Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 26. April 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kiechle, Dr. Hammans, Susset, Dr. Ritz, Lagershausen, Schartz ({0}), Dr. Kunz ({1}), Niegel, Frau Dr. Riede ({2}), Broll, Frau Dr. Hoffmann ({3}), Frau Dr. Neumeister, Dr. von Geldern, Sauter ({4}), Dreyer und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Höchstmengenverordnung Pflanzenbehandlungsmittel - Drucksache 8/1696 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1754 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 25. April 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und dem Bundesminister für Wirtschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Häfele, Windelen, Haase ({5}), Dr. Kreile, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Dr. Köhler ({6}), Dr. Meyer zu Bentrup, Spilker, Dr. Zeitel und der Fraktion der CDU/CSU betr. Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen des Staates im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt - Drucksache 8/1701 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1761 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 8. Mai 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit und dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Hasinger, Frau Dr. Neumeister, Dr. George, Frau Geier, Bühler ({7}), Löher, Burger, Dr. Hammans, Braun, Frau Karwatzki, Dr. Reimers, Müller ({8}), Dr. Becker ({9}), Höpfinger, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Dr. Jaeger, Frau Berger ({10}), Biechele, Sauter ({11}), Geisenhofer, Klein ({12}), Frau Verhülsdonk, Kroll-Schlüter, Zink und der Fraktion der CDU/CSU betr. Situation der asiatischen Krankenschwestern - Drucksache 8/1730 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1783 verteilt.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vom 5. Mai 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Benz, Pfeifer, Biechele und der Fraktion der CDU/CSU betr. Ausbau Europäischer Schulen - Drucksache 8/1709 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1784 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 9. Mai 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tillmann, Dr. Schulte ({13}), Rawe, Sick, Dr. Jenninger, Dr. Wörner, Dreyer, Lemmrich, Hanz, Dr. Waffenschmidt, Dr. Kunz ({14}), Spranger, Damm, Dr. Waigel, Dr. Warnke, Röhner, Biehle, Dr. Hammans, Dr. George, Dr. Müller-Hermann und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Änderung der Luftverkehrs-ZulassungsOrdnung ({15}) - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1785 verteilt.
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 19. bis 25. April 1978 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/1759 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 8/1773 Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Der
Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung der Fragen 1 und 2 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Auch hier hat der Fragesteller um schriftliche Beantwortung der Frage 3 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme zur Verfügung.
Ich rufe Frage 50 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Inwieweit sieht die Bundesregierung noch das parlamentarische Kontrollrecht gegenüber der Exekutive gewährleistet, wenn im Bundestag entsprechend der Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser auf meine mündliche Frage vom 26. April 1978 mit Rücksicht auf das Steuergeheimnis die volkswirtschaftlichen Vorteile der steuerlichen Begünstigungsfälle nach § 6 b EStG nicht konkret belegt werden dürfen?
Darf ich bitten, beide Fragen zusammen beantworten zu können!
Sind Sie einverstanden, Herr Kollege Spöri? Dann rufe ich auch die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Ist die Bundesregierung bereit zu prüfen, wie die Entscheidungen über extrem hohe Begünstigungsfälle nach § 6 b EStG für den Deutschen Bundestag transparent gemacht werden können?
Die Bundesregierung ist . bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen an die bestehenden Gesetze gebunden. Sie muß deshalb das in § 30 der Abgabenordnung verankerte Steuergeheimnis wahren, soweit Ausnahmen nicht ausdrücklich zugelassen sind. Die Kontrollrechte des Bundestages sind dadurch gewährleistet, daß der Bundesrechnungshof die Entscheidungen der Exekutive auf ihre Rechtmäßigkeit prüft und darüber dem Bundestag jährlich gemäß Art. 114 des Grundgesetzes berichtet.
Die Bundesregierung hat das Verhältnis zwischen dem Informationsrecht des Parlaments und dem Steuergeheimnis geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Offenbarung steuerlicher Verhältnisse auch dein Parlament gegenüber nur unter den engen Voraussetzungen des § 30 der Abgabenordnung zulässig ist. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Bestimmung im Zusammenhang mit § 6 b Einkommensteuergesetz besteht bis heute nicht und müßte vom Gesetzgeber beschlossen werden.
Die Bundesregierung selbst hat davon abgesehen, in dieser Richtung eine Initiative zu entfalten, denn angesichts der Prüfungsbefugnisse des Bundesrechnungshofes und seiner Berichtspflicht gegenüber dem Deutschen Bundestag sieht sie keine Notwendigkeit, dem Deutschen Bundestag eine Änderung der erst kürzlich von den gesetzgebenden Körperschaften beschlossenen Regelung zum Steuergeheimnis vorzuschlagen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Spöri.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort zumindest entnehmen, daß es grundsätzlich möglich ist, aus diesem Hause heraus eine gesetzgeberische Initiative zu entfalten, derzufolge einkommensteuerbegünstigte Transaktionen nach § 6 b des Einkommensteuergesetzes in einen gesetzgeberischen Ausnahmekatalog aufgenommen werden, der es erlaubt, die parlamentarischen Gremien über die Gründe einer Steuerbegünstigung nach § 6 b des Einkommensteuergesetzes zu informieren?
Herr Kollege, § 30 der neuen Abgabenordnung sieht vor, daß eine Offenbarung von steuerlichen Verhältnissen, die im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens bekanntgeworden sind, nur insoweit möglich ist, als das durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Dies ist eine der Ausnahmen, die in § 30 aufgeführt sind. Natürlich wäre - das ist wohl der Sinn Ihrer Frage - durch eine gesetzliche Ausnahmeregelung auch bei § 6 b eine Lockerung des Steuergeheimnisses möglich.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Herr Staatssekretär, fällt nach Auffassung der Bundesregierung eine Auskunft der Bundesregierung über eine eventuelle positive oder negative Entscheidung in einem Antragsverfahren im Rahmen des § 6 b des Einkommensteuergesetzes auch dann unter das Steuergeheimnis, wenn dieses Antragsverfahren in der Öffentlichkeit schon bekanntgeworden und vom Antragsteller bestätigt worden ist?
Die Tatsache, daß ein Antragsverfahren läuft, ist der Öffentlichkeit bekannt. Dies haben Sie selbst, wohl einen bestimmten Fall ansprechend, hier ausgeführt. Es wäre aber ein Zusätzliches, wenn hier über den Ausgang des Antragsverfahrens - positiv oder negativ - berichtet würde. Dies ist Teil der Steuerfestsetzung und fällt unter das Steuergeheimnis.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Wenn ich Sie richtig verstehe, können Sie mir also hier keine Auskunft darüber geben, ob die Bundesregierung inzwischen eine Entscheidung über den Antrag der Flick-Gruppe gefällt hat, einen Teil des Erlöses aus dem Verkauf des Daimler-Aktienpaketes in Aktienpaketen beim Gerling-Konzern anzulegen?
Dies kann ich nicht, es sei denn, der Steuerpflichtige wäre damit einverstanden.
Eine weitere Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Gobrecht.
Herr Staatssekretär, welche Voraussetzung des § 6 b Einkommensteuergesetz halten Sie denn angesichts der ausschließlich durch Zeitungsberichte öffentlich bekannten Tatsachen im Falle der Transaktion Flick-Gerling für gegeben: die Voraussetzung, daß diese Transaktion einer breiten Eigentumsbildung dient, oder die, daß diese Transaktion volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig und geeignet ist, die Unternehmensstruktur des Wirtschaftszweiges zu verbessern?
Bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 6 b ist die allgemeine volkswirtschaftliche Förderungswürdigkeit der zentrale Punkt. Nach dem vorher Gesagten bitte ich um Verständnis, daß ich hierzu im einzelnen nicht Stellung nehmen kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gobrecht.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie, daß ich doch noch einmal nachfrage. § 30 der Abgabenordnung sagt zum Steuergeheimnis, daß als Amtsträger das Steuergeheimnis nur verletzt, wer ihm in dieser Eigenschaft amtlich bekanntgewordene Tatsachen oder Erkenntnisse über einen Steuerpflichtigen offenbart. Nun sind doch diese Tatsachen, die für die Entscheidung maßgebend sind, öffentlich bekannt. Halten Sie gleichwohl daran fest, daß Sie durch das Steuergeheimnis gehindert sind, die hier gestellten Fragen zu beantworten?
Soweit die Dinge öffentlich bekannt sind, kann ich selbstverständlich auf sie eingehen. Ich kann aber hier nicht Einzelheiten aus dem Antragsverfahren selbst mitteilen und so der Öffentlichkeit bekanntgeben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneten Jäger.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihren Antworten entnehmen, daß die Bundesregierung meine Auffassung teilt, daß eine Lokkerung des Steuergeheimnisses über die derzeit bestehenden Möglichkeiten hinaus im Interesse eines geordneten Besteuerungsverfahrens nach Möglichkeit nicht stattfinden sollte?
Ich darf auf meine Antwort zu den Fragen verweisen und wiederholen, daß die Bundesregierung davon absieht, in dieser Richtung tätig zu werden.
Eine weitere Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Kühbacher.
Herr Staatssekretär, ist es Ihnen möglich, dem Parlament darzustellen, was die Bundesregierung im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung im steuerlichen Bereich als „volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig" ansieht, oder unterliegt auch das dem Steuergeheimnis?
Die generellen Kriterien dafür, was volkswirtschaftlich förderungswürdig ist, können selbstverständlich mitgeteilt werden.
Keine weiteren Zusatzfragen; damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen abgeschlossen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekreär Grüner zur Verfügung.
Ich rufe Frage 52 des Abgeordneten Prangenberg auf:
Welche Ziele verfolgt die Bundesregierung mit der Verordnung über die statistische Erfassung des Material- und Wareneingangs im Bergbau und im verarbeitenden Gewerbe sowie im Baugewerbe insbesondere bei den Unternehmen des Bauhaupt-und Ausbaugewerbes für das Jahr 1978?
Herr Kollege, Angaben über die Zusammensetzung des Material- und Wareneingangs nach Warenarten werden vor allem im Rahmen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen benötigt. Neuere Daten sind unerläßlich für die hinreichend zuverlässige Berechnung der Entstehung des Sozialprodukts in jeweiligen und in konstanten Preisen und damit für die Beobachtung des wirtschaftlichen Wachstums und der Produktivitätsentwicklung sowie z. B. der Auswirkungen von Veränderungen der Einkaufspreise auf die Verkaufspreise.
Gemessen am Bruttoproduktionswert hat das Baugewerbe einen nicht mehr zu vernachlässigenden Anteil am produzierenden Gewerbe - ohne Energie- und Wasserversorgung -; beim Zensus 1967 lag dieser Anteil bei ca. 11 %. Davon entfielen 9 % auf das Bauhaupt- und 2 % auf das Ausbaugewerbe. Gemessen am Bruttoproduktionswert macht der Material- und Wareneingang im Bauhauptgewerbe 27 % und im Ausbaugewerbe 39 % aus.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Prangenberg.
Herr Staatssekretär, welches Basismaterial für die Erfassung des Bruttosozialprodukts liefert z. B. die in Frage 14 ausgedrückte Aufschlüsselung des Wasserverbrauchs, getrennt nach Anmachwasser für Beton und Wasser zum Säubern der Baustelle?
Ich würde Ihnen diese Frage gern schriftlich beantworten, Herr Kollege.
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Wünschen Sie eine weitere Zusatzfrage zu stellen? - Bitte, Herr Abgeordneter Prangenberg.
Sind Sie bereit, diese Fragebogen in Zukunft mit den betroffenen Unternehmen, die ja letztlich die Last des Ausfüllens haben, zur Vermeidung zusätzlicher Bürokratiekosten abzustimmen?
Aber selbstverständlich ist das geschehen, nämlich unter Einbeziehung der zuständigen Verbände dieses Gewerbes.
Ich rufe Frage 53 des Herrn Abgeordneten Prangenberg auf:
Trifft es nach Auffassung der Bundesregierung zu, daß - wie von vielen der betroffenen Unternehmen angenommen wird - der Fragebogen für das Bauhaupt- und Ausbaugewerbe völlig praxisfremd gestaltet worden ist und daß eine sorgfältige Ausfüllung eines solchen Fragebogens erhebliche Zusatzkosten verursacht, und wenn ja, welche Folgerungen zieht die Bundesregierung daraus?
Für das Bauhaupt-und Ausbaugewerbe wird 1979 für das Berichtsjahr 1978 erstmals eine Material- und Wareneingangserhebung durchgeführt. Der Fragebogen zu dieser Statistik wurde vom Statistischen Bundesamt u. a. in Zusammenarbeit mit dem Hauptverband der deutschen Bauindustrie und dem Zentralverband des deutschen Baugewerbes entwickelt. Dabei wurden die Fragestellungen, was die Tiefengliederung der zu erfragenden Warenarten betrifft, auf ein notwendiges Minimum und inhaltlich auf die Formulierung in der Praxis abgestellt.
Das Ausfüllen des Fragebogens ist - wie im übrigen für alle Statistiken des produzierenden Gewerbes - bei den Unternehmen mit Kosten verbunden. Über die Höhe dieser Kosten kann jedoch keine allgemein verbindliche Aussage gemacht werden. Die in die Erhebung einbezogenen Unternehmen sind darüber hinaus rechtzeitig vor Jahresbeginn 1978 davon unterrichtet worden. Es bestand daher die Möglichkeit, die Aufzeichnungen der einbezogenen Unternehmen entsprechend einzurichten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Prangenberg.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin zustimmen, daß die ordnungsgemäße Ausfüllung eines Fragebogens bei einem betroffenen Unternehmen ca. 30 000 DM an Personalkosten erfordern könnte?
Ich kann dazu keine Aussage machen, weil mir entsprechende Unterlagen nicht zur Verfügung stehen.
Es wird keine weitere Zusatzfrage gewünscht. Ich rufe Frage 54 des Abgeordneten Milz auf:
Was hat den Bundeskanzler veranlaßt, wie im Pressedienst der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion Nr. 431 vom 26. April 1978 berichtet wird, die Abgeordneten zu bitten und aufzufordern, in ihrem Wahlkreis ganz konkret für die Überwindung von Investitionsbarrieren zu sorgen, notfalls auch im Einzelfall die Einschaltung der Bundesregierung auszulösen?
Das Kabinett hat am 12. April 1978 den Bericht einer interministeriellen Arbeitsgruppe über den Investitionsstau in der Wirtschaft zur Kenntnis genommen und die Bundesministerien beauftragt, in den Fachgremien Abhilfemöglichkeiten intensiviert zu prüfen, nach Möglichkeit Erleichterungen im Verwaltungsverfahren unverzüglich zu verwirklichen sowie erforderlichenfalls Änderungen von Vorschriften des Bundes- und des Landesrechts in die Wege zu leiten.
Durch die Initiative des Bundeskanzlers, daß die Abgeordneten in ihrem Wahlkreis ganz konkret zur Überwindung von Investitionsbarrieren beitragen sollten, können diese administrativen Maßnahmen durch Mitglieder des Bundestages ergänzt und wirksamer gemacht werden. Denn durch seine größere Vertrautheit mit den entsprechenden Problemen vor Ort kann ein Abgeordneter geeignete Schritte eher in die Wege leiten als eine auf Weisungen von oben wartende Bürokratie. Das schließt ein, daß Parlamentarier die Bundesregierung z. B. auf besonders schwer überwindbare Investitionshemmnisse hinweisen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, gilt diese Aufforderung des Bundeskanzlers für das gesamte Bundesgebiet und für alle Abgeordneten?
Aber selbstverständlich ist das so gemeint.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, gilt das insbesondere in strukturschwachen Gebieten, in denen Investitionshemmnisse festzustellen sind?
Die Bundesregierung ist für jede Art der Information dankbar.
Ich rufe die Frage 55 des Abgeordneten Milz auf:
Welche konkreten Einwirkungsmöglichkeiten hält der Bundeskanzler selbst für anwendbar, um Investitionshemmnisse in der Wirtschaft - gleich welcher Art - zu beseitigen?
Die konkreten Einwirkungsmöglichkeiten zur Beseitigung von Investitionshemmnissen in der Wirtschaft sind wegen der Vielschichtigkeit der Ursachen natürlich verschiedenartig. Sie werden von den Fachressorts, wie ich schon ausgeführt habe, bereits untersucht. Die Untersuchungsergebnisse im Bereich des Bundesverkehrsministers - z. B. Verkehrslärmschutzgesetz - sowie des Bundesbauministers - Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens - sollen möglichst noch im Mai, die im Bereich des Bundesinnenministers - Immissionsschutzbestimmungen und TA Luft - spätestens vor der Sommerpause dem Kabinett unterbreitet werden.
Im übrigen sind auch die Länder aufgerufen, in ihrem Einflußbereich dafür zu sorgen, daß Investitionsbarrieren abgebaut werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, da Sie die Länder ansprechen: Meinen Sie, daß ein förmlicher Beschluß eines Landtagsausschusses, der einen Investitionsstopp vorsieht, im Widerspruch zu dem steht, was Sie bisher als Meinung der Bundesregierung vorgetragen haben?
Die Aufforderung, Investitionshemmnisses zu beseitigen, schließt natürlich nicht ein, daß auch tatsächlich alle Investitionshemmnisse - mögen gesetzliche, politische oder andere Gründe entgegenstehen - beseitigt werden können. Was gemeint ist - ich glaube, das ist auch deutlich geworden -, ist, daß aufgerufen wird, alle verfügbaren Möglichkeiten, Investitionshemmnisse zu beseitigen, auch öffentlich zur Kenntnis zu bringen und damit die Bemühungen aller Regierungen und der Verwaltungen in diesem Bereich zu unterstützen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Milz.
Herr Staatssekretär, konkret die Frage: Halten Sie einen förmlichen Beschluß des Kommunalpolitischen Ausschusses des Landtages Nordrhein-Westfalen - mit der Mehrheit der Abgeordneten der dortigen Regierungskoalition verabschiedet -, in strukturschwachen Gebieten einen Investitionsstopp wirksam werden zu lassen, für vereinbar mit dem, was durch den Mund des Bundeskanzlers als Aufforderung an die Abgeordneten ergangen ist?
Herr Kollege, ich kann mir nicht vorstellen, auf was für eine Beschlußfassung Sie sich beziehen. Ich kann nur klar erklären: Ich halte es für ausgeschlossen, daß ein Investitionsstopp in strukturschwachen Gebieten beschlossen worden ist.
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Ich rufe die Frage 56 des Abgeordneten Dr. Steger auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Steinkohlenimporte aus der Republik Südafrika in die EG 1977 um fast 120 v. H. gestiegen sind, sich mithin seit drei Jahren verfünffacht haben, hält die Bundesregierung diese Entwicklung für sinnvoll, oder erwägt sie Gegenmaßnahmen auf europäischer Ebene, insbesondere um Dumping bei den südafrikanischen Steinkohlenimporten zu verhindern?
Die Entwicklung der Steinkohleeinfuhren der Gemeinschaft aus Südafrika muß im Zusammenhang mit den Gesamteinfuhren aus Drittländern gesehen werden. Diese haben sich 1977 gegenüber 1976 nur um rund 2 01o, in den letzten drei Jahren jedoch um rund 17 % erhöht. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um Kraftwerkskohle. Der starke Anstieg der Einfuhren aus Südafrika beruht mithin weitgehend auf einer Verbesserung der südafrikanischen Position innerhalb der Gesamtdrittlandseinfuhren.
Die Entwicklung der Drittlandseinfuhren wird im Hinblick auf den Rückgang des innergemeinschaftlichen Austauschs von der Bundesregierung und der EG-Kommission mit Sorge beobachtet. Der Rat hat deshalb Ende 1977 beschlossen, eine Überwachung der Drittlandseinfuhren in bezug auf Mengen und Preise einzuführen. Hierdurch wird es möglich, Dumping-Maßnahmen der Kohleexportländer festzustellen. Bisher ist ein Dumping nicht erkennbar geworden. Drittlandskohle, insbesondere südafrikanische Kohle, hat gegenüber der Gemeinschaftskohle erhebliche Kostenvorteile, die durch den niedrigen Dollarkurs noch verstärkt worden sind.
Die Problematik der gemeinschaftlichen Energiepolitik im Kohlebereich steht im Rat der EG seit längerem zur Diskussion. Die Bundesregierung hat hierzu der Gemeinschaft im April dieses Jahres ein Memorandum überreicht, das zum Problem der Drittlandseinfuhren Stellung nimmt und Gemeinschaftsmaßnahmen mit dem Ziel anregt, ein adäquates Verhältnis zwischen Gemeinschafts- und Drittlandskohle herzustellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Steger.
Herr Staatssekretär, sehen Sie bei den Einfuhren aus Südafrika nicht darin ein besonderes Problem, daß es sich hier um ein politisch besonders instabiles Gebiet handelt und somit die von der Bundesregierung angestrebte Sicherheit der Versorgung auf längere Sicht nicht gewährleistet werden kann?
Die Einfuhr von südafrikanischer Kohle berührt nicht die Bundesrepublik Deutschland - sie hat an der Einfuhr keinen oder nur einen, für mich im Augenblick nicht feststellbaren, unwesentlichen Anteil -, sondern die Einfuhrpolitik betrifft insbesondere Frankreich und Italien. Die Unsicherheit, die Sie ansprechen, ist
sicher in einer mittelfristigen Betrachtung durchaus denkbar, hat aber an der Einfuhrpolitik dieser Länder bisher nichts geändert.
Eine weitere Zusatzfrage wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Frage 57 der Abgeordneten Frau Dr. Martiny-Glotz auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Zeitungsverlage die durch Streik und Aussperrung ohne Gegenleistung erhaltenen Abonnementsgebühren teilweise nur auf besonderen Antrag des Abonnenten gutgeschrieben oder in unzureichender Höhe zurückerstattet haben, und wird die Bundesregierung dies zum Anlaß nehmen, die Verbraucherorganisationen bei ihren Bemühungen, die Verbraucher über ihre Rechte zu informieren, zu unterstützen?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Erstattung der Abonnentengebühren für die Zeiträume, in denen wegen Streiks oder Aussperrung die Zeitung nicht hergestellt werden konnte, von den einzelnen Zeitungsverlagen durchaus unterschiedlich gehandhabt worden ist. Es trifft zu, daß diese Gebührenanteile zum Teil nur auf Antrag und in pauschalierter Höhe erstattet worden sind. Ein Urteil darüber, ob eine Erstattung unzureichend bemessen worden ist, setzt eine genaue Kenntnis aller Umstände des Einzelfalles voraus.
Die Verbraucherorganisationen haben in ihren Veröffentlichungen zum Teil darauf hingewiesen, daß Zeitungsgeld zurückgezahlt wird, so z. B. die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher in der „Verbraucherpolitischen Korrespondenz". Die Verbraucherorganisationen werden von der Bundesregierung in vielfältiger Weise finanziell unterstützt. Diese Unterstützung kommt auch ihren Veröffentlichungen zugute. Die Bundesregierung nimmt jedoch auf die Informationspolitik der Verbraucherorganisationen keinen Einfluß, so daß es diesen Organisationen überlassen bleibt, ob und inwieweit sie die Verbraucher über diesen Sachverhalt informieren.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Martiny-Glotz.
Vielen Dank für diese ausführliche und positive Antwort, Herr Staatssekretär! Meine Frage: Würden Sie mir zustimmen, daß in diesem konkreten Fall das Kraftungleichgewicht zwischen den Verlagen einerseits und den Verbraucherindividuen andererseits eine sehr kulante Regelung durch die Verlage eigentlich gerechtfertigt hätte?
Frau Kollegin, ich muß Ihnen gestehen, daß ich die Handhabung der einzelnen Verlage nicht im Auge und nicht konkret gegenwärtig habe. Ich selber habe nur als Zei7040
tungsleser in einigen Zeitungen gelesen, daß das Angebot der Verlage zurückzuzahlen ausdrücklich gemacht worden ist, und hatte deshalb den Eindruck, daß das. im Ganzen vernünftig gehandhabt worden ist. Allerdings ist die rechtliche Lage sehr unterschiedlich, und es kommt darauf an, wie die Vertragsbedingungen zwischen dem Abonnenten und dem Verlag im einzelnen geregelt sind.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Martiny-Glotz.
Herr Staatssekretär, würden Sie meine Schätzung bestätigen, daß von den dieser Fragestunde zuhörenden Gästen vielleicht 80 bis 90 % gar nicht wissen, daß sie einen Anspruch auf Zurückzahlung der zuviel gezahlten Abonnementsgebühren haben, daß also diese Zahl es rechtfertigt, daß die Verbraucherorganisationen hier ganz intensiv Reklame machen?
Ich bin sicher, daß es berechtigt ist, daß die Verbrauchsorganisationen hier eingreifen. Ich bin allerdings der Meinung, daß sich alle Verbraucher, die hier anwesend sind, bei der Dauer des Ausbleibens der Zeitung darüber Gedanken gemacht haben, wie das mit ihrem bezahlten Geld ist.
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Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, hat Ihr eigenes Haus, das sicher eine ganze Anzahl von Zeitschriften hält, die unter diesen Streik gefallen sind, diese Möglichkeit schon ausgeschöpft, oder ist Ihnen bekannt, daß sonstige Ressorts der Bundesregierung davon Gebrauch gemacht haben?
Herr Kollege, ich bin überfragt; aber ich werde gern veranlassen, daß Ihnen diese Frage beantwortet wird, und im Haushaltsausschuß werden wir das wahrscheinlich wieder gefragt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, würden Sie sich notfalls durch die Verbraucherorganisation informieren lassen, was Ihr Haus noch tun kann?
Auch das werde ich mir angelegen sein lassen.
Wir stehen damit am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Wirtschaft. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit
auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Dr. Wolters zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Braun auf:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß die Verordnung von Säuglingsmilchen einer medikamentösen Therapie gleichzusetzen ist, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus speziell in bezug auf eine optimale übergeordnete Steuerung der Verordnung von Säuglingsmilch durch die Ärzteschaft?
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Braun! Säuglingsnahrung auf Pulverbasis ist ein Lebensmittel und kein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Sie ist deshalb grundsätzlich kein medikamentöses Therapeutikum. Das gilt auch dann, wenn sie als Ersatz für natürliche Muttermilch verwendet wird, weil z. B. das Stillen nicht möglich ist. Auch in diesem Falle ist Säuglingsnahrung ein Lebensmittel. Im übrigen werden die Mütter bereits in der geburtshilflichen Klinik von Hebammen, im Rahmen der Mütterberatung und der ärztlichen Beratung über die für ihr Kind richtige Zusammensetzung der Pulvernahrung informiert, ohne daß dafür eine ärztliche Verordnung notwendig wäre.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Braun.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung Warnungen insbesondere von Kinderärzten bekannt, die ihre Bedenken gegen die in der Bundesrepublik Deutschland ja fast obligatorischen Pulvermilchen angemeldet haben?
Der Bundesregierung sind Bedenken bekannt, die sich auf den Gebrauch solcher Nahrung dann beziehen, wenn von den Müttern die Verwendungsbestimmungen nicht richtig beachtet werden, aber keine Bedenken, die sich etwa auf die Zusammensetzung, die ja im übrigen durch das Lebensmittelgesetz geregelt ist, oder auf die Herstellung der Pulvernahrung selbst beziehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Braun.
Haben Sie den Eindruck, daß Ihr Ministerium, aber auch das Bundesgesundheitsamt diesen Warnungen mit dem notwendigen Ernst nachgehen, oder wie ist es sonst zu erklären, daß entsprechende Anregungen und Briefe nicht beantwortet werden?
Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, ob Sie von Briefen an das Ministerium sprechen.
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Wenn es solche nicht beantworteten Briefe gibt, wäre ich Ihnen für einen konkreten Hinweis dankbar, dem ich sofort nachgehen würde.
Grundsätzlich meine ich, daß die Aufklärung der Mütter eine unmittelbare Aufgabe der Hebammen und der behandelnden Ärzte ist. Sie ist darüber hinaus auch Gegenstand der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Gesundheitserziehung. Die Bundeszentrale hat beispielsweise eine Broschüre über Babypflege, Babyernährung herausgegeben, in der sehr detailliert auch auf richtige Babyernährung hingewiesen worden ist. Ich habe die Broschüre hier.
Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Braun auf:
Welche Kontrollmaßnahmen wurden veranlaßt, um die vom Klinikpersonal und von Müttern aus Pulver hergestellten trinkfertigen Säuglingsmilchen in bezug auf Hygiene, bakteriologische Situation und Qualität des verwendeten Wassers auf gesundheitsschädigende Fehlerquellen zu untersuchen, da die Pulvermilchen nur als pulverisierte Ausgangssubstanz strengen Kontrollen nach dem Lebensmittelrecht unterliegen?
Herr Abgeordneter Braun, zur sachgemäßen Herstellung trinkfertiger, auf Pulverbasis zubereiteter Säuglingsnahrung wird Trinkwasser verwendet. Die Anforderungen an die Beschaffenheit des Trinkwassers bzw. die Vorschriften zur Überwachung der Trinkwasserversorgungsanlagen sind im Bundes-Seuchengesetz und in der Trinkwasser-Verordnung, die nach dem Bundes-Seuchengesetz erlassen worden ist, enthalten. Demgemäß ist bei direktem Gebrauch von Trinkwasser aus dem Netz der zentralen Trinkwasserversorgung für die genannten Zwecke davon auszugehen, daß die menschliche Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht geschädigt werden kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Braun.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen der Verwendung von Pulvermilchen und der Säuglingssterblichkeit in der Bundesrepublik Deutschland besteht?
Mir ist keine Untersuchung bekannt, weder eine von der Bundesregierung veranlaßte noch eine aus Initiativen der Wissenschaftler selbst geborene, die sich dieses speziellen Zusammenhangs unter den verschiedenen Aspekten der Säuglingssterblichkeit angenommen hätte. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang anmerken, Herr Abgeordneter, daß die Säuglingssterblichkeit ein besonderes Problem innerhalb der ersten acht Tage ist und dies eine Zeit ist, in der sich mehr als 95 % der Säuglinge in Kliniken befinden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Braun.
Wäre dieses Thema nicht wichtig genug, daß es einmal von der Bundesregierung untersucht würde?
Ich kann die Priorität, die Sie in Ihrer Frage unterstellen, jetzt aus dem Handgelenk heraus nicht beurteilen. Wir haben vor zwei Jahren eine Expertengruppe mit dem ausdrücklich Ziel eingesetzt, die wesentlichen Ursachen der Säuglingssterblichkeit in Form von Fragestellungen herauszuarbeiten, und haben dann entsprechende Forschungsaufträge vergeben, die alle diese Felder, die von den Experten als wichtig benannt worden sind, abdecken. Der Zusammenhang, den Sie jetzt ansprechen, war darin, jedenfalls nach Meinung der Experten, nicht an einer vorrangigen Stelle enthalten.
Ich rufe nunmehr die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Egert auf. - Die Frage muß schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Lattmann auf. - Auch diese Frage muß schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Fragen 8 und 9 des Herrn Abgeordneten Kolb auf. - Auch diese Fragen müssen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf:
Ist die Bundesregierung bereit, analog zu den Prüfungen nationalsozialistischer „Dokumentationssammlungen" und Propagandaschriften auch linksextremistisches Material auf Jugendgefährdung untersuchen zu lassen?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter Reddemann, ausschlaggebend für die Beurteilung einer Schrift als jugendgefährdend im Sinne des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften ist nicht ihre Qualifizierung als rechtsoder linksextremistisch, sondern die Frage, ob die im Gesetz genannten Voraussetzungen für die Indizierung erfüllt sind. Jugendgefährdend sind gemäß § 1 dieses Gesetzes insbesondere Schriften, die verrohend wirken, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhaß anreizen sowie den Krieg verherrlichen oder verharmlosen. Diese Kriterien gelten, wie Frau Bundesminister Huber bereits in der Fragestunde am 19. April dieses Jahres auf entsprechende Zusatzfragen von Herrn Abgeordneten Kroll-Schlüter und Ey erklärt hat, generell für die Prüfung der gesamten Palette von Schriften auf ihre jugendgefährdende Eignung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, können Sie Auskunft geben, ob bei den laufenden Untersuchungen sowohl rechts- als auch linksextremistisches Material untersucht worden ist?
Diese laufenden Untersuchungen basieren zum Teil auf sehr schwieri7042
gen Erhebungen meines Hauses selbst, weil es teilweise - das gilt sowohl für die eine Seite wie für die andere Seite der Palette - schwierig ist, an solches Material heranzukommen, wie auf den Anregungen, die von den obersten Landesjugendbehörden und jetzt auch von den Landesjugendämtern an uns herangetragen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, ist es nicht. so, daß sowohl rechts- als auch linksextremistisches Material, das die von Ihnen erwähnten Kriterien erfüllt, in öffentlichen Buchhandlungen erhältlich ist?
Ich gehe davon aus, daß das so ist.
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Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kroll-Schlüter.
Ist es richtig, daß, seitdem der Herr Abgeordnete Wehner gefragt hat, bis jetzt nur rechtsextremes Material indiziert worden ist bzw. entsprechende Anträge gestellt worden sind?
Es ist richtig, daß jedenfalls vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit speziell solches Material einer sehr genauen Prüfung unterzogen worden ist, inwieweit es die Kriterien für einen Indizierungsantrag erfüllt, und ein solcher Indizierungsantrag, darauf bezogen, gestellt worden ist.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit abgeschlossen. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung der Herr Parlamentarische Staatssekretär Wrede.
Frage 11 des Herrn Abgeordneten Hoffie muß schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Das gleiche gilt für die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Hoffie. Auch diese Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 13 des Herrn Abgeordneten Broll:
Wie viele Unfälle haben sich in den vergangenen drei Jahren auf Bahnsteigen und in Zügen dadurch ereignet, daß Einstiegtritte der Personenwagen insbesondere für alte und behinderte Mitbürger zu steil sind, die Stufen sich in zu großem Abstand voneinander befinden und im übrigen Bahnsteigkante und Einstieghöhe häufig nicht aufeinander abgestimmt sind, und was denkt die Bundesregierung zu tun, um diesem Übel abzuhelfen?
Herr Kollege, die von Ihnen angesprochenen Erschwernisse im Schienenreiseverkehr beim Ein- und Aussteigen sind seit langem Gegenstand eingehender Erörterungen und Untersuchungen bei den europäischen Eisenbahnverwaltungen. Unfälle, die hierauf zurückzuführen sind, werden von der Deutschen Bundesbahn statistisch nicht erfaßt und können somit für den Zeitraum der letzten drei Jahre leider nicht angegeben werden.
Die Deutsche Bundesbahn bemüht sich seit längerer Zeit, im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel durch Einbau einer vierten Trittstufe und Verbesserung des Treppenwinkels bei allen neuen Reisezugwagen sowie durch optimale Anpassung der Bahnsteige an die Fahrzeuge die Einstiegsverhältnisse - vor allem für ältere und behinderte Reisende - nachhaltig zu verbessern.
Ein niveaugleicher Einstieg in die Fahrzeuge läßt sich, abgesehen von reinen S-Bahnen, nicht verwirklichen, da im internationalen Verkehr auch mit den Reisezugwagen der Deutschen Bundesbahn Bahnsteighöhen zwischen 20 cm und 1 m über Schienenoberkante bedient werden müssen. Auf Trittstufen kann daher nicht verzichtet werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, wie groß sind denn die Mittel, von denen Sie eben gesprochen haben, die eingesetzt werden, um solche Schwierigkeiten zu beheben?
Ich kann Ihnen die genauen Zahlen nicht sagen, Herr Kollege. Ich will prüfen, ob sich das ermitteln läßt; denn das passiert ja bei der Bundesbahn auf einer Vielzahl von Positionen. Aber es ist so, daß bei allen Reise-Neuwagen grundsätzlich die vierte Trittstufe eingebaut wird und daß bei allen Wagen, die in eine grundsätzliche Überholung gehen, dies ebenso passiert, so daß Zug um Zug die Verhältnisse doch entscheidend verbessert werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, ist wenigstens bei den neugebauten Wagen sichergestellt, daß, egal wie hoch der Bahnsteig ist, der Schritt vom Bahnsteig auf die nächstliegende Stufe für behinderte und ältere Menschen und für Kinder nicht gefährlich ist?
Dies ist bei den von mir angegebenen Tritthöhen durch den Einbau _ einer vierten Trittstufe ermöglicht.
Ich .rufe Frage 14 des Herrn Abgeordneten Vogelsang auf:
Welche Ergebnisse haben bislang die Bemühungen der Bundesregierung erbracht, innerhalb der EG zu einem gemeinsamen Vorgehen hinsichtlich der Abgasreinigung bei Kraftfahrzeugen zu gelangen?
Herr Kollege, die Bemühungen der Bundesregierung waren erfolgreich. Die EG-einheitliche Vorschrift über „Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Abgase von Kraftfahrmotoren mit Fremdzündung" vom 20. März 1970 wurde bereits zweimal nach technisch und wirtschaftlich vertretbarem Maßstab verschärft. Eine weitere Richtlinie der Kommission zur Änderung der zur Zeit geltenden Grenzwerte für die Schadstoffe wird noch für diesen Sommer erwartet. Auch für die Abgase aus Kraftfahrzeug-Dieselmotoren gibt es eine entsprechende EG-Vorschrift vom 20. August 1972.
Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Vogelsang auf:
Ist die Bundesregierung bereit, notfalls als erstes europäisches Land den Einbau von Abgaskatalysatoren, insbesondere Dreiwegkatalysatoren, verbindlich vorzuschreiben?
Herr Kollege, das geltende Recht hat durch die Festlegung von Grenzwerten für die Emission von Schadstoffen die ausreichende Wirksamkeit schadstoffmengenmindernder Maßnahmen an den Fahrzeugmotoren zum Ziel. Mittels solcher „Wirkvorschriften" wird die Fortentwicklung der Technik nicht behindert. Das verbindliche Vorschreiben einer bestimmten Konstruktion würde hingegen Entwicklung und Wettbewerb stören. Es ist daher nicht zweckmäßig, die Form der „Wirkvorschrift" zu verlassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Vogelsang.
Wie beurteilt es die Bundesregierung, daß es in anderen Staaten, außerhalb der EG, andere Vorschriften über die Abgasreinigung gibt, die schärfer sind als unsere, und wie beurteilt sie die daraus folgenden Wettbewerbsverzerrungen für die Automobilindustrie?
Herr Kollege, ich kann die Frage, wie Sie sie eingangs gestellt haben, nicht beantworten. Ich kann nur feststellen, daß es einen erheblichen Unterschied macht, ob es strenge Abgasvorschriften gibt und ob sie darüber hinaus auch eingehalten werden können. Nach den Erfahrungen, die wir gesammelt haben, ist die Form der „Wirkvorschrift", die also vorschreibt, wie eine bestimmte Einrichtung wirken muß, was sie zum Ziel haben muß, besser geeignet, da Sie den technischen Fortschritt nicht hemmt und auch dem Wettbewerb nicht schadet.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Vogelsang.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Äußerungen so verstehen, daß die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Wirkvorschriften den Werten beispielsweise in den USA gleich sind?
Die Frage kann ich konkret nicht beantworten. Herr Kollege, ich würde sie Ihnen schriftlich beantworten. Wir bemühen uns jedenfalls darum, hier zu Angleichungen in allen Bereichen zu kommen.
Fragen 16 und 17. - Der Fragesteller, der Herr Abgeordnete Schäfer ({0}), hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann. - Auch diese Frage bitte ich schriftlich zu beantworten, gleichfalls die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Bei den Fragen 20 und 21 hat der Fragesteller, der Herr Abgeordnete Hartmann, um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir stehen damit am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Höhmann zur Verfügung.
Bei den Fragen 22 und 23 hat der Fragesteller, der Herr Abgeordnete Dr. Riedl ({1}), um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Von welchen „überkommenen Vorstellungen" bezüglich des Wiedervereinigungsgebotes des Grundgesetzes soll nach den Ausführungen von Bundesminister Dr. Schmude die gegenwärtige Entwicklung der deutschen Frage „abweichen", und worin liegt die Begründung für die Behauptung, daß die gemeinsame Vergangenheit der Deutschen als Grundlage des Strebens nach nationaler Einheit immer mehr in den Hintergrund trete?
Herr Abgeordneter Dr. Hupka, ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zunächst einmal die Ihrer Frage zugrunde liegende Passage aus der Rede von Bundesminister Dr. Schmude zitieren:
Die geschichtlich begründete Zusammengehörigkeit der Deutschen in einer Nation lebt in dem neuerdings wieder gewachsenen Zusammengehörigkeitsgefühl auf der Grundlage der
Gemeinsamkeiten der Gegenwart und dabei besonders der mit neuer Intensität fortgeführten kulturellen und persönlichen Beziehungen der Deutschen zueinander. Diese Entwicklung läßt für den Zeitpunkt, zu dem die internationalen Machtverhältnisse das erlauben, eine neuartige Antwort auf die deutsche Frage erwarten, die von manchen überkommenen Vorstellungen erheblich abweichen wird.
Die Begründung für die Tatsache, daß die gemeinsame Vergangenheit als Grundlage des Strebens nach nationaler Einheit je länger, desto weniger ausreicht, liegt u. a. darin, daß die Mehrheit der Deutschen von heute als Bezugspunkt für ihre persönliche staatliche Erfahrung die Bundesrepublik Deutschland oder die DDR haben und insofern das Zusammenleben der Deutschen in einem Staat nicht mehr direkt erlebt haben. Hier müssen neue Bezugspunkte gefunden werden; das ist das Ziel der Politik der Bundesregierung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, können Sie einmal näher konkretisieren, was unter dem Begriff „überkommene Vorstellungen", den Herrn Bundesminister Schmude gebraucht hat, zu verstehen ist?
Die „überkommenen Gesichtspunkte" sind schon einmal sehr deutlich gemacht worden, und zwar durch die Rede vom 17. Juni 1967 des damaligen Bundeskanzlers Kiesinger, der eingeräumt hatte, daß uns eine rein defensive Deutschlandpolitik von Jahr zu Jahr in größere Bedrängnis führen würde.
({0}) Wörtlich sagte er:
Sie würde uns nicht nur keinen Schritt vorwärtsbringen, sie könnte uns auch ,das gar nicht bewahren, was sie bewahren will. Denn die Zeit wirkt nicht für uns.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.
Herr Staatssekretär, Herr Minister Schmude hat auch davon gesprochen, daß wir von einer Vorstellung wie der des Anschlusses der DDR an die Bundesrepublik Deutschland Abstand nehmen müßten. Ich weiß nicht, von wem er diese Formulierung „Anschluß" überhaupt hat, wer diese Formulierung jemals gebraucht hat und warum wir uns auf ein Gleis etwa des Verhältnisses des Deutschen Reiches zur Republik Österreich während der Weimarer Republik schieben lassen.
Herr Abgeordneter Dr. Hupka, es besteht ja kein Zweifel darüber, daß in den ersten Jahren nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR hier bei uns, und zwar verbreitet in allen Parteien, die Vorstellung geherrscht hat, daß es sich zunächst nach einem Akt von freien Wahlen sehr wahrscheinlich um einen Anschluß der DDR an die Bundesrepublik Deutschland handeln würde, weil wir auch unterstellten, daß das Denken, Sinnen und Trachten der Bürger in der DDR das gleiche sei wie das der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz.
Herr Staatssekretär, gehören zu den sogenannten überkommenen Auffassungen auch rechtliche Auffassungen, und können Sie das Haus darüber informieren, an welche rechtlichen Auffassungen Herr Bundesminister Schmude dabei gedacht hat?
Ich kann Sie darüber nicht informieren. Herr Dr. Schmude hat diesen Vortrag auf Einladung eines Verbandes gehalten, der sich um die Ost- und Mitteldeutschen besonders bemüht. Er hat diese Einladung zu einer Zeit angenommen, als er noch nicht Mitglied dieser Bundesregierung war. Er hat seine Auffassung dahin gehend präzisiert, daß er sagte: Die Formen eines Zusammenführens der Menschen in beiden deutschen Staaten und .des Zusammenführens der beiden deutschen Staaten insgesamt sind durch Idas Grundsatzurteil ides Bundesverfassungsgerichts vorgegeben, die jeder Bundesregierung die Möglichkeit geben, den Weg zu wählen, der innerhalb der Verfassung dieser Republik gemäß ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Jäger ({0}) .({1}): Herr Staatssekretär, können Sie ausschließen, daß Herr Bundesminister Schmude bei seinen Ausführungen auf die Präambel des Grundgesetzes und auf die dort vorgesehene Verpflichtung aller Deutschen und aller staatlichen Gewalt in Deutschland Bezug genommen hat, sich für die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands einzusetzen?
Herr Abgeordneter, der Herr Minister Dr. Schmude hat einen Eid auf diese Verfassung geleistet; er wird sich immer verfassungstreu verhalten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kroll-Schlüter.
Herr Staatssekretär, bedeutet die Aussage, daß die gemeinsame Vergangenheit der Deutschen als Grundlage des Strebens nach nationaler Einheit mehr und mehr in den Hintergrund trete, daß auch die Geschichte der Deutschen als Grundlage für das Streben nach nationaler Einheit in den Hintergrund treten müsse?
Ich glaube, Herr Abgeordneter, dies bedeutet das nicht. Aber das wiederum ist keine aus der Vergangenheit erwachsene gemeinsame Haltung, sondern eine Haltung für die Gegenwart und Zukunft, die mit unseren Kindern und Kindeskindern durch unsere Erziehungsmaßnahmen, die wir in dieser Richtung zu treffen haben, erst wieder belebt werden kann und belebt werden muß.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, können Sie klarstellen, daß Bundesminister Schmude mit seinem - so möchte ich jetzt einmal spitz sagen - sogenannten Anschlußverbot
({0})
- Entschuldigung, es war doch klar, was ich gemeint habe - nicht gegen die Präambel des Grundgesetzes verstoßen wollte, in der ausdrücklich steht, daß das gesamte deutsche Volk in freier Selbstbestimmung aufgefordert ist, die Einheit Deutschlands wiederherzustellen?
Herr Abgeordneter, ich muß zum einen zurückweisen, daß Sie von einem „Anschlußverbot" sprechen. Denn dies hat Herr Minister Dr. Schmude nicht gesagt.
({0})
Zum anderen habe ich schon betont, daß Bundesminister Dr. Schmude seinen Eid auf diese Verfassung geleistet hat und daß ihm keiner unterstellt, er wollte diesen Eid brechen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.
Herr Staatssekretär, können Sie uns kurz Aufschluß darüber geben, was Sie soeben mit der Formulierung gemeint haben, man müsse hinsichtlich des Gedankens der Wiedervereinigung neue Bezugspunkte finden?
Ich meine damit in erster Linie, daß wir den Versuch unternehmen müssen, die Deutschen die deutsche Gemeinsamkeit wieder erleben zu lassen, weil 50 % aller derjenigen, die in diesem Staat leben, erst nach 1945 geboren sind.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Herr Staatssekretär, die Frage 25 soll auf Bitte des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Engelsberger, schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind wir am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Baum zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 26 der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein auf:
Hat die Bundesregierung die im Umweltprogramm 1971 angekündigten Untersuchungen durchführen lassen, wie durch Kapselung der Motoraggregate die Geräuschemissionen bei schweren Nutzfahrzeugen gemindert werden können, und wenn ja, welches sind die Ergebnisse dieser Untersuchungen?
Herr Präsident, Frau Kollegin Dr. Hartenstein, die Frage der Minderung der Geräuschemissionen schwerer Nutzfahrzeuge durch Kapselung der Motoraggregate ist im Auftrag des Bundesministeriums des Innern vom Umweltbundesamt untersucht worden. Die Erhebungen haben ergeben, daß durch solche Maßnahmen je nach den technischen Gegebenheiten im Einzelfall Lärmminderungen um bis zu 10 dB erreicht werden können. Bei Stadtomnibussen wird durch diese Maßnahmen das Geräuschniveau eines leisen Personenkraftwagens erreicht. Bei Lastkraftwagen haben die technischen Besonderheiten ihrer Bauart jedoch zur Folge, daß bei diesen schweren Nutzfahrzeugen bisher noch keine so hohen Lärmminderungen erreicht werden konnten. Die Entwicklung serienreifer leiser Lastkraftwagen bedarf weiterer Forschungsarbeiten, die von der Bundesregierung in die Wege geleitet worden sind.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Hartenstein.
Herr Staatssekretär, können Sie mir etwas über die zusätzlichen Kosten sagen, die bei solchen Fahrzeugen, die lärmarme Motoren haben, anfallen?
Frau Kollegin, das ist ganz unterschiedlich, je nach der Art des Fahrzeuges. Das Umweltbundesamt hat eine Studie betreffend die Entwicklung eines lärmarmen Lastkraftwagens in Auftrag gegeben und erwartet die Ergebnisse bis Ende 1979. Dann werden wir auch für den Bereich der Lastkraftwagen eine präzisere Kostenübersicht haben.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Hartenstein.
Herr Staatssekretär, gedenkt die Bundesregierung Konsequenzen aus den Ergebnissen dieser Untersuchung im Hinblick auf die Gesetzgebung zu ziehen?
Wenn Sie gestatten, würde ich gern bei der Beantwortung Ihrer zweiten Frage auf diesen Punkt eingehen.
({0})
Ich rufe die Frage 27 der Frau Abgeordneten Dr. Hartenstein auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfang Städte, Gemeinden und regionale Verkehrsbetriebe der öffentrichen Hand seit der Verabschiedung des Umweltprogramms lärmarme Kraftfahrzeuge eingesetzt haben, und welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen oder in Vorbereitung, um die Verwendung lärmarmer Kraftfahrzeuge zu fördern?
Standardlinienbusse mit Motorabkapselungen werden von verschiedenen Firmen serienmäßig hergestellt und auf dem Markt angeboten. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen gibt in seinem Umweltgutachten 1978 an, daß der Prozentsatz der bei öffentlichen Verkehrsbetrieben neu in Betrieb genommenen Standardlinienbusse mit Motorkapselung wie folgt zugenommen hat: 1973 um 29 %, 1974 um 65 % und 1975 um 70 %.
Die Bundesregierung erwägt - jetzt komme ich auf Ihre letzte Zusatzfrage zu sprechen -, die von ihr bei Baumaschinen, Rasenmähern und Sportflugzeugen bereits praktizierte Politik der Benutzungsvorteile - generelles Nutzungsverbot zu bestimmten Zeiten mit Ausnahmeregelungen für besonders leise Geräte oder Fahrzeuge - auch auf das Gebiet des Straßenverkehrs auszudehnen, so wie der Sachverständigenrat uns das empfohlen hat. Fahrzeuge, die besonders umweltfreundlich sind, haben dann also Vorteile.
Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, daß bei der Stadt Bonn zur Zeit Versuche laufen, die Geräuschemissionen von Müll- und Kehrfahrzeugen um 5 bis 6 dB zu senken. Das ist ganz erheblich.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Hartenstein.
Ist beabsichtigt oder vielleicht sogar schon verwirklicht, daß diejenigen öffentlichen Verkehrsbetriebe, die diese lärmarmen Fahrzeuge einsetzen, dafür entsprechende Förderungen oder finanzielle Zuschüsse bekommen?
Aus der Sicht des Umweltschutzes, Frau Kollegin, würde ich diese Frage sehr gerne bejahen. Wenn Sie aber beispielsweise an Steuervorteile denken, sprechen Sie eine Frage an, die zunächst mit dem Finanzminister geklärt werden müßte. Meines Erachtens kommt es darauf an, Produktionsverfahren und Techniken zu entwikkeln, die von sich aus schon so preiswert sind, daß eine besondere Förderung nicht mehr notwendig ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Hartenstein.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, in welchen Großstädten oder in wie vielen Großstädten der Bundesrepublik solche Fahrzeuge bereits in diesem relativ hohen Prozentsatz eingesetzt werden?
Frau Kollegin, das kann ich gerne tun. Ich habe eine Übersicht vorliegen, die ich Ihnen gerne zuleiten werde. Es würde den Rahmen der Fragestunde sprengen, wenn ich das im einzelnen ausführte.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kühbacher.
Herr Staatssekretär, Sie haben die Zuwachsraten in Prozentzahlen angegeben. Können Sie den Anteil der Investitionen zur Verminderung des Verkehrslärms und zur Schaffung lärmarmer Fahrzeuge an den Gesamtinvestitionen überhaupt konkretisieren, und ist die Bundesregierung in Überlegungen eingetreten, die Bezuschussung aus Mitteln für den öffentlichen Nahverkehr im Rahmen des Haushalts des Verkehrsministeriums an Aufträge zu binden, die insbesondere auf die Anschaffung dieser hier angesprochenen Fahrzeuge abzielen?
Baum, Parl. Staaatssekretär: Letzteres würde ich für sehr empfehlenswert halten, Herr Kollege. Die Zahlen, die Sie erbeten haben, werde ich Ihnen gerne mitteilen.
Ich rufe Frage 28 des Abgeordneten Dr. Geßner auf:
Treffen die Befürchtungen zu, die von Beamten sowohl der Düsseldorfer Kriminalpolizei als auch des Landeskriminalamts von Nordrhein-Westfalen geäußert wurden, wonach schätzungsweise nur ein Drittel aller verübten Morde in der Bundesrepublik Deutschland als Folge von Fehldiagnosen, die von nicht dafür genügend ausgebildeten Ärzten vorgenommen werden, überhaupt erkannt wird, so daß gegen rund zwei Drittel der tatsächlich begangenen Morde keine polizeiliche Untersuchung eingeleitet werden kann, und wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß durch die Einführung der amtlichen Leichenschau für jeden Toten dieser unverstündliche Mißstand schnellstens beendet wird?
Herr Kollege Dr. Geßner, der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, daß Befürchtungen zutreffen, wonach zwei Drittel aller Morde - nach der polizeilichen Kriminalstatistik sind im Jahre 1977 485 Personen durch Mord ums Leben gekommen - wegen ärztlicher Fehldiagnosen bei der Leichenschau unerkannt bleiben. Dies ist übrigens auch die Auffassung der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Kriminologische Untersuchungen, die diese Befürchtungen stützen könnten, liegen nicht vor. Auch dem Bundeskriminalamt sind hierüber keine Zahlen bekannt.
Die wenigen bekanntgewordenen Fälle - sie sind bei zirka 700 000 Todesfällen in der Bundesrepublik jährlich nur ein verschwindend geringer Prozentsatz -, in denen ein Arzt zu Unrecht einen natürlichen Tod bescheinigt hat, rechtfertigen nicht die mit hohem finanziellen Aufwand verbundene Einführung einer amtlichen Leichenschau für den Todesfall. Nach Auffassung der Bundesregierung sind solche Fehldiagnosen nicht auf eine manParl. Staatssekretär Baum
gelnde Ausbildung der Ärzte zurückzuführen. Derartige Fehldiagnosen wären auch bei einem Amtsarzt nicht auszuschließen, da erst durch eine Leichenöffnung, die nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, die Möglichkeit eines Irrtums über die Frage, ob ein natürlicher oder unnatürlicher Tod vorliegt, nahezu ausgeschlossen werden kann.
Im übrigen ist die hier angesprochene Problematik dem Bereich des Ordnungs- und Gesundheitsrechts zuzuordnen, für die dem Bund jedenfalls in dieser Frage eine Gesetzgebungszuständigkeit nicht zusteht. Sie hatten danach nicht gefragt, ich wollte das nur der Vollständigkeit halber hinzufügen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Geßner.
Herr Staatssekretär, immerhin ist es ja so, daß Leute vom Fach, in diesem Falle der Chef der Mordkommission Düsseldorf wie auch der Chef des Landeskriminalamtes in Düsseldorf, diese Erklärung abgegeben haben, die ich zur Grundlage meiner Frage gemacht habe. Nachdem Sie nun mitgeteilt haben, der Bundesregierung lägen keine Anhaltspunkte für derartige Befürchtungen vor, möchte ich Sie dennoch fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, diesen Befürchtungen nachzugehen; denn immerhin, wie gesagt, haben hier namhafte Leute diese Befürchtungen geäußert.
Herr Kollege, Sie haben recht, es gibt Äußerungen der von Ihnen genannten Personen. Aber schon Herr Dr. Hirsch, der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, hat in der Fragestunde des Landtages Nordrhein-Westfalen darauf hingewiesen, daß für eine solche Feststellung, wie sie dort getroffen worden ist, keine Grundlage gegeben ist. Wir haben die kriminologische Literatur noch einmal durchgesehen, und es gibt keine Anhaltspunkte, die eine solche doch sehr weitgehende Vermutung stützen würden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Geßner.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sich mit den beiden Beamten direkt ins Benehmen gesetzt hat, um einmal zu erforschen, wie die überhaupt zu dieser Auffassung gekommen sind?
Davon gehe ich aus, obwohl das aus der Fragestunde selbst, die im Landtag Düsseldorf stattgefunden hat, nicht hervorgeht. Ich kann mich nur auf die Erkenntnisse stützen, die mir von Fachleuten übermittelt worden sind. Ich habe wie Sie sehr aufmerksam die Presseveröffentlichungen verfolgt. Wie gesagt, diese bekanntgewordenen Einzelfälle - es ist nicht zu bestreiten, daß es solche Fälle gegeben hat - lassen diesen Schluß jedenfalls nicht zu.
Die Fragen 29 und 30 sind vom Fragesteller, dem Herrn Abgeordneten Lintner, zurückgezogen worden.
Ich rufe Frage 31 des Abgeordneten Dr. Rose auf. - Ich bitte, die Frage schriftlich zu beantworten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 32 des Abgeordneten Stockleben auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Wahl von Gorleben als Standort für das geplante Entsorgungszentrum, und teilt sie die Auffassung, daß es sich hier um eine vorläufige Standortauswahl handelt?
Herr Kollege Stockleben, nachdem die niedersächsische Landesregierung mit der Benennung Gorlebens vereinbarungsgemäß eine vorläufige Standortentscheidung getroffen hatte, hat die Bundesregierung diesem Vorschlag nach sorgfältiger Prüfung am 5. Juli 1977 zugestimmt. Die Reaktorsicherheits- und die Strahlenschutzkommission haben das in ihrer Stellungnahme vom 20. Oktober 1977 zur grundsätzlichen sicherheitstechnischen Realisierbarkeit des bei Gorleben geplanten Entsorgungszentrums bestätigt.
Vor einer endgültigen Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung zum Errichtungsbeginn sind jedoch noch eine Reihe standortabhängiger Daten genauer zu ermitteln und das Gesamtkonzept sicherheitstechnisch eingehend zu prüfen. Das gilt insbesondere bezüglich der Eignung des Salzstocks zur Einlagerung hochaktiver Abfälle, die nach dem als optimal anerkannten Konzept der Bundesregierung dort ebenfalls eingelagert werden sollen. Nach dem bisherigen Kenntnisstand darf erwartet werden, daß sich die Eignung durch Bohrungen bestätigen lassen wird.
Eine Zusatzfrage wird nicht gewünscht.
Dann rufe ich die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Daweke auf:
Inwieweit hat die Bundesregierung auf den Vorwurf reagiert, der in öffentlich unterbreiteten Vorschlägen steckt, man solle bei der Problematik der Beschäftigung von Extremisten im öffentlichen Dienst zum Beamtenrecht zurückkehren?
Wenn der Kollege einverstanden ist, würde ich gern beide Fragen zusammen beantworten.
Ja, der Herr Abgeordnete ist einverstanden. Ich rufe also noch die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Daweke auf:
Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, wonach bei der Einstellung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst nicht nach dem Beamtenrecht vorgegangen worden ist?
Für die Bundesregierung besteht keine Veranlassung, in ihrem Verantwortungsbereich die derzeitige Praxis bei der Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst abzuändern. Das Verfahren im
Bundesbereich stützt sich auf die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 22. Mai 1975 und die vom Deutschen Bundestag in seiner Entschließung vom 24. Oktober 1975 aufgestellten Grundsätze. Die Rechtsgrundlage für eine solche Prüfung der Verfassungstreue bei Beamten ist stets das Beamtenrecht. Im Bereich des Bundes sind keine Fälle bekannt, in denen nicht entsprechend verfahren worden ist.
Bei der Fernhaltung von Extremisten vom öffentlichen Dienst ergeben sich in der . Durchführungspraxis bei Bund und Ländern unterschiedliche Bewertungen. Die Länderpraxis stützt sich teilweise noch auf den Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder aus dem Jahre 1972. Äußerungen, die eine Rückkehr zum Beamtenrecht empfehlen, können nach dem Sachzusammenhang als Forderungen verstanden werden, auf die Anwendung dieses Beschlusses als Durchführungsregelung künftig zu verzichten. Diese Forderung, Herr Kollege, ist insoweit berechtigt, als der Beschluß durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 als überholt anzusehen ist. Dementsprechend ist er für den Bereich des Bundes auch durch die vom Bundeskabinett am 19. Mai 1976 gebilligten Verfahrensgrundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue abgelöst worden. Bestandteile dieser Verfahrensregelungen sind wiederum die vom Bundesverfassungsgericht und vom Deutschen Bundestag aufgestellten Grundsätze.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Daweke.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob ich Ihre Antwort richtig verstanden habe, nämlich daß Sie davon ausgehen, daß der Beschluß der Ministerpräsidenten und des Bundeskanzlers von Januar 1972 für nicht mit dem Beamtenrecht vereinbar gehalten wird?
Herr Kollege, ich habe Ihnen dargelegt, daß dieser Beschluß - das haben Vertreter dieser Regierung, an der Spitze der Bundeskanzler und auch der Bundesinnenminister, wiederholt zum Ausdruck gebracht - durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1975 zumindest in einem sehr wichtigen Punkt obsolet geworden ist, nämlich in dem Punkt, der die Bewertung der Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation angeht. Dieser Beschluß ist dann durch die Beschlüsse der Bundesregierung jedenfalls für den Bundesbereich außer Kraft gesetzt worden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Daweke.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir bestätigen, daß der Beschluß der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler darauf gerichtet war, ein einheitliches Recht zu schaffen, und ist ein Abgehen von diesem Beschluß nicht geeignet, dieses einheitliche Recht wieder zu zerstören?
Das kann ich Ihnen bestätigen, Herr Kollege; das war das Motiv. Zur Zeit gibt es keine einheitliche Praxis auf diesem Gebiet. Wir bedauern das. Der Deutsche Bundestag hat mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen eine Entschließung gefaßt und dem Wunsch Ausdruck gegeben, daß sich die Länder dieser Entschließung und diesen Verfahrensgrundsätzen anschließen mögen. Das ist aber nicht in allen Ländern geschehen, wie Sie wissen.
Eine dritte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Daweke.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihre Antwort so verstehen, daß sich die Bundesregierung darum bemühen wird, diese Einheitlichkeit wiederherzustellen?
Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien haben den Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß sich die Verfahrenspraxis in allen Ländern an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes orientieren möge. Dieser Wunsch besteht fort. Leider ist er - ich kann das nur wiederholen - nicht verwirklicht worden.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Weshalb hat die Bundesregierung, wenn die Sachlage so ist, nicht mit aller Entschiedenheit die Vermutung oder die Spekulation zurückgewiesen, die sich daraus ergeben muß, daß in sehr prominenten Kreisen unserer Bevölkerung gesagt wird, man solle zum Beamtenrecht zurückkehren?
Ich habe Ihnen ja ausgeführt, wie ich diese Äußerung verstehe und wie sie verstanden werden muß, nämlich dahin gehend, daß man sich nicht an dem Beschluß der Ministerpräsidenten aus dem Jahre 1972 orientiert, sondern an dem Beamtenrecht, wie es 1975 durch das Bundesverfassungsgericht in diesem Falle ausgelegt worden ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, erinnere ich mich recht, daß die Bundesregierung den Versuch unternommen hat, gesetzlich eine einheitliche gesetzliche Grundlage zu schaffen, indem sie diesem Hohen Haus eine Änderung eines Beamtenrechtsrahmengesetzes und des Bundesbeamtengesetzes vorgelegt hat, und daß dieses Hohe Haus diesem Gesetz mit Mehrheit zugestimmt hat, das dann aber nicht die Zustimmung des Bundesrates gefunden hat?
Baum, Parl. Staatsskretär: Sie haben die Entwicklung auf diesem Gebiet zutreffend in Erinnerung gerufen, Herr Kollege.
1
Eine weitere Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß wir heute ein einheitliches Recht hätten und nach einheitlichen Handhabungsgrundsätzen verfahren könnten, wenn diese Regelung nicht auf den Widerstand des Bundesrates gestoßen wäre?
So ist es.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie mehrfach darauf hingewiesen haben, daß im Bereich des Bundes alles nur nach dem Beamtenrecht geregelt sei, möchte ich Sie fragen, ob die Bundesregierung Informationen darüber hat, daß im Bereich der Bundesländer Ader im Bereich der Kommunen Einstellungen erfolgt sind, die nicht mit dem Beamtenrecht übereinstimmen?
Herr Kollege, in den Bereichen der Länder ist eine Verfahrenspraxis im Gange, die mit der politischen Auffassung der Bundesregierung, wie sie hier von der Mehrheit des Hauses geteilt wird, nicht übereinstimmt.
({0})
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatsskretär, ich habe Sie nicht nach der politischen Ansicht gefragt. Ich möchte noch einmal ganz konkret fragen: Hat die Bundesregierung Informationen, daß in Ländern oder Gemeinden nicht nach den geltenden rechtlichen Vorschriften verfahren wird?
Herr Kollege, ich würde hier die Feststellung nicht treffen wollen, daß sich Länder wider das Beamtenrecht verhalten. Ich möchte Ihnen aber nicht verhehlen, daß mir die Praxis einiger Länder und auch Entscheidungen einiger Gerichte nicht voll mit den Grundsätzen eines liberalen und freiheitlichen Rechtsstaates in Einklang zu stehen scheinen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langguth.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung nicht auf jene Vorwürfe prominenter Kreise unserer Bevölkerung und auch eines ehemaligen Bundeskanzlers reagiert hat, die auch die Praxis des Beamtenrechts auf Bundesebene hier öffentlich kritisiert haben?
Herr Kollege, mir ist sehr wohl bekannt, daß in den letzten Tagen öffentliche Überlegungen angestellt worden sind, die auf eine Entschärfung der Überprüfungspraxis und auf eine Beseitigung, wie es hieß, der Folgen des Beschlusses der Ministerpräsidenten von 1972 hinauslaufen. Ich habe Ihnen gesagt, daß es mit der politischen Vorstellung der Mehrheit dieses Hauses in Einklang steht, die Praxis so zu orientieren, wie dies 1975 in einer wichtigen Entschließung des Bundestages festgelegt worden ist. Ich gehe davon aus, daß diese Überlegungen - etwa vom Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei oder vom Bundesgeschäftsführer der FDP, der einige Parteitagsbeschlüsse der FDP aus dem Jahre 1976 in Erinnerung gerufen hat - weiter diskutiert werden und zu praktischen Vorschlägen führen. Soweit ich das sehe, wollen die Betreffenden keine Änderung des geltenden Beamtenrechts, u. a. aus Gründen, die Herr Kollege Pensky dargelegt hat, nämlich weil das angesichts der Haltung des Bundesrates sehr schwierig wäre.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langguth.
Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung nicht plant, auf Bundesebene Veränderungen in der Praxis vorzunehmen, sondern lediglich einige kritische Anmerkungen zur Praxis in den Ländern macht?
Das war der Sinn meiner Ausführungen, Herr Kollege. Wir werden uns jeder Diskussion stellen. Ich habe Ihnen dargelegt, daß wir aus unserer Sicht keine Notwendigkeit sehen, die Praxis des Bundes zu ändern.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin.
Herr Staatssekretär, habe ich recht in der Einschätzung der in den verschiedenen Ländern praktizierten Verfahrensregelungen, wenn ich sage, daß diese zum Teil auch dann als problematisch angesehen werden müssen, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt des Beamtenrechts betrachtet? Ich erinnere nur an die teilweise obligatorische Einschaltung der Verfassungsschutzbehörden, an fehlende Rechtsmittelbelehrung und ähnliches.
Frau Kollegin, da kann man sich natürlich streiten, ob das eine Frage ist, die mit dem Beamtengesetz, also dem Recht, im Widerspruch steht oder mit einer Praxis, wie sie einem liberalen Rechtsstaat gemäß sein sollte. Ich würde sagen, es ist eher eine Frage der politischen Bewertung des Verfahrens als eine Frage des Beamtenrechts selbst. Aber im Grunde kommt es auf die Bewertung von Einzelfällen an. Die müßte man im einzelnen darlegen.
Keine weitere Zusatzfrage?
Dann rufe ich die Frage 35 des Abgeordneten Dr. Klein ({0}) auf:
Präsident Carstens
Trägt sich die Bundesregierung mit der Absicht, eine Initiative zur Änderung des geltenden Beamtenrechts zu ergreifen, insoweit es von allen Beamten verlangt, daß sie die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten?
Wenn Sie einverstanden sind, Herr Kollege, würde ich gern beide Fragen gemeinsam beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also noch die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Dr. Klein ({0}) auf:
Gedenkt die Bundesregierung verneinendenfalls, ihre derzeitige Praxis bei der Anwendung des § 7 Abs. 1 Nr. 2 und des § 52 Abs. 2 BBG zu ändern, und wenn ja, mit welcher Zielrichtung?
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine Initiative der von Ihnen genannten Art zu ergreifen.
Ebensowenig sieht sie sich veranlaßt, die für die Anwendungspraxis im Bereich des Bundes maßgebenden Verfahrensgrundsätze, die sich auf den grundlegenden Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai 1975 und auf die Entschließung des Deutschen Bundestages vom 24. Oktober 1975 stützen, aufzugeben oder zu ändern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Klein.
Herr Staatssekretär, wie darf ich Ihre Äußerung, in Bund und Ländern gelte kein einheitliches Recht, verstehen, angesichts der Tatsache, daß die einschlägigen Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes, des Beamtenrechtsrahmengesetzes und aller Landesbeamtengesetze wortgleich sind?
Herr Kollege, ich brauche Sie ja nicht darauf hinzuweisen, daß wir uns hier im Bereich der Einstellungspraxis befinden, also etwa bei der sehr wichtigen Frage: wann wird über wen welche Information bei den Verfassungsschutzbehörden erfragt. Das sind Fragen, die sich auf die Verfahrenspraxis beziehen und nicht auf die Grundsätze des Gesetzes, die, wie Sie wissen, die Verfassungstreue zu einer materiellrechtlichen Eignungsvoraussetzung machen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Klein.
Um dies klarzustellen: Also auch nach Ihrer Auffassung gilt in Bund und Ländern einheitliches Recht?
Selbstverständlich gilt das Beamtenrecht für das gesamte Bundesgebiet.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Klein.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie bitte noch einmal konkret fragen, in welchen Punkten Ihre derzeitige Praxis im Bund abweicht von dem, was im Beschluß des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten vom Januar 1972 festgelegt worden ist.
Ich habe das schon erwähnt, Herr Kollege. Das ist die auch in diesem Hause lebhaft diskutierte Frage der Bewertung der Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation, die nach dem bekannten Beschluß aus dem Jahre 1972 in der Regel zur Ablehnung führen soll. Hier hat das Bundesverfassungsgericht sehr klar und deutlich eine wesentlich differenziertere Betrachtungsweise empfohlen, nach der wir uns jetzt richten.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Dr. Klein.
Nachdem Sie sich vorhin nicht in der Lage gesehen haben, festzustellen, daß die Praxis in den Ländern mit dem geltenden Gesetz nicht im Einklang steht, danach aber gesagt haben, sie sei nach Ihrem Verständnis nicht im Einklang mit den Grundsätzen einer freiheitlichen Rechtsordnung, darf ich Sie wohl bitten, diesen - so will mir scheinen - Widerspruch aufzuklären.
Sie haben soeben sehr klar dargelegt, wie meine Argumentation verlaufen ist und wie sie zu verstehen ist. Es gibt eben politische Unterschiede in der Art der Handhabung des Gesetzes. Mein Verständnis von einem freiheitlichen Staat legt es mir nahe, eine andere Praxis als akzeptabel anzusehen, als dies einige Länder tun. Das ist eine politische Frage, die hier in diesem Hause politisch umstritten ist, wie die Debatten gezeigt haben.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich rufe Frage 37 des Herrn Abgeordneten Dr. Langguth auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die in der Zeitung „Die Welt" ({0}) veröffentlichten Analysen, derzufolge die Lebensläufe von Personen, die aktiv in der rechtsextremen Szenerie mitwirken, darauf hindeuten, daß es sich hierbei möglicherweise um Personen handelt, die im Auftrag des DDR-Staatssicherheitsdienstes" rechtsextremistische, provozierende Handlungen vollziehen, um das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland herabzusetzen?
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich wiederum beide Fragen - hier 37 und 38 - gemeinsam beantworten könnte.
({0})
- Wie bereits in der Anlage 42 zum Bundestagsprotokoll über die 88. Sitzung am 27. April dieses Jahres ausgeführt wurde, verfügt die Bundesregierung über Informationen darüber, daß einzelne rechtsextremistisch tätige Personen kommunistiParl. Staatssekretär Baum
schen Organisationen angehört haben oder aus dem kommunistischen Machtbereich stammen.
In keinem dieser Fälle liegen, wie in der genannten Antwort ebenfalls ausgeführt wurde, konkrete Hinweise darauf vor, daß die rechtsextremistische Betätigung dieser Personen von kommunistischer Seite gesteuert wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Langguth.
Wenn nun der Bundesregierung bekannt ist, daß einzelne rechtsextremistisch tätige Personen kommunistischen Organisationen angehört haben oder aus dem kommunistischen Machtbereich kommen, stelle ich die prinzipielle Frage, ob es die Bundesregierung grundsätzlich für möglich hält, daß deren rechtsextremistische Betätigung von kommunistischer Seite gesteuert werden könnte.
Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.
Ich rufe Frage 38 des Herrn Herrn Abgeordneten Dr. Langguth auf:
Kann die Bundesregierung die Pressemeldungen - ebenfalls in „Die Welt" - bestätigen, derzufolge der Rechtsextreme Edgar Geiss, der aus der DDR stammen soll und der anläßlich der Beerdigung des verstorbenen SS-Offiziers Kappler am 13. Februar 1978 vor dem offenen Grab den „Hitler-Gruß" erhob - ein Bild, das durch die Weltpresse ging - „mehreren Hinweisen zufolge" „Kontakte in Ost-Berlin" gehabt oder möglicherweise noch haben soll?
Ob das in Ihrer Frage, sehr geehrter Herr Kollege, beschriebene Verhalten eines Teilnehmers an der Beisetzung Kappiers auf einem Auftrag von dritter Seite beruht, ist nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht zu beurteilen.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Langguth.
Da nach Zeitungsmeldungen die mit dem Fall Geiss befaßte Staatsanwaltschaft Lüneburg in einer Mitteilung zum Ausdruck gebracht hat, daß der „Hitler-Gruß" am KapplerGrab - jetzt zitiere ich - „nicht unbedingt aus Überzeugung" entboten wurde, frage ich, ob die Bundesregierung in irgendeiner Form zu dieser Aussage Stellung nehmen kann.
Ich habe das eben getan, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Langguth.
Kann ich also Ihrer Aussage entnehmen - ich möchte hier doch noch einmal präzise nachfragen -, daß die Bundesregierung ausschließt, daß der Rechtsextremist Geiss im
Auftrage etwa des DDR-Staatssicherheitsdienstes
oder eines anderen östlichen Nachrichtendienstes
diese Provokation am Grabe Kapplers vollzogen hat?
Herr Kollege, ich habe Ihnen eben gesagt, daß ich dies nach dem Erkenntnisstand, den ich gegenwärtig habe, nicht beurteilen kann.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Der Herr Abgeordnete Kretkowski hat darum gebeten, die Frage 39 schriftlich zu beantworten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Dasselbe gilt für die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Engelsberger.
Frage 49 des Herrn Abgeordneten Thüsing ist zurückgezogen worden. - Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern abgeschlossen. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen.
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.
Frage 41 des Herrn Abgeordneten Wehner ist zurückgezogen worden.
Ich rufe Frage 42 des Herrn Abgeordneten Pensky auf:
Inwieweit treffen nach dem Wissensstand der Bundesregierung Informationen der Illustrierten „Quick", Nr. 18 vom 27. April 1978, zu, wonach sich Jan-Carl Raspe am 18. Oktober 1977 in der Haftanstalt Stammheim mit einer Munition mit der Aufschrift „men 76-19" erschossen haben soll, die vom Hersteller als Polizeimunition ausschließlich an das Innenministerium von Rheinland-Pfalz geliefert wurde?
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ermittelt im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen Unbekannt wegen Verdachts des Vergehens nach § 129 a des Strafgesetzbuches auch hinsichtlich der Polizeimunition, die in der Illustrierten „Quick", Nr. 18 vom 27. April 1978, angesprochen wurde.
Zu der Frage, mit welcher Munition sich Jan-Carl Raspe die tödlichen Schüsse beigebracht hat, hat mir der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof folgendes mitgeteilt:
Jan-Carl Raspe hat sich am Morgen des 18. Oktober 1977 in der Zelle 716 der Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim mit der Selbstladepistole der Herstellerfirma Heckler und Koch, Oberndorf, Modell „hk", Kaliber „9 mm kurz", Laufnumer 106 085, die Kopfverletzungen beigebracht, die um 09.40 Uhr desselben Tages im Katharinenhospital zu seinem Tode führten. Das aus dieser Waffe verfeuerte, die tödlichen Verletzungen verursachende Geschoß war vom Kaliber „9 mm kurz", ebenso wie 13 weitere Patronen, die in der Zelle sichergestellt wur7052
den. Es handelt sich nicht um die in der Illustrierten Quick Nr. 18 beschriebene Munition mit der Bodenprägung „men 76-19" und dem Nato-Stempel. Die in dem Artikel erwähnten 4 Patronen des Kalibers 9 mm Parabellum sind erst am 2. Januar 1978 in der Zelle 719 der Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim gefunden worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, wenn die Kugel, mit der sich Jan-Carl Raspe erschossen hat, nicht in dieser Form bezeichnet war, ist die dann später gefundene Munition so bezeichnet gewesen wie in dem „Quick"-Artikel, nämlich mit „men 76-19"?
Ich glaube, die Antwort auf diese Frage wird sich aus der Antwort auf Ihre zweite eingereichte Frage ergeben.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Ich weiß nicht warum -
Der Herr Staatssekretär hat die Frage beantwortet. In der Art, wie er sie beantwortet, ist er frei.
Sie haben aber noch eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, entweder habe ich Sie nicht richtig verstanden oder Sie mich nicht. Es geht um zweierlei Munition. Mit der einen Munition hat sich Jan-Carl Raspe erschossen; der Generalbundesanwalt hat festgestellt, daß diese Munition nicht die Bezeichnung aufweist, die in dem „Quick"-Artikel genannt worden ist. Und es gibt eine zweite Munition, die später aufgefunden worden ist. Habe ich Sie richtig verstanden, daß diese Munition keine Bezeichnung aufgewiesen hat?
Doch, die ist bezeichnet.
Wie ist sie bezeichnet?
Es tut mir leid, Herr Abgeordneter. Wir müssen uns an die Zwei-Fragen-Regel halten.
Ich rufe Ihre weitere Frage 43 auf:
Liegen zu diesem Vorgang der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie gegebenenfalls die Polizeimunition in die Haftanstalt gelangen konnte, und wenn ja, welche?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Zu der Frage, auf welchem Wege die Polizeimunition in die Haftanstalt Stuttgart-Stammheim gelangen konnte, hat mir der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof folgendes mitgeteilt. 395 000 Patronen mit der Bodenprägung „men 76-19" und dem NATO-Stempel sind nach den mir vorliegenden polizeilichen Berichten am 3. August 1976 durch die Herstellerin, die Metallwerke Eisenhütte GmbH in Nassau, dem Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz geliefert worden. Die Ermittlungen, auf welchem Wege vier Patronen dieser Art in die Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim gelangen konnten, sind noch nicht abgeschlossen.
Darin liegt, Herr Kollege, meine ich, die Beantwortung der Zusatzfrage, die Sie zu Ihrer ersten eingereichten Frage gestellt hatten.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, damit ist also zunächst einmal festgestellt, daß es in der Tat eine Munition war, die ausschließlich dem Innenministerium in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt worden ist?
Ich darf auf die Beantwortung Ihrer Frage verweisen, wo ich gesagt hatte, daß 395 000 Patronen mit dieser Bodenprägung dem Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz geliefert worden sind und noch unklar ist, wie diese Munition, zumindest Teile davon, in die Strafanstalt Stuttgart-Stammheim gelangt sind.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir mitzuteilen, wie diese Frage zu beantworten ist, wenn diese Ermittlungen abgeschlossen sind?
Sehr gern.
Ich rufe die Frage 44 der Frau Abgeordneten Dr. Däubler-Gmelin auf:
Hat die Bundesregierung die Justizminister der Länder, insbesondere den Justizminister des Landes Baden-Württemberg aufgefordert, durch hinter dem Rücken der Betroffenen betriebene Nachforschungen bei Richtern die Zahl des Auftretens vor Amts- und Landgerichten von Mitgliedern des Deutschen Bundestages, die zugleich zugelassene Anwälte sind, herauszufinden, und wenn ja, warum?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär.
Der Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof hat über die sofortige Beschwerde einer Rechtsanwaltskammer gegen einen Beschluß des Ehrengerichtshofes für Rechtsanwälte Stuttgart zu entscheiden, in dem festgestellt worden ist, daß die Ausübung eines Bundestagsmandates kein Grund sei, die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 8 Nr. 8 der Bundesrechtsanwaltsordnung - wegen einer Tätigkeit, die mit
dem Beruf eines Rechtsanwalts nicht vereinbar ist - zu versagen.
Der Vorsitzende des Senats hat in diesem Zusammenhang den Präsidenten des Deutschen Bundestages, das Bundesministerium der Justiz und die Bundesrechtsanwaltskammer um Stellungnahme zu mehreren Fragen gebeten. Da das Bundesministerium der Justiz jedenfalls einen Teil der Fragen mangels Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht beantworten konnte, sind die Landesjustizverwaltungen unter Übersendung der Anfrage um Stellungnahme gebeten worden.
Frage Nr. 4 des Vorsitzenden des Senats für Anwaltssachen lautet:
Steht den Abgeordneten nach dortiger Erfahrung neben der Wahrnehung ihrer Verpflichtungen aus dem Mandat nennenswerte Zeit zur Verfügung, um den Beruf eines Rechtsanwalts tatsächlich auszuüben?
Zu dieser Frage ist in dem Übersendungsschreiben des Bundesministeriums der Justiz angemerkt worden:
Hierzu wird es wesentlich auf die Erfahrungen der örtlichen Stellen ankommen.
Daß diese Anmerkung nicht als Bitte dahin verstanden werden sollte, den Umfang der forensischen Tätigkeit eines zur Anwaltschaft zugelassenen Abgeordneten im einzelnen zu ermitteln, ergibt sich aus dem weiteren Zusammenhang des Übersendungsschreibens, in dem es sodann heißt:
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zulassungssachen muß es grundsätzlich dem einzelnen Rechtsanwalt überlassen bleiben, in welchem Umfang er sich betätigt ({0}), auf welche Gebiete er sich spezialisiert ({1}) und zu welchen Zeiten er die notwendigen Arbeiten erledigt.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 45 der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin auf:
Hält die Bundesregierung gegebenenfalls den Stil eines solchen Ausforschungsverfahrens für zulässig und angemessen und die Ergebnisse einer solchen - nur auf Gerichte beschränkten, die übrigen Tätigkeiten eines Anwalts nicht berücksichtigenden - Ausforschung überhaupt für verwendbar, um Auskunft über die Vereinbarkeit eines Bundestagsmandats mit dem Beruf des Anwalts zu erhalten?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Frau Kollegin, es kann nicht Aufgabe der Bundesregierung sein, ein Werturteil über die Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der in einem gerichtlichen Ersuchen gestellten Fragen sowie über die . Art und Weise der Erledigung einer gerichtlichen Anfrage durch die Landesjustizverwaltungen abzugeben. Die Stellungnahme, die im Bundesministerium der Justiz für den Bundesgerichtshof vorbereitet worden ist, kommt zu dem Ergebnis, daß es angesichts des weitgespannten Tätigkeitsbereiches der Anwaltschaft dem einzelnen Rechtsanwalt überlassen bleiben muß, auf welche Weise und auf welchen Rechtsgebieten er seiner beruflichen Aufgabe als Berater und Vertreter in Rechtsangelegenheiten nachgeht.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Däubler-Gmelin.
Herr Staatssekretär, sehen Sie die Möglichkeit, innerhalb der Kompetenzzuweisungen der Verfassung und innerhalb der Regeln des guten Tons auch die Landesregierung von Baden-Württemberg davon zu informie ren, daß Ausforschungen hinter dem Rücken der Betroffenen kein angemessenes Verfahren sind, um Auskunftsverlangen des Bundesjustizministeriums zu beantworten?
Frau Kollegin, ich bitte um Nachsicht, wenn ich sage, daß die Bundesregierung, den Gepflogenheiten entsprechend, keinen Anlaß hat, belehrende Beurteilungen oder Werturteile abzugeben. Ich glaube, es bleibt dem einzelnen überlassen, selbst zu bewerten, wie die Handlungen von Landesregierungen beurteilt werden müssen.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Däubler-Gmelin.
Da der Landesjustizminister des Landes Baden-Württemberg, Herr Dr. Palm, sich ausdrücklich auf das Auskunftsverlangen des Bundesjustizministers bezogen hat, kann ich meine Bitte nur wiederholen, daß das Verlangen des Bundesjustizministers speziell an dieses Landesministerium dies in Zukunft vielleicht noch präziser und noch klarer zum Ausdruck bringen möge.
Frau Kollegin, Sie wollten Ihre Bitte sicher in Frageform kleiden, und so haben wir das verstanden.
({0})
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Ich darf noch einmal betonen - ich meine, dies hätte ich hinreichend zum Ausdruck gebracht -, daß nach unserer Auffassung die Frage in Briefform, die an die Länder weitergegeben worden ist, keineswegs als Bitte dahin gehend verstanden werden sollte, den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit eines zur Anwaltschaft zugelassenen Abgeordneten im einzelnen zu ermitteln.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Thüsing wurde zurückgezogen.
Präsident Carstens
Damit sind wir am Ende des Geschäfsbereichs des Bundesministers der Justiz. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gallus zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. von Geldern auf:
Hat die Bundesregierung inzwischen den wiederholt angekündigten mittel- und langfristigen Plan, der unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der Fischbestände, der eigenen Fang- und Verarbeitungsmöglichkeiten sowie der Einfuhrmöglichkeiten die Versorgung der Verbraucher mit Fisch und Fischerzeugnissen sicherstellt, und sind die im Nachtrags. haushalt 1978 vorgesehenen Hilfen Bestandteil eines solchen Plans?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat auf der Grundlage ihres fischereipolitischen Konzepts ein Bündel von Maßnahmen entwickelt, die auf die weitere ausreichende Versorgung des deutschen Verbrauchers mit Fisch abzielen. Innerhalb der EG sowie der internationalen Fischereikommissionen hat die Bundesregierung geeignete Konservierungsmaßnahmen zur Erholung der Fischbestände unterstützt. Die für die deutsche Flotte ausgehandelten Fangquoten sowie die von der Bundesregierung erreichten und geforderten Zollerleichterungen sollen ebenfalls zur ausreichenden Versorgung des deutschen Marktes mit Fisch beitragen.
Um der Seefischerei in ferneren Gewässern Ausweichmöglichkeiten zu erschließen, verhandeln Bundesregierung und Unternehmen der Seefischerei seit längerer Zeit mit verschiedenen Ländern über Möglichkeiten des Einsatzes deutscher Fischereifahrzeuge im Rahmen von joint ventures. Ein entsprechendes Abkommen mit Argentinien wurde vor kurzem unterzeichnet. Über Kooperationsverträge mit Drittländern versucht die Bundesregierung darüber hinaus zu erreichen, daß ein Teil der vor diesen Ländern gefangenen Fische auf den deutschen Markt gelangt. Schließlich hat das Bundeskabinett mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts 1978 ein auf drei Jahre angelegtes Sofortprogramm für die Hochsee- und Küstenfischerei in Höhe von rund 95 Millionen DM gebilligt. Es dient der Neuausrichtung der Fischereitätigkeit und der Anpassung der Fangkapazitäten, der Verbraucheraufklärung und der Erkundung neuer Fanggebiete.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. von Geldern.
Herr Staatssekretär, Sie haben von einem Konzept der Bundesregierung gesprochen. Darf ich einmal fragen, wo dieses Konzept öffentlich bekanntgemacht worden ist?
Ich darf Ihnen sagen, daß im Nachtragshaushalt 1978 25 Millionen DM
für den Fischereisektor vorgesehen sind. Mein Haus steht in Gesprächen mit den Verbänden über die Ausgestaltung des Sofortprogramms, das dann im einzelnen vorgelegt werden wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. von Geldern.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die im Nachtragshaushalt 1978 vorgesehene Summe von 25 Millionen DM als Überbrückungshilfen sowohl für die Kutterfischerei als auch für die Hochseefischerei und die fischverarbeitende Wirtschaft in keiner Weise dem entspricht, was die betroffenen Wirtschaftskreise erwartet haben und auf Grund von Gesprächen mit Ihrem Hause auch glaubten erwarten zu können?
Herr Kollege, es ist im Gesamtbereich des Verhältnisses zwischen Bundesregierung und Verbänden immer so gewesen, daß die Forderungen der Verbände höher sind, als die Leistungen der jeweiligen Regierungen ausfallen können. Ich bin aber der Meinung, die Fischereiwirtschaft ist im großen und ganzen damit zufrieden, daß ihr in drei Jahren 95 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden.
Ich rufe die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Dr. von Geldern auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Fischverarbeitungsbetriebe an der Küste wegen der lückenhaften Versorgung mit Rohware bereits Arbeitskräfte entlassen mußten und daß solche geschulten Kräfte nicht ohne weiteres zu ersetzen sein werden, wenn später wieder eine kontinuierliche Rohwarenversorgung möglich ist, und wenn ja, was wird die Bundesregierung tun, um den meist kleineren Betrieben der Fischindustrie dabei zu helfen, auch in Zeiten schlechter Fischversorgung ihre Mitarbeiter zu halten?
Ich bitte den Herrn Staatssekretär um Beantwortung.
Herr Kollege, bisher sind für die Fischverarbeitungsbetriebe mit Ausnahme der heringsverarbeitenden Betriebe keine gravierenden Probleme bei der Rohwarenversorgung aufgetreten. Auf Grund ihrer Zuständigkeit haben einige Küstenländer bereits Finanzhilfen für die heringsverarbeitende Industrie eingeführt. Die von der Bundesregierung im Nachtragshaushalt bereitgestellten Mittel dürften darüber hinaus dazu beitragen, die derzeitige Situation der fischverarbeitenden Industrie zu verbessern. Indirekte Impulse dürften auch von den Hilfen der Seefischerei ausgehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. von Geldern.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie eine weitere Verschlechterung der Beschäftigungssituation an der deutschen Küste auf Grund der fischereipolitischen Entwicklung nicht erwarten?
So ist es, Herr Kollege. Ich war in der letzten Woche an der Küste und
habe mir einen größeren fischverarbeitenden Betrieb angesehen. Die Beschäftigten dort sind optimistischer, als dies zum Teil angenommen wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. von Geldern?
Das ist mit der letzten Äußerung schon beantwortet. Ich teile diesen Optimismus nicht, und ich glaube auch nicht, daß er an der Küste geteilt wird.
Ich rufe die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Schröder ({0}) auf:
Was unternimmt die Bundesregierung, um die vor allem von dänischen Fischern ausgeübte Gammelfischerei, durch die nach Auffassung nicht nur der deutschen Fischwirtschaft der Erfolg der Bemühungen um die Regeneration der Fischbestände im EG-Meer im höchsten Maße gefährdet wird, auf ein für die Gesamtinteressen erträgliches Maß zu beschränken, wenn nicht ganz abzustellen?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist ebenso wie die deutsche Fischerei und die deutsche Fischereiwissenschaft besorgt, daß die Industriefischerei die Fischbestände zum Nachteil der Konsumfischerei schädigt. Sie hat sich seit langem für Beschränkungen der Industriefischerei und für eine klare Priorität der Konsumfischerei eingesetzt.
Die Bundesregierung hat durch ihre gezielte Förderungspolitik zugunsten der Konsumfischerei nahezu eine Einstellung der direkten Industriefischerei erreicht. Sie hat sich darüber hinaus für eine Begrenzung der internationalen Industriefischerei sowohl auf bilateraler Ebene als auch in den zuständigen Fischereikommissionen für die Ostsee und den Nordostatlantik mit Nachdruck eingesetzt. Bedauerlicherweise hat das wiederholt ausgeübte Widerspruchsrecht der einzelnen Mitgliedstaaten in den internationalen Fischereikommissionen keine nachhaltige Konservierungspolitik zugelassen. Immerhin jedoch konnten Erhöhungen der Maschenweiten bzw. Beifangregelungen durchgesetzt werden, die zusammen auch mit Quotenfestsetzungen erste Schritte auf dem richtigen Weg darstellen.
Ein gewichtiger Erfolg zur Eindämmung der Industriefischerei gelang auf EG-Ebene. So konnte für alle Gebiete unter Jurisdiktion der EG-Staaten ein Verbot des direkten Herings-Gammelfangs bzw. der Anlandung des zu industriellen Zwecken gefangenen Herings erreicht werden. Ein weiterer Schritt in Richtung des konsequent verfolgten Zieles sind die für das „EG-Meer" im Rahmen der Einigung von acht EG-Mitgliedstaaten auch von Dänemark akzeptierten relativ strikten Beifangregelungen für die Industriefischerei. Leider gelten diese noch nicht für die Ostsee.
Letztlich kann den Gefahren der Industriefischerei wohl nur begegnet werden, indem übergroße
Kapazitäten abgebaut werden. Da die Industriefischerei jedoch einen bedeutsamen Wirtschaftsfaktor darstellt - es wurden z. B. 1976 von Dänemark bei einem Gesamtfang von 1,9 Millionen t für industrielle Zwecke ca. 1,5 Millionen t gefangen -, sind dazu flankierende Strukturmaßnahmen erforderlich.
Die Bundesregierung hat seit längerem ihre Bereitschaft erklärt, auf der Grundlage der Vorschläge der EG-Kommission die hierzu erforderlichen Lasten im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik der EG mitzutragen. Ein völliges Verbot der Industriefischerei im EG-Meer ist jedoch nicht realisierbar, wenngleich dieses auch für die Ostsee anzustreben ist.
Aus deutscher Sicht ist unter anderem folgendes zu bedenken. Es würden erhebliche Kapazitäten in Konkurrenz zur jetzigen Konsumfischerei frei. Die Fangmöglichkeiten der EG-Staaten bezüglich des begehrten Konsumfisches vor Norwegen, Schweden und den Färöern müßten im wesentlichen mit Fangmöglichkeiten für die Industriefischerei dieser Drittstaaten aus dem EG-Meer „bezahlt" werden. Drittens würde die Aufnahmefähigkeit der Märkte für einige noch industriell verwertete Arten, wie z. B. die Sprotte, weit hinter den Fangmöglichkeiten zurückbleiben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schröder ({0}).
Herr Staatssekretär, darf ich die Feststellung treffen, daß die Erfolge Ihrer Verhandlungen weit hinter der Länge der Antwort zurückbleiben?
({0})
Herr Kollege, das liegt in Ihrem Ermessen. Die Bemühungen der Bundesregierung, hier etwas zu erreichen, sind nachhaltig. Sie wissen auch, wie andere Länder zum Teil zu dieser Frage stehen.
Wir stehen am Ende der Fragestunde.
Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen. Die Behandlung der Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich wird morgen fortgesetzt.
Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 11. Mai, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.