Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/10/1978

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Sitzung ist eröffnet. Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Zeit besucht uns eine Delegation des dänischen Parlaments unter Leitung des stellvertretenden Präsidenten des Folketing, Frau Grete Haekkerup. Sie haben auf der Diplomatentribüne Platz genommen. Ich darf Sie recht herzlich bei uns begrüßen und Ihnen einen angenehmen Aufenthalt wünschen. ({0}) Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 22. Februar bis 7. März 1978 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/1608 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen. Die in Drucksache 8/1525 unter Nr. 4 aufgeführte EG-Vorlage Mitteilung über „Die Aktion der Gemeinschaft im kulturellen Bereich" wird als Drucksache 8/1611 verteilt. Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf: Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen - Drucksachen 8/685, 8/1408 Das Wort hat Frau Abgeordnete Renger.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001821, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der FDP gibt einen umfassenden Bericht darüber, in welcher Weise die Bundesregierung seit ihrem Beitritt zu den Vereinten Nationen am 18. September 1973 die Interessen der Bundesrepublik Deutschland in der Weltorganisation wahrgenommen hat. Die Bundesrepublik weiß sich dabei in die westliche Staatengruppe und die Europäische Politische Zusammenarbeit der EG eingebunden, die im UN-Bereich eine wesentliche Stärkung erfahren hat. Die Zusammenarbeit umfaßt gemeinsame Erklärungen nud gemeinsame Stimmabgaben, was in dieser Form sehr häufig vorgekommen ist. Die so rasch erfolgte Aufnahme der Bundesrepublik in den Sicherheitsrat ist ein Ausdruck der Anerkennung und des Gewichts, das unser Land in der Staatengemeinschaft erworben hat. Der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinten Nationen ist gegen die Mehrheit der Stimmen der CDU/CSU-Fraktion erfolgt. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben, soweit Sie gegen die Aufnahme waren, Ihren Widerstand und Ihr Mißtrauen gegen die Ostverträge und den Grundlagenvertrag mit der DDR höher bewertet als die Möglichkeit der politischen Einflußnahme der Bundesrepublik in der Weltorganisation, die durch die Vollmitgliedschaft nun möglich geworden ist. Ich bin sicher, meine Damen und Herren, daß Sie heute mit mir doch wohl in folgendem übereinstimmen können. Die gleichzeitige Aufnahme beider deutscher Staaten in die Vereinten Nationen hat die deutsche Teilung nicht vertieft, wohl aber die Bundesrepublik Deutschland davor bewahrt, außerhalb der Staatengemeinschaft isoliert zu sein. Ich möchte der Bundesregierung, insbesondere dem Bundeskanzler und dem Herrn Bundesaußenminister, dafür danken, daß sie die Rechtsposition der Bundesrepublik Deutschland wirksam vertreten und vor dem Forum der Vereinten Nationen deutlich gemacht haben, daß die deutsche Frage nicht gelöst ist. Sie ist in den Jahren der Mitgliedschaft offengeblieben, und sie wird noch lange offenbleiben. Die Beziehungen der Bundesrepublik zur DDR bleiben besonderer Natur. Die DDR ist auch als UN-Mitglied für uns nicht Ausland geworden. Die Viermächteverantwortung für Gesamtdeutschland und Berlin besteht entsprechend der gemeinsamen Erklärung der Vier Mächte vom 9. November 1972 fort. Die Bundesrepublik nimmt in den Vereinten Nationen die Interessen von Berlin ({0}) wahr, soweit nicht die Sicherheit und der Status Berlins berührt sind. Meine Damen und Herren, die Vereinten Nationen sind allerdings nicht der Ort, um die fortbestehenden Gegensätze der beiden deutschen Staaten auszutragen. Wer das erhofft haben sollte, hat die Möglichkeiten der Vereinten Nationen falsch eingeschätzt. Niemand wird dabei ignorieren wollen, daß der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland unserem Land Ansehen verschafft und die Chance eröffnet hat, im Rahmen der Möglichkeiten im Konzert der Staaten politischen Einfluß zu nehmen. Dieser Beitritt war nur durch die von Willy Brandt eingeleitete und von Bundeskanzler Helmut Schmidt in der sozialliberalen Koalition weitergeführte Entspannungspolitik in Europa möglich geworden. Damit ist die deutsche Frage in die regionalen Bemühungen zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die ja ein Teil der Bemühungen für eine Weltfriedenspolitik sind, eingebettet. Meine Damen und Herren, nach Auffassung der Bundesregierung - sie ist in der gestrigen Regierungserklärung ja noch einmal bekräftigt worden - bleibt es das politische Ziel der Bundesrepublik Deutschland, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Die europäische Friedensordnung gilt es auch im Rahmen der Vereinten Nationen fortzuentwikkeln und zu festigen. Dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der durch eine Fülle von Initiativen in vielen Teilen der Welt der Bedrohung des Friedens entgegengewirkt hat und immer wieder entgegenzuwirken versucht, gilt unser Dank. Meine Damen und Herren, die Vereinten Nationen sind nicht mehr vorwiegend vom Ost-West-Gegensatz der Großmächte bestimmt, wie es ja lange Zeit der Fall war. ({1}) Der Beitritt der Dritten Welt, die inzwischen zwei Drittel der Staatengemeinschaft ausmacht, hat das Kräfteverhältnis wesentlich beeinflußt. Aufgabenfeld der UNO ist demzufolge mehr und mehr die Bewältigung des Konflikts zwischen den Industriestaaten auf der einen und den Entwicklungsländern auf der anderen Seite geworden. Die Bundesrepublik Deutschland hat mit ihrem Beitritt zu den Vereinten Nationen die Verpflichtung übernommen, kooperativ an den gewandelten Aufgaben der Staatengemeinschaft mitzuwirken. - Ich bitte die Herren von der Opposition sehr um Entschuldigung; ich kann kaum meine eigene Stimme hören. ({2}) - Aber seien Sie so liebenswürdig, nicht lauter zu reden als ich, Herr Kollege Kohl! Das wäre außerordentlich liebenswürdig. ({3}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich fortfahren und in diesem Zusammenhang besonders zwei Komplexe herausgreifen, die miteinander verflochten sind: die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Nicht-Industrieländer und die weltweite Durchsetzung der Menschenrechte. Das Beitrittsjahr 1973 war zugleich das Jahr der Ölkrise. Dieses Ereignis leitete einen neuen Abschnitt in den weltweiten Beziehungen ein. Die zweite Welle der Dekolonisation soll wohl im Verständnis der jungen Staaten der Dritten Welt nach der politischen Befreiung nun auch die Befreiung aus der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Industrienationen bringen. Die nicht oder weniger entwickelten Länder wenden sich dabei gegen die Auffassung, ein ausschließlich marktwirtschaftliches System sei die beste Grundlage für eine wirtschaftliche und soziale Kooperation aller Staaten zur Sicherung des Friedens und der internationalen Zusammenarbeit. Sie behaupten, der Marktmechanismus führe dazu, daß die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden; er könne eine gerechte Verteilung des technologischen Fortschritts nicht gewährleisten. Als eine Konsequenz dieser Auffassung war wohl auch der Zusammenschluß der Ö1staaten zu einem Rohstoffkartell anzusehen, der der Forderung nach Umgestaltung der ökonomischen Beziehungen zwischen dem industrialisierten Norden und dem weniger entwickelten Süden Druck verleihen sollte. Er hat aber vor allem deutlich gemacht, daß Industrieländer und Entwicklungsländer in gegenseitiger Abhängigkeit stehen und auf Kooperation angewiesen sind. Wir wissen, daß die Zeit, in der man mit der Entwicklungshilfe allein auskam, vorüber ist, auch wenn deren Fortführung natürlich notwendig ist. „Geben und nehmen" lautet inzwischen die Devise. Die Bundesrepublik hat sich zu einem Interessenausgleich und zu einer Neugestaltung der Beziehungen zwischen Industriestaaten und Dritter Welt bekannt. Sie strebt, wie es in ihrer Antwort heißt, eine Reform der Weltwirtschaftsordnung auf weltoffener und marktwirtschaftlicher Grundlage unter Berücksichtigung der internationalen Solidarität und des Schutzes des schwächeren Partners an. Das darf keine salvatorische Klausel sein. Ich verweise auf die Entschließung des Bundestages vom 27. Oktober 1977, mit der die Bundesregierung namentlich im Rohstoffbereich aufgefordert wird, aktiv und konstruktiv an der Weiterentwicklung des internationalen rohstoffpolitischen Instrumentariums mitzuwirken und insbesondere bei den anstehenden Verhandlungen über die verschiedenen Formen eines gemeinsamen Fonds zu einer Lösung beizutragen, die unter Beachtung der Interessen der Industrieländer der besonderen Bedeutung der Rohstoffe für die Entwicklungsländer Rechnung trägt. Der konkrete Vorschlag der Bundesregierung zur Exporterlösstabilisierung bei Rohstoffen ist ein gutes Angebot für die Entwicklungsländer. Ähnliche konkrete Überlegungen müßten auch im Bereich des Technologietransfers und der Industrialisierung der Entwicklungsländer angestellt werden. Aus der Antwort ist zu entnehmen, daß das schon eingeleitet ist. Ein Ausgleich der Interessen der Industrieländer und der Entwicklungsländer setzt die gegenseitige Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft voraus. Ich glaube, es ist richtig: Dieser positiven Herausforderung müssen wir - es ist gar kein Ausweg weiter möglich - uns stellen. Die Entwicklung der Staaten der Dritten Welt steht im direkten Zusammenhang mit der Notwendigkeit von Abrüstung und Rüstungskontrolle. Fortschritte auf diesem Feld könnten zugunsten der Entwicklungsländer genutzt werden. Je weniger wir für Rüstungszwecke ausgeben müssen, desto mehr sind wir in der Lage, freiwerdende finanzielle und materielle Kapazitäten für die Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen. Abrüstung und Rüstungskontrolle sind deshalb ein ureigenes Anliegen der Vereinten Nationen. Sie gehen nicht nur die beiden Großmächte an. Für die am 23. Mai beginnende Sondergeneralversammlung ist zu hoffen, daß die Vereinten Nationen, die gerade gegenüber den Großmächten ein Ausdruck der Vielfalt der Staatenwelt geworden sind, hier Anregungen geben können. Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort eine Vielzahl von konkreten Impulsen genannt, die die Sondergeneralversammlung geben kann, um die in manchen Bereichen stagnierende Diskussion zu beleben. Es wäre ein großer Fortschritt, wenn es gelänge, einen Konsens der Staaten über Grundelemente der Abrüstungsdiskussion herbeizuführen und darauf ein Aktionsprogramm zur Abrüstung aufzubauen. Das ist eine große Hoffnung. Nur so können wir dem Fernziel einer allgemeinen, gleichen und vollständigen Abrüstung unter wirksamer internationale Kontrolle näherkommen. Ich weiß, daß das noch ein weiter Weg ist. Mit ihrem Beitritt zu den Vereinten Nationen hat sich die Bundesrepublik Deutschland erneut entsprechend der Charta zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts oder der Sprache bekannt und zu ihrer Verwirklichung verpflichtet. Die politische Zusammenarbeit in der Dritten Welt konfrontiert uns mit der Forderung nach deren nationaler Selbstbestimmung und Überwindung der Rassendiskriminierung. So wird zur Zeit auch die Menschenrechtsdiskussion in den Vereinten Nationen von den Problemen der Dekolonialisierung besonders in Rhodesien und der weißen Minderheitsherrschaft in Südafrika bestimmt. Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang nur einen Aspekt, einen menschlichen Aspekt, zu schildern. Die Apartheidpolitik gewährt der schwarzen Bevölkerung eine Art Bürgerrecht nur in sehr begrenzten, schlecht erschlossenen Gebieten. Hieraus ergibt sich der Zwang, außerhalb dieses Bereichs zu arbeiten. Was das für Paß- und Aufenthaltsbeschränkungen und die Zerreißung der Familien mit sich führt, kann man sich kaum vorstellen. Ich habe das kürzlich gerade in einem Fernsehfilm sehr deutlich gesehen. Wir selbst haben die Erfahrung machen müssen, was die Vorenthaltung der Selbstbestimmung, Umsiedlungsaktionen und Flüchtlingsströme bedeuten. Der Bundestag ist deshalb nachdrücklich für die Menschenrechte unseres eigenen Volkes im Ost-West-Gegensatz eingetreten. Die Bundesregierung hat auf dem Belgrader Folgetreffen, wie wir ja auch gestern gehört haben, sehr freimütig und gründlich und sicherlich nicht wirkungslos die Durchführung der Schlußakte von Helsinki und damit die Durchsetzung von Menschenrechten in der DDR und anderswo gefordert. Menschenrechte sind für uns unteilbar, wir müssen uns um sie in der ganzen Welt bemühen. Wir müssen für ihre Verwirklichung überall eintreten; erst dann wird unsere eigene Forderung ernst genommen werden. ({4}) - Wir stimmen da wohl überein. Dabei dürfen wir nicht außer acht lassen, daß die Menschenrechte entsprechend jeweiliger historischer und politischer Entwicklung unterschiedliche Definitionen erfahren haben. Dieses Problem muß behutsam gehandhabt werden. Das Hinwirken auf eine gemeinsame Ausgangsposition ist eben ein Prozeß, mit dem wir uns hier nicht abfinden müssen, sondern dem wir Impulse geben müssen. Die Bundesrepublik Deutschland, die in der Frage des Rassismus noch immer unter dem Schatten der Vergangenheit steht, ist aber gerade deshalb in besonderem Maße aufgefordert, in den Vereinten Nationen die klaren Positionen der demokratischen Selbstbestimmung und des gleichen Rechts aller Menschen zu vertreten und auf einen friedlichen Abbau der Gegensätze hinzuwirken. Wenn die Fortsetzung eines kolonialen Regimes oder die Aufrechterhaltung einer rassistischen Minderheitsherrschaft eine Verletzung der Menschenrechte ist, dann muß auch die Bundesrepublik Deutschland dies in den Vereinten Nationen geltend machen. Unter diesem Aspekt müssen wir auch die Legitimität von Befreiungsbewegungen betrachten. Wir haben hier schon häufig darüber gesprochen. Nach der UN-Charta ist die Weltorganisation eigentlich selbst aufgerufen, eklatante Verletzungen von Menschenrechten zu beseitigen. Die Konstruktion und unsere Erfahrung haben gezeigt, daß die Vereinten Nationen dazu noch nicht in einem ausreichenden Maße in der Lage sind. Wenn deshalb die Befreiungsbewegungen in Rhodesien oder Südafrika auf eigene Faust Menschenrechte durchsetzen wollen, können sie sich im Prinzip auf die Ziele der Charta berufen. Wir müssen diesen Konflikt zur Kenntnis nehmen. Unsere Position kann nur die sein, daß wir den von Krieg und Gewalthandlungen Betroffenen humanitäre Hilfe leisten. ({5}) Dagegen teilen wir die These von einem „gerechten Krieg", der ein aktives Eingreifen zugunsten einer Partei rechtfertigt, nicht, Herr Dr. Mertes. ({6}) - Haben Sie von mir etwas anderes erwartet? ({7}) Sie ist lediglich, wie wir gesehen haben, für die östliche Seite ein Vorwand zur Einmischung, aber auch für andere Seiten oftmals ein Vorwand für Einmischung und Einflußnahme und durchbricht damit den Friedensgedanken der Charta der Vereinten Nationen. Wir befürworten eine Politik des friedlichen Wandels im südlichen Afrika und begrüßen deshalb den Beitrag, den die Bundesregierung zur Lösung der Namibia-Frage im Sicherheitsrat leistet. Den humanitären Zielen der Bundesregierung und der UN-Charta entspricht auch der Konventions6206 entwurf der Bundesregierung zur Verhütung von Geiselnahmen, für den sich der Herr Bundesaußenminister besonders eingesetzt hat. Für terroristische Gewalttaten gibt es keine Rechtfertigung. Es ist zu hoffen, daß der Entwurf trotz der unterschiedlichen Auffassungen noch zu einem positiven Ergebnis führt. Die Bundesregierung wird sich darum weiter energisch bemühen müssen; davon gehe ich aus. Die Bundesrepublik Deutschland darf von den Staaten der Dritten Welt nicht erwarten, daß sie die Menschenrechte nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Selbstbestimmungsrechts und der Beseitigung der Rassendiskriminierung und kolonialer Abhängigkeit sehen. Wir pflichten der Bundesregierung bei, daß mit der Befreiung eines Volkes die Freiheit des einzelnen und die demokratische Mitbestimmung einhergehen müssen. ({8}) Befreiungsbewegungen, die sich nach dem Erlangen der nationalen Unabhängigkeit als ein Regime unter Mißachtung von Freiheit und Grundrechten etablieren, verstoßen ebenso gegen die Menschenrechte wie die vorherigen Kolonialregime. Zu den individuellen Menschenrechten gehören sowohl die Freiheitsrechte als auch die sozialen Grundrechte und auch die Religionsfreiheit. Die Charta und die beiden Menschenrechtspakte verpflichten uns, zur Achtung und Verwirklichung beider Arten von Menschenrechten beizutragen. Denn beide sind Angelegenheit der internationalen Staatengemeinschaft und gehören ihrem Wesen nach allein zur inneren Zuständigkeit eines Staates. Meine Damen und Herren, angesichts der Ernährungs- und Bevölkerungsprobleme und dem Mangel an sozialer Entwicklung in der Dritten Welt ist das Drängen der Entwicklungsländer auf die Durchsetzung der sozialen Menschenrechte berechtigt. Hier besteht auch ein unmittelbarer Bezug zur Reform der Weltwirtschaftsordnung. Die Bundesrepublik wird sich künftig gemeinsam mit den europäischen Staaten noch intensiver als bisher um die Verkoppelung der Sozial- und der Freiheitsrechte in der Menschenrechtspolitik der Vereinten Nationen bemühen müssen. Die Vereinten Nationen haben seit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahre 1948 ein umfangreiches Netz materieller Menschenrechte geschaffen. Entwicklungsbedürftig ist hingegen die nur sehr schwach ausgebildete verfahrensrechtliche Sicherung der Menschenrechte. Ein Fortschritt ist die Bildung des Ausschusses für Menschenrechte auf Grund des Paktes über bürgerliche und politische Rechte, der die Situation der Menschenrechte in den Vertragsstaaten prüft. Der Staatenbericht der Bundesregierung liegt vor. Er sollte in der UN die gebührende Beachtung finden. Der Vorschlag der Bundesregierung für einen Menschenrechtsgerichtshof. zielt auf eine weitere Verbesserung des Rechtsschutzes. Auch hieran muß weitergearbeitet werden, auch wenn im Moment die Verwirklichung noch in weiter Ferne steht. Ich meine, daß in Anbetracht der sehr verschiedenen Rechts- und Kulturkreise auch die Errichtung regionaler Kontrollsysteme gefordert werden sollte. Ich denke hier an das Vorbild der europäischen und interamerikanischen Menschenrechtskonvention. Meine Damen und Herren; erlauben Sie mir, noch einmal kurz zusammenzufassen. Der Schwerpunkt der künftigen Weltprobleme liegt im Ausgleich der wirtschaftlichen und sozialen Spannung. Davon hängen die Verwirklichung der Menschenrechte und die Bewahrung des Friedens ab. Die Vereinten Nationen sind das Instrument, diese Fragen zu behandeln und Lösungen zu finden. Für die europäischen Völker wird es von entscheidender Bedeutung sein, über die trügerische Ruhe der letzten Jahrzehnte hinauszugelangen und die eingetretene Umwandlung zu einer weltweiten Staatengesellschaft mit ihren drängenden neuen Problemen in ihr Bewußtsein aufzunehmen. Eine Isolierung von diesem Problem wäre verhängnisvoll. Es gilt, konstruktive Vorschläge zu machen, Initiativen zu ergreifen, erkannte Probleme hartnäckig anzugehen. Meine Damen und Herren, die Antwort der Bundesregierung hat deutlich gemacht, daß sie diese Aufgabe voll erkannt hat und in diesem Sinne für unser Land und für den Weltfrieden handeln wird. ({9})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat Herr Abgeordneter Amrehn.

Franz Amrehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Koalition gibt heute keinen Anlaß, die Schlachten von gestern zur Frage des Beitritts zu den Vereinten Nationen zu wiederholen. Wir gehen von dem aus, was heute ist, und richten den Blick in die Zukunft. ({0}) Dieser Blick in die Zukunft setzt allerdings auch voraus, sich Rechenschaft darüber abzulegen, welche Stellung die Vereinten Nationen heute überhaupt haben und wohin ihr Weg führt. Die hohen Ziele der Charta der Vereinten Nationen sind ein Vorgriff der Geschichte. Die Gründer hatten seinerzeit geglaubt, der Staatengemeinschaft so viel Erkenntnis nach dem Zweiten Weltkrieg und so viel Selbstbewußtsein zutrauen zu können, wie heute noch immer nicht erreicht ist. Der Grad der politischen Weisheit der Staatengemeinschaft ist weit hinter dem zurückgeblieben, was man sich 1945 vorgestellt hat. Aus der Tragödie des Zweiten Weltkrieges waren zwei Hoffnungen erwachsen. Die eine war, daß die Staatengemeinschaft nach dieser schrecklichen Katastrophe nur noch nach den Prinzipien der reinen Vernunft handeln würde und es von da an kein höheres Gesetz als den Gewaltverzicht mehr geben könnte. Die zweite Hoffnung bestand darin, anzunehmen, daß der Moment gekommen sei, die Welt nunmehr als eine Einheit zu begreifen, in der die Beseitigung von Rivalitäten, Konflikten, Konfrontationen und Interessengegensätzen nur noch Akte kollektiver Weltinnenpolitik sein würde. Mehr als 30 Jahre danach sind wir weit davon entfernt. Noch nie starrte die Welt vor Waffen so wie heute. Überall werden noch blutige Kämpfe ausgefochten. Es hat noch nie eine so große Zahl von unterernährten Menschen in der Welt gegeben wie heute. Zum Ost-West-Konflikt ist ein - damals noch ganz unbekannter - Nord-Süd-Konflikt hinzugetreten, zu dem Frau Kollegin Renger eben sehr zutreffende Ausführungen gemacht hat. Es gibt viele Ursachen dafür, warum wir in der Entwicklung der Weltgeschichte noch nicht weiter sind. Sie im einzelnen darzulegen würde jetzt zu weit führen. Aber in einer seitdem derart gewandelten Welt hat die Außenpolitik ihre Aufgabe der Pflege guter Beziehungen auf viele neue Felder ausdehnen müssen. Krisen an einem Punkt der Erde bergen heute leicht die Gefahr des Durchschlagens oder des Übergreifens auf einen anderen Punkt der Erde. Damit wären unsere eigenen Interessen berührt. Die der deutschen Außenpolitik obliegende Friedenssicherung ist heute mit den Problemen, Sorgen und Spannungen in anderen Teilen der Welt, auf anderen Kontinenten aufs engste verknüpft. Diese Außenpolitik erfordert heute neben den Mitteln der Diplomatie eben wirtschaftliche, technische, kulturelle, humanitäre und in sehr starkem Maße auch finanzielle Hilfe. Das Bemühen um Partnerschaft mit diesen Völkern, das die Bundesregierung in ihrer Antwort hervorhebt, ist daher prinzipiell- der richtige und umfassend zu verstehende Ansatz für eine zeitgemäße Außenpolitik auch auf der Ebene der Vereinten Nationen. Dies, Frau Kollegin Renger, war ja der Grund, daß wir schon in den 50er Jahren auf allen Ebenen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen im Namen der Bundesrepublik Deutschland nicht nur mit Worten, sondern ganz tatkräftig mitgearbeitet haben. ({1}) Nun wird niemand bestreiten können, daß das Bild, das heute - auch in der Antwort der Regierung - hier von den Vereinten Nationen gezeichnet worden ist, doch recht geschönt erscheint. Es ist nämlich wahr, was von dieser Stelle aus ein Bundesminister mit folgenden Worten ausgeführt hat: „Niemand wird bestreiten können, daß unter den Faktoren, die heute den großen Krieg verhindern, die Vereinten Nationen nicht der wichtigste ist." „Wahrscheinlich", so sagte er noch, „gibt es keinen Abgeordneten, den nicht gelegentlich die Neigung zu zynischem Spott überfallen hätte, wenn er in dem einen oder anderen Fall die Hilflosigkeit, ja, die Ohnmacht jener Organisation beobachten mußte." Der Widerspruch zwischen Idee und Wirklichkeit ist heute bei den Vereinten Nationen ganz besonders kraß geworden. Erst vor wenigen Monaten hat sich der kanadische Außenminister, dessen Land sich immerhin an der Gestellung von Friedenstruppen beteiligt, vor der Vollversammlung dahin geäußert, daß die Wirksamkeit der Vereinten Nationen trotz Hunderter von Entschließungen nicht zu einem befriedigenden Ergebnis geführt habe. Er befürchtet, daß die Vereinten Nationen und die Sonderorganisationen allmählich - so wörtlich - ausdörren, weil der Kraftaufwand, die politische Anstrengung, die immer größer werdende Apparatur und die Kosten in keinem vernünftigen Verhältnis zum politischen Ertrag stehen. Wir vermissen es, Herr Bundesaußenminister, daß sich die Bundesregierung zu solchen Grundsatzfragen äußert, wenn sie schon auf 16 langen Seiten eine Stellungnahme zu den Fragen der Vereinten Nationen abgibt. Wenn Sie antworten sollten, die Fragen, die da von den Koalitionsparteien gestellt worden seien, umfaßten nicht diesen Punkt, dann würde ich doch sagen: Die Bundesregierung hat der Antwort einen mehrseitigen Vorspruch vorangeschickt, und das war der Platz, an dieser Stelle die Grundsatzhaltung der Regierung zu den Vereinten Nationen überhaupt erst einmal zu klären. ({2}) Die Antwort - und auch manches, was meine Frau Vorrednerin gesagt hat - klingt so, als wäre bei den Vereinten Nationen alles, wenn zwar schon nicht in Ordnung, so doch auf dem besten Wege. Die einzige Kritik, die auch in der Antwort vorscheint, lautet: Die Weltorganisation konnte nicht die weitgespannten Erwartungen erfüllen, die ihre Gründer in sie gesetzt hatten. - Dies ist zuwenig. Wir hätten gern einige grundsätzliche Perspektiven für die UNO selber kennengelernt, unter denen die Bundesregierung ihre Mitwirkung einbringt. Je größer die technische Organisation und das Aufgabenfeld der Vereinten Nationen werden, desto mehr zerflattert augenblicklich ihre tatsächliche Wirksamkeit. Sicher läßt sich sagen: Aus der heutigen Welt ist das Forum der Vereinten Nationen mit ihren unzähligen Unter- und Sonderorganisationen als Instrument des Meinungsaustausches über Interessenausgleich und Friedensstiftung nicht mehr wegzudenken, und es ist auch nicht zu ersetzen. Aber die Vereinten Nationen werden ihrem Zweck wirklich nur dann näherkommen, wenn sie eine Auswahl vorrangiger Aufgaben auf Gebieten treffen, die einer konkreten Regelung gegenüber offen erscheinen. Hier würden Konzentration und Vertiefung in die Einzelaufgabe mehr Aussicht auf Erfolg versprechen.. ({3}) Die Vollmitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland hat ihr eine zusätzliche Verantwortung auferlegt. Damit hat die Bundesrepublik Deutschland nicht nur eine neue Rolle übernommen, wie es in der Antwort heißt, sondern sie wird nach dem Grad ihrer eigenen Leistung und ihres Ansehens in der Welt mit ihrem Gewicht als bedeutender außenpolitischer Faktor dafür in Anspruch genommen, auch außerhalb ihrer unmittelbaren Sphäre Spannungsursachen und Konfliktherde jeder Art mit abbauen zu helfen. Wir werden dadurch die Adresse für ganz hochgespannte Erwartungen und Forderungen, die an uns als Staat und als Wirtschaftsmacht gestellt werden. Dies ist eine ungeheure Herausforderung. Sie ist voller Hürden. Wir können ihr nicht ausweichen, wir wollen ihr auch nicht ausweichen in dem Wissen, daß es in den Vereinten Nationen durchaus grundlegende Meinungsverschiedenheiten und Interessengegensätze gibt, hinsichtlich derer wir Stel6208 lung zu beziehen haben und uns nicht durchlavieren können. Die Bundesregierung sucht solche Fragen zu überspielen. Der rote Faden der Antwort lautet: Wir sind einigermaßen zufrieden. Seit wir dabei sind, ist alles besser. Die Bundesregierung sagt wörtlich: Von einer wachsenden Tendenz zur Konfrontation ist es inzwischen zu einer zunehmenden Bereitschaft zur Kooperation gekommen. Vorschläge der Bundesregierung, die VN zu stärken und sie zu einem Forum des Ausgleichs zwischen Nord und Süd zu machen, wurden positiv aufgenommen. An anderer Stelle heißt es: Die Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit, die die sich auf konkrete und erreichbare Ziele konzentriert, ist gewachsen. Darüber, Herr Bundesaußenminister, hätten wir auf 16 Druckseiten gern etwas Näheres gehört, zumal der Satz in einem ganz klaren Widerspruch zu einem anderen Satz an anderer Stelle steht, wo es heißt: Die Arbeit der Sonderorganisationen wurde in letzter Zeit zunehmend durch politische Auseinandersetzungen belastet. Ich finde, daß das nicht zueinander paßt. Lassen Sie mich ein Beispiel herausnehmen. Es ist das Beispiel des Seerechts. Da wird seit Jahren verhandelt. Auf manchen Gebieten hat man zwar angefangen, sich zu verständigen, aber in dem eigentlich entscheidenden Punkt des Meeresbodenbergbaus ist man sich noch nicht einen Zentimeter nähergekommen. Hier gibt es wirklich eine Konfrontation in prinzipiellen Fragen, die natürlich auch Bedeutung für die kommende Weltwirtschaftsordnung haben. Die Antwort der Bundesregierung in puncto Abbau der Konfrontation hat also den Charakter einer Verschönerung der Wirklichkeit. Gerade in Sachen Meeresbodenbergbau, der die Industrienationen vielleicht bald zu selbständigem Vorgehen zwingen könnte, stehen wir und die ganzen Industriestaaten dem sogenannten Block der 77 gegenüber, die heute auf mehr als 100 Nationen angewachsen sind. So besteht in den entscheidenden Fragen der Weiterentwicklung der Weltwirtschaft im ganzen, der Rohstoffversorgung und insbesondere auch auf dem Gebiet des Meeresbodenbergbaus fast durchweg eine Zweidrittelmehrheit gegen die Industriestaaten. Zwei Grundzüge der weltpolitischen Entwicklung stoßen hier aufeinander: Dem Zug zu immer größer werdender Universalität der Weltorganisation steht eine Atomisierung der Staatengemeinschaft gegenüber. Sie hat Charakter und Arbeitsweise der Vereinten Nationen entscheidend verändert. Sie ist eine Ursache unzureichender Wirksamkeit der Organisation. Am Anfang der Vereinten Nationen stand nicht die Vorstellung, daß jede einzelne Antilleninsel zum selbständigen Staat erhoben wird. In der Charta steht das hohe Prinzip der Selbstbestimmung der Völker. Dies müßte ausschlaggebend geblieben sein. Nach dem Prinzip der souveränen Gleichheit aller Staaten haben heute kleinste westafrikanische Inseln mit einigen zehntausend Einwohnern in den Vereinten Nationen das gleiche Stimmrecht wie China mit mehr als 900 Millionen Menschen. Dies ist eine Absurdität, ja, es ist geradezu auch eine Parodie auf ein anderes Prinzip, das in den Vereinten Nationen so hochgehalten wird, daß nämlich jedem Mann eine Stimme zustehe. Meine Damen und Herren, die Vereinten Nationen werden sich entschließen müssen, die Staaten nicht nur zu zählen. Wir haben ja ähnliche Probleme in jedem föderativen Staat. Wir haben das Problem jetzt bei den europäischen Wahlen, bei denen auf kleinere Staaten im Verhältnis zu größeren Staaten Rücksicht genommen werden muß. Es muß neben die reine Zählung der Staaten ein nach anderen Kriterien bestimmtes Prinzip der Ausgewogenheit der Stimmen hinzutreten, wenn den Entschließungen der Vereinten Nationen, besonders der Generalversammlung, eine größe Wirksamkeit für die Zukunft zugedacht werden soll. Daneben zeigt sich immer deutlicher die Notwendigkeit, Problemlösungen nicht nur im Weltmaßstab zu suchen. Das ist gelegentlich eine schier unlösbare Aufgabe. ({4}) Eine Regionalisierung der Probleme kann die Lösungen erleichtern. Das gilt für den Bereich Europa, das gilt für die Organisation afrikanischer Einheit, das gilt für andere Kontinente. Aber das Problem ist nicht eigentlich eine Frage der Kontinente, sondern eine Frage der Wirtschaftsräume und der Sachzusammenhänge. Hier ist in der Tat auch das Lomé-Abkommen der Europäischen Gemeinschaft ein hervorragendes Vorbild, das mit Pate stehen kann bei anderen Entscheidungen der Vereinten Nationen. ({5}) Volle Unterstützung verdient die wiederholte Betonung des Gewaltverzichts in der Antwort der Bundesregierung. Der Gewaltverzicht ist in der Tat das Fundamentalprinzip der Charta der Vereinten Nationen. Die Bundesregierung betont den Gewaltverzicht - Frau Kollegin Renger hat es ebenfalls getan - auch für das südliche Afrika. Dem stimmen wir gerade in diesem Augenblick besonders zu. Wenn aber der Gewaltverzicht ein Fundamentalprinzip unserer Außenpolitik und ein Fundamentalprinzip der Vereinten Nationen ist, dann müssen sich Vereinte Nationen wie Bundesregierung von jeder moralischen oder politischen Unterstützung der Organisationen freihalten, die Gewalt auf ihre Fahnen geschrieben haben. ({6}) Es ist ein logischer wie politischer Widerspruch, auf der einen Seite der Gewalt abzuschwören und auf der anderen Seite der gewalttätigen SWAPO den Status der einzigen legalen Vertretung zu geben, ({7}) derselben SWAPO, von der gesagt wird, daß sie sich kürzlich in New York zum Frieden und zur friedlichen Regelung bekannt habe, deren Hauptführer Nujoma aber vor vier Tagen im amerikanischen Rundfunk in einem Interview erklärt hat, den bewaffneten Kampf solange fortzuführen, bis der letzte Soldat Südafrikas Namibia verlassen hat.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Holtz?

Franz Amrehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte, Herr Kollege Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

In diesem Zusammenhang: Verurteilen Sie auch die militärische Aggression der rhodesischen Armee auf Sambia?

Franz Amrehn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

In diesem Zusammenhang würde ich Ihnen gern eine andere Antwort geben. Es ist genauso ein politischer wie logischer Widerspruch, die Patriotische Front, deren Gewalttaten bekannt sind, als einzigen Verhandlungspartner anzunehmen und die anderen, die 80 % der Bevölkerung hinter sich haben, international im Abseits stehen zu lassen. Auch das ist ein Widerspruch, an dem sich unsere Bundesregierung beteiligt. ({0}) - Wahrscheinlich sind es noch soviel mehr, daß ich mich mit 80 % schon an der unteren Grenze dessen bewege, was nach allen Erkundigungen, die dort möglich sind, herauskommt. ({1}) Meine Damen und Herren, in der Antwort der Bundesregierung heißt es, sie könne die Möglichkeit ihrer Mitwirkung in den Vereinten Nationen voll ausschöpfen. Der Maßstab sei die umfassende Wahrnehmung unserer Interessen. Wir haben mit den Vereinten Nationen ein Forum, in dem wir vor der Weltöffentlichkeit deutlich machen können, daß die deutsche Frage noch nicht gelöst ist. Ich könnte jetzt in ähnlichem Sinne Herrn Corterier etwa zitieren oder auch Herrn Bangemann, die alle Sätze ähnlichen Inhalts in diesem Hause gesprochen haben. Die deutschen Interessen werden sicher umfassend in den Vereinten Nationen berücksichtigt. Aber diese Interessen sind auch von einem ganz klaren eigenen Ziel geleitet, nämlich die Selbstbestimmung nicht nur für andere zu fordern, sondern vor den Vereinten Nationen auch für uns selber einzufordern. Wir vermissen in dem Bericht der Bundesregierung Mitteilungen darüber, wie sie denn von dieser Möglichkeit, die eigenen Interessen in diesem Punkt nachhaltig zur Geltung zu bringen, Gebrauch gemacht hat. Die Bundesregierung will doch wohl selbst nicht behaupten, daß ihre Möglichkeiten mit dem Zitat eines Satzes aus dem Brief zur deutschen Einheit ausgeschöpft seien. Nun erkennen wir gern an, Herr Bundesminister des Auswärtigen, daß gerade Sie in Ihren Reden vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen diesen Punkt in den letzten Jahren etwas schärfer herausgearbeitet haben, ganz nach den Vorstellungen, die auch wir dazu entwickeln. Es ist auch anzuerkennen, daß Sie die Anregung gegeben haben, einmal über die Möglichkeit der Einführung einer Menschenrechtsgerichtsbarkeit in den Vereinten Nationen mehr nachzudenken. Zu einer Initiative ist es nicht gekommen. Das kann dann doch wohl nicht alles sein, was die Bundesregierung tut, um die eigentlich deutschen Interessen wahrzunehmen. Wir bedauern, Herr Bundesaußenminister, daß sich die Bundesregierung bis heute weigert, den Bericht über Verwirklichung und Verletzung der Menschenrechte im geteilten Deutschland vorzulegen, wie es die CDU/CSU-Fraktion wiederholt verlangt hat, und daß sie sich weigert, den Menschenrechtsbericht, den wir bei den Vereinten Nationen einst eingereicht haben, auf den heutigen Tag fortzuschreiben. Wir machen uns bei jeder Gelegenheit zum Sprecher, um Menschenrechte für andere einzufordern. Wir klagen andere Regime an, politische Gefangene zu haben. Aber wir haben noch nie die Anklage gehört, daß in der Deutschen Demokratischen Republik 5 000 politische Gefangene festgehalten werden und daß ihre Zahl trotz kostspieliger Freilassungen von etwa 1 500 im Jahr noch immer nicht kleiner wird. Die deutsche Frage ist in erster Linie eine Frage der Menschenrechte für alle Deutschen, und daher gehört sie auch vor die Vereinten Nationen. ({2}) Man komme nicht damit, das seien querelles allemandes, deutsche Quengeleien. Das sind doch die ernstesten Probleme, die wir haben. Sie sind doch auch, wie es hier gestern ausgeführt worden ist, Gegenstand einer Diskussion, die in der DDR und in der SED bis in die Tiefe geht. Was wir für andere Länder fordern oder dort anprangern, das kann doch auch im eigenen Land nicht zur Nebensache werden, als die sie erscheinen muß, wenn sie mit wenigen Worten stereotyp abgehandelt wird. In diesem Zusammenhang lassen Sie mich noch etwas sagen. Ich höre heute morgen im Rundfunk, der Regierende Bürgermeister von Berlin habe den Staatspräsidenten Geisel öffentlich aufgefordert, in Brasilien endlich Demokratie zu wagen. Da frage ich: Warum richtet ein Regierender Bürgermeister diese Aufforderung dann nicht auch gleichzeitig an Herrn Honecker? ({3}) Wir verlieren die Legitimation, von anderen zu fordern oder sie anzuklagen, wenn wir im eigenen Bereich nicht dasselbe Prinzip anwenden. ({4}) Die Bundesregierung sagt in ihrer Antwort, die Interessenvertretung Berlins konnte die Bundes6210 regierung in der üblichen Form regeln; sie ist bemüht, die noch vorhandenen Schwierigkeiten zu überwinden. Das ist übrigens die einzige Stelle, wo die Bundesregierung einmal von Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Arbeit in den Vereinten Nationen spricht. Aber diese überaus wichtige Frage der unzweideutigen Vertretung Berlins kann sich doch nicht in Form eines nichtssagenden Anhängsels in der Antwort abtun lassen. Diese Schwierigkeiten, die hier angedeutet werden, bedurften doch gerade in einer so langen Antwort einmal einer Darstellung. Begegnet die Bundesregierung hier denn nicht denselben Schwierigkeiten, die sie mit Moskau bei den Verträgen hat, die fertig sind, aber bei denen man sich nicht über eine Berlin-Klausel einigen kann? Ist die Bundesregierung hier nicht mit der Tatsache konfrontiert, daß die Sowjetunion den Satz, den Bundeskanzler Brandt am 3. September 1971 über alle Sender verkündet hat, nicht akzeptiert und der da lautet: Die Zugehörigkeit Berlins zu unserer Bundesrepublik wird nicht mehr umstritten sein. Sind hier die westlichen Alliierten und die Bundesregierung nicht in einen jahrelangen_ Notenkleinkrieg verstrickt um Personen und Sachen? Und da komme ich noch einmal auf die deutschen Quengeleien: Wenn eine Supermacht vom Range der Sowjetunion zäh, hartnäckig, ausdauernd, konsequent immer wieder diesen Punkt Berlin im kleinsten Notenkrieg vor aller Offentlichkeit zwar nicht, wohl aber im internen Bereich der Vereinten Nationen für eine so hohe, wichtige politische Sache hält, daß sie in diesem Punkt keine Nachgiebigkeit zeigt, dann können wir doch nicht von Kleinigkeiten sprechen, die Sache nicht bagatellisieren oder unter den Teppich kehren. ({5}) Die Bundesregierung deutet auch nicht an, wie sie denn die Schwierigkeiten überwinden will, obwohl doch das gerade ein Punkt ist, den die Bundesregierung hier vor dem Hause damals für einwandfrei gelöst erklärt hat und der doch so unklar bleibt, wie er sich aus dem beständigen Notenwechsel mit der Sowjetunion ergibt. Ob es sich um die Vertretung Berlins, um Selbstbestimmung oder allgemein um Menschenrechte handelt, eine Politik, die solche Rechte für andere lauthals fordert, die aber die eigenen Interessen leider nicht vor der Weltöffentlichkeit in der UNO behandeln läßt, gerät in die Gefahr, daß die Welt draußen den falschen Eindruck gewinnt, die Sache sei erledigt, wir hätten uns abgefunden, es gäbe in dieser Hinsicht für uns keine vitalen Interessen mehr. Dem gilt es sichtbar und hörbar auch in den Vereinten Nationen entgegenzuwirken. Diesen Rat müssen wir der Regierung ganz dringlich auf den weiteren Weg ihrer Arbeit in den Vereinten Nationen mitgeben. ({6})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Abgeordnete Jung.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der programmatischen Aussage der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 1969 forderten wir die Mitgliedschaft der Bundesrepublik in den Vereinten Nationen aus der Erkenntnis, daß die bis dahin erfolgte, an der Hallstein-Doktrin orientierte Politik der Isolierung des anderen deutschen Staates, der DDR, sich zum Schaden des deutschen Volkes auch in seiner Gesamtheit auszuwachsen begann. Gegen den Widerstand eines Teils der Opposition trat die Bundesrepublik am 11. Mai 1973 der Charta der Vereinten Nationen bei. Sie ist seit dem 18. September 1973 Vollmitglied dieses höchsten internationalen Gremiums. Dieser Schritt war eine angestrebte Folge der Ost- und Entspannungspolitik der sozialliberalen Koalition. Mit dem Beitritt begann jene neue Phase international verantwortlicher Politik, die dem wirtschaftlichen Gewicht der Bundesrepublik in der Welt die entsprechende politische Dimension folgen ließ. Die Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen ist in den inzwischen vergangenen vier Jahren von folgender außenpolitischer Leitlinie geprägt worden: Die Bundesrepublik muß im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Bedeutung im Zusammenwirken mit den Verbündeten Außenpolitik mit weltweiter Verantwortung auf der partnerschaftlichen Grundlage der Gleichberechtigung aller Staaten betreiben. Diese Politik zielt darauf, die Unabhängigkeit anderer zu stärken, das System politischer Einflußzonen abzubauen, den Nord-Süd-Ausgleich zu fördern und die Friedenssicherung auszubauen. Es ist der Außenpolitik der Bundesrepublik gelungen, das Angebot, Partner sein zu wollen, vor allem im Rahmen der UNO-Aktivitäten glaubhaft zu machen. Dies zeigt sich z. B. in einer festzustellenden Aufweichung der früher starren Blockbildung bei Abstimmungen und Resolutionen. Vor diesem Hintergrund hat die Aussage des deutschen Außenministers zur Selbstbestimmung für die unteilbare deutsche Nation ihr besonderes Gewicht. Gerade die jungen Staaten der Dritten Welt, die sich Selbstbestimmung und Gleichberechtigung erkämpfen, bekunden ein Verständnis für diese deutsche Forderung, das nur aus eigener Erfahrung erwachsen kann. Wenn die „New York Times" am 25. September 1977 unter der Prämisse, daß die Bundesrepublik nach vier Jahren der Mitgliedschaft mündig geworden sei, ihr eine außerordentlich konstruktive Präsenz bescheinigt und ihr die Rolle eines Katalysators, als einer Macht hinter dem Vorhang, die die Parteien in delikaten diplomatischen Situationen zsammenbringt, zuschreibt, belegt dies, daß diese Politik erfolgreich ist. Dieser Erfolg ist der deutschen Außenpolitik aber nicht in den Schoß gefallen, abgesehen davon, daß sie gegen den erklärten Willen der Opposition durchgesetzt werden mußte, die sich wie immer in den letzten Jahren, wenn es Erfolge gab, ungeachtet der früheren Ablehnung jetzt als Vorantreiber aufspielt. Ich darf in diesem Zusammenhang an meine Rüge an einen jungen Kollegen der CDU/ CDU-Fraktion vor einiger Zeit erinnern, als es um den Beitritt zum Anarktis-Vertrag ging, wo er der Bundesregierung glaubte vorwerfen zu müssen, dies hätte früher geschehen müssen, ohne dabei zu berücksichtigen, daß eine der wichtigen Voraussetzungen überhaupt die Mitgliedschaft in der UNO war, die von einigen seiner Kollegen zu früherer Zeit nicht gefördert wurde. Vor allem war es die unspektakuläre Kleinarbeit hinter den Kulissen, das faire partnerschaftliche Rollenverständnis, das zum positiven Ansehen der deutschen UN-Mitwirkung beitrug. So war es zweifellos keine Sensation, aber ein entsprechender Vertrauensbeweis, als die Bundesrepublik in den Kreis der nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates berufen wurde. Wir unterstützen die Zielsetzung, diese Mitgliedschaft zu nutzen, um die Entspannungspolitik voranzutreiben, um Gewalt als Mittel der Problemlösung weltweit zu diskriminieren. Die Fraktion der Freien Demokraten hat sich dafür eingesetzt, die Verhandlungen über die Krisenherde in der Welt dahin zu beeinflussen, daß die letzten Endes ergebnislosen Konfrontationen in der Vollversammlung zugunsten des sachlichen Dialogs abgebaut werden. Nur so waren und sind Konsensentscheidungen zu erhoffen. Wir haben uns z. B. dafür entschieden, durch eigene konstruktive Vorschläge und Initiativen die oft beklagte Defensivhaltung der westlichen Mitgliedstaaten im Sicherheitsrat abzubauen. Erste Ergebnisse dieser Politik waren der Vorschlag einer Prinzipienerklärung zur Apartheidspolitik und der Vorschlag, einen UN-Beauftragten für Rhodesien zu ernennen. Diese Haltung der Bundesrepublik hat ganz besonders dazu beigetragen, daß die neuen EG-Partner in viel höherem Maße als früher mit einer Stimme auftraten. Das war auch ein Ergebnis von internen Bemühungen innerhalb der liberalen Fraktion des Europäischen Parlaments, in der sich insbesondere mein Freund Bangemann um Vorfeldarbeit für UN-Entscheidungen eingesetzt hat. Handfestes Ergebnis dieser Politik ist das oftmalige Eintreten eines der neun Vertreter für den anderen unter den neun EG-Staaten, ganz im Gegensatz übrigens zu den Erfahrungen, die wir sehr oft in Brüssel machen müssen. Die gemeinsam betriebene Vorbereitung auf die UNO-Sitzungen hat das Klima in den Vollversammlungen nachweislich positiv verändert. Es war uns Freien Demokraten bei der Forderung, die Bundesrepublik müsse Mitglied der Vereinten Nationen werden, klar, daß damit allein die Belastungen, die aus dem Ost-West-Spannungsverhältnis für uns entstehen, nicht abgebaut werden. Dazu sind diese Spannungen zu grundsätzlich. Wir gingen aber bei unserer Entscheidung davon aus, daß in diesem Gremium die ganz wesentlichen Entscheidungen zum Abbau der Nord-Süd-Spannung erarbeitet werden. Für die übergroße Mehrheit der Entwicklungsländer ist das Forum der Vereinten Nationen das einzige, in dem sie internationale Verantwortung übernehmen können. Die bisherige Mitwirkung in den UN-Gremien hat uns bestätigt. Die wesentlichen Fragen des früheren Nord-Süd-Konfliktes sind in einen Nord-Süd-Dialog übergeführt worden. Die Bundesrepublik hat an dieser Entwicklung sehr wesentlichen Anteil. Darüber hinaus ist natürlich festzuhalten: Es gab eine Reihe wichtiger Gremien, zu denen wir als Nichtmitglied keinen Zugang hatten. Über den Antarktis-Vertag haben wir uns ja erst vor kurzem auseinandergesetzt; ich habe eben schon eine Bemerkung dazu gemacht. Zu den wichtigen Gremien gehört vor allem auch der Wirtschafts- und Sozialrat, in dem, gerade bezogen auf die Entwicklungsländer, wichtigte Entscheidungen vorzubereiten sind. Schließlich möchte ich daran erinnern, daß zu dem Zeitpunkt, als sich ein beträchtlicher Teil der Opposition gegen die UN-Charta wie gegen den UN-Beitritt aussprach, die Gefahr wuchs, daß aus der Solidarisierung der Entwicklungsländer gegen die Industrieländer eine zunehmende Radikalisierung wurde.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Mertes?

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte, Herr Kollege Mertes.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Jung, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages sich niemals gegen die Charta der Vereinten Nationen gewandt hat und daß diejenigen CDU/CSU-Abgeordneten, die den vollen UNO-Beitritt abgelehnt haben, dies vor allem deshalb getan haben, weil die Berlin-Vertretung in der UNO nicht so eindeutig geklärt schien, wie es die Bundesregierung versicherte?

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich nehme dies zur Kenntnis, Herr Kollege Mertes. Ich habe auch immer nur von einem Teil der Opposition gesprochen. {Amrehn [CDU/CSU] : Nein, nicht einmal für Teile trifft das zu!) Es ist auch ein Ergebnis der wohlverantwortlichen Mitarbeit der Bundesrepublik, daß hier vernunftgeprägte Lockerungen eintraten, daß das Interesse an Kooperationen stärker wird und die Neigung zu gewaltsamen Lösungen, vorsichtig gesagt, stagniert. Ich meine, das können wir hier alle gemeinsam feststellen. Den Beweis für die Priorität friedlicher Problemlösungen erleben wir zur Zeit im Fall Südwestafrika-Namibia. Die deutsche Haltung ist grundsätzlich geprägt von der Prämisse der Herrschaft der Mehrheit bei Sicherung der Rechte der Minderheit mit dem Endziel des gleichberechtigten Miteinanders aller Volksgruppen. Die Namibia-Frage hat den Sicherheitsrat selbst nicht speziell beschäftigt. Die Bundesrepublik unterstützte nachhaltig den Vorschlag der Vereinigten Staaten, mit den vereinten Kräften der fünf westlichen Sicherheitsratsmitglieder zu versuchen, Südafrika von den Vorteilen einer international akzeptierten Lösung außerhalb des Turn6212 hallenmodells zu überzeugen. Der bisherige Verlauf dieses Versuches, dessen Ergebnis allerdings noch nicht abzusehen ist, ist auf unerwartet positive Resonanz bei allen Beteiligten gestoßen. Insgesamt betrachtet, decken sich die afrikapolitischen Initiativen der Bundesregierung mit den Forderungen meiner Partei und meiner Fraktion. Wir standen und stehen hinter dem Appell des sambischen Staatspräsidenten Kenneth Kaunda an die Weißen im südlichen Afrika, sich mit den anderen Teilen Afrikas zusammenzuschließen, um eine neue Gesellschaft zu schaffen, die sich nicht nach der Hautfarbe richtet. Wir sehen dementsprechend keinen positiven Sinn darin, die Wirtschaftsbeziehungen zu Südafrika nur wegen des entgegengesetzten Interesses der afrikanischen UN-Mitgliedstaaten zu ändern, denn unwiderlegbar werden es in erster Linie die nichtweißen Menschen in Afrika sein, die ein Wirtschaftsembargo trifft. Dies hat mir Percy Qoboza, der, wie Sie alle wissen, ja zur Zeit selbst unter dem System in Südafrika schwer zu leiden hat, wörtlich bekräftigt. Was dagegen im Wirtschaftsbereich möglich erscheint - die Vervollständigung des Code of conduct und die Verschärfung des Drucks zu seiner vollen Anwendung -, sollten wir betreiben und auch in die Arbeit der UNO als humane Alternative einbringen. Nun hat Herr Amrehn zur Frage der SWAPO einige - wie ich meine: scharfe - Ausführungen hier gemacht, die etwas zurechtgerückt werden müssen. Die Bundesregierung hat sich dem von den Vereinten Nationen und der Organisation für afrikanische Einheit eingenommenen Standpunkt, SWAPO sei die einzige legitime Vertretung des namibischen Volkes, nämlich gar nicht angeschlossen, Herr Kollege Amrehn. Sie hat sich bei Resolution Nr. 31/11 der 28. Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 12. Dezember 1973, die der SWAPO diesen Status zuordnet, der Stimme enthalten. Dennoch muß festgestellt werden, daß einem Lösungsvorschlag, der darauf abzielt, einem zukünftiger. unabhängigen namibischen Staat breite internationale Anerkennung zu verschaffen, die Erfüllung der Forderung von Resolution 385 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 30. Januar 1976 vorangeht, nämlich daß freie, 'von den Vereinten Nationen überwachte Wahlen als Grundlage einer freien Entscheidung des namibischen Volkes über seine Zukunft durchgeführt werden, der Abzug südafrikanischer Verwaltung und Truppen erfolgt und die Freilassung aller politischen Gefangenen durchgesetzt wird. Das ist aber nur durch Zustimmung und Mitwirkung der südafrikanischen Regierung als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt sowie von SWAPO mit dem ihr von den VN zugebilligten Status einer authentischen Vertreterin des namibischen Volkes bei dem im Lösungsvorschlag gesehenen Verfahren möglich. Eine mit diesen beiden Beteiligten erzielte Einigung über deren Mitwirkung greift der eigentlichen politischen Entscheidung des namibischen Volkes nicht vor. Sie gibt insbesondere SWAPO keine Sonderrechte. Sie schafft vielmehr nur die neutrale Plattform für freie Wahlen, an denen sich alle politischen Parteien und Gruppierungen Namibias gleichberechtigt beteiligen können. Den Standpunkt der Fraktion der Freien Demokraten darf ich kurz zusammenfassen. Die Bundesregierung muß in der Problematik des südlichen Afrikas die folgenden Punkte in ihrer Arbeit sowohl im Weltsicherheitsrat als auch in der Plenararbeit der UN-Vollversammlung offensiv vertreten: Erstens. Abbau der Rassendiskriminierung durch ein politisches System, das die Herrschaft der Mehrheit bei konsequentem Minderheitenschutz ermöglicht. Zweitens. Ausbau der Unabhängigkeit und Gleichberechtigung der Staaten Afrikas. Drittens. Abbau fremdstaatlicher Bevormundung und Einflußnahme. Ich glaube, das ist gerade in der gegenwärtigen Situation von ganz besonderer Bedeutung. Viertens. Materielle und immaterielle Hilfe zum Auf- und Ausbau der Volkswirtschaft. In den einzelnen bekannten Problemfällen treten wir dafür ein, daß erstens in der Rhodesien-Frage der Übergang der Herrschaft an die schwarze Mehrheit ohne Bürgerkrieg erreicht wird und zweitens in der Namibia-Frage die Initiative der fünf westlichen Sicherheitsratsmitglieder mit der Zielsetzung allgemeiner und freier Wahlen unter Einschluß aller Gruppen einschließlich der SWAPO erfolgreich durchgesetzt wird. Den Vereinten Nationen erwächst hier unserer Meinung nach die besondere Aufgabe, in der Zwischenphase die innere Sicherheit und territoriale Integrität zu erhalten. In der Südafrika-Frage erwarten wir, daß mit Hilfe der UNO die Apartheidpolitik ebenso überwunden wird wie die der Bantustans und daß die Herstelung der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Gleichberechtigung aller Bevölkerungsgruppen bei absolutem Minderheitenschutz erreicht wird. Das kann nach Lage der Dinge nicht mit einem Schlag erreicht werden, zumal da wir uns der von besonnenen afrikanischen Politikern geäußerten Meinung anschließen, daß die weißen Bürger Südafrikas in dieser Region Heimatrecht erworben haben. Unser gezieltes Bemühen muß dahin gehen, jene weißen Politiker zu stützen und zu stärken, die in der uneingeschränkten Kooperation mit den nichtweißen Mitbürgern keine Erniedrigung, keinen Volksverrat sehen. Herr Amrehn, Sie haben hier auch zu der deutschen Frage, insbesondere zu Berlin, im Zusammenhang mit der UNO gesprochen. Ich möchte sagen: Gottlob hat die Deutschland- wie die Berlin-Frage weder in der Vollversammlung noch im Sicherheitsrat eine Rolle gespielt. Ich glaube, wer immer die Berlin-Frage in der UNO in den Vordergrund stellen wollte, würde Berlin damit sicher nicht einen großen Gefallen erweisen. ({0}) Daß dies nicht geschehen ist, ist zum einen sicher auf die enge Kooperation der EG-Staaten zurückDeutscher Bundestag 8. Wahlperiode Jung zuführen, von der ich vorhin schon sprach. Zum anderen blieb unser Vertretungsrecht für Berlin durchgehend unbestritten. Wir halten es für vernünftig, hier kontinuierlich, aber ohne besonderes Aufheben bei der seit vier Jahren erprobten Politik zu bleiben. Provokationen könnten hier nur schaden. Wir sehen darin, daß in keinem Fall der Vermittlungsbemühungen innerhalb der Hintergrundarbeit der Versuch gemacht wurde, die Berlin-Frage irgendwie als Druckmittel uns gegenüber zu benutzen, einen ausgesprochenen Erfolg der Arbeit unseres Außenministers Hans-Dietrich Genscher. Lassen Sie mich noch einige Worte zu der personellen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen sagen, und zwar im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag, den die Fraktionen der SPD und der FDP Ihnen vorgelegt haben. Namens der Fraktion der Freien Demokraten möchte ich vorab dem Leiter unserer Ständigen UN-Vertretung und seinen Mitarbeitern den Dank für die in 41/2 Jahren geleistete gute Arbeit aussprechen. ({1}) Dieser Dank verstärkt sich, wenn man berücksichtigt, daß das mögliche Kontingent an Mitarbeitern noch nicht zur Verfügung steht. Nach dem mittleren prozentualen Personalanspruch könnten wir 144 Stellen besetzen. Unter den jetzt 78 Bediensteten aber sind nur zwei „klassische" Beamte. Hier muß das Problem des zwischenzeitlichen Offenhaltens von Stellen hier in der Bundesrepublik, in den Ministerien oder wo immer sonst ebenso angepackt werden wie die Frage der späteren Beförderung nach der Rückkehr in die Bundesrepublik nach erfolgtem Dienst in den Vereinten Nationen oder in anderen internationalen Organisationen. Man kann schließlich nicht erwarten, daß jemand, der sich fünf oder zehn Jahre zur Verfügung stellt, dafür materielle Einbußen oder Laufbahnnachteile in Kauf nimmt. Die Bundesregierung hat erste Schritte unternommen, den Sachverhalt auszuleuchten und Auswege aufzuzeigen. Wir begrüßen dies ausdrücklich und sprechen uns dafür aus, die rein materiellen Gründe dafür, daß qualifizierte Mitarbeiter nur so schwer zu gewinnen sind, schnell abzubauen. Ob wir uns dabei auf dienstzeitbegleitende Ausgleichs- oder Zuschußzahlungen einigen oder ob die Lösung in der Form von Abfindungen und Zusatzruhegeldern zu sichern ist, sollten wir Fachleuten überlassen. Worum es mir geht, ist, daß sich hier ein Einstieg in ein System der Rotation, des zwischenzeitlichen Engagierens von Experten aus dem nichtöffentlichen Arbeitsbereich, etwa der Industrie, der Forschung, der Kultur, anbietet. Neben die materielle Absicherung muß dabei die Attraktivität des internationalen Arbeitsplatzes treten, d. h. die Erwartung, Erfahrung sammeln zu können, die nach Rückkehr in den angestammten Beruf nützlich sind. Daneben muß vor allem in Bereichen außerhalb des Auswärtigen Amtes die Ausbildung für und Vorbereitung auf internationale Aufgaben verbessert und ausgebaut werden. Auf längere Sicht gesehen wird die Anerkennung der Bundesrepublik als internationaler Partner, die zur Zeit erfreulich positiv ist, auch bei Ländern außerhalb unseres Bündnissystems sehr stark von der Qualität und der Qualifikation unserer Repräsentanten abhängen. Da wir uns nicht ständig auf personale Glücksfälle verlassen können, müssen wir die materiellen Voraussetzungen schaffen, qualifizierte Mitarbeiter dafür zu gewinnen. Abschließend darf ich für die Fraktion der Freien Demokraten der Bundesregierung für ihr Mitwirken in der UNO danken. Ich darf hier zum Ausdruck bringen, daß die Freien Demokraten besonders stolz darauf sind, daß unter der Amtszeit ihres Vorsitzenden Hans-Dietrich Genscher als Bundesaußenminister die letzten vier Jahre in der UNO für die Bundesrepublik eine erfolgreiche Arbeit gebracht haben. ({2})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Abgeordnete Graf Huyn.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung ist seit über zwanzig Jahren Mitglied in den Sonderorganisationen der Vereinten Nationen und in den Unterbehörden, und sie leistet dort eine wertvolle sachliche Arbeit gemeinsam mit den Vertretern der anderen Staaten. Es ist eine Arbeit, die dem Frieden und der Verständigung dient und gerade auch der Überwindung des Nord-Süd-Gegensatzes dienen soll. Leider ist es so, daß in vielen dieser Behörden und Organisationen in letzter Zeit eine Politisierung einsetzt, eine Politisierung, wie wir sie leider auch von der Arbeit in der Vollversammlung der Vereinten Nationen kennen. Es ist zu hoffen, daß die Bundesregierung dieser Ideologisierung und Politisierung, die die sachliche Arbeit in den Sonderorganisationen beeinträchtigt, entgegenwirkt und sie zurückdrängt. Die CDU/CSU-Fraktion unterstützt die Arbeit in diesen Sonderorganisationen. Aber es ist vielleicht doch ein sehr großes Wort, wenn die Bundesregierung erklärt, in der UNO-Vollversammlung für die Verwirklichung der Grundsätze der deutschen Außenpolitik wirken zu können. Ich meine, daß dies notwendig ist, und wir sind auch dem Bundesminister des Auswärtigen dankbar, daß er für die deutsche Frage und ihre Offenhaltung eingetreten ist. Aber wir müssen auch sehen, daß die Vollversammlung der Vereinten Nationen in den letzten Jahren einen moralischen Niedergang erlebt hat, und kein geringerer als Solschenizyn ist es, der hierüber gesprochen hat. Man kann nur noch mit Wehmut an die sachliche Arbeit etwa des Völkerbundes in Genf zurückdenken. Es ist kein Wunder - mein Kollege Amrehn hat die Äußerungen des kanadischen Außenministers bereits erwähnt -, wenn sich deswegen immer mehr Staaten und immer mehr Stimmen bedeutender Persönlichkeiten erheben, die Kritik an der Arbeit der Vereinten Nationen üben. Wie Sie wissen, hat vor kurzem die amerikanische Regierung ihren Vertreter aus der Weltarbeitsorganisation zurückgezogen, weil dort eine übertriebene Ideologisierung der Politik eingetreten ist. Vor wenigen Tagen hat der Leiter des weltweit bekannten Instituts für Konfliktforschung in London, Brian Crozier, in seinem soeben erschienenen Buch „Strategy of Survival" gefordert, die westlichen Nationen sollten durch ihren Austritt weltweit deutlich machen, daß die Vereinten Nationen nur noch ein Werkzeug der Sowjetunion sind. Der „Münchner Merkur" schreibt vor wenigen Wochen - ich zitiere -: Das Verhängnis besteht darin, daß Europäer und Amerikaner die von ihnen 1945 geschaffene Institution des Menschheitsgewissens mit einer Hingabe betrachten, als hätte in drei Jahrzehnten Entkolonialisierung kein Rollentausch stattgefunden. Sie wolllen die Umkehrung der UN-Moral - der Unmoral -nicht wahrnehmen. Sie fühlen sich noch als Parsifal-Gestalten im eigenen Glashaus und stellen in Wirklichkeit die letzten Exoten dar. Von den knapp 150 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, wo im Plenum die Stimme Trinidads oder der Sowjetrepublik Ukraine soviel wiegt wie das Votum Amerikas, können heute nur noch 16 bis 18 Länder das Prädikat „Demokratie" beanspruchen. Acht Zehntel der in den Vereinten Nationen repräsentierten Menschheit werden von Ideologen und Einheitsparteien gegängelt, von neurotischen Helden wie Gaddhafi aufgeputscht oder von närrischen Hoheiten wie Kaiser Bokassa, dem Sergeanten aus Zentralafrika, geführt ... Mit ihrem Auszug aus der von radikalen Kräften dirigierten und mißbrauchten Internationalen Arbeits-Organisation ({0}) haben die Amerikaner unter Jimmy Carter schon ein Zeichen gesetzt. Allmählich sollte die Frage diskutiert werden, wann die letzten Demokraten dieser Erde aus dem Tollhaus am Hudson-River ausziehen. Ein Weltclub der Freien wäre wahrscheinlich ebensowenig effektiv wie die Vereinten Nationen. Aber er würde zumindest deutlich machen, wo die Grenzen liegen. Soweit das Zitat aus der Presse. In der Tat haben auch die Äußerungen des UN-Generalsekretärs Kurt Waldheim nach der iraelischen Geisel-Befreiungsaktion von Entebbe ebensowenig zur Glaubwürdigkeit der Weltorganisation und ihres Generalsekretärs beigetragen wie die Verleihung einer Friedensmedaille an Leonid Breschnew zu einem Zeitpunkt, als seine militärischen „Berater" und seine kubanischen Söldner den sowjetischen Kolonialismus nach Afrika tragen. Auch der Versuch, durch UN-Propagandasendungen Rundfunkstationen - wie die „Washington Post" schreibt - von der „Voice of America" in die „Voice of Kurt Waldheim" umzufunktionieren, dient dem Ansehen der Vereinten Nationen ebensowenig wie die Unterstützung kommunistischer Terroristen und ihre Anerkennung als alleinige Sprecher gewisser Völker. Wir müssen auch fragen, ob es, wie die Bundesregierung sagt, ein „Eintreten für die Verwirklichung der Grundsätze der deutschen Außenpolitik" ist, wenn über Menschenrechtsverletzungen im kommunistischen Machtbereich, insbesondere im Herrschaftsgebiet des SED-Regimes, nicht gesprochen wird, wenn demgegenüber aber Chile wegen der Verletzung von Menschenrechten verurteilt wird und wenn in der UN-Menschenrechtskommission, die derartige Fragen behandelt, das von der Organisation amerikanischer Staaten eben wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilte Kuba und das Uganda Idi Amins über Chile zu Gericht sitzen. Ich hoffe, wir sind uns in diesem Hohen Hause alle darin einig, überall in der Welt, ohne Unterschied, für die Verwirklichung der Menschenrechte einzutreten; aber dann muß dies in gleichem Maße, in glaubwürdiger Form -und nach objektiver Prüfung geschehen, und es muß gegenüber jedermann in gleicher Weise gelten. ({1}) Einseitigkeit ist auch festzustellen, wenn man sich in einem Kalender die Unsitte der UN-Tage anschaut. So werden in diesem Jahr von den Vereinten Nationen ein Internationaler Tag gegen Rassendiskriminierung, ein Afrika-Befreiungstag, eine Woche der Solidarität mit den Kolonialvölkern im südlichen Afrika, ein Tag der Solidarität mit dem kämpfenden Volk Südafrikas, ein Südafrika-Freiheitstag, ein Namibia-Tag und ein Tag der Solidarität mit den südafrikanischen politischen Gefangenen zelebriert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten jeden möglichen Beitrag für eine friedliche Lösung in Afrika und überall auf der Welt leisten. Wir sollten jeden denkbaren Beitrag für einen friedlichen und zügigen Abbau der Apartheid leisten. Wir sollten unsere Solidarität mit Unterdrückten und Entrechteten überall in der Welt zum Ausdruck bringen. Aber in diesem ganzen Jahr gibt es nicht einen Tag der Solidarität in den Vereinten Nationen etwa mit den Opfern der Konzentrationslager in Mozambique, mit den Opfern der von kommunistischen Terroristen ermordeten Rhodesier, mit den von der SWAPO entführten Schulkindern aus Südwestafrika, mit den Opfern des Rassismus von Idi Amin, mit den Flüchtlingen aus Vietnam, mit den Ermordeten in Kambodscha, mit den Opfern des palästinensischen Terrorismus, mit den politischen Gefangenen in Mitteldeutschland oder mit den zwangsinhaftierten Insassen sowjetischer Nervenheilanstalten. Meine Damen und Herren, diese Einseitigkeit ist nicht mehr eine objektive Handhabung durch ein Weltgremium, wie die Vereinten Nationen es sein sollten. ({2}) Auch sonst sind die UN-Gedenktage, -Wochen, -Monate und -Jahre, ja selbst -Jahrzehnte, reichlich gesät. Wir befinden uns in einem Jahrzehnt gegen die Rassendiskriminierung. Das läuft seit 1973. Es wäre vielleicht gut, daran zu denken, auch einmal einen Tag der Vereinten Nationen einzuführen, um über die Bedeutung der Vereinten Nationen nachzudenken und sich ernsthaft ihrer Gesundung anzunehmen. Wenn die Bundesregierung im Rahmen der Vereinten Nationen für die Verwirklichung der Grundsätze deutscher Außenpolitik eintreten und wenn sie dafür sorgen will, daß die Vereinten Nationen nicht zu einem Instrument sowjetischer Propaganda abgleiten, dann sollte sie versuchen, dies nicht nur im Rahmen der Neun, sondern im Rahmen der westlichen Länder überhaupt zu tun. Meine Damen und Herren, wie sehr dies der Fall ist, zeigt die Broschüre, die ich hier vor mir habe. Herr Präsident, ich bitte den Titel zitieren zu dürfen: „Ein Markstein im Kampf gegen die Apartheid - Weltkonferenz gegen Apartheid". Darauf steht „UNO" und „WFR". Das ist also eine Broschüre, die, wie hier zu lesen ist, vom Weltfriedensrat - einer bekannten kommunistischen Frontorganisation - in Zusammenarbeit mit dem Apartheid-Zentrum der UNO veröffentlicht wurde. Ich wäre sehr dankbar, wenn ich erfahren könnte, ob solche Broschüren auch offiziell bei Tagungen der Vereinten Nationen und ihrer Unterorganisationen verteilt werden. ({3}) Für das Prinzip der Freizügigkeit von Informationen und Meinungen, das zu den Grundsätzen der deutschen Außenpolitik gehört, treten wir, wie ich meine, alle ein. Von daher ist es erforderlich, sowjetischen Behinderungen von Satelliten-Rundfunk und Satelliten-Fernsehen entgegenzutreten. In Kürze wird der Unterausschuß „Recht" des Weltraumausschusses der Vereinten Nationen in Genf tagen. Es wird notwendig sein, daß nicht nur die Bundesrepublik Deutschland gegen solche Bestrebungen der - Behinderung der Freizügigkeit von Informationen und Meinungen Front macht, sondern daß eine Abstimmung mit den übrigen westlichen Nationen erfolgt. Dies wird wohl um so einfacher sein, als ja die Bundesrepublik Deutschland einer der stärksten Beitragszahler der Vereinten Nationen ist. In diesem Zusammenhang möchte auch ich hier darauf hinweisen, daß wir bei der Postenbesetzung durch Deutsche im Sekretariat der Vereinten Nationen nach wie vor außerordentlich benachteiligt sind. Ich unterstütze hier namens meiner Fraktion voll und ganz das, was der Kollege Jung von der FDP erklärt hat. Zusätzlich möchte ich noch darauf hinweisen, daß nach dem Bericht vom 29. August vergangenen Jahres nur 69 Stellen von etwa 165 zu beanspruchenden besetzt sind und daß darüber hinaus aber von diesen 69 Stelleninhabern nur 15 einen Dauervertrag auf Lebenszeit mit Pensionsanspruch haben, 21 haben Probeverträge und die restlichen 33 - fast die Hälfte aller deutschen UN-Beamten - nur auf 1 bis 2 Jahre befristete Verträge. Dem steht gegenüber, daß etwa die französischen Vertreter - Frankreich und auch Großbritannien zahlen weniger Beitrag zu den Vereinten Nationen - zu 100 % Dauerverträge und die britischen zu 91 % Dauerverträge mit den Vereinten Nationen haben. In der letzten entwicklungspolitischen Debatte ist in diesem Hohen Hause auch über die Frage der Verwendung von Entwicklungshilfegeldern zugunsten kommunistischer Terroristen gesprochen worden. Ich möchte diese damals erörterte Frage heute nicht wieder aufgreifen. Aber ich bin überzeugt, daß der Bundesminister des Auswärtigen ebenso wie meine Freunde und ich - und, wie ich meine, wohl alle in diesem Hohen Hause - dafür eintreten, daß Mittel, die für humanitäre Hilfe bestimmt sind, auch wirklich leidenden Menschen zuteil werden und nicht neue Leiden schaffen sollen. Ich möchte daher anregen, daß die deutsche Delegation vor den Vereinten Nationen dafür eintritt, daß die Verwendung der über den Hohen UN-Kommissar für Flüchtlinge geleiteten Mittel überprüft und damit ein Mißbrauch dieser für leidende Menschen unentbehrlichen Mittel vermieden wird. ({4}) Nachdem sich gerade in diesen Tagen der Weltsicherheitsrat mit der Zukunft Rhodesiens befaßt, nachdem im Rahmen der Vereinten Nationen Verhandlungen über die Zukunft Südwestafrikas geführt werden und sich die Weltorganisation überhaupt der Fragen des südlichen Afrikas besonders annimmt, möchte ich hier noch einiges über die Situation im südlichen Afrika sagen. Als die Bundesrepublik Deutschland vor nunmehr nahezu fünf Jahren Mitglied der Weltorganisation geworden ist, hat sie damit auch den Weg für die Mitgliedschaft Ost-Berlins frei gemacht. Ich glaube, wir können schon jetzt nach diesen viereinhalb Jahren sagen, daß dies nicht der Entspannung und dem Frieden in der Welt gedient hat. Heute unterstützen sogenannte Berater des SED-Regimes, Berater der Nationalen Volksarmee unter anderem den Neokolonialismus Moskaus in Äthiopien, in Südjemen, in Mozambique und in Angola. Genau heute vor einer Woche hat der frühere britische Staatssekretär im Foreign Office, Julian Amery, über den sowjetischen Plan zur subversiven Durchdringung und militärischen Eroberung Afrikas berichtet. Vor wenigen Tagen ist Julian Amery gemeinsam mit dem Enkel des früheren britischen Premiers Winston Churchill aus Mogadischu zurückgekehrt und hat dort Gespräche mit Siad Barre und seinen Kabinettsmitgliedern geführt. Ich möchte auf diesen Artikel Amerys im „Daily Telegraph" vom 3. März ausdrücklich hinweisen. Amery erklärt dort, er sei selber von Siad Barre über das unterrichtet worden, was die Sowjets vor kurzem noch, als sie mit Barre und mit Somalia eng liiert waren, ihm über ihre zukünftigen Pläne in Afrika erklärt haben. Demnach plant Moskau nicht nur die sowjetische Kolonisierung des Horns von Afrika, sondern auch die Übernahme des Sudans und Kenias. ({5}) Damit nicht genug, sind die nächsten Ziele des sowjetischen Imperialismus, gestützt auf Mozambique, Angola und Tansania, die Durchdringung Zaires und Sambias, die Eroberung Rhodesiens als eines Schlüsselpunktes durch eine massive Verstärkung des von den Terroristenverbänden von ZANU und ZAPU geführten Kampfes und schließlich die Übernahme Südwest-Afrikas und - als letztes der Kampf gegen die Republik Südafrika. Ähnliche Sorgen äußert Lord Chalfont in einem Artikel in der „Times" vom 20. Februar. Lord Chalfont beendet seine Ausführungen mit den Worten - ich darf zitieren -: Wenn die Vereinten Nationen so machtlos sind, wie sie scheinen, um das Geschehen zu beeinflussen, muß der Westen bereit sein, seine eigenen Interessen zu verteidigen, was immer dies auch kosten mag. Die Risiken einer Intervention am Horn von Afrika mögen beachtlich sein, aber sie sind nichts im Vergleich mit den Risiken, die der Westen auf sich nimmt, wenn er weiterhin nichts tut, außer leere Protestlaute von sich zu geben. Hart geht auch der amerikanische Gewerkschaftsbund AFL/CIO in seinen Freigewerkschaftlichen Nachrichten mit der amerikanischen Afrikapolitik ins Gericht. Er schreibt dort: Der Sieg der prosowjetischen Kräfte in Angola vergrößerte nicht bloß Afrikas Verwundbarkeit für ein viel ärgeres Schicksal als den Kolonialismus, sondern zu einem bisher noch nicht voll anerkannten Grad schwächte er auch die Sicherheit des Westens. Der Angola-Krieg deckte das Versagen der Vereinigten Staaten auf, eine gesunde Afrika-Politik zu entwickeln, und enthüllte die totale Verwirrtheit der amerikanischen Liberalen, die noch von den Auswirkungen Vietnams befangen sind. Es mag zu spät sein, den in Angola selbst geschmiedeten Schaden gutzumachen, aber was dort geschah, sollte ein Warnsignal sein, das verstanden werden muß, wenn wir in der Zukunft ähnliche und vielleicht noch schädlichere Rückschläge vermeiden sollen. ({6}) Das Operationsziel der Sowjetunion im südlichen Afrika muß im Zusammenhang mit weitreichenderen sowjetischen außenpolitischen Zielen, - so fährt der AFL/CIO fort im Einklang mit der globalen Beschaffenheit ihrer Strategie betrachtet werden. Ihre AfrikaPolitik ist auf den Grundgedanken ausgerichtet, den industrialisierten Westen und Japan der Vorherrschaft sowjetischer Macht zu unterwerfen ... Ihr notwendigerweise negatives Ziel besteht in der Fähigkeit, den industrialisierten westlichen Demokratien den Zugang zu den lebenswichtigen Rohmaterialien des südlichen Afrika zu verweigern ebenso wie zu den strategischen Seewegen, welche darum herumführen. Es muß uns, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Sorge erfüllen, wenn der afrikanische Kontinent dem zunehmenden sowjetischen Einfluß, der zunehmenden sowjetischen Einmischung und dein sowjetischen Imperialismus schutzlos ausgeliefert wird. Es muß uns mit noch mehr Sorge erfüllen, wenn die Vereinigten Staaten dem tatenlos zusehen. Vielleicht ist dies damit zu erklären, daß es der derzeitige amerikanische UN-Botschafter Andrew Young ist, der in der amerikanischen Außenpolitik eine besondere Zuständigkeit für afrikanische Fragen für sich in Anspruch nimmt, derselbe Young, der die Präsenz kubanischer Truppen in Angola als einen Beitrag zur Stabilität und Ordnung bezeichnet hat. Am 25. Januar 1977 hat sich der Kongreßabgeordnete Larry McDonald vor dem Auswärtigen Ausschuß des amerikanischen Senats gegen die Ernennung Youngs zum UN-Botschafter ausgesprochen. McDonald zitierte bei diesem Anlaß Äußerungen, die Young im April 1970 vor dem amerikanischen Fernsehen anläßlich einer Diskussion über die Black Panthers gemacht hatte. ({7}) Young erklärte damals - ich zitiere -: Vielleicht ist die Zerstörung der westlichen Zivilisation erforderlich, um es dem Rest der Welt zu ermöglichen, als freie und brüderliche Gesellschaft zu entstehen. Und wenn der weiße Westen unfähig zur Brüderschaft mit den farbigen Völkern ist, dann könnten diese kleinen Gruppen von Farbigen, - er meinte damit die Black Panthers schwarze Menschen inmitten des weißen Westens, die revolutionäre Vorhut sein, die Gott dazu bestimmt hat, das ganze Ding zu zerstören. Auf englisch hieß es da: to destroy the whole thing. Young wurde daraufhin in diesem Interview gefragt: „Würden Sie die Zerstörung der westlichen Zivilisation unterstützen, wenn Sie überzeugt wären, daß der Rest der Welt dadurch befreit würde?" Young antwortete: „Wahrscheinlich würde ich das." Meine Damen und Herren, ich muß sagen: eine beachtliche Äußerung des Vertreters der westlichen Vormacht zur westlichen Zivilisation, von der man meinen sollte, daß er sie mit repräsentiert. ({8}) - Das war 1970. Angesichts der Lähmung der Vereinigten Staaten in ihrer Afrikapolitik sind die Staaten des freien Europa, denen Afrika nicht nur geographisch näherliegt, sondern von denen es auch politisch mehr abhängt, am Horn von Afrika und im südlichen Afrika aufgerufen, eine friedliche Entwicklung zu sichern. Ich möchte auch die Bundesregierung auffordern, als Mitglied des Sicherheitsrats und der Verhandlungskommission über Südwestafrika alles in ihrer Macht Stehende für eine friedliche Entwicklung in Südwestafrika zu tun. Über die Zukunft Südwestafrikas müssen wir um so besorgter sein, als der Führer der kommunistischen SWAPO, Sam Nujoma, in einem Interview in New York am 5. März, also vor wenigen Tagen, sich in brutaler Weise gegen die Anerkennung einer demokratischen Mehrheitsherrschaft ausgesprochen hat. Sam Nujoma hat wörtlich erklärt: Die Frage des schwarzen Mehrheitsrechts stellt sich nicht. Wir kämpfen in Namibia, um in Namibia die Macht zum Nutzen des Volkes von Namibia zu übernehmen. ({9}) Wir sind Revolutionäre. Wir sind keine Konterrevolutionäre. Sie können mit Kapuuo oder Kerina und allen diesen Reaktionären über Mehrheitsrecht reden, nicht aber mit der SWAPO. Herr Bundesminister des Auswärtigen, ich meine: eine eigenartige Äußerung für einen Mann, der eine Organisation vertritt, die von den Vereinten Nationen als die alleinige Repräsentantin ides namibischen Volkes, wie es so schön heißt, angesehen wird. Herr Kollege Jung, gestatten sie mir hier einen Einwurf. Auch Sie haben den Ausdruck „namibisches Volk" gebraucht. Ich glaube, wir sollten immer alle daran denken, daß in Südwestafrika viele verschiedene Gruppen, viele verschiedene Völkerschaften leben, mehrere ethnische Gruppierungen, und daß es bei der Lösung dieser Frage gerade darauf ankommt, daß hier nicht eine Gruppierung gegen die andere ausgespielt werden kann, sondern eine Sicherung der Grund- und Freiheitsrechte für alle diese verschiedenen Gruppierungen gefunden werden muß. ({10}) - Ich hoffe, daß wir uns in dieser Frage einig sind, Herr Kollege. Deswegen wollte ich das nur noch einmal zurechtrücken und klarstellen. Noch entscheidender für die Zukunft Afrikas und Europas - schon auf Grund seiner strategischen Position - ist die Sicherung einer friedlichen Entwicklung in Rhodesien. Seit 14 Jahren fordert man allenthalben für Rhodesien die Anwendung des Prinzips „one man, one votes, d. h. „eine Stimme für jedermann", obwohl dieses Prinzip in den meisten schwarzafrikanischen Staaten ja nicht gilt. Vor wenigen Tagen nun haben sich die Vertreter der schwarzen Mehrheit nach langwierigen und zähen Verhandlungen mit Ministerpräsident Ian Smith hierüber geeinigt. Sie sind sich einig Über die Herstellung einer schwarzen Mehrheitsherrschaft durch demokratische Wahl. Sie sind sich einig, ein friedliches Zusammenleben zwischen Schwarzen und Weißen zu garantieren. Rhodesien hat die Chance, zu einem Vorbild, ja zu einer Schweiz Afrikas zu werden. Es ist wirklich abwegig, wenn hier und da behauptet wird, die gemäßigten schwarzen Vertreter seien Marionetten der Regierung Ian Smith. Ich habe selbst in Rhodesien Gelegenheit gehabt, etwa mit Chief Chirau und mit Bischof Muzorewa zu sprechen. Ich weiß, mit welchem Nachdruck sie die Interessen der schwarzen Bevölkerung dort vertreten. Chirau ist von allen etwa 250 rhodesischen Stammeshäuptlingen zu ihrem Vorsitzenden gewählt, und diese Stammeshäuptlinge sind wiederum entsprechend afrikanischer Tradition zum Teil vom Ältestenrat ihres Stammes, zum Teil durch ein sehr kompliziertes Erbrecht als Häuptlinge eingesetzt. ({11}) - Herr Corterier, ich glaube, es ist gerade für Sie ganz interessant, sich diese Sachen einmal anzuhören. - Muzorewa war es, der 1972 erbittert gegen das Abkommen zwischen Ian Smith und Lord Home gekämpft hat. Das hätte die weiße Mehrheitsherrschaft noch auf Jahrzehnte, vielleicht auf 50 Jahre verlängert. Und Muzorewa hat es erreicht, dieses Abkommen zu Fall zu bringen. Es war Sithole, auch einer der Unterzeichner, der 1964 zu Gefängnis verurteilt worden ist, weil er - so lautete die Anklage - einen Mordanschlag gegen Ian Smith vorbereitet habe. Chikerema - auch einer, der dieses Abkommen unterstützt - war einer der Guerillaführer, der ZANU und ZAPU zusammenschließen wollte zur FROLIZI, die dann als vereinte Guerillaorganisation gekämpft hat. ({12}) - Ja, ganz sicher. Ich nehme an, in aller Augen. Ich bin der Meinung, daß es da Wandlungen geben kann, Herr Kollege. Ich bin auch der Meinung, daß jemand wie Nkomo, der in meinen Augen - ich hoffe, auch in Ihren - heute ein Terrorist ist, die Chance erhalten muß, wenn er bereit ist, auf Mittel der Gewalt zu verzichten, mit friedlichen Mitteln für eine friedliche Zukunft der Schwarzen und Weißen zu kämpfen. Dann muß man auch versuchen, auf der Grundlage einer friedlichen Lösung zu einer friedlichen Zukunft zu kommen. Das ist doch, glaube ich, die Aufgabe, die alle friedliebenden Menschen haben: eine demokratische und nicht eine kriegerische Lösung herbeizuführen. In welcher Gesellschaft diejenigen sind, die sich gegen eine friedliche Lösung wenden und für eine militärische eintreten, zeigt ein Aufruf des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands für Waffenlieferungen und Munitionslieferungen an die ZANU, die Zimbabwe African National Union, ({13}) die überall in der Welt Veranstaltungen durchführt, um für eine militärische Lösung zu werben. ({14}) Diese demokratische Lösung wird von etwa 90 % der rhodesischen Bevölkerung getragen. Sie verdient die Unterstützung aller Demokraten. Es ist, wie ich gerade sagte, eine Tatsache, daß auch Nkomo eingeladen ist, hieran teilzunehmen. Niemand sollte eine Lösung unterstützen, die durch Terror und Gewalt angestrebt wird, sondern zu unterstützen ist eine friedliche Lösung, eine friedliche liche demokratische Entwicklung. Es ist hoffnungsvoll, wenn heute berichtet wird, daß der britische Außenminister Owen erklärt: Ich habe insgesamt viereinhalbstündige Gespräche mit Präsident Carter und Außenminister Vance geführt. Das Ergebnis ist absolute Übereinstimmung. Wir werden gemeinsam versuchen, die Basis der bisherigen internen Rhodesien-Lösung zu erweitern und alle interessierten und beteiligten Parteien auf dieser Basis der internen Lösung zusammenzubringen. Ich glaube, es ist ein guter Weg, das zu tun. Rhodesien nimmt eine Schlüsselstellung im südlichen Afrika ein. Wir sollten dazu beitragen, daß der wirtschaftliche Boykott, der hauptsächlich zu Lasten der schwarzen Bevölkerung geht, aufgehoben und durch eine großzügige wirtschaftliche Zusammenarbeit ersetzt wird, die insbesondere der schwarzen Bevölkerung dient. ({15}) Wenn Rhodesien kommunistisch wird, wird sich ein roter Gürtel von Mozambique am Indischen Ozean bis nach Angola am Atlantischen Ozean ziehen. Rhodesien hat aber nicht nur diese strategische, sondern auch eine politische Schlüsselstellung; denn wenn eine friedliche Lösung in Rhodesien zustande kommt, wird hier ein Modell gesetzt für eine mehrrassische Gesellschaft mit schwarzer Mehrheit und weißer Gleichberechtigung, mit der Sicherung der Rechte für alle Bevölkerungsgruppen, auch für die weiße Minderheit. Gelingt das nicht, so besteht die Gefahr, daß dort im ganzen Süden des afrikanischen Kontinents ein furchtbares Blutbad entsteht, unter dem nicht nur Afrika, sondern auch Europa und die ganze Welt zu leiden hat. Ich fordere deshalb die Bundesregierung auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um dieser friedlichen Lösung den Weg zu ebnen. ({16})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen.

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktionen der Sozialdemokratischen Partei und der Freien Demokratischen Partei zur Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen gibt dem Deutschen Bundestag Gelegenheit, nicht nur die Politik in den Vereinten Nationen zu diskutieren, sondern auch Stellung zu nehmen zu aktuellen Fragen, die die Vereinten Nationen behandeln. Das ist eben in einer Reihe von Beiträgen geschehen. Sie gibt aber auch die Möglichkeit, das Verständnis der einzelnen Fraktionen des Deutschen Bundestages von der Funktion und Bedeutung der Vereinten Nationen darzulegen. Ich will versuchen, für die Bundesregierung auf das einzugehen, was bisher zur Antwort der Bundesregierung vorgetragen wurde; denn wir haben ja gottlob durch eine Reform der Geschäftsordnung die mündliche Beantwortung von Großen Anfragen abgeschafft. Gegenstand der Debatte ist nicht mehr die Anfrage, sondern die Antwort der Bundesregierung. Nun ist die Frage, ob die Debatte bisher - ich sage das ganz ohne Schärfe - der Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen in allen Beiträgen gerecht geworden ist. ({0}) Herr Kollege Amrehn, ich denke, daß es gut wäre, wenn Sie sich selbst noch einmal prüften, ob Sie Ihre Äußerung stehenlassen können, wir wollten die deutschen Interessen nicht in der Weltöffentlichkeit der Vereinten Nationen behandeln lassen, sondern nur im stillen Kämmerlein, und wir gerieten damit in die Gefahr, daß die Welt den falschen Eindruck gewinne, die Sache sei erledigt, die Deutschen hätten sich abgefunden, es gebe keine vitalen Interessen mehr. Meine sehr verehrten Damen und Herren, kann man das eigentlich sagen, wenn vor dem Forum der Vereinten Nationen vom deutschen Außenminister am 29. September 1977 das folgende gesagt wurde, und zwar an der Spitze der Ziele der Politik: „Wir wollen die Selbstbestimmung für die unteilbare deutsche. Nation" ? Kann man eigentlich sagen, daß wir uns in einer Weise verhalten, als hätten wir uns abgefunden und hätten keine vitalen Interessen mehr, wenn ich vor dem Forum der Vereinten Nationen gesagt habe: Bestandteil dieser Politik - nämlich der Entspannungspolitik ist das erklärte Ziel, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Wir sind gewiß: Die Geschichte wird auch hier zeigen, daß der Wille einer Nation zur Einheit sich behauptet. Niemand kann sich der Logik der Geschichte mit ideologischen Ausflüchten entziehen. ({1}) Meine Damen und Herren, kann man eigentlich sagen, daß wir vor den Vereinten Nationen den Eindruck erwecken, wir hätten keine vitalen Interessen mehr, wenn es in einer anderen Rede vor den Vereinten Nationen heißt: Mitten in Deutschland liegt auch die Stadt, die im guten wie im schlechten ein Prüfstein der Entspannnungspolitik war und ist: Berlin. Die Bundesregierung wird nicht nachlassen, die Lebensfähigkeit West-Berlins zu fördern. Für Berlin ist die strikte Einhaltung und volle Anwendung des Viermächteabkommens von wesentlicher Bedeutung. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft dafür sorgen, daß West-Berlin in die internationale Zusammenarbeit einbezogen wird. Je mehr das gelingt, desto geringer die Gefahr, daß die Stadt wieder zum Herd internationaler Krisen wind. Meine Damen und Herren, eine Regierung, die das vor dem Forum der Völker vorträgt, muß sich nicht den Vorwurf gefallen lassen, sie spreche über die eigenen vitalen Interessen nur im stillen Kämmerlein. ({2}) Das möchte ich am Beginn unserer Debatte sagen, um dann das Gespräch über das eigentliche Thema fortsetzen zu können. Wir sollten uns doch einig darüber sein, Herr Kollege Amrehn, daß es zu nichts führt, wenn wir uns hier gegenseitig etwas unterstellen. Ich habe einmal - Kollege Mertes hat darauf in der letzten Sitzung des Auswärtigen Ausschusses Bezug genommen - über die unterschiedlichen Rollenfunktionen von Regierung und Opposition gesprochen. Es ist notwendig, daß die Opposition die Regierung, kontrolliert, sie an ihren selbstgestellten und selbstgesetzten Zielen mißt. In bezug auf die Zielsetzung und die Wahrnehmung der Interessen, denke ich, ist aber kein Platz für gegenseitige Polemik und gegenseitige Unterstellungen. Wir müssen bei der Betrachtung der Entwicklung in den Vereinten Nationen auch sehr sorgfältig mit Beziehungen zu unseren Partnern, international gemeint, in allen Staaten der Welt umgehen, aber natürlich in besonderer Weise mit den für uns besonders wichtigen Partnern. Ich bitte deshalb den Kollegen Graf Huyn, auch noch einmal darüber nachzudenken - vielleicht kann das ein nachfolgender Sprecher ein wenig korrigieren -, ob es wirklich berechtigt ist, von einer Lähmung der amerikanischen Afrikapolitik zu sprechen. ({3}) - Sie sagen, es gibt keine amerikanische Afrikapolitik. Das ist fast eine Unterstreichung dessen, was Graf Huyn gesagt hat. Nun muß ich Ihnen, Herr Kollege Amrehn, namens der Bundesregierung sagen: Wir wissen es hoch einzuschätzen, daß sich die Vereinigten Staaten mit Nachdruck um eine friedliche Lösung z. B. der Rhodesien-Frage bemühen. Es ist doch eben selbst von Ihrer Seite anerkannt worden, daß das so ist. Wir wissen es hoch einzuschätzen, daß wir uns zusammen mit unseren amerikanischen Freunden, mit unseren englischen Freunden, mit unseren französischen Freunden, mit unseren kanadischen Freunden als Mitglieder des Sicherheitsrates für eine friedliche Lösung auch der Namibia-Frage einsetzen. Das ist doch nicht eine gelähmte amerikanische Politik, es ist eine aktive amerikanische Politik für Friedenslösungen in Afrika, die wir alle wollen. Wir sind glücklich, daß wir es nicht ohne, sondern mit den Amerikanern tun können. ({4}) - Sofort, Herr Kollege. Meine Damen und Herren, ich bitte auch, nicht zu unterschätzen, mit welchem Engagement sich die Vereinigten Staaten gerade in den letzten Monaten bemüht haben, in der sehr schwierigen Lage am Horn von Afrika in einer sehr diskreten Aktivität dafür zu sorgen, daß nicht eine Entwicklung entsteht, die am Ende zu schwerwiegenden machtpolitischen Veränderungen in Afrika führt. Es scheint so, als ob diese Bemühungen nach all dem, was wir hören, Erfolg hätten. Auch das ist doch nicht ein Zeichen der Lähmung amerikanischer Afrikapolitik, sondern ein Zeichen aktiver amerikanischer Afrikapolitik. Meine Damen und Herren, ich erwähne es ganz einfach deshalb und stelle es für die Bundesregierung klar - ich bin gewiß, die Zwischenfrage des Kollegen Huyn wird es auch für seine Fraktion klarstellen -, weil ich Wert darauf lege, daß es in dieser Frage keine Meinungsverschiedenheiten im Hause gibt und auch in der Weltöffentlichkeit nicht geben kann: daß für uns das Vertrauensverhältnis zu den Vereinigten Staaten eines der kostbarsten Güter unserer außenpolitischen Handlungs- und Aktionsfähigkeit ist. Ich habe mit großer Sorge manche Diskussion in der Offentlichkeit, auch in der Presse beobachtet, die in die Richtung ging, als gebe es Probleme zwischen diesen beiden wichtigen Partnern des Atlantischen Bündnisses. Meine Damen und Herren, gehen wir behutsam mit diesen Fragen um - auch in der Wahl unserer Worte -, damit nicht der Eindruck entsteht, als ob der große Grundkonsens in irgendeiner Weise nicht vorhanden wäre! ({5}) Ich wollte das sagen, um klarzustellen, wie die Position der Bundesrepublik Deutschland ist. - Ich bitte den Kollegen Huyn um Nachsicht. Dies wollte ich erst zu Ende führen. Jetzt stehe ich Ihnen zur Verfügung.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte schön, Graf Huyn.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesaußenminister, sind wir uns darüber einig, daß es vielleicht gerade angesichts der Tatsache, die in diesem Hause, wie ich meine, sicher unbestritten ist oder sein sollte, daß die Vereinigten Staaten ein ganz besonders wichtiger oder der wichtigste Partner der Bundesrepublik Deutschland auf außenpolitischem Gebiete sind, besonders wichtig ist, daß man, wenn in bestimmten Punkten Divergenzen oder auch Schwächen der .Politik - und das betrifft beide Seiten - bestehen, dem Partner dies auch offen sagen sollte? Denn ich glaube, daß wir davon ausgehen können, daß die Äußerungen etwa Andrew Youngs über die kubanische Präsenz in Angola sicher nicht von der Bundesregierung geteilt werden.

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Kollege, ich möchte zunächst einmal sehr unterstreichen und in das Bewußtsein des Hauses rufen, was Sie über die Bedeutung der deutschamerikanischen Beziehungen gesagt haben. Das ist ein wichtiger Punkt, der für mich nicht zweifelhaft war, aber für andere, die irgendwo zuhören, vielleicht zweifelhaft sein könnte. Sie haben das für Ihre Fraktion klargestellt. Natürlich muß unter Partnern die Möglichkeit der Diskussion, auch der öffentlichen Diskussion bestehen. Darüber besteht kein Zweifel. Nur habe ich die Verantwortung und die Pflicht, dort, wo etwas in meiner Bewertung anders gesehen wird als von Mitgliedern des Bundestages, dies auch darzulegen. Ich leugne eine Lähmung der amerikanischen Afrika6220 politik. Ich muß dem entgegentreten, wenn - wie hier in einem Zwischenruf - gesagt wird, es gebe keine amerikanische Afrikapolitik. Ich weiß, daß die Vereinigten Staaten von Amerika wie wir die Probleme Afrikas erkennen und mit uns gemeinsam um Lösungen bemüht sind. Mehr sollte zu diesem Punkt nicht gesagt werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Marx?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Bitte sehr.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte, Herr Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesaußenminister, da wir uns in dieser Sache eigentlich immer klar waren, möchte ich gerne fragen, ob Sie selbst auch weiterhin Ihre politische Kraft darauf ausrichten werden, daß in enger Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und mit den anderen vier Mitgliedern des Westens im Sicherheitsrat der UN nicht nur darauf hingearbeitet wird, wie Sie es eben formulierten, daß friedliche Zustände in Rhodesien und in Südwestafrika/Namibia hergestellt werden, sondern dies auch auf dem einzig möglichen dauerhaften Grund, nämlich der Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker in diesen beiden Staaten, geschieht?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Kollege, diese Frage ist sehr einfach zu beantworten, nämlich mit dem Wort Ja. ({0}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen uns heute nach reichlich vierjähriger Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen die Frage stellen, ob die Entscheidung für den Beitritt zu den Vereinten Nationen eine richtige oder eine falsche Entscheidung war. Ich beantworte sie eindeutig mit Ja. Ich beantworte die Frage mit Ja, weil uns die Mitgliedschaft die Möglichkeit gibt, in die weltpolitischen Fragen gestaltend einzugreifen, die nun einmal in den Vereinten Nationen erörtert werden. Wir verkennen dabei nicht, daß Anspruch und Wirklichkeit des Systems der Vereinten Nationen noch auseinanderliegen. Ebenso klar muß aber gesehen werden - das möchte ich einer übergroßen Skepsis gegenüber den Vereinten Nationen entgegenhalten -, daß die Vereinten Nationen die einzige universale Organisation sind und damit bei aller Unvollkommenheit unersetzlich sind, wenn es um die Aufgabe geht, daß Industrie- und Entwicklungsländer z. B. gemeinsam die nowendig gewordene globale Zusammenarbeit organisieren. Ich kann mir einfach nicht die Auffassung zu eigen machen, daß das Konfrontationsklima in den Vereinten Nationen unverändert geblieben sel. Es ist unverkennbar, daß die Vereinten Nationen mit dem Eintreten einer großen Zahl neuer Staaten auch einen neuen Charakter erhalten haben. Es ist unverkennbar, daß die alten Mitglieder und die neuen, sich ihrer nationalen Souveränität besonders bewußten Mitglieder ,der Vereinten Nationen zunächst in Gegensätze kamen, die zu einem Klima der Konfrontation führten. Ebenso unbestreitbar und ebenso unverkennbar ist aber, daß dieses Klima zunehmend durch den Willen beider Seiten zur Kooperation in den Vereinten Nationen und ihren Organisationen abgelöst wird. Diese positive Entwicklung dürfen wir nicht unterschätzen. Es gibt keine Alternative zu den Vereinten Nationen, sondern es besteht die Notwendigkeit, durch eine aktive und gestaltende Mitwirkung in den Vereinten Nationen dafür zu sorgen, daß noch mehr Kooperation möglich wird im Interesse der Lösung aller der Fragen, die uns nun einmal weltweit anrühren: Da ist der Nord-Süd-Konflikt; da ist die Situation im südlichen Afrika; da ist die Nahostfrage; da ist die Frage der Verwirklichung der Menschenrechte, umfassend verstanden im Sinne der beiden Menschenrechtspakte. Dafür wollen wir unsere Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen nutzen. Herr Kollege Amrehn hat die Frage nach der Reformdiskussion in den Vereinten Nationen aufgeworfen. Er hat z. B. die Frage gestellt, ob es denn richtig sei, daß jeder Staat in den Vereinten Nationen eine Stimme hat, das große China mit 800 Millionen Einwohnern und daneben sehr kleine Staaten mit einigen hunderttausend Einwohnern. ({1}) - Herr Kollege, Sie sagen: eine berechtigte Frage. Trotzdem wissen wir aus dem Bericht, den der amerikanische Präsident 'soeben dem Kongreß zugeleitet hat, daß wohl alles dafür spricht, daß ein so großes Land wie z. B. die Vereinigten Staaten an diesem Prinzip festhalten möchte. Auch ich möchte mich dafür aussprechen, weil die Vereinten Nationen funktionsfähig nur 'sein können, wenn sie von der Souveränität, und zwar der ungeschmälerten Souveränität aller ihrer Mitgliedstaaten unabhängig von ihrer Größe ausgehen, wollen wir nicht die Vereinten Nationen zu einer institutionellen Einrichtung für die Ausübung von Vorherrschaft durch diese oder jene Machte machen. ({2}) Ich denke, daß wir auch in Europa mit dem Prinzip der Gleichberechtigung großer und kleiner Staaten doch gar keine so schlechten Erfahrungen gemacht haben. In der Europäischen Gemeinschaft z. B. sind wir nach der Zahl der Bevölkerung das größte Land: Es gibt ein uns eng befreundetes Nachbarland mit wenigen hunderttausend Einwohnern. Ich habe mich immer mit Nachdruck dafür ausgesprochen, daß die Stimme dieses Landes dasselbe Gewicht wie unsere Stimme hat. Wir sind auch gegen Vorschläge oder Ideen eingetreten, in dieser Europäischen Gemeinschaft etwa ein Direktorium der Großen zu schaffen. Die Weltordnung von morgen kann nur eine Weltordnung der Gleichberechtigung und der Partnerschaft sein. Wer den Versuch unternimmt, sie zu einer Weltordnung der Über- und Unterordnung zu machen, schafft neue Abhängigkeiten, ({3}) und die wollen wir nicht, nachdem soeben alte beseitigt worden sind. ({4}) Ich denke, daß wir deshalb diese Frage ganz zweifelsfrei aus unserer Sicht beantworten sollten. ({5}) - Nun, es ist hier gesagt worden, das sei eine berechtigte Frage. Wenn jetzt ein Sprecher von Ihnen sagt, er schließe sich der Meinung an, die ich vertreten habe, ist das ein wichtiges Ergebnis dieser Debatte. ({6}) Denn dann hätte die Bundesregierung eine Richtschnur für ihr Verhalten in den Vereinten Nationen, wenn die Strukturdebatte fortgesetzt wird. Das bedeutet nicht, daß die Funktionsfähigkeit aller Organe der Vereinten Nationen in idealer Weise gesichert ist. Aber ich denke doch, daß wir den Grundsatz der Gleichberechtigung aufrechterhalten sollten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jäger ({0})?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Frau Präsidentin, ich will diese Frage gern noch zulassen. Ich würde aber dann meinen Gedankengang gern geschlossen fortführen. - Bitte schön, Herr Kollege.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, teilen Sie nicht wenigstens meine Auffassung, daß doch immerhin ein erhebliches Mißverhältnis zwischen dem Stimmenverhältnis der Länder auf der einen Seite und ihrer Beitragspflicht auf der anderen Seite besteht, ({0}) bei der eben nicht nach dem Prinzip verfahren wird: Ein Staat, ein Beitrag? ({1})

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Kollege, ich halte es für gänzlich undenkbar, die Vereinten Nationen nach dem deutschen Sprichwort zu organisieren: „Wer zahlt, schafft an" oder „hat das Sagen". ({0}) Da würden Sie aber in der Dritten Welt eine Opposition erleben, wo es gerade darum geht, diesen Ländern den Anschluß an die wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen und Armut zu überwinden. Der Geldbeutel ist das letzte Argument, das wir einführen sollten, wenn es darum geht, das Stimmengewicht zum Tragen zu bringen. ({1}) Es geht in den Vereinten Nationen darum, einen Beitrag zur Überwindung der ganz schwierigen Verhältnisse und Probleme, die unsere Welt bedrücken, zu leisten. Hierzu gehört der Nord-Süd-Konflikt. Die Bundesregierung hat sich dazu in der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen geäußert. Wir stehen vor der Aufgabe, die Entwicklungsländer mit gleichen Rechten und zunehmend gleichen Chancen in die Weltwirtschaft einzugliedern. Auch für die Lösung dieser Aufgabe sind die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen das unentbehrliche Instrument. Industrieländer und Entwicklungsländer sind aufeinander angewiesen. Deutlicher ausgedrückt: Auch wir als Industrieländer brauchen die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern. Das ist nämlich nicht ein einseitiges Interesse nur der anderen Seite. Machen wir uns da nicht besser, als wir sind! ({2}) Die Dritte Welt empfindet die bestehende weltwirtschaftliche Ordnung dieser Zusammenarbeit als ungerecht. Sie ist der Ansicht, diese Ordnung hemme die Entwicklung, indem sie die Mächtigen begünstige und die schwachen Länder immer mehr an Boden verlieren lasse. Die Entwicklungsländer fordern deshalb eine neue Weltwirtschaftsordnung. Unsere Aufgabe muß es auch hier sein, durch Reform jene Entwicklung möglich zu machen, die die Funktionsfähigkeit des liberalen Weltwirtschaftssystems erhält und gleichzeitig die berechtigten Forderungen der Entwicklungsländer konstruktiv in diesem Weltwirtschaftssystem verwirklicht. Wir haben deshalb in der 7. Sondergeneralversammlung ein Konzept zugunsten einer solchen Reform der Weltwirtschaft vorgelegt. Die westliche Politik in dieser Sondergeneralversammlung hat Erfolg gehabt. Die Gefahr einer NordSüd-Konfrontation ist vorerst abgewendet. Wir sind im Dialog. Das ist ein großer Vorteil. Ich messe das auch an den Ansprüchen, die wir an die Vereinten Nationen stellen, nämlich daß sie als Ort weltweiter Aussprache dazu dienen, das Verständnis für die beiderseitigen Interessen zu wecken, zu stärken und zur Entscheidungsgrundlage gemeinsam zu machen. Dieser Dialog geht nicht, wie mancherorts befürchtet wird, um den Aufbau einer dirigistischen Weltwirtschaftsordnung, und die Fronten verlaufen dabei auch gar nicht immer so, wie man sich das nach dem Bilderbuch vorstellt. Der Kollege Amrehn z. B. hat im Zusammenhang mit der Seerechtskonferenz einen Gegensatz zwischen den Industrieländern und den Ländern der Dritten Welt zu sehen geglaubt. Verehrter Kollege Amrehn, gerade auf der Seerechtskonferenz verlaufen die Interessenlinien gänzlich anders. Da gibt es auch einmal einen Gegensatz, wo nur Industrieländer hier stehen und nur Entwicklungsländer dort stehen. Aber es gibt auch eine Reihe von Fragen, wo Industrieländer und Entwicklungsländer auf der einen Seite und Industrieländer und Entwicklungsländer auf der anderen Seite stehen. Die Frage z. B., ob jemand eine lange oder eine kurze Küste hat, ist nicht davon abhängig, ob es ein Industrieland oder ein Entwicklungsland ist, sondern von seiner geographischen Situation. Ich könnte eine Reihe von Beispielen mehr nennen. Es ist nicht nur der Nord-Süd-Gegensatz, der hier vorhanden ist. Die Tatsache, daß sich hier Interessengruppen ganz anderer Art gebildet haben, ist im Grunde ein Beweis dafür, daß wir längst in eine differenziertere Diskussion eingetreten sind, als sie noch mit dem Schlagwort Nord-Süd-Gegensatz beschrieben werden kann. Auch das ist ein Fortschritt in der Entwicklung der Vereinten Nationen, bei allen ihren Mängeln. ({3}) Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, die Vereinten Nationen doch auch nicht nur daran zu messen, welche Entscheidungen sie treffen, die uns nicht gefallen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in welcher bedauerlichen Lage wäre die jeweilige Opposition im Bundestag, wenn sie die Bedeutung des Bundestages und seinen Wert daran messen würde, welche Entscheidungen die jeweilige Mehrheit fällt! In einer ähnlichen Lage sind wir doch auch manchmal in den Vereinten Nationen. Ich denke, es ist vielleicht auch nützlich, ganz selbstkritisch zu erkennen - das Wort „selbstkritisch" ist etwas anspruchsvoll, weil wir damals gar nicht Vollmitglied der Vereinten Nationen waren; also ich drücke es etwas wertfreier aus -, es ist vielleicht nützlich, zu erkennen, daß die Altmitglieder der Vereinten Nationen auf den Eintritt der Staaten der Dritten Welt in die Vereinten Nationen nicht in ausreichender Weise vorbereitet waren und umgekehrt. Das mag auch manches Mißverständnis in den letzten Jahren erklären. Auch hier sind wir dabei, zu rationaleren Diskussionen zu kommen. Und schon gar nicht sollten wir die Vereinten Nationen nach den Systemen der Länder bewerten, die dort vertreten sind. Entweder wollen wir eine Organisation von Staaten mit gleichen Wertbegriffen. Dafür haben wir uns entschieden in der NATO, dafür haben wir uns entschieden im Europarat, dafür haben wir uns entschieden in der Europäischen Gemeinschaft. Aber bei den Vereinten Nationen geht es um eine globale Organisation. Da müssen wir die Länder und ihre Regierungen so nehmen, wie sie sind. Wir können die Organisation nicht danach beurteilen, wie die Regierungen in den einzelnen Mitgliedstaaten sind, sondern wir müssen unsere Aufgabe darin sehen, in den Organisationen der Vereinten Nationen und in der Vollversammlung selbst so viel wie möglich von dem Gedankengut durchzusetzen, das wir für richtig halten, und so viele Partner wie möglich für unsere Auffassung zu gewinnen. Das bedeutet auch eine Bereitschaft zum Kompromiß bei Auffassungen, die uns nicht ganz so zusagen, wie es der Fall wäre, wenn wir allein zu entscheiden hätten. ({4}) Das bestimmt unsere Haltung in den Vereinten Nationen. Ich sage das alles dehalb, weil ich bei aller Skepsis, die ja angebracht ist, nicht möchte, daß in unserem Lande so eine Art UN-Pessimismus Platz greift. ({5}) Sie sagen, das sei schon lange der Fall. Dann sorgen wir dafür, daß es nicht so ist! Und sogar den Völkerbund noch als etwas Besseres als die Vereinten Nationen darzustellen - auf jeden Fall können wir doch feststellen, daß die Vereinten Nationen in den vergangenen Jahrzehnten eine wichtige friedenswahrende Aufgabe wahrgenommen haben. Es geht in Wahrheit in der Nord-Süd-Frage darum, daß wir jene Fortschritte erhalten und möglich machen, die unter Aufrechterhaltung der Grundstrukturen einer freiheitlichen Weltwirtschaftsordnung denkbar sind und die es den Entwicklungsländern ermöglichen, ihren Rückstand zu überwinden. In dem für die Entwicklungsländer so wichtigen Rohstoffbereich haben wir Systeme für die Stabilisierung der Exporterlöse errichtet, weltweit im Internationalen Währungsfonds und regional für 53 Staaten Afrikas, in der Karibik und des Pazifiks in der Konvention von Lomé, was hier anerkannt wurde. In der Frage eines integrierten Rohstoffprogramms und eines gemeinsamen Fonds gehen die Verhandlungen weiter. Ich bin zuversichtlich, daß wir auch hier zu Lösungen kommen werden, die den rohstoffexportierenden Ländern wesentliche Verbesserungen bringen, die auch den Verbraucherländern nützen und bei denen die Funktionsfähigkeit der Rohstoffmärkte voll gesichert bleibt. Wir sind bereit, einzelne Rohstoffabkommen abzuschließen, die der Dämpfung der oft sehr heftigen Schwankungen der Rohstoffpreise dienen. Wir sind bereit, einem gemeinsamen Fonds als Finanzierungsinstrument zuzustimmen, nicht mit der Absicht, eine Möglichkeit des Eingriffs in die Rohstoffmärkte zu schaffen. Ob Rohstoffabkommen und ein gemeinsamer Fonds eine Gefahr des Dirigismus mit sich bringen oder nicht, das hängt allein davon ab, wie solche Abkommen und ein solcher Fonds konzipiert und ausgestaltet sind. Wir werden nur einer marktkonformen Konzipierung und Ausgestaltung zustimmen. Fortschritte werden und wurden auch im Ressourcentransfer an die Entwicklungsländer erreicht. Unser Land steht hier im übrigen besser da, als dies oft dargestellt wird. Unser Gesamtkapitaltransfer aus öffentlichen und privaten Quellen stieg von netto 8,2 Milliarden DM im Jahr 1974 auf 13,4 Milliarden DM im Jahre 1976. Wir haben damit Kapital in Höhe von 1,2 % unseres Sozialprodukts in die Entwicklungsländer transferiert und das 1-%-Ziel deutlich übertroffen. Wo wir zurückliegen, das ist das 0,7-%-Ziel für die öffentliche Hilfe. Auch hier unternehmen wir Anstrengungen. Aber es ist doch unverkennbar, daß wir den Entwicklungshaushalt um 22 0/o erhöht haben. Das ist eine Zuwachsrate, die mehr als doppelt so hoch ist wie die des Gesamthaushaltes. Auf der gegenwärtig stattfindenden UNCTAD-Konferenz versuchen wir Lösungen auch für die Probleme zu finden, die sich für die am wenigsten entwickelten Länder aus einer übergroßen Schuldenlast ergeben. Wir haben in Genf erklärt, daß wir bereit sind, zu erwägen, unsere öffentliche Hilfe an diese Länder künftig grundsätzlich in Form von Zuschüssen zu geben. Wir sind ferner bereit, zu erwägen, öffentliche Kredite, die diesen Ländern in der Vergangenheit gewährt wurden, von Fall zu Fall ebenfalls in Zuschüsse umzuwandeln. Das ist ein ganz erheblicher Fortschritt. Ich gehe schließlich auf eine zentrale Frage ein, die leider immer wieder in Vergessenheit gerät. Ich meine nämlich, daß es für die Stärkung einer liberalen Weltwirtschaftsordnung geradezu selbstverständlich sein muß, aber für die Hilfe für die Entwicklungsländer von zentraler Bedeutung ist, daß wir die Märkte der Industrieländer für die Halb-und Fertigwaren der Entwicklungsländer öffnen. Diese Öffnung der Märkte ist die Voraussetzung dafür, daß wir die aus der Kolonialzeit überkommene Austauschstruktur, bei der die Industrieländer Fertigwaren, die Entwicklungsländer aber überwiegend Rohstoffe liefern, endlich überwinden. Hier z. B. sind mit den Vereinigten Staaten geradezu Vorkämpfer gegenüber anderen, die ein wenig mehr Protektionismus ganz gern hätten. Protektionismus ist schlecht an sich. Protektionismus der Industriestaaten gegenüber den Staaten der Dritten Welt wird jeden anderen Versuch zur Hilfe für die Staaten der Dritten Welt praktisch oder mindestens teilweise erfolglos machen. Deshalb ist es so wichtig, daß die westlichen Industriestaaten darauf verweisen können, daß sie drei Viertel der Produkte der Staaten der Dritten Welt bei sich aufnehmen, daß 20 % der Ausfuhren der Dritten Welt Austausch zwischen Staaten der Dritten Welt sind. Daß die kommunistischen Staaten nicht einmal 5 % der Produkte der Dritten Welt bei sich aufnehmen, zeigt, wie ihr Gerede von der Notwendigkeit der Hilfe für die Dritte Welt in Wahrheit zu verstehen ist. ({6}) Auch hier muß daran erinnert werden, daß die Verantwortung für die Entwicklung der Dritten Welt untrennbar und unteilbar unter den Industrienationen ist. Die Entwicklungshilfe der kommunistischen Staaten ist, bezogen auf das Jahr 1976, rückläufig. Sie betrug insgesamt etwa 545 Millionen Dollar netto. Dem steht die Hilfe der westlichen Industrieländer in Höhe von 13,7 Milliarden Dollar gegenüber. ({7}) Im Jahre 1976 betrug die öffentliche Hilfe der Bundesrepublik Deutschland 250 % der öffentlichen Hilfe der kommunistischen Staaten insgesamt, und sie war sechsmal so hoch wie die der Sowjetunion. ({8}) Und wer diese Zahlen hört, der wird jenen afrikanischen Außenminister verstehen, der bei einem Besuch in Bonn in seiner Tischrede gesagt hat: „Was Afrika braucht, sind Traktoren, aber nicht Stalinorgeln." Ich glaube, der Mann hat recht gehabt. ({9}) Meine Damen und Herren, daß wir uns - was notwendig ist - in den wirtschaftlichen Fragen mit den Staaten der Dritten Welt verständigen, ist nur in einem Klima der Kooperation denkbar. Dazu möchte ich nun wirklich selbstkritisch - und das gilt für alle Seiten des Hauses wohl insgesamt für alle westlichen Staaten - fragen, ob wir nicht zu spät begonnen haben, ein globales westliches Konzept für die Diskussion mit den Staaten der Dritten Welt zu entwickeln. Wenn wir in den Vorschlägen der Dritten Welt eine Reihe von dirigistischen Elementen, die uns nicht zusagen, finden, dann doch deshalb, weil wir selbst - und das reicht weit zurück - es versäumt haben, frühzeitig ein solches globales Konzept vorzulegen. Es ist jetzt da, und es hat die erforderliche Versachlichung der Diskussion eingeleitet. Das ist auch ein Fortschritt. Dem kann, glaube ich, auch die Opposition in Ruhe zustimmen, ohne ihre Rollenfunktion zu verletzen. ({10}) - Herr Kollege Todenhöfer, ich hatte Ihnen ja früher einmal gesagt, wenn eine bestimmte Sache nicht aus der Welt kommt, würde ich keine Zwischenfrage mehr von Ihnen beantworten. Aber jetzt beantworte ich doch einen Zwischenruf von Ihnen, um Ihnen schon damit deutlich zu machen, daß auch in einer Partei, die das „C" nicht im Namen hat, die Grundsätze der christlichen Nächstenliebe verwirklicht werden. ({11}) Ich möchte Ihnen sagen, daß wir auf die Vorschläge, die Sie meinen, warten. Wären sie da, hätten wir sie gerne aufgenommen. Ich denke bei dieser Selbstkritik im Hinblick auf die westliche Adresse ziemlich weit zurück. Ich habe ja gesagt, daß ich keine Seite des Hohen Hauses von dieser Selbstkritik ausnehme. Eine bedeutende Aufgabe für die Vereinten Nationen ist die Frage der Durchsetzung der Menschenrechte. Wir sind uns alle schmerzlich bewußt, wie weit wir in vielen Teilen der Welt von der Verwirklichung dieser Idee entfernt sind. Graf Huyn hat an Hand von konkreten Beispielen beklagt, daß es dafür nicht besondere Gedenktage gebe. Es gibt den Tag der Menschenrechte. An diesem Tag treten wir mit besonderer Betonung für die Durchsetzung der Menschenrechte ein, und wir gedenken der Opfer, die unter der Verletzung der Menschenrechte zu leiden haben. Aber bitte machen wir uns frei von der Vorstellung, die Verletzung der Menschenrechte mit Blick darauf zu sehen, wer verletzt! Ringen wir uns dazu durch, die Opfer zu sehen und nicht einäugig die Verletzung der Menschenrechte zu rügen! Das meine ich auch in bezug auf die Entwicklung im südlichen Teil Afrikas. Meine Damen und Herren, die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen haben ihre Bedeutung auch dadurch gewonnen, daß durch sie die Menschenrechte zu einem legitimen Thema internationaler Diskussion geworden sind. Wir werden in Kürze Gelegenheit haben, uns über die Ergebnisse der jüngsten Belgrader Konferenz zu unterhalten, der Folgekonferenz zur KSZE. Wenn ich die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung darzulegen habe, dann muß ich sagen, daß es ganz wesentlich das Verdienst der Bundesregierung ist, daß man in den Vereinten Nationen, aber auch in der Helsinki-Konferenz im Prinzipienkatalog und in der Diskussion in Belgrad gerade der Menschenrechtsfrage einen hohen Rang eingeräumt hat. Wir haben jetzt in Europa einen Zustand erreicht, der zeigt, wie in der Auswertung des Dokuments von Helsinki bewirkt worden ist, daß das Gespräch über die Verwirklichung der Menschenrechte legitimerweise nicht mehr als die Einmischung in die Angelegenheiten eines anderen Staates abgetan werden kann. Vielmehr handelt es sich um das Einfordern einer von einem anderen Staat übernommenen Verpflichtung. Das ist ein Fortschritt einer Politik, die wir vertreten haben und bei der wir auf Ihre Unterstützung hoffen und Ihrer Unterstützung auch ganz sicher sein können. ({12}) Die Menschenrechtsfrage ist internationalisiert, und die Bundesrepublik arbeitet mit Beharrlichkeit. Hier ist zu Recht der Begriff des Menschenrechtsgerichtshofes erwähnt worden, den ich in die Diskussion der Vereinten Nationen eingeführt habe. Wir kennen doch das politische Spiegelbild der Vereinten Nationen. Schon die beiden Menschenrechtspakte machen deutlich, wo für die einen und wo für die anderen das Problem der Menschenrechte drükkender empfunden wird. Wir müssen auch die politischen und die ideologischen Gegensätze in Betracht ziehen, die die Vereinten Nationen beherrschen. Insoweit können doch die Vereinten Nationen nur ein Spiegelbild dessen sein, was auf dieser Welt vor sich geht und was wir nicht durch Beschluß des Bundestages ändern können. Wir können es nur durch aktive Politik ändern. Deshalb ist der Gedanke eines Menschenrechtsgerichtshofes nur der Versuch einer Objektivierung der Diskussion über diese Frage. Aber ein solches Projekt in der Antragsform in die Vereinten Nationen hineinzubringen heißt, es auch so vorzubereiten, daß es nicht scheitert und damit in der Menschenrechtsfrage ein kontraproduzentes Ergebnis erreicht wird. Das ist der Grund für die behutsame Verfolgung dieses Zieles, zu dem ich mich unverändert bekenne. Es ist kein Grund für jemanden, daran zu zweifeln, daß sich an dieser Zielsetzung etwas geändert hätte. Wenn wir von den Menschenrechten sprechen, lassen Sie mich zu den beiden Problemen etwas sagen, die uns im südlichen Teil Afrikas aktuell bewegen müssen. Bezüglich der Entwicklung in Rhodesien unterstützen wir die Bemühungen, die Position unserer amerikanischen und englischen Freunde, die durch ihre Initiative eine besondere Verantwortung übernommen haben und die mit ihrer Initiative in Rhodesien einen Prozeß eingeleitet haben. Ich bitte, im ganzen Hohen Hause noch einmal sehr darüber nachzudenken, ob diese amerikanisch-englische Initiative von Anfang an die Zustimmung aller Mitglieder des Hohen Hauses hatte, ob sie nicht anfangs auch kritisiert worden ist. ({13}) Die Bundesregierung hat sich von Anfang an dazu bekannt, und zwar im Vertrauen darauf, daß von der großen moralischen Überzeugungskraft - gerade auch des Bekenntnisses des amerikanischen Präsidenten zu den Menschenrechten - Wirkungen ausgelöst werden. Wir werden die Position der Vereinigten Staaten und Großbritanniens in dieser Frage unterstützen, auch in unseren Beiträgen im Sicherheitsrat. Hinsichtlich der Namibia-Frage ist hier kritisiert worden, daß mein Fraktionskollege Jung auch von dem „Volk von Namibia", glaube ich, gesprochen habe. Wir sind uns doch in einem einig: Wenn wir ein unabhängiges Namibia wollen, müssen wir auch die Staatsvolkwerdung in Namibia wollen, die Staatsvolkwerdung gleichberechtigter Bürger unabhängig von ihrer Hautfarbe. Man kann die Bundesregierung nicht dafür rügen und Zitate dessen bringen, was jemand von der SWAPO gesagt und was die SWAPO getan hat, oder sie gar sozusagen in die Nähe von Leuten rücken, die auf andere schießen. Dabei kann ja nicht einmal gesagt werden, wer im einzelnen diese oder jene Tat begangen hat. ({14}) Meine Damen und Herren, fest steht, daß die SWAPO, und zwar ohne unsere Zustimmung, von den Vereinten Nationen und der Organisation für Afrikanische Einheit als die legitime Vertreterin anerkannt worden ist. Deshalb verhandeln wir mit der SWAPO, deshalb verhandeln wir mit der Regierung von Südafrika. Aber wir tun dies nicht, um irgend jemandem ein Privileg, sondern um die Voraussetzungen zu schaffen, die uns für eine Befriedung Namibias als selbstverständlich gelten, nämlich die Voraussetzungen für freie Wahlen unter Teilnahme aller Gruppen: unter Einschluß der SWAPO - ich denke, daß wir uns darüber einig sind -, aber ohne ein Privileg für die SWAPO, mit gleichen Rechten für alle. Das, meine Damen und Herren, wollen wir. ({15}) Meine Damen und Herren, wenn wir so engagiert dafür eintreten, daß die Rassentrennung im südlichen Teil Afrikas mit friedlichen Mitteln überwunden werden kann, dann zum einen deshalb, weil es Ausfluß unserer Friedenspolitik ist, uns weltweit für friedliche Lösungen einzusetzen, zum anderen aber auch deshalb, weil es unserem Verständnis, unserer inneren Ordnung und unseren Wertvorstellungen, die wir in den Vereinten Nationen durchsetzen möchten, entspricht, daß die Menschenrechte und damit die Gleichberechtigung der Rassen auch dort verwirklicht werden. Lassen Sie mich dazu auch einen machtpolitischen Gesichtspunkt einführen, weil auch er hier in der Diskussion eine Rolle gespielt hat. Natürlich kann das erkennbare Streben der Sowjetunion und ihrer Verbündeten niemanden unbesorgt lassen, in Afrika Einfluß- und Machtzonen zu errichten. Nur, der Schluß, den Graf Huyn gezogen hat, ist sicher falsch: daß das Engagement der DDR in bestimmten afrikanischen Staaten dadurch herbeigeführt worden sei, daß wir Mitglied der Vereinten Nationen wurden und infolgedessen auch die DDR in den Vereinten Nationen sei. ({16}) - Wenn Sie das nicht gemeint haben, dann sind wir uns schon einig. Aber es klang genauso, als sei das eine die Folge des anderen. Sie würde es - mit oder ohne Mitgliedschaft - tun, vielleicht sogar mehr, wenn sie nicht durch die Verpflichtungen der Vereinten Nationen gebunden wäre. ({17}) Wenn es uns darum geht, mein sehr verehrten Damen und Herren, zu verhindern, daß Afrika unter den Einfluß der Kommunisten gerät, dann werden wir das am besten dadurch erreichen können, daß wir glaubwürdige Anwälte eines unabhängigen Afrika sind, frei von Einflüssen von außen, und daß wir als Anwälte auch der Überwindung einer Politik der Rassendiskriminierung und der Restbestände des Kolonialismus dort, wo sie noch vorhanden sind, glaubwürdig sind. ({18}) Das, meine Damen und Herren, könnte, glaube ich, eine gemeinsame Auffassung hier im Deutschen Bundestag sein, bei der wir deutlich machen, daß wir es nicht anderen überlassen, sich zu Anwälten afrikanischer Unabhängigkeit, zu Anwälten der Überwindung der Rassenschranken aufzuwerfen, von denen wir wissen, daß sie im eigenen Machtbereich wahrlich nicht die Grundsätze einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verwirklichen. - Sie möchten eine Frage stellen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte, Herr Dr. Marx.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke. - Herr Bundesminister, ich möchte gerne den Versuch machen, durch meine Frage eine oft Mißverständnissen, gewollten Mißverständnissen ausgesetzte Teilproblematik zu klären. Sie haben soeben gesagt, daß Sie gegen jegliche Rassendiskriminierung und für, solange dies möglich ist, die Beseitigung von Rassenschranken sind. Herr Bundesaußenminister, sind Sie bereit, davon auszugehen, daß dieser Gedanke für meine Fraktion ebenso gilt, daß er aber für alle Rassendiskriminierungen gilt, also nicht nur für Rassendiskriminierungen durch Weiße gegen Schwarze, Farbige und Inder im Süden, sondern auch für sehr viele schmerzhafte Rassendiskriminierungen und Verfolgungen durch Schwarze oder Farbige gegen Farbige und Weiße?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Kollege, ich kann mir gar nicht vorstellen, daß es ein einziges Mitglied des Hohen Hauses gibt, das eine andere Auffassung hat, als aus Ihrer Frage eben spricht. Ich kann es mir gar nicht vorstellen. ({0}) Wir bekennen uns alle zu den Grundsätzen unseres Grundgesetzes. Ich denke, daß Ihre Frage zugleich auch bescheinigt, daß die Angehörigen der Regierungsparteien auch den anderen Teil Ihrer Frage mit bejahen, nämlich, daß wir - wie Sie - ebenfalls gegen die umgekehrte Rassendiskriminierung auftreten, wo es sie gibt. Das ist doch ganz selbstverständlich. ({1}) Meine Damen und Herren, zum Schluß meiner Ausführungen möchte ich noch ein Wort zu dem in fünf Punkten zusammengefaßten Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU sagen. Ich will mich nicht zu jeder einzelnen Formulierung äußern. Das, was dort als Ziel und als Aufforderung an die Bundesregierung ausgedrückt wird, ist im Grunde praktische Politik der Bundesregierung seit unserem Eintritt in die Vereinten Nationen. Sie könnten Ihren Antrag eigentlich kürzer fassen und sagen, die Bundesregierung möge ihre bewährte Politik in den Vereinten Nationen fortsetzen. Dafür erbitte ich Ihre Unterstützung. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In unserer Offentlichkeit ist das Bild der Vereinten Nationen häufig verzerrt. Für die einen - lassen Sie mich die Extrempositionen darstellen - sind sie ein machtloser Papiertiger, sind sie eine ungesunde Organisation; für die anderen sind sie die einzige Hoffnung für die Menschheit. Beide Gruppen können gute Argumente ins Feld führen. Miß- bzw. Nichterfolge der UN gibt es sehr viele, zu viele. Dagegen stehen aber auch eine Reihe von positiven Leistungen, die leider kaum Schlagzeilen machen. Ich freue mich, daß die Bundesregierung und auch der Bundesaußenminister in ihren Antworten gerade auf die positiven Leistungen abgehoben haben. Zwei Jahrzehnte lang war die Deutschlandpolitik in der Zeit des Kalten Krieges in gewisser Weise so etwas wie das Zentrum der Weltpolitik. Der Kalte Krieg ging zumindest auch um Deutschland, um Berlin, um die deutsche Teilung. So gesehen waren die deutschlandpolitischen Entscheidungen nach 1969, die Entspannungspolitik überhaupt, das Ende einer Epoche. Seit dem Anfang der 70er Jahre ist statt dessen immer stärker ein neuer Konflikt in das Zentrum der internationalen Politik gerückt. Er ist wirtschaftlicher, sozialer Natur. Ich meine die Beziehungen zwischen den entwickelten und den sogenannten unterentwickelten Ländern, den Entwicklungsländern. Das heißt nicht, daß die europäische oder die deutsche Frage jede Bedeutung verloren hätten. Aber ich habe den Eindruck, daß einige von Ihnen nicht ausreichend die Ergebnisse des Hearings vor dem innerdeutschen Ausschuß zur Kenntnis genommen haben, daß die Deutschlandpolitik nicht mehr die zentrale Frage im internationalen Bereich ist. Von daher gesehen zielt der, Vorwurf, die Bundesregierung nehme nicht ausreichend zur deutschen Frage Stellung - sie tut dies doch -, ins Leere. Für die meisten Entwicklungsländer sehen der Westen und der Osten ziemlich ähnlich aus: Sie sind die reichen Länder. Beide Gruppen sind herausgefordert, einen Beitrag zur Entschärfung des Nord-Süd-Konflikts zu leisten. Wenn ich heute von den Vereinten Nationen spreche, denke ich vor allem an drei Bereiche, in denen die UN aktiv und im Ansatz auch erfolgreich tätig ist: bei den Bemühungen um eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Länder der Dritten Welt, bei der Verwirklichung der Menschenrechte und im Feld der Entkolonialisierung. Die UN als Forum des Nord-Süd-Dialogs: Bereits in der Präambel wird als wesentliches Ziel der Weltorganisation die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts aller Völker angegeben. In Art. 55 der Charta wird ein Zusammenhang zwischen der Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und der Erhaltung des Weltfriedens hergestellt. Die Friedensmedaille hat zwei Seiten: Die eine Seite bedeutet Abwesenheit von Krieg, die andere Seite Schaffung von mehr sozialer Gerechtigkeit im Weltmaßstab. Ein Zustand der Stabilität und der Wohlfahrt ist demnach erforderlich, um friedliche, freundschaftliche, auf der Achtung des Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zu erhalten. Um diesen entwicklungspolitisch motivierten Beitrag zum Weltfrieden zu leisten, sind von den UN die verschiedensten Impulse ausgegangen. Zu erinnern ist insbesondere an die beiden von der Generalversammlung beschlossenen Entwicklungsjahrzehnte. Wenn auch diese Programme nicht den gewünschten Erfolg hatten, so ist das aber nicht in erster Linie den Vereinten Nationen anzulasten, sondern nicht zuletzt den Industriestaaten in Ost und West, die so manche Aktionspläne sehr schnell zu Makulatur gemacht haben. Ein Ergebnis dieser Mißerfolge sind die Forderungen der Länder der Dritten Welt ,nach einer weitgehenden Umgestaltung des gegenwärtigen Weltwirtschaftssystems, wie sie in der Forderung - der Herr Bundesaußenminister hat das dargestellt - nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung zum Ausdruck kommt. Bei einer Debatte, wie sie heute geführt wird, dürfen die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen nicht unerwähnt bleiben, da sie integraler Bestandteil des gesamten UN-Systems sind. Wenn man ihre Arbeit in eine kritische Betrachtung einbezieht, muß das Urteil über die UN zwangsläufig anders ausfallen. Um etwa mit der Weltbank anzufangen: Sie scheint trotz mancher Schwierigkeiten über alle Kritik in diesem Hause erhaben zu sein. Das gilt auch für den Internationalen Währungsfonds. Vielen scheint zu entgehen, daß er auch zum UN-System gehört. Positiv erwähnt werden muß ebenfalls die Internationale Arbeitsorganisation, die in den letzten Jahren die entwicklungspolitische Diskussion wesentlich vorangetrieben hat. Diese Internationale Arbeitsorganisation und das sogenannte ILO-Programm sollten von der Bundesrepublik noch nachhaltiger und konsequenter als bisher unterstützt werden. In den hier aufgezeigten Bereichen hat die Bundesrepublik im Rahmen der UN eine positive Arbeit geleistet. Wenn auch diese Ergebnisse nicht unbedingt auf die anderen Tätigkeitsfelder der UN übertragbar sind, so muß unsere Politik doch für die Zukunft weiterhin auf eine verstärkte Unterstützung der Weltorganisation ausgerichtet sein. Ich warne jeden davor - auch hier im Deutschen Bundestag -, den Eindruck zu erwecken, als ob wir Deutsche die UN als Organisation zur Disposition stellen wollten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes?

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Holtz, ist es nicht ein guter Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinten Nationen, wenn sie offen darauf hinweist, was die Autorität der Vereinten Nationen unter Umständen mindert? Kann Kritik in diesem Zusammenhang nicht eine positive Einstellung bedeuten?

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kritik kann konstruktiv sein. Ich wünschte mir, sie käme von Ihrer Seite öfter in konstruktiver Richtung. ({0}) Die Vereinten Nationen sind - zum Glück - nicht die von vielen erträumte Weltregierung, sondern der unterstützenswerte Versuch, unter Beachtung der Souveränität von Staaten und Staatengemeinschaften der Lösung der Weltprobleme auf friedlichem Verhandlungswege näherzukommen. Ich habe eben schon kurz darauf hingewiesen, daß auch die zweite Entwicklungsdekade nicht die Erfolge gezeitigt hat, die man an sich erwartete. Wenn man sich fragt, warum dieses Ergebnis nicht so positiv ausfällt, so glaube ich, daß man folgendes anführen kann. Einmal waren die Leistungen der Industrieländer nicht hoch genug, auch die Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer in vielen Bereichen nicht ausreichend. Zum anderen basiert die Strategie der zweiten Entwicklungsdekade zu sehr auf quantitativen Zielen abstrakten Wachstums und nicht auf der Befriedigung der Grundbedürfnisse und auf der Beseitigung von Armut. Zum dritten meine ich, daß diese Strategie keinen in sich schlüssigen Entwicklungsapproach aufweist. Fast alle Ratschläge waren einseitig an die Entwicklungsländer gerichtet, während die Entwicklungsprobleme der Industrieländer mit Stillschweigen übergangen worden sind. Ich habe ebenso auch die Vernachlässigung sozialökonomischer Faktoren, wie etwa die Art der Produktion und die Einkommensverteilung zu beklagen. Die These, daß sich die Dritte Welt bei einer verstärkten Integration in die Weltwirtschaft rapide nach vorne entwickelt hätte, hat sich so in der Regel nicht erfüllt; bei erdölproduzierenden Staaten war das anders. Statt dessen wurde häufig die Abhängigkeit verstärkt und die Fähigkeit zur Selbständigkeit, die Fähigkeit zur self reliance geschwächt. Welche Folgerungen kann man daraus ziehen? Bei der letzten Debatte in den Vereinten Nationen, auch während der 32. Generalversammlung, fand ich es enttäuschend, daß keine Entscheidung über die weitere Vorbereitung einer neuen Entwicklungsstrategie für die 80er Jahre gefällt worden ist. Die Entwicklungsländer haben einen einseitigen Entwurf vorgelegt, der nur auf die Forderung nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung bezogen ist. Sie waren bedauerlicherweise nicht bereit, soziale Aspekte und Maßnahmen auf ihrer nationalen Ebene einzubeziehen. Hinter dieser Weigerung verbergen. sich meines Erachtens nicht nur Souveränitätserwägungen, sondern auch die Furcht einiger Entwicklungsländer vor einer Diskussion ihrer internen sozialen Verhältnisse. Ich meine aber statt dessen, daß wir auf solche Erwägungen nicht verzichten können. Eine Strategie für die 80er Jahre muß meines Erachtens einen Begriff von Entwicklung umfassen, den ich als eine andere, als eine alternative Entwicklung bezeichnen möchte und der auf vier Pfeilern ruhen sollte. Erstens. Eine andere Entwicklung muß auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse ausgerichtet sein. Dabei umfassen Grundbedürfnisse drei Elemente: Deckung des privaten Mindestbedarfs, Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen für die Gemeinschaft und Erfüllung mehr qualitativer Bedürfnisse, wie etwa eine gesunde, humane, befriedigende Umwelt, sowie eine Beteiligung der Menschen an den Entscheidungen, die sie betreffen. Zweitens. Eine andere Entwicklung muß aus dem Innern der Entwicklungsländer selbst heraus kommen und eigenständig sein, eigenständiger als bisher. Drittens. Eine andere Entwicklung muß in Harmonie mit der Umwelt erfolgen. Viertens. Eine andere Entwicklung erfordert gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Strukturveränderungen, wie etwa eine Agrar- und Stadtreform, die Umverteilung auch des Reichtums, die Umgestaltung politischer Institutionen mit der Zielrichtung auf mehr Dezentralisierung und Demokratisierung der Macht, Selbstverwaltung und Kontrolle der Bürokratie. Diese andere Entwicklung beginnt zu Hause. Die Bundesregierung betrachtet in ihrer Antwort auf die Große Anfrage die Gestaltung der Beziehungen zur Dritten Welt als „ein Kernstück" ihrer Außenpolitik. Ich finde, Herr Außenminister, daß in dieser Antwort bereits wesentliche Elemente des globalen Planes vorgestellt sind, den der Westen als Vorschlag mit einbringen kann. Das gilt etwa für den Rohstoffbereich; Sie haben auf einen gemeinsamen Fonds hingewiesen. Die Schuldenerleichterung für die ärmsten Länder, das, was die Bundesregierung jetzt in Genf mit beschlossen hat, ist eine gute Sache gewesen und hilft den ärmsten Entwicklungsländern, wenigstens über die größten Schwierigkeiten hinwegzukommen. Besten Dank dafür! Dazu gehören ferner die weitere Liberalisierung des Welthandels und die Öffnung der Märkte, die gezielte Förderung der Industrialisierung in Entwicklungsländern, die Verbesserung des Weltwährungssystems und auch die Verstärkung der multilateralen Hilfe zur Sicherung der Grundbedürfnisse. Mit Interesse haben wir alle einen Satz gelesen, der da lautet: „Die Bundesregierung ist bereit, die öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen zu erhöhen." Sie können sicher sein, daß Sie dabei unsere Unterstützung haben, die Unterstützung des gesamten Parlaments. ({1}) In der Frage der neuen Weltwirtschaftsordnung gehe ich davon aus, daß dies die eigentliche Herausforderung an uns ist. Es muß eine neue Weltwirtschaftsordnung geschaffen werden, die allen Menschen in allen Ländern ein Leben ohne Hunger und Not ermöglicht. Sie haben darauf hingewiesen, Herr Außenminister, daß es gilt, den Machtmißbrauch des Marktes durch die Mächtigen zu verhindern und die Chancen der Schwachen zu vergrößern. Der Versuch einiger Teile der Opposition, unsere Vorstellungen von erfolgreicher Wirtschaft der gesamten Welt überstülpen zu wollen, scheint mir kein taugliches Instrument für die Neuordnung der wirtschaftlichen Beziehungen zu sein. ({2}) Die Vereinten Nationen als Forum der Menschenrechte. Die Gründe für Meinungsverschiedenheiten in dieser Frage scheinen mir vor allem in einer unzureichenden Erfassung des Begriffs der Menschenrechte zu liegen. Er wird zum einen nach klassischem europäisch-westlichen Verständnis vorwiegend als Gewährleistung bürgerlicher und politischer individueller Freiheiten gegenüber Obrigkeit und Staat verstanden. Ich werfe einigen in der Opposition vor, das Blickfeld für die eigentliche Bedeutung der Menschenrechte zusätzlich zu verengen, wenn ihm eine einseitig antikommunistische Stoßrichtung gegeben wird. Der Menschenrechtsbegriff wird zum anderen besonders von den Entwicklungsländern wiederum in erster Linie als Recht auf Befreiung von Hunger, Armut, Arbeitslosigkeit und Analphabetentum und damit von wirtschaftlicher und sozialer Not begriffen. Beides trifft zu: Menschenrechte werden sowohl durch Hunger als auch durch Folter gefährdet. Beides gehört zusammen und spiegelt jedoch jeweils nur Einzelaspekte des umfassenden Menschenrechtsbegriffs wider. Die volle Tragweite des Begriffs der Menschenrechte läßt sich nur aus seiner Wurzel erfassen, nämlich der Anerkennung der Würde des Menschen als des obersten Wertes der nationalen und internationalen Rechtsgemeinschaft.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Mertes?

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr, ja.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Holtz, darf ich Sie als jemand, der noch aus seiner Jugend das Wort Hitlers im Ohr hat, es komme nicht auf die Grundrechte der Weimarer Verfassung, sondern darauf an, daß die Menschen Arbeit und Brot bekämen, darauf hinweisen, daß ich als Vertreter dieser Generation skeptisch bin, wenn zugunsten der sozialen und kulturellen Rechte die politischen Rechte hintangestellt werden. Uns kommt es auf die Gleichgewichtigkeit beider Rechte an. Wenn das de facto dann eine Position gegen die Sowjetunion wird, können Sie uns nicht Antikommunismus vorwerfen. Das liegt in der Logik der Dinge. ({0})

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe gerade die Position der Gleichrangigkeit dargestellt. Ich versuchte nur, zu erklären, woher es kommt, daß man hier im Zentrum Europas manchmal einseitig nur einen Teil der Menschenrechte herausgreift. Nur dagegen ging meine Stoßrichtung. ({0}) Lassen Sie mich hinzufügen: Es trifft auch nicht zu, daß die Vereinten Nationen in der Menschenrechtsfrage einäugig seien. Dafür sorgen insbesondere die westlichen Länder, auch Länder der Dritten Welt. So wird die Frage Idi Amin und Uganda diskutiert. So gab es jetzt den Beschluß, die Situation in Kambodscha einer Überprüfung zu unterziehen. ({1}) Der Kampf für die so verstandenen Menschenrechte ist für Sozialdemokraten seit den Anfängen der Arbeiterbewegung eine Quelle ihres politischen Handelns. Wir Sozialdemokraten begrüßen es deshalb, daß die Bundesregierung ihre Politik in den Vereinten Nationen als menschenrechtsorientierte Entwicklungspolitik - so Marie Schlei - und als menschenrechtsorientierte Friedenspolitik versteht und vertritt. In einer zum Tag der Menschenrechte, am 10. Dezember vergangenen Jahres, verabschiedeten Erklärung des SPD-Parteivorstandes heißt es: Die wirtschaftlich leistungsfähige Bundesrepublik hat die Pflicht, zu den sozialen Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben in den Ländern der Dritten Welt nach Kräften beizutragen. Man kann nur hoffen, daß das auch in die Praxis durch erhöhte Leistungen im Rahmen der Entwidclungshilfe und durch einen noch größeren Beitrag, die wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen neu zu formulieren, stärker umgesetzt wird, so wie der Bundestag es hier am 27. Oktober vergangenen Jahres getan hat, als er sagte, er sehe den Aufbau einer leistungsfähigen, gerechten und sozialen Weltwirtschaft als eine wichtige Aufgabe an. Es gilt also, Hunger, Armut und Analphabetentum in der Dritten Welt zu beseitigen - das ist die eigentliche internationale soziale Frage unserer Zeit - und zum anderen den Kampf um die Beseitigung von Rassendiskriminierung und Minderheitsherrschaft im südlichen Afrika fortzusetzen, die UN als Forum zum Kampf gegen Kolonialismus und Rassismus zu nutzen. Wenn auch die Vereinten Nationen nicht überall tätigen Anteil am Prozeß der Entkolonialisierung genommen haben oder nehmen konnten und brauchten, so haben sie doch durch ihre Initiativen ein globales „Entkolonialisierungsklima" geschaffen, dem sich schließlich keine Kolonialmacht entziehen konnte. In diesem Zusammenhang muß die Erklärung der Generalversammlung vom 14. Dezember 1960 über die Gewährung der Unabhängigkeit für die Kolonialländer und -völker erwähnt werden. Darin wird festgestellt, daß Unterwerfung, Beherrschung und Ausbeutung eines Volkes durch eine fremde Macht einer Ablehnung der grundlegenden Menschenrechte gleichkommt, im Widerspruch zur Charta der UN steht und ein Hindernis für die Förderung des Weltfriedens und der internationalen Zusammenarbeit darstellt. Insbesondere die Situation im südlichen Afrika hat in den letzten Jahren eine Verschärfung des Tons in der Generalversammlung bewirkt. So betonte sie in jüngsten Entschließungen zur praktischen Verwirklichung der Erklärung über die Entkolonialisierung, daß die Fortsetzung des Kolonialismus in allen seinen Formen und Erscheinungen einschließlich Rassismus, Apartheid, Ausbeutung eines Koloniallandes durch ausländische wirtschaftliche und sonstige Interessengruppen sowie durch Kolonialkriege zur Unterdrückung der Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt. ({2}) - Südafrika ist für mich ein Mikrokosmos des Nord-Süd-Gefälles und des Nord-Süd-Konflikts. Südafrika ist Industrie- und Entwicklungsland in einem. Ich sehe, daß die große Mehrheit der BevölDr. Holtz kerung, besonders die Schwarzen, einem internen Kolonialismus ausgesetzt ist. ({3}) Ich glaube, daß das Faktum der Entkolonialisierung uneingeschränkt zu begrüßen ist, auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, und nur nostalgische Reaktionäre und Rassisten können diese Entwicklung beklagen. Zu beklagen sind die Fälle verspäteter Entkolonialisierung, die fast immer zu vermeidbaren Menschenopfern geführt haben, so in Algerien, in Vietnam, in Portugals afrikanischen Kolonien. ({4}) Es ist interessengebundene Ideologie in Reinform, wenn das Entstehen und Auftreten von Befreiungsbewegungen z. B. im südlichen Afrika immer nur den sowjetischen Agenten in die Schuhe geschoben wird und wenn bewußt vermieden wird, nach den Ursachen von bewaffneten Aufständen und nach den Unterdrückern und ihren Helfern zu fragen. Befreiungsbewegungen in Kolonialgebieten fallen nicht auf Beschluß des Zentralkomitees der KPdSU vom Himmel, ({5}) sie wachsen auch nicht aus der Hölle, sondern sie bilden sich aus der politischen, wirtschaftlichen und sozial unerträglichen Situation des Landes heraus, wie sie dort besteht. ({6}) Für die westliche Politik geht es doch nicht um die oft gehörte falsche Fragestellung: Menschenrechte oder Rohstoffe, Bewahrung der westlichen Werte oder Überantwortung an den „Sowjetkommunismus". Diese Minderheitenregime weisen keine ideologische Affinität zu westlichen Demokratien auf, sie stellen für mich vielmehr eine Perversion westlicher Demokratie dar. Es geht im südlichen Afrika auch nicht um die angebliche Wahl: Aufrechterhaltung der Herrschaft des weißen Mannes oder Verlust dieser bedeutsamen strategischen Position und Region an den Kommunismus. Das sture und kompromißlose Festhalten weißer Minderheitsregierungen an ihrer Vorherrschaft und die Verteidigung der unmenschlichen Rassenpolitik schaffen vielmehr unhaltbare soziale und politische Zustände, die dem sowjetischen Einfluß die Tore öffnen. ({7}) Die zentrale Bedeutung dieser Region für unsere Politik muß noch bewußter gemacht werden. Was die Frontstaaten angeht, so meine ich, daß die Bundesregierung auf dem richtigen Wege ist, die Politik von Marie Schlei fortzusetzen, nämlich die Frontstaaten zu stärken, damit ihre Unabhängigkeit ausgebaut werden kann. Wir sind mit der Unterstützung für Flüchtlinge auch im südlichen Afrika auf dem richtigen Wege. Parteiengezänk schadet nur. Wenn ein Herr der CDU/CSU im Zusammenhang mit der Förderung eines Flüchtlingslagers in Botsuana, Selebi Pikwe, Behauptungen aufgestellt hat, so sind sie kürzlich mit Recht vom UN-Flüchtlingskommissar als unrichtig zurückgewiesen worden. Sie haben dem Ansehen der Bundesrepublik starken Schaden zugefügt, der nur schwer zu reparieren ist. ({8}) - Wir warten da immer noch auf eine öffentliche Entschuldigung des entwicklungspolitischen Sprechers in dieser Frage, ({9}) in der er sich eindeutig geirrt hat. ({10}) Die Diskussion um Rhodesien, um Namibia, würde heute in den Vereinten Nationen nicht so geführt, wenn nicht Patriotische Front, Afrikanischer Nationalrat, wenn nicht die SWAPO versucht hätten, den Kampf mit anderen Mitteln zu führen. Ohne die SWAPO gäbe es keine demokratische Turnhallenallianz, ohne die Patriotische Front wäre Ian Smith zu der internen Lösung nicht bereit gewesen, ob einem das gefällt oder nicht. Dies muß man sehen. Mir haben Vertreter der deutschen Interessengemeinschaft in Namibia in Windhuk - sie hat über 1 200 Mitglieder - selbst gesagt, daß sie der Auffassung sind, daß nur der bewaffnete Kampf - vorher hat man es jahrelang auf friedliche Art und Weise versucht - zu einer Veränderung der politischen Verhältnisse in Namibia geführt habe. ({11})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Todenhöfer?

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön, Herr Kollege.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Holtz, glauben Sie nicht, daß es viel richtiger wäre, wenn sich die Bundesregierung und auch die SPD einmal Gedanken darüber machten, ob sie die Unterstützung von Befreiungsbewegungen, die unschuldige Zivilpersonen ermorden, in Zukunft aufgeben?

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie wissen, daß dieser Vorwurf, daß unschuldige Zivilpersonen gemordet werden, sehr umstritten ist. Es gibt unterschiedliche Auffassungen. ({0}) Ich kann nur sagen, die Bundesregierung wie die sozialliberale Koalition lehnen Mord, jeglichen Mord, ab. Wir unterstützen nur die Menschen und die Bevölkerung, die bislang diskriminiert sind, in ihrem Wunsch, im südlichen Afrika endlich gleichberechtigt leben zu können. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, ich möchte jetzt weitergehen. Ich habe nur noch fünf Minuten. Ich möchte noch zu Rhodesien, Südafrika und Namibia einiges sagen. Von weitem betrachtet scheint die Verfassung, die am 31. Dezember dieses Jahres im Rahmen der internen Lösung in Rhodesien in Kraft treten soll, dem zukünftigen Zimbabwe, ein akzeptabler Kompromiß zu sein, ein Kompromiß zwischen dem Verlangen der schwarzen Bevölkerung nach Übernahme der Herrschaft und nach Beseitigung der Diskriminierungen einerseits und dem Wunsch der weißen Bevölkerung andererseits, Aussicht auf eine einigermaßen gesicherte Zukunft in Zimbabwe zu haben. Bei näherem Hinsehen, bei Prüfung dieser internen Lösung stellen sich einige Fragen. Es ist von einer Übergangsregierung die Rede, die aus den vier Führerpersönlichkeiten in Rhodesien - einschließlich Ian Smith - gebildet wird. Die „Neue Zürcher Zeitung" schrieb: In diesem Exekutivrat, der bei dem Übergang das entscheidende Gremium ist, haben die Schwarzen eine Dreiviertelmehrheit. - Wenn man sich aber den Text anschaut, liest man, daß dieser Exekutivrat nur Beschlüsse nach dem Consensus-Prinzip fassen kann. ({0}) Besteht dann nicht die Gefahr, daß der Status quo eben nicht verändert wird? ({1}) - Das ist richtig. Ich stelle hier nur Fragen. Wenn man sich den Text anschaut, liest man: Eine parlamentarische Übergangszeit wird für mindestens zehn Jahre ins Auge gefaßt. ({2}) Es heißt: „at least ten years". ({3}) - Das betrifft die Zeit, in der es um die Parlamentssitze geht: 28 Sitze für die Weißen, für mindestens zehn Jahre. Wenn ich dort mit zu entscheiden hätte, würde ich fragen: Besteht auf Grund der internen Lösung wirklich Aussicht darauf, daß ein Status im Sinne einer vollen Gleichberechtigung erreicht werden kann. ({4}) - Ich lasse keine Frage mehr zu. Ich habe leider nur noch drei Minuten Redezeit. ({5}) Smith hat eine interne Lösung gesucht, ohne auf die britisch-amerikanischen Vorschläge wirklich einzugehen, weil er schnell vollendete Tatsachen schaffen will. Jeder Plan, der die Patriotische Front nicht mit einbezieht - darüber sind wir uns doch wohl einig -, ist unvollständig und auch schwach und bewirkt wahrscheinlich die Fortsetzung des Kampfes in Namibia. Wer aber weiteres Blutvergießen in Rhodesien verhindern will - das wollen wir alle hier im Parlament; das haben wir in einer Resolution bekräftigt - und wer internationale Bemühungen mit dem Ziel unterstützt, daß das illegale Minderheitsregime abgelöst und ein rascher friedlicher Übergang der Herrschaft an die schwarze Mehrheit herbeigeführt werden kann, wird der internen Salisbury-Vereinbarung nicht sofort und vorbehaltlos zustimmen können. Im Alleingang kann der Rhodesien-Konflikt von keiner Seite gelöst werden. Die Mitwirkung Londons und Washingtons ist unerläßlich. Die Zustimmung der Präsidenten der Frontstaaten und der übrigen afrikanischen Staaten sowie der UNO ist wünschenswert. Die Bundesrepublik ist hier nicht in erster Linie gefordert. Sie sollte, wie ich meine, aber darauf hinwirken, daß eine international akzeptable Lösung gefunden wird, die auf einer gemeinsamen Grundlage erarbeitet wird, auf der sowohl die internen als auch die externen Kräfte stehen können. Dies muß eine Grundlage sein, die den Schwarzen wirkliche wirtschaftliche und politische Gleichberechtigung sichert, die nicht schwarzen Bürgerkrieg und eine Massenflucht der Weißen provoziert und die einer kubanisch-sowjetischen Intervention vorbeugt. Die britisch-amerikanischen Vorschläge scheinen mir dafür sehr brauchbar zu sein und die beste Grundlage abzugeben. Ich fand es interessant, daß die Vertreter Indiens jetzt den Vorschlag gemacht haben, eine neue Rhodesien-Konferenz einzuberufen, und zwar auf der Grundlage der britisch-amerikanischen Vorschläge, die vorher häufig genug ja auch von den Ländern der Dritten Welt abgelehnt worden sind. Südafrika will in Namibia einer internen Lösung, aber keiner internationalen Lösung zustimmen. In Pretoria sind seit langem Pläne für diese interne Lösung ausgearbeitet, für die man in Namibia politische Koalitionspartner sucht oder, besser gesagt, sie sich auch selber schafft. Ich habe mit dem Führer der Liberalen Partei, O'Lynn gesprochen, der mir sagte, daß eine ethnische Demokratie, wie sie in Namibia von der Turnhallenkonferenz angestrebt wird, letztlich eine Diktatur der Turnhallenkräfte bedeute, die zwangsläufig von einer Diktatur der SWAPO abgelöst werden müsse. Beides gilt es zu verhindern. Auch deshalb ist die Bundesregierung mit ihrer Initiative auf dem Weg über die fünf westlichen Sicherheitsratsmitglieder auf dem richtigen Wege. Ich komme zum Schluß. In Südafrika geht es darum, durch eine wirklich glaubwürdige Politik mit dafür zu sorgen, daß die Politik der Apartheid der Bantustans aufgegeben wird und daß man durch internationalen politischen wie wirtschaftlichen Druck dazu beiträgt, soziale, wirtschaftliche und politische Gleichberechtigung herzustellen. Die Position der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen hat sich weiter konsolidiert. Dies beruht unter anderem auch auf unserer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat. Dies beruht ebenfalls auf unseren Leistungen in den Sonderorganisationen, besonders entwicklungspolitischer Art. Durch unsere Beteiligung an der Namibia-Initiative der fünf westlichen Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates und bei der Einbringung eines Resolutionsentwurfes zum Waffenembargo gegen Südafrika - zusammen mit Kanada - konnten wir in diesem höchsten Organ der UN eine besondere Rolle spielen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, ich bitte, zum Ende zu kommen.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Diese Position beruht auf der Politik der sozialliberalen Koalition. Es wäre hilfreich gewesen, wenn die Opposition sich dieser gemeinsamen, den Frieden sichernden Politik angeschlossen und sie unterstützt hätte. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Fischer.

Leni Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000553, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesaußenminister, wir haben heute einiges von Ihnen gehört, dem auch wir zustimmen können. Wir wären allerdings froh, wenn Sie in den entscheidenden Konferenzen auch immer danach handelten. Die CDU/CSU begrüßt es, daß in diesem Jahr zum erstenmal auf einer Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen Fragen der Abrüstung zur Sprache kommen. Diese Initiative der Staaten der Dritten Welt kann ein wichtiger Schritt in Richtung auf reale Abrüstung werden, die verbal so oft beschworen wird. Vor allem, meine ich, wird die Sowjetunion zeigen können, ob sie in der Dritten Welt weiterhin zur Aufrüstung und Spannungsförderung beitragen will oder ob sie Abrüstung und weltweite Entspannung tatsächlich will. Die CDU/ CSU-Fraktion wird die Beiträge der Bundesregierung zu dieser Sondergeneralversammlung konstruktiv und kritisch begleiten. Die CDU/CSU-Fraktion sieht es derzeit aber als dringendste Notwendigkeit an, die moralische Autorität der Vereinten Nationen durch eine Stärkung ihres universellen Charakters zu gewährleisten. Denn nur so kann für den Frieden der Welt die Rolle der Vereinten Nationen glaubwürdig bleiben. Eine völlig unglaubwürdig gewordene UNO - und so weit sind wir noch keineswegs - wäre das Ende einer großen Hoffnung der Menschheit. ({0}) Zu dieser Glaubwürdigkeit gehört unabdingbar der echte Wille der Mitgliedstaaten, auch jederzeit die bei der Unterzeichnung der Charta eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten, ({1}) und zwar nicht nach eigener willkürlicher Auslegung, sondern im Sinne unverseller Geltung. ({2}) Das heißt, es erscheint mir im Sinne ihrer Friedensrolle unmöglich, daß sich die Vereinten Nationen heute in harten, unversöhnlichen, von der Mehrheit rücksichtslos diktierten Resolutionen darstellen, ohne die Interessen einer zahlenmäßigen Minderheit zu berücksichtigen. Sie kann also nicht von einzelnen Nationen eine Bereitschaft und Fähigkeit zu konfliktregelndem Verhalten glaubhaft fordern, wenn die zahlenmäßige Mehrheit innerhalb der Gremien selbst dazu nicht bereit ist. ({3}) Übrigens darf in diesem Hause, das über die Gelder unserer Steuerzahler zu wachen hat, wohl auch daran erinnert werden, daß in der UNO ein merkwürdiges Mißverhältnis zwischen Lautstärke und Zahlungsbereitschaft besteht. ({4}) Niemand hat das moralische Recht, in unversöhnlichen Worten von anderen Friedfertigkeit zu verlangen. Friede verlangt immer auch die Überzeugung, daß der eigene politische Standpunkt keine Unfehlbarkeit für sich in Anspruch nehmen darf. ({5}) Das Ende des Dialogs ist in jedem menschlichen Lebensbereich auch das Ende des Friedens.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Vohrer?

Leni Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000553, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bedaure, ich habe zu wenig Zeit. Das, meine Damen und Herren, gilt auch für die internationalen Beziehungen. Offensive Gewalt geht immer aus von der Meinung, daß der eigene Standpunkt, die eigene Interessenlage zwingend richtig sei. Daher ist der Verzicht auf Androhung und Anwendung von Gewalt ein so fundamentales Prinzip des Friedens. Nichts ist in diesem Zusammenhang bemerkenswerter als die Tatsache, daß der sowjetische Vorschlag für einen universellen Gewaltverzichtsvertrag ausdrücklich Ausnahmen zu offensiven Gewaltanwendung vorsieht, die sich auf eine Art unfehlbaren Richtigkeitsanspruchs gründen. Zum Verzicht auf die Androhung und Anwendung von Gewalt bei der Lösung strittiger Fragen gehört - denkt man die Frage internationaler Friedenssicherung einmal konsequent weiter - das Prinzip der friedlichen Streitregelung. Letztlich ist sie das wichtigste Zeichen einer internationalen Bereitschaft zu Kompromiß und Frieden. Zu dieser Haltung verpflichtet die Charta ausnahmslos jedes Mitglied. Eine Stärkung der Rolle der Vereinten Nationen wird nur möglich werden, wenn die internationale Staatengemeinschaft durch ihr konkretes Verhalten ihre eigene Glaubwürdigkeit verstärkt. Die Vereinten Nationen brauchen für ihre Ausgleichsfunktion diese moralische Autorität, die, wenn sie einmal verlorengegangen ist, nur schwer, wenn überhaupt, wiedergewonnen werden kann. Auch innerhalb der Vereinten Nationen haben die Regierungen das Recht, ihren elementaren Überzeugungen Rechnung zu tragen. Das „geistige Lebensgesetz der europäischen Geschichte" aber ist „die personale Würde" ; sie ist auch fundamental für die UNO-Politik der CDU/CSU-Fraktion. Mit Recht fragen wir darum, was die Regierung zur Zeit zur Durchführung der Menschenrechtspakte konkret unternimmt. Die Aktualität dieser Fragen offenbart sich in der Meinung, die Vereinten Nationen mißbräuchten die Universalität ihrer Institutionen durch willkürliche Maßnahmen, die letztlich nichts anderes seien als Diskriminierungen einzelner Mitglieder. Das aber wäre einerseits eine Verletzung der Souveränität der Mitgliedstaaten und andererseits kein Ausgleich zwischen den nationalen und internationalen Anliegen. Die Staaten der EG haben bei der Verabschiedung der Resolution, die Chile verurteilte, eine wichtige Aussage gegen die „Selektivität der Anwendung der Menschenrechte" gemacht, die an die verbrieften Menschenrechte - als alle verpflichtende Normen des Völker- und Staatsrechts - erinnert. Die Beteiligung an der Verurteilung einiger Staaten - das wollten die europäischen Staaten sagen - bedeutet keine Mißachtung der universellen Geltung der Menschenrechte. ({0}) Wodurch sonst erfahren die Vereinten Nationen ihre Daseinsberechtigung und Selbstbestätigung, wenn nicht durch aktive Friedenssicherung und Vertretung von Toleranz, Gerechtigkeit und Vernunft? Gerade darum appellieren wir an den Auftrag der Bundesregierung, vor den Vereinten Nationen klare Aussagen zu machen, offen für die Menschenrechte im ganzen Deutschland einzutreten, mit Entschiedenheit das Selbstbestimmungsrecht aller Deutschen zu verteidigen und nicht, wie Willy Brandt in, wie ich meine, törichter und völlig unangemessener Weise zu denken: „Wir sind nicht hierher gekommen, um die Vereinten Nationen als Klagemauer für die deutschen Probleme zu betrachten." Da das Selbstbestimmungsrecht für uns unteilbar ist, aber Willy Brandt meinte, daß uns zur Wiedererlangung der Einheit des deutschen Volkes in freier Selbstbestimmung „die Vereinten Nationen nicht helfen können", sollte Willy Brandt, der die friedliche Koexistenz auf deutsch buchstabieren will, die Menschenrechte ebenfalls auf deutsch buchstabieren. Die CDU/CSU-Fraktion ist der Ansicht, daß wir aus unserer eigenen Erfahrung mit dem Nationalsozialismus und dem DDR-Sozialismus unsere besondere moralische Verpflichtung zu erkennen haben und - um der Menschenwürde und des Friedens willen - immer wieder darauf hinweisen müssen, daß wir das einzige zwischen Ost und West gewaltsam geteilte europäische Volk sind. ({1}) Der freie Teil Deutschlands tritt in New York nicht vor eine „Klagemauer", sondern vor einen hoffentlich immer gerechter werdenden „universalen und unparteiisch bleibenden Hort der Menschenrechte" ! Dieser Hort sollte weder ideologisch noch politisch mißbraucht oder verfälscht werden. Darum unser Appell an die Regierung, jederzeit das verbriefte Selbstbestimmungsrecht der Völker in die. nationale und internationale Politik einzubeziehen, und zwar so, daß nicht vom „deutschen Gezänk" die Rede ist, sondern von einem fundamentalen geschichtsmächtigen Recht, das auch für uns Deutsche gilt. ({2}) Es reicht nicht aus, wie es die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der FDP zur Mitwirkung der Bundesrepublik in den Vereinten Nationen tut: mit verbalen Äußerungen zu fördern, zu wirken, zu entwickeln, zu betrachten, zu unterstützen, abzuzielen oder nur deutlich machen zu wollen. Wir müssen - dazu fordere ich die Bundesregierung auf - konkret Stellung beziehen. ({3}) Wir wollen auch eine größere Aktivität der Frauen und eine stärkere Berücksichtigung der Rolle der Frau in der Entwicklungspolitik. Auch dies ist ein Aspekt der Universalität, wenn man bedenkt, daß durch den Einzug der Technologie in den Entwicklungsländern Familienstrukturen zerstört und damit zumeist die Frauen benachteiligt werden, daß in den ländlichen Gebieten der Entwicklungsländer etwa 1 Milliarde Frauen leben und daß von 800 Millionen Analphabeten 500 Millionen Frauen sind. Universelle Forderungen sind darum gezielte schulische Betreuung der Analphabeten, Ausbau des Elementarbereichs, verantwortungsbewußte Gesundheits-, Familien- und Ernährungserziehung und kooperative Projektplanung und Projektdurchführung von seiten aller beteiligten Regierungen und Organisationen. Zur Frage der Verwirklichung der Menschenrechte in den Entwicklungsländern reicht nicht nur eine Erklärung der Regierung, also die Versicherung, daß zur Voraussetzung der Verwirklichung der politischen Menschenrechte die Verwirklichung der kulturellen und sozialen Menschenrechte gehört. Das ist eine Binsenweisheit. Ebenso verhält es sich mit der Aussage der Regierung, daß für viele LänFrau Fischer der der Dritten Welt Probleme der wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung im Vordergrund des Interesses stehen. Aber in dieser Einstellung verbergen sich allzuleicht auch die Alibis, ja geradezu klassische Begründungen für Diktaturen. Und ich meine, daß das in der Zwischenfrage des Kollegen Mertes auch schon durchaus angedeutet worden ist. Mehr denn je ist es unsere Pflicht, die Frage der Menschenrechte umfassend, universal und in der richtigen geistigen Rangordnung zu sehen. Diese Klarsicht wird uns die Kraft geben, deutlich, zäh und mit Zuversicht die Vereinten Nationen als Rahmen und als institutionelle Basis für etwas zu nutzen, was uns alle in diesem Hohen Hause miteinander verbindet, nämlich den Dienst an der Würde des Menschen. ({4}) Diesen Dienst kann aber nur eine intakte UNO und eine mit klaren Aussagen und Forderungen operierende Bundesregierung erfüllen. In diesen Zusammenhang spreche ich folgenden Punkt an. Die Bundesregierung hat eine Initiative in bezug auf eine Konvention über die Geiselnahme eingebracht und einen entsprechenden Konventionsentwurf vorgelegt, der vom Sonderausschuß im Februar 1978 in Genf weiterberaten werden sollte. Unter Berücksichtigung von 16 durchgeführten Eigenkonferenzen, der vielen Reden und des wenigen Tuns ist es nach meiner Überzeugung mehr als blamabel, daß sich die Konferenz wieder einmal ergebnislos vertagte, weil man sich über die Definition des Begriffes „Geisel" nicht einigen konnte. Sie können nicht erwarten, daß die deutsche Öffentlichkeit oder - sagen wir es noch deutlicher - jemand mit gesundem Menschenverstand dafür Verständnis aufbringen könnte. ({5}) Ich gehe noch einmal auf die Rolle der Vereinten Nationen ein und stelle fest, daß viele UNO-Entschließungen fragwürdig und letztlich Ausdruck einer antiwestlichen Haltung sind. Das betrifft z. B. die Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus oder die Unterstützung des bewaffneten Kampfes gegen Südafrika. Eine besondere Problematik - die wurde auch schon angesprochen - zeigt sich in der vorhandenen UNO-Mehrheit zur Frage der Freiheitsbewegungen. Die Dritte Welt hat sich vor dem Hintergrund des Entkolonisierungsprozesses in Zusammenarbeit mit dem kommunistischen Block, der ja in den nationalen Befreiungskämpfen ein hervorragendes Einfluß- und Interventionsfeld sieht, auf eine Legitimierung von Befreiungsbewegungen in einem Maße eingelassen, das künftigen Konflikt- und Interventionsmöglichkeiten freies Feld eröffnet. Ich meine, diese Tatsache wird sich mittelfristig - und wahrscheinlich auch langfristig - auf zahlreiche Entwicklungsländer bzw. auf deren Stabilität auswirken. Wir brauchen nicht die Politisierung des Apparates der Vereinten Nationen, dessen Etat zu 80 % für Verwaltungspersonal und Verwaltungsausgaben verplant wird, sondern wir brauchen die Aktion von Fachgremien. Für die UNO, deren Mehrheit sich aus Entwicklungsländern zusammensetzt, ist es möglicherweise eine Überforderung, die multilaterale Hilfe in einem langfristig geltenden Entwicklungsprogramm zusammenzustellen. Von jeder teilhabenden Regierung wird darum gefordert, sich an fundamentale Grundsätze - z. B. Unparteilichkeit und Neutralität - und Aufgabengebiete zu halten und sich für eine gleichmäßige Erfassung möglichst des gesamten Spektrums von Entwicklungsbedürfnissen sowie für entsprechende Dienstleistungen oder dezentralisierte Vorausplanungen betreffs der im voraus erfolgenden Zuteilung der UNDP-Unterstützung einzusetzen. Verwaltungsapparat, Planungsstab, Programmierung und Kontrolle sollten vereinfacht und die Zusammenarbeit auch unter den Entwicklungsländern gefördert werden. An dieser Stelle sei auf den marginalen Anteil des Ostens an der Entwicklungshilfe hingewiesen. ({6}) Ein wenig aussagender Wunsch der Bundesregie. rung - ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin: „Die Staatshandelsländer des Ostens sollten gleichfalls einen ihrer Wirtschaftskraft entsprechenden Anteil an Entwicklungshilfe über die Vereinten Nationen zur Verfügung stellen" - genügt nicht. Denn wir können uns nicht an frommen Wünschen erfreuen. Vielmehr meinen wir, daß besonders hinsichtlich der internationalen Entwicklungskonferenzen das Verhalten des Ostens eingehender kritisiert werden muß. Die FAO ist die größte Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Darum ist der politischen Polarisierung in der FAO besondere Bedeutung beizumessen, zumal ihr Generaldirektor Saouma die Bundesregierung Mitte 1977 kritisierte, als sie sich nach gewissen Abrechnungsmethoden der FAO erkundigte. Der „Neuen Zürcher Zeitung" vom 29. Juni 1977 war folgendes zu entnehmen: Aus dem mit Stimmenmehrheit verabschiedeten ordentlichen FAO-Haushalt werden besonders im Rahmen der technischen Kooperation Mittel für nur dürftig geprüfte Vorhaben und ohne Beachtung der von Saouma selber verkündeten Kriterien der Dringlichkeit und der Unvorhersehbarkeit praktisch ohne Kontrolle vergeben. ({7}) Ende 1977 wurde bekannt, daß an die Ärmstländer nur 36 % der Mittel gelangen, obwohl seinerzeit die Gründung des Sonderfonds zwecks Unterstützung der Ärmsten der Armen erfolgte. Hier frage ich: Wie stark ist das Vertrauen der Bundesregierung? Wie sieht ihre Kontrolle aus? Sind Schweigen und zurückhaltende Urteile für zukünftige Dialoge mit der Dritten Welt besser als uns nützende kompromißlose Offenheit? Sind die Bemühungen der Bundesregierung hinsichtlich des Welternährungsplanes so ausgerichtet, daß sie den Zugang zu den FAO-Akten fordert und zur Zweckbestimmung kritisch Stellung nimmt? Der Austritt Amerikas aus der ILO zeigt, daß in der Weltkonferenz nur noch bis zu einem gewissen Grade Kooperation möglich ist und daß sich Interessenkollisionen anbahnen, die die Ergebnislosigkeit der Arbeit zum Schaden aller Menschen nach sich ziehen. Es bleibt zu hoffen, daß dieser Schritt der USA innerhalb der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen zum Nachdenken anregt, in den Fachgremien weniger politische, ideologisierte Diskussion als fachliche Sachdebatten zu führen. ({8}) Die Bundesrepublik Deutschland wird nach dem vom Beitragsausschuß für die Jahre 1978/1979 vorgeschlagenen Beitragsschlüssel einen Anteil von 7,7 °/o des Netto-Zweijahreshaushalts zahlen. Auf der anderen Seite ist die deutsche Personalquote noch immer von unserem mittleren Personalanspruch in den Vereinten Nationen weit entfernt. Ist seit Oktober 1977 außer der Vorlage eines Katalogs mit Maßnahmen etwas dafür getan worden, die deutsche personelle Repräsentanz zu vermehren? Die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen stellen für die Nord-Süd-Politik ein wichtiges internationales Forum dar. Innerhalb der :Vereinten Nationen sind aber die Entwicklungsländer inzwischen so stark vertreten, daß sie ihre zahlenmäßig klare Mehrheit in politische Macht umsetzen, und zwar unabhängig von der unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Staaten gegenüber den westlichen Industrieländern. Ein Beweis 'dafür ist die Forderung der Entwicklungsländer nach einer weiteren sogenannten Demokratisierung der Vereinten Nationen und nach der Abschaffung von Sonderrechten der Großmächte. In diesem Zusammenhang werden nämlich legitime Interessen verfolgt oder mehr Mitsprachemöglichkeiten erworben und gleichzeitig für konfliktschaffende Positionen verwendet. Wenn die Bundesregierung von einer allgemeinen Versachlichung des Nord-Süd-Dialoges spricht, so genügt das einfach nicht. Sie sollte vielmehr Forderungen im Detail deutlicher formulieren. Denn wo sind die bisher offen ausgesprochen worden? Wo ist offen gesagt worden, wo die Grenzen der Verhandlungsbereitschaft sind? ({9}) Sind die Kriterien nicht wirklich in einer Folge von verschwommenen Aussagen aufgezählt? Das klingt dann so: Die Bundesregierung sagt, sie sei überzeugt, daß es zu einem Abbau des Nord-Süd-Gefälles kommen müsse, um Frieden und Stabilität langfristig zu garantieren. Dieses „Attacke-Reiten" ist nutzlos, da doch weder relativ noch absolut etwas ausgesagt wird, da beim geplanten, einzurichtenden Lebensstandard der Entwicklungsländer die geschichtliche Erfahrung nicht mit einbezogen und das ökologische Weltgleichgewicht nicht berücksichtigt werden. Hier muß die Bundesregierung gegenüber den Entwicklungsländern ihre Forderungen stellen und - in Zusammenarbeit mit anderen - wirklich das Sagen behalten. ({10}) Es genügt nicht, wenn die Bundesregierung ihren Einsatz für die multilaterale Entwicklungshilfe verbal verkündet. Beitragszahlungen an die Vereinten Nationen genügen nicht, wenn nicht der Versuch gemacht wird, vor allem Einfluß auf die UNDP zu nehmen, oder wenn nicht zumindest die GTZ versucht, auf die UNDP Einfluß zu nehmen, oder wenn man nicht versucht, einmal bei der GTZ sachliche Informationen über die Technische Hilfe der Vereinten Nationen einzuholen. Liegt dieser Mangel etwa daran, daß bei Einsicht in die personelle Besetzung festzustellen ist, daß nur fünf Deutsche eine leitende Position dort innehaben? Wir bedürfen mehr denn je der fachlichen, wissenschaftlichen Dienste, die 1977/ 78 auf geduldigem Papier niedergeschriebene Mißverhältnisse überprüfen und Zahlenvergleiche auswerten. Nur so lassen sich richtige Konsequenzen ziehen. Die Bundesregierung behauptet, daß sie sich bei der Überprüfung der bisherigen Ergebnisse der zweiten Entwicklungsdekade für eine realistische Bewertung und auch dafür eingesetzt habe, daß Umfang und Qualität der deutschen Entwicklungshilfe angemessen gewürdigt würden. Inzwischen mußten wir erfahren, daß 1977 nur 0,27 % erbracht wurden. Dies ist ein eklatanter Widerspruch zu dem, was uns immer wieder angekündigt worden ist. Meine Damen und Herren, für die radikalen Wortführer - das muß man dann auch wirklich so sagen dürfen - in den Vereinten Nationen geht es doch gar nicht mehr um das Ob einer planwirtschaftlichen Weltordnung oder sogenannten Neuen Weltwirtschaftsordnung, sondern nur noch um das Wie. ({11}) Die Bundesregierung und die EG haben die Möglichkeiten der UN-Mehrheit zu Pressionen und Unnachgiebigkeit nicht gesehen, zu spät gesehen, nicht sehen wollen oder einfach unterschätzt. Fest steht jedenfalls, daß die Industrieländer konzeptionslos in der Defensive waren. Insoweit stimme ich Ihnen zu, Herr Bundesaußenminister. Nur, ich gehe weiter: Sie sind es auch noch. Ihnen fehlt die kraftvolle Alternative einer offensiven, konstruktiven und vor allem koordinierten Politik, ({12}) die die Möglichkeit der Durchsetzung entscheidend vergrößern würde. Die bestimmende Mehrheit der Mitglieder in den Vereinten Nationen zeigt eine geschickte Konferenzstrategie mit vielen interessanten Zügen. Nur ein Beispiel: Die Seerechtskonferenzen müssen sich so lange hinziehen, bis die Frage der Rohstoffe im planwirtschaftlichen Sinne der UNO-Mehrheit geklärt ist. Den Konferenzstrategen ist doch längst klar, daß eine für ihre Absichten zu frühe Einigung auf einer der zahlreichen Seerechtskonferenzen eine Aufweichung des starren Systems eines Integrierten Rohstoffprogramms bedeuten könnte, mit dem die Entwicklungsländer den Rohstoffbereich aus der freien Weltwirtschaftsordnung herauslösen wollen. Statt darauf zu bestehen, eine Clearingstelle, die wir von der CDU/CSU-Fraktion eigentlich auch nicht haben wollen, einzurichten, stimmt dann unsere Bundesregierung einem gemeinsamen Fonds zu. Müssen wir denn nicht endlich aus der Defensivhaltung heraus? Auch zur deutlichen und klaren Beantwortung dieser Anfrage zeigt die Bundesregierung zu wenig Mut. Ich meine, sie legt, zumindest was diesen Teil angeht, eine dem UNO-Debattenstil entsprechende Arksammlung von Konferenzvokabular vor. Wir von der CDU/CSU haben der Bundesregierung wiederholt die unzureichende Vorbereitung der einzelnen Sessionen der Seerechtskonferenz vorgehalten. Wir haben ihr auch mehrmals anlasten müssen, daß sie es nicht vermochte, auf dieser Konferenzserie elementare Interessen der Bundesrepublik zu wahren; denn der Renationalisierung und der Rekolonisierung der Weltmeere ist die Bundesregierung nicht konsequent genug entgegengetreten. Sie hat also versagt. Nicht nur die deutschen Nord-und Ostseefischer werden ganz bitter darunter zu leiden haben. ({13}) - Ich habe auch nicht gesagt, daß das Problem einfach ist, mein Herr. Die Bundesregierung hat es auch unterlassen, rechtzeitig und umfassend die Interessen unseres eigenen Landes in den umfangreichen Verhandlungen jedem einzelnen Land - und wir haben eine ganze Menge auch mit uns befreundeter Entwicklungsländer - darzulegen. Wir hoffen, daß die Bundesregierung wenigstens auf der siebten Session der Seerechtskonferenz ihr verlorengegangenes Terrain wenigstens zu einemTeil aufholen kann. Meine Damen und Herren, ich will nicht interpretierend auf die letzten Zeitungsmeldungen über die Schuldenprobleme oder den Zahlungserlaß für Entwicklungsländer eingehen. Ich würde sagen, da steht eine genaue Information noch aus. Aber ich möchte kurz die Stellungnahme der CDU/CSU dazu umreißen. Meine Fraktion warnt die Bundesregierung davor, auf der zur Zeit stattfindenden Schuldenkonferenz der UNCTAD falsche und fragwürdige Zugeständnisse zu machen. Wir fordern die Bundesregierung auf, die von den EG-Staaten und den USA ausgearbeiteten Grundsätze zur Behandlung von Zahlungsbilanz- und Finanzproblemen der Entwicklungsländer erneut als Angebot einzubringen. ({14}) - Sehr schön, freut mich zu hören. Die Bundesregierung, die sich selbst darüber uneinig ist - hoffentlich wird sich das ändern -, sollte alle entwicklungs- und wirtschaftspolitischen Gründe mit einbeziehen und bei ihren Überlegungen berücksichtigen, damit sich die traurigen Erfahrungen der früheren, schlecht vorbereiteten und für uns häufig negativen Nord-Süd-Konferenzen nicht wiederholen. Lassen Sie mich hier auf einen weiteren Punkt hinweisen, nämlich auf die Perspektivlosigkeit, die sich in den Fragen der Verbindung von Wirtschafts-und Kulturpolitik zeigt. Wenig Aufmerksamkeit wird auch in der öffentlichen außenpolitischen Diskussion der Bedeutung des Zusammenhangs von Wirtschafts- und Kulturpolitik geschenkt. ({15}) Wirtschafts- und Kulturpolitik sollten sich ergänzen und durch gewollte Zusammenarbeit aller Regierungen, Organisationen und für die Entwicklungshilfe Verantwortlichen zum Ausdruck kommen. Entwicklungshilfe bestimmt das wirtschaftliche Schicksal und die politische Orientierung vieler Länder und unsere Zukunft. Entwicklungshilfe ist also - dies betone ich - eine Sache aller Bürger. Deshalb fordern wir eine Beteiligung aller Bürger, auch durch mehr und - entschuldigen Sie - vor allen Dingen bessere Öffentlichkeitsarbeit - teuer genug war sie ja -; denn wo blieb bisher der Einfluß auf die deutsche Öffentlichkeit? Wo blieben die Rückwirkungen der UN-Beschlüsse auf die deutsche Offentlichkeit? ({16}) Ich darf zum Schluß ganz kurz unseren Entschließungsantrag begründen. Meine Fraktion hat diejenigen Anliegen, die dem Deutschen Bundestag als dem frei gewählten Parlament des deutschen Volkes besonders am Herzen liegen müssen - ich erinnere hier an die gestrige Regierungserklärung des Bundeskanzlers zur nationalen Frage und an die Antwort des Oppositionsführers -, in einem Entschließungsantrag zusammengefaßt, der Ihnen vorliegt. Die fünf Punkte dieses Antrages sind keineswegs erschöpfend. Sie konzentrieren sich vielmehr auf konkrete und aktuelle Themen, die nach unserer Auffassung derzeit im Vordergrund des Interesses stehen. Die Ausführungen meiner Kollegen Amrehn und Graf Huyn und meine eigenen Überlegungen haben Ihnen gezeigt, daß wir jenseits unserer legitimen nationalen Interessen die weltweite Aufgabe der UNO im Auge haben. ({17})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion von SPD und FDP zur Mitwirkung der Bundesrepublik Deutschland in den Vereinten Nationen und die sehr interessante und vielseitige Antwort der Bundesregierung darauf machen die globale Dimension unserer Außenpolitik deutlich und zeigen die Bedeutung der Partnerschaft in internationalen Institutionen. Das Beste war für Sie, Frau Kollegin, daß Sie das Glück hatten, nach dem Herrn Bundesaußenminister zu sprechen; denn er hätte das, was Sie an kleinen kritischen Anmerkungen gebracht haben, mühelos zerpflücken können. ({0}) - Herr Kollege Mertes, ich bitte im Hinblick auf die Zeit um Verständnis. ({1}) Frau Kollegin Fischer hat gemeint, auf eine Rede des früheren Bundeskanzlers Brandt in New York hinweisen zu müssen. Die CDU/CSU-Fraktion wird es, fürchte ich, Herr Kollege Mertes, nie begreifen, daß man, wenn man für seine Anliegen Freunde braucht, nicht als erstes mit den eigenen Anliegen kommen kann, sondern zunächst einmal zeigt, daß man die Anliegen anderer sieht, um auf diese Weise Freunde zu gewinnen. Dann ist man auch in der Lage, seine Anliegen wirksam zu vertreten. ({2}) - Bitte, Herr Kollege Jaeger.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001006, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meinen Sie nicht, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, daß es niemand besser verstanden hat, Freunde im Ausland zu werben, als der CDU/CSU-Bundeskanzler Konrad Adenauer?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin sicher, so etwas, wie die Frau Kollegin hier ausgeführt hat, hätte er auch nie gesagt. Dazu ist er viel zu geschickt gewesen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, Sie gestatten sicher noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Mertes?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da Sie die Ausführungen der Frau Kollegin Fischer so angegriffen haben: Hätten Sie dann die Güte, auf einzelne Ausführungen einzugehen?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, das läßt die Zeit nicht zu. Im Auswärtigen Ausschuß, wo sehr differenzierte Fragen möglich sind, wie Sie wissen, komme ich gerne darauf zurück. (Reddemann [CDU/CSU] : Könnte es nicht sein, daß Ihnen die Sachkenntnis fehlt, Herr Kollege? - Herr Kollege Reddemann, Sie machen so laute Zwischenrufe, daß ich um so lauter reden muß, um mich verständlich zu machen. ({0}) Nach über vierjähriger Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen ist deutlich; Unsere Mitarbeit in den Vereinten Nationen ist ein wichtiger Aktivposten der deutschen Außenpolitik. ({1}) Der Beitritt war richtig, und das Auftreten der Bundesregierung und der Mitglieder der Bundesregierung hat das deutsche Ansehen in der Welt entscheidend gemehrt. Darüber gibt es keinen Zweifel. ({2}) Die Bundesrepublik hat im Rahmen der Vereinten Nationen eine aktive und gestaltende Mitarbeit gezeigt. Diese Mitarbeit ist auch unter den schwierigen Bedingungen im Sicherheitsrat fortgeführt worden und hat zu weiteren positiven Ergebnissen geführt. Die Initiativen der Bundesregierung auf den verschiedenen Gebieten - der Bundesaußenminister hat darauf hingewiesen - waren wichtige Anstöße, die stets auf der Grundlage unserer Verfassungsordnung, unserer politischen Ordnung erfolgt sind. Die Bundesregierung hat versucht, diese unsere Grundsätze dort zur Geltung zu bringen. Das Entscheidende - das sage ich auch im Hinblick auf das, was Frau Kollegin Fischer ausgeführt hat ist doch: Wie mache ich eine Sache mehrheitsfähig? Daß die Bundesregierung entscheidende Schritte vorangekommen ist, um Anliegen mehrheitsfähig zu machen, ({3}) verdankt sie nicht nur dem geschickten Auftreten der Regierungsmitglieder, sondern darüber hinaus auch unserem UNO-Botschafter von Wechmar, dessen Tätigkeit - wie auch die seiner Mitarbeiter - von uns voll anerkannt wird. ({4}) Damit komme ich zu einem Aspekt, den ich herausgreifen möchte, weil er Politiker, Verwaltungen und Publizisten immer wieder beschäftigt. Ich meine die deutsche Personalbeteiligung an internationalen Organisationen, insbesondere im UN-Bereich, und die politische Notwendigkeit ihrer Verstärkung. Wer das Presseecho zu diesem Thema verfolgt, begegnet einer breiten Skala von Schlagzeilen, in denen mehr oder weniger deutlich darauf hingewiesen wird, daß sich Bonn in den Vereinten Nationen und deren Unterorganisationen stark unterrepräsentiert fühle und auf eine stärkere personelle Vertretung dränge. Nicht selten wird - das hat Herr Kollege Jäger ({5}) heute wieder getan - zwischen finanzieller Leistung und personellem Defizit eine deutliche Parallele gezogen. Ich sage hier: In dieser Form wäre unserer Sache nicht gedient. Ich möchte daher deutlich machen, daß wir nicht in einer mehr oder weniger groben Parallelität auf diesen Kontext hinweisen sollten, sondern ich bin vielmehr dafür - um den kleinen, aber wesentlichen Unterschied klarzumachen -, daß unserem politischen und finanziellen Engagement in den internationalen Organisationen das personelle und damit auch weitgehend das informelle Engagement folgen muß. ({6}) Heute sind die internationalen Organisationen, angefangen von der UNO und ihren Untergliederungen bis hin zu den europäischen Institutionen, durch ihre Arbeit und ihre Wirkung trotz mancher Einwände ein wichtiger Faktor für weitere Entwicklungen. ({7}) - Herr Kollege, ich habe Ihren Zwischenruf nicht genau gehört; aber Sie wären in der Kommunalpolitik sicher nicht so weit gekommen, wie andere gekommen sind. ({8}) Was in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts einmal auf der Basis des Völkerbundes und des internationalen Arbeitsamtes begann, hat eine neue Dimension angenommen. ({9}) - In der Kommunalpolitik muß man noch mit dem Wähler unmittelbar reden, und der kennt seine Vertreter sehr genau. ({10}) Die Bundesrepublik ist zur Zeit Mitglied in ca. 160 multinationalen Organisationen. Daß sie noch immer eine nachteilige personelle Beteiligung in Kauf nehmen muß, ergibt sich in einer Reihe von Fällen aus ihrer späten Vollmitgliedschaft und der Überrepräsentation von kleineren Ländern, denen bei Berücksichtigung ihres Finanzbeitrags keine oder höchstens eine Stelle zustünde, denen aber nach den Grundsätzen der geographischen Beteiligung ein stärkerer Anspruch gewährt wird. Außerdem - das muß hier auch gesehen werden - bot der öffentliche Dienst in der Bundesrepublik gerade zu jener Zeit große Entfaltungsmöglichkeiten und gute Aufstiegschancen, in der das Personalkontingent in den internationalen Organisationen von hier aufzustocken war. Es war sehr schwer, Mitarbeiter dazu zu bewegen, nach draußen zu gehen. Das ist eines der Hauptprobleme. Heute stehen wir vor der Tatsache, daß der Personalbestand vor allem im Bereich des ordentlichen UN-Haushalts auch vier Jahre nach unserem Beitritt noch zu gering ist. Unser mittlerer Personalanspruch beträgt gegenwärtig 143 Stellen. Nach dem Stand vom 30. September 1977 besetzten wir 76 Stellen. Inzwischen sind es 78. Bei leitenden Positionen sind es 17 Stellen, insgesamt 2,1 %. Ich glaube, daß wir hier eine Aufgabe haben, weil in den politischen Abteilungen noch keine Stelle mit einem deutschen Mitarbeiter besetzt ist. ({11}) Eine günstigere Repräsentanz ist in einigen Sonderorganisationen festzustellen, in denen wir schon seit den 50er Jahren mitarbeiten. ({12}) Meine Damen und Herren, die erklärte Absicht der Bundesregierung, die personelle Unterrepräsentation, die ja zum Teil neben der quantitativen auch immer noch eine qualitative bedeutet, abzubauen, findet die vorbehaltlose Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion. ({13}) Bei der derzeitigen Situation ist dabei natürlich zu berücksichtigen, daß diese Bemühungen schon allein aus arbeitsvertragsrechtlichen Gründen in vielen Fällen erst auf mittlere Sicht Erfolg versprechen können. Dabei sind einerseits in Verhandlungen mit den internationalen Organisationen Mittel und Wege zu finden, die zu einer baldigen Erfüllung unserer Personalansprüche führen. Andererseits müssen wir auch qualifizierten Interessenten ausreichende Anreize geben, sich für Positionen in internationalen Organisatonen zu bewerben. ({14}) Sie wissen, wie schwierig es ist, hockqualifizierte Kräfte zu gewinnen. Es besteht auch kein Zweifel daran, daß die Verknüpfung der Besoldung mit dem Dollar einer der Gründe ist, warum es sehr schwer ist, Mitarbeiter für die Positionen zu gewinnen. ({15}) Gründe für diese oft relativ geringe Resonanz sind nicht zuletzt auch die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß in der Heimat nach Ablauf der Dienstzeit, die Tatsache, daß die internationale Besoldung nicht in allen Fällen ein ausreichendes Äquivalent bietet - ich darf hier nur an den öffentlichen Dienst mit 13. Monatsgehalt und vieles andere erinnern -, sowie die Altersversorgung, die hier auch große Probleme aufwirft. Hinderungsgründe sind auch oft der Verzicht darauf - das muß man ebenfalls sehen -, in den Parteien, in der Wissenschaft oder der Wirtschaft der Bundesrepublik langfristig eine Rolle spielen zu können. Sie wissen ja, daß nicht zuletzt die Angst vor dem scheinbaren Versorgungscharakter von Brüssel zum Teil sowohl unter Politikern als auch unter Beamten zugenommen hat, statt abzunehmen. Das sind Sorgen, die wir hier offen ansprechen sollten, um deutlich zu machen, daß wir uns darum bemühen müssen, wieder mehr Bewerber zu finden. Hinzu kommt, daß Bewerber aus der Privatwirtschaft keine Ansprüche an ihre früheren Arbeitgeber haben. Deshalb haben - das ist in der Debatte zu kurz gekommen - die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung dieser Lage ein ganz besonders schweres Gewicht. ({16}) Ich darf daran erinnern, daß das Bundeskabinett durch den Beschluß vom 2. Juni 1976 eine Arbeitsgruppe beauftragt hatte, dem Kabinett einen Bericht mit Vorschlägen für Maßnahmen zur Verbesserung der deutschen personellen Repräsentanz in den internationalen Organisationen vorzulegen. Am 12. Oktober 1977 ist dieser Bericht in der Kabinettssitzung grundsätzlich gebilligt worden. Die Durchführung der darin vorgeschlagenen Maßnahmen bedarf zum Teil noch der Zustimmung des Gesetzgebers und der Abstimmung mit den Länderregierungen. Sie wissen, wie kompliziert das leider ist. Der Katalog der vorgeschlagenen Maßnahmen kann dazu beitragen, diejenigen Nachteile des internationalen Dienstes, insbesondere im UN-Bereich, zu beseitigen oder zumindest zu mildern, die die Gewinnung qualifizierter und damit aussichtsreicher deutscher Kandidaten zunehmend erschweren. Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die gezielte Personalrotation zwischen internationalem und nationalem Bereich. Nur so werden langfristig Chancen gesehen, nach und nach in leitende Positionen aufzurücken. ({17}) Dabei ist vorrangig der öffentliche Dienst angesprochen. Zu begrüßen sind auch die Pläne, eine zentrale Personalkartei zur Erfassung der potentiell interessierten Bewerber einzurichten, die Erleichterung der Wiedereingliederung nach Ablauf der internationalen Dienstzeit - denken Sie nur daran, daß wir hier noch keine Arbeitslosenunterstützung, nicht genügend Überbrückungsbeihilfen usw. haben. Schließlich ist auch die Verbesserung der Altersversorgung zu überprüfen. Ich nenne in diesem Zusammenhang auch die Gewährung des Wahlrechts für deutsche Bedienstete. Seit 25 Jahre bin ich in diesem Hause; so lange beschäftigen wir uns mit diesem Problem. Wir haben es noch nicht geschafft, es zu lösen. Ich hoffe, daß ich es in diesem Hause noch erlebe und die Betroffenen nicht noch einmal so lange warten müssen, bis das Wahlrecht kommt. ({18}) Meine Damen und Herren, diese Frage muß trotz der . verfassungsrechtlichen Problematik intensiv weiterverfolgt werden. Schließlich steht auch die Einführung des Ausgleichszahlungssystems an, dessen Einzelheiten ich hier nicht nennen kann. Allerdings sage ich, nach den bisherigen Berechnungen würden nur 100 der 400 darunterfallen. Wir müssen einen Weg suchen, wie wir auch jenen Bewerbern, die nicht aus dem öffentlichen Dienst kommen, helfen, denn es gibt viele qualifizierte Leute in vielen Bereichen. Wenn wir in der Lage sind, die anzusprechen, brauchen wir nicht nur auf das oft enge Reservoir eines bestimmten Bereiches zurückgreifen. Ich sage hier einmal: Gerade im öffentlichen Dienst würde ich mir gelegentlich ein bißchen mehr Mut im Hinblick auf die eigene Zukunft wünschen, statt immer an die lückenlose Beförderung zu denken. Dies ist ganz wesentlich und soll hier mit aller Klarheit ausgesprochen werden. ({19}) Meine Damen und Herren, die. Bundesregierung hat mit ihren Lösungen einen ersten Kompromiß vorgelegt. Er befriedigt noch nicht in vollem Umfange. Sie wissen auch, daß eine Reihe von Institutionen für diese Zahlungen nicht in Betracht kommt. Im entwicklungspolitischen Vorfeld sind es zunächst nur zehn. Es gibt aber eine große Zahl von Einrichtungen, in denen wir Bewerber für fachspezifische Aufgaben finden können. Das geht bei der Wirtschaft, beim Handel, den Banken, im Genossenschaftswesen, bei Kirchen und Gewerkschaften weiter. Frau Minister Schlei hat immer wieder darauf hingewiesen, daß wirksame Anreize geschaffen werden müssen, damit der Kreis qualifizierter Interessenten vergrößert wird. Alles Notwendige muß auf Wirksamkeit und Praktikabilität überprüft werden. Zusätzliche Maßnahmen werden folgen müssen. Den Koalitionsparteien erscheint es wichtig, daß dem Parlament eine Auflistung, eine aktuelle Information zur Gesamtpoblematik und zu den Lösungsmodellen gegeben wird. Unter diesem Aspekt ist unser Entschließungsantrag gestellt, der fordert, daß die Bundesregierung dem Auswärtigen Ausschuß und dem Haushaltsausschuß bis zum 30. April 1978 einen Bericht über die Gründe der personellen Unterrepräsentation der Bundesrepublik in den internationalen Organisationen, insbesondere in den Vereinten Nationen, und über die Maßnahmen erstatten möge, die nach Auffassung der Bundesregierung getroffen werden können, um den deutschen Personalbestand zu vergrößern. Wir wären dankbar, wenn dieser Antrag in der nächsten Woche im Auswärtigen Ausschuß beraten werden könnte, damit der Bericht fristgemäß vorgelegt werden kann. Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: In der UNO und in den zugehörigen Organisationen werden in der Regel die entsandten deutschen Mitarbeiter schlechter bezahlt als die Angehörigen der vergleichbaren Auslandsvertretungen an diesen Orten. Wenn man bedenkt, daß im Sekretariat von Generalsekretär Waldheim, wie ich gesagt habe, von 78 Mitarbeitern nur zwei aus dem öffentlichen Dienst kommen, ist klar, wie wichtig es ist, daß wir über die Gesamtproblematik in Kürze entscheiden. Das sind Ziel und Sinn unseres Antrages. Meine Damen und Herren, jetzt kommt etwas hinzu - da sind wir der Bundesregierung dankbar, daß sie dazu beigetragen hat -, daß Generalsekretär Waldheim durch ein „Sonderprogramm Bundesrepublik" versuchen will, den Mitarbeiterstab aus der Bundesrepublik zu verstärken. Wir müssen in absehbarer Zeit mit dem Besuch einer Auswahlkommission rechnen, die nach Bonn kommt. Es wäre schade, wenn die geeigneten Bewerber dann möglicherweise nicht zur Verfügung stünden, weil die Probleme, die die Bundesregierung hier in Angriff genommen hat, auch vom Parlament noch nicht gelöst werden konnten. In diesem Sinne hoffe ich, daß der Antrag der Koalitionsparteien zu einer schnellen und besseren Lösung beiträgt. Trotz mancher Rückschläge wächst der Arbeitsanfall der internationalen Organisationen von Tag zu Tag durch zusätzliche Arbeitsprogramme. Wir brauchen dafür Stellenpläne und Personalstrukturen, dennoch keine Verwaltungsbürokratien, die sich zu Wasserköpfen ausweiten oder bei denen Beamte des gehobenen Dienstes wegen fehlender Mitarbeiter in den B- und C-Gruppen mit Sekretariatsarbeiten beschäftigt werden. Dieses Problem wollen wir auch im Ausschuß behandeln. Auch das ist ein Teil der Reform, der zu beachten ist, wenn wir in den Ausschüssen wieder über die Dinge sprechen. Meine Damen und Herren, die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der FDP hat deutlich gemacht: Die Bundesregierung ist auf einem wichtigen internationalen Gebiet der Außenpolitik in den letzten Jahren ein großes Stück vorangekommen. ({20})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir haben unsere Zeit eingehalten. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Uns liegen noch zwei Entschließungsanträge vor, die beide begründet sind: auf Drucksache 8/1590 ein Entschließungsantrag der SPD/FDP und auf Drucksache 8/1613 ein Entschließungsantrag der CDU/CSU. Ich nehme an, Sie sind damit einverstanden, wenn wir die beiden Entschließungsanträge an den Auswärtigen Ausschuß sowie gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß überweisen. - Das ist so geschehen, da sich kein Widerspruch erhebt. Wir sind am Ende unserer Tagesordnung angelangt. Ich berufe die nächste Plenarsitzung für Mittwoch, den 15. März 1978, 13 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.