Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 64. Sitzung des Deutschen Bundestages, die erste Sitzung im Jahre 1978. Ich wünsche allen hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen ein gutes neues Jahr in Gesundheit und mit viel Glück und Erfolg.
Vor Eintritt in die Tagesordnung weise ich auf eine Liste von, Vorlagen - Stand 13. Dezember 1977 - hin, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: Bericht der deutschen Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die 23. Jahrestagung vom 17. bis 24. September 1977 in Paris ({0})
zuständig: Auswärtiger Ausschuß ({1})
Verteidigungsausschuß
Betr.: UNESCO-Empfehlung über die Teilnahme und Mitwirkung aller Bevölkerungsschichten am kulturellen Leben ({2})
zuständig: Innenausschuß ({3})
Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zur
Vereinfachung der Zollverfahren, des Zollrechts sowie institutioneller Methoden für die Prüfung von Zollfragen ({4})
zuständig: Finanzausschuß
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments mit seiner Stellungnahme zu dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für eine Entscheidung zur Verabschiedung des Jahresberichts über die Wirtschaftslage der Gemeinschaft sowie zur Festlegung der wirtschaftspolitischen Leitlinien für 1978 ({5})
zuständig: Ausschuß für Wirtschaft ({6})
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zur Zuerkennung von Sonderrechten an Bürger der Europäischen Gemeinschaft in Durchführung des Beschlusses der Pariser Gipfelkonferenz vom Dezember 1974 ({7}) ({8})
zuständig: Rechtsausschuß ({9})
Innenausschuß
Erhebt sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch? - Ich stelle fest, daß das nicht der Fall ist und daß das Haus mit den vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden ist.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16. Dezember 1977 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zu dem Abkommen vom 19. September 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien über den Luftverkehr
Gesetz zu dem Abkommen vom 17. November 1975 zur Änderung des Vertrages vom 8. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Regelung der Zusammenarbeit in der Emsmündung ({10})
Gesetz zu dem Abkommen vom 14. Dezember 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Korea zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Neuntes Gesetz zur Änderung des Wehrsoldgesetzes
Gesetz zu dem Vertrag vom 24. Juni 1976 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die
Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. Mai 1969 über die an Verfahren vor der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen
Gesetz zu dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und zu dem Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen
Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Ziviloder Handelssachen
Gesetz zu dem Ergänzungsprotokoll vom 15. Juni 1973 zur Änderung des Abkommens vom 23. August 1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern sowie eines Schlußprotokolls
Gesetz zu dem Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds in der Fassung von 1976 ({11})
Gesetz zu dem Internationalen Kakao-Übereinkommen von 1975
Drittes Gesetz zur Änderung des Arbeitsplatzschutzgesetzes Zwölftes Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes
Gesetz über das Inkrafttreten der Vorschriften über die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt
Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur
Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes Auslandskostengesetz ({12})
Gesetz zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch und städtebaulich wertvoller Gebäude
Gesetz zur Regelung zusätzlicher Fragen dei Ausbildungsplatzförderung
In seiner Sitzung am 16. Dezember 1977 hat der Bundesrat ferner beschlossen, hinsichtlich des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Graduiertenförderungsgesetzes ({13}) zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1354 verteilt.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vom 6. Dezember 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Köhler ({14}), Dr. Hornhues, Klein ({15}), Frau Benedix, Daweke, Frau Krone-Appuhn, Dr. Pfennig, Dr. Müller, Rühe, Schmidt ({16}), Frau Dr. Wilms, Frau
Präsident Carstens
Dr. Wisniewski und der Fraktion der CDU/CSU betr. Situation . der deutschen Schulen im Ausland ({17}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1346 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 20. Dezember 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Dr. Probst, Dr. Laufs, Pfeifer, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Pfeffermann, Frau Dr. -Walz, Gerlach ({18}), Dr. Stavenhagen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorschriften, die zum Bau eines Kernkraftwerkes zu beachten sind, und die Überprüfung dieser Vorschriften ({19}) beantwortet. Sein Sehreiben ist als Drucksache 8/1389 verteilt.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 16. Dezember 1977 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz, dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller ({20}), Pfeifer, Erhard ({21}), Dr. Hornhues, Frau Benedix, Daweke, Dr. Probst, Frau Krone-Appuhn, Prangenberg, Dr. Rose, Frau Dr. Wilms, Frau Dr. Wisniewski, Rühe und der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterhaltspflicht der Eltern und Bundesausbildungsförderungsgesetz ({22}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1393 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 6. Januar 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lattmann, Weißkirchen ({23}), Dr. Penner, Frau Schuchardt, Schäfer ({24}), Dr.-Ing. Laermann, Hölscher, Dr. Wendig, Wolfgramm ({25}), Kleinert und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Sicherung der Vollausbildung ({26}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1411 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 9. Januar 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klein ({27}), Frau Dr. Walz, Dr. von Geldern, Dr. Hupka, Klein ({28}), Metz, Dr. Narjes, Dr. Probst, Schmidhuber, Dr. Schwarz-Schilling, Dr. Stercken, Wohlrabe und der Fraktion der CDU/CSU betr. Gewinne bzw. Kostenüberschüsse der Deutschen Bundespost aus den Fernmeldeübersdiüssen ({29}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1412 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 6. Januar 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Hoffmann ({30}), Dr. Jobst, Sick, Frau Berger ({31}), Hanz, Feinendegen, Milz, Weber ({32}), Susset, Pfeffermann, Dreyer, Dr. Waffenschmidt, Ziegler, Frau Dr. Wex, Frau Tübler, Frau Hürland, Frau Pack, Frau Verhülsdonk, Frau Fischer, Frau Dr. Neumeister, Frau Krone-Appuhn, Weiskirch ({33}), Frau Dr. Riede ({34}), Dr. Langguth, Sauter ({35}), Dr. Jenninger, Frau Dr. Wisniewski und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Sozialtarife der Deutschen Bundesbahn im Schienenpersonenfernverkehr ({36}) beanwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1413 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 13. Januar 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schmidhuber, Dr. Waigel, Pieroth, Dr. Zeitel, Hauser ({37}), Dr. Warnke, Kraus, Niegel, Dr. Jahn ({38}), Josten, Köster, Landré, Feinendegen, Dr. Kunz ({39}), Schröder ({40}), Dr. Bötsch, Schedl, Dreyer, Sick, Lampersbach, Kittelmann, Dr. Sprung, Dr. Köhler ({41}), Dr. Hoffacker, Dr. Becker ({42}), von der Heydt Freiherr von Massenbach, Kolb, Kiechle, Tillmann, Dr. Unland, Dr. Jobst, Haberl, Biehle, Dr. Stark ({43}),. Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung von Existenzgründungen ({44}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1422 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 13. Januar 1978 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Narjes, Dr. Dollinger, Blumenfeld, Dr. Müller-Hermann und der Fraktion der CDU/CSU betr. Behinderung der Importe von Schiffen und Schiffsmaterialien aus der EG in die USA ({45}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1425 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 14. Dezember 1977 mitgeteilt, daß sich die Behandlung der nachstehenden Vorlagen durch die Beratungen im Ministerrat überholt haben:
Vorschlag einer Verordnung ({46}) des Rates über bestimmte Maßnahmen zur Vermeidung von Mißbräuchen durch den Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse an Bord von Schiffen ({47})
Vorschlag einer Verordnung ({48}) des Rates zur Festlegung bestimmter Übergangsmaßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände ({49})
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 22. Dezember 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Verordnung ({50}) des Rates zur Änderung der Verordnungen ({51}) Nr. 1599/75 und Nr. 706/76 über die Regelung für landwirtschaftliche Erzeugnisse und bestimmte aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren mit Ursprung in den Staaten in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean oder in den überseeischen Ländern und Gebieten ({52})
Verordnung ({53}) des Rates zur Änderung der Verordnungen ({54}) Nr. 2778/75 über die Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für Eier und Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif ({55})
Verordnung ({56}) des Rates zur Änderung der Verordnungen ({57}) Nr. 2773/75 über die Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für Eier und Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif ({58})
Empfehlung einer Verordnung ({59}) des Rates über den Abschluß des Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Tunesischen Republik zur Festsetzung des vom 1. November 1977 bis 31. Oktober 1978 geltenden Zusatzbetrages, der bei der Einfuhr von nicht behandeltem Olivenöl mit Ursprung in diesen Ländern in die Gemeinschaft von der Abschöpfung abzuziehen ist
Empfehlung einer Verordnung ({60}) des Rates über den
Abschluß des Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Marokko zur Festsetzung des vom 1. November 1977 bis 31. Oktober 1978 geltenden Zusatzbetrages, der bei der Einfuhr von nicht behandeltem Olivenöl mit Ursprung in diesen Ländern in die Gemeinschaft von der Abschöpfung abzuziehen ist
Empfehlung einer Verordnung ({61}) des Rates über den Abschluß des Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien zur Festsetzung des vom 1. November 1977 bis 31. Oktober 1978 geltenden Zusatzbetrages, der bei der Einfuhr von nicht behandeltem Olivenöl mit Ursprung in diesen Ländern in die Gemeinschaft von der Abschöpfung abzuziehen ist
Empfehlung einer Verordnung ({62}) des Rates über den Abschluß des Abkommens in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei zur Festsetzung des vom 1. November 1977 bis 31. Oktober 1978 geltenden Zusatzbetrages, der bei der Einfuhr von nicht behandeltem Olivenöl mit Ursprung in diesen Ländern in die Gemeinschaft von der Abschöpfung abzuziehen ist
Vorschlag einer Verordnung ({63}) des Rates zur Änderung von Artikel 9 der Verordnung ({64}) Nr. 1180/77 über die Einfuhr bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Ursprung in der Türkei in die Gemeinschaft
Vorschlag einer Verordnung ({65}) des Rates zur Änderung der Verordnungen ({66}) Nr. 1508/76, 1514/76 und 1521/76 über die Einfuhren von Olivenöl mit Ursprung in Tunesien, Algerien und Marokko ({67})
Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 14. Dezember 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß übereingekommen ist, von einer Berichterstattung über die nachstehende Vorlage abzusehen, da die Kommission die Erarbeitung eines geänderten Vorschlags beabsichtigt:
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der illegalen Wanderung und der illegalen Beschäftigung ({68})
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vorn 4. Januar 1978 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Nachtrag zum Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1977 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Nachtrag liegt im Archiv zur Einsicht aus.
Überweisung einer Zollvorlage
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehende Vorlage überwiesen:
Aufhebbare verkündete Zweinundsechzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - ({69})
Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um
rechtzeitige Vorlage des Berichts dem Plenum am 17. März 1978
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 8/1417 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das neue Ehescheidungsrecht in einer Reihe von Bestimmungen, insbesondere im Bereich der Scheidungsfolgen, für die Betroffenen so ungerechte Nachteile mit sich bringt, daß die Zahl der Eheschließungen zur Vermeidung solcher Ungerechtigkeiten seit Inkrafttreten des Gesetzes zurückgegangen ist, und wird die Bundesregierung die Überprüfung und geeignetenfalls Abschaffung eheverhindernder oder ehebeeinträchtigender Scheidungsrechtsnormen veranlassen bzw. einleiten?
Ein Rückgang der Zahl der Eheschließungen infolge des neuen Scheidungsrechts läßt sich nicht feststellen. Die Anzahl der Eheschließungen, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, zeigt in der Bundesrepublik Deutschland seit 1960 eine rückläufige Tendenz. Im Jahre 1960 kamen auf 1 000 Einwohner 9,4 Eheschließungen. 1970 waren es nur noch 7,3. Im Jahre 1976 sanken die Eheschließungen weiter auf 5,9 je 1 000 Einwohner. Eine Rückfrage bei den Standesämtern Bonn und Köln hat ergeben, daß sich die rückläufige Tendenz im Jahre 1977 in derselben Größenordnung wie im bisherigen Verlauf der 70er Jahre fortgesetzt zu haben scheint. Das am 1. Juli vergangenen Jahres in Kraft getretene Scheidungsrecht hat somit in den Eheschließungszahlen keinen nachweisbaren Niederschlag gefunden. Die Entwicklung der Eheschließungszahlen hat andere Ursachen. Die Voraussetzungen, von denen Ihre Frage, Herr Kollege Spranger, ausgeht, sind also nicht zutreffend, so daß sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen. Gleichwohl wird die Bundesregierung die Entwicklung weiterhin aufmerksam verfolgen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Zeitschrift des Deutschen Familienverbandes - „Die Familie" - in ihrer Januar-Ausgabe 1978 als negative Folgen des neuen Scheidungsrechts unter anderem beklagt: die längere Dauer teurer gewordener Prozesse, schwerwiegende Probleme beim Versorgungsausgleich und der Zuteilung der Kinder und daß bei den finanziellen Scheidungsfolgen in vielen Bereichen Gesetzesmißbrauch möglich ist und praktiziert wird?
Zunächst einmal ist festzustellen, daß dieses Gesetz mit großer Zustimmung des Bundestages verabschiedet wurde. Zum zweiten läßt sich ganz sicher nicht eine endgültige Beurteilung über dieses neue Eherecht abgeben, nachdem dieses erst seit einem halben Jahr in Kraft ist. Ich gehe davon aus, daß die Zeit erweisen wird, daß dieses Gesetz mehr Gerechtigkeit für Mann und Frau bringt und daß sich die Schwierigkeiten, die sich anfänglich zeigen mögen, abschleifen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.
Herr Staatssekretär, zwingt nicht die Tatsache, daß laut Deutschem Familienverband immer mehr Bürger die Regelungen des neuen Gesetzes durch private Eheverträge ersetzen, um den als ungerecht empfundenen Regelungen auszuweichen, die Bundesregierung zum baldigen Handeln, und ist diese Tatsache nicht ein überzeugender Beweis für schwerwiegende, die Bürger zu privaten Ersatzregelungen zwingende Gesetzesmängel?
Keineswegs. Ich sagte bereits, daß wir erst seit einem halben Jahr
Erfahrung besitzen und dieser Zeitraum keineswegs ausreichen kann, den Wert einer Reform zu beurteilen. Zum zweiten - ich wiederhole mich, betone es aber nochmals -: Wir werden geraume Zeit abwarten müssen. Dann werden wir sehen, daß dieses Gesetz nicht nur verstanden wird, sondern, wie ich ausführte, mehr Gerechtigkeit für Mann und Frau zu bringen imstande ist und all die Unzuträglichkeiten auf die Seite räumt, mit denen wir es beim alten Eherecht zu tun hatten. Ich warne ausdrücklich vor vorschnellen Beurteilungen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weber.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir denn nicht darin zu, daß der Deutsche Familienverband diesen von Herrn Kollegen, Spranger angeblich beklagten Rückgang der Ehescheidungsverfahren im Interesse der Erhaltung der Familien doch eher begrüßen statt beklagen müßte?
Es ist nicht meine Aufgabe, Zensuren gegenüber Verbänden zu erteilen. Aber die Grundtendenz Ihrer Frage muß ich natürlich bejahen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen Umfragen bekannt, wonach jüngere Leute vor der Eingehung der Ehe deshalb zurückscheuen, weil der andere Partner - unter Umständen unter Mitnahme erheblicher versorgungsrechtlicher Vorteile - nach Einhaltung einer gewissen Automatik einfach davonlaufen kann?
Solide statistische Umfragen auf diesem Bereich sind mir nicht bekannt. Ich glaube auch nicht, daß es solche geben wird.
({0})
Sie stünden im Widerspruch zu den von mir genannten statistischen Zahlen.
Ich darf zur Erhärtung dessen auf folgendes verweisen: Seit 1970 fällt die Eheschließungsrate konstant um 0,3 %, bis 1975, wo offensichtlich im Vorgriff auf 1976 plötzlich eine Zunahme zu verzeichnen war. Deswegen gab es von 1975 auf 1976 ein Fallen um 0,4 %. Wenn man aber 1975 und 1976 addiert und ins Verhältnis setzt, bleibt die Konstantheit der abfallenden Kurve seit 1970 gleichwohl erhalten. Wenn ich dann noch erwähne, was ich bereits ausgeführt habe, daß sich nämlich auf Grund der Rückfragen bei den Standesämtern von Bonn und Köln nichts anderes abzeichnet, dann, meine ich, ist es nicht gerechtfertigt, zu behaupten, hier gebe es eine deutlich fallende Rate der Eheschließungen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Emmerlich.
Herr Staatssekretär, meinen Sie, daß es mit einer partnerschaftlichen Auffassung von der Ehe in Übereinstimmung zu bringen ist, daß während der Ehe erworbene Ansprüche und Anwartschaften auf Alterssicherung im Falle der Auflösung der Ehe nicht hälftig auf die Ehepartner aufgeteilt werden, und gehört es nicht zum Unterhaltsanspruch während der Ehe, dafür zu sorgen, daß Alterssicherungsansprüche für beide Ehepartner in gleicher Weise entstehen und erhalten bleiben?
Wir haben den Zugewinnausgleich seit 1957, also seit rund 20 Jahren, eingeführt. Jedermann betrachtet dies als gerechten Ausgleich zwischen Mann und Frau. Der Versorgungsausgleich setzt das Prinzip des Zugewinnausgleichs für die Alterssicherung fort. Die Grundtendenz des Gesetzes weist darauf hin, daß dies die Regel sein soll. Deswegen kann es von seiten der Bundesregierung nur begrüßt werden, wenn es davon so wenig Ausnahmen wie möglich geben soll. Gleichwohl gestattet das Gesetz Ausnahmen hiervon. Es ist in aller Regel für Mann und Frau ganz sicher besser, wenn auch das hälftig geteilt wird, was beide während der Ehe für die Altersversorgung erworben haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, liegen der Bundesregierung Ergebnisse über detaillierte Entwicklungen der Ehescheidungsraten seit Juli letzten Jahres, seit 1977, seit Inkrafttreten des neuen Ehegesetzes, vor?
Es liegen uns Ergebnisse vor, aber diese geben ganz sicher kein sehr durchsichtiges Bild, weil, wie ich sagte, das neue Ehescheidungsrecht ja erst seit einem halben Jahr in Kraft ist. Es sind im übrigen auch sehr viele Verfahren anhängig. Das ist bei jeder neuen Reform so.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordneter Dr. Wex.
Herr Staatssekretär, wenn Sie als einzigen Beweis für die Gerechtigkeit des neuen Ehescheidungsrechts anführen, daß die Eheschließungsraten seit 1970 eine abfallende Tendenz haben, müßten Sie doch folgern können, daß bei dem Gefühl, daß eine neue Gerechtigkeit eingetreten sei, die Eheschließungsraten steigen müßten. Halten Sie es nicht für angebracht, seitens der Regierung wenigstens auf die Problematik einzugehen, die sich nach diesem neuen Gesetz ergibt? Das wäre eine für den ganzen Bundestag wichtige Auskunft.
Zunächst einmal gibt es eine Reihe von Äußerungen, die behaupten, das neue Ehescheidungsrecht habe zur Folge, daß es deutlich weniger Eheschließungen gebe. Auf diese
Behauptung habe ich der Frage nach zu antworten und geantwortet, diese Behauptung treffe nicht zu. Das darf ich erneut unterstreichen. Wenn das so ist, ist jede Wertung unzutreffend, die behauptet, daß das neue Eherecht unziemliche Auswirkungen auf die Eheschließung habe.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Herr Staatssekretär, können Sie mir im Hinblick auf das alte Bürgerliche Gesetzbuch bestätigen, daß die Neuregelung des Versorgungsausgleichs im neuen Ehescheidungsrecht den geschiedenen Frauen wesentlich mehr Gerechtigkeit für die Altersversorgung bringt?
Ich kann dies bestätigen. Ich werde das Gefühl nicht los, daß die vielen Kritiker zu sehr einseitig von der Position des Mannes her urteilen und völlig vergessen, in welcher negativen Position die Frau vorher war und daß sie jetzt zum erstenmal in diesem Bereich gleichgezogen hat.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin.
Herr Staatssekretär, können Sie meine gefühlsmäßige Auffassung bestätigen, daß es wohl kaum für eine Eheschließung maßgeblich sein dürfte, wie das Scheidungsrecht ausgestaltet ist?
Dies ist grundsätzlich auch meine Auffassung. Die Zahlen, die ich nannte, bestätigen dies.
Meine Damen und Herren, jeder Abgeordnete hat zu einer Frage nur eine Zusatzfrage.
Herr Abgeordneter Broll, die nächste Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, demnächst die Zahlen über die Entwicklung der Eheschließungen bis Mitte 1977 zu veröffentlichen?
Wir sind bereit, auf Anfrage alle Zahlen offenzulegen, die auch uns bekannt sind. Das bedarf keiner Frage. Ich glaube, daß es überhaupt keinen Anlaß gibt, daran zu zweifeln, daß wir dies tun.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Will-Feld. - Es tut mir leid, Frau Abgeordnete Wex, Sie haben keine Zusatzfrage mehr.
Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Folgen des Scheidungsrechts sich insonderheit aus einer gewissen Diskrepanz
zwischen dem Zerrüttungsprinzip und den wirtschaftlichen Scheidungsfolgen ergeben?
Ich sehe keine Diskrepanz zwischen dem Zerrüttungsprinzip und den im Gesetz geregelten Folgen für den Unterhalt und für die Altersversorgung. Was ich sehe, ist, daß jede große neue Reform zunächst einmal Anlaufschwierigkeiten hat, auch diese. Dies haben wir immer, auch vor der Verabschiedung des Gesetzes, gesagt; wir haben immer darauf hingewiesen.
Meine Damen und Herren, ich will weitere Fragen in gar keiner Weise einschränken. Ich möchte nur meinerseits die Frage stellen, ob die Problematik, die hier angesprochen wird, wirklich in dieser Form des Frage-und-Antwort-Spiels vollständig aufgehellt werden kann.
({0})
- Es war eine rhetorische Frage, Herr Kollege Schäfer.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Traupe.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, welche Zeit Gerichte, Anwälte und Behörden benötigt haben, um das BGB, das am 1. Januar 1900 in Kraft getreten ist, ohne größere Schwierigkeiten anzuwenden?
Es gibt darüber naturgemäß keine statistischen Erhebungen. Aber es liegen - wie ich meine - genügend Berichte aus der damaligen Zeit vor, die mit erheblicher Kritik nicht gespart haben und auch darauf hinwiesen, daß es gewisse Anlaufschwierigkeiten gab. Das liegt in der Natur der Sache.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Dann danke ich dem Herrn Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung steht Frau Staatssekretär Fuchs zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 der Frau Abgeordneten Dr. Lepsius auf:
Wie kann die Bundesregierung sicherstellen, daß Frauen bei der Berufsfindung und Arbeitsvermittlung verstärkt für sogenannte typische Männerberufe interessiert werden, und wieviel zusätzliche Stellen müßten für diese Aufgabe bei der Bundesanstalt für Arbeit zusätzlich bereitgestellt werden?
Bitte schön, Frau Staatssekretär.
Frau Abgeordnete, die Bundesregierung weiß um die Bedeutung, die einer breiteren und zukunftsorientierten Berufsausbildung von Mädchen für den Abbau der Benachteiligungen von Frauen in unserer Gesellschaft zukommt. Sie ist deswegen seit Jahren bemüht, die
Frauen für ein vielfältiges Angebot an Berufen, besonders gewerblich-technischer Art, zu interessieren und Ihnen entsprechende Ausbildungen zu ermöglichen.
Um die Möglichkeiten für eine intensive Berufsorientierung in den Schulen zu verbessern und die Mädchen auch über die besonderen Probleme ihrer Berufs- und Arbeitsplatzwahl eingehend zu beraten, hat die Bundesregierung die Erhöhung des Beratungs- und Vermittlungspersonals bei der Bundesanstalt für Arbeit um insgesamt 1 600 Kräfte im Haushaltsjahr 1978 genehmigt. Die Bundesanstalt für Arbeit weist bei ihrer Beratungstätigkeit auch verstärkt darauf hin, daß den Mädchen und Frauen mehr Berufe offenstehen, als allgemein angenommen wird.
Die Bundesregierung ist sich allerdings bewußt, daß durch diese Maßnahmen kurzfristig kaum sichergestellt werden kann, daß sich viele Frauen für sogenannte typische Männerberufe interessieren. Die Berufsfindung ist das Ergebnis eines langen Lern- und Entscheidungsprozesses. Hinzu kommt, daß selbst bei einem Interesse von Frauen für neue Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt häufig noch Schwierigkeiten für eine dauerhafte Verwirklichung derartiger Berufswünsche bestehen. Denn Voraussetzung dafür ist auch die Bereitschaft der Arbeitgeber, solche ausgebildeten weiblichen Fachkräfte einzustellen.
Das von Ihnen angestrebte Ziel wird sich daher nur schrittweise auf der Grundlage einer breiten Überzeugungsarbeit in allen Bereichen der Gesellschaft erreichen lassen, an der die Bundesregierung nach Kräften mitwirken wird.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Frau Staatssekretärin, kann die Bundesregierung sicherstellen, daß die Bundesanstalt für Arbeit bei den zusätzlich zur Verfügung gestellten Stellen mit der Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen in ihrem Amtsbereich mit gutem Beispiel vorangeht, indem, wie mir ja auch in einer Antwort der Bundesregierung im September vergangenen Jahres zugesagt wurde, Anträgen auf Umwandlung eines Vollzeitarbeitsplatzes im qualifizierten Beratungsbereich in zwei qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze mit einer 20-Stunden-Regelung tatsächlich entsprochen wird?
Die Bundesregierung kann das nicht sicherstellen, weil sie auf die Bundesaristalt nicht den Einfluß hat, von dem Sie in Ihrer Frage ausgehen. Aber ich will zur Frage der Teilzeitarbeit noch generell etwas sagen, und ich komme im Zusammenhang mit einer anderen Frage darauf noch zurück. Es ist richtig, daß wir den öffentlichen Dienst, zu dem auch die Bundesanstalt zählt, aufgefordert haben, verstärkt qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, und dem wird auch nachgegangen. Die Frauen in unserer Gesellschaft sind auf diese Teilzeitarbeitsplätze
angewiesen. Ich bin im Moment nicht informiert, wie viele Teilzeitarbeitsplätze nach Ihrer Anfrage in der Bundesanstalt konkret installiert worden sind. Aber ich werde dieser Frage nachgehen, um Ihnen die Zahlen nennen zu können.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Frau Staatssekretärin, würde nach Ihren Ausführungen die Bundesregierung aus den Untersuchungen der Max-Planck-Gesellschaft Konsequenzen insoweit ziehen können, als hier klargeworden ist, daß die Berufsorientierung der Frauen lediglich subsidiär zu sehen ist und hier verstärkte Öffentlichkeitsarbeit ansetzen müßte?
Es gibt viele Untersuchungen des Max-Planck-Instituts. Ich nehme an, Sie meinen die Untersuchung darüber, in welcher Art und Weise die Berufsfindung für Mädchen vorgenommen wird und welche Schwierigkeiten sich für Mädchen ergeben, einen ihren Neigungen und Interessen entsprechenden Beruf zu erlernen. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß es eine ganz zentrale Frage sein wird, mit welcher Einstellung Frauen und Mädchen in das Erwerbsleben eintreten, und daß wir alle miteinander dafür zu sorgen haben, daß die Erwerbstätigkeit der Frau nicht als etwas Subsidiäres angesehen wird, sondern daß die Frauen die Erwerbstätigkeit als eine wichtige Entscheidung für ihr Leben begreifen.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Hürland.
Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bewußt, daß wir seit sehr langer Zeit, nämlich seit etwa drei Vierteljahren, auf die Frage an die Bundesregierung, wie die Bundesanstalt für Arbeit Sonderaktionen durchführen. will, z. B. die neue Aufgabe der Rehabilitation, stereotyp die Antwort bekommen, es würden 1 600 neue Vermittlungskräfte eingestellt? Wie erklären Sie sich weiter, daß die Zahl der durch die Vermittler Betreuten von durchschnittlich 800 seit dieser Zeit nicht gesunken ist?
Wenn Sie das Thema Rehabilitation ansprechen, so glaube ich, daß diese Frage nicht unmittelbar mit dem Bereich der Arbeitsmarktpolitik zusammenhängt, nach der in der eingereichten Frage gefragt worden ist. Ich komme im Laufe der Fragestunde auf viele Einzelaspekte der Frage Arbeitsvermittlung und Berufsfindung für Mädchen und Frauen zurück. Ich will generell voranstellen, Frau Abgeordnete, daß wir durch die Vermehrung der Zahl der Stellen bei der Bundesanstalt für Arbeit die Vermittlung verstärkt haben. Ich kann Ihre Einschätzung nicht teilen, daß bei der Arbeitsvermittlung, speziell auch im Hinblick auf Frauen, in der letzten Zeit gar nichts geschehen ist.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.
Frau Staatssekretärin, nachdem Sie vorhin bejaht haben, daß die Frauen stärker motiviert werden müssen, gewerblich-technische Tätigkeiten aufzunehmen: Bejaht die Bundesregierung ebenso die Notwendigkeit einer verstärkten Motivation der Arbeitgeber, im gewerblich-technischen Bereich mehr Frauen und Mädchen zu beschäftigen bzw. auszubilden, und welche Möglichkeit sehen Sie, diesem Erfordernis nachzukommen?
Frau Abgeordnete, wir stimmen in der Ausgangsposition überein: Wir - das heißt nicht nur die Bundesregierung, nicht nur Bundestagsabgeordnete, sondern alle in der Gesellschaft Tätigen - müssen dazu beitragen, daß sich das Erwerbsverhalten auch der Mädchen ändert und daß ihnen größere Chancen eingeräumt werden. Was die spezielle Überlegung anlangt, Mädchen für gewerblich-technische Berufe zu interessieren, so ist es seit je Auffassung der Bundesregierung, daß es ganz wichtig ist, den Mädchen diese Berufe zu erschließen. Die Bundesanstalt für Arbeit unterstützt Modellversuche im Zusammenhang mit der Berufsberatung und Umschulung, die in diese Richtung gehen. Wir werden darauf noch einmal verstärkt hinwirken.
Aber ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß wir natürlich Arbeitgeber finden müssen, die bereit sind, derartige umgeschulte Frauen einzustellen, daß wir an die Arbeitgeber appellieren sollten, auch ohne Vorhandensein spezieller Umschulungsmaßnahmen Frauen andersartige Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Und ich füge hinzu: In diesen Appell sind sicherlich auch die Gewerkschaften und Betriebsräte einzubeziehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.
Frau Staatssekretärin, würden Sie mir bestätigen, daß die Bundesanstalt - bei allem Wohlwollen und aller Motivation, die wir sicherlich alle miteinander begrüßen - nach dem geltenden Recht nur solche weiblichen Bewerber vermitteln kann, die sich ihr zur Verfügung stellen, und daß eine Vermittlung auch nur stattfinden kann, wenn aus der Wirtschaft tatsächlich entsprechende Anforderungen vorliegen?
Herr Abgeordneter, wenn wir so fragen, geben wir eigentlich die Vorstellung auf, daß wir durch Aktivitäten etwas verändern können; denn dann würde die Bundesregierung nach wie vor sagen, eigentlich sollten die Arbeitgeber Frauen einstellen, und die Arbeitgeber würden sagen, die Bundesanstalt schickt uns ja keine weiblichen Bewerber. Ich stimme Ihnen daher nicht in Ihrer Auffassung zu. Ich meine, es muß unser aller Bemühen sein, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um in der Frage der Frauenerwerbstätigkeit voranzukommen, wobei ich mir der
Schwierigkeit dieses Prozesses durchaus bewußt bin.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, gerade wenn wir uns einig sind, daß zur Lösung des Problems der Frauenarbeitslosigkeit nicht nur die Frauen, sondern auch die Arbeitgeber, ja, auch die Umwelt zusätzlich beraten werden müssen, teilen Sie dann meine Auffassung, daß auch diese 1 600 Stellen, die allen Arbeitsämtern zusätzlich zur Verfügung gestellt werden und die ja auf den Leistungsbereich, auf die Vermittlung und auf die Beratung verteilt werden müssen, zuwenig sind und daß es unser gemeinsames Bemühen sein muß, diese Zahl zu erhöhen?
So uneingeschränkt kann ich Ihnen in dieser Frage nicht zustimmen, weil ich mir darüber im klaren bin, daß weitere Stellen eine Erhöhung der finanziellen Zuwendungen bedeuten müßten. Ich weiß im Moment nicht, woher wir diese Gelder nehmen könnten.
Aber im Ansatz ist es richtig, daß wir 1 600 weitere Stellen bewilligt haben. Davon werden wir 1 000 für die Vermittlung von Arbeitnehmern zur Verfügung stellen können. Ich sehe die Arbeit der Bundesanstalt auch nicht so negativ, wie das hier anscheinend geschieht. Ich glaube, daß sie sehr große Anstrengungen unternimmt, um in dieser sehr schwierigen Arbeitsmarktsituation Vermittlungen durchzuführen. Von daher, meine ich, müssen wir zunächst sehen, wie wir mit dem vorhandenen Personal das Effektivste herausholen können.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Wex.
Frau Staatssekretärin, wenn wir uns darüber einig sind, daß es sogenannte typische Männerberufe nicht mehr geben kann, sind Sie sich dann auch darüber im klaren, welche Konsequenzen das für die Bundesregierung haben kann, nämlich den Mut, zu sagen, welche Berufe sie für so krisenfest hält, daß sie den arbeitssuchenden Frauen und Mädchen eine Umschulung in diese Berufe empfehlen kann?
Frau Abgeordnete Dr. Wex, dies geschieht ja. Wir versuchen, Mädchen für gewerblich-technische Berufe zu interessieren. Wir versuchen, bei Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen auf solche Berufe abzuzielen, bei denen man sicher sein kann, daß im Endeffekt auch Arbeitsplätze gefunden werden.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Wilms.
Frau Staatssekretärin, was unternimmt die Bundesregierung, um die Bundespost und die Bundesbahn zu ermuntern, gerade im gewerblich-technischen Ausbildungsbereich junge Mädchen hineinzunehmen, um damit vielleicht sogar vorbildhaft für andere Wirtschaftszweige und privatwirtschaftliche Unternehmungen zu wirken?
Die Bundesregierung kann zunächst einmal versuchen, auch in diesem Bereich verstärkt Teilzeitarbeitsplätze für Frauen anzubieten. Diese Frage paßt also in den Gesamtkomplex „Mehr Teilzeitarbeitsplätze im öffentlichen Dienst". Ich kann Ihnen aber zusichern, daß wir diese Fragestunde insgesamt zum Anlaß nehmen, um zu überprüfen, _in welchen Bereichen noch verstärkt Anstrengungen unternommen werden müssen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein.
Frau Staatssekretärin, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß einige Landesregierungen in der Bildungspolitik darauf hinwirken könnten, sogenannte typische Männerberufe für Frauen auch dadurch interessant zu machen, daß man z. B. Unterricht in technischem Werken nicht nur für Jungen und in Handarbeiten nicht nur für Mädchen erteilen läßt?
Ich kann Ihnen in dieser Frage uneingeschränkt zustimmen. Ich würde nicht von einigen Bundesländern sprechen, sondern nach meinen Informationen müßte dieser Appell an alle Bundesländer gehen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Verhülsdonk.
Frau Staatssekretärin, Sie hatten eben auf die Frage von Frau Dr. Wilms geantwortet, daß Teilzeitarbeitsplätze angeboten werden sollen. Die Frage lautete aber, ob nicht Ausbildungsplätze für Mädchen in den technischen Berufen von Bundesbahn und Bundespost angeboten werden sollen. Würden Sie das bitte noch beantworten.
Soweit wir darin durch Aktivitäten etwas tun können, bin ich gerne bereit, mich dafür einzusetzen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Frau Staatssekretärin, trifft es zu, daß sich gerade die Bundespost und die Bundesbahn im letzten Jahr im besonderen um Ausbildungsplätze bemüht haben und daß es eigentlich vorbildlich wäre, wenn andere Industriezweige nachzögen, natürlich auch unter der Berücksichtigung, daß mehr Ausbildungsplätze für Mädchen und Jungen geschaffen werden?
Die Frage, ob Bundespost und Bundesbahn so vorbildlich sind, was speziell Arbeitsplätze für Mädchen angeht, Herr Abgeordneter, möchte ich so auf Anhieb nicht bejahen, obwohl dies oft behauptet wird, soweit es Frauenprobleme angeht. Ich bin froh, wenn Sie mir bestätigen, daß wir in diesem Sektor eine Menge getan haben. Ich antworte also insofern für die Bundesregierung, daß die Bundespost und die Bundesbahn generell mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt haben und daß dies zu begrüßen ist.
Ich rufe die Frage 2 der Frau Abgeordneten Dr. Lepsius auf:
Welches sind nach Auffassung der Bundesregierung die Gründe für die Tatsache, daß erheblich weniger Frauen als Männer an Maßnahmen der Arbeitsämter zur Umschulung und Fortbildung teilnehmen und sich dieses Zahlenverhältnis um so ungünstiger gestaltet, je qualifiziertere und längere Maßnahmen angeboten werden, und daß diese Maßnahmen eher dazu beigetragen haben, die geschlechtsspezifischen Verzerrungen auf dem Arbeitsmarkt zu versteinern, und wie kann hier Abhilfe geschaffen werden?
Frau Dr. Lepsius, es trifft zu, daß die Frauen im Verhältnis zu ihrer Beteiligung von 35,8 % bei den abhängig Beschäftigten bei den beruflichen Bildungsmaßnahmen noch unterrepräsentiert sind. Erfreulicherweise hat sich jedoch der Anteil an den Teilnehmern nach dem Arbeitsförderungsgesetz geförderter beruflicher Maßnahmen von 14,9 % im Mai 1968 auf 24,3 % im September 1977 erhöht. Diese Entwicklung zeigt, daß sich die von Ihnen angesprochene geschlechtsspezifische Verzerrung zumindest auf dem Sektor der beruflichen Fortbildung und Umschulung in den letzten Jahren verringert hat. Dies ergibt sich noch deutlicher, wenn man berücksichtigt, daß unter den weiblichen Teilnehmern der Anteil derjenigen, die an längerfristigen und qualifizierteren Maßnahmen teilnehmen, ebenfalls ständig steigt. Während noch Ende 1968 nur 16,1 % der Frauen an Maßnahmen mit einer Dauer von mehr als 12 Monaten teilgenommen haben, betrug dieser Anteil im September 1977 bereits 49,9 %. 14,2 % nahmen sogar an Maßnahmen mit einer Dauer von 24 Monaten teil.
Bei den Frauen ist oft der Wunsch vorherrschend, möglichst schnell ein eigenes Einkommen zu erzielen, um damit zum Unterhalt der Familie beizutragen. Auf Grund zu geringer Hilfen fühlen sich manche Frauen infolge der ihnen fast noch immer allein übertragenen Belastung durch die Familie den zusätzlichen Anforderungen einer Bildungsmaßnahme nicht gewachsen, oder ihre Vorbildung reicht oft nicht aus. Daher wird es weiterer Anstrengungen bedürfen, um den Frauen noch mehr Chancen einzuräumen.
Die Bundesanstalt für Arbeit ist insbesondere im Rahmen ihres Aktionsprogramms „Berufliche Bildung und Beschäftigungslage" in Beratungsgesprächen darum bemüht, die Bereitschaft der Frauen, an längerfristigen und qualifizierteren Maßnahmen teilzunehmen, weiterhin zu stärken.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Frau Staatssekretärin, können Sie mir mitteilen, ob in diesem erfreulichen Zuwachs an Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen, an denen Frauen nun tatsächlich partizipieren, auch die Einarbeitungszuschüsse im Rahmen der Förderung der Bundesanstalt für Arbeit mit enthalten sind oder ob dies gesondert zu sehen wäre?
Dies ist darin mit enthalten.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Frau Staatssekretärin, teilen Sie meine Auffassung, daß es zu den gesetzlichen Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit gehört, die Struktur gefährdeter Arbeitsplätze und damit eines wesentlichen Teils der Frauenarbeitsplätze durch Förderungs- und Umschulungsmaßnahmen gezielt zu verbessern, und welche Maßnahmen und Initiativen hat die Bundesanstalt für Arbeit bzw. das Bundesarbeitsministerium in dieser Hinsicht ergriffen?
Die Bundesanstalt für Arbeit hat, wie Sie zu Recht sagen, nach den Bestimmungen des Arbeitsförderungsgesetzes u. a. die Aufgabe, bei strukturbedingter Arbeitslosigkeit besondere Maßnahmen vorzusehen. Dann, wenn Sie den Vermittlungserfolg der Bundesanstalt zugrunde legen und zum anderen alle Programme zusammennehmen, die die Bundesanstalt durchgeführt hat, um speziell auch für Frauen etwas zu tun, was zugegebenermaßen oft nur modellartig geschehen kann, weil die Voraussetzungen dafür, so etwas breit anzulegen, in unserer Gesellschaft noch nicht vorhanden sind, komme ich zu dem Ergebnis, daß die Bundesanstalt dieser Aufgabe, die Sie angesprochen haben, gerecht geworden ist.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.
Frau Staatssekretärin, Sie haben sehr zu Recht festgestellt, daß die Bereitschaft der Frauen zur Bildung durchaus vorhanden ist. Wir wissen aber - und ich hoffe, Sie gehen darin mit mir einig -, daß diese Bereitschaft eingeschränkt wird durch häusliche Bindung und durch ein mangelndes Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten in Wohnortnähe. Dies ist besonders auch durch das Haushaltsstrukturgesetz eingeschränkt worden. Welche Möglichkeiten sehen Sie, Ausbildungsmöglichkeiten in Wohnortnähe anzubieten, damit eben die häuslichen Bindungen überwunden werden können?
Frau Abgeordnete, Sie müssen, glaube ich, differenzieren. Da ist zunächst die Erstausbildung von jungen Mädchen. Diese ist in der Frage der Ortsgebundenheit nicht so kritisch zu sehen. Wir haben festgestellt, daß z." B. die MoStaatssekretär Frau Fuchs
bilität von jungen Mädchen und Frauen sehr hoch ist.
Was die weitere Frage der Umschulung und Fortbildung, die Frauen, die zu Hause familiäre Pflichten zu bewältigen haben, vornehmen wollen, angeht, so ist natürlich die erste Frage, wieweit bei derartigen Fortbildungsmaßnahmen auch die Männer die häuslichen Pflichten übernehmen können. Aber generell existiert natürlich das Problem, daß wir verstärkt sehen müssen, daß solche Ausbildungs- und Fortbildungsgänge angeboten werden, die auch von Frauen mit familiären Pflichten wahrgenommen werden können.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, teilen Sie meine Auffassung, daß Frauen gerade bei Einarbeitungszuschüssen besonders stark vertreten sind, also bei den Lohnkostenzuschüssen, die dem Arbeitgeber dafür gezahlt werden, daß sich der Arbeitnehmer für eine bestimmte Zeit bei einem neuen Unternehmen einarbeitet, und sind Sie dann mit mir der Auffassung, daß genau diese Entwicklung doch nicht positiv bewertet werden kann, sind doch diese Einarbeitungszuschüsse eben diejenigen Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz, die am wenigsten Kenntnisse vermitteln, deren Kenntnisse am ehesten betriebspezifisch sind und die deshalb die betroffenen Arbeitnehmer - hier die Frauen - für den Fall einer neuen Arbeitslosigkeit relativ schutzlos lassen?
Das war eine lange Frage, Frau Abgeordnete. Ich habe sie dennoch zugelassen;
({0})
bitte schön, Frau Staatssekretär.
Herr Präsident, ich gebe eine kurze Antwort: Ich stimme Ihnen zu, Frau Abgeordnete, gebe allerdings auch offen zu, daß die Bundesregierung trotzdem die Frage der Eingliederungsbeihilfen höher einschätzt, als Sie es in Ihrer Frage tun, wie man insgesamt bei der Frage „Was kann von seiten der Bundesanstalt oder auch der Bundesregierung geschehen?" nicht sagen kann, das eine ist richtig, und das andere sollte man lassen; vielmehr kann - speziell was das Problem „Frauenarbeitslosigkeit" angeht - nur eine Vielzahl von Maßnahmen in kurzfristigen und langfristigen Prozessen Hilfe bringen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Wilms.
Frau Staatssekretärin, sind der Bundesregierung die Berichte aus der Praxis bekannt, nach denen die Tatsache, daß nach dem Arbeitsförderungsgesetz eine bestimmte Berufserfahrung und Berufspraxis Vorbedingung für die Teilnahme an den Kursen sind, häufig ein Hindernis für Frauen ist; und wenn der Bundesregierung solche Schwierigkeiten bekannt sind, ist sie bereit oder plant sie, hier Änderungen vorzunehmen, eventuell auf dem Wege der Verordnung?
Die Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit sollen im wesentlichen Arbeitnehmern zugute kommen, die im Erwerbsleben stehen und die auf Grund von Arbeitslosigkeit einen neuen Arbeitsplatz suchen. Ich würde es nicht für richtig halten, wenn man generell Förderungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz von jeglicher Erwerbstätigkeit unabhängig machte.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller.
Frau Staatssekretär, auf welchen Gebieten ist der von Ihnen vorhin genannte Zuwachs der Zahl der Teilnehmerinnen an Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen in der Hauptsache zu verzeichnen, etwa auf dem technischen Gebiet oder bei den typisch männlichen Berufen?
Ich würde gern sagen: wir haben einen großen Durchbruch erzielt und haben die Frauen in gewerblich-technische Berufe umgeschult. Dies ist aber leider nicht der Fall. Die Frauen haben sich noch viel in Büro- und Verwaltungsberufe umschulen lassen - mit all der Problematik, die dahintersteckt. Trotzdem gibt es sehr gute Modellansätze für Fort- und Berufsbildungsmaßnahmen im gewerblich-technischen Bereich.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Martiny-Glotz.
Frau Staatssekretärin, Sie hatten kurz darauf hingewiesen, daß sicherlich auch die familiäre Belastung zu den Gründen zählt, die Frauen von Fortbildungsmaßnahmen abhalten. In dem Zusammenhang meine Frage: Liegen der Bundesregierung Zahlen über die durchschnittliche zeitliche Belastung von Frauen und Männern durch Hausarbeit und Kindererziehung in Familien vor, in denen beide Elternteile berufstätig sind?
Frau Abgeordnete, die Bundesregierung hat darüber nach meinen Informationen keine detaillierten Zahlen. Aber ich kann Ihnen das Ergebnis einer Untersuchung mitteilen, die vor ein paar Jahren gemacht worden ist. Dort wurde von den Männern, die mit berufstätigen Frauen verheiratet sind, gesagt, daß sie sich eigentlich an der Hausarbeit beteiligen müßten und das auch richtig fänden. Auf die weitere Frage, inwieweit sie es auch täten, haben, glaube ich, nur 5 oder 10 °/o gesagt, daß sie es auch wirklich tun. Sie ersehen daraus, daß da zwischen Praxis und Theorie noch ein großer Unterschied ist.
Ich rufe die Frage 3 der Frau Abgeordneten Traupe auf:
Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der überproportionalen Frauenarbeitslosigkeit und der Konzentration von Frauen auf nur wenige Berufs- und Tätigkeitsbereiche?
Bitte schön, Frau Staatssekretär.
Frau Abgeordnete, 50 % aller erwerbstätigen Frauen sind in nur drei Berufsgruppen anzutreffen. 80 % aller Frauen mit einer Berufsausbildung sind in lediglich 14 Berufen tätig. Ich beantworte also Ihre Frage mit Ja.
Weibliche Arbeitnehmer gibt es vor allem in jenen Industriezweigen und Branchen, die dem nationalen und internationalen Strukturwandel besonders ausgesetzt sind. Gerade ihre Arbeitsplätze wurden aus Gründen des Kostenniveaus oder der relativen Marktsättigung in Entwicklungsländer verlagert - Beispiel: Foto- oder Textilindustrie -, oder der technologische Wandel beseitigt die traditionellen Arbeitsplätze - Beispiel: Einbruch in der Elektroindustrie, in der Uhrenindustrie, in Büro und Verwaltung.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Traupe.
Frau Staatssekretärin, inwieweit wurde durch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung dem Vorurteil entgegengewirkt, Frauen seien für bestimmte handwerkliche und technische Berufe nicht geeignet?
Ein Teil Ihrer Frage, ist, glaube ich, durch das beantwortet worden, was ich generell zu der Frage gesagt habe, inwieweit wir Mädchen und Frauen darauf hinweisen können, daß sie sich auch für gewerblich-technische Berufe aus- und fortbilden lassen können. Sie wissen, daß die Bundesregierung, insbesondere durch das dafür zuständige Ressort von Frau Minister Huber, eine große Aufklärungsarbeit auch in dieser Richtung leistet. Dies kann aber - dafür sind die Prozesse zu langsam in Gang zu bringen - nicht von heute auf morgen Erfolg bringen.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Traupe.
Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, daß zum Problem der Arbeitslosigkeit von Frauen und der Arbeitsplatzsuche von Frauen bereits im Jahre 1971, also in der Zeit der Hochkonjunktur, das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit aufgezeigt hat, in welchen sogenannten typischen Männerberufen in größerem Umfang auch Frauen tätig sein können? Inwieweit wurde bereits ab 1971 das Personal der Bundesanstalt für Arbeit bei Ausbildungs- und Fortbildungskursen eindringlich auf dieses Problem und die damit zusammenhängenden Probleme hingewiesen?
Diese Untersuchung aus dem Jahre 1971 von Herrn Hofbauer ist der Bundesregierung bekannt. Ich habe vorhin die wichtigsten Kriterien dieser Untersuchung genannt. Die Bundesanstalt für Arbeit weist ihre Mitarbeiter in diese Problematik ein. Sie ist auch verstärkt dabei, auf die Problematik insgesamt hinzuweisen. Ich glaube, daß die vorhin genannten Zahlen, die eine größere Bereitschaft der Frauen widerspiegeln, ein breiteres Spektrum von Berufen zu wählen, ein Erfolg dieser Bemühungen sind. Aber ich muß Ihnen an dieser Stelle noch einmal sagen, daß man diese Problematik nicht mit einem Knopfdruck und verstärkten Bemühungen der Mitarbeiter der Bundesanstalt lösen kann, sondern daß dies gesellschaftliche Prozesse sind, an denen alle Beteiligten auch aktiv teilnehmen müssen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß durch die Umstrukturierung in der deutschen Wirtschaft und auch durch die zunehmende internationale Arbeitsteilung gerade auf Grund der hohen Konzentration der Frauenerwerbstätigkeit sogenannte Frauenarbeitsplätze auch in den kommenden Jahren ganz besonders risikobehaftet sein werden, und wird die Bundesregierung diese Dringlichkeit ihren eigenen Initiativen und den Appellen an die in den Selbstverwaltungsorganen der Bundesanstalt für Arbeit beteiligten gesellschaftlichen Gruppen zugrunde legen?
Frau Abgeordnete, ich habe vorhin die Frage, ob die Frauenarbeitslosigkeit auf die Konzentration von Frauen auf wenige Beschäftigungsbereiche zurückzuführen ist, mit Ja beantwortet. Es ist sehr schwer einzuschätzen, wieweit infolge weiterer technischer Entwicklungen besondere Frauenarbeitsplätze bedroht sein werden; aber ich teile Ihre Einschätzung, daß auch dort noch durch Rationalisierungsmaßnahmen und technische Entwicklung insbesondere Frauenarbeitsplätze abgebaut werden. Insofern ist Ihre Frage völlig berechtigt. Auch die Bundesregierung wird sich darum zu bemühen haben, diesen Frauen andere Arbeitsplätze anzubieten.
Ich möchte aber eine kleine Differenzierung anbringen: Seit 1973 ist die Anzahl der Arbeitsplätze für Frauen relativ weniger als die Anzahl derjenigen für Männer verringert worden. Wir haben 700 000 Arbeitsplätze von Männern, aber nur 100 000 Arbeitsplätze von Frauen weniger. Dies zeigt, daß in anderen Bereichen neue Berufe oder Tätigkeiten für Frauen erschlossen worden sind. Wir können also verzeichnen, daß sich der Anteil der Frauen unter den Erwerbstätigen sogar geringfügig, von 34,9 auf 35,8 %, erhöht hat, was die Aussage zuläßt, daß, anders als befürchtet, die Frauen in der Rezession nicht nach Hause gehen, sondern im Erwerbsleben bleiben.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Will-Feld.
Frau Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß die überproportionale Frauenarbeitslosigkeit auch durch Betriebe und Unternehmen im saisonalen Bereich mitbestimmt sein könnte, und, wenn ja, verfügt die Bundesregierung über gesicherte Unterlagen, und ist die Bundesregierung bereit, uns diese Unterlagen einmal zur Verfügung zu stellen?
Die Ursachen für die Frauenarbeitslosigkeit sind vielfältig. Das fängt mit der mangelnden Ausbildung an, das geht über die Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen bis hin zur Suche nach Teilzeitbeschäftigung und bis zu der Frage: Wollen Frauen insgesamt erwerbstätig sein? Ich bin gern bereit, mich um diese speziellen Aussagen zu bemühen. Es gibt dazu Unterlagen, die ich im Moment nicht dabei habe. Ich werde sie Ihnen gern zur Verfügung stellen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Frau Staatssekretärin, würden Sie bitte überprüfen lassen, ob der leichte Anstieg der Zahl der Frauenerwerbsplätze nicht auf ein generelles Ansteigen von Arbeitsplätzen für Frauen, sondern auf mehr Eheschließungen und geburtenstarke Jahrgänge zurückzuführen ist, weil die Zusammenhänge, die Sie hergestellt haben, unter Umständen zu falschen Schlüssen führen könnten?
Ich bin gern bereit, dieser Frage nachzugehen, Frau Abgeordnete. Es bleibt aber festzuhalten, daß sich der Abbau von Arbeitsplätzen bei den Männern rascher vollzogen hat als bei den Frauen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Wex.
Frau Staatssekretärin, wollen Sie damit etwa sagen, daß der überproportionale Anstieg der Frauenarbeitslosigkeit gestoppt worden wäre? Sie wissen sicher - und ich frage Sie danach -, daß sogar bei den Vergleichszahlen für Dezember, wo ein saisonaler Anstieg der Frauenbeschäftigung normal ist, von 1976 bis 1977 ein proportionaler Anstieg der Frauenarbeitslosigkeit zu verzeichnen ist?
Wenn Sie diese Frage an mich stellen, habe ich mich offensichtlich mißverständlich ausgedrückt. Ich habe auf die Frage von Frau Dr. Lepsius darauf hingewiesen, daß man das Thema Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsmarktsituation für Frauen differenziert betrachten muß, daß man nicht den Schluß ziehen kann: Es sind sehr viele Frauenarbeitsplätze weggefallen, und dies ist allein die Ursache für die hohe Frauenarbeitslosigkeit. Die Ursachen für die Frauenarbeitslosigkeit liegen in verschiedenen Bereichen. Ich weiß, daß die Frauen von Beginn der Rezession an überproportional an der Arbeitslosigkeit beteiligt sind. Mir ist völlig klar, daß diese überproportionale Frauenarbeitslosigkeit auch im Dezember nach wie vor vorhanden ist. Hier handelt es sich nicht nur darum, daß 150 000 Frauen einen Teilzeitarbeitsplatz suchen. Zwei Drittel der arbeitslosen Frauen suchen einen Vollzeitarbeitsplatz. Das ist die runde Summe von 350 000 Arbeitnehmerinnen, die auf den vollen Verdienst angewiesen sind. Die Bundesregierung legt Wert darauf, festzustellen, daß man sich bei der Arbeitsmarktpolitik speziell auch um die Arbeitnehmerinnen zu kümmern hat, die auf einen Volizeitarbeitsplatz angewiesen sind.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.
Frau Staatssekretärin, sehen Sie mit Blick auf den vorhin erwähnten Bericht aus dem Jahre 1971 und der Forderung, mehr Frauen Berufsmöglichkeiten zu schaffen, nicht Ansätze bei der Bundesanstalt für Arbeit im Wegfall des § 50 AVAVG, wonach Frauen nur durch Frauen vermittelt werden durften, jetzt allerdings nur nach fachlichen Gesichtspunkten vermittelt werden dürfen, eine positive Entwicklung hinsichtlich der Berufsraumausweitung für Frauen einzuleiten?
Ich stimme Ihnen zu, Frau Abgeordnete. Wir müssen dabei bedenken, daß der § 50 erst seit ein paar Jahren abgeschafft ist. Sie sehen an dieser Problematik, wie schwer es ist, hier Entwicklungsprozesse in Gang zu bringen. Ich stimme Ihnen völlig zu, daß wir noch ein bißchen mehr als bisher tun können, um den geteilten Arbeitsmarkt auch in der Verwaltung der Bundesanstalt für Arbeit aufzulockern.
({0})
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Roth.
Sie haben vorher ausgeführt, Frau Staatssekretärin, daß durch den verstärkten Strukturwandel der letzten Jahre insbesondere Frauenarbeitsplätze überproportional betroffen sind. Würden Sie im Rahmen der Bundesregierung darauf hinwirken, daß bei der jetzt in Arbeit und Vorbereitung befindlichen Strukturberichterstattung der Bundesregierung diese Differenzierung des Wandels im Arbeitsplatzangebot ausreichend berücksichtigt wird?
Ich bin Ihnen dankbar für diese Frage und werde mich gerne dafür einsetzen, daß diese Gedanken dort Eingang finden.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Pack.
Frau Staatssekretärin, was sind nach Auffassung der Bundesregierung die Gründe dafür, daß sich die Berufstätigkeit der Frau4946
en vornehmlich auf solche Berufsfelder konzentriert, die sich als besonders krisenanfällig erwiesen haben?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß dies ein sehr vielschichtiges Problem ist. Wir haben Teile Ihrer Frage schon in der bisherigen Diskussion zu beantworten versucht. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die Frage der Ausbildung und Berufsfindung für Mädchen für die Zukunft eine zentrale Rolle spielen wird. Diese Berufsfindungsprozesse finden im Elternhaus, finden schon bei der Vorschulerziehung statt. Von daher erhebt sich die Frage, ob in dieser Gesellschaft nicht noch immer die Mädchen zuwenig rechtzeitig darauf hingewiesen werden, wie wichtig eine Ausbildung für sie ist. Das ist für mich der zentrale Ansatzpunkt, und darauf baut sich die weitere Frage auf: Wie stehen wir alle miteinander zur Erwerbstätigkeit der Frauen? Ist sie nur etwas, was man ein paar Jahre nebenbei macht - dann ist es nämlich relativ egal, wofür man sich ausbilden läßt -, oder ist es nicht vielmehr so, daß zumindest die heranwachsende Frauengeneration von uns erwartet, daß wir ihr Perspektiven aufbauen, damit sie sich auf einen Beruf - lebensbegleitend - stützen kann?
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Gerster.
Frau Staatssekretärin, ist die Konzentration der Frauen auf wenige Berufsfelder stärker darauf zurückzuführen, daß sich Frauen nur für bestimmte Berufsfelder interessieren, oder mehr darauf, daß Arbeitgeber Frauen für bestimmte Berufsfelder nicht einstellen wollen?
Herr Abgeordneter, auch diese Frage kann man nicht mit Ja oder Nein beantworten. Es gibt Arbeitgeber, die nur Frauen mit speziellen Berufen einstellen; das ist richtig. Ich habe vorhin schon bei der Beantwortung einer Frage ausgeführt, daß wir die Arbeitgeber darauf hinweisen müssen, daß es auch zu ihren Aufgaben gehört, im Erwerbsleben dafür zu sorgen, daß auch Frauen an andere Arbeitsplätze kommen. Aber traditionelle Vorstellungen in der Berufswahl der Mädchen und Frauen sind natürlich auch ein Grund dafür, daß sie sich zunächst einmal noch in Berufe hineinbegeben, die ihnen traditionell zugewiesen werden.
Ich rufe die Frage 4 der Frau Abgeordneten Steinhauer auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die bei der Bundesanstalt für Arbeit registrierten offenen Stellen grundsätzlich geschlechtsneutral erfassen zu lassen und erforderlichenfalls die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, daß die Stellenangebote durch die Arbeitgeber grundsätzlich geschlechtsneutral erfolgen müssen?
Bitte schön, Frau Staatssekretär.
Ich würde die Fragen 4 und 5 gern gemeinsam beantworten.
Frau Steinhauer, sind Sie einverstanden? - Dann rufe ich auch Frage 5 auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß geschlechtsspezifisch angebotene Stellen durch Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüft werden sollten, und hält sie für diese Intensivierung der Vermittlungstätigkeit die gegenwärtige Mitarbeiterzahl für ausreichend, oder wieviel zusätzliche Stellen wären hierfür erforderlich?
Die Bundesregierung ist seit einiger Zeit um eine Auflockerung des geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktes bemüht. In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung die Bundesanstalt für Arbeit gebeten, versuchsweise an einigen Arbeitsämtern alle offenen Stellen unabhängig von männlicher oder weiblicher Berufsbezeichnung statistisch als Alternativstellen zu erfassen, soweit die Auftraggeber nicht ausdrücklich dagegen sind oder Bestimmungen zum Schutze der Frauen ihre Tätigkeit verhindern. Diese Änderungen sollen in ihren Auswirkungen auf den Vermittlungserfolg beobachtet und je nach dem Ergebnis dann von allen Ämtern übernommen werden.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage ist zu bemerken: Bundesregierung und Bundesanstalt für Arbeit sind bemüht, ohne gesetzlichen Zwang die Arbeitgeber zu veranlassen, von geschlechtsbezogenen Stellenangeboten abzusehen. So wird bei Anforderungen der Arbeitgeber das gesamte Angebot an Bewerbern berücksichtigt. Selbst bei Stellenangeboten, in denen ausdrücklich nur Männer oder nur Frauen angefordert werden, ist die Bundesanstalt unter Beachtung des individuellen Interesses und Leistungsvermögens bestrebt, männliche und weibliche Bewerber gleichermaßen zur Einstellung vorzuschlagen.
Zunächst sollte der Erfolg dieser Bemühungen abgewartet werden. Eine gesetzliche Grundlage könnte die Arbeitgeber dazu verleiten, in vermehrtem Umfang die freiwillige Arbeitsvermittlung durch die Arbeitsämter nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Damit wäre weder den Arbeitnehmern allgemein noch den Frauen gedient. Die Bundesanstalt für Arbeit intensiviert jedoch gegenwärtig im Rahmen der von Bundesminister Dr. Ehrenberg geforderten Vermittlungsoffensive ihren Außendienst. Die Bundesregierung wird aber mit Nachdruck darauf hinwirken, daß bei dieser Vermittlungsoffensive dem Problem des geteilten Arbeitsmarktes verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet wird.
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Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.
Frau Staatssekretärin, trifft es zu, daß die Bundesanstalt für Arbeit den geteilten Arbeitsmarkt dort noch festschreibt, wo es an sich nicht sein müßte, indem sie geschlechtsspezifisch eingehende Meldungen von offenen Stellen unnötigerweise geschlechtsspezifisch erfaßt?
Frau Abgeordnete, Sie haben recht im Hinblick auf dieses statistische Problem. Dies ist für die Bundesregierung unbefriedigend. Wir haben die Bundesanstalt Ende vorigen Jahres gebeten, das Problem der statistischen Erfassung von Alternativstellen aufzugreifen. Ich bin sicher, daß wir dieses Problem in absehbarer Zeit lösen können.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.
Trifft es auch zu, daß die Bundesanstalt es den einzelnen Arbeitsämtern überläßt, wie der einzelne Statistiker die Situation erfassen will, indem er beurteilt, wie die Vermittlungsmöglichkeiten im männlichen oder weiblichen Bereich sind? Halten Sie es für richtig, daß die Bundesanstalt für Arbeit eine solche Praxis und damit die Festschreibung des geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktes unterstützt und noch fortsetzt?
Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß wir das Problem der Erfassung dieser Arbeitsstellen lösen müssen. Ich habe vorhin gesagt, daß die Bundesregierung den jetzigen Zustand für unbefriedigend hält. Wir sind dabei, uns um dieses Problem zu kümmern.
Eine dritte Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.
Frau Staatssekretärin, können Sie etwas über die Ausschreibungen und Erfolge des zentralen Stellenanzeigers der Bundesanstalt „Markt und Chance" sagen? Dort erfolgen die Ausschreibungen lediglich nach beruflichen Gesichtspunkten ohne jede Unterteilung. Wie sind die Vermittlungsergebnisse?
Ich halte die Aktion „Markt und Chance" angesichts des Themas, das wir hier heute nachmittag besprechen, für ganz wichtig. Die Bundesregierung ist deswegen auch hoffnungsvoll, daß sich dies in Vermittlungsergebnissen niederschlägt. Ich kann Ihnen im Moment konkrete Zahlen über die Vermittlungserfolge nicht geben. Aber ich bin gern bereit, Ihnen dies schriftlich zukommen zu lassen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.
Frau Staatssekretärin, in Ergänzung der Frage der Kollegin Steinhauer frage ich: Könnten Sie sich vorstellen, daß eine weitere Aufklärungsarbeit durch die Industrie- und Handelskammern, durch die Handwerkskammern und durch die Tarifpartner - die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände - effektvoll sein würde?
Das würde sicherlich dann effektvoll sein, wenn die Arbeitgeber sich bei ihren Aktionen, die sie starten würden, dann auch bereit erklären würden, Frauen verstärkt einzustellen. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß die Gewerkschaften und die Wirtschaftsverbände eine große Aufgabe haben, sich generell dem Problem der Frauenerwerbsarbeit mehr zu widmen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Frau Staatssekretärin, können Sie genaue Angaben über die unterschiedliche Vermittlungshäufigkeit der Arbeitsämter, bezogen auf Frauen und vergleichsweise auch Männer, machen?
Frau Abgeordnete, ich darf diese Frage in einem späteren Zusammenhang beantworten.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Wilms.
Frau Staatssekretärin, sind Sie sich dessen bewußt, daß in einzelnen Berufsbereichen bei der Öffnung für Frauen und Männer, für Mädchen und Jungen möglicherweise gegenteilige Entwicklungen einsetzen, die nicht in dem hier besprochenen Sinn sind, und ist Ihnen bekannt, daß vor allem in soziale und pflegerische Berufe zunehmend Männer eindringen und Frauen verdrängen? Wie beurteilt die Bundesregierung solche Entwicklungen und wie gedenkt sie hier zu verfahren?
Frau Abgeordnete, es ist zunächst festzuhalten, daß wir nicht mit dem Argument, daß wir vielleicht dadurch in Männerbereiche hineindringen, das Problem Frauenarbeitslosigkeit nicht mehr behandeln sollten, sondern wir sollten schon alle Anstrengungen unternehmen, daß die Frauen in der sogenannten Männerwelt eine Chance bekommen, eine Arbeit zu finden. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß es nicht gut wäre, wenn jetzt die Männer die Frauen aus den ihnen „angestammten" - wie es so schön heißt - Berufen herausdrängen würden. Aber nach meinen Informationen ist dies nicht der Fall. Im Gegenteil. Z. B. wird die Aktion „Soziale Dienste", die jetzt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme durchgeführt wird, zu einem großen Teil auch von Frauen wahrgenommen. Im übrigen halte ich es für sehr gut, wenn auch in sozialen und pflegerischen Berufen verstärkt Männer beschäftigt sind, damit man auch dort Rollenstrukturen auflösen kann.
({0})
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, könnten Sie uns noch ein paar Angaben zu der Entwicklung der für Frauen angebotenen offenen Stellen machen? Und teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß diese geschlechtsspezifisch
sortierten offenen Stellen gerade in den letzten Jahren weiterhin zu einer Verzerrung des Arbeitsmarktes unter geschlechtsspezifischen Kriterien geführt hat?
Frau Fuchs, -Staatssekretär: Auch auf diese Frage komme ich im weiteren Verlauf der Fragestunde noch gerne zurück.
Bitte schön, Frau Abgeordnete Karwatzki, eine weitere Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, sind Sie in diesem Zusammenhang in der Lage, mir zu sagen, wie in den Chefetagen die Spitzenpositionen grundsätzlich mit Frauen besetzt sind? Könnten Sie mir darüber hinaus sagen, in welcher Weise die Bundesregierung bereit und in der Lage ist, auch Spitzenfunktionen in den Bundesbehörden und in den damit zusammenhängenden Körperschaften des öffentlichen Rechts einzuräumen und zu besetzen?
. Frau Abgeordnete, Sie werden mit mir der Auffassung sein, daß wir kein Gesetz machen können, in dem steht: „§ 1: Morgen müssen in allen Vorständen und Spitzen der Organisationen Frauen in Funktionen sein." Dies ist ein sehr schwer umzusetzendes Ziel. Die Bundesregierung hat nur begrenzt Möglichkeiten, über eine allgemeine Aktivität hinaus zu versuchen, Frauen in führenden Positionen zu haben. Ich darf hinzufügen, daß die Bundesregierung an sich ja sehr fortschrittlich ist, indem sie zwei weibliche Minister und einen weiblichen Staatssekretär in führende Funktionen genommen hat.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein.
Frau Staatssekretärin, halten Sie es für dienlich für eine Verbesserung der Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt, wenn gleichzeitig von bestimmten Kreisen ständig die Berufstätigkeit der Frau als familienfeindlicher Akt dargestellt und für eine Reihe von pädagogischen und sozialen Problemen unserer Gesellschaft verantwortlich gemacht wird?
Herr Abgeordneter, Sie sprechen ein sehr wichtiges Thema an, das uns immer wieder in der Diskussion begegnet, wenn es darum geht, über Frauenarbeitslosigkeit zu diskutieren. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß alles getan werden muß, damit die Frauen im Erwerbsleben, soweit sie es wollen, einen Arbeitsplatz finden. Sie ist ferner der Auffassung, daß die Erwerbstätigkeit der Frau nicht familienfeindlich ist. Im Gegenteil. Sie ist der Überzeugung, daß - ich habe es vorhin schon einmal angedeutet - die heranwachsende Frauengeneration erwartet, daß es mehr Perspektiven gibt, wie man Beruf und Familie miteinander so vereinbaren kann, daß weder der eine noch der andere Bereich benachteiligt wird.
Ich rufe die Frage 6 der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Mittel aus dem europäischen Sozialfonds zur Entzerrung des geschlechterspezifisch geteilten Arbeitsmarkts stärker als bisher für deutsche Unternehmungen nutzbar zu machen?
Zur Beantwortung, Frau Staatssekretär.
Frau Abgeordnete, der Rat hat Ende des vergangenen Jahres einen Beschluß über die Beteiligung des europäischen Sozialfonds an Maßnahmen zugunsten von Frauen gefaßt. Der Beschluß soll dazu beitragen, die Mittel des europäischen Sozialfonds verstärkt zugunsten der Frauen zu verwenden. Eines der Motive, die dem Beschluß zugrunde liegen, ist, Frauen im Alter von über 25 Jahren, die arbeiten oder wieder arbeiten wollen, dazu zu bewegen, nicht die nächstbeste angebotene Arbeit anzunehmen, sondern sich, wenn nötig, vorher beruflich bilden zu lassen. Dabei wird die Tendenz verfolgt, die Frauen gerade nicht an die herkömmlichen Frauenberufe, sondern an weitere Berufsfelder heranführen. Die Bundesregierung wird durch gezielte Hinweise an die öffentlich-rechtlichen Körperschaften in der Bundesrepublik die entsprechenden Mittel beantragen.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, könnten Sie so freundlich sein, uns kurz den etwaigen Umfang der zur Verfügung stehenden Mittel darzustellen und auch noch ein bißchen näher auf die Bedingungen einzugehen, die ein Unternehmen erfüllen muß, um an solche Gelder heranzukommen?
Die Vergabe der Mittel ist mit der Bedingung verknüpft, daß die öffentliche Hand eines Mitgliedstaates etwas zu einer Maßnahme beiträgt. Im ganzen gesehen werden die Hilfen des Sozialfonds für eine verstärkte Förderung von Frauen zunächst nicht sehr umfangreich sein. In diesem Jahr werden es rund 6,5 Millionen DM sein. Man muß auch hinzufügen, daß wir als Bundesrepublik natürlich nicht gerade das Land sind, das die höchsten Beträge aus dem Sozialfonds zu beanspruchen hat. Die Hilfen im Rahmen des Sozialfonds laufen zudem erst an. Wir sind dabei, zu versuchen, Aktivitäten zu entfalten, um genau abchecken zu können, mit welchen Unternehmen oder mit welchen Stellen gemeinsam diese Sozialfonds-Mittel beantragt werden können. Es gibt diesbezüglich Überlegungen von verschiedenen Institutionen, die dabei sind, dieses aufzubereiten.
Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, wären Sie bereit, das Haus in der angemessenen Form über den Fortschritt Ihrer Bemühungen und den Fortschritt bei der Information der in Betracht kommenden Unternehmen zu unterrichten?
Ja, selbstverständlich.
Eine Zusatzfrage der Abgeneten Frau Will-Feld.
Frau Staatssekretärin, verfügen Sie über Zahlen, inwieweit die anderen Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft an diesem europäischen Sozialfonds beteiligt sind?
Frau Abgeordnete, diese Zahlen habe ich im Moment nicht vorliegen. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß wir jetzt speziell darüber diskutieren, inwieweit man Maßnahmen aus dem Fonds zum Abbau von Frauenarbeitslosigkeit in, Anspruch nehmen kann. Hier ist es nach meinen Informationen so, daß die anderen Mitgliedstaaten auch noch nicht über so viele Programme verfügen, so daß die Chancen für uns, aus diesem Sozialfonds etwas zu bekommen, recht groß sind. Ich sehe, daß Sie mir in dieser Frage zustimmen. Es gibt auch schon organisatorische Vorbereitungen, um entsprechende Leistungen des Fonds zu erhalten.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Wex.
Frau Staatssekretärin, haben Sie die Möglichkeit, einen ungefähren Zeitpunkt zu benennen, zu dem sich diese Anträge realisieren lassen? Haben Sie eine Vorstellung, wie lange sich das hinziehen kann?
Ich kann nur hoffen, daß es sich nicht so sehr lange hinziehen wird. Ich kann Ihnen im Moment nicht sagen, in welchem Zeitraum - in Jahren oder Monaten ausgedrückt - man versuchen will, dieses Problem zu lösen. Ich bin gern bereit, es Ihnen mitzuteilen, wenn ich mich über die gezielten Zeitvorstellungen informiert habe.
Ich rufe die Frage 7 der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein auf:
Welche Pläne hat die Bundesregierung, um das gegenwärtige Angebot von Teilzeitarbeitsplätzen nennenswert zu erhöhen, und in welchem Zeitraum könnten diese Pläne verwirklicht werden?
Frau Abgeordnete, sind Sie einverstanden, daß die Fragen 7 und 8 im Interesse einer zügigeren Abwicklung der Fragestunde gemeinsam beantwortet werden?
Bitte schön.
Dann rufe ich noch die Frage 8 der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein auf:
Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß die Bundesanstalt für Arbeit zur leichteren Vermittlung von Teilzeitarbeit suchenden Frauen Trainingslehrgänge einrichtet und geeignete Frauen anschließend als Zeitpersonal vermittelt, gegebenenfalls unter Übernahme der Arbeitgeberfunktion?
Frau Staatssekretärin, ich bitte Sie, beide Fragen zusammen zu beantworten.
In ihrer Regierungserklärung hat die Bundesregierung eine Ausweitung der Teilzeitarbeit befürwortet, da sie nicht nur einem Bedürfnis vieler Arbeitnehmer, vor allem der Frauen, entspricht, sondern zugleich zur Entlastung des Arbeitsmarkts beiträgt. Um in ihrem Bereich die Teilzeitarbeit zu fördern, hat die Bundesregierung im Rahmen der Beschlüsse des Kabinetts vom 25. Mai 1977 270 Millionen DM für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz für einen neuen Schwerpunkt zur Verfügung gestellt: Arbeitsplätze im sozialen Bereich sollen gerade auch Teilzeitarbeit suchenden Frauen helfen. Darüber hinaus sollen Änderungen im Bereich des öffentlichen Dienstrechts die Teilzeitarbeitsmöglichkeiten für Beamte erweitern. Darüber wird in den gesetzgebenden Körperschaften beraten.
Daß sich die öffentliche Verwaltung bemüht, die Teilzeitbeschäftigung zu fördern, zeigen die folgenden Zahlen: Allein im unmittelbaren öffentlichen Dienst waren am 30. Juli 1976 513 477 teilzeitbeschäftigte Beamte, Arbeiter und Angestellte tätig. Die Zahl der Teilzeitkräfte hat sich damit im Jahre 1976 trotz ungünstiger Beschäftigungs- und Finanzsituation noch um 3,8 % erhöht.
Zu Ihrer zweiten Frage darf ich folgendes bemerken: Die Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes über die Förderung der beruflichen Bildung gelten uneingeschränkt auch für Frauen, die Teilzeitarbeit suchen. Dabei können auch kurzfristige Anpassungsmaßnahmen gefördert werden. Bei Bedarf führen die Arbeitsämter diese Bildungsmaßnahmen auch örtlich durch.
Ich darf aber hinsichtlich des Teilzeitarbeitsmarktes auf folgendes hinweisen: Es' gibt eine große Anzahl von teilzeitarbeitenden Frauen, allerdings arbeiten viele dieser teilzeitarbeitenden Frauen weniger als 20 Wochenarbeitsstunden. Diese Zahl betrug im Jahre 1976 rund 1,2 Millionen. Sie zeigt, daß viele Teilzeitarbeitsplätze zur Verfügung stehen und auch von Frauen besetzt sind. Es kann also nicht so sehr darauf ankommen, die Anzahl der Teilzeitarbeitsplätze generell zu erhöhen. Wichtiger ist, qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze anzubieten. Hinzuzufügen ist - das habe ich vorhin schon einmal angedeutet-, daß mit der Teilzeitarbeit generell das Problem der Frauenarbeitslosigkeit nicht gelöst werden kann. Denn zwei Drittel der arbeitslosen Frauen - darauf kommt es an - suchen einen Vollzeitarbeitsplatz.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Hartenstein.
Frau Staatssekretärin, wäre die Bundesregierung bereit, die Bundesanstalt für Arbeit zu veranlassen, auch außerhalb des öffentlichen Dienstes Modellversuche durchzuführen, die darauf abzielen, Teilzeitarbeit suchenden Frauen ohne Berufsausbildung oder mit beruflicher Vorbildung, die eben keine Aussicht auf Beschäftigung mehr bietet, eine neue Chance im Arbeitsleben zu verschaffen, und zwar mit einer entsprechenden Qualifikation, so daß solche Frauen nicht ausschließlich auf Tätigkeiten beispielsweise im Reinigungswesen oder im Gaststättenbetrieb angewiesen sind?
Ich denke dabei an die Gruppe von Frauen, die nach den jetzigen Vorschriften aus den ABM-Maßnahmen herausfallen.
Ihre Frage zielt auf das Thema: Wie können wir es schaffen, qualifizierte und sozialsicherungsrechtlich auch abgesicherte Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen? Dies ist nicht nur mit einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu machen, sondern wir müßten dann auch in den Betrieben Möglichkeiten haben, dort qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze zu finden. Die Bundesregierung ist dabei und bereit, sich um dieses Thema - wie bisher und noch verstärkt - zu kümmern, allerdings, Frau Abgeordnete, mit der Einschränkung, daß wir natürlich aufpassen müssen, daß nicht jeglicher Beschäftigungswunsch gleich zu Lasten der Beitragszahler von uns finanziert werden muß.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Hartenstein.
Bestünde die Möglichkeit, daß die Bundesregierung Überlegungen anstellt, daß, wenn solche Modellversuche eventuell durchgeführt werden, diese mit regionalen Schwerpunkten durchgeführt werden könnten, und zwar mit Rücksicht darauf, daß gerade Teilzeitarbeit suchende Frauen in hohem Maße, z. B. aus familiären Gründen, ortsgebunden sind und daß die Frauenarbeitslosigkeit regional sehr unterschiedlich auftritt, vorwiegend jedoch in strukturschwachen . Gebieten vorhanden ist? Könnte dies bei diesen Überlegungen Berücksichtigung finden?
Nach meinen Informationen ist es so, daß man versucht, regional solche Fortbildungs- und Schulungsmaßnahmen anzubieten, die auch speziell auf den örtlichen und regionalen Arbeitsmarkt abgestimmt sind.
Wenn Sie mit mir der Auffassung sind, daß wir dies fördern sollten, dann bleibt nur die Frage: Ist es sinnvoll, spezielle Kurse und spezielle Programme anzubieten, die die Frauen wiederum in isolierte Frauenarbeitsplätze hineinvermitteln? Oder sollten wir nicht auch bei diesen Maßnahmen sehen, daß es später ein breiteres Spektrum an Angeboten für Frauen gibt? Insofern ist, so meine ich, über die Bemühungen der Bundesanstalt hinaus, die ja gezielt auch Jobvermittlung für Teilzeitarbeitsplätze betreibt, mit großen, weiteren Programmen nicht zu viel zu tun.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Hartenstein.
Da mit der steigenden Zahl der in Teilzeitarbeit beschäftigten Frauen das Problem der arbeitsrechtlichen und sozialen Absicherung immer wieder auftritt und auch immer dringlicher wird, habe ich die Frage, ob Absichten bestehen, auch diejenigen Frauen, die unter 20 Stunden wöchentlich arbeiten, in irgendeiner Form besser abzusichern, damit sie im Falle des Verlustes ihres Arbeitsplatzes und auch später bei der Rente nicht völlig unversorgt dastehen.
Frau Fuchs, Staatssekretär, Frau Abgeordnete, ich habe darauf hingewiesen, daß sehr viele Frauen unter 20 Stunden arbeiten. Sie kennen auch das Problem, daß z. B. Putzfrauen unter 20 Stunden beschäftigt werden, damit sie nicht sozialversicherungsrechtlich abgesichert sind und damit für den Arbeitgeber eine billige Arbeitskraft darstellen. Die Bundesregierung ist sich dieses Problems bewußt und ist der Auffassung, daß wir etwas zu tun haben, um auch die Frauen, die in einem Teilzeitarbeitsplatz sind, aber unter 20 Stunden beschäftigt werden, sozialversicherungsrechtlich in den Schutz einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, ich habe alle Kolleginnen, die bei Mikrophon 4 stehen, namentlich erfaßt. Sie können sich zwischenzeitlich setzen. Ich werde sie zu gegebener Zeit aufrufen.
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Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.
Herr Präsident, darf ich zunächst eine Frage an Sie richten: Habe ich zwei Zusatzfragen oder eine - weil es zwei Fragen waren?
Sie haben nur eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.
Es waren zwei Fragen.
Meine Damen und Herren, um einmal die Gründe meiner Entscheidung deutlich zu machen: die Zulassung von Zusatzfragen liegt im Ermessen des. Präsidenten, und im Zuge einer etwas zügigeren Abwicklung dieser Fragestunde möchte ich die Kolleginnen und Kollegen, die Zusatzfragen stellen, bitten, sich auf. eine Zusatzfrage zu beschränken. - Frau Abgeordnete.
Danke. - Frau Staatssekretärin, Sie haben erfreulicherweise dargestellt, daß die Anzahl der Teilzeitarbeitskräfte im öffentlichen Dienst gestiegen ist. Können Sie mir sagen, wie hoch bei Ihren Zahlen der Anteil der Teilzeitarbeitskräfte im Reinigungsdienst ist?
Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Aber ich werde Ihnen die Antwort schriftlich nachreichen.
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Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.
Frau Staatssekretärin, Sie haben dankenswerterweise das Problem der teilzeitarbeitenden Frauen in den Reinigungsberufen angesprochen. Kann mir die Bundesregierung mitteilen, ob unter Umständen daran gedacht ist, die Geringfügigkeitsgrenze von derzeit 390 DM für versicheFrau Dr. Lepsius
rungsfreie Tätigkeit herunterzusetzen, um der Ausbeutung dieser teilzeitarbeitenden Frauen durch Reinigungsinstitute vorzubeugen?
Die Bundesregierung denkt über diese Frage ganz konkret nach und sucht nach Lösungsmöglichkeiten.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, teilen Sie meine Auffassung, daß Teilzeitarbeitsplätze sich in den letzten Jahren als besonders konjunktur- und rationalisierungsanfällig erwiesen haben? Und können Sie uns mitteilen, welche Möglichkeiten die Bundesregierung sieht, sowohl im Bereich der gewerblichen Wirtschaft wie im Bereich des öffentlichen Dienstes Initiativen zu starten, damit diese besondere Anfälligkeit sich nicht bei jeder kleineren wirtschaftlichen Schwierigkeit, bei jeder Umstrukturierung wiederholt?
Frau Abgeordnete, das Problem der Teilzeitarbeit werden wir im Bereich des öffentlichen Dienstes so lösen können, daß wir vielleicht zunehmend qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze anbieten können. Generell ist die Frage der Teilzeitarbeit sehr vorsichtig zu beurteilen. Wir werden es nicht schaffen können, generell Teilzeitarbeitsplätze anzubieten, die krisenfester sind, als sie es in der Vergangenheit waren. Deswegen möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, daß das Thema „Frauenarbeitslosigkeit" nicht mit dem Thema „Teilzeitarbeit" verwechselt werden darf. Langfristig ist die Bundesregierung der Auffassung, daß wir alles tun müssen, um Frauen und Männern gleichermaßen einen Vollzeitarbeitsplatz zu ermöglichen, wenn sie es wollen. Von daher sind die Bemühungen sowohl der Bundesregierung, soweit es gesetzlich geht, aber vor allen Dingen der Tarifpartner von Bedeutung, langfristig die Arbeitszeit zu verkürzen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Frau Staatssekretärin, ist die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß die heutige Fragestunde in Respekt gebietender Weise von den Frauen des Deutschen Bundestages, darunter zehn der CDU/CSU, acht der SPD und eine der FDP, gestaltet wird?
Vielen Dank. Ich hätte mir allerdings gewünscht, daß auch die Herren Abgeordneten etwas stärker vertreten gewesen wären.
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Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Martiny-Glotz.
Frau Staatssekretärin, Sie haben ausgeführt, daß ein großer Teil der teilzeitbeschäftigten Frauen eigentlich eine Vollzeittätigkeit sucht. Läuft denn die Debatte an diesem Punkt nach Ihrem Eindruck nicht ein bißchen falsch, wenn man die Teilzeittätigkeit ausschließlich mit dem weiblichen Geschlecht verbindet? Sollte man die Teilzeitarbeit nicht verstärkt auch als alternative Berufstätigkeit für Männer in die Diskussion einführen?
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Frau Abgeordnete, wenn das möglich wäre, wäre die Bundesregierung sofort bereit zu sagen: Wir werden viele Vollzeitarbeitsplätze in zwei Teilzeitarbeitsplätze umwandeln, um Männern und Frauen gleichermaßen die Möglichkeit zu geben, Teilzeitarbeit zu leisten. Die Strukturen in unserer Gesellschaft sind aber nicht so, daß wir es uns leisten könnten, die Teilzeitarbeit auszudehnen. Denn nach den bisherigen Erfahrungen wird die Teilzeitarbeit fast ausschließlich von Frauen wahrgenommen, so daß wir spezielle Frauenarbeitsplätze schaffen und hierbei speziell für Frauen Teilzeitarbeit vorsehen. Langfristig ist damit für das Thema Frauenerwerbsarbeit nichts gewonnen. Von daher müssen wir noch ein bißchen zuwarten, bis wir auch Männer finden, die bereit sind, Teilzeitarbeit zu leisten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Diederich.
Sehen Sie nicht die Gefahr, daß die verstärkte Förderung von Teilzeitarbeitsplätzen speziell für Frauen, wie wir es eben diskutiert haben, ungewollt zu einer Zementierung der schon faktisch bestehenden und festgestellten Diskriminierung bzw. Minderbewertung der Frauen in der Arbeitswelt führen wird, vor allen Dingen deshalb, weil diese Plätze viel konjunkturabhängiger und auch anfällig bei Strukturwandel sind?
Ich stimme Ihnen zu. Aber ich würde gern etwas hinzufügen. Nicht nur die Diskriminierung im Arbeitsleben, sondern auch die festgefugten Familienstrukturen bleiben erhalten. Aber diese müßten wir wohl schrittweise ändern, wenn wir der Frauenerwerbsarbeit eine große Bedeutung zumessen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Müller.
Frau Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß eine allzu lange Teilzeitarbeit oder auch eine Herabsetzung des Betrages für geringfügige Beschäftigung zu sehr niedrigen, zu Minirenten führt?
Das kann sein, wenn es Frauen gibt, die ihr Leben lang von solchen Teilzeitarbeitsplätzen leben. Im Moment haben sie überhaupt keine soziale Sicherung. Teilzeitarbeit wird überwiegend oder oft von Frauen wahrgenommen, die damit die Zeit der Kindererziehung überbrücken wollen. Meistens leisten sie vorher und im Anschluß
daran Vollzeitarbeit. Von daher kann sich natürlich keine hundertprozentige soziale Sicherung ergeben. Aber die Teilzeitarbeit kann Schwierigkeiten überwinden helfen, die dadurch entstehen, daß jetzt für diese Zeiten der Kindererziehung überhaupt keine eigene soziale Sicherung vorhanden ist.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Karwatzki.
Frau Staatssekretärin, gibt es für den Fall, daß die Bundesregierung gemäß Frage 7 bereits Pläne ausgebarbeitet hat, eine Schwerpunktbildung regionaler Art, oder gibt es die Möglichkeit, hier z. B. auch Schwerpunkte in bezug auf Klein- und mittelständische Betriebe zu bilden?
Dies ist wieder eine Frage zu einer Sache, bei der man das eine tun und das andere nicht lassen sollte. Wenn es Programme gibt, dann sollten sowohl regionale Schwerpunkte gebildet werden können als auch überlegt werden, wieweit man sie in Klein- und Mittelbetrieben aufgreifen kann.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Wilms.
Frau Staatssekretärin, warum hat die Bundesregierung bislang keine detaillierte und aufgeschlüsselte Statistik über den Teilzeitmarkt der Frauen vorgelegt? Ich meine also eine Aufgliederung der Teilzeitkräfte nach Berufen, nach Tätigkeitsfeldern und auch nach Altersgruppen. Ist die Bundesregierung bereit, eine solche Statistik vorzulegen? Sie würde eine Grundlage für gezielte Maßnahmen bilden. Warum liegt eine solche Statistik nicht vor?
Meine Ausführungen, Frau Abgeordnete, beruhen auf Statistiken, die hierzu vorliegen. Der Teilzeitarbeitsmarkt ist, soweit ich informiert bin, auch von der Bundesanstalt zahlenmäßig sehr gut aufbereitet. Ich kann also die Ihrer Frage zugrunde liegende Annahme nicht bejahen.
Ich habe jetzt noch Wortmeldungen zu Zusatzfragen der Abgeordneten Frau Dr. Wex, Frau Geier und Frau Steinhauer vorliegen. Ich möchte weitere Zusatzfragen nicht zulassen. - Frau Abgeordnete Dr. Wex zu einer Zusatzfrage.
Frau Staatssekretärin, sind Sie mit mir der Meinung, daß unsere Bemühungen, die Arbeitslosigkeit abzubauen, nicht etwa in eine Richtung gehen dürfen, wie sie in der Frage der Teilzeitarbeit angeklungen ist, daß wir nämlich Mangel verteilen wollen, sondern daß es sich hier vielmehr um ein gesellschaftspolitisches Problem handelt? In einer Ihrer Antworten tauchte eines dieser Vorurteile auf: „festgefügte Familienstrukturen". Wie wir die Vorurteile auf der einen Seite ablehnen, so sollten wir auch in unserer Diskussion keine Vorurteile zulassen.
Ich habe nicht von einem Vorurteil gesprochen, wenn ich mich richtig erinnere, sondern ich habe auf die Familienstrukturen hingewiesen, die doch heute noch immer so sind, daß die Frauen allein für die Kindererziehung und den Haushalt zuständig und die Männer erst in Ansätzen bereit sind, sich auch diesen Aufgaben zu widmen. Ich meine, wir sollten alle miteinander versuchen, das zu ändern.
({0})
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Geier.
Frau Staatssekretärin, Sie sagten eben, die festgefügten Familienstrukturen müßten vorher aufgelöst werden. Was meint die Bundesregierung damit? Messen Sie der Familienstruktur von heute weniger Bedeutung zu als der Arbeitstätigkeit der Frau?
Sie haben offensichtlich das, was ich bisher zu diesem Thema ausgeführt habe, nicht ganz verstanden. Ich habe ganz deutlich darauf hingewiesen, daß den Frauen auch heute noch allein die Aufgabe der Kindererziehung und des Haushaltes übertragen bleibt und daß wir aufgerufen sind, Perspektiven zu erarbeiten, wie die Frauen Beruf und Familie miteinander vereinbaren können.
Ich glaube, daß es für die künftige Entwicklung, gerade was die junge Frauengeneration anlangt, ganz entscheidend darauf ankommt, daß wir den jungen Frauen nicht sagen: Wenn du heiratest, mußt du von da ab bzw. nach der Geburt des ersten Kindes dein Leben lang zu Hause bleiben!, sondern daß wir alles tun, damit sie vorübergehend zu Hause bleiben können, aber dann die Möglichkeit haben, im weiteren Verlauf ihres Lebens Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Das kann im Verhältnis der Ehepartner zueinander doch nur dann funktionieren, wenn auch die Männer bereit sind, sich mehr als bisher um Familien- und Haushaltsprobleme zu kümmern.
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Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinhauer.
Frau Staatssekretärin, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine Arbeitszeitverkürzung für Männer und Frauen, d. h. für alle, familienfreundlich ist und daß damit klargestellt wird, daß auch die Väter zur Familie gehören und nicht nur die Mütter allein?
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Frau Abgeordnete, ich stimme Ihnen zu.
Ich rufe die Frage 9 der Frau Abgeordneten Eilers ({0}) auf:
Bestehen von seiten der Bundesregierung Bedenken, gegebenenfalls durch Lohnkostenzuschüsse den Firmen einen Anreiz dafür zu geben, langfristig arbeitslose Frauen einzustellen und auf Dauer zu beschäftigen?
Bitte schön, Frau Staatssekretär.
Die Bundesanstalt für Arbeit leistet an Arbeitgeber bei der Einstellung langfristig arbeitsloser Frauen Lohnkostenzuschüsse, wenn die Eingliederung der arbeitslosen Frauen in das Arbeitsleben das erforderlich macht. Grundlage dafür sind Bestimmungen, wonach Arbeitgeber für die Einstellung von schwer vermittelbaren Arbeitslosen Eingliederungsbeihilfe von den Arbeitsämtern erhalten können. Die Eingliederungsbeihilfe wird in Form von Lohnkostenzuschüssen erbracht. In der Regel betragen die Zuschüsse bis zu 60 % des Lohnes der eingestellten Arbeitsuchenden für die Dauer bis zu einem Jahr. Bei längerfristig Arbeitslosen, die über ein halbes Jahr arbeitslos gewesen sind, können die Arbeitgeber 80 % des Lohnes bis zur Dauer von zwei Jahren erhalten.
Kriterium für die Hilfe ist also, Frau Abgeordnete, die längerfristige Arbeitslosigkeit, nicht die Zugehörigkeit zu einem der Geschlechter.
Keine Zusatzfrage.
Die Fragen 10 und 11 des Abgeordneten Dr. Linde werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Abgeordneter Jahn, können die Fragen 12 und 13 zusammen beantwortet werden? - Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich die Fragen 12 und 13 des Herrn Abgeordneten Jahn ({0}) auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, bei der Einstellung von Frauen in sogenannte typische Männerberufe den Betrieben Eingliederungshilfen zu gewähren?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Frauen - insbesondere in Klein- und Mittelbetrieben - deshalb häufig nicht eingestellt werden, weil die erforderlichen zusätzlichen Sozialräume und sanitären Anlagen fehlen, und was gedenkt sie zu tun, um diesem Zustand abzuhelfen?
Bitte schön, Frau Staatssekretär.
Eingliederungsbeihilfen nach dem Arbeitsförderungsgesetz werden einem Arbeitgeber für die Einstellung eines schwer vermittelbaren Arbeitsuchenden geleistet, wenn dieser sonst keinen Arbeitsplatz findet. Die Eingliederungsbeihilfen sind daher ein geeignetes Mittel, um die Einstellung schwer vermittelbarer Frauen auch in sogenannte Männerberufe zu fördern.
Zu Ihrer zweiten Frage: Der Bundesregierung ist bekannt, daß Arbeitgeber gelegentlich als Grund für die Nichteinstellung von Frauen das Fehlen der erforderlichen Sozialräume und Sanitäranlagen angeben. Es ist nicht bekannt, wie häufig dieser Grund vorgebracht wird, um Frauen nicht einzustellen, und wieweit es sich dabei um eine vorgeschobene Begründung handelt.
Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, über die bestehende Gesetzeslage hinaus durch eine konkrete Maßnahme das Verhalten einzelner Arbeitgeber zu beeinflussen. Sie macht im übrigen darauf aufmerksam, daß es auch Aufgabe der Betriebsräte und Gewerkschaften ist, sich dieses Problems anzunehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.
Frau Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Klärung der Frage, ob ausreichende Sozialräume usw. zur Verfügung stehen, oft euch auf die Entscheidung Einfluß hat, ob in einem Betrieb erstmals weibliche Lehrlinge eingestellt werden oder nicht?
Dies ist mir bekannt. Von daher ist die Bundesregierung auch der Auffassung, daß man z. B. versuchen sollte, unter dem Aspekt humaner Gestaltung der Arbeitsplätze auch die Schaffung entsprechender sanitärer und sonstiger Anlagen zu fördern.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.
Ist die Bundesregierung bereit, dieser Frage weiter nachzugehen und zu überlegen, ob nicht mindestens steuerliche Erleichterungen oder sonstige Vergünstigungen gewährt werden können, wenn nachgewiesenermaßen die Erweiterung von Sozialräumen usw. dazu führt, daß zusätzliche Ausbildungs- oder Arbeitsplätze für Frauen geschaffen werden?
Ich darf die Frage so beantworten, Herr Abgeordneter: Die Bereitstellung von Sozialräumen und sanitären Anlagen ist ja eine Maßnahme - ich habe es vorhin schon einmal angedeutet -, die zur menschenwürdigen und menschengerechten Ausgestaltung der Arbeitsstätte gehört. Für die Ausführung dieser Arbeitsschutzbestimmungen sind die Länder zuständig. Einige Länder gewähren Klein- und Mittelbetrieben zur Bereitstellung zusätzlicher Räume und Sanitäreinrichtungen finanzielle Zuschüsse. Damit wird sowohl zur besseren Ausstattung der Betriebe als auch zum Abbau der Arbeitslosigkeit beigetragen. Die Bundesregierung begrüßt diese Aktion. Das bedeutet: finanzielle Unterstützung, soweit die Länder dies tun.
Was Ihre generelle Frage angeht, ob es Aufgabe des Gesetzgebers sein kann, die Arbeitgeber z. B. mit einer entsprechenden Steuerpolitik zu veranlassen, derartige Sanitäranlagen zu schaffen, so hat die Bundesregierung erhebliche Zweifel. Ich meine, daß die Arbeitgeber gehalten sein müßten, von sich aus für diese Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.
Frau Staatssekretärin, sind Sie bereit, die Ihren Antworten offenbar zugrunde liegende Auffassung noch einmal zu überprüfen, daß dieser Einwand von seiten der Arbeitgeber - dabei handelt es sich vor allen Dingen um Handwerker und mittelständische Betriebe - nur als eine Ausrede benutzt werde?
Dieser Einwand dürfte von den Arbeitgebern zum Teil als Ausrede benutzt werden, weil sie eigentlich lieber keine Frauen einstellen wollen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.
Sind Sie bereit, nachdem Sie auf die Bemühungen einiger Länder hingewiesen haben, auf diese Frage auch noch einmal in der Konferenz der Arbeitsminister der Bundesländer, an der ja vermutlich der Bundesarbeitsminister teilnehmen wird, einzugehen und darauf hinzuwirken, daß diese Anstrengungen jedenfalls soweit wie möglich gefördert werden, und zwar auch in Ländern, die bisher Anstrengungen in dieser Richtung noch nicht gemacht haben?
Herr Abgeordneter, ich bin gerne dazu bereit und werde diese Fragestunde zum Anlaß nehmen, zu überprüfen, wieweit auf der nächsten Arbeitsministerkonferenz, die, soweit ich weiß, in den nächsten Wochen bevorsteht, dieses Thema aufgenommen werden kann.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Hürland.
Frau Staatssekretärin, können Sie sich mit mir darüber einigen, daß der Arbeitsmarkt für Frauen ein Teil des gesamten Arbeitsmarktes ist und daß eine Reihe der von Ihnen und uns heute angesprochenen Probleme besser zu lösen wären, wenn der gesamte Arbeitsmarkt stabilisiert wäre, und wie gedenkt die Bundesregierung das herbeizuführen?
Frau Abgeordnete, ich würde Ihnen jetzt gern ein Grundsatzreferat zum Thema Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik halten und Ihnen alle Bemühungen darstellen, die die Bundesregierung unternimmt, um dem Problem der Arbeitslosigkeit zu begegnen. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß die Frauenarbeitslosigkeit ein Teilproblem unserer generellen Arbeitslosigkeit ist. Aber es gibt Probleme, die speziell die Frauen betreffen. Über die diskutieren wir hier heute nachmittag.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Martiny-Glotz.
Frau Staatssekretärin, ist Ihnen bekannt, daß nicht nur in den Betrieben, sondern zum Teil auch in den Berufsschulen Sozialeinrichtungen und insbesondere sanitäre Einrichtungen fehlen, und sind Sie nicht auch der Auffassung, daß bei Schaffung solcher Einrichtungen die Berufsschule bei der Verbreiterung des Ausbildungsfeldes für Mädchen im Rahmen der Fachklassen stärker mithelfen könnte?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß es in den Ländern, die ja dafür zuständig wären, in den Berufsschulen noch derartige Mängel gibt. Sie hat natürlich keine Möglichkeit, über einen Appell hinaus jetzt generell dafür zu sorgen, daß in allen Schulen die von Ihnen geforderten Voraussetzungen gegeben sind. Aber wir sollten diesem Thema auch in Zukunft Aufmerksamkeit widmen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin.
Frau Staatssekretärin, teilen Sie meine Auffassung, daß die Realisierung von solchen Eingliederungsbeihilfen für Frauen für „typische Männerberufe" u. a. deswegen so große Schwierigkeiten macht, weil hier auch bei vielen oder zumindest einigen der gesellschaftlichen Gruppen, die in den Selbstverwaltungsorganen der Bundesanstalt für Arbeit vertreten sind, noch sehr traditionelle Vorstellungen vorherrschen, und sind Sie bereit, gegenüber diesen gesellschaftlichen Gruppen zur Information und zur Aufklärung beizutragen?
Ich stimme Ihnen völlig zu. Ich habe, glaube ich, in den bisherigen Antworten, die ich gegeben habe, deutlich gemacht, daß wir auch mit einem noch so guten Gesetz diese Probleme nicht morgen lösen können, sondern daß es darauf ankommt, bei allen am gesellschaftlichen Leben Beteiligten darauf hinzuwirken, daß sie sich dieses Problems annehmen.
Die Bundesregierung wird auch diese Fragestunde noch einmal zum Anlaß nehmen, an die Bundesanstalt heranzutreten und dort verstärkt für Aufmerksamkeit zu werben. Aber ich nehme Ihre Anregung gern auf: Die Bundesregierung wird darüber hinaus auch die Selbstverwaltungsgremien verstärkt auf die Problematik aufmerksam machen und Ihr Anliegen vortragen.
({0})
Meine Damen und Herren, die für die Fragestunde vorgesehene Zeit ist abgelaufen. Ich danke der Frau Staatssekretärin für die Beantwortung der Fragen.
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Ihr Geschäftsbereich, Frau Staatssekretär, wird morgen wieder aufgerufen werden; die Diskussion, die heute nicht beendet werden konnte, wird also morgen fortgesetzt werden.
Ich schließe die Sitzung und berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 19. Januar, 9 Uhr ein.