Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 1/27/1978

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Die Sitzung ist eröffnet. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um die Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Graduiertenförderungsgesetzes ({1}) ergänzt werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; dann werden wir diesen Punkt nach Abwicklung der sonstigen Tagesordnung aufrufen. Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Die eingegangenen Antworten auf die Fragen in Drucksache 8/1437 sind als Anlagen im Stenographischen Bericht der 70. Sitzung abgedruckt. Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 18. bis 25. Januar 1978 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/1477 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 18. Januar 1978 mitgeteilt, daß der Ausschuß von den nachstehenden EG-Vorlagen Kenntnis genommen hat: Mitteilung der Kommission an den Rat über die Verhandlungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Zypern im Hinblick auf den Abschluß eines Zusatzprotokolls Verordnung ({2}) des Rates zum Abschluß des Finanzprotokolls und des Zusatzprotokolls zum Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Zypern ({3}) Schema der allgemeinen Zollpräferenzen der Europäischen Gemeinschaften für das Jahr 1978 ({4}) Fünf Empfehlungen für Verordnungen des Rates über den Abschluß von Abkommen in Form von Briefwechseln zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Israel, Ägypten, Jordanien, Libanon und der Türkei über die Einfuhren von frischen Orangen, Mandarinen, einschließlich Tangerinen und Satsumas, Clementinen, Wilkings und anderen ähnlichen Kreuzungen von Zitrusfrüchten in die Gemeinschaft Verordnung ({5}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({6}) Nr. 1180/77 des Rates vom 17: Mai 1977 über die Einfuhr bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in der Türkei in die Gemeinschaft ({7}) Mitteilung der Kommission an den Rat betreffend einen Vorschlag einer Verordnung ({8}) des Rates über die Regelung bei der Einfuhr von Sardinenzubereitungen und -konserven mit Ursprung in Marokko und in Tunesien in die Gemeinschaft Verordnung ({9}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Sardinen, zubereitet oder haltbar gemacht, der Tarifstelle 16.04 D des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Marokko ({10}) Verordnung ({11}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Sardinen, zubereitet oder haltbar gemacht, der Tarifstelle 16.04 D des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Tunesien ({12}) ({13}) Beschluß des Assoziationsrates EWG-Türkei zur Änderung des Beschlusses Nr. 5/72 über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen zur Anwendung der Artikel 2 und 3 des Zusatzprotokolls zum Abkommen von Ankara betreffend die Anwendung von Artikel 3 des Zusatzprotokolls zum Abkommen von Ankara auf in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft hergestellten Waren zur Änderung des Beschlusses Nr. 3/72 zur Regelung des Verfahrens über die Erhebung des Anteilzolls nach Artikel 3 Absatz 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen von Ankara Verordnung ({14}) des Rates über die Anwendung des Beschlusses Nr. ...177 des Assoziationsrates EWG-Türkei zur Änderung des Beschlusses Nr. 5/72 über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen zur Anwendung der Artikel 2 und 3 des Zusatzprotokolls zum Abkommen von Ankara über die Anwendung von im Rahmen der Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei erlassenen Vorschriften betreffend den Verkehr von Waren, die unter Verwendung von Waren aus dritten Ländern hergestellt sind, welche sich weder in der Gemeinschaft noch in der Türkei im freien Verkehr befanden ({15}) Verordnung ({16}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmtes Rindfleisch, anders zubereitet oder haltbar gemacht, der Tarifstelle ex 16.02 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta ({17}) ({18}) Verordnung ({19}) des Rates zur Änderung der Tarifierung einiger landwirtschaftlicher Erzeugnisse, verschiedener Verordnungen über diese Erzeugnisse und den Gemeinsamen Zolltarif ({20}) Verordnung ({21}) des Rates über die Einfuhrregelung für bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in der Sozialistischen Föderalistischen Republik Jugoslawien ({22}) Verordnung ({23}) des Rates zur vollständigen oder teilweisen Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in der Türkei ({24}) Verordnung ({25}) des Rates zur vollständigen und befristeten Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Tafeläpfel ({26}) Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 75/106/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen ({27}) Verordnung des Rates über die Einfuhr von Jutegarnen mit Ursprung im Königreich Thailand in die Benelux-Länder zur Aufhebung der Verordnung ({28}) Nr. 1278/77 ({29}) Verordnung ({30}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({31}) Nr. 706/76 über die Regelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren mit Ursprung in den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean oder in den überseeischen Ländern und Gebieten ({32}) Verordnung ({33}) des Rates über die zolltarifliche Behandlung bestimmter Erzeugnisse, die zur Verwendung beim Bau, bei der Instandhaltung oder der Instandsetzung von Luftfahrzeugen bestimmt sind ({34}) Verordnung ({35}) des Rates zur Erhöhung des für die Zeit vom 1. Juli 1977 bis zum 30. Juni 1978 mit Verordnung ({36}) Nr. 1331/77 eröffneten Gemeinschaftszollkontingents für Rinder bestimmter Höhenrassen ({37}) Vizepräsident Frau Funcke Verordnung ({38}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines präferentiellen Gemeinschaftsplafonds für bestimmte in der Türkei raffinierte Erdölerzeugnisse und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren dieser Erzeugnisse ({39}) Verordnung ({40}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte handgearbeitete Waren ({41}) Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für bestimmte Gewebe und bestimmten Samt und Plüsch, auf Handwebstühlen hergestellt, der Tarifnummern ex 50.09, ex 50.10, ex 55.07, ex 55.09 und ex 58.04 des Gemeinsamen Zolltarifs ({42}) Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Warmwasserzähler ({43}) Verordnung ({44}) des Rates über besondere Maßnahmen für die Einfuhr gewisser Schraubenmuttern aus Stahl mit Ursprung in Taiwan ({45}) Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnungen ({46}) Nrn. 3050/76 und 3051/76 zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte Spinnfasern und Oberkleidung für Männer und Knaben, der Tarifnummern 56.04 und 61.01 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in Zypern ({47}) ({48}) Verordnung ({49}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({50}) Nr. 316/77 zur Einführung eines Antidumpingzolls für Fahrrad-, Moped- und Kraftradketten mit Ursprung in Taiwan ({51}) Verordnung ({52}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({53}) Nr. 1279/77 des Rates über die Aussetzung der Anwendung der durch die Verordnungen ({54}) Nr. 3230/76, Nr. 3231/76, Nr. 3233/76, Nr. 3234/76 und Nr. 3235/76 festgesetzten Richtplafonds für die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in Osterreich, Finnland, Norwegen, Portugal und Schweden ({55}) Verordnung ({56}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für getrocknete Feigen der Tarifstelle ex 08.03 B des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Spanien ({57}) über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für getrocknete Weintrauben der Tarifstelle 08.04 B I des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Spanien ({58}) ({59}) Verordnung ({60}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für Sherry-Weine der Tarifstelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Spanien ({61}) über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Mallaga-Weine der Tarifstelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Spanien ({62}) über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Jumilla-, Rioja- und Valdepenas-Weine der Tarifstelle ex 22.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Spanien ({63}) ({64}) Verordnung ({65}) des Rates zur Erhöhung des durch die Verordnung ({66}) Nr. 3010/76 für das Jahr 1977 eröffneten Gemeinschaftszollkontingents für Grége, weder gedreht noch gezwirnt, der Tarifnummer 50.02 des Gemeinsamen Zolltarifs ({67}) Verordnung ({68}) des Rates zum Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Portugiesischen Republik über zubereitete oder haltbar gemachte Tomaten der Tarifstelle 20.02 C des Gemeinsamen Zolltarifs ({69}) Verordnung ({70}) des Rates zur zeitweiligen Aussetzung von autonomen Zollsätzen des Gemeinsamen Zolltarifs für einige industrielle Waren ({71}) Verordnung ({72}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für gefrorenes Rindfleisch der Tarifstelle 02.01 A II b) des Gemeinsamen Zolltarifs ({73}) ({74}) Verordnung ({75}) des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für einige landwirtschaftliche Waren ({76}) Verordnung ({77}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten für bestimmte Textilerzeugnisse der Tarifnummern 55.05 und 55.09 und der Tarifstelle ex 58.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Herkunft aus der Türkei ({78}) ({79}) Verordnung ({80}) des Rates zur zeitweiligen Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für eine Reihe tropischer Waren ({81}) Verordnung ({82}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für andere Gewebe aus Baumwolle der Tarifnummer 55.09 des Gemeinsamen Zolltarifs, mit Ursprung in Spanien ({83}) Verordnung ({84}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte in Spanien raffinierte Erdölerzeugnisse des Kapitels 27 des Gemeinsamen Zolltarifs ({85}) ({86}) Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 25. Januar 1978 mitgeteilt, daß der Ausschuß von den nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlagen Kenntnis genommen hat: Vorschlag einer Verordnung ({87}) des Rates über Sondermaßnahmen für Rizinussamen Bericht der Kommission an den Rat über die Zweckmäßigkeit einer Förderung der Rizinussamenerzeugung in der Gemeinschaft ({88}) Verordnung des Rates zur Verlängerung der Verordnung ({89}) Nr. 3328/75 zur Beibehaltung der Senkung der Einfuhrbelastung für Rindfleischerzeugnisse mit Ursprung in den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean ({90}) Verordnung ({91}) des Rates über den Transfer von Weichweizen aus Beständen der deutschen Interventionsstelle an die italienische Interventionsstelle ({92}) Verordnung ({93}) des Rates über die Abschöpfungen, die bei Einfuhren von bestimmten ausgewachsenen Rindern und deren Fleisch aus Jugoslawien anzuwenden sind ({94}) Verordnung ({95}) des Rates über die Gewährung einer Verbraucherbeihilfe für Butter in Italien ({96}) Verordnung ({97}) des Rates betreffend das Fangverbot für Stintdorsch ({98}) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 24. Januar 1978 mitgeteilt, daß der Ausschuß von den nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlagen Kenntnis genommen hat: Verordnung ({99}) des Rates über den Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien hinsichtlich der Einfuhr von Tomatenkonzentraten mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaft über den Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei hinsichtlich der Einfuhr von Tomatenkonzentraten mit Ursprung in der Türkei in die Gemeinschaft ({100}) Verordnung ({101}) des Rates über den Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Staat Israel hinsichtlich der Einfuhr haltbar gemachter Fruchtsalate mit Ursprung in Israel in die Gemeinschaft über den Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien hinsichtlich der Einfuhr haltbar gemachter Fruchtsalate mit Ursprung in Algerien in die Gemeinschaft über den Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko hinsichtlich der Einfuhr haltbar gemachter Fruchtsalate mit Ursprung in Marokko in die Gemeinschaft über den Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Tunesischen Republik hinsichtlich der Einfuhr haltbar gemachter Fruchtsalate mit Ursprung in Tunesien in die Gemeinschaft ({102}) Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 25. Januar 1978 mitgeteilt, daß der Ausschuß von der nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage Kenntnis genommen hat: Entwurf eines Vorschlages zur Öffnung von Artikel 4 für Maßnahmen zugunsten von Frauen Verordnung des Rates über Maßnahmen, die für einen höheren Beteiligungssatz des Europäischen Sozialfonds in Frage kommen ({103}) Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 24. Januar 1978 mitgeteilt, daß der Ausschuß von den nachstehenden, bereits verkündeten EG-Vorlage Kenntnis genommen hat: Beschluß des Rates zur Abgabe einer gemeinsamen Absichtserklärung im Namen der Gemeinschaft hinsichtlich der Einleitung einer europäischen Aktion auf dem Gebiet des Verkehrswesens mit dem Thema „Elektronische Hilfen für den Verkehr auf großen Fernverkehrsstraßen" ({104}) ({105}) Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt II der Tagesordnung auf: Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für Vizepräsident Frau Funcke das Haushaltsjahr 1978 ({106}) - Drucksachen 8/950, 8/1285, 8/1361 bis 8/1388 Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundestages in zweiter Beratung - Drucksache 8/1481 Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Windelen.

Heinrich Windelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002525, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Am 4. Oktober des vergangenen Jahres wurde das Haushaltsgesetz 1978 im Deutschen Bundestag eingebracht; für dessen Beratung stand dem Haushaltsausschuß nur eine Zeit von sechs Sitzungswochen zur Verfügung. In dieser knappen Zeit mußten die 3 200 Druckseiten mit über 8 000 Titeln behandelt werden. Bei 1 267 Titeln wurden Änderungen vorgenommen. Zusätzlich waren noch 156 Finanzvorlagen zu behandeln. Das war nur durch eine sehr große Anstrengung, nur durch Sitzungen oft bis in die späten Nachtstunden hinein möglich. Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen Kolleginnen und allen Kollegen des Haushaltsausschusses ebenso wie bei den Mitarbeitern des Ausschußsekretariats sowie bei allen Mitarbeitern der beteiligten Ministerien und des Bundesrechnungshofes für ihre große Leistung. ({0}) Ebenso herzlich danke ich aber meinen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuß dafür, daß sie mir ) als ihrem neuen Vorsitzenden meine Arbeit, die mit der Haushaltsberatung begann, leichtgemacht haben. Ich weiß, daß ich von Erwin Schoettle und von Albert Leicht - der sich, wie ich sehe, von der Arbeit hier noch nicht lösen kann; ich sehe ihn hier auf der Tribüne -, ({1}) ein geordnetes Erbe übernommen habe; ich will mich bemühen, es in ihrem Geist weiter zu verwalten. Das Beratungsklima und der Umgang miteinander blieben stets kameradschaftlich und fair, auch dann, wenn die sachlichen Gegensätze, wie es unvermeidlich ist, oft hart aufeinanderprallten. Trotz aller Anstrengungen, die bis an den Rand des Vertretbaren gingen, konnten wir die Beratung doch nicht noch mehr beschleunigen, um den Etat, wie es sowohl das Grundgesetz als auch das Bundesverfassungsgericht von uns fordern, noch vor Beginn des neuen Haushaltsjahres im Parlament zu verabschieden. Ich richte deswegen an die Bundesregierung, an den Bundesfinanzminister auch von hier aus den Appell, den Haushalt 1979 so rechtzeitig einzubringen, daß diesmal die Ausschußberatung des Haushalts sofort nach der Sommerpause beginnen kann. ({2}) Nun zum Haushalt 1978, der vor allem durch sein erschreckendes Finanzierungsdefizit gekennzeichnet ist. Die Bundesregierung hatte seit Anfang der 70er Jahre im Rausch der großen Steuereinnahmen, im Rausch einer Hochkonjunktur,. auch unter dem Druck der von ihr selbst erzeugten Reformeuphorie den Staatsanteil in unverantwortlicher Weise ausgedehnt. ({3}) Man wollte, wie wir hörten, die Belastbarkeit der Wirtschaft testen, man wollte die Lebensqualität erhöhen. Helmut Schmidt erklärte damals noch als Bundesfinanzminister: Wir werden offensiv sein, bis alles besser geworden ist, viel besser, als wir es vorgefunden haben, und noch viel besser, als es der Herr Schmücker gemacht hat . und der Herr Erhard ... Die Hauptbeschäftigung desselben Helmut Schmidt ist es nun als Bundeskanzler, die Schäden jener leichtfertigen Versprechungen zu reparieren und die sogenannten Wohltaten wieder ratenweise einzukassieren. ({4}) Diese Ausgabenexplosion konnte bis heute nicht gestoppt werden. Im Haushalt 1978 stellt sich deswegen die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Schuldenzuwadises, eine Frage, die ich sehr ernst nehme und die Sie, Herr Bundesfinanzminister, nicht länger als Polemik abtun sollten. ({5}) Die vom Kollegen Strauß näher begründete Feststellung, daß diese dritte Überschreitung nicht mehr durch die Verfassung gerechtfertigt sei, hier also ein erneuter Verfassungsverstoß vorliege, können Sie nicht einfach dadurch hinwegwischen, daß Sie die Begründungen zu früheren Anträgen der CDU/ CSU zitieren. Sie sagen, Herr Bundesfinanzminister, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sei gestört. Das stimmt. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist sogar seit etwa sieben Jahren gestört, praktisch seit SPD und FDP diese Regierung übernommen haben. ({6}) - Ich werde Ihnen das gleich begründen, Herr Kollege Haehser. ({7}) Deshalb hat die CDU/CSU bei der Steuerdiskussion im vergangenen Jahr beantragt, möglichst schnell die investitionsfeindliche, arbeitsplatzfeindliche und leistungsfeindliche Steuerlast abzubauen und zu diesem Zweck einmalig - ich wiederhole: einmalig - vom Stabilitätsgesetz Gebrauch zu machen, ({8}) in einem ersten Schritt die Lohn- und Einkommensteuer um 10 % zu senken und diesen Steuerabschlag alsdann in der normalen Gesetzgebung in eine dauerhafte Entlastung der Steuerbürger überzuführen. Was eine einmalige Maßnahme nach dem Stabilitätsgesetz rechtfertigte, kann aber nicht als Begründung dafür herhalten, dauerhaft, jetzt zum dritten5518 mal, die Überschreitung der Verfassungsgrenze des Grundgesetzes zu rechtfertigen. ({9}) Das Grundgesetz läßt eine solche Maßnahme ja auch ausdrücklich nur als Ausnahme zu. Die Arbeitslosigkeit ist indessen keine Ausnahme mehr, sondern leider unter dieser Regierung zum Dauerzustand geworden. ({10}) An der Zahl von einer Million Arbeitslosen wird sich ja auch nach den Annahmen dieser Bundesregierung, den Annahmen der Experten des Bundeswirtschafts-, des Bundesarbeitsministeriums, die bei der Berechnung zur Rentenentwicklung zugrunde gelegt worden sind, zumindest in den nächsten Jahren kaum etwas oder nur wenig ändern. Sie können sich nicht dauernd auf die Ausnahmevorschrift des Grundgesetzes berufen. Deswegen verstößt nach unserer Auffassung die Nettokreditaufnahme für den Haushalt 1978 gegen die Verfassung. ({11}) Bringen Sie uns doch bitte nicht erneut in die Lage, das Verfassungsgericht anrufen .zu müssen! Wollen Sie etwa behaupten, Herr Bundeskanzler und Herr Bundesfinanzminister, falls Sie von der Millionenzahl der Arbeitslosen nicht oder nur unwesentlich herunterkommen, Sie dürften nicht nur im dritten Jahr, sondern auch im vierten, im fünften und in noch weiteren Jahren die Verfassungsobergrenze des Grundgesetzes überschreiten, ohne gegen die Verfassung zu verstoßen? ({12}) Herr Bundesfinanzminister, Sie sagten am Dienstag: „Am bösesten fand ich die Bemerkung des Kollegen Strauß, die Nettokreditaufnahme des Bundes sei nicht verfassungsgemäß." Herr Minister,-was ist denn hier eigentlich „böse", einen Verfassungs- verstoß zu rügen oder einen Verfassungsverstoß zu begehen? ({13}) Ich muß mich hier noch schärfer gegen ihre Drohung an die Adresse der Länder wenden, ihnen den Steueranteil wieder wegzunehmen, den der Bundeskanzler nach Art. 106 des Grundgesetzes doch als gerechtfertigt anerkannt hat. Oder wollen Sie den Ländern jetzt die gleiche Lage bescheren, in die Sie sich selbst hineingewirtschaftet haben? Wollen Sie auch die Länder dazu zwingen, angesichts der im wesentlichen durch Bundesgesetze und durch Bundesprogramme begründeten Ausgabeverpflichtungen ihrerseits gegen ihre Verfassungen zu verstoßen? Auch an die Grenzen der Pression heranreichende Drohungen werden uns nicht davon abbringen, einen Verfassungsverstoß einen Verfassungsverstoß zu nennen und dies auch hier auszusprechen. ({14}) Es bleibt die Frage, wie dieser Bundeshaushalt mindestens mittelfristig wieder in Ordnung gebracht werden kann. Dazu möchte ich einige Überlegungen beitragen. Wir halten daran fest, daß zusätzliche Belastungen unserer Mitbürger durch Steuern und durch Abgaben für die Haushaltskonsolidierung ausscheiden. Die Defizite sind ja nicht durch zu niedrige Einnahmen, sondern im Gegenteil durch zu hohe Ausgaben entstanden. ({15}) Die Grenze der Belastbarkeit der Steuerzahler ist längst erreicht und überschritten. ({16}) Wie fast alle Redner von FDP und SPD werden auch Sie, Herr Westphal, mich natürlich nun fragen, welche Positionen wir denn nun eigentlich kürzen wollen. ({17}) Dabei haben auch Sie, Herr Kollege Westphal, nur das eine Ziel, uns dann anschließend wegen angeblicher sozialer Demontage bei den Bürgern anzuschwärzen. ({18}) Meine Damen und Herren, diesen Gefallen werden wir Ihnen nicht noch einmal tun. ({19}) Schon in der Haushaltsdebatte 1975 hatte Kollege von Weizsäcker ausgeführt, was wir heute alle wissen, daß die Grenzen der Belastbarkeit der Beitragszahler erreicht sei und daß es notwendig sei, inzwischen teilweise unvertretbare Besitzstände zu überprüfen. Daraufhin haben Sie dann im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf eine wüste Hetzkampagne gegen uns entfacht. Unter dem Wahlergebnis aus dieser Wählertäuschung, an der sich im übrigen damals der Bundeskanzler sehr kräftig beteiligt hat, leidet das Land Nordrhein-Westfalen heute noch. ({20}) Damals erschienen doch die ganzseitigen Inserate in den Illustrierten unter der Überschrift: „Wählen Sie den Aufschwung". Damals sagten Herr Schmidt und Herr Kühn folgendes wörtlich: Und jetzt - hören Sie gut zu! sorgt der Aufschwung dafür, daß Arbeitslosigkeit bei uns eine vorübergehende Erscheinung bleibt. ({21}) Dann ging das so weiter: CDU/CSU versuchen ihr altes Spiel mit der Angst. ({22}) Sie wollen den Aufschwung nicht. ({23}) Nun, meine Damen und Herren, den Schaden, der damals angerichtet wurde, müssen die Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen noch heute tragen, wenn sich auch inzwischen die Regierung Kühn in voller Auflösung befindet. ({24}) Inzwischen aber spricht auch unser früherer Bundestagskollege, der jetzige nordrhein-westfälische Sozialminister Farthmann von einer - bitte, hören Sie zu! - nicht mehr zu übersehenden Krise der deutschen Sozialpolitik, ({25}) die, so sagt er, an ihre finanziellen Grenzen stoße und reine Leistungsverbesserungen nicht mehr zulasse. ({26}) Vor kurzem noch galt diese Erkenntnis als „Sonthofener Strategie". Sie werden das jetzt wahrscheinlich als „neuen sozialpolitischen Realismus" und nicht mehr als „soziale Demontage" bezeichnen. ({27}) Aber das ist eben der Unterschied, ob Sie etwas vorbringen oder Kollegen von CDU und CSU. Wenn zu den hohen Staatsausgaben gesprochen wird, muß vor allem auch ein Wort zu den Kosten der Staatsleistungen gesagt werden. Sie wissen, daß die Kosten für das Gesundheitswesen, für die Justiz oder für das Bildungswesen, um nur einige Ausgabenblöcke zu nennen, immer höher werden. Ob diese gestiegenen Kosten auch durch größere Leistungen gerechtfertigt sind, das ist eine ganz andere Frage. ({28}) Ebenso zweifelhaft ist, ob der Bürger diese Leistungen wirklich verlangt. Wenn er sie wirklich verlangt, dann doch oft nur deswegen, weil ihm keine Kostendeckung abgefordert wird. ({29}) Arbeitsplatzschaffende Investitionen und die Absicht, zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen, werden durch die zunehmende Bürokratisierung immer mehr behindert. Der Bundeskanzler nannte dies diese Woche noch ein Krebsgeschwür, das die innere Dynamik und die Vielfalt des Lebens ersticke. Aber er tut doch nichts dagegen. ({30}) Es geht doch nicht nur darum, daß der Herr Bundeskanzler seine Wasserrechnung nicht mehr versteht, sondern um weit mehr. Der Sachverständigenrat schreibt dazu in seinem letzten Gutachten: Staatliche Auflagen und Kontrollvorschriften überfordern vor allem kleine und mittlere Unternehmen. Die Industrie- und Handelskammer in Koblenz hat kürzlich zu diesem Problem eine anschauliche und bedrückende Reihe von Fällen und Zitaten zusammengestellt. Sie weist darauf hin, daß zu Beginn des Jahres 1977 allein für das Bundesrecht 1 480 Gesetze und 2 280 Rechtsverordnungen in Kraft waren. Allein zum Mehrwertsteuergesetz gibt es nicht weniger als 580 Erlasse, Verfügungen und klärende Schreiben. „Inzwischen hängen doch an jeder Baulatte und an jedem Kuhschwanz Paragraphen und Gebührenbescheide", wie kürzlich der Vizepräsident des deutschen Bauernverbandes zu Recht beklagte. ({31}) Die Koblenzer Kammer stellte im Jahre 1976 bei 29 ausgewählten Firmen fest, daß diese für das Ausfüllen von Formularen und für die Erstellung von Statistiken jährlich 57 700 Arbeitsstunden aufwenden, pro Betrieb also 2 000 Stunden allein dafür. Im Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages beschwerte sich ein 17jähriger Bäckergeselle, weil er nach Ablegung seiner Gesellenprüfung wegen des Jugendarbeitsschutzgesetzes nicht mehr um 5 Uhr morgens mit seiner Arbeit beginnen dürfe und daher Gefahr laufe, seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Auch der Petitionsausschuß hat es als inkonsequent bezeichnet, daß nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz zwar 15jährige Auszubildende ab 5 Uhr morgens arbeiten dürfen, wenn dies zur Erreichung ihres Ausbildungszieles notwendig ist, daß das Gesetz ihnen dies aber verbietet, wenn sie anschließend ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Meine Damen und Herren, das ist doch ein eindringliches Beispiel für die Ungereimtheit ({32}) mancher Gesetze, die Sie. „zum Wohle der Menschheit" verabschiedet haben. ({33}) - Herr Kollege Haehser, ich werde auf diese Frage noch zu sprechen kommen, ({34}) Sie hätten es wohl gerne, daß wir nun auch noch die Reparaturkolonne für Ihre verfehlte Politik sind. ({35}) Die Genehmigungszeiten für Bauanträge werden immer länger. Dies ist eine objektive Feststellung, die auch der Baugewerkschaftsführer Sperner getroffen hat. Er sagte, daß ein normales Baugesuch inzwischen zwanzig verschiedene Dienststellen und Instanzen durchlaufen müsse; mußten noch 1966 48 Gesetze und Verordnungen berücksichtigt werden, so war es dm Jahre 1974 bereits fast das Fünffache; es waren 225. ({36}) . Der Bundeskanzler glaubte kürzlich auf dem Architektentag in Düsseldorf wegen dieser Erschwernisse beim Baugenehmigungsverfahren seine Zuhörer auch noch aufwiegeln zu müssen. Er sagte: Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich über dieses Ausmaß der Behördengängelei ein großes Geschrei erheben. ({37}) Herr Bundeskanzler, Sie und Ihre Bundesregierung haben es doch selbst in der Hand, durch Verminderung und Vereinfachung der Gesetzgebung zum Abbau der bürokratischen Hemmnisse beizutragen ({38}) und damit Milliardenbeträge - die Bundesregierung beziffert diese Summe selbst mit 25 Milliarden DM - für Investitionen freizugeben, um dadurch Arbeitsplätze und Wachstum zu schaffen. Wenn wir von Steuerberatern hören, daß in manchen Bereichen zwei Drittel aller Steuerbescheide falsch seien, so sollte dies für die Regierung und für uns alle ein Alarmzeichen sein. ({39}) Die Verwaltungsflut muß zurückgedrängt werden. Dann sind auch im Bundeshaushalt, Herr Kollege Haehser, ganz erhebliche Einsparungen möglich. In der Vergangenheit haben sowohl der Bundeskanzler als auch seine Freunde und seine Helfershelfer immer wieder unsere Warnungen vor der Inflation als Vorläufer der Arbeitslosigkeit und der Finanzkrise des Staates als Schwarzmalerei und Krisengerede abgetan. In der Regierungserklärung vom Dezember 1976 heißt es dazu: Verzerrte Bilder trüben den Blick, Angst wäre ein schlechter Ratgeber. - Sehr wahr, aber wer hat denn in der Vergangenheit verzerrte Bilder der Wirklichkeit gezeichnet? ({40}) Das waren doch der Herr Bundeskanzler und seine Regierung. Das waren doch Sie und Ihre Freunde ({41}) und nicht diejenigen - wir erleben es öfters, daß der Bundeskanzler bei wichtigen Beratungen des Hauses nicht anwesend ist -, die, wie wir, vor den Gefahren der Inflation, der inflationären Finanz- und Wirtschaftspolitik und der doch dadurch entstandenen Arbeitslosigkeit gewarnt haben. Wenn der Bundeskanzler im Januar dieses Jahres im „Spiegel" erklärt: „Bisher sehe ich auf seiten der CDU und CSU zu diesen Sachproblemen überhaupt keine Alternative gegenüber unserer Politik", ({42}) dann versucht er doch nur, von der eigenen Untätigkeit und Unfähigkeit abzulenken und ({43}) als richtig Erkanntes in der eigenen Fraktion auch durchzusetzen. Die CDU/CSU hat ihre Alternativen zu dieser leichtfertigen Finanz- und Wirtschaftspolitik in der Vergangenheit immer wieder vorgetragen. Wir sagen jetzt noch einmal, damit dies ganz klar ist: Mehr Investitionen und der Abbau der Arbeitslosigkeit können nur erreicht werden, wenn Sie den Leistungswillen belohnen, statt durch überhöhte Steuern, durch immer höhere Abgaben und immer kompliziertere Gesetze Leistungen zu bestrafen. ({44}) Trotz oder gerade wegen der erforderlichen Konsolidierung der Staatsfinanzen bleiben deswegen - das sagt außer uns auch der Sachverständigenrat - der Abbau der Besteuerung, der Abgabenlast und der sonstigen Lohnnebenkosten, die Vereinfachung der Gesetze und die Beseitigung bürokratischer Hemmnisse eine ständige Aufgabe. Die Sanierung der Staatsfinanzen erfordert, wie auch Herr Apel früher einmal gesagt hat: sparen, sparen, sparen. Wir haben immer wieder erklärt, daß die Union bereit ist - und daran hat sich nichts geändert -, Ihnen, Herr Finanzminister, dabei zu helfen, ohne allerdings - und das muß hier ganz klar gesagt werden - die Verantwortlichkeiten dabei zu verwischen. Es kann nicht Sache der Opposition sein, dafür auch noch die erforderlichen Detailvorschläge zu machen. Herr Kollege Haehser, wir verfügen nicht über Ihren großartigen, großen und, was ich gar nicht bestreite, qualifizierten Apparat, und deswegen erwarten wir von Ihnen auf der Grundlage Ihrer Erkenntnisse die notwendigen Vorschläge und Initiativen. ({45}) Es ist die nicht abwälzbare Führungsaufgabe einer Regierung, Maßnahmen zur Sanierung der zerrütteten Finanzen von Staat und Sozialversicherung zu erarbeiten und vorzulegen. Ich erinnere Sie noch einmal an das Wort, das unser Kollege Barzel einmal sagte: Diese Arbeitsteilung akzeptieren wir nicht: Wir sollen den Rotstift nehmen und Sie das Blaulicht. - Damit sind wir nicht einverstanden. ({46}) Dennoch, Herr Westphal - und daran sollten Sie mich eigentlich nicht hindern - möchte ich jetzt gern einige Vorschläge zur Versachlichung der Diskussion und einige Vorschläge zur Unterstreichung unserer Kooperationsbereitschaft machen. In der schon erwähnten Rede, die der NRW-Sozialminister Farthmann, der Ihrer Partei angehört, im Oktober 1977 gehalten hat, markiert er sehr klar einige Bereiche, in denen aus finanziellen Gründen und wegen der zunehmenden Klagen über angebliche Mißbräuche - so sagt er - Anlaß zum Nachdenken bestünde. Er nennt hier ganz konkret - er, der sozialdemokratische Spitzenpolitiker - die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, das Arbeitslosengeld, die Gesundheitsversorgung, das Altersruhegeld - das manchmal höher sei als der Nettoverdienst während der Arbeitszeit -, Fehlentwicklungen bei Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen ({47}) sowie die Schwarzarbeit, von der er sagt, daß sie ausgeschlossen werden müsse. Er bekennt sich zum Leistungsprinzip auch in der Sozialpolitik und fordert mehr Selbstverwaltung und mehr Raum für die Mitwirkung freier Träger. Minister Farthmann sagt abschließend, daß die Zeit der leichten Reformen vorbei sei. Er schließt dann wörtlich mit folgenden Sätzen: Es wird sicherlich heftige Widerstände und auch heftige Kritik geben. Teilweise sind die Probleme tatsächlich so schwierig, daß auch ich selbst im Hinblick auf mögliche Lösungen unsicher bin und kein abschließendes Urteil habe. Ich meine aber, - so fährt Farthmann fort daß die aufgeworfenen Fragen gestellt werden müssen. Zu den Lösungen dieser Probleme wird sehr viel Solidarität nötig sein. Ich hoffe, daß unsere Gesellschaft dazu fähig ist. Was Friedhelm Farthmann dort ausgeführt hat, hätte doch der Bundeskanzler hier im Bundestag längst sagen müssen. Warum tut der Herr Bundeskanzler das nicht? ({48}) Ein Hauptmangel - nicht der einzige - unseres sozialen Sicherungssystems ist die völlig unübersichtlich gewordene Einkommensverteilung. Alle sozialen Leistungssysteme bewirken Umverteilungen - das ist ja auch gewollt und beabsichtigt -, ob in den Steuergesetzen, in der Rentenversicherung, der Krankenversicherung, beim Kindergeld, bei der Ausbildungsförderung, der Arbeitslosenunterstützung, beim Wohngeld, bei der Gasölverbilligung oder den Beihilfen für Mehrwertsteuerausgleich bis hin zu verbilligten Sozialwohnungen und subventionierten Studienplätzen. Einem immer komplizierter werdenden Steuersystem steht zusätzlich ein unüberschaubarer Dschungel staatlicher Transferzahlungen gegenüber, die teilweise ganz unkoordiniert und unkontrollierbar an die unterschiedlichsten sozialen Merkmale - Indikatoren, wie man Sie nennt -, an Einkommen, an Alter, an Kinderzahl, an benutzten Wohnraum und vieles andere mehr anknüpfen. Nur simple Gemüter können doch im Ernst annehmen, daß in diesem Durcheinander die unsichtbare Hand eines perfekten Wohlfahrtstaates die Dinge zu einem Höchstmaß allgemeiner Wohlfahrt und höherer Gerechtigkeit lenken könnte. Es ist völlig offen, inwieweit all diese Umverteilungen in die richtige Richtung laufen, nämlich - wie wir es alle wollen - von den Begüterten zu den weniger Begüterten. Der Bundeskanzler hat auch das völlig richtig erkannt. In seiner Regierungserklärung vom Dezember 1976 sagte er - wörtlich -: Entscheidend für die Einkommenslage der privaten Haushalte ist heute vielfach, welche staatlichen Geldleistungen sie insgesamt erhalten, also Wohngeld, BAföG usw., Transferleistungen, wie die Fachleute das nennen, und welche Steuern und Abgaben sie bezahlen. Deswegen kündigte er Bleizeitig die Bildung einer Transfer-Enquete-Kommission an, die dann leider erst nach acht Monaten am 7. Juli 1977 endlich im Kabinett beschlossen wurde und von der ich hoffe, daß sie sich nun an die Arbeit begeben hat. Die Bundesregierung räumt damit selbst ein, daß auch sie nicht übersieht, in welcher Weise sich die staatlichen Umverteilungsströme beim einzelnen Bürger nun tatsächlich auswirken. Inzwischen allerdings gibt es hierfür mindestens bestürzende Einzelbeispiele, die uns zeigen, zu welch grotesken und sicherlich von keinem von uns beabsichtigten Folgen das unkoordinierte und undurchdringliche Gewirr von Staatsleistungen führen kann. Ich entnehme ein Beispiel einem in der Presse veröffentlichten Aufsatz eines sehr sachkundigen Beamten aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Er führt auf der Grundlage der Tatbestände von 1975 folgendes aus: Ein alleinstehender Arbeiter mit einem Kind, der Kindergeld, .Wohngeld, Sparprämie und BAföG erhält und der über einen Bruttolohn von 2 800 DM im Monat verfügt, würde fast 700 DM seines insgesamt verfügbaren Einkommens verlieren, wenn sein Bruttolohn um 100 DM steigen würde. - Genau dies ist die Folge nicht aufeinander abgestimmter staatlicher Transferleistungen im Zusammenwirken mit Einkommensgrenzen. Schon heute scheint sicher: Immer mehr unserer Bürger, die an diesen vermeintlichen staatlichen Segnungen teilnehmen, zahlen sie zunehmend aus der eigenen Tasche, und zwar mit einem wachsenden Zuschlag für die steigenden Verwaltungskosten. ({49}) Die deutsche Wohlfahrtsverwaltung ist inzwischen eine der teuersten der Welt geworden. ({50}) Viele öffentliche Leistungen, mit denen Wohltaten ausgestreut werden, verursachen so hohe Verwaltungskosten, daß sie kaum noch vertretbar sind, und zwar gerade unter sozialpolitischen Gesichtspunkten. ({51}) Der Steuerzahler - und das ist ja zunehmend der, der die selbstfinanzierten Leistungen empfängt - wird in vielen Fällen stärker belastet, als er durch die Zuwendungen entlastet wird, weil ein immer größerer Teil seiner Abgaben durch die wachsenden Verwaltungskosten aufgezehrt wird. Dies ist bei zunehmender Haushaltsenge nicht länger vertretbar. Hier muß zur Entlastung des Staates zum Nutzen seiner Bürger gründlich durchforstet werden. ({52}) Hier, Herr Finanzminister, wird die Opposition mitarbeiten, wenn die Regierung endlich handelt. ({53}) Neben der Entlastung des Bundeshaushalts spielt - wie inzwischen nicht mehr streitig ist, mindestens nicht mehr nach dem Bundeswirtschaftsbericht - die Lohnpolitik eine entscheidende Rolle. Die von uns durchgesetzten steuerlichen Entlastungsmaßnahmen waren hier - das zeigt sich immer deutlicher - ein Schritt in die richtige Richtung. ({54}) Eine Mark Steuerentlastung bedeutet eine Mark mehr Kaufkraft. Eine Mark mehr Lohn bedeutet aber allenfalls fünf bis sechs Groschen mehr; den Rest kassieren Staat und Sozialversicherung. Einschließlich der Lohnnebenkosten erhöhen sich die Produktionskosten um 2 bis 2,50 DM, je nach Familienstand, wenn der Arbeitnehmer auch nur eine Mark mehr Kaufkraft, mehr Nettolohn erhalten soll. Um so mehr sollten wir gemeinsam an die Tarifparteien appellieren, die Steuerentlastungen durch maßvolle Tarifabschlüsse zu honorieren. Überzogene Lohnforderungen bringen nichts anderes als Arbeitslosigkeit. Die öffentliche Hand als Tarifpartei, Herr Bundesinnenminister, hat dabei mit gutem Beispiel voranzugehen. Das Klunckersche Hafenkonzert paßt nicht in diese Landschaft. ({55}) Es gibt kein wirtschaftspolitisches Instrument, das den Beitrag der Lohnpolitik ersetzen könnte. Zum Schluß ein Wort zur Stilfrage, über die in dieser Debatte immer wieder gesprochen worden ist. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben am Mittwoch einen Kollegen gerügt und ein Mindestmaß von Anstand und intellektueller Sauberkeit gefordert. Das sollte sicher für uns alle gelten. ({56}) Aber als Sie, Herr Bundesfinanzminister, sich am Dienstag mit den Ausführungen des Kollegen Strauß über die Finanz- und Wirtschaftspolitik auseinandersetzten, ({57}) haben Sie moralische Sauberkeit der Argumentation für sich in Anspruch genommen und fast im gleichen Atemzug dem Kollegen Strauß Halbwahrheiten, sogar Unaufrichtigkeiten und provinzielles Gerede über weltwirtschaftliche Probleme vorgeworfen und sich gleichzeitig über Verbalinjurien entrüstet. Sie konnten aber weder die Fakten noch die Zahlen, die der Kollege Strauß genannt hatte, als falsch abtun. Sie haben nicht einmal den Versuch gemacht. Die „Süddeutsche Zeitung", die man weder als oppositionsfreundlich noch gar als Strauß-freundlich bezeichnen kann, schreibt wörtlich: Für den Wirtschafts- und finanzpolitischen Teil seiner Rede - gemeint ist eben jene Rede von Franz Josef Strauß ist ihm zu attestieren: so gut wie jeder Satz hat gestimmt. Wenn Sie dann, Herr Bundesfinanzminister, in der Erwiderung auf Strauß sagen: Sie wollen Personen verletzen, Sie wollen Personen zerstören, dann richtet sich diese Attacke gegen Sie selbst. ({58}) Ich wäre Ihnen, Herr Finanzminister, einmal für eine Antwort darauf dankbar, ob denn alles stimmt, was Sie hier erzählt haben. Sie haben z. B. am Mittwoch in diesem Haus behauptet, der Bund habe von 1970 bis 1973 keine Defizite gemacht, sondern Bund, Länder und Gemeinden hätten 10 Milliarden DM Rücklagen gebildet. Weil mir das neu war - und nicht mehr in der Erinnerung habe ich nochmals in den von Ihnen selber veröffentlichten Bundesfinanzbericht 1978 hineingeschaut und errechnet, daß die Finanzierungsdefizite des Bundes in der von Ihnen genannten Zeit sich nicht auf Null, sondern immerhin auf 11,5 Milliarden DM beliefen, ({59}) gedeckt unter anderem durch eine Neuverschuldung ohne die Stabilisierungsanleihe von 9,2 Milliarden DM. Dem stehen beim Bund nur Rücklagen von 2,5 Milliarden DM - auch hier ohne Stabilitätsanleihe und ohne die Einnahmen aus zusätzlichen Konjunktursteuern - gegenüber. Wenn man so etwas an intellektueller Redlichkeit beim Umgang mit Zahlen und Argumenten feststellen muß, dann fällt es auch einem Wohlmeinenden schwer, ihre entrüsteten Appelle wirklich ernst zu nehmen. ({60}) Ich bin bestimmt nicht pingelig. Ein Politiker muß auch einmal etwas einstecken können, ohne gleich beleidigt zu sein, sonst hat er eben seinen Beruf verfehlt. Aber manches, was wir hier von dem erklärten Kronprinzen für das Kanzleramt hören, geht doch entschieden zu weit. Wenn er hier mehr Sachlichkeit fordert, dann hat er zuerst mit gutem Beispiel voranzugehen. ({61}) Dieser Haushalt, meine Damen und Herren, ist Ausdruck der Hilflosigkeit, der Konzeptionslosigkeit dieser Regierung. Sie verbraucht schon heute, was erst in Zukunft erarbeitet werden muß. Deswegen lehnen wir diesen Haushalt ab und beantragen namentliche Abstimmung. ({62})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löffler.

Lothar Löffler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen fast am Ende einer langen und harten Debatte. Die Härte ist hier insbesondere dann nicht zu beklagen, wenn sie von der Sache her erforderlich ist. Ich glaube aber feststellen zu können, daß es in dieser Woche zuviel unnötige Härte gegeben hat, ({0}) die lediglich der Polemik gedient hat und die dazu angetan war, die besten Lösungen zu behindern oder gar unmöglich zu machen. Am Anfang dieser Woche hat der Kollege Brandt an sich und an uns alle die Frage gerichtet - ich zitiere mit Genehmigung der Frau Präsidentin -: Was haben die Bürger davon, wenn wir hier allzuoft aneinander vorbei-, zum Fenster hinaus- und in die Fernsehkamera hineinreden? Ich glaube, nach dieser Woche ist diese Frage berechtigter denn je, ({1}) und wir alle sollten uns schnellstens um eine Antwort bemühen. Das Parlament soll eine Stätte der geistig-politischen Auseinandersetzung, des politischen Ringens und nicht in erster Linie eine Stätte der politischen Entgleisungen sein. Im Parlament sind Gedanken zur Lösung anstehender Probleme und kein schriller Wortradikalismus gefragt. ({2}) Ich gebe genauso wie mein Kollege Windelen zu, daß wir alle keine Engel sind, und ich bin wahrscheinlich der letzte, der das für sich in Anspruch nehmen könnte. Aber wer z. B. von „Betrug", von „schamloser Finanzpolitik", von einem „katastrophalen Zustand der Staatsfinanzen", von „einem Bruch des Amtseides" spricht, bietet der sich tatsächlich und ernsthaft als sachlicher Diskussionspartner an? ({3}) Oder verrät er mit dieser Wortwahl nicht viel mehr eine Absicht, die jenseits dessen liegt, was man noch im entferntesten Sinne als Sachlichkeit bezeichnen könnte? Haushaltspläne werden mitunter etwas anspruchsvoll als Hauptbücher der Nation bezeichnet, die schicksalsentscheidend sind. Das gilt auch für den Haushaltsplan 1978. Was bestimmt denn unsere Stellung in der Welt und damit unser aller Schicksal? Lassen Sie mich einmal in der Hoffnung einige Faktoren nennen, daß wir uns wenigstens in diesen Faktoren einig sind, daß wenigstens hierüber noch Einigkeit im Hause besteht. Diese Faktoren sind: Erstens. Unser Leben wird durch eine im großen und ganzen sozial ausgewogene Gesellschaft gesichert, die gerade in diesen Zeiten ihre Stabilität beweist, zweitens die Bereitschaft der maßgeblichen politischen Kräfte, unsere Gesellschaft nach Maßgabe der Möglichkeiten weiterzuentwickeln, drittens der Fleiß unserer Bürger und unsere technische Intelligenz, die in unseren hochentwickelten Industrieprodukten stecken, viertens unsere anerkannte und feste Stellung in den westlichen Bündnissen - genannt seien hier die NATO und die EG -, fünftens unsere Wachsamkeit und Verteidigungsbereitschaft, gepaart mit unserem festen Willen, den Frieden durch Entspannung bewahren zu helfen, sechstens unsere Bereitschaft zur Hilfe für diejenigen, die überwiegend oder ganz auf der wirtschaftlichen und sozialen Schattenseite unserer Erde leben. Das alles wird von unserem Grundgesetz zusammengehalten, das eine freiheitliche Rechtsordnung und eine soziale Verpflichtung des Staates garantiert. Ich nehme an, daß das wohl unsere gemeinsame Auffassung über das Fundament unseres Lebens ist und daß es darüber keinen Streit gibt. Ich nehme auch an, daß Sie mir zustimmen werden, wenn ich sage: Aus diesem Fundament kann kein einzelner Stein herausgebrochen werden, ohne daß das Ganze Schaden erleidet. Aber wer dem zustimmt, der muß sich auch ernsthaft mit der Frage beschäftigen, wie das alles bezahlt werden soll, der muß auch die Realität sehen, daß das alles viel Geld kostet, das wir aufbringen müssen, um unsere Stellung zu gewährleisten. Wie wird das Geld im Haushaltsplan 1978 ausgewiesen? Lassen Sie mich vier große Ausgabeblöcke nennen. Herr Kollege Grobecker hat das in seiner Rede schon getan; ich möchte es noch einmal wiederholen: erstens die soziale Sicherung, für die wir 67,2 Milliarden DM, also den weitaus größten Betrag, ausgeben, zweitens die Sicherung der Zukunft, für die wir 33,1 Milliarden DM ausgeben, weil wir auch morgen noch so leben wollen, wie wir heute leben, ({4}) drittens die Sicherung der gegenwärtigen Verhältnisse, die wir uns 47,5 Milliarden DM kosten lassen, und viertens unsere äußere Sicherheit und Friedenspolitik, die mit 40,8 Milliarden DM zu Buche schlägt. Das sind die 188,6 Milliarden DM Ausgaben, die in diesem Haushalt stehen. Wir bedauern es auch, daß dieser Betrag ohne eine erhöhte Schuldenaufnahme nicht zu finanzieren ist. Deshalb wurden hier zu Recht die hohen Schulden beklagt. Aber welche Konsequenzen wurden in der Debatte sichtbar? Ich kann mich erinnern, daß der Kollege Strauß davon gesprochen hat, daß die Steuern zu hoch seien, daß sie noch gesenkt werden müßten. Wenn ich eine solche Forderung stelle, dann muß ich mich natürlich auch ganz eiskalt und sachlich mit einem Elektronenrechner mit den Folgen auseinandersetzen, die eine solche Forderung hat. ({5}) Das würde bedeuten, entweder die Nettokreditaufnahme erhöhen - das wollen Sie doch, meine Damen und Herren von der Opposition, sicherlich nicht - oder aus dem Fundament unseres gesellschaftlichen und staatlichen Lebens einige Steine herausbrechen. Ich unterstelle Ihnen gar nicht, daß Sie das wollen. Ich sage nur, das sind doch die beiden Alternativen, wenn ich weitere Steuersenkungen fordere. Lassen Sie mich bitte einmal folgende Modellrechnung anstellen. Wir haben in diesem Jahr eine Nettokreditaufnahme, die um rund 10 Milliarden DM über dem liegt, was wir 1977 für dieses Jahr an Nettokreditaufnahme geschätzt haben. Nehmen wir einmal diese 10 Milliarden DM weg und nehmen wir noch einmal eine Steuererleichterung von 5 Milliarden DM an, dann würden summa summarum dem Haushalt 15 Milliarden DM fehlen. Und nun mal an Hand des jetzt vorliegenden Haushalts die Frage: Wie bekomme ich diese 15 Milliarden DM aus dem Haushalt heraus? Natürlich kann ich das tun. Aber, wie gesagt, die Folgen sind unabsehbar! Wo wollen wir denn streichen? Wollen wir am sozialen Gefüge große Abstriche machen und damit die soziale Stabilität unserer Gesellschaft aufs Spiel setzen? Wollen wir an unseren internationalen Verpflichtungen finanziell herumschnippeln und unsere Stellung in der Welt als geachteter Partner beeinträchtigen? Wollen wir die Entwicklungshilfe kürzen, wo wir doch alle wissen, daß wir ruhig etwas mehr für die Entwicklungsländer tun könnten? Wollen wir die Ausgaben für die Infrastruktur vermindern, obwohl wir wissen, daß die Gleichartigkeit der Lebensverhältnisse nur durch eine gut ausgebaute Infrastruktur möglich ist? Oder wollen wir die Aufgaben der Zukunftssicherung beschneiden? Da ist doch kein Spielraum. Selbst wenn ich den Satz anwende „Kleinvieh macht auch Mist", bekommt man diesen Betrag nicht zusammen, es sei denn - und das habe ich schon vorhin gesagt -, man nimmt in Kauf, daß sich unsere Lebensverhältnisse radikal verändern und mit diesen Lebensverhältnissen möglicherweise auch 'unsere Gesellschaft und unser staatliches Gefüge einer radikalen Veränderung unterliegt. Aber - ich bitte Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren - niemand weiß, was dann geschieht. Es ist ja die Frage erlaubt, ob dann diese Gesellschaft und dieser Staat noch mit dem Grundgesetz regierbar wären. Gleichzeitig würden wir aber eine starke Stütze im westlichen Lager demontieren. Die Folgen in der Sicherheits- und Außenpolitik wären nicht abzusehen. Sparsamkeit ist in der Haushaltspolitik ein bedeutender Wert. Aber soziale und politische Stabilität ist genauso ein Wert. Wenn es möglich ist, geht soziale und politische Stabilität vor Sparsamkeit, zumal uns alle Institutionen bescheinigt haben, daß die in diesem Jahr vorgesehene Nettokreditaufnahme gesamtwirtschaftlich vertretbar ist. Wir erwarten von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, keine abstimmungsreifen Alternativen. Wie sollten wir auch! Das können Sie nicht leisten; da gebe ich dem Kollegen Windelen völlig recht. Aber wir können erwarten, daß gewisse gedankliche Ansätze zu einer Alternative präzisiert werden und erkennbar sind. Aber auch diese Andeutungen einer Alternative sind in der Debatte nicht klar herausgekommen. Das hat einen einfachen Grund. Es gibt nämlich gar keine ernst zu nehmenden Alternativen zu der jetzigen Haushaltspolitik unserer Bundesregierung. ({6}) Im Grundsätzlichen kann man an dieser Politik nichts ändern. Deshalb haben Sie keine Alternativen, nicht weil Sie nicht einfallsreich genug wären oder weil Sie sich nicht genügend Gedanken über das machten, was unserem Staat und unserer Finanzpolitik guttäte. Dann machen Sie einen Schlenker, indem Sie davon sprechen, diese ganze Situation sei darauf zurückzuführen, daß die sozialliberale Koalition Sozialismus, Bürokratismus und sozialistische Experimente der verwegendsten Art einführe. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, es gehört ein hohes Maß an Geduld dazu, sich diese Vorwürfe hier im Hause immer wieder anhören zu müssen. ({7}) Schauen wir doch einmal auf unsere wichtigsten Partnerländer! Frankreich hat die Planifikation. Da werden die wesentlichen wirtschaftlichen Größen geplant und durch dirigistische Maßnahmen und Methoden verwirklicht. Italien hat über viele Monate hinweg ein Bardepot bei bestimmten Importen eingeführt. Italien hat an 1 930 wichtigen Unternehmen eine Staatsbeteiligung, durch die es indirekt seine Wirtschaft lenken kann. In neun westlichen Ländern gab es Lohn- und Preiskontrollen, darunter in solchen Ländern wie den USA, Großbritannien, Belgien und Italien. In allen Ländern der EG gibt es Kapitalverkehrskontrollen, über die folgendes ausgesagt wird - ich zitiere mit der Genehmigung der Frau Präsidentin -: Der vorstehende Überblick zeigt, daß keiner der bedeutenderen EG-Partnerstaaten die Kapitalverkehrskontrollen wie die Bundesrepublik ausschließlich zur Abwehr von Zuflüssen erlassen hat. Mehr oder minder dienen sie in den meisten Ländern gleichzeitig einer Begrenzung des langfristigen Kapitalexports. Hier wird der Bundesrepublik also ausdrücklich bescheinigt, daß sie die liberalste Regelung bei der Kontrolle des Kapitalexports hat. ({8}) Ich erinnere an die Einfuhrkontingente in den USA. Diese Liste dirigistischer und halbdirigistischer Maßnahmen, die in unseren wichtigsten Partnerländern angewandt werden, könnte ich noch fortsetzen. Ich könnte Ihnen Maßnahmen nennen, die Sie in der Bundesrepublik Deutschland alle nicht finden. Mit anderen Worten, meine Damen und Herren von der Opposition: Nach Ihrer Definition vom Sozialismus, der die Bundesrepublik angeblich mehr und mehr durchdringt, sind wir der einzige Staat mit einer funktionierenden Marktwirtschaft in einem Kreis von so bedeutenden „sozialistischen" Staaten wie der Französischen Republik, den Vereinigten Staaten von Amerika, Italien, Dänemark und anderen. ({9}) Meine sehr verehrten Damen und' Herren von der Opposition, ich darf an Sie die freundliche und wirklich ehrlich gemeinte Bitte richten: Hören Sie endlich damit auf, und kommen Sie zur Sache! ({10}) Ein Wort zur Haushaltspolitik 1977. Sie haben diese Haushaltspolitik abqualifiziert. Dagegen habe ich nichts. Die Worte hätten auch wieder etwas anders sein können. Es fielen Worte wie „ungereimt", „Wechselbad", „Durcheinander" und ähnliche Ausdrücke. Ich muß Ihnen dazu folgendes sagen. Wer es sich genau ansieht, stellt fest, daß eine sehr konsequente Finanzpolitik im Dienste der Konjunkturverstärkung durchgeführt wurde. Nehmen Sie sich einmal ein weißes Blatt vor. Schreiben Sie auf die linke Seite die Indikatoren, die die wirtschaftliche Entwicklung im Jahre 1977 kennzeichneten. Schreiben Sie dann auf die andere Seite diejenigen finanz- und währungspolitischen Maßnahmen, die durchgeführt worden sind. In dieser Zusammenschau werden Sie feststellen: Das war keine unüberlegte Zickzackpolitik, sondern eine Politik, die mit hochempfindlichen Sensoren die Konjunkturentwicklung abgetastet und registiert hat und die mit den Mitteln der Haushaltsexpansion und des Steuerverzichts angemessen darauf reagierte. ({11}) Es ist schon, Herr Kollege Windelen, ein bißchen eigenartig, dann, wenn man sich die wirtschaftliche Entwicklung des vorigen Jahres vor Augen führt, nicht zu dem Ergebnis zu kommen, daß da eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt. So schlecht war die Finanzpolitik 1977 nicht, denn in dem Gutachten zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, vorgelegt vom Sachverständigenrat, heißt es dazu - ich zitiere mit der Genehmigung der Frau Präsidentin -: Da die Gefahr drohte, daß sich die aus ungelösten Problemen auf der Angebotsseite resultierende konjunkturelle Nachfrageschwäche verselbständigt, muß die Finanzpolitik kurzfristig die schwachen Auftriebskräfte stützen und die Wachstumsimpulse stärken. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dieser Aussage eines unabhängigen und kritischen Gremiums ist nichts hinzuzufügen. Die Opposition sagt nun: das alles hat ja nichts genützt. Da frage ich mich: Woher haben Sie eigentlich diese Erkenntnis, woher wissen Sie eigentlich, ({12}) wie die wirtschaftliche Entwicklung verlaufen wäre, wenn die Bundesregierung nicht mit den verschiedensten Konjunkturverstärkungs- und -stützungsmaßnahmen eingegriffen hätte? Woher wissen Sie eigentlich, wo wir dann heute stünden und wie es in unserer Wirtschaft aussähe? ({13}) Lassen Sie mich ein Wort zu den Prognosen sagen, die ja in der Debatte dieser Woche eine große Rolle gespielt haben. Wir kommen ohne solche Prognosen nicht aus, aber sie sollten auch nur den Rang erhalten, der ihnen als groben Orientierungsmarken gebührt, und sie sollten keineswegs als vorweggenommene Realität angesehen werden. Für 1977 gab es mehrere Prognosen über den realen Zuwachs des Bruttosozialprodukts; der Bogen spannte sich von 3,5 bis 6 %. 2,5 % sind es nun geworden. Die Bundesregierung hatte in ihrem Jahreswirtschaftsbericht, wie Sie wissen, 5 % angenommen. Aber sind denn nun, wie man es in der Debatte immer gehört hat, 2,5 % bereits Stillstand und Stagnation? ({14}) Ich kann doch dann, wenn mein Auto statt 100 km in der Stunde nur noch 50 km fährt, nicht davon ausgehen, daß es stehengeblieben ist, ({15}) so mißlich es natürlich ist, daß es nicht das Tempo hält, das ich wünsche. Schließlich sind doch 2,5 % ein Fortschritt, wenn auch nur ein kleiner, wenn auch nur einer, der nicht ausreicht, um unsere Probleme zu lösen. ({16}) - Sehr wahr! Die steigende Nettokreditaufnahme ist, meine Damen und Herren, ein ernstes Problem. Der Kollege Brandt hat am Dienstag in diesem Hause davon gesprochen, daß die Grenzen des Möglichen nicht überschritten werden dürfen, und der Kollege Hoppe hat unter dem Beifall der Opposition auf die Gefahren hingewiesen, die sich aus einer zu hohen Verschuldung ergeben können. ({17}) - Natürlich „sehr wahr", nur hat der Beifall aus Ihren Reihen ({18}) andere Kollegen der Opposition nicht daran gehindert, in ihren Beiträgen zu den Einzelplänen neue Maßnahmen zu fordern, ({19}) die, würden wir sie jetzt realisieren, sehr viel Geld kosteten. ({20}) - Lesen Sie das bitte einmal im Protokoll nach, Herr Kollege Rawe; ich möchte meine Redezeit jetzt nicht dafür in Anspruch nehmen, Ihnen diese Latte aufzuzählen, aber ich habe sie natürlich hier. ({21})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rawe?

Lothar Löffler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, bitte.

Wilhelm Rawe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001786, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie vielleicht die Güte haben, auch nur einen Antrag, der von uns hier in diesem Sinne eingebracht worden sein soll, zu nennen?

Lothar Löffler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Herr Kollege Rawe ({0}) - Sie müssen mir nun schon die Möglichkeit geben, zu antworten; ({1}) wenn Sie natürlich gleich dazwischenrufen, werden Sie lange auf Ihre Antwort warten müssen es ist Ihnen sicher nicht entgangen, daß ich nicht von „Anträgen" gesprochen habe, sondern davon, daß neue politische Maßnahmen von Ihren Sprechern als wünschenswert angesehen worden sind. ({2}) - Aber entschuldigen Sie bitte, daraus mache ich Ihnen doch gar keinen Vorwurf! Ich habe ja eingangs gesagt, daß es ein Positivum dieser Gesellschaft ist, daß die politischen Kräfte bereit sind, die Maßnahmen weiterzuentwickeln. ({3}) Daraus mache ich Ihnen gar keinen Vorwurf, sondern ich will damit nur andeuten, daß die Zwickmühle nicht nur auf seiten der Koalition vorhanden ist, sondern Sie werden davon genauso gezwickt. Wir dürfen das Ziel der Konsolidierung, das wir im Haushalt 1977 relativ erfolgreich angepeilt haben, nicht aus den Augen lassen. Deshalb muß die Konsolidierung des Haushalts in den nächsten Jahren eine genauso dringliche Aufgabe sein wie noch so wünschenswerte Maßnahmen in bestimmten politischen Bereichen. Dabei braucht keiner Angst zu haben. Die Politik wird nicht zum Stillstand kommen. Politik wird nicht durch bloße Buchhalterei ersetzt werden. Aber der Prozeß der Prioritätensetzung wird etwas strenger und härter gehandhabt werden müssen als bisher. Lassen Sie mich jetzt einmal eine Bemerkung über alle „Haushälter" dieses Hauses machen. Der eh nicht hohe Beliebtheitsgrad der Hauhaltspolitiker in diesem Hause dürfte in den nächsten Jahren kaum steigen. Er dürfte eher noch um einige Grade sinken, weil wir wahrscheinlich eben mit fester Hand prüfen müssen, was machbar ist und was nicht machbar ist. ({4}) Die Konsolidierung ist wichtig, úm das Erreichte bewahren und sichern zu können. Dazu ist aber auch eine gewandelte Einstellung zu der finanziellen Leistungskraft des Bundes nötig. Wenn irgend jemand in dieser Republik eine gute Idee hat und er hat nicht das Geld dazu, diese Idee zu verwirklichen, ({5}) schreibt er einen Brief nach Bonn. ({6}) Nun wollen wir einmal alle miteinander ehrlich sein - hier schlage ich auch an meine Brust -: Wir alle sind dann nur allzugern bereit, die Wünsche des betreffenden Herrn oder der betreffenden Institution hier auch noch beim Finanzminister zu unterstützen, weil wir uns davon bestimmte politische Erfolge in unserem Wahlkreis oder sonst etwas versprechen. Ich weiß, wie schwer solche Wünsche abzulehnen sind. Ich war einmal Berichterstatter für einen Haushalt, bei dem ich mir vorgenommen hatte, jedes Jahr einen Zuwendungsempfänger zu streichen. Ich bin unter einen derartigen Druck geraten, daß mein Nachfolger als Berichterstatter diese meine Bemühungen verständlicherweise aufgegeben hat, denn er wollte nicht gleich am Anfang auch unter diesen schweren Druck geraten. ({7}) - Nein, das hat er nicht getan, Herr Kollege Schäfer. Es ist doch nun einmal so: Bekommt eine Institution einmal oder vielleicht zweimal einen Zuschuß von uns, dann glaubt sie schon, daß sie einen Rechtsanspruch auf Alimentierung durch den Bund habe. ({8}) Diese Haltung, diese Einstellung, müssen wir alle miteinander bekämpfen. Es geht nicht an, daß der Bund als eine Kuh angesehen wird, die schlecht behandelt, unzureichend gefüttert und ständig gemolken wird. ({9}) So kann man keine verantwortungsvolle Finanzpolitik betreiben. Wenn in den nächsten Jahren auch stärker auf Sparsamkeit geachtet werden muß, so bricht damit ja nicht die Welt zusammen. Das Fundament bleibt, wie ich eingangs ausgeführt habe, unangetastet und soll auch unangetastet bleiben. ({10}) Wir brauchen deshalb keine Gesellschaft ohne Ansprüche und ohne Wünsche; aber wir werden vielleicht der Gesellschaft sagen müssen, daß sie auf die Erfüllung ihrer Wünsche und Ansprüche ein bißchen warten muß und daß sie vielleicht über ihre Wünsche und Ansprüche erst noch einmal etwas genauer nachdenkt, bevor diese zur Kasse drängen. Unser Volk ist schon mit ganz anderen Herausforderungen als mit den jetzigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten fertig geworden. ({11}) Es besteht deshalb nicht der geringste Anlaß zu einer Blut-und-Tränen-Rede; aber es besteht wohl Anlaß, jedem deutlich zu machen, daß wir gegenwärtig nicht in einer Zeit rasanter Zuwachsraten leben, durch die neue Wünsche fast unbegrenzt erfüllt werden können. Wir, d. h. die Regierung, die Koalition und, ich nehme an, auch die Opposition - hier werden Sie wohl mitmachen -, werden uns bemühen, den Prozeß der Konsolidierung so gerecht und so erträglich zu gestalten, wie es nur irgend möglich ist. ({12}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Erstens. Der Haushalt 1978 sichert die Grundlagen unserer sozialen und staatlichen Existenz und gibt damit jedem Bürger die feste Gewißheit, daß er nach wie vor in einer der stabilsten Ordnungen dieser Erde lebt. ({13}) Zweitens. Die Bundesrepublik hat sich trotz der weltweiten wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht von ihrer im großen und ganzen bewährten liberalen Wirtschaftsverfassung abbringen lassen und wird dies auch in Zukunft nicht tun. Drittens. Die Konsolidierung des Haushalts, d. h. die deutliche Verringerung der jährlichen Nettokreditaufnahme, ist für die nächsten Jahre eine Aufgabe, die eine hohe Priorität besitzt. Viertens. Das von allen politischen Kräften Erreichte gilt es zu sichern. Es darf nicht beschädigt werden, weil wir uns buchhalterisch nur mit den Zahlen des Haushalts beschäftigen und nicht die lebendigen Vorgänge sehen, die hinter diesen Zahlen stehen. ({14}) Fünftens. Im Vertrauen auf seine Leistungsfähigkeit wird unser Volk die gegenwärtige Situation meistern. Wir, die sozialliberale Koalition, und ich hoffe, auch die Opposition, werden dabei helfen. Wir tun es z. B. mit diesem sozial verantwortlichen Haushalt, dem Haushalt 1978. ({15}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß auch Dank sage Dank an die vielen Mitarbeiter in den Ministerien, insbesondere an die Mitarbeiter im Finanzministerium, die genausolange wie wir beraten haben, mit uns gerungen haben um die besten Lösungen. ({16}) Ich sage auch Dank an die Mitarbeiter des Haushaltsausschusses, die uns in unermüdlicher Arbeit immer wieder schnellstens die Unterlagen vorgelegt und aufbereitet haben, die wir für die Beratung brauchten. ({17}) Ich sage aber vor allem Dank - da wäre es schön, wenn auch einige Herren der Opposition mitklatschten - an jenen Mann, der eine der schwierigsten Aufgaben in der jetzigen Zeit zu erfüllen hat und der deshalb die feste Gewißheit haben soll, daß er im Parlament, aber wenigstens in den Mitgliedern der sozialdemokratischen Fraktion, stets einen verständigen Gesprächspartner finden wird. Ich meine Dr. Hans Apel, unseren Bundesfinanzminister. ({18}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stimmen diesem Haushalt ohne Vorbehalt und ohne Einschränkung zu ({19}) und sind glücklich darüber, daß Sie uns die namentliche Abstimmung beschert haben, durch die wir unseren Willen eindeutig und protokollarisch bekunden können. ({20})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

Hans Günter Hoppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000955, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte der letzten Tage hat Gräben aufgerissen und Wunden geschlagen. Sie hat mehr Gegensätze geschürt, als in der derzeitigen politischen Situation der Bundesrepublik Deutschland erwünscht sein kann. ({0}) Nicht die im Meinungsstreit sichtbar gewordenen voneinander abweichenden Positionen werden hier von mir beklagt, denn schließlich liegt es im Interesse unseres Gemeinwesens, daß um den richtigen Weg der Wirtschafts- und Finanzpolitik streitbar gerungen wird. Es ist aber der Ton, der die Musik macht, und der war an vielen Stellen zu laut und zu schrill. ({1}) Mit Beschimpfungen, herabsetzenden und persönlich verletzenden Äußerungen dienen wir unserer Aufgabe nicht. Damit wird der demokratische Grundkonsens, ohne den die parlamentarische Demokratie nun einmal nicht auskommen kann, leichtfertig in Frage gestellt. Die von einzelnen Kollegen bevorzugte Dreschflegelmethode ist Gift für die politische Aussprache. ({2}) Fast immer bleibt dabei die Sachlichkeit auf der Strecke. Vertrauen und Toleranz werden aus dem Saal geprügelt. ({3}) Meine Damen und Herren, tröstlich ist allein, daß es - unbeschadet einzelner Ausbrüche und Entgleisungen - tragfähige menschliche Beziehungen über Fraktionsgrenzen hinweg gibt, die sich auf Respekt und demokratische Gesinnung stützen. ({4}) Diese Gemeinsamkeit darf aber nicht nur in der Ausschußarbeit sichtbar werden und auf die Ausschußarbeit beschränkt bleiben. Sie muß stärker als bisher ins Plenum getragen werden, damit auch für die Öffentlichkeit sichtbar wird, daß wir uns alle den demokratischen Idealen von Freiheit und Recht verpflichtet fühlen. ({5}) Zu den Fragen eines sittlichen Verhaltenskodex, zur Glaubwürdigkeit, zur Vertrauensbasis der Politik hat der Kollege von Weizsäcker uns im Verlauf der Debatte eine Moralpredigt gehalten. Ich will über die Prinzipien gar nicht steiten. Ich bin vielmehr durchaus bereit, anzuerkennen, daß sich die Glaubwürdigkeit unseres Tuns und das Vertrauen in unsere Handlungen darauf gründet, daß wir unsere Ankündigungen und Versprechungen auch zum Inhalt unserer Entscheidungen machen. Es ist auch richtig, daß sich jeder von uns daran messen lassen muß, wie er vor diesem Anspruch bestehen kann. Eine solche Maxime gilt selbstverständlich für alle Bereiche der Politik. Wenn Herr von Weizsäcker seine Gedanken über die öffentliche Moral gerade bei dem Ringen um die Rentenfinanzierung ansiedelt, soll damit aber doch ganz offensichtlich eine unpopuläre, wenn auch notwendige Maßnahme ins Zwielicht gerückt werden. ({6}) Dabei ging es dem Kollegen von Weizsäcker mehr um Zielkonflikte, die dann entstehen können, wenn das Festhalten an früheren Aussagen nicht mehr mit den veränderten Sachverhalten in Übereinstimmung zu bringen ist. ({7}) Hier kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Bundesregierung entschlossen ist - und die Koalitionsfraktionen mit der Bundesregierung entschlossen sind -, ihre Entscheidungen so zu treffen, wie es nach der tatsächlichen Lage und den eingetretenen Veränderungen jetzt notwendig wird. ({8}) Meine Damen und Herren, die Renten sind nach dem Willen dieses Parlaments in eine unmittelbare Abhängigkeit zum Wirtschafts- und Konjunkturverlauf gestellt worden. Wir müssen daraus jetzt auch die Konsequenzen ziehen. Niemand denkt aber daran, die Rentner - wie die Opposition so griffig formuliert - „zu betrügen". Niemand denkt daran, die Renten zu kürzen. Der Zuwachs allerdings wird bescheidener sein als früher. Aber von einer Gefährdung der Renten kann keine Rede sein. Die Probleme der Finanzierung sind zu lösen und werden gelöst. Der Vorwurf eines unmoralischen Verhaltens ist deshalb fehl am Platz. Wenn die Lösungen auf den Tisch kommen, wird sich zeigen, ob auch die Opposition bereit ist, nach der politischen Ethik des Kollegen von Weizsäcker zu handeln. Meine Damen und Herren, die Frage nach der Glaubwürdigkeit stellt sich, wie mir scheint, sehr viel mehr bei dem Kollegen Franz Josef Strauß. Er hat noch im September 1977 die Anwendung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes verlangt, ({9}) weil er einen zehnprozentigen Steuerabschlag im Interesse der Konjunktur für dringend geboten hielt. Er ließ die CDU/CSU-Fraktion am 5. September 1977 einen dahin gehenden Antrag stellen, der die Namen der Kollegen Dr. Kohl und Dr. Zimmermann trägt. Die CDU/CSU-Fraktion konnte ihn nur stellen, weil sie das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht als gestört ansah und weil die steuerliche Entlastungsmaßnahme zur Überwindung dieser Störung eingesetzt werden sollte. Die damals von der Opposition angeführten Tatbestände wirken bis heute fort. Sie sind allerdings noch durch die aus Dollarschwäche und daraus resultierender DM-Aufwertung entstandenen Exportprobleme verschärft worden. Bei ein und demselben Sachverhalt jetzt eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes zu bestreiten zeugt nun wahrlich von einer doppelten Moral. ({10}) Der Kollege Strauß wechselt seine Meinung aus rein taktischen Gründen; denn nur so kann er behaupten, die Bundesregierung verletze das Grundgesetz, weil die Kreditmittel die Investitionsausgaben übersteigen. Was bei der Forderung der Opposition nach dem Stabilitätsgesetz wirtschaftlich geboten und verfassungsrechtlich zulässig war, soll bei einer auf denselben Faktoren beruhenden Maßnahme der Bundesregierung verfassungswidrig und verabscheuungswürdig sein. Meine Damen und Herren, so kann man mit der Verfassung nicht umspringen, und die Opposition kann- nicht leichtfertig deshalb einen neuen Verfassungsbruch behaupten, weil ihr das so schön in den Kram ihres Argumentationskatalogs paßt. Es ist auch nicht sehr überzeugend, wenn die Haushaltssprecher der Opposition dies bedenkenlos nachahmen, obschon sie es besser wissen müßten. Offensichtlich wollen Teile der Opposition eine Art von Alleinvertretungsanspruch als Verfassungshüter reklamieren. ({11}) Mit derartigen Eskapaden, wie sie Franz Josef Strauß in Gang gesetzt hat, wird dies aber schwerlich gelingen. Ich anerkenne aber ausdrücklich, daß es in den Reihen der Opposition auch Stimmen gibt, die sich nicht durch ihre Oppositionsrolle den Blick für die Tatsachen verstellen lassen und die die Rechtslage deshalb auch nicht verbiegen. Ich kann nur hoffen, daß diese Geradlinigkeit und der Mut zu realistischer Betrachtungsweise in den Reihen der Opposition ansteckend wirken. Leider hat der Kollege Windelen in dieser Frage beigedreht. Dies muß ich seinen Ausführungen von heute vormittag entnehmen. ({12}) Er hat sich in dieser Frage dem Kollegen Strauß angepaßt. Der Druck war offensichtlich zu groß. ({13})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Windelen?

Hans Günter Hoppe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000955, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Verehrter Herr Kollege Windelen, ich komme auf Ihre Argumentation zurück, und ich hoffe, Sie werden meine Feststellungen als, wenn schon nicht aus Ihrer Sicht berechtigt, dann doch aus meiner Sicht durchaus vertretbar anerkennen. ({0}) Bei einem 10 %igen Konjunkturabschlag hätte doch der Steuerausfall etwa 16 Milliarden DM betragen. ({1}) Rund 12 Milliarden DM hat das jetzt beschlossene Steuerentlastungspaket gekostet. Es ist doch für jeden, und zwar auch ohne Taschenrechner, unschwer zu erkennen, daß bei der Oppositionslösung eine höhere Nettokreditaufnahme zwingend die Folge gewesen wäre. Der am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedete Jahreswirtschaftsbericht 1978 hat uns während der Beratungen den Datenkranz der Wirtschafts- und Finanzpolitik für 1978 rechtzeitig vor der Verabschiedung des Bundeshaushalts nachgeliefert. Wir sind darin in unserer Überzeugung bestätigt worden, daß dieser Haushalt in einer schwierigen Phase des strukturellen Umbruchs Impulse für die Konjunktur geben und daß er als Instrument einer antizyklischen Finanzpolitik eingesetzt werden muß. ({2}) Wir können der daraus resultierenden Verpflichtung nicht ausweichen, und wir sind bereit, die notwendigen Entscheidungen zu tragen, auch wenn dafür auf der Verschuldensseite ein hoher Preis gezahlt werden muß. Zu dieser expansiven Haushaltspolitik, zu der es bis zur Stunde keine Alternative gibt, bekennen wir uns. ({3}) Vor den Problemen der Zukunft wollen und dürfen wir die Augen aber nicht verschließen. Wir Freien Demokraten werden deshalb über diese Probleme auch dann sprechen, wenn es dem einen oder anderen nicht passen sollte. Meine Damen und Herren, die Zeit hoher Zuwachsraten geht zu Ende. Die Verschuldung muß eingedämmt werden. Die Lasten der Konjunktur müssen dem Haushalt abgenommen werden, und dazu sind die Kräfte unserer freien sozialen Marktwirtschaft aufgerufen. Die Tarifpartner können durch eine dem Ganzen verpflichtete Lohnpolitik diese Entwicklung entscheidend begünstigen. Jedenfalls muß die Konsolidierung der Staatsfinanzen energisch angepackt werden. Dies wird Bundesregierung und Parlament zu äußerster Selbstdisziplin zwingen. Auf vielen Gebieten werden wir kürzertreten müssen. Darin liegt allerdings auch ein heilsamer Aspekt. Mehr als bisher wird sich die Diskussion auf die Frage zuspitzen, wo und wie mit größtmöglichem Effekt Wachstumsfelder, die für die Zukunft unserer Volkswirtschaft ausschlaggebend sind, qualitativ gefördert werden können. Der Haushalt muß bei der Entwicklung zukunftsträchtiger Sektoren eine wichtige Rolle spielen, ohne in Konkurrenz mit der privaten Wirtschaft zu treten. ({4}) Der von der Bundesregierung vorgelegte Subventionsbericht mag uns diese Aufgabe erleichtern helfen. Jedenfalls sollte er zur Pflichtlektüre für alle werden, nicht nur für Haushaltspolitiker, sondern insbesondere für jene, die den Staat immer um neue Leistungen angehen. ({5}) Vielleicht gelingt es uns, aus der Not eine Tugend zu machen. Der in diesen Haushaltsberatungen immer wieder in den Vordergrund gerückte Gedanke „weniger Staat - mehr Eigeninitiative" hat fürwahr nicht nur Popularität verdient, sondern er sollte auch praktiziert werden. Die FDP wird sich diesem Ziel mit Engagement widmen. ({6}) In der Wirtschaftspolitik ist bei der Opposition kein durchlaufender Faden zu erkennen, weder ein roter noch ein schwarzer. Weil nach alter Tradition Interessengruppen gehätschelt und gepflegt werden, kommt ein in sich geschlossenes Konzept offenbar nicht zustande. Deshalb sind auch die Konsequenzen für die Haushaltspolitik so widerspruchsvoll. Während die einen die Defizite schlechthin in Acht und Bann tun, fordern die anderen gleichzeitig noch höhere Steuersenkungen. Aus dem Hü und Hott der Wirtschafts- und Finanzpolitik muß die Opposition erst noch herausfinden. Durchgreifende Einsparungsmöglichkeiten sieht sie offenbar selber nicht, denn über symbolhafte Kürzungsanträge ist sie in der Haushaltsberatung nicht hinausgekommen ({7}) Meine Damen und Herren, bei der etwas kopflosen Suche nach Positionen verfiel sie auch auf die Bundesbahn. Eine halbe Milliarde sollte bei den Investitionen gekürzt werden. Wie es hieß, sollte damit ein „Signal" gesetzt werden. Die Opposition hat damit nur erneut, wie mir scheint, ihre Widersprüchlichkeit signalisiert. Seit Jahr und Tag beklagen wir allesamt die desolaten Finanzen der Bundesbahn. ({8}) Eine Kürzung der Investitionsmittel ist aber wahrlich nicht dazu angetan, die Leistungsfähigkeit zu steigern. ({9}) Auch bei dem Antrag zur Erhöhung der Bundeshilfe für Berlin hat die Opposition ein weiteres Mal ihre Rösselsprungpolitik dokumentiert. Sie sagt ja zur Erhöhung, um Sich publikumswirksam in das Gruppenbild für Berlin einzureihen, aber die Dekkung dieser Mehrausgaben verweigert sie dann. Die vielgerühmte Solidarität für Berlin wird sofort wieder aufgegeben, wenn die Taktik das opportun erscheinen läßt. ({10}) Eine solche Halbherzigkeit ist bestimmt kein Musterbeispiel für glaubwürdige Politik, sondern sie zeugt von einem Mangel an Verantwortungsgefühl. ({11}) Mein Resümee: Die Opposition hat sich jeder Kooperation bei der Lösung der Haushaltsprobleme 1978 versagt. Das ist bedauerlich, aber für die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung nicht von Relevanz. Die hohe Fachkompetenz der Bundesregierung gerade auf dem hier diskutierten Gebiet der Finanz- und Wirtschaftspolitik ist in der internationalen und deutschen Öffentlichkeit unbestritten. Die Freien Demokraten wissen die Finanz- und Wirtschaftspolitik in guten Händen. Die Bundesregierung kann unserer nachdrücklichen Unterstützung sicher sein. ({12}) Da es bei haushaltspolitischen Debatten um mehr als nur um Fragen der Konjunktur und der Etatgestaltung geht, füge ich abschließend noch hinzu: Die Regierung Schmidt/Genscher hat auf allen wichtigen Feldern der Politik unter Beweis gestellt, daß sie auf ,die großen Herausforderungen unserer Zeit - dazu zählt die Friedenssicherung ebenso wie die Weltwirtschaftsrezession oder der länderüberschreitende Terrorismus - umsichtig und entschlossen zu reagieren versteht. Nicht zuletzt hat sie - das muß ich als Liberaler besonders unterstreichen - den Verlockungen und Drohungen der Opposition widerstanden, sich auf Grund terroristischer Anschläge in einen Wettlauf um Gesetzesänderungen hineinzusteigern. ({13}) Es muß noch einmal daran erinnert werden, daß manche Ratschläge doch kräftig über das Ziel hinausgeschossen sind, als wir von den kriminellen Gewalttaten heimgesucht wurden. ({14}) Inzwischen hat sich Besonnenheit eingestellt,. Es ist deshalb nur verständlich, daß der vom Generalsekretär der CDU gemachte Vorschlag, die Bundeswehr einzusetzen, schon längst in Vergessenheit geraten ist. Allzu bereitwillig wurde damals auch das fahrlässig gebrauchte Wort vom „Bürgerkrieg" weitergereicht. Die Angst wurde unnötig geschürt. Eigentlich muß aber doch jedem verantwortlich denkenden Politiker klar sein, daß genau darauf das Tun der Terroristen gerichtet ist. „Angst", so hat Carl Friedrich von Weizsäcker vor wenigen Tagen gesagt, „schließt die Augen. Handeln kann man nur mit offenen Augen." Das genau hat die Bundesregierung getan. Sie hat offenen Auges und vernunftbestimmt gehandelt - nicht nur in Mogadischu, auch in den Konsequenzen, die sie für die Arbeit der Polizei und der Justiz zog. Jedermann weiß, um was es hier geht. Wir werden in der ersten Sitzungswoche des Februar darüber abzustimmen haben. Unsere Regierung hat gerade in diesem Spannungsfeld von innerer Sicherung und Bewahrung der Rechtsstaatlichkeit Kraft und Disziplin bewiesen. Sie hat gezeigt, daß die Stärke des Staates und Liberalität sich gegenseitig bedingen. Freiheit gegen Terrorismus zu verteidigen verlangt nicht nur präzises und rechtmäßiges Handeln. Um noch einmal Carl Friedrich von Weizsäcker zu zitieren: „Wir verteidigen die Freiheit vor allem, indem wir sie gebrauchen." Denn „Freiheit ermöglicht Vernunft". ({15}) Auf diese Vernunft bauen wir Freien Demokraten. Wir wissen uns darin einig mit der Mehrheit unserer Bürger. ({16})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Apel.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesen Tagen gibt das Ifo-Institut in München der Finanzpolitik von Bund, Ländern und Gemeinden einige Fragen auf. Sie haben darüber sicher in den Zeitungen dieser Tage gelesen. Allerdings ist die Zielrichtung eine ganz andere als die der Fragestellungen, die hier von der Opposition in die Debatte eingebracht worden sind. Denn das Ifo-Institut sagt, die expansive Ausgabenpolitik der öffentlichen Hände sei dringend notwendig. Es kritisiert im übrigen im nachhinein - was für Wirtschaftsforscher relativ einfach ist - die Konsolidierungsbemühungen und auch die Konsolidierungserfolge des Haushaltsjahrs 1977. Ich habe diesen Äußerungen des Ifo-Instituts allerdings eine Bemerkung hinzuzufügen. Denn die in diesen Äußerungen enthaltene Kritik richtet sich nur sehr bedingt an die Bundesfinanzen. Schließlich war der deutliche Wirtschaftsaufschwung des Jahres 1976 auch die Konsequenz eines massiven Konjunkturanstoßes über öffentliche Investitionsprogramme und der in 1975 wirksam gewordenen Lohn- und Einkommensteuerreform. Im übrigen hat die Haushaltskonsolidierung 1977 tatsächlich stattgefunden - aber wiederum nicht beim Bund. Ich habe in dieser Debatte schon einmal darauf hingewiesen: Noch zur Mitte des Jahres 1977 haben die Länder und die Gemeinden 25 Milliarden Nettokreditaufnahme als notwendig bezeichnet, um ihre Haushalte zu finanzieren. Sie sind, wie wir heute wissen, mit 10 Milliarden Nettokreditaufnahme ausgekommen. Hier ist ein Kontraktionseffekt ausgelöst worden, der den Wirtschaftsaufschwung des Jahres 1977 zweifellos mit abgebremst hat. Die Bundesfinanzen haben, wie wir dem Haushaltsabschluß 1977 entnehmen können, nicht nur auf der Ausgabenseite das losgeschlagen, das ausgegeben, das investiert, was wir uns vorgenommen hatten. Wir sind sogar wegen des 1977 wirksam werdenden vervierfachten Weihnachtsfreibetrags mit 1 Milliarde DM Nettokreditaufnahme mehr zur Kasse gebeten worden. Herr Kollege Windelen, in Ihrer Rede, die sich, das möchte ich Ihnen gern bescheinigen, durch große Sachlichkeit ausgezeichnet und sich deswegen für mich so wohltuend von anderen Beiträgen aus Ihrer Fraktion abgehoben hat, haben Sie gesagt, ich hätte in der Debatte die Bundesländer mit dem Art. 106 GG bedroht. Von „Bedrohen" kann überhaupt nicht die Rede sein. Aber wenn unser Grundgesetz sagt, daß Bund, Länder und Gemeinden in gleichem Maß Anspruch auf Deckung ihrer Finanzbedürfnisse, Anspruch auf die Steuern, Verwaltungseinnahmen und, Gebühren dieses Bundesstaats haben, und wenn der Bund 1977 nur 87 % seiner Ausgaben über diese normalen Einnahmen decken konnte, die Länder 96 % und die Gemeinden 97 %, ist diese Grundgesetzbestimmung augenscheinlich verletzt. Sie haben hinzugefügt, der Bundeskanzler habe doch den Ländern dies gegeben. Ich habe an den Verhandlungen teilgenommen. Diese Verhandlungen sind .eine unwürdige Veranstaltung für jedermann, weil sie schließlich mit einem Kuhhandel zwischen Bund und Ländern enden und das Ergebnis ein uns abgetrotztes ist. Was ich mir in diesem Zusammenhang wünsche, ist, daß wir auf Grund der Vorschläge des Herrn Bundeskanzlers für 1978, wenn wir aufs neue verhandeln müssen, zu objektivierten Formen der Verteilung der Steuermasse kommen. ({0}) Es kann doch nicht im Interesse aller Beteiligten sein, die zu kurze Finanzdecke sich gegenseitig wegzureißen. Lassen Sie mich noch kurz auf die Bemerkungen des Ifo-Institutes zu dieser Haushaltsdebatte zurückkommen, die in diesen Tagen in der Presse standen. Das Ifo-Institut erwartet mit unseren Maßnahmen, die jetzt laufen - Steuererleichterungen, Ausgabensteigerungen, öffentliche Investitionsprogramme -, einen Nachfrageeffekt in 1978 von rund 20 Milliarden DM. Dieses sind mehr als eineinhalb Prozentpunkte des Bruttosozialprodukts. Damit wird also in der Tat ein Konjunkturstoß ausgelöst, der seine Wirksamkeit haben wird. Die Forscher aus München bescheinigen uns im übrigen auch, daß die Strukturen dieses Programmes - kostenmäßige Entlastung der Unternehmen auf der Steuerseite, erhöhte Kaufkraft für die privaten Haushalte, öffentliche Investitionen, öffentliche Mehrausgaben -- richtig zugeordnet sind. Allerdings stellen sie die Frage, ob die Dosierung ausreicht. Es wird also deutlich, daß einzelne Wirtschaftsforscher sehr wohl der Meinung sind, wir sollten noch mehr tun. Ich werde darauf noch zurückkommen. Wesentlich scheint mir aber folgendes zu sein. Wenn in 1977 und in 1978 11 Milliarden DM öffentliche Investitionen aus dem Zusatzinvestitionsprogramm in Auftrag gehen, dann muß es unsere gemeinsame Sorge sein, daß nicht einfach durch Buchungsvorgänge Milliarden, die der Bund bereitstellt, von den Ländern eingesetzt werden, aber dafür an anderer Stelle eingespart wird. ({1}) Die Länder müssen voll mitziehen; sie müssen ihre Haushaltsspielräume voll ausnutzen. Das ist auch die Sorge des Ifo-Institutes. Die Konsequenz dieser Politik sind hohe Haushaltsdefizite. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere wichtigsten westlichen Handelspartner gehen genau den gleichen Weg. Das Defizit des amerikanischen Bundeshaushalts - nur des amerikanischen Bundeshaushalts - beläuft sich in diesem und im nächsten Jahr auf die Größenordnung von jeweils 130 Milliarden DM. Die japanische Regierung hat ebenfalls ein sehr expansives Ausgabenprogramm verkündet. Das japanische Haushaltsdefizit wird rund 85 Milliarden DM betragen. Vor diesem Hintergrund - 130 Milliarden DM Defizit beim Bundeshaushalt der USA, 85 Milliarden DM Defizit beim japanischen Haushalt - wird das Problem, das wir zweifelsohne haben - und darüber werde ich noch zu sprechen haben -, relativiert. In jedem Fall wird hier deutlich, daß eine Anstrengung der sogenannten Wachstumslokomotiven der größten Industrienationen der westlichen Welt - derer, die sozial und ökonomisch und finanzpolitisch intakt sind - gefordert ist und gefordert bleibt. ({2}) Im übrigen: Wenn wir den Schuldenstand international vergleichen - ich habe mir eben noch einmal die Unterlagen der OECD dazu angeschaut -, dann stellen wir doch trotz allem fest, daß von den größeren Industrienationen nur Frankreich eine geringere Schuldenlast als die Bundesrepublik Deutschland trägt. Das erklärt sich natürlich aus der zentralstaatlichen Organisation jenes Landes, in der man in einer ganz anderen Art und Weise staatliche Ausgaben und Einnahmen orientieren kann. Man hat nicht die Probleme einer Föderation, bei der Ausgaben und Einnahmen immer mehr im Halbdunkel föderaler Mischfinanzierung und föderaler Zustimmungsnotwendigkeiten versinken. ({3}) Ich meine, wir leisten mit unserem expansiven Haushalt einen entscheidenden Beitrag dafür, daß die wirtschaftliche Entwicklung in 1978 wieder in Schwung kommt. ({4}) Es ist aber wesentlich - der Herr Bundeskanzler hat darauf in seiner Regierungserklärung schon hingewiesen -, daß viele andere westliche Industrienationen mitziehen. Natürlich können die Bundesrepublik, Japan und die USA allein die weltweite Rezession nicht überwinden und erneut die Marschgeschwindigkeit der Konjunktur erhöhen. Im übrigen können auch viele unserer Partnerländer mit gasgeben und expansiv werden, weil sie Gott sei Dank im Bereich ihrer Zahlungsbilanzen und auch bei den Bemühungen um Preisstabilisierung Erfolge gehabt haben. Viele Lohnsteuerzahler haben bereits zu Weihnachten und jetzt am Beginn des Jahres festgestellt, daß die Steuersenkungen ihnen erhebliche Vorteile gebracht haben. Nun sagen Sie, Herr Windelen, diese Steuervorteile hätten die Bürger der Opposition zu verdanken. ({5}) Da muß ich Sie 'an die Debatten hier im Deutschen Bundestag erinnern. Es waren Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die die Erhöhung des Kindergeldes abgelehnt haben. ({6}) - Ich bitte Sie, ich habe das im Protokoll des Deutschen Bundestages nachprüfen lassen; ich kann Ihnen sogar die Abstimmungsergebnisse geben. Es waren Sie, die die Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge hier im Deutschen Bundestag abgelehnt haben. Sie haben sogar die Vermögensteuersenkung abgelehnt. War das richtig, oder war das falsch? ({7}) - Ich werde noch einen zweiten Punkt hinzufügen, damit Herr Häfele eine noch rundere Frage stellen kann. Ist es falsch, daß Sie in namentlicher Abstimmung auch das zweite Steuerpaket hier im Deutschen Bundestag abgelehnt haben, das die Erhöhung des Weihnachtsfreibetrags und die Erhöhung des Grundfreibetrags vorsah? Sie werden hinzufügen: Ja, aber im Vermittlungsausschuß hat man sich geeinigt. Das stimmt, aber die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat hier alles abgelehnt. ({8})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Minister, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Ja.

Dr. Hansjörg Häfele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000774, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Finanzminister Apel, ist Ihnen bekannt, daß Sie noch im Juli letzten Jahres öffentlich erklärt haben, daß frühestens 1980 Steuererleichterungen kommen dürften, und Sie die Steuererleichterungen erst auf Grund der Initiativen der CDU/CSU notgedrungen mittragen mußten? ({0})

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Herr Häfele, ich kann verstehen, daß Sie, mit meinen Bernerkungen in Verlegenheit gebracht, nun versuchen, mich in Verlegenheit zu bringen; das ist ganz normal. ({0}) Ich habe Sie in Verlegenheit gebracht, ich habe Ihnen vorgeführt, wie Sie sich verhalten haben, und nun wollen Sie mich durch Ihre Frage in Verlegenheit bringen. Nun will ich Ihnen dazu meine Bernerkungen machen. Ich stütze mich dabei auf die Ausführungen meines, Fraktionskollegen Lothar Löffler. In der Tat habe ich die von Ihnen angeführten Äußerungen gemacht. ({1}) - Was heißt „also"? Es ist doch dann über den Sommer etwas passiert, was uns zum Handeln veranlaßt hat. Das ist der entscheidende Punkt! ({2}) Der Herr Bundeskanzler hat auf der Gipfelkonferenz im Mai in London zugesagt, daß dieses Land konjunkturell nachsteuern wird, wenn die Wachstumsraten nicht in Ordnung sind. Deswegen haben wir im August und im September nachgesteuert. ({3}) - Aber Herr Kollege Häfele, wenn Sie mir nun vorwerfen wollen, daß ich in meiner nun bald vierjährigen Amtszeit als Finanzminister auch meine Meinung gewechselt habe, so gebe ich Ihnen das zu; aber es ist die Aufgabe von Finanzpolitik, daß sie sich neuen Gegebenheiten anpaßt. So ist das eben. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Ja.

Dr. Hansjörg Häfele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000774, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Finanzminister, wenn Sie jetzt Ihre Meinungsänderung auf die Gipfelkonferenz vom Mai zurückführen, wie kann es dann sein, daß Sie im Juli gesagt haben, daß vor 1980 keine Steuererleichterungen kämen? ({0})

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

. Ich habe Ihnen das soeben erklärt: Ich habe in dem Moment die Meinung geändert, als deutlich wurde, daß wir die Wachstumsziele des Jahres 1977 nicht erreichen würden. Lassen Sie mich an diesem Punkte auf ein zweites Argument des Kollegen Windelen eingehen, Herr Kollege Windelen: „Sie haben die wachsende Abgabenlast geplant." Aber auch hier bitte ich doch sehr darum, daß wir die Dinge differenzierter sehen. Sie werden nicht bestreiten können, daß die sogenannte Steuerlastquote über 25 Jahre - von 1952 bis heute - in etwa unverändert geblieben ist mit dem schlimmen Problem innerhalb der Gesamtsteuerbelastung, daß die indirekte Besteuerung abnimmt und die direkte und die Lohnsteuerbelastung zunimmt. Dieses Problem sehen wir. Deswegen sind wir auch der Meinung, daß es richtig war, die Mehrwertsteuer um einen Punkt zu erhöhen und die Erträge voll zurückzugeben. Wir müssen also nuancierter argumentieren. Da sage ich Ihnen - und dieses ist zugegeben -, daß das Problem, das die Abzüge der Arbeitnehmer betrifft, die sogenannte Sozialbeitragsquote ist. Die ist in der Tat in 25 Jahren deutscher Staatlichkeit stark gestiegen. Aber da muß ich auf eine Bemerkung von Graf Lambsdorff zurückkommen. Ist es denn nicht so, daß diese Steigerung der Sozialbeitragsquote auf eine Anhebung der Rentenversicherungsbeiträge von 14 auf 18 % zurückzuführen ist? Schlägt sich hier nicht auch die EinfühBundesminister Dr. Apel rung der Lohnfortzahlung und mancher anderer Maßnahmen der Großen, Koalition nieder? Wollen wir uns eigentlich im nachhinein dieses gemeinsam Beschlossene madig machen? War es nicht richtig, damals diesen Schritt unter Herrn Bundeskanzler Kiesinger zur Ausweitung des Netzes sozialer Sicherheit zu tun? Wo stünden wir heute eigentlich, wenn wir dieses alles nicht gemacht hätten? ({0}) Was soll denn dann diese Argumentation? Bekennen wir uns zur gemeinsamen Verantwortung in der Großen Koalition und seien wir doch auch heute noch ein bißchen stolz darauf, daß wir dieses so gemacht haben, weil wir dieses soziale Netz in dieser Rezession heute so dringend brauchen! Ich bitte Sie wirklich um etwas mehr Sachlichkeit. ({1}) Im übrigen, wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute sagen - ich habe das bei Ihnen, Herr Windelen, herausgehört -, Sie wollten demnächst zu weiteren Steuersenkungen kommen, im wesentlichen, um die Erträge zu entlasten - das heißt, Sie wollen die Wirtschaft steuerlich weiter entlasten -, dann können Sie doch nicht im gleichen Atemzug die Rückseite der Medaille, nämlich die mit Steuersenkungen natürlich steigenden, höheren Defizite, beklagen. Auch hier können wir doch nicht so argumentieren, als sei von irgend jemandem von uns der Dukatenesel erfunden. Weder Sie als Vorsitzender des Haushaltsausschusses noch ich können eine Mark zweimal ausgeben. Und pauschal Ausgabenkürzungen zu fordern führt in der Sache doch nicht weiter. Herr Windelen, Sie haben gesagt, die Investitionshemmnisse seien so groß, die Verbürokratisierung bedrücke unsere Wirtschaft. Sie haben gesagt, wir sollten nun endlich etwas tun. Hochverehrter Herr Kollege, wissen Sie denn nicht, daß wir in einem föderalen Staat leben? Wissen Sie nicht, daß die Gemeindeparlamente, die Kreisparlamente, die Länderparlamente in einem unvergleichlich höheren Maße Einfluß auf das nehmen, was Sie Verbürokratisierung der Wirtschaft und des Wirtschaftslebens nennen? Wissen Sie das nicht? Kennen Sie nicht eine Niederschrift der letzten Sitzung der Wohnungsbauminister von Bund und Ländern? Herr Ravens hat sie mir freundlicherweise gegeben. Dort steht, daß nach eingehender Beratung die Ministerkonferenz - und da sitzen die CDU- und die CSU- und die FDP- und die SPD-Minister zusammen - einen langen Katalog beschlossen hat, was alles geschehen soll. In zwei Punkten wendet man sich an den Bund. In insgesamt neun Punkten wendet man sich an die Länder, ({2}) fordert man sich selbst auf, die den Bau - den Wirtschaftsbau, den privaten Bau - behindernden Investitionshemmnisse abzubauen. Nehmen wir also auch dieses, bitte, aus der polemischen Auseinandersetzung heraus, klopfen uns alle selber an die Brust und sagen, da ist wohl manches des Guten zuviel getan, und richten unsere Blicke auf unsere eigenen Landesparlamente und Landesregierungen! ({3}) Was soll denn dieser Schlagabtausch! Ich möchte gern noch einmal auf das Problem der zu hohen Defizite - Art. 115 GG - zurückkommen. Graf Lambsdorff wird morgen früh für 14 Tage in die USA fliegen. Er wird dort eine Reihe wichtiger Gespräche führen. Wenn Sie heute morgen aufmerksam die „Süddeutsche Zeitung" gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, daß darin ein Korrespondent dieser Zeitung, Herr von Borch, Herrn Graf Lambsdorff ankündigt, was ihn dort erwartet. Im übrigen konnten wir dies heute morgen bereits in den Nachrichten hören. Das amerikanische Handelsministerium hat uns in einer Studie gesagt, man erwarte von uns ein Mehr an konjunkturellen Anstrengungen, ein Mehr an öffentlichen Ausgaben, ein Mehr auch an Steuersenkungen. Ich sage Ihnen: Wir werden uns im Bundeskabinett und in der Koalition derzeit weiteren Anstrengungen widersetzen, weil wir der Meinung sind, daß das Volumen von 20 Milliarden DM Nachfragestützung, welches das Ifo-Institut ausgerechnet hat, reichen sollte. Aber wir können hier doch nicht immer wieder mit gezinkten Karten argumentieren. Wir müssen begreifen, daß wir auch weltweit unter einem großen Druck stehen, daß von uns eben mehr verlangt wird. ({4}) Im übrigen sind wir der Meinung, daß die Zeichen gesetzt sind. Die öffentlichen Investitionen laufen gut. Die Haushalte werden expansiv gefahren. Steuersenkungen sind beschlossen. Das Zinsniveau ist so niedrig wie seit 20 Jahren nicht mehr. Wenn jetzt die Tarifvertragsparteien ihre Verantwortung übernehmen und wir den Welthandel in Ordnung halten, sind die Dinge gut geordnet. Nun fragen sich natürlich viele Bürger draußen - nicht nur einäugig demagogisch wie hier im Hause -, ob das Defizit des Bundes nicht dennoch zu hoch ist. Ich glaube, wir müssen uns hier an Zahlen orientieren. Im Jahre 1976 haben die privaten Haushalte mehr als 100 Milliarden DM zusätzlich zu dem bereits vorhandenen Sparvolumen von 850 Milliarden DM gespart. Das Sparvolumen der Privaten hat inzwischen sicher längst die 1 000-Milliarden-DM-Grenze überschritten. Ist es nicht vernünftig, wenn sich in einer Zeit schwieriger Konjunktur die öffentlichen Hände von diesen 100 Milliarden DM Ersparnissen der privaten Haushalte - die Gesamtvolkswirtschaft hat sogar 150 Milliarden DM gespart - einen Teil nehmen, um damit die Aufgaben zu finanzieren, die im Interesse der Konjunkturankurbelung nur so finanziert werden können? Ich füge hinzu: Wo wäre denn eigentlich heute die Konjunktur, wenn wir diesen Weg nicht gegangen wären! ({5}) Im übrigen: Woher kommen denn diese unglaublichen neuen Sparvolumina von 100 Milliarden DM der privaten Haushalte in einem Jahr, wenn nicht trotz des Geredes der Opposition ein berechtigterweise so hohes Maß an Vertrauen in die Stabilität unserer Währung heute und in der Zukunft gegeben wäre! Wenn es anders wäre, wie käme es denn dann, daß die Anleger in die Deutsche Mark drängen, obwohl die Zinsen bei uns so niedrig sind, und dadurch die Aufwärtsbewegung der Deutschen Mark weiter verstärken! ({6}) Ich halte im übrigen auch für die Zukunft nichts davon, daß der Staat all seine Ausgaben über Steuereinnahmen finanziert. Es ist für den Bürger besser, wenn er nicht nur zwangsspart über Steuern, sondern wenn der Staat einen Teil seiner Ausgaben auch über Bundesschatzbriefe und andere Wertpapiere finanziert, anständig verzinst und später zurückzahlt. Ich möchte mit einer demagogischen Bemerkung aufräumen, die in dieser Debatte immer wieder eine Rolle gespielt hat, nämlich mit der Bemerkung, wir finanzierten über die Nettokreditaufnahme nicht nur Investitionen für die Zukunft - Straßen, Küstenschutz, Wohnungsbau, regionale Wirtschaftsförderung, Universitäten und vieles andere mehr -, sondern auch laufende Ausgaben. Dies ist falsch. Meine Damen und Herren, von 1970 bis 1974 hat der Bund 80 % seiner Investitionen aus Steuereinnahmen und nur 20 % aus Nettokreditaufnahme finanziert. Das war im übrigen dieselbe Zeit, in der wir zwar - zugegeben, Herr Windelen - 9 Milliarden DM Nettokreditaufnahme gemacht, aber 6,1 Milliarden DM Rücklagen gebildet haben; es war eine Zeit, in der wir im Saldo weitgehend ohne Nettokreditaufnahme ausgekommen sind. Und nun kommen die eigentlich erstaunlichen Zahlen: Selbst in den Rezessionsjahren 1975, 1976 und 1977 hat die Nettokreditaufnahme des Bundes nur um ganze 4 Milliarden DM - um ganze 4 Milliarden DM! - über den Summen gelegen, die wir für öffentliche Investitionen ausgegeben haben. Es ist also demagogisch, es ist falsch, wenn gesagt wird, wir finanzierten über unsere Nettokreditaufnahme etwas anderes als öffentliche Investitionen. Wir finanzieren damit selbst in der Rezession kaum etwas anderes - ganze 4 Milliarden, das sind Promillewerte der jeweiligen Bundeshaushalte. ({7}) Lassen Sie mich einige Bemerkungen zur Sparsamkeit machen. Die Opposition hat auf Bemerkungen meiner beiden Vorredner aus der Koalition geantwortet, sie habe hier keine zusätzlichen Anträge gestellt. Nein, dies nicht; Sie verfolgen eine andere Strategie. Sie äußern sehr nachdrücklich Forderungen, scheuen allerdings - das gebe ich zu - vor Anträgen zurück, aber draußen entsteht natürlich der Eindruck, als wolle und könne die Opposition mehr machen, mehr machen für die regionale Wirtschaftsförderung, mehr machen für die jungen Witwen in der Landwirtschaft, mehr machen für die Kriegsopfer, mehr machen für die 131 er; natürlich wäre bei Ihnen auch das Bundesausbildungsförderungsgesetz besser ausgefallen, und gestern, meine sehr verehrten Damen und Herren, forderten Sie doch in der Debatte über den Einzelplan des Ministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit erneut einen ganzen Katalog von zusätzlichen Maßnahmen, ({8}) vom Erziehungsgeld über die Einführung von Kinderfreibeträgen - da gibt es sogar einen Gesetzentwurf des Freistaates Bayern - bis hin zu der Frage, ob man das Kindergeld nicht noch mehr steigern könnte. ({9}) , Ich sage dazu folgendes: Es ist jetzt sicherlich nicht die Zeit, neue massive Ausgabenprogramme zu verkünden, aber es ist auch nicht die Zeit, massiv zu sparen. ({10}) Die Haushaltskonsolidierung muß wieder ihren Stellenwert bekommen, aber erst dann, wenn wir auf den sonnigen Seiten der Konjunktur sind. Wer jetzt spart, spart die Aufschwungsmöglichkeiten des Jahres 1978 kaputt. ({11}) Im übrigen werden wir uns dieser Aufgabe der Haushaltskonsolidierung stellen. Wir sind doch - sehr zum Arger auch mancher sozialliberalen Wähler - mit Steuererhöhungsankündigungen in den Wahlkampf gegangen. Wir haben hier viele Sparmaßnahmen gegen Ihren entschiedenen Widerstand beschlossen; ich denke an die Debatte über das Haushaltsstrukturgesetz. Nur, der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist eben der folgende: Wir tragen die Verantwortung, wir müssen Mut zu unpopulären Entscheidungen haben. Unpopulär ist natürlich in der Sicht vieler Bürger auch dieses hohe Defizit; nur muß es sein, wir würden sonst Brüningsche Politik machen und diese Republik möglicherweise in eine tiefgreifende wirtschafts- und gesellschaftspolitische Krise stürzen. Dies wollen wir nicht! ({12}) Insofern ist natürlich nach dieser Debatte viel mehr als Panikmache um dieses Defizit herum, viel mehr als der Versuch, unsere erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik zu diskreditieren, nicht übriggeblieben. Nun werfe ich das der Opposition nicht vor. Die Opposition ist Herr ihrer eigenen politischen Strategie. Wenn sie es für richtig hält, so zu argumentieren, dann ist dies ihr gutes Recht. Nur, der Erfolg wird sich dabei nicht einstellen. Denn die Wähler sind nicht so töricht, als daß die Opposition sie glauben machen könnte, man könne steuerliche Erleichterungen versprechen, zugesicherte Leistungen garantieren und gleichzeitig das Haushaltsdefizit rigoros kürzen. Wenn das aber so ist, dann verstehe ich eigentlich auch, warum die Opposition ihre eigenen intellektuellen Unstimmigkeiten, ihre finanzpolitische Unfähigkeit mit einer Flut von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen überdeckt. Nur, hier muß ich eigentlich fragen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Was bringt es eigentlich, wenn die Vertreter der Opposition die Bundesregierung und ihre Redner mit einer ganzen Lawine von beleidigenden Ausdrücken, wie „infam", „schamlos", „Lüge", „Betrug", „täuschen" überschütten? ({13}) In einer einzigen Rede von 25 Minuten hat mir ein einzelner Oppositionsredner 27 Zwischenrufe dieser Art gemacht. Das ist Ihre Politik. Aber sie richtet sich selbst, meine sehr verehrten Damen und Herren. ({14}) Ich kann mich im übrigen noch sehr genau daran erinnern - es war zu der Zeit, als ich anfing, mich politisch zu interessieren -, ({15}) welcher Aufstand in unserem Lande ausbrach, als der damalige Oppositionsführer Kurt Schumacher in begreiflicher Erregung von einem „Kanzler der Alliierten" sprach. Die Sitzung des Bundestages wurde unterbrochen, der Ältestenrat wurde einberufen, es wurden langwierige Prozeduren beschlossen; am Ende kam es zu einer Versöhnung. Heute kann man hier ohne Ordnungsruf, ohne irgendeine sichtbare Reaktion vom Bruch des Amtseids durch den Bundeskanzler reden. ({16}) Diese Verrohung der Sitten ist unglaublich, ({17}) und ich möchte wirklich fragen, wem das eigentlich nützt, wohin es eigentlich führen soll, wenn auf diese Art und Weise die Solidarität der Demokraten untereinander erschüttert werden soll. Wir erreichen damit doch nur, daß wir den Gegnern unserer Rechtsordnung in die Hände spielen. ({18}) Wollen wir uns eigentlich weiter so benehmen? Können wir uns dann wundern, wenn sich viele, insbesondere Jugendliche, kopfschüttelnd von dieser Republik und ihren Repräsentanten abwenden? Wollen wir denn eigentlich niemals aus den Erfahrungen der Weimarer Republik lernen? ({19}) Ich bin dafür, daß wir glashart zur Sache debattieren. Dieses Parlament ist kein Mädchenpensionat. Aber fehlende politische Alternativen dürfen nicht durch Verbalinjurien ersetzt werden. ({20}) Das ist doch die Konsequenz dieser Debatte. In der Haushaltspolitik, in der Steuerpolitik, in der Wirtschaftspolitik, in der Gesellschaftspolitik haben sich trotz der Schärfe der Worte und der Länge der Debatten Alternativen der Opposition nicht ergeben. Die Opposition will die Macht in diesem Lande erringen. Aber ich frage Sie, meine Damen und Herren: wozu denn eigentlich? Was wollen Sie denn mit dieser Macht tun? Sie haben doch nicht eine einzige Perspektive aufgezeigt, wie Sie besser mit den Problemen unseres Landes fertig werden wollen? ({21}) Ich finde das um so bedauerlicher, als doch eigentlich die politischen Kräfte in diesem Lande in ihrem Grundkonsens sehr viel näher beieinanderliegen, als wir bereit sind zuzugeben. Werfen Sie doch einmal einen Blick über die Grenzen unseres Vaterlandes, wie es anderswo aussieht! Hier sind doch alle politischen Kräfte im Gundkonsens einer Meinung, daß sie unsere Wirtschaftsordnung wollen und weiterentwickeln wollen. Hier sind wir doch alle gegen den Klassenkampf und für die soziale Partnerschaft, auch wenn uns natürlich die Klage der Arbeitgeberverbände gegen die Mitbestimmung große Sorgen für die Zukunft dieser sozialen Partnerschaft macht. ({22}) Wir sind doch alle durch die Zwänge der Außenpolitik, durch unsere geographische Lage, durch die Zwangsläufigkeiten eines total verlorenen Krieges in politische Zwangsläufigkeiten eingebunden. Auch hier könnten wir doch den Mut haben, mehr Gemeinsamkeit sichtbar zu machen. Das sind die drängenden Fragen, meine Damen und Herren, die ich mir als Parlamentarier am Ende dieser Debatte stelle, drängende Fragen an die Oppostion, was denn eigentlich dieser schneidende, personenverletzende Ton soll, wem dies eigentlich nutzt, meine sehr verehrten Damen und Herren. ({23}) Mit diesen meinen Bemerkungen beschließe ich als Finanzminister nun zum fünftenmal eine zweite und dritte Lesung eines Bundeshaushalts. Der Kollege Löffler und der Kollege Hoppe haben bereits darauf aufmerksam gemacht, daß im Haushaltsausschuß die Beratungen in einer guten und sachlichen Atmosphäre stattgefunden haben. ({24}) Es hat im übrigen von der Opposition nur in bescheidenem Maße Änderungsanträge gegeben. Damit hat der Haushaltsausschuß grosso modo die Grundlinie des Konzepts der Bundesregierung bestätigt. Im übrigen möchte ich mich ausdrücklich dafür bedanken, daß die Abgeordneten Windelen und Haase in einer Presseerklärung in einer sehr nuancierten, die Position der Opposition dennoch deutlich machenden Weise zu diesem Haushaltsabschluß Stellung genommen haben. Sie, Herr Kollege Windelen, haben dann am 2. Dezember 1977, also vor anderthalb Monaten, im Deutschland-Union-Dienst folgendes erklärt - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -: Sie - die Verschuldung des Bundes wird über der bisherigen Höchstmarke des Rezessionsjahres 1975 - das ist nicht ganz exakt, aber das spielt keine Rolle und auch erneut über der Verschuldungsobergrenze des Artikels 115 des Grundgesetzes liegen. Nun kommt der entscheidende Satz: Angesichts der düsteren Aussichten für den Arbeitsmarkt mag man diese Verschuldung für ein einzelnes Jahr, - und wir entscheiden ja nur für ein einzelnes Jahr rein gesamtwirtschaftlich betrachtet, als vertretbar ansehen. Wenn dies aber so ist, wenn Sie am 2. Dezember sagen, für dieses Jahr 1978 - und nur dieses Jahr steht heute zur Entscheidung an - können wir, die Opposition, Art. 115 in seiner Ausnahmeregelung akzeptieren, wie können Sie dann erneut von Verfassungsbruch reden? Sind Sie so unter dem Druck der Argumentation des Herrn Dr. Strauß, daß Sie vom 2. Dezember bis heute Ihre Argumentation so sehr ändern müssen? Ich würde das bedauern. ({25})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Haase? - Bitte!

Lothar Haase (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, sehen Sie denn nicht unsere Besorgnisse, die hinter unserer Argumentation stehen, daß wir angesichts der langfristig anhaltenden Arbeitslosigkeit, die von allen prognostiziert wird, befürchten, daß diese Ausnahmeerscheinung, von der Herr Windelen sprach, sich zu einer Dauereinrichtung ausweitet? Das sind unsere Befürchtungen, denen wir damit Ausdruck verleihen wollen.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Herr Haase, wenn Herr Dr. Strauß am Dienstag so argumentiert hätte, hätten wir mit ihm keine Probleme gehabt. Er hat uns aber gesagt, daß mit diesem Haushalt der Verfassungsbruch gegeben sei. ({0}) Dies - dies wird ja deutlich durch Ihre Zwischenfrage und das von mir vorgelesene Zitat des Herrn Abgeordneten Windelen - ist eben die Meinungsverschiedenheit zwischen Ihnen beiden und Herrn Dr. Strauß. Ich nehme das mit Vergnügen und mit Freude wegen der intellektuellen Redlichkeit, die dahintersteht, zur Kenntnis. ({1}) Ich meine, wir sollten die Haushaltsberatungen herausziehen aus den dauernden Versuchen, einen Skandal an den anderen zu kleistern. Darum geht es doch nicht. Es geht hier um das Schicksalsbuch der Nation. ({2}) - Das ist Ihre Politik. Sie wollen nicht über Politik reden, sondern Sie wollen hier über Skandälchen reden, die Sie zu einem hohen Maße selbst produzieren, meine sehr verehrten Damen und Herren. ({3}) Die Bemerkung von Herrn Kollegen Haase gibt mir ausdrücklich ein Stichwort. Glauben Sie eigentlich, daß sich der Bundesfinanzminister keine Sorgen für die, Zukunft macht? Glauben Sie, daß der Bundesfinanzminister leichten Herzens in die Zukunft schaut, wo er doch weiß, daß am Ende die Finanzpolitik durch aktives Handeln wie durch passive Konsequenzen die Konsequenzen einer anhaltenden Rezession zu tragen hat? Wer wollte eigentlich diese meine Sorgen leugnen? Auch in den nächsten Jahren wird unsere Finanzpolitik eine Gratwanderung sein zwischen wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten auf der einen Seite, damit der Notwendigkeit, zur Konjunkturstabilisierung beizutragen, und zur Konsolidierung aller öffentlichen Haushalte auf der anderen Seite. Dies verlangt Augenmaß und Mut, nicht aber Demagogie und Panikmache. Sie verlangt auch ein Mindestmaß an Zusammenarbeit und politischem Miteinander im Bundesstaat - Bund, Länder - und damit politische Fairneß, aber nicht undemokratisches Feindverhalten. Meine Damen und Herren, in wenigen Monaten werden wir den Bundeshaushalt 1979 hier im Bundestag in der ersten Lesung haben. Ich sage Ihnen zu, daß Sie den Bundeshaushalt 1979 rechtzeitig erhalten werden. Das Bundeskabinett steht zu Ihrer Verfügung. Wenn Sie wollen, können Sie die erste Lesung auch bereits im Juni dieses Jahres haben. Ich würde es allerdings als klüger erachten, wenn das Bundeskabinett - so habe ich es wohl auch mit dem Ausschußvorsitzenden abgesprochen - vor der parlamentarischen Sommerpause beschließt und wir sofort nach der parlamentarischen Sommerpause in der ersten oder zweiten Sitzungswoche im September, wie sich das dann jeweils ergibt, hier die erste Lesung haben. Ich hoffe nur, daß wir alle - ich will mich in diese Selbstkritik gerne mit einbeziehen - aus dieser Debatte der letzten Tage etwas lernen, daß wir sehen, daß es in der Tat darauf ankommt, zur Sache zu reden, Beleidigungen zu vermeiden und daran zu erinnern, daß wir alle politisch in einem Boot sitzen und dieses Boot zu steuern haben: die Bundesrepublik Deutschland. Unser Bundeshaushalt 1978 ist konjunkturpolitisch richtig getrimmt. Dies sagen uns alle Sachverständigen. Er verarbeitet die steuerlichen Erleichterungen, die wir gemeinsam beschlossen haben. Er sichert das Niveau der sozialen Leistungen ab und gibt unserer Republik die Mittel, um Sicherheit nach innen und außen zu garantieren und um unseren Verpflichtungen im Rahmen der Völkergemeinschaft nachzukommen. Zu diesem Ergebnis haben alle beigetragen: der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, der Abgeordnete Windelen, die Berichterstatter und Mitglieder des Haushaltsausschusses, die beteiligten Mitarbeiter des Deutschen Bundestages wie die Bediensteten des Finanzministeriums und der anderen beteiligten Ministerien. Dafür danke ich ihnen allen sehr herzlich. ({4}) In diesem Sinne und Geiste erhoffe ich mir auch weiterhin eine erfolgreiche, im Interesse unseres Landes liegende Zusammenarbeit. ({5})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, gestatten Sie mir eine Bemerkung über den Ablauf der Sitzungen und über die Aufgabe des Präsidenten, so wie ich sie im Hinblick auf den Ablauf der Sitzungen sehe. Die Aufgabe des Präsidenten sehe ich darin, die Ordnung im Hause zu wahren. Das bedeutet, daß der Präsident nach meinem Verständnis auf den Inhalt der hier gehaltenen Reden in seiner Eigenschaft als Präsident keinen Einfluß nehmen kann, daß es aber wohl seine Aufgabe ist, formale Beleidigungen und andere Störungen der Ordnung des Hauses zu rügen. Ich stehe meinen Kollegen im Präsidium für eine Diskussion dieser meiner Auffassung jederzeit zur Verfügung; aber ich möchte gern, daß das Haus weiß, daß ich meine Amtsgeschäfte so führe, wie ich es soeben beschrieben habe. ({0}) Das Wort hat der Herr Abgeordnete Strauß.

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002270, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

({0}) - In Bonn. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von den Rednern der Opposition, angefangen mit meiner Rede zu Beginn der zweiten Lesung bis zur Rede des Kollegen Windelen heute aus Anlaß der dritten Lesung, sind die Haupt- und Kernprobleme unserer wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Gesamtproblematik in diesem Hause auf den Tisch gelegt worden. Es ist eine ganze Reihe schwerwiegender Fragen gestellt worden. Es gab nur einen einzigen Redner der Regierungsparteien, der wenigstens versucht hat, darauf einzugehen; das war der Kollege Hoppe. ({1}) Ich entnehme einem Artikel der „Welt" nicht nur einige Zitate aus der Rede, die ich gehört habe, sondern auch eine Würdigung. Vielleicht erlaubt mir der Herr Präsident, hier daraus einige wenige Zeilen zu zitieren: Der FDP-Politiker Hoppe sagte mit erfrischender Deutlichkeit, was die FDP weiß, aber nicht sagt und worauf die CDU - es fehlt leider der Zusatz „CSU" ({2}) ,ständig herumtrommelt: ({3}) - Herrn Springer haben ja Sie in der Öffentlichkeit zu diffamieren versucht, nicht wir. Die Verschuldung sei „horrend" und „besorgniserregend", und der Staat müsse endlich die Ausgaben durchforsten. Hoppe hätte seine Rede auch nach Sonthofen verlegen können, denn Strauß hatte dort und seither nichts anderes gesagt, als daß die Grenzen des Sozialstaates erreicht seien und daß, wenn man munter weiter verteile, Wohlstand zur Plage werde. Hoppe ist aus der quer durch alle Parteien funktionierenden Koalition der Rumpelstilzchen ausgebrochen. - Sie gehören also nicht zu den latenten Ordensanwärtern, ({4}) die sich. ja heute um einen vermehrt haben, nämlich den Kollegen Apel. Das Märchen hat übrigens auch ein Ende: - Das Rumpelstilzchen-Märchen Das Männchen, das Stroh zu Gold spinnen konnte, wurde am Ende durch Spione enttarnt und zerriß sich vor Wut in Stücke. ({5}) Leider haben wir von den Sprechern der Regierungsparteien und von den Vertretern der Bundesregierung selbst auf die von uns wenn auch zum Teil in scharfer Diktion und in sachlicher Härte gestellten Fragen keine Antwort bekommen. ({6}) Ich möchte hier im einzelnen nicht mehr darauf eingehen, weil es keinen Sinn hat, Monologe auszutauschen, und weil es keinen Sinn hat, immer wieder dieselben Argumente gegen dieselben fadenscheinigen Gegenargumente zu setzen. Aber wo ist denn das klärende Wort hinsichtlich der Grenzen des Sozialstaats? Wo ist denn das klärende Wort der Bundesregierung, die hier eine Führungsaufgabe auch gegenüber Ländern und Gemeinden hat, hinsichtlich der Zukunft unseres sozialen Leistungssystems, unseres sozialen Sicherungssystems? Wo ist denn das klare Wort der Bundesre5538 gierung, wie sie sich die weitere Entwicklung der öffentlichen Verschuldung vorstellt? Wo ist denn auch das klärende Wort der Bundesregierung hinsichtlich der Maßnahmen, die - nicht außenwirtschaftlich, sondern binnenwirtschaftlich - erforderlich sind, mit dem Ziel, normale Vollbeschäftigung wiederherzustellen? Wir reden ja nicht von einem Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt. Niemand mehr sollte den Zustand wünschen, daß sich bei einem leergefegten Arbeitsmarkt und 800 000 offenen Stellen die Tarifparteien infolge der gegebenen Situation zu Lohnabschlüssen bereit finden, die gesamtwirtschaftlichen Schaden anrichten. Wir wollen Vollbeschäftigung. Vollbeschäftigung heißt: Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt. Wir sind sogar der Meinung, daß der Arbeitnehmer hier ein kleines Plus haben sollte, das Plus haben sollte gegenüber dem Arbeitgeber, daß die Nachfrage nach Arbeitskräften eher etwas größer sein sollte als das Angebot an Arbeitskräften. Wir wollen Vollbeschäftigung. Wir haben von der Bundesregierung kein Wort zu dem Zustand gehört, daß im Jahr auf 20 Milliarden DM Wertschöpfung verzichtet wird, daß 10 Milliarden DM unproduktiver Unterstützungen - natürlich bejahen wir das - gezahlt werden müssen und daß 10 Milliarden DM an Steuern und Abgaben entfallen. Ich bleibe dabei, daß der wesentliche Teil der Finanzierungsprobleme unseres sozialen Leistungssystems durch Rückkehr zur normalen Vollbeschäftigung gelöst werden könnte. ({7}) Wir haben nichts davon gehört, wie man es sich vorstellt, die Marktwirtschaft funktionsfähig zu erhalten. Mit Lippenbekenntnissen zur Marktwirtschaft bei gleichzeitiger Überlastung ihrer Träger ist es nicht getan. ({8}) Uns, Herr Bundesfinanzminister, brauchen Sie nicht zu belehren, daß Sie zur Marktwirtschaft stehen und wir alle zur Marktwirtschaft stehen sollten. Das müssen Sie anderen sagen, die Ihnen näherstehen als der 'Opposition. Das müssen Sie denen sagen, die in der Öffentlichkeit dauernd von der Notwendigkeit der Änderung des Systems reden, die von der Umverteilung reden, die von einer Veränderung der Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel reden. Das müssen Sie den Marxisten in Ihren Reihen sagen. Das müssen Sie auch einigen sagen, die glauben, keine Marxisten zu sein, aber trotzdem in ihrer Wirrköpfigkeit ähnliche Ansichten vertreten. ({9}) Statt dessen weicht der Herr Bundesminister der Finanzen auf Stilfragen aus. Damit ist er nun wirklich der dritte Anwärter auf den Rumpelstilzchen-Preis. Ausgerechnet von der Firma Schmidt/Apel etwas über Stilfragen zu hören! ({10}) Ich möchte hier nicht aufrechnen. Es wäre eine lange Liste von einzelnen Beispielen, die man hier anführen müßte. Man muß sehr klar unterscheiden zwischen sprachlich harter Diktion und verbaler Beleidigung oder rüpelhaftem Verhalten. Dazwischen muß man ganz genau unterscheiden. ({11}) Nur ist es ja soweit, daß Sie, die Bundesregierung und die Regierungsparteien, schon normale Kritik nicht mehr vertragen, ({12}) daß Sie eine völlig undemokratische Einstellung zur Funktion der Opposition haben und daß Sie nicht begreifen, daß eine zur Kritik befähigte und von diesem Recht Gebrauch machende Opposition für die Gesundheit und Funktionsfähigkeit des parlamentarischen Systems und der parlamentarischen Demokratie eine durch nichts zu ersetzende Funktion erfüllt. ({13}) Wir lassen uns nicht unter den Teppich Ihres Versagens kehren. ({14}) Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, in falsch verstandener Solidarität der Demokraten Fehler und Versäumnisse der Regierung unter einen gemeinsamen Teppich zu kehren, weil die Opposition noch intakt, handlungsfähig sein muß, wenn die Regierung und ihre Parteien verschlissen sind, wie es heute schon weitgehend der Fall ist. ({15}) Deshalb, Herr Bundesfinanzminister, sollten Sie nicht über Stilfragen reden. Sie sollten über die Probleme reden, statt um sie herumzureden. Ich möchte aber zum Abschluß der Haushaltsdebatte auf drei Einzelvorgänge eingehen, die sich im Laufe dieser parlamentarischen Woche zugetragen haben. Der Herr Bundeskanzler glaubte, mir am Dienstag in seiner ja immer stärker hervortretenden pädagogischen Art ({16}) -die Presse des Auslands nennt es auch gelegentlich anders - Belehrungen über europäisches Wohlverhalten erteilen zu müssen, ja, mir antieuropäische Gesinnung oder europäische Unglaubwürdigkeit unterstellen zu müssen, weil ich der Bundesregierung vorgeworfen habe, daß sie in einem merkwürdigen Spiel hinter den Kulissen dafür gesorgt hat, daß ein naturwissenschaftlich-technisches Großforschungsprojekt entgegen der ursprünglichen Absicht nicht in die Bundesrepublik Deutschland verlegt worden ist. Wir bleiben bei der Auffassung, daß es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Ich bin schon sehr früh - und ich sage hier, was ich meine, ({17}) und zwar sehr deutlich; ich sage immer, was ich meine, im Unterschied zu denen, die verheimlichen, vertuschen, verbergen und zum Teil auch betrügen ({18}) 'von unterrichteter Seite, die aus der Fachwelt kommt, darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Bundesregierung nur mit halbem Herzen für Garching kämpfe und daß sie eine Taktik anwende, bei der zum Schluß der Standort Culham herauskommen werde, sie selbst aber so tun könne, als ob sie an Garching festgehalten habe. Dafür würde sie eine Prozedur einführen, bei der sie zum Schluß zugunsten Großbritanniens überstimmt werde, aber den Schein aufrechterhalten könne. Ich beweise Ihnen das jetzt an Hand des Ablaufs . der Ereignisse. Ich habe damals gegenüber meinem Gesprächspartner die Bundesregierung in Schutz genommen. Ich habe es für denkbar unwahrscheinlich erklärt, daß sich die Bundesregierung einer so groben Verletzung legitimer deutscher Interessen schuldig machen könne, auch nicht, wenn es um eine andere sozialistische Regierung gehe. Ich verwies darauf - und bleibe auch heute dabei -, daß es durchaus mit guter europäischer Gesinnung vereinbar ist, für legitime nationale Interessen auch bei der Vergabe von Gemeinschaftsprojekten zu kämpfen. Das tun alle in der Europäischen Gemeinschaft - mit größerem Erfolg als die Bundesregierung -, und darüber ist die Europäische Gemeinschaft noch nicht zerbrochen. Erst als ich immer wieder Warnungen der gleichen Art erhielt und man mir sagte: Ihr seid ja unglaublich gutmütig und naiv, um nicht zu sagen: töricht, wenn ihr nicht seht, was hier gespielt wird, ({19}) schrieb ich dem Bundeskanzler am 5. August 1977 einen ersten Brief. Ich führte in diesem Brief aus: Als erster Atomminister der Bundesrepublik Deutschland habe ich den Grundstein für die Wiederaufnahme der kerntechnischen Forschungen in Garching gelegt und konnte mich dabei der Unterstützung aller Parteien erfreuen. Da aus besonderen Gründen der Schwerpunkt der Forschung für Kernspaltung - im übrigen gegen meinen Vorschlag - nach Karlsruhe gelegt wurde, - das war im Jahre 1956 war ich mir mit Professor Heisenberg einig, daß das Zentrum der Kernverschmelzung nach Garching kommen sollte. Garching ist nach der Vorgeschichte und den Umständen der beste Standort, um dessen Durchsetzung die Bundesregierung mit allen Kräften kämpfen sollte. Es gibt keinen Grund, .- so schrieb ich hier den Engländern nachzugeben. Ich halte es für möglich, daß alle übrigen Partner der Europäischen Gemeinschaft auf diesen Standpunkt gebracht werden. Die Bundesregierung hat auch als Gegenleistung für ihre Hilfsbereitschaft einen gewissen Anspruch darauf, daß Garching der endgültige Standort für JET wird. Ich darf Sie bitten, in diesem Sinne tätig zu sein und keinen anderen Standort durch Zustimmung oder Nachgiebigkeit zu unterstützen. Darauf bekam ich unter dem 15. August 1977 ein Schreiben des Staatsministers Wischnewski folgenden Inhalts: Die Bundesregierung hält Garching als Standort zur Durchführung von JET nach wie vor für am besten geeignet. Deshalb hat sie sich schon bisher mit Nachdruck für Garching eingesetzt und wird dies auch bei den weiteren Beratungen tun. Sie wird sich hierbei gerade im Hinblick auf unsere Zugeständnisse in anderen Bereichen und im Hinblick auf noch weitergehende Forderungen Großbritanniens für eine Lösung einsetzen, die sowohl den deutschen Interessen als auch der europa- und technologiepolitischen Bedeutung des Projektes Rechnung trägt. So die Antwort des Kollegen Wischnewski. Auf Grund dieser Antwort ging ich davon aus, daß die Bundesregierung keinem anderen Standort ihre Zustimmung geben und keine Prozedur einführen würde, die zu einem anderen Standort als Garching führen könnte. Als Pressemeldungen erschienen, daß sich der Bundeskanzler und Premierminister Callaghan darauf verständigt hätten, den Standort Culham zu unterstützen, schrieb ich einen zweiten Brief vom 19. Oktober 1977, in dem ich meinen Standpunkt nochmals eingehend bekräftigte. Der Bundeskanzler schrieb mir unter dem 24. Oktober 1977, daß diese Pressemeldungen falsch seien; sie seien auf eine in der Zwischenzeit korrigierte dpa-Meldung zurückzuführen. Nebenfrage: Wer hat denn wohl die Korrektur dieser, wie sich nachher herausstellte, richtigen Meldung veranlaßt? Er schrieb wörtlich folgendes: Wie Sie wissen, muß die Entscheidung von allen Mitgliedstaaten getragen werden. Mit dem britischen Premierminister habe ich miçh aber bei den deutsch-britischen Konsultationen geeinigt, daß die Standortfrage nicht auf dem Rat der Außenminister, sondern auf einem rasch einzuberufenden Rat der Forschungsminister endgültig entschieden werden sollte. Dieser. will am 25. Oktober zusammentreten. Die Bundesregierung - so schrieb Helmut Schmidt weiter ist nach wie vor davon überzeugt, daß Garching zur Durchführung des Projektes am be5540 steh geeignet ist. Die deutsche Delegation wird deshalb am 25. Oktober 1977 eine Einigung zugunsten Garchings versuchen. Ebenso wird sich, wie ich annehme, Großbritannien für Culham verwenden. Da weitere Verzögerungen in der Standortfrage befürchten lassen, daß das Gemeinschaftsvorhaben scheitern könnte, haben der britische Premierminister und ich vereinbart, im Rat der Forschungsminister eine Entscheidung nicht zu blockieren. Am 26. Oktober 1977 las ich morgens in der Presse, daß der Rat der Forschungsminister sich für Culham entschieden habe. Anschließend las ich im Büro den am 26. Oktober eingegangenen Brief des Herrn Bundeskanzlers vom 24. Oktober, den ich soeben zitiert habe. Ich habe mich wirklich gefragt: Für wie dumm hält der Bundeskanzler eigentlich die Opposition, wenn er meint, mit ihr so umspringen zu können? ({20}) Was hier hinter den Kulissen operiert worden ist, ist ja' auch in der Presse ziemlich breit behandelt worden. In der „Times" vom 26. Oktober stand zu lesen, daß fünf Stimmen für Culham, zwei Stimmen nämlich die von Luxemburg und Deutschland - für Garching und zwei Stimmenthaltungen - von Italien und Belgien - eine Mehrheitsentscheidung für Culham gebracht hätten. Später habe ich dem Bericht des Bundesministers Matthöfer entnommen, daß es sechs Stimmen für Culham, zwei Stimmen für Garching und eine Stimmenthaltung gab. Der Ablauf war folgender. Im Februar 1976 gab es im Rat der Forschungsminister eine Mehrheit, nämlich die Entscheidung. über den Standort von JET als wesentlichen Teil des Beschlusses über das Fusionsforschungsprogramm anzusehen. Damit war die Möglichkeit gegeben, die Wahl des Standorts nicht einer Mehrheitsentscheidung zu überlassen, sondern durch ein Veto zu blockieren, da Programmbeschlüsse einstimmig zu fassen sind. Ich hoffe, daß ich mich verständlich ausgedrückt habe. Man hat diese Entscheidung als Programmbeschluß deklariert und damit ein Vetorecht für jedes einzelne Mitgliedsland ermöglicht. Am 18. November 1976 war wieder eine Ratstagung. Der Vorschlag der Bundesregierung war, JET an einem Standort mit umfangreicher Fusionserfahrung zu bauen. Damit schieden Ispra, Cadarache und Mol aus. Garching und Culham blieben übrig. Die Vereinbarung war: keine Verhinderung der Wahl eines Standorts durch ein Veto, wenn es eine breite Mehrheit für diesen Standort gibt. Dann folgte die Forschungsministerratssitzung am 29. März 1977, bei der sich eine Mehrheit von sechs gegen drei Stimmen für Garching ergab. Großbritanniens Standpunkt war: Wahl Garchings nur, wenn die Mehrheit 8 : 1 beträgt. Es gab also im Rat der Forschungsminister bereits im März 1977 eine Entscheidung von 6 : 3 zugunsten Garchings. Aber wegen der Zuerkennung des Programmcharakters galt die Mehrheitsentscheidung zugunsten von Garching nicht. Am 29./30. Juni 1977 fand eine Tagung der Staats- und Regierungschefs der EG in London statt. Dabei kam die ursprünglich vorgesehene Erweiterung der Tagesordnung - Absprache über den JET-Standort - nicht zustande. Am 17. Oktober 1977 kam die dpa-Meldung: Außenminister wollen Versuch unternehmen, Angelegenheit über den Standort von JET zu regeln. Am 18. Oktober 1977 kam die vorhin erwähnte dpa-Meldung, Schmidt und Callaghan hätten sich in Bonn für Culham entschieden. Am 19. Oktober 1977 berichtete dpa: Noch keine Entscheidug; Schmidt und Callaghan nur darüber einig, Mehrheitsentscheidung des Rates zu akzeptieren. Herr Matthöfer erklärte im Technologieausschuß: Einigkeit zwischen Callaghan und Schmidt über Annahme einer Mehrheitsentscheidung im Rat. Standpunkt der Bundesregierung nach wie vor für Garching. Matthöfer geht davon aus, daß Kabinett heute Entscheidung für Garching bekräftigen wird. -- So am 19. Oktober 1977. ({21}) - Nein, hier geht es um die Bundesrepublik Deutschland. ({22}) Dieser Ablauf beweist jedem, der kritisch denken kann und sich nicht von regierungsamtlichen Ausreden und Aussprüchen betören läßt, daß hier eine Art Hilfeleistung für Callaghan vorlag. Diese Hilfeleistung haben die beiden sozialistischen Regierungschefs hinter den Kulissen vereinbart. ({23}) Zuerst hat man Großbritannien die Möglichkeit des Vetorechtes eingeräumt und hat eine Mehrheitsentscheidung der Forschungsminister als nicht ausreichend anerkannt. Hernach hat man die gleiche Mehrheit zugunsten von Culham als entscheidungsfähig anerkannt und so den endgültigen Beschluß gefaßt. Das nenne ich ein Operieren hinter den Kulissen. ({24}) Der Herr Bundesfinanzminister ist zwar am Dienstag auf die von mir aufgeworfenen Probleme, die auch in der Berichterstattung über ,die Haushaltsdebatte von der gesamten Presse als Kernprobleme bestätigt worden sind, nicht eingegangen, glaubte aber, diese Unfähigkeit, mir konkret zu antworten, durch einen rüden Angriff gegen mich kompensieren zu müssen. ({25}) - Ich rede nicht von „ich Armer" ; ich stelle nur Tatsachen fest. Die Rolle der Jämmerlichkeit und Lächerlichkeit überlasse ich nach den letzten Tagen manchem Mitglied der Bundesregierung. ({26}) Er warf mir vor: Sie wollen Personen verletzen, Sie wollen Personen zerstören. Das ist Ihr Weg der Politik - und nicht unserer. - Ich muß Sie fragen, Herr Apel, ob Sie eigentlich auf beiden Augen blind sind. Niemand in der Presse, niemand im Publikum hat meiner Rede diese Absicht unterstellt; aber Ihre Art, auf völlig legitime Kritik, die weit unter der Grenze bleibt, die SPD-Redner früher in ihrer Oppositionszeit als selbstverständlich ausgeschöpft haben, ({27}) zu reagieren, zeugt von obrigkeitsstaatlichem Hochmut ({28}) und von undemokratischer Einstellung in der Beurteilung der Oppositionsfunktion. ({29}) Welche Vorstellungen haben Sie denn eigentlich von parlamentarischer Demokratie und von der Funktion der Opposition? Sollen wir für Sie einen Gesangverein spielen, ({30}) der fromme Hymnen singt und der Bundesregierung auf ihrem Fehlwege Weihrauch streut? ({31}) Ihre Worte, Herr Apel, verraten eine autoritäre und arrogante Regierungsgesinnung - und nicht demokratische Bescheidenheit. ({32}) Wir haben ja in den letzten Jahren schon allerhand auf diesem Gebiet erlebt, wenn ich an gewisse Äußerungen sowohl des jetzigen Bundeskanzlers als auch seines Vorgängers denke. ({33}) Eine harte Kritik an der Regierung wird schon als eine Art staatsfeindliche und volksschädliche Haltung diffamiert. Hier möchte ich einmal folgende Frage stellen, Herr Apel - Sie gehören ja diesem Hohen Hause schon länger an -: Wer hat wen in den letzten Jahren und Jahrzehnten verletzen und zerstören wollen? Ich beweine und beklage mich nicht. Ich habe hier über dieses Thema noch nie gesprochen -- außer bei konkreten Anlässen. Die linke Verleumdungskumpanei, in der auch die SPD-Propaganda und kommunistische Hilfstruppen wacker zusammengearbeitet haben, hat doch bis heute mit den erbärmlichsten, dreckigsten, schäbigsten Verleumdungen mein politisches und persönliches Ansehen zerstören und mich menschlich vernichten wollen. ({34}) Sie gehören doch, Herr Apel, einer Regierung an, die mit dem Lockheed-Aktenschwindel ({35}) im letzten Wahlkampf ein schamloses Geschäft betrieben hat. ({36}) Ihre Partei hat doch in Flugblättern den durch das schäbige Verhalten der Regierung erzeugten Zweifel bis zur offenen Verleumdung ausgedehnt, obwohl die Regierung über das Gegenteil schon vorher genau unterrichtet war. Führende SPD-Redner - auch ein Mitglied der Bundesregierung - haben scheinheilig erklärt, in Bonn müßten ja Engel tätig gewesen sein. Alle hätten sie Geld genommen: in Holland - wahrscheinlich die Huldigung für Prinz Bernhard, ein geschätzter Gesprächspartner des Belderberg-Kreises, Herr Bundeskanzler -; in Italien, in Japan. Sie haben dann mit hämischer Fragestellung hinzuefügt: Und ausgerechnet in Bonn soll das nicht der Fall gewesen sein? - So ist doch im Wahlkampf verfahren worden! Wenn es um Kommunistenspezie oder um Skandale in Ihren Reihen geht, toben Sie und sagen: Keine Verurteilung; schuldlos bis zur rechtskräftigen Verurteilung. Im Skandal um Lutze, Laabs usw. haben Ihre Vertreter im Untersuchungsausschuß doch den Standpunkt vertreten, die Tatsache, daß die Dokumente in die Hände der Chefspione geraten seien, erlaube nicht den Rückschluß, daß sie damit auch der DDR zur Kenntnis gekommen seien. ({37}) Aber mich haben Sie doch hinrichten wollen, bevor überhaupt jemand eine Anklage erheben konnte. Das ist doch die Wahrheit! ({38}) Lange nach der Wahl ist die Wahrheit auf den Tisch gekommen, hat diese infame Kampagne Schiffbruch erlitten. Sie haben es nötig, Herr Apel, mir Vorwürfe zu machen! In Ihrem Auge steckt nicht nur ein Balken, in Ihrem Auge steckt ein ganzer Wald, Herr Apel! ({39}) Da suchen Sie Splitter im Auge des politischen Gegners! ({40}) Lassen Sie mich mit ironischem Ernst oder mit heiterer Gelassenheit noch ein Intermezzo - der Herr Bundeskanzler würde sagen: ein Intermezzochen, so wie er aus einem Problem ein Problemchen macht - aufgreifen. Ich habe nichts gegen eine sachlich harte Auseinandersetzung, bei der persönliches Kolorit durchaus angebracht sein kann. Deshalb habe ich viel mehr Verständnis für Sie, Herr Bundeskanzler, als manche Ihrer öffentlichen Kritiker. Aber ich muß leider auf etwas zu sprechen kommen, was sich hier vorgestern abgespielt hat. Der Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff, der sich anscheinend noch nicht in die Rolle fügen kann, die ihm durch die Abwanderung seines Vor5542 gängers zur Dresdner Bank zugefallen ist, hat die Aussprache über den Haushalt des Bundeswirtschaftsministeriums dazu mißbraucht, mich wegen einer „Spiegel"-Meldung vom 28. November 1977 anzurempeln. ({41}) In ihr ist Schreckliches berichtet worden: Ich sei nicht mit der Lufthansa, sondern mit der Swissair nach Südamerika geflogen. Ich hätte deshalb kein Recht oder keine Glaubwürdigkeit, über Maßnahmen gegen den Terrorismus zu reden. Ich habe moch gar nicht gewußt, daß ich als Passagier einer Luftlinie gegen Terrorismus zu kämpfen hätte. ({42}) Das ist gräfliche Logik, gegen die ich hier nichts einzuwenden habe. Ich muß Sie fragen, Herr Graf: ({43}) Müssen Sie Ihre Reden im Parlament unbedingt - und das geschah ja nicht zum erstenmal - durch Einlagen aus einem Rüpelspiel aufladen? Müssen Sie das wirklich? Ich hätte mir von einem baltischen Edelmann ein anderes Verhalten erwartet, ({44}) wenigstens hier im Deutschen Bundestag. Es sollte Ihnen doch genügen, wenn Sie an Parteitagen Ihre politischen Gegner mit Verbalinjurien überschütten. Sie wissen schon, was ich meine. Das ist nicht die Sprache der Nobilität, das ist die Sprache der Hetze. ({45}) Kollege Dr. Riedl hat gestern klargestellt, daß ich wegen meines Schweizer Programms am Tag des Abflugs nicht eine Lufthansa-Maschine benutzen konnte, sondern die letzte an diesem Tag in später Nacht abgehende Südamerika-Maschine der Swissair benutzen mußte. ({46}) Stilfragen, Stilfragen! ({47}) Herr Apel, was haben denn Stilfragen mit der dritten Lesung des Haushalts zu tun? Ich messe meine Rede hier nur mit denselben Kriterien wie Herr Apel die seine.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter Strauß, unter diesem Gesichtspunkt ist der Ausdruck „Rüpelspiel" vielleicht zu überprüfen.

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002270, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe nicht gesagt: Rüpel vom Dienst; ich habe gesagt: durch Einlagen aus einem Rüpelspiel. ({0}) Wenn das ein unparlamentarischer Ausdruck sein sollte, Herr Präsident, nehme ich das gern zur Kenntnis. Ich respektiere selbstverständlich Ihre Mahnung, werde dann aber den gleichen Maßstab auf Worte anwenden, die aus regierungsamtlichem Munde oder aus dem Munde der Hilfstruppen der Regierung hier fallen. ({1}) Außerdem geht es den Bundeswirtschaftsminister - ich wähle jetzt einen ganz vornehmen Ausdruck - einen feuchten Staub an, ({2}) welche Linienmaschinen Politiker der CDU/CSU für Reisen benutzen, die nicht von der Bundesregierung bezahlt werden. Oder meint der Herr Graf, man müsse ihn um Genehmigung bitten, wie es vielleicht die Leibeigenen auf den Gütern seiner Vorfahren zu tun hatten? ({3}) Das ist doch wirklich ein Zeichen von Borniertheit und Kleinkariertheit und nur zur Diffamierung des politischen Gegners bestimmt.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter Strauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kühbacher?

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002270, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Strauß, würden Sie mir zustimmen, daß wir im Moment einem Auszug der bayerischen Kammerspiele beiwohnen? ({0})

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002270, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

-Wenn die Beiträge Ihrer Redner in den letzten Tagen immer die Qualität der in den bayerischen Kammerschauspielen aufgeführten Stücke gehabt hätten, hätte das Parlament erheblich an Wert gewonnen. ({0}) Ich komme zum Ende meiner Ausführungen. Ich möchte hier nicht das sehr ernste Thema erörtern, welche Ratschläge - zu Recht, sage ich - die für die Sicherheit zuständigen Behörden den Mitgliedern des Personenkreises geben, die der Gefahrenklasse eins zugeordnet worden sind. Ich könnte hierüber ein bitteres Lied singen; aber das hat hier keinen Platz. Ich muß aber den Herrn Grafen fragen - und ich bitte untertänigst, es als Ihr submissester Untertane tun zu dürfen --, ob er seinen Parteivorsitzenden, den Herrn Bundesaußenminister Genscher, vielleicht für unglaubwürdig in der Bekämpfung des Terrors und für feige in seiner persönlichen Verhaltensweise ansieht, weil es Herr Genscher seinerzeit aus Sicherheitsgründen abgelehnt hat, überhaupt mit einer Linienmaschine nach Peking zu fliegen, ({1}) sondern für seine kleine Delegation unter riesigem Kostenaufwand eine interkontinentale Langstrekkenmaschine der Luftwaffe vom .Typ Boeing 707 benutzte. ({2}) Haben wir damals etwa auch nur annähernd eine Andeutung der Art gemacht, wie Sie sie hier gemacht haben? ({3}) Die damals gegebene Begründung war, daß seine Sicherheit bei einem Linienflug nicht gewährleistet sei. Glauben Sie, Herr Graf, daß Herr Genscher mit seiner Stimmabgabe in der UNO gegen Chile - ich nehme zu diesem Problem hier nicht Stellung -unglaubwürdig sei, weil er - wie auch früher in vielen Fällen - seinen letzten Erholungsurlaub zum Teil in trautem Beisammensein mit Verteidigungsminister Leber auf dem Luxusschloß des chilenischen Generalkonsuls bei Berchtesgaden verbracht hat, ({4}) eines bekannten deutschen Multimillionärs? Wir haben diese Tatsache, die jedermann dort bekannt ist, als einen selbstverständlichen Akt der Gastlichkeit und der persönlichen Bewegungsfreiheit betrachtet. Aber wenn Sie solche Methoden hier einführen, dann kommt eine duckmäuserische, kleinkarierte, bornierte, engstirnige, muffige und miese Atmosphäre in die Behandlung solcher Angelegenheiten hinein. ({5})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter Strauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ehmke? Strauß ({0}) Wenn es sein muß, ja. ({1})

Dr. Horst Ehmke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Strauß, da wir gerade bei Chile sind und Sie dieses Thema in beiden Reden nicht angerührt haben, darf ich fragen, ob Sie hier nicht eine Stellungnahme auch dazu abgeben wollen, daß, nachdem Sie aus Chile zurückgekommen sind und so positive Äußerungen über das Pinochet-Regime gemacht haben, zwölf Kollegen der Christdemokratischen Partei Chiles von dem von Ihnen so gelobten Regime verhaftet worden sind. Ich würde gerne Ihre Meinung zu diesem Vorgang hören, wenn wir schon über Chile sprechen. ({0})

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002270, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielleicht können wir, wenn es der Herr Präsident erlaubt, jetzt eine Chile-Debatte führen. ({0}) Allerdings rede ich über meine Reise, die in der ersten Hälfte des Novembers im vorigen Jahr stattgefunden hat, und verwahre mich dagegen, daß ein Flug mit der Swissair als persönlich feige Verhaltensweise und dazu dann auch noch als ein Mangel an Legitimation, über Kampf gegen Terrorismus zu reden, bezeichnet wird. Das ist das Thema, um das es hier geht; ({1}) über das andere Thema dann bei geeigneter Gelegenheit mehr. ({2}) Im übrigen, Herr Kollege Ehmke, darf ich einmal folgendes sagen. Wenn es erst einmal möglich wäre, daß in der DDR, in der Sowjetunion, in Polen, in der Tschechoslowakei wenigstens ein Referendum - ohne Wahlkampffreiheit, aber mit freier Stimmabgabe - stattfindet, da kann das Ja ruhig sehr groß geschrieben sein und das Nein ganz klein und häßlich sein -, daß die Bürger dieser Staaten also das Recht hätten, sich darüber zu äußern, ob sie grundsätzlich mit dem System einverstanden sind oder nicht, wenn wir einmal so weit wären ({3}) - Herr Kollege Westphal, die Antwort ist deshalb falsch, weil 25 % Nein-Stimmen nicht den SED-Ergebnissen oder Hitler-Ergebnissen entsprechen. Hier liegt eine andere Bewertung zugrunde. Aber das ist hier nicht das Thema gewesen. ({4}) Ich wäre. sehr froh, wenn Oppositionspolitiker in kommunistisch regierten Ländern über Sender, die den Kirchen zur Verfügung stehen, offen zum Nein gegen das System aufrufen könnten, damit wenigstens ein bißchen Freiheit herauskäme. ({5})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Ehmke?

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002270, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, nicht mehr. ({0}) Herr Bundeswirtschaftsminister, ich hätte diesen Vorfall nicht zur Sprache gebracht, wenn Sie die Aussprache über Ihren Haushalt nicht zu einer so unglaublichen und auch Sie selbst abqualifizierenden Fehlleistung mißbraucht hätten. Aber er muß erst noch Minister werden. Offensichtlich braucht er die Legitimation bei den Linken der SPD und zum Teil der FDP durch solche durch nichts veranlaßten Aus5544 fälle gegen mich, gewissermaßen als Pluspunkte. Er muß erst noch Minister werden. Der Anzug ist ihm zu groß. Der Wachstumsprozeß scheint bei ihm abgeschlossen zu sein. ({1}) Allgemein ist zu bedauern, daß sich kein Mitglied der Bundesregierung bei der zweiten und dritten Lesung des Haushalts ernsthaft mit den Grundproblemen beschäftigt hat. Diese Grundprobleme sind nicht von der Opposition erfunden worden, sondern stehen da und verlangen eine Antwort von denen, die sich auf ihre Mehrheit berufen und die Macht und die Verantwortung dafür in ihren Händen haben. ({2}) Man kann nur sagen, Herr Bundeskanzler: Die Schulklasse, genannt Bundesregierung, hat zusammen mit ihrem Oberlehrer, genannt Bundeskanzler, das Klassenziel verfehlt. Deshalb wird die Fraktion der CDU/CSU den Haushalt 1978 geschlossen ablehnen. ({3})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Ich denke, meine Damen und Herren, wir empfinden alle in gleicher Weise Achtung vor dem Beruf des Lehrers. Ich mache daher keine Anmerkungen dazu. ({0}) Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich befürchte, daß das, was wir soeben gehört und gesehen haben, in der Tat nicht nur als Rüpelspiel, sondern in der Öffentlichkeit eher als Trauerspiel gewertet werden muß. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, ich habe bei der Rede des Herrn Abgeordneten Strauß den Gebrauch des Wortes „Rüpel" beanstandet. Ich würde Sie bitten, dem zu entsprechen.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Selbstverständlich, Herr Präsident. ({0}) Herr Kollege Strauß, ich möchte von Ihnen gern wissen, ob Sie den Vorwurf, den Sie gemacht haben, die Regierung habe zu Vorträgen und Kritik der Opposition bzw. zu Grundproblemen in dieser Haushaltsdebatte inhaltlich nicht Stellung genommen, belegen wollen oder ob Sie ein Vorbild dafür, wie man das machen sollte, durch die Art des soeben gelieferten Debattenbeitrags abgeben wollten. ({1}) Lassen Sie mich deswegen, da Sie die Sitzung jedenfalls im Plenarsaal bedauerlicherweise nur sehr bruchstückhaft verfolgt haben, zunächst unserem Vergnügen darüber Ausdruck geben, daß Sie, nachdem Sie diese Woche eröffnet haben, wenigstens zum Schluß wieder hier erschienen sind und sich der Diskussion mit uns stellen. Sie können beim besten Willen nicht behaupten, Herr Strauß - eben weil Sie nicht dagewesen sind -, daß es hier nur einen einzigen Redner gegeben hätte, den Kollegen Hoppe, der versucht habe, auf Kritik einzugehen. Es müssen Ihnen die Auseinandersetzungen, die der Bundesfinanzminister mit den Experten Ihrer Fraktion über seinen Haushalt geführt hat, es muß Ihnen die Diskussion des Professors Biedenkopf mit mir vollständig entgangen sein; Sie könnten sonst nicht allen Ernstes die Frage stellen, ob wir eigentlich über die Grenzen des Sozialstaats nicht gesprochen hätten, ob wir nicht miteinander über die Zukunft des sozialen Sicherungssystems - und zwar vom Grundproblem her - diskutiert hätten, ob wir die Entwicklung der öffentlichen Verschuldung nicht miteinander besprochen hätten, ob wir nicht über Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung diskutiert hätten und ob wir auch nicht über Lohnabschlüsse - die, wenn sie nicht verantwortlich wahrgenommen werden, Schaden stiften können - gesprochen hätten. Herr Strauß, Sie können nicht vier Tage lang nicht kommen und nicht zuhören und uns dann eine Nachhilfestunde geben wollen! ({2}) Sie meinten weiter, der Kollege Hoppe sagt, was die FDP nicht sagt. Meine Damen und Herren, ich darf feststellen: Der Kollege Hoppe war Mitglied der FDP, ist Mitglied der FDP, und er bleibt es. Und was er sagt, sagt auch die FDP. Was soll dieser Widerspruch? ({3})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Bitte sehr.

Dr. Erich Riedl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001843, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundeswirtschaftsminister, hätten Sie die Freundlichkeit, dem Hohen Hause zu erklären, wie oft und wie lange Sie in diesen vier Tagen an der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages teilgenommen haben? ({0})

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Ja, gerne. ({0}) Ich habe dies nicht mit der Uhr gestoppt. ({1}) - Das hat ja wohl keiner getan! ({2}) Ich glaube abschätzen zu können, daß ich während des größten Teils der Haushaltsdebatte hier gewesen bin; ({3}) - Ich bin jedenfalls bei den Teilen hier gewesen, in denen die Punkte besprochen und erörtert worden sind, die der Kollege Strauß kritisiert hat, nämlich die Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik. ({4}) Sie haben hier einen sachlichen Punkt vorgebracht, Herr Strauß. Ob das bayerischer Landtagswahlkampf war, wie es vermutet wurde, oder nicht, lasse ich dahingestellt. Sie haben das Thema „Garching" angesprochen. Ich bin erst in den letzten Wochen der Verhandlungen über Garching Mitglied der Bundesregierung geworden. Aber auch auf Grund dieser letzten Wochen kann ich feststellen, daß die Bundesregierung immer der Meinung war und nach wie vor der Meinung ist, daß es nicht nur im Interesse der Bundesrepublik, sondern auch im Interesse der im JET-Zentrum betriebenen Arbeiten die bessere Lösung gewesen wäre, das Projekt nach Garching zu geben. ({5}) Aber wir haben nur zwei Möglichkeiten, und dies bitte ich doch einmal gerade diejenigen zu überdenken, die uns eine vorwärtsstrebende, auf Einigung Europas zielende Politik empfehlen; mit dieser Empfehlung gehen wir ja einig. Wir haben nur die Möglichkeiten, entweder eine Sache für so wichtig zu erklären, daß sie einstimmig beschlossen werden muß, und es dann an einer Stimme scheitern zu lassen - und Herr Strauß, es ist doch klar, was dies in Europa bedeutet und wie oft wir uns vor diese Frage gestellt sehen -, oder etwas negativ in unserem Sinne, aber positiv für Europa zu entscheiden. Was vernünftiger ist, muß jeder selbst überdenken und überlegen. ({6}) - Herr Kollege Strauß, weil es sehr häufig in den Beratungen zwischen den Mitgliedstaaten, die dann erst im Ministerrat zur Entscheidung führen, Positionsveränderungen und Änderungen der Mehrheitsverhältnisse gibt: Haben Sie noch nie - aber Sie haben es natürlich - Verhandlungen auf internationaler Ebene - gerade multinationale Verhandlungen - geführt, in denen sich Koalitionen nach dem Muster bilden: „Du gibst mir A, ich nehme B, du gibst mir C, und dann kommen wir zur Abstimmung"? Meine Damen und Herren, es ist - dies möchte ich hierzu abschließend feststellen - bei allem Bedauern, wie diese Entscheidung schließlich ausgegangen ist - daraus haben wir nie einen Hehl gemacht alles im Rahmen dessen geschehen, was der Bundesregierung unter Abwägung nationaler Interessen und europäischer Verpflichtungen möglich war, um den Interessen der Bundesrepublik in dieser Frage gerecht zu werden. ({7}) Eine zweite sachliche Bemerkung oder jedenfalls eine Bemerkung, die sich auf eine Sache bezieht, obwohl Sie, Herr Strauß, höchst unsachlich waren. ({8}) Sie haben hier von der „Lutze/Laabs-Affäre" gesprochen. Es ist nicht meine Aufgabe, den Ministerialdirektor Laabs zu verteidigen, jedenfalls nicht mehr als jeden anderen Beamten. Ich habe ihn zweimal in meinem Leben gesehen. Aber es ist meine Aufgabe, festzustellen: Es ist ein unglaublicher Vorgang, daß der Sprecher der Opposition in einem Parlament einen Mann, dessen Schuld bisher in keiner Weise erwiesen ist, mit einem offensichtlich im Anklagezustand befindlichen Spion gleichsetzt. ({9}) Das, Herr Kollege Strauß, ist die Denkungsart, die Sie an den Rand so vieler Affären und Skandale gebracht hat. ({10}) Es kommt doch nicht von ungefähr, daß es in der Bundesrepublik Deutschland - leider, sage ich - immer wieder derartige Vorgänge gibt und daß sie immer wieder mit Ihnen in Verbindung gebracht werden. Sind wir das denn schuld? ({11}) Manchmal hat man das Gefühl, Sie lieben diese Rolle gar so sehr, daß Sie sie wie ein Flagellant betreiben. ({12}) Ich habe hier von dieser Stelle, Herr Strauß, im März 1976, mich selber zitierend, gesagt, daß ich auf entsprechende Fragen amerikanischer Pressevertreter immer wieder geantwortet habe: „An den Lockheed-Vorwürfen gegenüber dem früheren deutschen Verteidigungsminister ist nichts beweisbar, und ich bin froh, daß nichts beweisbar ist, weil der Preis eines solchen Beweises im nationalen Interesse zu hoch wäre, nur um eine Auseinandersetzung mit Ihnen zu führen." Wollen Sie das endlich zur Kenntnis nehmen, oder wollen Sie es immer weiter ausbreiten? ({13}) Herr Strauß, Sie gehören zu denjenigen - dies haben wir jahrelang erlebt -, die - dagegen habe ich ja nichts - kräftig austeilen können, die aber verflixt wenig einstecken können. ({14}) Lassen Sie mich noch einmal auf zwei Vorgänge zurückkommen. Den ersten hat der Kollege Apel erwähnt, der Bundeskanzler auch; es tut mir leid, ich kann auf eine Wiederholung nicht verzichten. Ich meine das Thema „Bruch des Amtseids des Bun5546 deskanzlers". Der Kanzler hat gefragt: „Wann hat es das je in diesem Parlament gegeben?" Ich habe in der Debatte am Mittwoch festgestellt: „Ich halte dies für eine ehrabschneiderische Behauptung gegenüber jedem Mitglied dieses Kabinetts." ({15}) Ich habe keinem meiner Kollegen - doch, einem - die Frage gestellt, die ich jetzt, ohne daß ich sie vorher gefragt hätte, beantworten möchte, weil sie jedenfalls für mich gilt und ich davon ausgehe, daß sie auch für alle anderen Kollegen gilt. Ich wäre keinenTag länger Mitglied eines Kabinetts, dessen Chef man im Ernst und mit Wahrheitsgehalt einen Bruch des Amtseides vorwerfen könnte. Ich frage mich, meine Damen und Herren, ob es eine Fraktion in diesem Hause gibt - gleichgültig, ob Regierungsfraktionen oder Oppositionsfraktion -, die es, von welchem Kanzler auch immer, und sei er einer Ihrer politischen Freunde, hinnehmen würde, wenn das wirklich geschähe. ({16}) Was muten Sie uns zu, Herr Strauß, und wohin führen Sie diese Diskussion? Dies ist keine Frage des Stils; dies ist massiv eine ,Frage des Inhalts, und der Inhalt ist verderblich für dieses Land. ({17}) In diesem Zusammenhang will ich auch auf das „Intermezzo" - so haben Sie es genannt - eingehen, indem ich versucht hätte, Sie anzurempeln. Sie sind ja ganz standfest, ich auch; das können wir vielleicht vertragen. Ich will auch nicht darüber diskutieren, welche Kenntnisse und Auffassungen Sie vom baltischen Adel haben, von Waldbesitzern, von Edelleuten, von „submissesten Untertanen". Nur, Leibeigene hat es im Baltikum schon viel länger nicht mehr gegeben - das hat viel früher aufgehört - als in Bayern. ({18})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, der Herr Abgeordnete Müller möchte eine Frage stellen. Sind Sie bereit, die Frage zuzulassen? ({0})

Dr. Günther Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001548, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Abgeordneter Graf Lambsdorff, ist Ihnen bekannt, daß es in Bayern bereits vor der Französischen Revolution keine Leibeigenen mehr gegeben hat? ({0})

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Kollege Müller, dies ist mir sehr wohl bekannt. Aber da ich Sie bei der Zwischenfrage sehe: Gibt es in Bayern vielleicht politische Leibeigene? ({0}) Meine Damen und Herren, nun zu dem Intermezzo, der Erwähnung und Einführung des „Spiegel"-Zitats. Herr Kollege Strauß, eine Antwort - ich hätte sie mir allerdings früher gewünscht, und will Ihnen auch gleich sagen, warum - hätte ja völlig ausgereicht: Zwingende Sicherheitsgründe verboten die Benutzung der Lufthansa-Maschine in diesem Augenblick. ({1}) - In Ordnung. - Oder: Zeitliche Gründe - ({2}) - Herr Strauß, dies deswegen, weil jemand, der so in den Wald hineinruft wie Sie, auch die Antwort bekommen muß, und dieses Echo werden Sie wieder bekommen. ({3}) - Herr Kollege Haase, dies ist eine völlig unbestrittene Frage, daß Sicherheitsmaßnahmen - Gott sei es geklagt - notwendig sind, durchgeführt werden müssen, von vielen von uns ertragen werden müssen. Das ist völlig unbestritten. ({4}) - Es geht mir darum, eine klare Antwort zu bekommen. ({5}) Diese Antwort gilt für alle von uns, daß Sicherheitsmaßnahmen, die regierungsüblich sind, regierungsüblich behandelt werden, so betrieben und so verantwortet werden. ({6})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Glos?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Bitte sehr!

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, darf ich Sie fragen ob Sie in dem Zusammenhang bereit sind, sich bei Herrn Abgeordneten Strauß zu entschuldigen, ({0}) damit das auch hier vor dem Plenum wieder richtiggestellt wird, für diese Verdächtigung, die Sie ausgesprochen haben, er habe aus mangelndem Mut die Lufthansa-Maschine nicht benutzt?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Kollege, ich habe mich - dies habe ich auch in der Debatte gesagt - ausdrücklich auf das Zitat beschränkt und mir den Vorwurf, Herr Strauß habe mangelnden Mut bewiesen, nicht zu eigen gemacht. Ich mache ihn mir auch jetzt nicht zu eigen. Wenn Sie dafür eine Erklärung haben wollen, sei sie Ihnen gerne gegeben. ({0}) - Ich zitiere dies deswegen, Herr Kollege, und fand die Sache und finde sie leider nach wie vor wichtig, weil ich weiß, daß es in der Bundesrepublik betrüblicherweise Unternehmen gegeben hat, hoffentlich nicht noch gibt, die in diesen Tagen ihren Mitarbeitern Anweisung gegeben haben, nicht mit der Lufthansa zu fliegen. ({1}) - Das glaube ich gerne. Aber dieses ist ein Thema, meine Damen und Herren, das mich beunruhigt hat. ({2}) - Ich sage es ja. - Dieses ist ein Thema, das mich beunruhigt hat und weiter beunruhigt ({3}) - gut -, weil ich jedenfalls von denjenigen, die mit solchen Tönen anderen vorwerfen, im Kampf gegen den Terrorismus, den wir gemeinsam zu bestehen haben, nicht das Nötige zu tun, erwarte, daß sie im Rahmen dessen, was ihnen möglich ist - diese Grenze muß man sehen -, vorbildlich sind und vorbildlich handeln. ({4}) Herr Kollege Strauß, ich möchte noch auf den letzten Punkt eingehen, den Sie in der Sache vorgetragen haben. Seit ich hier bin, Herr Kollege Strauß - Sie haben mich erwähnt und mich persönlich angesprochen -, haben wir Diskussionen miteinander geführt. Diese Diskussionen sind sachlich, lebhaft, von Ihnen kraftvoll, gelegentlich überkraftvoll geführt worden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Aber, Herr Strauß, Sie haben auf meine Parteitagsrede abgehoben - ich weiß sehr wohl, daß sie sich Ihnen eingeprägt hat -, und Sie haben eine Äußerung getan, die ich Ihnen nicht vergessen kann. Sie haben sie nie in Ordnung gebracht und haben es auch nie versucht. Ich habe die Sonthofener Rede hier einmal zitiert, und zwar den wirtschaftspolitischen Teil. Das war für mich nicht entscheidend. Aber Sie haben in Sonthofen gesagt - ich zitiere -: Ich möchte wissen, wie viele Sympathisanten der Baader/Meinhof-Verbrecher in der SPD- und FDP-Fraktion in Bonn sitzen. Dies, Herr Strauß, habe ich Ihnen nicht vergessen. Unter diesem Umstand weise ich es auf das entschiedenste zurück, daß Sie Herrn Hoppe sagen, er hätte in Sonthofen reden können. ({5}) Ich werde, meine Damen und Herren, auch in Zukunft Anhänger einer offenen, deutlichen und gelegentlich vielleicht auch einmal überziehenden Aussprache und Diskussion sein. Ich werde bereit sein - wie hoffentlich jeder von uns -, darüber nachzudenken, wenn man überzogen hat, und dies dann auch erklären. Ich werde auch darüber nachdenken, ob es zweckmäßig, ob es richtig war, dieses „Spiegel"-Zitat einzubringen. ({6}) Es macht mir nichts aus, wenn ich mich einmal verhauen habe, dann zu erklären: „Dies war nicht in Ordnung." Das gehört sich so. Aber, meine Damen und Herren, es gibt einige inhaltliche Punkte. Dazu gehört das, was Sie hier über den Bruch des Amtseides gesagt haben. Dazu gehört, was Sie vor einigen Jahren über Baader/ Meinhof, Sonthofen und meine Freunde und mich gesagt haben. Da, Herr Strauß, hört die Gemütlichkeit im wahrsten Sinne des Wortes auf. ({7}) - Bitte, selbstverständlich.

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002270, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Graf Lambsdorff, ist Ihnen entgangen, daß zu jener Zeit gewisse Organisationen der Regierungsparteien, zum Beispiel die Jungsozialisten in Schleswig-Holstein - ein Mitglied sitzt hier in diesem Hohen Hause - erklärt haben, daß Politiker wie Carstens, Dregger, Strauß, Stoltenberg gefährlicher und schlimmer seien als die Terroristen der Baader/Meinhof-Bande? ({0})

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Kollege Strauß, wenn diese ({0}) Äußerungen gefallen sind - ({1}) - Darf ich antworten? ({2}) Wenn diese Äußerungen gefallen sind - ich habe keinen Zweifel an der Echtheit Ihres Zitats und Ihres Vorbringens -, ({3}) ich sage, wenn dem so ist, ist dies überhaupt nicht zu billigen. Es ist aufs schärfste zu mißbilligen und zu verurteilen. ({4}) In dieser Form nicht! Aber dies berechtigt Sie nicht, ({5}) 42 Mitglieder der einen Fraktion und über 200 Mitglieder der anderen Fraktion zum Teil zu Sympathisanten der Verbrecherbande zu erklären. ({6})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Gansel?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Bitte.

Norbert Gansel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000631, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

. Kollege Lambsdorff, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß der Abgeordnete Strauß wie auch andere Mitglieder der Oppositionsfraktion diese Resolution der schleswig-holsteinischen Jungsozialisten, die eine scharfe Verurteilung der Terroristenverbrechen und der sogenannten Isolationsfolterkampagne enthält, ({0}) zum wiederholten Male in diesem Hause falsch zitiert haben und daß die korrekte Zitierweise mehreren Erklärungen entnommen werden kann, die in diesem Hause zu Protokoll gegeben worden sind? ({1})

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Kollege Gansel, ich nehme das zur Kenntnis. Aber beide Seiten werden bitte Verständnis dafür haben, daß ich hier nicht als Urkundsbeamter und Notar nachprüfen kann, was darin und was nicht darin gestanden hat. Das ist von dieser Stelle aus wohl kaum möglich. Meine Damen und Herren, ich habe noch einige Worte zum Abschluß dieser Haushaltsberatungen zu sagen, nämlich in dem Sinne, den Herr Kollege Apel vor wenigen Minuten noch einmal unterstrichen hat, wobei ich die Opposition wirklich sehr nachdrücklich - auch nach dem, Herr Windelen, was Sie heute ausgeführt haben -, darum bitte, Ihre Position noch einmal zu überdenken und darüber in eine Diskussion einzutreten. Es ist die Frage, wie notwendig gesamtwirtschaftliche Defizite zur Aufrechterhaltung des Wachstums, zur Förderung des Wachstums und zur Wiedergewinnung der Vollbeschäftigung sind, ohne daß man deswegen, wie wir heute wissen, mit keynesianischen Formulierungen oder Positionen Inflationsgefahr heraufbeschwört. Diese Frage muß ausdiskutiert werden. Es geht nicht an, daß wir uns die Größenordnung von 31 Milliarden DM hier und draußen um die Ohren schlagen und die Menschen im Lande erschrecken, das Staatsbankrottgemälde an die Wand werfen - wie es der Kollege Strauß getan hat -, ohne darüber nachzudenken und miteinander zu diskutieren, ob unser Handeln nicht angesichts der nationalen Wirtschaftslage eh schon notwendig ist, und ob es nicht angesichts der internationalen wirtschaftspolitischen Diskussion völlig unvermeidlich ist, ja das Bescheidenste dessen ist, was vertretbar ist. ({0}) Herr Kollege Windelen, wir haben ja viel Verständnis, auch der Bundesfinanzminister hat dieses Verständnis von Haus aus. Er hat vor einigen Tagen gesagt, er sei auch Haushaltsminister. Wir haben viel Verständnis für haushaltspolitische Sorgen und Bedenken. Aber wir sind nicht verhandlungs- und handlungsfähig, wenn wir den Versuch machen wollten, unter das Maß dessen an öffentlicher Ankurbelung - und zwar auf dem Weg, den wir gewählt haben und den wir für besser halten, nämlich den der Einnahmensenkung statt den der Ausgaben. erhöhung - zu gehen, wenn wir den Versuch machen wollten, da herunterzugehen - wir sind einem internationalen Druck ausgesetzt und werden ihm auch weiter ausgesetzt bleiben, dem wir sonst nicht begegnen können -, wenn wir auch nur die leisesten Abstriche von dem machen, was wir tun. Wir sind an die Grenze dessen gegangen, meine Damen und Herren, das ist unsere Meinung, was uns verantwortbar und möglich, aber auch notwendig erscheint. Wir werden diese Position nicht nur Ihnen gegenüber und gegenüber Kritik aus Ihrer Richtung, sondern auch anderen gegenüber, wo die Kritik in fordernder Art und Weise kommt, aufrechterhalten und vertreten; darin stimme ich dem Bundesfinanzninister voll zu. Wir müssen dies tun. Aber, meine Damen und Herren, hier muß eine Opposition, die die Bundesrepublik Deutschland doch auch nicht alleine in dieser Welt stehen sieht, einsehen, daß wir in einem Kräftefeld stehen und uns behaupten müssen, das so einfach, so hausgeschneidert und so hausbacken wirklich nicht behandelt werden kann oder darf, wie wir es hier manchmal tun. Wenn das Ergebnis einer solchen Haushaltsdebatte, abgesehen von den Arabesken und Seitenwegen, die nicht notwendig und nicht erfreulich waren, darin bestünde, daß wir für das wirtschaftliche Fundament der Bundesrepublik in Europa und darüber hinaus in der Weltwirtschaft miteinander mehr Verständnis entwickeln könnten, dann wäre dies der Gewinn einer Debatte, die wohl nach unser aller Eindruck nicht immer so gewesen ist, wie wir sie uns selbst wünschen und vielleicht zum Bundeshaushalt 1979 dann anders führen könnten. Ich schließe keinen von uns bei dieser Schlußbemerkung aus. Ich bedanke mich. ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, der Ausdruck „Leibeigener" in bezug auf ein Mitglied des Hauses ist unparlamentarisch. ({0}) Ich behalte mir vor, die Zwischenrufer zu rügen, sobald mir das Protokoll vorliegt. Das Wort hat der Herr Bundesminister für Forschung und Technologie.

Hans Matthöfer (Minister:in)

Politiker ID: 11001439

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bitte gestatten Sie mir, ganz kurz die LeBundesminister Matthöfer gende zu zerstören, die Herr Strauß aus Gründen, die wohl in der bayerischen Landtagswahlpolitik liegen, versucht hat aufzubauen. Meine eigenen Bemühungen in einem sehr schwierigen Spiel, den Standort Garching durchzusetzen, hat Herr Strauß selbst geschildert. Wenn man das unvoreingenommen liest und die Mechanismen und die Arbeitsweisen in Europa kennt - ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Einen Augenblick, Herr Bundesminister. Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner und bitte diejenigen Damen und Herren, die stehen, Platz zu nehmen.

Hans Matthöfer (Minister:in)

Politiker ID: 11001439

Wenn man die Mechanismen und Arbeitsweisen in Europa kennt, kann man ermessen, wie wir versucht haben, auf alle mögliche Art und Weise mit allen Kräften den Standort Garching durchzusetzen. Gestatten Sie mir, Herr Präsident, in gleicher Ausführlichkeit wie Herr Strauß, zu diesem Thema einige Zitate vorzutragen. Das erste Zitat stammt von der CDU-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Ausschusses für Energie und Forschung des Europaparlaments, Frau Dr. Hanna Walz, erschienen im Deutschland-Union-Dienst, etwa vier Wochen später in Form eines Interviews reproduziert im „Rheinischen Merkur". Frau Dr. Hanna Walz sagt: Europa, das bis jetzt beim wissenschaftlichen Wettbewerb zur Lösung der Kernfusion ganz gut „im Rennen gelegen" hat, wenn nicht gar geführt hat, wird diesen Vorsprung auf immer verlieren, wenn es nicht gelingt, unverzüglich - das Wort „unverzüglich" ist unterstrichen die Standortfrage für dieses Projekt zu entscheiden. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, ich bitte, Ihre Rede einen Augenblick unterbrechen zu dürfen. Ich bitte die Damen und Herren, die stehen, Platz zu nehmen. Ich bitte, dem Redner Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Diejenigen Damen und Herren, die Gespräche führen wollen, bitte ich, dies außerhalb des Saales zu tun. Ich möchte dringend bitten, daß wir den Redner anhören, während er spricht.

Hans Matthöfer (Minister:in)

Politiker ID: 11001439

Frau Dr. Hanna Walz fährt fort, und zwar am 3. Februar 1977, also neun Monate, bevor die Entscheidung gefallen ist - ich überspringe einige Ausführungen -: Eine unvernünftige und für Europa möglicherweise verhängnisvolle Kirchturmspolitik der französischen Regierung hat die notwendige Entscheidung über den „JET"-Standort über ein Jahr lang verhindert, obwohl sich innerhalb der EG eine Mehrheit für den britischen Standort entschieden hat, eine Mannschaft vorgesehen, Material bestellt und das Projekt selbst mehrere Jahre lang vorbereitet worden war . Für Europa ist die Kernfusionsforschung möglicherweise die letzte Chance, um in der Versorgung mit Energie langfristige Unabhängigkeit zu gewinnen. Doch die für den 20. Dezember 1976 vorgesehene Ratstagung, die die endgültige Entscheidung über den Standort treffen sollte, mußte ausfallen, weil Frankreich nicht mehr bereit war, einen der drei vorgeschlagenen Standorte Culham/England, Ispra/Italien oder Garching/Deutschland zu akzeptieren, sondern auf dem französischen Standort Caderache beharrte. Als Alternativlösung wollte es allenfalls einem Standort in einem Drittland, und zwar in der Nähe von Genf, zustimmen. Hier muß ich die Frage stellen: Wie ernst meint eigentlich Frankreich sein europäisches Engagement noch, wenn es die übrigen Länder der Gemeinschaft auf diese Weise blockiert oder zu erpressen versucht? Aber da die Frage des Standorts für das „JET"- Projekt für keines der Mitgliedsländer eine nationale Lebensfrage ist - immer noch Frau Dr. Hanna Walz sollte man erwarten dürfen, daß der letzte Rest europapolitischen Engagements schließlich doch noch zu einer Lösung führt. Die Bundesregierung ist aufgefordert, die Bemühungen des Europäischen Parlaments, - für den Standort Culham, wie aus dem ganzen Kontext hervorgeht, die von allen Parteien getragen werden, intensiver als bisher zu unterstützen. Der Abgeordnete Dr. Riesenhuber, Mitglied des Forschungs- und Technologieausschusses, schreibt in den Materialien für den CDU-Energiekongreß in Hannover: „Der JET darf an der Standortfrage nicht scheitern." Herr Dr. Strauß, Sie haben Wissenschaftler zitiert. Ich habe mit vielen Dutzend Wissenschaftlern, die auf diesem Gebiet arbeiten, gesprochen, ich habe dies sorgfältig mit ihnen diskutiert, auch die Taktik. Ich habe gefragt: Wenn wir in die Situation kommen, JET scheitern zu lassen oder nach Culham zu gehen, was soll ich dann machen? ({0}) Da war die unverzügliche Antwort aller Wissenschaftler: Culham. Da es sich hier um das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik handelt, möchte ich, Herr Präsident, zitieren, was mir der Präsident der Max-PlanckGesellschaft nach der Entscheidung geschrieben hat: Sehr geehrter Herr Bundesminister! Lieber Herr Matthöfer! Nachdem die Entscheidung für den Standort von JET gefallen ist, möchte ich Ihnen, der Bundesregierung und den Mitarbeitern Ihres Hauses für den nachhaltigen Einsatz für den Standort in Garching ganz besonders danken. Ich weiß, wie sehr Sie sich immer wieder für Garching engagiert haben. Andererseits empfinde ich es als richtig - das sagt der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft daß Sie jetzt eine Mehrheitsentscheidung akzeptiert haben. Dies ist wegen des Fortgangs der Fusionsforschung in Europa wichtig. Darüber hinaus haben Sie damit ein weitsichtiges Zeichen für die zukünftige europäische Forschungspolitik gesetzt. Jawohl, Herr Dr. Strauß, wir hätten JET scheitern lassen können, aber wir hätten damit Europa geschadet. ({1}) Für unsere nationalen Interessen ist es schädlich, daß Sie wegen Ihrer bayerischen Landtagswahlinteressen eine solche Verschwörungstheorie entwikkeln. ({2}) Sie stellen sich in die Reihe anderer CDU-Provinzpolitiker, die aus Landtagswahlinteressen heraus nationale Interessen schädigen. ({3}) Ich brauche keine weiteren Beispiele zu bringen. Herr Strauß, ich empfehle Ihnen - sie lesen ja viel -, einmal in dem von deutschen Sozialwissenschaftlern, die aus Nazi-Deutschland vertrieben worden waren, in den 40er Jahren herausgebrachten Monumentalwerk „Die autoritäre Persönlichkeit" über die Mechanismen faschistoider Agitatoren zu lesen. Sie werden dort die Verschwörungstheorie, den Verfolgungswahn und das Zeihen des Gegners der nationalen Unzuverlässigkeit als Mechanismen solcher Agitatoren wiederfinden. Ich empfehle Ihnen, nach dem Studium dieser Untersuchung Ihren Redestil und Ihre Argumentationsweise in Zukunft zu ändern, damit Sie nicht weiterhin in einen bestimmten Verdacht geraten. ({4})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache in der dritten Beratung liegen nicht mehr vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Wir kommen jetzt zu den Entschließungsanträgen, die zu einigen Einzelplänen vorliegen. Wir wenden uns zunächst dem Einzelplan 09 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft - zu, Drucksachen 8/960, 8/1285 und 8/1369. Zu diesem Einzelplan liegt auf Drucksache 8/1462 ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? ({0}) - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort anderweitig gewünscht? - Das ist auch nicht der Fall. Es ist beantragt, den Entschließungsantrag an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? Ich bitte diejenigen, die einverstanden sind, um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Wir kommen nunmehr zum Einzelplan 11 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Hierzu liegt auf Drucksache 8/1468 ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Abgeordneter Geisenhofer.

Franz Xaver Geisenhofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000653, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion darf ich den Entschließungsantrag auf Drucksache 8/1468 kurz begründen. Ihnen ist bekannt, daß die Kriegs- und Wehrdienstopfer in den letzten Jahren durch das Haushaltsstrukturgesetz vor allem bei der Erholungsfürsorge durch Einführung einer Selbstbeteiligung und durch die Einschränkung bei der Witwen- und Waisenbeihilfe - § 48 BVG - große Härten haben hinnehmen müssen. ({0}) Durch das 20. Rentenanpassungsgesetz und das 9. Kriegsopferanpassungsgesetz werden die Kriegsopfer ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Einen Augenblick, Herr Abgeordneter. Zugegebenermaßen ist es eine schwierige Situation, in der wir uns alle befinden. Ein Teil der Kollegen wartet auf die Schlußabstimmung. Dafür habe ich volles Verständnis. Dennoch werden bis dahin einige kurze Reden gehalten zu einigen wenigen Anträgen. Ich setze die Sitzung erst dann fort, wenn im Hause Ruhe eingetreten ist. ({0}) Warten Sie bitte noch einen Augenblick, Herr Abgeordneter. - Ich bitte die Kollegen, die stehen, sich zu setzen. - Ich bitte nochmals die Kollegen, die stehen, sich zu setzen und die Gespräche außerhalb des Saales zu führen. ({1}) - Ich wiederhole meine Bitte, daß sich die Kollegen, die stehen, setzen. Ich bitte, dem Redner zuzuhören. Das ist ein Gebot der Höflichkeit, ({2}) das ist aber auch notwendig im Interesse derer, die dem Redner zuhören wollen. Ich kann ja niemanden zwingen, dem Redner zuzuhören. Aber ich kann dafür sorgen - das ist meine Aufgabe -, daß diejenigen, die ihm zuhören wollen, ihn auch hören können. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Franz Xaver Geisenhofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000653, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, neben der vorgenannten Belastung gehen durch das 20. Rentenanpassungsgesetz und durch das 9. Kriegsopferanpassungsgesetz den Kriegsopfern durch die Nichtanpassung ihrer Renten im Jahre 1978 weitere 420 Millionen DM verloren. Wegen dieser Belastung sage ich ganz deutlich und mit Nachdruck: Es gibt keine Schicht im deutschen Volk, die in einer so kurzen Zeit zweimal so große Stabilitätsopfer hat bringen müssen wie die Kriegsopfer. Ich bedauere, daß in dieser viertägigen Mammutdebatte des Deutschen Bundestages nicht einmal zehn Minuten lang die Probleme der Kriegs- und Wehrdienstopfer angesprochen worden sind. ({0}) Wir haben ferner festgestellt, daß in dem Kriegsopferhaushalt, dem Einzelplan 11, im Bereich der Kriegsopferversorgung und der Kriegsopferfürsorge laut Angaben der Bundesregierung im Haushaltsausschuß ca. 110 Millionen DM eingespart worden sind. Da wir nicht wollen, daß diese Mittel verfallen oder zweckentfremdet werden, legen wir diesen Entschließungsantrag vor. Wir ersuchen darin ferner die Bundesregierung, der Aufforderung des Bundestags in der Beschlußempfehlung zum 9. Kriegsopferanpassungsgesetz - Drucksache 8/399, Ziffer 2 - umgehend nachzukommen und einen Gesetzentwurf mit strukturellen Verbesserungen im Kriegsopferrecht sobald wie möglich vorzulegen. Durch den geforderten Gesetzentwurf sollen die Härten des Haushaltsstrukturgesetzes und darüber hinaus im Rahmen des finanziell Möglichen - ich betone: im Rahmen des finanziell Möglichen - u. a. folgende Strukturverbesserungen und Härtenbeseitigungen vorgenommen werden: bei den Badekuren, bei der Kriegsopferfürsorge und -erholungsfürsorge, bei der Witwen- und Waisenbeihilfe - § 48 BVG -, bei der Elternrente, bei der Pflegezulage der Blinden, sowie Korrekturen durch Aktualisierung der Vergleichseinkommen beim Berufsschadens- und Schadensausgleich. Unser Entschließungsantrag orientiert sich an den finanziellen Möglichkeiten. Ich betone: Wir fordern keine Mehrausgaben gegenüber dem Regierungsentwurf. Aber die im Haushaltsplan eingesparten Mittel sollen wieder den Kriegsopfern zukommen. Ich bitte um Annahme des Entschließungsantrags. ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gansel.

Norbert Gansel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000631, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da dieser Antrag im wesentlichen für die Zuschauer und Zuhörer bei Fernsehen und Radio bestimmt ist, ist es notwendig, Unrichtigkeiten klarzustellen. ({0}) Erstens. Es handelt sich nicht um 110, sondern um 113,5 Millionen DM. Auch bei Kleinigkeiten im Haushalt bitte korrekt sein! ({1}) Zweitens. Es ist falsch, wie hier behauptet wird, es würden bei den Kriegsopfern 110 Millionen DM eingespart. Tatsache ist, daß eine Schätzung der Bundesregierung im Haushaltsausschuß während der Monate September bis Januar korrigiert worden ist, so daß an den über 12,2 Milliarden DM, die für die Kriegsopferversorgung vorgesehen sind, eine Korrektur in Höhe von 1 % der Gesamtsumme vorgenommen worden ist. Drittens. Hier wird vorgetäuscht, den Kriegsopfern werde etwas weggenommen. Tatsache ist, daß sämtliche Ansprüche der Kriegsopfer gesetzlich gewährleistet sind und, wie es üblich ist, notfalls durch überplanmäßige Mittel erfüllt werden können. ({2}) Viertens. Auch in diesem Jahr, in dem wir sowohl bei den Renten als auch in der Kriegsopferversorgung keine besondere Anpassung vornehmen, steigen unsere - sozial und moralisch notwendigen - Aufwendungen für unsere Kriegsopfer um 3 bis 5 °/o auf insgesamt 12,2 bis 12,4 Milliarden DM. Fünftens. Wir- haben gesehen, daß die Bundesregierung in der mittelfristigen Finanzplanung Mittel für eine Verbesserung des Bundesversorgungsgesetzes und ,der Rechtsbestimmungen für Kriegsopferfürsorge bereitgestellt hat. Wir Parlamentarier sind auf diese Summen nicht festgelegt .und insofern frei. Wir haben diese Gesetzesverbesserungen in Arbeit und wir erwarten, daß endlich ernstzunehmende, sachlich brauchbare Vorschläge der CDU vorgelegt werden. Sechstens - der letzte Punkt. Wir werden Ihnen nicht den Gefallen tun, hier einen Antrag abzulehnen, so daß dies von Ihnen in demagogischer Weise dazu genutzt werden kann, in der Öffentlichkeit vor Leuten, die die haushaltstechnischen Einzelheiten nicht kennen, zu behaupten, hier würden auf Kosten der Kriegsopfer 110 Millionen DM eingespart. Dies ist falsch. Dies ist eine Täuschung. Ich beantrage deshalb namens der SPD-Fraktion und auch der Kollegen der FDP die Überweisung dieses Entschließungsantrags an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung. ({3})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung beantragt worden. Denjenigen, der dafür ist, bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dann ist dies einstimmig so beschlossen. Ich rufe nunmehr den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Einzelplan 12 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr - auf Drucksache 8/1463 auf. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Es ist beantragt, den Entschließungsantrag an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Präsident Carstens Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Einzelplan 14 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit - auf Drucksache 8/1458 auf. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Es ist beantragt, auch diesen Entschließungsantrag an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Wir kommen zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Einzelplan 25 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - auf Drucksache 8/1379. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Herr Abgeordneter Jahn ({0}).

Dr. Friedrich Adolf Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ohne Abbau von Hemmnissen für private Investitionen geht es im freifinanzierten Mietwohnungsbau nicht wieder bergauf. ({0}) Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag gestellt. Wir möchten an dieser Stelle feststellen, daß der Bundesminister für Raumordnung, Herr Ravens, wider bessere Einsicht investitionshemmende Wirkungen von wohnungsrechtlichen Vorschriften leugnet. Er hat den Nachweis hierfür selbst erbracht. Im Mai 1977 hat er gegenüber dem Herrn Bundeskanzler zum Ausdruck gebracht - ich darf zitieren -: „Im freifinanzierten Mietwohnungsbau dekken selbst bei vergleichsweise hohem Eigenkapitaleinsatz seit Anfang der 70er Jahre die Neubaumieten nicht mehr die laufenden Ausgaben. Damit wurde offenbar" - so sagte er - „die kritische Schwelle für Investitionen überschritten. Einer erneuten Belebung der Investitionstätigkeit müßte demnach selbst bei einem weiterhin sinkenden Zinsniveau erst eine stärkere Mieterhöhung vorausgehen.„ ({1}) Fazit, meine Damen und Herren -

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, ich darf meine mehrfach ausgesprochene Bitte wiederholen: Diejenigen Kollegen, die stehen, mögen bitte Platz nehmen. Ich bitte alle Kollegen, dem Redner ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Es handelt sich wirklich nur noch um wenige Minuten. Ich bitte Sie sehr herzlich, während dieser wenigen Minuten den zwei Rednern - diesem und den folgenden - Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. - Bitte schön, Herr Kollege.

Dr. Friedrich Adolf Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Fazit, meine Damen und Herren: Ravens für Mieterhöhungen! Der Bundesbauminister hält verstärkte Anreize für private Investitionen für notwendig, doch er wird daran im eigenen Lager gehindert, diesen Worten auch Taten folgen zu lassen. Wir sagen immer: Mehr Anreize für private Investitionen - und uns wird dann entgegnet, wir würden dabei übersehen, daß man die Rentenversicherung ja für die Selbständigen geöffnet habe. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es muß nach wie vor zum Selbstverständnis eines jeden freiberuflich Tätigen gehören, daß er seinen Lebensabend nicht von der Sozialhilfe bestreitet, sondern von dem, was er persönlich in seinem Leben erarbeitet hat. Aus diesem Grunde stellen wir diesen Entschließungsantrag. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Abgeordnete Müntefering.

Franz Müntefering (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001570, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Richtig ist, daß die Hemmnisse, die den freifinanzierten Mietwohnungsbau behindern, abgebaut werden müssen. Unbewiesen ist, daß diese Hemmnisse im Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz begründet sind. ({0}) Dieser Bundestag hat 1974 beschlossen, daß die Bundesregierung Anfang 1979 einen Bericht über die Auswirkungen des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes vorlegen soll. Dieses wird pünktlich geschehen, und wir werden dann in Ruhe und Sachlichkeit und in Kenntnis der Fakten die Auswirkungen diskutieren. Damit aber Ihre Erwartungen nicht zu hoch gesetzt werden, will ich Ihnen hier gleich sagen: Ob 1978 oder 1979 - einen Kahlschlag im Mieterschutz wird es mit uns nicht geben! ({1}) Ehe Sie weiter an der Legende spinnen, daß die Hemmnisse im freifinanzierten Mietwohnungsbau im Wohnraumkündigungsschutzgesetz begründet seien, will ich Ihnen zu überlegen geben, ob nicht wesentlichere Hemmnisse in der Tatsache liegen, daß 1973/74 eine große Überproduktion von Wohnungen entstanden ist, daß 1973/74 die Baukosten so gestiegen sind, daß heute hohe Mieten verlangt werden müssen, die am Markt nicht erreicht werden können. Und es fragt sich, ob nicht in den Richtlinien der Wirtschaftsminister der Bundesländer zu dem entsprechenden Paragraphen des Wirtschaftsstrafgesetzes ein größeres Hemmnis als in diesem Wohnraumkündigungsschutzgesetz liegt. Ich komme zu den Punkten 2 und 3 Ihres Entschließungsantrages. Zum Punkt 2 mit dem Wohnungsbindungsgesetz trägt die Opposition wieder einmal Ideen vor, die Liberale und Sozialdemokraten längst zur Politik gemacht haben. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat im Bundesrat eine Gesetzgebungsnovelle zum Wohnungsbindungsgesetz vorgelegt, und wenn Ihr Herr Filbinger nicht aus übergeordneten, also parteitaktischen, Gründen sein Veto dagegen einlegt, wird diese Novelle bald bei uns vorliegen, und wir werden in unserem Ausschuß in Ruhe darüber beraten können. An der Problematik der Mietverzerrung arbeitet seit einem Dreivierteljahr eine Bund-Länder-Kommission, in der alle Parteien vertreten sind. Ihr Bericht ist fertig - das sollte Ihnen bekannt sein -, und er wird im März/April unseren Ausschuß beschäftigen, und dann werden wir dort prüfen, was zu tun ist. Ich fasse zusammen: Dieser Antrag der CDU/CSU wäre vor drei oder vier Jahren originell gewesen, heute ist er keine Alternative, sondern nur noch überflüssig. ({2}) Trotzdem sind wir natürlich herzlich gern bereit, diese Problematik mit Ihnen im Ausschuß weiter zu erörtern. Wir stimmen deshalb für Überweisung. ({3})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. ({0})

Karl Ravens (Minister:in)

Politiker ID: 11001785

Zwei Sätze möchte ich sagen. Herr Kollege Jahn, wenn Sie schon aus Kabinettsvorlagen zitieren, dann tun Sie das bitte ganz. Ich habe die Antwort darauf gegeben: Mieterhöhungen kann es in dieser Zeit in dem Ausmaß nicht geben; deswegen sollte die degressive Abschreibung wieder eingeführt werden. Wir haben die degressive Abschreibung wieder eingeführt. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt, den Entschließungsantrag an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Bevor wir zur Schlußabstimmung kommen, möchte ich vor dem noch voll besetzten Hause ein Wort des Dankes an die Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung sagen, ({0}) die während dieser anstrengenden Woche weit über die übliche Dienstzeit hinaus Dienst getan haben. Dieses Wort des Dankes richtet sich neben vielen anderen in ganz besonderer Weise an die Mitarbeiter des Stenographischen Dienstes. ({1}) Wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmunc über das Haushaltsgesetz 1978. Es ist namentlich€ Abstimmung beantragt. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß wi nach dieser namentlichen Abstimmung noch über zwei weitere Entschließungsanträge der Fraktior der CDU/CSU zum Haushaltsgesetz 1978 sowie über die Beschlußfassung des Vermittlungsausschusses abstimmen werden. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Meine Damen und Herren, nach Fühlungnahme mit den Fraktionen möchte ich dem Hause vorschlagen, daß wir, während die Stimmen ausgezählt werden, in der Abwicklung unserer Tagesordnung fortfahren. Dies kann nur geschehen, wenn das Haus einverstanden ist. Erhebt sich gegen meinen Vorschlag Widerspruch? - Ich stelle fest, daß das Haus einverstanden ist. Zum Haushaltsgesetz 1978 liegen zwei Entschließungsanträge der Fraktion der CDU/CSU vor. Zuerst rufe ich den Entschließungsantrag Drucksache 8/1479 auf. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Drucksache 8/1479 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe den Entschließungsantrag. der CDU/CSU- Fraktion auf Drucksache 8/1480 ({2}) auf. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Bei diesem Entschließungsantrag ist Überweisung an den Haushaltsausschuß beantragt. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen. Ich rufe nunmehr den Zusatzpunkt zur Tagesordnung auf: Beratung des Antrags des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({3}) zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Graduiertenförderungsgesetzes - Drucksache 8/1478 Berichterstatter: Abgeordneter Kleinert Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zur Abgabe einer Erklärung gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall. Damit kommen wir zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 8/1478 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses einstimmig angenommen. Meine Damen und Herren, wir warten jetzt auf las Ergebnis der Aufzählung der namentlichen Abtimmung. Ich darf das vorläufige Ergebnis der namentlihen Abstimmung über den Haushaltsplan 1978 beanntgeben. Von den uneingeschränkt stimmbeechtigten Abgeordneten haben 252 mit Ja und 237 lit Nein, von den Berliner Abgeordneten 11 mit Ja nd 11 mit Nein gestimmt. Insgesamt sind demnach 89 Stimmen von uneingeschränkt stimmberechtigen Abgeordneten und 22 Stimmen von Berliner bgeordneten abgegeben worden. Präsident Carstens Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen 489 und 22 Berliner Abgeordnete; davon ja: 251 und 11 Berliner Abgeordnete nein: 237 und 11 Berliner Abgeordnete ungültig: Ja SPD Adams Ahlers Dr. Ahrens Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Dr. Bardens Batz Dr. Bayerl Becker ({4}) Biermann Bindig Blank Dr. Böhme ({5}) Frau von Bothmer Brandt Brandt ({6}) Brück Buchstaller I Büchler ({7}) Büchner ({8}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Conradi Coppik Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dr. von Dohnanyi Dürr Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({9}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fellermaier Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Franke ({10}) Friedrich ({11}) Gansel Gerstl ({12}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haase ({13}) Haehser Hansen Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Höhmann Hoffmann ({14}) Hofmann ({15}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Ibrügger Immer ({16}) Jahn ({17}) Jaunich Dr. Jens ({18}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Kirschner Klein ({19}) Koblitz Konrad Kratz Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lange Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lemp Lenders Frau Dr. Lepsius Liedtke Dr. Linde Lutz Mahne Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({20}) Meinike ({21}) Meininghaus Menzel Möhring Müller ({22}) Müller ({23}) Müller ({24}) Müller ({25}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Neumann Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({26}) Rappe ({27}) Frau Renger Reuschenbach Rohde Rosenthal Roth Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({28}) Dr. Schäfer ({29}) Scheffler Scheu Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({30}) Schmidt ({31}) Schmidt ({32}) Schmidt ({33}) Schmidt ({34}) Schmidt ({35}) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Sçhmude Dr. Schöfberger Schreiber Schulte ({36}) Dr. Schwencke ({37}) Dr. Schwenk ({38}) Seefeld Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Dr. Spöri Stahl ({39}) Dr. Staudt Dr. Steger Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Ueberhorst Urbaniak Dr. Vogel ({40}) Vogelsang Voigt ({41}) Waltemathe Walther Dr. Weber ({42}) Wehner Weißkirchen ({43}) Wendt Dr. Wernitz Westphal Wiefel Wilhelm Wimmer ({44}) Wischnewski Dr. de With Wittmann ({45}) Wolfram (Recklinghausen: Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({46}) Dr. Dübber Egert Männing Mattick Frau Schlei Schulze ({47}) Sieglerschmidt FDP Angermeyer Dr. Bangemann Baum Cronenberg Eimer ({48}) Engelhard Frau Funcke Gärtner Gallus Gattermann Genscher Grüner Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann Hölscher Hoffie Jung Kleinert Dr.-Ing. Laermann Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier Mischnick Möllemann Ollesch Paintner Peters ({49}) Schäfer ({50}) Schmidt ({51}) von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller Dr. Wendig Wolfgramm ({52}) Wurbs Zywietz Berliner Abgeordnete Hoppe Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. van Aerssen Dr. Aigner Alber Dr. Althammer Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha Dr. Becher ({53}) Dr. Becker ({54}) Frau Benedix Benz Berger ({55}) Berger ({56}) Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Dr. von Bismarck Dr. Blüm Präsident Carstens Blumenfeld Böhm ({57}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Broll Bühler ({58}) Burger Carstens ({59}) Carstens ({60}) Conrad ({61}) Dr. Czaja Damm Daweke Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Engelsberger Erhard ({62}) Ernesti Dr. Evers Ey Eymer ({63}) Dr. Eyrich Feinendegen Frau Fischer Francke ({64}) Franke Dr. Friedmann Dr. Früh Dr. Fuchs Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern Dr. George Gerlach ({65}) Gerstein Gerster ({66}) Gierenstein Glos Dr. Gruhl Haase ({67}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann Hasinger von Hassel Hauser ({68}) Hauser ({69}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({70}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({71}) Dr. Jahn ({72}) Dr. Jahn ({73}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({74}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Katzer Kiechle Dr. h. c. Kiesinger Dr. Klein ({75}) Klein ({76}) Dr. Klepsch Dr. Köhler ({77}) Dr. Köhler ({78}) Köster Dr. Kohl Kolb Krampe Kraus Dr. Kreile Krey Kroll-Schlüter Dr. Kunz ({79}) Lagershausen Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Laufs Lemmrich Dr. Lenz ({80}) Lenzer Link Lintner Löher Dr. Luda Lücker Dr. Marx Dr. Mende Dr. Mertes ({81}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Möller Dr. Müller Müller ({82}) Müller ({83}) Dr. Müller-Hermann Dr. Narjes Neuhaus Frau Dr. Neumeister Niegel Nordlohne Frau Pack Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Dr. Probst Rainer Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({84}) Dr. Riedl ({85}) Dr. Riesenhuber Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Rühe Russe Sauer ({86}) Sauter ({87}) Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein Dr. Schäuble Schartz ({88}) Frau Schleicher Schmidhuber Schmidt ({89}) Schmitz ({90}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({91}) Schröder ({92}) Schröder ({93}) Dr. Schulte ({94}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwörer Seiters Sick Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spilker Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({95}) Dr. Starke ({96}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Stücklen Stutzer Susset de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({97}) Vogt ({98}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Frau Dr. Walz Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Wawrzik Weber ({99}) Weiskirch ({100}) Dr. von Weizsäcker Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer ({101}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({102}) Dr. Wörner Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Ziegler Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({103}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({104}) Luster Müller ({105}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe - Das Haushaltsgesetz ist somit beschlossen. Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende unserer Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 15. Februar 1978, 13 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.