Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 4/20/1978

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. ({0}) Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen den Tod unseres Kollegen Alfred Ollesch bekanntzugeben. Er erlitt nach einer für ihn besonders langen und schweren Arbeitswoche am Sonntag, dem 16. April 1978, auf der Heimfahrt von Bonn in seinem Wagen einen Herzinfarkt. Alfred Ollesch stand im 63. Lebensjahr. Er wurde in Castrop-Rauxel geboren. Nach dem Besuch der Schule, nach einer Lehre und Ausbildung zum graduierten Maschinenbauingenieur wurde er 1936 Soldat. Er diente bei der Marine und bei der Seeluftwaffe und nahm am Kriege von Anfang bis zu Ende teil. Nach dem Kriege wurde er Abteilungsleiter in einer Bergbaufirma in Recklinghausen. Mit seinem Eintritt in die FDP im Jahre 1947 begann seine politische Laufbahn. 20 Jahre war er Kreisvorsitzender der FDP in Recklinghausen, von 1952 bis 1965 zugleich Stadtverordneter und Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Als Vorsitzender des Kulturausschusses hatte er während dieser Zeit maßgeblichen Anteil an der Einrichtung der Ruhrfestspiele, was ihm, wie er selbst erzählte, viel Freude gemacht hat. Er war danach Bürgermeister und stellvertretender Oberbürgermeister der Stadt Recklinghausen, von 1955 bis 1961 Mitglied des Landtages in Nordrhein-Westfalen und außerdem stellvertretender Vorsitzender der nordrhein-westfälischen FDP. Dem Deutschen Bundestag gehörte Alfred Ollesch seit dem Jahre 1961 an. In den rund 17 Jahren seiner Zugehörigkeit zum Bundestag hat er sich neben der Sozialpolitik vor allem mit Fragen der Verkehrspolitik befaßt. Er war als Mitglied des Aus. schusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion und hat sich mit großem Einsatz der Belange des Verkehrsgewerbes angenommen. Als ausgezeichneter Verkehrsfachmann gehörte er auch dem Verwaltungsrat der Bundesbahn an. Daneben lag ein Schwerpunkt seiner parlamentarischen Tätigkeit auf dem Gebiet der Verteidigungspolitik - „aus Neigung", wie Ollesch selbst einmal gesagt hat. So war er auch zeitweilig Mitglied des Verteidigungsausschusses. Seit 1969 schließlich war er parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion und Mitglied des Altestenrats. In dieser seiner Eigenschaft habe ich eng mit ihm zusammengearbeitet und ihn wegen seiner Geradheit und Zuverlässigkeit hoch schätzen gelernt. Daß er daneben auch noch in mehreren weiteren Ausschüssen des Bundestages mitarbeitete, zeigt uns, welche übergroße Arbeitslast er auf sich nahm. In Würdigung seiner Verdienste war Alfred Ollesch im Jahre 1975 mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. Der Deutsche Bundestag verliert mit Alfred Ollesch einen unermüdlich engagierten, fachkundigen und pflichtbewußten Politiker, der sich als Mensch und Kollege großer Beliebtheit und Wertschätzung erfreute. Hinter einer rauhen Schale sah man, wenn man ihn näher kennenlernte, einen liebenswerten, geradlinigen, in seinen Überzeugungen fest begründeten Menschen. Die Lücke, die sein Tod reißt, wird sich schwer schließen lassen. Den Angehörigen des Verstorbenen und der Fraktion der FDP spreche ich zugleich im Namen des ganzen Hauses meine aufrichtige und herzliche Anteilnahme aus. Der Deutsche Bundestag wird Alfred Ollesch ein dankbares und ehrendes Andenken bewahren. Meine Damen und Herren, ich möchte noch eines weiteren Verstorbenen gedenken, des Generals Lucius Clay. Anläßlich seines Todes habe ich an den Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Bonn das folgende Schreiben übersandt: Voller Trauer habe ich die Nachricht vom Tode von General Lucius Clay vernommen. Persönlich und im Namen des Deutschen Bundestages möchte ich Ihnen und Ihrem Land zu diesem schmerzlichen Verlust mein aufrichtiges Beileid sagen. Lucius Clay hat sich um den Wiederaufbau in Deutschland und vor allem um Berlin große Verdienste erworben. Wir werden sein Andenken in ehrender Erinnerung behalten. Präsident Carstens Meine Damen und Herren, Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben; ich danke Ihnen. Ich rufe nunmehr die Punkte 2, 3 und 4 unserer Tagesordnung auf: 2. Beratung der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung - Drucksache 8/1357 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft ({1}) Innenausschuß Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Haushaltsausschuß 3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Riesenhuber, Dr. Narjes, Dr. Dollinger, Pfeifer, Lenzer, Dr. Probst, Benz, Breidbach, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Laufs, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen und der Fraktion der CDU/CSU Energiepolitisches Programm - Drucksache 8/1394 ({2}) Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft ({3}) Innenausschuß Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Haushaltsausschuß 4. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Bevorratung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen ({4}) - Drucksache 8/1634 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft ({5}) Finanzausschuß Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO Im Ältestenrat ist verbundene Debatte zu diesen Tagesordnungspunkten vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; dann ist das so beschlossen. Wird dás Wort zur Begründung oder zur Einbringung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Unsere heutige energiepolitische Debatte findet in einer wesentlich entspannteren Atmosphäre statt als die beiden vorangegangenen im Herbst und vor allem im Sommer letzten Jahres. Damals wurde die Diskussion über den richtigen energiepolitischen Weg mit großer Leidenschaft geführt, und dabei wurden nicht immer nur sachliche Argumente ausgetauscht. Gegenwärtig macht die Energiepolitik kaum noch Schlagzeilen. Aus der Sicht des Wirtschaftsministers, der für eine reibungslose Energieversorgung mitverantwortlich zeichnet, ist dies zunächst einmal erfreulich. Andererseits aber sieht er die Gefahr auftauchen, daß die in keiner Weise entschärften langfristigen Probleme der Energieversorgung aus dem Bewußtsein der Öffentlichkeit allzu schnell wieder verdrängt werden. Das aber erschwert es, für unangenehme, dem Bürger belastende energiepolitische Maßnahmen das notwendige Verständnis zu finden. Die unabdingbare Bereitschaft der Verbraucher zu sparsamerer Energieverwendung droht zu erlahmen. Darüber hinaus müssen wir auch das Interesse in der Wirtschaft an energiesparenden Investitionen bzw. solchen Investitionen aufrechterhalten oder wecken, die der Erschließung neuer Energievorkommen bzw. der Nutzung alternativer Energieträger dienen. Aus diesem Grunde begrüße ich diese Debatte über die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms und hätte nichts dagegen, wenn sie der Energiepolitik wieder einige Schlagzeilen verschaffte. Hinsichtlich der energiewirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven gibt es eine überraschend große Übereinstimmung aller Prognosen, ob sie von wissenschaftlichen Instituten, Industrieunternehmen oder internationalen Organisationen stammen. Wir haben sie im Teil II des Anhangs zur Fortschreibung zusammengefaßt. Schlagwortartig lauten die Ergebnisse, auf die es ankommt: Wir leben schon heute im Übergang zum Nach-ÖlZeitalter, obwohl Ölförderung und Ölverbrauch noch fühlbar ansteigen werden. Wir haben in etwa einem Jahrzehnt oder vielleicht schon früher Energieknappheit zu befürchten, obwohl wir schon seit einigen Jahren Probleme wegen Überflusses an Energie haben und vermutlich auch noch für einige Jahre haben werden. Um die Probleme zu lösen, müssen alle Länder große Anstrengungen unternehmen. Es ist aber offensichtlich, daß dabei im Ergebnis der Beitrag eines Energieriesen wie der Vereinigten Staaten mit fast 30 % Anteil am Weltenergieverbrauch wesentlich schwerer wiegt als etwa der unseres Landes, das zwar immerhin über die Hälfte seiner Energienachfrage durch Importe decken muß, am Weltenergieverbrauch aber nur mit 4 % beteiligt ist. Auf Grund der weltweiten energiepolitischen Verflechtungen ist die Energiepolitik zu einer wesentlichen Komponente der Wachstums-, Währungs-, Umweltschutz-, Entwicklungs- und schließlich auch der Außenpolitik geworden. Daraus resultiert die Notwendigkeit einer internationalen Zusammenarbeit, die zwischen den Industrieländern in der OECD und ihrer internationalen Energieagentur besonders eng ist. Hier hat man sich im vergangenen Jahr auf ein gemeinsames Ölimportziel für 1985, auf zwölf gemeinsame energiepolitische Grundsätze und auf ein Verfahren zur jährlichen Prüfung jedes Mitgliedslandes geeinigt. Das Ergebnis der ersten Jahresprüfung, die der Verwaltungsrat der Agentur in diesen Tagen in Tokio beraten hat, ist allerdings recht besorgniserregend: Auf Grund der gegenwärtigen Länderprognosen würde 1985 das Ölimportziel von 1,3 Milliarden Tonnen, das bereits in etwa die maximale Ausnutzung der Fördermöglichkeiten der OPEC-Länder unterstellt, um 200 bis 400 Millionen Tonnen überBundesminister Dr. Graf Lambsdorff schritten. Dabei übersehen wir nicht, daß es noch erheblich pessimistischere Zahlen aus anderen Quellen gibt. Hauptursache für die Verschlechterung der Ö1import-Perspektiven sind natürlich die verminderten Aussichten auf Durchsetzung wesentlicher Teile des Energieprogramms der Vereinigten Staaten. Die Agentur hat deshalb in Tokio an ihre Mitgliedstaaten den dringenden Appell gerichtet, ihre Bemühungen um stärkere Energieeinsparungen und größere Beiträge der eigenen Energiequellen zu intensivieren. Dabei müssen wir uns darüber im klaren sein, daß, weltweit betrachtet, der forcierten Suche nach weiteren Öl-, Gas- und Kohlevorkommen und der forcierten Erschließung neuer Energiequellen sowie der Entwicklung neuer Nutzungsverfahren entscheidende Bedeutung zur Vermeidung von Versorgungsengpässen zukommt. Es besteht somit durchaus Anlaß, daß sich der nächste Weltwirtschaftsgipfel im Juli in Bonn auch mit dem Energieproblem befassen wird. Was immer dort und in Vorbereitung darauf an Ideen und Vorschlägen diskutiert werden mag: Es kommt nach meiner Überzeugung bei allen internationalen Bemühungen in erster Linie darauf an, den Willen und die Entschlossenheit der nationalen Regierungen und Parlamente zur Durchführung und Durchsetzung ihrer bereits vorhandenen nationalen Energieprogramme zu stärken. ({0}) Hierbei ist es ebenso selbstverständlich wie richtig, daß die durchweg sehr unterschiedlichen Strukturen der nationalen Energiemärkte den Einsatz unterschiedlicher energiepolitischer Instrumente erfordern können. Wie schwierig es ist, selbst zwischen benachbarten und wirtschaftlich wie institutionell eng verbundenen Industriestaaten zu übereinstimmender oder eindeutig koordinierter Energiepolitik zu kommen, zeigen die langwierigen Bemühungen um eine gemeinschaftliche Energiepolitik in der EG. Die Bundesregierung wird diese Bemühungen während der deutschen Präsidentschaft in der zweiten Hälfte dieses Jahres verstärkt fortsetzen. ({1}) Ausgangspunkt und Basis der Arbeit sollte die weitere Verbesserung der Transparenz und der Koordinierung der Energiepolitiken der Mitgliedstaaten sein. Nach außen muß die Gemeinschaft weiterhin bemüht bleiben, in den Fragen der internationalen Energiepolitik eine übereinstimmende und weltoffene Haltung einzunehmen. Zu den vordringlichsten Problemen gemeinschaftlicher Energiepolitik gehört das Kohleproblem. Die Gemeinschaft verfügt über bedeutende Kohlevorräte, deren Nutzung wesentlich zur Begrenzung der Ölabhängigkeit und zur Erhöhung der Versorgungssicherheit beitragen kann. Da sich die Mitgliedländer, der Rat und das Europäische Parlament über die Bedeutung der Kohle einig sind, hat sich die Gemeinschaft ein aus heutiger Sicht recht ehrgeiziges Förderziel gesetzt. Die Kosten der Kohleförderung in der Gemeinschaft sind aber mittlerweile so viel höher als in anderen Regionen der Welt, daß die mit der Aufrechterhaltung der Produktion verbundenen Lasten über das Maß hinausgehen, das den kohlefördernden Mitgliedstaaten zumutbar ist. Wir stehen in den letzten Jahren vor einer Verminderung der Gemeinschaftsproduktion bei gleichzeitigem, deutlichem Anstieg der Einfuhren aus Drittländern. Uns geht es dabei keineswegs darum, die Drittlandskohle vom Europäischen Markt zu verdrängen. Wir meinen, das Motto sollte heißen: Heimische Kohle u n d Drittlandskohle. In einem in diesen Tagen fertiggestellten deutschen EG-Kohlememorandum legen wir deshalb dar, wie zusätzliche gemeinschaftliche Beihilfen zur Verminderung der Wettbewerbsnachteile der europäischen Kohle ausgestaltet sein sollten, um wirksam und angemessen zu sein. Vor allem muß eine derartige gemeinschaftliche Kohlepolitik die Kohleförderung in ihrer ganzen Breite einschließlich der Kokskohle umfassen, ({2}) die den Hauptteil des innergemeinschaftlichen Kohlehandels ausmacht. Der Austausch von Kraftwerkskohle dürfte sich auch auf mittlere Sicht in relativ engen Grenzen halten. Erhebliche Bedeutung kommt auch Initiativen und Anstößen für eine Verstärkung der Energieeinsparung und der Entwicklung alternativer Energien oder neuer Technologien wie z. B. der Kohlevergasung oder Kohleverflüssigung zu. Allerdings sollten Gemeinschaftsprogramme nur beschlossen und Gemeinschaftsmittel erst eingesetzt werden, wenn geklärt und sichergestellt ist, daß dies zur Ergänzung und Abrundung der nationalen Programme sinnvoll und zweckmäßig ist. Wir können nicht für internationale Koordinierung eintreten, meine Damen und Herren, wenn uns die innergemeinschaftliche Koordinierung nicht gelingt. In diesen hier nur kurz skizzierten internationalen Rahmen ist unsere nationale Energiepolitik eingebettet. Im März letzten Jahres kurz vor dem Höhepunkt der energiepolitischen Diskussion hat die Bundesregierung die „Grundlinien und Eckwerte" verabschiedet, um ihren Standort klarzulegen und eine quantitative Orientierung in die Diskussion einzuführen. Zum Jahresende folgte das abschließende Programm, die Zweite Fortschreibung, die die grundlegenden Ziele insbesondere im Kernenergiebereich präzisiert und im Schwerpunkt die von der Regierung im Verlauf des Jahres getroffenen Entscheidungen und die in näherer Zukunft beabsichtigten Maßnahmen enthält. Das Programm ist angereichert durch einen Anhang mit einer Zusammenfassung der Prognosen für den Zeitraum 1985 bis 1990 sowie der bis ins Jahr 2000 reichenden Perspektiven für die nationale und weltweite Entwicklung. Verschiedentlich ist - aus Kreisen der Wirtschaft, aus der Landespolitik, auch von Mitgliedern des Bundestages - kritisiert worden, daß sich die Bundesregierung die Prognosezahlen nicht als „verbindlichen Rahmen" oder als „Zielvorgaben" zu eigen gemacht hat. Ich möchte deshalb noch einmal betonen, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung mit dem im Anhang zur Fortschreibung enthaltenen Zahlen zur Orientierung aller Beteiligten und Interessierten lediglich eine Vorausschau der künftigen Entwicklung nach heutigem Erkenntnisstand gibt, nach bestem Wissen und Gewissen, aber behaftet mit allen Unsicherheiten einer Prognose, die immer wieder Änderungen und Anpassungen unterworfen ist. Was wir brauchen, ist eine langfristige Grundorientierung, deren relevanter Teil nicht Zahlen, sondern Tendenzen sind, und Flexibilität bei den Einzelmaßnahmen, um diese kurzfristig den sich verändernden Entwicklungen anpassen zu können. ({3}) Was wir hingegen nicht brauchen, wäre ein Festhalten an unrealistisch gewordenen Erwartungen oder gar Planzahlen, weil das zu einer Zementierung der Energiemärkte und einer letztlich falschen Orientierung der Wirtschaft führen müßte. Aber diese notwendige distanzierende Einschränkung macht die sich aus den Zahlen ergebenden Tendenzen ja keineswegs weniger interessant. Hierfür drei Beispiele. Die Institute schätzen, daß sich der Ölanteil an unserer Energieversorgung von gegenwärtig fast 50 % bis 1990 nur auf rund 43 % vermindern wird. Die bis ins Jahr 2000 reichenden Perspektiven eröffnen die Aussicht, daß gegen Ende des Jahrhunderts ein deutlicher Abfall des Ölanteils auf nur noch ein Viertel eintreten wird und daß hinter dieser Zahl bereits ein deutlicher absoluter Rückgang unter das derzeitige Niveau steckt. Es wird weiter geschätzt, daß der Kohleverbrauch bis zum Jahr 2000 so stark steigt, daß trotz deutlich wachsender Inlandsförderung bereits 15 bis 20 Millionen Tonnen Drittlandskohle benötigt werden. Schließlich gehen die Institute davon aus, daß im Jahre 2000 mit neuen Technologien, wie vor allem Wärmepumpen und Solarkollektoren, bereits ein Betrag von 25 bis 30 Millionen Tonnen SKE regenerative Energie gewonnen wird. Mit diesen Perspektiven und mit unserem Energieprogramm haben wir bei der Überprüfung der nationalen Energiepolitiken in der Internationalen Energie-Agentur gute Figur gemacht. Wesentlicher und sicherlich berechtigter Kritikpunkt war der Einsparbereich, vor allem wegen der Ungewißheit über das Inkrafttreten des Programms zur Isolierung bestehender Gebäude. Hier im Parlament ist es vor allem Sache der Opposition, unsere Energiepolitik zu überprüfen. Ich habe mit großer Aufmerksamkeit den nach Verabschiedung der Zweiten Fortschreibung von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entschließungsantrag studiert. Nach meiner Ansicht bestätigt dieser Antrag die Politik der Bundesregierung in allen wesentlichen Punkten. ({4}) Unterschiede vermag ich nur in einigen Nuancen zu erkennen. Meine Damen und Herren, wir sollten es - das ist jedenfalls Auffassung der Bundesregierung, hinter die ich mich gerade in diesem Punkt nachdrücklich stelle - als sehr positiv bewerten, daß das Parlament in dieser für unser Land so wichtigen Frage offenbar an einem Strang ({5}) und, wie ich hoffe, auch am selben Ende des einen Strangs zieht. ({6}) Allerdings vermissen wir noch eine Antwort - wir hoffen, diese heute im Verlauf der Debatte zu bekommen - auf die Frage: Wie stellt sich die Opposition das Erreichen der gesteckten Ziele vor? Welche konkreten Maßnahmen schlägt sie dazu vor? Wir sind zu jeder Form der Diskussion hierüber gern bereit. Aus der zweiten Fortschreibung möchte ich jetzt nur drei zentrale Bereiche ansprechen, bei denen im Dezember noch Entscheidungen anstanden. Ich möchte über die Fortschritte berichten, die seitdem erzielt wurden. Einmal handelt es sich hier um das Energiesparprogramm, zum anderen sind es die Bereiche Kohle und Kernenergie. Zur rationellen und sparsamen Energieverwendung hat die Bundesregierung ein breitgefächertes Programm vorgelegt. Energieeinsparung ist kein Ziel, das kurzfristig und mit nur einem Programm erreichbar ist. Die Maßnahmen der Zweiten Fortschreibung sind als Schritt auf einem langen Weg zu sehen, und es wäre nicht gut, dem Bürger zu verschweigen, daß dieser Weg auch mit Opfern verbunden ist und sein muß, wenn man von Energieeinsparung nicht bloß reden will. Hierzu gehört die Erhöhung der Steuer auf leichtes Heizöl. ({7}) Die Bundesregierung hält trotz des negativen Votums des Bundesrates an ihrem Gesetzentwurf, der auch die steuerlichen Erleichterungen für energiesparende stationäre Dieselanlagen enthält - eine überfällige Maßnahme -, fest. Sie hält ihre Gründe unverändert für gut, vor allem die Signalwirkung „weg vom Öl". ({8}) Daß die damit verbundenen Mehreinnahmen angesichts der großen Ausgabensteigerungen im Bereich der Energiepolitik auch wünschenswert sind, hat die Bundesregierung nie bestritten. Im Zentrum der Einsparmaßnahmen steht unverändert das Programm zur Förderung heizenergiesparender Investitionen. Schon mehrfach habe ich die Bedeutung dieser Maßnahme auch für unsere internationale Glaubwürdigkeit betont. Wir können, meine Damen und Herren, im Dialog mit unseren Partnern nicht auf die Notwendigkeit verstärkter Einsparbemühungen hinweisen, wenn wir es selbst an den erforderlichen Anstrengungen gerade in einem Bereich fehlen lassen, der ein hohes Einsparpotential aufweist. ({9}) Das Kabinett hat dem Parlament empfohlen, bei der weiteren Beratung des Gesetzentwurfs die Anregung des Bundesrates hinsichtlich einer Kombination von steuerlichen Maßnahmen und Zuschüssen positiv aufzugreifen. Bei Einfügung dieser steuerlichen Lösung in die Zuschußförderung des Regierungsentwurfs wird es auf eine sachgerechte Verzahnung ankommen. Der Gesamtfinanzierungsrahmen von 4,35 Milliarden DM soll allerdings nicht überschritten werden. Dieses Konzept hat die Bundesregierung in die laufenden Ausschußberatungen eingebracht. Wir glauben, daß sie damit die Voraussetzungen dafür geschaffen ,hat, daß dieser zentrale Punkt des Energieeinsparungsprogramms noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. ({10}) Ich appelliere deshalb heute noch einmal an alle, das vom Bürger schon lange erwartete Anlaufen der Förderung nicht weiter zu verzögern. ({11}) Meine Damen und Herren, auch aus konjunkturpolitischen Gründen gilt hier der Satz: Wer schnell gibt, gibt doppelt. ({12}) Fortschritte machen auch die Überlegungen. und intensiven - insbesondere mit den Bundesländern geführten - Gespräche über eine Reform des Stromtarifgefüges. Die Überlegungen konzentrieren sich darauf, unter Wahrung der notwendigen Kostenorientierung ,das Strompreisgefüge stärker am Verbrauch auszurichten und dadurch die Degressionswirkung zu vermindern. Zugleich werden wir aber auch darauf achten, daß sozial unvertretbare Auswirkungen vermieden werden. ({13}) Bei der Frage einer Zusammenarbeit zwischen Elektrizitätswirtschaft und Industrie haben die Verhandlungen über eine volkswirtschaftlich optimale Nutzung der in der Industrie bestehenden Möglichkeiten zur Kraft-Wärme-Kopplung bereits zu erfreulichen Teilergebnissen geführt. Jetzt geht es vor allem noch darum, zu welchen Preisen die Industrie Überschußstrom in das öffentliche Netz einspeisen wird. Die Bundesregierung hofft zuversichtlich, daß sich die Verhandlungspartner bald einigen werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß auch hier partnerschaftliche Lösungen zwischen Elektrizitätswirtschaft und Industrie gefunden werden. Ich sehe darin eine Bestätigung unserer Linie, bei der Lösung auch komplizierter Probleme in der Energieversorgung weitgehend auf die privatwirtschaftliche Verantwortung zu bauen. Die Richtlinien für die Förderung der Markteinführung energiesparender Technologien und Produkte werden voraussichtlich noch in diesem Monat veröffentlicht. Hier schließen wir eine Lücke im Energieeinsparungsprogramm, was vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommt. Mir erscheint es deshalb wichtig, die hierfür bestimmten Mittel in Zukunft anzuheben. Aufgestockt wurden bereits die Mittel für die Aufklärungsarbeit über Notwendigkeiten und Möglichkeiten der rationellen Energieverwendung. Damit kann dieses Programm im Jahre 1978 verstärkt fortgesetzt werden. Schließlich erkenne ich gerne an, meine Damen und Herren, daß auch die Hausgeräteindustrie auf der diesjährigen Domotechnika mit der Energieverbrauchskennzeichnung einen guten und von uns lange erwünschten Anfang gemacht hat. Aber ich mache darauf aufmerksam, daß es ein langanhaltender, langwieriger und auch nicht ganz billiger Prozeß sein wird, das Bewußtsein der Verbraucher für die Notwendigkeit von Energieeinsparungen erst zu wecken und dann langfristig wachzuhalten; daran müssen wir uns gewöhnen. Dies ist nicht von heute auf morgen zu schaffen. ({14}) Für den Verstromungsbereich ist die langfristige Sicherung des Absatzes von Kraftwerkskohle durch die Novelle zum Verstromungsgesetz erreicht. Die Bundesregierung weist allerdings noch einmal darauf hin, daß damit angesichts der schwierigen Lage der Stahlindustrie das Thema Kokskohle noch keineswegs vom Tisch ist. Die Richtlinie zur Durchführung der Novelle hat der Wirtschaftsausschuß des Bundestages in der vorigen Woche zustimmend zur Kenntnis genommen. Die überwiegende Zahl der Abnahmeverträge ist unter Dach und Fach. Bei den anderen Verträgen sind die Verhandlungen weit fortgeschritten. Auf die trotzdem noch bestehenden konjunkturellen und strukturellen Schwierigkeiten des Kohleabsatzes hat die Bundesregierung in der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms schon hingewiesen. Sie hat angekündigt, daß sie im Interesse einer langfristigen Sicherung des Steinkohlenbergbaus mit den Beteiligten erörtern wird, in welcher Weise der Bergbau bei der Überwindung dieser Schwierigkeiten unterstützt werden könnte. Das Ergebnis der kurz vor dem Abschluß stehenden Erörterung wird die Bundesregierung dem Parlament im Rahmen des vorgesehenen Nachtragshaushalts vorlegen. Die Unternehmen des deutschen Steinkohlenbergbaus haben als Grundlage für die Entscheidungen mittelfristige Unternehmenskonzepte zur Produktions-, Absatz- und Ertragslage vorgelegt. Daraus, meine Damen und Herren, geht hervor, daß ein Ende der gegenwärtigen Durststrecke frühestens Anfang der 80er Jahre erwartet werden kann. Die Absatzerwartungen schätzen die Unternehmen für diesen Zeitraum mit durchschnittlich 82 Millionen Jahrestonnen ein. Hierbei sind schon erhebliche Preiszugeständnisse bei nicht staatlich abgesicherten Märkten unterstellt und eingerechnet. Eine zusätzliche Ausweitung des Absatzes zu noch vertretbaren Bedingungen ist nicht erkennbar. Die Wettbewerbslage des deutschen Steinkohlenbergbaus ist dadurch gekennzeichnet, daß die kostendeckenden Preise bei Kokskohle frei Ruhrhütte zur Zeit um etwa 40 bis 45 DM pro Tronne über den Wettbewerbspreisen liegen. Diese Differenz ist in wesentlichem Umfang von der Höhe des Dollarkurses bestimmt und würde sich bei einem Ansteigen dieses Kurses entsprechend vermindern. Bei Kraftwerkskohle liegt der Abstand zur Importkohle sogar bei etwa 90 DM pro Tonne. Ohne zusätzliche unternehmerische Maßnahmen würde die Steinkohlenförderung in den nächsten Jahren nicht unerheblich über den genannten Absatzerwartungen liegen. Die gegenwärtig schon bei 33 Millionen t angelangten Haldenbestände müßten noch weiter aufgestockt werden. Diese weiteren Aufhaldungen würden jedoch zu neuen Belastungen führen, die weder für die Unternehmen noch für Bund, Bergbauländer und Verbraucher finanziell tragbar wären. Diese Lösung verbietet sich deshalb. Der Preis, den wir im Kohlebereich für die Sicherheit unserer Energieversorgung zahlen, hat inzwischen eine beachtliche Höhe erreicht. In diesen Zahlen kommt in Verbindung mit den steuerlichen Hilfen, den bestehenden Einfuhrrestriktionen, der Heizölsteuer und den Einsatzbeschränkungen für 01 und Gas in der Elektrizitätswirtschaft - alles Maßnahmen, die ja auch volkswirtschaftliche Kosten verursachen - die vorrangige Bedeutung zum Ausdruck, die wir der deutschen Steinkohle im Rahmen unserer Energiepolitik einräumen. Die bestehenden öffentlichen Hilfen für den deutschen Steinkohlenbergbau erreichen 1978 schon über 4 Milliarden DM. Hinzu kommt, daß die schwache Nachfrage auf den Weltstahlmärkten, die Entwicklung des Dollarkurses und die steigenden Förderkosten dazu zwingen, auch die Kokskohlenbeihilfen beträchtlich zu erhöhen, die die Haushalte des Bundes und der Bergbauländer für 1978 schon bisher mit rund 550 Millionen DM belasten. Ich habe den Eindruck, meine Damen und Herren, daß wir hier mit der Unterstützung des Bergbaus an die Grenzen dessen stoßen, was dem Haushalt und der Gesamtwirtschaft noch zumutbar ist. Weitere staatliche Hilfen sind nur vertretbar, wenn die Unternehmen ihrerseits erhebliche zusätzliche Anstrengungen machen, um ihre Kosten zu senken. Es erscheint bedenklich, die Probleme, die sich aus der weltweit schwachen Konjunkturentwicklung und aus der Währungsentwicklung für viele Bereiche der Volkswirtschaft ergeben, im Falle des Bergbaus in vollem Umfang über die öffentlichen Haushalte zu lösen. Entsprechende Eigenanstrengungen müssen vom Bergbau um so eher erwartet werden, als gerade hier ein eng geknüpftes soziales Netz unvertretbare soziale Belastungen ausschließt. Energie- und finanzpolitische Gesichtspunkte wie auch die Ertrags- und Finanzlage der Unternehmen zwingen daher eindeutig zu einer zumindest temporären Förderrücknahme. In welcher Form dies unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher, sozialer und regionaler Gesichtspunkte im Einzelfall am besten geschieht, müssen die Unternehmen entscheiden. Neben Bund und Bergbauländern müssen auch die Bergbauunternehmen und die im Bergbau Beschäftigten ihren Beitrag zur Erhaltung eines leistungsfähigen und modernen Bergbaus liefern. ({15}) - Ich bin Ihnen für den Zwischenruf dankbar, Herr Kollege Wolfram. Dies ist bisher in mustergültiger Zusammenarbeit möglich gewesen, und die Bundesregierung vertraut darauf, daß das trotz aller Schwierigkeiten und in schwieriger gewordenen Zeiten für alle - dies wissen wir - weiterhin so sein wird. ({16}) - Die Sonderprobleme der Kleinen, auf die Sie, Herr Kollege Spies von Büllesheim, in dieser Debatte - nehme ich an - noch eingehend hinweisen werden, werden keineswegs vergessen. Wir werden darauf gerne antworten. ({17}) Nur haben die Kleinen ihre Sonderprobleme seinerzeit, als die Ruhrkohle AG gegründet wurde, nicht so deutlich gesehen. ({18}) - Darum geht es nicht. In dieser Frage sind wir völlig einig. Selbst wenn man für die 80er Jahre eine generell oder in etwaigen Krisenfällen plötzlich steigende Kohlenachfrage unterstellt, so ist auch längerfristig aus energiepolitischer Sicht mit Halden und nationaler Kohlereserve von insgesamt über 33 Millionen t ein ausreichendes Polster vorhanden. Im Ergebnis sollte deshalb, sofern Übereinstimmung über einen hinreichenden Eigenbeitrag erzielt wird, eine zeitlich befristete zusätzliche Unterstützung des Bergbaus beschlossen werden. ({19}) Nur beides zusammen, meine Damen und Herren, erscheint geeignet, die hochdefizitäre Ertragslage der Unternehmen zu verbessern, zugleich aber die unabdingbaren erheblichen Investitionen auch für Innovations- und Forschungsvorhaben zu ermöglichen. Über diese zusätzliche Hilfe und über die Erhöhung der Kokskohlenbeihilfe wird der Bundestag im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Nachtragshaushalt zu entscheiden haben. Zur flankierenden Absicherung der Kohleverstromung ist es unverändert vordringlich, die beim Bau von Kohlekraftwerken aufgetretenen Umweltschutzprobleme zu lösen. Die Bundesregierung begrüßt das Voerde-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. ({20}) Die genauere Analyse der Urteilsbegründung zeigt aber, daß eine Verbesserung der Rechtssicherheit durch gesetzliche Maßnahmen keineswegs überflüssig geworden ist, obwohl sie nicht mehr in dem Umfang notwendig erscheint, wie wir das ursprünglich angenommen hatten. Insbesondere die schriftliche Urteilsbegründung, mit deren Auswertung wir erst seit 48 Stunden beschäftigt sein können - länger haben wir die Urteilsbegründung noch nicht -, zeigt höchst erfreuliche Tendenzen. Die Vorbereitung der jetzt noch notwendigen Maßnahmen ist in vollem Gange. ({21}) Wichtig war hier das breit angelegte Sachverständigenhearing. Es hat keine medizinische Notwendigkeit zur Verschärfung der in der Technischen Anleitung Luft von 1974 enthaltenen Werte ergeben - einer Technischen Anleitung Luft, der wir hier zugestimmt hatten. Die Vorarbeiten zu der geplanten Gesetzesänderung haben sich allerdings verzögert, so daß der vom Kabinett für Ende März angesetzte Termin zur Vorlage alternativer Gesetzentwürfe nicht eingehalten werden konnte. Das Kabinett wird nunmehr im Sommer - vorgesehen ist dafür der erste Sitzungstag im September - einen Gesetzentwurf verabschieden. Für den Bereich der Kernenergie brachte die Zweite Fortschreibung einen zumindest vorläufigen Abschluß der kontroversen Diskussionen des Jahres 1977. Die Rolle der Kernenergie wurde in einer Weise präzisiert, die die Kontinuität unserer Energiepolitik auch im Kernenergiebereich wahrt. Mir ist bewußt, meine Damen und Herren, daß diese Definition der künftigen Rolle der Kernenergie nicht alle zufriedenstellt - auch nicht alle Kollegen hier im Bundestag. Wir alle wissen aber, daß diese neue Linie ein Kompromiß aus den vorangegangenen Diskussionen ist, und zwar vor allem und in erster Linie denen der Parteien des Deutschen Bundestages. Hier schließe ich die Opposition ausdrücklich ein. Nach Ansicht der Opposition, die auch von einigen Bundesländern geteilt wird, sind wir allerdings zu zaghaft gewesen. Diese Beurteilung scheint zutreffend, wenn man die neuen Aussagen mit denen der Ersten Fortschreibung aus dem Jahre 1974 - also verhältnismäßig kurz nach der Ölkrise - vergleicht. Meine Damen und Herren, ich brauche hier sicherlich nicht noch einmal die Gründe für die seitdem eingetretenen Änderungen der Zukunftsperspektiven darzulegen. Vergleicht man jedoch die Aussagen der Zweiten Fortschreibung mit der schwierigen Phase zu Beginn des Jahres 1977, dann sind wir, glaube ich, zweifellos einen großen Schritt vorangekommen. Wir haben die Option für die Kernenergie und die Kernenergieforschung unverändert offengehalten, und wir haben zusätzlich die Maßstäbe für einen vertretbaren Ausbau der Kernenergie festgelegt. Dieses Ergebnis ist wichtig für die Stetigkeit unserer Energiepolitik, für die Sicherheit unserer Energieversorgung, für die Exportchancen unserer Industrie und insbesondere für die Sicherung von Arbeitsplätzen. Ich hoffe, daß der Deutsche Bundestag nach der heutigen Debatte dieses Ergebnis mittragen wird und daß unsere Energiepolitik auch von der Bevölkerung gutgeheißen wird. Die Bundesregierung übersieht dabei nicht, daß noch Unsicherheitsmargen bestehen, die sich aus der für unsere Kernenergiepolitik in letzter Zeit so wichtig gewordenen Rechtsprechung ergeben haben. Sie ist aber dabei, durch entsprechende Gesetzesinitiativen das Atomrecht noch klarer zu gestalten und - das ist wohl entscheidend - eine erneute Willensbildung des letztlich allein maßgeblichen Parlaments herbeizuführen. Gestatten Sie mir noch ein paar Worte zur Entsorgung, der innerhalb der Kernenergiepolitik eine zentrale Rolle zufällt. Mit der Zweiten Fortschreibung liegt Ihnen zugleich der Entsorgungsbericht der Bundesregierung vor. Er zeigt, daß alle entscheidenden Probleme im Grundsatz gelöst sind, daß die noch offenen Fragen hinsichtlich der sicherheitstechnischen Auslegung der Anlagen das Konzept selbst nicht in Frage stellen, sondern projektbegleitend bewältigt werden können. Bei der konkreten Realisierung des Entsorgungskonzepts haben wir schon im Verlauf des gewiß schwierigen Jahres 1977 beträchtliche Fortschritte erzielt. Als Beispiele seien nur die positiven Stellungnahmen der Reaktorsicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission vom Oktober vorigen Jahres erwähnt. Jetzt geht es darum, durch weitere Fortschritte schließlich sämtliche Bedingungen zu erfüllen, die die Bundesregierung selbst für den Bau und die Inbetriebnahme von Kernkraftwerken gesetzt hat. Die Bundesregierung wird das Ihre tun, um die Verwirklichung des Entsorgungszentrums in Gorleben zügig voranzutreiben und zur Überbrückung der „Zeit bis Gorleben" kurzfristig die erforderlichen Zwischenlagermöglichkeiten zu schaffen. Erfreulich ist, daß bereits zu Beginn dieses Jahres der atomrechtliche Genehmigungsantrag und erst kürzlich auch der Bauantrag für das zentrale Zwischenlager in Ahaus gestellt worden sind. Wenn ich diese Fortschritte bei der Zwischenlagerung sehe und ferner davon ausgehe, daß in diesem Jahr die ersten konkreten Maßnahmen für das Projekt Gorleben beginnen, bin ich überzeugt, daß die von der Politik für notwendig gehaltenen und von den Gerichten geforderten Entsorgungsvoraussetzungen sämtlich erfüllt werden können. Die Bundesrepublik steht mit ihrem Entsorgungskonzept auch international ganz weit vorne. Nach meiner persönlichen Auffassung ist absehbar, daß wir nicht nur - wie schon jetzt der Fall - bei der Sicherheit unserer Kernkraftwerke, sondern bald auch hi der Entsorgung international einen Standard erreicht haben werden, der weltweit als vorbildlich gilt. Um so mehr Anlaß haben wir, an unserem Entsorgungskonzept festzuhalten. Neben der Endlagerung kommt der Wiederaufbereitung für ein von Energierohstoffen so abhängiges Land wie die Bundesrepublik besondere Bedeutung zu. Das gilt auch für die Offenhaltung der Option für den Schnellen Brüter. Zu den Auswirkungen des gerade erlassenen amerikanischen Nukleargesetzes auf unsere Uranversorgung und zu dem Verhältnis Euratom/USA hat der Herr Bundeskanzler am vorigen Donnerstag vor diesem Hause eine Erklärung abgegeben. Vielleicht gibt der weitere Verlauf dieser Debatte Gelegenheit und Anlaß, hierauf nochmals eingehender zurückzukommen. Neben der Zweiten Fortschreibung steht heute die erste Lesung des Erdölbevorratungsgesetzes an. Ich bin sehr froh, daß es nach den jahrelangen Auseinandersetzungen um Wettbewerbsverfälschungen auf Grund der Mineralölbevorratungspflicht mit der vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Körperschaft gelungen ist, eine Lösung zu finden, die vom Konsens aller in der Wirtschaft Beteiligten getragen wird. Wenn ich „aller" sage, schließt dies nicht aus, daß ein einzelnes Unternehmen immer noch versucht, in der wichtigen Frage des offenen Ausweises der Bevorratungskosten seine Maximalforderungen durchzusetzen. Dies bringt mich zu der weitgehenden Übereinstimmung zwischen den energiepolitischen Zielen im Energieprogramm der Regierung und dem Entschließungsantrag der Opposition zurück. Ich glaube, diese Übereinstimmung gibt es nicht von ungefähr; sie beruht darauf, daß diese Regierung ein ausgewogenes Energieprogramm vorgelegt hat. ({22}) Ich glaube, wir können zufrieden sein, daß wir mit unserer Energiepolitik, gemessen an den Schwierigkeiten einer großen Zahl anderer Länder, gut dastehen. Wir dürfen aber keinesfalls vergessen, welch schwierigen Aufgaben wir in den nächsten Jahren noch lösen und welche Anstrengungen wir noch auf uns nehmen müssen. Die Regierung ist zuversichtlich, daß das zunehmende Bewußtsein von Bürgern und Wirtschaft für die Probleme der Energiepolitik und das aktive Zusammenwirken aller den Staat tragenden Kräfte es uns ermöglichen wird, diejenigen Schwierigkeiten zu meistern, die im nationalen Rahmen lösbar sind. Angesichts der weltweiten Dimensionen des Energieproblems müssen wir allerdings unsere Anstrengungen und - leider muß ich das hinzusetzen - unsere Hoffnungen gleichermaßen auch auf die internationale Zusammenarbeit richten. Denn in der Energiepolitik fahren wir eher noch mehr als in der Konjunkturpolitik im großen Konvoi, der nur durch gleichgerichtetes Steuern aller Mitfahrer auf Kurs zu halten oder auf besseren Kurs zu bringen ist. Ich bedanke mich für Ihr Zuhören. ({23})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Narjes.

Dr. Karl Heinz Narjes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001582, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Bundestag diskutiert heute die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung. Diese Diskussion wäre spätestens schon vor zwölf Monaten fällig gewesen. In der Regierungserklärung hat die Bundesregierung selbst die damals schon fällige Fortschreibung angekündigt, aber im März 1977 tatsächlich nur, ohne plausible Begründung, die Eckwerte und Grundlinien ihres Energieprogramms verkündet. Dieses wurde für den Sommer 1977 angekündigt, dann auf den Herbst verschoben und schließlich erst im Dezember 1977 beschlossen. Danach gab es zahllose Verschiebungen in diesem Hause, so daß wir, von der Sache her gesehen, erst zwölf Monate nach dem eigentlichen Anlaß heute hier darüber sprechen können. ({0}) In diesen zwölf Monaten hat die Bundesregierung ihre energiepolitische Handlungsfähigkeit verloren, und sie hat sie bis heute nicht voll wiedererlangt. ({1}) Die Irrungen und Wirrungen der innerparteilichen Entscheidungsprozesse in SPD und FDP und der energiepolitische Opportunismus einiger Regierungsmitglieder haben das Jahr 1977 zu einem Jahr der energiepolitischen Führungslosigkeit, zu einem verschwendeten Jahr werden lassen. ({2}) Zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte der deutschen Energiepolitik hat es eine solche Verunsicherung der Energieversorgungsunternehmen wie zum Ende des vergangenen Jahres gegeben. ({3}) Insbesondere sind die Formeln des SPD-Parteitages zur Kernenergie so verwaschen, daß zwischen den Flügeln dieser Partei noch heute nicht klar ist, wer eigentlich wen hereingelegt hat. ({4}) Die Bundesregierung hat diese Unklarheiten mit ihrer Fortschreibung nicht beseitigt, sondern ist entscheidenden Fragen in Kautschukformeln ausgewichen. Zur Verdeutlichung unserer Position haben wir deshalb dem Bundestag unser energiepolitisches Programm als Antrag vorgelegt. Es ist eine zusammenhängende, sachbezogene, eindeutige Darstellung unserer Absichten, unserer. Vorstellungen von einer sicheren, preiswerten und zugleich umweltfreundlichen Energieversorgung. ({5}) Ich freue mich über die zustimmenden Worte, die der Herr Bundeswirtschaftsminister für unseren Antrag gefunden hat. Das zeigt eine Übereinstimmung im Wollen; aber die Nagelprobe ist die Übereinstimmung im Handeln und die Fähigkeit, das durchzusetzen, was wir als Ziele vielleicht gemeinsam formulieren können. ({6}) Unser Programm soll der Regierung auch zeigen, wo der früher weitgehende Konsens zwischen Regierung und Opposition fortgesetzt werden kann und wo auch seine Grenzen liegen. Die marktwirtschaftlichen Regeln sind für uns unverzichtbar. Sie verlangen den Wettbewerb der Energieträger und die freie Wahl der Verbraucher. Die autonome Investitionsentscheidung der Energieversorgungsunternehmen verträgt sich auch nicht mit der Bildung eines Strukturrätesystems, gleichgültig, welche verbale Fassade man dafür wählt. ({7}) Die Steuerung der Energiemärkte über den Preis bleibt unverändert die wirksamste und flexibelste Lenkungsmethode. Nur sie führt zu einer optimalen Nutzung der Produktivkräfte. ({8}) Deshalb ist die Energieersparnis für den Steuerzahler wesentlich billiger, wenn wir schon heute auf künftige Weltenergiepreisentwicklungen hinweisen, also die Signale des Marktes bereits heute berücksichtigen. ({9}) Wenn also alle Experten etwa für die zweite Hälfte der 80er Jahre einen scharfen Anstieg des gegenwärtigen Weltölpreises bis hin zu seiner Verdoppelung erwarten, dann sollte man auch schon heute sagen, daß ,das für uns einen Heizölpreis von 50 und 60 Pennig bedeutet. ({10}) Wenn sich die Bundesregierung endlich aufraffen könnte, das öffentliche Bewußtsein für diese internationalen Zusammenhänge zu schärfen, würde kein Haus mehr gebaut und keine Modernisierung mehr vorgenommen, ohne daß Bauherren und Architekten auf Spareffekte achten. ({11}) Es muß uns darum gehen, alle Entscheidungen der Bürger und der Unternehmen, durch die die Verbrauchsstrukturen der 80er Jahre bestimmt werden, schon heute zu beeinflussen. Eine solche Politik ist wirksamer als zusammengestoppelte Milliardenprogramme mit viel Bürokratie und gegen den Bundesrat. ({12}) Wenn zusätzliche steuerliche Hilfen auch von uns mitgetragen werden, dann allein, um durch diesen Anreiz zu einer Beschleunigung der Ersparnistendenz auf dem Wärmemarkt beizutragen. ({13}) Überdies hat der steuerliche Anreiz den Vorteil, daß er den Bauherrn und Bürger nicht bürokratisch auf bestimmte technische Normen festlegt, sondern ihnen erlaubt, sich dem sich schnell fortentwickelnden Stand der Technik elastisch anzupassen. Marktwirtschaft verbietet auch die ideologische Mißachtung von Kosten, Preisen und Wettbewerbsfähigkeit. Wer ,die harten Bedingungen der Wettbewerbsfähigkeit unterschätzt, vernichtet zugleich Arbeitsplätze. Dabei darf man sich nicht mit der Illusion von Durchschnittsrechnereien über den Anteil der Energiekosten an unseren Gesamtkosten zufriedengeben, sondern muß Produkt für Produkt rechnen. Man wird dann feststellen, wie viele Arbeitsplätze in den energieintensiven Branchen gefährdet sind, wenn man, statt auf den Preis zu schauen, lediglich einer Tonnenideologie huldigt, also die Energieprobleme nur noch durch ein Jonglieren mit Steinkohleeinheiten nach östlichem Vorbild mechanistisch lösen will. ({14}) Ein anderer Schwerpunkt unserer Energiepolitik ist die noch nicht erfüllte Forderung an die Außenpolitik, der Sicherheit unserer Energieversorgung einen höheren politischen Rang einzuräumen als bisher. Das sollte als eine nationale Aufgabe verstanden werden. Mit ihr ist jedoch eine Außenpolitik unvereinbar, die z. B. keine Gelegenheit außer acht läßt, um einen unserer wichtigsten Uranlieferanten, Südafrika, fortlaufend vor den Kopf zu stoßen, ({15}) und die überdies unser strategisches Interesse an einer gesicherten Versorgungsroute vom Golf um das Kap der Guten Hoffnung in die Nordsee verkennt. Wenn ich vorhin von den Grenzen des Konsenses in der Energiepolitik gesprochen habe, so meine ich damit insbesondere das Ende der nahezu 20jährigen gemeinsamen Kernenergiepolitik. Zuletzt wurde sie noch durch die gemeinsame Entschließung vom Mai 1976 bekräftigt. Danach haben die Parteien der Regierungskoalition sie aufgegeben, ohne daß heute irgend jemand verläßlich weiß, wofür sie stehen. Optionen für morgen genügen nicht; . handeln heute ist das Gebot der Energiepolitik. ({16}) Die Kernenergieaussagen der heute vorliegenden Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms sind für die CDU/CSU-Fraktion jedenfalls keine geeignete Grundlage für die Wiederherstellung einer gemeinsamen Kernenergiepolitik. Sie erfüllen noch nicht einmal die Kriterien der Bundesregierung, die sie selbst in ihren Eckwerten vor einem Jahr für die Kernenergieentwicklung formuliert hat. Eine sachliche Begründung für diesen ihren Richtungswechsel hat sie nicht gegeben. Die Verwendung von so sympathischen Eigenschaftswörtern wie „maßvoll" dient nur der Verschleierung der tatsächlichen Lage, die sich für den Fachmann unverändert aus einem Hochrechnen der in der Anlage zur Zweiten Fortschreibung vorgelegten Zahlenreihen über die voraussehbare Entwicklung des Strombedarfs ergibt. Mit ihren ihr von der handlungsunfähigen SPD aufgezwungenen Richtungswechseln nimmt die Bundesregierung all die schwerwiegenden Folgen in Kauf, die sie selbst noch in ihren Eckwerten als unannehmbare Konsequenzen der verschiedenen Si6728 tuationsmodelle über den konjunkturpolitischen Ablauf der nächsten Jahre beschrieben und damals zu Recht verworfen hat. Wer auch nur in Gedanken mit Arbeitslosenraten von 8 bis 13 % spielt, betreibt eine asoziale Energiepolitik. ({17}) Wer die entsprechenden Wachstumsverluste in Kauf nimmt, organisiert den nationalen Niedergang. Wir wollen uns auch nicht an durchsichtigen Verschleppungsmanövern beteiligen wie etwa dem der Einsetzung einer Enquete-Kommission über die Kernenergie, mit der die SPD den Wahltag 1980 erreichen möchte, ohne vorher entscheiden zu müssen. ({18}) Wir werden uns auch nicht an einer Flucht in Prognosestreitigkeiten beteiligen, ob wir eine Stromlücke 1985, 1987 oder 1989 haben werden und wie groß sie sein wird. Entscheidend ist, daß wir jede Politik als verantwortungslosen Leichtsinn ablehnen, die derartige Gefährdungen unserer Energieversorgung, unserer Arbeitsplätze, unseres Wachstums und damit auch unserer öffentlichen und sozialen Haushalte überhaupt erst möglich macht. ({19}) Natürlich benötigen wir Prognosen, so verläßlich, wie es irgend möglich ist. Sie sind aber keine - da stimme ich dem Herrn Bundeswirtschaftsminister voll zu - von irgendeiner Autorität vorgegebenen Plandaten, sondern lediglich Mitteilungen des Staates über die Erkenntnisse, nach denen er sich bei seinen Entscheidungen richten will. Andere Prognosen können besser sein. Alle stehen sie unter dem Vorbehalt laufender Korrektur bei veränderten Umständen. Die Horizonte jeder Prognose jedoch müssen sachgerecht sein, also so weit in die Zukunft reichen wie die am längsten wirkende strukturbestimmende Entscheidung, die während der Geltung der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms beeinflußt werden muß. Gemessen am Zeitbedarf der Energiewirtschaft, müssen wir uns also den Kopf über die 90er Jahre zerbrechen; sie sind das Problem von heute. Unsere Meinung darüber soll und muß auch die Energieversorgungswirtschaft kennenlernen. Sie hat ein Recht darauf. Wir warnen im übrigen vor utopischen Vorstellungen über zu schnelle Entkopplungswirkungen. Selbstverständlich beobachten wir mit großer Genugtuung die Verringerung der mit dem Wachstum der Wirtschaft verbundenen Zuwachsraten an Primärenergie und Strom. Unsere herkömmlichen statistischen Faustregeln über diese Zuwachsverbindungen sind überholt. Wir haben noch keine neuen und glauben auch nicht, daß diese Entwicklung bald zu einem Ende kommen wird. Es wäre aber auch gefahrvoll, sie zu überschätzen. Es ist deshalb nicht vertretbar, die Kernenergieentwicklung über das durch die Kohlepolitik vorgegebene Maß hinaus zu verlangsamen und den bedarfsgerechten Ausbau zu verweigern, weil dann Wunschdenken mit Wirklichkeit verwechselt würde. Wir kennen alle die Gründe, die die Weltölmärkte seit 1973 unumkehrbar verändert haben. Wir sind uns einig in dem Ziel, diese Abhängigkeit vom Importöl zu verringern und die Nachölzeit langfristig vorzubereiten. Wir wissen auch alle um den drastisch erhöhten Rang der Sicherheit unserer Energieversogung in der Hierarchie unserer Ziele. Um so unverständlicher ist es für uns aber unverändert, daß die Bundesregierung aus dieser Lage nur halbherzige Schlüsse zieht. Als Abwehr gegen die Abhängigkeit bieten sich an: die Diversifizierung der Versorgung, die Entwicklung alternativer Energiequellen und die Solidaritäts- und Beistandverpflichtungen. Sie alle helfen, können aber das Problem nicht entscheidend lösen. Vor allen Dingen bleibt deshalb unverändert die Notwendigkeit einer großen Vorratsbildung. Diese Vorräte erfüllen aber nur dann ihren Zweck, wenn sie groß genug sind, so daß sie die Produzenten schon vor einem Boykottbeschluß abschrecken, weil diese ihren Boykott selbst dann nicht für aussichtsreich halten können, wenn es ihnen gelingen sollte, eine hundertprozentige Liefersperre durchzusetzen. Es gibt Finanzierungsprobleme. Wir glauben, daß sie mit ein wenig Phantasie und Entschlußkraft gelöst werden können. Es gibt auch noch genügend ungenutzten Tankraum. Es ist symptomatisch, daß die Bundesregierung nach mehrjährigem Nachdenken dem Problem unserer Uranversorgung in den Eckwerten wie in der zweiten Fortschreibung so wenig Aufmerksamkeit widmet. Sie bestätigt damit den Eindruck einer etwas unpolitischen Indifferenz, den sie bereits in der ganzen früheren Legislaturperiode in dieser lebenswichtigen Frage an den Tag gelegt hat. Dabei sind gerade in der Uranversorgung die Abhängigkeiten vielseitig, wenig kalkulierbar und in ihren Interdependenzen unter Umständen gefahrvoll. Diese Abhängigkeiten können uns einzeln oder kombiniert treffen: als Abhängigkeiten vom Uranpreiskartell oder als Abhängigkeiten von Anreicherungskapazitäten oder auch von weittragenden politischen Auflagen der Produzenten. Ich erinnere an die mühsamen Kanada-Verhandlungen der letzten zwei Jahre und an die durch die amerikanische Nichtverbreitungsgesetzgebung geschaffene Lage. Im Mittelpunkt unseres gegenwärtigen Interesses stehen deshalb die Folgen dieser neuen amerikanischen Nichtverbreitungsgesetzgebung. Durch sie sind die Exportgenehmigungen für Natururan und für angereichertes Uran für industrielle wie für Forschungszwecke so unübersichtlich und so wenig vorhersehbar geworden, daß künftig kein Energieversorgungsunternehmen außerhalb der Vereinigten Staaten seine langfristige sichere Versorgung mehr auf der Basis privatrechtlicher Lieferansprüche an Produzenten in den Vereinigten Staaten aufbauen kann, auch nicht innerhalb desselben Konzerns. Ich verweise dazu auf alles, was zu diesem Aspekt von der betroffenen amerikanischen Industrie selbst in den letzten Tagen vorgebracht wurde und was seinen ausführlichen Niederschlag in der deutschen Presse gefunden hat. Auch das Projekt einer Brennstoffbank kann so, wie es jetzt skizziert ist, diese Lage nicht grundlegend verändern. Auch ihre Lieferungen wären in letzter Instanz in das politisch diskretionäre Ermessen des als anonyme Körperschaft nicht kalkulierbaren Kongresses der Vereinigten Staaten gestellt. Die Uranversorgungsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten würden sich also, wenn diese Regelungen so bleiben, voraussichtlich schwerpunktmäßig auf Gelegenheitskäufe reduzieren müssen. Die Bundesrepublik nun kann seit ihrem Verzicht auf Kernwaffen 1954 einen herausragenden Platz im Kampf gegen den Mißbrauch und die Verbreitung von Kernwaffen und nuklearem Material in Anspruch nehmen. Sie hat sich ebenfalls in den Nichtverbreitungsverhandlungen 1966 bis 1968 nachhaltig für die Gleichberechtigung der Nichtkernwaffenstaaten in der kommerziellen Nutzung der Kernenergie eingesetzt. Art. IV des Nichtverbreitungsvertrages legt dafür Zeugnis ab. In dieser Sicht waren auch die im deutsch-brasilianischen Vertrag im Einklang mit der damaligen Regierung der Vereinigten Staaten vereinbarten kooperativen Kontroll- und Überwachungsmechanismen ein konstruktiver Beitrag. Er war allerdings von einer anderen Vorstellung einer künftigen Weltnuklearordnung getragen, als sie jetzt in der neuen USA-Gesetzgebung sichtbar wird. Wir teilen die Zweifel derer, die diesen neuen Ordnungsansatz für nicht auf Dauer tragfähig und keinesfalls krisenfest halten. Er kann entgegen seiner Absicht die Proliferation sogar beschleunigen; jüngste Meldungen, wonach z. B. Indien mit der Wiederaufarbeitung begonnen hat, deuten in diese Richtung. Wir fürchten auch, daß sich die Vereinigten Staaten durch diese Gesetzgebung eher aus dem Welthandel mit Brennstoffen und Anlagen ausschalten, als daß sie ihn unter eine wirksame Kontrolle bringen. Wir fordern deshalb die Bundesregierung in ihrer Verantwortung als Vertreterin eines der führenden Kernenergiestaaten auf, einen konstruktiven alternativen deutschen Beitrag zur Verbesserung der Nichtverbreitungsordhnung zu leisten, zu einem Modell, das auf der Basis der zivilnuklearen Gleichheit beruht. ({20}) Man könnte an ein System kollektiver regionaler Selbstverwaltung unter strenger Fachaufsicht der Wiener Agentur denken; Überlegungen dieser Art sind dort nicht unbekannt. Für Europa bietet sich Euratom als Ansatzpunkt für ein solches System an. Vielleicht läßt sich auch in Lateinamerika eine entsprechende Ordnung vereinbaren. Es dürfte in der Regel keine wirksamere Kontrolle als eine solche unter Nachbarn geben, die in ihren Beziehungen nicht frei von historischen Rivalitäten sind. Solche Zusammenschlüsse verdienen sicherlich nicht weniger Vertrauen in die moralische Qualität ihrer Führungsorgane als etwa die Sowjetunion. Als Standort für kollektive sensitive Anlagen könnte unter Umständen an Inseln gedacht werden. Erste Untersuchungen darüber gibt es schon, so von Professor Häfele im Laxenburger Institut. Es entspricht auch unserem Verständnis von konstruktiven Nord-Süd-Beziehungen, wenn bei diesen Vorschlägen insbesondere die legitimen Interessen der Schwellenmächte unter den Entwicklungsländern berücksichtigt werden. Im übrigen müssen wir für jede Fortentwicklung der Nuklearordnung bedenken, daß ihre Prozeduren auch in künftigen Fällen die Anpassungsfähigkeit des Systems insgesamt an technische und wissenschaftliche Veränderungen sicherstellen können, ohne Friktionen und bruchartige Entwicklungen in der Struktur der Energiewirtschaft auszulösen. Die Sicherheit unserer Energieversorgung ist schließlich auch das überragende Motiv unserer Kohlepolitik. Wir treten - wie in der ganzen Nachkriegszeit - für einen leistungsfähigen, modernen Bergbau ein und wenden das für ihn Notwendige mittragen. ({21}) Wir erwarten auch Ihre Vorschläge, Graf Lambsdorff, insbesondere auch soweit es sich um die Förderung moderner Technologien handelt, die dem beschleunigten Aufbau der Koppelstrategie der Zukunft - Kernenergie u n d Kohle - dienen, also der Strategie, die auf der Grundlage der von Hochtemperaturreaktoren zu liefernden Prozeßwärme aufbaut und für deren beschleunigte Verwirklichung wir uns auch um ,der Thorium-Technologie willen einsetzen. ({22}) Dazu genügt es nicht, mit salbungsvollen Worten Verständnis für die im Bergbau tätigen und von ihm abhängigen Menschen auszudrücken - das ist selbstverständlich -; es muß auch gehandelt werden, denn eben diesen Menschen ist nur mit einer klaren Politik und einer verläßlichen Ordnung gedient, die sicherstellt, daß auch ausgeführt wird, was etwa zur Verstromung der Kohle beschlossen ist oder was der künftigen Entwicklung den Weg bereiten soll. Die SPD und die FDP können nicht gleichzeitig in Düsseldorf und in Bonn eine verstärkte Kohleverstromung fordern und dann in Bonn und in Düsseldorf das verweigern, was an rechtlichen Voraussetzungen unverzichtbar ist, um dieses Versprechen einzulösen. ({23}) Was ich zur Kohle gesagt habe, gilt natürlich für das Saargebiet, für das Aachener Revier und das ganze Ruhrgebiet bis hin nach Ibbenbüren und Niedersachsen; auch sein Förderbeitrag gehört zu den Kapazitäten, die wir für die Zukunft vorhalten müssen. Ich hoffe, daß der in Ibbenbüren vorgesehene Kernkraftwerksbau jetzt auch durchgeführt wird. ({24}) Bereits zweimal habe ich in den vergangenen zehn Monaten an dieser Stelle versucht, den Bundesinnenminister auf seine große persönliche Verantwortung für den Stau von vielen Milliarden Investitionen in der Energiewirtschaft hinzuweisen - leider ohne Erfolg. Seine Widersprüche haben ihn bis heute nicht dazu bewegen können, zu handeln. Die Lage ist so, wie sie vor zwölf Monaten war; es gibt nur den Entwurf einer Änderung des Atomgesetzes, durch den die Prozeduren noch weiter kompliziert werden sollen. An Stelle einer ausführlichen Wiederholung dieser Vorwürfe verweise ich auf die zahlreichen Hinweise in der Presse auf die durch die zweieinhalbjährige Bauverzögerung in Voerde ausgelösten wirtschaftlichen und sozialen Schäden. „Fiat justitia, pereat mundus", Recht geschehe, auch wenn die Welt dabei zugrunde geht: Dieser jahrhundertealte Vorwurf gegen sinnentleerte Justiz trifft heute auf niemanden besser zu als auf den für das Glücksspiel um ,die Standort- und Genehmigungsverfahren hauptsächlich verantwortlichen Bundesinnenminister. ({25}) Ich komme abschließend noch einmal auf die Feststellung zurück, daß die Bundesregierung den Zeithorizont zu kurz angesetzt hat. Nach der Zweiten Fortschreibung zu urteilen, verkennt sie in Verbindung damit anscheinend auch den Kapitalbedarf, der zur Umstellung auf neue Energiequellen erforderlich sein wird. Wir müsssen doch erkennen: Der Einsatz neuer Energiequellen bedeutet letztlich, bereits knappe oder mit Sicherheit knapp werdende Ressourcen durch Kapital zu ersetzen. Dies gilt auch für jeden künftigen Strukturwandel in der Energiewirtschaft. Die systemanalytischen Untersuchungen der Energieforschungsgruppe Häfele in Laxenburg haben inzwischen ergeben, daß bis zum Jahr 2030 für die Umstrukturierung der Weltenergiewirtschaft auf neue Energiequellen ein zusätzlicher Kapitalbedarf 'in der Größenordnung von 40 000 Milliarden Dollar zur Kaufkraft 1977 aufzubringen sein wird. ({26}) Ich ziehe diese Zahlen in dieser Diskussion heran, um die Dimensionen und Perspektiven eines Weltproblems aufzuzeigen, an denen wir auch unseren deutschen Beitrag zu seiner Lösung messen lassen müssen. Mit diesem Programm des Zauderns und der Halbheiten haben Sie diesen Beitrag nicht geleistet, der schon um der Dritten Welt willen notwendig ist, der wir vor allem dadurch helfen können, daß wir die kapitalintensiven Technologien erst bei uns selber einführen, statt sie ihnen zu überlassen. ({27})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt ({0}).

Adolf Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001998, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe Ihnen die Gedanken und Überlegungen der Sozialdemokraten dieses Hauses zu dem Teil unserer Debatte in Erinnerung, die sich mit der Zweiten Fortschreibung des ersten deutschen Energieprogramms beschäftigt. Meine Kollegen und Freunde aus unserer Fraktion Erich Wolfram, Adolf Stockleben, Karl Ahrens und Reinhard Ueberhorst werden Ihnen zu den übrigen Teilen der Debatte unsere Gedanken sagen. Wir Sozialdemokraten tragen mit den Freien Demokraten, wie jedermann weiß, gerne und zuverlässig diese Bundesregierung. ({0}) - Ich hatte eigentlich schon sehr viel früher mit sehr viel mehr Oberflächlichkeit nach dem Vorbild von Herrn Narjes gerechnet. Wir kontrollieren zugleich mit allen Fraktionen dieses Hauses diese Regierung parlamentarisch. Das bedeutet: Wir haben uns zu bemühen, und wir bemühen uns gerne, intensiv und logisch um ein Urteil, das weder Vorurteil noch Fehlurteil ist, sondern ein Höchstmaß von Objektivität beinhaltet. ({1}) - Sie haben nicht die Geduld zum Zuhören. Sie werden nie begreifen können, daß zum Parlamentarismus nicht nur Wort und Gegenwort gehören, sondern auch die Geduld des Zuhörens. ({2}) Bevor ich Ihnen unsere Gedanken sage, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, will ich mit nur zwei Bemerkungen auf das eingehen, was der von mir sehr geschätzte Kollege Dr. Narjes gesagt hat. Kapitel 1: Die Sache. Da finden sich, Herr Kollege Narjes, in ,der Tat viele energiepolitisch bedenkenswerte Überlegungen. Ich rechne darauf und damit, daß wir in den ruhigeren Ausschußberatungen die Sachargumente austauschen können, so daß am Ende der beste Weg gefunden wird. Zum Kapitel Polemik; Wir erwarten natürlich nicht, Herr Narjes, daß Sie uns schöner machen, als wir sind. ({3}) Wir rechnen auch überhaupt nicht damit - nach unseren Erfahrungen kann man nicht damit rechnen -, daß Sie objektive, richtige Farben wählen, um das Bild der Koalition und der Regierung zu malen. ({4}) Aber Sie und alle Kolleginnen und Kollegen sollten umgekehrt von uns wissen: Bei aller persönlichen Bescheidenheit läßt uns der Stolz auf unsere Leistungen mit ruhiger Stimme sagen: So, wie wir Schmidt ({5}) sind, mit allen Sorgen, die wir gelegentlich mit uns selber haben, sind wir für unser Land um Meilen besser als Sie, so wie Sie jetzt sind. ({6}) Zur Debatte steht die Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung. Wie sind nicht zu Gesetzesaktivitäten oder -initiativen eingeladen. Ist es ein gelungenes Werk? Dient es der Wohlfahrt der Menschen in unserem Lande? Ist es geeignet, das Glück unserer Mitbürger zu vermehren und, soweit es vorhanden ist, zu sichern? Unser Urteil, wie gesagt, muß objektiv sein. Wir haben uns um des Urteils willen eine Fülle von Fragen gestellt, nicht nur energiepolitische Fragen, sondern gesellschaftspolitische Fragen aus allen Bereichen des Lebens unserer Bürger. Zunächst ist zu fragen: Visiert die Bundesregierung mit ihrer Arbeit das richtige Ziel an? Wir sagen ja, weil die Bundesregierung mit der Schaffung des Energieprogramms - ein Werk der sozialliberalen Regierungskoalition - über die erste Fortschreibung und jetzt mit der zweiten Fortschreibung die machbaren Lösungen gewährleistet, durch die unserem Lande immer ein Energieangebot sicher und so kostengünstig zur Verfügung steht, daß unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig ist und von dieser Seite her die Wohlfahrt der Bürger gewährleistet ist. Wenn das Ziel richtig beschrieben ist - wir sagen ja zu diesem Ziel und sehen es genauso; es ist im übrigen unverändert -, ist zu fragen: Hat die Bundesregierung die Ausgangsposition zum Erreichen dieses Zieles, für den Weg zum Ziel richtig erkannt, ist die Plattform, von der Aktivitäten und Initiativen kreativ ausgehen können, richtig angenommen? Wir sagen ja, denn die Bundesregierung geht richtig davon aus: Wir sind nach wie vor - keine Macht in unserem Lande kann dies verändern - ein rohstoffarmes Land und bleiben, was Rohstoffe, auch energetische Rohstoffe angeht, ein importabhängiges Land. Wir haben natürlich auch einige Beiträge zu leisten. Aber selbst dann, wenn man die eigene Förderung von Ö1 und Gas, die eigene Kapazität bei der Förderung von Braunkohle und Steinkohle addiert, sind wir damit noch nicht in der Lage, uns immer sicher und wettbewerbsfähig selbst zu versorgen. Die Bundesregierung hat nach unserer Meinung das Energiebewußtsein unserer Bürger richtig - Graf Lambsdorff hat es in seiner Einführungsrede unterstrichen und seine Sorge betont; wir teilen sie - eingeschätzt. Sind die historisch gewachsenen und von heute auf morgen selbst nicht bei allerbestem, auch nicht bei allerbösestem Willen änderbaren Strukturen unserer Wirtschaft richtig angenommen? Ist dieser Teil der Plattform richtig? Wir sagen ja, sie sind richtig angenommen. Hat man die Situation der Zeit, in der wir leben, die uns natürlich bestimmt, denn es müßte ein Übermensch sein, würde er nicht von den Verhältnissen seiner Zeit und seiner Umgebung mit ihren Ansprüchen und Wirkungen beeindruckt, richtig angenommen? Als sehr bemerkenswert ist zu unterstreichen, daß sowohl in der Fortschreibung des Energieprogramms wie auch in der Rede unseres Bundeswirtschaftsministers heute morgen davon ausgegangen wurde, daß das Nachölzeitalter bereits begonnen hat, obwohl wir im Augenblick im 01 eher zu ertrinken drohen und obwohl wir kurzfristig bis mittelfristig mit einer noch größeren Ölschwemme rechnen müssen. Wir alle stehen unter dem Eindruck des Überangebots an Energie, das wir im Augenblick erleben. Wir haben, meine Kolleginnen und Kollegen, von aller Energie in diesem Augenblick, in dem wir miteinander reden, zuviel. Wir haben 34 Millionen Tonnen geförderter Steinkohle unverkauft auf der Halde, unsere Raffineriekapazität ist nicht vollständig ausgelastet, wir haben Sorgen wegen des bestehenden Überangebots. Es bleibt sehr deutlich und anerkennend zu unterstreichen, daß die Bundesregierung dennoch über den Tellerrand des Augenblicks hinausgeschaut hat und daß sie ihre mittel- und längerfristigen Absichten und energiepolitischen Maßnahmen auf einen Zeitraum ausrichtet und einrichtet, in dem wir mit einem Mangelangebot zu rechnen haben werden. Niemand weiß genau, wann der Tag kommen wird, an dem das umschwappt. Dies wird auch nicht an einem Tag sein, sondern es wird ein Prozeß sein, mit dessen Einleitung wir in naher Zukunft mit nach unserer Meinung großer Gewißheit rechnen müssen. Aus diesen beiden Eckwerten - ist auf der einen Seite das Ziel im Dienste unseres Landes und dessen Menschen richtig beschrieben, und ist auf der anderen Seite die Ausgangsposition realistisch, politisch klug und wirtschaftlich vernünftig angenommen? - ergibt sich der dritte Fragenkatalog, nämlich: Ist die im Energieprogramm nachzulesende vorgesehene Aufgabenstellung richtig? Wir Sozialdemokraten sagen auch hierzu ja; denn die Bundesregierung hat in der Gesamtverantwortung, die sie trägt, dies alles wohl bedacht und für unser Land logische, richtige, zum Teil sehr bald und zum Teil später machbare Konsequenzen gezogen. Wir Sozialdemokraten in diesem Hause legen zusammen mit der Bundesregierung großen Wert auf sparsameren Energieverbrauch. Hier liegt für uns und für diejenigen, die nach uns kommen, eine ungewöhnlich große Chance. Hier ist sogar, meine Kolleginnen und Kollegen, der Begriff „sparen" nicht ganz richtig; denn es würde schon ausreichen, wenn wir unsere Landsleute mit dem Ergebnis beeindrucken könnten, daß weniger Energie als jetzt verschwendet wird. Wir wissen, daß wir mit unseren Möglichkeiten die Importabhängigkeit verringern müssen. Dies ist eine der Schlußfolgerungen; sie ist als Aufgabe gestellt. Wir wissen, daß es richtig und klug ist, Herr Narjes, alle Optionen für alle Primärenergien, auch für die Kernenergie, bei dieser Zweiten Fortschreibung unseres Ersten Energieprogramms offenzuhalten, obwohl wir, wie gesagt, in diesem Augenblick - ich denke, auch Sie; es kann eigentlich gar nicht anders sein - von dem Überangebot beeindruckt sind. Schmidt ({7}) Zu fragen ist unter dieser Aufgabenstellung: Ist der energiepolitische Faden in die Politiken schlechthin - denn Energiepolitik an sich ist ja keine Abstraktion -, in das politisch tragfähige Tuch als ein sichtbarer Faden eingewebt? Finden wir die Energiepolitik in der Außenpolitik, finden wir sie in der Arbeitsplatzpolitik, finden wir sie im Grunde in allen unseren Politiken bis hin zur Familienpolitik? Denn ohne die Familie, das Herzstück unserer Gesellschaft, wird das Verständnis für sparsameren Energieeinsatz überhaupt nicht zu erreichen sein. Wir sagen mit der Bundesregierung: Es ist gut, daß sich diese Aufgabenstellung in unserer Energiepolitik in der Forschung, in den Aktivitäten der bilateralen, der supranationalen, der internationalen Politik wiederfindet, weil wir wissen, daß wir nicht in einem Bereich leben, auf den andere Ereignisse überhaupt keinen Einfluß haben. Wir Sozialdemokraten haben mit Anerkennung und für unsere Position mit Freude festzustellen, daß diese Aufgabenstellungen in der Zweiten Fortschreibung unseres Energieprogrammes enthalten sind. Wir teilen eine weitere, nach unserer Meinung sehr wichtige Aufgabe mit der Bundesregierung: daß vor dem Hintergrund der zum großen Teil unveränderbaren Wirklichkeiten unseren heimischen Energieträgern, dem wettbewerbsfähigen und zugleich leistungsfähigen Braunkohlenbergbau, dem leistungsfähigen, wenn auch nicht wettbewerbsfähigen Steinkohlenbergbau höchste energiepolitische Bedeutung zukommt. ({8}) Wir wollen über die Hilfen, von denen der Bundeswirtschaftsminister sprach, an den Tagen reden, an denen der Nachtragshaushalt vorgelegt wird. Lassen Sie mich, meine Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, vorab dies sagen: Sozialdemokraten werden ihren zuverlässigen Beitrag leisten und sich nicht, verehrter Herr Narjes, auf salbungsvolle Worte beschränken. ({9}) - Das kann ganz nützlich sein. Nur hinhören muß man, um zu begreifen, was darin enthalten ist. ({10}) - Das ist sehr lieb von Ihnen! - Überhaupt würden wir diese Stunde gern zum Anlaß nehmen, Ihnen in Ihre Erinnerung zu rufen, daß die Strukturwandlungskrise, wenn man den kurzen Ausschlag zugunsten des deutschen Steinkohlenbergbaus Ende 1973 bis März 1975 einmal außer acht läßt, just in diesen Tagen 20 Jahre alt ist: zehn Jahre davon, die ersten nämlich, haben Sie regiert, und es war eine krisenhafte Entwicklung; die zweiten zehn Jahre haben wir regiert, und der Prozeß wurde in Ordnung, ruhig, sachlich, wirtschaftlich. und gesellschaftspolitisch richtig abgewickelt. ({11}) Wir werden dies bedenken, wie wir bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts die Sorgen, die den Bundeswirtschaftsminister bestimmen, zu bedenken haben werden, weil sie berechtigt sind, weil sie so sind, wie sie beschrieben sind. Unser Beitrag, meine Damen und Herren, wird sich im wesentlichen und mit allerhöchster Priorität um den Menschen im Bergbau drehen, weil wir wissen: Der Tag, an dem wir unseren Bergbau und damit unsere Bergleute ganz dringend brauchen werden, kommt im Verlauf des nächsten Jahrzehnts. Wir hätten keine Freude, wir könnten keine Freude an dem gewaltigen Schatz eigener Steinkohle haben, wenn niemand im Lande wäre, der die Kohlen aus dem Keller heraufholen wollte und könnte. ({12}) Wir wissen erstens, daß wir den Bergbau und seine Bergleute dringend brauchen. Wir wissen zweitens, was wir eben diesen Bergleuten in den Aufbaujahren zu verdanken hatten. Beides wird uns bestimmen, den Bergbau wie den Bergmann in den Mittelpunkt unserer Beiträge zu stellen. ({13}) Wir hoffen sehr zuversichtlich mit Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, und allen anderen Gutwilligen, daß es uns, die wir dies als eine historische Aufgabe ansehen, miteinander gelingt, für die, die nach uns kommen, einen Bergbau zu erhalten, der es ihnen ermöglicht, ihre Energieversorgung sicher zu gewährleisten. ({14}) Es wird darüber hinaus darauf ankommen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, daß bis zu diesem Tag nicht nur nationale - wohl auch und in hohem Maße -, sondern auch internationale und vor allem europäische Solidarität auch für den deutschen Bergbau spürbarer wird. ({15}) Wenn diese Gemeinschaft wirklich eine funktionierende Gemeinschaft werden will, kann sie nicht beanspruchen, daß die Bürger eines Landes wiederholt und oft auf die Sorgen der Bürger des anderen Landes Rücksicht nehmen, während uns die Bürger des anderen Landes mit unseren Steinkohlesorgen alleinlassen. Unsere europäischen Partner haben in den Montanunionsverträgen einen kostbaren Anspruch stehen, nämlich den Anspruch darauf, daß sie versorgt werden. Sie haben einen Anspruch auf Versorgung auch in Zeiten der Mangellage. Wer einen solchen Anspruch hat, muß nicht lange an sich appellieren lassen; er darf den, an den er den Anspruch stellen kann und sicherlich auch stellen wird, auch dann nicht alleinlassen, wenn dieser mit diesem Wirtschaftszweig Sorgen hat. ({16}) Wir ermuntern die Bundesregierung dringend und herzlich, ihre diesbezüglichen Bemühungen in Europa fortzusetzen. Wir nehmen dankbar und anerkennend würdigend zur Kenntnis, daß der Bundeskanzler dieses Kapitel zum Gegenstand des GeSchmidt ({17}) sprächs mit dem französischen Staatspräsidenten gemacht hat und daß wohl eine Wandlung der Standpunkte ins Haus steht. Wir brauchen aber auch in unserem eigenen Lande mehr Steinkohlenkraftwerke. Wir brauchen sie im ganzen Land. Wir brauchen sie bei Gott nicht nur auf dem Kohlekeller, sondern überall. ({18}) Wir Sozialdemokraten sind den Fraktionsvorsitzenden unserer Partei in allen deutschen Landtagen und im Bundestag sehr dankbar, daß sie in dieser Grundansicht übereinstimmen und sich dafür verwenden wollen, daß ein Kohleeinsatz im Laufe der Zeit auch über die jetzige Größenordnung, die im Verstromungsgesetz steht, angestrebt und erreicht wird. ({19}) Wir begrüßen, meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Kolleginnen und Kollegen, mit großem Respekt ein für die deutsche Energiepolitik zwar nicht überragendes, aber als Beispiel doch immerhin sehr bedeutsames Ereignis: den Umstand, daß sich das RWE und die Preussag mit Hilfe der Landesregierung Nordrhein-Westfalen mit der IG Bergbau und Energie grundsätzlich darauf geeinigt haben: In Ibbenbüren wird ein Kraftwerk gebaut. ({20}) Verehrter Herr Narjes, dies ist einer jener Beiträge für die kleineren Bereiche. Dies ist einer jener Belege dafür, daß es uns nicht um die Großen allein geht und daß wir schon gar nicht in Förderzahlen denken. Wir anerkennen die Haltung des RWE und der Preussag, und wir würdigen die Hilfe des Landes Nordrhein-Westfalen dabei, hier ein Zeichen, ein Signal zu schaffen, daß Energiepolitik - deutlich spürbar für die Menschen - zugleich Regional- und Sozialpolitik sein kann. ({21}) Wir erwarten, daß bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts die flankierenden Maßnahmen für die Belegschaft im sozialen Bereich fortgesetzt werden. Wir unsererseits werden uns sehr dafür einsetzen. Bleibt - weil auch die gelbe Lampe leuchtet - vielleicht eine letzte Frage, weil Sie so eine Sorge anklingen ließen: Paßt nun dieses System in unsere wirtschaftliche Ordnung? Es paßt, weil es bewußt auf Gebot und auf Verbot verzichtet. Das Energieprogramm der Bundesregierung ist ein dauerhaftes Kooperationsangebot an die Energiewirtschaft, an ihre Manager, an ihre Beschäftigten und an sie für ihr Verhalten untereinander. ({22}) Sozialdemokraten dieses Hauses sagen: Herr Bundeswirtschaftsminister, die Bundesregierung hat eine gute Fortschreibung unseres ersten Energieprogramms vorgelegt. Sie kann sich darauf verlassen, daß die Sozialdemokraten beim Erreichen der beschriebenen Ziele sichere Partner sind. ({23})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zywietz.

Werner Zywietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002612, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese energiepolitische Debatte anläßlich der Zweiten Fortschreibung führen wir nicht aus einem prägnanten aktuellen Anlaß oder aus irgendeiner Hektik auslösenden Notwendigkeit, sondern darüber weil Fortschreibungen des Energieprogramms und Debatten eigentlich mit der Vorlage des ersten Energieprogramms in der Geschichte der Bundesrepublik vorprogrammiert worden sind. In der damaligen ersten Programmdebatte 1973 und bei der ersten Fortschreibung 1974 ist bereits gesagt worden, daß es von Zeit zu Zeit nötig sein werde, diese dargelegten energiepolitischen Strukturen - und das war ein neuer Wurf und, wie wir heute feststellen können, ein recht gelungener - zu aktualisieren und zu überprüfen. Ein neues Moment ist in diese Debatte allerdings dadurch hineingetragen worden, daß die Opposition nun, nachdem es bereits ein Energieprogramm der Bundesregierung aus dem Jahre 1973 gibt, erstmals - und ich möchte dies betonen: erstmals - jetzt im Jahre 1978 ein eigenes energiepolitisches Programm vorlegt und daß jetzt zwei Papiere zur Diskussion stehen. Damit hat sie endlich ihre Oppositionsrolle - nach vielfachen und intensiven Ankündigungen - in diesem Bereich wahrgenommen. Wie oft waren schon energiepolitische Offensiven angekündigt, die allerdings immer nur recht verbal und unverbindlich gehalten waren? Herr Dr. Narjes, zu Ihren Ausführungen muß ich sagen, daß ich es für nicht sehr begründbar halte, mit welcher Betonung Sie darauf hingewiesen haben, was wir alles sehr schnell zu erledigen hätten. Ich möchte darauf hinweisen, daß die schwierigen Entscheidungen - als solche haben Sie sie auch selbst charakterisiert -, die im energiepolitischen Bereich zu treffen waren und zu treffen sind, eine solide Vorbereitungszeit brauchen. Wir wollen aber nicht annähernd soviel Zeit in Anspruch nehmen, wie Sie für die Erstellung Ihres Programmes benötigt haben. Ich sehe die hektische Eile, zu der Sie in energiepolitischen Debatten immer antreiben, einfach nicht ein. Ich erinnere mich auch an Aussagen von Ihnen wie diese: „Wir haben keinen Tag, keine Woche zu verlieren bei energiepolitischen Entscheidungen." Wir gehen davon aus, daß es sich hier um ganz zentrale Entscheidungen handelt, daß die Auswirkungen dieser Entscheidungen in der Regel zehn Jahre in der Zukunft liegen, daß sie sehr sorgfältig überlegt und nicht unter hektischem Druck getroffen werden sollten. ({0}) - Das ist schon sehr zur Sache. Sie wollen nur nicht hören, daß Sie in der Vorlage eines energiepoliti6734 Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - 86. Sitzung. Bonn, Donnerstag den 20. April 1978 schen Programms wirkliche Nachzügler sind und die rote Laterne unschlagbar in Händen halten und jetzt auf leisen Sohlen sich hier und da den Zielsetzungen anzunähern versuchen, die wir schon fünf Jahre haben. ({1}) Ich komme gleich zu Ihrem Sachprogramm! Schauen Sie sich doch einmal Ihr energiepolitisches Programm in den sieben Punkten an. Dann stellen Sie zunächst einmal fest, daß in der Gliederung, daß in der Sachaussage nicht ein einziger neuer Punkt enthalten ist, der nicht von der Regierung seit Jahren so gesehen und in hohem Maße verwirklicht worden ist. Zum ersten also: keine neue Anregung von Ihnen, nur unverbindliche Zielproklamationen. Sie bewegen sich jetzt zögerlich dorthin, wo wir vor fünf Jahren schon angekommen sind, und machen nicht einen konstruktiven Vorschlag, mit welcher Methode das eine oder andere übereinstimmende Ziel erreicht werden soll. Mit Zahlen - in einer zweiten Fortschreibungsdebatte müssen wir ja wohl konkreter werden - gehen Sie sehr sparsam um. Sie flüchten sich in die Unverbindlichkeit. Dort, wo Sie Zahlen nennen, greifen Sie weit nach vorn. Ich meine, es sind deplacierte Zahlen. Beispielsweise meinen Sie, daß der Bereich der nichtnuklearen Energieträger im Jahre 2000 5 % abdecken kann. Bis ins Jahr 2000 vorauszuschätzen in einem Bereich, wo wir ganz am Anfang stehen, halte ich allerdings für ein Prognoseexperiment an verkehrter Stelle. ({2}) Sie sollten alles tun und mehr Kraft darauf verwenden - in der Zielsetzung stimmen wir ja überein -, daß wir die - ({3}) - Ich habe Ihnen und auch dem Minister selbstverständlich wie immer aufmerksam zugehört. Wir sollten alle Kraft darauf verwenden, daß wir hier nicht Pessimismus verbreiten, sondern konstruktive Hilfe geben, damit die nichtnuklearen Energieträger eine adäquate, nicht diskriminierende Chance bekommen. ({4}) - Sie verstehen offensichtlich zu wenig von dem Thema, wenn Sie diese Art von Zwischenrufen machen. ({5}) - Durch Wiederholung wird dieser Zwischenruf nicht richtiger. Denn genau das sind Ausführungen zur Sache, nämlich zu dem Bereich der nichtnuklearen Energieträger. Aber davon wollen Sie offensichtlich nicht allzuviel hören - bei der Dominanz, die Sie dem nuklearen Bereich bislang immer zugeordnet haben. Ich würde Ihnen auch widersprechen bei den Punkten Ihres eigenen Programmes, wo Sie davor warnen - ich weiß gar nicht, aus welchem berechtigten Grund -, das Ergebnis der Entkoppelungsbemühungen, nämlich ein bestimmtes Wirtschaftswachstum mit weniger als 1 % wachsendem Energieverbrauch sicherzustellen, zu dämpfen. Das Gegenteil wäre richtig: auch hier die Aktivitäten und die Bemühungen zu unterstützen, die eine weitergehende Entkopplung von Wirtschaftswachstum und notwendigem Energieeinsatz zur Folge haben. Man sollte nicht am Start dieser Bemühungen einen unnötigen Pessimismus unterlegen, der auch von der Sache her meines und unseres Erachtens keine Begründung findet. Sie werden auch widersprüchlich, wenn es darum geht, in Ihren programmatischen Aussagen festzustellen, wie denn einzelne politische Absichten verwirklicht werden sollen. Da sprechen Sie immer vom „Markt". Dem stimmen wir zu. Bloß wenn Sie dann beim Wort genommen werden - nämlich rationelle Energieverwendung durch Marktmechanismus, sprich Preiserhöhung, durch eine Besteuerung mit auf den Weg zu bringen -, dann sind Sie nicht dabei. Dann verletzten Sie selber das, was Sie in dem Programm als Ihre Methodik niedergeschrieben haben. ({6}) - Ich weiß, Herr Kollege Breidbach, auch das wollen Sie nicht hören. Ich füge noch ein Weiteres hinzu. Schauen Sie sich Ihre eigenen Passagen an, mit welchen Methoden Sie in den Mineralölmarkt eingreifen wollen, ob das marktkonforme Methoden sind oder ob das dirigistische Andeutungen sind, die Sie da niedergelegt haben. ({7}) Das riecht sehr nach Dirigismus. Ich verweise auf die Diskussionen, die um den richtigen Weg einer adäquaten Bevorratung geführt wurden. Daß Sie diese zu einer ausschließlichen Staatsaufgabe hochstilisieren wollten, ist auch kein Beweis für marktwirtschaftliche Prinzipien, sondern eher für dirigistische. Sie müssen Ihr eigenes Programm etwas sortieren! Per Saldo ist festzustellen, daß es nur Absichten enthält, die weitgehend mit den unseren übereinstimmen, daß allerdings die Methodik selbst in der vorsichtigen Andeutung bei Ihnen sehr widersprüchlich ist. Selbst im Nuklearbereich sprechen Sie vom „notwendigen" Ausbau. Welche Polemik haben Sie über uns ausgegossen, weil wir nach der Formel des Restbedarfs verfahren! Ich möchte Sie angesichts dieser Wortakrobatik sehr darum bitten, einmal zu interpretieren, worin die Unterschiede im Konkreten bestehen, bevor Sie weiterhin eine solche Polemik - nicht immer hier im Raum, aber außerhalb um so mehr - verbreiten. ({8}) Kurzum: Selbst wenn man die sehr großzügige Zeitverzögerung einmal außer Ansatz läßt, muß man feststellen, daß Sie auch nicht in Spurenelementen eine Alternative zu der Fortschreibung und zu dem Konzept der Regierung, die wir, wie aus vergangeZywietz nen Debatten zu folgern war, unterstützen, dargelegt haben. Wir verweisen da - nicht ganz ohne Stolz und argumentative Berechtigung - auf das eigene Programm, die eigene Fortschreibung und darauf, daß sich das Grundprogramm und die erste Fortschreibung in der Zielsetzung und in der Struktur als richtig erwiesen haben. Wir scheuen uns auch nicht, zuzugestehen, daß wir in der Vergangenheit in zwei Bereichen eine Konkretisierung vorgenommen haben, nämlich den in der Ersten Fortschreibung noch sehr hohen Nuklearanteil als Folge der Politik „Weg vom Öl" reduziert haben und daß wir auch von Bedarfsprognosen und Wachstumsschätzungen abgerückt sind, die allgemein im Jahre 1974 noch angestellt wurden und die offensichtlich auf den Erfahrungen der Vergangenheit, der Aufschwungsphase der Nachkriegszeit beruhten. Von diesen beiden Aspekten haben wir korrigierend und interpretierend Abschied genommen. ({9}) In der Kontinuität der Grundstruktur ist es in einem so komplexen Gebiet nicht nur erlaubt, sondern zwingend notwendig, etwas klüger zu werden. Was kann denn der Sinn einer Fortschreibung sein? Der Sinn besteht nicht im Abschreiben, sondern im Fortschreiben aus Erkenntnis, wie ich meine. Auch darin verwirklicht sich Kontinuität. ({10}) Wir sind dabei eine Portion ehrlicher und, wenn Sie so wollen, auch schneller. ({11}) - Das haben Sie offensichtlich gemerkt, und deswegen haben Sie so kräftig abgeschrieben. Ihr Programm ist eine dünne Wiederaufbereitung, aber keine Alternative. ({12}) Wir haben in der Zweiten Fortschreibung klare Schwerpunkte gesetzt. Die Schwerpunkte bestehen darin, einmal die Dominanz der rationellen Energieverwendung und -erzeugung ganz vornan zu stellen und zum anderen - das unterstreichen wir ganz deutlich, und das ist auch vom Minister und vom Vorredner ausgeführt worden - von dem Zahlenfetischismus der Energie- und Strombedarfsprognosen wegzukommen. Für die Entscheidungen, die wir hier als Parlament zu treffen haben, brauchen wir keine Scheingenauigkeit, schon gar nicht, wenn auf 20, 30 Jahre nach vorn prognostiziert wird, sondern wir brauchen eine Bandbreite der Entwicklungstendenzen, an denen wir unsere politische Grund-und Weichenstellung zu orientieren haben. Diese Veränderung im Programm, das weitgehend auf scheinexakte Zahlen, wie ich es nennen möchte, verzichtet, und eher die Tendenzen und Bandbreiten angibt, müssen wir ausdrücklich begrüßen. Es ist auch nicht in einer eindeutigen Zahl der Nuklearbedarf für 1985 oder 1995 festgestellt, und nach unserer Auffassung wäre es in der Tat unsinnig, dies heute zu versuchen. Ein dritter Punkt: Wir begrüßen ausdrücklich - und wir erwarten, daß diese Ankündigung von der Regierung sehr zügig umgesetzt wird -, daß in Zukunft Parlamente, Kommunalparlamente, Landesparlamente, aber selbstverständlich auch dieses Hohe Haus, in stärkerem Maße in die energiepolitische Entscheidungsfindung und -vorbereitung eingeordnet werden sollen. Ich meine die Novellierung des Atomgesetzes, die wir ausdrücklich begrüßen. Es kann nicht gut sein, daß sich die energiepolitischen Debatten und Entscheidungsvorbereitungen so intensiv wie bislang zwischen Bürgerinitiativen, Bürokratie und Gerichten vollziehen. Das ist eine eminente, zentrale Zukunftsaufgabe, die auch in der konkreten Entscheidungsfindung stärker in diesem Hause gelöst werden muß. ({13}) Ich muß Ihnen da widersprechen, Herr Dr. Narjes, der Sie das weitgehend in Abrede gestellt haben. Ich habe auch die eine oder andere Zeitungsmeldung verfolgt, nach der der Präsident des Bundestages ebenfalls keine Notwendigkeit für die Novellierung des Atomgesetzes sieht. Wir sehen sie sehr deutlich, nicht zuletzt deshalb, weil es guter parlamentarischer Stil wäre, wenn die zentralen Entscheidungen in diesem Hause getroffen würden. ({14}) Zieht man ein Resümee nach einem kurzen Vergleich zwischen dem, was Sie als Opposition vorgelegt haben, und den Beiträgen und der Fortschreibung des Energieprogramms seitens der Regierung, dann sind wir mehr denn je davon überzeugt, daß unsere Zielvorstellung, die Programmstruktur und die Inhalte der Fortschreibung einen guten Weg aufzeigen. Wir unterstreichen diese Linie voll. Wir sehen aber auch, daß in dieser Phase, die in der Tat eine ruhigere energiepolitische Debatte ermöglicht, nicht alle Probleme gelöst sind, daß während dieser - ich möchte einmal sagen - labilen Ruhe sehr schnell wieder Probleme, insbesondere internationaler Art, auftreten können. Aber die Fortschreibung ist eindeutig ein energiepolitischer Fortschritt, dem Sie von der Opposition nichts entgegenzusetzen haben. ({15}) - Ihr Zwischenruf spricht für sich. ({16}) - Zwischenruf dieser Art Ihrerseits! Das nehme ich gern zur Kenntnis. Die FDP hat in diesem Hause bislang eine sehr verantwortungsvolle, eine sehr konstruktive Energiepolitik betrieben, wohingegen Sie uns vor einem halben Jahr hier, aber noch mehr außerhalb dieses Hauses mit polemischer Kritik überhäuft haben: als diejenigen, die notwendige Energieinvestitionen blockieren, die die Energieversorgung gefährden und nicht das Gemeinwohl des Staates und seiner Bevölkerung verfolgen. Solche Aussagen sind von Herrn Dr. Narjes hier und auf Ihrem Energiekon6736 greß in großer Anzahl getroffen worden. Was ist denn von all dem wahr geworden? ({17}) Nichts ist von all dem wahr geworden, und davon wird auch nichts wahr, weil unser Programm die bessere Struktur aufweist, ({18}) weil sich der Erfolg der rationellen Energieverwendung - hier stehen wir doch am Anfang unserer Bemühungen - noch erhöhen läßt. Damit werden zwar andere Energieträger als Alternative nicht überflüssig, aber der Übergang zu ihnen wird auf jeden Fall erleichtert und damit eine Hektik in dieser Frage vermieden. Das ist für uns ein sehr wesentliches Ziel, zu dem Sie sich in Ihrem Energieprogramm nicht bekannt haben. Sie haben die rationelle Energieverwendung als eine minimale Teilstrategie - wenn ich das noch richtig im Gedächtnis habe, Herr Dr. Narjes - bezeichnet. ({19}) Die rationelle Energieverwendung ist ein zentraler Punkt. Man sieht doch - das ist angedeutet worden -, wie dieses Stichwort auch in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft aufgenommen wird. Man kann nur wünschen, daß in den Vereinigten Staaten von Amerika diese Zielproklamation in der Durchsetzung zumindest einen Teilerfolg zeigen wird. Letztlich werden in den Vereinigten Staaten 30 % des Weltenergiebedarfs verbraucht. Wir unterstreichen diese Entkoppelung also sehr bedeutsam; im Laufe der Debatte wird das im einzelnen präziser dargestellt werden können. Den Ausführungen über die Plazierung der heimischen Kohle sowohl von seiten der Regierung als auch des Koalitionspartners möchte ich nicht viel hinzufügen, weil auch wir davon überzeugt sind, daß die Aufrechterhaltung der Kapazitäten und der Leistungsfähigkeit der heimischen Kohle in unseren energiepolitischen Vorstellungen eine besondere Priorität haben muß. Das wird auch zum Ausdruck gebracht, und das werden wir auch mit ökonomischem Augenmaß einlösen. Was den nuklearen Bereich anbelangt, so sehe ich nicht ungern, wie Sie sich der Entscheidungslinie der Regierung, wenn auch auf leisen Sohlen, zumindest vom Programm her anpassen. Früher haben Sie die Risiken, die mit diesem Energieträger verbunden sind, weitgehend negiert. Sie haben polemisiert. ({20}) - Lesen Sie doch Ihre eigenen Beiträge nach, Herr Dr. Narjes! Sie haben es als „Nachschieben von unseriösen und wenig hilfreichen Bedingungen" bezeichnet, wenn wir uns in der Debatte Sorgen gemacht haben, was eine hinreichende Entsorgung wohl für die Sicherheit der Bürger bedeuten könnte. Das haben Sie mit läppischen Handbewegungen abgetan. Das war doch die Situation vor einem halben Jahr. Jetzt schreiben Sie in das Programm, daß es sich hier um ein Risiko neuer Dimension handle. Dann verhalten Sie sich bitte auch danach! Dann können Sie hier etwas mehr Übereinstimmung erzielen. Sprechen Sie nicht so doppelzüngig wie bisher! ({21}) Wir haben es gar nicht nötig, uns hier in eine verkehrte Ecke drängen zu lassen. ({22}) - Das ist Ihr Wunsch, aber nicht mehr. Daß Sie als Opposition uns dort gern hin haben, will ich Ihnen gerne zugestehen; nur ist Ihnen das nicht gelungen. Und weil Sie sehen, daß die Bevölkerung mehr und mehr erkennt, daß wir die umsichtigere Energiepolitik mit mehr Sicherheitsverantwortung gegenüber dem Bürger betreiben, versuchen Sie, jetzt mit leisen Sohlen als Trittbrettfahrer, zumindest in Tendenzaussagen, aufzuspringen. Das ist doch der entscheidende Punkt in Ihrem Verhalten, den Sie nur notdürftig kaschieren können. ({23}) Wir werden uns also auch in der Frage Energieversorgung und Umwelt nicht in die verkehrte Ecke bringen lassen. Gerade wir von der FDP sind angetreten als eine Partei, die erhebliche Schrittmacherdienste in der Umweltschutzgesetzgebung geleistet hat. Wenn Sie das in Ihrem Programm jetzt verbal ebenfalls akzeptieren, dann lassen Sie doch bitte das Getöne von den „Investitionsbremsen", ({24}) wobei Sie jedes hergezogene Argument, vor allem die nicht passenden, anführen und gern alles als durch Umweltschutzgesetzgebung begründete Investitionsbremse definieren. Das ist der Sachverhalt. ({25}) - So hätten Sie es gerne. Nehmen Sie es so, wie es geschrieben ist, aber nicht so, wie Sie es dem Bürger in der Polemik weismachen wollen! Wir bemühen uns, daß aus Ökonomie, Energieversorgung und Ökologie kein Gegensatz wird, sondern daß sie sich mit Augenmaß ergänzen. Es ist auch dargelegt worden, daß es sich hier nicht um Investitionsbremsen handelt, sondern daß auf diese Weise auch viel technischer Fortschritt auf den Weg gebracht wird, daß viele neue Arbeitsplätze geschaffen und auch neue Möglichkeiten der Energieversorgung für die Dritte Welt erschlossen werden. Verschweigen Sie doch nicht diese Teile der Wahrheit! Das ist keine Theorie, das ist längst auf den Weg gebracht worden. ({26}) Ich gehöre zwar nicht zu den ganz alten Mitgliedern dieses Hohen Hauses, aber über Energiepolitik wird ja auch noch nicht so lange in diesem Hause diskutiert. Früher gab es einmal ausschließlich die Kohledebatte. Dann kam eine Phase der Öldebatten. Energiedebatten haben wir doch erst seit 1973. Ich kann mich sehr gut erinnern, wie Sie von der OppoZywietz sition im Laufe dieser fünf Jahre gelächelt haben, wenn es um rationelle Energieverwendung, wenn es um die Förderung der nichtnuklearen Energie ging. Das wurde doch abgetan. Schauen Sie doch heute einmal in die Anzeigen! Das kann Ihnen doch gar nicht entgehen. Sehen Sie sich doch an, welche Angebote da in bezug auf neue Energieträger gemacht werden! Es ist doch erfreulich, zu sehen, was das Ergebnis der Debatten, Beschlüsse und Förderungen der Regierung ist. Sehen Sie sich an, wie viele vor allem mittelständische Unternehmen sich an Wärmepumpenangeboten, Solarenergieangeboten beteiligen! Es ist doch erfreulich, festzustellen, welche Wandlungen durch Debatte und Hilfe im Konkreten erzielt worden sind. Diskreditieren Sie das doch nicht, und schieben Sie das doch nicht immer so verschämt in eine Ecke! Das ist die positive Wirkung der Energiepolitik, die von der Koalition eingeleitet und vertreten worden ist, nicht aber von Ihnen, meine Herren von der Opposition. ({27}) - Dann müssen Sie sich mit der Sache beschäftigen; dann werden Sie sie gewinnen. Den Rat kann ich Ihnen nur geben. ({28}) - Herr Dr. Narjes, ich will ja gern zugeben, daß ich nicht zu dem Kreis gehöre, von dem ich in einer schleswig-holsteinischen Zeitung gelesen habe - wie es der Kommentator darstellte -, der wie Sie früher frühmorgens im Landeskabinett die „New York Times" schon zu einer Zeit gelesen haben soll, da andere Kabinettskollegen erst bei der „Bild-Zeitung" oder einer anderen unabhängigen überregionalen Zeitung Norddeutschlands waren. ({29}) Ich habe den Eindruck, zu gewissen zentralen Einsichten und Schlußfolgerungen kann man auch etwas unkomplizierter und direkter kommen, als es vielleicht Ihre Art in der Opposition mit so viel Vernebelung und Umwegen ist. Zur Sache - die Struktur ist dargelegt - gibt es noch zu sagen, daß wir unsere Ansichten bei den einzelnen Energieträgern mit konkreten Maßnahmen untermauert haben. Wir haben nämlich im Bereich des wichtigsten Energieträgers, des Mineralöls, die Bevorratung auf den Weg gebracht. Aber im Gegensatz zu Ihnen wollen wir die Anpassung der Kapazitäten und ihrer Struktur dieser Branche selbst überlassen; wir wollen nicht dirigistisch eingreifen. Ich wüßte gar nicht, aus welchen Bereichen sich der Staat noch heraushalten kann, wenn nicht im Bereich der Mineralölindustrie - zu dieser Branche zählt das größte Unternehmen der Bundesrepublik, das größte europäische Unternehmen und das größte Weltunternehmen -, indem man ihr die technologische Anpassung selbst überläßt und sie von Ihren dirigistischen Wünschen freihält. Da unterscheidet sich unsere Politik von Ihrer. Was die Versorgung im Falle einer kurzfristigen Unterbrechung des Mineralölflusses anlangt, so haben wir heute konkret ein Bevorratungsgesetz vorgelegt, nachdem wir bereits in der Vergangenheit die Bevorratungsfristen erhöht hatten, welche die beteiligten Importeure und Raffineriegesellschaften selbst betrafen. Wir haben trotz guten Willens nicht verhindern können, daß es durch eine Mineralölbevorratung auf seiten der Industrie zu Wettbewerbsverzerrungen, die nicht total auszuschließen waren, und von seiten der unabhängigen Importeure als auch von seiten der Raffineriegesellschaften zur Anrufung des Verfassungsgerichts gekommen ist. Deswegen verweisen wir, Herr Dr. Narjes, mit Stolz darauf, daß wir jetzt eine öffentlich-rechtliche Körperschaft einrichten, die genau diese Bevorratung in Kooperation, aber unter Regie des Staates, durchführt. Das stellt eine Entlastung der Industrie dar. Mit dieser Bevorratung unter staatlicher Regie verfolgen wir allerdings auch das politische Ziel der Krisenbevorratung und des flexiblen Managements unter staatlichem Einfluß. Das halten wir für einen großen Vorteil. Im Zusammenhang mit der Mineralölbevorratung muß hinzugefügt werden, daß wir mit Sorge sehen - und dagegen werden wir uns sicherlich wenden -, daß es in der Europäischen Gemeinschaft Tendenzen gibt, insbesondere von seiten Großbritanniens, die Menge zu reduzieren, bezüglich deren eine Mineralölbevorratungspflicht besteht. Das kann nicht gut und richtig sein, auch wenn zugegebenermaßen derzeit die Tanklager voll sind. Es kann auch nicht gut und vor allem nicht fair sein, wenn es in der Europäischen Gemeinschaft Tendenzen gibt, allzu viele Ausnahmeregelungen für das eigene Nordseeöl durchzusetzen. Das muß im Zusammenhang mit diesem Stichwort am Rande mit bemerkt werden. Aber generell sind wir sicher, daß eine Verbesserung des kurzfristigen Kriseninstrumentariums erzielt wird. Angesichts der Übereinstimmung und der ausführlichen Darlegungen möchte ich in meiner Aufzählung den Bereich der Kohle überspringen und in einigen Anmerkungen noch einige internationale Aspekte aufgreifen, insbesondere das, was von Ihrer Seite unter dem Stichwort „Gesetzgebung in den Vereinigten Staaten" angesprochen worden ist. Herr Dr. Narjes, wir hatten ja im Verlauf bei verschiedenen internationalen Treffen die Gelegenheit, etwas über diese Problematik und über die Ansichten in den Vereinigten Staaten zu hören. Daß wir mit einer konstruktiven Einstellung an diese Gespräche herangehen sollten - eigentlich sind wir schon beteiligt, aber wir sollten das noch intensivieren -, wird auch von unserer Seite so gesehen und kann nur voll unterstrichen werden. Aber alle Wandlungen und kurzfristigen Sprünge in der Politik der Vereinigten Staaten waren in der Tat nicht vorhersehbar, und die können Sie nicht der Regierungspolitik oder der Politik der die Regierung tragenden Koalitionsfraktionen anlasten. Abschließend möchte ich feststellen, daß Sie früher der Regierungskoalition wiederholt und mit Nachdruck unterstellt haben - und das ist von Ihnen heute in Variationen wieder aufgegriffen worden -, wir seien uns in der energiepolitischen Zielansprache nicht einig. Sie sind des Gegenteils belehrt worden. Heute, nachdem Sie das einsehen müssen, versuchen Sie, Divergenzen in der Handlungsüber6738 einstimmung - so Dr. Narjes - zu konstruieren. Wir von der FDP können Ihnen versichern, daß Sie auch mit dieser Prognose Pech haben werden. ({30}) Denn dann, wenn man summarisch die vorgelegten Programme - das der Regierung und Ihres - vergleicht, sieht man sehr deutlich, wie Sie sich vorsichtig annähern, aber nichts darüber Hinausgehendes an Ideen und Methode beigesteuert haben. Ich glaube, Sie sind gut beraten, unseren energiepolitischen Vorstellungen zu folgen, denn es ist offensichtlich geworden, daß wir von Energiepolitik mehr verstehen. ({31})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Probst.

Dr. Albert Probst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001752, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wüßte eigentlich kaum, worauf ich, die Vorrede ansprechend, argumentativ eingehen könnte, ({0}) und möchte deshalb auf diesen Beitrag nicht eingehen. Anders ist es schon beim Herrn Kollegen Schmidt. Herr Kollege Schmidt hat wenigstens Beschwörungsformeln gefunden. Hoffentlich hilft's, Herr Schmidt! ({1}) - Herr Wehner, Ihre Fraktion muß nur dankbar sein, wenn Sie möglichst lange da sind, denn sonst sieht's in Ihrer Fraktion schlecht aus, auch in der Energiefrage. Sie brächten nirgends mehr eine Einheit zustande, ({2}) wenn Sie mit Ihrer Härte nicht immer dasäßen. ({3}) - Herr Wehner, Sie dürfen sagen, was Sie wollen; ({4}) das ist Ihnen im Parlament unbenommen. Sie haben einen gewissen Rabatt. Interessant waren die Ausführungen des Wirtschaftsministers Graf Lambsdorff. Es ist immer von größter Bedeutung, genau hinzuhören, wenn sich ein Mitglied der Bundesregierung auf die Opposition beruft. Herr Lambsdorff hat ausgeführt, er freue sich über die Gemeinsamkeiten der Programme von Opposition und Regierung außerordentlich. Das ist eigentlich gar nicht die Art der Bundesregierung, denn wenn etwas gutgeht, war es die Bundesregierung immer allein, aber dann, wenn etwas knifflig wird, wird der Rockzipfel der Opposition gesucht; sie soll dann das, was schwierig ist, mit abdecken helfen. Bloß, meine Damen und Herren, auf das eigentliche Problem der Energiestrategie ist bisher von Ihnen so gut wie keiner eingegangen. Das Kernproblem der Energiepolitik in der Bundesrepublik ist die Kernenergie, und darüber, wie Sie es mit der Kernenergie halten, haben Sie sich bis jetzt hinwegvgemogelt. Das ist ja auch kein Wunder; Sie mogeln sich ja mehr als ein Jahr über dieses Thema hinweg, Sie treffen keine Entscheidungen. ({5}) Es ist jämmerlich, zu sehen, wie Regierungsmitglieder durch Teile oder Organe der Parteien restlos zum Umschwenken gebracht werden, wie sie plötzlich ihr parlamentarisches Demokratieverständnis in Frage stellen. ({6}) So sagte Herr Matthöfer im Sommer 1977, er sei doch schließlich nicht ein Politiker im luftleeren Raum, er müsse doch tun, was seine Partei sage. Ja, an Rücktritt denkt jemand, der so etwas nicht mehr mitmachen kann, offenbar nicht. Der Herr Matthöfer könnte ja auch einmal zurücktreten, wenn er, gezwungen durch seine Partei, etwas machen muß, was gegen seine Vorstellungen vom Wohl unseres Volkes ist; das hat er ja im Amtseid geschworen. Worum geht es? Es wird vernebelt. Es wird gestritten. Es wird davon gesprochen, daß man die Wachstumsphilosophie von der Energiezuwachsphilosophie abtrennen müsse. Es ist überhaupt nicht das Problem, wieviel Energiezuwachs bei welchem Wachstum notwendig ist. Es gibt einige klare Fakten. Annähernd 60 % unseres Primärenergiebedarfs werden bisher durch 01 abgedeckt. Es steht fest, daß 1985 oder mindestens ab 1985 eine erhebliche Teuerung eintritt. Wir haben einen großen Anteil von Kohle im Energiebereich. Bloß: Die Kohle hat Schwierigkeiten, weil sie teuer ist. Ein Drittel der Kohlekosten wird heute von der öffentlichen Hand gedeckt. Wir haben das alle mitgetragen. Das ist notwendig, um die Kohle als eine Möglichkeit vor allem in Krisen greifbar zu haben. Aber sie ist sehr teuer. Als Kraftwerksgrundlage ist die Kohle auch nicht gerade umweltfreundlich. Es gibt dazu eine Zahl, die Graf Lambsdorff genannt hat: Kohlekraftwerke mit 700 Megawatt stoßen pro Jahr 20 000 Tonnen Schwefel in die Luft. Von Sauberkeit in der Energie kann hier nicht unbedingt die Rede sein; dennoch brauchen wir mehr Kohlekraftwerke. Aus den vielbeschworenen sogenannten neuen Energiequellen Sonne und Wind werden Sie nach übereinstimmenden Aussagen der Bundesregierung unter erheblichem Geldaufwand 3 bis 5 % der Primärenergie schöpfen können. Wer wollte nicht für Einsparungen sein? Es ist für die Opposition eine Selbstverständlichkeit, daß man sich rationell, sparsam, wirtschaftlich verhält, so daß das nicht eigens erwähnt zu werden braucht. Aber Sie müssen sich darüber klar sein, mit welchem Kapitalaufwand nennbare Mengen zu erzielen sein werden und wieviel Zeit notwendig sein wird, um nennenswerte Mengen einsparen zu können, und zwar auf einer Grundlage, die über das hinausgeht, was die Bevölkerung durch Bewußtseinsänderung bewirkt. ({7}) Die Kernkraft ist in der Stromerzeugung im Grundlastbereich - ich zitiere wieder das vom Bundeswirtschaftsminister vorgelegte Gutachten, das sich hier auf die Untersuchungen einiger Institute stützt - fünf bis sieben Pfennige pro Kilowattstunde billiger. Das macht ein bißchen weniger als die Hälfte des Strompreises etwa des Jahres 1985 aus. ({8}) - Was die Bundesregierung vorlegt, Herr Kollege, hat bei mir in jeder Weise gerade in dieser Frage volles Vertrauen. ({9}) Der Herr Bundeswirtschaftsminister wird ja wissen, was er vorlegt. ({10}) Die Kernenergie ist billig. Die Kernenergie ist auch eine saubere Energie. Die Kernenergie ist in der Bundesrepublik Deutschland sicherer als an jedem anderen Ort der Welt, weil unsere Sicherheitsauflagen nach wie vor weltweit die besten sind. Die Kernenergie hat einen großen Nachteil. Sie ist mit einer anonymen, an Atomkriegsvisionen gekoppelten Angst behaftet, die Radikale in unserem Land schamlos für ihre Zwecke ausnutzen - und das ist durchaus da und dort eine Bewegung geworden. ({11}) Die Fragen der Wiederaufarbeitung, der Endlagerung sind nicht endgültig gelöst, aber sie sind beherrschbar, wie der Bundesforschungsminister - damals Matthöfer - ausgeführt hat. Eine besondere Frage ist die der Uranversorgung, die die Bundesregierung bisher nicht mit genügender Sorgfalt in ihre Bemühungen aufgenommen hat. Man muß doch davon ausgehen, meine Damen und Herren - und Sie sind doch bis vor einem Jahr mit uns davon ausgegangen -, daß die einzig bedeutende neue Energiequelle derzeit die Kernenergie ist. Es ist die Frage, in welcher Weise Sie künftig Ihre Kernenergiepolitik betrachten. Werden Sie berücksichtigen, daß Kernenergie erheblich billiger sein wird und daß wir künftig zu unseren vergleichbaren Konkurrenzländern nicht konkurrenzfähig sein werden, wenn darauf verzichtet wird? Die Bundesregierung hat in einer Fülle von Äußerungen noch vor einem Jahr dazu Stellung genommen. Herr Matthöfer: „Kein Wirtschaftswachstum ohne genügende Kernenergie." Herr Hauff: „Kein Wirtschaftswachstum; wir müssen jetzt die richtigen Weichen stellen." Der Herr Bundeskanzler hat Sie noch auf Ihrem Parteitag beschworen, Graf Lambsdorff hat Sie in Ihren Parteigremien und vor dem Parteitag beschworen. Ich könnte zitieren, möchte es mir aus Zeitgründen aber verkneifen. ({12}) Sie hoffen auf die Alternativlösung Kernfusion. Jeder von Ihnen weiß, daß erst im Jahre 2000 überhaupt die Entscheidung getroffen werden kann, ob ein entsprechender Reaktor gebaut werden kann, ob kontrollierte Kernfusion ökonomisch möglich ist. Welche Bedeutung Sie dem Kernfusionsprojekt beimessen, wurde hier vor einigen Monaten von Franz Josef Strauß deutlich gemacht, als es um die Standortfindung des großen JET-Projekts ging, wo die Bundesregierung in einer beispiellosen Art und Weise dieses Projekt aus Deutschland hinausgebracht hat. ({13}) Meine Damen und Herren, Realität ist bei Ihnen, daß Sie neue „Schwerpunkte" - Sie nennen es Schwerpunkte - deshalb setzen müssen, weil Sie in Ihren Parteitagsbeschlüssen Formelkompromisse eingegangen sind, worunter die unterschiedlichen Gruppen Unterschiedliches verstehen. Die Linken in Ihren Parteien nehmen die Restenergie-Philosophie als einen Beweis dafür - sie sagen, wir brauchen gar nicht mehr Energie, wir können einsparen -, daß kein Kernkraftwerk mehr gebaut zu werden braucht. Die Bundesregierung nimmt diese Formel dafür, daß sie eine Legitimation hat, dennoch künftig Kernkraftwerke zu bauen. Wir sind nicht weiter als vor einem Jahr, denn der Streit beginnt bei Ihnen - Herr Matthöfer hat es in einem Rundfunkinterview gesagt -, wenn die Bundesregierung erneut ein Kernkraftwerk genehmigt, weil dann der Dissens in voller Breite wieder aufbricht. Dann, Herr Wehner, wird es für Ihre Partei gut sein, wenn Sie wieder da sind, und hoffentlich haben Sie immer noch die Kraft, die Sie in Ihrer Fraktion brauchen, daß Sie das auch zusammenhalten. ({14}) Ihren Umfall, Herr Bundeswirtschaftsminister, hat Ihnen Ihre Fraktionskollegin Helga Schuchardt bescheinigt. Das muß ich jetzt zitieren, weil das so schön ist und weil ich die Kollegin Schuchardt ob ihrer klaren Aussagen, die sie von ihrer eigenen Überzeugung macht, sosehr schätze. Sie hat am 8. November 1977 ausgeführt .- das war nach den Parteitagsbeschlüssen -: Wir haben aber ganz eindeutig gesagt, daß Kernenergie nur eingesetzt werden darf, um wirklich die Energielücke zu schließen, nicht aber als die neue Energie der Zukunft akzeptiert wird. Hier ist Lambsdorff einen wesentlichen Schritt dem Hauptausschußbeschluß von Saarbrücken entgegengekommen. Graf Lambsdorff, es wäre gut, wenn Sie dazu etwas sagen würden. Hat Helga Schuchardt recht, oder haben Sie recht? Denn das ist ganz entscheidend für die Energiestrategie in der Bundesrepublik Deutschland. Nun haben die Koalition und die Bundesregierung selbstverständlich Angst, und jetzt sollen die Parla6740 mente entscheiden. Das Parlament hat plötzlich die Aufgabe, hier zu entscheiden. Eine Enquete-Kommission soll eingesetzt werden. Meine Damen und Herren, die Frage ist, ob Sie handlungsfähig sind und ob Sie bereit sind, die Akzente in der Politik richtig zu setzen. Wenn das nicht der Fall ist, dann gibt es gar nichts anderes, als das Handtuch zu werfen, ({15}) statt sich von Station zu Station zu schleppen, um zum Schaden des deutschen Volkes Ihre Handlungsunfähigkeit zu dokumentieren. Das ist ja nicht der einzige Fall. Wir haben ähnliches bei der Terroristengesetzgebung erlebt, bei der Neutronenwaffe, und erleben es jetzt in der Energiepolitik. Was wird es morgen sein? ({16}) Sie sind nicht handlungsfähig. Sie befürworten oder dulden doch derzeit ein De-facto-Moratorium im Kernkraftwerksbau. In der Bundesrepublik sind drei Vorhaben durch Gerichtsbeschlüsse gestoppt, acht Anträge sind bisher nicht genehmigt, 14 Milliarden DM liegen derzeit als Investitionsmöglichkeit brach, 60 000 Arbeitsplätze können allein im Zusammenhang mit der Atomenergie nicht realisiert werden. Sie überlassen die Entscheidung zur Zeit den Gerichten. Ein Gerichtsentscheid dauert mindestens drei Jahre. Sie haben, wie gesagt, ein De-facto-Moratorium in dieser Frage trotz der Ankündigung geschaffen, daß Sie rechtliche Neuerungen, gesetzliche Möglichkeiten, rechtliche Verbesserungen schaffen würden, um das atomrechtliche Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. ({17}) Es gibt selbstverständlich eine Menge unbestimmter Rechtsbegriffe im technologischen Bereich. Sie haben gesagt, es werde eine Fünfte Novelle im Frühjahr dieses Jahres vorgelegt, und Sie haben gesagt, Sie würden noch ein Vorschaltgesetz zum Atomgesetz einbringen, in dem festgelegt werden solle, was überhaupt genehmigungsfähig ist. Es ist erstaunlich, daß diese entscheidende Frage heute von der Bundesregierung nicht vertreten wird. Ich sehe hier keinen politisch verantwortlichen Herrn aus dem Bundesinnenministerium sitzen. Die entscheidende Frage ist vom Bundesinnenministerium zu beantworten: Wie halten Sie es mit Ihrer Philosophie von der Atom-, der Kernenergieproblematik? Ich höre, Sie haben vor, in dem Vorschaltgesetz aufzulisten, welche Typen von Reaktoren künftig genehmigungsfähig sein sollen. Dazu führt die Bundesregierung aus, daß nach ihrer derzeitigen Vorstellung nur Demonstrationsobjekte und Prototypen des Schnellen Brüters genehmigungsfähig seien. Meine Damen und Herren, ist Ihnen klar, daß dies das Todesurteil für den Schnellen Brüter bedeutet? ({18}) Denn Sie werden kein einziges industrielles Unternehmen finden, das bereit ist, auch nur noch eine Mark zu investieren, wenn die Bundesregierung selbst die Möglichkeit der Genehmigung eines Nutzreaktors nicht mehr in Aussicht stellt. Meine Damen und Herren, das tun Sie ohne zwingende Not; denn das Genehmigungsverfahren haben Sie ja in der Hand. Das tun Sie nur aus innerparteilicher Not. Wenn Sie nämlich den Bau eines Schnellen Brutreaktors zur technischen Nutzung genehmigen, haben Sie einen innerparteilichen Streit, den Sie scheuen, und deshalb soll das so hineingeschrieben werden. Das bedeutet eine grundlegende Änderung Ihrer bisherigen Strategie. Dazu sollten Sie etwas sagen, Graf Lambsdorff. Es bedeutet letztendlich, daß Milliarden an Steuergeldern zum Fenster hinausgeworfen sind, wenn Sie hier plötzlich diese Technologie nicht mehr zu Ende denken. ({19}) Ich möchte es mit diesen wichtigen Punkten im wesentlichen bewenden lassen. Ich möchte an die Frage der Nonproliferation-Act, die auf dem Tisch liegt, nur die Aufforderung knüpfen, daß die Bundesregierung in dieser Frage, die ja nicht kurzfristig aus der Welt zu schaffen sein wird, um ein gutes Klima mit den Vereinigten Staaten von Amerika bemüht sein sollte und daß sie unter dem Gesichtspunkt der Nichtdiskriminierung unsere Bedürfnisse und Interessen in der entsprechenden Form vorträgt. Sie wissen: Das Kernanliegen dieses Gesetzes ist der Plutoniumkreislauf. Ich möchte hierzu nur noch ein paar Zahlen nennen: Derzeit arbeiten bereits mehr als 200 Kernreaktoren in 21 Ländern der Erde. ({20}) Mehr als 350 Atomreaktoren sind genehmigt, und zwar in 34 Ländern. ({21}) Es ist die Frage, ob hier nicht bereits irreversible Tatbestände geschaffen sind. ({22}) - Ich will es nicht wiederholen, weil es für Sie, Herr Möllemann, nicht unbedingt verständlich sein kann. Sie sind zu sehr Fachmann auf allen Gebieten, aber nicht immer ein unbestrittener. Meine Damen und Herren, darauf möchte ich nur noch hingewiesen haben. Schließen möchte ich mit der Aufforderung an die Bundesregierung, hier Klarheit zu schaffen, jene Klarheit, die hinsichtlich der im Raum stehenden und in der Luft schwebenden Fragen endlich geschaffen werden muß. ({23}) Herr Bundesminister - ich wende mich hier nicht nur an den Wirtschaftsminister, sondern vor allen Dingen auch an den Forschungsminister und den Innenminister -, Sie müssen Klarheit darüber schaffen, was Sie wollen. Wenn Sie keine Kraft mehr haben, Ihre Politik, die Sie ursprünglich gemeinsam mit uns getragen haben, durchzusetzen, dann wäre es doch besser, Sie träten zurück. Sie würden dadurch Schaden vom deutschen Volk abwenden. ({24})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfram.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wir führen diese Energiedebatte, die Entscheidungen für die Zukunft vorbereiten soll, zu einer Zeit, in der wir weltweit einen Energieüberfluß haben. Das birgt die Gefahr in sich - der Wirtschaftsminister hat das in seiner Rede bereits zum Ausdruck gebracht -, daß das öffentliche Problembewußtsein hinsichtlich der Notwendigkeit zukunftsorientierter Entscheidungen, das Problembewußtsein hinsichtlich der Notwendigkeit, notfalls auch mit hohem Aufwand und unter Opfern die richtigen Entscheidungen zur Sicherung der zukünftigen Energieversorgung zu treffen, nicht in dem Maße vorhanden ist, wie man es sich wünscht. Meine politischen Freunde und ich unterstützen deshalb die Bundesregierung und ermuntern sie, ihre gute Informationspolitik über wirtschaftliche Zusammenhänge, über energiepolitische Notwendigkeiten, über die Möglichkeiten eines energiebewußten Verhaltens, über die Chancen und Möglichkeiten eines rationellen und sparsamen Umgangs mit der Energie, verstärkt fortzusetzen. Energie darf nicht leichtfertig verschwendet werden. Wir appellieren an die Bürgerinnen und Bürger, Verständnis dafür zu haben, daß Energiepolitik ein wichtiger Bestandteil unserer Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ist - zu jeder Zeit - und daß man nicht nur dann, wenn Krisen, Versorgungsengpässe, Ölpreisexplosionen eintreten, bereit ist, Konsequenzen zu ziehen, sondern daß man früh genug Vorsorge treffen muß. In diesem Zusammenhang haben meine politischen Freunde und ich das beschämende Tauziehen, vor allem von seiten einiger CDU/CSU-geführter Bundesländer, im Zusammenhang mit Energieeinsparmaßnahmen, die von den Ministern Ravens und Haack vorgelegt worden sind, bedauert. Wir können nur hoffen, daß die erneute gesetzgeberische Initiative möglichst bald zu einem positiven Ergebnis führt. ({0}) Wir Sozialdemokraten haben uns zu jeder Zeit mit Fragen der Energie- und Umweltschutzpolitik befaßt. Wir haben der Energie- und Umweltschutzpolitik stets einen hohen Stellenwert eingeräumt. Zu Zeiten, in denen der von Herrn Kohl oft zitierte Herr Erhard in Essen gesagt und gedroht hat, „er werde gegen die Kohle aus allen Rohren schießen", ({1}) in einer Zeit, als damals eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung die Schleusen für einen unbegrenzten Ölimport geöffnet und damit viele Probleme geschaffen hat, die uns heute beschäftigen, haben Sozialdemokraten wie Walter Arendt und Dr. Heinrich Deist darauf hingewiesen, daß Energie wertvoll und knapp ist, daß sie teuer wird, daß sie nicht unbegrenzt verfügbar ist. ({2}) - Herr Dr. Narjes, Sie machen sich über Parteitagsdiskussionen der FDP und der SPD lustig. Man könnte sich nur wünschen, daß eine politische Kraft, die vorgibt, regierungsfähig zu sein, diesen Dialog mit dem Bürger, die Auseinandersetzung auch mit kontroversen Meinungen über den richtigen Weg der Energiepolitik und über Alternativen so führt, wie es Sozialdemokraten in den letzten Monaten und Jahren von Köln über Hamburg bis Düsseldorf getan haben. ({3}) Machen Sie sich doch nicht darüber lustig, sondern lesen Sie einmal nach, was da ernsthaft erörtert worden ist. Und dann kommt ein Herr Probst aus Bayern hierher und spricht von einem Beweis der Regierungsunfähigkeit, weil sich Bürger und Parlamentarier in diesem Land Gedanken über Chancen und Risiken der Kernenergie machen. ({4}) Was haben Sie denn für eine Vorstellung von der Demokratie? ({5}) Wir sind doch nicht ein Vollzugsorgan. Bei Ihnen ist das alles einfach. Da bestimmt der Herr Strauß in Kreuth, was richtig ist, und die CDU/CSU folgt ihm auf allen Wegen. ({6}) Wir wissen, daß es ernst zu nehmende Fragen gibt. Wir nehmen den Dialog mit den Bürgern ernst. Wir nehmen Bürgerinnen und Bürger ernst, die meinen, daß in der Kernenergie noch ein Restrisiko steckt. Es ist unser politisches Ziel, durch eine objektive Informationspolitik, durch sachliche Diskussion und richtige energiepolitische Entscheidungen dafür zu sorgen, daß Ängste und Emotionen abgebaut werden. Wir wollen, daß die Probleminformationen verstärkt werden. Meine Damen und Herren, wir haben zur Zeit einen Überfluß an Erdöl und an Kohle. Wir wissen, daß zur Zeit ein ausreichendes Angebot an Strom vorhanden ist. Diese Überflußsituation ist weltweit, sie kann sich aber bald wieder ändern. Ein stärkeres Wirtschaftswachstum, mehr Beschäftigung, eines Tages wieder denkbare politisch motivierte Ölverknappungen und Ölpreissteigerungen können die Wolfram ({7}) Energielandschaft sehr schnell verändern. Deshalb gehören zur Energiepolitik Kontinuität und ein langer Atem. Beides prägt die Energiepolitik dieser Bundesregierung im Gegensatz zu früheren CDU/ CSU-Regierungen. Mein Freund Adolf Schmidt hat das bereits überzeugend nachgewiesen. Die CDU/CSU hat wenige Tage vor Weihnachten vorigen Jahres ein erstes sogenanntes „Energiepolitisches Programm" vorgelegt. Graf Lambsdorff und Adolf Schmidt haben bereits gesagt, daß darin kaum Alternativen zu den Energieprogrammen der Bundesregierung und ihren Fortschreibungen enthalten sind. Graf Lambsdorff hat das positiv gewertet und darin einen Beweis dafür gesehen, daß die Opposition im Grunde genommen anerkennt, daß die Energiepolitik der Bundesregierung richtig ist. Ich habe bedauert, Herr Dr. Narjes, daß Sie dann hierhergekommen sind und mit starken Worten versucht haben, von diesen .Tatsachen abzulenken. Wenn Sie dieses Programm als ein Programm des Zauderns und der Halbheiten bezeichnen, dann muß man Sie fragen: Was ist denn dann Ihr Programm? Das ist doch eine schlechte Abschrift, eine unzureichende Abschrift dessen, was die Bundesregierung viel; viel früher und viel, viel konkreter und besser ausgesagt hat. Wo gibt es denn konkrete Alternativen? In Ihrem Programm z. B. steht zwar drin, daß Sie die Steinkohle stärker einsetzen wollen, aber weder Sie noch Herr Probst haben bis jetzt ein Wort dazu gesagt, wie Sie die aktuellen Probleme der Kohlewirtschaft lösen wollen, wo Sie die finanziellen Mittel hernehmen wollen. Es wäre gut gewesen, wenn Sie ein Wort dazu gesagt hätten. Vielleicht wird das Herr Breidbach nachher tun. Ihre bisherige Garnitur energiepolitischer Sprecher haben Sie ja abgelöst. Sie präsentieren uns jetzt neue Köpfe. Ich bin neugierig, was diese uns verkünden werden. Wieder einmal hat der Abgeordnete Gerstein die Bundesregierung in Fragen des Kraftwerksbaus angegriffen und verantwortlich gemacht, obwohl Sie doch wissen müßten, daß die Entscheidungen über den Bau von Kraftwerken zunächst einmal von den Energieversorgungsunternehmen getroffen werden. Standortentscheidungen sind primär Länderangelegenheit. Auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit haben wir keinen Einfluß. Was sollen also Ihre Vorwürfe? ({8}) - Es gibt viele Standorte in der Bundesrepublik, wo heute schon auf der Basis des geltenden Rechts, mit den Werten der TA Luft, Kraftwerke gebaut werden könnten. ({9}) Nun tun Sie doch nicht so, als läge es an der Bundesregierung, wenn zur Zeit zu wenig Kraftwerke gebaut werden. Wenn es Fragen in diesem Zusammenhang gibt - aufgeworfen durch Gerichtsurteile -, dann müssen Ministerien die Zeit haben, um alle Möglichkeiten zu prüfen und die richtigen Entscheidungen vorzubereiten. ({10}) - Herr Gerstein hat dieser Tage der Bundesregierung auch vorgeworfen, sie würde auf dem Gebiet der Energieforschung zu wenig tun. Mein Kollege Stockleben wird sich dazu noch im einzelnen äußern. Sie, Herr Gerstein, müßten doch eigentlich wissen, daß die Bundesregierungen der sozialliberalen Koalition erstmalig Bundeshilfen für die Kohleforschung eingeführt und gewährt und seitdem so entwickelt haben, daß wir uns damit auf jeden Fall sehen lassen können. ({11}) Hätten frühere CDU/CSU-Bundesregierungen etwas für die Kohleforschung getan - wie es immer von unserer Seite gefordert worden ist -, stünde die Steinkohle heute wesentlich besser da. ({12}) Meine Damen und Herren, es lohnt sich also nicht, sich mit dem CDU/CSU-Papier vom 20. Dezember weiter und eingehender auseinanderzusetzen. Sie sind viel zu spät auf 'das Trittbrett eines Zuges gesprungen, der sich seit langer Zeit in voller Fahrt befindet. ({13}) Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstützt die Zielsetzungen der verschiedenen Kapitel in der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms. Zu den Fragen der Elektrizitätswirtschaft wird mein Kollege Dr. Ahrens noch Stellung nehmen. Wir unterstützen den weiteren Ausbau des Fernwärmesystems. Vor allem fordern wir Maßnahmen zur Verdichtung und besseren Auslastung vorhandener Fernwärmenetze. Mit der Bundesregierung und der kommunalen Versorgungswirtschaft teilen wir die Überzeugung von dem besonderen Stellenwert der Entwicklung örtlicher Versorgungskonzepte, weil wir meinen, daß sich Strom, Gas und Fernwärme sinnvoll ergänzen und zusammenwirken müssen. Zur heimischen Steinkohle und zu unseren Erwartungen in bezug auf die Übergangshilfen haben wir volles Vertrauen zu der Bundesregierung, zum Wirtschaftsminister, zum Finanzminister, zum Minister für Forschung und Technologie, zum Arbeitsminister und vor allem zum Bundeskanzler. Das hat Adolf Schmidt bereits erwähnt. ({14}) Wir hoffen, daß es zu einer für alle Beteiligten akzeptablen Regelung kommt. Ich will noch ein Wort zur Braunkohle sagen, die in solchen Debatten immer zu kurz kommt. Die heimische Braunkohle ist eine wichtige Energiequelle. Sie leistet hervorragende Versorgungsbeiträge. Sie kann sicher sein, daß die angestrebte verstärkte Steinkohlenverstromung nicht zu Lasten der Braunkohlenverstromung gehen wird. Von der Braunkohle wie auch von der Steinkohle erwarten wir mittelWolfram ({15}) und langfristig weitere wichtige Beiträge, auch bei der Veredelung und als Rohstoffträger. Ich möchte noch einmal unterstreichen, daß der Bau von Steinkohlenkraftwerken dringend notwendig ist. Meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, ich appelliere an Sie: Wirken Sie doch auf Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Schleswig-Holstein ein, Standorte für Steinkohlenkraftwerke auszuweisen und sich in ihren regionalen Energieversorgungsunternehmen für den Bau von Steinkohlenkraftwerken einzusetzen. ({16}) Dann erst werden Ihre Aussagen über die Erhaltung der Steinkohlenförderkapazität glaubwürdig, vorher nicht. Im übrigen brauchen wir den Bau von neuen Steinkohlenkraftwerken auch, um mittel- und langfristig die Verstromung von mindestens 33 bis 35 Millionen t Steinkohle überhaupt zu sichern; denn viele Steinkohlenkraftwerke sind überaltert ({17}) und müssen in den nächsten Jahren durch neue, umweltfreundliche ersetzt werden. Herr Probst hat ja behauptet, Kohlenkraftwerke seien nicht umweltfreundlich. Wir leugnen gar nicht, daß die „alten Schätzchen" nicht besonders umweltfreundlich sind. Deshalb plädieren wir ja für den Bau neuer, umweltfreundlicher und wirtschaftlicher Steinkohlenkraftwerke. An dieser Stelle müßte ein Wort zu den sicherlich ernst zu nehmenden Aussagen von Professor Weizsäcker gesagt werden, der für die Kernenergie plädiert und davor gewarnt hat, die Steinkohle vorrangig zu entwickeln. Wir nehmen diese Aussagen ernst. Wir werden in den Fachausschußberatungen darauf zurückkommen. Aber die Thesen von Prof. von Weizsäcker sind umstritten. Wir werden jedenfalls alles tun, um sicherzustellen, daß umweltfreundliche Kraftwerke gebaut werden. Lassen Sie mich nun ein Wort zu dem in erster Lesung zu behandelnden Erdölbevorratungsgesetz sagen. Unsere Fraktion unterstützt die Zielsetzung dieses Gesetzes. Wir werden in den Ausschußberatungen dafür sorgen, daß dieses Gesetz möglichst schnell die parlamentarischen Hürden nimmt und in Kraft tritt. Ich teile die Auffassung des Bundeswirtschaftsministers, daß Fragen wie z. B. die des „offenen Ausweises" der Bevorratungskosten geregelt werden können. Die Bundesregierung hat ja in der Übergangsregelung bereits eine Kompromißformel gefunden. Die Mineralölbevorratung ist dringend geboten. Wir befürworten die Lösung über einen Erdölbevorratungsverband als öffentlich-rechtliche Körperschaft. Wir werden in diesem Zusammenhang sehr darauf achten, daß die kleinen und mittleren Mineralölfirmen, ob Importeure oder Händler, nicht benachteiligt und in ihrer Existenz gefährdet werden. Für uns sind die unabhängigen Importeure und die nicht konzerngebundenen Händler ein wesentlicher Bestandteil einer wettbewerbsorientierten Wirtschaft. Über das Thema „windfall profits" müssen wir in den Ausschußberatungen eingehend sprechen. Ich teile in dieser Frage die Auffassung des Bundesfinanzministers. Was die Erdgaspolitik betrifft, so unterstützen wir die Ziele dieser Politik. Unabhängig davon meinen wir, daß eine Verfeuerung von Erdgas unter Kraftwerkskesseln eigentlich zu schade ist und daß Synthesegas aus Steinkohle und Braunkohle entwickelt werden muß. Wir werden DEMINEX weiter fördern. Wir unterstützen den weiteren Ausbau der Bundesrohölreserve. Lassen Sie mich noch ein kurzes Wort zu Europa und zur internationalen Zusammenarbeit sagen: Wir begrüßen, daß auch auf der jüngsten europäischen Gipfelkonferenz der Regierungs- und Staatschefs am 7. und 8. April in Kopenhagen festgestellt wurde, daß Energieeinsparungen dringend notwendig sind. Wir halten die Auffassung des Europäischen Rates für richtig, „umfassendere und verstärkte Anstrengungen auf einzelstaatlicher Ebene und auf Gemeinschaftsebene zur Drosselung der Nachfrage und Steigerung des Energieaufkommens innerhalb der Gemeinschaft" zu unternehmen. Herr Minister Lambsdorff, wir sind Ihnen für die Ankündigung dankbar, daß die Bundesregierung in der Zeit ihrer Präsidentschaft - die Übernahme erfolgt in Kürze - neue Initiativen für eine gemeinsame europäische Energiepolitik unter besonderer Berücksichtigung heimischer Energiequellen ergreifen wird. ({18}) Adolf Schmidt hat bereits gesagt: Die in der EG ungleichen Positionen - die Lieferverpflichtung für deutsche Steinkohle in Zeiten einer Mangellage einerseits und fehlende Abnahmeverpflichtungen in Zeiten des Überflusses andererseits - sind nicht gerade Ausdrtick eines solidarischen Verhaltens. Wir bitten die Länder -der Gemeinschaft und deren Organe, mit uns gemeinsam Wege zu finden, daß Importe von Drittlandkohle nur in einem vertretbaren Maße in Länder der Gemeinschaft kommen und daß heimische Energien angemessen berücksichtigt werden. Die Bundesregierung kann mit unserer vollen Unterstützung bei ihren europäischen und internationalen Bemühungen rechnen. Ich fasse zusammen: Erstens. Die Energiepolitik der Bundesregierung ist durch Kontinuität und Solidität gekennzeichnet. Zweitens. Zu ihr gibt es keine Alternativen der Opposition. Drittens. Die SPD-Fraktion unterstützt die Energiepolitik der Bundesregierung, wenn auch nicht unkritisch. Viertens. Unsere sozialdemokratischen energiepolitischen Vorstellungen haben wir auf unserem Hamburger Parteitag und auf der SPD-Fraktionsvorsitzenden-Konferenz in Düsseldorf formuliert. Fünftens. Wir wissen, daß die Einfluß- und Gestaltungsmöglichkeiten von Bundestag und Bundesregierung bei der Struktur der Energiemärkte und der Energiewirtschaft begrenzt sind. Die derzeitige Lage des deutschen Energiemarktes ist nicht etwa Wolfram ({19}) die Folge einer falschen oder unzulänglichen deutschen Energiepolitik, sondern hat andere Ursachen und Gründe. Unsere Energiepolitik ist grundsätzlich richtig. Sechstens. Wir wissen um die internationalen Zusammenhänge, und deshalb treten wir für europäische und supranationale Lösungen ein. Siebtens. Für uns hat die Sicherung der zukünftigen Energieversorgung und die Verringerung des Grades der Importabhängigkeit Vorrang. Wir treten für die vorrangige Nutzung der heimischen Energiequellen, insbesondere der Stein- und Braunkohle, ein. Die Bundesregierung bitten wir, gemeinsam mit dem Bergbau einen Weg zu finden, der ihm über die derzeitige Durststrecke hilft. ({20}) Achtens. Wir sind für Energiesparen. Neuntens. Wir wollen alternative Energien entwickeln. Zehntens. Wir sind für Kernenergie, aber wir wollen uns auch das Recht vorbehalten, darüber zu diskutieren, in welchem Umfang zusätzliche Kernkraftwerkskapazitäten noch notwendig sind. Für uns haben Steinkohlenkraftwerke Vorrang. ({21}) Elftens. Die Zweite Fortschreibung findet unsere Zustimmung. Sie wird von uns getragen; wir werden sie konstruktiv beraten. Es ist ein energiepolitisches Programm, mit dem diese Bundesregierung und die Bundesrepublik Deutschland sich sehen lassen können, auch im internationalen Vergleich. Wir wissen, daß dieses Programm nicht endgültig ist, sondern eines Tages erneut aktualisiert und fortgeschrieben werden muß. Wir werden die dazu erforderliche Diskussion kontinuierlich führen. Zwölftens. Eine letzte Bemerkung: Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes um Vertrauen und Unterstützung für unsere Energie- und Umweltschutzpolitik. Es bleibt dabei: Unsere Energie- und Umweltschutzpolitik ist ausgewogen, zukunftsorientiert und richtig. Zu ihr gibt es keine Alternative. ({22})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Laermann.

Prof. Dr. - Ing. Karl Hans Laermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001266, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Narjes hat eingangs davon gesprochen, die Vorlage der Regierung beinhalte Kautschukformulierungen. Wir stellen zunächst einmal grundsätzlich fest, daß die Grundansätze der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms und diejenigen des von der Opposition vorgelegten Programms nicht sehr unterschiedlich sind. Wenn Sie aber sagen, es handle sich um Kautschukformulierungen, möchte ich wissen, ob es sich bei Ihren Formulierungen nicht um eine thixotrope Flüssigkeit handelt: Wenn man sie anstößt, läuft sie auseinander. Hier gibt es doch nun wirklich gar keine konkreten Ansätze. Ich verstehe auch nicht, wie der Kollege Probst davon sprechen kann, das Problem der Endlagerung sei nicht endgültig gelöst, der Uranversorgung habe die Bundesregierung nicht genügend Sorgfalt entgegengebracht. Sie, Herr Kollege Narjes, stellen hingegen fest, daß die Gefährdung der sicheren Uranversorgung wegen internationaler Gegebenheiten unkalkulierbar sei. ({0}) - Ich glaube, ich habe ganz und auch richtig zugehört. In diesem Zusammenhang möchte ich nämlich gerne an Sie die Frage richten, Herr Kollege Narjes, ob ich Sie richtig verstanden habe, daß Sie sich bezüglich der Standortfrage, bezüglich der Entsorgungsfrage die Überlegungen von Herrn Professor Häfele aus Laxenburg zu eigen machen, nun auf Inseln zu gehen. Häfele hatte wohl Inseln eines Südseearchipels gemeint. Ich weiß nicht, ob Sie sich von den Ausführungen eines Ihnen nahestehenden Mitarbeiters haben beeinflussen lassen und möglicherweise die Insel Helgoland meinen. ({1}) - Herr Kollege Narjes, Sie haben auf Vorschläge von Herrn Häfele abgehoben. ({2}) - Ich wollte Sie in diesem Zusammenhang jetzt nur fragen, ob wir daraus schließen können, daß Sie einen Standort Gorleben in Ihren Überlegungen schon aufzugeben beginnen. ({3}) - Ich frage nur. Ich wollte nur um Klarstellung bitten, weil ich auf Grund Ihrer Formulierungen den Eindruck hatte, Sie könnten sich mit diesen Ausführungen von den Überlegungen bezüglich Gorleben schon absetzen. Die derzeitige Energiesituation ist wohl gekennzeichnet - darüber gibt es keinen Zweifel durch ein Überangebot und alle damit verbundenen Probleme. Unsere Energiepolitik muß mittel- und langfristig angesetzt werden. Bei der mittelfristigen Konzeption geht es darum, die Abhängigkeit von Energieimporten abzubauen. Wir wollen und müssen auf Diversifizierung abstellen, um unsere derzeitige etwa 60%ige Importabhängigkeit zu reduzieren. Auch der steigende Weltenergiebedarf - wir müssen berücksichtigen, daß zur Zeit nur rund 15 % der Weltbevölkerung mehr als zwei Drittel der Primärenergie nutzen - wird natürlich auf un-. sere Energiepolitik Einwirkungen und Auswirkungen haben. Dabei ist zu bedenken - das ist schon ein langfristiger Aspekt -, daß die Ressourcen an nicht erneuerbaren Energiequellen, an fossilen und mineralischen Energiequellen begrenzt sind. Es wird darauf ankommen, nicht nur neue Lagerstätten zu erschließen, sondern auch neue Energieträger und Energiequellen zu entwickeln. Hier müssen wir auch die Verantwortung der hochentwickelten Länder, der industrialisierten Länder gegenüber den unterentwickelten Ländern sehen - und sie auch für diese übernehmen -, den zukünftigen Weltenergiebedarf zu decken, also auch den Bedarf der Entwicklungsländer, und die nicht erneuerbaren Energiequellen nicht völlig auszubeuten, auf die zukünftig in erster Linie die Entwicklungsländer in stärkerem Maße angewiesen sind. Schließlich haben wir die Verpflichtung, kriegerische Auseinandersetzungen in Verteilungskämpfen um Energiequellen und Rohstoffe zu vermeiden. Damit ist Energiepolitik auch zu einem wichtigen Instrument der Friedenssicherung in der Welt geworden. Nun hat die Bundesregierung die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms vorgelegt. Es handelt sich dabei um eine konsequente Fortsetzung der bisherigen energiepolitischen Linie, was auch immer andere hineininterpretieren mögen. Dabei sind allerdings - das ist bei einer Fortschreibung selbstverständlich; das muß so sein - die veränderten Situationen berücksichtigt worden. Berücksichtigung fanden die wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten. Berücksichtigung fand aber auch die ökologische Verantwortung; denn es geht darum, bei aller Entwicklung und bei allem technischen Fortschritt eine lebenswerte Umwelt, eine intakte Biosphäre zu erhalten. Hier haben wir in der Tat einen politischen Auftrag, nämlich intensivste Anstrengungen zu unternehmen, um unter Berücksichtigung der ökonomischen Bedingungen auch dem wichtigen Faktor Natur in dem Dreiklang mit Kapital und Arbeit zu entsprechen. Mit dem Programm ist ein Rahmen abgesteckt; es sind Handlungshilfen gegeben worden. Hier handelt es sich nicht um dirigistische Eingriffe. Die Prioritäten in dieser Fortschreibung sind neu gesetzt worden. Wir finden es - das darf ich ausdrücklich betonen - gut, daß nun, auch in Übereinstimmung mit internationalen Vereinbarungen, die rationelle Energieverwendung an erster Stelle steht. Wir brauchen hier gar nicht vom Sparen oder Einsparen zu reden. Die bessere Energieverwendung, die bessere Energienutzung ist ohne Komfortverzicht möglich. Vom Sparen müssen wir unter Umständen später reden, wenn es uns jetzt nicht gelingt - hier stimme ich mit meinem Vorredner, Herrn Schmidt, überein -, das verfügbare Energiepotential besser und rationeller zu nutzen. Dazu bieten sich grundsätzlich zwei Bereiche an. Der erste Bereich ist die Umwandlung von Primärenergie in Nutzenergie. Hier können wir die Wirkungsgrade und die Technologien weiter verbessern, können z. B. die anfallende Abwärme, die eine Umweltbelastung darstellt, nutzen. Der zweite große Bereich, in dem die Energie besser ausgenutzt werden kann, ist der der Endenergie, der Nutzenergie. In diesem Bereich sind bei der Industrie 45 °/o, in den Haushalten und beim Kleinverbrauch mehr als 50 °/o und im Verkehr - und dies ist geradezu abenteuerlich und unverantwortlich - 83 °/o Energieverlust hinzunehmen, Verluste an wertvollen Rohstoffen, die in Umweltbelastung umgesetzt werden. Die rationelle Energieverwendung kann keine kurzfristigen Erfolge von heute auf morgen zeitigen. Das ist ein langer Prozeß. Er muß aber eingeleitet und mit Nachdruck gefördert werden, wein wir in absehbarer Zeit - sagen wir, in zehn, fünfzehn Jahren - zu durchgreifenden und nennenswerten Erfolgen kommen wollen. Ich stimme auch hier den Überlegungen des Bundeswirtschaftsministers ausdrücklich zu. Es gilt, das Problembewußtsein der Verbraucher zu erhalten und zu verstärken. Denn wir haben doch zur Zeit - und das macht die Sache sehr schwierig - ein Überangebot an Energie. Wie soll man da dem Verbraucher klarmachen, und mit welchem Instrumentarium soll man ihn einsichtig halten, daß er überlegen muß, wie man mit dieser wertvollen Energie denn besser umgeht! Beim industriellen Verbraucher ist diese Schwierigkeit nicht so groß. Hier ist das Bewußtsein besser. Denn 'immerhin stellt Energie bei der Produktion einen erheblichen Kostenfaktor dar. Hier aber gilt es, die Anreize zu stärken. Wir begrüßen ausdrücklich das Programm der Bundesregierung zur Förderung energiesparender Produkte und Produktionsverfahren. Wir sollten uns seitens des Parlaments ernsthaft dafür einsetzen, den Mittelansatz dafür insgesamt noch zu erhöhen. Inzwischen ist auch erkennbar, daß sich durch die von der öffentlichen Hand angebotenen Anreize und Hilfen beim privaten Verbraucher in zunehmendem Maße ein Energiebewußtsein entwickelt. Wir halten das für unterstützenswert. Vieles ist durch die Programme der Bundesregierung auf diesem Gebiet eingeleitet worden. Das ist ein richtiger und erfolgversprechender Weg. Bürgerinitiativen und umweltbewußte Bürger sollten dies erkennen und diese Bemühungen unterstützen. Hier gibt es ein Gesetz zur Einsparung von Energie in Gebäuden, ein Programm betreffend heizenergiesparenden Investitionen, das nun an das Wohnungsbaumodernisierungsgesetz angebunden werden soll. Wir hoffen, daß hier mit Obstruktion jedweder Art endlich Schluß gemacht wird, damit das auch umgesetzt und realisiert werden kann. Es geht darum, daß die Entwicklung von Solaranlagen und Wärmepumpen in steuerliche Begünstigungen einbezogen wird. Die Gerätekennzeichnung, von der Herstellerindustrie inzwischen aufgegriffen, ist eine sehr gute Sache, um das Verbraucherbewußtsein zu schärfen. Auch geht es darum, Veränderungen in der Tarif- und Kostenstruktur von Nutzenergien vorzunehmen mit dem Ziel, verbrauchsfördernde Elemente abzubauen. Es geht darum, einen ganzen Katalog von Möglichkeiten administrativer Art - Gebote, Verbote, Anreize, Hilfen - zu finden, um das Bewußtsein des Verbrauchers zu schärfen und wachzuhalten. Wir halten es in erster Linie für ein Informationsproblem. Das kann man nicht mit Druckschriften oder Postwurfsendungen überwinden, sondern hier müssen gezielte Informationen erteilt werden. Ich möchte hier noch einmal wiederholen, was ich zu anderer Zeit schon einmal sagte: Ich könnte mir denken, daß Fernsehspots ähnlich wie der „7. Sinn" einen wichtigen Beitrag zur Bewußtseinserhaltung der Verbraucher leisten können. Das sollte von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgegriffen werden; ({4}) sie sollten das weniger als Werbemaßnahmen sehen denn als eine gesellschaftspolitische Aufgabe. Die Mitwirkung von Verbänden und Organisationen, die über Sachkunde verfügen, ist angeboten. Wir sollten dieses Angebot auch annehmen. Ich meine auch noch ergänzen zu müssen, daß endlich entsprechender Einfluß auf die Ausbildung von Städteplanern und Architekten genommen werden muß, damit die Überlegungen zur besseren Energienutzung bereits frühzeitig umgesetzt werden, nämlich schon beim Entwurf von Gebäuden und der Planung ganzer Stadtbezirke. Es ist also ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die dazu dienen sollen, eigenverantwortliches Handeln des Verbrauchers, des Bürgers also, zu stützen. Der Bürger sollte sich immer aus eigener Einsicht vor Augen halten, daß mit dem wichtigen Rohstoff Energie, der ja die Grundlage unserer Wirtschaftskraft ist, hausgehalten werden muß. Wir von der FDP nehmen den Umweltschutz sehr ernst. Wir unternehmen die größtmöglichen Anstrengungen, diesem Umweltschutzgebot zu entsprechen. Aber ich möchte hier auch an Bürgerinitiativen und Umweltschützer, die sich manchmal, wie ich betonen möchte, zu Recht gegen eine weitere Schädigung der Umwelt wenden, mit der Bitte und mit dem Aufruf herantreten, nicht immer nur gegen etwas zu sein, sondern auch einmal für etwas zu sein: nicht gegen, Kraftwerke und Industrieanlagen oder Straßen, sondern für bessere Energienutzung. Die Bürgerinitiativen müssen und könnten hier eine wichtige neue Aufgabe übernehmen, nämlich sich mit der Umsetzung dieses Gedankens vom besseren Umgang mit Energie zu befassen. Sie können sich schließlich bereit erklären, die eine oder andere einschränkende Maßnahme, die für den Bürger und für den Verbraucher etwas lästig sein könnte, mitzutragen. Wenn sie sich diesen Gedanken und Überlegungen zuwenden, ist das, glaube ich, ein wichtiger Beitrag zur Glaubwürdigkeit dieser Initiativen. Ich bitte aber auch zu bedenken: Die Quelle für Umweltverschmutzungen sind nur zu 20 % Kraftwerke und großindustrielle Anlagen, zu 30 % sind es die Haushalte, Kleingewerbe und Kleinverbraucher, zu 50 % ist es der Verkehr. Lassen Sie mich noch kurz auf eine Problematik eingehen, die hier immer wieder angesprochen wurde, nämlich: Wie können wir denn in Zukunft die Energieversorgung sichern? Welche Anstrengungen sind notwendig, z. B. auch, um Umwandlungsverluste bei der Umwandlung von Primärenergie, insbesondere der heimischen Kohle - Steinkohle, Braunkohle -, zu verringern? Wie können wir dazu kommen, den Wirkungsgrad bei der Ausnutzung des Energiepotentials von derzeit nur knapp 40 % auf vielleicht 70 oder 80 % und mehr zu erhöhen? Hier geht es um die Entwicklung neuer Kohletechnologien. Ich möchte mit Befriedigung feststellen, daß die Bundesregierung gerade in ihren Forschungsansätzen diesem Bereich erhebliche Steigerungsraten zugewiesen hat. Die Weltvorräte an Kohle sind größer als die von 01. Auch die national verfügbaren Reserven, die einen unschätzbaren wirtschaftlichen und politischen Wert darstellen, bestehen in unserem Lande aus Stein- und Braunkohle. Es kommt also in erster Linie darauf an, die Förderkapazitäten dieser nationalen Reserven zu erhalten und damit einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung zu leisten. Die Förderung neuer Umwandlungsverfahren ist auch wichtig im Hinblick auf die Verringerung der Umweltbelastungen. Ich denke hier an die Entschwefelungsanlagen. Hier hat der Kollege Probst unrecht. Wir müssen alles daransetzen, diese Belastungen zu vermeiden. Ich denke, daß die Nutzung der Abwärme auf dem Wege der Wärme-Kraft-Koppelung über Fernwärmesysteme ein wichtiger Beitrag sein könnte. Das gilt allerdings nicht nur für Kohlekraftwerke. Aber auch die Fernwärme ist durch Programme der Bundesregierung aus dem Konjunkturprogramm erheblich gefördert worden, und zwar bis zu 520 Millionen DM bis 1980. Ich meine, daß hier durchaus erfolgversprechende Ansätze vorhanden sind und daß dieses Angebot auch aufgegriffen wurde. Als ein Paradebeispiel für neue Einsatzmöglichkeiten, das mich sehr interessiert hat, möchte ich die Forschungsbemühungen der British Petrol anführen. Sie entwickelt nämlich wieder einen Schiffsantrieb, der auf Kohlebasis arbeitet. Sie geht davon aus, daß langfristig gesehen das Ö1 ein zu wertvoller Rohstoff ist, um mit einem so schlechten Wirkungsgrad und mit so hohen Umweltbelastungen im Verkehr eingesetzt zu werden. Sie entwikkelt einen sogenannten „liquid coal combustion"-Antrieb, den sie für ihre eigene Tankerflotte einsetzen will. Ich meine, wir sollten solche Überlegungen doch aufgreifen und aus diesen Anstrengungen Lehren ziehen. Ich darf hier dazu sagen, daß in der Bundesrepublik das Texaco-Verfahren, ein ähnliches Verfahren, gefördert wird. Für mich war es sehr eindrucksvoll, zu erfahren, daß eine Ölgesellschaft beim Antrieb ihrer eigenen Tankerflotte wieder auf Kohle zurückgehen will; dies möchte ich nur als zukunftsorientiertes Beispiel nennen. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob wir nicht Vorstellungen folgen sollten, unsere Energieversorgung wieder etwas zu dezentralisieren, zu mehr Dezentralisation .zu kommen, nicht die gigantischen Kraftwerksblöcke zu errichten, bei denen dann an einem Punkt erhebliche Emissionen anfallen, sondern dezentral vorzugehen, damit wir auch in einem Verbundkonzept die Fernwärme besser und günstiger - ({5}) - Das ist eine wirtschaftliche Frage, bei der es nicht darum geht, daß das Parlament oder die Regierung irgendwelche Vorgaben macht. Ich finde es überhaupt nicht richtig, daß wir versuchen, nur wenige Grundmuster zu entwickeln und zu sagen, nun müssen sich alle daran orientieren, und in dieses Grundraster müssen alle hineinpassen; dies hängt vielmehr von der jeweiligen Situation ab. Ich glaube, Herr Kollege Narjes, diese Frage kann nur unter Berücksichtigung vielfältiger Faktoren, unter Berücksichtigung systemanalytischer Zusammenhänge beantwortet werden. Ich weigere mich und wehre mich dagegen, solche Dinge auf Punkt und Komma festzulegen. Es steht auch die Frage an, wie es mit alternativen regenerierbaren Energiequellen aussieht. Hier ist in erster Linie die Sonnenenergie anzusprechen. Auch dies hat in die Fortschreibung des Energieprogramms und in die Förderungsmaßnahmen Eingang gefunden; wir haben bis zum Jahre 1980 allein in diesem Bereich, von Null beginnend, 127 Millionen DM an Forschungsförderungsmitteln des Bundes eingesetzt. Die Nutzung der Sonnenenergie im Bereich der Niedrigtemperatur kann einen beachtlichen Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung leisten; sie ist für neue Arbeitsplätze, für neue Technologien und auch für den Export besonders wichtig. Natürlich wird die Sonnenenergie nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse kaum in der Lage sein, den Energiebedarfszuwachs abzudecken; darum geht es nicht. Aber sie ist und bleibt ein wichtiger Beitrag, ein wichtiger Beitrag auch für die Entwicklungshilfe, wenn ich daran denke, daß wir auch zu Solarkraftwerken kommen, die direkt Strom erzeugen können. Von den sehr zukunftsorientierten, zukunftsträchtigen Möglichkeiten orbitaler Sonnenkraftwerke will ich hier nicht sprechen. Zur langfristigen Entwicklung ist festzuhalten: Wir haben in diesem Programm, wie wir meinen - und da stützen wir die Bundesregierung nachdrücklich -, eine abgewogene Stellungnahme zum Einsatz der Kernenergie, insbesondere der Kernspaltungsenergie. Es geht darum, daß wir die Option auf diese neuen Energiequellen erhalten und daß wir diese Energieträger fortentwickeln. Diese Fortentwicklung kann - hier stimme ich vielen Kritikern zu - nicht nur am Reißbrett, sondern muß in der praktischen Erprobung erfolgen; sonst würden wir heute immer noch bei der Wattschen Dampfmaschine stehen. Deswegen ist es richtig, ein breites Forschungs- und Entwicklungsprogramm anzulegen, wie dies die Bundesregierung getan hat. Ich meine, daß dies eine gute Sache ist. Wir wollen keinesfalls bei der Leichtwassertechnologiestehenbleiben, sondern fortgeschrittene Reaktorlinien entwickeln. Das hängt auch mit der Begrenztheit der Uranvorräte zusammen. Wir müssen also zu anderen Reaktorlinien kommen. Die Frage ist, wie es mit dem Schnellen Brüter aussieht. Muß es der natriumgekühlte Schnelle Brüter sein, oder sind gasgekühlte Schnelle Brüter, bei denen sich ja auch Erfolge abzeichnen, nicht vielleicht doch die sichereren kerntechnischen Anlagen? Wie sieht es mit Salzbrütern aus? Hier gibt es eine breite Palette von Möglichkeiten, und wir müssen sehen, daß wir im Rahmen internationaler Kooperation zu weiteren Entwicklungen kommen. Ich bin nicht der Meinung, daß der Schnelle Brüter bereits kommerziell einsetzbar wäre; hier geht es darum, auf dem Forschungssektor mit diesem Instrumentarium weiterzukommen, und dann sind weitere Entscheidungen notwendig. Für mich ist ein Typ von besonderem Interesse, und zwar der Hochtemperaturreaktor. Herr Kollege Narjes, ich stimme nachdrücklich mit Ihnen überein, daß wir im Hinblick auf den Verbund von Kohle und Kernenergie intensive Anstrengungen - auch im internationalen Bereich - auf die Fortentwicklung des Hochtemperaturreaktors richten müssen. Denn hier haben wir die Möglichkeit, in Zukunft die Kohle mit ihrem teuren Einstellungspreis wirtschaftlicher, mit höherem Wirkungsgrad zu nutzen. ({6}) Wir haben einen Reaktortyp mit größerer inhärenter Sicherheit. Wir haben die Möglichkeit, den Thorium-Kreislauf zu entwickeln. Thorium bringt ja weniger Probleme mit sich als Plutonium. Ich muß schließen. Leider sehe ich die rote Lampe leuchten. Ich bitte um Vergebung, Frau Präsident. Ich meine, noch ein kritisches Wort sagen zu müssen: Kohle ist zu teuer und zu schade, um auf Dauer mit so schlechtem Wirkungsgrad wie bisher verbrannt zu werden. Sie ist wie alle Kohlenwasserstoffe ein wertvoller Rohstoff. Wir sollten also alle Anstrengungen unternehmen, bei Fortentwicklung auch der Kerntechnologie über den Hochtemperaturreaktor zu entsprechenden Lösungen zu kommen. ({7}) Für die FDP-Fraktion erkläre ich, daß wir mit der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms und den darin gesetzten Prioritäten voll übereinstimmen. Wir gehen davon aus, daß wir uns im internationalen Kontext befinden. Ich meine, daß wir in Zusammenarbeit mit allen Fraktionen dieses Hauses, auch in der von uns als notwendig erkannten Zusammenarbeit mit der Opposition - mit der Vorlage ihres Programms sind da, auch wenn es etwas wenig konkret ist, wohl Ansätze gegeben -, zu den für unseren Staat vertretbaren Lösungen kommen. ({8})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Hauff.

Dr. Volker Hauff (Minister:in)

Politiker ID: 11000828

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer die aktuelle Versorgungslage auf dem Energiesektor in unserem Land 1978 betrachtet, könnte leicht zu dem Schluß gelangen, daß wir, energiepolitisch gesehen, nach den stürmischen Jahren seit der Ölkrise die Hände für einige Jahre in den Schoß legen könnten. Denn von Energieknappheit kann zur Zeit keine Rede sein. Wir haben die größten Steinkohlehalden in der Geschichte der Bundesrepublik. Das Öl fließt ungestört. Die Kapazitäten der deutschen Stromkraftwerke und der Raffinerien sind nicht voll ausgelastet. Ich meine aber, es wäre äußerst gefährlich, wenn wir uns von dieser momentanen Überflußsituation blenden ließen angesichts der zu erwartenden weltweiten Verknappungstendenzen besonders bei Öl und Erdgas. Die Verfasser einer international äußerst beachteten Studie im Auftrag der Rockefeller Foundation vom März dieses Jahres nehmen die Verknappung des Öls und des Erdgases zum Anlaß, schwere internationale Spannungen aus Gründen der Energieversorgung für das Ende der 80er Jahre vorauszusagen. Die Ergebnisse praktisch aller Energiestudien zeigen, daß wir uns auf grundlegende Veränderungen des gesamten Energieversorgungssystems in den kommenden Jahrzehnten einzurichten haben. Dabei darf uns die Notwendigkeit, in Jahrzehnten zu denken, nicht dazu- verleiten, den Umstrukturierungsprozeß angesichts der aktuellen Versorgungssituation zu vertagen. Wer hier meint, Energiepolitik nach Landtagswahlterminen gestalten zu müssen, handelt meines Erachtens grob fahrlässig. ({0}) Es kommt auf längere Sicht zuallererst darauf an, durch rationelle und sparsame Energieverwendung den Zwang zu verringern, den Energieeinsatz im gleichen Maß wie bisher zu steigern. Wenn wir aus der Vergangenheit etwas gelernt haben, dann ist es die Tatsache, daß unsere Zukunft nicht in einem Wachstum liegen kann, das Energie und Rohstoffe vergeudet, unsere natürliche Umwelt zunehmend zerstört und die Menschen aus ihren sozialen Bindungen herausreißt. Ich bin der festen Überzeugung: rationelle und sparsame Energieverwendung ist eine der Schicksalsfragen unserer Generation. Rationelle Energieverwendung steht als klassisches Beispiel auch für jenes Wachstum, das Energie spart, Rohstoffe schont, Umwelt schützt und zugleich neue, zukunftsorientierte Arbeitsplätze schafft. Man wird die Politik unserer Zeit einmal daran messen, wie wir mit diesem Problem umgegangen sind. Die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms stellt erstmals rationelle und sparsame Energieverwendung ins Zentrum der künftigen Energiepolitik. Sie kann auf längere Sicht einen entscheidenden Beitrag leisten, den bisher allzu engen Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch zu lockern. Aber niemand von uns erwartet Wunder auf diesem Gebiet. Meine Damen und Herren, es stimmt uns in diesem Zusammenhang äußerst besorgt, wie die Opposition mit diesem Thema umgeht. ({1}) Wer sich ständig als das energiepolitische Gewissen der Nation aufspielt, dabei aber selbst Energiepolitik nach der Maßgabe des kleinstaatlichen Denkens eines badischen Kurfürsten oder eines Deichgrafen aus dem vorigen Jahrhundert betreibt, der sollte es unterlassen, diese kleinkarierte, landespolitisch-egoistisch motivierte Politik dem Bürger als vorbildlich für verantwortungsbewußte vorausschauende Energiepolitik zu verkaufen. ({2}) Nicht markige Bekenntnisse zur Kernenergie mit Wankelmut in der Entsorgungsfrage, nicht Halbherzigkeit bei neuen Energiequellen, bei rationeller Energieverwendung sind gefordert, ({3}) wir brauchen klare Prioritäten, die in sachgerechte Maßnahmen umgesetzt werden können. Wir haben mit der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms ein sorgfältig abgestimmtes Konzept vorgelegt, das alle Möglichkeiten für eine Stabilisierung und Modernisierung unserer Energieversorgung angemessen zur Geltung bringt. ({4})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Nein. ({0})

Dr. Volker Hauff (Minister:in)

Politiker ID: 11000828

Energiepolitik und Technologiepolitik sind eng miteinander verknüpft. Dies ist an der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms und an dem Programm „Energieforschung und Energietechnologien" vom April 1977 deutlich abzulesen. Wesentliche technologische Beiträge gibt es dabei in allen vordringlichen Bereichen der Energiepolitik, bei der rationellen und sparsamen Energieverwendung, bei der vorrangigen Nutzung unserer Kohlevorräte, bei der Entwicklung neuer Energiequellen und bei der Nutzung der Kernenergie. Zu diesen vier Bereichen möchte ich nun einige Feststellungen treffen. Die rationelle Energieverwendung steht auch im Forschungsbereich an erster Stelle. Technologien wie Fernwärme, Wärmepumpen, Wärme-Kraft-Kopplung, Solarsysteme brauchen wir für ein Wirtschaftswachstum der Zukunft. Es ist deshalb das Gebot der Stunde, diese Technologien verstärkt zu fördern und ihnen durch Setzen von Rahmenbedingungen auf dem Markt zum Durchbruch zu verhelfen. Ich bedaure es daher ganz außerordentlich, daß das Energiesparprogramm der Bundesregierung bisher durch den Zickzackkurs einiger Bundesländer noch nicht in Kraft gesetzt werden konnte. Hier hat sich die Opposition das falsche Objekt für einen Prestigekampf zwischen Bund und Ländern ausgesucht und den Weg der energiepolitischen Vernunft blockiert. ({0}) Da dieses Programm einen wesentlichen Baustein der Energiepolitik der kommenden Jahre darstellt, sind wir als Regierung in sehr flexibler Weise auf alle nachgereichten Vorschläge der Bundesländer eingegangen. Wir hoffen, dieses Programm jetzt in Form von Investitionszuschüssen und Steuererleichterungen ({1}) im Rahmen des Wohnungsbau-Modernisierungsgesetzes schnell zu verwirklichen. Ich kann nur hoffen, daß der Schaden, den die Opposition hier angerichtet hat, in Grenzen bleibt. ({2}) Ich möchte aber auch davor warnen, daß sich die Energieversorgungspolitik der Zukunft allein auf die Politik der rationellen Energieverwendung konzentrieren soll. Es wäre sicher nicht richtig, die Lösung der Zukunftsprobleme allein von der rationellen Energieverwendung zu erwarten. Wir können es uns deshalb nicht leisten, auf sinnvolle Möglichkeiten zur Verbesserung unserer Energieversorgungslage zu verzichten. Dies gilt insbesondere für die Kohle. Wir sind uns bewußt, daß sich der deutsche Steinkohlenbergbau heute in einer besonders schwierigen Situation befindet. Wir müssen in Zeiten geringerer Nachfrage und großer wirtschaftlicher Nachteile der Kohle alles tun, um den Vorrang der Nutzung der heimischen Kohle zu verwirklichen. Die Erhaltung eines Lebens- und leistungsfähigen Steinkohlenbergbaus ist eine nationale Aufgabe. Auch die Technologiepolitik muß diese Aufgabe angehen. Dazu dienen gezielte Innovationen. ({3}) Wir werden im Rahmen des Energieforschungsprogramms und des Programms „Zukunftsinvestitionen" mit der Förderung für neue Kohletechnologien fast die Milliardengrenze erreichen. Dadurch werden neue Fortschritte in der Bergbautechnik, für die Erschließung, Gewinnung und Aufbereitung der Steinkohle, für die Veredlung der Kohle sowie für Humanisierung im Steinkohlenbergbau eingeleitet und Fortschritte gesichert, die auch in Zukunft eine umweltfreundliche Verstromung der Steinkohle ermöglichen sollen. Wie das Energiesparprogramm vom Dezember 1977 zeigt, bemühen wir uns um einen möglichst hohen Beitrag neuer Energiequellen zur künftigen Energieversorgung. Technologien zur Nutzung der Sonnenenergie, vor allem zur NiedrigtemperaturWärmeversorgung sind noch jung. Sie haben teilweise bereits den Bereich der Wirtschaftlichkeit erreicht und versprechen, in der Zukunft auch wichtige Beiträge zur Raumheizung liefern zu können. Sonnenkraftwerke können in der Zukunft vor allem für sonnenreiche Gebiete der Erde zu einer wichtigen Bereicherung der Energieversorgung führen und nicht zuletzt auch der deutschen Industrie einen neuen Exportmarkt erschließen. ({4}) Auch alle anderen neuen Energiequellen, wie die Windenergie oder die geothermische Energie, werden von uns gefördert, auch wenn ihr Potential zur Energieversorgung in der Bundesrepublik möglicherweise gering ist. Niemand sollte daraus einen Glaubenskrieg machen, denn niemand weiß, wie die Erdölpreise in den 80er Jahren aussehen werden, verehrter Herr Kollege Probst. ({5}) In diesen Technologien ist 'der technische Fortschritt noch lange nicht zum Stillstand gekommen. Dennoch ist es wichtig, in den Bereichen, in denen sich die Entwicklung der Wirtschaftlichkeitsgrenze zumindest sehr genähert hat, für eine beginnende Markteinführung Sorge zu tragen. Aus diesem Grunde wurden Solaranlagen zur Warmwasserbereitung und Wärmepumpen in das Energiesparprogramm der Bundesregierung einbezogen. Den vierten wichtigen Bereich der Energiepolitik bildet die Kernenergie. Die Bundesregierung hat in der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms zum Ausdruck gebracht, daß sie den begrenzten Ausbau der Kernenergienutzung nach vorrangiger Nutzung anderer Möglichkeiten, insbesondere der rationellen Energieverwendung sowie der vorrangigen Nutzung der Stein- und Braunkohle, unter Beachtung des unterschiedlichen Kapazitätsbedarfs in den einzelnen Lastbereichen ({6}) und unter Beachtung regionaler Aspekte für unerläßlich, auf Grund des erreichten Sicherheitsstandards auch für vertretbar hält. ({7}) Vordringlichstes Problem ist die befriedigende Lösung der Entsorgungsfrage. ({8}) Wir werden dabei alles tun, den eingeschlagenen Weg zur Lösung der Entsorgungsfrage konsequent fortzusetzen. Dabei wird dafür gesorgt, daß die in diesem Bereich entstehenden Kosten, Herr Kollege Probst, vom Kernenergiestrompreis gedeckt werden. Wir erwarten auch vom Land Niedersachsen die Aufgabe der Hinhaltetaktik bei der Genehmigung für die Errichtung der zentralen Entsorgungsanlage. Das Land Niedersachsen kann nicht einerseits den forcierten Ausbau der Kernenergie im Land Niedersachsen fordern und andererseits in der Entsorgungsfrage notwendige Entscheidungen blockieren. ({9}) Ministerpräsident Albrecht täte gut daran, diese notwendigen und nach den Vorarbeiten möglichen Entscheidungen zu treffen. ({10})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Volker Hauff (Minister:in)

Politiker ID: 11000828

Nein.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine Zwischenfrage, meine Herren. ({0})

Dr. Volker Hauff (Minister:in)

Politiker ID: 11000828

Die Reaktorsicherheitsforschung muß weitergeführt werden, um unser Verständnis für Detailprobleme, die durch weitergreifende vielfache Sicherheitsmaßnahmen abgedeckt sind, zu vertiefen. Bei den fortgeschrittenen Reaktorsystemen, dem Hochtemperaturreaktor wie dem Schnellen Brüter, geht es darum, die Forschung und die Entwicklung weiter verantwortlich voranzutreiben, weil beiden Systemen als Zukunftssicherung für unser hochindustrialisiertes Land große Bedeutung in der Energieversorgung zukommen kann. Dies gilt auch für die Fusionsforschung. In allen Bereichen sind in der Energie- und Technologiepolitik bedeutende Maßnahmen eingeleitet worden. Wir haben einen Teil dessen, was die sogenannten Grünen Parteien und die Bürgerinitiativen mit „umdenken" und „umlenken" bezeichnen, bewußt und verantwortlich gestaltend in den letzten Jahren bereits angepackt. Wir befinden uns auf dem Weg zu einer neuen Energieversorgungsstruktur durch das Energiespargesetz von 1976, durch das Energieforschungsprogramm vom April 1977, durch das Zukunftsinvestitionsprogramm, durch die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms und durch die geplante Förderung der Einsparung von Energie. Mit allen eingeleiteten Maßnahmen wie z. B. der Sicherung des Steinkohleabsatzes in der Kraftwirtschaft, z. B. der Mineral- und Heizölsteuer, z. B. den Investitionszuschüssen und den Steuererleichterungen, z. B. der Belastung der Kernenergie mit allen Folgekosten, z. B. einem ausgeglichenen Programm für Forschungs- und Demonstrationsvorhaben auf dem Energiesektor werden Milliardenbeträge bewegt, die die wirtschaftlichen Randbedingungen für die Nutzung der verschiedenen Energiequellen in die energiepolitisch wünschbare Richtung wirksam beeinflussen. Wenn sich die Opposition durch die Vorlage eines eigenen energiepolitischen Programms - zumindest programmatisch - unseren Vorstellungen in weiten Teilen anschließt - ich sehe in dem Programm, das vorliegt, in der Tat keine grundlegenden Meinungsunterschiede -, so ist das zu begrüßen. Nur wird die Opposition den Bürgern dieses Landes erst noch zu beweisen haben, daß das kein taktisches Wendemanöver ist, das man nur veranstaltet, um den aufkommenden Unmut der Bürger zu besänftigen. Das, was die Opposition auf dem Gebiet der Energiepolitik bisher betrieben hat, war kleinkarierte Politik, die die Schaffung neuer, zukunftweisender Arbeitsplätze durch Verunsicherung blockiert hat. Ich will gar nicht von Investitionsstau reden, aber: Wo bleiben Ihre Taten in Sachen rationeller Energieverwendung? So kündigt z. B. Ministerpräsident Filbinger in Baden-Württemberg ein Energiesparprogramm 1977 mit Investitionszuschüssen für Solaranlagen und Fernwärmesysteme und mit der Abschaffung des Stromtarifs II an, um sich dann vehement dagegen zu wehren, als die Bundesregierung zu Taten schreitet.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Probst?

Dr. Volker Hauff (Minister:in)

Politiker ID: 11000828

Nein, ich möchte die Rede im Zusammenhang halten. - Wo bleibt ihre rückhaltlose Unterstützung für den deutschen Steinkohlenbergbau, meine Damen und Herren? Die Landesregierungen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein halten, worauf mein Kollege Wolfram schon hingewiesen hat, den Bau von zusätzlichen Steinkohlekraftwerken aus rein betriebswirtschaftlichem Denken für unwirtschaftlich und fordern einen forcierten Ausbau der Kernenergie in diesen Bundesländern. ({0}) Wo bleibt Ihre Verantwortlichkeit in der Entsorgungsfrage? Herr Ministerpräsident Albrecht stimmt mit der Bundesregierung zunächst darin überein, das Entsorgungszentrum über den niedersächsischen Salzstöcken zu errichten, um danach zu fordern, den Atommüll lieber nach Grönland zu schaffen oder ihn für unbestimmte Zeit in Zwischenlagern aufzubewahren. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schröder ({0})?

Dr. Volker Hauff (Minister:in)

Politiker ID: 11000828

Nein. - Wer heute, Herr Breidbach, für eine verantwortungsbewußte Energiepolitik, wer für sparsame und rationelle Energieverwendung eintritt und gegen wachsende Umweltverschmutzung Partei ergreift, kann dies mit der Bundesregierung tun. Wer glauben machen will - dies an die Bürgerinitiativen und die Umweltschutzbünde -, energiepolitische und umweltpolitische Forderungen, z. B. zum Energiesparen oder zur Reinhaltung der Luft, seien schon mit Protestmärschen, Resolutionen, Flugblättern oder ähnlichem umgesetzt, täuscht sich selbst und die Bürger. Was Not tut, ist eine kritische Auseinandersetzung mit Argumenten auch und gerade dann, wenn sie von besorgten Bürgern vorgetragen werden. Meine Damen und Herren, als in den 60er Jahren die kritische Jugend auf Grund der Versäumnisse unterlassener Reformpolitik ihren Unmut äußerte, haben wir damals die politische Argumentation nicht der Straße überlassen. Ebensowenig lassen wir heute die kritische Jugend und die besorgten Bürger auf der grünen Wiese stehen, ({0}) zumal einige ihrer Argumente von uns schon 1961 mit der Forderung des blauen Himmels über der Ruhr ({1}) und auch von anderen Großorganisationen, etwa der IG Metall auf ihrer Tagung über die Qualität des Lebens, aufgegriffen wurden. ({2}) Wir haben durch den Bürgerdialog Kernenergie alle Probleme der Kernenergienutzung vor einer breiten Öffentlichkeit sichtbar behandelt. ({3}) Wir haben uns dem Dialog auf Veranstaltungen der Kirchen, der Gewerkschaften, der Bürgerinitiativen und der politischen Parteien gestellt. ({4}) Erst nach Abwägung eines breiten Interessenspektrums haben wir mit der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms ein neues Fundament gelegt. Aber ebenso wie wir als Partei die Jugend 1968 aufgefordert haben, die Wirklichkeit nicht nur zu kritisieren, so zeigen wir heute in der Regierungsverantwortung die Wege auf, die Wirklichkeit zu verändern. Ich frage daher bespielsweise Bürgerinitiativen und Umweltschutzverbände, wo sie mit ihrem Protest gewesen sind, als es darum ging, mit großen Informationsveranstaltungen für das Energiesparprogramm der Bundesregierung in ihrem Bereich den Bürger zu informieren. Nicht nur die Informationen über die Gefahren neuer Technologien sollten den Bürgerinitiativen am Herzen liegen. Auch Informationen über die Chancen neuer Maßnahmen der Bundesregierung sollten nicht unterschlagen werden. Pioniergeist und Weitsichtigkeit von Unternehmern sind hier ebenso gefordert wie die Bereitschaft jeden einzelnen Bürgers zu verantwortlichem Handeln. ({5}) Auch die öffentliche Hand ist aufgerufen, durch ihr Beispiel die richtige energiepolitische Richtung zu verstärken. Der Bund hat dies getan, beispielsweise durch die Ausrüstung von Bundesbauten mit Solaranlagen, durch die Förderung des Aufbaus großer Fernwärmenetze an Ruhr und Saar. In anderen Bereichen liegen viele Möglichkeiten der öffentlichen Hand, insbesondere der Länder und Gemeinden, noch brach. Beispielsweise werden die Elektrizitätsversorgungsunternehmen der Bundesrepublik in erheblichem Umfang von Ländern und Gemeinden kontrolliert. Auch bauplanungsrechtlich haben Länder und Gemeinden zahlreiche Zuständigkeiten bei der rationellen Energieverwendung. Sie müssen hier verstärkt tätig werden und alle Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung stehen, nützen. Eben weil die Ausfüllung des von der Bundesregierung gesetzten energiepolitischen Rahmens nicht verordnet werden kann, brauchen wir in der Energiepolitik einen breiten politischen Konsens. Ich hoffe daher, daß die Opposition, die in ihren energiepolitischen programmatischen Initiativen zu mancher Hoffnung Anlaß gibt, jetzt den schönen Worten Taten folgen läßt. Es wäre gut für unser Land, wenn es in der Energie- und der Energieforschungspolitik möglichst viele Gemeinsamkeiten gäbe. Das würde unserem Land nützen. Die Bundesregierung bemüht sich um diese Gemeinsamkeit auf der Grundlage und mit den klaren Prioritäten der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms. ({6})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Riesenhuber.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was Herrn Minister Hauff in seinen letzten Ausführungen dazu verführt hat, einen Gegensatz zwischen dem, was wir politisch wollen, und dem aufzubauen, was die Regierung will, ist völlig unbegreiflich. Hier kann nur ein parteipolitisches Interesse vorgelegen haben. Eine solche Profilierung eines neuen Ministers vor seinen Linken ist nichts anderes als der Versuch, hier kurzfristige Popularität zu gewinnen und dabei Teller zu zerschlagen, von denen er noch essen können muß. ({0}) Es gehört schon ein beachtlicher Mut dazu, Kontinuität in der Energiepolitik zu beanspruchen, wenn über den Zeitraum der letzten 12 Monate Diskontinuität, Unsicherheit, Widersprüche und Streit in die politische Linie der energiepolitischen Auseinandersetzung von niemand anderem als von den Parteien der Bundesregierung hineingetragen worden sind. ({1}) Herr Kollege Hauff, Sie wissen selber - wir haben hier in früheren Debatten darüber gesprochen -, daß es in den vergangenen Jahren CDU/ CSU-geführte Bundesländer waren, die die äußerste Last der Auseinandersetzung für die Durchsetzung der Kernenergie getragen haben, die wir alle in der Situation, in der wir stehen, für unverzichtbar halten. Es ist unredlich und unfair, wenn Sie jetzt hier so sprechen, als ob die Sorgfalt, die beispielsweise Ministerpräsident Albrecht bei der Prüfung der Programme an den Tag legt, die er durchführt und vor der Öffentlichkeit vertreten muß, eine Aufkündigung der Gemeinsamkeiten wäre. ({2}) Wenn hier jemand aufkündigt, Herr Hauff, dann sind Sie es. ({3}) Was Graf Lambsdorff heute früh vorgetragen hat, war der Ansatz für eine konstruktive Politik und für die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Opposition, die in wenigen Bereichen so entscheidend ist wie in der Energiepolitik. Wenn wir diese Grundlage haben wollen, dann hat allerdings die Bundesregierung mit all ihren Ministern einen einheitlichen Stil zu wahren und nicht - wie schon im vergangenen Jahr - der Forschungsminister den linken Flügel abzudecken, damit der Rest der Bundesregierung hier eine rationale Politik betreiben kann. Diese Rollenverteilung in der Bundesregierung geht keinesfalls an. ({4}) Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die derzeitige Regierung rät, ruhig zu bleiben. Ich werde hier in aller Ruhe sagen; was zu diesem Punkt zu sagen ist. In den letzten zehn Jahren ist die Erkenntnis gewachsen, daß Energiepolitik die Grundlage unserer künftigen Existenz ist. ({5}) - Ich möchte mal wissen, wann Sie als Bundesregierung die ersten Energieeinsparungsprogramme vorgelegt haben. Dazu bedurfte es des Ölschocks. Vorher geschah nichts. Vorher haben Sie weder im Wirtschafts- noch im Forschungsministerium ein einziges Programm zur Energieeinsparung ausgearbeitet. ({6}) Die Verfügbarkeit von Energie bestimmt Art und Grenzen unseres künftigen wirtschaftlichen Wachstums. Mögliche Grenzen des Wachstums rücken mit einem Wachstum der Weltbevölkerung weltweit schneller näher. Gegeben sind sie durch die Belastbarkeit der Umwelt, durch Verfügbarkeit von Rohstoffen und durch unseren Zugriff auf Energie. Aber die Frage, wie wir in einer Welt wachsender Industrialisierung Umweltbelastungen beherrschen können - und wir müssen, und wir werden sie beherrschen -, ist wiederum eine Frage der Energie. Die Aufarbeitung von Abfällen, die Entschwefelung von Rauchgas sind Fragen der Energie. Was wir leisten können, hängt davon ab, ob wir genügend Energie haben, und zwar zum richtigen Preis. Die Gewinnung von Rohstoffen ist letzten Endes ausschließlich eine Frage der Energie. Preis und Verfügbarkeit von Energie bestimmen die Grenzen der Wirtschaftlichkeit bei der Aufbereitung armer Erze. Energie wird entscheiden, ob wir den Übergang beherrschen von einer Gesellschaft, die in dem selbstverständlichen Glauben unbegrenzter Ressourcen und unbegrenzter exponentieller Wachstumsraten gewirtschaftet hat, zu einer Gesellschaft, die aus dem Bewußtsein von Grenzen nicht in die Idylle zurückfliehen will, sondern die die Grenzen als neue Randbedingungen des Marktes erfaßt. Der t Ölschock von 1973 sollte spätestens klargemacht haben, daß die klassischen Energieträger nur noch begrenzt verfügbar sind. Der hohe Preis und auch die Umweltprobleme unserer heimischen Kohle lassen nicht zu, ihren Einsatz über mittlere Fristen so massiv zu steigern, wie unser Energiebedarf steigen können muß. ({7}) Die Abhängigkeit vom Ö1 muß gemindert werden. Die Forderung nach Energieeinsparung ist heute die Forderung nach einer Einsparung vor allem von Öl. ({8}) Vor dem Hintergrund dieser Forderung war die Politik der Regierung in den letzten fünf Jahren ein Mißerfolg. Bei nahezu stagnierender Wirtschaft ist unsere Abhängigkeit vom Ö1 ungemindert. Der Anteil des Öls an der gesamten Energieversorgung blieb fast konstant und lag ständig über 50 %. Wie Graf Lambsdorff vorgetragen hat, sind auch die Prognosen für die nächsten Jahre nicht wesentlich besser. Grundsätzlich sind drei Alternativstrategien denkbar: Neue Energien, Sonnenenergie und die davon abgeleiteten Energien sowie die Kernfusion, werden vielleicht unerschöpflich sein. In großem Umfang werden sie keinesfalls kurzfristig verfügbar sein. Kernspaltung als neue Technik - und dies ist die zweite Alternative -, unabhängig von fossilen Brennstoffen, hat den Durchbruch erreicht. Die Forderung nach billiger sicherer Energie für die kommenden kritischen Jahrzehnte kann sie erfüllen helfen. Sie ist mittelfristig die aussichtsreichste Alternative. Aber gerade sie ist in den Regierungsparteien mit Vehemenz bekämpft worden. ({9}) - Wir werden das in den Regierungsparteien noch erleben - erinnern Sie sich an Ihre Debatten -, ob sich die Linken durch die Parteitagsbeschlüsse betrogen fühlen und ob sie das ertragen, nachdem in der SPD vor dem Parteitag zwei Drittel aller Bezirke Moratorien oder sogar das Ende der Kernenergie für Deutschland beschlossen hatten. ({10}) Die dritte Chance ist der sparsame Umgang mit Energie und ihr rationeller Gebrauch. Hier sollte - so sprachen die Linken - die große Alternative liegen, durch die die Kernenergie überflüssig und daher nicht erlaubt sei. Die Notwendigkeit rationellen Umgangs mit Energie steht außer Frage. Sie steht an erster Stelle unseres Antrags zu einem Energieprogramm, der dem Hause vorliegt. Zu prüfen ist, was bei aller Übereinstimmung im Ziel, die wir unterstreichen, die konkreten Vorschläge leisten, deren Vorlage Aufgabe der Exekutive ist und die die Exekutive vorgelegt hat. Im Programm zur rationellen und sparsamen Energieverwendung, Punkt 8 bis 24 der Zweiten Fortschreibung, stehen drei konkrete Vorschläge, die finanziell oder strukturell besonders massiv eingreifen. Zum ersten: Die Bundesregierung will die Steuer auf leichtes Heizöl verdoppeln. Sie räumt den fiskalischen Charakter dieser Maßnahme ein. Anschließend schreibt sie - Zitat -: „Die Steuererhöhung stellt zugleich ein Signal für sparsamen Energieverbrauch dar." Die Steuererhöhung wird, wenn sie durchschlägt, den Heizölpreis um 3 % erhöhen. Geht die Regierung tatsächlich davon aus, daß dies von irgendeinem Verbraucher als Signal verstanden werden kann, nachdem die Verdoppelung der Heizölpreise nach der Ölkrise ohne entscheidende Wirkung auf den Verbrauch geblieben ist? Der Erfolg wird nicht sein, daß Heizöl gespart wird. Das Ergebnis wird eine neue Steuer sein, die bleibt, auch wenn ihr Zweck schon vergangen ist, ein neuer Anteil des Staates an dem, was wir alle verdienen. ({11}) Zweitens. Minister Hauff ging auch auf das 4,35Milliarden-Programm ein. Der Ertrag der Steuererhöhung war für den Bundesanteil bestimmt. Die grundsätzlichen Fragen sind am vergangenen Freitag und heute und in früheren Reden diskutiert worden. Zu fragen ist, ob dieses Programm wirklich Energie einsparen kann - in einem Volumen, das in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand steht. Es ist grundsätzlich richtig, bei Haushalt und Kleinverbrauch anzusetzen.. Hier liegen 45 % unseres Verbrauchs. Hier bestehen großer Verbrauch an Ö1 und große Verluste von mehr als der Hälfte der eingesetzten Energie. Die Bundesregierung erwartet nach ihrer Kabinettsvorlage vom Dezember 1977 eine Einsparung von 2 Millionen t Steinkohleeinheiten pro Jahr. Dies ist gerade ein halbes Prozent des gesamten Energiebedarfs, den die Bundesregierung für den Zeitpunkt nach dem Ende des Programms selber prognostiziert. Das heißt, daß selbst bei doppelten Energiepreisen Investitionen von rund 171/2 Milliarden DM noch nicht einmal ihre Verzinsung verdienen, gar nicht zu reden von Abschreibungen, und von Betriebskosten wird nicht geredet. Das Konzept war auch von Anfang an ein Wechselbalg aus schlecht angelegter Konjunkturpolitik und mißglückter Wahlhilfe für Herrn Ravens im Mäntelchen einer Energieeinsparung, die wir alle wollen. Natürlich war es auch ein Alibi für die Parteitage von SPD und FDP in der Hoffnung, daß keiner nachrechnet, daß dieses gesamte Programm weniger bringt als ein einziger Block Biblis C. Verzögerungen sind entstanden. Minister Hauff wies darauf hin. Sie entstanden nach der Vorlage des Programms, weil es vorher nicht solide vorbereitet war, weil die Bundesregierung nicht vorher mit ihren Partnern - allen Bundesländern - abgestimmt hat, was sie sachlich und finanziell will. ({12}) Wir rechten hier nicht über die Schuld. - Sie kennen, Herr Kollege Stahl, den Ablauf selbst am besten. Es ist ein unmögliches Vorgehen, den Bundesländern, die man als Partner gewinnen will, ein fertiges, nicht abgesprochenes Programm hinzuhauen, das massiv in die Investitionsplanung der Bundesländer eingreift - in einem Moment, wo die Bewegungsmöglichkeiten der Bundesländer in ihren eigenen Haushalten immer kleiner werden. So sind die Verhältnisse, und darüber wollen wir nicht hinwegreden. ({13}) Der Start der Bundesregierung in dieser Sache war schlecht. Aber wir sind uns einig darin, daß wir den Start brauchen. Wir brauchen ein neues Energiebewußtsein in der Bevölkerung, und wir brauchen ein Signal an die Partner in aller Welt. Wir sind bereit, uns auf Verknappungen einzustellen. Deshalb sind wir bereit, daran mitzuarbeiten, daß dieses Programm brauchbar wird. ({14}) - Überhaupt nicht. Wir haben genau das gleiche erklärt. Wir wollen dieses Programm in einer schlechten Form nicht. Wir arbeiten mit - darüber haben wir wie die Regierung heute gesprochen - an einem besseren Programm. Wir werden sehen, daß es besser sein wird. Das dritte! Die Bundesregierung will den Grundpreistarif II abschaffen: Was diese geniale Idee bringt, hat mit beachtlicher Präzision unser Kollege Erwin Stahl, dem ich auch an dieser Stelle für seine fruchtbaren Zwischenrufe sehr danke, im SPD-Pressedienst vom 27. Dezember 1977 vorgerechnet: insgesamt 0,26 % am ganzen Primärenergiebedarf könnte man allenfalls sparen. Dies geschähe mit massiven sozialen Härten für kinderreiche Familien, die ohnehin unter dieser sozialliberalen Regierung sozial immer weiter abgefallen sind, mit Härten für kleine Unternehmer, denen unter dieser Regierung zunehmend die Kraft für ihre eigentliche Arbeit ausgetrieben worden ist, bis zur Geschäftsaufgabe und zum Konkurs. Dies brächte Nachteile für die Regionen mit sich, die energiepolitisch ohnehin schon benachteiligt sind: etwa das flache Land, das vom Erdgasnetz nicht erschlossen wird. ({15}) - Ich trage hier vor, was die Bundesregierung -genauer: ihr derzeitiger Parlamentarischer Staatssekretär - aus zweifellos zumindest mathematisch korrekter Einsicht formuliert hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stahl ({0}) ? ({1})

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ich kann es nicht machen. Ich bitte um Vergebung; denn ich habe nur noch genau 17 Minuten. Ich plaudere gern mit Ihnen. ({0}) - Ich bin gern bereit, den Beleg dafür vorzulegen. Dieses Konzept ist strukturell falsch, es ist unsozial, und die möglichen Ersparnisse sind gering. Dies ist schlechte Politik, und deshalb lehnen wir sie ab. ({1}) Die Zweite Fortschreibung nennt Maßnahmen, die grundsätzlich richtig sind und die wir unterstützen. Sie entsprechen unserem Antrag zum Programm und zahlreichen Einzelinitiativen im Parlament: so die Wärmeschutzverordnung zum Energieeinspargesetz, die vernünftige Dämmwerte für Neubauten festlegt, die Herabsetzung der Dieselölsteuer für stationäre Motoren, die wir selbst beantragt haben. Für neue Techniken, Wärmepumpen und Sonnenenergie sind in besonderem Maße Unterstützungen gerechtfertigt. Sie helfen, die Schwelle zum Durchbruch im Markt herunterzusetzen, zu größeren Serien und damit geringeren Einheitenkosten zu kommen. Fernwärme muß weiter ausgebaut werden, insbesondere mit Wärmekraftkoppelung. ({2}) - Dies ist glatter Unsinn, lieber Herr' Stahl. Ich hoffe, das ist kein unparlamentarischer Begriff. Dann zöge ich den Begriff zurück. Bei der Fernwärme bleibt das Verhältnis zum Erdgas, dessen Leitungssystem steht, und auch zum Strom zu klären. Schon in früheren Debatten haben wir festgestellt, daß der Besitz der Stromnetze, dass regionale Monopol der EVUs, kein Hemmnis sein darf, jedes Megawatt wirtschaftlicher Stromkapazität aus der Wärmekraftkoppelung der Industrie zú erschließen. Die jüngste Praxis des Kartellgerichts zeigt, daß wirtschaftliches Denken, das dem Gemeinwohl verpflichtet ist, weiter als Dirigismus und staatlicher Zwang führen wird. Schließlich ist alles richtig, was das kritische Bewußtsein des Verbrauchers und damit sein marktgerechtes Verhalten fördert, etwa die Kennzeichnung des Strombedarfs von Geräten. Das Feld gemeinsamer Politik ist weit. Keine der genannten Maßnahmen verspricht jedoch in den nächsten Jahren die große Entlastung. Sie sind richtig, sofern sie Randbedingungen der Marktwirt, Schaft vernünftig setzen, Erfolg versprechen und weder staatliche noch private Gelder fehlleiten. Ausgerechnet aber die drei spektakulären Projekte der Bundesregierung, das ursprüngliche 4,35-Milliarden-DM-Programm, die Abschaffung des Grundtarifs II und die Erhöhung der Heizölsteuer, leisten nicht das, was sie beanspruchen und auch nicht das, was sie. kosten sollen. Sie entsprechen nicht der Leistungsfähigkeit einer führenden Industrienation in der freien Welt. Wir sind bereit, die Opfer mitzutragen, die wir abverlangen müssen, von denen Graf Lambsdorff sprach; aber sie müssen Erfolge versprechen, und dies ist eine Frage der hinreichenden Qualität der Vorlagen. ({3}) Die politische Chance der Regierung ist die breite Unterstützung durch das Parlament; was das heißt, zeigt Präsident Carters Lage im Kongreß und im Senat. Sein Energiesparprogramm, lebenswichtig für die Zukunft der freien Welt, droht im Parlament zu scheitern. Die Bundesregierung, voller parlamentarischer Unterstützung gewiß, setzt Milliardenbeträge ein und spart vielleicht gerade ein Prozent eines künftigen Energiebedarfs. Wenn wir über die Alternative und Gegenvorschläge zu einzelnen Maßnahmen sprechen, so wollen wir eines klarstellen: Wir brauchen hier natürlich den grundsätzlichen Konsens, aber wir brauchen andererseits die verfassungsmäßig gegebene Aufteilung von Aufgaben zwischen Legislative und Exekutive. Wir haben uns mit dem auseinanderzusetzen, was die Exekutive vorlegt. Die Beispiele, bei denen wir selbst die Initiativen ergriffen haben, von der Dieselölsteuer bis zur Solarenergie, habe ich angesprochen. ({4}) Die Forschungspolitik der Regierung - und bei der Forschung wird die entscheidende Frage sein, wie schnell wir neue Techniken zur Erschließung der Energien haben - setzt heute überwiegend auf direkte Förderung. Indirekte Förderung wird bewußt vernachlässigt. Das Verhältnis ist 16 : 1. Direkte Forschungsförderung bedeutet, daß sich die Regierung klüger dünkt als der Markt, daß sie Probleme zu erkennen hofft, die der Markt noch nicht merkt. Es gibt zahlreiche Projekte zur Energieeinsparung, die aussichtsreich sind. Zum großen Teil sind sie noch nicht reif. Oft werden sie erst seit wenigen Jahren ernsthaft betrieben. Wärmepumpen auf Dieselöl, unschlagbar in ihrer Energiebilanz, werden mit ausreichenden Standzeiten für kleinere Einheiten erst in einigen Jahren am Markt sein. Elektrowärmepumpen, die wir heute haben, entlasten den Energiebedarf kaum. Wir haben eine große Zahl unterschiedlichster Projekte, von Glühlampen günstiger Lichtausbeute bis zur Bremskraftverwertung in Automobilen. Die zahllose Fülle dieser Einzelvorschläge kann und soll nicht in einen einzigen Maßnahmenkatalog eingebunden werden, der der Wirtschaft überzustülpen wäre. Sie müssen verwirklicht werden über Erfindergeist und Initiative, über die Stärkung der Kraft zur Forschung und Innovation gerade auch kleiner und mittlerer Unternehmen. Diese . haben große Chancen auf einem vielfältigen, ständig wachsenden Markt. Direkte Forschungsförderung erreicht sie in aller Regel nicht. Ihre Fähigkeit, neue energiesparende Technologien zu entwickeln, nichtnukleare Energie zu erschließen, kann und muß gestärkt werden. Ein Instrument dazu ist die indirekte Forschungsförderung, deren Gewicht wachsen muß. Daß Einsparung über den Markt mehr als anderes Erfolg verspricht, zeigt die spezifische Entwicklung des Energieverbrauchs in der Industrie. Unter dem Druck des Marktes ist er ständig zurückgegangen, in der chemischen Industrie beispielsweise seit 1960 auf die Hälfte. Der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Energiebedarf ist in verschiedener Hinsicht keinesfalls simpel. Das durchschnittliche Verhältnis beider Größen von 1 : 1 wie in der Vergangenheit ist keineswegs ein Naturgesetz. Sättigung im Energieverbrauch der Haushalte kann dieses Verhältnis verbessern ebenso wie die Dämmung von Wärmeverlusten, die Erhöhung von Wirkungsgraden der Sekundärenergiegewinnung, neue Technologien und eine Stagnation energieintensiver Industrien wie etwa der Stahlindustrie. Die Summe dieser Prozesse wird heute als Entkoppelung zusammengefaßt. Nach ganz neuen Prognosen soll diese Entkoppelung des Wachstums von Wirtschaft und Energie sehr viel früher einsetzen, als wir es bisher erwartet haben. In diesem Fall steigt unsere Chance, den Anschluß zu gewinnen an die Nachölzeit, an die neuen Techniken von Kohlevergasung und Kohleverflüssigung, an die Zeit, in der Kernkraft und Kohle zusammen mit neuen Energien die Grundlage unserer Versorgung sind. Schnelle Entkoppelung über Sparstrategien hinaus wäre gut. Aber wir haben nicht das Recht, uns darauf zu verlassen. ({5}) Unsere Aufgabe ist es nicht, Entkoppelung zu prognostizieren. Wir müssen .sie ermöglichen. Wir wollen nicht viel oder wenig Energie. Wir wollen ausreichend Energie. Wir setzen dabei auf den Markt. Die Linken setzen auf die Philosophie eines Energierestbedarfs, und das heißt auf Planung. Die Parteitage der FDP, besonders der SPD, in gewundener Form selbst die Bundesregierung sprechen so, als ob der Bedarf an Energie in einer mittelfristigen Planung ebenso verbindlich festgelegt werden könnte wie die Möglichkeiten zu seiner Dekkung. Wenn alles addiert ist, sollte abzählbar sein, was Kernenergie zu leisten hat. Hierfür wären als Voraussetzung unverzichtbar sektorale Prognosen zu Wachstumsraten, zu Einsparungspotentialen, zu neuen Technologien, die noch dazu stimmen müssen. Die Folge wäre nichts anderes als eine Investitionsplanung. Nicht einmal die globalen Prognosen zum Wirtschaftswachstum haben gestimmt. Die Instrumente zu derart detaillierten sektoralen Prognosen liegen nicht vor. Daß die Prognosen nicht gestimmt haben, spricht nicht gegen die Prognosen. Es spricht aber dagegen, sie als verbindlich zu erklären. Es fehlt jede realistische Voraussetzung einer Restbedarfsphilosophie. Ihre Folgen wären bedrohlich. Bis zu zehn Jahren reicht heute die Vorlaufzeit von Energieinvestitionen. Und selbstverständlich - im Gegensatz zu dem, was hier yon einigen Rednern der Koalitionsparteien vorgetragen worden ist - gibt es hier Investitionshemmnisse, die gebremst und aufgehalten haben. Mit Recht arbeitet die Bundesregierung selbst daran, diese Investitionshemmnisse zu beseitigen. Es wäre ja eine völlig inkonsequente Politik, wenn Sie hier vortrügen, dies sei nicht der Fall. Der prozeßfeste Nachweis eines Energiebedarfs über Jahre kann nicht geführt werden, wie die Restbedarfsphilosophie ihn verlangt. Damit würde dann die Investition in einklagbarer Weise nicht erlaubt. Rechtzeitige Investitionen aus der Verantwortung des Unternehmers sind aber unabdingbar. ({6}) Was bleibt, ist die weitere Belastung von Gerichten mit einem Streit, für den sie nicht eingerichtet sind, einem Streit, den wir dort schon in einem viel zu hohen Maße haben. Was bleibt, ist wachsende Rechtsunsicherheit nicht nur für den Investor, sondern ebenso sehr für den betroffenen Bürger. Was bleibt, ist der Abbau von Rechtssicherheit und zugleich von Markt. Wir brauchen auf absehbare Fristen wirtschaftliches Wachstum. Aus seiner Notwendigkeit zur Sicherung der Arbeitsplätze und zur Erhaltung unseres sozialen Systems ergibt sich unser Programm zur Energiepolitik, das unser Parteitag beschlossen hat. Es ist uns hier vorgehalten worden, dieses Programm stimme mit dem der Regierung überein. Wer uns dies vorhält, soll auch sagen, daß über weite Perioden der öffentlichen Auseinandersetzungen des vergangenen Jahres unsere Linie die einzige war, die unter den politischen Parteien Deutschlands mit der Regierung unbezweifelbar und handlungsfähig übereingestimmt hat. Das war die Grundlage der Arbeit. ({7}) Dies liegt nicht etwa daran, daß wir hier mit Ihnen ideologisch übereinstimmen, sondern daran, daß Energiepolitik weitgehend sachlich bestimmt sein muß. Wenn sie falsch wird, wird sie aus Ideologie falsch. Wer aber verdächtig ist, Ideologie einzubringen, sind nicht wir in diesem Hause, meine Damen und Herren. Sie sollten dankbar sein, daß wir bereit sind, Verantwortung mitzutragen. Darüber sind Sie ja auch in vieler Hinsicht froh. Sie sollten das nicht zerschlagen. Wir haben dieses Programm im Parlament eingebracht. Sie haben dies mit Ihren Parteitagsbeschlüssen wohlweislich nicht getan. Wir hätten gern mit Ihnen und mit der Bundesregierung diskutiert über Strukturräte und die Verstaatlichung der Stromnetze oder das, was Sie wirklich unter vorausschauender Strukturpolitik verstehen. ({8}) Wir bringen unseren Antrag ein in selbstverständlicher Übereinstimmung von Partei und Fraktion. Dies ist eine Voraussetzung für langfristige Politik. Es ist auch eine Voraussetzung für Regierungsfähigkeit. Und dies ist ein Unterschied zwischen Ihnen und uns. ({9}) 8. Wahlperiode

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, die Debatte wird nach der Fragestunde fortgesetzt. Wir beginnen mit der Fragestunde um 14 Uhr. Die Sitzung ist unterbrochen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll Punkt 23 der Tagesordnung abgesetzt werden. Ferner hat der Ältestenrat vereinbart, daß die Punkte 6 und 7 der Tagesordnung vor Tagesordnungspunkt 5 aufgerufen werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 8/1704 -Ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts auf. Zur Beantwortung steht uns Herr Staatssekretär Schüler zur Verfügung. Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Hartmann auf: Wann und gegebenenfalls aus welchen anderen als eigenen privaten Mitteln hat der Bundeskanzler das gegen ihn vom Landgericht Traunstein wegen Verstoßes gegen eine einstweilige Verfügung vom 15. September 1976 verhängte Ordnungsgeld in Höhe von 5 000 DM und die ihm auferlegten Verfahrenskosten bezahlt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Die Verfahrenskosten des Ihrer Frage zugrunde liegenden Verfahrens hat die Sozialdemokratische Partei Deutschlands beglichen, da der Bundeskanzler die umstrittene Äußerung im Wahlkampf gemacht hatte. Das Ordnungsgeld hat der Bundeskanzler beglichen. In beiden Fällen sind staatliche Mittel nicht in Anspruch genommen worden. Sie sehen daraus, daß dieser Vorgang die Bundesregierung nicht berührt. Gleichwohl wollte ich Ihnen die Antwort nicht verweigern.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Klaus Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000816, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich frage der Vollständigkeit halber: Beinhaltet Ihre Antwort, daß Ordnungsgeld und Kosten nicht nur schlußendlich von der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bzw. vom Herrn Bundeskanzler persönlich bezahlt, sondern auch nicht aus Haushaltsmitteln vorläufig vorgestreckt worden sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich habe ausgeführt, daß dieser Vorgang die Bundesregierung nicht berührt. Ich bin nicht in der Lage, Fragen zu beantworten, die sich auf Vorgänge von Parteien beziehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Klaus Hartmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000816, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Teilen Sie nicht die gute alte preußische Auffassung, daß ein hoher Staatsdiener immer als im Dienst befindlich anzusehen sei, wenn er sich in der Öffentlichkeit bewegt?

Not found (Staatssekretär:in)

Diese Meinung teile ich voll. Ich kann als Vertreter der Bundesregierung allerdings nicht Fragen beantworten, für die die Bundesregierung nicht steht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Höhmann zur Verfügung. Die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Dr. Hupka auf: Warum hat die Bundesregierung das Informationsmaterial, das unter früheren Bundesregierungen über den 17. Juni 1953 reichlich vorhanden war, nicht neu aufgelegt, und welches Informationsmaterial gedenkt sie aus Anlaß der 25. Wiederkehr der Ereignisse am 17. Juni 1953 zu veröffentlichen und interessierten Mitbürgern anzubieten?

Egon Höhmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000919

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung sieht den 17. Juni, besonders im Jahre seiner 25. Wiederkehr, als ein Ereignis im Gesamtzusammenhang der deutschlandpolitischen Entwicklung und damit auch der zeitgeschichtlichen Betrachtung der Situation in Deutschland. Er findet in vielfältigen publizistischen Aktivitäten mit der diesem Ereignis angemessenen Bedeutung seinen Niederschlag. Die vorhandenen Filme zum 17. Juni stehen allen Interessenten zur Verfügung. Die Bundesregierung unterstützt, besonders im medienpolitischen Bereich, vielfältige Eigeninitiativen von Organisationen und Verbänden, so z. B. Publikationsvorhaben und Informationsaktivitäten des Kuratoriums Unteilbares Deutschland, zum 17. Juni. Für einen breiten Leserkreis - mit einer Auflage von über 100 000 Exemplaren - wird die Bundeszentrale für politische Bildung in Zusammenarbeit mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen den 17. Juni in diesem Jahr in der Wochenzeitung „Das Parlament" und in der Beilage „Aus Politik und Zeitgeschichte" würdigen. Dies geschieht auch unter Berücksichtigung entsprechender Bekundungen innerhalb des parlamentarischen Raums. Wichtige Aufsätze werden in der Sonderreihe „Schriften der Bundeszentrale für politische Bildung" veröffentlicht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie Auskunft darüber geben, was von dem, was Sie angekündigt haben, was erst noch sein wird, heute und morgen schon greifbar ist?

Egon Höhmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000919

Herr Abgeordneter, der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen hat nichts groß angekündigt, sondern er hat in Zusammenarbeit mit dem Kuratorium Unteilbares Deutschland festgelegt, in welcher Weise man dieses Tages gedenken sollte. Darüber ist eine Einigung in der Weise erzielt worden, wie sie mein Kollege von Schoeler in einer der letzten Fragestunden hier dargestellt hat.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Habe ich Sie recht verstanden, Herr Staatssekretär, daß von den früheren Veröffentlichungen, die zum Teil die zweite, dritte oder vierte Auflage erzielt haben, die inzwischen vergriffen sind, nichts mehr neuaufgelegt wird?

Egon Höhmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000919

Herr Abgeordneter, ich könnte Ihnen das gesamte Konzept und die gesamte Produktion hier verlesen, die noch vorhanden ist und die in Auflagen bis in der 70er Jahre hineinreicht. Die Filme, Schriften, Wandzeitungen und ähnliches sind noch in ausreichendem Maße vorhanden und können allen Organisationen zur Verfügung gestellt werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen auf. Zur Beantwortung steht uns Frau Staatsminister Dr. Hamm-Brücher zur Verfügung. Wir kommen zur Frage 66 des Abgeordneten Dr. Hupka: Zu wieviel regelmäßig halbjährlich oder jährlich abzuhaltenden Begegnungen des Bundesaußenministers und mit welchen Regierungen hat sich die Bundesregierung zusätzlich zu den deutsch-französischen Konsultationen bereit erklärt?

Not found (Gast)

Herr Präsident, die Frage des Herrn Kollegen Hupka ist etwas ausführlicher zu beantworten; ich beantworte sie wie folgt. Im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit ({0}) kommen die Außenminister jährlich viermal zu Ministertreffen zusammen. Dies wurde im Kopenhagener Bericht vom 23. Juli 1973 vereinbart. Darüber hinaus lädt jeder Außenminister während seiner halbjährigen Präsidentschaft zu einem informellen Ministertreffen ein, genannt Treffen à la Gymnich nach dem ersten dieser Art auf deutsche Initiative im Jahre 1974. Der Europäische Rat, dem die Regierungschefs und die Außenminister angehören, trifft auf Grund der Vereinbarung der Gipfelkonferenz vom Dezember 1974 jährlich dreimal zusammen. Darüber hinaus finden seit 1976 regelmäßige halbjährliche Begegnungen der Regierungschefs unter Teilnahme der Außenminister zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien statt. Mit der Schweiz und Spanien bestehen ebenfalls institutionalisierte Konsultationen auf der Ebene der Außenminister einmal jährlich. Bereits 1963 wurden mit Japan regelmäßig einmal im Jahr stattfindende Außenministerbegegnungen vereinbart. Die Deutsch-Zairische Gemischte Kommission, an der beide Außenminister teilnehmen, tritt jährlich zusammen. Mit Ägypten und Israel bestehen gemischte Kommissionen auf Außenministerebene vornehmlich mit wirtschaftspolitischer Zielsetzung. In der gemeinsamen Erklärung vom 11. Juni 1976 sind die Bundesrepublik Deutschland und Polen übereingekommen, mindestens einmal jährlich Konsultationen der Außenminister durchzuführen. Am 11. April 1978 wurden jährliche Begegnungen mit der CSSR vereinbart. Mit der Sowjetunion besteht kein förmliches Protokoll über regelmäßige Konsultationen der Außenminister. In der gemeinsamen Erklärung vom 30. Oktober 1974 haben jedoch Bundesregierung und sowjetische Regierung anläßlich des Besuchs von Bundeskanzler Schmidt und Außenminister Genscher in der Sowjetunion vereinbart, sich zu regelmäßigen Konsultationen über wichtige Fragen der bilateralen Beziehungen sowie über internationale Probleme von gegenseitigem Interesse zu treffen. Zeitpunkt und Ebene ihrer Durchführung werden jeweils auf diplomatischem Wege vereinbart. Wenn beide Seiten dies für notwendig halten, jedoch in der Regel mindestens einmal jährlich, werden Begegnungen der Außenminister oder ihrer Beauftragten stattfinden, und zwar abwechselnd in Bonn und Moskau. In der Folge haben sich die Außenminister beider Länder in der Regel mindestens einmal im Jahr zu Konsultationen getroffen. Darüber hinaus gibt es noch mit mehreren Ländern eine Anzahl von gemischten Wirtschaftskommissionen unter der Leitung der Außenminister, die aber nur zu unregelmäßigen Intervallen ad hoc zusammentreten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka, bitte.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist diese Häufigkeit der verabredeten direkten Konsultationen unbedingt der Arbeit nützlich, oder hält das nur ständig den Bundesaußenminister auf Trab?

Not found (Gast)

Herr Kollege Dr. Hupka, wenn man diese lange Liste in der Tat in praktische Arbeit umsetzt, ist die Belastung für einen Außenminister sehr groß. Aber er hat ja auch noch Staatssekretäre und zwei Staatsminister, die ihm dann gelegentlich die Bürden gern abnehmen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wäre es dann nicht vielleicht empfehlenswert gewesen, einmal einen Schlußpunkt zu setzen, anstatt jetzt bei der jüngsten Zusammenkunft wiederum zu verabreden, daß man sich alle Jahre auf der Ebene der Außenminister trifft?

Not found (Gast)

Herr Kollege Dr. Hupka, immer dann, wenn es aus außenpolitischen Gesichtspunkten für erforderlich erachtet wird, solche Anregungen aufzugreifen, wird das auch in Zukunft geschehen müssen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragen 67, 68 und 70 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann ({0}) auf: Treffen Informationen zu, daß Düsenjäger unbekannter Nationalität von tschechoslowakischem Gebiet aus am 9. April Bundesgebiet über längere Strecken überflogen haben, und was hat die Bundesregierung gegen derartige Grenzverletzungen diplomatisch unternommen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich wie folgt. Ihre Information trifft insoweit zu, als ein Düsenjäger unbekannter Nationalität am 9. April 1978 von tschechoslowakischem Gebiet aus bei Furth im Wald über die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland etwa 1 bis 2 km tief in das Bundesgebiet eingeflogen ist. Wenn das Bundesministerium des Innern den Abschlußbericht fertiggestellt hat, wird das Auswärtige Amt die Angelegenheit, wie bei derartigen Grenzverletzungen üblich, auf diplomatischem Wege, mit der tschechoslowakischen Seite weiterverfolgen. Der Bundesminister des Auswärtigen hat darüber hinaus anläßlich des Besuchs von Staatspräsident Husak am 10. April 1978 den tschechoslowakischen Außenminister Chnoupek auf diesen Vorfall angesprochen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Welche Erklärung hat die Tschechoslowakei für das offensichtlich aus ihrem Gebiet kommende Flugzeug gegeben?

Not found (Gast)

Herr Kollege Wittmann, bisher liegt keine Erklärung vor. Ich möcht nur darauf hinweisen, daß immer wieder mal solche Überfliegungen stattfinden - und zwar von beiden Seiten -, die dann auf diplomatischem Weg geklärt werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, meinen Sie nicht, daß, wenn ein Militärflugzeug die Grenze überfliegt, das etwas anderes ist, als wenn sich ein Sportflugzeug verirrt, und hat man da nicht unverzüglich von der Tschechoslowakei eine Aufklärung verlangt? Denn ein solches Überfliégen könnte ja unter Umständen Reaktionen auslösen.

Not found (Gast)

Herr Kollege, es ist auch immer wieder mal vorgekommen, daß ein NATO-Flugzeug einige Kilometer in einen fremden Luftraum eingeflogen ist. Das ist dann auf dem diplomatisch üblichen Weg geklärt worden. So wird es auch in diesem Fall geschehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann ({0}) auf. Welche konkreten Zusagen hat die Bundesregierung aus Anlaß des Staatsbesuchs des tschechoslowakischen Staatspräsidenten Husak zur Gewährung von Minderheiten- und Volksgruppenrechten für die Deutschen in der Tschechoslowakei und zur Bewilligung von Ausreiseanträgen dort lebender Deutscher gefordert und erhalten?

Not found (Gast)

Herr Kollege Wittmann, zunächst zum zweiten Teil Ihrer Frage. Im Hinblick auf die Genehmigung von Ausreiseanträgen Deutscher aus der Tschechoslowakei wurde in der gemeinsamen Erklärung vom 11. April 1978 die Absicht bekräftigt, auch weiterhin im Einklang mit dem Briefwechsel über humanitäre Fragen vom 11. Dezember 1973 zu verfahren. Das tschechoslowakische Außenministerium hatte die Bundesregierung kurz vor dem Staatsbesuch davon unterrichtet, daß Ende März/Anfang April rund 300 Ausreiseanträge genehmigt worden sind. Auf Ihre Frage nach den Minderheitenrechten weise ich darauf hin, ,daß die in der Tschechoslowakei lebenden Deutschen durch Verfassungsgesetz vom 27. Oktober 1968 als besondere Nationalität anerkannt worden sind und die in 'diesem Gesetz in den Art. 2 bis 4 festgelegten Minderheitenrechte in Anspruch nehmen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, Ihnen ist ja sicher bekannt, daß diese Gesetze nur auf dem Papier stehen. Hat die Bundesregierung nicht unter Hinweis auf den auch von der Tschechoslowakei unterschriebenen und ratifizierten Menschenrechtspakt der Vereinten Nationen gefordert, daß die Menschenrechte für die Deutschen, als Deutsche in ihrer Heimat zu leben, geachtet werden?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die genannten Rechte aus dem Verfassungsgesetz der Tschechoslowakei stehen keineswegs nur auf dem Papier. Sie gestehen den Deutschen den gleichen Status zu wie anderen nationalen Minderheiten in der Tschechoslowakei, z. B. das Recht auf zusätzlichen Deutschunterricht und auf deutschsprachige kulturelle Betätigung; es gesteht ihnen weiter zu, sich in ihrem Gebiet der deutschen Sprache im Umgang mit den Ämtern zu bedienen. Sie haben in den Gebietskörperschaften eine nationale Vertretung. Außerdem wird eine Zeitung in deutscher Sprache herausgegeben. Wenn man sich diese Rechte vor Augen hält, kann man wohl nicht sagen, daß diese Minderheitenrechte nur auf dem Papier stehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist die Bundesregierung wirklich so uninformiert, daß ein himmelweiter Unterschied zwischen Verfassungswirklichkeit und Verfassungstext in ,diesem Punkte in der Tschechoslowakei besteht?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung ist niemals uninformiert. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wie erklären Sie es sich, daß erst im Zusammenhang mit dem Besuch von Herrn Präsident Husak in der Bundesrepublik Deutschland 300 Ausreisewilligen plötzlich die Genehmigung zur Ausreise erteilt worden ist?

Not found (Gast)

Herr Kollege Hupka, die Ausreisegenehmigung für 300 Deutsche aus der Tschechoslowakei wurde im Zuge der Durchführung des Briefwechsels über humanitäre Fragen erteilt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, nachdem Sie vorher auf die Frage des Kollegen Wittmann zu diesem Punkt nicht eingegangen sind, frage ich noch einmal, ob bei den Gesprächen die Erfüllung der eindeutigen, präzisen und ohne Vorbehalt verbindlichen völkerrechtlichen Vertragspflichten des Art. 27 des politischen Menschenrechtspaktes von der Tschechoslowakei eingefordert worden ist, nachdem doch die Deutschen eine anerkannte Minderheit sind und nachdem die menschenrechtsfreundliche Bundesrepublik konstante Rechtsbrüche feststellen muß, die darin bestehen, daß es überhaupt keine deutsche Schule, keine frei gewählten Vertreter der Deutschen in öffentlichen Angelegenheiten nach Art. 25 und anderes gibt?

Not found (Gast)

Herr Kollege Czaja, wie ich vorhin bereits ausgeführt habe, besteht die Möglichkeit eines Zusatzunterrichts für Kinder deutscher Nationalität. Es wird angegeben, daß sich vollständige deutsche Schulen wegen der regionalen Streuung der Wohnorte der in Frage kommenden Kinder nicht rentieren könnten. Der Zusatzunterricht ist aber garantiert. Wie Sie wohl wissen, gibt es in der Tschechoslowakei wie in anderen osteuropäischen Staaten überhaupt keine freien Wahlen. In beide Vertretungskammern ist aber jeweils ein deutscher Repräsentant hineingewählt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, Herr Abgeordneten Ey.

Richard Ey (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wie erklärt sich ,die Bundesregierung das sprunghafte Ansteigen' der Zahl der Auswanderungsgenehmigungen gegenüber den Vorjahren um 189 und 223 auf rund 300 kurz vor Besuch von Herrn Husak?

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Herr Kollege, die Bundesregierung freut sich über das sprunghafte Ansteigen und hofft, daß es so weitergehen wird. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 73 des Herrn Abgeordneten Dr. Becher ({0}) auf: Von welchen statistischen und sonstigen Tatbeständen geht die Bundesregierung aus, wenn sie in der am 13. April 1978 veröffentlichten Gemeinsamen Erklärung von positiven Ergebnissen spricht, die bei der Durchführung des Briefwechsels über humanitäre Fragen vom 11. Dezember 1973 in der Tschechoslowakei über die Aussiedlung Deutscher aus der CSSR erzielt worden seien?

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Herr Kollege Becher, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Nach der Statistik des Deutschen Roten Kreuzes sind in den Jahren 1974 bis 1977 insgesamt 1 668 Deutsche auf Grund von Ausreisegenehmigungen aus der CSSR in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. Dies ist als ein positives Ergebnis zu würdigen, wenn man in Rechnung stellt, daß die Zahl der Ausreisewilligen verhältnismäßig niedrig liegt. Nähere Angaben über die Zahl der gegenwärtig vorliegenden Ausreisewünsche kann das Deutsche Rote Kreuz machen, das seine Unterlagen erst kürzlich noch einmal auf den neuesten Stand gebracht hat.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, liegt eine der Ursachen der außerordentlich geringen Jahresraten, die meiner Meinung nach keineswegs als positiv zu bewerten sind, darin, daß sich das sogenannte Aktualisierungsverfahren des Deutschen Roten Kreuzes nicht direkt an die in ihrer Ursprungsheimat lebenden Deutschen wendet, sondern daß das Deutsche Rote Kreuz nur über hier lebende Verwandte feststellen konnte, wer ausreisen will?

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Herr Kollege Becher, dieses Verfahren der Aktualisierung ist zwischen den beiden Rotkreuzgesellschaften so vereinbart worden. Wir haben keinen Anlaß zu Zweifeln. Woran es liegt, daß sich die Zahlenangaben offenkundig immer wieder verändern, dazu mag man seine Überlegungen anstellen. Auf jeden Fall liegen im Augenblick die vom Deutschen Raten Kreuz genannten Zahlen vor, die sich in etwa mit denen des tschechoslowakischen Roten Kreuzes decken.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wenn es nach Angaben des Roten Kreuzes noch vor vier Jahren 25 000 Ausreisewillige gab und diese Zahl angeblich auf Null zusammengeschrumpft ist, kann man dann nicht davon ausgehen, daß der Vertrag eben insofern schlecht ausgehandelt ist, als dieses mehr oder weniger fadenscheinige Aktualisierungsverfahren durchgeführt werden muß, und ist die Bundesregierung bereit, wie ich gestern im Auswärtigen Ausschuß angeregt habe, die Bildung gemischter Kommissionen vorzuschlagen, die ohne Einwirkung der örtlichen Instanzen unmittelbar am Ort Ausreisegesuche registrieren können?

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Herr Kollege Dr. Becher, nach den mir vorliegenden Unterlagen ist die Zahl 25 000 Ausreisewillige vor dem humanitären Briefwechsel ohne genauere Befragung genannt worden. Dann hat es im Jahre 1974 die Aktualisierungsbemühungen gegeben, die eine Zahl von rund 5 000 ergaben. Man muß einfach bei diesen Zahlenvergleichen auch im Auge behalten, daß ein Ausreisewilliger oder jemand, der sagt, er würde gern ausreisen, auch noch einen Antrag stellen muß, bevor das Verfahren sozusagen offiziell in Gang kommt. Offenbar haben viele gesagt, sie würden zwar gern ausreisen, haben aber am Ende dann den Antrag wohl nicht gestellt. Anders läßt sich das doch gar nicht erklären.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, warum hat die Bundesregierung, die zum Schutz auch dieser Deutschen verpflichtet ist, nichts unternommen, um ihrerseits als Vertragspartner der Tschechoslowakei zu ermitteln, warum die Zahl der Ausreiseanträge bzw. Ausreisewünsche sprunghaft abgesunken ist, und warum hat sie das dem hier völlig überforderten Roten Kreuz einfach überlassen?

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Herr Kollege Wittmann, weil das im deutsch-tschechoslowakischen Vertrag so vereinbart worden ist und darum das Deutsche Rote Kreuz und das Tschechoslowakische Rote Kreuz diese Ermittlungen durchführen. Beide Regierungen sind also an dem Verfahren zur Aktualisierung von Ausreisewünschen nicht beteiligt. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002388, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, da von seiten der Opposition hier auf die Erweiterung der Ausreisemöglichkeiten gedrängt wird, möchte ich Sie fragen, ob die Opposition der Bundesregierung überhaupt konkrete Ausreisewünsche auf Grund des Briefwechsels über humanitäre Fragen übermittelt hat und wie Sie, wenn dies nicht der Fall sein sollte, diesen Tatbestand beurteilen.

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Herr Kollege, ich kann im Augenblick natürlich nicht verbindlich sagen, ob man in besonderen Fällen an die Bundesregierung herangetreten ist. Ich versichere hier nur, daß die Bundesregierung genauso wie bei Ausreiseanträgen und Ausreisewünschen aus anderen osteuropäischen Ländern jeder Anregung und jedem Hinweis von Kollegen aus dem Hohen Hause sehr sorgfältig und sehr gewissenhaft nachgeht; und das wird sie auch in Zukunft so halten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, nachdem Sie gesagt haben, man könne bezüglich dieses „Menschenschwundes" unterschiedliche Überlegungen anstellen, darf ich Sie fragen: Welche Überlegungen stellt nun die Bundesregierung an? Denn die erste aktualisierte Zahl betrug 1974, nach Abschluß des Prager Vertrages, 20 000. Wir haben gestern vom Deutschen Roten Kreuz erfahren, daß wiederum zwischen den Angaben des Deutschen Roten Kreuzes und dem, was aus Prag zu hören ist, eine Differenz von 2 000 Menschen besteht.

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Herr Kollege, die Überlegungen der Bundesregierung gehen dahin, daß zwischen Wünschen, die geäußert werden, und konkreten Anträgen, die dann gestellt werden, offenbar ein großer Unterschied besteht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Friedrich.

Bruno Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000590, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, ist es richtig, daß die beiden Rotkreuzorganisationen das Aktualisierungsverfahren als korrekt betrachten, und kann ich davon ausgehen, daß die Bundesregierung dieses Aktualisierungsverfahren nicht, wie es gerade durch den Abgeordneten Herrn Becher geschehen ist, als fadenscheinig betrachtet?

Not found (Gast)

Das Deutsche Rote Kreuz, Herr Kollege, hat in der jüngsten Presseerklärung ausdrücklich noch einmal auf die Korrektheit des Verfahrens hingewiesen. Ich darf vielleicht noch hinzufügen, daß der Briefwechsel über die humanitären Angelegenheiten ausdrücklich noch einmal bekräftigt wurde und fortgilt, so daß auch in Zukunft die Zahlen stets von neuem aktualisiert und weitere Anträge gestellt werden können. Das Verfahren läuft ja nicht aus, anders als bei den deutsch-polnischen Vereinbarungen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, betrachtet es die Bundesregierung nicht eigentlich als tragisch und als Rückschritt, daß 15 000 Ausreisebewerber einfach verschwunden sind, nachdem doch sogar der Pressedienst , der SPD am 1. September 1975 nach den, wie er sagt, „auf dem neuesten Stand gehaltenen Karteien des Roten Kreuzes" 25 000 Ausreisebewerber als „erfaßt" bezeichnete und das Deutsche Rote Kreuz dem Auswärtigen Ausschuß mitgeteilt hat, daß von der Tschechoslowakei Ende 1975 20 200 Bewerber nicht in Zweifel gezogen werden, diese Zahl neuerdings aber laut dem Roten Kreuz auf nur noch 3 300 allerdings „nominierte Deutsche" zurückgegangen ist? Ist das nicht ein tragisches Versteckspiel mit 15 000 Deutschen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Czaja, jeder Bürger deutscher Nationalität in der Tschechoslowakei hat nach wie vor die Möglichkeit, einen Ausreiseantrag zu stellen. Es wird abzuwarten sein, ob sich die Zahlen neuerlich verändern. Im Augenblick liegen sie so. Von diesen Zahlen gehen wir aus.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hofmann.

Karl Hofmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000942, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, können die unterschiedlichen Zahlen, die wir ständig hören, nicht auch darauf beruhen, daß wir zwischen Ausreisewilligen und Antragstellern unterscheiden müssen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Hofmann, Sie wiederholen das, was ich wiederholt versucht habe, den Kollegen deutlich zu machen, nämlich daß hier zweifellos das Mißverhältnis auch dadurch erklärt werden könnte, daß jemand sagt, er würde schon dies wünschen, aber den Entschluß, einen Antrag zu stellen, dann doch nicht faßt. Das mag ja auch mit wirtschaftlichen, mit persönlichen, mit Familienverhältnissen zusammenhängen. Da gibt es nun wirklich eine Menge von Erklärungen. Aber auf jeden Fall muß man nicht von den genannten Wünschen ausgehen, sondern von den konkret gestellten Anträgen. Hier liegt jetzt eine weitgehende Übereinstimmung der Zahlenangaben vor.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, meinen Sie nicht auch, daß gerade der Besuch des tschechoslowakischen Staatspräsidenten Husak Gelegenheit geboten hätte, das, was offenbar beim Abschluß des deutsch-tschechoslowakischen Vertrages über die Form des Verfahrens damals noch nicht erreicht werden konnte, jetzt, nachdem man die Mängel dieses Verfahrens kennt, nachzubessern?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das ist ja dadurch geschehen, daß die Zusage der tschechoslowakischen Regierung, diese Ausreiseanträge wohlwollend zu überprüfen, neuerlich bekräftigt worden ist. Genau das, was Sie wünschen, ist geschehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hat das Deutsche Rote Kreuz die Möglichkeit, an Ort und Stelle mit ausreisewilligen Deutschen in der CSSR Kontakt aufzunehmen, und wenn nein, hat sich die Regierung bemüht, ein solches Recht zu erreichen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, soweit mir das Verfahren bekannt ist, werden hier in der Bundesrepublik lebende Angehörige in großer Zahl angeschrieben, die dann wiederum an ihre Angehörigen in der Tschechoslowakei schreiben. So verläuft dann das Verfahren. ({0}) - Ja, das ist aber so vereinbart worden, Herr Kollege Becher. ({1}) Auf diese Weise ist ja auch eine große Zahl von Ausreisewilligen bereits in die Bundesrepublik gekommen. Darüber freuen wir uns; das möchte ich noch einmal sagen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 74 des Abgeordneten Dr. Becher ({0}) auf: Ist die Bundesregierung bereit, auf Grund des in der Gemeinsamen Erklärung mit Präsident Husak getroffenen Bekenntnisses zu den Prinzipien der KSZE auch dafür einzutreten, daß die CSSR die dort verankerten Bestimmungen über den Schutz der Minderheiten, die Pflege ihrer Sprache und die Einrichtung eigener Schulen zugunsten der in ihrer Ursprungsheimat verbliebenen etwa 80 000 Sudetendeutschen berücksichtigt?

Not found (Gast)

Herr Kollege Dr. Becher, durch Verfassungsgesetz vorn 27. Oktober 1968 ist den etwa 78 000 Deutschen in der Tschechoslowakei die besondere Nationalität anerkannt worden und sind diese Deutschen den Ungarn, Polen und Ukrainern gleichgestellt warden. Wie ich vorhin schon ausführte, gibt es zwar keine deutschsprachigen Schulen, aber einen deutschsprachigen Zusatzunterricht. Außerdem bestehen die Möglichkeiten der deutschsprachigen kulturellen Betätigung. Die Deutschen können sich außerdem im amtlichen Verkehr mit den Behörden in den von ihnen bewohnten Gebieten der deutschen Sprache bedienen. Der Bundesregierung liegen keine Beschwerden darüber vor, daß sich die Deutschen im Verhältnis zu den Tschechen oder Slowaken etwa diskriminiert fühlten. Angesichts dieser Lage sieht sich die Bundesregierung nicht zu konkreten Schritten gegenüber der Tschechoslowakei veranlaßt. Sie geht im übrigen davon aus, daß sich die in dem Besuch des tschechoslowakischen Staatspräsidenten zum Ausdruck gekommene Intensivierung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik auch für die dort lebenden Deutschen positiv auswirken wird.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer Zusatzfrage, bitte.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wäre es, wenn man von der in einer Tischrede des Bundesministers Genscher von der Vorwoche ausgedrückten Meinung ausgeht, daß eine Verwirklichung der Schlußakte von Helsinki nicht die Angelegenheit einzelner Staaten sein könne, sondern daß jeder, der diese Akte unterschrieben habe, auch das Recht habe, bei dem anderen Staat bezüglich der Menschenrechte nach dem Rechten zu schauen, nicht angezeigt, daß die Bundesregierung den nahezu totalen Prozeß zielbewußter Entnationalisierung durch das Verfahren aufzuhalten sucht, daß die Deutschen wie die Polen und wie die Madjaren in der Tschechoslowakei wenigstens zwei, drei deutsche Volksschulen, eine deutsche Mittelschule und ein deutsches Gymnasium zur Verfügung haben, zumal sie in einigen Gegenden immerhin noch 5 bis 7 % der Bevölkerung ausmachen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Becher, davon war in Ihrer Frage nicht die Rede. Ich habe nur die Rechte aufgeführt, die den Deutschen wie den anderen sprachlichen und nationalen Minderheiten zugestanden sind. Ich habe geantwortet, daß diese in dem Verfassungsgesetz vorgesehenen Minderheitenschutzrechte vorhanden sind und voll wahrgenommen werden. Bisher hat es da zu offiziellen Beanstandungen keinen Anlaß gegeben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, da die Bundesregierung bezüglich Beschwerden oder des Nichtvorliegens von Beschwerden der in der CSSR lebenden Deutschen über Informationen verfügt, die offenbar völlig im Gegensatz zu denen der Opposition oder der zuständigen Organisationen stehen, frage ich: Wäre die Bundesregierung nicht bereit, im Rahmen des abgeschlossenen Kulturabkommens wenigstens die Errichtung deutscher Kultur- und Sprachinstitute in jenen Gegenden vorzuschlagen, in denen heute noch viele Deutsche als in ihrer Ursprungsheimat leben?

Not found (Gast)

Herr Kollege Dr. Becher, wir werden Ihre Anregung gern prüfen und, wenn es möglich ist, auch in die Gespräche der dann zu institutionalisierenden deutschtschechoslowakischen gemischten Kommissionen einführen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, da Sie Beschwerden leugnen, frage ich: Sind der Bundesregierung eigentlich nicht die Aussagen der Aussiedler bekannt und sind diese der tschechoslowakischen Delegation vorgehalten worden, daß es doch den in der Heimat lebenden Deutschen unter schweren rechtlichen und politischen Verfolgungen untersagt ist, sich wegen des Staatsschutzparagraphen zur Unterstützung der kulturellen Rechte und der Ausreise an deutsche Dienststellen oder Privatpersonen zu wenden, und daß sie nach einmaliger Ablehnung ohne Begründung keine neuen Antragsformulare zur Ausreise mehr erhalten?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich würde Sie bitten, uns derartige Beschwerden, wenn sie Ihnen zu Ohren kommen, zuzuleiten. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, da nach dem deutsch-tschechoslowakischen Vertrag die Erklärungen von Helsinki, an denen auch die Tschechoslowakei beteiligt war und in denen alle Teilnehmerstaaten ihre Absicht bekundet haben, die kulturellen und bildungsmäßigen Beiträge der Minderheiten, die sich auf ihrem Territorium befinden, zu verbessern, abgegeben worden sind, möchte ich Sie fragen: Welche Verbesserungen können Sie denn auf Grund des Abkommens von Helsinki feststellen, und welche Forderungen, die bis jetzt nicht verwirklicht werden konnten, haben Sie beim tschechoslowakischen Staatspräsidenten vorgetragen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe bereits ausführlichst geantwortet, daß die vorgesehenen Minderheitenrechte vorhanden sind, daß sie wahrgenommen werden und daß kein Anlaß vorlag, anläßlich des Besuches konkrete Beschwerden vorzutragen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist nicht auch die Bundesregierung einmal auf die Idee gekommen, daß man den konkreten Auftrag geben könnte, zu ermitteln, wie die menschenrechtliche Lage - insbesondere hinsichtlich der Sprache und Kultur - der Deutschen in der Tschechoslowakei wirklich ist? Ist das geschehen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Wittmann, mir liegt gerade anläßlich der Frage des Kollegen Becher eine ausführliche Darstellung unserer Botschaft in Prag vor, deren Erstellung mit umfangreichen Recherchen verbunden war. Man kann also nicht sagen, daß sich die Bundesregierung nicht um Aufklärung der Situation bemüht habe. Sie wird sich auch in Zukunft immer wieder darum bemühen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Broll auf: Wie hoch sind die Gebühren, die Deutsche zahlen müssen, wenn sie aus der Staatsbürgerschaft der CSSR entlassen werden wollen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, Ihre Frage beantworte ich wie folgt: Die Gebühren für die Entlassung aus der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit sind unterschiedlich hoch. Sie richten sich nach der Ausbildung, die der Antragsteller früher in der CSSR erhalten hat. So müssen z. B. Personen, die ein Universitätsstudium durchlaufen haben, mit höheren Entlassungsgebühren rechnen. Die Höchstgebühr beträgt nach den tschechoslowakischen Vorschriften 12 500 tschechische Kronen. Das sind etwa 5 000 DM. Die Auslandsvertretungen der CSSR können auf Antrag die Zahlung in Raten genehmigen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hält die Bundesregierung die Höhe dieser Gebühren für einigermaßen gerechtfertigt, oder handelt es sich hier nach ihrer Meinung eher um eine Form von Behinderung des Rechts auf Freizügigkeit?

Not found (Gast)

Herr Kollege, es liegt nicht in unserer Macht, auf die Gebührenentscheidungen eines souveränen Staates Einfluß zu nehmen. Ich habe gesagt, daß diese Gebühren je nach dem Ausbildungsstand desjenigen, der aus der Staatsbürgerschaft entlassen werden will, unterschiedlich gestaffelt sind.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, sind Ihnen Beispiele aus westlichen Ländern bekannt, wo bei Ausreisewilligen oder Abwanderungswilligen ebenfalls solche Gebühren erhoben werden?

Not found (Gast)

Herr Kollege, solche Beispiele sind mir nicht bekannt. Ich habe mich aber einmal erkundigt, was umgekehrt eine Einbürgerung in die Bundesrepublik kostet. Ich kann Ihnen versichern, daß der Betrag für die Einbürgerung in die Bundesrepublik etwa genauso hoch liegt wie der vorher genannte Betrag, den die Tschechoslowakei für die Ausbürgerung verlangt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, können Sie darüber Auskunft geben, ob sich die von der Tschechoslowakei erhobenen Gebühren in ihrer Höhe wesentlich von den in anderen Staaten, insbesondere kommunistischen Staaten, verlangten Gebühren unterscheiden?

Not found (Gast)

Herr Kollege Wittmann, auch dieses habe ich - in weiser Vorsicht - versucht herauszufinden und dabei festgestellt, daß auch die anderen osteuropäischen Staaten im Zusammenhang mit dem Ausbürgerungsprozeß von Aussiedlern sehr unterschiedliche Gebühren erheben. Soweit mir ersichtlich ist, liegen sie aber im Durchschnitt niedriger als die tschechoslowakischen. ({0}) - Ich rede nur vom Durchschnitt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Abgeordneter Kunz ({0}).

Gerhard Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die Erhebung von Gebühren - insbesondere dieser Höhe - völkerrechtswidrig ist, da sie gegen den Rechtssatz des Internationalen Paktes für politische Rechte verstößt, wonach jeder Bürger jederzeit jedes Land, einschließlich seines eigenen, verlassen darf?

Not found (Gast)

Herr Kollege Kunz, 'ich kann nur noch einmal das wiederholen, was ich gesagt habe: Es ist internationale Praxis, daß jedes Land diese Gebühren für seine Hoheitsakte erhebt. Darauf haben wir keine Einflußmöglichkeit. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schlei.

Marie Schlei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001979, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, ist Ihnen bekannt, ob die Herren Kohl und Strauß in ihren ausführlichen Gesprächen mit Herrn Husak um die Herabsetzung der Gebühren gekämpft haben?

Not found (Gast)

Frau Kollegin, ich würde den Kollegen der Opposition empfehlen, sich darüber mal bei Herrn Strauß und bei Herrn Kohl zu erkundigen. Mir ist das nicht bekannt. Ich kann nur nochmal wiederholen, daß wir darauf keinen Einfluß haben, daß sehr wohl aber unsere Prager Botschaft im Gespräch mit tschechoslowakischer Regierungsseite wiederholt auf die Höhe der Gebühren hingewiesen hat.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Vizepräsident Stücklen Ich rufe Frage 76 des Abgeordneten Schmöle auf: Bedeutet die in Artikel 10 des Kulturabkommens mit der Tschechoslowakei festgelegte Übereinkunft, wonach beide Vertragsparteien „den Jugendaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Jugendorganisationen und entsprechenden Institutionen fördern", daß auch nicht organisierte Jugendliche aus der Tschechoslowakei an diesem Austausch teilnehmen können, oder wird der Austausch nur Mitgliedern kommunistischer oder kommunistisch gelenkter Jugendorganisationen in der Tschechoslowakei zugute kommen? Bitte, Frau Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege Schmöle, in Art. 10 des Kulturabkommens, das noch nicht in Kraft getreten ist, ist die Förderung des Jugendaustausches ausdrücklich ohne Einschränkung vereinbart worden. Die Einzelheiten der Durchführung dieses nicht auf organisierte Jugendliche beschränkten Austausches werden, wie in Art. 10 Satz 2 festgelegt, auf der Basis vän Jahresprogrammen oder von Vereinbarungen in anderer Form geregelt werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage?

Hans Werner Schmöle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002037, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hat die Bundesregierung - da die Verhandlungen, wie Sie sagten, noch laufen - konkrete Vorstellungen darüber, wer von unserer Seite an den Vorgesprächen beteiligt werden soll?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Verhandlungen sind abgeschlossen. Nur das Ratifizierungsverfahren muß noch durch die Bundesländer vollzogen werden. Aber diesen Teil Ihrer Frage werde ich in der Antwort auf Ihre nächste Frage sehr gerne behandeln.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich Frage 77 des Abgeordneten Schmöle auf: Wer wird seitens der Bundesrepublik Deutschland an der Ausarbeitung der in Artikel 10 des Kulturabkommens vorgesehenen Jahresprogramme für den Jugendaustausch beteiligt werden, und wird noch für 1978 ein solches Jahresprogramm vereinbart werden können? Bitte, Frau Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege Schmöle, an der Ausarbeitung der in Art. 10 des Kulturabkommens vorgesehenen Jahresprogramme werden das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, das Auswärtige Amt und die öffentlichen und freien Träger der Jugendarbeit beteiligt werden. Da die Ausarbeitung erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nimmt, ist mit dem Zustandekommen eines Jahresprogramms noch in diesem Jahr kaum zu rechnen. Im übrigen ist das Kulturabkommen selbst noch nicht in Kraft getreten; das sagte ich schon.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage.

Hans Werner Schmöle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002037, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, würden Sie der Auffassung zustimmen, daß es bei der Überlegung, wie ein solcher Austausch praktikabel und sinnvoll sein könnte, auch vernünftig wäre, vielleicht einmal Praktiker aus den Kreisen der Jugendorganisationen zu hören und hinzuzuziehen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Schmöle, ich bin durchaus der Meinung, daß Praktiker hinzugezogen werden können. Aber es ist ja dann eine Angelegenheit der Organisationen selber, wen sie an den Gesprächen beteiligen wollen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage?

Hans Werner Schmöle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002037, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, sind Sie der Auffassung, daß auch von seiten der Bundesregierung, weil die Bundesregierung direkt beteiligt ist und ja auch die Gesprächspartner aussucht, vielleicht in Erwägung gezogen werden könnte, mal über den üblichen Rahmen der bisher vorgesehenen Organisationen hinaus Leute zu befragen, wie man vorgehen könnte?

Not found (Gast)

Ich halte das für einen nützlichen Vorschlag, den wir gerne prüfen werden. Federführend ist hier das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wird die Bundesregierung darauf Bedacht nehmen, daß auch die Jugendorganisationen der Gemeinschatten, die sich unter den vertriebenen Sudetendeutschen gebildet haben, an diesen Gesprächen und später auch am Jugendaustausch beteiligt werden?

Not found (Gast)

Herr Kollege Wittmann, ich nehme auch diese Anregung auf und werde sie gerne an das zuständige Ministerium weiterleiten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hat sich die Bundesregierung bei den Verhandlungen über diesen Art. 10 bei der tschechoslowakischen Delegation über deren Vorstellungen erkundigt, wer von tschechoslowakischer Seite an der Ausarbeitung des Jahresprogramms beteiligt werden soll - um Klarheit darüber zu gewinnen, ob die Antwort, die Sie zur vorigen Frage gegeben haben, auch von tschechoslowakischer Seite zutreffend erteilt worden ist?

Not found (Gast)

Herr Kollege Jäger, ich habe leider nicht die Protokolle der Verhandlungen bei mir. Ich kann das nachprüfen lassen. Aber normalerweise ist es natürlich nicht üblich, der anderen Seite hier irgendwelche Vorschriften zu machen. Wir würden uns das ja auch verbitten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Umfaßt Ihre unterstützende Erklärung an den Herrn Kollegen Dr. Wittmann auch dies, daß beim praktischen Jahresaustauschprogramm im Sinne der auch uns bei bilateralen Verträgen bindenden Rechtsverpflichtung zur Verhinderung von Diskriminierungen wegen nationaler Herkunft die Teilnahme unserer Sudetendeutschen am Kulturaustausch nach dem Gleichheitsgrundsatz gewährleistet sein wird, ebenso im Sinne der kulturellen Bestimmungen der Schlußakte von Helsinki die Beteiligung der Deutschen, die noch im Sudetenland leben?

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Herr Kollege, es ist selbstverständlich, daß die Bundesregierung nachher bei der Durchführung des Kulturabkommens keinerlei Diskriminierung zulassen wird. Wir kommen bei einer Ihrer nächsten Fragen noch auf das Thema zu sprechen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 78 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf: Bedeutet die gemeinsame Feststellung der Bundesregierung und der tschechoslowakischen Regierung in der Gemeinsamen Erklärung anläßlich des Besuchs des tschechoslowakischen Partei- und Staatstchefs Husak, der Verzicht auf Gewaltanwendung in den internationalen Beziehungen diene der Festigung des Friedens und der Sicherheit, daß beide Regierungen demnächst die Beendigung der sowjetischen Gewaltanwendung durch Abzug der sowjetischen Truppen aus der Tschechoslowakei fordern werden?

Not found (Gast)

Angesichts des bekannten Standpunkts der tschechoslowakischen Regierung in dieser Frage können Sie, Herr Kollege, den zitierten Passus der deutschtschechoslowakischen Gemeinsamen Erklärung vom 11. April 1978 nicht in dem von Ihnen gemeinten Sinn interpretieren.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hat die Bundesregierung bei der Beratung über das Kommuniqué, in das ein solcher Satz hineingeschrieben worden ist, der tschechoslowakischen Seite gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß dies die logische Konsequenz aus einem solchen Satz wäre?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich bitte Sie dringend, einmal im Zusammenhang im Bulletin der Bundesregierung, das ich Ihnen gern zur Verfügung stelle, nachzulesen, wo dieser Satz steht. Er steht nämlich im Zusammenhang mit den Vereinten Nationen und der Bekräftigung der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen. Dann kommt der von Ihnen herangezogene Satz, in dem bekräftigt wird, daß der Verzicht auf Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung in den internationalen Beziehungen der Festigung des Friedens und der Sicherheit dient. Das ist eine reine Feststellung.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist es nicht gerade dieser Zusammenhang, der die Sowjetunion als Mitglied der Vereinten Nationen dazu veranlassen sollte, ihre absolut völkerrechtswidrige Besetzung der Tschechoslowakei und damit ihre gegen die Charta der Vereinten Nationen und gegen zahlreiche andere völkerrechtliche Abkommen verstoßende, fortdauernde Aufrechterhaltung der Gewaltanwendung in der Tschechoslowakei endlich zu beenden?

Not found (Gast)

Herr Kollege Jäger, das mögen wir so sehen und beurteilen; aber Sie wissen ja auch, daß im Jahre 1970 zwischen der tschechoslowakischen Regierung und der Regierung der Sowjetunion ein Vertrag abgeschlossen wurde, demzufolge sich die sowjetischen Truppen mit Zustimmung der tschechoslowakischen Regierung dort befinden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Friedrich.

Bruno Friedrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000590, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, haben der CDU-Vorsitzende Kohl und der CSU-Vorsitzende Strauß die Bundesregierung darüber informiert, daß sie in ihren Gesprächen mit dem Staatspräsidenten Husak in einer so gravierenden Frage einen Vorstoß unternommen haben, oder handelt es sich hier um eine Einzelmeinung des Kollegen Jäger?

Not found (Gast)

Herr Kollege Friedrich, wir haben uns bisher noch nicht im einzelnen erkundigt. Aber ich werde auch diese Anregung gern aufgreifen und mich erkundigen, ob diese Frage in den Gesprächen zwischen den beiden Oppositionsführern und dem tschechoslowakischen Staatspräsidenten erörtert worden ist. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becher.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, indem ich noch einmal von der Erklärung des Herrn Außenministers ausgehe, daß menschenrechtliche Fragen nach der KSZE-Schlußakte grundsätzlich keine nur internen Angelegenheiten der beteiligten Staaten sind, frage ich: Darf ich nicht annehmen, daß die Bundesregierung sehr wohl durch geeignete Verhaltensmaßnahmen darauf drängen müßte, daß den Tschechen und Slowaken, die keineswegs mit den Zuständen im Rahmen der Besetzung durch die Warschauer Paktstaaten einverstanden sind, mehr Freiheit als bisher gegeben wird, und daß in der Tat die Forderung nach Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen wenigstens in etwa den Eindruck verwischen würde, hier werde nach einer doppelten Moral vorgegangen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Becher, ich kann meiner vorigen Antwort nichts hinzufügen: Dies ist seitens der tschechoslowakischen Regierung vertraglich geregelt und folglich kein Gegenstand, den wir von uns aus bei Besuchen in Frage stellen können.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, erwartet die Bundesregierung in Zukunft von den Parteiführern von CDU und CSU jeweils Auskunft über die Gespräche, die sie mit auswärtigen Staatsoberhäuptern geführt haben?

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter Broll, ich habe die Frage des Abgeordneten Friedrich gerade noch zugelassen. Ihre Frage kann ich nicht mehr zulassen. Wir wollen Dreiecksfragen nicht zum Prinzip werden lassen. Ich rufe die Frage 79 des Abgeordneten Jäger ({0}) auf: Bedeutet die in der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung und der tschechoslowakischen Regierung zum Ausdruck gebrachte Entschlossenheit, den .Entspannungsprozeß fortzuführen und alle Bestimmungen der Schlußakte von Helsinki unilateral, bilateral und multilateral umfassend durchzuführen", daß Staatspräsident Husak der Bundesregierung Zusicherungen zur Erfüllung der menschenrechtlichen Vereinbarungen von Helsinki gegeben hat, und welche konkreten Punkte umfassen diese Zusicherungen gegebenenfalls?

Not found (Gast)

Herr Kollege Jäger, beide Seiten haben durch den von Ihnen zitierten Passus der Gemeinsamen Erklärung bekräftigt, daß sie alle Bestimmungen der Schlußakte durchführen wollen, d. h. auch diejenigen des Korb III. Dementsprechend waren auch konkrete menschenrechtliche Anliegen Gegenstand der während des Besuchs zahlreich geführten Gespräche.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, gehörten zu den Themen dieser Gespräche auch die endliche Verwirklichung des Menschenrechts auf freie Ausreise, das in Art. 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte niedergelegt ist und das von den beteiligten Staaten nicht mit den Einschränkungen versehen werden darf, wie sie von der Tschechoslowakei praktiziert werden?

Not found (Gast)

Herr Kollege Jäger, in den sehr ausführlichen Gesprächen sind gerade die Probleme, die die Schlußakte von Helsinki vor allem in Korb III beinhaltet, wiederholt und sogar in Einzelfällen erörtert worden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, da ich Sie nach Korb I Prinzip VII letzter Punkt, nämlich nach der Einbeziehung der Menschenrechtspakte und nicht speziell nach Korb III gefragt habe, möchte ich die Frage wiederholen: Bedeutet Ihre Antwort, die Sie mir gerade gegeben haben, daß die Bundesregierung Art. 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte in diesen Verhandlungen nicht konkret angesprochen hat?

Not found (Gast)

Herr Kollege Jäger, wir haben auf der Nachfolgekonferenz in Belgrad ja ausführlich über die Implementierung der Schlußakte gesprochen. Die Bundesregierung hat hierzu wiederholt und sehr ausführlich Darlegungen gemacht. Ob das bei dem jüngsten Besuch des Staatspräsidenten Husak wiederholt wurde, kann ich im einzelnen nicht sagen. Aber generell ist es wiederholt zur Sprache gekommen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordnete Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da weder in den Kommuniqués noch, wie ich mich kundig gemacht habe, gestern im Auswärtigen Ausschuß etwas darüber gesagt wurde, wie konkret die Gespräche über humanitäre Fragen waren, und Sie jetzt erklären, während des Staatsbesuchs sei mit der tschechoslowakischen Seite konkret über humanitäre Fragen gesprochen worden, frage ich Sie: Könnten Sie bitte einige Punkte präzise anführen, eventuell sogar - selbstverständlich ohne Namensnennung - einzelne Fälle nennen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, im Interesse der betroffenen Personen bin ich leider nicht imstande, hierzu einzelne Angaben zu machen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird die Bundesregierung dann wenigstens öffentlich bekanntgeben, ob sie von der tschechoslowakischen Delegation auf Grund der Rechtsverpflichtung der Tschechoslowakei aus dem politischen Menschenrechtspakt die Unterlassung jener Menschenrechtsverletzungen eingefordert hat, die sie in öffentlichen Sitzungen, in Arbeitssitzungen in Belgrad einzeln aufgezählt und der Tschechoslowakei mit Entschiedenheit vorgehalten hat?

Not found (Gast)

Herr Kollege Czaja, ich habe jetzt wiederholt zu dieser Frage Stellung genommen. Ich habe gesagt, daß über die Dinge gesprochen wurde. Ich habe meinen bisherigen Antworten nichts mehr hinzuzufügen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Corterier.

Dr. Peter Corterier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000339, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, sehen Sie nicht auch einen Gegensatz darin, daß diejenigen, die uns damals empfohlen haben, die Schlußakte von Helsinki nicht zu unterzeichnen, jetzt offenbar der Meinung sind, daß sich auf der Basis dieser Schlußakte die Verhältnisse in Osteuropa schlagartig von Grund auf ändern müssen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe diesen harten Widerspruch schon sehr oft in der Fragestunde konstatieren müssen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Voigt.

Karsten D. Voigt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002388, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, nachdem Sie bestätigt haben, daß auf deutscher Seite einzelne Fälle in bezug auf menschliche Erleichterungen eine Rolle gespielt haben, möchte ich fragen, ob in bezug auf humanitäre Probleme in den Gesprächen von tschechoslowakischer Seite das Schicksal von Opfern des Nationalsozialismus und Faschismus angesprochen worden ist und Forderungen an die Bundesregierung gestellt worden sind.

Not found (Gast)

Herr Kollege Voigt, auch dieses kann ich Ihnen nicht sagen, weil mir ja die Protokolle nicht vorliegen. Aber meiner Erinnerung nach ist dies nicht geschehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine, weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf: Hat die Bundesregierung sichergestellt, daß bei der Durchführung des mit der Tschechoslowakei abgeschlossenen Kulturabkommens, insbesondere beim Austausch von Wissenschaftlern, Lehrkräften, Studenten, Hochschulabsolventen, Journalisten, Sportlern, Jugendgruppen und Organisationen, niemand diskriminiert wird, und auf welche Weise ist dies erfolgt?

Not found (Gast)

Das deutsch-tschechoslowakische Kulturabkommen ist eine Rahmenvereinbarung. Es steckt wie andere schon geschlossene Kulturabkommen zunächst die Bereiche der kulturellen Zusammenarbeit ab. Etwaige Diskriminierungen bei der Durchführung des Abkommens können gegebenenfalls in der nach dem Abkommen zu bildenden gemischten Kommission behandelt werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Martin Horstmeier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000962, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß sichergestellt ist, daß der Austausch ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit zu einer Organisation - welcher auch immer - erfolgen kann?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wir hoffen, daß, wenn das Kulturabkommen in Kraft getreten sein wird, so verfahren wird, wie Sie das eben beschrieben haben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. - Herr Abgeordneter Dr. Wittmann!

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, kann die Bundesregierung jetzt schon zusagen, daß sie dann, wenn Diskriminierungen erfolgen, ohne Ansehen der Person oder Institution hier in der Bundesrepublik Deutschland bei der tschechoslowakischen Seite vorstellig werden wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege Wittmann, wir sprechen noch nicht über mögliche, irgendwann stattfindende Diskriminierungen, sondern wir sprechen jetzt ganz konstruktiv über die Durchführung und Anwendung des Kulturabkommens. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf: Ist es nach Auffassung der Bundesregierung mit dem Geist des Kulturabkommens vereinbar, wenn in der Tschechoslowakei nach wie vor Wissenschaftler, Schriftsteller, Künstler und Publizisten verfolgt, gefangen gehalten und diskriminiert werden, und ist dies bei den Gesprächen der Bundesregierung mit dem Staats- und Parteichef Husak zum Ausdruck gebracht worden?

Not found (Gast)

Nach Auffassung der Bundesregierung besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Abschluß eines Kulturabkommens und den von Ihnen angesprochenen Fällen. Die Bundesregierung geht aber davon aus, daß ein Kulturabkommen durchaus dazu beitragen kann, geeignete Bedingungen für den Abbau von Diskriminierungen zu schaffen. Die Lösung von Fällen der von Ihnen angesprochenen Art wird gewiß nicht dadurch erleichtert, daß man auf ein Kulturabkommen verzichten würde. Die Bundesregierung hält es für zweckdienlicher, Einzelfälle gegenüber dem Vertragspartner jeweils konkret anzusprechen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Martin Horstmeier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000962, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, gehen Sie denn darin mit mir einig, daß die in der Frage angesprochenen Tatbestände mit der Charta 77 nicht vereinbar sind?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe vorhin ausgeführt, daß man zunächst ein Kulturabkommen abschließt und daß man hofft, daß sich die Situation gerade für die Menschen, die Sie angesprochen haben, im Zuge der Anwendung des Kulturabkommens verbessert.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine, weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, da man ja die Frage auch andersherum verstehen kann, als Sie sie Ihrer Antwort zugrunde gelegt haben, nämlich nicht so, daß man auf ein Kulturabkommen verzichten müsse, wenn man weiß, daß Schriftsteller und Künstler in der Tschechoslowakei, eingesperrt, diskriminiert und verfolgt werden, sondern auch umgekehrt, daß nämlich ein solches Kulturabkommen dazu beitragen kann, in der Tschechoslowakei eine Besinnung darüber entstehen zu laslen, ob es noch angeht, solche Verfolgungen aufrechtzuerhalten, frage ich Sie, ob die Bundesregierung gerade dieses Kulturabkommen zum Anlaß nehmen wird, um die tschechoslowakische Regie6768 Jäger ({0}) rung auf die völlige Unvereinbarkeit des Geistes eines solchen Abkommens mit der Praxis der Verfolgung und Diskriminierung in der Tschechoslowakei hinzuweisen. ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Frau Staatsminister, wenn Sie keine Frage erkannt haben - Frau Dr. Hamm-Brücher, Staatsminister: Ich habe keine Frage erkannt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Dann brauchen Sie auch nicht darauf zu antworten. Keine weiteren. Zusatzfragen. - Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Werner auf: Wieviel Anträge auf Umsiedlung in die Bundesrepublik Deutschland sind in den Jahren 1973, 1974, 1975, 1976 und 1977 ({0}) von Deutschen in der CSSR gestellt und von den Behörden der CSSR genehmigt worden?

Not found (Gast)

Der Bundesregierung ist die Zahl der von Deutschen bei den tschechoslowakischen Behörden zum Zwecke der Aussiedlung gestellten Ausreiseanträge nicht bekannt; davon war vorhin ja schon wiederholt die Rede. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind die Ausreiseanträge wie folgt genehmigt worden - ich nenne jetzt die Zahlen -: 1973 192 Personen, 1974 164 Personen, 1975 389 Personen, 1976 664 Personen, 1977 451 Personen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Herbert Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002484, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, sich Kenntnis darüber zu verschaffen, welche Zahl von Anträgen tatsächlich gestellt, dann aber aus den verschiedensten Gründen, die Sie gleichfalls heute schon zwischendurch erwähnt hatten, nicht mehr weiter verfolgt bzw. abgelehnt wurden?

Not found (Gast)

Herr Kollege Werner, ich habe vorhin schon das Verfahren, wie die Zahlen aktualisiert worden sind und wie sie auch in Zukunft aktualisiert werden, mehrfach beschrieben. Wir haben sonst keine andere Möglichkeit, festzustellen, wieviel Anträge gestellt worden sind.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da sich gezeigt hat, Frau Staatsminister, daß die Zahl der Ausreise- und Aussiedlungsgenehmigungen aus der Tschechoslowakei durch den Besuch des tschechischen Staatspräsidenten in der Bundesrepublik sprunghaft angestiegen ist, was Sie in einer früheren Antwort begrüßt haben, möchte ich Sie fragen: Wie oft gedenkt die Bundesregierung im Laufe dieses und des nächsten Jahres den Präsidenten Husak hierher einzuladen, damit ein stärkerer Strom von Genehmigungen erfolgen kann?

Not found (Gast)

Herr Präsident, ich bitte um Verständnis, .daß ich die Frage nicht beantworte.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Frau Staatsminister, Sie brauchen mein Einverständnis gar nicht. Sie können aus eigener Kraft darüber entscheiden.

Not found (Gast)

Kraft hätte ich schon, aber ich halte meine Kraft an mich. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Becher.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist Ihnen aufgefallen, daß zwischen den von Ihnen soeben angegebenen konkreten Zahlen der auf Grund des Briefwechsels über humanitäre Fragen ausgereisten Deutschen und den absoluten Zahlen der überhaupt von der Tschechoslowakei hier angekommenen Deutschen eine Differenz von fast einem Drittel besteht, und ist aus dieser Differenz nicht festzustellen, daß eine große Anzahl von Deutschen herüberkommen, ohne überhaupt von diesem ganzen Aktualisierungsverfahren Gebrauch gemacht zu haben?

Not found (Gast)

Herr Kollege Becher, das sind doch dann meistens Personen, die nach Besuchen nicht in die Tschechoslowakei zurückgekehrt sind, die hier dann noch zusätzlich dazugekommen sind.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, würden Sie die Personen, die den illegalen Weg wählen mußten, dann auch der Tschechoslowakei als vertraglich vereinbarte Ausreisen zugute buchen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe diese Personen ausdrücklich nicht mitgenannt, sondern nur die sogenannten legal ausgewanderten. Die anderen Zahlen liegen wesentlich höher. Ich könnte sie Ihnen auch vortragen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hat sich die Bundesregierung darüber Aufklärung verschafft, wie kompliziert der Weg ist vom Wunsch, ausgesiedelt zu werden, bis zu der Möglichkeit, einen Antrag abgeben zu können?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe doch zum wiederholten Male beschrieben, daß diese Feststellung durch das Deutsche Rote Kreuz durchgeführt wird und die Bundesregierung daran nicht beteiligt ist. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 83 des Abgeordneten Werner auf: In welcher Weise wurde seitens der Behörden der CSSR die Stellung und Bearbeitung von Anträgen auf Umsiedlung in die Bundesrepublik Deutschland nach dem KSZE-Schlußdokument von Helsinki erleichtert?

Not found (Gast)

Herr Kollege Werner, die Bundesregierung konnte nicht nachweisbar feststellen, daß sich die Stellung und Bearbeitung von Ausreiseanträgen nach der Unterzeichnung der KSZE-Schlußakte verändert hat. Die Ausreisegenehmigungen werden nach wie vor auf Grund des am 11. Dezember 1973 ausgetauschten Briefwechsels über humanitäre Fragen erteilt. Die Verfahren der CSSR-Behörden sind bisher auf dieser konkreteren bilateralen Basis in gleichbleibender Weise abgewickelt worden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Herbert Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002484, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Kann ich davon ausgehen, Frau Staatsminister, daß die Bundesregierung auf dem Wege der diplomatischen Möglichkeiten, die ihr zur Verfügung stehen, sich mit allem Nachdruck dafür einsetzt, daß das Antragsverfahren und auch die Art und Weise der Bearbeitung seitens der tschechoslowakischen Behörden vereinfacht wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung wird sich, wie bisher, mit Nachdruck dafür einsetzen, daß die aktualisierten Ausreiseanträge genehmigt werden. Das ist die Möglichkeit, die wir haben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist aus Ihrer vorhergehenden Antwort zu schließen, daß sich seit der Unterschrift unter die KSZE für die Deutschen, ob sie nun dableiben oder ausreisen wollen, aber auch nichts zum Besseren gewandelt hat?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe doch wiederholt hier ausgeführt, daß die Grundlage des Ausreiseverfahrens im Briefwechsel liegt und. daß sich nach diesem Briefwechsel durch die Schlußakte von Helsinki keine substantiellen Veränderungen ergeben haben. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, sind Sie in der Vorbereitung zu der Fragestunde nicht darüber informiert worden, daß der deutschen Botschaft in Prag eine große Zahl von Beschwerden darüber vorliegt, daß die Ausreisebewerber keine Antragsformulare bekommen, und daß bisherige Interventionen der deutschen Botschaft in diesen Fragen meist vergebens waren?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich bin, wie immer, zur Vorbereitung der Fragestunde voll informiert worden. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Ich rufe auf die Frage 84 des Abgeordneten Dr. Czaja: Wie beabsichtigt sich die Bundesregierung in Zukunft zu verhalten, wenn Regierungs- und Parteichefs des Ostblocks, wie Kadar und Husak, bei Staatsbesuchen und -akten in Anwesenheit des Bundeskanzlers, von Mitgliedern der Bundesregierung und des Bundespräsidenten den Souverän, das deutsche Volk, auf dessen Territorium sie zu Gast sind, mit gezielter Präzision in völkerrechtswidriger und vom Standpunkt des gastgebenden Staats verfassungswidriger Weise leugnen, und wie wird sie verfahren, um die Minderung der Rechtspositionen Deutschlands und des deutschen Volks bei Staatsakten in ihrer Gegenwart in Zukunft nicht mehr hinzunehmen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung hält an ihrem Standpunkt fest, den Ihnen Staatsminister von Dohnanyi bereits in der 42. Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. September 1977 erläutert hat. Die Bundesregierung hält es nicht für ihre Aufgabe, einen Gast zu korrigieren. Wir lassen aber unsere ausländischen Gäste, woher sie auch kommen, nicht im Zweifel darüber, daß wir unsererseits entsprechend dem Auftrag des Grundgesetzes vom deutschen Volk sprechen und daß wir an diesem Sprachgebrauch festhalten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatz, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

In welcher Form hat die Bundesregierung, Frau Staatsminister, gegenüber der tschechoslowakischen Delegation, die das deutsche Volk offiziell geleugnet hat, unbeirrt den durch das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht gebotenen und vor dem Völkerrecht berechtigten Standpunkt vertreten, daß die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland als untrennbarer Teil zu dem im Grundgesetz angeführten Souverän, dem ganzen deutschen Staatsvolk, gehört?

Not found (Gast)

Indem sie entsprechend dem Auftrag des Grundgesetzes immer vom deutschen Volk gesprochen hat. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, warum reagiert die Bundesregierung dann nicht mit der für jedes freiheitlich-demokratische Staatswesen gebo6770 tenen Selbstachtung und nach ihren Pflichten zur Vertretung des obersten Souveräns, des deutschen Volkes, so auf die bewußte Verleugnung des unseren Staat tragenden Souveräns, des deutschen Volkes, durch Staatsgäste, wie es jeder normale Staat tut, und wird sie in Zukunft an Staatsakten nicht mehr teilnehmen, auf denen der Souverän der Bundesrepublik, das deutsche Volk, verleugnet wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege Czaja, ich habe schon gesagt, daß es in der Bundesregierung nicht üblich ist, wenn sie offizielle Staatsgäste hat, diese zu korrigieren, und ich habe dieser Antwort nichts hinzuzufügen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe auf die Frage 85 des Abgeordneten Czaja: Wie erklärt die Bundesregierung die Tatsache, daß zwischen 1974 und 1977 über 20 000 Ausreiseanträge Deutscher aus der CSSR einfach verschwunden sind?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, alle Zahlen, die hier diskutiert werden, beziehen sich auf die Unterlagen des Deutschen Roten Kreuzes, das sicherlich am besten in der Lage sein wird, zur Frage unterschiedlicher Zahlen Auskunft zu erteilen. Wie ich vorhin schon sagte, stammt die Zahl der 20 000 und mehr aus der Zeit vor der ersten Aktualisierung. Ich möchte darauf hinweisen, daß das Deutsche Rote Kreuz nach der im Jahr 1974 erfolgten Aktualisierung seiner Unterlagen meines Wissens niemals von einer höheren Zahl ihm bekannter aktueller Ausreisewünsche als 5 000 ausgegangen ist.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist Ihnen, Frau Staatsminister die im drittletzten Absatz des Kommuniques des Deutschen Roten Kreuzes vom 19. April 1978 vorhandene Mentalreservation bekannt, wonach die dort angegebenen Zahlen allerdings keinen Aufschluß über die Zahl der tatsächlichen Ausreisebewerber geben?

Not found (Gast)

Diese Presseerklärung liegt mir vor, Herr Kollege. Ich habe ja schon vorhin erläutert, warum man das nicht haben kann. Zwischen Wunsch und Antrag ist oft ein weiter Weg. Genau das meint auch die Information des Deutschen Roten Kreuzes.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird nach dieser unleugbaren Mentalreservation des Deutschen Roten Kreuzes die Bundesregierung aus ihrer ihr völkerrechtlich zustehenden Verantwortung alles tun, um auch mit Hilfe einer Verstärkung der Mitarbeiter der Prager Deutschen Botschaft sich im Sinn unserer rechtlichen und unserer moralischen Verpflichtungen aus dem Artikel 5 des Prager Vertrags und dem Briefwechsel Gewißheit darüber zu verschaffen, wie viele Deutsche wirklich in freier Entscheidung heraus wollen, um für sie zu intervenieren?

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Herr Abgeordneter Czaja, ich lese jetzt den Passus vor, den Sie hier immer zu interpretieren versuchen. Es heißt in der Erklärung der DRK-Pressestelle vom 19. April : Diese Zahl gibt allerdings nach Mitteilung des Deutschen Roten Kreuzes keinen Aufschluß darüber, wie viele Deutsche in der Tschechoslowakei sich noch zur Ausreise entschließen werden. Woher soll denn das Deutsche Rote Kreuz das wissen? Das ist doch keine Mentalreservation, sondern eine schiere Feststellung.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hat die Bundesregierung, als Herr Präsident Husak nur von einigen Dutzend Deutschen sprach, die noch die Ausreise beantragen, einen Anlaß gesehen, auf Grund ihrer Kenntnisse und auf Grund der Informationen durch das Deutsche Rote Kreuz hier sehr deutlich zu widersprechen?

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Dies ist geschehen. Die festgestellten Zahlen sind natürlich immer wieder genannt worden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, können Sie ausschließen, daß zu der Differenz zwischen der Zahl des Roten Kreuzes und der vom Kollegen Czaja nachgefragten Zahl beigetragen hat, daß ganz offenkundig, wie Kollege Czaja vorhin sagte, zahlreiche Ausreisewillige keine Antragsformulare bekommen?

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Herr Kollege, ich kann das weder bestätigen noch verneinen. Wir wissen das ja nicht. Es ist ja sehr wohl denkbar, daß jemand sich zwar als ausreisewillig erklärt, sich aber nachher nicht entschließt, den Antrag zu stellen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob anderweitig etwa Druck auf auswanderungswillige Deutsche ausgeübt wird?

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Herr Kollege, solche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. Wenn sie ihr vorlägen, würde sie auf entsprechende Weise auf diplomatischem Wege dagegen vorgehen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weitere Zusatzfrage. Wir sind am Ende der Fragestunde. Wir setzen die unterbrochene Aussprache über das Energieprogramm fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stockleben.

Adolf Stockleben (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002255, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einen wichtigen Beitrg zur Erfüllung der Ziele der Bundesregierung in der Zweiten Fortschreibung ihres Energieprogramms setzt die Bundesregierung dadurch, daß sie ein Energieforschungsprogramm aufgestellt hat, das diese Fortschreibung flankierend unterstützen und alternativ begleiten soll. Dieses Energieforschungsprogramm soll deutlich machen, unter welchen volkswirtschaftlich vernünftigen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen die Energieversorgung, begleitet durch die Forschung, langfristig zu sichern und zu erhalten ist. Denn die Sicherung der Energieversorgung insgesamt ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Erhaltung unseres Wohlstands in diesem Land. ({0}) Das Energieforschungsprogramm der Bundesregierung muß wie andere Forschungs- und Entwicklungsprogramme unter drei Gesichtspunkten betrachtet werden: Was leistet dieses Programm zur Sicherung von Arbeitsplätzen jetzt und in Zukunft? Was trägt es zur Verbesserung unserer Umwelt bei, zumal ein Großteil unserer Umweltbelastung durch die Erzeugung von Energie verursacht wird? Welche Ansätze hat das Programm, die bestehenden Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern? Ich will diese drei Punkte hier ganz kurz erläutern. Der derzeitigen raschen Veränderung in unserer Wirtschaft können wir am wenigsten dadurch begegnen, daß wir Rationalisierung bekämpfen. Vielmehr müssen wir zuerst neue Arbeitsplätze mit mindestens den gleichen Qualifikationen schaffen und Arbeitnehmer gegen die sozialen Folgen der technischen Veränderung im Produktions- und Dienstleistungsbereich sichern. Priorität muß also die Schaffung neuer Arbeitsplätze haben. Die deutsche Wirtschaft ist sehr stark exportorientiert. Ihre Verfahren müssen daher an der Spitze der technischen Entwicklung stehen; wenn sie nicht ausländische und inländische Märkte einbüßen und damit Arbeitsplätze verlieren soll. Produkte, Verfahren stehen jedoch nicht an der Spitze der technischen Entwicklung, wenn sie einseitig betriebswirtschaftlich optimal einsetzbar sind. Vielmehr müssen sie auch den sozialen und ökologischen Anforderungen genügen. Dies ist ein sehr wichtiger Aspekt, der verstärkt in das Bewußtsein der Menschen, derjenigen, die solche Waren kaufen, getragen werden muß. Durch gezielte Forschungs- und Technologiepolitik müssen wir einmal die negativen Folgewirkungen der bisherigen technischen Entwicklung bekämpfen, wo sie sich im Bereich der Produktionstechnik auf die Vollbeschäftigung ausgewirkt hat. Zum anderen müssen wir - hier liegt ebenfalls einer der Schwerpunkte der Energieforschung - die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Belastungen vermindert werden, die sich bisher aus den technischen Entwicklungen für die Arbeitsbedingungen, die Umwelt, den Energie- und Rohstoffverbrauch ergeben haben. Angesichts der Tatsache, daß bei geringer werdenden Investitionen die Produktivität weiter steigt, müssen wir die technische Entwicklung durch forschungspolitische Programme und Förderung vor allem in Richtung auf die Schonung von Umwelt, Energie- und Rohstoffvorräten drängen. Was muß Energieforschung unter diesen Voraussetzungen leisten? Erstens. Sie soll die Möglichkeiten' aufzeigen, wie die Energieversorgung in der Bundesrepublik zu volkswirtschaftlich günstigen Kasten auch auf lange Sicht, d. h. nach 1985, gesichert werden kann. Energie darf nicht zum Engpaßfaktor der wirtschaftlichen Entwicklung werden. Eine unzureichende Energieversorgung hätte nachteilige Folgen für das Wirtschaftswachstum und würde insbesondere arbeitsmarkt- und sozialpolitische Ziele gefährden. Zweitens. Energieforschung muß Lösungen erarbeiten, wodurch die Sicherung der Energieversorgung auch im Hinblick auf die geringer werdenden Reserven der heute am meisten verbrauchten Primärenergieträger durch Bereitstellung neuer Energiegewinnungsverfahren und Erforschung anderer Energieträger gewährleistet werden kann. Drittens. Energieforschung muß deutlich machen, wie, mit welchen Kosten und mit welchen sozialen und ökonomischen Folgen die Umweltbelastungen bei der Energieerzeugung verringert und begrenzt werden. Viertens. Es müssen besondere Techniken für die Energieversorgung in den Entwicklungsländern entwickelt werden, wobei den Forschungen für die Nutzung der Sonnenenergie eine besondere Bedeutung zukommt. Das von der Bundesregierung vor einem Jahr verabschiedete Programm „Energieforschung und Energietechnologien" entspricht diesen Zielen. In diesem Programm werden erstmals alle für die künftige Energieversorgung unseres Landes wichtigen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in einer Gesamtkonzeption zusammengefaßt. Die Laufzeit dieses Programms umfaßt vier Jahre. Das Finanzvolumen für diesen Zeitraum beträgt einschließlich der Mittel aus dem Programm für Zukunftsinvestitionen insgesamt 6,5 Milliarden DM - ich meine, eine stolze Zahl. ({1}) Die nichtnukleare Energieforschung wird gegenüber den Vorjahren erheblich verstärkt. Während vor 1973 aus Bundesmitteln fast nur Kerntechnik gefördert wurde, wird sich das Verhältnis von nichtnuklearer zu nuklearer Energieforschung im Laufe der kommenden Jahre zugunsten der nichtnuklearen Forschung weiter verbessern. ({2}) Das Verhältnis nuklearer zu nichtnuklearer Energieforschung betrug 1973 45,2 : 1, 1976 betrug es 4,3 : 1, und 1980 soll es 2,7 : 1 betragen. Hier können Sie klar erkennen, daß wir die Option in der Energiepolitik durch die Option in der Energieforschung verändert und damit geöffnet haben. ({3}) Das Programm ist in seinen Zielen und Maßnahmen besonders auf die Situation in der Bundesrepublik ausgerichtet. Dies bedeutet u. a., es zielt verstärkt darauf ab, die Versorgung mit Niedrigtemperaturwärme - der größte und vom Wirkungsgrad her wohl auch verlustreichste Energieversorgungsbereich - zu sichern und dafür moderne, rationelle Energieversorgungstechnologien, z. B. Wärmekraft-koppelung, Wärmepumpen, Solarenergieanlagen, zu entwickeln. Das Programm umfaßt auch Vorhaben, um die Entwicklung geeigneter Technologien für den Export und damit für die Versorgung der Dritten Welt zu ermöglichen. Die Opposition hat, was ihr gutes Recht ist, mehrfach versucht, Kritik an diesem Programm anzumelden. Aber bei diesem Versuch ist es geblieben. Sie hat weder brauchbare Alternativen noch sinnvolle Änderungen von Teilen des Programms der Regierung vorgeschlagen, noch hat sie bisher nachweisen können, daß Teile des Programms oder einzelne Vorhaben nicht sinnvoll seien. ({4}) Auf Vorwürfe, wie sie von Herrn Lenzer erhoben wurden, die Bundesregierung vernachlässige die Energiesicherung auf lange Sicht bzw. diese habe nicht absolute Priorität, oder die Bundesregierung sei untätig gewesen, Anreize für die Einführung energiesparender Techniken zu geben, brauche ich, glaube ich, nicht einzugehen. Für denjenigen, der sich hier auskennt, erledigt sich dieser Vorwurf von selbst. Dies sind große Worte, mit denen die Opposition versucht, bei nicht informierten Bevölkerungskreisen bzw. bei einigen Verbänden draußen Eindruck zu machen, was ihr jedoch nicht gelingt. ({5}) Aber auch hier kann sie kaum noch ernst genommen werden, denn ihre Kritik entbehrt jeder sachlichen Grundlage. ({6}) - Ja, Herr Riesenhuber, ich will Ihnen folgendes sagen. Wenn Sie ;,Ordnungspolitik" sagen, meinen Sie jedesmal „Verteilungspolitik". Was haben wir denn hier erlebt? Das beginnt bei dem Energieeinsparungsprogramm, wo Sie für die Bezieher höherer Einkommen größere Zuschüsse herausholen möchten, wo Sie nicht an die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen denken, sondern dies in erster Linie unter verteilungspolitischen und nicht unter energieeinsparungspolitischen Gesichtspunkten sehen. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt, den ich Ihnen vorwerfe, betrifft .die Debatte - wir haben sie einige Male geführt - über den Bereich der direkten oder indirekten Forschungsförderung. Dabei kommt es Ihnen weniger darauf an, daß wir Innovationen, neue Techniken schaffen, die arbeitsmarktpolitisch auch Erfolg haben, sondern Sie versuchen in erster Linie, möglichst viel mit der Gießkanne über die Großen zu streuen, ({7}) anstatt zielgerecht durch direkte Forschungsförderung diejenigen Bereiche anzugeben, ({8}) die wir auch im Interesse der Arbeitssicherheit und unserer Umwelt im Moment für wichtig und für möglichst rasch umsetzbar erachten. ({9})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Adolf Stockleben (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002255, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entschuldigen Sie! Dies ist meine erste Rede zu diesem Bereich. Ich möchte das hier im Zusammenhang vortragen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, bitte fahren Sie in Ihrer Rede fort.

Adolf Stockleben (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002255, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die indirekte Forschungsförderung, wie sie von der Opposition in verschiedenen Reden und Aufsätzen vorgetragen wurde, wird auch vom Gewerkschaftsbund nicht für absolut richtig erachtet, sondern ein ausgewogenes Verhältnis zwischen direkter und indirekter Forschungsförderung herzustellen, wird als das Vernünftige und Gegebene angesehen. ({0}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir als Sozialdemokraten haben uns bemüht, den Dialog mit den Bürgern zu führen. Wir sind keine Kernenergiefetischisten. Wir wissen auch sehr wohl, daß Alternativenergien dazu führen können, neue Produkte zu entwickeln, die nicht in erster Linie in der Großindustrie gefertigt werden, sondern die Chancen für kleine und mittlere Unternehmen bieten. InsoStockleben fern hat ,dies auch einen sehr vernünftigen ökonomischen Stellenwert, ,der nicht zu einer verstärkten Zentralisierung der Wirtschaft führt. Ich möchte nun aber noch einiges zu dem Bereich der Förderung der Kohleforschung sagen. Hier haben wir gemeinsam mit der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Programm für Zukunftsinvestitionen etwa 923 Millionen DM aufgelegt, um der deutschen Kohle zu helfen. Wenn wir sagen: der deutschen Kohle zu helfen, dann heißt das, insbesondere dafür zu sorgen, daß der deutsche Bergmann Erleichterungen erfährt, der sowieso schon eine enorme Leistung unter Tage vollbringt und dessen Leistung pro Schicht und Stunde etwa doppelt so hoch ist, wie es in vergleichbaren Ländern in Europa, etwa in Belgien oder Frankreich, der Fall ist. Hier können Sie sehen, daß auch die Programme zur Humanisierung der Arbeit und die Programme in Richtung verstärkter Forschung auf dem Gebiet der Kohletechnologien ihren ersten Erfolg gezeigt haben. Dies wollen und müssen wir weiter tun. Das sind wir unseren Kumpels vor Ort schuldig. Darin werden wir uns auch nicht von der CDU einholen lassen. ({1}) Die Kritik, die seitens der Opposition hier in den letzten Wochen vorgetragen wurde und die zu einer Zentralisierung der Kohleforschung führen sollte, ist meines Erachtens auch nur wieder unter dem verteilungspolitischen Aspekt zu sehen, um möglichst rasch und gezielt einen Zugriff auf ein ganz bestimmtes Objekt haben zu können. Meine Damen und Herren, wir als sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstützen diese Fortschreibung dadurch, daß wir durch gezielte Forschungsförderung im Rahmen -des Energieforschungsprogramms die Bundesregierung bestätigen und es weiterhin über die nächsten Jahre tragen, um neue alternative Energiequellen für die Menschen in diesem Lande zu eröffnen. ({2})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Gruhl.

Dr. Herbert Gruhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000741, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Lambsdorff hat heute morgen hier vorgetragen, daß in dieser Debatte weitgehende Übereinstimmung bestehe. Das kann der bisherige Verlauf auch bestätigen, wenn auch manchmal lautstarke Worte gebraucht worden sind. Im Grunde geht es wohl nur um die Unterschiede des Tempos, aber des Tempos in eine bestimmte Richtung, die die falsche ist. Insofern ist es besser, in einer falschen Richtung ein langsameres Tempo einzuschlagen als ein schnelles. ({0}) Ich muß hier leider meine abweichende Ansicht zum Energieprogramm der Bundesregierung vortragen. Seit 1973 gibt es Energieprogramme. Die tatsächliche Entwicklung verläuft aber gegenteilig. Im ersten Programm waren 610 Millionen t Steinkohleeinheiten für 1985 vorgesehen und für 1977 bereits 444 Millionen t. Verbraucht wurden 1977 aber nur 369 Millionen t, also 75 Millionen t Steinkohleeinheiten weniger als prognostiziert. 1977 wurden sogar 9 Millionen t weniger als in dem bisherigen Spitzenjahr 1973 verbraucht. Es ergibt sich, daß in den Jahren 1974 bis 1977 insgesamt 59 Millionen t Steinkohleeinheiten weniger verbraucht worden sind, als bei gleichbleibendem Einsatz zu erwarten gewesen wäre. Das alles hindert aber die Bundesregierung nicht, weiterhin Programme auf der alten Basis zu machen, und die Opposition nicht, der Bundesregierung die Nichterfüllung ihrer Programme vorzuwerfen. Hierbei muß doch einmal erkannt werden, daß die Berechnungsmethoden völlig unsinnig sind. Unter dem Zwang der tatsächlichen Entwicklung hat die Bundesregierung ihr Programm bereits dreimal nach unten revidiert. Von 610 Millionen t Steinkohleeinheiten für 1985 ist sie inzwischen auf 482 Millionen t zurückgegangen. Aber auch diese Zahl ist noch reine Illusion. Inzwischen liegen viel gründlichere Berechnungen vor, so die des „Instituts für angewandte Systemanalyse und Prognose" in Hannover unter Leitung von Professor Pestel, dem jetzigen niedersächsischen Wissenschaftsminister. Dort hat man sich endlich einmal die Mühe gemacht, die einzelnen Sparten der Wirtschaft auf den Energieverbrauch hin zu durchleuchten. Es stellte sich heraus, daß zwischen 1950 und 1974 von 19 Sparten nur drei einen spezifisch ({1}) steigenden Energieeinsatz hatten, nämlich die Landwirtschaft mit dem Faktor 2,63, das. Baugewerbe mit dem Faktor 2,20 und Wohnungen mit dem Faktor 4,67. Gerade in diesen drei Branchen sind aber keine wesentlichen Steigerungen mehr zu erwarten. In 14 Branchen lag der spezifische Endenergieverbrauch im Vergleich zwischen 1950 und 1974 weit unter dem Faktor 1. Die hier in Bonn bis zum Überdruß wiederholte Behauptung, daß 1 % Wachstum des Bruttosozialprodukts auch etwa 1 % Wachstum des Energiebedarfs bedinge, ist also falsch. Sie stimmte übrigens auch nur für die Jahre 1962 bis 1973. In den Jahren von 1950 bis 1962 stieg das Bruttosozialprodukt um 136 %, der Energieverbrauch aber nur um 70 %, also um den Faktor 0,5. Das Institut von Professor Pestel, dessen Untersuchungen ich hier nur im Ergebnis vortragen kann - sie erscheinen demnächst als Buch , kommt zu dem Ergebnis, daß 1985 der Endenergiebedarf der Bundesrepublik Deutschland bei 437 Millionen t liegen wird, also bereits 45 Millionen t oder rund 10 % weniger, als die Bundesregierung in ihrem jetzigen Programm noch prognostiziert. Darüber hinaus erklären diese Wissenschaftler, daß ihre Zahl eher noch zu hoch liege, weil sie dabei die Sättigung, besonders der privaten Haushalte, die an Zahl nicht mehr zunehmen, die technischen Einsparungen beim Energieeinsatz und die Sparwirkun6774 gen steigender Energiepreise zahlenmäßig nicht erfassen konnten. Ich will mich heute nicht mit dem Sinn oder Unsinn des sogenannten wirtschaftlichen Wachstums auseinandersetzen. Es muß hier aber gesagt werden, daß die Phrase, wirtschaftliches Wachstum sei mit Energiewachstum gekoppelt, unhaltbar ist. Dies haben mit wissenschaftlicher Gründlichkeit nun auch Werner Müller und Bernd Stoy in ihrem Buch „Entkoppelung" nachgewiesen. Dieses wird gerade in der Wochenzeitung „Die Zeit" vom heutigen Tage besprochen. Da diese beiden Herren Angestellte des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerks sind, werden sich auch meine sehr verehrten Gegner wohl oder übel mit ihnen beschäftigen müssen. Diese Analytiker stellen schlicht fest, daß sich die Energieziffer in zehn Jahren halbieren werde, daß also 1 % Wirtschaftswachstum nur noch 0,35 % Energiewachstum erfordern und dieser Wert später in Richtung auf Null tendieren werde. Die Diskussion der letzten Jahre ging ausschließlich um Nachteile eines eventuellen Energiemangels. Es wird Zeit, endlich auch einmal die Nachteile eines Energieüberflusses auf Grund von falschen Prognosen darzustellen. Müller und Stoy sagen dazu wörtlich: Die Bilanz einer Energiepolitik, die sich nur daran ausrichtet, das Wirtschaftswachstum durch Energiemangel nicht zu gefährden, hat zwei Seiten - selbst dann, wenn sie in dieser Hinsicht erfolgreich ist: Anscheinend ausreichende Energieversorgung auf der Haben-Seite, auf der Soll-Seite aber wachsende Importe, wachsende Energieverluste, Mißachtung der Begrenztheit natürlicher Ressourcen. Sie sagen weiter: Der stete Hang zum Energieüberangebot verträgt sich nur schlecht mit der Notwendigkeit zum rationellen, sparsamen Umgang mit der Energie. Ja, denken wir nur zehn Jahre zurück, die langfristig unumgängliche rationelle Energieanwendung wurde gar nicht erst erkannt. Anstatt zukunftsorientiert Energie durch Kapital zu ersetzen, ist in vielen Bereichen der Volkswirtschaft das genaue Gegenteil passiert: Kapital ist durch Energie ersetzt worden. Hauptsache war, ein Produkt - sei es eine Produktionsanlage, sei es eine Wohnung, sei es eine Tiefkühltruhe - konnte im Preis billig gehalten werden; der Energieverbrauch interessierte nicht. Eine Energiepolitik, die sich an den höchstmöglichen Wunschvorstellungen eines künftig ausdenkbaren Bedarfs orientiert, ist nicht nur unzeitgemäß, sie kann auch zu gigantischen Fehlinvestitionen führen. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb gestern, daß der Auslastungsgrad der deutschen Kernkraftwerke im Jahre 1977 bei 54 % gelegen habe. Sie stehen sicherlich oft aus technischen Gründen still. Aber selbst die Befürworter werden nicht zugeben wollen, daß dafür nur technische Gründe maßgebend waren. Sie haben zum Teil auch stillgestanden, weil die Energie nicht gebraucht wurde. Diese Gefahr hat übrigens die Elektrizitätsversorgungsindustrie bereits erkannt. Sie redet zwar noch nicht darüber, aber sie handelt danach: Sie hat seit längerer Zeit überhaupt kein neues Kraftwerk mehr beantragt. Die „Zeit" schreibt heute: Ein Baustopp zur rechten Zeit - RWE könnte den Strom aus Voerde heute gar nicht brauchen Es heißt wörtlich: Hätte man vor drei Jahren gebaut, dann hätte man heute zwar ein betriebsbereites Kraftwerk, keinesfalls jedoch - und da wird die Sache pikant - den Absatz für den dort zu erzeugenden Strom. Das RWE, das sich vertraglich zur Abnahme der Voerde-Produktion verpflichtet hat, müßte andere Kraftwerke drosseln und hätte somit erhebliche Mehrkosten. Nebenbei sind die Elektrizitätsversorgungsunternehmen natürlich bestrebt, die Schuld dafür den bösen Bürgerinitiativen zuzuschieben. Da werden dann Milchmädchenrechnungen aufgemacht, nach denen die Bürgerinitiativen einen Investitionsstau von über 40 Milliarden DM verursachten. In der vorigen Woche gab dann das Bundeswirtschaftsministerium bekannt, es seien nur 22 Milliarden DM. Auch diese Zahl, Herr Wirtschaftsminister, ist ein Machwerk. Es bleiben in der Hauptsache die durch Gerichtsurteile gestoppten Kernkraftwerke. Dazu kann aber nur die Frage gestellt werden: Sind wir nun ein Rechtsstaat, oder sind wir es nicht? Der Herr Wirtschaftsminister sollte lieber einmal errechnen lassen, wie viele Arbeitsplätze durch Umweltschutzmaßnahmen geschaffen werden könnten, die er aber im trauten Verein mit der Wirtschaftslobby verhindert - wie übrigens der Bundeskanzler selbst auch. Dafür werden wir heute noch mit dem Verkehrslärmschutzgesetz ein drastisches Beispiel bekommen. Die Bürgerinitiativen setzen sich unter großen Opfern für die Zukunftsbelange ein. Sie dienen gewissen Kreisen als willkommener Prügelknabe, den man sogar für eine gescheiterte Wirtschaftspolitik verantwortlich machen will. Einige Finanzämter entziehen ihnen die Berechtigung zur Bescheinigung gemeinnütziger Spenden, was ein großer Skandal ist, weil die neuerdings auftauchenden Atom-Befürworter-Initiativen diese unversteuerten Spenden kassieren dürfen. Dabei haben die doch schon Dutzende von Millionen von seiten der Unternehmungen für ihre Propaganda zur Verfügung, und Bund und Länder fügten dem in den letzten Jahren auch noch einige Millionen aus Steuermitteln zu. Darum fand ich es sehr unpassend, Herr Bundesminister Hauff, daß Sie heute morgen in Ihrer Ansprache die Bürgerinitiativen aufforderten, sie sollten doch auch einmal Werbung für die Sparmaßnahmen machen. Diese Menschen, die aus ihren privaten Taschen die Groschen zusammensammeln, sollen mit einer Propaganda für Sparmaßnahmen antreten, während auf der anderen Seite die Elektrizitätsversorgungsindustrie nach wie vor Millionen für Anzeigen ausgibt, in denen zum EnergieverDeutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - 86. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. April 197 6775 brauch animiert wird. Das ist doch eine Zumutung! Sie sollten sich dies besser überlegen! Statt die Gelder in dieser Weise zu verschwenden und auch die Atomprogramme zu finanzieren, sollten die öffentlichen Mittel besser für die Einsparung von Energie und die Förderung zukunftsträchtiger Energie eingesetzt werden. In dieser Hinsicht geschieht jetzt auch einiges, aber im Verhältnis wenig. Müller und Stoy stellen in ihrer genannten Arbeit dar, daß allein für die Wärmepumpe zur Beheizung deutscher Wohnungen ein Markt von rund gerechnet 200 Milliarden DM zur Verfügung steht. Damit würden bedeutend mehr und sinnvollere Arbeitsplätze geschaffen als bei dem Bau von 50 Kernkraftwerken. Wenn man die Energieversorgung in der Zukunft sicherstellen will, dann darf man heute nicht nur daran denken, wie man zusätzlich zu Erdöl und Erdgas jetzt möglichst schnell auch das wenige Uran verbraucht. Man muß darüber Programme machen, mit welchem Brennstoff denn die Kraftfahrzeuge nach den Jahren 1990 oder 2000 angetrieben werden sollen, wenn das Erdöl zu Ende geht. Mit Uran ganz gewiß nicht. Die enormen zustäzlichen Steigerungen der Energieverschwendung verlegt das Programm kurzerhand auf die Kernenergie: Im Jahr 2000 sollen rund 70 Großatomkraftwerke laufen. Die Realität sieht dagegen so aus, daß nicht einmal die Uranversorgung der gegenwärtig in Betrieb und in Bau befindlichen Werke gesichert ist. Die internationale Lage und das neue amerikanische Gesetz schaffen harte Fakten, die auch durch die neuerlichen Großmachtallüren der Bundesrepublik Deutschland nicht aus der Welt geschafft werden können. Diese Zukunftsaspekte werden von der deutschen Politik leider in verhängnisvoller Weise vernachlässigt. Darum geht auch das Energieprogramm sowohl von der Nachfrageseite als auch von der internationalen Angebotsseite für Primärbrennstoffe - und dazu gehört Uran - von nicht vorhandenen Voraussetzungen aus. Die Bundesregierung wäre am besten beraten, wenn sie das Energieprogramm nochmals umgehend nach unten berichtigen würde.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Breidbach.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bundesminister Hauff hat hier am Vormittag eine Rede gehalten, zu der mein Kollege Riesenhuber schon einige Bemerkungen gemacht hat. Ich gehe davon aus, daß weitere Redner der CDU/CSU auf die Rede noch im einzelnen zurückkommen. Das Schlimme an dieser Rede war, daß sie nicht etwa in der Hitze der parlamentarischen Debatte vorgetragen wurde, sondern daß sie, wohlüberlegt im Ministerium geschrieben, hier wörtlich abgelesen wurde. ({0}) Das heißt, die in dieser Rede geführten Angriffe gegen einen nicht anwesenden Ministerpräsidenten ({1}) kennzeichnen offensichtlich, was Inhalt und Stil betrifft, den Stil der Zusammenarbeit, den die CDU/ CSU und die Bundesregierung zukünftig etwa im Nuklearrat zu pflegen haben. Herr Minister Hauff, in Anbetracht dieser Rede frage ich Sie darum: Wie ist denn Ihres Erachtens nach dem Stil, den Sie hier praktiziert haben, eine sinnvolle Zusammenarbeit in national wichtigen Fragen, etwa in der Frage des geschlossenen Brennstoffkreislaufes, überhaupt noch möglich? ({2}) Glauben Sie denn, daß es die Christlich Demokratische Union zulassen kann, daß Sie hier Ministerpräsidenten - es war in der Sache falsch und im Stil nicht sauber - beschimpfen, um anschließend über das Telefon den Versuch zu machen, die Probleme im Zusammenhang mit Gorleben zu lösen? Diesen Stil müssen wir zurückweisen. ({3}) Nachdem der Bundesminister mit seiner Rede ganz offensichtlich die gute Zusammenarbeit aufgekündigt hat, die in der Vergangenheit in diesen Fragen stattgefunden hat, erlaube ich mir einige Fragen unter Bezug auf einen Wirtschaftsinformationsdienst vom 15. April 1978, der in der Regel sehr seriös berichtet. Herr Bundesminister Hauff, wenn Sie die ganze Problematik von Gorleben, der Uranvorsorge usw. kennen, dürfen wir von Ihnen erwarten, daß Sie uns erstens eine Auskunft darüber geben, ob es stimmt, was dieser Informationsdienst schreibt, nämlich daß die amerikanische Nichtverbreitungspolitik mit Kanada und Australien bis ins Detail abgestimmt ist. Zum zweiten möchten wir Sie fragen, ob es stimmt, was in diesem Informationsdienst steht, nämlich daß die amerikanische Regierung bei der Regierung von Großbritannien wegen der Wiederaufbereitungsanlage in Windscale interveniert hat, und welche Konsequenzen diese Intervention, wenn sie stattgefunden hat, auf die Wiederaufbereitungsanlage in Großbritannien für die Bundesrepublik Deutschland hat. Wir möchten Sie auch fragen, ob es stimmt, was in dem Informationsdienst steht, daß in bestimmten Kreisen der Bundesregierung insgeheim überlegt wird, ob man Herrn Breschnew nicht im Hinblick auf zukünftige Uranlieferungen eine Offerte machen könne. Wenn es stimmt, was hierin steht, wäre dies in der Tat der Gipfel der Nonproliferationspolitik der Bundesregierung: Auf der einen Seite braucht man den amerikanischen Verteidigungsschild, und auf der anderen Seite werden insgeheim in der Bundesregierung Überlegungen angestellt, ob man sich das angereicherte Uran zum Betreiben der Reaktoren von Herrn Breschnew liefern lassen kann. Ich habe diese Fragen nach den starken Worten gestellt, die Sie, Herr Hauff, hier in die Debatte hineingebracht haben, und ich glaube, daß es nicht nur unser Recht, sondern auch unsere Pflicht ist, auf solche Keile einen Klotz zu setzen. ({4})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stahl?

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein. Herr Präsident, es war heute den ganzen Tag über der Stil der Debatte, daß Zwischenfragen nicht beantwortet wurden. Mit der gleichen Begründung, mit der SPD-Kollegen und Bundesminister Zwischenfragen abgelehnt haben, möchte auch ich dies tun. Ich bitte um Verständnis für meinen Wunsch nach Gleichbehandlung. ({0}) - Herr Stahl, ich weiß, daß Ihnen all das weh tut. Es tut Ihnen weh, weil Sie in den vergangenen zwölf Monaten offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen haben oder nicht zur Kenntnis nehmen wollten, welche Auswirkungen die amerikanische Nonproliferationspolitik auch auf unsere Überlegungen hat. ({1}) Herr Lambsdorff, Sie haben hier eine Rede gehalten, zu der ich im Blick auf Übereinstimmungen, die es trotz der Rede von Herrn Hauff nach wie vor gibt, folgendes feststellen möchte. Wir stimmen mit Ihnen in der Vorstellung über den langfristigen Einsatz von Kohle im Energiebereich und der Stahlproduktion überein. Wir stimmen mit Ihnen in den Erklärungen überein, die Sie zu den Zielvorstellungen und Möglichkeiten der Kohlevergasung und der Kohleverflüssigung abgegeben haben. Nur hätten wir gern etwas mehr von Ihnen darüber gehört, wie hart und wie stark Ihre Intentionen im Hinblick auf die Verwirklichung des Programms über den Hochtemperaturreaktor sind. Wir stimmen mit Ihnen in dem überein, was Sie über den Bedarf an Kraftwerkbau in Anbetracht des Bedarfs an Elektrizität in den nächsten 15 bis 20 Jahren gesagt haben. Die Bundesregierung hat selbstverständlich unsere Unterstützung, wenn sie weiterhin für die Kohle Hilfen plant, um aus der derzeitig schwierigen Situation herauszukommen. Nur, Graf Lambsdorff, wenn Sie dann von den Bergwerksunternehmen erwarten, daß sie stärkere Eigenanstrengungen unternehmen, um ihre Situation zu verbessern, dann hätten wir - wie auch die betroffenen Unternehmen - sicher ganz gerne und konkret einmal in Erfahrung gebracht, was Sie denn unter diesen Eigenanstrengungen verstehen. Ich glaube, jeder ist da um gute Ratschläge verlegen. Hier warten wir also noch auf die Vorstellungen, die Sie entwickeln wollen. ({2}) Herr Minister Hauff, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, daß wir uns in der Bundesrepublik Deutschland, in der Welt überhaupt die Frage stellen müssen: Wie sieht es mit dem Erdgas aus, welche Endlichkeit gibt es beim Erdgas? Nur, wenn ich mir in Anbetracht der Zielprojektion Erdgas soll einen Anteil von 17 bis 18 % erreichen - die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms ansehe, muß ich feststellen, daß ,die Wichtigkeit dieses Themas weder in der Fortschreibung noch in den Reden, die von Regierungsseite bisher gehalten worden sind, entsprechend betont worden ist. Um gleich ein Mißverständnis auszuschließen: Wir sind der Auffassung, daß die Gasversorgung große Vorteile hat, daß sie rationell einsetzbar ist, daß sie umweltfreundlich ist. Aber zu einem durchdachten Konzept der Gasversorgung gehört natürlich auch die Frage, welche Bedeutung Gas im Zusammenhang mit der Kernenergie für uns letztlich überhaupt hat. Auch Gas wird erst im Zusammenhang mit der Kernenergie die strategische Bedeutung erlangen, die in der Zukunft erforderlich ist. Nur, die Zukunft des Gases kann natürlich auch nicht - als Marktwirtschaftler kann man das nicht oft genug wiederholen - ohne soviel Wettbewerb wie möglich gesehen werden. Die Schwierigkeiten der Gasversorgung, über die man auch offen sprechen sollte, sehen ja letztlich so aus, daß wir beim Erdgas in den späten 80er Jahren zu etwa 70 % und zu Beginn der 90er Jahre sogar zu 80 % abhängig sind. Die Hauptproblematik der Erdgasversorgung besteht doch vor allem darin, daß die europäischen Quellen, insbesondere die der Niederlande, Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre für uns nicht mehr fließen. Weil dem so ist, weil wir dann Flüssiggas anlanden müssen, weil die langen Anlaufzeiten berücksichtigt werden müssen, ist das Gespräch über Erdgas, das wir heute führen, im Grunde genommen ein Gespräch, das die Probleme des Jahres 1990 beinhaltet. ({3}) Wenn die Fragen so wichtig sind, hätte man darauf in der Zweiten Fortschreibung etwas näher eingehen können, hätte vielleicht auch ein paar Berner-kungen zu Schwierigkeiten machen können, die bei Lieferungen aus Algerien oder aus Nigeria entstehen. Damit wir keine Illusionen haben: Wir müssen uns leider auch darauf einstellen, daß uns beim Erdgas im Hinblick auf die allgemeinen Vermachtungstendenzen, im Hinblick auf die Politisierung ähnliches passieren kann, wie es beim Erdöl geschehen ist. Wir gehen davon aus, daß die OPEC ihre Erdgaskommission nicht zu ihrer eigenen Freude eingerichtet hat, sondern daß es dort durchaus auch einmal Überlegungen geben könnte, die uns in Schwierigkeiten bringen. Die allzu pauschale Betrachtung im Zusammenhang mit dem Erdgas ist daher unseres Erachtens der Sache nicht angemessen. Lassen Sie mich zu dem Thema einen Experten zitieren, der als Fachmann ersichtlich außerhalb jeglicher Diskussion steht. Ich meine Hans Carsten Runge, der einmal in einem sehr ausführlichen Vortrag auf einem Symposium der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe folgendes ausgeführt hat: Während mit einigen Ausnahmen geographisch sehr ungünstig liegende Ölvorkommen ein von der Produktion her wirtschaftlicher Ölfund ohne Verzug in das erdumspannende Rohöltransportund Handelssystem einbezogen werden kann, muß ein neuer Erdgasfund wegen des im Vergleich zum Rohöl erheblich teureren Transportaufwandes und der noch wesentlich geringeren Möglichkeiten der Zwischenlagerung als ein in sich geschlossenes Projekt in direkter Zuordnung von Produktion und Konsum entwickelt werden. Nur in einem solchen komplexen System, in dem Erschließung, Produktion, Transport und Konsum sowohl technisch wie wirtschaftlich wie oft genug auch politisch in Einklang zu bringen sind, wird eine Erdgasreserve wirklich wirtschaftlich vertretbar. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mir erlaubt, dieses Zitat hier auszusprechen, weil es eigentlich bei unseren zukünftigen Überlegungen über den Bereich des Erdgases stärkere Berücksichtigung finden müßte. Zum Problem der Verfügbarkeit vielleicht noch einige wenige Bemerkungen. Wir sind uns nach all dem, was ich hier gehört habe, zu 99 % darüber einig, daß wir im Verlaufe der 80er Jahre mit einer Energielücke zu rechnen haben. Bei dieser Energielücke kann das Erdgas nur mit konstanten Beiträgen zur Problemlösung beitragen. Das wird in der Zweiten Fortschreibung unseres Erachtens ebenfalls verschwiegen. Zu einer anderen Frage, nämlich Wettbewerbs-und Strukturprobleme der Gaswirtschaft, verschließt sich die Bundesregierung auch. Es muß doch erlaubt sein, unter Marktwirtschaftlern, Graf Lambsdorff, die Frage zu stellen, ob es nicht eine Schwierigkeit ist, wenn etwa ein ,Erdgaslieferant im Binnenland einen Marktanteil von 60 % hat, der gleiche Erdgaslieferant aber bei seinem Ankauf auf den Welterdgasmärkten überhaupt keine Rolle spielt, und wenn Erdgaslieferanten, die in der Lage wären, auf dem Weltmarkt eine größere Rolle zu spielen, Schwierigkeiten bekommen, wenn sie einen Beitrag zur deutschen Importdeckung leisten wollen. Diesem Problem müssen wir uns, glaube ich, in Zukunft etwas mehr widmen, und zwar aus Wettbewerbs-, aber auch aus marktpolitischen Gründen. Monopolstellungen sollte es eigentlich nirgendwo geben. Das gilt auch für den Energiemarkt. Da, wo sie vorhanden sind, sollten wir uns etwas einfallen lassen, sei es durch Anlandungen, die wir aus dem Iran via Adria-Kiefersfelden bekommen, oder sei es auf andere Weise. ({4}) Nun einige Bemerkungen zur einheimischen Steinkohle. Auch hier stimmt die CDU/CSU mit den Vorrednern überein, daß wir das Problem der Steinkohle nicht nur unter wirtschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen können. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Steinkohle spielt vor allen Dingen unter Sicherheitsaspekten für die Energieversorgung und für die Entwicklung der Zukunftstechnologien - Stichwort HTR -, die hier schon angesprochen sind, eine entscheidende Rolle. ({5}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine entscheidende Rolle spielen der Bergbau und die heimische Steinkohle natürlich auch in der Frage der Arbeitsplatzsicherung. Wir meinen, daß in der Öffentlichkeit überhaupt noch nicht ausreichend bekannt ist, daß der Einsatz inländischer Steinkohle zur Verstromung in der Bundesrepublik immerhin 200 000 Arbeitsplätze insgesamt sichert und daß 70 000 Arbeitsplätze durch den Einsatz der Steinkohle bei der Verstromung direkt im Kohlenbergbau gesichert werden. Die derzeitige Situation widerspricht ohne jeglichen Zweifel den Zukunftschancen und den Einsatzmöglichkeiten der Kohle als Energieträger und als Grundstoff in der chemischen Industrie. Die notwendige Substitution von Erdöl und Erdgas durch Kohle ist überhaupt keine Utopie, sondern kann dank der wissenschaftlichen Erkenntnisse, dank der laufenden Forschungsvorhaben in absehbarer Zeit Realität werden. ({6}) Diese Tatsache verpflichtet uns, insbesondere die entscheidenden Voraussetzungen für die Kohle zu schaffen, damit wir die Zukunftschancen der nächsten Generation sichern können. Vor diesen Zukunftschancen der nächsten Generation „gruhlt" es uns nicht, Herr Kollege Stahl. Da sind wir sehr, sehr optimistisch. Ich glaube, wir sind in dieser Frage gemeinsam optimistisch. ({7}) Die Monatszeitung der Gewerkschaft Bergbau und Energie, „Einheit" ({8}) - die Wochenzeitung -, hat in einer ihrer letzten Ausgaben ({9}) - Herr Kollege Wolfram, im Gegensatz zu Ihnen pflege ich auch das genau zu lesen, was mir nicht in den Kram paßt, weil ich sehr wohl die Gefahren kenne, die darin bestehen, daß man ständig Opfer seiner eigenen Propaganda wird. ({10}) Ich glaube, die „Einheit", Herr Kollege Wolfram - jetzt will ich einmal etwas Vernünftiges sagen, was die Gewerkschaften - ({11}) Sie dürfen nicht zu früh klatschen. Ich wollte nämlich etwas Vernünftiges zu den Positionen sagen, die die Gewerkschaften einnehmen. Ich freue mich aber über den Beifall, den Sie vorab gespendet haben. Da heißt es in der „Einheit" : Den Bergleuten muß heute die Zuversicht gegeben werden, daß ihr Kohlebergbau morgen eine Zukunft hat, und die gegenwärtige Lage muß für die Bergleute erträglich gemacht werden, - ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß die „Einheit" offensichtlich die gegenwärtige Lage als unerträglich betrachtet damit zu Beginn der 80er Jahre genügend Bergleute zur Verfügung stehen, um die dann benötigte Kohle zu fördern. Dies sind die Thesen, die der IGBE-Vorsitzende Adolf Schmidt in den letzten Wochen mit aller Eindringlichkeit in Gesprächen mit Politikern und vor der Öffentlichkeit vertreten hat. Die bundesdeutsche Energiepolitik steht an einem Scheidewege: Vorrang der einheimischen Kohle bei der Deckung des Energiebedarfs, ja oder nein. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wer den Kollegen Schmidt hier heute morgen gehört hat, als er die heile Welt der SPD/FDP-Energiepolitik und der Kohlepolitik schilderte, und dann solche Darstellungen in der „Einheit" liest, muß sich in der Tat fragen: Welche Balanceakte muß hier manch einer vornehmen, um ständig den Austausch zwischen Realität und Wirklichkeit vorzunehmen? ({12}) Ich habe den Herrn Kollegen Schmidt sehr gut verstanden, als er darauf hinwies, daß im Rahmen einer Kohlepolitik, die CDU/CSU und FDP sowie in der letzten Phase CDU/CSU und SPD gemeinsam geführt haben, eine krisenhafte Entwicklung dagewesen sei. Nur, wenn der Kollege Schmidt das annimmt, dann gehört es doch mit zur intellektuellen Redlichkeit, daß ich dann feststelle, daß heute, nachdem diejenigen, die alles bessermachen wollten, an der Regierung sind, sich die Situation im Bergbau so darstellt: Erstens. Wir haben noch nie soviel Kohle auf Halde gehabt, wie dies zur Zeit mit 33 Millionen Tonnen der Fall ist. Zweitens. Wir wissen überhaupt gar nicht, wie wir bei laufender Produktion bis zum Jahresende die Tonnen absetzen wollen, die wir noch zu erwarten haben. Wir haben auch noch nie so viele Kurzarbeiter im Bereich des Bergbaus gehabt wie in der letzten Zeit. Meine Damen und Herren, wer in bezug auf damals von einer krisenhaften Situation spricht und dabei die heutige konkrete Situation der Bergleute vergißt, muß sich vorhalten lassen, daß er ganz offensichtlich mit zweierlei Maßstäben mißt, je nachdem, wo er sich gerade befindet. Wenn es in die Propagandapolitik der Regierung paßt, wird das andere Argument aus der Tasche gezogen. ({13}) Die „Einheit" hat mit dem, was sie dort veröffentlicht hat, eine massive Kritik an der Kohlepolitik der Regierung geübt. ({14}) Weder die Bundesregierung noch das Land Nordrhein-Westfalen haben bis heute - und das meint man doch damit - eine notwendige langfristige Kohlekonzeption. Die politische Aussage der Regierung und vor allem der SPD besteht darin, daß die einen sagen: Kohle statt Kernenergie, und die anderen räumen der Kohle den Vorrang vor der Kernenergie ein. Die nächsten benutzen die Formel von der Option für die Kernenergie. Hier werden aus parteitaktischen Gründen letztlich Scheinalternativen aufgebaut, und dies wissen diejenigen, die sich mit der Materie befassen, eigentlich auch sehr genau. Es handelt sich um Scheinalternativen deshalb, weil man glaubt, man könne auf das eine oder auf das andere verzichten, je nach Publikum, das man vor sich hat. Wir müssen uns darüber im klaren sein: Wenn es uns nicht gelingt, die Kohlepolitik im Verbund mit der Kernenergie langfristig abzusichern, dann wird es in den 80er Jahren zu riesigen Kohleimporten kommen, weil sich die Kernenergie durchsetzen wird. Sie wissen doch ganz genau, daß die Vereinigten Staaten von Amerika, daß England und Polen im Grunde genommen schon ante portas stehen und nur darauf warten, bis wir eine falsche Kohlepolitik betreiben. Es sind im Zusammenhang mit der Kohlepolitik die Zuwachsraten angesprochen worden, und es wurde das Thema Kraftwerksbau in die Diskussion gebracht. Wir wissen anhand des Anhangs zur Zweiten Fortschreibung, daß wir bis zum Jahre 1985 einen Zuwachs von 5,6 % zu erwarten haben. Die neuesten Zahlen im Stromverbrauch weisen darauf hin, daß wir für die letzten Monate bei etwa 6 % angelangt sind. Diese Zuwachsrate von 5,6 % heißt, umgesetzt in Kraftwerksleistung, 35 000 MW. Weitere 4,2 % erwarten wir bis zum Jahre 1990; das heißt 43 000 MW. Um diese Leistung zu erbringen, benötigen wir moderne Kraftwerke, die gleichermaßen kostengünstig und umweltfreundlich arbeiten. Der notwendige Gesamtzubau neuer Steinkohlenkraftwerksleistung plus der Ersatzbedarf für die Kraftwerke, die wir wegen der Überalterung vom Netz nehmen müssen, beträgt bis 1985 16 000 MW, für 1986 bis 1990 15 000 MW. Davon - das sollten insbesondere die im Hinterkopf haben, die mit Beschwörungsformeln operieren - sind letztlich erst 5 000 MW im Bau. Die Entscheidung für den Bau eines Großteils der noch fehlenden Steinkohlekraftwerksleistung und die Entscheidungsprozesse müßten wie folgt aussehen: 11 000 MW bis 1985 - immer berechnet nur auf Grund der reinen Bauzeit - und weitere 7 000 Deutscher Bundestag -.8. Wahlperiode Breidbach MW nach 1985. Das heißt in der Praxis, daß wir für die letzten 7 000 MW, die wir benötigen, um nach 1985 den Strombedarf decken zu können, im Jahre 1981 mit dem Bau zu beginnen haben. Wenn wir uns dann noch vorstellen das Problem der Entfernung des Kraftwerks von den Konsumenten, der Trassenführungen und der Kosten für die Zeit, die dort zusätzlich nötig ist, dann kann man in der Tat nur noch mit dem Kopfe schütteln, wenn man hier Aussagen hört wie: „Wir haben im Grunde zuviel Energie, und die Welt ist heil und in Ordnung." Trotz dieses für jedermann ersichtlichen Zwanges zum Bau von Kraftwerken ist im Kohleland Nordrhein-Westfalen unter der Regierungsverantwortung der SPD in den letzten zwölf Jahren kein einziges Kraftwerk gebaut worden. ({15}) [SPD] : Das stimmt doch gar nicht!) Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und die Bundesregierung tragen dafür die volle Verantwortung. Wer die Einlassungen und Erklärungen der Regierung, der zuständigen Minister und der SPD-Abgeordneten hier im Hause hört, wer die Parteitagsbeschlüsse von SPD und FDP analysiert und zur Kenntnis nimmt, kann unschwer feststellen, daß Ihre Energiepolitik im Bereich der Strom-, der Energie-und der Kohlepolitik letztlich auf Grund der Vielzahl unterschiedlicher Aussagen eher einem Dschungel energiepolitischer Widersprüche gleicht, als einem klaren Konzept, dessen Auswirkungen man auch in der Praxis sehen kann. ({16}) Wie sehen die Energiepolitik und die Aussagen der zuständigen Minister eigentlich aus? Da fordert der Arbeitsminister von Nordrhein-Westfalen - das ist einer der Freunde, die jetzt mit Hilfe von Herrn Kollegen Wehner aus dem Rennen um die Nachfolge von Herrn Kühn geworfen werden -, da fordert der Kollege Wolfram, da fordert die Bundesregierung den Bau von Kohlekraftwerken außerhalb der Grenzen seines Landes. Dies fordert ein Minister von Nordrhein-Westfalen, der bis heute nicht in der Lage war, beispielhaft voranzugehen. Der Landes- und der Bundesminister des Innern verweigern bis heute die notwendige Verrechtlichung der TA Luft, die ja nach der Festlegung in der Zweiten Fortschreibung, über die wir heute sprechen, bis zum 31. März hätte vorliegen sollen. Die Wirtschaftsminister Riemer und Graf Lambsdorff sehen wiederum zu, wie ihre Kollegen aus den Innenressorts langsam vor sich hinarbeiten. ({17}) Entscheidende Kreise der SPD möchten am liebsten die Kernenergie durch Kohle ersetzen. Diejenigen, die das fordern, sind in der Regel die gleichen, die auf Veranstaltungen im Zusammenhang mit Kohlekraftwerksbau aufstehen und dort über die Umweltverschmutzung diskutieren und sich darüber mokieren. So kommt diese Energiepolitik letztlich zu einer Blockade auf Gegenseitigkeit. Die Abgeordneten der CDU aus Nordrhein-Westfalen haben einen Entwurf zur Verrechtlichung der TA Luft erarbeitet, der bald Gegenstand der parlamentarischen Diskussion wird. Wir werden dann sehen, ob SPD und FDP in der Lage sind, eine entsprechende Alternative vorzulegen. Zusammengefaßt stelle ich folgendes fest. Erstens. Die langfristigen Ziele Ihrer Energiepolitik sind in der Frage des Erdgas-Kohle-Kernenergie-Verbundes, zumindest was die praktischen Auswirkungen angeht, nicht erkennbar. Diese Tat- sache ist es, die Investitionsentscheidungen im Kraftwerksbau letztlich erschwert und damit auch zu schwer reparablen Schäden in der Versorgung und in Fragen der Arbeitsplatzsicherung führt. ({18}) Zweitens. Die Fortschreibung des Energieprogramms gibt keine Auskunft darüber, wie die Regierung den gegenwärtigen Förderüberhang bei Kohle und Kokskohle wirtschaftlich vernünftig beseitigen will. Drittens. Die zurückhaltende Haltung der Bundesregierung und der Landesregierung von NordrheinWestfalen in der Frage der TA Luft ist ein weiteres Hemmnis in Fragen des Kraftwerksbaues. Das Ergebnis dieser Zweiten Fortscheibung ist, daß die Praxis, die Sie dort, wo Sie Verantwortung haben, vorführen, in einem völligen Gegensatz zu den Inhalten steht. Damit ist die Zweite Fortschreibung, bezogen auf Ihre praktische Politik, eher ein Irrweg als ein klares Konzept zu einer vernünftigen, neuen, besseren Energiepolitik. ({19})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ueberhorst.

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einer versöhnenden Bemerkung beginnen dürfen und für die Debatte, die ja jetzt schon etwas läuft, feststellen, daß eigentlich alle Beiträge - sowohl die der Opposition als auch die der Koalition deutlich gemacht haben, daß unser Land für eine gute Energiepolitik eine bessere Regierung nicht bekommen kann. ({0}) Der Unterschied liegt wahrscheinlich darin - um an einen von Herrn Breidbach verwendeten Begriff anzuknüpfen -, daß der eine sagt, dies sei die Wirklichkeit, und der andere sagt, dies sei die Realität. Auf diesen Unterschied will ich mich dann gern einlassen. Wir wollen heute in dieser parlamentarischen Debatte der Energiepolitik erstens der Regierung klar sagen, wo wir ihr folgen und warum wir sie unterstützen, zweitens wollen wir der Regierung sagen, wo wir zusätzliche Initiativen erhoffen und Akzente setzen wollen, und drittens wollen wir besonders in den Bereichen, wo. auch im Energieprogramm parlamentarische Novellierungen angekün6780 digt sind, sagen, wie wir uns diese gesetzgeberischen Maßnahmen vorstellen. Ich soll und möchte das kurz für den Bereich der Kernenergie tun. Ich will aber einleitend vorausschicken, daß diese Parlamentsdebatte in diesem Sinn mehr sein muß als ein positives parlamentarisches Echo auf die Regierungserklärung und daß sie auch mehr sein muß als ein Dialog zwischen den Fraktionen oder ein Dialog zwischen dem Parlament und der Regierung. Wenn es uns gemeinsam darum geht, den Eindruck einer isolierten und immer professioneller werdenden bürgerfernen Politik durch unsere Arbeit hier zu zerstreuen, dann sollten wir in unserer heutigen Debatte hier im Parlament auch die Diskussionen hereinnehmen, die draußen zum Thema Energiepolitik wahrzunehmen sind. Wenn wir dies für den Bereich der Kernenergie tun, dann bedeutet das, daß wir hier auch die Frage besorgter Kernenergieskeptiker aufnehmen müssen, ob die künftige Energieversorgung nicht auf den Zubau von Kernkraftwerken einmal verzichten kann, also ob nicht auch die Option besteht, eine Energieversorgung sicherzustellen, die ohne einen Zubau an Kernkraftwerken auskommt. Wir brauchen als SPD-Fraktion für diese Fragen keine Einzelgänger und keine Extrasprecher. Sondern diese Frage werfen wir als Fraktion auf. Wir sagen zweitens, daß wir diese Fragen nicht nur aufwerfen wollen, sondern unsere parlamentarische Pflicht auch darin sehen, diese Themen hier im Parlament politisch abzuklopfen, um für die Bürger, die es erwarten, deutlich zu machen, wo für uns überhaupt noch Energiepolitik stattfinden kann und wie wir politisch z. B. begründen können, für welche Form der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente wir hier uns entschieden haben, wieso wir uns möglicherweise für die Inbetriebnahme fortgeschrittener Reaktortypen entscheiden oder weshalb wir uns für ein bestimmtes Mischverhältnis verschiedener Energiequellen entscheiden. Wenn ich von „entscheiden" spreche, dann will das besagen, daß wir diése politische Entscheidungen hier im Parlament gefällt sehen wollen, nicht durch Gerichte, nicht durch Verwaltungen und erst recht nicht durch die Sachlogik der technologischen Entwicklung. ({1}) Wenn wir dies so machen wollen, dann brauchen wir Maßstäbe und Zielvorstellungen. Und die haben wir Sozialdemokraten in unserem Hamburger Parteitagsbeschluß deutlich gemacht. Die SPD-Bundestagsfraktion weiß, daß es doppelt wichtig ist, daß diese Parteitagsbeschlüsse erlebte Wirklichkeit werden - zum einen wegen der energiepolitischen Inhalte, zum andern wegen der Bedeutung, daß wir nach dem Verständnis des Grundgesetzes von politischen Parteien auch demonstrieren können, daß eine politische Willensbildung in Parteien auf die staatliche Willensbildung einwirken kann. Dabei - das muß auch gesagt werden - kann und darf es nicht um jedes Detail eines Parteitagsbeschlusses gehen. Es geht um die beschlußleitenden Prinzipien, also für die Kernenergie im wesentlichen darum, daß wir sagen, wir bekennen uns zur Parität der Optionen, d. h., die Option für die Kernenergie soll offengehalten bleiben, die nichtnukleare Option muß geöffnet werden. ({2}) Zweitens. Wir tabuisieren keine einzige Frage, die im Rahmen der weiteren Entwicklung der Nukleartechnologie heute noch offen definiert werden kann und politisch entschieden werden muß. Ich darf in diesem Zusammenhang auf einen unverfänglichen Zeugen verweisen, auf einen sehr guten Vortrag, den Carl Friedrich von Weizsäcker vor einigen Wochen in Bonn gehalten hat, worin er ausdrücklich darauf hinwies, daß wir nach der positiven Grundsatzentscheidung zur friedlichen Nutzung der Kernspaltungstechnologie heute noch wichtige Entscheidungen haben, insbesondere - ich darf zitieren - zur Quantität des Ausbaus der Kernenergie, zur Frage Hochtemperatur- und Brutreaktor, zur Wiederaufbereitung und Entsorgung, über internationale Zusammenarbeit und Vorsorge gegen Verbreitung von Kernwaffen bei Nationen und Terrorgruppen. Wenn wir in dieser Debatte feststellen könnten, daß wir in unserem Land diese Fragen gemeinsam als Aufgaben wahrnehmen, die hier im Parlament zu behandeln und der Entscheidung zuzuführen wären, dann hätten wir sehr viel gewonnen. Weil Sie heute morgen geglaubt haben, daß es nötig sei, sehr oft auf unsere Parteitagsdiskussion zurückzukommen, möchte ich sagen, daß ich hier als einer spreche, der in meiner Partei bis zum Hamburger Parteitag aus Überzeugung dafür gestritten hat, daß wir eine offenere, eine weniger definitive Grundsatzentscheidung zur Kernenergie fällen. Aber es ist, heute festzustellen - da spekulieren Sie z. B., Herr Probst, vergebens -: wir, die wir dafür gearbeitet haben, respektieren jetzt die Entscheidung, die der Parteitag gefällt hat. ({3}) Das Ja zur friedlichen Nutzung der Kernenergie ist ein historischer Fakt, den mancher noch bedauern mag, den aber niemand ignorieren darf. Wir respektieren diese Entscheidung nicht nur, weil sie eine demokratische Mehrheitsentscheidung war, sondern insbesondere auch deshalb, weil dieser Mehrheitsentscheidung vom Prozeß her das Bemühen vorausging, in einer intensiven, fairen Diskussion die Integration vernünftiger ökologischer und ökonomischer Aspekte herbeizuführen. Diese Integration hat die SPD hier geleistet; sie muß für unsere gesamte Gesellschaft geleistet werden. ({4}) Meine Damen und Herren, aus der heutigen Debatte möchte ich zum Nuklearbereich vier Punkte aufnehmen, die hier angeschnitten worden sind. Punkt 1 betrifft die Diskussion über den sogenannten Restbedarf. Mancher hat es erwähnt, mancher hat es nicht erwähnt, vielleicht auch bewußt nicht erwähnt, mancher hat es auch entstellt erwähnt, beispielsweise Herr Narjes, der von der Restbedarfsphilosophie sprach. Ich stelle fest, niemand von der SPD oder der FDP hat das hier verworfen. Die Situation ist die, daß wir, Herr Narjes, diesen BeUeberhorst griff Restbedarf als Konzeption behandelt sehen wollen und nicht etwa hier schon begrifflich zur Restbedarfsphilosophie erhöhen wollen, um das praktisch besser unterlaufen zu können. Wir nehmen das sehr ernst und wünschen uns, daß in unserem Lande über diese Konzeption der Restbedarfsdeckung einmal mit der gleichen Kompetenz und Seriosität für eine parlamentarische Diskussion von der Regierung oder mit Hilfe der Regierung ein Bericht vorgelegt wird, der die Möglichkeit darstellt, auf einen Zubau von Kernkraftwerken verzichten zu können. Dies ist für manchen energiepolitisch zu begründen; aber für uns alle sollte es als Demokraten so begründet werden können, daß wir sagen: das sind wir uns selber und unserer Öffentlichkeit schuldig, daß wir vor uns selber und jedem sagen können, wir haben alle Alternativen dargestellt, wir haben das durchbuchstabiert. Ob wir es dann so machen wollen, ist noch eine Frage der Entscheidung; aber eine solche Untersuchung sollten wir unterstützen. ({5}) Zweiter Punkt. Ich meine, auch in der Öffentlichkeit ist eine Diskussion in Gang gekommen, die wir im Parlament nicht ignorieren dürfen, die mit dem sicherlich sehr ambivalenten , Begriff des Atomstaates geführt wird. Ich möchte hier unterstreichen: es wäre fatal, wenn die Diskussion auch nur in Teilen unseres Volkes auf eine fatalistische Atomstaatvision hinausliefe. ({6}) - „Fatalistische Atomstaatvision" heißt, daß man glaubt, eine solche Vision des Atomstaates wäre beschrieben, könnte gar nicht mehr verhindert werden, hätte realistische Züge. ({7}) Aber genauso wichtig ist auch, daß wir nicht in einer problemblinden Fixierung auf Großtechnologien und ihre Weiterentwicklung überhaupt keine Sensibilität dafür haben, daß technologische Entwicklungen Auswirkungen auf Freiheitsrechte haben können. Es wäre gut, wenn wir uns darauf einigten, bei unserer Arbeit dem Problembereich der Auswirkungen technologischer Entwicklungen auf Freiheitsrechte verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken. ({8}) Punkt drei. Hier sind wiederholt - zuletzt auch vom Kollegen Breidbach - die sogenannte Brennstoffbewertungskonferenz und auch das US-Gesetz zur Nichtverbreitung angesprochen worden. Für die SPD-Fraktion ist hierzu festzustellen: Wir begrüßen das Engagement der Bundesregierung, ihre konstruktive und offene Mitarbeit an dieser internationalen Brennstoffbewertungskonferenz. ({9}) Wir erwarten von der Bundesregierung konstruktive Beiträge auf dieser Konferenz. Wir machen hier deutlich, daß wir dies nicht als Pflichtübung zur Pflege der deutsch-amerikanischen Beziehungen betrachten. Schon gar nicht, Herr Narjes, können wir dies - genauso wie bei der Neutronenbombe - als ein Feld ansehen, auf dem wir die deutsch-amerikanischen Beziehungen erneut dadurch belasten, daß wir etwa Carter empfehlen, von seiner Friedenspolitik Abstand zu nehmen und Arm in Arm mit der Branche der amerikanischen Atomindustrie und ihren pur ökonomischen Interessen die Nonproliferationspolitik in Frage zu stellen. Für uns darf es in der Sache keinen Zweifel daran geben, daß die Suche nach proliferationsfesteren Technologien im gesamten Brennstoffkreislauf ein Ziel ist, das wir konstruktiv unterstützen müssen und nicht mit Störfeuerfragen, wie sie soeben Herr Breidbach gestellt hat, in Frage stellen dürfen. ({10}) Wir bitten die Bundesregierung, auch der deutschen Öffentlichkeit deutlich zu machen, daß es hier nicht um ökonomische Interessen einiger Amerikaner geht, sondern daß die Nichtverbreitungspolitik ein zentrales Interesse deutscher Technologie-, Sicherheits- und Friedenspolitik ist. Wir können der Öffentlichkeit gar nicht deutlich genug machen, daß wir hier Partner der Amerikaner und der anderen Länder sind, die dieses Unternehmen jetzt durchführen. ({11}) Ein letzter Punkt zum Bereich der Technologie der Schnellen Brüter, die hier auch wiederholt angesprochen worden ist. Nach den Beschlüssen, die wir im 8. Deutschen Bundestag im Ausschuß für Forschung und Technologie insbesondere zum SNR 300 oder zur Brütertechnologie überhaupt gefaßt haben, können wir feststellen, daß diese Beschlüsse ein gutes Beispiel dafür sind, wie man eine wertbezogene Technologiepolitik organisiert. Wir können den Bau eines Prototyps des Schnellen Brüters in Kalkar und die parlamentarische Diskussion der Sicherheitsfragen und der Plutonium-Problematik dieses Reaktortyps miteinander verbinden, ohne daß das eine zugunsten ides anderen zu opfern wäre. Das ist unsere Position, und deshalb ist es für uns klar, daß wir eine gerichtlich sanktionierte Baustoppsackgasse für den Bau des SNR 300 nicht hinnehmen können. Wenn hier Rechtsunsicherheiten bestehen, dann muß das Parlament deutlich sagen: Die Politik und das Parlament müssen Herr des Verfahrens bleiben, und sofern hier Rechtsunsicherheiten bestehen, werden wir, wie es in der Teilziffer 40 der Fortschreibung angedeutet ist, den § 7 des Atomgesetzes so novellieren, daß für den Bau und die bauliche Fertigstellung des Projekts keine Schwierigkeiten entstehen können. Die Grenze dieser Novellierung liegt dann dort, wo die vom Parlament beabsichtigte Beschlußfassung zur Inbetriebnahme dieses Reaktors präjudiziert oder gar ersetzt werden könnte. Wir wissen, daß die Bundesregierung jetzt auch das Gericht in Karlsruhe in diesem Sinne über die Beschlußlage hier im Bundestag informiert. Ich komme zum Schluß und darf feststellen: Wir sind, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, von der CDU/CSU zu Recht darauf hingewiesen worden, daß wir ein unterschiedliches Parteiverständnis hätten, daß es für uns gerade auch als Regierungspartei darauf ankomme, Motor der Entwicklung bleiben zu können und hier nicht nur immer das zu tun, was unsere Altvorderen entwickeln. Das Wichtigste ist deutlich geworden, als Herr Narjes heute morgen darüber sprach, wem wir denn folgen sollten. Dann fiel der Name Häfele. Abschließend möchte ich sagen - ich muß leider etwas kürzen -: Für uns ist im Laufe der Energiedebatte zu Recht von der Wiedereinsetzung der Politik in ihre Rechte und Pflichten gesprochen worden. Wenn wir die 40 000 Milliarden US-Dollar, von Herrn Häfele erwähnt - ({12}) - Muß ich zum Schluß kommen? - Dann tut es uns leid, dann kann ich diesen Gedanken nicht mehr entwickeln. ({13})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, wir sind, was den Zeitablauf angeht, ohnehin in einer Situation, die es gebietet, die vereinbarten Zeiten einzuhalten. - Bitte.

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Was ich ausdrücken möchte, Herr Narjes, ist folgendes. Vielleicht kann ich das als Diskussionsantwort hier in der Debatte sagen. Wenn Sie die 40 000 Milliarden Dollar erwähnen, dann sollten wir auch erwähnen, daß Häfele gleichzeitig mit dieser Perspektive der Energieversorgung uns eine Einschätzung des Investitionsbedarfes gibt. Er erwähnt, daß hier 30 Tera-Dollar zusätzlich gebraucht würden. Diese fehlenden 30 Tera-Dollar können nach Häfele nur über eine erhebliche Konsumeinschränkung besorgt werden. In diesem Zusammenhang sollten wir ebenfalls erwähnen, Herr Narjes, daß Häfele davon ausgeht, daß der Energieverbrauch etwa auf ein Niveau gebracht wird, auf dem die Amerikaner viermal so viel verbrauchen wie wir jetzt heute und daß Westeuropa pro Kopf auf einen Verbrauch von etwa 10,5 Kilowatt pro Person kommt. Das wäre also auch mehr als doppelt so viel wie heute. Es ist nicht schlimm, daß Häfele vielleicht falsche Prognosen macht wie andere auch. Es ist auch nicht schlimm, daß Häfele nun gigantische Prognosen macht. Schlimm ist - und das zu betonen ist wichtig -, daß wir mit der Philosophie von Häfele zu einem Abschied von der Politik kommen und zu Sklaven technokratischer Berechnungen werden. Der zentrale Punkt der Häfeleschen Philosophie ist der Abschied von der Politik. Unsere Aufgabe als Sozialdemokraten ist es, hier im Sinne der von Minister Hauff beschriebenen Entwicklungsmöglichkeiten an der Weiterentwicklung der Energiepolitik politisch mitzuarbeiten.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat Herr Abgeordneter Spies von Büllesheim.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ueberhorst, Sie haben mit einer persönlichen Bemerkung begonnen. Sie haben gesagt, daß wir wegen der Energiepolitik keine bessere Regierung brauchten. Sie haben das ausdrücklich als eine persönliche Bemerkung gekennzeichnet, aber ich glaube, Sie waren doch heute teilweise hier nicht im Raum und haben manche Rede nicht gehört. Auch für die Energiepolitik brauchen wir eine bessere Regierung, eine Regierung, die erkannte Ziele, über die hier Übereinstimmung besteht, auch kraftvoll verfolgt, eine Regierung, die sich nicht durch Parteitagsbeschlüsse - jedenfalls zwischenzeitlich - irre machen läßt, ({0}) und eine Regierung, die die offene Auseinandersetzung in dem zweifellos gegebenen Zielkonflikt zwischen Umweltschutz auf der einen Seite und notwendiger Energiebereitstellung auf der anderen Seite nicht scheut. Dies scheinen Sie zu vergessen. ({1}) - Ja, ganz bestimmt besser, Herr Kollege, als Ihre Energiekommission, mit der Sie die Entscheidungen, denen Sie schon seit Monaten ausweichen, noch weiter verschieben wollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Mineralölbereich ist heute hier mehrfach kurz angesprochen worden. Wir alle in diesem Haus sind darin einig, daß weniger Mineralöl verbraucht werden soll, daß der Anteil des Mineralöls sinken soll, daß aber trotz dieser Bemühungen und trotz der gemeinsamen Bemühungen um Energieersparnis das Mineralöl bis zum Ende dieses Jahrtausends dennoch die Hauptlast unserer Energieversorgung zu tragen haben wird. ({2}) - Ich bin ja gerade am Beginn meiner Ausführungen, Herr Kollege Wolfram. Ich muß Sie schon bitten, sich ein bißchen zu gedulden. Die übervollen Öltanks und die gedrückten Preise dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß es gerade im Mineralölbereich eine ganze Reihe von Problemen gibt, die im Energieprogramm der Bundesregierung - jedenfalls teilweise - zwar angesprochen werden, zu denen das Energieprogramm aber nicht sagt, wie sie gelöst werden sollen. Damit hält für die Mineralölwirtschaft die Unsicherheit an, die sie letztlich daran hindert, ihre Probleme selbst marktwirtschaftlich zu lösen. Klarheit ist überall im Leben ein Wert für sich und eine Grundlage für jede unternehmerische Betätigung. Diese Klarheit - das wird hier niemand bestreiten - hat die Mineralölwirtschaft im Augenblick nicht. Ein erster Schritt ist das Mineralölbevorratungsgesetz, das heute in erster Lesung in das Parlament eingebracht wird. Meine Damen und Herren, ich muß mich hier auf die Darstellung der Grundzüge, einiger Probleme beschränken. In der Mineralölindustrie bestehen seit dem Jahre 1974 nicht gelöste Strukturprobleme. Der Nachfrageeinbruch in Westeuropa war so stark, daß das Verbrauchsniveau des Jahres 1973 etwa erst im Dr. Freiherr Spies von Bülllesheim Jahre 1980 wieder erreicht werden wird. Das muß man vor dem Hintergrund der Tatsache sehen, daß der Mineralölverbrauch von 1962 bis 1973 in jedem Jahr um etwa 8 % gestiegen ist. Diese Zahlen erklären den überaus starken Überhang an Raffineriekapazität, der im EG-Raum etwa 30 % beträgt. ({3}) - Dafür ist nicht die Bundesregierung verantwortlich, Herr Kollege Wolfram; aber sie ist dafür verantwortlich, daß diese Kapazitäten heute noch auf den Markt drücken, weil die Mineralölwirtschaft mangels Klarheit nicht die Möglichkeit hat, durch die Gründung eines Rationalisierungsverbundes oder auf andere Weise diesen Problemen auszuweichen. ({4}) - Niedrige Preise, Herr Kollege Steger sind zunächst einmal ein Grund zur Freude für uns alle, insbesondere in Zeiten sonst starken Preisauftriebs. Aber die Politik - darin stimmen wir ja wohl überein - ist nicht dazu da, das Heute zu regeln, sondern an das Morgen zu denken. ({5}) Wir alle gemeinsam müssen daran interessiert sein, eine gesunde Raffineriestruktur zu haben. ({6}) - Herr Kollege Steger, heute ist schon mehrfach um Zwischenfragen gebeten worden - ich habe mich auch daran beteiligt -, aber wegen der schon genannten zeitlichen Bedrängnis sind alle diese Fragen nicht zugelassen worden. Deswegen gestatten Sie auch mir, mich daran zu halten. Eine gesunde Raffineriestruktur ist notwendig. Herr Kollege Wolfram, Sie haben sich zwar kurz mit Fragen der Rohölpolitik befaßt, aber Sie haben die Probleme nur genannt und keine Lösungen aufgezeigt. Wir sind in der Bundesrepublik in der insoweit glücklichen Lage, daß Tochtergesellschaften großer „Multis" das Rückgrat unserer Mineralölwirtschaft bilden, die nicht so schnell in Schwierigkeiten kommen. Aber es ist im Sinne der Sicherheit unserer Versorgung tatsächlich ein unguter Aspekt, daß diese Strukturschwierigkeiten bestehen und auch weiter anhalten. Wir müssen alle sehen, daß wir im deutschen Mineralölmarkt schon heute oligopolistische Gegebenheiten haben. Es wäre schlimm, wenn sich Unternehmen unter dem Eindruck dieser Strukturprobleme vom deutschen Markt zurückziehen würden - offen oder versteckt -, mit der Folge, daß hier eine monopolistische Struktur entstehen könnte. Die notwendige Strukturverbesserung - Herr Kollege Steger, ich gehe jetzt auf ihren Zwischenruf ein - muß natürlich allein Sache der Mineralölwirtschaft bleiben. Aber der Staat kann und muß helfen. ({7}) Er darf nicht abseits stehen. Er muß helfen, weil regionale Interessen zu wahren sind, weil eine notwendige Strukturbereinigung versorgungspolitischen Notwendigkeiten entsprechen muß und weil eine monopolistische Angebotsentwicklung verhindert werden muß. Die Regierurng darf hier nicht abseits stehen und so tun, als gehe sie das gar nichts an. ({8}) Es bedarf des Abgleichs mit den EG-Vorschriften. Es bedarf des Abgleichs mit dem Bundeskartellamt. Es ist sogar die Antitrustgesetzgebung der Vereinigten Staaten zu beachten. Hier kann und muß die Bundesregierung etwas tun, und zwar unter versorgungspolitischen Aspekten. ({9}) - Das zweite Problem, Herr Kollege Wolfram, ist der Mangel an Konversionskapazität in der Bundesrepublik. Das ist die Kapazität der Anlagen, mit denen aus schweren Mineralölprodukten leichte Mineralölprodukte gewonnen werden. Hier müssen neue Kapazitäten geschaffen werden, und zwar in der Bundesrepublik. Darin stimmen wir überein. ({10}) - Das mögen Sie so planen. Aber wir denken marktwirtschaftlich. Wir machen das jedenfalls nicht, Herr Kollege Reuschenbach. ({11}) Da schweres Heizöl im Raffinierungsprozeß - wie wir alle wissen - als Koppelprodukt anfällt, werden unsere Raffinerien heute weitgehend nach dem Anfall von schwerem Heizöl gefahren. Andererseits wissen wir - und das hat die Anhörung der Sachverständigen zu Energiefragen am 17. und 19. Oktober 1977 ergeben -, daß die ersten Knappheitserscheinungen im Mineralölbereich gerade bei Rohbenzin, bei Naphta, zu erwarten sein werden, so daß also auch von der Marktstruktur her die Erhöhung der Konversionskapazität dringend ist. Hier liegen, auch das ist bekannt, Investitionen für 1,5 Milliarden DM aus umweltpolitischen Gründen „auf Eis". Herr Kollege Gruhl, Sie haben gerade diesen Bereich nicht genannt, als Sie bezweifelten, daß umweltpolitische Gründe bzw. Bürgerinitiativen am gegebenen Investitionsstau beteiligt seien. Hier ist auch dieser Tatbestand gegeben, in dem ein großer Betrag aus Umweltschutzgründen nicht investiert werden kann - ein Betrag, dessen Investition notwendig ist. ({12}) Hier ist insoweit der gleiche Tatbestand gegeben, der schon im Zusammenhang mit Kohlekraftwerken und der Verrechtlichung - oder wie immer man dieses Problem lösen will; es gibt mehrere Möglichkeiten - der TA Luft im Rahmen des Bundesimmissionsschutzgesetzes angesprochen worden ist. Hier ist heute morgen in der Debatte mehrfach gesagt worden, es werde von der Regierung gehandelt, es werde alles Notwendige getan. Aber dies Problem ist dabei immer wieder umgangen worden. Sie wissen doch genauso gut wie wir, Herr Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff, daß im Bundeswirtschaftsministerium ein kompletter Entwurf dazu vorliegt und daß es nur daran mangelt, daß sich das Bundeswirtschaftsministerium nicht mit dem Bundesinnenministerium einigen kann. Wir hätten längst eine Regelung dieser Frage erreicht, wenn in diesen beiden Ministerien Einigkeit herbeizuführen wäre. ({13}) - Herr Kollege Wolfram, ich kann auch Ihre Zwischenfrage nicht zulassen. Aber vielleicht wollen Sie darauf hinaus, daß wir im Wirtschaftsausschuß die Konfrontation dieser beiden Ministerien erlebt haben. Ich glaube, zumindest Sie und ich stimmen darüber überein, daß die Regierung hier eine Entscheidung treffen muß. Dazu fordern wir die Regierung auf. Ein drittes, unerledigtes Thema - ({14}) - Herr Kollege Wolfram, wir sind in der Frage einig. Ich kann Ihren Zwischenruf im Augenblick auch rein akustisch nicht verstehen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege, das ließe sich beheben, wenn Sie die Zwischenfrage zuließen. ({0})

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte sehr, Herr Kollege Wolfram, ich lasse sie gerne zu. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Er verzichtet. Bitte.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ein weiteres unerledigtes Thema, das im Energieprogramm angesprochen wird, zu dessen Löung aber nichts geschieht, ist das Problem der Differentialgewinne in der Mineralölwirtschaft, die die Mineralölwirtschaft in zwei - nach Raffineriekapazität gerechnet - gleich große Teile teilt, in die glücklichen „haves" und die traurig neidenden „have-nots". Es handelt sich um die Gewinne aus inländischer Erdöl- und Erdgasförderung, die durch die OPEC-Preiserhöhungen überaus stark angestiegen sind und die -- wann man steigende Ölpreise unterstellt - auch weiter ansteigen werden. Ich will zur Größenordnung dieser Gewinne jetzt gar nichts sagen; denn für die grundsätzliche Seite des Problems ist es nicht von erster Bedeutung, ob diese Zusatzgewinne jetzt 900 Millionen DM oder 2 Milliarden DM im Jahr betragen. Das Problem der Differentialgewinne liegt nicht so sehr in ihrer Größenordnung und auch nicht so sehr in ihrer plötzlichen und unerwarteten Ursache, sondern vor allem in der Tatsache, daß sie innerhalb der deutschen Mineralölindustrie so ungleich verteilt sind. Würden nämlich alle gleichbeteiligt sein, dann dürften wir eines dicken Mantels des Schweigens um diesen Tatbestand sicher sein. Aber so muß sich die Politik damit beschäftigen. Der Zeitrahmen dieses Beitrags ist zu eng, um alle Aspekte dieses Problems auch nur andeuten zu können. ({0}) Die notwendige sachliche Diskussion - aber ich werde mehr dazu sagen als Sie, Herr Kollege, und auch als die Regierung dazu gesagt hat -, die notwendige sachliche Diskussion dieser Frage kann aber - ich äußere hier meine persönliche Meinung - nicht mit dem Vorschlaghammerargument, jedes Antasten dieser Differentialgewinne sei ein Angriff gegen die soziale Marktwirtschaft, vom Tisch gewischt werden. Die Frage muß vielmehr diskutiert. werden. Hier ist nämlich ein erheblicher, außenwirtschaftlich bedingter, in der Größenordnung nicht voraussehbar gewesener, nicht im eigentlichen Sinne marktwirtschaftlicher Einfluß wirksam geworden, der durchaus im Einklang mit marktwirtschaftlichen Ordnungsprinzipien geregelt werden kann. Im übrigen: auch ein ungestörter Wettbewerb ist ein marktwirtschaftliches Erfordernis. Für eine Regelung des Problems spricht, daß diese noch auf unabsehbare Zeit anfallenden und unter der Annahme steigender Rohölpreise auch noch steigenden Gewinne die Ausgangslage im Wettbewerb in der Mineralölwirtschaft tatsächlich empfindlich zu stören geeignet sind. Auch andere Staaten, deren marktwirtschaftliche Ordnung über jeden Zweifel erhaben ist, haben dieses Problem in irgendeiner Weise durch Zusatzabgaben oder Verrechnungen gelöst und damit die Differentialgewinne gemindert. Auch bei uns -- das sei hier deutlich gesagt - kann es sich nur um eine Minderung handeln. Denn in unserem Lande muß selbstverständlich bleiben, daß richtiges unternehmerisches Handeln sich auch auszahlen muß. ({1}) Für eine Regelung spricht weiter, daß die heimische Erdölförderung in Zeiten mit umgekehrten Ertragsvorzeichen vom Staat gestützt worden ist, um die nach der damaligen Marktlage vorgegebenen Verluste nicht voll auf die Unternehmen durchschlagen zu lassen. Herr Präsident, die gelbe Lampe geht hier an, wie ich sehe. Wieviel Zeit habe ich noch? 20 Minuten waren angemeldet.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege, das war nicht umgestellt worden. Ihre Fraktion hatte tatsächlich 20 Minuten für Sie beantragt.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke sehr. Das war mir auch so gesagt worden. Ich sagte, daß die heimische Förderung in Zeiten mit umgekehrten Ertragsvorzeichen auch vom Staat gestützt worden ist. In diesem Zusammenhang muß gesehen werden, daß die Körperschaftsteuer als das weitaus stärkere und im übrigen systemkonforme Abschöpfungsinstrument im Augenblick nicht greift, solange nämlich Marktverluste der Förderunternehmen in anderen Bereichen gegen die Differentialgewinne verrechnet werden können. Das ist im übrigen ein wesentlicher Unterschied zu den Abgaberegelungen in vielen anderen Staaten. Gegen einen Zugriff auf die Differentialgewinne spricht die Überlegung, daß eine von staatlichem Fiskalinteresse getragene Sonderabgabe ein nachahmenswertes Beispiel für eine Gewinnabschöpfung auch in anderen Bereichen sein könnte. Sie könnte das Investitionsklima in der Bundesrepublik verschlechtern. Gegen einen Zugriff spricht im übrigen - auch das soll nicht verschwiegen werden -, daß die aufwendigen Methoden der Sekundär- und Tertiärförderung dann womöglich nicht mehr in dem sonstigen Maße eingesetzt würden. Als Ergebnis blieben Rohölreserven bei uns ungenützt im Boden. Sieht man die ungleiche Verteilung der Differentialgewinne - insbesondere dieser Grund legt eine Lösung nahe - und berücksichtigt man, daß Förderzinsen nach unserer Verfassung den Ländern zustehen, dann liegt es nahe, eine Lösung im Bereich der Anhebung der Förderzinsen zu suchen. Eine ganze Fülle von anderen Möglichkeiten mehr oder weniger gerechter Systeme steht zur Verfügung; man kann etwas tun und man kann auch nichts tun. Aber eines darf nicht geschehen: daß nämlich die Entscheidung weiter verschoben wird, Herr Bundeswirtschaftsminister, und daß das Land Niedersachsen in Verhandlungen mit den großen Ölgesellschaften geschickt wird, die natürlich aber nicht bereit sind, sich auf irgendeine Erhöhung der Förderzinsen zu einigen, solange sie nicht wissen, was auf der Bundesebene auf sie zukommt. So ist der Tatbestand im Augenblick. Das Geschehen dreht sich im Kreise. Die nationale Rohölreserve ist im Aufbau. Die Fortschreibung des Energieprogramms läßt eine Aussage darüber vermissen, wann die Bundesregierung den zur Verfügung stehenden Kavernenraum von 8 Millionen t gefüllt haben wird. Die Frage, ob es technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll sein kann, Erdöl in heimischer Erde zu lassen, also eine Konservierungspolitik zu treiben, ist nicht angesprochen worden. Auch der Gedanke, die heimische Förderung von 01 und Gas an zusätzliche Bevorratungspflichten zu binden und auf diese Weise vielleicht das Problem der Differentialgewinne gleich mit zu lösen, ist nicht erwähnt worden, aber sicherlich erwägenswert. Lassen Sie mich noch ein paar Worte zum heute zur Beratung anstehenden Erdölbevorratungsgesetz sagen. Das Gesetz ist das Egebnis der mit den Gesetzen des Jahres 1965 und 1975 gewonnenen praktischen und rechtlichen Erfahrungen. Es berücksichtigt den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1971 und auch den Inhalt der noch laufenden unentschiedenen Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz von 1975. Die vorgesehene Gründung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die die Bevorratungsaufgabe wettbewerbsneutral für alle finanziert und die ihre laufenden Kosten durch Beiträge der Pflichtmitglieder aufbringt, ist auch deshalb ein positiver Lösungsansatz, weil alle Beteiligten bereit sind, im Rahmen eines solchen Grundkonzepts an. der Bevorratung mitzuwirken. Diese Lösung als solche und die noch offenen Einzelfragen, die durchgängige Möglichkeit des offenen Ausweises, die Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, in Ihrer Rede angesprochen haben, die Höhe des Anteils der Vorräte, die im Ausland gelagert werden dürfen, ob 20 zu 80 entsprechend der EG-Vorschrift oder davon abweichend, die Frage des zulässigen Anteils von Rohöl- und Halbfertigfabrikaten im Vergleich zu Fertigprodukten, die Frage einer sich an versorgungspolitischen Notwendigkeiten orientierenden regionalen Verteilung der Vorräte in der Bundesrepublik, das zulässige Ausmaß der Lagerung der Vorräte in einzelnen Kavernen, die Frage der gleichmäßigen Inanspruchnahme der bestehenden Überkapazitäten an Tanklagern und weitere Fragen, werden schon bald Gegenstand der Beratungen in dem zuständigen Ausschuß sein. Die baldige Verabschiedung des Gesetzes ist dringlich, weil es die bestehenden Wettbewerbsdisparitäten zwischen den einzelnen Gruppen und die zum Teil heute unerträglich hohe Kapitalbindung der Unternehmen beseitigt. Es ist daher zu hoffen, daß wenigstens das Problem der Bevorratung durch die Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause gelöst werden kann. ({0}) Ich fasse zusammen: Das Energieprogramm der Bundesregierung zeigt zwar im Mineralölbereich die gegebenen Probleme auf, aber die Bundesregierung scheut sich, konkrete Vorschläge zu machen, die diese Probleme lösen können. Die Lösung der Probleme ist dringlich. Die Mineralölwirtschaft muß endlich wissen, auf welche Daten sie ihre Struktur ausrichten kann. Zu weiterem Warten besteht kein Anlaß. Wir fordern die Bundesregierung auch in diesem Bereich zum Handeln auf. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zeyer.

Werner Zeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002590, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte, Ihr Augenmerk mit einem kurzen Beitrag auf die Lage im saarländischen Bergbau zu lenken. Die Gruben an der Saar gehören zu den leistungsfähigsten in der Europäischen Gemeinschaft. Einige Schachtanlagen haben im Vergangenen Jahr die Spitzenleistungen in der Gemeinschaft erzielt. Nach wie vor bestimmen trotz aller Anstrengungen, auch andere Industrien anzusiedeln, der Bergbau und die mit dem Bergbau so eng verzahnte Eisen- und Stahlindustrie die Wirtschaft des Saarlandes. Die Krise in der Montanindustrie lastet daher besonders schwer auf unserem Land, dessen Arbeitslosenquote erheblich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Einschließlich der nationalen Steinkohlenreserve liegen an der Saar mehr als 3 Millionen t Kohle auf Halde. Die jährliche Förderkapazität der Saarbergwerke liegt bei 10 Millionen t, und obwohl das Unternehmen mit Rücksicht auf die schwierige Absatzlage die Förderung gedrosselt hat, wachsen die Halden weiter. Wenn keine Hilfsmaßnahmen ergriffen werden, ist die Aufrechterhaltung der Förderkapazität im saarländischen Bergbau ernsthaft gefährdet. Eine Rücknahme durch Schließung von Schachtanlagen würde die Beschäftigungslage im Saarland in der ohnehin schon extremen Situation weiter schwer belasten. Ein solches Vorhaben stünde aber auch im Widerspruch zu der Energiestrategie der Kommission der Europäischen Gemeinschaft, die Steinkohlenförderung in der Gemeinschaft mittelfristig auf einem bestimmten Niveau zu halten. Überbrückungsmaßnahmen auf nationaler und auf europäischer Ebene sollten im Verbund mit absatzfördernden Maßnahmen unverzüglich durchgeführt werden. Die Europäische Kommission erwägt zur Zeit die Einführung eines gemeinschaftlichen Beihilfesystems zugunsten des Austausches von Kraftwerkskohle innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Damit will sie einem weiteren Anstieg der Importe von Drittlandskohle entgegenwirken und den Absatz von Gemeinschaftskohle fördern. In diesem Bemühen sollte die Bundesregierung die Kommission der Europäischen Gemeinschaft nachhaltig unterstützen. Durch die Entwicklung des Energieaustausches innerhalb der Gemeinschaft könnte einerseits die Solidarität der Mitgliedstaaten gefestigt und andererseits die Unabhängigkeit von Energieeinfuhren aus Drittländern verringert werden. ({0}) Nach dem fortgeschriebenen Energieprogramm der Bundesregierung vom 31. Oktober 1974 soll im Saarland ein zweiter Kraftwerksblock von 700 MW errichtet werden. Ursprünglich sollte er bis 1980 in Betrieb gehen. Da dieses Ziel sicher nicht mehr erreicht werden kann, sollte sichergestellt werden, daß der Block bis 1982 in Betrieb gehen kann; denn dieses Datum ist besonders wichtig, da die Kohlelieferungen der Saar nach Frankreich, die einen erheblichen Teil des Absatzes der Saarbergwerke ausmachen, nur bis zu diesem Zeitpunkt abgesichert sind. Das neue Kraftwerk, das die Saarbergwerke errichten wollen, würde etwa 1 Million t Flammkohle im Jahr aufnehmen und damit rund 2 000 Arbeitsplätze im Saarland langfristig sichern. Der Strom aus diesem Kraftwerk soll nach Süddeutschland geliefert werden. Die Trassenführung und der Abschluß eines Stromlieferungsvertrages sind noch offen. Als Mehrheitsaktionär der Saarbergwerke sollte die Bundesregierung ihren Einfluß geltend machen und den Vorstand der Saarbergwerke bei der Lösung dieser anstehenden Fragen tatkräftig unterstützen. ({1}) Wie der übrige deutsche Steinkohlenbergbau benötigen auch die Saarbergwerke Uberbrückungsbeihilfen, um die derzeitige Förderkapazität aufrechterhalten zu können. ({2}) Darüber verhandelt die saarländische Regierung zur Zeit mit der Bundesregierung. Die saarländische Bevölkerung hofft, daß diese Verhandlungen bald zu einem guten Abschluß gebracht werden können. Gestatten Sie mir, noch kurz auf die an der Saar geplante Zentralkokerei einzugehen. Sie soll von den Saarbergwerken und den saarländischen Hütten als gemeinsame Anlage errichtet werden. Ihre baldige Verwirklichung würde den Absatz für einen beachtlichen Teil der Steinkohlenförderung der Saarbergwerke mittel- und langfristig sichern. Sie nähme den Saarbergleuten die Sorge um eine Verdrängung von Saarkohle und damit um einen Verlust von Arbeitsplätzen. Auch bei der Realisierung dieses Projektes sollte die Bundesregierung als Quasi-Eigentümer der Saarbergwerke fördernd mithelfen. Ich appelliere an den Herrn Bundeswirtschaftsminister: Herr Minister, richten Sie trotz aller übrigen Probleme, die Sie belasten, Ihr Augenmerk besonders auf die wirtschaftliche Lage im Saarland. Sie selbst haben einige Jahre dem Aufsichtsrat der Saarbergwerke angehört. Sie kennen aus jener Zeit die Probleme des Bergbaues an der Saar aus eigener Anschauung. Wir gehen davon aus, daß Sie auch in Zukunft sich dieser besonderen Probleme annehmen werden. ({3})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Zeyer, ich habe mit Vergnügen die , Formulierung gehört, daß Sie davon ausgehen, ich würde mich auch in Zukunft der Probleme des saarländischen Bergbaues und der saarländischen Wirtschaft generell annehmen. Davon können Sie ausgehen. Sie wissen, daß das Problem Saarland einschließlich der Stahlindustrie uns intensiv beschäftigt. Sie wissen, daß die Bundesregierung - Sie haben gesagt, als Quasi-Eigentümer; 26 % Anteil hat das Saarland immerhin an den Saarbergwerken, dies dürfen wir vielleicht erwähnen, und das sind 26 % Mitverantwortung - dem Beschluß, einen 700 MW-Block zu bauen, ohne Stromabnahmevertrag sowie ohne - bisher - Trassenvereinbarung zugestimmt hat und in dieses Risiko mit hineingegangen ist. Wir werden im Zusammenhang mit den zu überlegenden Zahlungen - lassen Sie uns das bitte nicht Überbrückungsbeihilfen nennen, sondern Förderung für Innovations- und Entwicklungsmöglichkeiten im deutschen Steinkohlenbergbau - selbstverständlich dabei an die Saarbergwerke denken. Ich möchte Sie allerdings vor der Vorstellung warnen, daß das Thema Zentralkokerei schnell entschieden werden könnte, wie Sie dies angedeutet haben. Solange es keine Entscheidung gibt über die Frage einer gemeinsamen Roheisenphase an der Saar, solange es keine Entscheidung über die Frage gibt, wo ein eventueller neuer Hochofen stehen könnte, und wann er gegebenenfalls gebaut werden soll, so lange kann man sinnvollerweise eine neue Zentralkokerei noch nicht bauen. Dies, Herr Zeyer, zu dem Thema Saarland. Aber, seien Sie versichert, dieses Thema, gerade wegen der besonders schwierigen Lage an der Saar, findet die besondere Aufmerksamkeit auch der Bundesregierung - nicht nur, weil ich zufällig mit der wirtschaftlichen Entwicklung im Saarland, wie ich glaube, einigermaßen vertraut bin. Meine Damen und Herren, zum Schluß der Debatte sind gewissermaßen zwei Erinnerungssaiten bei mir angeschlagen worden. Der Kollege Spies von Billiesheim hat nämlich die Struktur der Mineralölwirtschaft hier ins Gespräch gebracht. In meiner Eigenschaft als Mitglied des Aufsichtsrats der VEBA, was ich bis zum Antritt des Amtes, das ich jetzt innehabe, war, habe ich mich auch mit diesen Fragen beschäftigen müssen. Herr von Spies, ich möchte Ihnen nur zwei Dinge entgegenhalten. Einmal: Sie sagen, die Regierung dürfe nicht abseits stehen und so tun, als ginge sie die Entwicklung der Mineralölstruktur, einer gesunden Raffineriestruktur nichts an. Dies tut die Regierung nicht. Sie ist selbstverständlich daran interessiert, daß wir eine Raffineriestuktur in der Bundesrepublik haben, die auf Dauer auch rentabel ist, damit weitere Investitionen möglich sind. Darin sind wir einig. Daß die Dinge schwierig sind, wissen wir auch. Aber es ist nicht Aufgabe der Regierung - ich unterstreiche dies noch einmal -, neue Konversionskapazitäten zu schaffen. Wenn die Unternehmen in dieses unternehmerische Risiko gehen wollen, wird die Regierung bereit sein, ihnen die notwendige und im Rahmen unserer wirtschaftlichen Ordnung vertretbare Hilfestellung angedeihen zu lassen. Aber man muß selbstverständlich die Entscheidung über das damit verbundene Risiko den Unternehmern überlassen. Konversionskapazitäten haben ja auch ihre Schwierigkeiten. Sie beseitigen ein überflüssiges Produkt und senken damit den Preis für das andere Produkt, für das sie im Grunde ein höheres Entgelt haben möchten; in gewisser Hinsicht können sie, wie das ein Vorgänger von mir genannt hätte, self defeating sein. Diese Entscheidung allerdings überlassen wir den Unternehmen. ({0}) Ein zweiter Punkt. Ich bin mit Ihnen völlig einig in der Darlegung zu dem, was Sie vornehmer Differentialgewinne nennen. Es hat sich ja die Bezeichnung windfall profits bei uns eingebürgert; allerdings fährt jeder Betroffene angstvoll zusammen, wenn man ihm mit dieser Bezeichnung begegnet. Ich bin ebenso mit Ihnen einig, daß ein Heranziehen dieser Differentialgewinne kein Verstoß gegen marktwirtschaftliche ordnungspolitische Regeln ist, und ich bin auch mit Ihnen einig, daß dies am besten auf dem Weg über die Förderzinsen geschieht. Nur, Herr von Spies, ich würde Sie doch bitten, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und den niedersächsischen Finanzminister, der bekanntlich Ihrer Partei angehört, anzurufen, um sich bei ihm darüber zu erkundigen, ob es ihm an Unterstützung durch die Bundesregierung bei der Behandlung dieser Frage mangelt. Weiter überhaupt nichts. ({1}) Daß wir dies mit dem großen Hammer des Verbrauchsteuergesetzes vermutlich nur sehr schwer regeln können und wir im übrigen bei Ihnen auf Widerspruch stoßen - auch im Bundesrat -, ist ja eine zweite Frage. Etwas schwierig wurde es für mich beim Zuhören, Herr Spies von Büllesheim, als ich so ganz nebenbei und ganz leise hörte, daß Sie hierzu Ihre persönliche Meinung zum besten gegeben haben. Ich teile diese persönliche Meinung, aber es wäre mir natürlich sehr viel lieber, ich könnte entgegennehmen, dies sei die Meinung der Opposition in einer Frage, die im Lande auch wirtschaftspolitisch umstritten ist. Was ich nicht schätze, ist, daß hier die Besteuerung der „windfall profits" gefordert wird, auch als persönliche Meinung, draußen bei den Betroffenen aber gesagt wird: Das ist diese bäsartige Bundesregierung, die euch in die Taschen langen will. ({2}) Nun darf natürlich jeder eine persönliche Meinung haben. Der Kollege Gruhl hat ja auch seine persönliche Meinung hier vorgetragen. ({3}) - Er ist auch schon weg. ({4}) - Ich gehe davon aus, daß der Kollege Gruhl übermäßig beschäftigt ist. Dann steht es jedem zu, nicht hier zu sein. Ich glaube, wir haben hier fair und, wie sich das gehört, demokratisch Herrn Gruhl beim Vortrag seiner Minderheitsmeinung zugehört. Er hat gesagt, der Bundeswirtschaftsminister sollte einmal die Zahl der Arbeitsplätze errechnen, die durch den Umweltschutz zu schaffen seien. bas ist ein' Thema, mit dem wir uns beschäftigen. Aber er hat hinzugefügt: ... bevor er im trauten Verein mit der Wirtschaftslobby über durch Umweltschutz verlorene Arbeitsplätze spricht. Meine Damen und Herren, das müssen Sie in Ihrer Fraktion regeln, ob das der Umgangston ist, den Sie auch im Rahmen von Minderheitsmeinungen zulassen wollen. Im übrigen: Offensichtlich gelingt es dem Kollegen Gruhl ja nicht, seine eigene Fraktion zu überzeugen. Da wird es schwierig sein, die Bundesregierung zu überzeugen. Uns gelingt es häufig genug ja auch nicht, Sie zu überzeugen, obwohl wir das mit den sachlich richtigen Argumenten versuchen, was Herr Gruhl nicht tut. Zur Klarheit trägt dies alles natürlich nicht gerade bei. Aber was ist schon Klarheit? Nach der Definition des Kollegen Probst von heute morgen ist es die Klarheit, die bei den im Raum stehenden Fragen in der Luft hängt. ({5}) Nach dieser sehr erleuchtenden Definition möchte ich dann doch lieber den Kollegen Breidbach zitieren, der hier gesagt hat: Jetzt werde ich mal wieder was Vernünftiges sagen. Das ist dann wahrscheinlich besser. Ich möchte das Haus nicht lange mit Einzelpunkten, bei denen ich Irrtümer sehe, beschäftigen. Herr Kollege Riesenhuber, das erste Energieprogramm ist vor dem Ölschock vorgelegt worden, nicht nach dem Ölschock. ({6}) - Auch ein Teil des Energieeinsparprogramms und die Bedeutung der Energieeinsparung wurden bereits im ersten Energieprogramm dargelegt. Sie sagen, die Heizölsteuer bietet keinen Sparanreiz. Ich will gar nicht bestreiten, daß das sehr schwer nachrechenbar ist. Aber daß dies im Trend über die Verteuerung des Produkts, das knapp werden wird - Herr von Spies hat davon ebenfalls gesprochen -, die richtige Politik ist, darüber müssen wir auch unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten streiten. Wir sind es ja, die dem amerikanischen Präsidenten nahelegen und empfehlen, wenn das Energieprogramm nicht durchkommt, dann sollte er die Preise über höhere Zölle und höhere Steuern erhöhen. ({7}) - Herr Kollege Narjes, es sind immer „andere Verhältnisse", wenn irgend etwas unbequem ist. Dann gilt es immer für den anderen und nicht für uns.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Bundeswirtschaftsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Riesenhuber?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Selbstverständlich.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, bedeutet dies, daß Sie die Ausführungen in der Zweiten Fortschreibung nicht für stringent halten, in denen festgehalten wird, daß Preissteigerungen bei den Energien nicht so hoch ausfallen könnten, daß sie im Markt relevant werden dürften? Sie stellen fest, daß dies die Wirtschaft nicht ertragen kann.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Kollege Riesenhuber, zwischen marktrelevanten Preisen und einer Tendenz, die in die richtige Richtung geht und damit zur Einsparung Anstoß gibt, besteht selbstverständlich ein erheblicher Unterschied. Ein künstliches Festhalten von Energiepreisen in einer Zeit, in der sich Verknappungen mindestens mittelfristig als sicher ankündigen, halte ich für eine bedenkliche Politik. Ich will das aber nicht vertiefen, sonst geraten wir schon wieder auf internationales Feld, und da wird es bekanntlich schwierig. ({0}) - Natürlich wird das schwierig. Aber Sie wissen auch, daß wir hier zu einiger Zurückhaltung Anlaß haben. ({1}) - Auch in der Kritik! Sie sagen weiter, 4,35 Milliarden DM tragen nicht zur Einsparung bei. Auch hier kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Heizisolierung und gerade die Gebäudebeheizung einer der zur Energieverschwendung am meisten angelegten Bereiche ist. Deswegen ist der Ansatz richtig, und der Ansatz muß unternommen werden, auch wenn man hier nicht - das gebe ich Ihnen ohne weiteres zu - auf Punkt und Komma mit einem sicheren Ergebnis ausrechnen kann, was wirklich gespart wird. Die letzte Bemerkung von mir zu Ihrer Behauptung, Herr Riesenhuber, die Bundesregierung wolle den Tarif II abschaffen: Wenn Sie das in der Zweiten Fortschreibung sorgfältig nachlesen - und das haben Sie natürlich getan -, sehen Sie, daß dort ausdrücklich gesagt ist, daß wir das an sich für richtig halten - und ich bin auch nach wie vor dieser Meinung -, daß wir aber unsere Bereitschaft angekündigt haben mit den Ländern zusammen den Tarif II so zu ändern, daß die verbrauchsfördernde Wirkung entfällt - das ist ja der Punkt, auf den es ankommt - und nicht sozial ungerechtfertigte Belastungen dabei herauskommen. ({2}) Meine Damen und Herren, der Kollege Breidbach hat die große Befürchtung hier geäußert, daß wir Uran aus der Sowjetunion als Ausweg bezeichnen könnten. Ja, wir beziehen schon seit vielen Jahren Uran aus der Sowjetunion und im Sinne der Diversifizierung ist dies wohl auch richtig und notwendig. Wir wollen uns nicht von einem Lieferanten, von einer Anreicherungsstelle abhängig machen. Aber daß dies ein neuer Tatbestand wäre, der etwa mit dem bevorstehenden Besuch zusammen nun in ein Schreckensgemälde gebracht werden müßte, davon kann doch überhaupt keine Rede sein., ({3}) In dem Zusammenhang einige Worte zu dem Thema „Nonproliferation", also Nichtverbreitung, und zu der neuen amerikanischen Gesetzgebung, die hier auch angesprochen worden ist. Ich will das wegen der fortgeschrittenen Zeit sehr kurz machen. Ich möchte aber, Herr Kollege - ich weiß nicht, ob ich Sie dabei ganz richtig verstanden habe -, überhaupt klarmachen, daß aus meiner Sicht die Nichtverbreitungspolitik der amerikanischen Regierung keine Politik ist, die von ökonomischen Wettbewerbsideen angestoßen ist, ,sondern eine Politik ist, die weitgehend auf der Überzeugung einiger - nicht aller -, die in der amerikanischen Politik das Sagen haben, beruht. Das ist ernst zu nehmen. Auch die Motivation wird von uns ernst genommen. Die Debatte, die wir hier führen, und die Diskussion, die mit den Vereinigten Staaten geführt wird, wird von uns voll in dem Sinne unterstützt, daß das atomare Verbreitungsrisiko gemindert werden muß und gemindert werden soll. Ich nehme an, wir sind im Hause darüber einig. Wir beteiligen uns deswegen intensiv an der INFCE-Arbeit, allerdings mit der erklärten Maßgabe, daß während der Laufzeit dieser Arbeiten keine Beeinträchtigung der nationalen Kernenergieversorgung erfolgen darf. Wir können nicht mit Unterbrechungen leben und Unterbrechungen hinnehmen, die uns nicht angekündigt waren, und die uns bier - lassen Sie mich schlicht so formulieren - durcheinanderbringen. Sie wissen, daß in der Europäischen Gemeinschaft ein Abstimmungsprozeß stattfindet. Der ist nicht ganz einfach. Aber wir werden dazu kommen, daß eines Tages, in nicht allzu ferner Zukunft - davon gehe ich aus - ein Brief geschrieben wird, der die Grundlage für weitere Gespräche - ich möchte sie nicht Verhandlungen nennen - sein kann. Was das kürzlich verabschiedete Gesetz im amerikanischen Kongreß anlangt, so gibt es auch in ,den Vereinigten Staaten erhebliche Unsicherheiten über die Interpretation, Tragweite und Auslegung. Eine eigens dazu berufene juristische Kommission in den Vereinigten Staaten bemüht sich zur Zeit um die Klärung dieser auch innerstaatlich schwierigen Auslegungsfragen. Wir in der Bundesrepublik bemühen uns ebenfalls um weitere Abklärung. Es ist zu Recht darauf hingewiesen worden, daß wir bei der Urananreicherung in erheblichem Maße von den USA abhängig sind. Es ergeben sich aber keinesfalls - ich kann das hier aus bester Überzeugung versichern - kurzfristige Gefahren für unsere Uranversorgung. Unsere Vorräte und Maßnahmen reichen aus. Sie wissen, daß die amerikanische Regierung noch kurz vor dem 9. April die beantragten und vorliegenden Lieferanträge genehmigt hat. Ich glaube deswegen, daß es nicht zu Versorgungsengpässen kommen wird. Wir werden darauf drängen, daß bei. den Gesprächen zwischen Euratom und den Vereinigten Staaten die Notwendigkeit einer langfristigen Versorgungssicherheit der europäischen Staaten und, damit auch der Bundesrepublik herausgestellt und die Versorgung dann auch tatsächlich langfristig gesichert wird. ({4}) Wir müssen unsere Position als ein energiearmes Land auch gegen unseren Bündnispartner entscheidend zur Geltung bringen und ihm klarmachen, daß es hier unbillige Abhängigkeiten oder gar das Ausnützen solcher Abhängigkeiten nicht geben darf. Fazit: Das amerikanische Gesetz bringt gewisse zusätzliche Unsicherheiten, die wir klären und bereinigen müssen. Wir dürfen nicht sorglos sein. Aber ich bin zuversichtlich, meine Damen und Herren, daß wir die Probleme in intensiven und partnerschaftlichen Gesprächen mit den Vereinigten Staaten lösen werden. Wenn, Herr Kollege Narjes, dabei das Thema einer kollektiven regionalen Ordnung unter Kontrolle der Wiener Agentur, wie Sie es angeregt haben, ein Gesprächsgegenstand sein kann und wird, so wird die Bundesregierung eine solche Anregung sicherlich mit der gebührenden Aufmerksamkeit prüfen und überlegen, ob das brauchbar sein kann. Der Kollege Breidbach hat weiter gefragt, was denn wohl die von uns gemeinten Eigenanstrengungen der Bergbauunternehmen sind. Darf ich die Gegenfrage stellen, Herr Breidbach: Ist es Aufgabe einer Bundesregierung, den Unternehmen zu sagen, wie sie ihre Verluste minimieren sollen, oder ist es Aufgabe der Unternehmensvorstände, die Zuschüsse erwarten, darzutun, wie sie ihre eigene Ertragslage in Ordnung bringen können? ({5}) Mit meiner Auffassung deckt es sich nicht, den Vorständen der Ruhrkohle, der Saarbergwerke, des EBV und anderer Unternehmen regierungsamtliche Vorschriften zu machen, wie sie ihre Gewinn- und Verlustrechnung bessern können. Meine Ansicht von Marktwirtschaft verträgt sich mit einer solchen Auslegung nicht. Herr Breidbach hat gesagt, wir hätten keine Angaben gemacht, wie man eigentlich die Halden an der Ruhr und an der Saar beseitigen solle. Nun, die Antwort ist natürlich relativ einfach. Das wissen Sie selber. Ich kann sie ganz simpel sagen: Man soll nichts weiter draufschütten. Das ist die erste und einfachste Antwort. Das bedeutet natürlich, daß man sich entweder um neue Absatzmöglichkeiten bemühen oder daß man die Förderung den. bestehenden Absatzmöglichkeiten anpassen muß. So habe ich es heute morgen in meinem Vortrag hier formuliert.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Bundeswirtschaftsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Bitte sehr.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundeswirtschaftsminister, würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß ich keinesfalls von Ihnen oder der Bundesregierung ge6790 fordert habe, Sie sollen den Bergbauunternehmen Vorschriften machen, sondern daß ich darum gebeten habe, einmal zu sagen, was man denn selbst darunter versteht, weil Ihre Antwort unter Umständen sehr hilfreich für die Herren sein könnte, die danach suchen, ihre Probleme im Bergbau zu lösen?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Kollege Breidbach, dazu kann ich nur sagen: Sie haben hier ausgeführt, wir sollten sagen, was wir uns unter Eigenanstrengungen der Bergbauunternehmen vorstellen. Ich wiederhole : Ich halte es nicht für die Aufgabe eines Bundeswirtschaftsministers, vom Pult des Bundestages oder sonstwo öffentlich derartige erbetene oder unerbetene Ratschläge zu geben. Ich bin nämlich auch nicht bereit, die Verantwortung dafür hinterher zu übernehmen, wenn solche Vorschläge nicht zu dem gewünschten Erfolg führen. ({0}) Dies müssen die Unternehmensleitungen tun. Das ist meine Vorstellung von Marktwirtschaft im kleinen. Ich weiß, Herr Kollege Breidbach, daß wir über Marktwirtschaft gelegentlich auseinanderlaufende Vorstellungen haben. Sie haben weiter gesagt, Herr Breidbach, es sei in zwölf Jahren kein Kraftwerk ans Netz gegangen. ({1}) - Danke schön. Der Fall ist geklärt: Durch Rücknahme erledigt. ({2}) Sie haben weiter gesagt, Herr Kollege Breidbach, zum Hochtemperaturreaktor und zum Schnellen Brüter habe die Bundesregierung nicht ausreichend Stellung genommen. Nun, erstens steht in Nr. 39 der Zweiten Fortschreibung ausdrücklich, daß die Optionen für die Forschungs- und Entwicklungsarbeit am Hochtemperaturreaktor und am Schnellen Brüter weitergeführt werden sollen. ({3}) - Entschuldigung. Sie haben heute morgen nur vom Hochtemperaturreaktor gesprochen. Herr Probst hat vom Schnellen Brüter gesprochen. ({4}) - Selbstverständlich gehe ich noch auf Ihre Bemerkungen ein. - Natürlich gelten beide Optionen weiter. Wir halten uns an das, was in der Zweiten Fortschreibung zum Ausdruck gebracht worden ist. Dann haben Sie, Herr Kollege Breidbach, ein Thema angeschnitten, das in der Tat eine wesentliche Bedeutung hat. Sie haben nämlich hier freundlich formuliert: Der Bundesinnenminister arbeitet langsam vor sich hin. Ich möchte ihn erstens gegen die Behauptung in Schutz nehmen, daß er langsam vor sich hin arbeitet - obwohl ich Ihnen sagen muß: Auch mir wäre es wie vielen anderen lieber, die Beantwortung dieser Fragen könnte schneller und mit weniger Zeitaufwand erfolgen, als es der Fall ist. Darüber gibt es überhaupt keine Meinungsverschiedenheit. ({5}) Nur, der subjektive Vorwurf stimmt nicht. Denn zunächst einmal mußten wir, bevor wir ein neues Gesetzgebungsvorhaben überhaupt entscheidend beraten können, das Urteil Voerde abwarten. Zum zweiten mußten wir das Hearing durchführen. Es gibt Vorschriften, nach denen wir bestimmte Verbände und Gruppen vor Einbringung von Gesetzen zu fragen und zu hören haben. Wir werden uns auch in diesem Fall an diese Vorschriften halten, die den berechtigten Ansprüchen dieser Gruppen in unserem Land dienen. Herr Kollege Narjes hat heute morgen formuliert, der Bundesinnenminister sei für das Glücksspiel verantwortlich, das heute bei den Gerichten stattfindet, wenn man sich über die Technische Anleitung Luft zu streiten hat. Aber eine solche Empfehlung: „Macht mal nur schneller und hört nicht alle und denkt nicht genau nach!", führt doch gerade zum Glücksspiel und erhöht doch die Unsicherheit und Ungewißheit. Dies geht eben nicht. ({6}) Meine Damen und Herren, wir können auf diesem Gebiet nicht unsolide und unsorgfältig arbeiten. Ich bestreite Ihnen nicht, daß es hier von der Ausgangssituation her zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesinnenministerium naturgemäß unterschiedliche Positionen geben muß. Daß diese dann auch einmal im Ausschuß zutage treten, ist ebenfalls klar. Aber wir sind dabei, diese Positionen einander anzugleichen. Da allerdings hat uns das Urteil in Sachen Voerde eine ganz gangbare und befestigte Brücke zur Verfügung gestellt, über die wir gehen. Seien Sie unbesorgt, ich gehe davon aus, daß wir zu dem heute morgen von mir genannten Termin - erste Septemberwoche - eine brauchbare Lösung und Regelung für diesen Vorschlag ins Kabinett bringen können. ({7}) - Ich habe ja auch gerade gesagt, die Beschleunigung wäre angenehm. Aber Beschleunigung kann natürlich nicht betrieben werden unter Außerachtlassung der notwendigen Sorgfalt. Dies ist das Problem. ({8}) - Das ist genau die Form von Gesetzgebung - darüber sind wir uns einig -, die wir nicht möchten, daß man nämlich schon wieder mit der Novelle anfängt, wenn das Gesetz noch kaum im Bundesgesetzblatt erschienen ist. Zum Thema Kohle habe ich dem, was heute hier von allen Seiten des Hauses übereinstimmend vor- getragen worden ist, eigentlich nichts hinzuzufügen. Nur, Herr Kollege Narjes, den Ausdruck „Tonnenideologie" würde ich für mich nicht übernehmen; ({9}) und ich weiß gar nicht, warum Herr Breidbach den nicht aufgefangen und dagegen argumentiert hat. Aber wie dem auch sei, es geht nicht um Tonnenideologie, sondern es geht hier in der Tat um einen wesentlichen volkswirtschaftlichen Faktor, um einen wesentlichen Faktor unserer Energieversorgung, der beklagenswerterweise außerordentlich teuer ist, der aber notwendig ist und im Rahmen des Machbaren so gestellt werden muß, daß er weiterhin seine Rolle in der deutschen Energiewirtschaft und in der deutschen Volkswirtschaft und auf dem deutschen Arbeitsmarkt spielen kann. ({10}) Herr Kollege Narjes, Sie haben dann gesagt - das war mir eine interessante Bemerkung; als Forderung haben Sie dies gesagt -, die Kernenergieentwicklung darf nicht über das durch die Kohlepolitik bedingte Maß hinaus gefördert werden. ({11}) - Nicht verlangsamt werden, einverstanden. ({12}) Wie heißt es in der Fortschreibung? Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Landesregierungen beim weiteren Ausbau der Kraftwerkskapazität nicht nur die regionale Versorgungsstruktur, sondern auch die vorrangige Rolle der Steinkohle für die Sicherheit der deutschen Energieversorgung berücksichtiUnd dann kommen die Ausführungen über die Notwendigkeit der Kernenergie. Wir sind uns doch im klaren darüber und einig darüber - nicht nur mit Ihrer Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen, sondern, wie ich annehme, auch hier -, daß die Rolle der Steinkohle gesichert bleiben muß und daß dann nach der Absicherung der Rolle der Steinkohle die Kernenergie zum Zuge zu kommen hat und ihren Platz in der Energieversorgung hat. Ich bin mit Herrn Probst in der Frage einig, die er gestellt hat, ob hier das Problem der unterschiedlichen Kostengestaltung nicht eine Rolle spielt. Und das steht in der Zweiten Fortschreibung auch drin. Hier ist nämlich eindeutig die Rede von der Deckung des mittel- und langfristigen Kapazitätsbedarfs in den einzelnen Lastbereichen. Daß aus Kostengesichtspunkten im Grundlastbereich Steinkohle kaum oder nicht eingesetzt werden kann, das ist wohl mehr oder weniger, so nehme ich jedenfalls an, unumstritten. Dies ist genau der Hinweis auf die Kosten. ({13}) - Ich sage es Ihnen ja nur, weil Sie es nicht gelesen haben oder nicht herauslesen wollten, Herr Kollege Probst, daß dies in der Zweiten Fortschreibung drinsteht. Sie haben mir statt dessen ein Zitat aus dem Munde der verehrten Kollegin Frau Schuchardt vorgehalten. ({14}) Das ist ausgezeichnet. Was das Ergebnis meines „Unfalls" - ich glaube, so haben Sie das genannt -. in Kiel gewesen ist, Herr Probst - ich bedanke mich übrigens, daß Sie mich an Kiel erinnern; das ist mir immer ein inneres Freudenerlebnis; das habe ich besonders gerne -, das können Sie alles im Presseecho über die Beschlüsse der FDP zur Kernenergie nach Kiel nachlesen. Und wenn es Sie interessiert, stelle ich Ihnen die schriftlichen Äußerungen der Kraftwerk-Union, die sich bei mir bedankt hat, zur Verfügung, ebenso das Protokoll der Belegschaftsversammlung, die den Bundeswirtschaftsminister eingeladen hat, um sich dafür zu bedanken, daß er den Weg für den Export und den Bau deutscher Kernkraftwerke hat ebnen helfen. Das können Sie alles gern haben. ({15})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Bundeswirtschaftsminister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Probst?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Bitte sehr.

Dr. Albert Probst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001752, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, können Sie in etwa angeben, wann die Bundesregierung ein neues Kernkraftwerk genehmigen wird?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Zunächst müssen wir einen Antrag haben, bevor wir genehmigen können. ({0}) - Wir haben keinen. ({1}) - Nein, die Bundesregierung hat bisher keinen Antrag nach § 7 des Atomgesetzes. Wir rechnen mit dem Eingang solcher Anträge und werden sie dann zügig und ordnungsgemäß bearbeiten. Wenn Sie sich darum bemühen wollen, daß die Anträge kommen, ist diesen Aktivitäten sicherlich nichts in den Weg zu legen, Herr Kollege Probst. ({2}) Meine Damen und Herren, ich möchte zum Abschluß dieser Debatte - Sie haben selber gesehen, daß das, worüber wir gesprochen haben, keine tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten enthielt -folgenden Tatbestand festhalten. Ich halte es nach wie vor - ich habe das heute morgen auch schon gesagt - für wesentlich, daß wir uns nicht über eine Frage zerstreiten, in der es grundlegende Meinungsverschiedenheiten nicht gibt, in der es grundlegende Meinungsverschiedenheiten wegen der sehr beschränkten Möglichkeiten eines Industrielandes, das zu den primärenergieärmsten Ländern der Welt gehört, überhaupt nicht geben kann, in der unsere Politik und unsere Haltung von puren Notwendigkeiten diktiert werden müssen und in der vernünftige Zeitgenossen diese Notwendigkeiten auch nicht leugnen können und nicht leugnen werden. Wenn wir diese Politik gemeinsam miteinander betreiben können, wenn wir die Nuancen, in denen wir uns immer - selbst, wie wir heute gehört haben, innerhalb der einzelnen Fraktionen; dort sind es manchmal schon ein bißchen mehr als nur Nuancen - voneinander unterscheiden, hier nicht in den Vordergrund stellen, sondern zunächst einmal das sehen, was gemeinsam gelöst werden kann, werden wir dem schwierigen Thema Energiepolitik in den kommenden Jahren, der Aufgabe, die im Hinblick auf das „Nach-Öl-Zeitalter" - wie es hier einmal genannt worden ist - vor uns liegt, besser gerecht werden, als wenn wir uns nutzlos streiten und das Thema zum Anlaß polemischer Auseinandersetzungen machen. Mir gibt die heutige Debatte Anlaß, anzunehmen, daß das nicht der Fall sein muß, sondern daß Opposition und Koalition hier gemeinschaftlich argumentieren und operieren können. Ich würde mich freuen, wenn das im wesentlichen auch für die Zukunft gelten würde. ({3})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Die Überweisungsanträge zu den Punkten 2 bis 4 liegen Ihnen vor. Ich frage, ob andere Anträge gestellt oder Wünsche geäußert werden. - Das ist nicht der Fall. Ich gehe davon aus, daß ich geschlossen über die gesamten Überweisungsvorschläge abstimmen lassen kann. Wer dem zustimmmt, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir haben interfraktionell vereinbart, nunmehr die Punkte 6 und 7 in verbundener Debatte aufzurufen. Ich rufe auf: 6. Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes - Drucksache 8/1270 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß ({0}) Ausschuß für Wirtschaft 7. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergegesetzes 1964 - Drucksache 8/1707 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß ({1}) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Wirtschaft Nach den mir vorliegenden Wortmeldungen hat zunächst der Herr Bundesfinanzminister das Wort.

Hans Matthöfer (Minister:in)

Politiker ID: 11001439

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ihnen zur Beratung vorliegende Entwurf der Bundesregierung eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes muß selbstverständlich im Zusammenhang mit der Gesamtkonzeption der Bundesregierung zur Sicherung unserer Energieversorgung gesehen werden, wie sie im fortgeschriebenen Energieprogramm der Bundesregierung niedergelegt ist. Darin ist, worüber wir ja auch heute diskutiert haben, der rationellen und sparsamen Energieverwendung breiter Raum gewidmet, die Konsequenz aus der Erkenntnis, daß es, obwohl wir in der Bundesrepublik im Vergleich zu anderen Ländern bereits einen verhältnismäßig hohen Grad der Ausnutzung der eingesetzten Energie erreicht haben, zumindest längerfristig durchaus noch beachtliche Einsparungsmöglichkeiten gibt. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Raumheizung und der Niedrigtemperaturwärme, auf die immerhin 40 % des Primärenergieverbrauchs in der Bundesrepublik entfallen. Wenn es unis hier gelingt, zu wesentlichen Einsparungen zu kommen, kann dies unsere langfristigen Energieversorgungsprobleme beträchtlich vermindern. Wir gehen diese Problematik von verschiedenen Seiten aus an. Das Wohnungsmodernisierungsgesetz und das Investitionszulagengesetz befinden sich im Prozeß der parlamentarischen Beratung. Mit dem Vorschlag der steuerlichen Begünstigung stationärer Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung in dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf soll - erfreulicherweise, muß ich sagen, mit Unterstützung der Opposition - ein weiterer Anstoß gegeben werden, in diesem Bereich Energie sinnvoll und sparsam einzusetzen. Die Verwendung von Verbrennungsmotoren zur Strom- und Wärmeerzeugung ermöglicht einen besonders hohen Grad der Ausnutzung der eingesetzten Primärenergie. Das gilt vor allem dann, wenn Kraft- und Wärmeerzeugung gekoppelt werden. Deshalb ist es sinnvoll, die bisherige steuerliche Benachteiligung solcher Anlagen gegenüber Dampf- und Gasturbinen zu beseitigen. Ortsfeste Dieselanlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung sollen in ihren dezentralen Anwendungsbereichen also eine Ergänzung bestehender, insbesondere kohlegefeuerter Kraft- und Heizkraftwerke darstellen. Sie sollen also nicht in einen Verdrängungswettbewerb mit der Kohle eintreten. Sie könnten es vor allen Dingen erleichtern, kleine örtliche Versorgungsnetze aufzubauen, was dann den schrittweisen weiteren Ausbau von Fernwärmenetzen beachtlich erleichtern könnte. Lohnende Einsparungsmöglichkeiten liegen bei der Raumheizung im Einsatz von Wärmepumpen. Hier kann ein besonders hoher Energieausnutzungsgrad ebenfalls durch den Einsatz von Dieselmotoren erreicht werden, der eine Verminderung der Umwandlungsverluste erlaubt. Auch hier hat sich bisher die Mineralölsteuerhelastung als hinderlich erwiesen. Die vorgeschlagene Steuervergünstigung baut dieses Hemmnis ab. In beiden Bereichen werden die Steuerbegünstigungen voraussichtlich nicht zu nennenswerten Einnahmeausfällen führen, was der Bundesfinanzminister natürlich besonders begrüßt; denn die bisherige steuerliche Benachteilung des Mineralöls gegenüber den in Dampf- und Gasturbinen eingesetzten Brennstoffen hatte zur Folge, daß Dieselmotoren zur Kraft- und Wärmeerzeugung und zum Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - 86. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. April 197a 6793 Antrieb von Wärmepumpen bis jetzt jedenfalls kaum eingesetzt worden sind. Auch mit der Erhöhung der Steuer auf leichtes Heizöl und mit der Verlängerung der Heizölsteuer bis 1981 schlägt die Bundesregierung eine im fortgeschriebenen Energieprogramm angekündigte Maßnahme vor. Sie ist dort unter dem Kapitel „Rationelle und sparsame Energieverwendung" gleichfalls aufgeführt. Die Ölvorräte sind begrenzt. Angebotsverknappungen werden langfristig gesehen nicht ausbleiben. Darüber kann selbstverständlich auch die aktuelle Marktlage nicht hinwegtäuschen. Die Erhöhung der Heizölsteuer muß deshalb auch als Signal für einen sparsameren Verbrauch des Rohstoffs Öl gerade in dem Bereich verstanden werden, in dem durch einfache Verbrennung bisher die größten Abwärmeverluste entstanden. - Ich bitte, dem Kollegen Narjes auszurichten, daß wir hier auch ein Beispiel für pretiale Lenkung haben. - Sie stellt einen zusätzlichen Anreiz dar, Investitionen zum sparsamen Öleinsatz vorzunehmen oder von vornherein volkswirtschaftlich vernünftigeren Alternativen der Raumheizung den Vorzug zu geben. Insofern kann die Bundesregierung der Auffassung des Bundesrates nicht folgen, die Steuererhöhung werde sich auf den Heizölverbrauch nicht auswirken. Ich weiß nicht, wie man zu solchen Aussagen kommen kann, da die Elastizitäten auf diesem Markt durchaus unbekannt sind, insbesondere auch die langfristigen Wirkungen solcher geringfügigen Preissteigerungen durchaus beachtlich sein können. ({0}) Sicherlich ist nicht zu erwarten, daß in größerem Maße - - Bitte schön, Herr Kollege Riesenhuber.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, sehen Sie einen Gegensatz zwischen Ihrer derzeitigen Aussage, daß die Heizölsteuererhöhung den Markt nicht beeinflussen werde, und der Aussage von Minister Graf Lambsdorff, daß diese Heizölsteuererhöhung den Markt beeinflussen solle?

Hans Matthöfer (Minister:in)

Politiker ID: 11001439

Bitte schön, ich habe genau dies gesagt. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, daß der Heizölverbrauch nicht beeinträchtigt werde. Ich bin der Meinung, daß langfristig auch minimale Preiserhöhungen durchaus ihre Wirkungen haben können und daß der Unsicherheitsbereich in beiden Aussagen allerdings sehr groß ist. ({0}) Ich sage noch einmal, daß es nicht zu erwarten ist, daß nun in größerem Maße Umstellungen von Ölheizungen erfolgen, die erst in den letzten Jahren in Neubauwohnungen eingebaut worden sind. Aber sowohl bei der Planung von Neubauten als übrigens auch bei der Sanierung von Altbauten, die wir ja alle vorantreiben wollen, stellt sich täglich die Frage, welche Raumheizungstechnik unter gegebenen und kurz- und mittelfristig zu erwartenden Preisverhältnissen am rationellsten und am wirtschaftlichsten ist. Es ist vernünftig, wenn für diese Kalkulationen heute schon ein Ölpreis zugrunde gelegt wird, der längerfristige Entwicklungen mit einbezieht. Aber auch dort, wo es bei der Nutzung von Ölheizungen bleibt, kann ein spürbar erhöhter Ölpreis dazu beitragen, heizsparende Investitionen wirtschaftlich attraktiver zu machen. Auch die Befürchtungen des Bundesrates, die Steueranhebung, die sich im Preis voraussichtlich mit 1 Pfennig pro Liter niederschlagen wird, werde den Ölförderländern einen Vorwand für Preissteigerungen liefern, ist ganz gewiß nicht stichhaltig. Herr Kollege Narjes, wir haben gerade über die pretiale Lenkung bei Ö1 gesprochen. Ich habe dabei die leichte Erhöhung des Ölpreises als ein solches marktkonformes Mittel dargestellt, das sicher geeignet ist, viele Millionen Suchprozesse und Neukombinationen unter unseren Heizölsteuer zahlenden Bürgern auszulösen. ({1}) - Ich weiß, ja. Ich habe den Schah oft gehört; ich habe aber nur gehört, daß er gesagt hat, die Industrieländer sollten weniger Ö1 verbrauchen; Ö1 sei zu schade, um verbrannt zu werden. ({2}) Außerdem wissen wir beide ganz genau, daß es ({3}) - wenn Sie gestatten würden, daß ich ein Argument nach dem anderen ausführe, dann würde das die Kommunikation sehr erleichtern - dort ganz andere Argumente für Ölpreiserhöhungen gibt, als unsere - ({4}) - Ja, einverstanden. Die Mineralölsteuererhöhung muß als Bekundung unseres Willens verstanden werden, durch eine konsequente Einsparpolitik von Ö1 unabhängiger zu werden. Dies kann sich auf die Preispolitik dieser Länder nur positiv auswirken. Die OPEC-Länder haben angesichts der Zahlen der letzten Jahre schon zu spüren bekommen, daß weitere Preiserhöhungen nur einen größeren Druck erzeugen, Ö1 einzusparen. Das wird auch hier der Fall sein. Die Steuererhöhung stellt im übrigen einen angemessenen Beitrag zur Deckung des steigenden finanziellen Aufwandes dar, der sich aus der im fortgeschriebenen Energieprogramm dargelegten Politik für den Bund ergibt. ({5}) Ohne die vorgesehene Erhöhung würde die Heizölsteuer, die nach näherer Bestimmung des Bundeshaushaltsplans insofern zweckgebunden ist, nur 800 Millionen DM betragen. Ab 1979 werden dies mit der Erhöhung mindestens 1,3 Milliarden DM sein, gegenüber einem gesamten Aufwand für energiepolitische Maßnahmen in Höhe von jährlich über 4 Milliarden DM. Es wäre also noch vernünftiger, gewissermaßen von beiden Seiten her auf das Energiesparen in unserem Lande einzuwirken, nämlich einerseits durch Preissteigerungen und andererseits durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen mit Hilfe von Maßnahmen der Bundesregierung. Auch die übrigen Einwendungen des Bundesrates gegen die vorgesehene Erhöhung der Steuer für leichtes Heizöl halte ich für unbegründet. Durch die Erhöhung der Heizölsteuer wird die Steuerquote um 0,04 0/o steigen. Dagegen hat die Bundesregierung durch Steuererleichterungen im Umfang von rund 11 Milliarden DM netto, die schon zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten sind, erreicht, daß die Steuerquote - ohne Gegenrechnung zum Kindergeld; deshalb ist die Steuerquote natürlich auch nicht mit den Jahren vor 1975 vergleichbar - von 25,09 % im Jahre 1977 auf 24,39 % im Jahre 1978 absinken wird. Die Steuererhöhung läßt auch keine negativen Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Beschäftigungslage erwarten. Insofern kann ich auf die schriftliche Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates verweisen. Heizöl wird zu 85 % in Raumheizungen verfeuert. Deshalb wird die Erhöhung der Heizölsteuer keine neue Kostenbelastung für die Wirtschaft bedeuten. Andererseits sind von den vielfältigen Förderungsmaßnahmen zur rationellen Energienutzung auch zur Nutzung der Sonnenenergie, in deren Kreis diese Gesetzesinitiative gehört, erhebliche Anstöße zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Industrie, im Baugewerbe und im Handwerk zu erwarten. Was den Vorwurf angeht, die Steuererhöhung belaste jene einseitig und ungerecht, die nun schon einmal eine Ölheizung haben, so möchte ich doch in Erinnerung rufen, daß sich unsere Energieversorgungsstrukturen in Folge einer jahrzehntelangen und aus heutiger Sicht - ich betone: aus heutiger Sicht - falschen Begünstigung des Ölverbrauchs entwickelt haben und den Anforderungen der Zukunft nicht entsprechen. Wenn wir nun versuchen, dies Schritt für Schritt zu korrigieren, so stellen wir auch die erwähnten vielfältigen Hilfen bereit, die dem Bürger Maßnahmen zur Energieeinsparung ermöglichen. Wer diese Möglichkeiten wahrnimmt, wird per Saldo nicht selten besser fahren als bisher. Die Forderung des Bundesrates, das Mehraufkommen aus der Heizölsteuer auf die Ursprungsregionen zu verteilen oder gar dem einzelnen Heizölverbraucher zugutekommen zu lassen, widerspricht nicht nur elementaren finanzpolitischen Grundsätzen, sie ist auch sachlich unbegründet. Es geht gerade darum, die zusätzlichen Mittel dort einzusetzen, wo sie im Interesse der rationellen Energieverwendung die beste Wirkung erzielen können. Eine regionale oder gar persönliche Bindung würde dieser Zielsetzung zuwiderlaufen. Es muß uns darum gehen, das Energieprogramm - das heißt also auch: das Energiesparprogramm - der Bundesregierung zu verwirklichen, dem auch die Opposition, wie sich in der heutigen Debatte leider wieder einmal erwiesen hat, keinen sachlichen Widerspruch, keine Alternative entgegensetzen kann. ({6})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spilker.

Dr. h. c. Karl Heinz Spilker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002200, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der heutigen Energiedebatte ist mit Recht viel über die Kohle, die Kernenergie und auch über das 01 gesprochen worden. Dabei war es unbestritten, daß wir auch dem Mineralöl hohe Aufmerksamkeit entgegenbringen müssen. Wir sind uns aber auch darüber im klaren, daß wir den Einsatz anderer Primärenergien verbessern, ja erst ermöglichen müssen - auch aus Gründen unserer Unabhängigkeit. Die Bedeutung des Mineralöls und seiner Folgeprodukte steht nunmehr zur Debatte. Das gilt für den privaten Verbrauch genauso wie für den industriellen Einsatz. Als Ausgangsstoff vieler Produkte, der Brenn- und Kraftstoffe und vieler wirtschaftlicher Entwicklungen spielt es nicht nur für die Bürger mit ihren Autos, ihren Haushalten, vielen anderen Annehmlichkeiten und Notwendigkeiten eine große Rolle, sondern auch für den Fiskus, der seit Jahrzehnten aus dem Mineralöl viel und hohe Steuern eingenommen hat. Offenbar haben manche die Entwicklung vergessen, die im Jahre 1950 mit einem Aufkommen an Mineralölsteuern in Höhe von 100 Millionen DM begann und heute - im Jahre 1978 - eine Größenordnung von 20 Milliarden DM erreicht hat. Allein hieran kann man die Bedeutung des Mineralöls und seiner Besteuerung ablesen, nicht nur für den privaten, den wirtschaftlichen, sondern auch für den öffentlichen Bereich. Wir sprechen über Steuern, auf die der Fiskus, was seine Einnahmen angeht, nicht mehr verzichten kann und, nach meiner Überzeugung, auch nicht verzichten will. Ursprünglich als befristete Maßnahme zugunsten des Steinkohlebergbaus geplant, sollte die Heizölsteuer 1971 noch einmal für drei Jahre verlängert werden. Statt dessen entwickelte sie sich Schritt für Schritt zu einer Fiskalsteuer. „Die Bundesregierung meint es durchaus ernst damit, daß die Heizölsteuer abgebaut werden muß." Meine Damen und Herren, das sind Worte aus dem Munde des Bundesfinanzministers Dr. Möller am 31. März 1971 in diesem Hause. Er wies darauf hin, daß der damalige Regierungsentwurf zur Verlängerung der Heizölsteuer eine Befristung auf den 31. Januar 1974 beinhalte. Zugleich sagte Dr. Möller die Bundesregierung beabsichtige nicht, die Heizölsteuer in eine Fiskalsteuer zur Deckung allgemeiner Ausgabenbedürfnisse umzuwandeln. Die Bundesregierung hat das aber zugelassen. Sie braucht den Gesamtaufwand an Mineralölsteuer, die nunmehr in der Tabelle der Steuereinnahmen einen respektablen dritten Platz einnimmt. Kein Wunder, daß das Mineralölsteuergesetz mehr als zehnmal - ich glaube, dreizehnmal - geändert bzw. verlängert worden ist. Dabei wurden auch Steuererhöhungen beschlossen, wenn auch mit verschiedenen oder gar wechselnden Mehrheiten. Die Begründungen für die Erhöhung, für die Verlängerung waren jeweils verschieden. Manchmal, so erinnere ich mich, wollte man den Vormarsch des Öls abschwächen und damit dem Bergbau helfen. Ein anderes Mal - man höre und staune - wollte man gar Kaufkraft abschöpfen. Und nun, wenige Jahre später, kommt man mit einer neuen Begründung. Mit dieser wollen Sie sicherlich versuchen, die Opposition zu überzeugen. Sie begründen Ihren Entwurf erstmalig mit Energiesparmaßnahmen, die Sie zusätzlich oder neu planen. Das mag tatsächlich gut klingen, Herr Minister entspricht aber nicht den Tatsachen. Sind Sie, meine Damen und Herren der Koalition, davon überzeugt, daß diese Begründung allen Prüfungen standhält? Ich kann Ihnen da nicht folgen, denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß man mit dieser Steuererhöhung, in diesem Fall einer Verdoppelung der Heizölsteuer, Energie einsparen kann. Ich glaube, wir verhalten uns hier nicht richtig. Die Verdoppelung der Heizölsteuer hat, wie gesagt, mit Energieeinsparung wenig oder nichts zu tun. Sie bringt allerdings - das ist unbestritten - mehr Geld in die Bundeskasse, so schon in diesem Jahr an die 300 Millionen DM, und ab 1979 bis 1981 werden es jährlich 500 Millionen sein - wenn Sie nicht bis dahin wieder einen neuen Erhöhungsvorschlag vorlegen. Schauen Sie mal den Gesetzentwurf der Bundesregierung an! Obwohl die Heizölsteuer noch bis Ende nächsten Jahres Gültigkeit hat, will die Bundesregierung sie gewissermaßen in einem Aufwaschen gleich bis Ende 1981 verlängert haben. In der Zwischenzeit wird sie dann noch einmal die Mineralölsteuer anheben, vermutlich für Kraftstoffe, um damit wieder zu einer höheren Einnahme zu kommen. So haben Sie das schon häufiger gemacht. ({0}) - Ob die kleinkariert ist oder nicht, Herr Kollege, ich muß Ihnen dies sagen: Wir haben schon häufiger hier Befürchtungen geäußert, die sich dann leider kurze Zeit später bewahrheitet haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch auf die Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Böhme im Bundesrat zurückkommen und die Ausführungen von Ihnen, Herr Minister, mit denen Sie eben auf die Steuererleichterungen hinwiesen, die in einer Größenordnung von 11 Milliarden DM in diesem Jahr wirksam werden. Natürlich hat es auch in Ihrer Regierungszeit - meist auf Druck der Opposition - einige Steuererleichterungen und -entlastungen gegeben; das ist ganz unbestritten. Nur müssen Sie sich gleichzeitig sagen lassen, daß sich diese Bundesregierung auch mit ihren zahlreichen Steuererhöhungen sehen lassen kann, die ich hier im einzelnen nicht aufzählen will. ({1}) - Das werden Sie nicht bestreiten können. Wenn Herr Ueberhorst vorhin meinte, bei der Energiedebatte habe sich wieder einmal herausgestellt, daß diese Bundesregierung in der Energiepolitik die beste sei, ({2}) dann könnte ich, was die Steuererhöhungen angeht, diesen Gedankengang gern fortsetzen. ({3}) Im übrigen reden wir hier über Tatsachen, und ich glaube, über Tatsachen sollte man nicht. so viel debattieren. Wir können sie nämlich nicht wegdiskutieren; sie sind Realitäten. ({4}) - Herr Wehner, ich tue das, weil Ihre Strategie, die Sie mit Ihren Darstellungen über Steuerentlastungen verfolgen, meinen Beifall nicht finden kann. Das wundert Sie doch nicht; aber Sie müssen mir erlauben, zu antworten und zu erwidern, wie ich es wünsche, und nicht so, wie Sie es mir vorschreiben wollen. ({5}) - Herr Wehner, so schüchtern sind Sie gar nicht. Lassen Sie mich noch einmal folgendes zusammenfassen. Ich habe vor etwa einer Woche gewiß nicht Ihren Beifall gefunden - ich muß es aber leider wiederholen -, als ich feststellte, daß die Kassen einfach leer sind und Sie deshalb Geld brauchen. Infolgedessen sind die Koalitionsparteien zu Maßnahmen gezwungen, 'die den Bürger ganz wesentlich belasten, wenn Sie hier auch versuchen, diese Steuererhöhung als gering zu bezeichnen. Sie erhöhen diese Heizölsteuer aber nicht nur geringfügig, Sie verdoppeln sie. ({6}) - Herr Kollege, das ist in meiner Sprache, die ich gelernt habe, eine Verdoppelung. Sie meinten vor einer Woche, ich könnte nicht lesen. Ich muß Ihnen sagen: Ich habe in einer normalen Volksschule, nicht in einer Koop-Schule, Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt. Und wenn ich sage, Sie wollen die Heizölsteuer verdoppeln, dann ist und bleibt das so. ({7}) Im übrigen: Da Sie viele Jahre in der Bundesregierung sind - darüber kann man wohl nicht streiten -, ({8}) tragen Sie, ob Sie wollen oder nicht wollen, die Verantwortung für Fehlentwicklungen. ({9}) Es gibt nun einmal - das habe ich sogar von Herrn Wehner gelernt, aber ich bin dessen nicht sicher 6796 in der Politik eine Erfolgshaftung. Die gilt für diese Bundesregierung und logischerweise auch für alle anderen. ({10}) - Dafür brauche ich nicht bei Ihnen in die Schule gehen, Herr Kollege. Ich glaube, das wissen Sie, und darum ist es vielleicht besser, Sie schweigen. Im übrigen halten wir Ihre Entscheidung auch für wirtschaftspolitisch und - auch das möchte ich sagen - für konjunkturpolitisch falsch. Das hören Sie natürlich auch nicht gern, aber trotzdem werden Sie es entgegennehmen müssen. Dagegen halten wir die Steuerermäßigung bei Kraftstoff, der in ortsfesten, mit Dieselmotoren betriebenen Anlagen zur Stromerzeugung verwendet wird, für gut, weil diese Maßnahme tatsächlich Energieeinsparungen zum Ziel hat. So ist es nun einmal: Wir unterstützen das, was gut ist, was wir für richtig halten und was unseren Bürgern zugute kommt. Es gibt aber zu dieser Steuerentlastung, die keine hohen Beträge ausmacht, noch einige Bemerkungen zu machen. Ich bin manchmal überrascht, hier ausschließlich etwas von dein eingebrachten Entwurf der Bundesregierung zu hören. Der Ablauf der Geschehnisse im letzten Jahr und auch in diesem Jahr war anders. Am 26. Oktober 1977 haben wir, d. h. einige Kollegen der Fraktion, eine Kleine Anfrage eingebracht, die sich mit der rationellen Energienutzung befaßte. Am 14. November 1977 ging die Drucksache ein, die die Antwort der Bundesregierung enthielt, eine Antwort, die die Fraktion der CDU/CSU veranlaßte, bereits am 29. November 1977 den Entwurf eines Gesetzes zur änderung des Mineralölsteuergesetzes einzubringen. Hier ging es in der Tat um die sparsame Verwendung von Primärenergie und steuerliche Entlastungen, über die vorhin auch Herr Finanzminister gesprochen hat. Von einer Verlängerung der Heizölsteuer oder gar einer Steuererhöhung war dabei allerdings keine Rede. Immerhin hatte der Entwurf meiner Fraktion zur Folge, daß die Bundesregierung, wenn auch einige Monate später, den heute vorliegenden Entwurf zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes einbrachte, der aber nicht nur unsere Gedanken enthält, über die wir hier gesprochen haben, sondern gleichzeitig die Verlängerung dieser Steuer bis 1981 und ihre Verdoppelung, was das leichte Heizöl angeht, beinhaltet. Wir freuen uns zwar, daß die Bundesregierung unseren Entwurf, wenn auch einige Monate später, übernommen hat, haben aber kein Verständnis dafür, daß sie diese Situation ausnutzte und die Steuer für leichtes Heizöl verdoppeln bzw. die Gültigkeit der Mineralölsteuer gleich bis 1981 verlängern will. Hieraus ergibt sich auch die Einstellung der Fraktion. Wir sagen ja zu den energieeinsparenden Maßnahmen, die in unserem Entwurf und dem später eingebrachten Entwurf der Bundesregierung vorgeschlagen werden. Wir sagen nein zu der Verdopplung der Steuer für leichtes Heizöl. Sie können nach den Erfahrungen in den letzten Jahren von uns kein Ja zur Erhöhung von Fiskalsteuern erwarten. Unser Verhalten, unser Nein wird von der wirtschaftlichen Situation der Bundesrepublik und . vor allem, wie schon erwähnt, durch die Lage unserer Bürger und deren sonstige steuerliche Belastung vorgeschrieben. ({11})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Spöri.

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Spilker, trotz Ihrer vehementen Anklagerede gegen Steuererhöhungen möchte ich mich zunächst noch einmal etwas mit den Gemeinsamkeiten beschäftigen, die es im Zusammenhang mit diesem Thema gibt. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt es nachdrücklich, daß die Bundesregierung mit dem vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes rasch und konkret auf eine veränderte energiepolitische Situation reagiert und damit im Anwendungsbereich für energiesparende Technologien Nägel mit Köpfen macht. Wenn damit die Mineralölsteuerbelastung für stromerzeugende Dieselaggregate und Wärmepumpen auf Heizölsteuerniveau gedrückt wird, so ist das bestimmt ein entscheidender Anreiz dafür, diese dezentralen Energietechnologien rascher einzuführen. Wir wissen ja alle, daß gerade diese dezentralen Energietechnologien einen besonders günstigen Energienutzungsgrad aufweisen. Die Opposition kann sich dieser Logik auch nicht entziehen, wie ihr Gesetzentwurf auf Drucksache 8/1270 zeigt. Herr Spilker, wir haben hier nur eine kleine Abweichung festzustellen, die aber wesentlich ist: In der Forderung, diese dezentralen Energietechnologien steuerlich zu entlasten, ist der Regierungsentwurf insofern konsequenter und umfassender, als er Erdgas steuerbefreit als Treibstoff zur Energiegewinnung vorsieht. Herr Spilker, es würde mich in so einer Debatte, die konkret geführt werden müßte, eigentlich interessieren, ob sich die Union dieser Verbesserung anschließt. Wenn Sie einmal beim Heizöl als Motortreibstoff zur Energiegewinnung ja gesagt haben, dann müßten Sie eigentlich auch ja sagen bei einer steuerbefreiten Anwendung von Erdgas als Treibstoff zur Energiegewinnung. Ich glaube, bis hierher gehen wir konform; ich hoffe es zumindest. Ich möchte nun zum eigentlichen konfliktträchtigen Teil des vorliegenden Pakets übergehen: der Erhöhung der Heizölsteuer. Meine Damen und Herren von der Opposition, Herr Spilker, ich habe zwar einiges Verständnis dafür, daß Sie hier irgendwie unter dem Druck stehen, Konfrontationsprofil zu entwickeln. ({0}) Ich habe wirklich etwas Verständnis dafür, daß Sie als Opposition versuchen, in der Öffentlichkeit Punkte zu machen mit der scheinverbraucherfreundlichen Parole, daß Sie gegen diese Steuererhöhung sind. Aber wenn Sie jetzt hergehen und Ihre Freunde im Bundesrat mehrheitlich hergehen und behaupten, daß ein Pfennig Steuererhöhung beim Heizöl pro Liter die OPEC-Staaten veranlassen könnte, zu einem großen Rohölpreis-Coup auszuholen, dann kann das nicht mehr ernstgenommen werden. ({1}) - Bitte schön!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Bitte, Herr Kollege!

Dr. h. c. Karl Heinz Spilker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002200, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Haben Sie ein Wort von mir über die OPEC gehört? Dann müssen Sie woanders gewesen sein!

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, Herr Spilker, das Problem ist eben, daß Sie leider viel zuwenig auf die konfliktträchtigen Passagen eingegangen sind, die eigentlich hier hätten diskutiert werden müssen. Sie sind ja gar nicht auf die Punkte eingegangen, die Ihre Freunde in der Öffentlichkeit artikuliert haben. Das muß ich bedauern. Meine Damen und Herren, Sie als alte Marktwirtschaftler in der Opposition - wenn Sie wirklich welche sind - und Ihre Freunde im Bundesrat müßten doch eigentlich wissen, daß die Preisentwicklung auf einem so gigantischen Markt wie dem Rohölmarkt abhängig ist von langfristigen und mittelfristigen Nachfrage- und Angebotsentwicklungen und nicht etwa von so einer geringfügigen Korrektur des Heizölpreises nach oben. Diese Spekulation wäre sicherlich an den Haaren herbeigezogen. Wenn Sie jetzt, Herr Spilker, gesagt haben, daß dies eine zusätzliche Steuerbelastung unserer Wirtschaft bedeute, dann sage ich Ihnen ganz konkret: Dies bedeutet eine zusätzliche Steuerbelastung von 0,04 °/o, d. h. von vier Hundertstel Prozent. Und wenn Sie dann behaupten, daß bei einem relativ hohen Heizölverwendungsanteil der privaten Haushalte dennoch diese minimale Steuererhöhung zu einem Ächzen und Stöhnen über diese minimale Kostenlast in der Wirtschaft führen wird, dann ist das auch nicht ernst zu nehmen. Herr Spilker, wenn wir über Steuerpolitik diskutieren, wenden Sie immer folgende schlaue Argumentationsmethode an: Auf der einen Seite sagen Sie, daß die steuerentlastenden Maßnahmen, die Sie auch angesprochen haben, von 11 Milliarden DM netto in diesem Jahr relativ wirkungslos gewesen seien. Sie versuchen in den steuerpolitischen Debatten, zu bestreiten, daß hier ein entscheidender konjunkturpolitischer Effekt erzeugt werden könnte, und andererseits sprechen Sie heute in der aktuellen Debatte davon, Herr Spilker, daß diese Mineralölsteuererhöhung konjunkturpolitisch gefährlich ist, obwohl diese Maßnahme gegenüber den 11 Milliarden DM Entlastung ja eine steuerpolitische Mücke darstellt. Sie versuchen, eine steuerpolitische Belastungsmücke aufzupumpen zu einem großen, gefährlichen Konjunktur-Killer. Das ist Ihre schlaue Methode in diesem Zusammenhang. Unverständlich ist es uns aber auch, Herr Spilker, wenn von Ihren Freunden im Bundesrat beklagt wird - ich möchte darauf noch einmal eingehen -, daß diese Mittel nicht anteilig an die Bundesländer zurückfließen. Die gesetzliche Bindung des Aufkommens aus der Heizölsteuer für energiepolitische Zwecke muß doch am konkreten Fall diskutiert werden. Wenn wir einmal davon ausgehen, daß ja die Erhaltung und die Förderung einer nennenswerten nationalen Steinkohlebasis für alle Bundesländer wichtig ist, dann müssen wir doch auch zugeben, daß das Geld, das aus der Mineralölsteuer dafür aufgewendet wird, im wesentlichen in einem Bundesland konzentriert werden muß und nicht etwa nach dem regionalen Aufkommensschlüssel der Mineralölsteuer auf Länder wie Baden-Württemberg oder Bayern verteilt werden kann. Ich glaube, Herr Spilker, unabhängig von den übrigen Konfliktpunkten, die Sie hier angesprochen haben, muß man doch sehen, daß diese Beratung immer wieder eine bedauerliche Tendenz in der Politik aufzeigt, die Sie hier dauernd praktizieren. Sie sind natürlich, wie wir heute in dieser Energiedebatte gehört haben, im konkreten Einzelfall immer wieder dafür, irgendwelche Begünstigungen zu gewähren, z. B. für eine rationelle Energieverwendung, für die Fernwärmeversorgung oder etwa für die Sicherung des Steinkohlebergbaus. Das ist klar, das ist Ehrensache; da sind Sie immer dafür, wenn irgend etwas zusätzlich ausgegeben werden soll. Wenn es aber einmal - Herr Spilker, jetzt wird es interessant - um einen höchst konkreten kleinen Deckungsvorschlag geht, der lange nicht ausreicht, um diese steigenden kostspieligen Aufwendungen fiskalpolitisch, haushaltspolitisch abzudecken, dann steigen Sie einfach aus der gemeinsamen energiepolitischen Sache aus wie heute hier in der Debatte. Dann gehen Sie an die Öffentlichkeit und machen auf scheinverbraucherfreundlich. Verständlich ist solch eine Strategie eigentlich nur vor dem Hintergrund, daß man als Opposition die Bundesregierung planmäßig in eine Schuldentreiberposition hineinbugsieren will. Energieverbraucherfreundlich kann in der Bundesrepublik letztlich aber nur eine Politik sein, die die steigenden energiepolitischen Mehraufwendungen zur Verbesserung der Energieversorgungssituation in unserem Lande unter der Rahmenbedingung, daß die Nettokreditaufnahme nicht beliebig expandierbar ist - Herr Spilker, darauf kommt es an -, finanzierbar macht. Dafür haben Sie trotz dieser heutigen Energiedebatte keinen Vorschlag gemacht. Die SPD-Fraktion begrüßt daher nachdrücklich den Gesetzentwurf der Bundesregierung und lehnt den Gesetzentwurf der Union als weiteres plastisches Beispiel unseriöser Gefälligkeitspolitik ab. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat Frau Abgeordnete Matthäus-Maier.

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Mine6798 ralölsteuergesetzes umfaßt drei Teile, nämlich einmal die Einführung einer Steuervergünstigung für die Verwendung von Mineralöl zur Wärme-KraftKoppelung, zum zweiten die Verlängerung der Heizölsteuer über den 31. Dezember 1979 hinaus bis zum 31. Dezember 1981 und zum dritten die Erhöhung der Steuer für leichtes Heizöl von 1 DM auf 2 DM pro 100 Kilogramm. Dies ist keine isolierte Maßnahme, sondern Teil eines Gesamtprogramms in der Energiepolitik, das darauf abzielt, den Zuwachs des Energieverbrauchs durch sparsame und rationelle Energieverwendung zu begrenzen, Alternativenergien bzw. die alternative Verwendung von herkömmlichen Energien zu fördern, die deutsche Stein- und Braunkohle stärker als bisher zu nutzen und die Energieforschung intensiver fortzusetzen. Solche Maßnahmen sind nicht zuletzt erforderlich, um den Bau neuer Kernkraftwerke auf das absolut notwendige Minimum zu begrenzen. Sie wissen, daß ein gar nicht kleiner Teil der Bevölkerung die Genehmigung neuer Kernkraftwerke ablehnt. Denn erstens glaubt dieser Teil der Bevölkerung angesichts der geringen Bemühungen zur Einsparung von Energie nicht an die immer wieder an die Wand gemalte angebliche Energielücke in den 80er Jahren. Zum zweiten ist er der festen Überzeugung, daß bisher nicht alle mit der Kernenergie zusammenhängenden Sicherheitsprobleme gelöst sind. Dazu gehören zum Beispiel die Sicherheit vor schweren Unfällen, die Fragen eines größten atomaren Unfalls, die Fragen des Berstschutzes, die Strahlenbelastung der Mitarbeiter, das Problem von Sabotage, von Mißbrauch, von Flugzeugabstürzen, das Problem der Bewachung auch nach Stillegung von Kernkraftwerken, das Problem der scharfen Überwachung der Mitarbeiter, das mit dem Stichwort „Atomstaat" von Robert Jungk gekennzeichnet worden ist, Probleme der Entsorgung und andere mehr. Auch ich gehöre zu den Personen, die den Bau neuer Kernkraftwerke ablehnen, solange nicht einerseits die genannten Sicherheitsfragen einwandfrei gelöst sind - ich darf hinzufügen, daß ich diese Fragen bisher nicht alle für gelöst halte - und andererseits wirklich alle Anstrengungen unternommen werden zur Energieeinsparung, zur Verwendung alternativer Energien und zur verstärkten Nutzung der heimischen Kohle. Ich begrüße in diesem Zusammenhang ausdrücklich, daß seit zwei Tagen grünes Licht für den Bau eines Kohlekraftwerks in Ibbenbüren gegeben ist. Zugleich bedauere ich aber, daß es erst des massiven Druckes der Bevölkerung, der Belegschaft und auch der Politiker bedurfte, ehe feststand, daß ein Energieversorgungsunternehmen - also ein Unternehmen der Gruppe, die uns immer wieder die sogenannte Energielücke an die Wand malt - überhaupt bereit war, Strom aus dem Kohlekraftwerk Ibbenbüren abzunehmen. In diesen Zusammenhang gehört dann auch die vorgeschlagene Änderung des Mineralölsteuergesetzes durch die Bundesregierung. Der Gesetzentwurf hat nämlich zum Ziel, zu einer Einsparung und rationelleren Verwendung des Mineralöls beizutragen und mit dem Mehraufkommen aus der Erhöhung der Steuer auf leichtes Heizöl stärker als bisher die Kosten auf dem Energiesektor zu decken. Zu diesem Zweck werden zwei Instrumente eingesetzt, nämlich einmal eine Steuersenkung, zum anderen eine steuerliche Mehrbelastung. Die Steuererleichterung bezieht sich auf die Verwendung von Mineralöl in der Wärme-Kraft-Koppelung: Eine bisher kaum genutzte Chance zur Energieeinsparung besteht darin, Mineralöl bei der Erzeugung von Strom oder Wärme nicht nur als Brennstoff in Dampf- oder Gasturbinen zu verfeuern, sondern als Treibstoff in Dieselmotoren einzusetzen. Diese haben bekannterweise einen höheren Wirkungsgrad als Dampf- und Gasturbinen. Außerdem läßt sich die Abwärme dieser Motoren zu Heizzwekken nutzen. Dasselbe gilt auch für den Einsatz von Wärmepumpen, die durch Dieselmotoren angetrieben werden, bei der Gebäudeheizung und der Warmwassernutzung, einem Bereich, auf den immerhin 40 % des gesamten Energieverbrauchs in diesem Lande entfallen. Diesen Energieeinsparungsmöglichkeiten steht aber bisher entgegen, daß für die Verwendung von Mineralöl als Treibstoff in Dieselmotoren der volle Treibstoffsteuersatz mit folgendem Ergebnis erhoben wird: Wird das Mineralöl z. B. im Kessel eines Turbinenkraftwerkes als Brennstoff verfeuert, so wird darauf ein Steuersatz von 1,50 DM pro 100 kg erhoben; wird das Mineralöl aber als Treibstoff in einem Dieselmotor zur Wärmeerzeugung verwendet, dann liegt auf dem gleichen Mineralöl ein Steuersatz von 49,65 DM. Dieser Unterschied ist unsinnig und widerspricht einer rationellen Verwendung des Mineralöls. Daher begrüßen wir ausdrücklich den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der dieses ändert. Wir begrüßen weiter, daß die Opposition diesem Ziel der Bundesregierung durch ihren eigenen Gesetzentwurf zustimmt. Bedauerlich ist hingegen, daß die Opposition nicht auch den zweiten und dritten Vorschlag der Koalition unterstützt, nämlich die Verlängerung der Heizölsteuer über 1979 hinaus und die Erhöhung der Mineralölsteuer für leichtes Heizöl. Meine Damen und Herren, die Mitglieder des Finanzausschusses haben heute eine Eingabe des Zentralverbandes der deutschen Haus-, Wohnungs-und Grundeigentümer auf den Tisch bekommen. Dort spricht man sich gegen die Verlängerung der Heizölsteuer aus mit der Begründung, aus staatspolitischen Gründen sollte es selbstverständlich sein, eine ausdrücklich befristete Steuer dann auch wieder auslaufen zu lassen, wenn der Zeitpunkt eingetreten ist. Herr Spilker hat hier außerdem vorgetragen, 1971 habe der damalige Bundesfinanzminister Möller gesagt, die Mineralölsteuer dürfe nicht weiter erhöht, sie müsse gesenkt werden. Dem ist entgegenzuhalten, daß zwischen dem Jahre 1971 - also der damaligen zeitlichen Begrenzung der Steuer bzw. Aussage des Herrn Möller-und dem Jahr 1978 nun mal das Jahr 1973 liegt mit der Energiekrise, mit all den Erkenntnissen, die wir in dieser Zeit gewonnen haben, und mit dem klaren Wissen, daß die Verwendung von Mineralöl wie auch anderer Energieträger nie mehr so verschwenderisch und großzügig gehandhabt werden kann wie in der Zeit davor. Von daher sind Motiv, Ziel und Zweck der damaligen zeitlichen Begrenzung der Heizölsteuer heute nicht mehr gegeben. Im Gegenteil: die sachliche Begründung für die Heizölsteuer hat sogar deutlich zugenommen, so daß wir die Verlängerung um zwei Jahre vornehmen müssen. Mir ist allerdings aufgefallen, Herr Spilker, daß Sie in Ihren Schlußworten gesagt haben: Ja zur Steuererleichterung für die Wärme-Kraft-Koppelung; nein zur Erhöhung der Heizölsteuer. Sie haben aber zur Verlängerung der Heizölsteuer nicht ausdrücklich nein gesagt. Ich hoffe daher, daß Sie sich im Finanzausschuß und später in der dritten Lesung vielleicht doch zu einer Zustimmung bereitfinden werden. Nun zu dem dritten Teil des Gesetzentwurfs: Wir bedauern, daß die Union sich nicht entschließen konnte, der Verdoppelung der Heizölsteuer von 1 DM auf 2 DM pro 100 kg zuzustimmen. Die FDP ist der Ansicht, daß die hiergegen vorgebrachten Einwände der Opposition und mancher Verbände nicht zutreffen. Ich kann das kurz machen, weil der Bundesfinanzminister das hier schon erläutert hat: Erster Einwand: Es sei eine Erhöhung der Steuerquote zu befürchten. Selbstverständlich würde sich die Steuerquote erhöhen, aber nur sehr gering, nämlich um nur 0,04 %. Außerdem haben wir die Steuerquote durch die massiven Steuererleichterungen des letzten Jahres deutlich gesenkt. Schließlich weise ich auf die Fragwürdigkeit der Aussagefähigkeit der Steuerquote hin. Denn allein durch den Auszahlungsmodus einer staatlichen Hilfe - entweder in der Form einer Steuererleichterung oder in der Form eines direkten Zuschusses - kann man die Steuerquote um mehrere Prozentpunkte hin und her verschieben. Wir wissen, daß allein die Auszahlung des Kindergelds in Form eines direkten Zuschusses statt in Form eines Steuerfreibetrags die Steuerquote um etwa 1,3 Prozentpunkte erhöht hat. Dasselbe gilt für andere Zuschüsse, z. B. die jetzt von der Koalition vorgeschlagenen Zuschußmaßnahmen bei energieeinsparenden Investitionen an Gebäuden. Weiter sei, sagen Sie, ein Verstoß gegen die Stabilitätspolitik durch die zu erwartende Erhöhung der Mineralölsteuer zu befürchten. Diese hat aber, wie wir alle wissen, minimale Auswirkungen: höchstens 1 Pfennig pro Liter. Andererseits liegen wir damit beim internationalen Vergleich immer noch in einem guten Mittelfeld. Drittens wird vorgetragen, die Ölförderländer könnten die Erhöhung als Vorwand benutzen, auch ihrerseits die Preise für Mineralöl zu erhöhen. Dazu ist zu sagen, daß die ölexportierenden Länder uns bisher immer wieder wegen unseres großzügigen Umgangs mit Mineralöl kritisiert haben - obwohl dieser noch sparsamer ist als der anderer Länder - und sogar ausdrücklich moniert haben, daß Mineralöl bei uns zu billig ist. Den vierten Einwand, negative Auswirkungen auf die Beschäftigungslage seien zu erwarten, kann man, glaube ich, sehr leicht widerlegen. Denn die Auswirkungen sind sehr gering, da das leichte Heizöl zu über 85 °/o in privaten Haushalten eingesetzt wird. Das letzte Argument ist ernster zu nehmen. Sie sagen, die Bundesregierung wolle diese Erhöhung nur, um das allgemeine Haushaltsdefizit zu decken. Dies ist nicht richtig. Die Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Heizölsteuer sind - ebenso wie die Heizölsteuer selbst - eindeutig zweckgebunden, und zwar für energiewirtschaftliche Zwecke. Ich darf hier auf die Zahlen verweisen, die Bundesfinanzminister Matthöfer vorgetragen hat. Allein im Jahr 1978 wird die Bundesregierung für energiewirtschaftliche Zwecke Aufwendungen in Höhe von 4,3 Milliarden DM machen. Selbst wenn wir die Heizölsteuer, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, anheben, wird diese ein Aufkommen von höchstens 1,3 Milliarden DM erreichen, so daß der Bund auch dann noch über zwei Drittel seiner Aufwendungen für energiepolitische Zwecke aus den allgemeinen Mitteln bestreitet. Von einer Verwendung zur Deckung allgemeiner Haushaltsdefizite kann somit nicht die Rede sein. Ich möchte damit zum Ende kommen. Die FDP-Fraktion begrüßt diesen Gesetzentwurf. Sie drängt auf eine schnelle Behandlung im Finanzausschuß und auf Verabschiedung im Bundestag noch vor der Sommerpause. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache. Aus der Tagesordnung ersehen Sie die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen. Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung: Beratung des Berichts der Bundesregierung zur Situation der Entsorgung der Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland ({0}) - Drucksache 8/1281 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß ({1}) Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Ausschuß für Forschung und Technologie Haushaltsausschuß Zur Einbringung hat Herr Bundesminister Maihofer das Wort.

Prof. Dr. Werner Maihofer (Minister:in)

Politiker ID: 11001414

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte der heutigen Parlamentsdebatte über den Entsorgungsbericht der Bundesregierung die folgenden grundsätzlichen und erläuternden Bemerkungen nach dem letzten, inzwischen erreichten Entwicklungsstand vorausschicken. Die Bundesregierung legt mit ihrem Bericht eine Bestandsaufnahme des bisher bei der Lösung der Entsorgungsfrage Erreichten vor. Gleichzeitig erläutert sie darin ihre Politik der Vorsorge in diesem Bereich der friedlichen Kernenergienutzung und untermauert damit ihre Auffassung, daß der weitere, maßvolle Ausbau der Kernenergie nur unter Beachtung eines Höchstmaßes an Sicherheit für Mensch und Umwelt gangbar und verantwortbar ist. Die Verwirklichung der für die Entsorgung der Kernreaktoren zu treffenden Vorsorge ist wie wir ja immer und immer wieder erklärt haben, eine der wesentlichen Voraussetzungen für diesen weiteren Ausbau überhaupt. Schon frühzeitig ist von der Bundesregierung dafür die Konzeption eines integrierten Entsorgungszentrums entwickelt und der Öffentlichkeit vorgelegt worden. Die Lösung der in diesem Entsorgungskonzept gestellten Aufgabe wurde - und hier kommt das Verursacherprinzip erneut zur Geltung - in weitem Maße der Wirtschaft übertragen. Allein die Aufgaben der Beseitigung und langfristigen Lagerung der radioaktiven Abfälle werden vom Staat wahrgenommen. Für die Durchsetzung dieser Entsorgungskonzeption und der Schaffung ihrer organisatorischen und materiellen Voraussetzungen hat die Bundesregierung in den vergangenen Jahren eine planmäßige Politik der bedingten Zustimmung zu neuen Genehmigungen von Kernkraftwerken betrieben; sie war der Hebel für eine Durchsetzung der Entsorgungsvorsorge in unserem Lande überhaupt. Wesentliches ist dadurch bereits erreicht. Die Bundesregierung wird auch künftig Genehmigungen von Kernkraftwerken nur zustimmen, wenn der Nachweis über ihre Entsorgungsvorsorge erbracht ist. Insbesondere muß zur Erteilung von Baugenehmigungen für neue Kernkraftwerke ihre Entsorgung bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Einrichtungen des Entsorgungszentrums sichergestellt oder - das können Sie in unseren Entsorgungsgrundsätzen nachlesen - durch vertragliche Vereinbarungen mit ausländischen Anlagen geregelt sein. Auch dafür gibt es ja inzwischen Belegfälle. Eine Betriebsgenehmigung sollen diese neuen Kernkraftwerke erst erhalten, wenn die erste Teilerrichtungsgenehmigung für das Entsorgungszentrum erteilt ist. Bereits genehmigte Kernkraftwerke können fertiggestellt werden. Auch sie werden eine Betriebsgenehmigung erst erhalten, wenn ihre Entsorgung bis zur Errichtung des Entsorgungszentrums auf die genannte Weise hinreichend gesichert ist. Zur Durchsetzung der mit dieser Entsorgungsvorsorge gesetzten Ziele und der sich daraus ergebenden konkreten Anforderungen stand und steht die Bundesregierung mit den Ländern und mit der Wirtschaft in intensivem Kontakt. Die Elektrizitätswirtschaft hat sich inzwischen auf die Erfüllung dieser Anforderungen voll eingestellt. Sie hat die zu den bisherigen Genehmigungen geforderten Nachweise erbracht. Die Bundesregierung hat gleichzeitig in ihrer Förderungspolitik dafür gesorgt, daß im Bereich der nuklearen Entsorgung Forschungs- und Entwicklungsarbeiten eine angemessene Prioritätseinstufung erfahren haben. Die Bundesregierung anerkennt - und das sage ich in dieser Stunde ausdrücklich - die Anstrengung der Wirtschaft bei der Schaffung der erforderlichen Voraussetzungen für eine umfassende Regelung der Entsorgung. Sie betrachtet die vorgelegte Entsorgungsstrategie, die voll mit den Ländern wie mit der Wirtschaft abgestimmt ist und die sich auf Entsorgung im Ausland, auf Lagerung der Brennelemente in zentralen Zwischenlagern, auf Lagerung im Eingangslager des Entsorgungszentrums und hilfsweise auf Kompaktlagerung in Kernkraftwerken oder in sonstiger geeigneter Weise abstützt und schließlich in die Wiederaufarbeitung und Abfallbeseitigung des Entsorgungszentrums einmündet, als realistisch und realisierbar und hält auf dieser Grundlage die termingerechte Verfügbarkeit der erforderlichen Anlagen für möglich. Der Antrag auf Errichtung und Betrieb des Entsorgungszentrums ist im Frühjahr 1977 bei der Genehmigungsbehörde des Landes Niedersachsen unter Vorlage der notwendigen Unterlagen gestellt worden und befindet sich zur Zeit in der Phase der Prüfung des Gesamtkonzepts. Nach Bekundung der Landesregierung haben sich bisher keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die Konzeption des Entsorgungszentrums sicherheitstechnisch nicht zu verwirklichen wäre. Die Landesregierung wird nach Vorliegen eines Ergebnisses dieser Prüfung darüber entscheiden, ob und wann die Standortuntersuchungen an Ort und Stelle, d. h. wann vor allem die Erkundung der hydrologischen und geologischen Verhältnisse vorgenommen werden können. Damit soll dann so schnell wie möglich begonnen werden, nämlich nach Abschluß dieser soeben erwähnten Prüfung. Die Bundesregierung begrüßt die kooperative Haltung des Landes Niedersachsen bei der Vorbereitung des Vorhabens und ist auch ihrerseits bereit, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten jegliche Unterstützung zu leisten. Das Planfeststellungsverfahren für das Endlager der radioaktiven Abfälle wurde mit dem Antrag der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt beim niedersächsischen Sozialminister im Juli 1977 eingeleitet. Dort wird derzeit geprüft, in welchem Umfang und für welche Teile des Antrags die Bergbehörde eingeschaltet werden muß. Der Antrag ist bisher - und das ist sehr bedeutsam auch für diese Parlamentsdebatte - noch standortunabhängig und bezieht sich deshalb auf ein Modellager. Eine detailliertere Planung ist im Verlauf des Verfahrens vorzulegen, wobei dann auch die durch den Standort bedingten zusätzlichen Daten berücksichtigt werden müssen. Das Endlagerbergwerk für schwach- und mittelaktive Abfälle befindet sich bereits in der Planung. Für das Endlager hochaktiver Abfälle werden die Unterlagen vorbereitet. Zur Vervollständigung dieser Antragsunterlagen für die Errichtung des Endlagers sind die Ergebnisse der noch ausstehenden Standortuntersuchungen notwendig. Es soll zunächst erkundet werden, ob die erwarteten geologischen Verhältnisse im Salzstock gegeben sind. Dadurch wird es möglich sein, die Ansatzpunkte für die Bergwerksschächte festzulegen. Nach Niederbringung dieser Schächte wird mittels weiterer Untersuchungen unter Tage dann die Salzstockpartie ermittelt und festgelegt, in der das Endlager für hochaktive Abfälle eingerichtet werden kann. Die ersten Maßnahmen auch hierzu sind vorbereitet und beantragt. Die Bundesregierung rechnet damit, daß sie in absehbarer Zeit zusammen mit der Erkundung der Hydrologie begonnen werden können. Sie sieht hierin den nächsten wichtigen Schritt in Richtung auf die Verwirklichung ihrer Konzeption einer integrierten Entsorgung der Kernkraftwerke. Der Bundesminister des Innern hat Anfang 1977 die ihn beratenden Sachverständigenkommissionen, die Reaktorsicherheitskommission und die Strahlenschutzkommission, beauftragt, die grundsätzliche sicherheitstechnische Realisierbarkeit des Entsorgungszentrums zu prüfen. Die Kommissionen haben ihre Beurteilungen und Empfehlungen am 20. Oktober 1977 vorgelegt. Dieses Votum war positiv. Es ist im Entsorgungsbericht als Anlage beigefügt. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß dieses positive Votum zutreffend ist. Sie hat die Beratungen der Kommission verfolgt und sich davon überzeugt, daß der Beurteilung der objektive Stand von Wissenschaft und Technik zugrunde liegt. Der vor einigen Tagen vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz konstruierte Gegensatz in der Beurteilung der Sicherheit des Entsorgungszentrums zwischen Sachverständigen des TÜV und der RSK und SSK bestand und besteht in Wahrheit nicht. Die Kommissionen haben vielmehr während ihrer Beratungen den TÜV beteiligt, seine Argumente in ihrem Votum ausführlich berücksichtigt und im ganzen einvernehmlich in der Weise gewertet, daß sie der grundsätzlichen sicherheitstechnischen Realisierbarkeit des Entsorgungszentrums nicht entgegenstehen. Das schließt nicht aus, aber dies liegt hier in der Natur der Sache, daß im Rahmen der detaillierten Konzeptbeurteilung durch die Gutachter sicherheitsgerichtete Änderungen der Planung vorgenommen werden, wie sie im übrigen ausdrücklich auch von RSK und SSK empfohlen worden sind. Das ist ja ein Prozeß sukzessiver Korrektur im weiteren Verfahren der Planung und Ausführung. Die Bundesregierung hatte in ihrem Bericht eine Zusammenstellung sicherheitstechnischer Fragestellungen der RSK und SSK angekündigt, die sich aus deren Beratungen zum Entsorgungszentrum ergeben haben. Die Kommissionen haben diese Zusammenstellung nun im Februar 1978 vorgelegt und zusätzliche Empfehlungen für noch erforderliche Entwicklungs- und Forschungsaufgaben und sonstige weitere Untersuchungen gegeben. Diese Zusammenstellung liegt Ihnen ebenfalls vor. Ihr ist zu entnehmen, daß von den Kommissionen keine Forschungs-und Entwicklungsarbeiten mehr für erforderlich gehalten werden, die von konzeptentscheidender Bedeutung wären. Hier ist die Vorplanung also auch von der wissenschaftlichen Seite abgeschlossen. Bis zur abschließenden Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der einzelnen Teilprojekte des Entsorgungszentrums halten die RSK und SSK allerdings das Vorliegen der Ergebnisse zusätzlicher Arbeiten für erforderlich. Sie bestätigen damit gleichzeitig, daß diese Forschungs- und Entwicklungsaufgaben projektbegleitend gelöst werden können. Für die bis zur Inbetriebnahme des BrennelementEingangslagers des Entsorgungszentrums noch anfallenden Brennstoffmengen ist die Bereitstellung weiterer Lagerkapazitäten nötig. Hierfür ist die Errichtung eines ersten Zwischenlagers für 1 500 Tonnen Brennstoff geplant, für das im Januar 1978 der atomrechtliche Genehmigungsantrag für den Standort Ahaus gestellt worden ist. Daneben wird voraussichtlich die Errichtung eines weiteren Lagers gleicher Größe erforderlich sein. Der hierfür vorgesehene Standort wird im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern festgelegt werden. Die Bundesregierung hat im Entsorgungsbericht einer Entsorgungsstrategie der Wirtschaft zugestimmt, die den Kompaktlagern für Brennelemente in Kernkraftwerken nur eine Reservefunktion bei Überwindung vorübergehender Schwierigkeiten bei der Entsorgung zumißt. Sie wird daher eine Entsorgungsvorsorge durch solche Kompaktlager nur mit Zurückhaltung behandeln und im übrigen darauf hinwirken, daß die Vorsorge unter Abstützung auf die übrigen in der Entsorgungsstrategie dargelegten Maßnahmen getroffen wird. Die zwischen der deutschen Elektrizitätswirtschaft und der französischen Firma COGEMA für die Entsorgung in der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ausgehandelten Verträge sind von den Vertragspartnern unterschrieben worden. Damit ist die Abnahme von verbrauchten Brennelementen mit rund 1 700 Tonnen Brennstoff bis zum Jahre 1985 gesichert. Die Wiederaufarbeitung dieser Brennelemente soll in den Jahren 1985 bis 1990 erfolgen. Mit einer Rücklieferung der daraus erhaltenen konditionierten radioaktiven Abfälle in der Bundesrepublik ist ab 1990 zu rechnen. Geeignete Aufnahmelager stehen hierfür zur Verfügung. Die Bundesregierung bereitet zu diesen Verträgen derzeit einen begleitenden Notenwechsel mit der französischen Regierung vor.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Gruhl?

Prof. Dr. Werner Maihofer (Minister:in)

Politiker ID: 11001414

Sehr gerne.

Dr. Herbert Gruhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000741, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie sagten eben, bei der Rücknahme aus Frankreich stünden geeignete Abnahmelager zur Verfügung. Welche meinen Sie da? Zwischenlager oder Endlager, oder was ist darunter zu verstehen?

Prof. Dr. Werner Maihofer (Minister:in)

Politiker ID: 11001414

Dies wird auf jeden Fall durch die geplanten Lager für sogenannte konditionierte Abfälle gesichert. Möglicherweise werden bei einem entsprechenden Baufortschritt auch diese radioaktiven Abfälle bereits vor der Entsorgungsanlage aufgenommen werden können. Von daher sind wir doppelt gesichert. Wir werden diesbezüglich - jedenfalls ab 1990 - in keine Rücknahmeschwierigkeiten kommen. ({0}) - Bitte.

Dr. Herbert Gruhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000741, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, Sie erwähnten vorhin, daß eine Betriebsgenehmigung für Werke künftig nur erteilt werde, wenn entweder die Endablagerung und Wiederaufbereitung nach dem Konzept gesichert sei oder Verträge über die Abnahme der abgebrannten Brennelemente mit Frankreich oder anderen Staaten nachgewiesen würden. Glauben Sie im Ernst, daß man dann, wenn nun die Voraussetzungen der Endlagerung nicht erfüllt werden können - die Verträge mit auswärtigen Staaaten ändern daran nichts, weil wir auch diese radioaktiven Reststoffe zurücknehmen müssen -, fertige Kernkraftwerke, die Milliarden gekostet haben, stillstehen läßt ohne ihnen eine Betriebsgenehmigung zu erteilen?

Prof. Dr. Werner Maihofer (Minister:in)

Politiker ID: 11001414

Wir werden diese Entsorgung sicherstellen müssen. Wir werden sie nach den vorliegenden außerordentlich realistischen und - dies füge ich hinzu - auch skeptischen Planungen sicherstellen können, die eine durchaus beachtliche Sicherheitsmarge sowohl bei den Zwischenlagern als auch etwa bei der Endentsorgung in unserer Anlage in Gorleben mit in Rechnung stellen. Dies muß und kann geleistet werden. Von daher halte ich Ihre zweite Frage für eine hypothetische Frage. Aber wenn Sie sie schon stellen: Ich würde sie für mich eindeutig bejahen. Nur ist sie für mich eine abstrakte Hypothese. Ich wiederhole: Die Bundesregierung bereitet zu diesen Verträgen mit der COGEMA einen begleitenden Notenwechsel mit der französischen Regierung vor, um auch von amtlicher Seite diese Vereinbarungen mit abzusichern. Die Ende 1977 und Anfang 1978 gelaufene zweite Wiederaufarbeitungskampagne von Brennelementen aus Leichtwasserreaktoren ist in der Anlage La Hague erfolgreich zu Ende geführt worden. Insgesamt wurden dabei - wie vorgesehen - 54 t Brennstoff aufgearbeitet. Das französische Ministerium für Industrie, Handel und Handwerk hat daraufhin Anfang Februar 1978 der COGEMA die Genehmigung zur fortlaufenden Wiederaufarbeitung verbrauchter Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren erteilt. Unter diesen Voraussetzungen sieht die Bundesregierung keine Ursache, die im Rahmen der COGEMA-Verträge getroffene Entsorgungsvorsorge nicht anzuerkennen, ganz im Gegenteil. Für die Bundesregierung sind sie eine ebenso gewichtige Abstützung unserer Entsorgungsvorsorge wie die auf der anderen Seite betriebenen Planungen für das Entsorgungszentrum. Zusammenfassend ist zur Situation der Entsorgung der Kernkraftwerke in der Bundesrepublik festzustellen, daß die von allen Beteiligten gemeinsam unternommenen Anstrengungen zur Schließung des Brennstoffkreislaufs - was hier geplant und inzwischen ausgeführt worden ist, wurde von einigen ja noch vor Jahren für irreale Utopie gehalten - die Entsorgungsvorsorge sicher gemacht haben. Die Überprüfung der geplanten Anlagen des Entsorgungszentrums, die in einer bisher ohne Beispiel dastehenden, auf ein einziges Projekt gerichteten breiten Beteiligung von Sicherheitsexperten vorgenommen wurde, hat bisher keinerlei Bedenken erbracht, die Anlaß gäben, die sichere Realisierbarkeit des Entsorgungszentrums in Zweifel zu ziehen. Die Bundesregierung ist sich dessen bewußt, daß bis zur Errichtung und Inbetriebnahme aller Entsorgungsanlagen in den anstehenden Genehmigungsverfahren mit großer Sorgfalt noch eine Vielzahl bei der Einzelausführung sich stellender Sicherheitsfragen zu klären sind. Aber dies ist nie - auch weltweit nicht - anders als projektbegleitend geschehen. Dies kann auch technologisch praktisch auf andere Weise als in einer fortschreitenden Konkretisierung des Projekts über alle Teilverwirklichungen hinweg gar nicht geschehen. Nach den vorliegenden Voten der Reaktorsicherheits- und der Strahlenschutzkommission können wir davon ausgehen, daß auch diese Restfragen im Prinzip zu lösen sind. Bei der Überprüfung der noch anstehenden Einzellösungen wird die Bundesregierung nach denselben strengen Maßstäben des Atomgesetzes, von denen auch der heute hier zur Aussprache gestellte Entsorgungsbericht bestimmt ist, den absoluten Vorrang der Sicherheit gewährleisten. Mit ihrer Politik auf dem Felde der Reaktorsicherheit - das darf ich abschließend feststellen - hat die Bundesregierung - gegen nicht unerhebliche Widerstände - einen Standard an Sicherheit durchgesetzt, der in der Welt seinesgleichen sucht. Sie hat ebenso durch ihre Politik in der Frage der Entsorgung einen Grad an Vorsorge erreicht, der uns eine sichere Beherrschung auch dieser Seite der Kernenergierisiken verbürgt. Diese in einem Gesamtkonzept aufeinander abgestimmte Politik der Reaktorsicherheit und der Entsorgungsvorsorge wird die Bundesregierung im Zusammenwirken mit den Bundesländern und der Kernenergiewirtschaft konsequent fortsetzen. Die Bürger unseres Landes können in der Tat - wie ich in meinem Vorwort zum Entsorgungsbericht festgestellt habe - sicher sein, daß die Bundesregierung alles tun wird, um die Bevölkerung vor den Risiken der friedlichen Kernenergienutzung zu schützen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verwertung und Beseitigung radioaktiver Abfälle aus Kernkraftwerken ist für viele Bürger zum Alptraum unseres technischen Zeitalters geworden. Es ist, als ob sich alle Beunruhigung über die Gefahren unserer Zivilisation auf die eine Frage konzentriert habe: Hinterlassen wir mit dem radioaktiven Müll ein unheimliches, schreckliches Erbe? Bis hierher und nicht weiter? In dieser Situation legt die Bundesregierung ihren Bericht vor, in dem sie die Beherrschbarkeit der vorgesehenen Entsorgungstechnik feststellt. Sie schließt sich ohne Einschränkung dem Votum der Reaktorsicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission an, wonach die erforderlichen Kenntnisse und technischen Mittel vorhanden sind oder rechtzeitig beschafft werden können, um das nukleare Entsorgungszentrum zu errichten und zu betreiben. In der Tat, wer sich mit den technisch-naturwissenschaftlichen Einzelheiten des Konzepts befaßt, kann in der Lagerung und Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente sowie in der Behandlung radioaktiver Abfälle und ihrer Endlagerung in geologischen Salzformationen keine Schwachstelle des Brennstoffkreislaufs erkennen, welche die friedliche Nutzung der Kernenergie grundsätzlich in Frage stellte. Gewiß, noch ist die Begutachtungsphase nicht abgeschlossen, während der die Kritik an den Plänen der Deutschen Gesellschaft für die Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen vom Technischen Überwachungsverein, von der Wissenschaft und von den Behörden gewünscht und angefordert wird. Die Eignung des Salzstocks von Gorleben als Endlagerstätte muß mit aufwendigen Probebohrungen zunächst ermittelt werden. Noch laufen zahlreiche Prüfungen und ergänzende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, aber unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Erfüllung höchster Sicherheitsanforderungen zeichnen sich gegenwärtig nicht ab. Bis zur Stunde ist kein ernst zu nehmender Zweifel an diesem Urteil der Sachverständigen aufgetaucht, der das Bürgerunbehagen, die wachsende Angst und die zunehmend pessimistische Einschätzung der Risiken begründen könnte. Selbst die Kernenergiegegner an Universitäten und in Bürgerinitiativen haben im September 1977 bei der öffentlichen Entsorgungsanhörung vor dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages die Regierungskonzeption nicht direkt abgelehnt. Sie kämpfen gegen jede Entsorgungslösung, weil ein geschlossener Brennstoffkreislauf die Grundlage der langfristig angelegten Kernenergienutzung ist, die sie radikal verwerfen. Die Bundesregierung hat das richtige Entsorgungskonzept. Sie hat aber nicht die Kraft, es in der Öffentlichkeit überzeugend zu vertreten. ({0}) Sie hat aufgehört, den beunruhigten Bürgern draußen Vertrauen zu geben. Sie weicht vor der Unerbittlichkeit der Kernenergiegegner auch in den eigenen Koalitionsreihen zurück.; Wo bleibt die Logik, wenn die Entsorgung auf SPD- und FDP-Parteitagen zur Schlüsselfrage erklärt wird, wenn die Bundesregierung ihr Entsorgungskonzept national und international als die optimale Lösung preist, die deutsche Wirtschaft aber bis weit in die 80er Jahre hinein gezwungen ist, zu exorbitanten Preisen Entsorgungsverträge mit dem Ausland abzuschließen, weil die Bundesregierung in sachwidriger Weise den weiteren Ausbau der Kernkraft an den Entsorgungsnachweis gekoppelt hat? Erst diese Verschärfung der Entsorgungskopplung, die es nicht zuläßt, die Technik der Zwischenlagerung voll auszuschöpfen und ohne Zeitdruck den Standort des Endlagers festzulegen, hat den wegen der notwendigen Sorgfaltspflicht nicht zu rechtfertigenden politischen Druck auf das Land Niedersachsen erzeugt. ({1}) Im übrigen möchte ich folgendes sagen. Die Darstellung, die uns der Bundesminister des Innern in dieser Debatte über das kooperative Verhalten des Landes Niedersachsen gegeben hat, unterscheidet sich sehr wohltuend von der Polemik, die uns der Bundesforschungsminister heute morgen zumutete. ({2}) Wo bleibt die Logik, wenn in einer Großanlage die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen betrieben werden soll und die Bundesregierung Brutreaktoren, in denen das gewonnene Plutonium nutzbringend verbrannt werden kann, im Arbeitsentwurf einer Vorschaltnovelle zum Atomgesetz nur noch als Prototyp- und Demonstrationsanlage zulassen will? So wird die Vorschaltnovelle zur Abschaltnovelle, und so werden die Fortschrittsparteien der 60er Jahre zu den Rückschrittsparteien der 70er Jahre. ({3}) Es geht nicht zuerst um technische Probleme. Es geht um die politische Machbarkeit deutscher Energiepolitik in den Regierungsparteien. Wenn der Bundeswirtschaftsminister in der heutigen Energiedebatte betont, die Bundesregierung werde alles tun, um die Verwirklichung des Entsorgungszentrums in Gorleben zügig voranzutreiben, so fragt sich nur: Was tut die Regierungspartei SPD, wenn sich ihre Gliederungen vor Ort von Ahaus bis Gorleben rigoros von den Regierungsvorstellungen distanzieren, noch bevor Gutachten und Untersuchungsergebnisse vorliegen?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Steger?

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Laufs, ist Ihnen bekannt, daß in Ziffer 7 des Parteitagsbeschlusses von Hamburg zur Energiepolitik die Sozialdemokratische Partei Deutschlands fordert, den Bau des Entsorgungszentrums Gorleben zügig voranzutreiben? ({0})

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, wollen Sie uns hier wirklich vormachen, daß sich die vielen Kernenergieskeptiker in Ihren Reihen, die ja in Hamburg ein großes Wort mitgesprochen haben, bei Ihrer knappen parlamentarischen Mehrheit nicht massiv politisch bemerkbar machen? ({0}) - Herr Kollege Wehner, Ihnen sollte nicht entgangen sein, daß die SPD vor Ort rücksichtslose Wahlkampftaktik aus Angst vor den Grünen Listen betreibt. ({1}) Eine tiefe Entmutigung hat sich breitgemacht. Die Unsicherheit überträgt sich auf die Bürger an den Standorten, auf die Richter an den Verwaltungsgerichten und auf die Beamten in den zuständigen Behörden. Diese Unsicherheit öffnet das Einfallstor für Demagogen, Scharlatane aller Art und skrupellose Berichterstatter, die auch die ernsthaften Mahner und Kritiker, die wir in dieser Auseinandersetzung brauchen, in Mißkredit bringen. In dieser Lage erwarten wir von der Bundesregierung, daß sie dem gefährlichen Treiben dieser Demagogen mit seriöser Aufklärung in der Öffentlichkeit entschlossen entgegentritt. ({2}) Die Bundesregierung darf sich nicht länger totstellen. Man muß den verängstigten Bürgern darstellen, daß es keine andere Technik gibt, an deren Anlagen auch nur annähernd so strenge Sicherheits-und Überwachungsanforderungen wie an kerntechnische Anlagen gestellt werden. Natürlich gibt es keine störungsfreie Technik. Wer die störungsfreie Technik will, fordert den Verzicht auf die Technik. Die Strahlenschutzverordnung schreibt die maximal zulässige Störfallplanungsdosis für Personen in der Umgebung kerntechnischer Anlagen vor. Diese deutsche Vorschrift ist im Ausland ohne Vorbild. Trotz aller Sicherheitsbarrieren, die um die gefährlichen Stoffe herum errichtet werden, bleibt aber ein Restrisiko unkontrollierter Freisetzung von Radioaktivität, welche die Umwelt in Mitleidenschaft ziehen kann. Eine Abwägung gegen andere Zivilisationsrisiken, die wir ganz selbstverständlich hinnehmen, macht aber deutlich, daß dieses verbleibende nukleare Restrisiko vernachlässigbar klein ist. Es ist gegenüber dem Risiko verschwindend klein, das jeder eingeht, der sich z. B. in ein Verkehrsflugzeug zwischen riesige Tanks voll Flugbenzin setzt oder der unterhalb eines Staudamms oder in der Nähe einer chemischen Fabrik wohnt, die Giftstoffe produziert und lagert. Vom Risiko des Straßenverkehrs wollen wir hier erst gar nicht reden. Gleichwohl müssen wir uns mit dem Ausmaß und den Folgen schwerer Unfälle auseinandersetzen, auch wenn deren Eintrittswahrscheinlichkeit so unvorstellbar klein ist, daß ein solches Ereignis vielleicht einmal in Millionen Jahren vorkommt; nach der Wahrscheinlichkeitstheorie kann dieses Ereignis aber schon morgen eintreten. Erste Ergebnisse von Risikostudien an Hand von Unfailfolgenmodellen lehren uns, daß auch das schwerste in der Wirklichkeit denkbare nukleare Unglück mit seinen Folgen örtlich und zeitlich begrenzt bliebe. Sein Ausmaß ginge nicht über das von Katastrophen in anderen Bereichen hinaus, die wir schon mit chemischen Giftstoffen wie Chlorgas, Natriumzyanid oder Dioxin, beim Bruch von Staudämmen oder bei schweren Bränden erlebt haben und von denen wir jederzeit wieder heimgesucht werden können. Im nuklearen Einmaleins des Grauens - unter solchen Schlagzeilen wird das Kernkraftrisiko öffentlich erörtert - haben kleine und kleinste Strahlungsdosen einen hohen Stellenwert. Die ständige Emission radioaktiver Stoffe mit der Abluft und dem Abwasser der Wiederaufarbeitungsanlage wird als bedenklich angesehen, obwohl die Wissenschaft nicht in der Lage ist, negative Langzeitwirkungen sehr geringer Dosen auf die Umwelt eindeutig nachzuweisen. Wir müssen uns hier an die ParacelsusWeisheit halten: Alle Dinge sind Gift. Nichts ist ohne Gift. Die Dosis macht, daß ein Ding kein Gift ist. Alles Leben ist und war immer der natürlichen Radioaktivität ausgesetzt. Solange die tatsächlichen Emissionen zu so kleinen Stahlungsdosen führen, daß diese in den Schwankungen der Strahlenbelastung durch natürliche Radioaktivität verschwinden und solange wir z. B. die Steinkohle verfeuern, von deren Flugasche ein zwar ebenfalls vernachlässigbar kleines, aber vergleichsweise vielfach größeres Strahlenrisiko ausgeht, solange sollte niemand den Risikofaktor durch kontrollierte radioaktive Emissionen aus dem Entsorgungszentrum dramatisieren. Die deutschen Vorkehrungen zur Zurückhaltung der Isotopen von Jod, Krypton und Xenon sowie der radioaktiven Aerosole und des Tritiums sind einzigartig auf der Welt. Die eingeplanten Rückhaltesysteme wurden in Pilotanlagen praktisch erprobt. Die deutsche Strahlenschutzverordnung läßt in der Umgebung kerntechnischer Anlagen nur maximal 30 mrem Ganzkörperbelastung zu - im Gegensatz zu 500 mrem nach internationalen Maßstäben. Ich möchte noch einige Bemerkungen zur Diskussion der polizeilichen Schutzvorkehrungen machen. Die CDU/CSU bedauert die Verunsicherungskampagnen, die gewisse Medien und SPD-Politiker mit der Schreckensvision Kernanlagen sprengender Atomterroristen in der Öffentlichkeit betreiben. Diese Panikmacherei ist ebenso verantwortungslos wie sachlich unbegründet. Die CDU/CSU wird aufmerksam verfolgen, mit welchen organisatorischen und polizeilichen Sicherheitsmaßnahmen die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern sicherstellt, daß ein Mißbrauch der gefährlichen Spaltstoffe, insbesondere des Plutomiums, durch Terroranschläge oder Sabotage verhindert wird. Solche Vorkehrungen sind wirkungsvoll möglich und haben nichts, aber auch gar nicht mit Polizeistaat zu tun. ({3}) Wenn dieser Objektschutz in der Bundesrepublik Deutschland geradewegs in einen faschistischen Atomstaat führte, dann könnte in den westlichen Kernenergie- und Kernwaffenstaaten, in Amerika, England oder Frankreich, schon längst niemand mehr ruhig zu Bett gehen. Es ist unbestritten, daß zum Schutz des geplanten Entsorgungszentrums beträchtliche Sicherheitskräfte eingesetzt werden müssen. Wie immer die Bewachung organisiert wird - durch private oder öffentDr. Laufs liche Kräfte oder durch beide, etwa durch einen Werkschutz, der kurzfristig durch Polizei verstärkt werden kann -, die Verbesserung des Objektschutzes steht schon heute als dringliche Aufgabe an. Die gegenwärtig herrschende Unentschlossenheit der Bundesregierung ist unerträglich. ({4}) Die Kontrolle über die Verwertung von Plutonium und Uran aus abgebrannten Brennelementen kann nur eine Frage der internationalen Überwachung sein, die in der Bundesrepublik ja voll gegeben ist und durchgeführt wird. Im übrigen könnte der deutsche Verzicht auf die friedliche Kernenergienutzung und die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen die Tatsache aus der Welt schaffen, daß 50 Staaten in der Lage sind, in wenigen Jahren eigene Atombomben zu produzieren, wenn sie das wollten. Das Wissen ist in der Welt; keiner kann es zurückholen, am allerwenigsten unsere Kernenergiekritiker, die sich im übrigen an den zahlreichen, in aller Welt gelagerten Kernwaffenarsenalen nicht zu stören scheinen. Ich möchte abschließend feststellen: Das Entsorgungskonzept der Bundesregierung und der Elektrizitätswirtschaft ist aus heutiger Sicht technologisch machbar und sicherheitstechnisch verantwortbar. Die CDU/CSU fordert die Bundesregierung auf, alle sicheren Techniken einer zeitlich begrenzten Zwischenlagerung in Kernkraftwerken, externen Lagerbekken oder regionalen Zwischenlagern auszuschöpfen, damit das nationale Entsorgungszentrum ohne Zeitdruck so sorgfältig geplant, errichtet und in Betrieb genommen werden kann, daß ein Höchstmaß an Sicherheit garantiert ist. Die CDU/CSU nimmt den Entsorgungsbericht der Bundesregierung im Grundsatz zustimmend zur Kenntnis. ({5})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäfer ({0}).

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Zunächst, Herr Kollege Laufs, einige Vorbemerkungen zu Ihnen. Ich gestehe ganz offen: Ich bin erschrocken über Ihren Redebeitrag, ({0}) erschrocken deswegen, ({1}) weil die Debatte über die friedliche Nutzung der Kernenergie, auch die Debatte in diesem Deutschen Bundestag, völlig an Ihnen vorbeigegangen ist. ({2}) Ich will das an einem Beispiel belegen. Der Deutsche Bundestag hat am 1. Juli 1976 die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, einen Entsorgungsbericht vorzulegen. Anlaß für dieses einstimmige Votum war der Tatbestand, daß in Anhörungen des Bundestages - ({3}) - Ein Antrag des Forschungsausschusses und des Innenausschusses, ({4}) beiderseitig einstimmig eingebracht. Anlaß, Herr Kollege Laufs, war der Tatbestand, daß in zwei Anhörungen deutlich geworden ist, daß die deutsche Energiewirtschaft zwar expansiv Kernkraftwerke bauen wollte, aber nicht bereit war, für deren Entsorgung hinlänglich Vorsorge zu treffen. ({5}) Sachverständige Mitglieder der Reaktorsicherheitskommission, Mitglieder der Strahlenschutzkommission haben in öffentlichen Anhörungen hier in diesem Deutschen Bundestag deutlich gemacht, daß, wenn es nicht zu einer Koppelung zwischen Genehmigung zum Bau neuer Kernkraftwerke und einer Entsorgungsvorsorge kommt, die friedliche Nutzung der Kernenergie unter Sicherheitsgesichtspunkten. in den 80er Jahren generell in Frage gestellt würde. ({6}) Sie, Herr Kollege Laufs, nehmen sich nun hier den Mut, der Bundesregierung vorzuwerfen, daß sie seit 1976 den Bau neuer Kernkraftwerke an die Entsorgungsvorsorge gebunden hat. ({7}) - Auch dieser Beitrag zeigt, Herr Kollege Laufs, daß Sie in dieser Frage nicht sachkundig sind, ({8}) weil diese Koppelung erst im Juni 1976 auf Grund dieser öffentlich durch die Kernenergiewirtschaft deutlich gemachten Entsorgungsdefizite erfolgt ist. ({9}) Meine Damen und Herren, wir begrüßen ausdrücklich, daß die Bundesregierung die Genehmigung des Baus neuer Kernkraftwerke auch weiterhin von dieser Koppelung abhängig macht. ({10}) Die Bundesregierung legt mit ihrem Entsorgungsbericht ihre Konzeption eines integrierten Entsorgungssystems dar und beschreibt ihre Vorstellungen zu deren Verwirklichung. Die Bundestagsfraktion meiner Partei unterstützt die Entsorgungskonzeption der Bundesregierung. Sie teilt auch ihre Auffassung der Notwendigkeit zusätzlicher Zwischenlagerkapazität für abgebrannte Brennelemente aus deutschen Kernkraftwerken, Schäfer ({11}) Meine Damen und Herren, meine Partei hat sich ihre energiepolitische Entscheidung auf dem Hamburger Parteitag nicht leichtgemacht. Maßstab und Meßlatte unserer Entscheidung war dabei der Versuch, politisch auf die Frage zu antworten, wie wir in Zukunft leben wollen. Auch diejenigen, die auf dem Hamburger Parteitag mit ihren Forderungen unterlegen sind, tragen die Hamburger Entscheidung. ({12}) Der Entsorgungsbericht der Bundesregierung sowie die entsprechenden Stellungnahmen von Reaktorsicherheits- und Strahlenschutzkommissionen bestätigen uns Sozialdemokraten in unserer Auffassung, den Bau neuer Kernkraftwerke auf das Minimum zur Deckung des Restenergiebedarfs zu beschränken. ({13}) Die Entsorgungskonzeption der Bundesregierung ist klar. Viele Probleme der Entsorgung der Kernkraftwerke sind bislang noch nicht gelöst. Auch an der Entsorgungsvorsorge - da unterscheiden wir uns, Herr Kollege Laufs -, dem Nachweis für den sicheren Verbleib der abgebrannten Brennelemente also, bestehen Zweifel, so z. B. an der Entsorgungsvorsorge in der französischen Wiederaufarbeitungsanlage in Cap La Hague. Der Innenausschuß hat deswegen in seiner gestrigen Sitzung einstimmig, also auch mit den Stimmen der Opposition, die Einsichtnahme in die in diesen Tagen beschlossenen vertraglichen Bedingungen zwischen dem Betreiber der französischen Wiederaufarbeitungsanlage in Cap La Hague und der deutschen Elektrizitätswirtschaft über die Abnahme deutscher Brennelemente zur Zwischenlagerung und Wiederaufarbeitung in La Hague beschlössen, weil Zweifel an der Entsorgungsvorsorge durch den Vertrag bestanden. Schließlich sind Vertragsklauseln aus einem anderen Vertrag dieser französischen Firma mit einem deutschen Elektrizitätswerk bekannt, wonach der Wiederaufarbeiter, also die COGEMA, im Falle größerer technischer Hindernisse oder Auflagen von Sicherheitsbehörden, die sich auf den Betrieb der Wiederaufarbeitungsanlage und die Lagerungsmöglichkeiten auswirken, das Recht hat, ohne Kosten oder Verpflichtung -den Empfang von Brennelementen aus der Bundesrepublik aufzuschieben. Uns interessiert, ob der in diesen Tagen unterzeichnete Vertrag ähnliche Klauseln enthält, und zwar angesichts der Tatsache, daß in La Hague nicht leugbare technische Schwierigkeiten bestehen, angesichts der Tatsache, daß der deutsche Stromverbraucher mehr als 2,5 Milliarden DM für diesen Nachweis der Entsorgungsvorsorge zu zahlen hat. Angesichts der Tatsache, daß wir den radioaktiven Abfall wieder aufnehmen müssen, ist diese. Situation der französischen Wiederaufbereitungsanlage sehr bedenklich. Doch dieser Tatbestand nimmt sich aus unserer Sicht bescheiden aus im Vergleich zu den noch offenen Fragen bei der Entsorgung von Kernkraftwerken. Einige wenige Probleme seien beispielhaft genannt. Eine sichere Entsorgung ohne sichere, zuverlässige, schadlose Beseitigung bzw. Verwahrung des hochradioaktiven Abfalls über Jahrtausende hinweg ist nicht möglich. Gerade auf diesem Gebiet muß unser Kenntnisstand verbessert werden. Gerade auf diesem Gebiet sind noch umfassende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten notwendig. ({14}) - Ich komme nachher darauf zu sprechen. Was wir nicht wollen, Herr Kollege Laufs, ist, daß Sicherheit und Schutz der Bevölkerung bei der Genehmigung dieser Entsorgungsanlage vernachlässigt werden. Das ist der entscheidende Unterschied. ({15}) - Verzeihung, weil er nicht die Probebohrungen für den Standort Gorleben vornimmt, die notwendig sind, wie Sie genau wissen, Herr Riesenhuber, um zu bestimmen, ob dieser Standort für das Endlager für radioaktiven Abfall geeignet ist. Das ist völlig unabhängig von den sonst noch offenen Fragen. Meine Damen und Herren, kurzum: Wir können heute noch nicht mit Sicherheit garantieren, daß der radioaktive Müll tatsächlich über einen Zeitraum von Tausenden von Jahren so sicher und schadlos verwahrt werden kann, daß auch für die nachfolgenden Generationen keine Schädigungen eintreten. Für jedes der einzelnen Teilprojekte des geplanten Entsorgungszentrums lassen sich ähnliche offene Fragen anführen, die weiterer Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bedürfen. Reaktorsicherheits- und Strahlenschutzkommission haben dankenswerterweise am 15. Februar dieses Jahres in ihrer Stellungnahme mit dem Titel „Sicherheitstechnische Fra-, Bestellungen zum Entsorgungszentrum" selbst mehr als 70 solcher Schwachpunkte angeführt. Wir begrüßen diese öffentliche Darstellung, weil dadurch mehr Offenheit und Kontrolle möglich wird. Wir erwarten von der Bundesregierung in regelmäßigen Abständen einen Bericht über die weitere Realisierung ihrer Entsorgungskonzeption, insbesondere ob und inwieweit die neuralgischen Punkte einer sicheren Lösung zugeführt werden können. Wir erwarten, daß der Sicherheitsbericht - Genehmigungsgrundlage zum Entsorgungszentrum - den Mitgliedern der zuständigen Bundestagsausschüsse und anderen Sachverständigen außerhalb der Beratungsgremien der Genehmigungsbehörden zur kritischen Beurteilung zugänglich gemacht wird. Wir sehen darin eine notwendige Verbreiterung der Diskussion und eine Erweiterung der Entscheidungsgrundlagen für das Parlament. Kritische, wissenschaftlich kontrovers geführte Diskussionen über die Fragen der bestmöglichen Sicherheit dieser Anlagen verschaffen dem Parlament nicht nur bessere Entscheidungsgrundlagen; sie stärken auch das Vertrauen in seine Entscheidungs- und Verantwortungskompetenz. Das Parlament wird dann auch in der Frage der Verantwortbarkeit eines solchen Entsorgungszentrums seiner Kontrollfunktion besser gerecht werden. Schäfer ({16}) Die Bundesregierung wertet ihre Konzeption als die national wie international optimale Lösung der Entsorgung. Sie befindet sich dabei in Übereinstimmung mit den Staaten der Europäischen Gemeinschaft, aber im Gegensatz zur Auffassung der Vereinigten Staaten, die der Wiederaufarbeitung skeptisch gegenüberstehen. Tatsache ist, daß durch die Wiederaufarbeitung ökonomische Vorteile zu erzielen sind. In Leichtwasserreaktoren kann der Brennstoff zwischen 20 und 30 °/o gestreckt werden. Für eine eventuelle kommerzielle Nutzung der schnellen Brutreaktoren wäre die Wiederaufbereitung ohnehin die Voraussetzung. Tatsache ist weiter, daß sich durch die Wiederaufarbeitung die Menge des hochradioaktiven Abfalles reduziert. Tatsache ist aber auch, daß durch die Wiederaufarbeitung in besonderem Maße und konzentriert reines Plutonium anfällt, jenes Plutonium, das eines der gefährlichsten Gifte ist, die wir kennen, jenes Plutonium, von dem bereits Bruchteile eines Gramms, in die Blutkreislaufbahn des Menschen geratend, genügt, um mit tödlicher Wahrscheinlichkeit Leukämie und Krebs zu erzeugen. Jenes Plutonium, das sich auch vorzüglich zur Herstellung von atomaren Sprengkörpern eignet. Kurzum, es ist unbestritten, daß mit der Entscheidung für die Wiederaufarbeitung gleichzeitig auch die Gefahr des Mißbrauchs der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu politischen oder militärischen Zwecken gewachsen ist. Das indische Beispiel, wo aus einem Forschungsreaktor die entsprechende Menge Plutonium zur Herstellung einer Atombombe mißbraucht wurde, ist uns allen geläufig. Die Entscheidung der SPD-Fraktion für die Wiederaufarbeitung, von der wir glauben, daß sie trotz vieler Schwierigkeiten beherrschbar ist und daß durch eine sichere Spaltflußkontrolle die Gefahr der militärischen Mißbräuche eingeschränkt werden kann, ist nicht identisch mit der Festlegung auf ein bestimmtes Wiederaufarbeitungsverfahren, etwa für das Purex-Verfahren, das wir aus militärischen Wiederaufarbeitungsanlagen kennen. Sie wissen, daß die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente ursprünglich ausschließlich zum Zweck der Gewinnung von Plutonium zur Herstellung von Atombomben durchgeführt worden ist. Wir sind uns mit der Bundesregierung einig in dem Ziel einer wirksamen internationalen Nonproliferationspolitik. Wir anerkennen, daß die Bundesregierung gerade in diesem Bereich in den letzten Monaten erhebliche internationale Fortschritte erzielen konnte. Wir begrüßen aber auch ausdrücklich die Einrichtung der Konferenz für die internationale Bewertung des Brennstoffkreislaufs ({17}). Mehr als 40 Staaten nehmen an dieser Konferenz teil, deren Ziel es ist, auf nationaler und internationaler Ebene Vereinbarungen zu treffen, um die Gefahr einer Verbreitung nuklearer Waffen auf Grund der kommerziellen Kernenergienutzung zu verhindern, ohne dabei die Energieversorgung oder .die Entwicklung der Kernenergie zu gefährden. Wir Sozialdemokraten ermuntern die Bundesregierung, auf dieser Konferenz einen aktiven Beitrag zum Erfolg zu leisten. Entscheidend muß dabei die gemeinsame Suche nach Brennstoffkreisläufen sein, die proliferationsfester sind als die gegenwärtigen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erwartet von der Bundesregierung, daß sie die zuständigen Ausschüsse des Bundestages regelmäßig über den Stand der INFCE-Verhandlungen informiert. Wir werden bei der sorgfältigen Prüfung und Beratung des Entsorgungsberichts und der Stellungnahme der Reaktorsicherheits- und der Strahlenschutzkommission im einzelnen ebenfalls die Beratungen der INFCE-Konferenz zu berücksichtigen haben. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstützt die Bundesregierung in ihrer Zielsetzung, ihr Entsorgungskonzept zu verwirklichen. Wir sind dabei gegebenenfalls auch für eine internationale Kooperation in der Entsorgungsfrage offen. Meine Fraktion unterstützt das Entsorgungskonzept der Bundesregierung. Sie sieht jedoch - ich wiederhole es - noch große Probleme und Schwierigkeiten bei der Lösung der zur Realisierung des Entsorgungskonzepts anstehenden Fragen. Jeder, der vorurteilsfrei die entsprechenden Stellungnahmen der Reaktorsicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission liest, muß sich diesem Urteil anschließen. Wir erwarten von der Bundesregierung einen regelmäßigen Bericht über den Stand und die Verwirklichung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, vor allem über das Ergebnis der Überprülung der noch offenen Fragen. Meine Fraktion wird sich dafür einsetzen, daß jede der erforderlichen Einzelmaßnahmen zur Verwirklichung .des Entsorgungskonzepts nur unter strengster Beachtung von Sicherheit und Schutz der Bevölkerung erfolgen kann. Die Bürger unseres Landes, die angesichts des hohen Gefährdungspotentials der Nutzung der Kernenergie und der geplanten Entsorgungsanlage berechtigte Sorgen haben, die wir nicht so leicht hinwegfegen wie Sie, Herr Kollege Laufs, ({18}) die Bürger unseres Landes, gleichgültig, ob im Kreis Lüchow-Dannenberg ({19}) oder in Wyhl am Oberrhein oder in Brokdorf, können sich darauf verlassen, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion keine Abstriche zulassen wird, wenn es darum geht, Sicherheit und Schutz der Bevölkerung, durchzusetzen. ({20})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgramm.

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Den Bericht der Bundesregierung zur Entsorgung der Kernkraftwerke hat der Bundestag am 1. 7. 1976 angefordert. Erst zwei Jahre nach Auftrag und fast ein halbes Jahr nach Vorlage des Berichts haben wir heute die Debatte darüber. Auch auf dem Gebiet der Entsorgung schreiten die Technologien Gott sei Dank voran. Das ist ja das, was uns bei dem großen Risiko überhaupt die Gewähr dafür bietet, daß die Entwicklung positiv verlaufen wird. Ich meine, zu den Rechten und Pflichten des Parlaments gehört es, eine so wichtige Technologieentwicklung, die von allen Rednern, die sich zum Entsorgungsproblem geäußert haben, als mit höchsten Risiken behaftet beschrieben worden ist, zu diskutieren; es gehört zu seiner Information und zur Beschlußfassung, und das Parlament ist damit auch zur Korrektur berechtigt und verpflichtet, wenn wir eine solche als notwendig erkennen. Deshalb geht meine Bitte dahin, diese Zwischenberichte in kürzeren Abschnitten vorzulegen und die Debatten rascher nach Vorlage des jeweiligen Berichtes zu führen. Meine Fraktion wird diese Bitte in den zuständigen Ausschüssen vortragen. Meine Damen und Herren, der Bericht der Bundesregierung ist umfassend und sorgfältig. Wir stellen fest, daß die zentrale Aussage des Berichtes ergibt, daß nach den Berichten der Reaktorsicherheitskommission und der Strahlenschutzkommission das Entsorgungszentrum grundsätzlich sicherheitstechnisch realisierbar ist. Dies unterstreichen wir, und dies ist ein wichtiger Schritt der notwendigen Entsorgungslösung in der Bundesrepublik. Es ist wohl unbestritten, daß eine Entsorgung in der Bundesrepublik unabweisbar ist, nachdem sich gezeigt hat, daß auch wohlgemeinte Vorschläge, die Entsorgungsproblematik auf die USA, auf Persien oder gar Grönland zu verlagern, unseren Sicherheitsbedingungen und Interessen eben nicht entsprechen können. Es be- steht Einvernehmen mit Niedersachsen, daß unmittelbar nach Billigung des Konzepts die Probebohrungen niedergebracht werden können. Ich begrüße hier ausdrücklich für meine Fraktion, daß Niedersachsen - Parlament und Regierung - den Bürgern zugesagt hat, daß auch ihre Überlegungen und Argumente dabei gehört werden. Ich meine - als praktischen Vorschlag -, daß die Hinzuziehung von Sachverständigen, die durch das Vertrauen von Bürgerinitiativen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach § 20 des Atomgesetzes entsandt werden, von uns empfohlen und unterstützt wird. Bürgermitwirkung in einer so entscheidenden und wichtigen Frage ist für uns keine leere Formel; aber das letzte Wort dabei muß das niedersächsische Parlament haben. Das von der Bundesregierung vorgelegte Konzept eines integrierten Entsorgungszentrums ist nach unserer Meinung die bisher optimale Lösung des Entsorgungsproblems, da das in sich geschlossene System die besten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Umweltschutz und Sicherheitsmaßnahmen bietet. Sie erleichtert auch die internationale Spaltstoffflußkontrolle. Aber wir verkennen nicht, daß es andere Lösungsmöglichkeiten gibt. Ich werde nachher noch im Rahmen der internationalen Beratung über dies Problem kurz darauf eingehen. Wir werden aber, auch nicht um der Möglichkeit eines zeitlichen Gewinns bis zur Erteilung der Genehmigung des Entsorgungskonzepts willen, bei der Prüfung und Durchführung des Gesamtkonzepts keine Abstriche im Hinblick auf die Sicherheit und ihre Nachprüfung machen. Herr Dr. Laufs, eines hat mich etwas erschreckt: Die Zahlung der exorbitanten Preise - Sie sehen, in diesem Punkt sind wir beide anscheinend erschrocken gewesen - für die Zwischenlagerlösung, die Sie hier beklagt haben, halten wir im Hinblick auf die größtmögliche Sicherheit bei der Prüfung des Gesamtkonzepts für notwendig. ({0}) - Herr Dr. Laufs, das ist unsere Meinung. Das ist eben der Unterschied bei dem gemeinsamen Weg, den wir gehen wollen, und dem gemeinsamen Ziel, daß wir hier nicht von vornherein an die ökonomischen Bedingungen anknüpfen, sondern daß wir Leben und Gesundheit auf jeden Fall voranstellen wollen. ({1}) - Wenn Sie eine solche Position mit den exorbitanten Preisen verteidigen, Herr Kollege Riesenhuber, dann müssen Sie sich schon gefallen lassen, daß wir daraus den entsprechenden Schluß ziehen. Sonst müssen Sie das anders formulieren; es tut mir leid.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Riesenhuber?

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte sehr.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege sind Sie mit mir der Ansicht, daß, wie Herr Kollege Laufs dargelegt hat, bei unterschiedlichen Konzepten für die Zwischenlagerung in Deutschland und in Frankreich die unterschiedlichen Kosten zwar als relevant zu betrachten sind, daß aber die Frage der Sicherheit einer Zwischenlagerung in keiner Weise zur Disposition steht? ({0})

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, aber entschuldigen Sie, wo ist denn die Frage? ({0}) - Das ergibt doch, Herr Kollege Riesenhuber, daß Sie hierbei auf eine Bewertung der materiellen Position abstellen, während wir grundsätzlich die Sicherheitsposition voranstellen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Gestatten Sie eine zweite Frage?

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich glaube, ich habe die Frage eindeutig beantwortet. Dann müssen Sie Ihre Position anders und klarer darlegen. ({0})

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind Sie mit mir der Ansicht, daß hier zwischen den ökonomischen Daten zweier alternativer Konzepte abgewogen wird, und zwar unter der eindeutigen Vorbedingung, daß keines von beiden auf Kosten der Sicherheit der Bürger gehen darf? ({0})

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bei dieser Unterstellung stimme ich Ihnen immer zu. Wenn Sie abwägen und danach zu dem Schluß kommen, daß Sicherheit immer den Vorrang hat, ({0}) dann werde ich dies sofort unterschreiben. Aber das muß Dr. Laufs dann auch deutlich machen. ({1}) - Genau. Am 17. März 1978 hat sich das Europäische Parlament für die Wiederaufbereitung von Kernbrennstoffen eingesetzt und die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Aufarbeitung verbrauchter Brennstoffe auch aus Gründen der Energieeinsparung und des Umweltschutzes zu betreiben. Ich meine, daß ist eine sehr positive Position, und wir werden sehen, wieweit auch andere Staaten, die noch keine Entsorgung vorgesehen haben, darauf reagieren werden. Sowohl auf dem Gebiet der Wiederaufbereitung als auch auf dem Gebiet der Endlagerung sind noch intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu leisten. Wir verkennen die Schwierigkeiten bei der Lösung der noch anstehenden Probleme nicht. In den vorangegangenen Reden ist das Notwendige dazu gesagt worden. In beiden Bereichen gibt es keine großtechnischen Erfahrungen, und das macht uns eben besonders besorgt. Die Rückhaltung der gasförmigen radioaktiven Spaltprodukte und die Probleme, die damit zusammenhängen, sind noch nicht gelöst. Ich meine, daß die Erprobung der ins Auge gefaßten Abgassysteme und die Berücksichtigung ihrer Wirksamkeit die technische Diskussion intensiv bestimmen werden. Darüber sind wir uns sicher einig. In diesem Zusammenhang ist auch der zu erwartende Anfall von Thorium beim Betrieb des Hochtemperaturreaktors zu berücksichtigen. Über die dazu nötige Wiederaufbereitungsanlage werden wir ebenso wie über das Entsorgungsproblem hier noch intensiver diskutieren müssen. Auf das Problem der Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen im Zusammenhang mit den in der Bundesrepublik geplanten Entsorgungsverfahren und der Position der USA hat der Bundeswirtschaftsminister heute in seiner Erklärung bereits hingewiesen. Es wird aber unsere Aufgabe sein, im Rahmen des Forums des internationalen Programms zur Bewertung des Brennstoffkreislaufs, das unter dem Namen „INFCE" läuft, zum einen das deutsche Entsorgungskonzept einzubringen, zum anderen aber Überlegungen und Vorstellungen der anderen Staaten im Rahmen ihrer Brennstoffkreisläufe eingehend zu prüfen. Der Austausch muß hierbei in beiden Richtungen völlig offen und vorurteilsfrei geführt werden. ({2}) Wir erwarten von der Arbeitsgruppe IV, die sich mit den Fragen der Wiederaufbereitung, der Plutoniumverarbeitung und des Recyclings beschäftigt, entsprechende Ergebnisse, die das Risiko der Weiterverbreitung von Kernwaffen auf der technischen Seite weiter verringern. Das politische Risiko der Proliferation wird allerdings nicht allein mit technischen Mitteln zu begrenzen sein. ({3}) Die Brennstoffkreislaufindustrie ist durch einen hohen Grad internationaler Abhängigkeit gekennzeichnet. Diese Abhängigkeit macht nationale Alleingänge unmöglich. Der Wirtschaftsminister hat hierzu auch dargelegt, daß wir den Abschluß langjähriger Verträge mit den USA und mit den anderen Lieferanten anstreben. Die Zeitspanne bis zur Inbetriebnahme der deutschen Wiederaufbereitungsanlage, die Ende der 80er Jahre zur Verfügung stehen soll, soll und wird mit der französischen Entsorgungsfirma COGEMA überbrückt werden. Die Prognose für die Arbeitsfähigkeit dieser Anlage sehen wir grundsätzlich positiv. Aber wir begrüßen sehr, daß wir die Vertragswerke in dem Ausschuß eingehend prüfen können, um die Schwierigkeiten, die hier und da angedeutet sind, in der parlamentarischen Diskussion zu wägen, um möglicherweise auch die eine oder andere Hilfestellung dabei geben zu können. Ich komme nun zu einem Problem, daß auch Herr Dr. Laufs angesprochen hat, bei dem ich sicherlich nicht den Atomstaat vor der Tür sehe, bei dem ich aber ausgesprochen sensibilisiert bin, wenn ein privater Objektschutz durch organisierte Handhabung von Jedermannsrecht hier an die Stelle der staatlichen Organe tritt. Ich meine damit, daß wir das Problem sicher nicht allein auf eine ganz grobe Formel bringen können: hier privater Objektschutz und dort die Gefahr des Atomstaates. Aber es stört mich außerordentlich, daß wir hier in einem Umfang - wir werden den Umfang der Bewachung und des Schutzes vergrößern müssen - private Sicherheitskräfte einsetzen, die in der Bewaffnung und in ihren Rechten sich zwar eben nur auf die Jedermannsrechte begrenzen können, aber deren Einsatz organisiert und tatsächlich und dauerhaft sein wird. Ich meine, wir werden hier im Rahmen der Innenministerkonferenz noch das eine oder andere dazu an Vorschlägen hören müssen. Ich jedenfalls setze mich nachdrücklich dafür ein, lieber die Polizeien der Länder zu verstärken, um auf diesem Gebiet eine ordnungsgemäße staatliche Schutzposition zu haben. ({4}) Wolfgramm ({5}) Es gibt sicher auch Probleme bei Fragen, die rein organisatorischer Art sind. Wir werden eine Fülle von Entsorgungsmaterial auf dem Schienenweg haben. Die Vorstellung, daß die Druckbehälterfestigkeit einen Aufprall von 70 km/h nicht erträgt, ist dabei nicht gerade ganz beruhigend. Auch die Organisation der Schienentransporte wird sicher sehr sorgfältig sein müssen. Wir werden bei den nachbarschaftlichen Verträgen - das habe ich schon in dem letzten Beitrag zu diesem Problem gesagt - unsere Bemühungen intensivieren müssen, nicht nur Informationen über die Freisetzung von radioaktiven Stoffen gegenseitig auszutauschen, sondern auch gegenseitige Hilfe zu haben. Diesen Vertrag haben wir bisher erst mit Luxemburg. Ein Vertrag mit den Niederlanden ist in Aussicht. Die Schweiz und Frankreich haben sich hier zu einer Information bereit erklärt. Wir werden auch den Osten intensiv befragen müssen, wieweit er dazu bereit ist - die DDR, die Tschechoslowakei -, sich an solchen Abkommen zu beteiligen. Ich möchte an dieser Stelle auf eine Anmerkung von Herrn Dr. Narjes heute morgen eingehen, der dem Bundesinnenminister den Vorwurf des Staues von Investitionen gemacht hat. Es geht nicht an, hier in einer solch gezielten Polemik die Position des Innenministers angreifen zu wollen. Der Innenminister hat recht gehandelt. Als umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion möchte ich ausdrücklich und nachdrücklich bestätigen, daß es richtig ist, daß er das Urteil von Voerde und das Sachverständigenhearing in Berlin sorgfältig auswertet. Ich bin erstaunt, daß der Kollege Breidbach bereits heute einen Gesetzesentwurf der Opposition angekündigt hat. Ich nehme an, daß er die Unterlagen sehr schnell und sehr rasch gelesen hat, aber vielleicht eben nicht sorgfältig genug, denn er hat im Grunde den Vorwurf von Dr. Narjes wiederholt. Ich meine, es dient weder dem Umweltschutz noch der Wirtschaft, wenn wir in einer so schwerwiegenden Frage wie bei der Novellierung des Bundesemissionsschutzgesetzes und der Frage der TA Luft, Verrechtlichung oder Vermutungsklausel, wenn wenn wir hier die zuständigen und sachkundigen Urteile - - ({6}) - Entschuldigung, Herr Kollege Narjes, Sie wissen genausogut wie ich, daß die schriftliche Begründung des Urteils erst in der vergangenen Woche vorgelegt worden ist. ({7}) - Dann haben Sie das Urteil nicht gelesen, denn das Urteil bezieht sich ausdrücklich auf die Argumentation der Umweltschützer. ({8}) - Sie sollten das Urteil lesen. Ich glaube, das ist sehr nützlich. ({9}) Sie sollten auch das Hearing der Sachverständigen lesen. Das Protokoll ist zwar drei Kilo schwer; aber ich glaube, es ist ganz nützlich. ({10}) - Sicher, aber das Urteil und das Hearing müssen in die Entwicklung einbezogen werden. ({11}): Aber es hätte vor Jahren schon gehandelt werden können! Dann hätte es kein Voerde-Urteil gegeben!) - Das müssen Sie dann mit den Klägern und den Richtern ausmachen, aber nicht mit dem Bundesinnenminister. ({12}): Natürlich, wer ist denn Herr des Verfahrens?) Ich fasse zusammen. Die FDP-Fraktion hat dazu fünf Forderungen. Wir fordern die regelmäßige Vorlage von Zwischenberichten, damit die Kontrolle des Parlaments gewährleistet ist und damit auf einem aktuellen technischen Stand diskutiert und auch reagiert Werden kann. Information ist wichtig für das Parlament, aber wir wollen natürlich letztlich auch im Verfahren Herr der Lage bleiben. Wir wollen die Veröffentlichung der Berichte, sowohl der TÜV-Berichte als auch der Gutachten. Ich meine, daß auch Katastrophenschutzpläne öffentlich sein sollten und daß eine Beteiligung der Bevölkerung bei Übungen vorgesehen werden soll: Ich glaube nicht, daß die Gefahr des Mißbrauchs, die hierbei befürchtet wird, so groß gesehen werden muß. Auf der anderen Seite würde eine tatsächliche Übung einmal zeigen, welche Gefahren, welche Schwierigkeiten in der Organisation ausgeräumt werden müssen, um einen solchen von niemandem erhofften, aber der Wahrscheinlichkeit nach denkbaren Fall auch organisatorisch richtig zu bewältigen. Wir wollen die Ausdehnung und den Abschluß von internationalen Verträgen über die Information und die gegenseitige Hilfe in Katastrophenfällen. Wir wollen die Regelung der Verbandsbeteiligung in der S. Atomnovelle, um die Bürgermitwirkung in diesem Bereich sicherzustellen. Kernenergie ist - und ich bin sehr erfreut darüber, meine Damen und Herren - keine Angelegenheit für Spezialisten mehr. Informationen - pro und kontra - finden nicht nur in der entsprechenden Fernsehsendung statt, sondern landauf, landab in Presse, Broschüren, Diskussionen und Veranstaltungen, Informationen und Zwischenberichte werden uns in den Stand setzen, die Diskussion offen zu führen und die weitere Entwicklung parlamentarisch zu behandeln und darüber zu beschließen. Herr Dr. Laufs, es gibt wirklich ernst zu nehmende Kernkraftgegner. Wir sollten diese Pauschalierungen, daß sich zumeist Gegner in die Diskussion einschalten, die wir nicht ernst nehmen sollten, doch nicht so leichtfertig vornehmen. Ich nehme z. B. den Kollegen Gruhl, dessen Meinung ich in einer Anzahl von Fällen in dieser Schärfe nicht teile, außerordentlich ernst. Wolfgramm ({13}) Ich meine auch, Herr Dr. Laufs, daß eine störungsfreie Technik wohl niemals zu erwarten ist. Aber es geht darum, einen höchstmöglichen Grad zu erreichender Sicherheit zu bekommen. Das ist die Position. Darüber gehen unsere Meinungen scheinbar - auch in der Zeitposition - auseinander. ({14}) Ich freue mich über Ihre Zustimmung. Dann werden Sie also immer Sicherheit vor Zeit und Sicherheit vor Ökonomie stellen. Aber über eines müssen wir uns klar sein: Es liegt in der Verantwortung eines jeden einzelnen von uns, in welchem Maße der Energieverbrauch und damit auch der Kernenergieeinsatz, der den Rest abdecken soll, in der Bundesrepublik steigt. Wir sind alle aufgerufen, unser Konsumverhalten danach einzurichten. Die Freien Demokraten werden auch in Zukunft sorgfältig und kritisch die weitere Entwicklung im Kernenergiebereich prüfen. Wir werden dabei nicht zulassen, daß die zu fordernde Sicherheit zugunsten einer Beschleunigung der Realisierung der neuen Technik vernachlässigt wird. ({15})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Hubrig.

Dr. Hans Hubrig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000970, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Als niedersächsischer Abgeordneter möchte ich meine Rede mit einem Dank an Sie beginnen, Herr Bundesinnenminister Maihofer, für die ausdrückliche Anerkennung der kooperativen Haltung der niedersächsischen Landesregierung. ({0}) Um so mehr bedaure ich, daß ich noch einmal auf die Rede des Bundesforschungsministers Hauff am heutigen Tage zurückkommen muß. ({1}) Wenn ich ihn auch nicht mehr sehe - ich sehe aber den Herrn Staatssekretär hier noch sitzen -, so möchte ich doch meine Rede als persönliche Anrede verstanden wissen; denn, Herr Minister Hauff, wir alle waren auf Ihre erste Rede als Bundesminister in diesem Hohen Hause sehr gespannt. Wir erwarten eine ausgezeichnete Rede ({2}) mit Sachverstand und Klarheit der politischen Aussage, eine staatsmännische Rede. Ihre Rede war zwar ausgezeichnet, aber sie zeichnete sich leider durch einen ausgesprochen schlechten Stil aus. ({3}) Besonders peinlich hat es uns berührt, daß Sie sich diese Rüpeleien und Unterstellungen auch noch haben aufschreiben lassen. ({4}) Wider 'besseres Wissen sprechen Sie vom Wankelmut des niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht in der Entsorgungsfrage. ({5}) - Herr Steger, von Ihnen habe ich nichts anderes erwartet, wenn Sie das gesagt haben sollten. Sie haben in einer disqualifizierenden Bemerkung gesagt, der niedersächsische Ministerpräsident sei so ein Deichgraf da aus dem hohen Norden. Ich muß dem Herrn Minister mildernde Umstände zubilligen; denn er kennt sich in der niedersächsischen Geschichte nicht aus. Ein Deichgraf war in der Geschichte dieses Landes immer eine hervorragende Persönlichkeit. ({6}) Ich frage nach dem Beweis für die Behauptung, der niedersächsische Ministerpräsident habe in der Entsorgungsfrage Wankelmut gezeigt. Wir haben mehrfach versucht, diesen Beweis durch Zwischenfragen hier zu bekommen. Was war die Antwort? Eine Politik der Unterstellungen. Ich frage mich: Wem soll eine solche Politik dienen, wem eigentlich, meine Damen und Herren? ({7}) Das ist der gleiche Stil, den der Herr Bundesforschungsminister auf einer Wahlveranstaltung in Bodenwerder in Niedersachsen gepflogen hat. Dort hat er den niedersächsischen Ministerpräsidenten einen „Umfaller" oder „Opportunisten" genannt. ({8}) - Herr Steger, dieser Beifall disqualifiziert Sie. Von mir aus bekämen Sie jetzt sofort die rote Karte, damit Sie Bescheid wissen. ({9}) - Ja, Entschuldigung, darauf bin ich auch ganz ,stolz, Herr Steger. ({10}) Beides mußte der Herr Forschungsminister auf Vorhaltung eines Rentners zurücknehmen. Sie unterstellen Dr. Albrecht ferner, Herr Bundesforschungsminister, daß er bereit sei, Standorte für Kohlekraftwerke in Niedersachsen auszuweisen. ({11}) Ist Ihnen nicht in Erinnerung, daß Dr. Albrecht mit allem Nachdruck für den Bau von Kohlekraftwerken in Niedersachsen eingetreten ist? In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, daß er anläßlich seiner Polenreise auch versucht hat, mit den Polen über langfristige Importverträge für Kohle Verhandlungen zu führen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Steger? 6812 Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode -,86. Sitzung: Bonn, Donnerstag, den 20. April 1978

Dr. Hans Hubrig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000970, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, gerne.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Hubrig, ist Ihnen bekannt, daß der Ministerpräsident Albrecht in der Energiedebatte des Niedersächsischen Landtages, die vor genau fünf Wochen stattfand, namens der niedersächsischen Landesregierung erklärt hat, daß in Niedersachsen vier weitere Kernkraftwerke für den Grundlastbereich gebraucht würden und darüber hinaus vorläufig kein weiterer Kapazitätsaufbau im Bereich der Elektrizitätserzeugung geplant sei - so vor fünf Wochen eine Regierungserklärung des niedersächsischen Ministerpräsidenten?

Dr. Hans Hubrig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000970, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr .Steger, das ist doch kein Widerspruch zu meiner Behauptung. Ich darf Ihnen. dazu sagen: nein. Herr Dr. Albrecht hat gesagt: es sind in Planung oder in Vorbereitung vier weitere Kernkraftwerke für den Grundlastbereich in Niedersachsen. Außerdem entscheidet er das nicht, das wissen Sie ganz genau, sondern die elektrischen Versorgungsunternehmen. Zweitens. Er hat weiter gesagt: er ist sofort für den Bau von Kohlekraftwerken für den Mittellastbereich in Niedersachsen, wenn gesichert ist, daß die Kohle dort frei Standort nicht teurer ist als in ruhrgebietsnahen Standorten. Das ist ein weiterer Beweis für meine These.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Steger.

Dr. Hans Hubrig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000970, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn es auf meine Zeit nicht angerechnet wird, bin ich gern einverstanden.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Hubrig, ist Ihnen bekannt, daß das Verstromungsgesetz sowohl für die Heizölmenge wie für die Optionsmenge einen vollen Frachtkostenausgleich vorsieht, so daß die Energieeinstandspreise innerhalb des Bundesgebietes nicht differieren können?

Dr. Hans Hubrig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000970, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Steger, ich bin, offen gesagt, jetzt in der Sache nicht so ganz sicher, um Ihnen eine klare Antwort zu geben. Nach meiner Auffassung hätte Dr. Albrecht die Forderung nicht gestellt, wenn da nicht noch ein Dissens wäre. ({0}) - Das stimmt nicht, Herr Steger, meiner Meinung nach. ({1}) - Darf ich fortfahren, Frau Präsidentin? Die ganze Doppelzüngigkeit der Politik der SPD in Sachen Entsorgungszentrum wird in den Fragen der Sicherheit für die Bevölkerung sichtbar. Sie halten hier eine Rede als SPD-Politiker, Herr Bundesforschungsminister, mit der deutlichen Verbeugung, wie ich meine, vor den Linken in Ihrer Partei und fordern gleichzeitig die niedersächsische Landesregierung auf, in Sachen Entsorgung voranzumachen. Nach Ihrer Auffassung kann es gar nicht schnell genug gehen. Im gleichen Atemzug unterstellt die SPD in Niedersachsen der CDU/FDP-Landesregierung, sie vernachlässige das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung. Das kann doch nur bedeuten, die niedersächsische Landesregierung prüfe nicht sorgfältig genug. Was ist denn nun richtig? Im übrigen begrüßt der Bundeskanzler in einem Schreiben an Dr. Albrecht ausdrücklich die Haltung der niedersächsischen Landesregierung, nach der die Sicherheitsbedürfnisse der Menschen am Standort und im Lande absoluten Vorrang haben müssen. Das nennen Sie eine ehrliche und geradlinige Politik, Herr Bundesforschungsminister. Ein kurzes Wort noch zur Vorgeschichte von Gorleben. Nach langem Zögern der Bundesregierung, die notwendigen Schritte zur Entsorgung der Kernkraftwerke in die Wege zu leiten, wurden die ersten Schritte im November 1976 vollzogen. Am 11. November 1976 kamen drei Bundesminister der SPD/ FDP-Bundesregierung nach Hannover und forderten eine Entscheidung der Landesregierung über einen Standort für ein Entsorgungszentrum in Niedersachsen. Der zu dieser Zeit noch amtierende Wohnungsbauminister Ravens erklärte dazu im Dezember 1976, Niedersachsen müsse diese nationale Aufgabe übernehmen. Am 22. Februar 1977 benannte die niedersächsische Landesregierung Gorleben als vorläufigen Standort für das Entsorgungszentrum. Die Bundesregierung ließ sich viel Zeit. Erst am 6. Juli 1977 erklärte sie sich mit dieser Standortbenennung einverstanden. Sie beauftragte die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, die dem Wirtschaftsministerium untersteht, das Planfeststellungsverfahren einzuleiten. Am 13. November 1977 verabschiedete die Bundesregierung den Entsorgungsbericht. Diesen Entsorgungsbericht hatte die CDU/CSU-Fraktion im Forschungsausschuß im Bundestag initiiert. Wir können die darin zum Ausdruck gebrachten Zielvorstellungen nur unterstützen. Ich möchte hier noch einmal mit allem Nachdruck feststellen: die niedersächsische Landesregierung hatalle Voraussetzungen geschaffen, damit eine sorgfältige und zügige Bearbeitung der Genehmigungsanträge für den Standort Gorleben erfolgt. Auf Antrag der niedersächsischen Landesregierung hat der niedersächsische Landtag einstimmig, also auch mit den Stimmen der SPD-Fraktion, die notwendigen Stellen im niedersächsischen Sozialministerium genehmigt. Im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung - ich möchte das auf Grund bestimmter Vorhaltungen hier während des ganzen Tages noch einmal betonen - hat die niedersächsische Landesregierung in jüngster Zeit Gutachten an namhafte Wissenschaftler vergeben, die dem Entsorgungskonzept kritisch gegenüberstehen. Herr Schäfer, ich möchte noch einmal auf die Frage der Bohrungen zurückkommen, die Sie hier in den Vordergrund gestellt haben. Ich halte diese Forderung nach Bohrungen heute und hier für eine wahltaktische Forderung oder zumindest für eine vordergründige Forderung. Jeder, der sich inzwiDr. Hubrig schen mit der Materie befaßt hat, weiß, daß die Bohrungen inzwischen, was die Zeit und den Aufwand angeht, eine solche Dimension erreicht haben, daß mit dem Beginn heute und hier überhaupt nichts erreicht ist. Übrigens hat der Herr Bundesinnenminister ganz klar gesagt, nach Konzeptprüfung würde man dort vor Ort sehr schnell mit den Bohrungen beginnen. ({2}) Ich halte diese Vorhaltungen, mit den Bohrungen zu beginnen, für ein ganz durchsichtiges Manöver. ({3}) Nach Ansicht der CDU/CSU und nach den Erklärungen der Bundesregierung sollte - das möchte ich hier auch für uns einmal betonen - das nationale Entsorgungszentrum Gorleben aus dem Parteienstreit herausgehalten werden. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, auf die niedersächsische SPD hinzuwirken, damit sie ihren Anteil an der gemeinsamen Verantwortung von Bund und Niedersachsen beim Bau des Entsorgungszentrums in Gorleben übernimmt. Es sollte nach unserer Meinung Schluß sein mit dem unwürdigen SchwarzerPeter-Spiel zwischen Bundesregierung, Landesregierung und den sie tragenden Parteien. ({4})) Im Interesse der Sicherung einer langfristigen Energieversorgung fordern wir die Bundesregierung auf, folgende Maßnahmen zu treffen: Erstens. Die Bundesregierurg muß auch demonstrativ in Gorleben und Umgebung präsent sein, und zwar, wie ich meine, auch durch die Minister. Ich habe Herrn Bundesminister Hauff aufgefordert, nach Gorleben zu kommen. Er hat postwendend gesagt, er käme nach Gorleben. Seit gestern liegen zwei Terminvorschläge von Dr. Albrecht auf dem Tisch. Ich hoffe, daß sich die beiden Herren noch vor der Wahl, wie von Herrn Bundesminister Hauff angekündigt, in Gorleben treffen können, um zu dokumentieren, daß sie gemeinsam die Verantwortung tragen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stahl?

Dr. Hans Hubrig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000970, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, dazu habe ich jetzt keine Zeit mehr, denn ich habe höchstens noch zwei oder drei Minuten Redezeit. Ich möchte im übrigen darum bitten, daß Sie, Herr Bundesinnenminister, nach Gorleben kommen, falls Herr Hauff sich außerstande sieht oder, wie ich mehr meine, nicht gern nach Gorleben kommt, um die gemeinsame Verantwortung vor Ort zu demonstrieren. Zweitens. Es ist notwendig, daß die Bundesregierung im Rahmen der vom Deutschen Bundestag bereitgestellten Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Kernenergie diese auch in Niedersachsen verstärkt nutzt. Sie wird aufgefordert, unverzüglich alle Maßnahmen zu ergreifen, um eine umfassende Information der Bevölkerung in Gorleben zu gewährleisten. Drittens. Die nordrhein-westfälische Landesregierung wird aufgefordert, entsprechend ihrer Zusagen für eine baldige Genehmigung des Brennelementezwischenlagers in Ahaus einzutreten. Viertens. Alle staatlichen Instanzen sind aufgefordert, das Genehmigungsverfahren für Gorleben mit größter Dringlichkeit zu behandeln. Dies ist nicht nur eine Aufgabe des Landes Niedersachsen, sondern es bedarf hier der Rückendeckung der niedersächsischen Landesregierung durch die Bundesregierung. Diese Rückendeckung haben wir manchmal vermißt, und wir hoffen, daß sie nun in Zukunft erfolgt. Lassen Sie mich zum Abschluß noch folgendes feststellen: Gerade die Kernenergie verlangt wegen ihrer langfristigen Auswirkungen eine gemeinsame Verantwortung aller politischen Entscheidungsträger. Die CDU/CSU hat immer wieder gezeigt, daß sie ihren Beitrag leistet. Das wird sie auch in Zukunft tun. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schröder ({0}). ({1})

Dr. h. c. Horst Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002080, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem den ganzen Tag bis zum letzten Diskussionsbeitrag hier über die energiepolitischen Notwendigkeiten gesprochen wurde, gestatten Sie mir als Vertreter der Bevölkerung, die direkt unmittelbar von dem geplanten Entsorgungszentrum Gorleben betroffen ist, drei Bemerkungen zu machen! ({0}) - Nein, Herr Kollege, in der Gegend sind es weit über 60 %. Sie werden mir kaum die Legitimation absprechen können, dafür zu sprechen. ({1}) Erstens. Die Bevölkerung in Lüchow-Dannenberg erwartet von dieser Bundesregierung, nachdem sie im Juli vergangenen Jahres eindeutig Gorleben als voraussichtlichen Standort für das Entsorgungszentrum sanktioniert hat, daß endlich einmal eine sachkundige und umfassende Informationspolitik dort vor Ort geleistet wird. ({2}) Ich muß sehr bedauern, daß entsprechende Beschlüsse des Kreistages von Lüchow-Dannenberg vom März und vom August vergangenen Jahres, daß ein Schreiben der Kreisverwaltung vom August vergangenen Jahres an den zuständigen Bundesminister bis zum heutigen Tage nicht beantwortet worden sind und alle hehren Ankündigungen, die noch in der letzten Woche in der Beantwortung parlamentarischer Anfragen von Kollegen meiner Fraktion durch den Bundesforschungsminister erfolgt sind, bis zum heutigen Tage nicht realisiert worden sind. Bis zum heutigen Tage steht die Bevölkerung Schröder ({3}) vor Ort ohne jede offizielle Information durch diese Bundesregierung da. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Steger?

Dr. h. c. Horst Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002080, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aber natürlich.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Schröder, abgesehen davon, daß Ihre Kollegen die Anfragen zurückgezogen haben: Da die niedersächsische Landesregierung ja sehr auf Kompetenzen achtet, hat der Bundesforschungsminister dem Herrn Albrecht schriftlich angeboten, ({0}) - Ich frage. Entschuldigung, Herr Riesenhuber, ich gebe zu, Sie sind in Grammatik besser. Ist Ihnen bekannt, Herr Kollege Schröder, daß der niedersächsische Ministerpräsident das Angebot des Bundesforschungsministers, eine gemeinsame, durch das BMFT finanzierte Informations- und Kontaktstelle einzurichten, bis heute noch nicht beantwortet hat, und ist Ihnen bekannt, daß das der ordnungsgemäße Dienstweg ist, nachdem das Land Bayern ({1}) - ob ihm das bekannt ist; das ist korrekt - die Bundesregierung vor dem Verfassungsgericht verklagt hat, weil der Bund nicht direkt mit den Kreisen und Gemeinden verkehren darf?

Dr. h. c. Horst Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002080, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Mir ist erstens bekannt, daß die niedersächsische Landesregierung die Bemühungen der kommunalpolitischen Vertretungskörperschaften von Lüchow-Dannenberg und von Gorleben sehr nachhaltig unterstützt hat und genauso wie diese wiederholte Male an die zuständigen Minister herangetreten ist, damit dort endlich vor Ort eine entsprechende Informationspolitik betrieben wird. Mir ist zweitens bekannt, verehrter Herr Kollege, daß gerade dieses Ministerium Unsummen für eine sogenannte Informationspolitik zu diesem Themenkomplex ausgibt, aber sich ausgerechnet dort, wo die Bevölkerung diese Information haben will, wo die Bevölkerung auf diese Information angewiesen ist, dieser Informationspolitik versagt. ({0}) Zweiter Punkt: Die Bevölkerung des Gebietes, wo das Entsorgungszentrum geplant ist, möchte auch ein Zweites. Sie haben in diesen Tagen alle das gelesen - ich hoffe, mit Erschütterung gelesen -, was der niedersächsische Verfassungsbericht festgestellt hat. Ich kann Ihnen dazu nur sagen, daß die Bevölkerung in diesem Landkreis auf das äußerste verunsichert ist. Lassen Sie mich einmal ganz offen sagen: Sie werden wohl kaum irgendwo in einem Landstrich der Bundesrepublik Deutschland eine Bevölkerung antreffen, die in einem so hohen Maße und mit einer so großen Mehrheit bereit war, dieses nationale Opfer der Errichtung des Entsorgungszentrums dort vor Ort auf sich zu nehmen. ({1}) Die Bevölkerung wird jedoch in einer systematischen Art und Weise verunsichert. Es besteht die Gefahr, daß die Bereitwilligkeit und Bereitschaft der Bevölkerung verlorengehen, das Entsorgungszentrum zu akzeptieren, wenn nicht von beiden, von Bund und Land gleichermaßen, prophylaktisch die notwendigen und erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer?

Dr. h. c. Horst Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002080, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Hans Matthöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001439, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kollege Schröder, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen bzw. sich zu erkundigen, daß in der Tat der Brief des Forschungsministers vom Januar dieses Jahres, wo eine solche Zusammenarbeit mit beträchtlichen Beträgen angeboten worden ist, von der niedersächsischen Landesregierung bis heute nicht beantwortet worden ist? ({0})

Dr. h. c. Horst Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002080, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich nehme an, Herr Minister Matthöfer, Sie kommen noch einmal auf das Thema Informationspolitik zurück. Ich kann hier nur erklären: Uns als oppositionelle Bundespolitiker obliegt es, festzustellen, daß Sie zwar Ihre gute Absicht bekundet haben, daß Sie mir in vielen Briefen - es gibt ja zwischen uns beiden speziell zu diesem Thema verschiedene Briefe - immer wieder Ihre Bereitschaft erklärt haben, etwas für die Information zu tun, daß Sie mir in einem Schreiben sogar persönlich angeboten haben, vor Ort einmal zu erscheinen, daß es aber leider - ich muß es noch einmal sagen - bei diesen Absichtserklärungen geblieben und in der Praxis nichts geschehen ist. Das ist genau das, was ich kritisiere. Nun lassen Sie mich, verehrter Herr Kollege, noch einen letzten und dritten Punkt ansprechen, der die Bevölkerung in Lüchow-Dannenberg am nachhaltigsten verunsichert. Mein Kollege Hubrig hat das soeben schon in der ihm eigenen vornehmen diploma- tischen Art angesprochen. Ich will etwas deutlicher und drastischer werden, obwohl auch das noch vorsichtig ausgedrückt ist: Das ist jene geradezu unglaubwürdige Zickzackpolitik, die Sie uns in dieser Frage zumuten. Ich will gar nicht auf die Rede von Herrn Hauff von heute morgen zurückgehen, der ja auch wieder versuchte, die niedersächsische Landesregierung als den großen Bremser bei der Errichtung des Entsorgungszentrums Gorleben und damit ja im Grunde genommen als den großen Bremser bei der ganzen Schröder ({0}) Entwicklung im Einsatz der Kernenergie hinzustellen. Nein, ich will einmal auf jene Doppelstrategie etwas direkter eingehen, die von Ihrer Partei dort vor Ort getrieben wird. Ich habe hier einen Auszug von Ihrem Bundesparteitag im November vergangenen Jahres, und ich darf mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren, was dort der Herr Ministerpräsident Kühn namens des Parteivorstandes der SPD erklärt hat. Er hat wörtlich gesagt: Da steht neben dem Lauthals und Propagandisten aus Kiel der stille Saboteur aus Hannover. ({1}) Während Stoltenberg polemisch eifernd für die Kernkraft durch die Lande zieht, verweigert Albrecht unverdrossen die Entsorgungsanlage, - verweigert Albrecht unverdrossen die Entsorgungsanlage! die der wissenschaftlichen Einsicht nach nur in den Salzstöcken Niedersachsens liegen kann. Wenn ich mit Herrn Albrecht die Sprache des Reviers reden dürfte, - so Herr Kühn dann müßte ich sagen: Da muß Feuer gemacht werden unter das Arschleder von Herrn Albrecht, um das Entsorgungszentrum endlich voranzutreiben. ({2}) So wörtlich Herr Kühn. Ich könnte Ihnen nun Dutzende weiterer Erklärungen prominenter Sozialdemokraten außerhalb Niedersachsens verlesen; ich will darauf verzichten. Und nun kommen die Sozialdemokraten innerhalb Niedersachsens. Das fängt an mit meinem verehrten Gegenkandidaten aus dem Wahlkreis, meinem Bundestagskollegen Möhring, der wörtlich wiederholte Male erklärt: Beim jetzigen Stand der Dinge muß ich nein sagen zu Gorleben. Der sozialdemokratische Landtagskandidat aus einem Teil dieses Gebietes: gegen Entsorgungsanlage Gorleben. Der sozialdemokratische Landtagskandidat aus dem anderen Teil dieses Wahlkreises: „Wer nein zu Gorleben sagt, muß auch an die Zukunft unseres Kreises denken. Das heißt, ein verantwortlicher Politiker muß dafür Sorge tragen, daß Lüchow-Dannenberg auch ohne Gorleben lebensfähig bleibt." Und dann der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD aus dem niedersächsischen Landtag, der frühere Landwirtschaftsminister, Herr Bruns, der sich nicht scheute, zu erklären, der Landkreis Lüchow-Dannenberg - und ich zitiere ihn jetzt wörtlich - „sei deshalb als Standort ungeeignet, weil durch ihn die noch intakte Landschaft gründlich zerstört werden würde". An anderer Stelle. erklärte Herr Bruns wörtlich, daß er der Bundesregierung einen breiteren Rücken zum Neinsagen gegen Gorleben wünsche und noch einmal wieder an anderer Stelle - daß Gorleben unter keinen Umständen ein geeigneter Standort für die Atomindustrie ist. ({3}) Und was den Gipfel Ihrer Kampagne, Ihrer doppelzüngigen Kampagne in Lüchow-Dannenberg darstellt, ist die Aussage des gleichen Herrn Bruns vor wenigen Tagen erst in Lüchow-Dannenberg, wo er - und jetzt zitiere ich auch wieder einmal wörtlich, meine Damen und Herren - sagte, daß Herr Dr. Albrecht den Ausbau der Kernenergie nach rein unternehmerischen Grundsätzen forcieren möchte und die Risiken, also die Sicherheitsinteressen der Menschen, einem reinen Rentabilitätskalkül der Wirtschaft unterordne. ({4}) Das ist die Argumentation, mit der Sie die Bevölkerung in Lüchow-Dannenberg und in Gorleben verunsichern. Deshalb lassen Sie mich zum Schluß sagen: Wenn Sie wollen, daß noch ein Minimum an Konsens in dieser Frage hergestellt ist - w i r sind nicht bereit, Ihre Kastanien in dieser bundespolitischen Entscheidung dort aus dem Feuer zu holen -, aber wenn Sie wollen, daß wir uns daran beteiligen, dann beenden Sie bitte diese Doppelstrategie und stellen Sie sich loyal auf den Boden des Entsorgungsberichts dieser Bundesregierung; denn dann marschieren wir in einer Richtung! ({5})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Stahl.

Erwin Stahl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002212

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem die Herren Kollegen Hubrig, Schrader ({0}) und Laufs den Bundesforschungsminister hier, wie ich meine, in einer doch sehr ungebührlichen Art zitiert haben, möchte ich folgendes sagen: Ich finde, daß dieses ernste Thema langfristige Energieversorgung in unserem Lande nun wirklich im Zusammenhang mit dem Bau des Entsorgungszentrums in Gorleben nicht eine derartige Polemik berechtigt, wie Sie sie hier aufgezogen haben. Diese geht am Thema vorbei und stellt die vorhandenen Gemeinsamkeiten in Frage. ({1}) - Bitte lesen Sie doch einmal das Protokoll des Deutschen Bundestages bezüglich der Fragen des Herrn Hubrig und anderer Kollegen der CDU/CSU der letzten Woche nach. Hier hat die Bundesregierung eine unmißverständliche Antwort auf die Fra- L) gen gegeben, die Sie heute noch einmal in polemischer Form gestellt haben. Aber lassen Sie mich auch offen sagen, daß die Bundesregierung Herrn Albrecht im Januar einen Brief geschrieben hat, in dem wir darum gebeten haben, daß wir gemeinsam, Bund und Land, über das hinaus, was bisher geschehen ist, der Bevölkerung an Informationen zur Verfügung stellen wollen. Es wird Ihnen bekannt sein, verehrter Herr Schröder, daß in der nächsten Woche mit der Kommission Gorleben - so heißt sie wohl - mit Vertretern der Kommunalpolitik aus dem dortigen Raum und ides Bundesforschungsministeriums ein Seminar zur Information über die künftige Anlage Gorleben durchgeführt wird. Dies dürfte Ihnen doch bekannt sein. Weiterhin haben verschiedene Mitglieder der Bundesregierung unmißverständlich eine klare Stellungnahme zu diesem Themenkomplex abgegeben. Ich will Ihnen sagen, daß es mir eigentlich leid tut, daß Sie auf der einen Seite die Bundesregierung beschimpfen, sie solle mehr an Informationen für die Bürger unseres Landes leisten, daß Sie ihr aber auf der anderen Seite laufend vorhalten, sie würde z. B. mit diesen Informationen das Geld der Steuerzahler verschleudern. Verehrter Herr Schröder, wenn Sie hier den Wahlkampf in Niedersachsen ansprechen, dann bitte ich Sie, doch auch einmal Ihre eigenen Passagen in verschiedenen Bereichen, in denen Sie im Landtagswahlkampf tätig sind, zu zitieren. Dieses Parlament ist doch wohl nicht dazu da, Wort und Gegenwort aus dem Wahlkampf hier in dieser Debatte gegeneinander aufzurechnen. ({2}) Wenn Sie hier davon sprechen, daß Gorleben ein nationales Opfer sei, verehrter Herr Schröder, das dort gebracht wird, dann ist das, glaube ich, mehr als hochgestochen; denn ich gehe doch davon aus - und darüber besteht in diesem Hause Einigkeit -, daß die Bundesrepublik Deutschland langfristig mit Energie versorgt werden muß und daß dieses Projekt ein notwendiges ist, das uns zwar eine finanzielle Belastung auferlegt, das aber doch, so hoffe ich, für die Bevölkerung dieses Landes insgesamt kein nationales Opfer sein kann. Lassen Sie mich noch auf folgendes hinweisen. Der Bundesminister hat unmißverständlich erklärt, daß er zu gegebener Zeit auch nach Lüchow oder Dannenberg gehen wird und sich dort zur Diskussion stellen wird. Der Kollege Hubrig hat der Presse einen offenen Brief an Herrn Minister Hauff zur Verfügung gestellt. Es ist eigentlich fast schizophren, wenn Sie, Herr Hubrig - oder Sie, Herr Laufs, oder Sie, Herr Schröder ({3}) -, der Sie die Gegenäußerung des Bundesministers gelesen haben, hier behaupten, er - Hauff - wolle sich drücken.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Steger?

Erwin Stahl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002212

Bitte schön, Herr Dr. Steger.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär können Sie folgende Information bestätigen: daß, nachdem es zwei Anzeigen des niedersächsischen Ministerpräsidenten zu Gorleben mit wenig Information, aber großen Bildern gegeben hat, das BMFT dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Informationsanzeigen angeboten hat - vom BMFT zu bezahlen - und vom niedersächsischen Ministerpräsidenten daraufhin mitgeteilt wurde, die Anzeigen seien okay, aber „zum Erscheinungstermin wäre noch zu sagen, daß diese Anzeigen aus naheliegenden Gründen in die Zeit nach dem 4. Juni gelegt werden sollten"?

Erwin Stahl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002212

Dies kann ich in etwa bestätigen, Herr Kollege.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hubrig?

Dr. Hans Hubrig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000970, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich darf Sie fragen, ob es nicht verwunderlich ist, daß Herr Steger aus einem Brief zitiert. Das soll aber nicht als Hauptfrage gelten. Ich bitte um Entschuldigung. Können Sie mir bestätigen, Herr Staatssekretär, daß die Bundesregierung und speziell das BMFT bereits vor langer Zeit - etwa vor einem Jahr - zur Information der Bevölkerung eine Broschüre speziell für den Entsorgungsstandort Gorleben angekündigt hat und diese Broschüre bis zum heutigen Tage nicht erschienen ist?

Erwin Stahl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002212

Dies kann ich nicht ausschließen. Aber ich darf nochmal auf das zurückkommen, was die Bundesregierung in der letzten Woche gerade Ihnen geantwortet hat, daß wir auf den Brief, den wir an Herrn Albrecht im Januar geschrieben haben, eine Antwort erwarten, damit dann gemeinsam Bundesregierung und Landesregierung von Niedersachsen sich dieses Komplexes der gemeinsamen Information annehmen. Herr Hubrig, es wäre vielleicht gut, da Sie ja dort in der Gegend wohnen, daß Sie dies Herrn Albrecht einmal mitteilen, damit er diesen Brief beantwortet. Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich sagen, daß die Bundesregierung in Sachen Energiepolitik und auch in Sachen Entsorgungszentren keinen Zickzackkurs fährt, wie dies Herr Schröder hier dargestellt hat, sondern daß der Bundesinnenminister heute vor dem Deutschen Bundestag unmißverständlich die Position der Bundesregierung dargestellt hat. Dies steht ja übrigens auch in der Vorlage zur Fortschreibung des Energieprogramms. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wird das Wort noch gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Aussprache. Der Ältestenrat empfiehlt, wie aus der Tagesordnung ersichtlich, Überweisung. Ich bitte um ZustimVizepräsident Frau Funcke mung zu den Überweisungsvorschlägen. - Gegenprobe! - Enthaltung? - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes - Drucksache 8/1440 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({0}) - Drucksache 8/1645 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Erler ({1}) Wünscht die Frau Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall. Dann rufe ich zur Abstimmung in zweiter Lesung Art. 1, 2, 3, 4, Einleitung und Überschrift, auf. Wer in der zweiten Beratung die Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer in dritter Beratung dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig so angenommen. Ich rufe nun Punkt 9 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 1. März 1977 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland, der Regierung der Französischen Republik und der Regierung des Spanischen Staates über die Erstreckung einiger Vorschriften über die soziale Sicherheit - Drucksache 8/1533 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({2}) - Drucksache 8/1637 Berichterstatter: Abgeordneter Cronenberg ({3}) Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Aussprache wird ebenfalls nicht gewünscht. Wir verbinden die Abstimmung in zweiter Beratung mit der Schlußabstimmung. Wer in der Schluß-abstimmung dem Gesetz insgesamt seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe nun Punkt 10 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - Drucksache 8/1679 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß ({4}) Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen Das Wort zur Begründung hat Herr Bundesminister Matthöfer.

Hans Matthöfer (Minister:in)

Politiker ID: 11001439

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Novelle zum Kraftfahrzeugsteuergesetz, die Ihnen zur parlamentarischen Beratung vorliegt, handelt es sich selbstverständlich nicht um eine umfassende Reform der Kraftfahrzeugsteuer, sondern bestenfalls um einen ersten Reformschritt, wenn man so will. Durch die Änderungen, die die Bundesregierung vorschlägt, sollen für einige wesentliche Bereiche Vereinfachungen und Verbesserungen im Rahmen ides geltenden Steuerbescheidverfahrens getroffen werden. Kernstück der heute zur Debatte stehenden Vereinfachungsmaßnahmen ist die Einführung der ausschließlichen Jahreszahlung für Fahrzeuge mit einer Jahressteuer bis zu 1 000 DM. Dazu gehören im wesentlichen die Personenkraftwagen und die kleineren Nutzfahrzeuge. Der Vereinfachungseffekt, den wir da erzielen möchten, läßt sich daran ermessen, daß hiervon mehr als 20 Millionen Kraftfahrzeuge betroffen sind, für die bisher auch die viertel- und halbjährliche und bei den Nutzfahrzeugen sogar die monatliche Zahlung zulässig ist. Bei einer derartigen Massensteuer schlagen gerade die ständig zu den Fälligkeitsterminen anfallenden Arbeiten, wie Zahlungsanforderungen, Verbuchung der Einnahmen, Mahnungen und Vollstreckungen, ganz beträchtlich zu Buche. Die Verminderung der Zahl der Fälligkeitstermine ist dringend erforderlich, weil sich die Zahl der zugelassenen Personenkraftwagen immer mehr vermehrt. 1960 waren im Geltungsbereich des Gesetzes 4,5 Millionen Personenkraftwagen zugelassen, 1977 waren es mehr als 20 Millionen. Die Zahl der Rückstandsfälle ist in diesem Zusammenhang von 185 000 auf 662 000 gewachsen. Es ist klar, daß die Verwaltungskapazität auch nicht annähernd im gleichen Verhältnis ausgedehnt worden ist. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die ordnungsmäßige Bearbeitung der einzelnen Steuerfälle trotz zunehmenden Maschineneinsatzes kaum noch gewährleistet werden kann. Die Jahreszahlung ist auf Kritik gestoßen, die insbesondere von ihrem sozialpolitischen Ansatz her durchaus eine ernsthafte Würdigung verdient. Die Bundesregierung hat die Befürchtung einer unzumutbaren Belastung der Bezieher kleinerer Einkommen ernsthaft geprüft. Sie ist aber im Ergebnis nach Abwägung aller Argumente der Auffassung, daß die obligatorische Jahreszahlung vertretbar ist. Dafür spricht zum einen die im Normalfall relativ erträgliche Höhe der Steuerschuld. Sie beträgt zum Beispiel für einen Mittelklassewagen mit 1 700 ccm Hubraum nur 244,80 DM. Bei der Jahreszahlung wird ferner das Aufgeld eingespart, das bei vierteljährlicher Zahlung 6 v. H., in unserem Beispielsfall also 14,60 DM, beträgt. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Pkw-Steuer seit 1955 nicht mehr erhöht worden isst und daher anders als die mehrfach gestiegenen Kraftstoffpreise und Versicherungsprämien längst nicht mehr dasselbe Gewicht wie früher hat. Neben der Verminderung der Zahl der Fälligkeiten enthält der Entwurf eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Vereinfachung und Verbesserung, z. B. die Ermächtigung der Finanzämter, bei besonders säumigen Steuerzahlern die Abmeldung des Fahrzeugs selbst vorzunehmen, oder die Abschaffung der Steuerneufestsetzung bei Standortwechsel. In diesem Zusammenhang will ich auf die weiteren Fortschritte bei der Automation der Steuerfestsetzung und -erhebung hinweisen. Sämtliche Vorschriften des Gesetzes sind auf ihre Vereinbarkeit mit den Erfordernissen der elektronischen Datenverarbeitung überprüft worden. Es kann daher erwartet werden, daß die geplante Entlastung der Verwaltung durch die fortschreitende Automation noch erheblich verstärkt werden kann. Der vorliegende Gesetzentwurf bringt nicht nur die notwendigen Erleichterungen und Verbesserungen für die Verwaltung, sondern auch wesentliche Vorteile für die Steuerpflichtigen. Hier ist an erster Stelle die Neuregelung der Steuervergünstigungen für Körperbehinderte zu erwähnen. Künftig soll einem Behinderten volle Steuerbefreiung für ein Fahrzeug gewährt werden, wenn er infolge einer dauernden Behinderung in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse kommt es künftig nicht mehr an. Damit entfällt die Notwendigkeit, durch Einkommensbescheinigungen eine besondere Bedürftigkeit nachzuweisen. Hierdurch wird die unterschiedliche Behandlung von Kriegsbeschädigten und Zivilbeschädigten, die bisher ständiger Anlaß zur Kritik und Verärgerung gewesen ist, beseitigt. Zugleich werden die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts und des Schwerbehindertengesetzes erfüllt, die Vergünstigungen für Behinderte so zu gestalten, daß sie der Art und Schwere der Behinderung unabhängig von der Ursache Rechnung tragen. Außerdem wird die Durchführung der Steuerbefreiung erheblich vereinfacht, zumal die Bescheinigung der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung den ohnehin mit der Sache befaßten Versorgungsämtern obliegt. Eine weitere soziale Verbesserung bedeutet die Einführung der tageweisen Erstattung der Steuer. Bisher wird die überzahlte Kraftfahrzeugsteuer bei Beendigung der Steuerpflicht aus Vereinfachungsgründen nur für volle Monate ersetzt. Für angefangene Monatszeiträume entrichtete Steuer wird einbehalten. Mit Hilfe der Datenverarbeitung können wir nunmehr hier auch den Wunsch nach mehr Steuergerechtigkeit erfüllen und zugleich eine Quelle ständiger Beschwerden beseitigen. Die Gesetzesänderung soll schließlich Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil des deutschen Straßengüterverkehrs abbauen helfen. In den meisten Nachbarstaaten werden sogenannte überzählige Anhänger nicht oder geringer als Zugfahrzeuge besteuert. Da bei uns Kraftfahrzeuge und Anhänger in gleicher Höhe besteuert werden und die Bedeutung des grenzüberschreitenden Straßengüterverkehrs in den letzten Jahren ständig zugenommen hat, sind unsere Unternehmen im Wettbewerb mit ausländischen Unternehmen in diesem Fall benachteiligt, Herr Lemmrich. Deshalb ist vorgesehen, daß künftig auf Antrag für bestimmte Anhänger die Steuer nicht mehr erhoben wird, wenn diese Anhänger ausschließlich hinter Zugfahrzeugen verwendet werden, für die ein ausreichender Anhängerzuschlag erhoben wird. Die Entscheidung, für welche Anhänger keine Steuer entrichtet werden soll und für welche Zugfahrzeuge ein Anhängerzuschlag erforderlich ist, bleibt der unternehmerischen Entscheidung überlassen. Eine weitere Benachteiligung . für unser Transportgewerbe ergibt sich daraus, daß bisher DDR-Nutzfahrzeuge im Bundesgebiet nicht besteuert werden. Dagegen sind für unsere Fahrzeuge in der DDR Straßenbenutzungsgebühren zu zahlen. Diese Benachteiligung soll dadurch beseitigt werden, daß DDR-Fahrzeuge bei vorübergehendem Aufenthalt im Bundesgebiet künftig der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen. Die Bundesregierung ist jedoch bestrebt, mit der DDR wie auch mit vielen anderen Staaten ein Abkommen zu schließen, durch das gegenseitig auf die Erhebung von Kraftfahrzeugsteuer bzw. der Straßenbenutzungsgebühren verzichtet wird. Lassen Sie mich abschließend darlegen, woraus sich die mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Anhebung der Pkw-Steuer je 100 Kubikzentimeter Hubraum von 14,40 DM auf 15 DM jährlich nach Meinung der Bundesregierung rechtfertigt: Die Einführung der steuerlichen Begünstigungen, die ich im einzelnen erwähnt habe, insbesondere die Verbesserung des Steuererlasses für Körperbehinderte, die tageweise Erstattung der Steuer und die Freistellung überzähliger Anhänger führen zu Steuerausfällen von jährlich immerhin 165 Millionen DM. Dies ist ohne die vorgesehene geringfügige Anhebung der Steuer nicht finanzierbar. Die Anhebung ist auf der anderen Seite auch erträglich. Sie entspricht z. B. bei einem Wagen mit 1 700 Kubikzentimeter Hubraum einer Erhöhung um jährlich 10,20 DM. Fiskalische Mehreinnahmen werden nicht angestrebt. Ich bitte Sie sehr herzlich um zügige Verabschiedung des Gesetzes. Zusätzliche Maßnahmen auf diesem Gebiet sollten einer weiterreichenden Reform überlassen bleiben. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, ich eröffne .die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäuble.

Dr. Wolfgang Schäuble (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001938, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der jahrelangen intensiven Diskussion um die Reform der Kraftfahrzeugsteuer erinnert der nunmehr endlich vorliegende Entwurf der Bundesregierung an das berühmte Mäuslein, das die kreißenden Berge am Ende nur gebären. Seit vielen Jahren wird bei der Sorge um die wachsende Überlastung der Steuerverwaltung insbesondere auch im Kassen-und Vollstreckungswesen die Kraftfahrzeugsteuer mit ihrem enorm gewachsenen Arbeitsanfall und einer hohen Zahl von Rückstandsfällen als eine der Steuern genannt - und der Bundesfinanzminister hat dies eben noch einmal ausgemalt -, bei der vorrangig wirksame Vereinfachung und Verwaltungsentlastung möglich wäre. Der Regierungsentwurf indessen, Herr Minister, beschränkt den Vereinfachungseffekt auf die obligatorische Jahresbesteuerung für Personenkraftwagen und kleinere Nutzfahrzeuge. Das ist mehr als dürftig. Auch der Hinweis in der Begründung, daß es sich nur um einen ersten Schritt zur Reform der Kraftfahrzeugbesteuerung handle, kann darüber nicht hinwegtrösten. Die Arbeiten an der Kraftfahrzeugsteuerreform dauern schon bald ein Jahrzehnt. Wenn jetzt nur die obligatorische Jahresbesteuerung als Ergebnis herauskommt, dann zeigt dies erneut, daß dieser Regierung die politische Kraft zu einer grundlegenden Reform fehlt, einer Reform, die nicht nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung dringend angezeigt, sondern die auch energie- und verkehrspolitisch vernünftig ist. In Sonntagsreden fordern führende Politiker der Koalition diese Reform seit Jahren, aber hier im Parlament bleiben sie die Vorlagen schuldig. ({0}) Die CDU/CSU hält den Verwaltungsvereinfachungseffekt der obligatorischen Jahresbesteuerung für unzureichend. Wir begrüßen die Absicht des Entwurfs, daß bei Beendigung der Steuerpflicht überzahlte Steuer künftig tageweise erstattet werden soll. Wir begrüßen insbesondere, daß Behinderte künftig ohne Prüfung ihrer wirtschaftlichen Lage grundsätzlich von der Kraftfahrzeugsteuer für Personenkraftwagen befreit und daß dabei Kriegs- und Zivilbeschädigte gleichbehandelt werden. Wir unterstützen auch den vom Bundesrat vorgetragenen Wunsch, auch Fahrzeuge der Automobilklubs, die ausschließlich der Pannenhilfe dienen, von der Kraftfahrzeugsteuer zu befreien. Wir nehmen schließlich mit Genugtuung zur Kenntnis und unterstützen, daß im Bereich der Besteuerung des Güterkraftverkehrs endlich der längst überfällige Abbau von Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten unserer im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr eingesetzten Fahrzeuge eingeleitet wird. ({1}) Ich nenne hier vor allem das Problem der Anhängerbesteuerung und die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen für die in der DDR zugelassenen Fahrzeuge. Mit allem Nachdruck muß aber darauf hingewiesen werden, daß diese dringenden Maßnahmen längst verwirklicht wären, wenn es nach dem Willen der CDU/CSU-Fraktion gegangen wäre. ({2}) Wir haben bereits im Sommer 1975 entsprechende Anträge gestellt. Da die Koalition diese Anträge damals nicht mitgetragen hat und die Dinge weitertreiben ließ, trägt sie die Verantwortung dafür, daß bis heute eklatante Wettbewerbsverzerrungen zugunsten von Lastkraftwagen aus der DDR und aus dem Ausland unser Güterkraftverkehrsgewerbe einem ruinösen Wettbewerb aussetzen. Dazu gehört als Konsequenz schließlich auch, daß der deutsche Straßengüterverkehr der Deutschen Bundesbahn verstärkt Konkurrenz machen mußte, um einen Ausgleich für die Verluste im Auslandsgeschäft zu erreichen. Entsprechend liegen die Dinge bei der Steuerbefreiung für den Huckepackverkehr. Alle Versuche der Bahn, im kombinierten Verkehr und im Huckepackverkehr beser ins Geschäft zu kommen, setzen eine entsprechende Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer voraus, die durch die Koalition jahrelang verzögert wurde. Die CDU/CSU-Fraktion lehnt schließlich die von der Regierung vorgeschlagene Erhöhung der Pkwsteuer von 14,40 DM auf 15 DM je 100 ccm Hubraum, also um annähernd 5 °/o - das sind ja nicht 60 Pf, das sind 5 °/o der Kraftfahrzeugsteuer -, ab. Der Weg, ohne eine klare verkehrspolitische Gesamtkonzeption einseitig die Autofahrer immer stärker zu belasten, wird von uns nicht mitgegangen. Wenn durch Verwaltungsvereinfachung begrenzte Steuerausfälle entstehen, dann sind diesen Steuerausfällen zunächst die Einsparungsvorteile der Verwaltung gegenzurechnen, zumal die Kraftfahrer durch die obligatorische Jahressteuer ohnedies zusätzlich belastet werden. Herr Minister, Ihre Begründung, daß der Kraftfahrzeughalter in Zukunft das Aufgeld bei viertel- oder halbjährlicher Zahlung nicht mehr zu zahlen habe, kann allenfalls als schlechter Witz aufgefaßt werden. ({3}) Unterm Strich jedenfalls sollen die Autofahrer durch den vorgelegten Entwurf zusätzlich belastet werden. Dies wird auch nicht dadurch besser, daß Sie als zweite Begründung hier vorgetragen haben, die Benzinpreise seien ja noch mehr gestiegen, und es müsse im Hinblick auf die Preissteigerungen zwischen Kraftfahrzeugsteuer und Benzinpreisen ein gewisses Verhältnis gewahrt werden. Dies ist eine der originellsten Begründungen für Steuererhöhungen, Herr Minister. Ich finde aber, Sie sollten Ihr neues Amt nicht damit antreten, daß Sie diesem Parlament ständig neue Steuererhöhungen vorlegen. ({4}) Wir jedenfalls verlangen von der Bundesregierung mehr Phantasie und politische Führungskraft als die, mit immer neuen Erhöhungen von Steuern und Abgaben die Bürger immer neu zur Kasse zu bitten. ({5})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Diederich.

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratie hat seit vielen Jahren immer wieder darauf hingewiesen, daß die gegenwärtige Hubraumbesteuerung mit 60 Klassen den Bau zu kleiner und damit besonders luftverschmutzender und lärmverursachender Motoren eher fördert. Sie hat darauf hingewiesen, daß die Erhebung der Steuer auf Grund eines Steuerbescheides aufwendig ist und zu einer großen Zahl von Zahlungsrückständen führt, die die Vollstrekkungsstellen der Finanzämter zum Teil völlig blokkieren. Hier besteht sicherlich weitgehend Einigkeit. Allerdings haben wir Sozialdemokraten immer deutlich gemacht, welches die Kriterien für eine neue Steuer oder für eine Veränderung des Steuersystems sein müssen. Sie müssen sein: gerecht in der Wirkung, einfach in der Erhebung, umweltfreundlich und konstruktionsneutral. Die Sozialdemokratie hat dazu schon auf ihrem Steuerparteitag von 1971 einen Vorschlag gemacht, der einen vernünftigen Kompromiß hätte darstellen können. Sie hat nämlich eine Besteuerung der Leistung nach PS - oder neuerdings Kilowatt - in vier Klassen vorgeschlagen. Die Länder, Herr Schäuble - das muß man hier wohl sagen: nicht die Bundesregierung, sondern die Länder -, haben sich nicht entschließen können, einem solchen Vorschlag zu folgen. Es sind die Finanzminister der Länder gewesen, die sich schließlich für die Beibehaltung des derzeitigen Kraftfahrzeugsteuersystems ausgesprochen und damit gleichzeitig das von der Bundesregierung befürwortete Verfahren einschließlich des Plakettenverfahrens zu Fall gebracht haben. Es ist eindeutig, daß die Verantwortung hier auch bei den Ländern bleiben muß; denn schließlich handelt es sich um eine Steuer, die von den Ländern erhoben und von ihnen einbehalten wird. Das sozialdemokratische Modell ist übrigens - das wissen wir alle - nicht das einzige gewesen, das zur Sprache gekommen ist. Es ist jedoch müßig, sich jetzt über all die verschiedenen Modelle zu unterhalten, weil sie alle mit dieser Gesetzesvorlage vorläufig zu den Akten gelegt worden sind. Man kann wirklich fragen - Sie haben von dem „Mäuslein" gesprochen -, wo das Reformwerk vergangener Tage geblieben ist; denn was uns hier vorliegt, ist wirklich nur ein sehr kleines gemeinschaftliches Vielfaches, das zusammen mit den Länderfinanzministern gefunden wurde. Nichtsdestoweniger - das sollte man hier unterstreichen - müssen wir es der Bundesregierung danken, daß sie sich bemüht, wenigstens diesen Torso früherer Reformbemühungen verabschieden zu lassen, weil die Notwendigkeit dafür vorliegt. Um es zusammenfassend zu sagen: Die insgesamt vernünftigen und sinnvollen Maßnahmen dieser Novelle erhalten unsere Zustimmung, wiewohl sie im Lichte vergangener Reformdiskussionen der ursprünglichen Zielsetzung wohl kaum genügen können. Mit der Behandlung und der hoffentlich baldigen Verabschiedung dieser Novelle, die den Finanzministern der Länder entgegenkommt, wird die Reformdiskussion vorerst beendet sein. Ich stelle hier jedoch noch einmal fest: Es hat nicht an der Bundesregierung gelegen, es hat nicht an der sozialdemokratischen Fraktion gelegen, wenn es weitgehend beim bestehenden, allseits als unbefriedigend erkannten Steuersystem bleibt. Nichtsdestoweniger werden wir auf der Grundlage der vorgeschlagenen Rechtskorrekturen im Kraftfahrzeugsteuergesetz einige wichtige Schritte tun, die sowohl der Vereinfachung und Verbesserung der Steuererhebung als auch dem Abbau von Wettbewerbsverzerrungen und schließlich der Beseitigung von Unzuträglichkeiten und Anpassung an rechtliche Entwicklungen in anderen Bereichen dienen. Erstens. Die Umstellung der Steuerzahlung auf jährliche Zahlungsweise wird gewiß nicht bei allen Beteiligten Begeisterung wecken. Wir bejahen diese Maßnahme trotzdem, weil dadurch wertvolle Arbeitskraft von Beamten sinnvoller und qualifizierter - z. B. für Betriebsprüfungen - an anderer Stelle eingesetzt werden kann. Wenn auch in der Öffentlichkeit die Jahreszahlung nicht unbedingt Begeisterung wecken kann, gehen wir doch davon aus, daß die Steuerzahler für diese Maßnahme letztlich Verständnis haben werden, denn sie dient der Allgemeinheit im weiten Sinne. Zweitens. Die Gleichstellung der Zivilbeschädigten mit den Schwerkriegsbeschädigten im Hinblick auf die Kraftfahrzeugsteuer ist ein wesentlicher Fortschritt sozialer Gerechtigkeit. Alle Körperbehinderten erhalten nun unabhängig davon, ob es sich um Kriegs- oder Zivilbeschädigte handelt, auf Antrag Steuerbefreiung für einen Pkw, wenn sie in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt sind. Dies ist konsequente Fortsetzung sozialdemokratischer Politik in diesem Bereich. Für die Betroffenen wird sich auch das Beantragungsverfahren vereinfachen. Die Verwaltungsvereinfachung wird also gleichzeitig auch für den Bürger spürbar. Zugleich fallen Einkommensgrenzen in diesem Zusammenhang fort. Drittens. Wir halten es für vertretbar, daß in diesem Zusammenhang die entsprechenden Kosten von der Gesamtheit der Kraftfahrzeugsteuerzahler im Sinne einer solidarischen Haltung getragen werden, um eben die Wirkung der Änderungen auf das Steueraufkommen neutral zu halten. Die im Zusammenhang mit der Novelle entstehenden Steuererhöhungen sind ja wirklich minimal, Herr Schäuble. Wenn Sie überlegen, daß dies für einen Mittelklassewagen mit 1,5 Litern Hubraum eine jährliche Mehrbelastung von 9 DM bringt, so darf wohl füglich festgestellt werden, daß bei einer Steuer, die in ihrer Höhe noch im Niveau der 50er Jahre geblieben ist, eine solche geringfügige Erhöhung von jedem Dr. Diederich ({0}) getragen werden kann, zumal für die Zwecke, für die sie im Zusammenhang mit dem Gesetz benötigt wird. Viertens. Wirtschaftlich bedeutsam erscheinen uns die den Lkw-Verkehr betreffenden Regelungen. Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Verkehr zu Lasten deutscher Transportunternehmen haben ja zu einem Rückgang der Marktanteile geführt. Die Ursachen sind uns alle bekannt. In diesem Zusammenhang bejahen wir die Einführung des Anhängerzuschlags auf die Zugmaschinen, die gleichzeitig eine Freistellung von überzähligen Anhängern und Sattelaufliegern bedeutet. Auch die tageweise Steuererstattung, die gezielte Verbesserung im kombinierten Verkehr sowie die Möglichkeit, Lastkraftwagen aus dem Ausland und der DDR unter bestimmten Umständen mit Steuern zu belegen, ergeben insgesamt für das Transportgewerbe Verbesserungen, die in diesem Bereich, glaube ich, hohe Aufmerksamkeit erregen, weil sie die Position des Gewerbes im internationalen Wettbewerb verbessern. Wir sollten ganz deutlich unterstreichen, daß diese Steuerentlastungen, die das Transportgewerbe betreffen, ausschließlich mittelständischen Unternehmen zugute kommen. Immerhin erreichen sie ja doch eine erkleckliche Summe, schon im ersten Jahre ihrer Entstehung eine Größenordnung von 67 Millionen DM. Das ist ein Effekt, der sicherlich in der gegenwärtigen Situation gerade in diesem Bereich die wirtschaftliche Aktivität ermuntern wird. Wenn sich aber Kommentatoren dazu versteigen, das Vorliegende, das sicherlich nicht die große Reform ist, als - ich zitiere - „erbärmlich mageres Ergebnis" zu bezeichnen, so muß man fragen, ob Schwerbehinderte es als „erbärmlich mager" empfinden werden, daß sie Erleichterungen erhalten, oder ob Unternehmer es als „erbärmlich mager" empfinden werden, daß ihre Wettbewerbsposition verbessert wird. ({1}) Sicher werden wir auch in Zukunft darüber nachdenken müssen, wie die Kraftfahrzeugsteuer weiterhin vereinfacht werden kann, wie sie aus energiewirtschaftlichen Gründen und aus Gründen des Umweltschutzes wirksamer gestaltet werden kann. Wir werden weiter prüfen, unter welchen Umständen es möglich ist, die von der Sozialdemokratie seit vielen Jahren geforderte Vereinfachung durch Systemumstellung auf Besteuerung der Leistung durchzusetzen. Ich möchte noch einmal ganz eindeutig unterstreichen, daß wir eine von der Fahrleistung unabhängige Steuer für das Kraftfahrzeug weiterhin für sinnvoll halten, denn nur so kann man einen, wenn auch geringen, Anreiz für die möglichst intensive Nutzung vorhandenen Fahrzeugbestandes schaffen. Die Vielzahl ungenutzter oder wenig benutzter Fahrzeuge in unseren Städten und Ballungsgebieten verursacht gerade im Bereich der Kommunen und der Länder Kosten, die nicht denen aufgebürdet werden sollten, die ihr Fahrzeug intensiv nutzen und die dies durch eine hohe Fahrleistung nachweisen. Aber diese Erörterung, die man tiefergehend führen müßte, nämlich dahin gehend, ob die Kraftfahrzeugsteuer zugunsten der Erhöhung der Mineralölsteuer aufgegeben werden sollte, wie es in letzter Zeit mehrfach gesagt worden ist, ist ja wohl mehr oder weniger Schnee von gestern angesichts der Vorlage dieses Entwurfes und angesichts der Einigkeit darüber, diesen.Entwurf schnell über die Bühne zu bringen. Denn all diese Überlegungen und Prüfungen von Modellen führen uns nicht an der Erkenntnis vorbei, daß bei der gegebenen Lage nach der Verabschiedung dieser Gesetzesnovelle in absehbarer Zeit eine weitere Novellierung nicht zu erwarten ist, weil eine Steuerreform gegen den Willen der Länder in diesem Bereich nicht möglich ist. Dieser gemeinsame Wille zur Reform liegt seitens der Länder nicht vor. Die Problematik des Gesetzes - lassen Sie mich das abschließend sagen - liegt also nicht in dem, was im Gesetz steht, sondern in dem, was nicht in das Gesetz geschrieben werden konnte. Die Interessen der Länder werden mit diesem Gesetz weitgehend berücksichtigt. Damit wird der Anreiz verlorengehen, die Reform seitens der Länder weiter voranzutreiben. Die Initiative des Bundes kann, so glaube ich, hier nur langfristig mit viel Geduld wieder zum Erfolg führen. Herr Minister, Sie haben vorhin gesagt, daß diese Reform vielleicht einen ersten Schritt darstellt. In diesem Punkt stimme ich mit Ihnen nicht überein. Ich bin nämlich der Auffassung, daß dies vorläufig der letzte Schritt in diesem Bereich sein wird. Aber in der Erkenntnis dieser Tatsache sollten wir diesen Schritt schnell und entschlossen tun. Wir helfen damit unseren Bürgern. Wir helfen nicht nur der Verwaltung, sondern auch unserer Wirtschaft. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Hoffie.

Klaus Jürgen Hoffie (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000935, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die von der Bundesregierung vorgelegte Kraftfahrzeugsteuernovelle ist in der Tat nur ein erster Schritt, aber wie wir meinen, ein Schritt in die richtige Richtung. Als etwas anderes kann und darf er auch hier nicht bezeichnet werden. Ein großer Wurf für eine umfassende Kraftfahrzeugsteuerreform scheiterte - und auch das muß hier noch einmal deutlich unterstrichen werden - bekanntlich 1973 am Widerstand des Bundesrates. Wir müssen leider erkennen, daß es nach wie vor unterschiedliche Auffassungen z. B. in bezug auf die Einteilung der Steuerklassen gibt. Aber es wächst zunehmend die Bereitschaft, das gesamte System der Kraftfahrzeugbesteuerung grundlegend zu reformieren. Da wir aber davon ausgehen müssen, daß sich heute hierüber noch keine einheitliche Auffassung herstellen läßt, befürworten wir diese erste Vorweg-Regelung, die eine Zusammenfassung aller politisch unumstrittenen Probleme im Rahmen der Kraftfahrzeugsteuerreform darstellt. Zweifellos, meine Damen und Herren, wird sich durch dieses Gesetz eine entscheidende Verwaltungsvereinfachung der Kraftfahrzeugsteuer erzielen lassen. Durch die obligatorische Jahresbesteue6822 rung für Pkw und kleinere Nutzfahrzeuge werden die Finanzämter erheblich entlastet. Da bisher die vierteljährliche und halbjährliche Steuerentrichtung mit einem Aufgeld verbunden war, ist diese Steuervereinfachung für den Kraftfahrzeughalter sogar kostenneutral. Eine weitere Verbesserung wird sich durch die Erstbesteuerung durch die Zulassungsbehörden ergeben. Weitere Rationalisierungserfolge werden sich durch die Umwandlung des bisherigen Steuererlasses für Körperbehinderte in eine echte Steuerbefreiung ergeben. Der politischen Forderung nach Verwaltungsvereinfachung wird damit weitgehend entsprochen. Ein zweiter Grund für dieses Gesetz ist die Herstellung sozialer Gerechtigkeit. Sie ist insbesondere durch die Gleichstellung Zivilgeschädigter mit den Kriegsversehrten bei der Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer gegeben. Die Einkommensgrenzen für diesen Teil der Pkw-Halter sollen wegfallen. Auch dies wird von der FDP ganz nachdrücklich unterstützt. Einen politischen Schwerpunkt bilden die Vorschriften zum Abbau von Wettbewerbsverzerrungen im Güterkraftverkehr. Dies ist eine Forderung unserer Fraktion, die insbesondere von unserem verstorbenen Freund Alfred Ollesch seit Jahren mit Nachdruck vertreten wurde. Nachdem 1974 erkennbar wurde, daß die gesamte Kraftfahrzeugsteuerreform nicht durchsetzbar war, haben wir uns insbesondere darum bemüht, diese alte Forderung zu realisieren. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an unsere vergeblichen Bemühungen, im Rahmen der Dritten Novelle zum Güterkraftverkehrsgesetz die den Lkw betreffenden Steueränderungen durchzusetzen. Auf Initiative der FDP wurde dann dieser Komplex in das Gesetzgebungsprogramm der 8. Legislaturperiode einbezogen. Die Wettbewerbsverzerrungen im grenzüberschreitenden Lkw-Verkehr liegen zu einem großen Teil in den unterschiedlichen Abgaben begründet, die den Lkw-Unternehmen in ihren Heimatländern abverlangt werden. Mit 9 365 DM je 38-Tonnen-Lastzug ist die deutsche Kraftfahrzeugsteuer die höchste in ,der Welt. In unseren europäischen Nachbarländern beträgt die vergleichbare Belastung nur ein Drittel oder noch weniger. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist bei stark ansteigendem grenzüberschreitenden Verkehr der Marktanteil deutscher Transportunternehmen auf 32 % abgesunken. Da zur Zeit trotz der Bemühungen im Rahmen der EG, die Steuerstrukturen zu harmonisieren, nicht damit zu rechnen ist, daß sich die Länder der Gemeinschaft auf einheitliche Abgaben für den Lkw einigen können - ganz zu schweigen von den übrigen europäischen Staaten -, halten wir zunächst diesen Schritt in Richtung auf den Abbau solcher Wettbewerbsverzerrungen, wie er hier angestrebt wird, für dringend geboten. Dies ist um so bedeutungsvoller, meine Damen und Herren, als es sich bei den betroffenen Unternehmern ausschließlich um mittelständische Betriebe handelt, die dringend auf ein Zeichen des Staates zur Unterstützung ihrer schwierigen Position im internationalen Wettbewerb warten. Damit wird nicht zuletzt auch ein notwendiger Beitrag zur Stabilisierung der Beschäftigungslage im Transportgewerbe und insbesondere bei der Anhängerindustrie geleistet. Zu den Maßnahmen im einzelnen: Hier muß herausgestellt werden, daß mit der Befreiung sogenannter überzähliger Anhänger und Sattelauflieger durch die fakultative Einführung eines Anhängerzuschlages für die Zugmaschine eine Angleichung an die Steuerpraxis in anderen Ländern Europas erfolgt. Damit werden wir den in letzter Zeit zunehmenden Trend zum Ausflaggen deutscher Anhänger in das Ausland bzw. zum Kauf und zur Zulassung ausländischer Anhänger durch deutsche Firmen wirksam begegnen. Die Einführung der tageweisen Steuererstattung ergibt insbesondere im Güternahverkehr eine spürbare Entlastung, weil es auf Grund der unterschiedlichen Auftragslage während des Jahres häufiger zur An- und Abmeldung der Fahrzeuge kommen kann. Ein ganz besonderes Problem ist die mit diesem Gesetz verbundene Besteuerung der DDR-Lkw in der Bundesrepublik. Wir begrüßen mit Nachdruck die im Gesetz vorgesehene Ermächtigung für den Bundesminister der Finanzen, bei Aufnahme von Gegenseitigkeitsverhandlungen die Erhebung der Steuer bis zu einem Jahr auszusetzen; denn wir glauben, daß der Austausch von Gütern und Dienstleistungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik nicht beeinträchtigt werden sollte. Immerhin wird damit aber ein Zeichen gesetzt, daß von seiten der DDR nicht willkürlich an der Gebührenschraube für Fahrzeuge aus der Bundesrepublik gedreht werden kann. Die Möglichkeit, die Tagessteuersätze in der Bundesrepublik für ausländische Lkw in der Höhe festzusetzen, wie die betreffenden Länder deutsche Fahrzeuge bei sich besteuern, ist ein weiterer Schritt in Richtung auf die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen. Alle diejenigen Länder, die mit der Bundesrepublik kein Doppelbesteuerungsabkommen getroffen haben - das sind ja im wesentlichen die RGW-Länder -, sind hiervon betroffen: Schließlich wird es gezielte Steuererleichterungen für den kombinierten Verkehr geben, die unsere verkehrspolitischen Zielvorstellungen absichern. Ich habe eingangs gesagt, daß mit dieser Novelle ein großer Wurf für eine Reform der Kraftfahrzeugsteuer nicht gelungen ist. Auf Dauer ist nach Auffassung der Freien Demokraten eine große Lösung zwingend notwendig. Wir meinen damit die alte Forderung der FDP, die Kraftfahrzeugsteuer in die Mineralölsteuer einzubeziehen und damit die steuerliche Belastung der Kraftfahrzeuge stärker verbrauchsbezogen zu gestalten. Wir würden damit die Kraftfahrzeugsteuer gleichsam durch ein einfacheres, durch ein umweltfreundlicheres und auch durch ein energieeinsparenderes System ersetzen. Gerade angesichts der Notwendigkeit, vor allem Energie aus Mineralöl einzusparen, können wir nicht darauf verzichten, durch eine Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer zu einem benzinsparenden Umgang mit dem Auto, aber auch zum Bau und zum Kauf von Autos mit geringerem Benzinverbrauch oder mit Dieselantrieb anzureizen. Es gibt auch gar keinen Zweifel daran, daß die heutige Kraftfahrzeugsteuer, die durch die Anknüpfung an den Hubraum eine hohe Verdichtung begünstigt, als umweltfeindlich bezeichnet werden muß. Gleichzeitig würde nach unserem Vorschlag der gesamte Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer wegfallen. Hierfür sind, wie Sie wissen, etwa 4 000 Finanzbeamte und -angestellte im Bundesgebiet tätig, die dann z. B. zur beschleunigten Bearbeitung der Lohn- und Einkommensteuer eingesetzt werden können. Zeit- und kostenaufwendige Mahnverfahren für Kfz-Steuer-Rückstände, die rund 40 °/o der gesamten Steuerrückstandsfälle ausmachen, wären überflüssig. Eine solche Regelung würde sich, wie mein Fraktionsvorsitzender Wolfgang Mischnik kürzlich betont hat, insbesondere auch in den Reisemonaten bemerkbar machen. Denn die Hunderttausende ausländischen Kraftfahrzeuge, die durch die Bundesrepublik fahren, müßten dann stärker als bisher zur Mitfinanzierung unserer Straßen beitragen. Dies wäre auch um so gerechter, als wir im Gegensatz zu unseren Nachbarländern keine Autobahngebühr erheben und auch weiterhin nicht erheben wollen, da dies wiederum zuviel Verwaltungsaufwand mit sich brächte. Da die Kraftfahrzeugsteuer heute Ländersteuer ist, müßte selbstverständlich eine entsprechende Beteiligung der Länder an dem erhöhten Mineralölsteueraufkommen festgelegt werden. Für den Fall, daß man nicht den Gesamtbetrag des bisherigen Kfz-Steuer-Aufkommens auf die Mineralölsteuer umlegen will, haben wir eine erhöhte Zulassungsgebühr vorgeschlagen. Diese könnte in etwa dem Betrag entsprechen, der sich aus der heutigen Zulassungsgebühr und dem Jahresbetrag der jetzigen Kraftfahrzeugsteuer ergibt. Mit dieser einmaligen höheren Zulassungsgebühr, die den Gemeinden zufließen würde, wäre eine Art Unkostenbeitrag für den ruhenden Verkehr geleistet. Ein neues System, wie wir es uns vorstellen, würde zwar die Mineralölsteuer spürbar erhöhen, aber eine zusätzliche Belastung der einkommensschwächeren Autofahrer ist nicht zu erwarten. ({0}) Denn die Halter von Kraftwagen bis z. B. 1,3 1 Hubraum und bis etwa 15 000 km jährlicher Fahrleistung könnten im Gegenteil mit einer Entlastung rechnen. ({1}) - Herr Kollege Schäuble, Sie hätten doch vorhin, als Sie eingangs hier gesprochen haben, zu diesem Problem, das auch Ihnen lange genug bekannt ist, das Notwendige sagen können, statt hier ständig dazwischenzurufen und damit zu stören. Denjenigen, die behaupten, die Vielfahrer würden demgegenüber zu stark zur Kasse gebeten, wird von uns entgegengehalten, daß bei diesen in der Regel die Fahrtkosten zu den beruflichen Aufwendungen zählen und dann ja steuerlich absetzbar sind. Noch eine letzte Bemerkung. Auch bei diesem System ist es durchaus möglich, eine notwendige Erleichterung für Behinderte vorzusehen. Wer wirklich ernsthaft ein einfacheres, energiesparenderes und umweltfreundlicheres Kfz-Steuer-system haben will, der wird sich der Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer, möglicherweise gekoppelt mit einer einmaligen Abgabe bei der Erstzulassung, auf Dauer nicht verschließen können, und insofern kann man dies auch nicht als Schnee von gestern bezeichnen. Die Freien Demokraten werden jedenfalls auch weiterhin zielstrebig auf eine derartige vernünftige und große Lösung, auf eine dann echte Reform hinarbeiten. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung der Vorlage an den Finanzausschuß - federführend - und - mitberatend - an die Ausschüsse für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen sowie an den Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerpruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1978 ({0}) - Drucksache 8/1636 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Auch das Wort zur Beratung wird nicht gewünscht. Ich schließe damit die Aussprache. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft - federführend - und an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz gegen Verkehrslärm an Straßen und Schienenwegen - Verkehrslärmschutzgesetz - ({1}) - Drucksache 8/1671 Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Hanz.

August Hanz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000809, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem Inkrafttreten des Bundesimmissionsschutzgesetzes 1974, also seit nunmehr vier Jahren, ist die Bundesregierung vom Gesetzgeber aufgefordert, sogenannte Lärmgrenz6824 werte festzusetzen, um den Bürger besser gegen Verkehrslärm zu schützen. Was lange währt, wird endlich gut, ({0}) heißt ein altes Sprichwort. - Herr Schäfer, es hat zwar vier Jahre gedauert, bis die Bundesregierung ihrem gesetzlichen Auftrag nachgekommen ist, leider kann man jedoch nicht sagen, dieses Gesetz sei gut geworden. ({1}) Im Gegenteil: Was hier unter Federführung des auch sonst glücklosen Verkehrsministers Gscheidle entstanden ist, kann weder die lärmgeplagte Bevölkerung befriedigen, noch trägt es den Belangen der Länder und der Gemeinden Rechnung. Die Bundesregierung selbst bekräftigt diesen Vorwurf in der Begründung ihres Gesetzentwurfes voll und ganz. Was ist das für eine Bundesregierung, die in der Begründung ihres eigenen Gesetzentwurfes die im Gesetz vorgesehenen Lärmgrenzwerte aus umweltpolitischen Gründen für nicht machbar hält? ({2}) Ein solches Vorgehen ist wohl in der Praxis des Parlaments ein einzigartiger Vorgang. Weniger einmalig und für die Bundesregierung geradezu typisch ist es, daß sie gleich einen Schuldigen mitliefert; denn in der Begründung heißt es wörtlich: „Die von den Ländern vorläufig befürworteten Werte hält die Bundesregierung ... für nicht hinnehmbar." So einfach ist dies also. Am 30. November 1976 ist dem Herrn Bundeskanzler ein Brief geschrieben worden, den er sicherlich auch selbst gelesen hat. Darin geht es um das hier zur Debatte stehende Thema, also um den Schutz vor Verkehrslärm, und 'zwar insbesondere in den Städten, in denen in der Tat die stärksten Belästigungen auftreten. In diesem Schreiben wird die den Fachleuten bekannte DIN 18005 behandelt, die von den niedrigsten Werten an den Verkehrswegen ausgeht, welche u. a. auch von den Umweltschutzorganisationen gefordert werden. In diesem Schreiben an den Herrn Bundeskanzler heißt es zu den Lärmgrenzwerten, die unter Gesichtspunkten des Umweltschutzes möglicherweise optimal wären wörtlich: Die volle Beachtung dieses Regelwertes ist nicht nur von der Kostenseite her unvollziehbar, sie würde auch das Bild unserer Städte und der Landschaft vollends verändern. Verkehrswege könnten weithin nur in Tunnels, in kastenartigen Verschlägen oder hinter hohen Schallschutzmauern und Wällen verlaufen. Die Erhaltung überkommener und vom Bürger geschätzter Stadtstrukturen wäre einfach nicht mehr möglich. Weiter heißt es in dem Brief: So ist eine Norm entstanden, nach der in Wohngebieten schon das Geräusch eines Baches, das Gezwitscher von Vögeln oder das Durchfahren der Wohnstraße mit einem Pkw pro Stunde das Merkmal der unzumutbaren Geräuschbelästigung erfüllen könnte. So weit die Zitate. Der Brief ist mit „freundlichen Grüßen" gezeichnet, und zwar von Hans Koschnick, dem stellvertretenden Parteivorsitzenden der SPD. ({3}) Wer diese Aussage liest, kann sich eigentlich nur wundern, mit welcher Arroganz sich die Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzentwurfes wieder einmal auf Kosten der Länder, aber auch der Gemeinden aus der Verantwortung zu stehlen versucht. ({4}) Herr Koschnick war zu dem Zeitpunkt, als dieser Brief geschrieben wurde, nämlich auch Präsident des Deutschen Städtetages. Dennoch, wir begrüßen das Ziel des Gesetzentwurfes, wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm zu treffen; denn Umweltschutz hat bei uns einen sehr hohen Rang. Für die CDU/CSU möchte ich aber zu Beginn der parlamentarischen Beratung dieser schwierigen und sicherlich schwerwiegenden Materie erklären: Wir werden es nicht zulassen, daß sich jemand, der in dieser Sache Verantwortung trägt, leichtfertig aus dieser Verantwortung stehlen kann. Wir wollen allen denen, die ernsthaft um verbesserten Umweltschutz zugunsten des Bürgers bemüht sind, auch kein Schwarzer-Peter-Spiel vorführen. Wir wollen glaubhaft machen, daß wir darum ringen, daß das, was in der Sache unter Abwägung aller Faktoren bei der Verbesserung des Lärmschutzes an Verkehrswegen möglich ist, auch geleistet wird. Dabei gilt unser Augenmerk auch den dadurch entstehenden finanziellen und wirtschaftlichen Belastungen. Daß die Regierung den Weg der gesetzlichen Regelung geht, findet im Prinzip unsere Zustimmung. Allerdings läßt dieser Gesetzentwurf mehr Fragen offen, als er beantwortet. Das beginnt schon bei der zentralen Frage der Höhe der Lärmgrenzwerte selbst und bei der Frage, was die Realisierung dieser Werte an unseren Verkehrswegen kosten mag. Hier scheint es der CDU/CSU dringend notwendig zu sein, alle denkbaren Alternativen im Hinblick auf ihre Kosten bei Bund, Ländern und Gemeinden noch einmal mit spitzem Bleistift durchzurechnen. Wir werden dafür Sorge tragen, daß das geschieht. Die Kostenberechnungen, die uns von der Bundesregierung im Gesetzentwurf vorgelegt werden, scheinen uns jedenfalls in manchen Bereichen weit von der Wirklichkeit entfernt zu sein. ({5}) Wir wollen nicht, daß diejenigen, die sich heute vom Verkehrslärm belästigt fühlen, ihre Städte, in denen sie wohnen, eines Tages vor lauter Lärmschutzwerken nicht mehr ertragen können. Die CDU/CSU will bei den Ausschußberatungen sehr eingehend geprüft wissen, ob die Bundesregierung auch alles getan hat, um einen Abbau des Verkehrslärms beim Fahrzeug, also an der Lärmquelle selbst zu erreichen. ({6}) Wer da an das Brummen von Lastwagen oder auch das Kreischen von Mopeds zur abendlichen Stunde denkt, der mag ganz erhebliche Zweifel daran haben, ob die technischen und gesetzlichen Möglichkeiten bereits vollends ausgeschöpft sind. ({7}) Die Frage ist doch, ob wir dafür Verkehrsführungen in Tunnels und kastenartigen Verschlägen, von denen Herr Koschnick spricht, in Kauf nehmen sollen. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundseregierung - und dies ist für die CDU/CSU ein weiterer wichtiger Punkt bei den zukünftigen Beratungen - schafft für den Bürger auch ganz offensichtlich Ungleichbehandlungen. Denn diejenigen Bürger, die zufällig an neu zu bauenden Verkehrswegen wohnen, werden durch das Gesetz mit niedrigeren Lärmgrenzen bedacht als die Bürger, die an bereits bestehenden Bundesstraßen wohnen. Bürger, die an bestehenden Straßen wohnen, die nicht Bundesstraßen sind, gehen in diesem Gesetz ganz leer aus. Noch unausgewogener ist ,der Gesetzentwurf im Hinblick auf die Schienenwege. Sie sollen ihren Lärmgrenzwert erst noch durch Verordnungen zuerkannt bekommen, wobei schon ausdrücklich im Gesetzentwurf steht, daß dieser Lärmgrenzwert auch höher sein kann als bei Straßen. Was ist schließlich mit dem Lärm von Straßenbahnen in unseren Städten oder gar mit dem Lärm des Luftverkehrs? Darauf gibt der Gesetzentwurf überhaupt keine Antwort. Jahrelang hat man die besondere Umweltfreundlichkeit von Schienenverkehrssystemen gepredigt. Und nun werden für diese Systeme aller Voraussicht nach erhöhte Lärmgrenzwerte reklamiert! Völlig offen geblieben ist schließlich die Frage, was der Lärmschutz an Schienen kostet. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, daß die Rechnungen noch nicht abgeschlossen sind. Genauso offen ist, was der Lärmschutz dann kostet, wenn auch die bestehenden kommunalen Straßen und die Kreis- und Landesstraßen in den Lärmschutz einbezogen werden. Oder handelt die Bundesregierung auch hier wieder nach der Parole „Den Letzten beißen die Hunde" ? Wir haben es also wieder einmal mit einer unfertigen Vorlage, mit einem Flickwerk der sozialliberalen Koalition zu tun. Meine Damen und Herren, um unangenehme Überraschungen und die zu erwartende untragbare Rechtsunsicherheit weitgehend auszuschalten, wollen wir bei den kommenden Detailberatungen dieses Gesetzentwurfs auch wissen, ob der Gesetzgeber Verkehrslärm anders behandeln kann als Lärm aus anderen Quellen, z. B. Industrielärm. Uns scheint auch diese Frage bisher völlig ungeklärt. Schließlich will die CDU/CSU in bezug auf all diese Faktoren und Kriterien wissen, was für den weiteren Verkehrsausbau bei Bund, Ländern und Gemeinden an Finanzmasse übrigbleibt, wenn die unterschiedlichen Alternativen für die Lärmgrenzwerte bei Verkehrswegen verwirklicht werden. Wird die Bundesbahn in Ballungsgebieten überhaupt noch Schienenwege betreiben können, wenn sie bestimmte Lärmgrenzen einzuhalten hat? Was wird in Zukunft an Finanzmitteln verfügbar sein, um beispielsweise Umgehungsstraßen zu bauen, die ja schließlich auch Lärmprobleme lösen? Werden die Kosten des Lärmschutzes in Ballungs- und Verdichtungsräumen so hoch sein, daß kein Geld mehr für den Straßenbau da ist? Denken Sie nur an die strukturschwachen Regionen, wo Straßen dringend gebraucht werden, weil beispielsweise diese Bundesregierung in eben diesen Regionen den Schienenverkehr stillegen will? ({8}) - Das sind in der Tat Fragen. Wir brauchen die Auskünfte der Bundesregierung im wesentlichen auch dazu, um entscheidungsfähig zu werden. Denn das, was die Bundesregierung vorgelegt hat, Herr Schäfer, sind in der Tat nur Fragen; es bringt für uns keine Erleichterung, sondern hat die Probleme außerordentlich verwirrt. ({9}) Meine Damen und Herren, damit wird deutlich, daß dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung in bezug auf die Bewältigung der Probleme mehr Fragen aufwirft als beantwortet. Unser heutiger Bundeskanzler, Helmut Schmidt, war Anfang der 60er Jahre Verkehrsexperte der SPD-Bundestagsfraktion und hat mit Vehemenz für jeden Bürger, der das will, ein eigenes Auto gefordert. Der erste SPD-Bundesverkehrsminister Leber hat ein Straßenbauprogramm vom Bundestag verabschieden lassen - übrigens gegen die Stimmen der CDU/CSU -, das von der Utopie ausging, man könne jedem Bürger im Umkreis von 15 Kilometern die nächste Autobahnauffahrt bescheren. Minister Gescheidle blieb es vorbehalten, die Leerformel zu erfinden „Umweltschutz geht vor Straßenbau". Ich bin nicht ganz sicher, ob der vorliegende Entwurf dieser Formel des Bundesverkehrsministers entspricht. Seine Propagandaparole schlägt nun, gemessen an der Qualität dieses Gesetzentwurfs, voll auf ihn zurück. ({10}) Meine Damen und Herren, wir sind nicht bereit, in einen Propagandawettstreit mit billigen Parolen einzutreten. Wir sind aber sehr wohl als CDU/CSU bereit, bei der Erarbeitung sachgerechter Lösungen zur Verbesserung des Lärmschutzes an Verkehrswegen mitzuwirken. Wir sind uns darüber im klaren, daß jede politisch vernünftige und für den Bürger vertretbare Lösung nur ein Kompromiß zwischen den Konflikten sein kann, die ich aufgezeigt habe. Dies kann durchaus ein guter Kompromiß sein, wenn auf die hier gestellten Fragen angemessene Antworten gefunden werden. Bei allem sollten die Bürger, die mit maximalen Forderungen zum Schutz gegen Verkehrslärms an die Öffentlichkeit treten, auch einmal erwägen, daß sie selbst in der Regel auf ihr Kraft6826 fahrzeug, also ihre eigene Lärmquelle, unter keinen Umständen verzichten wollen. Gelegentlich erlebt man sogar glühende Kämpfer gegen den Fluch der Motorisierung, die ihren eigenen Zweitwagen in der Garage stehen haben. ({11}) Ich kenne einige dieser Zeitgenossen. Wenn man schließlich beobachtet, wie bei mittleren und hohen politischen Ämtern der Hubschrauber im Tiefflug mit ohrenbetäubendem Lärm als Alltagsverkehrsmittel in Mode kommt, dann schließt sich eigentlich der aufgezeigte Kreis. Er schließt sich dahin gehend, daß niemand versuchen sollte, in der Frage des Verkehrslärms ein billiges Schwarzer-Peter-Spiel zu inszenieren. Es ist kein Zweifel, meine Damen und Herren: Dieses Gesetz behandelt eine besonders schwierige und komplexe Materie. Ich kann nur hoffen, daß alle Betroffenen ohne Scheuklappen und ohne ideologische Verbrämung an diesem Gesetz mitarbeiten werden. Die Union wird dies sicher tun. ({12})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Herr Abgeordneter Daubertshäuser.

Klaus Daubertshäuser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000359, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Der Schutz gegen Verkehrslärm hat in der öffentlichen Diskussion einen sehr hohen Rang erhalten. Das ist uns aus unserer Wahlkreisarbeit ebenso wie aus allen entsprechenden Meinungsumfragen bekannt. „Die Bundesrepublik muß ein Land bleiben, in dem zu leben es sich lohnt. Wir werden dabei die Arbeit konzentrieren auf die Gesundung unserer Gewässer und Flüsse und die Bekämpfung des Verkehrslärms." Dies sagte in der Tat Bundeskanzler Helmut Schmidt in seiner Regierungserklärung am 16. Dezember 1976. Aber ebenso deutlich erklärte er in der gleichen Regierungserklärung: „Die Bundes regierung behandelt keine Gesetzgebungsinitiativen, die nicht von der Stellungnahme der betroffenen kommunalen Spitzenorganisationen begleitet sind. Darüber hinaus bemüht sich die Bundesregierung, in ihrer zukünftigen Gesetzgebungsarbeit zu verhindern, daß den Städten, Kreisen und Gemeinden zusätzliche erhebliche finanzwirtschaftliche Belastungen ohne entsprechenden Ausgleich zugemutet werden." Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf versucht, dieser doppelten Aufgabenstellung gerecht zu werden, indem er festlegen will, in welchen Fällen Schutz gegen Verkehrslärm notwendig ist und wann die Bürger diesen Schutz fordern können. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt deshalb ausdrücklich im grundsätzlichen die Initiative der Bundesregierung, weil dieser Gesetzentwurf es dem Parlament und seinen Ausschüssen ermöglicht, diese schwierige Problematik eingehend zu beraten. Wir hoffen, Herr Kollege Hanz, daß Ihrer Ankündigung Taten folgen werden und daß Sie in der weiteren Beratung auch Vorschläge unterbreiten werden, die wir heute bei Ihnen noch vermißt haben. Es ist sicher richtig: Bei diesen Beratungen werden wir ein breites Maßnahmenbündel zu diskutieren haben. Dabei ist zu beachten, daß wir nicht wie das Kaninchen auf die Schlange starren und neben den Immissionsgrenzwerten und den jeweils damit verbundenen Kosten den weiteren wichtigen Bereich vergessen, in dem man mit ordnungspolitischen und verkehrstechnischen Möglichkeiten den Verkehrslärm ebenfalls wirksam bekämpfen kann. ({0}) Es wird Aufgabe unserer weiteren Beratungen sein, den Zielkonflikt zwischen den Forderungen nach mehr Straßen und der unüberhörbaren Forderung nach Schutz der Umwelt durch sinnvolles Austarieren zu lösen; und wir wissen ja aus unserer Arbeit vor Ort, daß der Lärmschutz in der öffentlichen Meinung eine sehr hohe Priorität erhalten hat und daß es nichts Außergewöhnliches ist, daß Bürger mit der Begründung, andernfalls sei eine Lärmbelästigung zu erwarten, die Umplanung von Straßenbaumaßnahmen erreichen. Die politische Schwierigkeit dieses Gesetzes besteht nun auch darin, bei der Festsetzung von Immissionsgrenzwerten zu einem vernünftigen und vertretbaren Ausgleich zwischen den Erwartungen der Bürger an einem wirkungsvollen Lärmschutz und den finanziellen Möglichkeiten, insbesondere der Kommunen, zu kommen. Im Gesetzentwurf ist vernünftigerweise vorgesehen, die Immissionsgrenzwerte differenziert festzulegen, einmal nach der Bodennutzung und einmal nach Tag- und Nachtwerten, die bei den baulichen Änderungen von Straßen und Schienenwegen nicht überschritten werden dürfen bzw. bei deren Übertretung von dem jeweiligen Straßenbaulastträger Ausgleichsleistungen zu erbringen sind. Es ist unbestritten, Herr Kollege Hanz, daß es über die Höhe der festzusetzenden Immissionsgrenzwerte bis zum heutigen Tage unterschiedliche Auffassungen nicht nur in der Regierung und nicht nur in unserer Fraktion, sondern wohl - wenn wir ehrlich sind - in allen Fraktionen gibt. Die Bundesregierung hat ursprünglich die von den Ländern vorläufig befürworteten Werte eben aus umweltpolitischen Gründen für nicht hinnehmbar gehalten. Andererseits mußte sie aber bei ihrer Entscheidung Rücksicht eben auf die finanziellen Auswirkungen bei den Kommunen nehmen, und deshalb wohl liegen die im Gesetzentwurf genannten Immissionsgrenzwerte jetzt 5 Dezibel über den früher genannten Werten. Dabei muß man sehen, daß ein Mehr oder Weniger von 5 Dezibel für das menschliche Gehör bereits eine sehr deutliche Schwankung darstellt; dies entspricht nämlich schon fast einer Verdoppelung bei der Wahrnehmung des Lärms. An bestehenden Bundesfernstraßen, bei denen der Lärmpegel 75 Dezibel am Tag oder 65 Dezibel in der Nacht übersteigt, sollen ebenfalls Lärmschutzmaßnahmen vorgenommen werden, und zwar - verteilt über einen Zeitraum von 15 Jahren - jeweils nach der Dringlichkeit und auch nach Maßgabe der im Bundeshaushalt bereitgestellten Mittel. Der Gesetzentwurf sieht weiterhin vor, die Bundesregierung zu ermächtigen, durch Rechtsverordnung u. a. die Immissionsgrenzwerte für die Schienenwege zu erhöhen. Sie, Herr Kollege Hanz, haben vorhin moniert, daß dazu noch keine konkreten Aussagen existieren. Sie wissen aber sicher von Ihrem verehrten Kollegen Vorsitzenden des Verkehrsausschusses - er hat darüber bereits Informationsgespräche geführt -, daß man sich bemüht, uns diese Werte auf Grund von wissenschaftlichen Erhebungen zur Verfügung zu stellen. Hier scheint mir allerdings - da haben Sie recht - auch besondere Eile geboten, insbesondere deshalb, weil die Schienenfahrzeuge mit in die Lärmbegrenzung einbezogen werden müssen, und hier kann man bekanntlich nur bei Neuanschaffungen greifende technische Anforderungen verwirklichen. Der Bundesrat hat nun umfassend zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. U. a. verlangt er, daß die Industriegebiete bei der Festlegung von Immissionsgrenzwerten unberücksichtigt bleiben und daß auch an bestehenden Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen, bei denen der Lärmpegel 75 Dezibel am Tag und 65 Dezibel in der Nacht übersteigt, durch den jeweiligen Straßenbaulastträger im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in den nächsten 20 Jahren Schutzmaßnahmen vorzunehmen sind. Soweit es sich um passive Lärmschutzmaßnahmen an den Gebäuden handelt, sollen die Eigentümer nach dem Vorschlag des Bundesrates mit 50 % an den jeweiligen Kosten beteiligt werden. Nach den uns jetzt bekannten Schätzungen entstehen voraussichtlich Kosten von 150 Millionen DM pro Jahr für Bundesfernstraßen, von 18 Millionen DM pro Jahr für Land- und Kreisstraßen und von 300 Millionen DM pro Jahr für die Gemeinden. Für den Lärmschutz an bestehenden Bundesstraßen ist in den nächsten 15 Jahren mit 140 Millionen DM pro Jahr zu rechnen. In diesem Zusammenhang muß man auch ein Wort zu dem häufig aufgeworfenen Scheinargument sagen, Umweltschutz behindere das Wachstum. Daß dies ein vielleicht sogar verhängnisvoller Irrtum ist, ist in den letzten Monaten durch mehrere Untersuchungen erhärtet worden, wonach umweltpolitische Maßnahmen per Saldo nicht zu Beschäftigungseinbußen führen, sondern sich sogar positiv auswirken können. Daher kann durch staatliche Umweltpolitik, durch Verschärfung bestehender oder durch den Erlaß neuer Gesetze durchaus auch ein Nachfrageprozeß in Gang gesetzt werden. Ein Investitionsstau kann im übrigen auch durch zu wenig Gesetze entstehen. Das Heizenergiesparprogramm ist ein gutes Beispiel dafür. Wir glauben daß auch der hier zur Beratung anstehende Gesetzentwurf durch die Beendigung einer Rechtsunsicherheit Investitionshemmnisse abbaut und daß es dadurch zu einer Auflösung des Projektstaus im Straßen- und Schienenwegebau kommen kann. Damit verbunden sehe ich positive Arbeitsmarktauswirkungen in doppelter Hinsicht: vielleicht weniger im kapitalintensiven Straßenbau, dafür aber mehr im Umweltschutzgewerbe, hervorgerufen durch die dann erforderlichen Maßnahmen im aktiven und passiven Lärmschutz, die durchaus eine Vielzahl von neuen Arbeitsplätzen schaffen können. Dennoch gilt es, bei den Ausschußberatungen ein ganzes Bündel von Gedanken und Vorstellungen zu prüfen, die immer wieder an die Meßlatte des finanziell Darstellbaren gelegt werden müssen. Beispielhaft für diese Gesamtmaßnahmen möchte ich nur folgende Punkte ganz kurz ansprechen. War- um sollte es mit Blick auf die Kosten nicht möglich sein, zwei unterschiedliche Schallpegel, nämlich einen für den Entschädigungsfall und einen für den Planungsfall anzuwenden? Der Bereich der fahrzeugbezogenen Lärmentwicklung darf nicht vernachlässigt werden, auch nicht, wenn dem Spielraum des deutschen Gesetzgebers durch die EG enge Grenzen gesetzt sind. Denn aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, daß durch fahrzeugbezogene Maßnahmen am Pkw und am Lkw mittelfristig eine Immissionsverminderung von 5 dB durchaus erreicht werden kann. Durch städtebauliche und stadtplanerische Maßnahmen ist es ebenfalls möglich, zu einer Verringerung der Lärmbelästigung in Stadtgebieten zu kommen. Diese planerischen Maßnahmen schützen nicht nur Einzelgebäude vor zu großer Lärmbelästigung, sondern das gesamte Umfeld von Wohngebieten kann dadurch positiv beeinflußt werden. Die Finanzierbarkeit wird bei allen Modellbeispielen eine sehr große Rolle spielen müssen. Deshalb sollte man durchaus bereit sein, zu diskutieren, ob nicht auch eine Beteiligung der Nutznießer möglich ist weil z. B. durch den Einbau von Schallschutzfenstern nicht nur Lärmschutz, sondern auch ein energiesparender Effekt entsteht. Im verkehrsplanerischen Bereich kann ich mir eine ganze Reihe von Maßnahmen vorstellen, die ohne große Kosten Lärmschutz bringen, z. B. die Schaffung verkehrsberuhigter Zonen in Wohngebieten, die Bündelung des Verkehrs und den verstärkten Bau von immissionsgünstigen Umgehungsstraßen. Dies alles könnte durch verkehrslenkende Eingriffe unterstützt werden, z. B. die Schaffung eines Systems von Einbahnstraßen, die Umleitung des lärmintensiven Verkehrs in den Nachtstunden und die Abschaltung von Lichtsignalanlagen in den verkehrsarmen Zeiten. Eine wesentliche Position werden nach wie vor aktive Schallschutzmaßnahmen in Gestalt von Schallschutzwänden, Schallschutzwällen und Tunnellösungen sein. Hinzu kommen die passiven Schallschutzmaßnahmen an höheren Bauwerken bzw. dort, wo keine aktive Schallschutzmaßnahme möglich ist. Bei all diesen Überlegungen darf nicht vergessen werden, daß gerade unter ökonomischen Gesichtspunkten auch in der Verkehrserziehung auf ein umweltgerechtes Verhalten der Fahrzeugbetreiber verstärkt hingewiesen wird, weil vor allem die besonders störend wirkenden Spitzenpegelwerte des Lärms im allgemeinen durch Fahrlässigkeit oder unnötiges Verhalten herbeigeführt werden. Diese breite Palette der unterschiedlichen Möglichkeiten zur Lärmeindämmung spricht eigentlich gegen ein starres Schema allgemeingültiger Schutzmaßnahmen. Damit wollte ich verdeutlichen, daß eine Verbesserung der Lärmsituation wohl nur auf der Grundlage einer Kombination der gegenwärtig möglichen Maßnahmen angestrebt werden kann. ({1}) Eine einseitige Ausrichtung der Lärmschutzmaßnahmen auf den aktiven und passiven Schallschutz oder auch nur auf die Fahrzeuge oder nur auf die Verkehrsplanung ist mit Sicherheit volkswirtschaftlich nicht sinnvoll. Deshalb kann es durchaus sein, daß unterschiedliche lokale Gegebenheiten auch ein jeweils unterschiedliches Maßnahmenbündel verlangen. Mit dieser Aufzählung wollte ich aber auch verdeutlichen, daß wir bei den folgenden Beratungen keinen leichten Weg vor uns haben. Diesen sollten wir uns nicht durch Unsachlichkeit oder gar durch Unredlichkeit noch erschweren. Wir sind bei diesen Beratungen angewiesen auf eine konstruktive Partnerschaft von einer Vielzahl von Verbänden, Planungsbehörden, Industrien und Organisationen, in denen betroffene Bürger ihre Interessen vertreten sehen. Die jeweils von dort aus vertretene Position wird naturgemäß interessengefärbt sein. Wir und alle Beteiligten sollten deshalb wissen, daß nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen können; wir sollten aber auch wissen, daß ein verspäteter Straßenbau leichter zu verkraften ist als fehlender Lärmschutz, der für viele Bürger eine Minderung ihrer Gesundheit bedeutet. Deshalb: Straßenbau muß sein, aber nicht zu Lasten der Gesundheit unserer Bürger. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hoffie.

Klaus Jürgen Hoffie (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000935, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! 25 Millionen Bundesbürger fühlen sich durch Lärm, vor allem durch Verkehrslärm beeinträchtigt. Das geht aus dem erst kürzlich veröffentlichten Umweltgutachten 1978 des Sachverständigenrates hervor, und dies macht verständlich, warum in den letzten Jahren insbesondere nach der Verabschiedung des Bundesimmissionsschutzgesetzes am 1. April 1974 der Ruf nach verstärktem Schutz gegen den Verkehrslärm immer lauter und auch immer drängender geworden ist. Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm vom Dezember 1976 die Verkehrslärmbekämpfung zu einer prioritären Aufgabe der Umweltpolitik erklärt. Sie anerkannte damit den hohen Stellenwert solcher Schutzmaßnahmen und unterstrich deren besondere politische Bedeutung. Nach der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamtes fühlen sich von den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland rund 43 % durch Lärm aller Art bzw. rund 26 % durch Verkehrslärm gestört. Gestützt auf eine umweltorientierte höchstrichterliche Rechtsprechung verlangen die Bürger wegen der vorhandenen oder zu erwartenden Lärmbelästigung in zunehmendem Maße die Einstellung oder die Umplanung von Verkehrsbauten. In diesem Zusammenhang ist das Ergebnis einer Umfrage, die das Institut für angewandte Sozialwissenschaft im Auftrage des Bundesverkehrsministeriums im Sommer 1977 durchgeführt hat, von hohem Interesse. Danach waren 57 % der Befragten der Meinung, es seien genug oder bereits zu viele Straßen gebaut worden. Nach der Umfrage betrachten 75 °/o der Bevölkerung den Lärmschutz als sehr wichtig, wobei sich 64 % für aktive Lärmschutzmaßnahmen aussprachen und nur 14 dagegen waren. Meine Damen und Herren, diese Zahlen beweisen, daß die Bundesbürger im übrigen bei aller Liebe zu ihrem Auto in der Tat keine Straßenfetischisten sind, sondern vielmehr in ihrer Mehrheit der Auffassung, Umweltschutz geht vor Kilometer, zuneigen. Diese Einstellung des Bürgers zeigt sehr deutlich, daß er um die schädlichen Auswirkungen des Lärms weiß. Er weiß, daß, abgesehen vom humanen Aspekt, unzureichender Lärmschutz zu gesundheitlich und volkswirtschaftlich negativen Konsequenzen führt. Neben der Gesamtbelästigung kann, wie jeder weiß, der Lärm z. B. Schwerhörigkeit verursachen, den Schlaf, die Entspannung beeinträchtigen, Volkskrankheiten, wie Bluthochdruck, und viele andere Krankheiten fördern. Lärm mindert die berufliche Leistungsfähigkeit, kann die Abwanderung aus belasteten städtischen Gebieten auslösen, wobei vorhandene soziale Einrichtungen unrentabel werden, und er begünstigt damit auch die Zersiedelung unseres knappen Lebensraumes. Gerade weil die Empfindlichkeit des einzelnen gegen den Lärm auf Grund psychologischer und subjektiver Faktoren sehr unterschiedlich ist, sollten und müssen wir die profunden Lärmuntersuchungen z. B. des allgemein anerkannten und leider allzufrüh verstorbenen Sachverständigen Professor Klosterkötter berücksichtigen. Danach herrschen optimale Kommunikationsmöglichkeiten z. B. im Wohnbereich der Menschen, wenn der Mittelungspegel in Wohnräumen 40 Dezibel beträgt. Mit weitgehender Sicherheit ist ruhiges Schlafen nur bei einem Mittelungspegel von 25 bis 35 dB möglich. Werden diese Werte um mehr als 10 dB überschritten, dann sind Aufweckreaktionen und Schlafveränderungen zu erwarten. Bei den Immissionsgrenzwerten des Verkehrslärmschutzgesetzes für reine Wohngebiete werden diese genannten Innengeräuschpegel bei geschlossenen Normalfenstern beispielsweise erreicht. Andere Wissenschaftler, nämlich Buchta und Kastka, haben bei verschiedenen Untersuchungen über die Störwirkung von Straßenverkehrslärm festgestellt, daß ein deutlicher Anstieg der Belästigungsreaktionen bei einem Mittelungspegel von etwa 62 dB am Tage auftritt. Dieser deutliche Anstieg der Belästigungsreaktionen entspricht durchschnittlich 53 dB in der Nacht. Das Bundesverwaltungsgericht - auch das sollte hier noch einmal festgehalten werden - hatte am 21. Mai 1976 in einer grundlegenden Entscheidung unter Berücksichtigung der Grundsätze des Bundesimmissionsschutzgesetzes und des Bundesfernstraßengesetzes u. a. ausgeführt, daß es in reinen, in nicht vorbelasteten Wohngebieten einen Immissionsgrenzwert von 55 dB am Tage und 45 dB in der Nacht für, wie es hieß, einleuchtend halte. Ein Gesetzentwurf kann nur dann als umweltgerecht qualifiziert werden, wenn er an diesen Fakten nicht vorübergeht. Als der Verkehrslärmbekämpfung angemessen und auch als sachgerecht hatte die FDP im Herbst letzten Jahres die von den befaßten Fachressorts festgelegten Immissionsgrenzwerte begrüßt. Sie stimmten im wesentlichen mit der einschlägigen Rechtsprechung und den Erkenntnissen der Wissenschaft überein und hoben unseres Erachtens auch in ausreichender Weise auf das Finanzierbare ab. Der uns nun zur Beratung vorgelegte Gesetzentwurf, der auf Grund der Widerstände des Bundesfinanzministers - dafür muß man je wegen der Steuerverteilungsproblematk Verständnis haben - und der Bundesländer für Wohn-, Misch- und Gewerbegebiete durchgängig um 5 dB erhöhte Grenzwerte bringt, kann uns Freie Demokraten nicht befriedigen. Wir bedauern es außerordentlich, daß das Kabinett mehrheitlich die von Bundesinnenminister Maihofer vorgelegte Kabinettsvorlage insoweit abgeändert hat. Wir würden es deshalb sehr begrüßen, wenn sich der Gesetzentwurf bei der parlamentarischen Beratung im Bundestag und Bundesrat zum Schutz unserer Bürger spürbar verbessern ließe. Denn die jetzt für Baumaßnahmen nach § 1 des Verkehrslärmschutzgesetzes vorgesehenen Immissionsgrenzwerte muten dem Bürger mehr als das Dreifache des nach der ursprünglichen Kabinettsvorlage gerade noch tolerablen Verkehrs ohne Lärmschutz zu. Mit anderen Worten oder ganz einfach ausgedrückt: der Bürger soll die dreifache Menge an vorbeifahrenden Kraftfahrzeugen dulden. Es wird im Laufe der Beratungen des Gesetzentwurfs daher sehr eingehend zu prüfen sein, ob die seinerzeit im Kabinettsentwurf vorgeschlagene Lösung wirklich die finanzielle Leistungskraft insbesondere der Gemeinden dermaßen überfordert, daß ein weitgehender Kompromiß zu Lasten des Schutzes des einzelnen Menschen vor dem Verkehrslärm unausweichlich ist, sofern der heute unbefriedigende und unhaltbare Zustand, daß nämlich gesetzlich festgelegte Immissionsgrenzwerte fehlen, nicht weiterbestehen soll. Die FDP ist der Auffassung, daß die finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen für den Lärmschutz an neuen Straßen und Schienenwegen auf Grund der Kabinettsvorlage für alle Gebietskörperschaften tragbar sind. Der geschätzte Mehraufwand für solche Maßnahmen im Vergleich zum Verkehrslärmschutzgesetz würde für die Gemeinden etwa 240 Millionen DM pro Jahr, für die Länder 30 Millionen DM und für den Bund 110 Millionen DM betragen. Insgesamt wären anstatt 468 Millionen DM jährlich dann 844 Millionen DM aufzuwenden. Da für die Finanzierung der Lärmschutzmaßnahmen keine gesonderten Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, sondern die Investitionen aus dem Haushaltstitel für Straßenbau bestritten werden müssen, bedeutet die Realisierung des Lärmschutzes für den Bereich, in dem der Bund Träger der Straßenbaulast ist, bei den Immissionsgrenzwerten der Kabinettsvorlage eine Reduzierung der jährlichen Bauleistung um 54 Kilometer, bei denjenigen des Gesetzentwurfs um 31 Kilometer. Für die Länder und Kommunen sind in dieser Hinsicht keine Angaben möglich; hier dürfte es sich aber, gemessen am Gesamtvolumen, prozentual um eine ähnliche Größenordnung handeln. Die Differenz ist, wie man sieht, nur marginal. Von daher ist auch ein glaubwürdiger Zielkonflikt zwischen der qualitativen Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und dem Umweltschutz nicht einsichtig. Wir müssen uns ernsthaft die Frage stellen, ob und inwieweit wir bereit sind, auf einen bestimmten Teil neuer oder besserer Straßen zu verzichten und uns dafür aber vor unerträglichem Lärm besser schützen zu können. Der Gesetzentwurf sieht wie die ursprüngliche Kabinettsvorlage ferner vor, daß an bestehenden Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes, bei denen ein Mittelungspegel von 75 dB am Tage und 65 dB in der Nacht überschritten wird, der Schutz vor Verkehrslärm nach Dringlichkeit und nach Maßgabe der jeweils im Bundeshaushalt bereitgestellten Mittel innerhalb der nächsten 15 Jahre vorgenommen wird. Gerade hier, meine Damen und Herren, liegt - lassen Sie mich dies einmal so salopp formulieren - der Hase im Pfeffer. Es bleiben nach dem Gesetzentwurf Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden Schienenwegen, an bestehenden Straßen in der Baulast der Länder und Gemeinden außer acht. Es ist juristisch sehr fraglich, ob eine derartige Differenzierung vor den Gerichten überhaupt haltbar ist. Sollten aber wegen einer gerichtsfesten Lösung alle bestehenden Straßen und Schienenwege mit einem höheren Immissionsgrenzwert als 75 bzw. 65 dB in Schallschutzmaßnahmen einbezogen werden müssen, so würde deren Finanzierung ein Finanzvolumen erfordern, das heute noch nicht genau abschätzbar ist. Die entscheidende Frage für diesen Bereich der Lärmschutznachrüstung wäre die Finanzierbarkeit eben eines solchen Pakets. Die Schallschutznachrüstung an bestehenden Bundesstraßen soll, über 15 Jahre verteilt, insgesamt 2,1 Milliarden DM erfordern. Die Schätzungen für die Aufwendungen der Gemeinden bei einer Einbeziehung der Straßen, die in deren Baulast liegen, schwanken zwischen 3,3 und etwa 6 Milliarden DM. Über die Aufwendungen für Schallschutzmaßnahmen an bestehenden Schienenwegen über diesen Immissionsgrenzwerten liegen keine Zahlen vor. Die Suche nach der Auflösung dieser Problematik wird zweifelsohne der Schwerpunkt bei der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfes sein. Ein ganz wesentliches Moment bei der Lärmschutzbekämpfung ist nach Auffassung der Freien Demokraten aber auch die Reduzierung des Lärms an der Quelle. Gerade nach den nun wirklich vorbildlichen Erfolgen bei der Fluglärmbekämpfung durch beispielhafte nachträgliche Umrüstung der Flugzeuge auf leisere Triebwerke sind die Autohersteller, die Reifenfabrikanten, die Karosseriebauer und natür6830 lich auch die Straßenbauer gefordert, ihrerseits das verkehrstechnisch Mögliche zu tun, damit von ihren Produkten so wenig Umweltbelastungen wie nur irgend möglich ausgehen. Aber alle Anstrengungen zur Reduzierung des Motorenlärms, der Ablaufgeräusche durch verbesserte Reifentypen oder zur Schaffung neuer Straßenbeläge sind in ihrem Erfolg erheblich beschränkt, sofern sich die Auto- und vor allem die Motorradfahrer aller Kategorien und Altersstufen nicht einsichtig zeigen, leiser und damit rücksichtsvoller und vernünftiger zu fahren. Lärmschutz wird aber auch erreicht z. B. durch verkehrsberuhigte Zonen in Wohngebieten, durch Wohnstraßen, wie ich sie hier bereits des öfteren gefordert habe. Diese müssen endlich aus der Erprobungsphase heraus. Sie müssen, wo immer nur möglich, eingeführt werden. Insbesondere der Bund ist in diesem Zusammenhang aufgefordert, verstärkt Forschungsaufträge zu erteilen und Forschungsmittel für weitere lärmreduzierende Vorhaben bereitzustellen. Dies alles muß zusammenwirkend betrieben werden, damit wir nicht allzu schnell an die Grenzen des Machbaren stoßen. Denn wir können unsere Städte nicht mit Lärmschutzmauern umgeben, wir können unsere Häuser nicht in Schaumstoff einhüllen, und wir können auch unsere Straßen nicht generell in Tunnelröhren verbergen. Der Gesetzentwurf geht bedauerlicherweise hinter die Kabinettsvorlage zurück, bleibt aber noch besser als der Ist-Zustand, der bei neuen Straßen und Schienenwegen mit 75 bzw. 65 Dezibel achtmal höhere Lärmbelästigungen zuläßt. Es stimmt also ganz einfach nicht, daß überhaupt kein Gesetz, wie öffentlich zu hören war, besser sei als dieses Gesetz, meine Damen und Herren. Wir stehen gegenüber unseren Bürgern in der Pflicht, eine umweltadäquate Lösung zu finden. Dazu müssen wir die äußersten, auch die äußersten finanziellen Anstrengungen übernehmen. Davon werden sich die Freien Demokraten bei den bevorstehenden Ausschußberatungen leiten lassen. Sie werden sich auch davon leiten lassen, daß am Ende nicht ein berechtigter Vorwurf steht, der da heißt: Viel Lärm um nichts. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht. Der Ältestenrat empfiehlt, den Gesetzentwurf dem Verkehrsausschuß - federführend -, dem Innenausschuß und dem Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - mitberatend - und dem Haushaltsausschuß - mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung - zu überweisen. - Das Haus ist damit einverstanden. Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 13 bis 21 auf: 13. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 10. Dezember 1976 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Irland über die steuerliche Behandlung von Straßenfahrzeugen im internationalen Verkehr - Drucksache 8/1659 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß ({0}) Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen 14. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Abkommen vom 21. Januar 1975 und vom 16. September 1977 zur Änderung des Abkommens vom 14. September 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn-, Straßen-und Schiffsverkehr - Drucksache 8/1658 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß 15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren bei Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung nach Artikel 29 Abs. 6 des Grundgesetzes ({1}) - Drucksache 8/1646 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß ({2}) Rechtsausschuß Haushaltsausschuß 16. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes ({3}) - Drucksache 8/1647 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß ({4}) Rechtsausschuß Haushaltsausschuß 17. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. November 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über die Gegenseitigkeit in Amtshaftungssachen - Drucksache 8/1660 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß 18. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts - Drucksache 8/1678 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß ({5}) Ausschuß für Wirtschaft 19. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen - Drucksache 8/1694

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({0}) Finanzausschuß 20. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitglied- staaten über Funkstörungen durch Hochfrequenzgeräte und Funkanlagen ({1}) - Drucksache 8/1672 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen 21. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 25. April 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Straße zwischen Lörrach und Weil am Rhein auf schweizerischem Gebiet - Drucksache 8/1657 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen Das Wort wird nicht gewünscht. Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates ersehen Sie aus der Tagesordnung. Sind Sie damit einverstanden, daß wir über die Überweisungsvorschläge gemeinsam abstimmen? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Ist das Haus mit den Überweisungsvorschlägen einverstanden? - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf: Beratung der Sammelübersicht 22 des Petitionsausschusses ({2}) über Anträge zu Petitionen mit Statistik über die vom Deutschen Bundestag in der Zeit vom 14. Dezember 1976 bis 31. März 1978 eingegangenen Petitionen - Drucksache 8/1651 Das Wort wird nicht gewünscht. Wer der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf: Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({3}) - Drucksache 8/1643 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft Es ist Überweisung an den Wirtschaftsausschuß vorgeschlagen. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses ({4}) zu den Unterrichtungen durch das Europäische Parlament Entschließung zur Informationspolitik der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere zum Informationsprogramm der Kommission für. die Direktwahlen zum Europäischen Parlament Entschließung über das Wahlrecht bei der Direktwahl - Drucksachen 8/533, 8/710, 8/1635 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wernitz Ich frage, ob das Wort gewünscht wird? - das ist nicht der Fall. Der. Ausschuß empfiehlt Kenntnisnahme. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe die Punkte 26 bis 32 der Tagesordnung auf: 26. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({5}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({6}) des Rates über die Bestimmung des Ursprungs von Textilwaren der Kapitel 51 und 53 bis 62 des Gemeinsamen Zolltarifs Vorschlag einer Verordnung ({7}) des Rates über die Ursprungsnachweise für die Textilwaren der Kapitel 51 und 53 bis 62 des Gemeinsamen Zolltarifs bei der Einfuhr in die Gemeinschaft sowie die Voraussetzungen, unter denen diese Nachweise anerkannt werden können - Drucksachen 8/1556, 8/1669 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Unland 27. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts ides Finanzausschusses ({8}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften einer Richtlinie des Rates über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen und die Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen - aus Drucksache V/3774; Drucksache 8/1677 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kreile 28. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({9}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({10}) des Ra6832 Vizepräsident Frau Funcke tes zur Änderung der Verordnung ({11}) Nr. 2114/71 über die Beihilfen für Ölsaaten - Drucksachen 8/1267, 8/1683 Berichterstatter: Abgeordneter Peters ({12}) 29. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({13}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({14}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({15}) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse Vorschlag einer Verordnung ({16}) des Rates über Grundregeln für Milcherzeugerorganisationen Vorschlag einer Verordnung ({17}) des Rates betreffend das „Milk Marketing Board" Nordirland' - Drucksachen 8/1477 Nr. 7, 8/1684 Berichterstatter: Abgeordneter Peters ({18}) 30. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({19}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({20}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({21}) Nr. 2727/75 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide Vorschlag einer Verordnung ({22}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({23}) Nr. 1418/76 über die gemeinsame Marktorganisation für Reis Vorschlag einer Verordnung ({24}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({25}) Nr. 2742/75 über die Erstattungen bei der Erzeugung für Getreide und Reis - Drucksachen 8/1435 Nr. 43, 8/1685 - Berichterstatter: Abgeordneter Paintner 31. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie ({26}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag eines Entwurfs für eine Entschließung des Rates über die Leitlinien für die gemeinsame Politik im Bereich der Wissenschaft und Technologie Vorschlag eines Entwurfs für einen Beschluß des Rates zur Förderung von Forschungsvorhaben mit industrieller Bedeutung Vorschlag für einen Beschluß des Rates über ein Forschungsprogramm zur Vorausschau und Bewertung auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technologie - Drucksachen 8/768, 8/1638 Berichterstatter: Abgeordneter Ueberhorst Abgeordneter Lenzer 32. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung Landwirtschaft und Forsten ({27}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({28}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({29}) Nr. 2744/75 über die Regelung für die Einfuhr und die Ausfuhr von Getreide- und Reisverarbeitungserzeugnissen - Drucksachen 8/1435 Nr. 29, 8/1680 - Berichterstatter: Abgeordneter Rainer Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Aussprache wird ebenfalls nicht gewünscht. Sind Sie damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen? - Ich höre keinen Wiederspruch. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungen der Ausschüsse auf den Drucksachen 8/1669, 8/1677, 8/1683, 8/1684, 8/1685, 8/1638 und 8/1680. Wer ihnen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Tagesordnung. Ich berufe das Haus auf Mittwoch, den 26. April, 13 Uhr zu einer Fragestunde ein. Die Sitzung ist geschlossen.