der breiteren Streuung des Eigentums und von der Umwandlung .von Sozialwohnungen in Eigentumswohnungen singen, wissen, daß sie eben nicht einmütig für ihre Partei sprechen können.
Ärgernis Nr. 3: Die Vorstellung von dem ausbeutenden Vermieter und dem ausgebeuteten Mieter steht in Widerspruch zur Realität. Das Klima wurde
Dr. Jahn ({15})
verdorben durch eine Abwertung der Mietshausbesitzer generell, als wären sie alle skrupellose Baulöwen. Wenn wir uns einmal ,die Statistik ansehen, stellen wir fest, daß ,die Hälfte des Altwohnungsbestandes Rentnern gehört. Wenn das aber stimmt, meine Damen und Herren, ist eben die Vorstellung vom ausbeutenden Vermieter und ausgebeuteten Mieter in dieser Generallinie, wie sie uns immer zu Ohren kommt, einfach nicht haltbar.
({16})
Ärgernis Nr. 4., ein Ärgernis, das in der Presse gerade in den letzten Wochen sehr zum Tragen kam: die mangelnde Wirtschaftlichkeit des Gutes Wohnen. Die mangelnde Wirtschaftlichkeit des Gutes Wohnen führt zu Wohnungsmangel. In der amtlichen Begründung der Bundesregierung zum Miethöhengesetz steht der Satz, daß marktorientierte Mieten zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit möglich sein müssen. Diese Zielsetzung ist durch das Gesetz nicht erreicht.
Meine Damen und Herren, in aller Offenheit:
({17})
Die Bundesregierung, Herr Kollege Wehner, handelt wider besseres Wissen, wenn sie die investitionshemmende Wirkung des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes ignoriert und in Beantwortung unserer Großen Anfrage ausdruckt, der Nachweis hierfür stehe noch aus.
Herr Kollege Wehner, der Minister Ravens - er will es heute vielleicht nicht mehr wissen - hat im Mai 1977 an den Bundeskanzler einen Brief geschrieben, in dem er sich für Mieterhöhungen ausgesprochen hat. Damit ich das nicht falsch interpretiere, möchte ich Ihnen wenigstens diese Passage vorlesen. Der damalige Minister Ravens hat im Mai 1977 dem Bundeskanzler folgenden Brief geschrieben:
Im frei finanzierten Mietwohnungsbau decken selbst bei vergleichsweise hohem Eigenkapitaleinsatz seit Anfang der 70er Jahre die Neubaumieten nicht mehr die laufenden Ausgaben. Damit wurde offenbar die kritische Schwelle für Investitionsentscheidungen in diesem Bereich überschritten. Einer erneuten Belebung der Investitionstätigkeit müßte demnach selbst bei einem weiterhin sinkenden Zinsniveau erst eine stärkere Mieterhöhung vorausgehen. Sie würde zugleich den Investoren günstigere Möglichkeiten für spätere Rentabilitätsanpassungen signalisieren.
Dies hat der verantwortliche Minister dem Bundeskanzler, der die Gesamtverantwortung trägt, mitgeteilt. Und dann sagen Sie selbst in Beantwortung der Großen Anfrage, der Nachweis stehe überhaupt noch aus.
({18})
Herr Minister, ich wäre Ihnen als Nachfolger von Herrn Ravens dankbar, wenn Sie diesen Widerspruch heute vor diesem Hohen Hause aufklärten. Herr Minister Haack, wie stehen Sie selbst zu der Empfehlung des Sachverständigenrates im Jahresgutachten 1977/78, wonach das wohnungsbaufeindliche Mietrecht geändert werden müsse? Wie stehen Sie zur Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft, der eine Lockerung der Rechtsvorschriften vorgeschlagen hat? In der Fragestunde des Deutschen Bundestages haben Sie das Gutachten beiseite geschoben. Aber es bedarf der Redlichkeit, daß Sie hier einmal präzise zu diesen beiden Gutachten Stellung nehmen.
Wir sind der Meinung, meine Damen und Herren, daß angesichts dieses Dilemmas auf dem Wohnungsmarkt der Bericht über die Auswirkungen des Wohnraumkündigungsschutzes nicht erst 1979, sondern bereits zum 1. Juli 1978 vorgelegt werden sollte.
({19})
Wie steht die FDP dazu? Herr Kollege Gattermann, Sie selbst haben sich öffentlich dazu geäußert. Sie wollten sich politisch dafür einsetzen, daß dieser Bericht vorgezogen wird. Als wir den Antrag stellten, haben Sie im Ausschuß dagegen gestimmt. Das ist der Widerspruch zwischen öffentlicher Darstellung und Abstimmungsverhalten, den wir auch einmal hier nennen möchten.
({20})
Meine Damen und Herren, da nicht alle Bürger, aus welche Grunde auch immer, Eigentum an der Wohnung erwerben wollen oder können und für sie die Mietwohnung Mittelpunkt ihres Lebens ist, ist ein gesetzlich festgelegter Schutz des Mieters gegenüber nicht gerechtfertigten Kündigungen unabdingbar. Hier gibt es keinen Dissens zwischen Ihnen und uns. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion bejaht deshalb die Regelung, daß der Vermieter ein Mietverhältnis über Wohnraum nur kündigen darf, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung des Mietverhältnisses hat und daß vor allem die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ausgeschlossen ist.
Auf der anderen Seite aber muß dann dem Vermieter die Möglichkeit gegeben werden, Mieten zu erzielen, welche die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes auch gewährleisten.
({21})
Was die CSU schon in der Öffentlichkeit dargestellt hat, deckt sich weitgehend mit unseren Meinungen. Wir müssen prüfen, ob die Mietspiegel geeignet sind. Diese Forderung muß nun endlich und schnell zum Tragen kommen. Ein freiwillig aufgestellter Mietspiegel sollte alljährlich fortgeschrieben und der jährlichen Entwicklung angepaßt werden. Bei Aufstellung eines Mietspiegels sollen nur die Mieten berücksichtigt werden, die zeitnah sind, die sich also in den letzten Jahren auf dem Markt gebildet haben.
Herr Kollege Krockert, ich darf Sie direkt ansprechen. Sie haben gesagt, der Bericht über die Auswirkungen des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes brauche nicht vorher vorgelegt zu werden. Es genüge, wenn das im Jahre 1979 geschehe. Sie
Dr. Jahn ({22})
haben hinzugefügt - ich meine mich nicht zu irren -: „Den Bericht brauchen wir nicht, wir wollen ohnehin nichts ändern." So habe ich Sie im Ausschuß verstanden. Herr Kollege Krockert, ich habe daraufhin die Beschlüsse Ihrer Partei für den letzten Bundesparteitag durchgelesen und habe genau das bestätigt gefunden. Es gibt nämlich eine Empfehlung der Antragskommission. Die Antragskommission hat einstimmig dem Parteivorstand die Empfehlung zugeleitet, daß auf diesem Gebiete nichts geändert werden solle. Herr Minister, ich frage Sie heute vor diesem Hause: Was gilt für Sie? Die einstimmige Empfehlung der Antragskommission auf dem Parteitag - Sie sind ja immerhin auch Parteimitglied - oder das, was Sie selbst hier sagen?
({23})
- Herr Kollege Schäfer, Sie ignorieren Ihre eigenen Parteitagsbeschlüsse. Das ist sehr interessant. Was wird eigentlich das Mitglied von der Basis sagen, das oben auf der Tribüne sitzt, wenn Sie hier so mit Parteitagsbeschlüssen umspringen?
({24})
Meine Damen und Herren, offensichtlich soll sich hier nicht viel tun. Wenn man dann einmal aufmerksam das Buch des früheren SPD-Wohnungsexperten Neufer, den Sie ja besser kennen als wir, „Entscheidungsfeld Stadt", liest, dann kommt man zu der Schlußfolgerung, daß privater Mietwohnungsbau ideologisch gar nicht mehr gewollt ist. Dort heißt es:
Mietwohnungsbau sollte endlich zur ausschließlich öffentlichen Aufgabe erklärt und dafür gebildeten gemeinnützigen und öffentlichen Trägern übertragen werden. Die bisher im Privateigentum stehenden Miethäuser sollten auf einer angemessenen Rentenbasis enteignet werden. Der Neubau ist ausschließlich öffentlich zu finanzieren.
({25})
Meine Damen und Herren, was heißt das? Öffentliche Gelder für Mietwohnungsbau, Mietwohnungen also vorrangig nur noch in öffentlicher Hand; Vermieter soll langfristig kein Privatmann mehr sein. Herr Minister, wir sind auf diesem unheilvollen Wege, es sei denn, Sie bringen den Mut zu mehr Marktwirtschaft im Wohnungsbau auf.
({26})
Ärgernis Nr. 5: 40 °/o aller Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus sind fehlbelegt. Deshalb fordern wir, daß die öffentliche Förderung des Wohnungsbaus bei Wahrung der unbedingt notwendigen objektbezogenen Förderung stärker auf die subjektbezogene Förderung verlagert wird. Eine subjektbezogene Förderung gewährleistet, daß die laufende Förderung dem Mieter selbst zugute kommt, und vermeidet künftige Fehlbelegungen.
Ärgernis Nr. 6: Der soziale Wohnungsbau benachteiligt die Wohnungsuchenden und begünstigt die Wohnungsinhaber. Wer heute Mieter im sozialen
Wohnungsbau werden will, muß für die gleiche Wohnlage und die gleiche Wohnausstattung eine wesentlich höhere Miete zahlen als der, der unter gleichen Voraussetzungen vor Jahren eingezogen ist. Diese Mietpreisverzerrungen führen zu sozialen Ungleichheiten. Der Schutz ist willkürlich und zufällig. Er wird auch jenen gewährt, die darauf nicht angewiesen sind. Ein solches System schafft Benachteiligte und Privilegierte. Die Benachteiligten sind in der Regel die Leistungsschwachen, nämlich vor allem die jungen Ehepaare, und privilegiert, ich sagte es, sind die, die bereits in diesen Wohnungen sind.
Deshalb fordern wir, daß die knappen Mittel der staatlichen Wohnungsförderung mehr als bisher für die wirklichen Bedürftigen im Lande, die Kinderreichen, die armen und älteren Bürger reserviert werden; denn wenn wir Sozialpolitik betreiben, dann sollen es die bekommen, die es auch wirklich benötigen, und nicht die, die auch sonst ohne eine Sozialleistung gut auskommen können. Das ist unsere Politik.
Kinderreiche Familien sollen das Recht erhalten, die Sonderabschreibungsmöglichkeiten gerade im Rahmen des § 7 b zu kumulieren. Wir werden Ihnen ein eigenes Konzept für kinderreiche Familien vorlegen, und dann werden wir Sie fragen, ob Sie Ihre Lippenbekenntnisse wahr machen, indem auch Sie gerade für die Kinderreichen mehr tun, als bisher geschehen ist.
({27})
Ärgernis Nr. 7: Sozialmieten liegen oftmals höher als die Marktmieten. Hier sagen wir, daß Sozialmieten nicht zur Preisführern am Wohnungsmarkt werden dürfen. Sozialmieten haben nur dann einen Sinn, wenn sie, beschränkt auf die wirklich Bedürftigen, ganz deutlich unterhalb des Marktniveaus liegen. Was sollen wir sagen, wenn draußen der sozial Schwache eine Sozialwohnung angeboten bekommt und sie heute gar nicht mehr nimmt, sondern auf den frei finanzierten Mietwohnungsbau ausweicht, weil dort die Miete niedriger ist als im sozialen Wohnungsbau? Wenn das ein Faktum ist - und das ist es leider -, dann müssen wir etwas ändern. Sie sollten sich dem nicht verschließen.
Ärgernis Nr. 8: Die Bundesregierung gibt zuwenig Anreize für die Mobilisierung öffentlicher Förderungsmittel. Die öffentlichen Kassen, Herr Kollege Schäfer, sind leer. Andererseits sind 50 bis 60 Milliarden DM an öffentlichen Förderungsmitteln ausgegegeben worden.
Was liegt eigentlich näher, als die Investoren angesichts der derzeitig günstigen Kapitalmarktkonditionen zur vorzeitigen Rückzahlung zu bewegen, dafür die Bindungsfristen zu verkürzen und gleichzeitig einen Ablösebonus zu gewähren?
Wir haben einen Entwurf des Landes Nordrhein-Westfalen auf dem Tisch, und die Bundesregierung tut sich schwer, diese Linie von Nordrhein-Westfalen durchzuhalten; ja, das eigene Kabinett hat bereits Abstriche davon gemacht.
({28})
Dr. Jahn ({29})
Als wir in ,der Fragestunde die Bitte äußerten: „Wollen wir nicht gemeinsam einen Ablösebonus zusätzlich gewähren, damit die Gelder schneller zurückfließen?", hatte die Bundesregierung dies hier noch in den letzten Wochen verneint.
Herr Minister, die Probleme der Wohnungsbindung, die interfraktionell noch viel schwieriger sind als das, was wir beim Modernisierungsgesetz erlebt haben, wollen Sie nun auf die Länderebene verschieben, weil Sie nicht den Mut haben, sich den Angriffen aus den eigenen Reihen entgegenzustellen. Wir sind der Auffassung, daß die Probleme der Wohnungsbindung von uns und nicht von den Ländern zu lösen sind nach dem Motto „Teile und herrsche". Diese Probleme sollten auch in diesem Hause ausgetragen werden.
Meine Damen und Herren, das Ärgernis Nr. 9 ist die Bürokratie im Wohnungsbau. Der Paragraphendschungel ist ein abschreckendes Beispiel für den Ruf nach mehr Staat. Selbst der Fachmann hat es schwer, sich durchzufinden. Gesetze sollen aber eben nicht nur für Fachleute, sondern für den Bürger verständlich sein. Deshalb muß es aufhören mit staatlicher Bürokratie. Im Grunde brauchen wir auf dem Gebiet der Wohnungsbaupolitik ein Gesetz zum Abbau von Gesetzen.
({30})
Sozialisten - jawohl, Herr Immer - hören das nicht gern. Sie knüpfen nach ihrem Selbstverständnis im Mißtrauen auf die heilenden Kräfte des Marktes an jede Mangelsituation an, um einen Vorwand zu bekommen, den Mangel staatlich regeln zu können.
({31})
Dies ist nicht unsere Politik, Herr Kollege Immer.
Was private Initiative leisten kann, darf nach unserem Selbstverständnis der Staat nicht an sich ziehen.
({32})
Meine Damen und Herren, Bürokratie muß auch im Baugenehmigungsverfahren abgebaut werden. Der Bürger hat einen Anspruch darauf, zu wissen, daß grundsätzlich Baufreiheit besteht, die allerdings durch gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt werden kann. Das bedeutet aber konkret, daß nicht der Bauherr den Nachweis erbringen muß, daß er bauen darf, sondern daß die Baugenehmigungsbehörde die Beweislast trifft, daß im Einzelfall nicht gebaut werden darf.
Ein Zweites: Baugenehmigungsbehörden, die keine Bauverhinderungsbehörden sein wollen, dürfen nicht nur auf Antrag tätig werden.
({33})
Zu ihren Aufgaben gehört es auch, den Bürger zu beraten, unter welchen Voraussetzungen ein an sich abzulehnender Bauantrag genehmigt werden kann.
Schließlich soll Bürokratie auch für das Bauen im Außenbereich abgebaut werden. Auf Grund der bei
der Bereisung durch Norddeutschland gesammelten Erfahrungen kündigen wir hiermit an, daß wir eine Novelle zu § 35 des Bundesbaugesetzes alsbald im Deutschen Bundestag einbringen.
Meine Damen und Herren, wer im ländlichen Raum wohnt, sollte dort auch Arbeit finden.
({34})
Ein letztes von mir aufgezeigtes Ärgernis betrifft unsere Kollegen von der FDP. Wir haben die große Bitte, daß das, was Sie draußen im Lande verkünden, mit ihrem Abstimmungsverhalten kongruent gemacht wird. Ich habe eben das Beispiel von Herrn Kollegen Gattermann genannt. Es gibt andere Beispiele: Herr Kollege Wurbs, als wir die Bonusgewährung forderten, kommentierten Sie: „Das ist ein alter Hut, das habe ich seit langem gefordert." Als wir bei den Haushaltsberatungen den Antrag stellten, mit in dieses Boot zu gehen, den Bonus zu gewähren, stimmten Sie persönlich im Ausschuß dagegen. Auch das muß einmal deutlich gesagt werden.
({35})
Das sind Kostproben des ständigen Widerspruchs zwischen Presseerklärung und Abstimmungsverhalten.
Herr Kollege Wurbs, durch Ihr Bündnis verhindern Sie keine Fehler in der Wohnungsbaupolitik; durch Ihr Bündnis mit der SPD ermöglichen Sie erst diese Politik. Was liegt näher, als daß Herr Gilles heute in der „Welt" kommentiert: „Ihr Versprechen" - damit sind Sie gemeint - „ist ein Wechsel ohne Unterschrift"?
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen.
Erstens. Für die CDU/CSU bleibt die Bildung privaten Eigentums ein vorrangiges Ziel, denn die breitere Streuung privaten Eigentums ist die freiheitliche Alternative zur Einräumung bloßer Nutzungsrechte.
Zweitens. Möglichst viele Mieter, die dies wollen, sollen in die Lage versetzt werden, Eigentümer ihrer jetzigen Sozialwohnung zu werden; denn Eigentum an der eigengenutzten Wohnung ist und bleibt der beste Mieterschutz.
Drittens. Die Wohnungswirtschaft sollte bis auf einen für Problemgruppen benötigten Mindestbestand - und den benötigen wir - unter verstärkter individueller Absicherung der einkommensschwachen Bevölkerungskreise schrittweise in die Soziale Marktwirtschaft eingebunden werden. Die sozial bedürftigen Mitbürger würden sich bei gleichem zweckgebundenen Förderungsvolumen besser stehen, als sie sich heute stehen.
Viertens. Schon mehren sich die Stimmen, meine Damen und Herren, die für die nächste Zeit neue Engpässe am Wohnungsmarkt voraussagen. Statt des freien Marktes, auf dem wachsendes Angebot die Preise in Schach hält, bekämen wir dann den grauen Markt, auf dem sich Mangel und Not über verordnete Preise hinwegsetzen.
Dr. Jahn ({36})
Fünftens. Ohne den Abbau von Hemmnissen für private Investitionen wird es im frei finanzierten Mietwohnungsbau bald nicht mehr aufwärtsgehen. Ein Mietshaus zu bauen, meine Damen und Herren, muß auch weiterhin attraktiver gestaltet werden. Es muß weiterhin zum Selbstverständnis eines Freiberuflers gehören dürfen, seinen Lebensabend von dem zu bestreiten, was er im Leben erarbeitet hat, und nicht der Sozialhilfe anheimzufallen.
Meine Schlußbemerkung: Private Investitionsbereitschaft ist der Schlüssel zum Erfolg in der Wohnungspoltik und zugleich ein wichtiger Beitrag für private Daseins- und Zukunftsvorsorge. Investitionsbereitschaft setzt Vertrauen voraus. Dieses Vertrauen, meine Damen und Herren, hat diese Bundesregierung verspielt. Wer dem Dirigismus im Wohnungsbau mehr zutraut als dem marktwirtschaftlichen Prinzip, wird dieses Vertrauen nicht zurückgewinnen. Auch auf dem Gebiet der Wohnungsbaupolitik ist es deshalb Zeit zum Wechsel - höchste Zeit!
({37})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Henke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben wieder einmal einen echten Jahn gehört.
({0})
Es wäre sehr erstaunlich gewesen, wenn er die alte Platte mit den Nutzungsrechten hier nicht wieder abgespielt hätte.
({1})
Ich will jetzt nicht all das wiederholen, Herr Kollege Jahn, was ich anläßlich der dritten Lesung, der Beratungen zum Bundesbaugesetz dazu gesagt habe. Aber Sie sollten das nachlesen. Ich habe Ihnen nämlich damals nachgewiesen, daß unsere Vorstellungen von einem erweiterten städtebaulichen Erbbaurecht, das, was Sie mit Nutzungsrechten und Verfügungsrechten umschreiben, immer auf einem besonderen Rechtssatz beruhen muß, nämlich daß hier Enteignungsvoraussetzungen gegeben sein müssen, und daß exakt dieses auch auf einem CDU-Parteitag beschlossen worden ist.
({2}) Ich habe Ihnen das damals nachgewiesen.
({3})
Wenn Sie hier vom Ignorieren von Parteitagsbeschlüssen reden, sollten Sie auch Ihre eigenen einmal durchsehen.
({4})
Sie haben etwas zu § 35 des Bundesbaugesetzes gesagt. Wir sind auf Ihre Formulierungsvorschläge gespannt. Wir werden sie dann in aller Ruhe beraten, Herr Kollege Jahn. Aber es wäre nützlich, wenn Sie sie recht bald einbrächten, vielleicht noch vor dem Wahltermin in Niedersachsen,
({5})
damit die Leute auch wissen, was Sie eigentlich wollen. Ich denke, darauf zielt das Ganze ab.
({6})
Meine Damen und Herren, wir beschäftigen uns heute anläßlich dieser Debatte mit einem ganzen Bündel von Initiativen der Opposition, z. B. mit der Großen Anfrage Neuorientierung der Wohnungsbaupolitik; ferner gibt es eine Kleine Anfrage Liberalisierung des Sozialwohnungsbestandes und Mobilisierung öffentlicher Förderungsmittel, einen Antrag Privatisierung von Grund und Boden und von Sozialmietwohnungen und letztlich den Entschließungsantrag zum Einzelplan 25 des Bundeshaushalts, über den wir ja später auch noch beraten und abstimmen werden.
({7})
Alle diese Anträge beschäftigen sich mit Strukturproblemen auf dem Wohnungsmarkt und mit Überlegungen, wie man die Finanzreserve im Wohnungsbereich mobilisieren kann. Lassen Sie mich mit den' Strukturproblemen beginnen, und zwar mit dem Thema Mietverzerrung, das auch in Ihren Ausführungen eine Rolle gespielt hat.
Wir alle wissen, daß auf Grund der Kostenentwicklung am Bodenmarkt, am Baumarkt, am Kapitalmarkt, aber auch hinsichtlich veränderter Qualitätsvorstellungen in den letzten Jahrzehnten die Kosten und damit auch die Mieten gestiegen sind. Diese Entwicklung war bis etwa 1970 aus unserer Sicht der Dinge nicht sehr dramatisch, denn die Mietunterschiede finden ihre Begründung zum Teil in unterschiedlichen Wohnwerten. Wir wissen, daß dieser Bestand zu einem erheblichen Teil modernisierungsbedürftig ist - eine Tatsache, die neue Mietsteigerungen auslösen wird. Letztlich - Sie kennen die Vorschläge der Bundesregierung - können wir das, was in diesem Bereich noch an Mietverzerrungen vorhanden ist, durch eine Anhebung der Zinsen für die öffentlichen Darlehen ausgleichen. Es handelt sich um einen Block von gut 4 Millionen öffentlich geförderten Wohnungen, also um den Löwenanteil. Ich denke, daß das, was bis 1970 erfaßt wird, nicht besonders dramatisch ist und von uns geregelt werden kann.
Problematischer wird es für den Teil öffentlich geförderter Wohnungen, die ab 1970 gefördert wurden. Hier handelt es sich um einen Block von etwa 0,6 Millionen Wohnungen, also um den weitaus kleineren Teil. Es gibt deshalb keinen Anlaß, beim Thema Mietverzerrung alles in einen Topf zu werfen, wie das hier zum Teil und jetzt auch wieder bei Ihnen, Herr Kollege Jahn, geschehen ist. Dieser Block von 0,6 Millionen Wohnungen zeigt unbefriedigende Entwicklungen. Der Hintergrund ist die degressive Förderungsmethode der Länder, bei dem
einen Land nicht ganz so schlimm wie bei dem anderen; hier gibt es Unterschiede. Aber insgesamt besteht eine unerfreuliche Programmierung hinsichtlich der Miethöhenentwicklung.
Zum zweiten nenne ich etwas, was Sie eigentlich begrüßen müßten, nämlich unsere erfolgreiche Inflationsbekämpfung; denn ohne diese erfolgreiche Inflationsbekämpfung wäre dies alles weniger dramatisch, würde jedenfalls nicht so empfunden. Wir haben auf jeden Fall zu konstatieren, daß wir bei diesem Block von 0,6 Millionen Sozialwohnungen überdurchschnittliche Mietsteigerungen haben. Verweisungen auf das Wohngeldsystem reichen nicht aus. Das Wohngeldsystem kann sich von der Systematik her immer nur am Durchschnitt und nicht an den Spitzenwerten orientieren. Dort ist also die Lösung nicht zu finden.
Die Länder sind die eigentlichen Verursacher dieses Problems. Wie Sie wissen, ist der Wohnungsbau nach der Verfassungslage in erster Linie Ländersache. Sie wissen auch, daß die Länder diese Förderungsprogramme, die zu solchen Mietsprüngen geführt haben, in eigener Verantwortung beschlossen haben. Die Länder sind aber leider aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Es wäre in erster Linie allerdings ihre Aufgabe und nicht Aufgabe des Bundes.
Ich denke aber, wir können uns alle darüber einig werden, daß wir diesen Block von 600 000 Sozialwohnungen, insbesondere wenn wir die absehbaren Entwicklungen der nächsten Jahre berücksichtigen, nicht so liegen lassen, sondern nach Lösungen suchen müssen. Eine Lösung ist unseres Erachtens nur über Formen ,der Nachsubventionierung möglich.
Herr Kollege Jahn, nun will ich es mir nicht so einfach machen, wie es die Opposition häufig tut, wenn sie hier Forderungen aufstellt, aber keinen Deckungsvorschlag mitliefert, sondern davon ausgeht: Der Finanzminister soll sehen, wie er damit fertig wird. - Ich will auch nicht verschweigen, daß mein Deckungsvorschlag in meiner Partei und auch in meiner Fraktion noch nicht abgestimmt ist. Er stellt vielmehr eine persönliche Überlegung dar. Ich denke, wir müssen - dies ist auch der Sinn einer solchen Diskussion - auch einmal vor dem Plenum des Bundestages neue Gedanken in die wohnungspolitische Diskussion einführen können.
({8})
Herr Kollege Jahn, wir haben das Regionalprogramm seit mehreren Jahren mit grobem Erfolg betrieben. Sie wissen', ,daß wir es ,entgegen allen Unkenrufen auch wieder für einige Jahre verlängern konnten. Hintergrund war die gemeinsame Überlegung, daß die Eigentumsbildung im Wohnungsbau ein wichtiges' Thema ist. Es gab auch noch eine Erwägung bauwirtschaftlicher Art, nämlich in Richtung auf die Förderung der Baukonjunktur, um brachliegende Kapazitäten in der Bauwirtschaft wieder zu beleben'. Ich meine aber, daß ,dieses Regionalprogramm, da wir im Bereich der Eigentumsbildung zur Zeit Rekordzahlen erreichen' und da die Frage der Baukonjunktur, wenigstens in 'dieser Sparte des Wohnungsbaus, überhaupt kein Thema ist, zumindest zur Diskussion gestellt werden sollte, wenn es darum geht, Probleme im Bereich der 600 000 Sozialwohnungen, über die wir ständig diskutieren, wenn es um die Mietverzerrung geht, zu bereinigen.
Die Frage, ob eine kurzfristige Streckung oder Aussetzung des Regionalprogramms zur Überwindung der Probleme bei den 600 000 Sozialwohnungen in Erwägung gezogen werden sollte, müßte, wie ich meine, in nächster Zeit ernsthaft diskutiert werden. Es handelt sich, wie Sie selbst gesagt haben, Herr Kollege Jahn, um ein Gerechtigkeitsproblem. In .diesen Förderungsjahrgängen wurden junge Familien, ältere Menschen, Behinderte berücksichtigt. Sie sind sehr gezielt eigentlich erst in den Jahren seit 1969/30, seitdem Sozialdemokraten ganz besondere Verantwortung für die Wohnungspolitik tragen, im Wohnungsbau berücksichtigt worden.
({9})
Es ist nicht einzusehen, daß diese Gruppe von den Mietsprüngen in besonderer Weise betroffen wird. wir müssen deshalb die Frage stellen dürfen, ob zur Lösung des Problems eine andere Gruppe, die förderungswürdig ist, die bei Güterabwägung aber eben an zweiter Stelle steht, nicht vorübergehend zurückgestellt werden sollte.
Herr Kollege Jahn, ich fasse zusammen, was das Thema der Mietverzerrung angeht. Ich denke, der Block von 4,1 Millionen Sozialwohnungen aus der Zeit bis 1970 ist mit der Zinsanpassung und dem notwendigen Modernisierungsbedarf, der in diesem Block steckt, zu regulieren. Dies ist kein Ärgernis. Die 600 000 Sozialwohnungen aus der Zeit nach 1970 müssen durch Nachfinanzierung auf ein vernünftiges Mietniveau gebracht werden. Ich habe einen persönlichen Deckungsvorschlag eingebracht. Sie sind herzlich aufgefordert, andere zu unterbreiten, wenn Ihnen Besseres einfällt.
Als zweiten Punkt möchte ich das Thema der Fehlsubventionierung ansprechen. Ich will dabei nicht die Unterbelegung von Sozialwohnungen - dies ist nicht der entscheidende Punkt -, sondern die Frage der zu hohen Einkommen von Mietern vieler Sozialwohnungen ansprechen. Dies ist in der Tat ein Ärgernis, über das wir uns alle seit langem unterhalten. Es fehlt uns - Sie wissen es - eine genaue Statistik. Präzise Daten liegen uns nicht vor. Wir müssen uns letztlich auf die Werte, die 1974 ermittelt worden sind, zurückziehen. Immerhin sind diese Werte aber einigermaßen aussagefähig.
({10})
- Ich würde nun nicht die 40 % akzeptieren, die Sie eben in die Diskussion gebracht haben, Herr Kollege Jahn, sondern doch unterstellen, daß wir - ich weiß, daß dies auch Ihre Meinung ist - eine gewisse Toleranzschwelle vorsehen müssen. Sie wollen ja auch nicht bei Überschreitung der Einkommensgrenzen nach § 25 um eine Mark gewissermaßen mit dem Schwert zuschlagen. Sie wissen auch, daß wir Toleranzen einbauen müssen. Nach Ansicht aller, die sich mit diesem Problem beschäftigt haben, müßte diese Grenze etwa bei 25 %
liegen. Wenn wir eine solche Toleranzgrenze unterstellen, sinkt die Zahl erheblich ab. Ich will einmal eine Hochrechnung vornehmen: Damals, 1974, waren es zirka 8 °/o. Lassen Sie uns davon ausgehen, daß es sich um rund 10 °/o aller Mieter handelt, die heute
- bei Berücksichtigung einer solchen Toleranzschwelle - mit zu hohem Einkommen in Sozialwohnungen wohnen. Die Zahl ist also weniger dramatisch, als Sie vermuten. Aber immerhin - dies ist völlig unbestritten -, wir haben es hier mit einem Ärgernis zu tun. Es wäre an sich wünschenswert, dieses Problem zu lösen.
({11})
- Ja, Sie haben die Toleranzzahl nicht dazugerechnet, Herr Jahn. Die Zahl ist klar; ich habe sie gerade eben erläutert.
Nun wissen wir, daß das kein ganz neues Problem ist. Seit 15 Jahren gibt es Versuche, das Problem zu lösen. Es gab so skurrile Vorstellungen wie die mit Plaketten an den Häusern: Dieses Haus ist öffentlich gefördert. Die Erwartung war dann, daß diejenigen, die über der Einkommensgrenze liegen, ausziehen. So etwas hat es in den 50er Jahren auch gegeben. Das ging bis zu ernst zu nehmenden Geschichten: zwangsweise Umsetzung, Fehlbesetzungsabgabe, negatives Wohngeld. Schließlich gab es die Diskussion um die Wohnwertmiete.
Wie wir wissen, kranken alle diese Modelle daran, daß sie erheblichen bis riesigen Verwaltungsaufwand verursachen; denn wir müssen - das ist ja anders nicht machbar - die Einkommen sämtlicher Wohnungsinhaber im öffentlich geförderten Wohnungsbau überprüfen. Man kann darüber reden, in welchen Zeitabständen man das macht. Aber an der Einkommensprüfung kommen Sie einfach nicht vorbei. Diese Überprüfung ist mit all diesen Modellen verbunden. Wenn Sie eben schon das Zuviel an Bürokratie in der Debatte erwähnt haben - die Union hat dazu vor kurzem ja auch eine Fachtagung veranstaltet -,
({12})
denke ich, Herr Kollege Jahn, sollten Sie diesen Aspekt besonders hoch einschätzen. Wir tun das.
Daneben gibt es auch noch Rechtsprobleme. Zum Beispiel stellt sich die Frage: Wie kann man in bestehende privatrechtliche Verträge eingreifen? Hier gibt es sicher Lösungsmöglichkeiten. Aber das zweite, schwerwiegendere Problem ist: Wie halten wir es denn mit den Eigentümern?
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Keiner weiß, wie dieses Problem gelöst werden soll. Es würden nur wieder neue Ungerechtigkeiten geschaffen.
Angesichts dieser ungelösten Rechtsprobleme sowie des riesigen Verwaltungsaufwandes, aber auch unter Berücksichtigung der Tatsache - das müßte in der Diskussion auch erörtert werden -, daß die Fehlsubventionierung für die Sozialstruktur unserer Wohngebiete und Wohnhäuser natürlich eine ganze Menge Gutes mit sich gebracht hat - ich brauche
das nicht zu vertiefen; Sie sind selbst Fachmann, um das zu verstehen -, meinen wir, daß ein überzeugender Lösungsvorschlag nicht vorgelegt werden kann. Die SPD-Fraktion begrüßt deshalb die klare Entscheidung, die der zuständige Bundesminister getroffen hat - und die durch das Kabinett abgesegnet worden ist -, dieses Thema zur Zeit vom Tisch zu nehmen.
Ich meine, Herr Kollege Jahn, das Ziel Ihrer fortwährenden Anträge zu diesem Problemkreis liegt auch weniger darin, das Problem an sich zu lösen, sondern darin, uns auf den Leim einer öffentlichen Diskussion zu führen, die riesige Unruhe in große Wählerschichten brächte.
({14})
Wenn Sie ernsthaft an der Lösung des Problems interessiert sind, so ist es Ihnen anheimgestellt, eine Gesetzesinitiative zu ergreifen - entweder als Oppositionsfraktion oder über den Bundesrat - und Ihre Vorstellungen präzise auf den Tisch zu legen.
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Wir sehen dieser Initiative mit Interesse entgegen; aber ich prophezeie Ihnen schon jetzt: Sie werden eine solche Initiative aus eben den Gründen, die ich dargelegt habe, nicht ergreifen.
Nächster Punkt: Mobilisierung von Finanzmitteln und Liberalisierung des Wohnungsmarktes. Dahinter stecken ja, wie Sie es immer nennen, Ihre ordnungspolitischen Vorstellungen. Wenn man sich diesem Thema zuwendet, muß man natürlich - Sie haben das auch getan - schon die Novelle zum Wohnungsbindungsgesetz, die der Bundesrat eingebracht hat und die uns demnächst beschäftigen wird, in die Diskussion einbeziehen.
Lockerungen immer da, wo gewisse Regelungen durch Zeitablauf unvernünftig geworden sind. Das mag sich auf die Anhebung der Bagatellgrenzen bei Ablösung beziehen. Wir denken auch, daß man in Einzelfällen durchaus über die Bindungszeit nachdenken kann, wenn mieterschützende Voraussetzungen eingeplant werden. Dieses Thema werden wir demnächst eingehend beraten.
Prinzipielle Freigabe? Nein. Der Wohnungsbestand dieses öffentlich geförderten Blocks, über den ich eben gesprochen habe, ist wohnungs- und sozialpolitisch zu wichtig; er ist für uns unverzichtbar. Wir brauchen ihn, um den Gesamtwohnungsmarkt mietmäßig zu stabilisieren. Wir brauchen ihn für die Versorgung von Sondergruppen, die zu dem Bereich der berühmten breiten Bevölkerungsschichten, wie es in den einschlägigen Bestimmungen heißt, gehören und noch unzulänglich versorgt werden. Wenn man den künftigen Bedarf, aber auch die aktuelle Situation am Wohnungsmarkt betrachtet, besteht ein großes öffentliches Interesse, diesen Bestand zu erhalten.
Sie haben eben die Finanzreserven erwähnt. Man muß nicht unbedingt das Beispiel des Deutschen Mieterbundes heranziehen - Sie kennen es -, der vorgerechnet hat, daß 60 abgelöste, freigemachte
Sozialwohnungen heute das Geld bringen, um eine neue Sozialwohnung zu bauen.
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Über die Berechnung kann man streiten. Ich denke, die Zahlen sind ein bißchen hoch angesetzt. Aber prinzipiell ist diese Aussage richtig. Wenn man diese Zahl als grundsätzlich richtig unterstellt, gibt es keinen vernünftigen finanzwirtschaftlichen Grund, den Überlegungen der Opposition zu folgen.
Ich denke, man muß auch den Einwand berücksichtigen, den die gemeinnützige Wohnungswirtschaft und - wiederum verständlicherweise - der Mieterbund eingebracht haben, daß eine Ablösung von Sozialwohnungen - welchen Sinn sollte diese Maßnahme sonst auch haben? - auf breiter Front zu einer Mietbewegung, zu Mieterhöhungen führen wird. Möglicherweise wird das, was wir über die zurückfließenden öffentlichen Förderungsmittel an Einnahmen kassieren, in der nächsten Etappe über Wohngeld wieder ausgegeben werden müssen. Dies ist ein weiteres Argument gegen ein solches Verfahren.
Man muß hier auch einmal kurz darauf hinweisen, daß die öffentliche Förderung niemandem aufgezwungen worden ist. Sie hat eine Menge von Vorteilen nach sich gezogen: kostendeckende Mieten, wenig Mietausfall, geringes Eigenkapital, Steuervorteile, Entschuldungsgewinn. Unter diesen Aspekten meinen wir, daß die zehnjährige Bindungsfrist gerechtfertigt ist.
Herr Kollege Jahn, meine Damen und Herren von der Opposition, wir meinen, daß die Addition Ihrer Vorstellungen zu diesem Komplex fast abenteuerlich ist: Für wenig Geld wollen Sie einen großen Bestand an Sozialwohnungen freigeben. Wir brauchen den vielfachen Aufwand, um den notwendigen Ersatzbau betreiben zu können. Mieterhöhungen werden in breiter Welle auf uns zukommen und müssen - zumindest teilweise - durch das Wohngeld wieder ausgeglichen werden. Um diesen Widersinn auch noch so richtig schmackhaft zu machen und auf breiter Front durchzusetzen, wollen Sie trotz aller Vorteile, die ich soeben aufgezeigt habe, auch noch einen Bonus bei vorzeitiger Rückzahlung gewähren.
({17})
Wenn Sie das alles noch einmal richtig durcharbeiten, werden Sie selbst zu dem Ergebnis kommen, daß das nicht der richtige Weg ist.
Für uns kommt der Ausverkauf von preiswerten Sozialwohnungen nicht in Frage. Die Wohnungsversorgung breiter Schichten der Bevölkerung muß angemessen gesichert bleiben.
({18})
Zum Mietrecht, Herr Kollege Jahn: Sie und andere
behaupten, das Mietrecht sei ein Investitionshemmnis. Wenn es das ist, dann nur durch die Art und Weise, wie Sie es diskutieren. Da ist in der Tat eine psychologische Schwelle aufgebaut worden.
({19})
Entscheidend, meine Damen und Herren, ist doch das - und Sie sind doch Marktwirtschaftler, Sie sagen es zumindest -, was der Markt uns ständig dazu sagt.
({20})
- Ich habe eine verlängerte Redezeit, Herr Präsident.
Herr Kollege, die Fraktion hat 20 Minuten angemeldet; dann sind Sie am Ende.
Dann muß ich mich kurz fassen.
Lassen Sie mich, Herr Kollege Jahn, nur so viel sagen: Bei Neuvermietungen gibt es keine Mietbegrenzung. Der Markt urteilt ständig darüber, was erzielbar ist. Nichtsdestotrotz sind Vermieter nicht in der Lage, kostendeckende Mieten zu erreichen. Dies hat also mit dem Mietrecht überhaupt nichts zu tun.
Zum Mietrecht will ich Ihnen - dazu brauchen wir nicht den Bericht abzuwarten - nur so viel sagen: Für uns ist der Kündigungsschutz völlig unantastbar.
({0})
Wir sagen auch aus, daß sich die Vergleichsmiete prinzipiell bewährt hat; im übrigen gibt es ja dazu auch keine Alternativmodelle. Wenn es darum geht, Verfahrensfragen zu prüfen, inwieweit man beispielsweise das Mietspiegelsystem vernünftiger gestalten kann - nach unserer Ansicht soll das so aussehen, daß er am Markt noch mehr zur Anwendung kommt -, wenn es darum geht, Mieteinigungsstellen und dergleichen mehr einzurichten, lassen wir mit uns reden.
({1})
Das Thema Privatisierung von Grund und Boden und Wohnungen kann ich leider nicht mehr ansprechen.
({2})
Dies wird mein Kollege Müntefering in der zweiten Runde übernehmen. Er wird Ihnen dazu die notwendige Antwort geben.
Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Ihre Große Anfrage zur Neuorientierung der Wohnungspolitik hat gezeigt, daß eine Neuorientierung, eine grundsätzliche Neuorientierung der Wohnungspolitik nicht notwendig ist.
({3})
In Fragen der Eigentumsbildung übernehmen Sie unsere Politik, im Mietrecht zeigen Sie Irrwege auf.
Was die Preisführerschaft der Sozialmieten angeht, so machen Sie eine falsche Aussage.
({4})
Unsere Wohnungspolitik war trotz aller Probleme prinzipiell erfolgreich. Die Wohnungsversorgung der Bevölkerung wurde zumindest zahlenmäßig bewältigt. Die Eigentumsquote ist deutlich gewachsen: Das Mietrecht hat für sozialen Frieden zwischen Vermietern und Mietern gesorgt. Für uns gibt es keinen Grund, nach neuen Orientierungen zu suchen.
({5})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl die Bundesregierung die Große Anfrage der Opposition zur Neuorientierung der Wohnungsbaupolitik ausführlich beantwortet hat, versucht die CDU/CSU mit ihrem heutigen Debattenbeitrag dennoch, den Eindruck zu erwecken, als hätte sie bahnbrechende neue Erkenntnisse in der Wohnungsbaupolitik anzubieten. Bei näherem Hinsehen ist dies jedoch keineswegs der Fall. Unter Bezugnahme auf das Zitat, das Sie, Herr Dr. Jahn, soeben brachten, und auf Ihren Hinweis, daß es auf dem Gebiet der Wohnungsbaupolitik Zeit für einen Wechsel sei, möchte ich nur sagen: Wir werden die Worte von Ihnen beherzigen, aber in einem anderen Sinne; wir werden keinen Wechsel unterschreiben, der zur Änderung der Verantwortung in der Wohnungsbaupolitik führt.
({0})
Meine Damen und Herren von der Opposition, im übrigen bin ich ein wenig verwundert, wie schnell Sie sich neu orientiert haben. In der Debatte vom 10. April 1975 über das Gesetz zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau hat Herr Dr. Jahn in seinem Beitrag die Wohnungshalden als alarmierend bezeichnet und nach einem wohnungsbaupolitischen Konzept der Bundesregierung gefragt.
({1})
Nun verweisen Sie auf die ausgeglichene Zahl von Haushaltungen und Wohnungen und verlangen erneut ein Konzept. Heute sprachen Sie von dieser Stelle aus sogar von einem Wohnungsmangel. Wie soll es bei dem Ruf nach ständiger Neuorientierung noch eine gute Politik für den Bürger geben? Nein, meine Damen und Herren von der Opposition, die
sozialliberale Koalition hat es nicht nötig, sich ständig neu- oder umzuorientieren.
({2})
Die Regierungserklärungen von 1969 und 1976 enthalten klare wohnungspolitische Zielsetzungen. Dort sind die Schwerpunkte der sozialliberalen Wohnungsbaupolitik festgelegt, die sich allerdings immer wieder an den tatsächlichen Marktverhältnissen zu orientieren haben.
Die sozialliberale Koalition will die Eigentumsbildung im Wohnungsbau weiterhin verstärkt fortführen. Sie, Herr Kollege Jahn, haben in der bereits zitierten Debatte vom 10. April 1975 erklärt, durch die von Ihnen verlangte Umschichtung der Mittel nähmen Sie einen Rückgang der Förderungszahlen bewußt in Kauf. In Ihren 14 Thesen vom 16. Februar 1978 zur Neuorientierung der Wohnungsbaupolitik verlangen Sie nunmehr eine Mobilisierung weiterer öffentlicher Mittel für den Wohnungsbau. Das ist Ihre Art, Politik zu machen.
Gestatten Sie mir an dieser Stelle aber einen Hinweis. Sie wollen öffentliche Mittel mobilisieren,
({3})
indem Sie bei vorzeitiger Rückzahlung öffentlicher Mittel einen Bonus gewähren wollen. Ohne einen Streit über das Erstgeburtsrecht entfachen zu wollen, weise ich darauf hin, daß ich diese Möglichkeiten hier im Deutschen Bundestag bereits vorgeschlagen und diesen Vorschlag zuletzt am 25. Februar 1977 wiederholt habe.
({4})
So wandeln sich die Zeiten: Einmal wollen Sie mit vollen Händen Geld ausgeben, ohne die Frage nach der Deckung zu beantworten. Heute fragen Sie, inwieweit die öffentlichen Hände sich die notwendige Finanzierungsausstattung verschaffen können und entdecken dabei das Bonussystem.
Herr Dr. Jahn, zur Klarstellung möchte ich hier eines sagen. Sie behaupteten hier, wir hätten Ihren Antrag über das Bonussystem abgelehnt. Ich darf zur Klarstellung sagen, daß dieser Antrag im Ausschuß nicht abgelehnt worden ist, sondern zurückgestellt wurde und daß die Behandlung in den nächsten Wochen erfolgen soll. So ist der Tatbestand.
({5})
So zu tun, als gelten für den Wohnungsbau die Marktgesetze nicht, ist abwegig. Qualität hat auch im Wohnungsbau ihren Preis. Mancher Mieter, der in einer gut ausgestatteten preiswerten Wohnung wohnt, denkt nicht daran, Eigentum um jeden Preis zu erwerben, solange er nicht auch seinen Wohnungsstandard halten kann. Außerhalb dieses Bereichs, in dem den Staat auf Grund seiner Fürsorgepflicht unmittelbare Verpflichtungen treffen,
kann er nur die Rahmenbedingungen setzen, die vom Markt selbst auszufüllen sind.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch auf das Gesetz zur Regelung der Miethöhe eingehen; ich vermeide es, vom „Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz" zu sprechen, denn diese falsche Terminologie trägt erheblich zur Verwirrung und Verunsicherung der Mieter bei. Es kann überhaupt keine Rede davon sein, daß an den Grundzügen des sozialen Mietrechts herumgedoktert werden soll; auf unser soziales Mietrecht können wir stolz sein, denn es trägt erheblich zum sozialen Frieden in unserem Lande bei.
({6})
Meine Damen und Herren, keiner in diesem Hause denkt wohl daran, den Kündigungsschutz zu ändern;
({7})
ich glaube, darüber sind wir uns einig. Durchaus legitim und berechtigt ist es, die Frage zu stellen, ob sich das Vergleichsmietenprinzip als solches bewährt hat und ob diese Regelung nicht auch investitionshemmend wirkt. Und doch muß sinnvollerweise der Anfang nächsten Jahres fällige Bericht der Bundesregierung abgewartet werden. Meine Damen und Herren von der Opposition, an diesen Termin hat sich, so meine ich, auch die Opposition zu halten, denn schließlich hat sie dem Gesetzentwurf sowie der Entschließung mit einer Ausnahme zugestimmt.
({8})
Herr Dr. Jahn, ich kann die Angriffe nicht verstehen. Die Auffassung der FDP zur Vergleichsmietenregelung habe ich bereits in der Debatte vom 16. Juni 1977 dargelegt; ich bitte, im Protokoll nachzulesen. Was das Vorziehen ,des Berichts anlangt, so muß ich doch feststellen, daß im Ausschuß durchgesetzt wurde, daß mit der Vorlage ,des Berichts zugleich auch Lösungsmöglichkeiten angeboten werden.
({9})
Im übrigen, meine Damen und Herren, pflegen, sich Koalitionspartner an einmal getroffene Vereinbarungen zu halten, und wir werden die Frist einhalten.
({10})
- Entschuldigung, das ist wohl unsere Auffassung, aber wir pflegen uns an Koalitionsvereinbarungen zu halten,
({11})
und Sie selbst werden ja während Ihrer Koalitionstätigkeit wohl auch einschlägige Erfahrungen gemacht haben.
Im übrigen verweise ich auch auf den Forschungsbericht über die Auswirkungen des zweiten Gesetzes zur Regelung der Miethöhe, der im Auftrag der Bundesregierung vom Institut für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Saarbrücken erarbeitet worden ist. In diesem Bericht heißt es
auf Seite 56, daß es gegenwärtig noch nicht möglich ist, die Ursachen für die Investitionsschwäche im frei finanzierten Wohnungsbau klar abzugrenzen; es zeichne sich aber zumindest ab, daß .der seinerzeit volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigte Bauboom und die heutige konjunkturelle Lage als Erklärungsfaktoren allein nicht ausreichen. - Dem ist nichts hinzuzufügen.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Problem des sozialen Wohnungsbaus, dem, wie ich meine, zur Zeit drückendsten Problem im Wohnungsbau überhaupt. Über die in der Antwort auf die Große Anfrage gemachten Ausführungen hinaus hat die Bundesregierung mit dem Kabinettsbeschluß vom 26. April 1978 eindeutig Position bezogen. Sie hat klare Aussagen über Wege zur Verringerung der Mietverzerrung sowie der Fehl- und Unterbelegung im sozialen Wohnungsbau, zur Frage desschrittweisen Übergangs zu einer marktgerechten Miete im Sozialwohnungsbestand mit angemessener sozialer Absicherung und zur Senkung der durch degressive Subventionen bedingten Mietsteigerungen in den jüngsten Förderjahrgängen ohne finanzielle Zusatzbelastungen ,des Bundes gemacht.
Dabei ist die Bundesregierung zu dem Ergebnis gekommen, daß sie die gemachten Vorschläge zur Erhebung von Fehlsubventionierungsabgaben, d. h., individuelle Mieterhöhungen für Mehrverdiener, pauschalierte Fehlbelegungsabgaben verschiedener Konstruktion sowie das negative Wohngeld - alles Maßnahmen, die darauf abzielen, die für Mehrverdiener bestehenden Mietvorteile abzubauen bzw. die Unterbelegung von Sozialwohnungen zu verringern -, nicht aufgreift, und dies zu Recht. Der hohe Verwaltungsaufwand sowie die teilweise bestehenden verfassungsrechtlichen Probleme lassen eine andere Regelung im Grunde nicht zu.
Ich möchte die Vorwürfe der Opposition, die Bundesregierung habe zu wenig für den sozialen Wohnungsbau getan, energisch zurückweisen und die Leistung der Bundesregierung an ein paar Zahlenbeispielen verdeutlichen. Mit ein Grund für den Rückgang des Wohnungsbaues insgesamt dürften folgende Faktoren sein:
Erstens. Die reinen Baukosten für eine Wohneinheit beliefen sich im Jahr 1968 auf rund 50 600 DM. 1976 betrug dieser Anteil rund 122 400 DM. Das entspricht einer Erhöhung um fast 140 %.
Zweitens. Aus der Gegenüberstellung der fertiggestellten Wohnungen der Jahre 1968 und 1976 und aus der Höhe der für den sozialen Wohnungsbau aufgewendeten Mittel ist zu ersehen, daß der Bau von Sozialwohnungen von rund 177 700 im Jahr 1968 auf rund 127 800 im Jahr 1976 zurückgegangen ist. Wenn man aber die Kosten, die für den Bau einer Wohnung aufgewendet werden müssen - die Zahlen wurden soeben von mir genannt -, berücksichtigt, stellt der Neubau der Sozialwohnungen ein beachtliches Ergebnis dar.
In diesem Zusammenhang muß auch der laufend gestiegene Bundesanteil an Wohngeld erwähnt werden. Er stieg von 260 Millionen DM in Jahre 1968 auf 800 Millionen DM im Jahr 1976.
Im übrigen muß man mit der Bundesregierung davon ausgehen, daß durch bisherige Maßnahmen wie die Höherverzinsung öffentlicher Baudarlehen bei den bis 1962 geförderten Sozialwohnungen, durch die Bildung größerer Wirtschaftseinheiten und durch die Modernisierung älterer Sozialwohnungen ein erster Schritt zur Entzerrung des Mietgefüges unternommen wurde.
Die FDP begrüßt es, daß die Bundesregierung allen Modellen, wonach die bisherigen Kostenmieten durch Mieten ersetzt werden sollen, die nach Wohnwertkriterien gestaffelt sind, eine Absage erteilt hat. Nach diesen Modellen sollten, je nachdem, ob die bisherige Kostenmiete über oder unter der Wohnwertmiete liegt, eine Ausgleichsabgabe erhoben oder Mietausgleichszuschüsse gezahlt werden.
Dennoch ist den Bemühungen der Bundesregierung zuzustimmen, nach weiteren Möglichkeiten zu suchen, die noch in dieser Legislaturperiode realisierbar sind. Aus diesem Grund hat sie - und dies ist zu begrüßen - dem Gesetzentwurf des Bundesrats zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des 2. Wohnungsbaugesetzes im Grundsatz zugestimmt. Dort ist vorgesehen, die Länder zu ermächtigen, weitere Förderungsjahrgänge in eine Zinserhöhung bis zu 4 °/o einzubeziehen. Dabei ist es durchaus zutreffend, wenn das Ausmaß der Zinsanhebung an die qualitativen Wohnmerkmale gekoppelt wird. Dem stimmt auch die FDP zu. Erscheint doch eine Erhöhung der Bagatellgrenze öffentlicher Baudarlehen, bei der vorzeitige Rückzahlung zur sofortigen Freigabe führt, geboten, ebenso die Eingrenzung der zehnjährigen Nachwirkung der Bindung bei vorzeitiger Rückzahlung auf fortbestehende Mietverhältnisse unter Ausnahme der Gebiete mit fortbestehendem erhöhtem Wohnbedarf.
Dies, meine Damen und Herren von der Opposition, sind konkrete Vorschläge und ein Weg in die richtige Richtung.
Vergeblich habe ich in Ihren 14 Thesen zur Neuorientierung der Wohnungsbaupolitik nach solchen konkreten Vorschlägen gesucht. Sie setzen sich mit der Problematik des sozialen Wohnungsbaues nur in Ihren Thesen 8 und 9 auseinander. Dabei begnügen Sie sich mit so plakativen Hinweisen wie einer Umstellung von Objekt- auf Subjektförderung. Die ganze damit verbundene Problematik, wie sie in der Beschlußvorlage der Bundesregierung für die Kabinettssitzung vom 26. September zum Ausdruck kommt, loten Sie gar nicht erst aus. Ich meine, hier machen Sie es sich etwas zu leicht. Es reicht nicht, zu kritisieren, man muß sich auch einmal an der eigenen Elle messen lassen. Die Bundesregierung hat ihre Vorschläge gemacht; sie hat sich intensiv mit allen anstehenden Problemen auseinandergesetzt und Wege aufgezeigt. Sie tun das nicht.
({12})
An dieser Stelle müßte eigentlich auch noch ein Wort zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes gesagt werden. Ich will mir dies im Detail ersparen, da dieser Punkt ja noch auf der heutigen
Tagesordnung steht. Ich kann mir jedoch den Hinweis nicht ersparen, daß Sie bei diesem Gesetz beweisen können, wie ernst es Ihnen mit der Wohnungsbaupolitik wirklich ist.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich meiner Hoffnung Ausdruck geben, daß Sie, die Sie ständig nach mehr Markt auch im Bereich des Wohnungsbaus rufen
({13})
- lassen Sie mich das einmal im Zusammenhang mit den Forderungen in Ihrem Thesenpapier sagen -, sich einmal vor Augen zu halten, wie dirigistisch eigentlich Ihre Große Anfrage angelegt ist. Sie fragen ständig nach genauen Zahlen, nach dem jährlichen Wohnraumverlust, nach Förderungszahlen im sozialen Wohnungsbau, nach Fertigstellungsziffern und nach dem prognostizierten Wohnungsbedarf. Sie wollen die Bundesregierung festlegen, um sie hinterher mit ihren Prognosen festzunageln. Sicher, ich will gar nicht verkennen, daß neben der Analyse auch die Prognose notwendiger Bestandteil einer vorausschauenden Wohnungspolitik ist. Es stellt sich jedoch die Frage, warum die Opposition die Regierung zwingen will, sich ganz eng an prognostizierte Zahlen zu halten, wenn wir doch alle wissen, daß der Markt eigene Gesetze hat. Ich meine, auch hier gilt es, nur Rahmenbedingungen zu setzen und das Übrige dem Spiel der Kräfte am Markt zu überlassen.
Die FDP-Bundestagsfraktion wird den Bundeswohnungsbauminister tatkräftig in seinen Bemühungen unterstützen, einen den Bedürfnissen aller Bevölkerungsschichten gerecht werdenden Wohnungsbau zu betreiben.
({14})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Dr. Haack.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wohnungspolitik des Bundes orientiert sich an den Interessen unserer Bürger. Dies ist besonders durch die Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom Dezember 1976 betont worden. Verstärkte Eigentumsbildung, eine Ausweitung der Maßnahmen zur Stadterneuerung sowie eine Konzentration der Wohnungsbauförderung auf die benachteiligten Gruppen sehen wir als Schwerpunkte dieser Wohnungspolitik. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die Große Anfrage die Entwicklungslinien und den Prozeß der notwendigen Orientierung auf die Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft in unserer Wohnungspolitik deutlich gemacht. Ich will die Grundlinien dieser Wohnungspolitik, über die es in Wirklichkeit - das hat ja auch Ihre Rede gezeigt, Herr Jahn - kaum Auseinandersetzungen gibt, nochmals kurz umreißen.
Ich möchte zu Ihrer Rede einleitend folgendes sagen, Herr Kollege Jahn. Ich würde Ihnen vorschlagen, den Versuch zu unterlassen - nicht nur
heute, sondern auch in Zukunft -, mich gegen meine eigene Partei auszuspielen. Sie müssen sogar sehr achtgeben. Sie haben mir einen guten Willen in meiner Politik attestiert.
({0})
Sie kommen hier in große Gegensätze mit Ihrer Schwesterpartei, der CSU. Denn wenn ich mir den „Bayernkurier" vom 20. April 1978 vornehme, dann lese ich dort in einem größeren Bericht über meine Baupolitik abschließend:
Dieser scheinbar fachlich-bürokratische Beamtenkarrierist ist gefährlicher für das soziale freiheitliche System als mancher andere.
Es ist für Sie also sogar gefährlich, mir guten Willen bei der „Abschaffung unserer freiheitlichen Ordnung" zu attestieren.
({1})
Was Ihre elf Ärgernisse anbelangt, Herr Kollege Jahn
({2})
- oder waren es nur zehn? -, habe ich das Gefühl, daß Ihr eigentliches Ärgernis ist, nicht in der Bundesregierung zu sein.
({3})
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wohnungspolitik ist heute - ich habe das Gefühl, daß es hier keine Unterschiede gibt - mehr denn je Vermögenspolitik. Noch nie ist in der Bundesrepublik so viel für die Bildung von Wohneigentum .getan worden wie unter den sozialliberalen Bundesregierungen.
({4})
1977 machten allein die Ausgaben nach dem Wohnungsbauprämiengesetz, die Steuermindereinnahmen aus der Bausparförderung und auf Grund der Abschreibungen nach § 7 b rund 6 Milliarden DM aus. Noch nie war der Anteil der Eigenheime am Wohnungsbau so hoch wie jetzt. Auch innerhalb des sozialen Wohnungsbaus ist der Anteil der Eigenheime und Eigentumswohnungen kräftig gestiegen. Der entscheidende Anstoß hierzu kam, wie Sie genau wissen, auch wesentlich vom Regionalprogramm des Bundes. Eine langfristig wahrscheinlich noch wichtigere Weichenstellung zugunsten einer schnelleren Erhöhung der Eigentumsquote im Wohnungsbestand wurde mit der Ausdehnung des § 7 b und der Grunderwerbsteuerbefreiung auf den Erwerb vorhandenen Wohnraums getan.
Auch wenn es über die Wirkungen dieser Maßnahmen - sie wirken ja erst relativ kurz - noch keine statistischen Daten gibt, spricht doch heute schon viel dafür, daß diese Maßnahmen längerfristig Wirkungen haben werden, die sowohl vermögenspolitisch als auch unter dem Gesichtspunkt der Stadterhaltung nicht hoch genug eingeschätzt werden können.
Ziel der Bundesregierung ist eine möglichst breite Streuung des Eigentums und eine möglichst rasche Steigerung der Eigentumsquote. Der Test der Eigentumsfreundlichkeit, Herr Kollege Jahn, wird jedoch nicht durch in Form einer Gebetsmühle sich immer wiederholende, ideologisch gefärbte Reden bestanden, sondern durch wirksame Maßnahmen, die den Menschen helfen. Wer z. B. nach wie vor einen Bodenmarkt verteidigt, auf dem die Grundstückveräußerer eine übermächtige Stellung haben,
({5})
mit dem Ergebnis, daß vielfach das gesamte mühsam ersparte Eigenkapital eines Bausparers allein für den Grundstückserwerb verbraucht wird, der erschwert die Bildung von Eigentum und stellt sich gegen die Interessen der Mehrheit unserer Bevölkerung, die ja noch kein Grundvermögen besitzt.
({6})
Ich würde Sie also sehr bitten, wenn Sie über Eigentumsbildung sprechen, sich auch einmal an die eigene Brust zu schlagen und zu überlegen, wo Ihre Konzepte sind, die wirklich einer Eigentumsbildung dienen würden, die allerdings dann in Interessen anderer eingreifen würden, die Sie aber schützen wollen.
Wer die Investitionsbremse Bodenmarkt - auch das gehört in den Zusammenhang - mit dem Hinweis auf angeblich nicht beschränkbare Rechte der Baulandeigentümer rechtfertigt, schlägt sich auf die Seite derer, die an der Eigentumsförderung und dem Eigentumsstreben von Millionen Haushalten profitieren wollen. Ich kann Sie deshalb nur auffordern: Stellen Sie Ihre Eigentumsfreundlichkeit unter Beweis, indem Sie mit uns für Maßnahmen zur Auflockerung des Bodenmarktes eintreten!
({7})
Denn das Horten von und das Spekulieren mit Grund und Boden ist eigentumsfeindlich.
({8})
Meine Damen und Herren, wir werden künftig in der Eigentumspolitik noch stärker die jungen Familien mit Kindern berücksichtigen müssen. Es geht nicht an, daß eine Eigentumsbildung im Wohnungsbau vielfach erst dann möglich ist, wenn die Kinder bereits das Haus verlassen.
({9})
Herr
Bundesminister, Sie gestatten die Zwischenfrage?
Bitte schön.
Herr Minister, wenn ich Ihre Ausführungen richtig werte, darf ich Sie dann fragen, ob Sie neuerdings
({0}) für einen Planungswertausgleich eintreten?
Ich bin nicht neuerdings für einen Planungswertausgleich. Ich war schon in der letzten Wahlperiode für einen Planungswertausgleich, der dann aber aus den Ihnen bekannten Gründen gescheitert ist, und zwar auch an Ihnen. Darum sage ich: Wenn Sie konsequent von Eigentumsbildung sprechen wollen, dann müssen Sie sich darüber klarwerden, daß Sie wesentliche Schritte für eine bessere Eigentumsbildung für die einkommenschwächeren Bevölkerungskreise mit verhindert haben.
({0})
Meine Damen und Herren, wir müssen in der Eigentumsbildung - ich darf das noch einmal unterstreichen, weil das für mich ein Schwerpunkt ist - noch stärker den jungen Familien mit Kindern helfen. Wir müssen uns auch um neue Finanzierungsmethoden bemühen. Der heute übliche Eigenkapitalanteil darf oder muß nicht auf Dauer festgeschrieben sein. Aus der Kreditwirtschaft gibt es, wie Sie wissen, bereits eine Reihe interessanter Verbesserungsvorschläge. Allerdings ist es nicht mit einer 100 %-Finanzierung getan. Vielmehr müssen die hohen Anfangsbelastungen, die sich natürlich bei vermindertem Eigenkapitaleinsatz noch erhöhen, auf ein tragbares Niveau vermindert und die Annuität insgesamt besser der Einkommensentwicklung der Familie angepaßt werden. Hier sollten nach meiner Auffassung die Überlegungen ansetzen. Ich bin sicher, daß die Kreditwirtschaft Lösungen aus eigener Kraft entwickeln kann, nicht zuletzt, weil sie über einen hohen Liquiditätsspielraum verfügt. Einer Ausweitung der öffentlichen Bürgschaften bedarf es generell nicht.
Zweiter Punkt neben der verstärkten Eigentumsbildung: Die Bundesregierung betreibt seit geraumer Zeit eine Politik der Verzahnung von Wohnungsbaupolitik und Städtebaupolitik.
({1})
In Zukunft muß unsere Eigentumspolitik noch stärker den städtebaupolitischen Problemen Rechnung tragen. Unser größtes stadtentwicklungspolitisches Problem ist gegenwärtig die starke Stadt-UmlandWanderung, verbunden mit der Gefahr einer Zersiedelung der Landschaft und der Bildung starker Ungleichgewichte in der Sozialstruktur der Wohnbevölkerung. Die Stadtflucht bringt einen zusätzlichen Anstieg des Pendlerverkehrs mit sich, infolgedessen sich die Wohnumfeldverhältnisse in den Städten zusätzlich verschlechtern. Dieser Verschlechterung der Wohnumfeldverhältnisse können die Städte finanziell aus eigener Kraft kaum noch begegnen, weil sie mit den abwandernden Familien erheblich an Finanzkraft verlieren. Wer Wohneigentum bilden will, tut dies vor allem im Stadtumland. Hohe Bodenpreise und vergleichsweise schlechte Wohnumfeldqualität in den Kernstädten zwingen dazu.
Eine Wohnungseigentumspolitik im Dienste des Städtebaus muß also an diesen beiden Punkten ansetzen: Grundstücksparendes und stadtgerechtes Bauen einerseits und gleichzeitige Wohnumfeldverbesserungen in den Städten andererseits. Deshalb haben wir bereits vor einigen Wochen ein Stadthauskonzept vorgelegt, um durch Forschung, Wettbewerbe und praktische Modellversuche zu zeigen, wie auch in Innenstadtbereichen für breite Schichten der Bevölkerung die Bildung von Wohnungseigen-turn möglich und erstrebenswert sein kann. Schon im kommenden Jahr werden wir im experimentellen Städtebau des Bundes etwa 100 derartige Stadthäuser in verschiedenen Städten der Bundesrepublik bauen.
Bis vor kurzem war es wenig attraktiv, Wohneigentum im vorhandenen Bestand zu bilden. Die einseitige Bevorzugung der Eigentumsbildung im Neubau mit öffentlichen Mitteln hat nicht zuletzt auch zu dieser eben geschilderten Stadt-UmlandProblematik mit beigetragen. Heute sind Alt- und Neubau gleichberechtigt. Der erweiterte § 7 b des Einkommensteuergesetzes und der in seinem Anwendungsbereich erweiterte § 82 a der Einkommensteuerdurchführungsverordnung, die Erweiterung der Grunderwerbsteuerbefreiung auf Altbaukäufe bringen nicht nur erhebliche neue Anreize zur Eigentumsbildung, sondern dienen auch der Wiederbelebung unserer Städte. Da alte Wohneinheiten in der Regel billiger sind als neue, begünstigt der neue § 7 b auch Familien, die das finanzielle Risiko eines Neubauvorhabens scheuen.
Nach den bisherigen Erfahrungen jedenfalls hat diese Politik Bevölkerungsschichten zu Wohneigentum verholfen, die wir mit keiner anderen Maßnahme hätten erreichen könen. Auch die Opposition wird wohl anerkennen, daß mit dem Stadtsanierungsprogramm des Jahres 1975 und mit dem Programmteil „Verbesserung der Lebensbedingungen in Städten und Gemeinden" des Zukunftsinvestitionsprogramms ein wesentlicher Beitrag zur Stadterhaltung geleistet worden ist und auch noch in den nächsten Jahren geleistet werden wird, weil sich dieses Programm in der Praxis besonders günstig auswirkt und auch die Mittel sehr schnell fließen. Ganz erfreulich ist es, daß es mit Hilfe dieser Programme gelungen ist, in größerem Umfange auch Maßnahmen zur Erhaltung und Erneuerung historischer Stadtkerne in Gang zu bringen, die sonst, wenn überhaupt, erst sehr viel später hätten durchgeführt werden können.
Zur Politik der Stadterhaltung und Stadterneuerung gehört selbstverständlich auch die Förderung der Wohnungsmodernisierung nach dem entsprechenden Wohnungsmodernisierungsgesetz. Jeder von uns weiß, daß mit den bisher verfügbaren Mitteln nur ein Teil aller Modernisierungsmaßnahmen gefördert werden kann, wozu allerdings gesagt werden muß, daß für viele Hauseigentümer, zumal wenn sie über entschuldetes Hauseigentum verfügen, die indirekten Hilfen des Steuerrechts ausreichen. Mittelfristig, so meine ich - und hier habe ich das Gefühl, daß es da keine Unterschiede gibt -, muß es unser Ziel sein, die verschiedenen Förderungsinstrumente des Staates in der Stadtsanierung und in der Modernisierungsförderung zusammenzuführen und vor allem auch Maßnahmen im Wohnumfeld in dieBundesminister Dr. Haack
se Förderung noch stärker, als das bisher möglich war, mit einzubeziehen.
Ein dritter Punkt neben der Eigentumsbildung und der Verzahnung von Wohnungsbau- und Stadtentwicklungspolitik ist die nach wie vor zentrale Aufgabe staatlicher Wohnungspolitik, nämlich die Versorgung einkommensschwächerer Bevölkerungsgruppen. Wir müssen, um diese Aufgabe, die in einem Sozialstaat selbstverständlich ist, erfüllen zu können, unsere Politik stärker auf einkommensschwächere alte Menschen, auf Familien mit Kindern und auf Schwerbehinderte konzentrieren. Über die Notwendigkeit eines sich zum Teil mit dem Stadterneuerungswohnungsbau überschneidenden Programms für bestimmte Zielgruppen sollte es keine Meinungsunterschiede geben. Das muß auch gelten für die nach wie vor notwendige Fortführung der Erhaltung unseres Wohngeldsystems als eine Ergänzung und als ein wesentlicher Punkt unserer staatlichen Wohnungsbaupolitik.
Ich komme also zu dem Ergebnis - auch die Rede des Herrn Kollegen Jahn hat dies gezeigt, wenn ich die übliche, bei ihm gewohnte Polemik und die dauernde Behauptung unrichtiger Dinge abziehe -: In Wirklichkeit gibt es keine nennenswerten Meinungsverschiedenheiten über die Ausrichtung der staatlichen Politik auf die Aufgaben der Eigentumsbildung, auf die Stadterhaltung und auf die sozialpolitisch gebotene Unterbringung bestimmter Personengruppen. Das sind nämlich die drei Schwerpunkte in unserer Wohnungspolitik.
Einige kurze Bemerkungen - weil es auch die Vorredner der Fraktionen bereits angeschnitten haben und weil wir ja im Kabinett vor wenigen Wochen eine entsprechende Entscheidung getroffen haben - zu den Strukturproblemen des Sozialwohnungsbestands, also zu den Problemen Mietverzerrung, Fehlsubventionierung und Fehlbelegung.
Ich meine, daß die Entscheidungen, die das Bundeskabinett vor wenigen Wochen getroffen hat, den Notwendigkeiten gerecht werden. Wir haben unsere Position zu den Strukturproblemen des Sozialwohnungsbestands deutlich gemacht. Wir halten eine Anhebung der Verzinsung der öffentlichen Baudarlehen für die Förderungsjahrgänge ab 1962 schrittweise bis auf 4 % für sinnvoll. Wir sehen darin eine Ergänzung der bereits in früheren Jahren durchgeführten Zinserhöhungen für die öffentlichen Baudarlehen.
Die Bundesregierung strebt dabei jedoch an, die Höherverzinsung mit einer zumindest teilweisen Lösung der Mietverzerrungen im Sozialwohnungsbestand zu verbinden. Hierzu könnten nach unserer Auffassung gerade bei der Zinsanhebung qualitative Wohnungsmerkmale berücksichtigt werden. Damit wäre es möglich, einerseits mehr als bisher Wohnwertunterschiede zum Tragen zu bringen, andererseits zusätzliche Mittel zu gewinnen. Dadurch werden die Länder - Herr Henke hat darauf hingewiesen auch bei der Nachsubventionierung zu teuer gewordener Sozialwohnungen aus den frühen 70er Jahren entlastet.
Herr Kollege Jahn, das, was wir hier beschlossen haben, das, was ich aus diesem Bereich vortrage,
ist in völliger Übereinstimmung mit den Ländern. Es geht sogar auf einen einstimmigen Vorschlag der Bundesländer zurück. Insofern ist es mir völlig unverständlich, wie Sie vorhin feststellen konnten, die Bundesregierung drücke sich und wolle die Verantwortung auf die Länder abschieben. Es ist ein Vorschlag der Länder, daß sie diese Entscheidungen in eigener Zuständigkeit treffen sollen. Ich sehe gar nicht ein, warum wir, wenn die Länder etwas anderes wünschen, in deren Zuständigkeitsbereiche mit eingreifen sollen, zumal ich auch in Zukunft die Politik verfolge, den Ländern möglichst viele Entscheidungen zu geben, aber von daher auch das Zugeständnis der Länder zu bekommen, daß der Bund ein Mitspracherecht in den zentralen wohnungspolitischen und städtebaupolitischen Problemen hat, die über die Interessen eines Landes hinausgehen.
({2})
Eine auch an qualitativen Merkmalen orientierte Zinsanhebung im älteren Sozialwohnungsbestand ist zugleich ein gewisser Beitrag zur Lösung des Fehlsubventionierungsproblems. Auch das, was wir zur Fehlbelegung gesagt haben, ist in völliger Übereinstimmung mit den Bundesländern. Ich habe vor wenigen Wochen im zuständigen Bundesratsausschuß in Anwesenheit mehrerer Minister und Senatoren darüber berichtet: völlige Zustimmung der Länder, wie wir auch aus den Vorarbeiten wissen, daß keine neuen Modelle im Bereich der Fehlbelegung von den Ländern aufgegriffen werden. Denn alle bisherigen berechtigten Überlegungen haben gezeigt, daß wir das Problem nicht praktikabel lösen können.
Auch wir sind uns selbstverständlich bewußt, daß es aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit wünschenswert wäre, bei besonders gravierenden Fällen hier eine Lösung zu finden. Es ist aber noch niemandem gelungen, ein praktikables Modell vorzuschlagen. Eine generelle Lösung des Problems der Fehlsubventionierung wäre nur zu verwirklichen, wenn man den Aufbau neuer Bürokratien und hohe Verwaltungsaufwendungen in Kauf nähme.
({3})
Auch das von der Konzeption her an sich sachgerechte negative Wohngeld würde einen hohen Verwaltungsaufwand durch regelmäßige Einkommensüberprüfungen erfordern, dem ein im Verhältnis dazu nur sehr geringer finanzieller Ertrag gegenüberstünde.
({4})
Im übrigen wird das Problem dadurch geringer, daß einerseits in den neueren, teureren Sozialwohnungen nur in sehr geringem Umfang Fehlsubventionierungstatbestände entstehen und zum anderen viele bisherige Fehlbeleger aus den älteren Sozialwohnungen bereits ausgezogen sind.
Herr Henke hat vorhin völlig mit Recht darauf hingewiesen, daß sich keine Lösung an die Einkommensgrenzen binden könnte, sondern daß jede
Lösung einen bestimmten Betrag über die Einkommensgrenzen hinweg zugestehen müsse, um nicht zu einer noch stärkeren Bürokratisierung zu führen. Wenn Sie einen solchen Bonus einräumten, würde das dazu führen, daß Sie die Zahl der wirklichen Fehlbeleger noch mehr reduzieren. Deshalb würde das Endergebnis diesen hohen bürokratischen Aufwand erst recht nicht rechtfertigen.
({5})
Deshalb ist es nach meiner Auffassung logisch und konsequent, von weiteren Bemühungen, dieses Problem zu lösen, Abschied zu nehmen
({6})
und uns auf die Probleme zu konzentrieren, die in Zukunft auch lösbar sind.
Eine abschließende Bemerkung zum Wohnraumkündigungsschutzgesetz, weil das in Ihren Ausführungen, Herr Kollege Jahn, eine große Rolle spielte. Mir scheint dies eigentlich der wesentliche kontroverse Punkt zu sein. Sie hatten mich gebeten, hierzu Stellung zu nehmen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sich die Zurückhaltung im frei finanzierten Mietwohnungsbau entgegen einer weit verbreiteten Pauschalkritik am Wohnraumkündigungsschutzgesetz bereits mit folgenden Ursachen unabhängig von den bestehenden Gesetzen erklären läßt: mit den negativen Erfahrungen mit der Überproduktion von frei finanzierten Wohnungen in den Jahren 1972 bis 1974 - Problem der Wohnungshalde; die Wohnungshalde ist mittlerweile abgeschmolzen -, mit der Schere zwischen tatsächlich anfallenden laufenden Aufwendungen und am Markt erzielbaren Mieterträgen und mit den sich gerade für Besserverdienende bietenden Alternativen zur Nachfrage nach frei finanzierten Neubauwohnungen, nämlich modernisierte Altbauwohnungen, Eigentumswohnungen oder Eigenheime.
Wenn die Opposition fordert, daß wir durch gesetzliche Regelungen die Wirtschaftlichkeit des frei finanzierten Mietwohnungsbaues sicherstellen, so ist zu fragen, wie eine solche Forderung gegen die Marktsituation realisiert werden soll. Wer für eine möglichst weitgehende marktwirtschaftliche Wohnungsversorgung eintritt - das tun Sie doch immer, und Sie kritisieren, daß wir die Liberalisierung in bezug auf den Wohnungsbestand noch nicht haben -, der muß doch dann auch in Kauf nehmen - das ist die Konsequenz aus der Marktwirtschaft -, daß in bestimmten Phasen der Entwicklung der Wunsch nach Sicherung der Wirtschaftlichkeit unerfüllt bleibt.
({7})
In einer Verlautbarung der öffentlichen Bausparkassen - das ist sehr interessant - wird darauf hingewiesen, daß selbst bei einer Lockerung des Mietrechts größere Mietanpassungen kaum realisierbar sein werden.
Von dieser Kontroverse über die Ursachen der sich im übrigen allmählich verringernden Investitionsschwäche im frei finanzierten Mietwohnungsbau abgesehen, bleibt folgendes festzustellen. Am verbesserten Kündigungsschutz - das war doch Anfang der 70er Jahre ein berechtigter Wunsch aller im Bundestag vertretenen Parteien - und am Verbot der Änderungskündigung ist ohne alle Abstriche festzuhalten.
({8})
Auch die Vergleichsmietenregelung steht nicht zur Disposition. Niemand hat bisher eine brauchbare Alternative gefunden. Meinungsverschiedenheiten kann es allenfalls über die Ausgestaltung geben. Hier stimme ich völlig dem zu, was Herr Kollege Henke vorhin über mögliche Änderungen im Rahmen der Praktikabilität dieses Vergleichsmietenverfahrens gesagt hat, ohne daß am Grundsatz dieses Verfahrens etwas geändert wird. Es ist völlig klar - auch hier stimme ich ihm zu; das ist ja ein Teil dieser Praktikabilität -, daß alle Möglichkeiten einer Verbesserung des Instruments der Mietspiegel genutzt werden.
Ich glaube, daß die Polemik auch von Interessenverbänden und von Teilen der Opposition gegen dieses Wohnraumkündigungsschutzgesetz nicht angebracht ist.
({9})
Die neuesten Zahlen zeigen uns ganz deutlich - nehmen Sie etwa die Februar-Zahlen -, daß im Vergleich zum Februar 1977 die Zahl der Baugenehmigungen im Geschoßwohnungsbau ohne Änderung des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes um 27 % angestiegen sind. Warum? Weil sich die Marktbedingungen auch für den frei finanzierten Mietwohnungsbau bereits jetzt verbessert haben: verbesserte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, Abschmelzung der Wohnungshalde und verbesserte Nachfragesituation jedenfalls im städtischen Bereich. Ich möchte Sie also bitten, diese wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen stärker zu beachten und sich nicht ausschließlich mit dem Wohnraumkündigungsschutz zu befassen. Hier wird die Bundesregierung, wie angekündigt, den Parlamentsauftrag erfüllen und Anfang des Jahres 1979 ihren Bericht vorlegen.
({10})
Eine abschließende Bemerkung. Herr Kollege Jahn, Sie haben hier mit Recht auch von der Bürokratisierung gesprochen. Sie selbst sind ja Mitglied in einer entsprechenden Arbeitsgruppe, und Sie kennen die Probleme, auch die fachlichen Probleme. Ich warne Sie allerdings davor, auch dieses Problem in ein parteipolitisches Fahrwasser zu bringen. Das haben Sie heute früh auch wieder versucht, indem Sie gesagt haben: Dort, wo mehr Staatseinfluß ist, dort, wo mehr Sozialismus angestrebt wird, haben wir mehr Bürokratie.
({11})
- Darüber muß ich mich aber sehr wundern. Dann dürfte es in meinem schönen Freistaat Bayern überhaupt keine Bürokratie geben, wenn diese These stimmte.
({12})
Das kann doch mit logischen Argumenten überhaupt nicht begründet werden.
({13})
Im übrigen darf ich Sie fragen: Wer war denn derjenige, der - damals haben Sie das gar nicht beachtet; zu der Zeit waren Sie nämlich in der Regierungsverantwortung in Bonn - die Entbürokratisierungsdebatte begonnen hat? Das war der damalige sozialdemokratische Oppositionsführer Erich O11enhauer, der darauf hingewiesen hat, daß wir eine bürgerfreundliche Verwaltung brauchen, daß sich eine Verwaltung in einem demokratischen Staat an den Interessen der Bürger orientieren muß.
({14})
Darum geht es in Wirklichkeit.
Sie sollten also Ihre Ideologie hier beiseite lassen, wie ich überhaupt vorschlagen möchte, daß wir uns auch in dieser Debatte auf die wirklichen Sachfragen konzentrieren und gemeinsam versuchen sollten, eine Politik zu machen, die im Interesse unserer Bürger ist.
({15})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schneider.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie nicht anders zu erwarten: viele alte Bekannte. Manche sind schon so alt, daß sie die neue gesetzliche Erwachsenengrenze, die Grenze der Geschäftsfähigkeit, weit überschritten haben.
({0})
Ich möchte nur an die letzte Debatte über eine Große Anfrage der Opposition erinnern. Sie liegt fast auf den Tag genau drei Jahre zurück. Es war der 15. Mai 1975. Schon damals waren die Probleme der Eigentumsbildung für die breiten Schichten - die CDU/CSU hatte damals einen Entschließungsantrag vorgelegt -, die Frage, wie in Zukunft privates Kapital für den Wohnungsbau stärker nutzbar gemacht werden kann, das Problem der Bausparförderung, das Problem der Mietenentzerrung, der soziale Wohnungsbau etc. Gegenstand der Debatte.
Herr Minister Haack, ich räume ein, Sie haben es nicht leicht. Seit zwölf Jahren stellen die Sozialdemokraten den Bauminister, und die Bilanz ist keine erfreuliche.
({1})
Sie ist eine höchst unerfreuliche. Warum? Weil es heute eine Reihe wohnungspolitischer und wohnungswirtschaftlicher Probleme gibt, die es 1966/67 überhaupt nicht mehr gegeben hat, Probleme, die Sie erst erzeugt haben.
Um einige Systematik in meine Äußerungen zu bringen, möchte ich zunächst auf die Ausführungen des Kollegen Henke eingehen. Der Kollege Henke hat uns nämlich - insbesondere lugte er hart gegen den Wind auf die Wahlen in Niedersachsen - herausgefordert, wir sollten einmal sagen, wie wir denn § 34 oder § 35 des Bundesbaugesetzes ändern wollten. Verehrter Kollege Henke, ich möchte Ihnen, Ihrer Fraktion und der Bundesregierung im Namen der Fraktion der CDU/CSU die Antwort nicht schuldig bleiben. Wir haben darüber nicht nur gesprochen, sondern wir haben darüber nachgedacht.
({2})
Ich möchte Sie nun mit unseren Erkenntnissen vertraut machen. Wir werden hier im Parlament demnächst folgenden Antrag - in Paragraphen exakt formuliert - einbringen.
Erstens. Die landschaftlich typische Marschbebauung entlang von Wassergräben darf nicht als Zersiedlung der Landschaft, sondern muß vielmehr als eine Maßnahme zur Ersiedlung der Landschaft verstanden werden mit der Folge, daß abgängige Gebäude erneuert und Baulücken geschlossen werden dürfen.
Zweitens. Für den Außenbereich muß wie für die Bauleitplanung gelten, daß öffentliche Belange untereinander abgewogen werden dürfen. Das bedeutet konkret, daß in Einzelfällen ein baurechtliches Nein durch ein , konjunkturpolitisches oder arbeitsmarktpolitisches Ja ersetzt werden darf, mit der Folge, daß eine Baugenehmigung im überwiegenden Interesse der Erhaltung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum erteilt werden darf.
Drittens. Einem Landwirt, der seine Existenz aufgeben mußte, darf nicht verwehrt werden, an der gleichen Stelle Landesproduktenhandel zu betreiben und Kunstdünger an seine früheren Kollegen zu verkaufen.
({3})
Die Privilegientatbestände sollen entsprechend erweitert werden.
({4})
- Ich sehe in Ihre pfingstfröhlichen Augen. Wenn ich allerdings den Minister höre, kommen mir öster7204
liche Faust-Zweifel. Ihm muß ich nämlich sagen: Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Mir fehlt der Glaube daran, daß er recht hat, wenn er im Zusammenhang mit dem Problem des Wohnraumkündigungsschutzgesetzes auf die steigende Rendite hinweist und dann sagt: Im frei finanzierten Mietwohnungsbau sind dabei die Gesetze einer freien Marktwirtschaft entscheidend. Angebot und Nachfrage bestimmen hier den Preis. Keine Regierung kann einem Vermieter eine kostendeckende Miete garantieren. - Das klingt so schlüssig, das klingt so klar und logisch. Ich möchte fast sagen, das klingt nach CDU/CSU, das klingt nach Ludwig Erhard.
({5})
Niemand von uns hat jemals den verwegenen Gedanken gefaßt, daß der Staat vielleicht eine Mietausfallkasse für Vermieter bereithalten sollte. Der wesentliche Widerspruch in dem, was Sie hier gesagt haben, besteht doch darin, daß Sie von einem Wohnungsmarkt sprechen, den es überhaupt nicht mehr gibt. Der Wohnungsmarkt wurde mit dem Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, mit der Einführung der Vergleichsmiete aufgehoben.
({6})
- Ich darf Ihnen dazu doch wohl etwas sagen. Wer möchte das bestreiten, was ich jetzt behaupte? Mieterhöhungsansprüche nach geltendem Mietrecht
({7})
- das werde ich Ihnen gleich sagen - ({8})
können nur durchgesetzt werden, wenn die neu zu erhebende Miete im Vergleich zu einer anderen Miete für eine vergleichbare Wohnung gerechtfertigt ist. Die Wirtschaftlichkeit, der wirtschaftliche Aspekt, den es beispielsweise noch bei der Kostenmiete im sozialen Wohnungsbau gibt, begründet aber keinen selbständigen Mieterhöhungsanspruch mehr. Wenn der Vergleich Null ergibt, die Miete aber dennoch aus wirtschaftlichen Gründen erhöht werden müßte, kann die Miete nach geltendem Recht nicht erhöht werden. Dieses Prinzip wird so weit getrieben, daß das System tatsächlich ad absurdum geführt wird.
({9})
- Das ist eben nicht Marktwirtschaft. - Herr Minister, wenn nämlich ein Vermieter im Falle der Neuvermietung unter Anwendung der Maßstäbe im sozialen Wohnungsbau, der Zweiten Berechnungsverordnung die Miete festsetzt und diese Miete mehr als 10 % über der Vergleichsmiete liegt, tritt ein weiteres Bundesgesetz in Kraft, nämlich § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes. Er wird deswegen vor den Kadi gezogen. Dafür gibt es genügend Beispiele. Deswegen sind meine Freunde und ich der Meinung, daß § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes zu ändern ist; denn die Wohnungsgesetzgebung des Bundes ist in sich widersprüchlich und kann durch
nichts schlüssig gemacht werden, es sei denn durch
die Beseitigung dieser hemmenden Bestimmungen.
({10})
Ich nehme an, daß Sie die Autoren des Jahreswirtschaftsgutachtens für Fachleute halten. Im Jahreswirtschaftsgutachten wird von dem mieterfeindlichen Wohnungsrecht gesprochen.
({11})
- Genau der Ausdruck wurde gebraucht, und die Herren Ökonomen haben sich das auch gut überlegt: Derjenige, der durch eine falsche Gesetzgebung einen Wohnungsmangel verursacht, handelt mieterfeindlich; denn nichts ist mieterfeindlicher als die Nichtbereitstellung ausreichenden Wohnraums.
({12})
- Jetzt darf ich Ihnen sagen, warum wir zugestimmt haben. Ich bin sehr froh, daß ich dieses Problem einmal so exakt darstellen kann. Sie wissen ganz genau, wie die Beratungen des Gesetzes im Ausschuß verlaufen sind. Wir haben uns an dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23. April 1974 orientiert - unsere Entscheidung fiel bekanntlich am 17. Oktober 1974 -, und aus diesem Urteil ging hervor, daß das Artikel-Gesetz, das Vergleichsmietengesetz prinzipiell nicht verfassungswidrig ist; denn es sei nicht hinreichend nachgewiesen, daß der Vermieter durch die gesetzlichen Bestimmungen daran gehindert werde, kostendeckende Mieten zu verlangen.
Weil wir Zweifel daran hegten, haben wir nur ein bedingtes Ja zu dem Gesetz gesagt. Wir haben nämlich die Bundesregierung aufgefordert, nach Ablauf von vier Jahren einen Erfahrungsbericht vorzulegen.
({13})
Je nachdem, wie dieser Erfahrungsbericht ausfallen wird, werden wir unsere endgültige Entscheidung treffen: ob wir weiterhin ja oder nein zu dem Gesetz sagen.
({14})
Die Erfahrungen mit diesem Gesetz sind landauf, landab negativ.
({15})
- In einem wohnungswirtschaftlichen Hearing, stattgefunden am 14. November 1977 in München, kamen alle Repräsentanten der deutschen Wohnungswirtschaft einschließlich des Deutschen Mieterbundes zu Wort. Alle - der Repräsentant des Mieterbundes hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen, obwohl auch er von erkennbaren Mängeln des Gesetzes gesprochen hat -, aber alle anderen haben unsere Einschätzung geteilt.
({16})
Die gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften, die in der Regel Ihrer politischen Couleur angehören, lieber Herr Waltemathe, haben die bitterste Klage über dieses Gesetz geführt. Lesen Sie doch bitte auch einmal nach, was über dieses Gesetz auf dem Bauvereinstag im Oktober 1977 in Köln gesagt worden ist. Ich mache mich anheischig zu behaupten, daß der Bauvereinstag eine einzige Anklage gegen dieses Gesetz gewesen ist. Ich kenne keinen einzigen wohnungswirtschaftlichen Verband, der an diesem Gesetz ein gutes Haar ließe.
Deswegen darf ich Ihnen sagen: Nicht derjenige ist ein schlechter Politiker, der aus Fehlern oder aus enttäuschten Hoffnungen die richtigen Schlüsse zieht, sondern derjenige macht die falsche Politik, der stur genug ist, wider bessere Einsicht seine fehlerhafte Politik beizubehalten.
({17})
In aller Kürze möchte ich darlegen, wie es mit unserer Wohnungspolitik strukturell eigentlich bestellt ist.
({18})
Zwei wesentliche Ziele der deutschen Wohnungspolitik sind nicht erreicht worden:
Das erstrangige Ziel der staatlichen Wohnungsbaupolitik nämlich, die bevorzugte Förderung der Bildung von Einzeleigentum, Familienheimen und eigengenutzten Eigentumswohnungen, ist bisher nur unzulänglich verwirklicht worden.
Zweitens - das ist besonders betrüblich -: Die familienpolitische Zielsetzung der deutschen Wohnungspolitik ist bis heute nicht verwirklicht worden. Wohnungen, die die Entfaltung eines gesunden Familienlebens gewährleisten, namentlich kinderreicher Familien, sind unzureichend gefördert worden und werden noch heute unzureichend gefördert. Lesen Sie doch bitte das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit. Daraus geht ganz exakt hervor, daß die von mir vertretene These stimmt. Kinderreiche Familien können aus dem gegenwärtigen Wohnungsbestand nur bedingt versorgt werden, vielfach auch deshalb, weil geeignete Sozialwohnungen fehlsubventioniert und unterbelegt in Anspruch genommen werden. Das zu ändern wäre Ihre Aufgabe - mein Vorwurf richtet sich an die sozialdemokratischen Bundesminister der letzten zwölf Jahre - gewesen.
Drittens. Die Zahl der Anspruchsberechtigten auf eine soziale Mietwohnung ist entschieden höher als die Zahl der verfügbaren Sozialwohnungen, als bei der gegebenen und künftigen Knappheit an Haushaltsmitteln darüber hinaus jemals gebaut werden kann. Diese Schere macht die eigentliche Problematik deutlich. Wir haben auch auf dem Gebiete der Wohnungspolitik eine Anspruchsinflation gesetzlich begründet.
({19})
Das ist der entscheidende Punkt.
Verehrter Herr Minister, auf eines habe ich während Ihrer ganzen Rede spitz gewartet, nämlich darauf, daß Sie sagen, wie viele Wohnungen zur Zeit zu wenig gebaut werden. Sie wissen, alle Institute gehen davon aus, daß wir im Jahr mindestens 100 000 frei finanzierte Wohnungen brauchen. Zur Zeit werden etwa 20 000 gebaut. Im übrigen kann Ihr Hinweis in der „Welt am Sonntag" vom letzten Sonntag überhaupt durch nichts überzeugen, weil nämlich die Prämisse falsch ist. Sie gehen von einem Wohnungsmarkt aus, den es nicht mehr gibt. Der Wohnungsmarkt ist vinkuliert, gefesselt; er hat Asthma, er hat Husten, er hat Lungenentzündung. Dieser Wohnungsmarkt ist nicht lebensfähig; wir müssen ihn wieder heilen.
Viertens. Das Problem der fehlenden Unterbelegung ist mit bürokratischen, zwangswirtschaftlichen und administrativen Mitteln nicht zu lösen.
({20})
Hier können nur wirkungsvolle Lockerungen der Mietpreis- und Belegungsbindungen einen dauerhaften strukturellen Wandel schaffen. Deswegen sagen wir zu diesem etwas ängstlichen, kurzatmigen, scheuen und schüchternen Entwurf des Landes Nordrhein-Westfalen ja.
Ich begrüße es ja durchaus, Herr Minister, daß etwas von diesem fränkischen Erhardschen Wind von Fürth nach Erlangen herübergeweht ist und Sie somit einige marktwirtschaftliche Luft aufgenommen haben und diese in sich tragen. Das macht Ihre öffentlichen Äußerungen vom Hören her zwar sympathisch, aber den Worten müssen Taten folgen. Ihre eigenen Freunde aus der bayerischen SPD - vielleicht sehe ich einen? Ich sehe keinen.
({21})
Kein einziger bayerischer Sozi bei der Wohnungspolitik; die sollen mir bei der Landtagswahl einmal etwas sagen! ...
({22})
was haben die Herren gemacht? Die haben sofort ein Telegramm geschickt und - so Herr Schmidt aus München - heftigst Protest gegen diesen zaghaften, zögerlichen Versuch eingelegt, etwas Luft, etwas marktwirtschaftliche Kraft, etwas marktwirtschaftliche Dynamik in die Wohnungspolitik zu bringen. Verehrter Herr Minister, ich kann nur sagen: Sie haben es schwer.
Ein weiterer Punkt, der mir sehr wesentlich ist: Die Familien, die dann tatsächlich Eigentum, Familieneigentum an den eigenen vier Wänden erwerben, sind zu alt. Nach Erhebungen der Bausparkassen liegt ihr Alter bei etwa 40, 43 Jahren. Wir müssen das Lebensalter in diesem Zusammenhang herunterdrücken; 30 Jahre wäre das Richtige. Ich stimme mit Ihnen überein: Die Kinder sollen noch in den Genuß der Familienwohnung kommen, wenn sie heranwachsen. Das ist eine familienpolitische, sozialpolitische Aufgabe ersten Ranges, wie ich überhaupt der Meinung bin, daß nur der sinnvoll von Wohnungspolitik reden kann, der die Wohnungspolitik in ihrer gesellschaftspolitischen Vielfalt, in ihrer wirtschaftspolitischen Dynamik, in ihrer arbeitsmarktpolitischen Bedeutung und in ihrer vermögenspoliti7206
schen Wirksamkeit sieht und richtig zu beurteilen versteht.
({23})
Des weiteren: Wir müssen den Schwerpunkt der Wohnungsbauförderung, des Bausparens und der Hilfen wesentlich verstärken und auf das Ansparen verlagern, nicht auf das Nachsparen. Das Nachsparen muß die Ausnahme sein. Sie aber haben die Konditionen beim Bausparen gerade gegenüber den jungen Familien, ,den ledigen Menschen durch das Haushaltsstrukturgesetz erheblich verschlechtert.
({24})
Warum? Die prämienberechtigte Ansparsumme des Ledigen beträgt heute 800 DM; früher -betrug sie 1 600 DM. Ich trete entschieden dafür ein, diese Ansparsumme von 800 DM wieder auf 1 600 DM zu erhöhen.
Des weiteren gibt es Einkommensgrenzen. Für Ledige liegt die Grenze bei 24 000 DM, für Verheiratete bei 48 000 DM. Alle Bausparer und alle, die am Kreditmarkt zu tun haben und davon etwas verstehen, alle, ,die zur Sache reden können - ohne ideologische Brille und ohne Angst, ,daß es in unserem Lande einen Bürger zuviel mit Eigentum geben könnte -, sagen: Diese Grenzen müssen fallen bzw. beträchtlich angehoben werden.
({25})
- Man kann das nicht selektiv sehen,
({26})
sondern man muß dies in den großen ökonomischen Gesamtzusammenhang stellen.
({27})
Dieser Vorschlag hat im Rahmen einer finanzpolitischen, haushaltspolitischen Debatte durchaus eine Berechtigung; erst im Gesamtzusammenhang wird er schlüssig.
({28})
Es geht auch nicht darum, kumulative Vorschläge zu machen. Vielmehr müssen wir auch hier von Fall zu Fall alternativ denken und handeln.
Alles in allem darf ich sagen: Das Bausparen für junge und kinderreiche Familien ist tariflich zu verbessern. Aber auch die Hilfen nach Bezug eines Familienheimes oder einer Eigentumswohnung, also die Hilfen bei der steuerlichen Abschreibung sowie beim Nachsparen, sind unter familienpolitischen Gesichtspunkten zu verstärken und auszuweiten.
Ich möchte ein Wort zum § 7 b des Einkommensteuergesetzes anfügen. Hier sind alternative Möglichkeiten zu suchen, dieser Paragraph ist auszubauen und umzugestalten. Desgleichen sollte man in der Bundesregierung verstärkt über die Möglichkeiten der Gewährung von Bürgschaften nachdenken. Ich bin ganz ehrlich zu sagen, daß ich wenig von dem Vorschlag halte, der von der Kreditwirtschaft her gemacht wird, Objekte zu 100 % zu beleihen und das Problem durch das Nachsparen, durch Ratenkredite zu lösen. Die erste Devise muß Ansparen sein, und der Staat sollte beim Ansparen mehr helfen.
Dann muß die Umwandlung von sozialen Mietwohnungen in Eigentumswohnungen und die anschließende Veräußerung an die darin lebenden Mieter - es versteht sich: auf freiwilliger Basis - verstärkt gefördert werden. Hier ergibt sich zwischen den freien Wohnungswirtschaftlern und -verbänden und den gemeinnützigen ein Konkurrenzproblem. Hier muß eine Reinvestition durch eine entsprechende Änderung des § 6 b des Einkommensteuergesetzes gewährleistet werden, und es muß vermieden werden, daß der private Wohnungswirtschaftler entsprechende Einkommensteuer und vor allen Dingen Gewerbesteuer zu bezahlen hat, und zwar nur deshalb, weil er von einem größeren Bestand einige Wohnungen privatisiert. Diese Schranken gegen eine stärkere Privatisierung, gegen eine stärkere Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen müssen fallen.
Schließlich ist das Mietrecht unter Aufrechterhaltung des sozialen Mieterschutzes so neu zu ordnen, daß der vorhandene Wohnungsbestand erhalten und neue Wohnungen, insbesondere auch Mietwohnungen, in ausreichendem Umfang unter Anwendung wirtschaftlicher Maßstäbe gebaut werden können. Die Wirtschaftlichkeit muß als selbstständiger Mieterhöhungsanspruch wieder gesetzlich verankert werden. Die verlorengegangene Symmetrie zwischen dem Sozialgut Wohnung und dem Wirtschaftsgut Wohnung muß wiederhergestellt werden.
Wir waren vor wenigen Tagen in Berlin. Ich darf den dortigen Bausenator Harry Ristock zitieren, der gesagt hat: Wir haben alle insoweit gesündigt, als wir den Mietern nicht gesagt haben, was die Wohnung tatsächlich kostet. Die meisten wissen es gar nicht. Es ist durchaus erfreulich, daß man in Berlin jetzt dazu übergeht, einem Mieter, der eine neue Sozialwohnung bezieht, zu sagen: Verehrter Herr X, die Kostenmiete deiner Wohnung beläuft sich auf 16,50 DM pro Quadratmeter;
({29})
du zahlst aber nur 4 DM, und den Rest gibt dir der Steuerzahler hinzu!
Wenn es aber so ist, daß wir nicht genügend öffentliche Mittel haben, die Haushaltsmittel zu knapp sind und wir dennoch neue Wohnungen bauen müssen - im privaten Bereich sind es 80 000 mehr im Jahr -, muß auf den privaten Anleger zurückgegriffen werden. Die heutige Politik der Bundesregierung hindert den privaten Anleger, unter Anlegung ökonomischer Maßstäbe sein Geld wieder im Wohnungsbau, am Wohnungsmarkt zu investieren. Nur die Wohnungspolitik hat eine Zukunft, die die Chance erhöht, privates Kapital wieder verstärkt auf den Wohnungsmarkt zu lenken.
Die Investitions- und ökonomischen Probleme unserer Zeit sind nur marktwirtschaftlich zu lösen. Ich sage: Auch die sozialen Probleme, auch gerade die
sozialen Probleme des Wohnungsbaus, der Wohnungspolitik sind nur marktwirtschaftlich zu lösen.
({30})
Demokratie, demokratische Staatsordnung, sozialer Rechtsstaat und soziale Marktwirtschaft gehören zusammen. Soziale Marktwirtschaft und sozialer Wohnungsbau schließen einander nicht aus, sie bedingen sich sogar. Nur wenn wir darangehen, das Problem mit den Instrumenten der sozialen Marktwirtschaft zu lösen, hat unsere Wohnungspolitik heute eine Chance und Aussicht, morgen Erfolg zu haben. Daran aber mangelt es.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, die Miete ist zum politischen Preis geworden. Nun muß es auch politische Preise geben; viele Tarife sind politische Tarife. Wer möchte von einem Großstädter verlangen, daß er für seine U-Bahn oder seine Straßenbahn oder seinen Omnibus einen kostendeckenden Tarif zahlt?
({31})
Wir wissen das, und niemand von uns ist so töricht, gegen den politischen Preis im Prinzip anzugehen.
Nur, die Sozialmiete ist deswegen zu einem zum Teil sozialwidrigen politischen Preis geworden, weil die Wohnungspolitik dazu geführt hat, daß man vielen Gleiches und den Bedürftigen nicht das Gemäße gibt. Wir können nur dann helfen, wenn wir mit den Haushaltsmitteln angemessen wirtschaften und wenn wir Gerechtigkeit walten lassen. Aber Gerechtigkeit heißt immer noch: suum cuique tribuere, jedem das Seine geben.
({32})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müntefering.
Her Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Opposition hatte als Überschrift ihrer Großen Anfrage das Wort „Neuorientierung" genommen, und bis heute morgen war ich noch davon ausgegangen, daß das so etwas wie Fortentwicklung bedeutet. Nachdem aber Herr Dr. Jahn und - etwas zögerlicher - Herr Dr. Schneider hier nun so eine grundsätzliche Neuorientierung gefordert haben, muß doch, meine ich, folgendes zunächst noch einmal klargestellt werden.
In den vergangenen Jahren war es unter dem Minister Karl Ravens und auch unter dem Minister Dieter Haack so, daß die Opposition immer dann, wenn wir in den Haushaltsberatungen das, was Wohnungsbaupolitik ausmacht, konkretisierten, mit dafür war. Die Opposition war mit dafür, daß das Sozialprogramm auf einige Jahre unter besonderer Berücksichtigung der großen Familien sowie der behinderten und der alten Menschen ungeschmälert fortgefahren wird. Die Opposition war mit dafür, daß das Regionalprogramm ungeschmälert, möglichst noch größer, insbesondere zugunsten der Eigenheim-bauer, fortgefahren wird. Die Opposition war mit dafür, daß sich die Länder - mittelfristig und erkennbar festgeschrieben -- an diesen Programmen beteiligen. Die Opposition war mit dafür, daß der
Ausbau der Modernisierungsförderung - einschließlich des Heizenergieprogramms - erfolgt. Und die Opposition war mit dafür, daß der Aussiedlerwohnungsbau maximal gefördert wird.
Bei allen diesen Einzelpunkten war die Opposition dafür. Heute nun sagt sie: All dies ist nicht gelungen, all dies ist eine Wohnungsbaupolitik, die so nicht überzeugen kann. - Ich fasse diese Oppositionslogik einmal so zusammen: Die CDU/CSU ist für jedes einzelne, was wir getan haben, aber sie ist gegen alles zusammen.
({0})
Nun, die Wohnungsbaupolitik der sozialliberalen Koalition und der Bundesregierung war richtig und erfolgreich. Das heißt nicht, daß wir die Augen vor der Notwendigkeit verschlössen, das Konzept fortzuentwickeln. Zu einigen Bereichen, die ja hier auch schon angesprochen worden sind, will ich kurz noch einige Anmerkungen machen.
Stärker als jede Koalition zuvor hat die sozialliberale den Bau von Eigenheimen und Eigentumswohnungen und deren Erwerb gefördert und gestützt. Sie befindet sich damit in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen der Bürger unseres Landes und mit den Erfordernissen des Städtebaus, und das soll auch so bleiben.
Zur Förderung im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Bundes in Form von Zuschüssen, Darlehen und steuerlichen Vergünstigungen kommen aber, was den Eigenheimbau angeht, folgende Probleme hinzu. Zunächst müssen, ohne die Anforderungen an Sicherheit und Solidität der Bauweise und an die städtebaulichen Erfordernisse zu vernachlässigen, Wege zur Entbürokratisierung der Baugenehmigungsverfahren gesucht werden.
({1})
Das Problem ist angesprochen; ich will hier nur noch einmal deutlich sagen: Wir begrüßen sehr, daß sich Wohnungsbauminister Dr. Haack gerade in diesem Punkt engagiert gezeigt hat und daß er dort Wege sucht, die im Interesse der Bürger liegen.
Zum anderen: Leider ist in der vorigen Legislaturperiode die Bodenrechtsreform steckengeblieben. Diejenigen, die darauf stolz waren und stolz sind, müssen auch wissen, daß sie damit auch die Möglichkeiten der Kommunen beschnitten haben, rechtzeitig preisgünstig Baugrundstücke für Eigenheimbauer bereitzustellen.
({2})
Wenn man über Eigenheimbau als einen Aspekt der Wohnungsbaupolitik spricht, muß man auch sagen: Trotz dieser Bedeutung des Eigenheimbaus muß vor einer allzu einseitigen Fixierung unserer Wohnungsbaupolitik auf diesen Bereich gewarnt werden.
Der § 1 Abs. 1 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - Sie zitierten soeben eine bestimmte Passage des § 2 - lautet nämlich:
Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände haben den Wohnungsbau unter besonderer Bevorzugung des Baues von Wohnungen,
die nach Größe, Ausstattung und Miete oder Belastung für die breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeignet sind ({3}), als vordringliche Aufgabe zu fördern.
Hier ist der Eigenheimbau enthalten. Aber hier wird auch deutlich, daß es nicht nur um Eigenheimbau geht, daß also nicht allein auf diesem Weg alle Probleme zu lösen sind.
({4})
Der soziale Wohnungsbau behält seine zentrale Funktion. Es gibt im sozialen Wohnungsbau Jahrgänge, die auf Grund überprüfungsbedürftiger Förderungsmodalitäten teurer sind als vergleichbare Wohnungen auf dem offenen Markt, und es gibt deutlich ungleiche Mieten in vergleichbaren Sozialwohnungen. Beides ist wahr. Beide Probleme müssen von den Ländern, teils auch vom Bund angegangen und gelöst werden. Einige Bundesländer sind tatkräftig dabei.
Diese Teilprobleme zu einer allgemeinen Kritik am sozialen Wohnungsbau zu nutzen wäre aber falsch. Leider ist es bei Verbänden und einigen Kollegen ,der Opposition, die sich als Ordnungspolitiker - früher sagte man dazu: Ideologen - verstehen, Mode geworden, ,die Ischrittweise und rasche Überführung des sozialen Wohnungsbaues in die freie und sehr soziale Marktwirtschaft als Lösung aller Probleme zu propagieren. Manchmal muß man den Eindruck haben - eigentlich hat sich das heute morgen bei dem Vortrag von Herrn Dr. Jahn für mich bestätigt -, daß all das Gerede um eine Neuorientierung der Wohnungsbaupolitik eigentlich auf nichts anderes zielt als darauf, den Bestand des sozialen Wohnungsbaues auf ,ein Minimum zurückzuschneiden.
({5})
Wer aber allzu leicht die Privatisierung des sozialen Wohnungsbaues betreibt, muß bedenken, Herr Dr. Jahn, daß der Wahn kurz und die Reue lang sein kann, wenn nämlich in den Städten und Gemeinden unseres Landes bald wieder Wohnungen fehlen, die zumal angesichts ,der starken ins Heiratsalter nachwachsenden Generation unbedingt erforderlich sein werden.
Es bleibt keine Zeit, auf Ihre Propagierung der Privatisierung intensiv einzugehen. Ich will nur einen Gedanken des Kollegen Henke aufnehmen, der fragte, wie Sie denn Ihre Aussage werten, daß der Verkaufspreis dem Verkehrswert entsprechen soll, und wieso sie denn eigentlich glauben, da dem potentiellen Käufer einen besonderen Gefallen zu tun. Denn bei dieser Art der Privatisierung verdient doch der bisherige Besitzer, der all die Vorteile
({6})
auf sein Konto buchen kann, während der neue Käufer schlechter dasteht, als Sie es darzustellen versuchen. Der soziale Wohnungsbau hat und behält seine Funktion.
Ich will ein weiteres Problem kurz ansprechen. Was lassen wir uns unsere Wohnungen kosten? Die Wohnung ist kein Gegenstand gehobenen Konsums, sondern neben Nahrung, Kleidung und Arbeit eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein menschliches Leben. Anders ausgedrückt: Eine große Wohnung ist wichtiger als ein großes Auto, für den einzelnen und besonders für die Kinder und für die Familie. Lebensqualität realisiert sich - oder realisiert sich eben nicht - mehr als anderswo in der Wohnung, dier Wohnumwelt und der Gemeinde. 70 % unserer Freizeit verbringen wir Bundesbürger laut Statistik in unserem Wohnbereich.
Das Gut Wohnung ist aber auch ein teures Gut. Wer die Neubaukosten mit einer Miete von 14 bis 18 DM/qm und die Kasten für größere Modernisierungen zu den verfügbaren Einkommen der Masse der Bürger in Relation setzt, stößt unweigerlich auf die wachsende Bedeutung der Subjektförderung. Das Wohngeld ist ein richtiger Ansatz. Doch auch hier gilt: Eine Neuorientierung steht nicht an, wohl aber eine Verfeinerung und Fortentwicklung mit dem Ziel, so individuell und so gerecht wie nur möglich zu unterstützen.
Bei der Frage nach den Kosten für das Gut Wohnung wird auch ganz deutlich, daß Mieterhöhungen nicht den ungeregelten Mechanismen des freien Spiels der Kräfte am Markt überlassen werden dürfen. Überhöhte Mietforderungen dürfen nicht wieder zum Kündigungsgrund werden. Der Mieterschutz muß Bestand haben.
Bei aller Notwendigkeit der Modernisierung müssen wir auch deren Auswirkungen auf die Mieten im Auge behalten. Eine piekfein modernisierte Wohnung, die er nicht mehr bezahlen kann, nützt dem Familienvater nichts, der allerdings seine Altbauwohnung auf einen besseren Standard angehoben haben möchte.
Ein Letztes. Das Vertrauen in die Bundesregierung seitens der Opposition ist offensichtlich grenzenlos. Wir begrüßen das. Nicht anders kann ich das werten, was die Opposition heute morgen getan hat. Sie hat nämlich die Komplexität der ganzen Thematik der Zuständigkeit der Länder und der Gemeinden außen vorgelassen und so getan, als ob all das von uns allein geklärt werden könnte. Ich will keine Verantwortung verschieben, aber doch sagen: Wir sind miteinander gut beraten, wenn wir die Fragen der Wohnungsbaupolitik zwischen Bund, Ländern und Gemeinden so intensiv wie nur möglich abstimmen. Es wäre schlecht, wenn sich die Dinge in den Bundesländern so weit auseinanderentwickelten, daß sie von hier aus nicht mehr auf einen Nenner gebracht und in der nötigen Weise fortentwickelt werden können. Hier muß immer wieder eine Abstimmung gesucht werden, auch - ich wiederhole es - mit den Städten und Gemeinden, denn Wohnungsbau ist nun einmal ein zentrales Instrument der Stadtentwicklung und hat deshalb von Ort zu Ort sein individuelles Gesicht. In diesem Lichte, meine Damen und Herren, bleibt die Fortentwicklung des Wohnungsbaus - und dies nicht erst seit
Ihrer Anfrage - auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses, heute unter Punkt 22.
({7})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes
-Drucksache 8/1692 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 8/1789 - Berichterstatter: Abgeordneter Stöckl
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({1})
- Drucksachen 8/1764, 8/1782, 8/1798 Berichterstatter:
Abgeordneter Francke ({2}) Abgeordneter Krockert
({3})
Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäuble.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über das Erste Gesetz zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes auf der Grundlage der Beschlußempfehlung des federführenden Ausschusses beraten, dann muß zunächst nachdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die Einbeziehung des Instruments der Steuervergünstigung zur Förderung der Energieeinsparung im Wohnungsbau ausschließlich der Initiative der CDU/CSU zu danken ist.
({0})
Diese Betonung ist um so notwendiger, als die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien ja eine beneidenswerte Hartnäckigkeit an den Tag legen, wenn es darum geht, die wahrheitswidrige Behauptung zu verbreiten, die Union habe keine Alternativen, um sich hernach, wenn wir unsere besseren Alternativen durchgesetzt haben, mit den Federn eben dieser unserer Initiativen zu schmükken. Die Bundesregierung - dies muß festgehalten werden - hat noch bei der Einbringung ihres Gesetzentwurfs auf der Drucksache 8/1692 ausdrücklich Steuervergünstigungen zum Zwecke der Energieeinsparung im Wohnungsbau abgelehnt. Nur unter dem Eindruck unserer besseren Argumente in diesem Hohen Hause wie im Bundesrat hat sich die Koalition mühsam dazu bequemt, unseren Vorschlägen nach Einführung einer steuerlichen Komponente wenigstens teilweiseentgegenzukommen.
({1})
- Dabei muß auch einmal erwähnt werden, Herr Waltemathe, daß der Gang einer seriösen Gesetzesberatung in den Ausschüssen durch das merkwürdige Verfahren dieser Koalition zunehmend erschwert wird, ein Verfahren, das darin besteht, daß im Laufe der Gesetzesberatung die ursprüngliche Vorlage zunächst ohne förmliche Anträge ganz wesentlich verändert wird, indem von der Bundesregierung sogenannte Formulierungshilfen angeboten werden, die dann von den Koalitionsfraktionen mehr oder weniger verschämt übernommen werden. Wenn schon, meine Damen und Herren, die Koalitionsfraktionen nicht in der Lage sind, eigene Initiativen zu entwickeln, was ja oft so weit geht, daß Sie beim Kopieren der Vorlagen aus den Ministerien noch nicht einmal den Kopf der Vorlage ordentlich abdecken lassen, dann sollte die Bundesregierung doch entweder von vornherein Gesetzentwürfe einbringen, die in der Nähe der zu verabschiedenden Vorlage liegen, oder die Bundesregierung sollte den politischen Mut haben, die Änderung ihrer Absichten dadurch offenkundig zu machen, daß sie die ursprüngliche Vorlage zurückzieht und einen neuen Gesetzentwurf einbringt.
({2})
Das auch bei diesem Gesetzeswerk wieder geübte Verfahren der Formulierungshilfen trägt jedenfalls nicht zur Transparenz dies Gesetzgebungsprozesses bei und belegt die Orientierungslosigkeit dieser Regierung. Das kann im übrigen, meine Damen und Herren, kaum anders erklärt werden als damit, daß die Regierung aus Angst vor jenem Teil der Koalitionsfraktionen, Herr Waltemathe, der grundsätzlich gegen jede Steuersenkung und statt dessen für immer mehr staatlichen Dirigismus ist, nicht den Mut hatte, offen die Initiative für steuerliche Erleichterungen in Zusammenhang mit der Novellierung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes einzutreten.
Die Bundesregierung kann das von ihr gewählte Verfahren auch nicht mit dem Hinweis auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat rechtfertigen. Diese Mehrheitsverhältnisse waren ja vor der Einbringung des Regierungsentwurfs ebenso bekannt wie die Position der CDU/CSU, das Instrument der steuerlichen Erleichterungen mit Vorrang zur Förderung der Energieeinsparung einzusetzen. Im übrigen würde es einem vernünftigen Miteinander im Bundestag besser entsprechen, wenn sich die Bundesregierung bei Gesetzesvorhaben, die nicht nur der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, sondern die in einem hohen Maße die eigene Zuständigkeit der Länder berühren, mit diesen Bundesländern vor der Einbringung ihrer Entwürfe partnerschaftlich zusammensetzen würde,
({3})
7210 Deutscher Bundestag.- 8. Wahlperiode Dr. Schäuble
anstatt zunächst einmal in gouvernementaler Bevormundung über die Argumente der Länder hinwegzusehen.
({4})
Die CDU/CSU hat jedenfalls von Anfang an klar gemacht, daß nach ihrer Auffassung zur Förderung heizenergiesparender Investitionen steuerliche Erleichterungen erforderlich sind. Dies entspricht unseren ordnungspolitischen Grundsätzen
({5})
Wir wissen, und wir haben seit Ludwig Erhard den Beweis dafür erbracht, daß die Aktivierung der Privatinitiative durch den Abbau von zu großen Belastungen viel bessere Ergebnisse erbringt als jeder staatliche Dirigismus. Bei einer Staatsquote von annähernd 48 % kann nur eine grundsätzliche Weichenstellung hin zum allmählichen Abbau der viel zu hoch gewordenen Belastungen neue, stärkere Impulse setzen. So ist auch für Maßnahmen der Energieeinsparung von steuerlichen Erleichterungen eine besondere Aktivierung der Privatinitiative zu erwarten. Die Gewährung von steuerlichen Hilfen läßt derartige erwünschte Investitionen sofort und ohne bürokratischen Antragsweg auftragswirksam werden. Sie beschleunigt damit auch die erhofften konjunkturellen arbeitsmarktpolitischen Wirkungen. Nur dort, wo eine steuerliche Lösung keine ausreichenden Wirkungen haben kann, wie bei den sozial schwächeren Schichten und bei den gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen, muß in Anknüpfung an das bestehende System zur Förderung wohnungswirtschaftlicher Maßnahmen ein Zuschußprogramm eingesetzt werden.
Weil wir um die vorrangige Bedeutung steuerlicher Erleichterungen wissen, halten wir auch die von der Ausschußmehrheit beschlossene steuerliche Komponente für unzureichend. Nach Auffassung der CDU/CSU muß das für die Förderung der Energieeinsparung im Wohnungsbau zur Verfügung stehende Finanzvolumen, das wir für den Fünfjahreszeitraum bis 1982 in Übereinstimmung mit den Vorstellungen der Bundesregierung mit 4,35 Milliarden DM ansetzen wollen, angesichts des gegebenen Förderungssystems hälftig auf steuerliche Erleichterungen und auf Zuschüsse aufgeteilt werden.
Die Bereitschaft der Koalition, anstelle der ursprünglich vorgesehenen ausschließlichen Verwendung der 4,35 Milliarden DM für Zuschußprogramme nunmehr 1,5 Milliarden DM für steuerliche Erleichterungen zur Verfügung zu halten, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber dieser Schritt der Koalition ist wie meist nicht zureichend ausgefallen. Deswegen müssen wir auch in dieser zweiten Lesung unsere weitergehenden Anträge auf steuerliche Erleichterungen erneut stellen.
Die CDU/CSU hat ein ausgewogenes Konzept von steuerlichen Erleichterungen und Zuschüssen vorgelegt. Bei der Annahme unserer Anträge kann davon ausgegangen werden, daß das Finanzvolumen von 4,35 Milliarden DM nicht überschritten, aber
gleichgewichtig für steuerliche Maßnahmen und für Zuschüsse verwendet wird.
Ein entscheidender Punkt unserer steuerlichen Anträge ist, daß Maßnahmen zur Energieeinsparung und Wohnungsmodernisierung auch bei eigengenutzten Einfamilienhäusern genauso steuerlich begünstigt werden wie bei Zwei- und Mehrfamilienhäusern. Die von der Koalitionsmehrheit in Art. 1 a beschlossene Änderung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe q des Einkommensteuergesetzes bringt hinsichtlich der energieeinsparenden Maßnahmen bei eigengenutzten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen keine materielle Verbesserung gegenüber der durch koordinierten Ländererlaß bestehenden Verwaltungspraxis. Sie bedeutet weiterhin eine Schlechterstellung energieeinsparender Maßnahmen bei eigengenutzten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen im Vergleich zu solchen Maßnahmen bei Zwei- und Mehrfamilienhäusern. Während bei den letzteren der Erhaltungsaufwand im Jahre des Entstehens mit steuerlicher Wirkung voll abgesetzt werden kann, soll dies nach den Vorstellungen der Koalitionsmehrheit bei den eigengenutzten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen auch in Zukunft nicht möglich sein. Statt dessen will sich die Koalition mit der Fiktion behelfen, über § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe q des Einkommensteuergesetzes derartigen Erhaltungsaufwand bei eigengenutzten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen als Herstellungsaufwand zu behandeln. Abgesehen davon, daß damit bei diesen Wohnobjekten nur eine geringere Begünstigung des Erhaltungsaufwandes auch zum Zwecke der Energieeinsparung möglich bleibt, muß auch daran erinnert werden, daß gesetzliche Fiktionen immer eine Verlegenheitslösung des Gesetzgebers darstellen.
Unser Vorschlag, statt dessen dem § 21 a Abs. 3 Einkommensteuergesetz eine Nr. 3 anzufügen, in der aus den gesetzgeberischen Motiven, die uns ja bei diesem Gesetz gemeinsam bewegen, der entsprechende Erhaltungsaufwand auch bei eigengenutzten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen voll abzugsfähig wird, hat den Vorteil der Klarheit, der geringeren Kompliziertheit und der größeren Wirksamkeit.
Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn wir mit diesem Gesetz wirklich Energie einsparen wollen, dann gibt es keinen Grund, Energie nicht auch bei den eigengenutzten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen einzusparen.
({6})
Die in der Ausschußfassung vorgeschlagene Regelung für die Einbeziehung von Gebäuden, die nach dem 31. Dezember 1956 - das ist der Stichtag der bisherigen Regelung - hergestellt sind, in der Regelung des § 82 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ist ebenso unbefriedigend wie Ihre Regelung bezüglich der eigengenutzten Einfamilienhäuser. Unser Vorschlag war und ist, die Stichtagbegrenzung des § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe q für alle zu begünstigenden Maßnahmen vom 1. Januar 1957 auf den 1. Januar 1978 auszudehnen. Wenn statt dessen die Koalitionsmehrheit diese Verlagerung des Stichtages nur für einen Teil
der in § 51 begünstigten Maßnahmen mittragen will, dann führt sie damit eine außerordentlich komplizierte und unübersichtliche Regelung im Steuergesetz herbei, wobei ich einfüge, daß sich die steuerliche Regelung ohnedies nicht durch besondere Einfachheit auszeichnet. Aber diese unterschiedliche Stichtagregelung wird in der Praxis zwangsläufig zusätzlich zu großen Schwierigkeiten führen. Häufig genug werden doch im Zuge der Wohnungsmodernisierung verschiedenartige Maßnahmen, für die wir gemeinsam steuerliche Erleichterungen durch erhöhte Absetzungen bei Herstellungskosten an Gebäuden vorsehen wollen, in einem Zuge praktisch ganz untrennbar miteinander vollzogen werden. Man kann sich vorstellen, wie groß die bürokratische Belastung für Steuerpflichtige wie für die Steuerverwaltung werden wird, wenn für eine derartige im praktischen einheitliche Maßnahme unterschiedliche Stichtage und damit unterschiedliche Abschreibungssätze gelten sollen.
Im übrigen soll das Gesetz ja auch konjunkturellen Zielsetzungen dienen, und unter diesem Gesichtspunkt ist die von der Koalitionsmehrheit vorgesehene Differenzierung der zu begünstigenden Objekte völlig unverständlich. Die CDU/CSU beantragt deshalb, Gebäude, die nach dem 31. Dezember 1956, aber vor dem 1. Januar 1978 hergestellt sind, in alle in § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe q genannten Maßnahmen einzubeziehen.
Entsprechend beantragen wir auch eine Erweiterung des in dieser Ziffer angesprochenen Maßnahmenkatalogs über die Formulierungen in der Ausschußfassung hinaus. Nur wenn wir den Maßnahmenkatalog in § 51 Abs. 1 Nr. 2 mit dem des § ' 4 Abs. 3 des Wohnungsmodernisierungsgesetzes in der zu beschließenden Fassung völlig harmonisieren, verhindern wir eine weitere Komplizierung und Zersplitterung der ohnedies nicht allzu übersichtlichen Rechtsmaterie. Die von der Koalitionsmehrheit beschlossene Ausschußfassung verströmt statt dessen kleinlichen bürokratischen Dirigismus, der den Verwaltungsaufwand entscheidend vermehren wird.
Ein ganz wichtiger Punkt unseres Änderungsantrags zu Art. 1 a der Ausschußfassung ist die Erhöhung des Abschreibungssatzes. Während die Koalition diese Maßnahmen nur mit einem Satz von jährlich 10 °/o steuerlich berücksichtigt sehen will, sind wir der Überzeugung, daß der Impuls des Gesetzes zur Energieeinsparung und zur konjunkturellen Belebung im Ausbaugewerbe durch einen Abschreibungssatz von fünfmal 20 % deutlich gesteigert wird.
Wenn Sie dem entgegenhalten, daß dadurch das Volumen der steuerlichen Ausfälle gesteigert werde, dann kann man dem nur mit dem Hinweis begegnen, daß man sich den Pelz nicht waschen lassen kann, ohne naß zu werden. Wer steuerliche Erleichterungen zum Zwecke der Energieeinsparung will, der muß auch die entsprechenden Steuerausfälle in Kauf nehmen. Im übrigen handelt es sich ja nur um zeitliche Verschiebungen, die sich innerhalb von fünf weiteren Jahren wieder voll ausgleichen. Wir beantragen deshalb, das Abschreibungsvolumen in
§ 51 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes auf jeweils 20 v. H. in fünf Jahren festzusetzen.
({7})
Wir beantragen ferner, die erhöhten Absetzungen in § 51 auch für sonstige Räume, die nicht überwiegend Wohnzwecken dienen, zu gewähren. Unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung kann es entscheidend nicht darauf ankommen, ob die Energie in Räumen, die überwiegend Wohnzwecken dienen, oder in sonstigen Räumen eingespart wird. Wir begrüßen, daß die Koalition immerhin unseren Antrag, auch Wohngebäude, die zu einem Betriebsvermögen gehören, zu begünstigen, übernommen hat. Auch dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, den Sie durch die Ausdehnung der Begünstigung auf alle sonstigen Räume zu Ende gehen sollten.
Meine Damen und Herren von der Koalition, bei Annahme unserer Änderungsanträge zu Art. 1 a gewinnt das Konzept steuerlicher Erleichterungen zum Zwecke der Energieeinsparung und Wohnungsmodernisierung Konsequenz, leichtere Vollziehbarkeit und vor allem eine wesentlich verbesserte Wirkungschance. Nachdem Sie dem Grundsatz, daß auf steuerliche Erleichterungen nicht verzichtet werden kann, sich endlich angeschlossen haben, sollten Sie auch die Konsequenz und den Mut aufbringen, unseren Änderungsanträgen zuzustimmen.
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Krockert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU hat als ersten Redner in dieser Debatte einen Finanzpolitiker sprechen lassen, wodurch wohl unterstrichen werden soll, daß ihre Priorität bei dem ganzen Unternehmen, über das heute gesprochen wird, eben auf der steuerlichen Regelung liegt. Daß wir es, auch was die Reihenfolge der Redner betrifft, anders halten, soll unsererseits unterstreichen, daß wir das in der Tat nach wie vor anders sehen.
Ihre Darstellung zu der Vorgeschichte dieses Gesetzes war abenteuerlich, Herr Schäuble; denn jeder hier weiß, daß der Widerstand der Länder, an denen das ursprüngliche Programm des Bundesministers gescheitert ist, nicht darin bestand, daß sie Steuererleichterungen anstelle dessen, was der Minister vorgetragen hat, wollten. Also sollten wir bitte diese Legende nicht weiter verbreiten.
Richtig an dem, was Sie gesagt haben, ist allerdings folgendes. Das Gesetz in der heute vorliegenden Ausschußfassung ist zu verstehen als ein Schritt auf die Bundesländermehrheit zu. Es hat also insofern Kompromißcharakter. Angesichts der Haltung der Ländermehrheit hat sich das Bundeskabinett am 12. April dieses Jahres entschlossen, das Zuschußprogramm in Höhe von 4,35 Milliarden DM um mehr als ein Drittel zu kürzen, um damit den Ausfall an Steuereinnahmen durch zusätzliche Abschreibungsvergünstigungen auszugleichen.
Für die SPD-Bundestagsfraktion habe ich bereits in der ersten . Lesung darauf hingewiesen, welche Nachteile mit dieser Teilung des Vorhabens zugunsten einer andersartigen - einer steuerlichen - Förderung verbunden sind. Die steuerliche Förderung, immer als Alternative zur Direktsubvention gesehen, führt erstens zu ungerechtfertigten Unterschieden in der Begünstigung, wendet zweitens insgesamt mehr öffentliche Mittel für das gleiche Investitionsvolumen auf, bewirkt damit drittens, bezogen auf die eingesetzten Mittel, weniger Energieeinsparung, ist viertens mit einem schwer kalkulierbaren Haushaltsrisiko verbunden, läßt fünftens keinerlei Kontrolle über die Vertretbarkeit des öffentlichen Mitteleinsatzes im Einzelfall zu und führt sechstens zu höherer Belastung der Mieter.
Ich durfte für die SPD-Fraktion ankündigen, daß wir den Kompromißweg der Bundesregierung trotz dieser Nachteile mitgehen werden, daß aber wegen dieser Nachteile die vorgeschlagene steuerliche Ergänzung in Grenzen gehalten werden muß. Im Ergebnis hat der Ausschuß mehrheitlich gegen die Stimmen der CDU/CSU die Ermächtigung des § 51 Einkommensteuergesetz so geändert, daß künftig der Einbau von Wärmepumpen und Solaranlagen mit begünstigt wird, daß der Anschluß an die Fernwärmeversorgung in die Begünstigung einbezogen wird, daß die Vergünstigung auch auf solche Wohngebäude ausgedehnt wird, die zu einem Betriebsvermögen gehören, daß die Gebäudefertigstellungsjahre 1957 bis einschließlich 1977 für heizenergieeinsparenden Herstellungsaufwand abschreibungsbegünstigt werden und daß für Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen mit Nutzungswertbesteuerung auch im Falle des Erhaltungsaufwands ein auf zehn Jahre verteilter Abzug gesetzlich eingeräumt wird, wenn es sich um Modernisierungs- oder Energiesparmaßnahmen handelt. Mit jeder weiteren Mark, die wir der Zuschußförderung zusätzlich entziehen würden, um noch mehr Steuerausfälle zu rechtfertigen, würden wir auch das Ausmaß dieser Nachteile vergrößern. Darum haben wir die Gegenkonzeption der CDU/CSU abgelehnt.
Die CDU/CSU will ein sogenanntes Gleichgewicht - so nennt sie ja ihr Konzept - zwischen den beiden Förderungsarten zugrunde legen. Wir haben dabei nur herausgehört: noch weniger Zuschüsse, noch mehr Steuervergünstigungen. Denn was das sogenannte Gleichgewicht betrifft, so ist es zwischen zwei so unterschiedlichen Förderungsarten überhaupt nicht herstellbar. Was soll denn da in gleichgewichtige Deckung gebracht werden? Etwa die Heizenergie, die je eingesetzter Förderungsmillion eingespart wird, oder das Volumen an privater Investition, das pro eingesetzter Förderungsmillion auf dem einen wie auf dem anderen Wege erzielt wird? Nein, ich weiß, das alles ist nicht gemeint. So gleichgewichtig soll das Gleichgewicht ja nun doch wieder nicht sein. Es sollen nur die eingesetzten Mittel beider Förderungswege gegeneinander gewogen werden. Aber selbst das, Herr Kollege Schäuble, muß schiefgehen. Die Inanspruchnahme beider Förderungsseiten hat so grundverschiedene Voraussetzungen und Auswirkungen, daß sich ein Gleichgewicht in der Inanspruchnahme weder im ersten noch im fünften noch in irgendeinem Jahr der Förderung feststellen lassen wird.
Was soll das also mit dem Gleichgewicht? Es scheint, als hätte die Opposition das alte Symbolbild von der Justitia mit der Waage mißverstanden: Gleichgewicht stellt sich her, wenn man nicht hinguckt. Das mögen die Unionsparteien ruhig ausprobieren, wo sie unter sich sind; aber sie sollten nicht erwarten, daß wir dabei mitmachen.
({0})
Offenbar ist dieser hochtrabende Begriff von der Gleichgewichtigkeit nur gewählt worden, um dem Oppositionskonzept den Anschein zu verleihen, als ob da irgendeine höhere Gerechtigkeit mit im Spiel wäre.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schäuble?
Bitte, Herr Kollege Schäuble.
Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, wenn ich sage, daß, wenn Ihre Theorie richtig ist, nämlich daß man im vorhinein nie wissen kann, in welchem Umfang steuerliche Erleichterungen in Anspruch genommen werden, das dann auch für die Schätzung gilt, in welchem Ausmaß die von der Koalitionsmehrheit beschlossene steuerliche Komponente in Anspruch genommen wird, daß deswegen auch Ihre Berechnung mit den 1,5 Milliarden DM auf den tönernen Füßen steht, die Sie soeben beschrieben haben?
Herr Kollege Schäuble, dieses Problem ergibt sich immer dann, wenn man ein zunächst gemeinsames Förderungskonzept in einen steuerlichen und einen Zuschußbestandteil aufteilt. Hier ist also gar nichts groß zuzugeben. Nur, wir sind deshalb auch bescheidener und reden nicht von Gleichgewicht. Darüber rede ich gerade, nämlich, daß Sie mit dem Begriff „Gleichgewicht" etwas unternehmen, was bei denjenigen, die es mit ihren Augen und Ohren sehen und hören, ganz falsche Vorstellungen erwecken muß. Offenbar, so sagte ich, ist dieser Begriff bloß gewählt worden, um den Anschein einer höheren, ausgewogenen Gerechtigkeit zu vermitteln, als ob im Unterschied zu dem Kompromiß, den die Bundesregierung ihrerseits mit den Ländern eingehen will, nicht etwa nur andere Zahlen, andere Quantitäten ins Spiel gebracht wurden, sondern darüber hinaus eine Art übergeordnetes Maß, das seinen Sinn und seine Rechtfertigung in sich selber trägt: „Gleichgewicht"!
Dadurch sollte sich also niemand verwirren lassen. Wenn die CDU/CSU die Ausschußvorlage heute ablehnt, dann will sie nur: noch weniger Zuschüsse, noch mehr Steuererleichterungen. Das ist alles. Dahinter steckt weder eine höhere Weisheit noch eine bessere Gerechtigkeit. Wegen der Nachteile, die mit der Umwandlung von noch mehr Zuschußmitteln in Steuermitteln verbunden sind und die wir heute
noch einmal beschrieben haben, lehnen wir genau dies nach wie vor ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mit der Bundesregierung darin übereingestimmt, daß die Auswirkungen der steuerlichen Regelung in Grenzen gehalten werden müssen. Deshalb mußte sichergestellt werden, daß nicht für ein und dieselbe Maßnahme sowohl ein Zuschuß als auch eine steuerliche Vergünstigung in Anspruch genommen wird. Wer für seine Investition die beachtlichen staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen will, muß sich für eines von beiden entscheiden. Dieses Kumulierungsverbot und dieser Optionszwang gelten nicht nur zwischen Zuschüssen und Abschreibung für Herstellungsaufwand, sondern schließen auch den Erhaltungsaufwand für nutzungswertbesteuertes Eigentum ein, der auf zehn Jahre verteilt abgezogen wird. Auch Investitionszulagen dürfen weder neben den Zuschüssen für Modernisierung noch neben den steuerlichen Vergünstigungen für die gleiche Maßnahme in Anspruch genommen werden. Es versteht sich, daß diese Kumulierungsanschlüsse nicht auf die Person, nicht auf den Eigentümer, sondern auf die Maßnahme bezogen sind. Die Option ist dabei ausdrücklich nicht auf energieeinsparende Maßnahmen beschränkt, sondern gilt für alle geförderten Modernisierungsmaßnahmen, weil der Versuch einer Differenzierung mehr Nachteile als Vorteile bringen würde.
Zur Einschränkung der nachteiligen Wirkungen, mit denen die Umschichtung von Zuschußmitteln zu steuerlichen Vergünstigungen verbunden ist, gehört auch die strikte Einhaltung dieses Kumulationsausschlusses. Die Koalition hat deshalb den Antrag der Opposition abgelehnt, die Kumulation beider Förderungsarten für einen begrenzten Personenkreis zuzulassen. Diese Addition beider Förderungen würde nämlich eine unvertretbare Übersubventionierung im Einzelfall und damit eine Minderung der Effektivität der eingesetzten Mittel insgesamt und schließlich auch die Belastung des Förderungsvorganges mit dem Problem, das mit jeder Einkommensgrenzregelung verbunden ist, ergeben. Wer nämlich knapp oberhalb der Einkommensgrenze liegt, bliebe von der Zuschußförderung ganz ausgeschlossen, auch wenn ihm die steuerliche Abschreibung nichts oder nur wenig brächte.
Nun versucht die Opposition, ihrem Kumulationsbegehren eine Art soziale Aura zu verleihen. Die Übersubvention soll nämlich innerhalb der Einkommensgrenze des sozialen Wohnungsbaus erlaubt sein. Dazu wird sich mein Kollege Paterna noch äußern. Ich will dazu jetzt nur sagen: Diese Einkommensgrenze hat mit der Energieeinsparung überhaupt nichts zu tun. Man lasse vielmehr die volle Option zu; dann mag sich jeder, der überhaupt in Frage kommt, den für ihn vorteilhafteren Weg ausrechnen. Wir halten es mit der Konsequenz: Für eine Investition nur ein Förderungsweg - und das für jedermann, der Steuern zahlt.
Meine Damen und Herren, am unerträglichsten fanden wir Sozialdemokraten die Idee, daß bei der Umfunktionierung einiger Millionen DM geplanter Zuschüsse zu Steuervergünstigungen ganz andere Auswirkungen auf die Mieten und auf den Mieter entstehen sollten. Natürlich, bei einer Mietwohnung, die mit Zuschuß gefördert wird, kann der Eigentümer bei der Umlage auf die Miete lediglich das wirklich von ihm selbst eingesetzte Investitionsvolumen berücksichtigen und umlegen. Der Zuschuß ist bei der Erhöhung abzuziehen. Bei steuerlicher Vergünstigung ist das bekanntlich nicht der Fall. Er kann seine Investition, die er zunächst einmal bis zu 56 % im Laufe der Folgejahre vom Staat wieder hereinholt, außerdem auch noch voll mit den berühmten 14 % auf die Miete umlegen. So entstehen bei völlig gleichen Maßnahmen, bei völlig gleichem Kostenniveau wegen der unterschiedlichen Art und Weise der Förderung Unterschiede von im Höchstfall 35 DM.
Die christlichen Unionsparteien hat das überhaupt nicht gestört. Sie haben überhaupt keinen Gedanken an diese Ungerechtigkeit verschwendet. Wir dagegen fanden das unerträglich. Wir meinen, für jede Mark seiner Aufwendungen darf der Vermieter nur einmal zugreifen; hat er es beim Staat getan, dann bitte nicht noch einmal für dasselbe auch beim Mieter.
({0})
Was, nur einmal? - sagt die CDU/CSU. Das ist ja Sozialismus!
({1})
Wir wollen Freiheit statt Sozialismus. Freiheit heißt doppelt zulangen dürfen, beim Staat und beim Vermieter.
({2})
Und überhaupt - sagt die CDU/CSU -, wenn der Vermieter nicht zweimal für die gleiche Wertverbesserung seines Eigentums kassieren darf, dann ist das ein ganz schlimmes sozialistisches Investitionshemmnis; dann wird er am Ende überhaupt nichts tun.
({3})
Das bißchen Miete ist doch nicht so schlimm, sagt Herr Jahn. Wer investieren soll, braucht schließlich den Gewinn, sagt Herr Jahn.
({4})
Daß man mit Mietern soviel Wesens machen kann, ist unbegreiflich, sagt Herr Jahn.
({5})
Herr Abgeordneter, dieser Herr Abgeordnete Jahn bittet, eine Frage stellen zu dürfen.
Herr Dr. Jahn, zur nächsten Strophe!
Ich muß Sie enttäuschen. Herr Kollege Krockert, sind Sie bereit, zuzugestehen, daß wir mit unserem Antrag einen sozialpolitischen Zweck verfolgen, nämlich den Zweck, nur denen, die unterhalb der Einkommensgrenze des Zweiten Wohnungsbaugesetzes liegen, neben dem Zuschuß zusätzlich eine steuerliche Er7214
Dr. Jahn ({0})
leichterung einzuräumen, weil gerade sie es sind, die gerügt haben, daß die, die steuerliche Effekte haben und viel verdienen, das große Geschäft machen? Meinen Sie nicht auch, daß unser sozialpolitischer Antrag deshalb gerechtfertigt erscheint?
({1})
Herr Kollege Jahn, ich war inzwischen schon an einer anderen Stelle. Sie sind nicht ganz mitgekommen.
({0})
Über die sogenannte soziale Aura bei der Doppelsubvention, die Sie sozial nennen, haben wir schon gesprochen. Diesen Punkt habe ich bereits abgehakt. Ich war schon bei dem nächsten Punkt, nämlich bei der Berücksichtigung der Interessen des Mieters bei der Abwälzung der Kosten infolge der beiden unterschiedlichen Förderungsarten. Ich habe gesagt: Weil Sie das Problem nicht erkennen oder nicht erkennen wollen, weil Sie diese Ungerechtigkeit überhaupt nicht gestört hat, sind Sie offensichtlich der Auffassung, daß der Vermieter zweimal zulangen dürfe. Dies gehört offenbar zu der Freiheit, die Sie meinen. Zugang zum freien Markt, aber auch freier Zugang zum Steuersäckel des Vaters Staat - das ist die Freiheit, die Sie meinen.
Meine Damen und Herren, wir sind in beiden Fällen anderer Ansicht, weil wir nämlich von dieser Art von Freiheit nichts halten. Sie leuchtet uns nicht ein. Deshalb soll nach unserer Auffassung bei vermietetem Wohnraum auch der mit Steuervergünstigung geförderte Investor nur einen Teil der Kosten für die Berechnung der Mieterhöhung zugrunde legen dürfen, nämlich dieselben 75 % wie der Zuschußempfänger. Damit werden die beiden Förderungswege hinsichtlich der Auswirkung auf die Miete wenigstens im großen und ganzen gleichgestellt, so gut es eben bei der unterschiedlichen Förderungssystematik überhaupt geht.
Die Gleichstellung der Mieterhöhungsregelung, von der ich eben sprach, ist wiederum erst die Voraussetzung dafür, daß auch die Duldungspflicht des Mieters guten Gewissens 'angepaßt werden kann. Jetzt kann dem Mieter im Falle energieeinsparender Verbesserungsmaßnahmen, die mit Steuervergünstigung gefördert werden, grundsätzlich die Duldung der Maßnahme so zugemutet werden, wie das bisher schon bei Zuschußförderung der Fall ist. Dementsprechend hat der Ausschuß mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen den Duldungsparagraphen 20 des Modernisierungsgesetzes geändert.
Es kennzeichnet die Einstellung der Christdemokraten zu den Mietern, daß sie deren Interessen im gesamten Zusammenhang der Steuervergünstigungen nur als einen Störfaktor und als sonst gar nichts angesehen haben. Deshalb wollen Sie noch immer und auch heute, daß das Einspruchsrecht der Mieter gegen Verbesserungsmaßnahmen weit über die Erfordernisse dieses Gesetzes hinaus überhaupt eingeschränkt wird, nämlich im Rahmen des BGB, wo diese Frage grundsätzlich geregelt ist. Wie gesagt, nach Auffassung der CDU/CSU soll dagegen eine Entlastung des Mieters um den Förderungseffekt der steuerlichen Vergünstigung überhaupt nicht in Frage kommen. Es muß schon eine ganz verbogene Waage gewesen sein, mit der die Opposition ihr sogenanntes Gleichgewicht zwischen den beiden Förderungsarten gewogen hat!
Damit bin ich wieder bei der Equilibristik unserer verehrlichen Gegner. Dem Bündel Änderungsanträge, die die Union heute vorlegt, spreche ich jedes Gleichgewicht ab; nicht nur hinsichtlich der Geldmittel, sondern ausdrücklich auch hinsichtlich der Folgen für Eigentümer und Mieter. Das Ausschußergebnis dagegen sehen wir als einen vertretbaren Kompromiß zwischen der Ausgangsposition der Regierung und der Gegenforderung nach Steuerverzicht an.
({1})
Ich bitte das Haus, dieses Ausschußergebnis ohne weitere Änderungen anzunehmen.
Nun möchte ich mir noch eine Bemerkung über die parlamentarische Lage in dieser Situation erlauben. Die Geschichte dieses Gesetzes geht heute noch nicht zu Ende. Sie wird da fortgesetzt, wo sie vor Monaten angefangen hat: im Spannungsfeld zwischen Bund und Ländern, zwischen der zentralen Kompetenz und der föderalen Instanz unserer bundesstaatlichen Ordnung. In Wirklichkeit handelt es sich aber schon längst nicht mehr darum, im Zusammenspiel der verschiedenen Verfassungsorgane des Bundes Gleichgewicht zwischen der zentralen und der Länderinstanz herzustellen. Das war beim Energiesparprogramm allenfalls eine Zeitlang und nur teilweise das Problem. Nein, hier wird vielmehr erneut eine verfassungspolitisch höchst bedenkliche Entwicklung ein weiteres Stück vorangetrieben, und das verdient eine besondere Anmerkung.
Der Bundesrat wird seit fast neun Jahren zunehmend seines Charakters als eines föderalen Bundesorgans - im Gegenüber zu den zentralen Kompetenzen des Staates - entkleidet.
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Er wird zum Oppositionsinstrument, manchmal zur Obstruktionsfuchtel der Bundestagsminderheit umfunktioniert,
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und das mit zunehmender Selbstverständlichkeit und Bedenkenlosigkeit, so daß aus dieser Deformierung unserer bundesstaatlichen Ordnung eine Art Normalzustand zu werden droht, ohne daß darüber noch groß Aufhebens gemacht wird. Neun Jahre sind eben auch eine lange Zeit.
Es ist Mode geworden in diesen späten 70er Jahren, in allen möglichen Winkeln nach Verfassungsfeinden zu stöbern, die in Wirklichkeit gar nicht imstande sind, unserer Grundordnung ein Leid anzutun.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ich darf meinen Satz zu Ende führen.
Es wäre besser, wenigstens einen Teil dieser Energie und einen Teil dieses Interesses den allmählichen Vorgängen zu widmen, durch die die Verfassungswirklichkeit dieser zweiten deutschen Republik, durch die das bundesstaatliche Gleichgewicht zwischen zentraler und dezentraler Kompetenz verändert wird.
Herr Kollege Jahn, bitte schön.
Herr Kollege Krockert, was legitimiert Sie eigentlich, so über das Verfassungsorgan Bundesrat zu sprechen,
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wo doch der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, der hier anwesend ist, das von der Bundesregierung vorgeschlagene Energieeinsparungsprogramm als schlampig ausgehandelt bezeichnet hat?
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Herr Kollege Jahn, ich würde Ihnen konzedieren, daß der erste Teil Ihrer Frage mit dem zweiten etwas zu tun hat, wenn Sie nicht wieder davon ausgingen, daß der Widerspruch des Bundesrates seinerzeit in dem bestanden hätte, was Sie heute auf den Tisch gelegt haben. Das war nicht der Fall.
Aber meine Antwort ist folgende. Sie haben gefragt: Was legitimiert Sie dazu? Ich mache nicht dem Bundesrat irgendwelche Vorwürfe. Ich mache der Minderheit dieses Hauses den Vorwurf, daß sie von hier aus ihre unterlegene Politik über ein anderes Verfassungsorgan durchzusetzen versucht,
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und zwar - das dürfen Sie sich auch noch ruhig anhören zu der Frage, was mich dazu legitimiert - nachdem die CDU/CSU-Fraktion vor sieben Jahren von dieser Stelle aus zu Protokoll des Bundestages verkündet hat, wie die Rolle des Bundesrats künftig zu verstehen sei. Das ist eine interessante Fundstelle für Verfassungsgeschichtler, nämlich in der Debatte zum Städtebauförderungsgesetz 1971. Auch damals ging es kontrovers zu. Die regierende Mehrheit dieses Hauses wollte nicht so wie die CDU/CSU-Minderheit. Deshalb rief Herr Dr. Barzel als Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion der regierenden Mehrheit zu:'
Hier müßte doch jedermann ,das Augenmaß für das haben, was es bedeutet, eine solche Gesetzgebung unkontrovers in diesem Hause verabschieden zu können und dann den Bundesrat das sein zu lassen, was er sein soll: eine Kammer, ein Bundesorgan, in dem die Länder zusammenwirken. .Das ist eine staatspolitische Frage, um die es hier geht.
Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU. Die aber hat gar nicht gemerkt, was damit gesagt wurde; wir haben es gemerkt. Das war in geradezu umwerfender Offentheit - und das hier zu Protokoll des Hauses gegeben - der Ausdruck für die Instrumentalisierung des Verfassungsorgans Bundesrat durch die Minderheit dieses Hauses. Jawohl, das war und ist eine staatspolitische Frage; sie ist es heute noch.
Lassen Sie bitte, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, den Bundesrat sein, was er sein soll, und zwar immer und nicht nur dann, wenn die Mehrheit hier Ihnen den Gefallen getan hat, den Sie ihr abverlangen.
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Das wäre - sowohl was die Interessen der Länder als auch was die Interessen der Zentralgewalt betrifft - für unsere bundesstaatliche Ordnung besser. Denn Bund und Länder müssen sich einigen können, aber, bitte schön, über das, was wirklich verfassungspolitisch zwischen ihnen steht, und nicht über das, was die CDU/CSU-Oppositionspolitik in ihrem Fadenkreuz hat.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Gattermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Bei der ersten Lesung des Gesetzes zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes habe ich für meine Fraktion folgende Absichtserklärungen abgegeben: Wir wollten alles in unseren Kräften Stehende tun, um dieses Gesetz schnell und zügig zu beraten, weil die Verwirklichung der Zielsetzung der Novelle, Heizenergie zu sparen und konjunkturpolitische Impulse zu geben, keinen Aufschub duldet. Wir wollten uns bemühen, die Gesetzesvorlage gemäß den - leider unpräzisen - Anregungen des Bundesrates und auf der Grundlage der Beschlüsse der Bundesregierung vom 12. April 1978 so umzugestalten, daß dabei ein abgestimmtes und ausgewogenes Programm zur Anregung heizenergiesparender Baumaßnahmen durch direkte Förderzuschüsse und steuerliche Erleichterungen herauskommt. Schließlich haben wir erklärt, daß die eine oder andere flankierende Maßnahme nachgeschoben werden müsse, wenn sich herausstellt, daß in der Kürze der zur Beratung zur Verfügung stehenden Zeit nicht alles das abgehakt werden kann, was auf unserer Wunschliste steht.
Meine Damen und Herren, ich kann heute mit Befriedigung feststellen, daß wir uns nicht zuviel vorgenommen hatten. Die erste Beratung des Gesetzentwurfes war am 14. April; heute wollen wir verabschieden. Das ist eine Beratungszeit von nicht einmal einem Monat. Dies sollte Veranlassung sein, den Damen und Herren in den befaßten Ministerien, die uns ohne Rücksicht auf Dienstzeiten zur Verfü7216
gung standen, und den Damen und Herren des Ausschußbüros zu danken. Aber ich möchte in diesen Dank ausdrücklich auch die Opposition einbeziehen, die durch ihr Verhalten in den Auschußberatungen den zeitlichen Ablauf nicht nur nicht behindert, sondern sogar gefördert hat, wenn wir auch am Ende inhaltlich nicht zu einem Konsens gelangt sind.
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Meine Damen und Heren, die jetzt vorliegende Fassung des Gesetzes enthält nach unserer Einschätzung jenes ausgewogene System der Kombination von Direktzuschüssen und steuerlichen Erleichterungen für heizenergiesparende Baumaßnahmen, das wir angestrebt haben. Ich betone: heizenergiesparende Maßnahmen. Diese energiepolitische Zielsetzung muß aus der Sicht meiner Fraktion noch einmal mit aller Deutlichkeit herausgestellt werden, weil man im Verlauf der Debatte die Gefahr sieht, daß diese Zielsetzung durch verteilungspolitische, wohnungspolitische, sozialpolitische, mietrechtliche Argumente ins Hintertreffen gerät.
Die Bundesregierung sieht in Maßnahmen zur rationellen Energieverwendung einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der auf uns zukommenden energiepolitischen Probleme. Dabei werden die energiewirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven von allen Fachleuten in gleicher Weise eingeschätzt. Schon heute leben wir im Übergang zum Nachölzeitalter. In etwa einem Jahrzehnt, vielleicht auch schon früher, wird es hier wegen steigender Nachfrage und begrenzter Angebotsmöglichkeiten zu Spannungen kommen. Der Blick für eine realistische Einschätzung dieser Situation darf dabei nicht durch das derzeit reichliche Energieangebot verstellt werden.
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Sparsamer Energieverbrauch kann die Sicherheit unserer Energieversorgung wesentlich erhöhen. Im Rahmen der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms kommt der rationellen Energieverwendung daher auch eine zentrale Bedeutung zu. Sie ist vor allem eine Aufgabe von Wirtschaft und Verbrauchern. Zusätzliche staatliche Maßnahmen sind notwendig. Gezielte Eingriffe müssen mit investitionsfördernden Maßnahmen einhergehen, wenn die Steuerung über den Preis oder die Information der Verbraucher keine ausreichende Wirkung hat. Rationelle Enegieverwendung ist eine Daueraufgabe. Allerdings halten sich bei massiven Aktivitäten die kurz- und mittelfristig erreichbaren Einsparungen in relativ engen Grenzen.
Notwendig sind auch - wir müssen dabei auch ein wenig über den Zaun der Bundesrepublik hinaussehen - gemeinsame Anstrengungen aller Länder, um spürbare Entlastungen der Energiemärkte zu erreichen. Die Bundesrepublik allein ist, wie Sie wissen, als Nachfrager am Weltenergiemarkt nur mit 4 % beteiligt.
Für die internationale Bewertung der deutschen Energiepolitik im Rahmen der Internationalen Energieagentur ist die Effektivität unserer Einsparbemühungen von außergewöhnlich großer Bedeutung.
Dort wird sehr klar gesehen und sehr genau beobachtet, wie wir dieses Gesetz hier heute behandeln, in welcher Form, mit welchem Inhalt, mit welchem Tempo wir es verabschieden. Ohne dieses Gesetz - dies wird international sehr deutlich gesehen - fehlt in unserer Energiepolitik ein wesentlicher Mosaikstein.
Es steht fest, daß bei ,den von allen Teilen dieses Hauses getragenen verstärkten Bemühungen um Reduzierung unseres Energieverbrauchs der wirkungsvollste Ansatzpunkt ,der Bereich der Gebäudeheizung ist. Etwa 40 % unseres Energieverbrauchs liegt in diesem Bereich. Die Bundesregierung hat daraus Schlüsse gezogen, die ihren Niederschlag nicht nur hier in unserem Gesetz gefunden haben. Durch das bereits 1976 wirksam gewordene Energieeinspargesetz sowie die dazu in Kraft getretenen oder in Vorbereitung befindlichen Rechtsverordnungen werden Mindestanforderungen an energiesparende Bauweisen und Heizungsanlagen im wesentlichen bei zu errichtenden Gebäuden gestellt. Weitere gesetzliche Maßnahmen, wie die nachträgliche Ausrüstung von Heizungsanlagen mit Thermostatventilen und Regelungseinrichtungen, sind beabsichtigt. Aber für bestehende Gebäude wird der Weg über die gesetzliche Vorschrift zur Vornahme energiesparender Investitionen die große Ausnahme sein und bleiben müssen. Zu unterschiedlich ist die bestehende Bausubstanz. Sie entzieht sich weitgehend reglementierenden Eingriffen. Dazu kommt, wie allgemein bekannt, daß nachträgliche energiesparende Investitionen bei gegenwärtigem Energiepreisniveau in der Regel nicht wirtschaftlich sind.
Es kommt jetzt darauf an, die zur Verfügung stehenden Mittel - über den Umfang dieser Mittel sind wir uns in diesem Hause einig - richtig und zweckmäßig, rationell einzusetzen. Wenn auch bei der gegenwärtigen Energieversorgungssituation beim weniger beteiligten Beobachter leicht der Anschein von Überfluß aufkommen kann, hat die rechtzeitige Vorsorge nach wie vor erhebliches Gewicht für ,die zukünftige Sicherheit unserer Versorgung. Dies gilt um so mehr, als die Umstellung unseres Gebäudebestandes auf energiesparende Anforderungen ein sehr, sehr langfristiger Prozeß ist. So verständlich auch die bei Gelegenheit der Förderung von baulichen Maßnahmen von der Opposition aufgenommene Verfolgung wohnungspolitischer Zielsetzungen sein kann, wir sollten uns - ich sage dies mit Nachdruck - zu diesem Zeitpunkt, der schnelle energiepolitische Aktionen erfordert, auch bei der Mittelvergabe wirklich auf die Energiesparzielsetzung konzentrieren.
Diese Konzentration macht drei Bemerkungen zu Ihren Änderungsanträgen, meine Damen und Herren von der Opposition, notwendig. Die Ausweitung der Steuerförderung kann sich, wenn wir unser Ziel nicht aus den Augen verlieren wollen, nur auf energiesparende Maßnahmen konzentrieren. Ausweitungen, die auch allgemeine Modernisierungsmaßnahmen mit erfassen, führen bei dem nur begrenzt verfügbaren Mittelvolumen zur Reduzierung der für die Energieeinsparung zur Verfügung steGattermann
henden Mittel und vermindern damit die energiesparende Wirkung der Förderung.
Lassen Sie mich das an einem Beispiel erläutern. Sie fordern die Anhebung der Jahrgangsgrenze des § 82 a der Einkommensteuerdurchführungsverordnung für Modernisierungsmaßnahmen schlechthin. Dies allein würde nach den von uns angestellten Berechnungen Steuermindereinnahmen von rund 600 Millionen DM bedeuten. Mit diesen 600 Millionen würden Sie - bei den 1,5 Milliarden, die die Bundesregierung in ihrer Konzeption hat - Ihre sogenannte gleichgewichtige Lösung bereits nahezu ausfüllen, ohne damit auch nur ein Jota Heizenergiespareffekt zu erzielen.
Ein weiteres: Überflüssiger Mittelabfluß kann auch durch eine nicht sachgerechte Verzahnung von Steuer- und Zuschußförderung entstehen. Die vorliegende Fassung des Regierungsentwurfes sieht zu diesem Zweck ein Recht des Investors, zwischen beiden Förderarten zu wählen, vor. Der Investor findet damit eine flexible Lösung vor, die ihm die nach seinen persönlichen Verhältnissen optimale Entscheidung für Zuschuß oder steuerliche Vergünstigung ermöglicht. Gleichzeitig wird aber die Doppelförderung, die zu einem Mittelverbrauch ohne zusätzlichen Energiespareffekt führen würde - und genau dies tritt bei der von Ihnen vorgeschlagenen Einkommensgrenze ein -, ausgeschlossen.
Erlauben Sie mir zu diesem Vorschlag „kein Kumulationsverbot und Einkommensgrenze" noch eine Weitere Anmerkung. Es mag natürlich politisch reizvoll sein, aus einem solchen Vorschlag das besondere soziale Engagement für die weniger Verdienenden in diesem Lande abzuleiten. Aber, meine Damen und Herren, hier geht es nicht um Sozialpolitik; hier gilt es, Heizenergie einzusparen,
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die nun einmal ohne Rücksicht auf Einkommensgrenzen verbraucht wird.
Wir sollten uns überhaupt einmal überlegen, ob es eigentlich richtig ist - und ich meine, wir sollten uns davor hüten -, wirtschaftspolitische, insbesondere konjunkturpolitische Notwendigkeiten jedesmal wieder aufs neue zu sehr mit sozialpolitischen und verteilungspolitischen Überlegungen zu befrachten, weil dies am Ende leicht dazu führen könnte, daß wir in beiden Sachbereichen Schiffbruch erleiden.
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- Ich spreche über dieses Gesetz, Herr Kollege, und da kommen die Einkommensgrenzen von Ihnen, und die sozialpolitische Bedeutung hat Herr Kollege Jahn hier eben mit Nachdruck hervorgehoben.
Dann aber, wenn man schon bei diesem Gesetz sozialpolitische und verteilungspolitische Überlegungen schwergewichtig berücksichtigt, lassen Sie mich für die Fraktion der Freien Demokraten folgendes anmerken. In einer ganzen Fülle von Gesetzen haben wir - durchaus mit guten Gründen - staatliche Leistungen an Einkommensgrenzen gebunden, wobei wir diese Einkommensgrenzen zumeist summenmäßig festgeschrieben haben. Wir haben den begründeten Verdacht, daß zwischenzeitlich die Kumulation staatlicher Transferleistungen bei den mittleren Einkommensgruppen dazu führt, daß es sich für den Bürger nicht mehr lohnt, diese Einkommensgrenzen mit seinem Einkommen zu überschreiten, wenn es nicht von vornherein eine beachtliche Überschreitung ist.
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In der Summierung einkommensabhängiger staatlicher Transferleistungen liegt die Gefahr, leistungsfeindlich zu wirken.
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Wir warten jedenfalls mit besonderem Interesse auf das Arbeitsergebnis der Transferkommission, und wir haben uns vorgenommen, neue Gesetze mit Einkommensgrenzen ohne zwingende Gründe nicht mit zu beschließen, bevor wir nicht die Auswirkungen dieses Kumulationseffekts insgesamt kennen.
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Die dritte Anmerkung. Energieeinsparung ist ein breit angelegtes gesamtvolkswirtschaftliches Anliegen. Voraussetzung für die Förderung müssen die sachbezogenen Kriterien der Energieeinsparung sein, die eine breite Mittelstreuung in alle Gebäudebereiche hinein ermöglichen. Die vorrangige Bereitstellung von Mitteln für Modernisierungsschwerpunkte oder die Berücksichtigung anderer Anliegen würde der Einsparzielsetzung nicht gerecht werden.
Zur Verwirklichung eines umfassenden Einsparerfolgs ist auch, Herr Kollege Jahn, die Einbeziehung der sonstigen Räume in die Zuschußförderung erforderlich. Neben den Wohngebäuden liegt auch in diesem Gebäudebestand ein ganz erhebliches Einsparpotential, dessen Nutzung zusätzliche Anreize erfordert. Die Begünstigung dieses Bereichs durch Ausweitung der steuerlichen Förderung, wie Sie es vorschlagen, würde diesem Anliegen nicht ausreichend gerecht werden. Aus steuerrechtlichen Gründen sind hier Zuschüsse eher als die steuerliche Förderung geeignet, die erwünschten zusätzlichen Einsparinvestitionen in Gang zu bringen.
Noch ein Blick über den Zaun. Die internationale Glaubwürdigkeit unserer Einsparbemühungen verlangt eine klare Ausrichtung des Förderkonzepts auf die energiesparende Zielsetzung. Das Schicksal unseres 4,35-Milliarden-Programms - die Legende ist hier heute morgen schon mehrmals angesprochen worden - wird im Ausland, besonders von den internationalen Organisationen in Brüssel und Paris, sehr, sehr aufmerksam verfolgt. Wir können dieses unter dem Einspartitel vorgestellte Programm nur noch schlecht im Ausland verkaufen, wenn wir selber durch Umgestaltung zur Verwässerung der Einsparzielsetzung beitragen. Ich sage dies auch schon im Hinblick auf das im Zweifel unausweichliche Vermittlungsverfahren.
Andererseits brauchen wir eine überzeugende eigene Energiesparbemühung, um unsere Partner im internationalen Dialog auf die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen hinweisen zu können. Nur
mit konzertierten Aktivitäten werden wir zu einer spürbaren Entlastung des Weltenergiemarkts kommen.
Ich will auch den beiden kritischen Punkten der Duldungspflicht und ,des Miethöhengesetzes nicht ausweichen.
Da gibt es, wie Sie wissen, die nur schwer verständliche unterschiedliche Regelung der Duldungspflicht für Modernisierungsmaßnahmen alten Rechts in § 541 a BGB und § 20 des Wohnungsmodernisierungsgesetzes, je nachdem, ob Modernisierungsmaßnahmen staatlich gefördert werden oder nicht. Wir Freien Demokraten hatten uns vorgenommen - und wir haben diese Absicht auch durchaus noch nicht aufgegeben -, hier einheitliches Recht zu schaffen. Dies ist aktuell nicht gelungen. Vielmehr haben wir uns darauf beschränken müssen, die Duldungspflicht nach § 20 des Wohnungsmodernisierungsgesetzes auf heizenergiesparende Maßnahmen im Sinne des § 4 Abs. 3 des Gesetzes allgemein auszuweiten. Für sonstige Modernisierungsmaßnahmen verbleibt es also nach wie vor bei der bisherigen Diskrepanz.
Bei den Beratungen, dieses Problem ein für allemal durch Novellierung des § 541 a BGB zu lösen, haben sich nämlich Schwierigkeiten herausgestellt, die eine wirklich sehr sorgfältige Prüfung erfordern, bevor wir hier in das bürgerliche Recht insgesamt eingreifen. Wie Sie wissen, ist der § 541 a BGB bisher dispositives Recht. Wenn man die Duldungspflicht erheblich ausweitet, wie das bei einer zu § 20 des Wohnungsmodernisierungsgesetzes analogen Regelung notwendig wäre, kommt man nicht umhin, unter der Zielsetzung der Modernisierung die neue Regelung unabdingbar zu machen. In Ihrem Änderungsantrag haben Sie dies ja auch getan. Haben Sie sich überlegt, daß dies dann für Mietverhältnisse aller Art Geltung hat, es also z. B. einem Geschäftsraum- mieter unmöglich macht, für die Dauer der Mietzeit bauliche Maßnahmen am Mietobjekt vertraglich auszuschließen - was geschäftspolitisch für diesen Geschäftsraummieter eine Notwendigkeit sein kann. Wir würden wieder einmal - ich meine, man sollte über diesen Tag hinaus denken - ein Stück Vertragsfreiheit prinzipiell aufgeben. Dies sollte wirklich nicht ohne zwingenden Grund geschehen.
Deswegen müssen wir uns sehr, sehr sorgfältig überlegen, in welcher modifizierten Form wir dermaleinst die Duldungspflichtregelung in das Bürgerliche Gesetzbuch einbauen. Ich nehme an, wir werden Zeit und Gelegenheit dazu haben, wenn wir zu Beginn des kommenden Jahres auf der Grundlage des Erfahrungsberichtes über die Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes über mietrechtliche Probleme werden nachdenken und sprechen müssen.
Was das Miethöhengesetz betrifft, so galt es für uns zunächst, hier eine Regelung zu finden, die über die Mieten die Weitergabe von Investitionen des Vermieters für energiesparende Baumaßnahmen in vertretbarem Umfang ermöglicht. Dabei sollte aus der Sicht des Mieters eine Gleichbehandlung gewährleistet sein, gleichgültig ob der Vermieter für seine Investitionen Direktzuschüsse oder steuerliche
Erleichterungen in Anspruch genommen hat. Auch hier bleibt die unterschiedliche Regelung zwischen sonstigen Modernisierungsmaßnahmen und heizenergiesparenden Maßnahmen zur Zeit ungelöst, was gleichfalls im Zusammenhang mit den mietrechtlichen Überlegungen des kommenden Jahres angegangen werden muß.
Meine Damen und Herren, ich merke auch selbstkritisch an, daß das, was wir in den Beratungen unter der Bezeichnung Überrollklausel oder Verhältnismäßigkeitsklausel besprochen haben, nämlich die Schutzvorschrift gegen finanzielle Modernisierungsverdrängung in § 3 Abs. 1 Satz 2, möglicherweise noch nicht das Nonplusultra ist. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung den unbestimmten Rechtsbegriff des erheblichen Mißverhältnisses in der unterschiedlichen Fallgestaltung: sonstige Modernisierung oder Energiesparmaßnahmen interpretieren wird. Wir wollen hier aber mit aller Deutlichkeit sagen, daß eine extensive Anwendung dieser Schutzklausel nicht das sein würde, was der Gesetzgeber gewollt hat. Schutz des Mieters vor gezielter Modernisierungsverdrängung, insbesondere in Form energiesparender Baumaßnahmen, war und ist unser Anliegen und sonst nichts.
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Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem kurzen Appell an den Bundesrat schließen. Dieses Gesetz soll noch vor der Sommerpause in Kraft treten. Falls eine Anrufung des Vermittlungsausschusses für unerläßlich gehalten wird, was wir bedauern würden, aber erwarten,
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so sollten die Änderungswünsche wirklich länderspezifischer und nicht allgemeinpolitischer Natur sein.
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Wir alle wollen, wir alle müssen Energie sparen. Dieses gemeinsame Ziel sollte eine schnelle Zustimmung des Bundesrates ermöglichen.
({10})
Das Wort hat der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen.
Minister Dr. Hirsch ({0}) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Jahn, Sie haben mich bei der vorigen Debatte zu diesem Thema hier durch Zwischenrufe zitiert. Ich war damals nicht hier. Ich bin heute in der Erwartung hergekommen, daß Sie mich wieder ansprechen würden. Meine Erwartung hat mich nicht getäuscht.
Ich habe in der Tat kritische Bemerkungen zu dem ersten Entwurf einer Verwaltungsvereinfachung zu einem Energiesparprogramm gemacht.
({1})
- Das ist überhaupt nicht bestreitbar. Diese Bemerkung bezog sich zum einen auf die Frage Verfassungsmäßigkeit solcher VerwaltungsvereinbarunLandesminister Dr. Hirsch
gen und zum anderen auf Einzelheiten des damaligen ersten Entwurfs - Stichwort: der dezentralisierte Windhund, aber auch auf einige andere Kleinigkeiten.
Diese Probleme haben wir in einer sehr angenehmen Verhandlung mit dem damaligen Parlamentarischen Staatssekretär und heutigen Wohnungsbauminister sehr schnell ausräumen können, so daß wir bereit waren, den zweiten Entwurf zu zeichnen. Er ist nicht gezeichnet worden wegen der Bedenken zweier Bundesländer, Baden-Württemberg und Niedersachsen, die in der Tat Probleme mit der Frage Zuschüsse oder Steuervergünstigungen hatten. Aber es spielten nicht ungewöhnliche und himmelschreiend überzeugende sozialpolitische Gesichtspunkte eine Rolle, sondern die schlichte Tatsache, daß wir bei Zuschüssen mit gebündeltem Baren an die Kasse treten müssen, d. h., Sie müssen echte, haushaltswirksame und sofort belegbare Leistungen erbringen. Diese beiden Bundesländer waren angesichts ihrer Haushaltslage nicht bereit oder vielleicht auch nicht in der Lage, das zu tun.
Nun hat der Herr Abgeordnete Schäuble heute vorgetragen, was wir in einem anderen Zusammenhang im Bundesrat vor einer Stunde beredet haben, nämlich den Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg. Alles, was Sie heute vorgetragen haben, steht in dem Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg, der heute mit der Mehrheit des Bundesrates zur Einbringung in den Bundestag verabschiedet worden ist. Leider, sage ich, weil alles, was darin steht, natürlich eh in den Vermittlungsausschuß kommt, wenn Sie heute in zweiter und dritter Lesung entscheiden. Das ist ein merkwürdiger Vorgang. Wir haben das ja auch so dargestellt. Man kann sich lange Debatten ersparen, weil es heißt: mit allen Punkten auf Wiedersehen im Vermittlungsausschuß.
({2})
Nun hat Herr Krockert die verfassungspolitische Problematik dargestellt. Herr Krockert, es hat gar keinen Sinn, sich darüber zu beklagen. Es ist ja eine verfassungspolitische Realität, und sie entspricht der Verfassung. Sie ist legitim.
({3})
Sie hat nur für die Koalitionsmehrheit in diesem Hause vermutlich die Wirkung, daß sie weniger kompromißbereit sein kann, als sie es vielleicht in einer Debatte sein könnte, damit sie nicht im Vermittlungsausschuß wieder und noch einmal einen draufgesattelt bekommt.
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Ob das alles der Transparenz der Willensbildung entspricht, darüber kann man zweifeln.
Ich möchte nur zwei Bemerkungen zu der Frage Zuschüsse oder Steuerbegünstigungen machen. Ein Gesichtspunkt ist vorgetragen worden, nämlich die Tatsache, daß man Steuervergünstigungen an den Mieter nicht weitergeben kann. Das ist absolut unstreitig.
Der zweite Gesichtspunkt ist, daß Steuervergünstigungen nur für diejenigen wirklich von Interesse sind, die einen entsprechend hohen Steuersatz zu zahlen haben. Hier ist die Rede von der Einkommensgrenze des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gewesen, also von einem Steuersatz von 20 %. Wenn Sie 10 000 DM investieren und einen Steuersatz von 20 % zu zahlen haben, dann haben Sie eine Steuervergünstigung von 200 DM im Jahr. Ein ungewöhnlicher Anreiz, 200 DM .im Jahr!
Nun muß man sehen und fragen, wie es eigentlich kommt, daß bei allen Modernisierungsprogrammen der Anteil der Wohnungen weit überwiegt, die sich im Besitz von juristischen Personen, also von Gesellschaften befinden. Das ist tatsächlich so. Bei den Modernisierungsprogrammen von Bund und Ländern - das wird Herr Haack bestätigen können - stehen über 68 % der betroffenen Wohnungen im Besitz von juristischen Personen. Das liegt daran, daß sich ein großer Teil der Altbauwohnungen z. B. im Besitz von Erbengemeinschaften oder auch von Rentenbeziehern befindet, also von Leuten, die einen niedrigen Steuersatz zu zahlen haben. Gerade diese Wohnungen müßten wir eigentlich in den Städten in besonderem Maße modernisieren. Das können Sie eben nicht mit Steuervergünstigungen, sondern das können Sie nur mit Zuschüssen.
Letzte Bemerkung. Wir haben in Nordrhein-Westfalen ein Programm, sozusagen auf Vorrat, von rund 130 Millionen DM. Ich sehe mit großem Bedauern, daß sich bei den möglichen Destinatären dieses Programms ein Attentismus breitmacht, weil die Gesetzgebung zu dieser Frage einen Zeitraum in Anspruch nimmt, den der normale Mensch nicht mehr verstehen kann. Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn sich hier nicht große Widerstände an steuerlichen oder sonstigen Feinschmeckereien entzündeten. Ich wäre dankbar, wenn wir doch in der Lage wären, dieses Gesetz wenigstens in dieser Legislaturperiode zu einem Ende zu bringen.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Francke ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Verlauf der Beratungen im Ausschuß hat sich die Diskussion auf der Grundlage der Regierungsvorlage und dem in sich geschlossenen Gegenkonzept der CDU/CSU-Fraktion auf folgende wesentliche Punkte konzentriert:
1. Die Frage einer ausgewogenen, d. h. gleichgewichtigen steuerlichen bzw. Subventionslösung. Hierzu hat mein Kollege Dr. Schäuble das Notwendige gesagt. Ich wiederhole: Die Wirksamkeit dieses Gesetzes steht und fällt mit einer gleichgewichtigen steuerlichen wie auch Subventionslösung;
2. die aus rechtssystematischen, aber auch praktischen Gründen erforderliche Angleichung der Vorschriften über die Duldungspflicht des Mieters bei der Durchführung von energiesparenden Maßnahmen im Rahmen der Wohnungsmodernisierung;
3. der Änderung des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe sowie
Francke ({0})
4. der unserer Ansicht nach aus sozialpolitischen Gründen begrenzt erforderlichen Kumulierungsmöglichkeit zwischen einer :steuerlichen und einer Subventionslösung.
Bei den Beratungen standen die Ansichten und Vorschläge der Regierung und der Opposition gegenüber, denn die Fraktionen von SPD und FDP waren zu eigenständigen selbst formulierten Vorschlägen offensichtlich nicht nur nicht willens, sondern auch nicht in der Lage. Meine Einschätzung aus der ersten Lesung des Gesetzes, die SPD würde gegen ihre Überzeugung handeln, wenn sie doch noch Änderungen der ursprünglichen Regierungsvorlage zustimmen würde, haben Sie durch Ihr tatsächliches Verhalten voll bestätigt.
Ich will mich in meinem heutigen Debattenbeitrag auf zwei Themen beschränken, jedoch eine generelle Vorbemerkung machen. Das Wesen des politischen Kompromisses besteht doch darin, daß man sich im Laufe einer sachgerechten Diskussion aufeinander zubewegt und ohne Gesichtsverlust für die eine oder andere Seite in der Mitte trifft. Das heute vorliegende Ergebnis ist von diesem Wesen nicht gekennzeichnet. Die Regierung und die sie tragenden Fraktionen von SPD und FDP haben unseren sachlich begründeten Kompromißvorschlag ausgeschlagen. Von 20 eingebrachten, auch Ihre Gesichtspunkte berücksichtigenden Vorschlägen haben Sie nicht einem einzigen zugestimmt. Ich frage mich, ob man dann wirklich ,sagen kann: „Ich biete Zusammenarbeit an", wie Herr Dr. Haack formuliert hat.
Zur Duldungspflicht. Alle Fraktionen des Hauses und die Regierung waren oder sind sich zwischenzeitlich darin einig, daß es sich bei diesem Gesetz zunächst lediglich um die Einfügung eines neuen Tatbestandes, nämlich der Energieeinsparung, in das bestehende Wohnungsmodernisierungsgesetz handelt. Also lautete die Aufgabe, im Zusammenhang damit stehende Rechtsvorschriften einander anzugleichen oder gleichzeitig bestehende Hemmnisse zur Erreichung des Zieles abzubauen.
Wie ist die derzeitige Lage? Sofern die vorgesehenen Modernisierungsmaßnahmen mit öffentlichen Geldern subventioniert, also gefördert werden, gilt § 20 des Wohnungsmodernisierungsgesetzes. Er lautet im Kern: Der Mieter hat eine Modernisierung, die nach diesem Gesetz oder anderen Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit Mitteln öffentlicher Haushalte gefördert wird, zu dulden. In allen Kommentaren, aber auch aus der ständigen Rechtsprechung ergibt sich, daß die Wohnungsmodernisierung eine Daueraufgabe darstellt, bei der maßgebend für die Durchführung die Initiative des Eigentümers sein soll. Der Gesetzgeber war daher auch bestrebt, die Förderungsmittel so einzusetzen, daß einerseits die modernisierten Wohnungen für den Eigentümer rentabel bleiben, andererseits die Mietbelastung für die Mieter tragbar ist. Letzteres wird dadurch erreicht, daß die Förderungsmittel über eine Mietanbindung des Eigentümers den Mietern zugute kommt.
Andererseits hat der Gesetzgeber den Mietern gewollt eine erweiterte Duldungspflicht auferlegt. Erst
diese Ausgewogenheit ermöglichte es im übrigen, bis heute eine nennenswerte Quote bei der Modernisierung zu erreichen.
Wie sieht es demgegenüber in den Fällen aus, in denen keine direkte Förderung durch Subventionen, aber über Steuererleichterungen, also eine indirekte staatliche Förderung, der gleichen Maßnahme erfolgt? Hier gilt § 541 a BGB, der lautet:
({1}) Der Mieter von Räumen hat Einwirkungen auf die Mietsache zu dulden, die zur Erhaltung der Mieträume oder des' Gebäudes erforderlich sind.
({2}) Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes hat der Mieter zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann ...
Sowohl nach der ständigen Rechtsprechung wie auch nach den einschlägigen Kommentaren zum Gesetz ist diese Bestimmung eng auszulegen, nämlich in der Weise, daß die Einwirkungen zur Erhaltung des Raumes oder des Gebäudes, in dem der Mietraum liegt, „erforderlich" sein müssen; sie brauchen aber nicht unbedingt und unaufschiebar „notwendig" zu sein. Der Mieter braucht derartige Maßnahmen nur zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann. Was für ihn zumutbar ist, ist jedoch nach den gesamten Umständen des einzelnen Falles unter Berücksichtigung aller Umstände, auch der persönlichen Verhältnisse des Mieters, zu sehen.
Meine Damen und Herren, in der Praxis führt das dazu, daß ein Hauseigentümer im gleichen Gebäude Wohnungen mit staatlicher Subvention modernisieren kann, weil berechtigterweise die Duldungspflicht des Mieters erweitert wurde, aber der Rest der Wohnungen, für die Gelder des Staates nicht in Anspruch genommen werden, von einer Modernisierung zunächst ausgeschlossen bleibt, da hier der Mieter, gestützt auf den geltenden § 541 a der Modernisierung widersprechen kann mit der Folge langwieriger Prozesse mit ungewissem Ausgang. Daß dies nicht theoretisch ist, möchte ich unter Hinweis auf ein beim Bundesverfassungsgericht anhängiges Verfahren ausdrücklich betonen.
Dies, meine Damen und Herren, bedeutet zweierlei Recht und führt in der Konsequenz zur Rechtsunsicherheit. Die Bundesregierung hat dies selber so gesehen; denn wie anders erklärt es sich, daß sie in der Fortschreibung des Energieprogramms für sich die Aufgabe formulierte: „Die Duldungspflicht des Mieters gegenüber energieeinsparenden Investitionen muß erweitert werden"?
Der Bundesrat hat die Bundesregierung ebenfalls einstimmig aufgefordert, in dieser Richtung tätig zu werden.
Im übrigen: Herr Haack, wenn Sie politisch handeln würden, statt in Ihrer eigenen Fraktion ständig Rückzugsgefechte bis zur Selbstaufgabe durchzuführen, dann hätten Sie sich auf die Regierungsvorlage zum Wohnungsmodernisierungsgesetz aus dem Jahre 1976 beziehen können, in der das Problem im ,gleichen Sinne, wie wir es vorschlagen, schon geregelt war.
Francke ({3})
Ja selbst kürzlich hat die Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage meines Kollegen Dr. Schneider noch geantwortet:
Auch der Bundesregierung erscheint daher die Rückkehr zu einer für alle Modernisierungsfälle einheitlichen Lösung erstrebenswert, die zugleich der wohnungspolitischen Zielsetzung, die Modernisierung zu erleichtern, besser als § 541 a BGB Rechnung trägt.
Die von der Regierung jetzt gemachten Vorschläge zur Duldungspflicht stellen keinerlei Rechtsangleichung dar, sondern schaffen nunmehr dreierlei Recht. Ihre Formulierung ist nämlich nichts anderes als eine Modifizierung des § 541 a BGB, aber nicht seine notwendige Gleichstellung mit § 20 des Wohnungsmodernisierungsgesetzes. Dies wird im übrigen verstärkt deutlich im Zusammenhang mit dem Änderungsvorschlag der Regierung zum Miethöhengesetz.
Wenn wir die Modernisierung als Daueraufgabe sehen, auch mit dem neuen Tatbestand der Energieeinsparung, dann müssen wir die unterschiedlichen Duldungspflichten einander angleichen. Dann erfordert dies die politisch zu ziehende Konsequenz, dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zuzustimmen. Daß dies in keiner Weise eine Aufhebung oder Einschränkung des bestehenden Kündigungsschutzes darstellt, sei nur der Vollständigkeit halber und zur Vorbeugung gegen demagogische Äußerungen linker Träumer gesagt.
Damit komme ich zum zweiten, von Ihnen falsch bzw. gar nicht gelösten Problem. Es tut mir leid, feststellen zu müssen, Herr Krockert, daß Sie zu diesem zweiten Teil wie auch in Ihren Schlußbemerkungen nichts anderes geboten haben als billiges linkes Straßentheater. Als Modernisierung im Sinne des Wohnungsmodernisierungsgesetzes wird die Verbesserung von Wohnungen durch bauliche Maßnahmen bezeichnet, die den Gebrauchswert der Wohnung. nachhaltig erhöhen oder die allgemeinen Wohnverhältnisse auf die Dauer verbessern. Auf diese Grundaussage gestützt kann der Vermieter nach Durchführung dieser Maßnahme eine Erhöhung des Mietzinses verlangen, die sich aus einer Erhöhung der jährlichen Miete um 14 % der für die Wohnung aufgewandten Kosten ergibt. Soweit die derzeitige Rechtslage in den Fällen, in denen mit öffentlichen Mitteln subventionierte Modernisierung stattgefunden hat.
Mit dem vorliegenden Gesetz wird - ich wiederhole es - der neue Tatbestand der energieeinsparenden Maßnahmen eingeführt. Es muß uns also darum gehen, auch diese aufgewandten Mittel - seien sie nun im Wege der Subvention oder durch Steuererleichterungen erbracht - in eine Mieterhöhung einzurechnen. Nach unserer Überzeugung geht es auch hier darum, eine Rechtsangleichung vorzunehmen. Sie haben unseren entsprechenden Vorschlag abgelehnt. Die Regierung ihrerseits hat einen eigenständigen Gedanken durch die Vertreter von SPD- und FDP-Fraktion vortragen lassen.
Zwei Gesichtspunkte sind es, die unsererseits ein Nein dazu begründen. Erstens. Die Regierung will in Verbindung mit der Duldungspflicht Mieterhöhungen nur zulassen, wenn kein erhebliches Mißverhältnis zwischen Mieterhöhung einerseits und erwarteten Vorteilen für den Mieter andererseits besteht. Abgesehen davon, daß Sie entgegen Ihren sonstigen Beteuerungen, besonders mieterfreundlich zu sein, die Beweislast dem Mieter aufs Auge drücken wollen - was soll denn eigentlich bewiesen werden? Sie sind selbst nach anfänglichem Leugnen heute in der Lage, zugeben zu müssen, daß Sie eine Kosten-Nutzen-Analyse gar nicht vorlegen können. Was soll also diese Bestimmung?
Wir meinen: Die Durchführung von heizenergieeinsparenden Maßnahmen bedingt auch ein Mieterhöhungsverlangen im Rahmen der bestehenden Vorschriften, wobei es sich natürlich nicht nur um eine vorübergehende Einsparung handeln darf, sondern unabhängig von der Quantität der Einsparung soll es entscheidend auf die Nachhaltigkeit ankommen.
Sie sagen: 75 °/o der aufgewandten Investitionskosten sollen in die Berechnung einfließen. Warum? Die gesetzliche Vorschrift im Bereich des sozialen Wohnungsbaus, nämlich 14 °/o umlagern zu können, stellt doch einen Ermessensspielraum dar, der zur Zeit auf dem Markt gar nicht durchgesetzt werden kann. Gerade hier wäre für die FDP die Chance gewesen, statt immer nur von Sozialer Marktwirtschaft zu reden, sie am konkreten Beispiel durch Zustimmung zu unserem Antrag anzuwenden. Sie haben diese Chance verpaßt.
Das Gesetz soll nach Auffassung der Regierung auch konjunkturfördernd wirken. Gerade mit den Unsicherheiten dieser beiden von mir angesprochenen Vorschriften erreichen Sie, unabhängig von den rechtspolitischen und praktischen Ungereimtheiten, das genaue Gegenteil. Sie, Herr Dr. Haack, hatten Zusammenarbeit in einer wichtigen, von allen Fraktionen gemeinsam getragenen Aufgabe angeboten. Die Kunde hört' ich wohl, der Glaube war schwach. Sie haben ihn nicht nur nicht gestärkt, sondern das Gegenteil bewirkt. Statt vieler Interviews, die Sie in der letzten Zeit gegeben haben, wäre es besser gewesen, mit uns gemeinsam an einer vernünftigen Lösung zur Energieeinsparung mitzuarbeiten. Daß Ihre eigene Fraktion Sie dabei zusätzlich im Stich gelassen hat, läßt für die Zukunft nichts Gutes erwarten.
({4})
Nun hat Herr Krockert gemeint, er müßte zur Vorgeschichte ein paar Bemerkungen machen, und er hat sich dann über die Stellung des Bundesrates im Verhältnis zum Bundestag ausgelassen. Lassen Sie mich darauf folgendes antworten. Die Vorgeschichte haben Sie falsch dargestellt.
({5})
Herr Minister Hirsch hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Länder aus verfassungspolitischen Gründen, aber auch auf Grund steuerlicher Gesichtspunkte
({6})
Francke ({7})
einstimmig - ich habe das schon bei der ersten Lesung gesagt - am 10. November 1977 in Berlin beschlossen hatten,
({8})
die Verwaltungsvereinbarung nicht zur Grundlage der Lösung dieser Aufgabe zu machen. Insoweit ist also etwas zur Richtigstellung nachzutragen.
Aber was ganz unerträglich ist - hierauf beziehe ich noch einmal das „billige linke Straßentheater" -, ist der Umstand, daß Sie sich hier hingestellt haben - das ist ja eine kontinuierliche Linie -, um Schelte an einem Verfassungsorgan zu üben. Es hat sich bei Ihnen eingebürgert, daß Sie sich dann, wenn Sie schlechte Gesetze beschlossen haben und das Bundesverfassungsgericht diese aufhebt oder aber der Bundesrat aus einem berechtigten Interesse der Länder und auch auf Grund allgemeinpolitischer Gesichtspunkte dem widerspricht, hier hinstellen und Schelte üben, statt vorher darüber nachzudenken, wie man im Sinne des Bürgers ein vernünftiges Gesetz überhaupt erst einmal auf den Weg bringt.
({9})
Insofern sind diese Ihre Schelte und die dazu vorgetragenen Einlassungen mit aller Deutlichkeit zurückzuweisen. Das Verfassungsorgan Bundesrat ist ein gleichberechtigtes Verfassungsorgan rieben dem Deutschen Bundestag.
Die Schuld für die Mißverhältnisse, die sich hier ergeben haben, trägt Ihr Herr Ravens und trägt der seinerzeitige Parlamentarische Staatssekretär und heutige Minister, indem beide das Gebot der Fairneß und der gemeinsamen Arbeit deutlich mißachtet haben.
Was die Zukunft des Gesetzes anbelangt, so vertraut meine Fraktion darauf, daß die besseren Argumente und die sachlichen Hinweise der CDU/CSU-Fraktion in diesem Hause, aber auch der CDU/ CSU-geführten Länder im Vermittlungsausschuß dazu führen - insofern wage ich eine Voraussage -, daß am Ende des zugegebenermaßen zu langen Weges, den aber wir nicht verschuldet haben, doch noch im Sinne der Energieeinsparung und im Sinne einer vernünftigen Lösung für den Bürger eine adäquate Lösung gefunden wird.
({10})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Paterna.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Linkes Straßentheater", Herr Francke, ist sicher etwas unterhaltender als Ihre gequälte Vorlesung.
({0})
Was Ihre vorletzte Bemerkung zur Schelte des Verfassungsorgans anlangt, so geht es darum überhaupt nicht, sondern es geht um das - dies hat Herr Krockert auch sehr deutlich gesagt -,
({1})
was Sie mit diesem Verfassungsorgan aufstellen.
({2})
Wenn Sie in Strategiekommissionen beschließen, was im Bundesrat zu machen ist - das betrifft jetzt nicht dieses Gesetz,
({3})
aber die Methode -, dann ist allerdings die Grenze der Verfassungsmäßigkeit erreicht
({4})
oder nach meiner Auffassung bereits überschritten.
({5})
Hier werden auch manche Grenzen des guten Geschmacks ein bißchen überschritten,
({6})
und zwar aus folgendem Grunde. Am Anfang, und zwar im September des vorigen Jahres, gab es eine Programmlösung. Darüber haben intensive Gespräche mit den Bundesländern stattgefunden. Man war sich noch am 18. Januar dieses Jahres - nachzulesen im einschlägigen Protokoll unseres Ausschusses - über das einig, was gemacht werden sollte. Von Steuern, Herr Schäuble, war damals überhaupt noch nicht die Rede. Das ist eine nachträgliche Erfindung des Beipacks, um die Sache ein bißchen zu komplizieren oder um Sand ins Getriebe bringen zu können. Also vier Monate lang ist über die Sache geredet worden. Warum ist sie dann aber nicht sofort in die Tat umgesetzt worden, sondern lediglich die Frage Verwaltungsvereinbarung oder Gesetz erörtert worden?
({7})
Die Bundesregierung mußte also noch im Januar, als sie sich an die Gesetzesfassung machte, davon ausgehen, daß in der Sache Übereinstimmung bestand und daß sie auch die Zustimmung des Landes Bayern und des Landes Niedersachsen bekommen würde.
({8})
- Wenn Sie aufgeregt sind, verstehe ich das. Wenn man beim Mogeln erwischt wird und dann noch schlechte Karten hat, ist das natürlich eine peinliche Geschichte.
({9})
Wenn ich dann noch sehe, wie sich der Kollege Schäuble mit lässiger Eleganz über alles mögliche hinwegsetzt, was alle Fraktionen dieses Hauses mit allen Bundesländern sachlich übereinstimmend festgestellt haben, muß ich mich doch sehr wundern. Wenn ich an die steuerliche Lösung denke, so gibt es doch nur eine Möglichkeit. Die steuerliche Lösung fördert mehr als 25 °/o; dann ist das nach Meinung der Bundesländer eine Überförderung. In diesem Fall gibt es wieder nur eine Möglichkeit: Das ist reizvoll, daß sich sehr viele Leute dieses Anreizes bedienen; dann wächst es sich zum Haushaltsrisiko aus. Aber es gibt wiederum eine übereinstimmende Meinung zwischen allen Fraktionen und allen Bundesländern mit der Bundesregierung, daß das Gesamtprogramm in Höhe von 4,35 Milliarden DM nicht überschritten werden soll. Ich verstehe also gar nicht, wie man hier lässig einfach so erklären kann: Dann machen wir noch ein bißchen mehr; die Koalition soll sich nicht so anstellen. - Sie verfahren hier nach der Methode: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß. Wir nehmen die Haushaltsrisiken durchaus ernst und sind nicht bereit, der versteckten Drohung, die Herr Francke zum Schluß aus der Tasche lugen ließ, als er sagte, man werde schon sehen, was im Vermittlungsausschuß passiere, unbegrenzt weiter nachzugeben.
Herr Francke, nun muß ich noch etwas zu Ihren 20 Anträgen, die abgelehnt worden sind, sagen. Aus der Vorgeschichte ist folgendes klar. Erstens. Die Bundesregierung hat sich um ein von allen gemeinsam getragenes Programm bemüht. Sie war diesbezüglich schon sehr weit fortgeschritten, ehe politische Strategen Unsachliches hineinmischten. Zweitens. Nachdem erkennbar war, wohin der Hase laufen würde, obwohl der Bundesrat sich noch nicht einmal präzise ausgedrückt hatte - der Bundesrat hatte nur gesagt, er wolle etwas machen; was es genau sei, wisse er noch nicht -, hat die Bundesregierung von sich aus bereits eine Kompromißlinie aufgezeigt. Ich habe dies kritisiert, aber nicht etwa deshalb, weil ich den Versuch eines sachgerechten Kompromisses zu kritisieren habe, sondern deshalb, weil ich genau das befürchtet habe, was sich hier heute abspielt: Es findet nicht die Suche nach einem fairen Kompromiß statt, sondern ein Aushandeln von taktischen Standpunkten nach den Methoden des arabischen Teppichmarktes. Das sieht so aus: Die Bundesregierung kommt der Opposition über mehr als die Hälfte des Weges entgegen, nämlich von 0 DM - steuerliche Lösung - bis 1,5 Milliarden DM. Nachher legt die Opposition ihre Anträge vor, nimmt dieses Kompromißangebot überhaupt nicht zur Kenntnis und zielt nur darauf ab, die verbleibende Lücke auch noch auszufüllen. Uns sind dann nachher die Hände gebunden, in dem man uns nach Vorlage des Ermittlungsergebnisses vielleicht sagen wird: Was soll denn das Theater wegen der 700 Millionen DM, die noch hinzugekommen sind? - Genau diese Methode des Umgehens miteinander wird uns nicht wieder dazu bewegen, Ihnen dann,
wenn ein eilbedürftiges Gesetz auf dem Tisch liegt, so weit entgegenzukommen.
Was nun all die Änderungen anbelangt, so möchte ich hier nur eine pauschale Qualifizierung vornehmen. Sie sind nach der Aschenputtelmethode erarbeitet worden: Die guten ins Töpfchen der Vermieter und die schlechten ins Kröpfchen der Mieter.
({10})
Hier schleicht sich eine eigenartige Sichtweise ein. Bei den Mietern werden immer die Querulanten herangezogen, während unter den Vermietern offensichtlich alle Spekulanten längst ausgestorben sind und Herr Kaußen zur Heilsarmee übergetreten ist. Anders kann ich es mir gar nicht mehr erklären, wo Ihre Euphorie bezüglich des partnerschaftlichen Interessenausgleichs herrührt. Nun können wir Sie natürlich trösten. Wenn das Sozialpolitikmodell des Herrn Biedenkopf durchkommt und die Eigeninitiative erst wieder so gestärkt sein wird, daß jeder sozial Schwache sich sein Mietshaus gebaut haben wird, um 'von den Einnahmen seine Alterssicherung zu bestreiten, wird dieses Problem allerdings gelöst sein.
Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten sind nicht bereit, gegenüber den Mietern zu vertreten, daß es zu unterschiedlichen Mieterhöhungen kommt, entweder nach der steuerlichen Lösung oder nach der Programmlösung. Wir haben deswegen den Vorschlag gemacht - das ist ein Vorschlag aus der Mitte der sozialdemokratischen Fraktion -, dem Mieter bei der Umwälzung der Kosten zumindest mit 25 % pauschal entgegenzukommen. Wir sind auch nicht bereit, hier bedingungslos die erweiterte Duldungspflicht einzuführen, und zwar aus dem Grunde, weil die erweiterte Duldungspflicht nach § 20 des Wohnungsmodernisierungsgesetzes allein mit einem besonderen öffentlichen Interesse begründet werden kann. Dieses öffentliche Interesse muß von Fachleuten im Vorwege beim Antragsverfahren nachprüfbar sein. Es darf nicht erst vielleicht zwei oder drei Jahre später von Finanzbeamten geprüft werden, denen man eventuell noch alles Mögliche an Instandhaltungskosten untergemuschelt hat. Auch eine Begrenzung nach oben muß gegeben sein. Was sich hinter den 14 % überwälzbaren Kosten in Mark und Pfennig verbirgt und ob diese Kosten vielleicht zu einer Mietverdoppelung führen, kann der Mieter überhaupt nicht abschätzen. Deswegen schlagen wir die sogenannte Härteklausel vor und verbinden damit die Verpflichtung des Vermieters, dem Mieter die Maßnahme vorher anzukündigen und auch zu sagen, was sie kostet.
Lassen Sie mich jetzt noch kurz ein pauschales Gegenargument auf die Hörner nehmen. Es wird ja immer gesagt, wenn man solche Bestimmungen einführe, erziehe man zu Prozeßhanselei. Wir sind genau der umgekehrten Auffassung. Wir gehen davon aus, daß sich das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter ganz überwiegend partnerschaftlich regelt. Wir können nicht ausschließen, daß dies in Einzelfällen nicht klappt. Auch dafür muß man allerdings Kriterien schaffen. Diese Kriterien können nicht ganz genau aufgelistet sein, weil sie immer
die Würdigung des Einzelfalls voraussetzen. Die Straßenverkehrsordnung gibt es ja auch nicht deshalb, weil wir davon ausgehen, jeder Kraftfahrer setze sich mit dem festen Willen an das Steuer, einen anderen zu überfahren. Wir erarbeiten Regeln und erlassen unter Umständen auch Strafbestimmungen vielmehr deshalb, um auch den Ausnahmefall zu steuern, und zwar in einer Weise, daß dem Wiederholungsfalle möglichst vorgebeugt wird. Aus diesen Gründen unser Widerstand gegen eine bedingungslose Erweiterung der Duldungspflicht.
Ich will im Hinblick auf die Fahrpläne in das verdiente Pfingstwochenende hier Schluß machen und nur noch auf einen Punkt zurückkommen, der der Opposition offensichtlich ein besonderes Vergnügen gemacht hat. Das ist die Geschichte vom Trauerspiel. Herr Francke hat es für nötig gehalten, mich in der ersten Lesung gleich dreimal zu zitieren. Ich komme darauf zurück, weil der Kollege Jahn es heute morgen auch nicht lassen konnte. Nun wollen wir die Geschichte mit dem Trauerspiel doch einmal aufklären.
({11})
Da hat der Kollege Paterna gesagt: „Er gibt seinem Mißvergnügen über die bisherige Entwicklung des Energiesparprogramms Ausdruck und erklärt, das, was sich hier abspiele, sei ein Trauerspiel." Er skizziert dann genau das, was ich vorhin zur Vorgeschichte gesagt habe, nämlich die Haltung der CDU/CSU und der Bundesländer, die von ihr geführt werden. Mit der Haltung der Bundesregierung hatte das überhaupt nichts zu tun.
({12})
- Entschuldigen Sie, hier ist das Protokoll. Wollen Sie das bitte einmal eben nachlesen?
({13})
- Das Protokoll ist von dem verehrten Kollegen Dr. Schneider unterschrieben. Falls Sie meinen, das Protokoll sei in diesem Punkte nicht richtig, schlage ich Ihnen vor, eine Änderung zu beantragen.
({14})
So lange Sie das nicht tun, gehe ich davon aus, daß alles das, was bei uns - jedenfalls sachlich, ruhig, unter der bewährten Federführung - im Ausschuß passiert, seine Ordnung hat und daß auch die Protokolle stimmen. Sie werden mir nicht übelnehmen, wenn ich mich auf dieselben beziehe und sage: Mit Bezug auf das, was das Protokoll ausweist, ist das Zitat des Kollegen Francke eine Fälschung.
Nun will ich auf eine Richtigstellung in der Hoffnung verzichten, daß die CDU/CSU den im federführenden Ausschuß mehrheitlich beschlossenen Änderungen heute zustimmt, ihren Änderungsantrag zurückzieht und ihrer Strategiekommission empfiehlt, nicht in den Vermittlungsausschuß zu gehen, obwohl dieses merkwürdige Verfahren - so hat sich der Kollege Schäuble ausgedrückt, allerdings etwas anderes gemeint - heute mit Blick auf die Rechtsgeschichte sicher seinen Höhepunkt dadurch erreicht hat, daß während unserer zweiten und dritten Lesung dazu parallel im Bundesrat ein Gesetzentwurf eingebracht wird. Das ist nun wirklich ein dolles Ding.
({15})
Ich meine, wir sollten das Gesetzgebungsverfahren heute zu einem guten Ende bringen und deutlich machen: Erstens. Wir gehen davon aus, daß es ganz überwiegend zu einem partnerschaftlichen Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter kommt. Zweitens. Anreize zu wohnungspolitisch wünschenswerten Investitionen dürfen nicht zu sozialpolitisch unvertretbaren Nebenwirkungen führen. Drittens. Im Falle einer Interessenkollision steht der Gesetzgeber auf der Seite der Schwächeren, und das sind für uns die Mieter.
({16})
Das Wort hat der Abgeordnete Kolb.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der 86. Sitzung des 8. Deutschen Bundestages erklärte der Wirtschaftsminister:
Erhebliche Bedeutung kommt auch Initiativen und Anstößen für eine Verstärkung der Energieeinsparung und der Entwicklung alternativer Energien oder neuer Technologien ... zu.
Und weiter:
Schließlich gehen die Institute davon aus, daß im Jahre 2000 mit neuen Technologien, wie vor allem Wärmepumpen und Solarkollektoren, bereits ein Betrag von 25 bis 30 Millionen Tonnen SKE regenerativer Energie gewonnen wird:
Wie aber schaut es im Augenblick aus? Lassen Sie mich zitieren, was die Industrie zur Zeit zur Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpenheizung sagt: Die Investitionskosten sind für den Benutzer im Verhältnis zur 01- oder Gasheizung noch sehr hoch, zumal die Stückzahlen bei diesem neuen Heizsystem klein sind. Dies kann sich allein dadurch ändern, daß die Förderungsmaßnahmen der Bundesregierung einsetzen. Die Energiekosten sind je nach den Tarifen der EVU insgesamt gleich oder niedriger als bei den vergleichbaren Energieträgern Öl, Gas, Fernwärme und Strom für Speicherheizgeräte. Da die Kosten für den Kapitaldienst und die Instandhaltung jedoch höher liegen als bei anderen Energieträgern, sind die Gesamtbetriebskosten in der Regel höher. Der Verbraucher ist deshalb aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten zum Einbau eines energiesparenden Heizsystems nicht zu bewegen.
Aus diesem Grunde haben wir von der Union, Herr Minister, immer wieder eine Kosten-NutzenRechnung gefordert. Wir haben diese Forderung vor allem aufgestellt, weil Sie in Ihrem Hause große Mathematiker haben. Nur auf Grund dieser Tatsache war es ja möglich, daß Sie am 10. Januar 1978 erKolb
klären konnten, die Ablehnung des Heizenergiesparprogramms durch Baden-Württemberg mit jährlich 3,4 Milliarden DM habe 390 000 Arbeitsplätze gefährdet. Meine Frage, wie diese Rechnung eigentlich zustande gekommen ist, ist mir bis heute nicht beantwortet worden. Ich gehe davon aus, daß hier nach Eva Zwerg, aber nicht nach Adam Riese gerechnet worden ist.
({0})
Es ist sehr wohl eine statische Kosten-NutzenRechnung möglich, Herr Minister, so daß nur noch die dynamische Energieeinsparung abzusetzen wäre. Im Schnitt läßt sich heute sagen, daß durch eine bessere Wärmedämmung bis zu 20 % gespart werden könnten. Häufig kommt es durch subjektives Fehlverhalten nur zur Einsprung von 5 bis 10 %. Die neuen Techniken können zu einer Gesamtenergieeinsparung von bis zu 50 % führen. Ein echtes rechnerisches Mittel wird bei 30 % Energieeinsparung liegen. Wir wissen aber ebenso, daß der Einsatz dieser neuen Techniken - einschließlich der notwendigen Wärmedämmaßnahmen - pro Haushalt 40 000 DM kostet. Nur mit solchen Investitionen kann entscheidend Energie eingespart werden, nämlich nur in der Kombination von Wärmepumpen, Solarkollektoren und Speichern mit der bestehenden Heizung.
Herr Krockert, Herr Paterna und auch Herr Hirsch haben gesagt, daß bei den steuerlichen Maßnahmen die anderen zuviel verdienen würden. Der Nachteil ist, daß Sie sich nie hingesetzt und einmal gerechnet haben, was wirklich herauskommt. Bei diesen Aufwendungen zeigt die betriebswirtschaftliche Überlegung des Investors bei einer Monatsmiete von 600 DM und einer 14 %igen Erhöhung dieser Miete, bei 7 % Bankzins und einer in zehn Jahren erfolgten 100 %igen Abschreibung - im Gegensatz zu Ihrer 75 %igen Abschreibung - nach elf Jahren folgendes Ergebnis: Von 40 000 DM Investitionen bleibt bei einem Steuersatz von 22 %, einschließlich eines einmaligen Subventionszuschusses von 3 000 DM, ein Schuldenstand von 43 000 DM. Bei 40 % Steuern ohne Subventionszuschuß bleibt ein Schuldenstand von 34 448 DM. Bei 56 % Steuern ohne Subventionszuschuß bleibt ein Schuldenstand von 23 572 DM.
In allen diesen Fällen ist mit einer vollen und nicht mit einer gekürzten Abschreibung gerechnet worden. Die Kosten-Nutzen-Rechnung wäre stets möglich gewesen. Aber, meine Damen und Herren, ich habe die Vermutung, daß sie bewußt nicht angestellt worden ist, damit Sie weiterhin sagen können: Diejenigen, die steuerlich absetzen, sind diejenigen, die verdienen; wenn wir aber Subventionen geben, werden wir gerecht handeln.
({1})
Sie werden beides nicht tun, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil nämlich das Ergebnis zu einem Attentismus führt.
Herr Minister, lassen Sie mich hier einmal sarkastisch sagen: Es wäre zweckmäßig, wenn derjenige, der die 390 000 Arbeitsplätze ausgerechnet hat, beim Entwicklungsminister nachfragen würde. Der hat
nämlich festgestellt, daß 2,4 Milliarden DM gleich 42 000 Arbeitsplätze sind. Unter Anwendung einer Dreisatzrechnung sind 3,4 Milliarden DM gleich 54 000 Arbeitsplätze. Ich bin gern bereit, Ihnen Nachhilfe in der Dreisatzrechnung zu geben.
Wenn man bedenkt, welch großes Ziel sich dieses Programm setzen wollte und was es wirklich erreicht, muß man die Frage stellen: Wird dieses Programm Haus- und Wohnbesitzer zum Energiesparen auffordern? Wenn - wie in diesem Gesetz - so oft der Neid auf diejenigen, die besitzen, durchkommt, wenn für den Investor nicht die Chance besteht, daß die Investitionen nach 15 Jahren - dies ist nämlich im Augenblick die durchschnittliche Lebensdauer der neuen Techniken - durch Energieeinsparung und Abschreibung wieder herauskommen, dann werden diese Investitionen nicht getätigt.
({2})
Hier geht meine Frage an die FDP: Was soll Ihr Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft, wenn in diesem Gesetz keine einzige Initiative von Ihnen diesbezüglich zu erkennen ist? Leistung und Mut, etwas zu wagen, dürfen nicht nur in finanzieller Strafe enden. Sonst werden Sie in diesem Hause immer wieder über den Attentismus reden. Das Wollen qua Wort ist hervorragend, doch die Tat in der Praxis schwach.
Wir von der CDU/CSU haben in unseren Vorschlägen den Mut aufgebracht, den Bürger wieder zum Wagnis zu animieren. Wir wollen vor allem auch den sozial Schwachen in der Kombination von Subvention und steuerlichem Anreiz eine echte Chance zur Energieeinsparung geben. So wie die Dinge jetzt liegen, wird nur der Drang, etwas. Neues haben zu wollen, zu Investitionen anregen. Vor allem die vielen Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen werden mit Ihrer Reduktion nicht mitziehen können. Dieses Ihr Programm kann nicht den Anspruch erheben, eine gerechte soziale Seite zu haben, geschweige denn eine marktwirtschaftliche.
Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, nutzt auch die Aussage des Wirtschaftsministers in der 86. Sitzung nichts. Er hat dort erklärt:
Zur rationellen und sparsamen Energieverwendung hat die Bundesregierung ein breitgefächertes Programm vorgelegt. Energieeinsparung ist kein Ziel, das kurzfristig und mit nur einem Programm erreichbar ist. Die Maßnahmen der Zweiten Fortschreibung sind als Schritt auf einem langen Weg zu sehen, und es wäre nicht gut, dem Bürger zu verschweigen, daß dieser Weg auch mit Opfern verbunden ist und sein muß, wenn man von Energieeinsparung nicht bloß reden will.
Wo bleiben hier die entsprechenden Beiträge der Wohnungsbenutzer, die ja auch ihren entsprechenden Vorteil von dieser Maßnahme haben?
Die 30 Millionen t SKE regenerativer Energie sind bis zum Jahr 2000 möglich, wenn die Bundesregierung die gleichen jährlichen Anstrengungen wie bei der Kohle unternimmt. Hierfür notwendige
I Gesamtinvestitionen liegen bei einem derzeitigen Verbrauch von 100 Millionen t SKE in den Gesamthaushalten bei 290 Milliarden DM bis zum Jahre 2000. Das können Sie an Hand ,der Querrechnung nachrechnen: 30 Millionen t SKE gleich 7,2 Millionen Wohnungen mit einer notwendigen Einrichtung à 40 000 DM. So kommen Sie zu diesem Betrag.
Wenn wir diese von uns allen als so notwendig erkannte Aufgabe weiterhin mit nur so kleinen Schritten angehen, werden wir uns in diesem Haus noch häufig über dieses Thema unterhalten müssen. Wer so große Aufgaben meistern will, wie es der Wirtschaftsminister in ,seinem Energiebericht angekündigt hat, der darf, auf schwäbisch gesagt, nicht nur ein Nasewasser reichen.
({3})
Herr Kollege Krockert, zu Ihrer Optionsabsicht kann ich nur mit dem Apostel Paulus sagen:
({4})
„Wollen habe ich wohl, aber vollbringen das Gute finde ich nicht."
({5})
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/1797. Zwischen den Fraktionen besteht Einverständnis, daß über diesen Änderungsantrag zuerst und im ganzen abgestimmt wird. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/1797 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Einzelabstimmung in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs, und zwar über die vom Ausschuß empfohlene Fassung - Drucksache 8/1764.
Ich rufe Art. 1 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Nr. 3 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobel!- Stimmenthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 4 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -Stimmenthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 5 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 6 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer entsich? - Einstimmig angenommen.
Bei Nr. 7 nehme ich die Abstimmung abschnittsweise vor.
Ich rufe § 6 Abs. 1 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe in Nr. 7 § 6 Abs. 2 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Angenommen.
Ich rufe § 6 Abs. 3 in Nr. 7 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Nr. 8 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 9 auf. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 10 auf. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 11 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Angenommen.
Ich rufe Nr. 12 auf. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mit Mehrheit angenommen.
Nr. 13! Wer dafür ist, gebe bitte das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Nr. 14! Wir stimmen wieder abschnittsweise ab. Wer dem Buchstaben a) zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Buchstaben b) auf. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu Nr. 15. Wer stimmt dem Buchstaben a) zu? - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wer ist für den Buchstaben b)? - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Buchstabe c) ! Wer dafür ist, gebe bitte das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Angenommen.
Buchstabe d) ! Wer dafür ist, gebe bitte das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe den Buchstaben e) auf. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu Nr. 16 und stimmen wieder abschnittsweise ab. Buchstabe a) ! Wer dafür ist, gebe bitte das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mit Mehrheit angenommen.
Vizepräsident Stücklen
Buchstabe b) ! Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Einstimmig angenommen.
Kann ich die folgenden Nummern zusammenfassen, oder gibt es hier Differenzen? Ich rufe auf die Nummern 17, 18, 19, 20, 20 a - ({0})
- Gut, wer den Nummern 17, 18, 19 und 20 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen.
- Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stirmme? - Einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zu Nr. 20 a. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Nr. 21 ! Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mehrheitlich angenommen.
Nr. 22! Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? -Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Nr. 23! Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei einer Stimmenthaltung angenommen.
Wir kommen zu den folgenden Artikeln. Kann ich 1 a, 1 b und 1 c zusammenfassen?
({1})
- Gut. Wer den Artikeln 1 a und 1 b zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen zu Art. 1 c. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu den Art. 2, 3 und 4. Wer ihnen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen?
- Einstimmig so beschlossen.
Wer der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Keine. Mit Mehrheit angenommen.
Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Das Wort hat der Herr Abgeordneter Lintner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich zunächst noch auf die Argumente des nordrhein-westfälischen Innenministers eingehe. Eigentlich hätte man von ihm als einem Landesminister mehr Verständnis für die Haltung der Länder bei der Ankündigung des Energiesparprogramms erwartet, als er hier heute an den Tag gelegt hat.
Ich darf in Erinnerung rufen, warum die Länder in dem Energiesparprogramm der ersten Fassung
nicht haben zustimmen können. Diese Argumente setzen natürlich zunächst voraus, daß man für den föderalistischen Aufbau dieses Staates überhaupt Verständnis aufbringt.
({0})
Da war zunächst die Unzumutbarkeit zu verzeichnen, daß die Länder aus den Zeitungen haben erfahren müssen, was sich die Bundesregierung hier so vorstellt und was sie den Ländern vorzusetzen gedachte.
({1})
Einen Augenblick. - Ich bitte die Damen und Herren,
({0})
Platz zu nehmen und dein Redner die Aufmerksamkeit zu schenken.
({1})
Das zweite ist die Tatsache, daß sich der Bund die Finanzierung sehr einfach gemacht hat. Er hat nämlich die Mineralölsteuer entsprechend erhöht, während die Länder diese bequeme Möglichkeit der Refinanzierung nicht haben;
({0})
Sie bleiben sozusagen im Regen stehen. - Man kann Ihnen das nicht oft genug sagen, muß ich hinzufügen, selbst wenn Sie es immer wieder als neu empfinden.
Drittens gibt es ein grundsätzliches Argument. Da brauchen wir uns gar nicht auf die eigenen Reihen als Zeugen zu berufen. Dieses Argument betrifft die Mischfinanzierung, die überhand nehme. Hier kann ich Sie mit den Feststellungen eines Gutachtens des hessischen Finanzministers konfrontieren, der bekanntlich nicht der Partei angehört, die hier die Opposition stellt.
Herr Paterna, Sie haben hier wegen der sogenannten Härteklausel polemisiert - muß ich sagen - und gemeint, unser entscheidendes Argument gegen diese Härteklausel sei, daß wir sozusagen Prozeßhanselei dahinter vermuten. Hier haben Sie ein Nebenargument hochstilisiert. Das eigentliche Argument gegen diese Härteklausel ist - das wissen Sie ja sehr genau aus den Ausschußberatungen -, daß das dort fixierte Mischverhältnis nicht fixierbar ist, so daß im Endeffekt eine Unsicherheit das gesamte Programm erfassen kann, die die Zielsetzung gefährdet.
Ich greife noch eines auf. Sie haben dem Kollegen vorgeworfen, das Zitat mit dem Trauerspiel sei falsch. Ich muß sagen, ich habe das noch sehr genau im Ohr. Sie haben nämlich Ihre Rede damit eingeleitet.
({1})
Wörtlich haben Sie damals, an Ihren Minister gerichtet, gesagt: „Es ist ein Trauerspiel."
({2})
Eigentlich wundert man sich ja, daß die Regierungskoalition sich darüber beklagt, daß die CDU/ CSU-regierten Bundesländer und die CDU/CSU-Fraktion in diesem Haus der energiepolitischen Vernunft einen Weg gebahnt haben. Denn nur dadurch, daß in dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf eine steuerliche Komponente - widerwillig von der Bundesregierung und der SPD-Fraktion toleriert - enthalten ist, ist es überhaupt im Sinne eines Energiesparprogramms diskutabel geworden.
Allerdings ist nur eine gleichgewichtige steuerliche Komponente - die im Gesetzentwurf ja nicht enthalten ist - geeignet, jenes Bündel von Maßnahmen für den Bürger attraktiv zu machen, das zu nennenswerten Energieeinsparungen bei Gebäuden und Wohnungen führen kann. Alle Experten, die wir angehört haben - da haben Sie ja zum Teil zugehört -, sind sich nämlich darüber einig, daß nur umfassende technische Maßnahmen überhaupt den gewünschten Einsparungseffekt erzielen können. Das bedeutet. daß die von Ihnen vorgesehene Höchstgrenze von 12 000 DM für den Zuschuß dafür häufig nicht ausreichen wird.
Daß sich die Bundesregierung dieses Sachverhalts bewußt ist, hat sie bei den Beratungen im federführenden Ausschuß dadurch durchaus zugegeben, daß sie sich dauernd geweigert hat, eine Kosten-Nutzen-Analyse für ihre Vorschläge vorzulegen.
({3})
Angesichts dieser Lage und Brisanz hätten wir erwartet, daß die Bundesregierung und die Regierungskoalitionsfraktionen den Vorstellungen und Vorschlägen der Opposition mehr Verständnis entgegengebracht hätten, zumal sämtliche Vorschläge darauf abzielen, die Einsparung von Energie zu verbessern und zu erhöhen.
Den damaligen Regierungsentwurf hätte man vielleicht am besten charakterisieren können als - und das gilt zum Teil heute noch - Institutionalisierung eines Experiments zur Energieeinsparung mit höchst ungewissem Ausgang.
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Es ist deshalb auch unsere Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler, die uns weiterhin auf unseren Vorschlägen beharren läßt.
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Leider hat die Bundesregierung den steuerlich relevanten Teil in einem Höchstmaß bürokratisiert und damit größtenteils unpraktikabel gemacht. Das gilt z. B. für alle jene Differenzierungen, bei denen unterschiedliche Regelungen für Modernisierungsmaßnahmen und Energieeinsparungsmaßnahmen getroffen worden sind, obwohl sich diese Dinge in der Praxis faktisch nicht auseinanderdividieren lassen
oder der Bürger zumindest gezwungen ist, dafür teure Experten zu beschäftigen.
Die Opposition legt auf den steuerlichen Teil des Energiesparprogramms auch deshalb so entschei denden Wert, weil der Bürger hier einen Rechtsanspruch erwirbt. Den braucht er auch dringend; denn von ihm wird erwartet, daß er erhebliche Eigenmittel aufbringt und sich finanziell langfristig festlegt. Die Zuschußregelung kann diesen Anforderungen nicht gerecht werden; aber das wissen Sie ja selber. Der Bürger unterliegt nämlich hierbei dem sogenannten Windhund-Verfahren, bei dem er zunächst einmal überhaupt nicht weiß, ob er zum Zuge kommt. Insbesondere ist auch zu befürchten, daß er den zuschußberechtigten Institutionen bei der Antragstellung unterlegen sein wird.
Meine Damen und Herren, die Opposition sagt ja zu dem sachlichen Anliegen, Energie einzusparen. Sie hat aus dieser Zielsetzung heraus bei den Ausschußberatungen eine Fülle von Verbesserungsvorschlägen vorgetragen. Die Regierungskoalition hat bis auf eine einzige Ausnahme keinen dieser Vorschläge berücksichtigt. Deshalb sieht sich die Opposition auch nicht in der Lage, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen. Hätte man die Vorschläge der Opposition berücksichtigt, so wäre es zu einer besseren, unbürokratischeren und wirksameren Gestaltung des Energiesparprogramms im Interesse des Bürgers gekommen.
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Das Wort hat der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige kurze Bemerkungen vor der endgültigen Abstimmung in der dritten Lesung machen. Mir war eine Redezeit von 25 Minuten zugebilligt worden. Die werde ich selbstverständlich nicht in Anspruch nehmen - ein praktischer Beitrag zur Energieeinsparung im übertragenen Sinne.
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Ich möchte mich zunächst bei allen Fraktionen für die zügige Beratung und für die Einhaltung des Fahrplans bedanken. Bei den beiden Koalitionsfraktionen möchte ich mich dafür bedanken, daß sie den Gesetzentwurf der Bundesregierung - angereichert mit einem Kompromißangebot der Bundesregierung - übernommen haben. Insofern, Herr Kollege Francke, ist es völlig unrichtig, wenn Sie vorhin gesagt haben, ich sei hier von meinen Freunden oder von der Koalition hängengelassen worden. Es ist genau das übernommen worden, was ich vorgeschlagen habe. Nach der Debatte von heute vormittag habe ich langsam das Gefühl, daß das für Sie ein Trauma ist und daß Sie - wie eine Gebetsmühle - ständig wiederholen, ich würde von meinen eigenen Leuten nicht unterstützt.
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Offensichtlich ist das so zu erklären, daß Ihnen mittlerweile die Argumente gegen meine Politik ausgegangen sind, sonst brauchten Sie nicht dauernd zu einem solchen Hilfsargument zu greifen.
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Zum Thema Wahrheit - auch hierzu ist wieder einiges gesagt worden - mache ich ganz knappe Bemerkungen.
Die Bundesregierung mußte Anfang dieses Jahres davon ausgehen, daß sie auch von CDU/CSU-Ländern eine überwiegende Zustimmung zu ihrem Programm bekommt, da wir monatelang über unser ursprüngliches Programm verhandelt haben und Widerstände nur von zwei Ländern hatten. Das war der Grund dafür, daß wir Anfang Februar dieses Jahres unseren Gesetzentwurf zur Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes vorgelegt haben. Wir mußten ganz klar davon ausgehen, daß wir dafür die überwiegende Zustimmung im Bundesrat bekommen. Noch bei einem Antrittsbesuch - ich will das nicht im einzelnen ausführen -, den ich bei einem Minister der CDU/CSU-Seite gemacht habe, wurde mir gesagt, daß Sie hinter diesem Konzept stehen. 'Die steuerliche Regelung wurde erst ganz spät eingeführt. Das führt zu der jetzigen grotesken Situation, meine Damen und Herren, wie es sie nach meiner Prüfung noch nie in der Parlamentsgeschichte gegeben hat. Bei der Beratung des Regierungsentwurfs im Bundesrat im ersten Durchgang, am 17. März, gab es keine konkreten Änderungswünsche von seiten der CDU/CSU-regierten Länder, sondern nur allgemeine Erklärungen. Erst heute, wo wir uns in zweiter und dritter Lesung mit diesem Gesetzentwurf befassen, wird drüben im Bundesrat im ersten Durchgang über einen Initiativgesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg beraten, der von uns gar nicht mehr, wie es eigentlich die Verfassung vorsieht, zugeleitet werden kann, weil wir im Bundestag mittlerweile am selben Tage schon die Beratungen beendet haben. Das zeigt die völlige Einmaligkeit auch im Gesetzgebungsverfahren.
Wir bleiben nach wie vor im Grundsatz bei unserem ursprünglichen Konzept. Unser ursprüngliches Konzept ist a) sozial gerecht, und es ist b) praktikabel. Es würde gerade einer Erleichterung auch im Verwaltungsverfahren dienen. Genau das müssen Sie sich auch sagen lassen, Herr Kollege Jahn, nachdem Sie heute früh wieder von der Eigentumsbildung gesprochen haben. Sie wollen den Teil des Programms, der gerade den Eigenheimern mit geringerem Einkommen zugute kommt, drastisch kürzen. Das ist eben keine konsequente Eigentumspolitik. Konsequente, sozial gerechte Eigentumspolitik im Wohnungsbau bedeutet nicht nur, Menschen die Möglichkeit zu geben, Eigentum zu erwerben, sondern bedeutet auch, den Menschen, die bereits Eigentum haben, die Möglichkeit zu geben, durch eine konzentrierte, sozial gerechte staatliche Wohnungsbaupolitik dieses Eigentum zu erhalten und zu modernisieren, in diesem Falle investitionssparend zu modernisieren.
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Die steuerlichen Erleichterungen wurden also erst ganz spät in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt, ohne daß es bisher ein Beispiel dafür in der Parlamentsgeschichte gibt.
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Jetzt noch zwei Bemerkungen. Das Land Niedersachsen hat im Laufe der Beratungen über unser Programm im letzten Jahr festgestellt, es könne sich nicht an Energiesparprogrammen mit einer Belastung des Landeshaushaltes beteiligen, weil es andere landespolitische Prioritäten habe. Daraufhin hat die Bundesregierung gesagt, das sei eine landespolitische Entscheidung, die sie dem Land Niedersachsen zugestehe, und hat den Vorschlag gemacht, daß sich Niedersachsen aus diesen Gründen nicht an der Verwaltungsvereinbarung und an einer Zuschußregelung beteiligt. Obwohl wir diese Chance eingeräumt haben, hat das Land Niedersachsen zum Programm nein gesagt und steht jetzt hinter einer steuerlichen Lösung, die den Landeshaushalt natürlich auch belastet, und zusätzlich noch die Gemeindehaushalte.
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Das ist nämlich auch ganz entscheidend, weil sonst immer gesagt wird, es gehe um eine gemeindefreundliche Politik.
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Zweite Bemerkung. Ich komme damit zum Schluß, Herr Kollege Jenninger. Aber das ganze Verfahren ist so einmalig, daß das noch einmal festgehalten werden muß. Ich bitte um Entschuldigung.
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Herr Ministerpräsident Filbinger hat dann dieses Programm im wesentlichen mit der Begründung verhindert: Hier schreibt uns der Bund etwas vor, und die Länder müssen sich einfach beteiligen.
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Das wollen wir nicht. In demselben Moment, wo das Land Baden-Württemberg unser - wie alle Fachleute sagen - vernünftiges Programm zum Scheitern gebracht hat, hat es ein eigenes Programm aufgelegt. Da war auf einmal Geld da. Jetzt müssen wir, wenn unser Gesetz, was ich immer noch hoffe, im Endergebnis durchkommt, dem Land Baden-Württemberg das sogar noch auf seinen Anteil anrechnen, was es vorher ausgegeben hat, nachdem es einige Monate vorher gesagt hat, es habe eigentlich gar kein Geld für solche Programme.
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Ich bin der Auffassung, daß wir uns langsam, wenn wir von diesem Verfahren nicht Abstand nehmen, einem Tollhaus nähern und keinerlei Berechtigung mehr haben - jedenfalls diejenigen, die so ein Spiel treiben -, vom Bürger auch als Politiker ernst genommen zu werden.
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7230 Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - 91. Sitzung. Bohn, Freitag, den 12. Mai 1978
Eine allerletzte Bemerkung zu dem hier schon erörterten Kompromiß. Ich habe mich für diesen Kompromiß sehr stark gemacht. Darum werde ich auch ganz stark an diesem Kompromiß festhalten. Hätten wir das Spiel der CDU/CSU-Länder gemacht, dann hätten wir gesagt, wir bleiben bei unserem alten Entwurf, machen überhaupt keine Änderung und sehen uns im Vermittlungsausschuß wieder. Erst dann hätten wir über einen Kompromiß gesprochen. Ich sage Ihnen, daß eine solche Einstellung, alles in den Vermittlungsausschuß zu schieben, ein klarer Verstoß gegen die parlamentarischen Regeln unseres Staates ist.
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Zunächst hat im frei gewählten Parlament, in seinen Ausschüssen diskutiert zu werden. Unter Umständen kann man sich dann noch, wenn es nicht anders geht, über einen Kompromiß unterhalten. Aber alles in den Vermittlungsausschuß zu schieben, heute vormittag im Bundesrat einen Gesetzentwurf als Element für die Beratung im Vermittlungsausschuß zu verabschieden,
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der aus Zeitgründen im Bundestag überhaupt nicht mehr behandelt werden kann,
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ist nach meiner Auffassung ein ganz eigenartiges Verfahren, um es vornehm auszudrücken. Weil wir bereits einen Kompromiß angeboten haben, zunächst als Regierung und dann als Koalition, kann es im Vermittlungsausschuß - das sage ich hier schon ganz deutlich - nicht darum gehen, einen Kompromiß zwischen diesem jetzt vorliegenden Kompromiß und Ihren Vorstellungen zu finden, sondern zwischen dem ursprünglichen Programm der Bundesregierung und der Koalition und Ihrem Programm liegt der Kompromiß. Das ist völlig selbstverständlich.
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- Meine Damen und Herren, Ihre Reaktion auf diese an und für sich völlig klare und logische Feststellung
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zeigt mir, daß Sie offensichtlich den Kompromiß als Wesenselement der Demokratie überhaupt in Frage stellen.
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Sonst könnten Sie überhaupt nicht auf diese Weise reagieren.
Ich kann nur hoffen, meine Damen und Herren, daß alle wieder zur sachbezogenen Debatte zurückfinden, daß alle vom Bürger ernst genommen werden wollen
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und daß wir endlich diesen unverständlichen Streit, der sich monatelang hingezogen hat, auch zu Lasten unserer Bürger und der Wirtschaft, beenden und zu einer Lösung finden, die bürgerfreundlich ist und die vor allem dem Ziel dieses Gesetzes dient, nämlich der Energieeinsparung.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.
Zu einer Erklärung zur Abstimmung nach § 59 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Funcke das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Abweichung von meiner Fraktion werde ich mich bei der Schlußabstimmung der Stimme enthalten, wie ich das bereits bei Art. 1 a in der Einzelabstimmung getan habe. Dabei bin ich durchaus der Meinung, daß die vorgesehenen Maßnahmen zum Wärme- und Lärmschutz sowie der Einbau von Wärmepumpen und Solaranlagen nachdrücklich gefördert werden sollten. Doch sollte dies durch Direktmaßnahmen, und das heißt: durch Zuschüsse, erfolgen,
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weil diese Maßnahmen sowohl für die Betroffenen wie auch für den bezüglich der dafür zur Verfügung zu stellenden Geldmittel überschaubar bleiben und weil damit vor allen Dingen der Bürger vor einer neuen Flut unverständlicher Gesetze bewahrt wird.
Meine Damen und Herren, der Art. 1 a, den wir auf Wunsch des Bundesrates eingefügt haben und das, was von der CDU/CSU weitergehend und möglicherweise später im Bundesrat gefordert wird, gehört in § 51 des Einkommensteuergesetzes hinein. Man sollte meinen, diese Zahl sei nicht ganz zufällig,
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denn dieser § 51 des Einkommensteuergesetzes hat in der derzeitigen Fassung bereits eine Länge von 605 Druckzeilen. Er zerfällt in Unterabteilungen, für die das Alphabet nicht ausreicht; wir haben nach a bis z inzwischen bei aa, bb neu anfangen müssen.
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Dies alles sind Ermächtigungen für die Regierung z. B. zu Sonderabschreibungen bei sehr unterschiedlichen Sätzen. - Nach Auffassung der CDU/CSU soll zusätzlich auch noch ein Satz von 20 °/o neu eingeführt werden. - Da sind Minderungen von Anschaffungskosten, da sind Rücklagen für Preisstei-
gerungen oder Abzüge von der Steuerschuld, da sind Hilfswerte statt Anschaffungswerte und vieles andere an Sondermaßnahmen und Vergünstigungen vorgesehen. Hier nun geht es heute um § 51 Abs. 1 Nr. 2 q. Ich lese den Vorschlag einmal in der Textfassung .es Änderungsantrags der CDU/CSU auf Drucksache 8/1797 vor. Bitte haben Sie Geduld, daß ich Sie damit zwei Minuten in Anspruch nehme; aber mir liegt daran, daß einmal im Bundestagsprotokoll zu lesen ist, was wir dem Bürger an Paragraphen zumuten. Da heißt es in der Fassung des Antrags der CDU/CSU - und ich füge gleich hinzu: die andere Fassung, die wir uns nach den Forderungen des Bundesrates haben aufdrücken lassen, ist auch nicht viel verständlicher -:
q) Über erhöhte Absetzungen und den Abzug von Aufwendungen für ,den Einbau von Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchst. a-d sowie f und g ,des Zweiten Wohnungsbaugesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungs-Nr. 2330-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 23. März 1976 ({3}), - im Saarland im Sinne !des § 21 Abs. i Buchst. c-d sowie f und g des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 1972 ({4}), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 23. März 1976 ({5}), - von Fahrstuhlanlagen bei Gebäuden mit mehr als 4 Geschossen und von Heizungs- und Warmwasseranlagen sowie für ,den Umbau von Fenstern und Türen, für den Anschluß an die Kanalisation oder die Wasserversorgung, für den Einbau von Solaranlagen, Wärmepumpen, Anlagen zur Wärmerückgewinnung und Wärmespeicherung und für Maßnahmen, ,die ausschließlich zum Zwecke des Lärmschutzes, des Wärmeschutzes, der Verminderung des Energieverlustes und des Energieverbrauchs der zentralen Heizungs- und Warmwasseranlagen sowie zur Änderung von zentralen Heizungs- und Warmwasseranlagen für den Anschluß an die Fernwärmeversorgung vorgenommen werden. Voraussetzung für die Gewährung der erhöhten Absetzungen ist, daß die Gebäude vor dem 1. Januar 1978 fertiggestellt worden sind; diese Voraussetzung entfällt bei Aufwendungen für den Anschluß an die Kanalisation oder die Wasserversorgung, wenn der Anschluß nicht schon im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes möglich war. Die erhöhten Absetzungen dürfen jährlich 20 vom Hundert der Aufwendungen nicht übersteigen. Nicht in Anspruch genommene erhöhte Absetzungen können nachgeholt werden.
Meine Damen und Herren, wer da behauptet, ,das sei „Minderung von Bürokratie", der muß das doch einmal erläutern.
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Dies ist im übrigen nur die Ermächtigung an die Regierung. Wenn die Regierung .die Ermächtigung ausschöpft, wird man hier noch ein paar Seiten mehr vorlesen können.
Ich glaube, daß wir nicht nur auf Kongressen, wie Herr Barzel sie dieser Tage so schön eingeleitet hat, über die Frage von Gesetzesflut und Paragraphenwirrwarr polemisieren sollten, sondern uns ernstlich um ihre Eingrenzung mühen, nicht aber das Gegenteil tun sollten. Ich kann einer solchen Fassung nicht zustimmen.
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Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, möge sich erheben. - Gegenprobe! -({0})
Enthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen ist das Gesetz in dritter Lesung angenommen.
Meine Damen und Herren, es liegt noch eine Beschlußempfehlung des Ausschusses vor. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/1764 unter Nr. 2, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen für erledigt zu erklären. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und das Berichts des Haushaltsausschusses ({1}) zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1978 hier: Einzelplan 25 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
- Drucksachen 8/1469, 8/1693 - Berichterstatter: Abgeordneter Stöckl
Der Berichterstatter wünscht nicht das Wort. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses. Der Ausschuß empfiehlt, den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/1469 abzulehnen. Wer dieser Beschlußempfehlung des Ausschusses zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({2}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
UNESCO-Empfehlung über den Schutz historischer Anlagen und ihre Rolle in der Gegenwart
- Drucksachen 8/1294, 8/1712 -Berichterstatter: Abgeordneter Broll
Abgeordneter Dr. Nöbel
Vizepräsident Stücklen
Die Berichterstatter wünschen nicht das Wort. Ich eröffne die Aussprache. - Keine Wortmeldung. Ich schließe die Aussprache.
Der Ausschuß empfiehlt, von der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. UNESCO-Empfehlung über den Schutz historischer Anlagen und ihre Rolle in der Gegenwart auf Drucksache 8/1294 Kenntnis zu nehmen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 31. Mai, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.