Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 25. November 1977 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 GG nicht gestellt:
Gesetz über die Durchführung einer Repräsentativstatistik auf dem Gebiet des Wohnungswesens ({0})
Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23. September 1971 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt
Viertes Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes Gesetz zur Änderung energierechtlicher Vorschriften.
Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat ferner eine Stellungnahme und eine Entschließung gefaßt, die als Anlagen 2 und 3 diesem Protokoll beigefügt sind.
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 30. November 1977 die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 ({1}) übersandt. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1285 verteilt.
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 30. November 1977 die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zum Finanzplan des Bundes 1977 bis 1981 übersandt. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/1286 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 5. Dezember 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Narjes, Dr. Dollinger, Strauß, Dr. Müller-Hermann, Dr. Schulte ({2}), Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Schmidhuber, Tillmann, Dr. Luda, Lemmrich und der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterschiedliche Belastung der Importe von Flugzeugen und Flugzeugteilen in den USA und der EG - Drucksache 8/1178 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/1303 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 17. November 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Verordnung ({3}) des Rates zum Verbot des unmittelbaren Fangs und der Anlandung von Heringen für industrielle Zwecke ({4})
Verordnung ({5}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({6}) Nr. 1900/74 über Sondermaßnahmen für Sojabohnen ({7})
Verordnung ({8}) des Rates zur Festlegung bestimmter Übergangsmaßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischereiressourcen gegenüber Schiffen, die die Flagge Polens, der DDR oder der UdSSR führen ({9})
Verordnung ({10}) des Rates zur Verlängerung der Anwendungsdauer der Verordnungen ({11}) Nrn. 2843/76 und 2844/76 über Sondermaßnahmen insbesondere zur Festsetzung des Angebots von Olivenöl auf dem Weltmarkt und dem griechischen Markt ({12})
Verordnung ({13}) des Rates zur Gewährung einer Beihilfe für Erzeuger von Keltertrauben zur Gewinnung von Tafelweinen in bestimmten wettergeschädigten Weinbaugebieten ({14})
Verordnung ({15}) des Rates
zur Festsetzung des Schwellenpreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1977/78
zur Änderung der Verordnung ({16}) Nr. 3209/73 Tiber die Beihilfe für Olivenöl ({17})
Verordnung ({18}) des Rates
zur Änderung der Verordnung ({19}) Nr. 879/73 über die Gewährung der Beihilfen der Mitgliedstaaten an die anerkannten Hopfenerzeugergemeinschaften und die Erstattung dieser Beihilfen
über strukturelle Maßnahmen im Hopfensektor ({20})
Verordnung ({21}) des Rates betreffend das Fangverbot für Stintdorsch ({22})
Verordnung ({23}) des Rates über den Pauschbetrag für nicht raffiniertes Olivenöl, das vollständig in Griechenland erzeugt wurde und von dort unmittelbar in die Gemeinschaft befördert wird ({24})
Verordnung ({25}) Nr. 2114/77 des Rates vom 26. September 1977 zur Festlegung von Übergangsmaßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Nordseeheringsbestände
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 18. November 1977 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der rationellen Energienutzung ({26}) - 2. Serie Richtlinien und Empfehlungen
Richtlinie des Rates betreffend Leistung, Regelung, Wartung und Kontrolle von Wärmeerzeugern sowie die Isolierung der Wärmeverteilungsnetze in Neubauten ({27}) Verordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Ferrosilizium der Tarifstelle 73.02 C des Gemeinsamen Zolltarifs
Verordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Ferrosiliziummangan der Tarifstelle 73.02 D des Gemeinsamen Zolltarifs
Verordnung des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom, mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 0,10 Gewichtshundertteil oder weniger und an Chrom von mehr als 30 bis 90 Gewichtshundertteilen ({28}) der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs ({29})
Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von vier Gewichtshundertteilen oder mehr der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs und über die Ausdehnung dieses Kontingents auf bestimmte Einfuhren von Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von mehr als drei und weniger als vier Gewichtshundertteilen ({30})
Verordnung des Rates zur Verlängerung der Genehmigungspflicht für Einfuhren von Baumwollgeweben und Bekleidung mit Ursprung in bestimmten Drittländern in einige Gebiete der Gemeinschaft ({31})
Ich rufe Punkt 1 unserer Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 8/1288 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung. Ich rufe Frage 1 des Abgeordneten Voigt ({32}) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, den Landesjustizministerien bzw. den für die Aufklärung der in Frankreich begangenen nationalsozialistischen Verbrechen zuständigen Staatsanwaltschaften
Präsident Carstens
Hilfeleistungen zu gewähren, um dem Eindruck im Ausland, vor allem in Frankreich, zu begegnen, als würde die Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland nicht mit dem angemessenen Engagement betrieben?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Die Bundesregierung ist nicht nur bereit, die von Ihnen erwähnte Hilfe zu leisten, sondern hat dies bereits in mehrfacher Beziehung getan. So ist die Bundesregierung z. B. bei der Beschaffung von Beweismaterial aus dem Ausland im Rahmen der internationalen Rechtshilfe tätig. Ferner bemüht sie sich über die deutschen Auslandsvertretungen darum, die Öffentlichkeit im Ausland über die deutschen Bemühungen zur Sühne der nationalsozialistischen Verbrechen zu unterrichten.
Im Februar dieses Jahres waren auf Einladung der Bundesregierung drei führende Vertreter einer großen französischen Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisation zu einem mehrtägigen Besuch in Ludwigsburg, wo sie über alle einschlägigen Probleme unterrichtet wurden.
Herr Abgeordneter Voigt, bitte schön, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Frage, die ich gestellt habe, im Zusammenhang mit Presseberichten in „Le Monde" vom 14. Oktober 1977 und im „Spiegel" vom 29. November 1977 zu sehen ist, in denen die Frage der Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen im Zusammenhang mit dem Auslieferungsbegehren der Bundesregierung gegen Klaus Croissant diskutiert wurde, und stimmt die Bundesregierung mit mir darin überein, daß diese Frage deshalb so dringlich ist, weil wir jeden Eindruck, die Verfolgung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen würde bei uns zögernder als die des verbrecherischen Terrorismus der Gegenwart behandelt, vermeiden müssen?
Die Bundesregierung hatte vermutet, daß dies das Motiv für Ihre Frage sein könnte, und nimmt diese Gelegenheit gern zum Anlaß, zu bestätigen, daß sie und die Länder mit großem Nachdruck bemüht sind, alles dafür zu tun, daß diese Verfahren beschleunigt zu einem Abschluß gebracht werden.
Eine weitere Zusatzfrage wird nicht gewünscht. Dann rufe ich Frage 2 des Abgeordneten Dr. Schöfberger auf:
Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse darüber, was seit dem Inkrafttreten des Zusatzabkommens zum deutsch-französischen Vertrag im Jahr 1975 geschehen ist, um die in Frankreich wegen Kriegsverbrechen und Mordtaten in Abwesenheit zum Tode oder zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilten Deutschen vor ein deutsches Strafgericht zu stellen, und warum .insbesondere in den Fällen Ernst Heinrichsohn, Kurt Lischka, Herbert Hagen, Hans-Dietrich Ernst, Fritz Merdche und Dr. Heinrich Illers von den zuständigen Ermittlungsbehörden noch keine Anklage erhoben worden ist, und wenn ja, wie lauten diese Erkenntnisse?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Bei den in FrankTeich in Abwesenheit verurteilten Beschuldigten
konnte die deutsche Justiz erst nach Inkrafttreten des deutsch-französischen Vertrages vom 2. Februar 1971 ab dem 15. April 1975 die Ermittlungen gegen diese Personen neu aufnehmen oder weiterführen.
Im Jahre 1976 wurden die in Frankreich vorhandenen Unterlagen von deutschen Justizbeamten eingesehen und über 50 000 Blatt Ablichtungen bestellt. Diese Unterlagen sind inzwischen in der Bundesrepublik eingetroffen. Gegen etwa 100 Personen wird ermittelt. Dabei war es erforderlich, zahlreiche Beschuldigte und Zeugen zu vernehmen.
Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Köln hofft, bis Ende Frühjahr 1978 die Ermittlungen gegen Lischka und die von Ihnen im übrigen erwähnten Personen - es handelt sich um e i n Verfahren - abschließen zu können.
Eine Zusatzfrage wird nicht gewünscht. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen und komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Zur Beantwortung der Fragen ist der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Haack anwesend. Ich rufe Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) auf:
Téilt die Bundesregierung die Auffassung des Jahresgutachtens 1977/78 des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, wonach das Mietrecht wohnungsbaufeindlich und zu korrigieren sei, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung des Sachverständigenrats, daß „mit energischen Versuchen zum Abbau solcher Reglementierungen ernst gemacht werden" muß?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Dr. Jahn, die Bundesregierung teilt die undifferenzierte Auffassung des Jahresgutachtens zum Mietrecht nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jahn.
Herr Staatssekretär, welche Folgerungen ist die Bundesregierung aus dem Wohngeld- und Mietenbericht zu ziehen bereit, wo es auf Seite 19 heißt, daß sich die Investitionstätigkeit im frei finanzierten Mietwohnungsbau vermutlich erst auf Grund einer nachhaltigen Verbesserung der Renditeerwartungen wieder beleben wird?
Herr Staatssekretär, zur Beantwortung.
Ich vermag den Zusammenhang mit Ihrer Frage, Herr Kollege Jahn, nicht zu sehen. Aber wenn Sie die Frage zulassen, Herr Präsident, sage ich dazu gern etwas.
Herr Abgeordneter Jahn, Sie haben nicht aus dem Bericht zitiert, auf den sich Ihre Frage bezieht, sondern aus einem anderen Dokument. Sehe ich das richtig?
-Aber zur selben inhaltlichen Fragestellung, Herr Präsident!
Ich schlage vor, Sie formulieren Ihre Frage so, daß Sie nicht auf das andere Dokument Bezug nehmen. Wiederholen Sie bitte Ihre Frage!
Herr Staatssekretär, was wird die Bundesregierung tun, damit der frei finanzierte Mietwohnungsbau wieder belebt wird?
Sie wird das tun, was sie sowohl hier bei Fragestunden als auch in den zuständigen Ausschüssen des Bundestages schon mehrmals erklärt hat: Sie wird sehr sorgfältig einen Bericht vorbereiten, den sie nach einem Beschluß des Deutschen Bundestages diesem Parlament Anfang 1979 vorlegen muß. Sie wird dabei dezidiert auch zu den unbestrittenermaßen bestehenden Problemen des frei finanzierten Mietwohnungsbaus Stellung nehmen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung des Sachverständigengutachtens, wonach es ohne Anreize für private Investitionen im frei finanzierten Mietwohnungsbau nicht wieder bergauf geht?
Ich weise nochmals auf meine erste Antwort hin, Herr Kollege Jahn, daß die Stellungnahme des Sachverständigenrates zum Mietrecht undifferenziert ist. Auf der einen Seite sagt dieses Gutachten, das bestehende Mietrecht habe wohnungsbaufeindliche Wirkungen. Auf der anderen Seite sagt es, daß der Sachverständigenrat von einer Zuwachsrate von 5,5 v. H. bei Bauinvestitionen ausgeht und dies im wesentlichen auf eine günstige Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit zurückführt.
Die Bundesregierung ist anderer Auffassung. Sie gibt eine nicht so optimistische Prognose bei den Bauinvestitionen und auch nicht beim Wohnungsbau. Sie muß aber auf den Widerspruch hinweisen, der darin besteht, daß auf der einen Seite festgestellt wird, das Mietrecht hindere die Wohnungsbautätigkeit, und auf der anderen Seite eine weit übersetzte positive Prognose abgegeben wird.
Eine weitere Zusatzfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Möller.
Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung nach den Feststellungen des Sachverständigenrats und nach ihren eigenen Erkundigungen und Feststellungen im Wohngeldbericht nicht doch eine Veranlassung, den angekündigten Bericht über das Wohnraumkündigungsschutzgesetz vorzeitig vorzulegen?
Im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.
Eine weitere Zusatzfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Kolb.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Aussage im Sachverständigengutachten, im Mietwohnungsbau beeinträchtige das Auseinanderklaffen von Marktmieten und Kostenmieten nach wie vor die Baulust?
Das ist nicht ganz zu bestreiten.
Weitere Zusatzfragen- werden nicht gestellt. Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn auf:
Welches sind die Gründe dafür, daß sich die Bundesländer mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Energiesparprogramm bislang nicht einverstanden erklärt haben, und welche Folgerungen wird die Bundesregierung für künftige Verwaltungsvereinbarungen hieraus ziehen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Jahn, die wesentlichen Gründe bestehen darin, daß ein Bundesland, nämlich Niedersachsen, sich an diesem Energieeinsparungsprogramm überhaupt nicht beteiligen will, weil es nach seinen Angaben andere landespolitische Prioritäten hat, und daß mehrere Bundesländer der Auffassung sind, daß wir dieses Energieeinsparungsprogramm bereits für das Jahr 1978 auf eine gesetzliche Grundlage stellen sollen, was aber wegen der uns für das Gesetzgebungsverfahren zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. Weitere bisherige Differenzen, die die Laufzeit, das Programmvolumen, die Höhe des Zuschusses, die Höhe der Investitionssumme pro Antragsteller, das Inkrafttreten und das Verfahren bei der Vergabe der Mittel betreffen, sind im wesentlichen überwunden.
Die Bundesregierung hofft deshalb, daß bei der nächsten Ministerkonferenz vor Weihnachten im Interesse der Energieeinsparung, der Bauwirtschaft und letztlich des Bürgers eine Einigung erzielt wird. Die Bundesregierung ist bereit, auch bei ähnlichen Programmen in enger Koordination mit den Bundesländern die Vorbereitung vorzunehmen.
Eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Jahn.
Herr Staatssekretär, warum sind die Länder von der Bundesregierung praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt worden? Und woher nahm die Bundesregierung die Gewißheit, es werde bereits am 28. November zu einer Einigung kommen?
Die Länder sind nicht vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Das Bundeskabinett hat seine Grundsatzbeschlüsse zum Energieeinsparungsprogramm, wie Sie wissen, am 14. September 1977 verkündet. Vorher gab es Be4616
sprechungen in verschiedenen Gremien, z. B. auch im Konjunkturrat, wo alle Wirtschaftsminister der Länder vertreten waren und von sich aus ein solches Programm vorschlugen. Deshalb kann von Überrumpelung überhaupt nicht die Rede sein. Wir hofften in der Tat, uns schon am 28. November einigen zu können. Aber ich würde sagen, Hoffnung ist nichts Negatives.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der jetzigen Situation auf die Investitionstätigkeit, und gesteht sie zu, daß nunmehr sogar Investitionen unterbleiben, die ohne die Ankündigung dieses Programms getätigt worden wären, und haben Sie nicht selbst Ihre Besorgnis über eine selbstgemachte Investitionsblockade zum Ausdruck gebracht?
Die Gefahr, die Sie hier schildern, daß Investitionen zurückgehalten werden, die vielleicht sogar ohne das Programm getätigt worden wären, würde nur dann zutreffen, wenn sich Bund und Länder bei der nächsten Konferenz kurz vor Weihnachten nicht einigen könnten. Wenn es zu einer Einigung kommt, wovon ich nach wie vor ausgehe, dann kann diese Gefahr nicht eintreten, denn Bund und Länder sind sich darüber einig, daß das Inkrafttreten dieser Vereinbarung ab dem Zeitpunkt der politischen Einigung über das Programm gilt, daß also das Verwaltungsverfahren im einzelnen nicht abgewartet werden muß. Wenn wir uns vor Weihnachten einigen, dann gilt diese Vereinbarung. Dann kann der Bürger mit seiner Investition beginnen und braucht nicht das Verwaltungsverfahren abzuwarten, das in einzelnen Ländern unterschiedlich sein kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, da Sie ausdrücklich das Land Niedersachsen erwähnten, möchte ich fragen, welche Unterschiede zwischen der Auslegung des Energieeinsparungsprogramms durch Ihr Haus und den Vorstellungen des Landes Niedersachsen bestanden.
Das Land Niedersachsen hat uns bisher sowohl in der Konferenz als auch bei den Vorbesprechungen, die der Konferenz vom 28. November vorausgegangen sind, mitgeteilt, daß es sich aus landespolitischen Gründen an dem Programm nicht beteiligen will, weil es natürlich dafür auch Mittel aufbringen müßte. Das Land Niedersachsen ist der Auffassung, daß es andere landespolitische Prioritäten hat, z. B. die Krankenhausfinanzierung. Hierfür will Niedersachsen in Zukunft mehr Landesmittel aufwenden, und es hätte dann zuwenig Mittel, um sich an einem solchen Programm zu beteiligen. Wir hoffen aber, daß der Abschluß einer Verwaltungsvereinbarung daran nicht scheitert. Wir müssen zwar nach der Verfassung formell mit allen elf Bundesländern eine solche Verwaltungsvereinbarung abschließen. Es ist aber durchaus denkbar, daß ein Land eine Verwaltungsvereinbarung unterschreibt und gleichzeitig feststellt, es wolle für das Jahr 1978 aber keine Bundesmittel.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kolb.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie sagten, Sie hätten für den 28. November die Hoffnung gehabt, diese Vereinbarung durchzubringen, möchte ich Sie fragen, welche Widerstände von welchen Ländern gegen das Energiesparprogramm erhoben worden sind und ob es überhaupt ein Land gegeben hat, das dieser Verwaltungsvereinbarung zugestimmt hätte.
Ich stehe Ihnen jederzeit für differenziertere Antworten zur Verfügung. Ich glaube, es ist sinnvoller, es heute nachmittag im zuständigen Fachausschuß zu machen. Ich habe das Angebot bereits heute früh in der Sitzung des Fachausschusses gemacht. Ich glaube nicht, daß wir in der Fragestunde insoweit in die Einzelheiten gehen können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß es Schwierigkeiten wegen der Höhe der zu bezuschussenden Leistungen in diesem Pro- gramm gibt, die etwa bei 4 000 DM liegen soll?
Ich darf auf Ihre Frage, Herr Kollege Becker, und vielleicht noch auf die vorherige Frage, wenn es gewünscht wird, jetzt doch eine detailliertere Auskunft geben. Ich wollte es nur im Interesse der hier noch anwesenden Kollegen auf dieser Bank nicht tun.
({0})
- Ich werde ja hier differenziert gefragt. Auf eine differenzierte Frage kann ich schließlich nicht mit Ja oder Nein antworten. Da Sie differenziert fragten, möchte ich folgendes sagen: Es gab zunächst und gibt immer noch ein Bundesland, das sagt, es wolle sich aus den vorhin genannten Gründen überhaupt nicht beteiligen. Es gibt eine Reihe von Bundesländern, die der Auffassung sind, ein so großes Finanzvolumen von 4,35 Milliarden DM solle nicht im Rahmen einer Verwaltungsvereinbarung vergeben werden, sondern solle auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Dazu ist die Bundesregierung bereit. Sie will aber, daß im Interesse der Bauwirtschaft und der Energieeinsparung die Mittel bereits Anfang 1978 fließen. Es ist aus zeitlichen Gründen nicht möglich, ein neues Gesetz oder eine Änderung des Wohnungsmodernisierungsgesetzes vorzubereiten und gleichzeitig in dieser kurzen Zeit durch die parlamentarischen Körperschaften zu bringen. Deshalb hat
die Bundesregierung festgestellt, daß sie mit den Gesetzgebungsarbeiten begonnen habe und daß sie auch bereit sei, das Energieeinsparungsprogramm in gesetzlicher Form vom Jahr 1979 an durchzuführen. Sie bittet nur die Länder, für das Jahr 1978 einverstanden zu sein, daß die Mittel nur durch eine Verwaltungsvereinbarung in die Bauwirtschaft fließen.
Die übrigen Probleme - das jetzt auf Ihre Frage, Herr Kollege Becker -, die es bisher bezüglich der Frage der Laufzeit gab, sind geregelt. Die Bundesregierung wollte, daß das Geld relativ schnell in einem Zeitraum von vier Jahren fließt. Die Länder wollen es in sechs Jahren haben. Darüber kann man sich einigen; der entsprechende Kompromiß zwischen vier und sechs Jahren wären fünf Jahre.
Auch über die Höhe des Zuschusses hat man sich geeinigt, ebenfalls über die Höhe der Investitionssumme pro Antragsteller, auch über andere Fragen, die ich vorhin einleitend mitteilte, etwa über die Frage des Inkrafttretens und dann auch über das Verfahren bei den Ländern. Die Bundesregierung stellt es den Bundesländern frei, nach welchem Verfahren sie dann im einzelnen die Mittel verteilen. Es muß nur die Zielsetzung des Programms überall eingehalten werden: es muß der Energieeinsparung dienen und die Mittel müssen schnell und zügig in die Bauwirtschaft fließen.
Bevor ich weitere Zusatzfragen zulasse, darf ich mitteilen, daß gebeten wird, die einzige Frage aus dem Geschäftsbereich des
) Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit schriftlich zu beantworten. Der hier anwesende Staatssekretär wird daher für die Beantwortung dieser Frage nicht benötigt. Ich möchte ihm das gern mitteilen.
({0}) - Um so besser.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Nordlohne.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie als niedersächsischer Abgeordneter fragen, wie die Bundesregierung die laut Meldung des „Handelsblatts" vom 5. Dezember 1977 getroffene Feststellung des nordrhein-westfälischen Innenministers Hirsch beurteilt, die Vorlage für das Energiesparprogramm sei schlampig?
Selbstverständlich kann die Bundesregierung diese Auffassung nicht teilen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Möller.
({0})
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Graf Stauffenberg.
Herr Staatssekretär, können Sie erläutern, was Sie unter dem Ausdruck „selbstverständlich" meinen?
Unter „selbstverständlich" meine ich: selbstverständlich.
({0})
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Reddemann soll auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen damit zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Höhmann zur Verfügung. Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Graf Stauffenberg auf:
Hält es die Bundesregierung für ordentliche und pflichtgemäße Aufgabenerfüllung, wenn bis zum heutigen Tag der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen einen Brief vom 20. Juni 1977 unbeantwortet läßt, in dem ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages um Auskunft gebeten hat, welche Tatsachen und Informationen den Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen veranlaßt haben, in der Bundestagsdebatte vom 26. Mai 1977 nicht substantiierte Äußerungen über ein aus Mitteldeutschland geflohenes deutsches Ehepaar abzugeben?
Herr Präsident, ich möchte mit Ihrer und des Fragestellers Genehmigung die Fragen 6 und 7 gern gemeinsam beantworten.
Ist der Fragesteller einverstanden? - Das ist der Fall. Ich rufe daher auch die Frage 7 des Abgeordneten Graf Stauffenberg auf:
Ist die Bundesregierung dazu bereit, nunmehr die Äußerungen zu substantiieren?
Herr Abgeordneter, wie Sie wissen, hatte ich Sie im Frühjahr 1977 in einem persönlichen Gespräch über den von Ihnen angesprochenen Familienzusammenführungsfall informiert. Ein Telefonat hat dann auf Grund Ihres Schreibens vom 20. Juni 1977 stattgefunden, in dem ich Ihnen den Stand der Bemühungen der Bundesregierung bekanntgegeben habe.
In beiden Gesprächen habe ich Sie auch davon unterrichtet, daß sich der in Rede stehende Fall nicht für eine Erörterung in der Öffentlichkeit eignet. Dieser Sachverhalt ist unverändert. Ich bin gern bereit, Sie nochmals in einem persönlichen und vertraulichen Gespräch über den neuesten Stand zu unterrichten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg.
Herr Staatssekretär, nachdem ich die Beantwortung meines Briefes vom 20. Juni 1977 im Juli 1977 angemahnt habe und Sie
mir im September 1977 die baldige Beantwortung zugesagt haben, darf ich Sie fragen, warum dies bisher nicht geschehen ist.
Ich hatte in dem Telefonat mit Ihnen darauf hingewiesen, daß auch andere Stellen um die Aufklärung des Sachverhalts bemüht seien. Wir haben erst vor kurzem diese Aufklärung bekommen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg.
Herr Staatssekretär, nachdem ja der eigentliche Inhalt meiner Frage eine Äußerung des Herrn Bundesministers Franke aus der Debatte am 26. Mai gewesen ist, darf ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren, was Herr Franke damals sagte:
Ich hatte keine Gelegenheit, vorher - vorher! mit einigen Herren zu sprechen. Ich habe da Informationen, die Sie überraschen werden, und dann werden Sie nie wieder den Namen nennen. Seien Sie also bitte ruhig, das ist meine Verantwortung, die ich gern übernehme.
Darf ich die Frage stellen, ob es der Bundesregierung angemessen erscheint, das betroffene Ehepaar ein halbes Jahr lang ohne irgendeine Information zu lassen, und warum Herr Minister Franke hier in herabsetzender und verletzender Weise sich auf diesen Namen bezogen hat?
Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg, wertende Äußerungen dürfen die Fragen nicht enthalten. - Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter, ich will gar nicht über den Zeitablauf beckmessern. Aber es ist einfach nicht richtig, daß das in Rede stehende Ehepaar ein halbes Jahr lang nicht informiert worden ist. Es hat ein Gespräch im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen stattgefunden, von dem mir mitgeteilt wurde, daß es zur Zufriedenheit der Gesprächsteilnehmer verlaufen ist.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg.
Herr Staatssekretär, Sie haben gerade die Antwort zu dem Bereich gegeben, der mit den spezifischen Problemen des Ehepaars Grübel und den wahrscheinlich zwangsadoptierten Kindern zusammenhängt. Aber da dies nicht der Inhalt meiner Frage war, stelle ich noch einmal die Frage, warum sich bis zum heutigen Tag Herr Minister Franke trotz der Ankündigung, daß ihm Informationen vorlägen, die dazu führten, daß man nie mehr den Namen des Ehepaars Grübel nennen würde, weder gegenüber dem Ehepaar Grübel noch mir gegenüber, der ich mehrfach um entsprechende Stellungnahmen gebeten habe, dazu in einer erklärenden oder gar entschuldigenden Weise geäußert hat.
Herr Abgeordneter, mit dem Ehepaar Grübel ist auch über diese Sache gesprochen worden.
Ich möchte bitten, doch das zu beherzigen, was ich zum Schluß meiner ersten Beantwortung gesagt habe: Ich bin gern bereit, Sie vertraulich zu unterrichten.
Zu einer letzten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie nun zum drittenmal erklärt haben, Sie seien gern bereit, mich in einem persönlichen Gespräch darüber aufzuklären, darf ich noch einmal die Frage stellen, warum es innerhalb eines Zeitraums von über einem halben Jahr nicht möglich ist, von Ihrem Ministerium - sei es von Ihnen oder von dem Herrn Bundesminister - eine klar formulierte Frage in einem Brief beantwortet zu bekommen.
Weil uns jene Erkenntnisse nicht vorlagen, die wir jetzt zur Verfügung haben.
Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Braun auf:
Wird die Bundesregierung bei den innerdeutschen Verhandlungen darauf hinwirken, dal Rentner, die z. B. von der Möglichkeit der flexiblen Altersgrenze Gebrauch gemacht haben, von dem verbindlichen Mindestumtausch von Zahlungsmitteln bei Besuchen in der DDR° befreit werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung ist ständig darum bemüht, den Reiseverkehr zwischen den beiden deutschen Staaten zu erleichtern und zu fördern. Im Rahmen dieser Bestrebungen hatte die Bundesregierung bereits im Jahre 1975 bei der DDR die Frage nach einer Erweiterung des vom Mindestumtausch befreiten Personenkreises auf. einige weitere einkommensschwache Personengruppen, z. B. Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, wegen Arbeitslosigkeit oder Schwerbeschädigung vorzeitig in den Ruhestand getretene Personen, angesprochen.
Die DDR hat eine solche Erweiterung jedoch abgelehnt. Dessenungeachtet wird die Bundesregierung die Probleme des verbindlichen Mindestumtauschs bei Reisen in die DDR auch weiterhin im Auge behalten und erneut an die DDR herantragen, sobald sich für Erleichterungen in diesem Bereich realistische Chancen bieten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Braun.
Herr Staatssekretär, mit welcher Priorität oder Intensität werden diese Verhandlungen geführt?
Bei den verschiedensten Verhandlungen ist dies schon einmal angesprochen worden. Diese Verhandlungen werden intensiv geführt. Dabei gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen über den Grad der Minderung von Erwerbsunfähigkeit usw. Dies ist Ihnen aber sicher auch bekannt.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Niegel.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung bei künftigen Verhandlungen auch darauf drängen, daß z. B. bei den grenznahen Reisen seitens der DDR darauf verzichtet wird, für die Benutzung von Straßen eine Gebühr von 10 Mark zu erheben?
Auch dies wird immer wieder versucht. Sie wissen aber ganz genau, daß es da Gründe gibt, die nur im Bereich der DDR zu suchen sind und es der DDR ausgesprochen schwer erscheinen lassen, darauf zu verzichten.
Herr Abgeordneter Niegel, ich muß Sie darauf hinweisen, daß Ihre Zusatzfrage nur einen entfernten Zusammenhang mit der Hauptfrage hatte.
Ich rufe die Frage 9 des Abgeordneten Niegel auf:
Billigt die Bundesregierung das- Handeln von DDR-Grenzorganen, die verschiedentlich bei Reisen in die DDR Reisepässe von Reisenden aus der Bundesrepublik Deutschland kennzeichnen und Reisende mit einem solchermaßen gekennzeichneten Paß bei allen Reisen grundsätzlich und besonders intensiv einer Gepäckkontrolle unterziehen, und wenn nein, was gedenkt sie dagegen zu tun?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter, nach Auskunft von Betroffenen sind in Einzelfällen bei Reisen in die DDR und bei Benutzung der Transitwege, von und nach Berlin die Pässe von Deutschen aus dem Bundesgebiet durch Angehörige der DDR-Kontrollorgane durch Pünktchen gekennzeichnet worden. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, aus welchem Grund die Reisepässe gekennzeichnet werden. Es trifft aber nicht zu, daß in allen Fällen das Gepäck der Betroffenen kontrolliert worden ist. Der Bundesregierung ist auch nicht bekanntgeworden, daß die Betroffenen sonstige Nachteile durch die DDR-Behörden erlitten haben.
Die Bundesregierung billigt es nicht, wenn Reisepässe in der dargestellten Art gekennzeichnet werden. Sie interveniert nach Prüfung des Einzelfalles bei der DDR-Regierung, wenn das Gepäck oder das Kraftfahrzeug eines Betroffenen unberechtigt durch die DDR-Organe kontrolliert worden ist.
Zusatzfrage; Herr Abgeordneter Niegel.
Herr Staatssekretär, wenn ich Sie richtig verstanden habe, interveniert die Bundesregierung nur bei Durchsuchung von Gepäck. Aberinterveniert die Bundesregierung auch dagegen, daß die Reisepässe gekennzeichnet werden?
Die Bundesregierung hat auch moniert, daß die Reisepässe gekennzeichnet werden.
Mit welchem Erfolg?
Das war die zweite Zusatzfrage. - Wollen Sie sie noch einmal wiederholen, Herr Abgeordneter.
Mit welchem Erfolg 'hat die Bundesregierung gegen das Kennzeichnen von solchen Reisepässen interveniert? Höhmann, Parl. Staatssekretär: Der Erfolg wird sich erst dann abzeichnen, wenn über einen längeren Zeitraum festzustellen ist, daß dies nicht mehr geschieht.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, nach welchem Prinzip und System die Kennzeichnung solcher Pässe erfolgt, und wenn ja, aus welchen Motiven könnte diese Kenntlichmachung geschehen sein?
Nein, Herr Abgeordneter, es liegen uns keine Erkenntnisse vor.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Graf Huyn.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, die Kosten für die Neuausstellung von Pässen bei Personen zu übernehmen, deren Pässe gekennzeichnet worden sind?
Dieses Problem ist noch nicht an uns herangetragen worden; das ist aber überlegenswert.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz.
Herr Staatssekretär, da auch ich den Eindruck habe, daß DDR-Grenzorgane unbefugt bestimmte Kennzeichen in bundesdeutschen Pässen vornehmen, frage ich Sie, ob die Bundesregierung bereit ist, die DDR in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, daß sie weder Eigentümer dieser Pässe noch sonst verfügungsbefugt ist und deshalb in keiner Weise ein Recht zu besonderen Kennzeichnungen hat?
Dies ist geschehen, Herr Abgeordneter.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen abgeschlossen. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Engholm zur Verfügung.
Frage 10 des Abgeordneten Dreyer:
Treffen Pressemeldungen zu, daß die Deutsche Bundesbahn seit dem 1. September dieses Jahres auf Veranlassung des Bundesverkehrsministers 1 000 zusätzliche Ausbildungsplätze mit Lehrlingen besetzt und für die zusätzlichen Lehrstellen 50 000 DM je besetzten Platz erhält?
Herr Kollege Dreyer, es trifft zu, daß die Deutsche Bundesbahn in den letzten Monaten besondere Anstrengungen unternommen hat, ihre verfügbaren Ausbildungskapazitäten voll zu nutzen. Dies geht auf einen Beschluß der Bundesregierung zurück, angesichts der geburtenstarken Jahrgänge auch in diesem Bereich alles zu unternehmen, um möglichst vielen Jugendlichen eine qualifizierte Berufsausbildung zu ermöglichen.
Die Deutsche Bundesbahn hat bei der Besetzung der freien Ausbildungsplätze besonders darauf geachtet, daß eine spätere Beschäftigung der Auszubildenden nicht allein auf den öffentlichen Dienst beschränkt bleibt. Die Bundesbahn hat insgesamt 1 236 überwiegend gewerbliche Ausbildungsplätze zusätzlich zur Verfügung gestellt, die über den eigenen Bedarf hinaus nicht benötigt werden. Für die dreijährige Nutzung dieser Ausbildungsplätze erhält die Bundesbahn pro Platz 50 000 DM aus allgemeinen Haushaltsmitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Deutsche Bundesbahn als Sondervermögen des Bundes Ausbildender nach dem Berufsbildungsgesetz von 1969 ist und deshalb alle Kosten der Berufsausbildung - also auch die Kosten der über den eigenen Bedarf hinausgehenden Berufsausbildung - abdecken muß. Sie kann insoweit nicht mit einem Betrieb der gewerblichen Wirtschaft direkt verglichen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dreyer.
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß andere bundeseigene Unternehmen allerdings mit der Deutschen Bundesbahn verglichen werden könnten? Ich frage Sie: Sind weitere Betriebe - bundeseigene Unternehmen - mit solch einer Prämie pro Ausbildungsplatz bedacht worden?
Soweit mir - aus dem Stegreif - bekannt ist, nicht, Herr Abgeordneter. Ich werde dies aber gern detailliert erkunden und Ihnen dann mitteilen.
Eine weitere Zusatzfrage wird nicht gewünscht.
Dann rufe ich die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Dreyer auf:
Wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, insbesondere auch mittelständischen Betrieben derartige finanzielle Anreize für zusätzliche Lehrstellen zu gewähren?
Die Bundesregierung erwägt keine allgemeine Förderung zusätzlicher Ausbildungsplätze aus Haushaltsmitteln. Sie vertritt nach wie vor die Auffassung, daß die Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen in erster Linie bei den Unternehmen der Wirtschaft und bei den anderen Trägern des Beschäftigungssystems liegt. Die Nutzung freier Ausbildungskapazitäten im Bundesbereich, für die - wie im Fall der Bundesbahn - allgemeine Haushaltsmittel eingesetzt werden, ist nicht als Subventionierung zu verstehen, da der Bund hier quasi - ich darf das wiederholen - als Unternehmer in eigener Sache handelt.
Die hier angedeutete Grundüberlegung liegt auch der Finanzierungsregelung des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes zu Grunde, die nur dann in Kraft gesetzt wird, wenn die Arbeitgeber aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, in ausreichendem Maße Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Die für diesen Fall erforderlichen Mittel sind durch eine Umlage aufzubringen; eine generelle Förderung der Ausbildungsverhältnisse in der Wirtschaft aus Steuermitteln kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie mit dem dualen System der Berufsausbildung, das bei uns vorherrscht, nicht vereinbar wäre.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dreyer.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß vorliegende Pressemeldungen, die sich auf die Praxis bei der Deutschen Bundesbahn berufen, durchaus Berechtigung zu dieser Frage gegeben haben?
Daß es Veröffentlichungen gibt, die in der privaten Wirtschaft gewisse Begehrlichkeiten wecken könnten, ist mir klar; aber aus den von mir genannten Gründen der Aufgabenverteilung, der Kompetenzverteilung und auch der Finanzverteilung im dualen System, lehnt die Bundesregierung nach wie vor eine direkte Subventionierung betrieblicher Ausbildungsplätze ab.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Spranger auf. - Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Das gleiche gilt für Frage 13.
Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Präsident Carstens
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Baum zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Müller auf:
Wie stark war die Umweltbelastung im Jahr 1976 in der Bundesrepublik Deutschland durch die Abgabe radioaktiver Substanzen in die Luft bei Steinkohlen- und Atomkraftwerken?
Baum, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Dr. Müller, die mittlere zusätzliche Strahlenbelastung durch die Abgabe radioaktiver Stoffe in der Luft betrug im Jahre 1976 bei Kernkraftwerken im Umkreis von 3 km deutlich weniger als 0,1 mrem, also weniger als ein Tausendstel der mittleren natürlichen Strahlenbelastung.
Auch der Betrieb von Steinkohlenkraftwerken verursacht eine zusätzliche Strahlenbelastung der Bevölkerung in der Umgebung, da Steinkohle geringe Mengen von Radionukliden enthält. Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, daß wegen der sehr großen Mengen an verheizter Kohle die zusätzliche Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Steinkohlenkraftwerke ähnlich groß, wahrscheinlich sogar größer ist als die Strahlenbelastung durch Kernkraftwerke im bestimmungsgemäßen Betrieb. Weitere Untersuchungen mit dem Ziel, die Höhe der Belastung genau zu bestimmen, sind im Gange.
Weder die zusätzliche Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Kernkraftwerke noch die Strahlenbelastung durch Steinkohlenkraftwerke stellt jedoch eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung in der Umgebung dieser Kraftwerke dar.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung eine ähnliche lückenlose Überwachung bei Steinkohlenkraftwerken durchzuführen, wie das bei Atomkraftwerken ja der Fall ist?
Herr Kollege, wir haben bereits eine Überwachung und Untersuchung für beide Kategorien von Kraftwerken. Sie werden mir zugeben, daß der Risikofaktor für die Kernkraftwerke höher liegt und daß wir auch noch nicht so lange Erfahrungen haben, wie wir sie bei Kohlekraftwerken haben, so daß sich bei Kernkraftwerken intensivere Untersuchungen und Überprüfungen durchaus rechtfertigen lassen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie eine Äußerung der sowjetischen Akademie der Wissenschaften, wonach die Umweltbelastung durch Radioaktivität bei Kohlekraftwerken
um das Hundertfache höher sei als bei Atomkraftwerken?
Das steht mit meiner Antwort, die ich Ihnen eben gegeben habe, nur tendenziell in Einklang.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies von Büllesheim.
Herr Staatssekretär, seit wann liegt der Bundesregierung die Erkenntnis vor, daß auch der Betrieb von Steinkohlenkraftwerken eine derartige radioaktive Belastung mit sich bringt?
Herr Kollege, dies ist eine naturwissenschaftliche Erkenntnis, die grundsätzlich nicht neu ist. Neueren Datums sind allerdings konkretere Untersuchungen.
({0})
Es tut mir leid, Herr Abgeordneter Spies von Büllesheim, Sie haben nur eine Zusatzfrage.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl ({0}).
Herr Staatssekretär, gibt es wirklich wissenschaftliche Erkenntnisse über die Vergleichbarkeit der Abgabe von Radioaktivität bei Steinkohlenkraftwerken und bei Atomkraftwerken, und auf welche wissenschaftlichen Aussagen beziehen Sie sich?
Herr Kollege, ich hätte diese Antwort nicht gegeben, wenn ich mich nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse hätte stützen können. Ich bin gerne bereit, sie Ihnen im einzelnen mitzuteilen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Graf Stauffenberg.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung dafür Sorge getragen, daß die von Ihnen eben genannten wissenschaftlichen Erkenntnisse auch an Stellen außerhalb der Regierung oder des Parlaments - beispielsweise an politische Parteien - haben weitergegeben werden können?
Herr Kollege, diese Erkenntnisse sind jedermann zugänglich. Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, ohne besonderen Anlaß allgemein zugängliche Informationen zu verbreiten. Soweit es sich um neuere Ergebnisse handelt, werden wir sie verbreiten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, könnte diese verhältnismäßig neue Erkenntnis für die Bundesregierung Anlaß sein, ihr Energieprogramm hinsichtlich der Grundlagenerzeugung von Energie zu ändern und diese geänderte Fassung dem Parlament vorzulegen?
Nein, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jobst.
Herr Staatssekretär, warum hat die Bundesregierung diese Kenntnisse, die Sie heute vorgetragen haben, nicht schon bisher deutlicher in die Diskussion gebracht?
Es bestand überhaupt kein Anlaß, Kenntnisse, die in keiner Weise Gegenstand einer öffentlichen Debatte gewesen sind - Herr Kollege, wir haben über Kohlekraftwerke und deren Auswirkungen nie so intensiv diskutiert wie über Kernkraftwerke -, im einzelnen darzulegen. Sie haben mich danach gefragt, und ich habe Ihnen eine Antwort gegeben, die den Tatsachen entspricht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Steger.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung angesichts der Zusatzfragen und des sich darin ausdrückenden Informationsbedürfnisses der Opposition jetzt nicht doch bereit, den Kollegen diesbezüglich Nachhilfestunden zu geben?
Herr Kollege, es kann zu keiner Zeit Aufgabe der Bundesregierung sein, irgendeinem Abgeordneten dieses Hauses Nachhilfestunden zu geben.
({0})
Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Müller auf:
Mit welcher Umweltbelastung durch radioaktive Strahlen muß im Jahr 1985 jeweils durch Atom- bzw. Steinkohlenkraftwerke gerechnet werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Die mittlere zusätzliche Strahlenbelastung durch Kernkraftwerke wird bei bestimmungsgemäßem Betrieb im Jahre 1985 im Umkreis von 3 km um diese Kraftwerke, wie im Jahre 1976, deutlich weniger als 0,1 mrem betragen. Die mittlere zusätzliche Strahlenbelastung der gesamten Bevölkerung der Bundesrepublik wird im Jahre 1985 - unabhängig davon, wie viele Kernkraftwerke dann in Betrieb sein werden - geringer als 0,01 mrem sein.
Die Strahlenbelastung der Bevölkerung durch Steinkohlenkraftwerke wird voraussichtlich auch nach Inbetriebnahme weiterer Steinkohlenkraftwerke im Jahre 1985 nicht höher sein als im Jahre 1976,
da moderne Steinkohlenkraftwerke über bessere Rückhalteeinrichtungen verfügen als ältere Kraftwerke. Das heißt, die Strahlenbelastung wird sich auch im Jahre 1985 vermutlich in der Größenordnung derjenigen von Kernkraftwerken bewegen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller.
Warum hat die Bundesregierung - um auf Ihre Antwort einzugehen - bisher nicht alles getan, um die erhöhte Belastung durch alte Steinkohlenkraftwerke für die Bevölkerung auszuschalten?
Herr Kollege, ich sehe überhaupt keinen Anlaß für den Vorwurf, der in Ihrer Frage steckt. Die Bundesregierung handelt gemäß den Gesetzen, die dieses Haus erlassen hat, und dazu gehört ein wichtiges Umweltgesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller.
Wird die Bundesregierung im Rahmen ihres Energieprogramms bis zum Jahre 1985 die Bevölkerung in ähnlicher Weise über mögliche Gefahrenmomente bei Steinkohlenkraftwerken aufklären, wie das bei Atomkraftwerken der Fall war?
Herr Kollege, die Gefahren oder die Wirkungen, die von modernen Industrieanlagen ganz allgemein ausgehen, sind vielerorts Gegenstand von Debatten. Diese Debatte bezieht sich nicht allein auf Kohlekraftwerke, sondern auf Industrieanlagen überhaupt. Wenn die Notwendigkeit einer Aufklärung besteht, wird die Bundesregierung die Aufklärung immer vornehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, habe ich Ihre Ausführungen von eben dahin gehend richtig verstanden, daß es auch bei Steinkohlenkraftwerken Rückhaltevorrichtungen für derart kleine radioaktive Strahlungen gibt?
Nein, ich habe nicht gesagt: Rückhaltevorrichtungen für radioaktive Strahlung, sondern ich habe nur das Wort „Rückhaltevorrichtungen" gebraucht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies von Büllesheim.
Herr Staatssekretär, ist es möglich, daß die Unsicherheit Ihres Hauses in dieser Frage auch ein Grund dafür ist, daß der Bau von Steinkohlenkraftwerken in der Bundesrepublik Deutschland durch
nicht vorgegebene Normen Ihres Hauses zum Umweltschutz beeinträchtigt wird?
Herr Kollege, ich vermag die Berechtigung Ihrer Frage überhaupt nicht zu erkennen. Die Normen, die für die Genehmigung von Steinkohlenkraftwerken gelten, sind von diesem Haus erlassen worden. Sie stehen im Bundesimmissionsschutzgesetz und zusätzlich in der Verwaltungsvorschrift, der sogenannten TA-Luft. Sie entsprechen den modernsten Erkenntnissen des Umweltschutzes und dem Stand der Technik. Ich vermag von daher keine Behinderung des Kraftwerksbaus in der Bundesrepublik zu erblicken, es sei denn, Sie spielen auf den Fall Voerde an. Hier haben bekanntlich andere Ursachen eine Rolle gespielt. Das werden wir genau wissen, wenn das Bundesverwaltungsgericht im Februar seine endgültige Entscheidung trifft.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.
Herr Staatssekretär, sind zu dem von Ihnen soeben als Norm bezeichneten Bundesimmissionsschutzgesetz auch bereits alle Verordnungen und dazugehörigen Erlasse aus Ihrem Haus ergangen?
Ja. Ich möchte sagen: Die wesentlichen, die für den Zeitraum bis heute geplant waren, sind erlassen worden.
Eine weitere Zusatzfrage wird nicht gewünscht.
Ich rufe dann die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf:
Würde es nach Auffassung der Bundesregierung einem Fahndungserfolg nach den Entführern von Hanns Martin Schleyer dienlich sein, wenn die Fernsehprogramme der Bundesrepublik Deutschland jeden Abend zu Zeiten hoher Einschaltquoten je zwei der Entführer eine halbe Minute zeigen und gleichzeitig die Stimmen der Entführer, soweit auf Band festgehalten, übertragen würden, und wenn ja, wird die Bundesregierung angesichts ausgebliebener konkreter Fahndungserfolge und der Bereitschaft der Bevölkerung, bei der Fahndung mitzuwirken, sich dafür einsetzen, daß solche Sendungen in der Bundesrepublik Deutschland und soweit irgend möglich auch im Ausland erfolgen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es für die Fahndung nach terroristischen Gewalttätern unerläßlich ist, auch die Möglichkeiten des Fernsehens für die Öffentlichkeitsfahndung, insbesondere zu den Hauptsendezeiten, zu nutzen, wie das nach der Ermordung Hanns Martin Schleyers im Oktober schon mehrfach geschehen ist. Das Bundeskriminalamt hat mehrere kurze Fahndungsfilme vorbereitet, die sich jeweils mit einzelnen terroristischen Gewalttätern befassen. Diese Filme werden in der Zeit vom 5. bis 9. und vom 12. bis 15. Dezember 1977 von beiden Fernsehanstalten jeweils im Anschluß an die Hauptnachrichtensendung ausgestrahlt. Die Texte und Photos werden auch den übrigen Medien überlassen, damit auch dort Veröffentlichungen jeweils am Tage
nach der Ausstrahlung des jeweiligen Fahndungsfilmes erfolgen können, wie das heute ja schon in einigen Zeitungen auf Grund des gestrigen Filmes geschehen ist.
Soweit sich Möglichkeiten bieten, die Fahndungsfilme auch durch ausländische Fernsehanstalten ausstrahlen zu lassen, werden diese genutzt. So ist z. B. der nach der Ermordung von Hanns Martin Schleyer in beiden deutschen Fernsehprogrammen ausgestrahlte Fahndungsfilm vom niederländischen Fernsehen übernommen worden, das auch für die neuen Fahndungsfilme Interesse zeigt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spies von Büllesheim.
Herr Staatssekretär, können Sie erklären, warum die wichtige Möglichkeit einer Fernsehfahndung nicht früher genutzt worden ist? Es sind bis jetzt immerhin fünf Wochen vergangen. Bisher ist, abgesehen von der gestrigen Sendung, noch nichts geschehen.
Herr Kollege, ich habe Ihnen dargelegt, welche Planungen hier verwirklicht werden. Es ist in den letzten vier Wochen außerordentlich intensiv gefahndet worden, und zwar mit anderen Mitteln. Diese werden jetzt - wie ich meine, zum richtigen Zeitpunkt - ergänzt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spies.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wie Ihre Äußerung zu verstehen ist, daß Sie die Möglichkeiten nutzen werden, auch im Ausland über das Fernsehen zu fahnden. Ist das so zu verstehen, daß sich die Bundesregierung bemüht oder daß hier nur gebotene Möglichkeiten genutzt werden? Welcher Art sind die Bemühungen, die die Bundesregierung bisher in dieser Richtung unternommen hat?
Herr Kollege, die Bundesregierung ist sehr daran interessiert, daß diese Filme auch im Ausland verbreitet werden und damit unsere Fahndung unterstützt wird. Sie unternimmt entsprechende Schritte, um dies zu erreichen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Langguth.
Welche Gründe haben die Bundesregierung veranlaßt, die Öffentlichkeitsfahndung mit Hilfe des Fernsehens nicht bereits auch nach der Ermordung beispielsweise von Ponto und Buback zu betreiben?
Auch danach hat eine intensive Öffentlichkeitsfahndung - allerdings mit anderen Mitteln - stattgefunden.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Hinsichtlich der Frage 17 hat die Fragestellerin schriftliche Beantwortung beantragt. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Ueberhorst auf:
Wird durch die geplanten Entsorgungsverträge zwischen der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen ({0}) und der COGEMA bzw. die sie flankierenden Vereinbarungen der Bundesregierung mit der französischen Regierung über die Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus deutschen Reaktoren sichergestellt, daß der Abbrand nur in Form wiederverwendbarer Brennelemente bzw. als „waste" in endlagerfähigem Zustand in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeführt wird, oder sind Klauseln vorgesehen, wonach unter bestimmten Umständen auch die Rückführung nicht bearbeiteter abgebrannter Brennelemente vorgesehen ist?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, der von der deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen - DWK - mit der französischen COGEMA weitgehend ausgehandelte Vertrag zur Wiederaufarbeitung von abgebrannten Brennelementen enthält eine Option darauf, daß die Abfälle der aufgearbeiteten Brennelemente in konditionierter Form von einem noch festzusetzenden Zeitpunkt ab dem Vertragspartner in der Bundesrepublik zurückzuliefern sind. Dieser Zeitpunkt wird nicht vor 1990 liegen.
Auch die als Produkt der Wiederaufarbeitung anfallenden Kernbrennstoffe Uran und Plutonium werden zur Weiterverarbeitung zu Brennelementen in die Bundesrepublik zurückgeliefert werden.
Die Rücklieferoption erstreckt sich auch auf abgebrannte Brennelemente, die möglicherweise aus nach heutigem menschlichen Ermessen allerdings auszuschließenden Gründen nicht aufgearbeitet werden können.
Nach der Entsorgungsstrategie der Elektrizitätswirtschaft der Bundesrepublik werden im Rahmen der Entsorgungsleistung der COGEMA abgebrannte Brennelemente voraussichtlich nur bis zum Jahre 1982 nach Frankreich geliefert werden. Der Entsorgungsbedarf der folgenden Jahre und die Rücknahme von konditionierten Abfällen und gegebenenfalls von nicht aufgearbeiteten Brennelementen wird durch Brennelementzwischenlager in der Bundesrepublik und durch die Anlagen des Entsorgungszentrums abgedeckt werden. Die Bundesregierung hat diese Entsorgungsstrategie anerkannt. Im übrigen verweise ich Sie auf den Entsorgungsbericht, der vor kurzem dem Parlament vorgelegt worden ist.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ueberhorst.
Darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, wie die von Ihnen erwähnten Klauseln in diesen Verträgen, die auch die Rückführung nicht wieder aufgearbeiteten Materials vorsehen, von der Bundesregierung bewertet werden, ob der Verzicht auf solche Klauseln eine wünschbare oder vielleicht sogar eine unabdingbare Voraussetzung dafür wäre,
diese Verträge als im Sinne der Entsorgungsvorsorge der Bundesregierung liegend bezeichnen zu können?
Herr Kollege, die französische Seite legt Wert auf diese Rücklieferoption, die ich dargestellt habe, also für Fälle, die heute nicht vorhersehbar sind, sozusagen höhere Gewalt, um diesen Ausdruck hier einmal zu gebrauchen. Die Bundesregierung hat keine Bedenken, daß eine solche Klausel aufgenommen wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ueberhorst.
Will oder kann die Bundesregierung eventuell noch Einfluß darauf nehmen, daß solche Möglichkeiten noch mehr ausgeschlossen werden, als sie es jetzt sind, wobei mir nicht klargeworden ist, was Sie mit höherer Gewalt gemeint haben?
Herr Kollege, ich bin gerne bereit, Sie über den Vertrag, wenn er abgeschlossen ist, im Detail zu informieren. Es ist richtig, wenn Sie annehmen, daß sich die Bundesregierung bemühen wird, diesen Fall als einen ganz besonderen Ausnahmefall darstellen zu lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, können Sie, bezogen auf den Vertrag mit Frankreich, einmal sagen, was denn „höhere Gewalt" wohl sein könnte, denn in den Verträgen müßte dieser Tatbestand doch spezifiziert dargestellt werden, da diese Verträge für die Energieversorgung unseres Landes sehr wichtig sind?
Herr Kollege, ich bin heute nur in der Lage, das in so allgemeinen Formeln zu sagen, bin aber gerne bereit, Ihnen den genauen Text zur Verfügung zu stellen. Ich wiederhole noch einmal, daß es sich hier nur um Fälle handeln kann, die heute nicht vorhersehbar sind, die man heute also nicht im Vertrag beschreiben kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Spöri.
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung überhaupt für neu zu errichtende Kernkraftwerke ausländische Entsorgung und ihre Sicherstellung für nötig, wenn man von einer realistischen Zeitplanung für die Einrichtung des Entsorgungszentrums in Gorleben ausgehen kann?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat in ihren Entsorgungsrichtlinien und auch in dem Entsorgungsbericht, den sie dem Parlament gerade vorgelegt hat, die Auslandsentsorgung als eine Möglichkeit durchaus anerkannt.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Ueberhorst auf:
Hat die Bundesregierung die Absicht, dem Bundestag für das Atomgesetz eine enumerative Aufzählung der nach ihrer Meinung zulässigen Kernenergieanlagen, speziell auch der im Bau befindlichen Prototypanlage eines Schnellen Brüters ({0}), vorzuschlagen, und wie würde die Aufnahme des SNR 300 in den § 7 des Atomgesetzes den parlamentarischen Entscheidungsraum für eine Beschlußfassung zur eventuellen Inbetriebnahme des SNR 300 beeinflussen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Die Bundesregierung hat den Bundesminister des Innern beauftragt, in Zusammenarbeit mit den hauptsächlich berührten Bundesressorts den Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung atomrechtlicher Vorschriften zu erarbeiten, mit dem § 7 Abs. 1 des Atomgesetzes durch eine Aufzählung der grundsätzlich als zugelassen angesehenen Reaktorarten aktualisiert wird. Nach dem derzeitigen Stand der Vorarbeiten erscheint es dabei sachdienlich, die in der Bundesrepublik entwickelten oder in Angriff genommenen herkömmlichen Reaktorarten - das sind Leichtwasserreaktoren und gasgekühlte Hochtemperaturreaktoren sowie Prototypen für Brutreaktoren, zu denen der Schnelle Natriumgekühlte Brüter, SNR 300, gehört - aufzuführen. Mit einer solchen gesetzlichen Regelung würde der Gesetzgeber nach Auffassung der Bundesregierung eine rechtliche Klarstellung der bereits im Jahre 1959 geschaffenen gesetzlichen Regelung bewirken.
Eine kommerzielle Nutzung von Brutreaktoren, für die derzeitig kein Regelungsbedürfnis besteht, würde eine vorherige Ergänzung des Atomgesetzes erfordern. Die Entscheidung über Anträge auf Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen für Einzelvorhaben auf der Grundlage der Genehmigungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 des Atomgesetzes würde auch künftig den im Wege der Bundesauftragsverwaltung handelnden obersten Landesbehörden obliegen. Die Kontrollrechte dieses Parlaments über Entscheidungen der Bundesregierung bei Wahrnehmung der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 des Grundgesetzes blieben auch hinsichtlich einer eventuellen Billigung der Inbetriebnahme des SNR 300 unberührt.
Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Ueberhorst.
Weil ich ausgerechnet den letzten Satz nicht verstanden habe, Herr Staatssekretär, möchte ich Sie fragen, ob auch nach Meinung der Bundesregierung eine solche Novellierung des § 7 des Atomgesetzes im Hinblick auf den SNR 300 mit einer anderen vorstellbaren Position kollidieren würde, wonach die Entscheidung über diesen Typ des Schnellen Brüters noch für eine gewisse Zeit, bis zur Entscheidung über eine eventuelle Inbetriebnahme, offengehalten werden sollte.
Nein, Herr Kollege, eine solche Kollision sehe ich nach dem, was geplant ist, nicht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 20 der Frau Abgeordneten Krone-Appuhn auf. - Die Fragestellerin ist nicht im Saal. Die Fragen 20 und 21 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Herr Dr. Häfele hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage 22 gebeten. Dem wird entsprochen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf:
Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um zu verhindern, daß künftig - wie im Kernkraftwerk Neckarwestheim - vom Betriebshandbuch abweichende Betriebsanweisungen gegeben werden?
Herr Kollege, das Betriebshandbuch enthält wie jede andere Betriebsanleitung für eine komplizierte technische Anlage nicht alle möglichen und zulässigen Vorgehensweisen. Im Einzelfall kann es durchaus zweckmäßig sein - auch aus sicherheitstechnischer Sicht -, andere als die im Betriebshandbuch beschriebenen Prozeduren zu wählen. Das ist unvermeidlich. Jedoch bedarf es dann einer besonders sorgfältigen Vorbereitung und vorherigen detaillierten Festlegung sowie Dokumentation des geplanten Verfahrensablaufs durch die Betriebsleitung. Das heißt, die Qualität der Erarbeitung dieser Einzelanweisung muß dieselbe sein wie die für die Erstellung des Betriebshandbuchs.
Der Betreiber des Gemeinschaftskernkraftwerks Neckarwestheim wurde in diesem Sinne durch die zuständige atomrechtliche Aufsichtsbehörde angewiesen. Im Rahmen der Wahrnehmung der Bundesaufsicht wird der Bundesminister des Innern nach Auswertung der Beratungen in der Reaktorsicherheitskommission eine vorsorgliche Überprüfung der diesbezüglichen Praxis in allen Kernkraftwerken veranlassen..
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung Fälle in anderen Kernkraftwerken der Bundesrepublik bekannt, in denen es bedingt durch Abweichungen von Betriebshandbüchern zu derartigen Störfällen gekommen ist?
Herr Kollege, solche Fälle sind mir nicht präsent. Ich werde Ihrer Frage nachgehen und Ihnen darauf eine Antwort geben.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Dr: Spöri ({0}) : Herr Staatssekretär, im Zusammenhang mit dieser Abweichung vom Betriebshandbuch und der dadurch bedingten Störsituation sind offensichtlich Ausbildungsmängel beim Schichtpersonal im Kernkraftwerk Neckarwestheim zutage ge4626
treten. Wird dieses Ausbildungsdefizit die Bundesregierung dazu anregen, eventuell generell den Ausbildungsstand des Schichtpersonals in Kernkraftwerken zu überprüfen?
Herr Kollege, wir werden diese Frage möglicher Ausbildungsmängel mit in die Überlegungen einbeziehen, die ich angekündigt habe.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Steger.
Herr Staatssekretär, halten Sie es denn für gerechtfertigt, daß gerade für die kritische Phase des Anfahrens, in der dieser Störfall passiert ist, die Hersteller eigenmächtig Betriebsanleitungen entwickeln, oder sollen solche Betriebsanweisungen ausdrücklich der Genehmigungsbehörde zur vorherigen Zustimmung vorgelegt werden?
Herr Kollege, ich habe diese Frage den Sachverständigen gestellt, und diese haben mir gesagt, es sei durchaus vorstellbar und in manchen Fällen gar nicht zu vermeiden, von den Regeln im Betriebshandbuch abzuweichen. Das gilt also auch für diese .Phase.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, wenn in einer solchen Phase, wie sie soeben dargestellt wurde, vom Betriebshandbuch abgewichen werden muß, weil das Handbuch nicht auf dem neuesten Stand der praktizierenden Technik ist, frage ich, ob es dann nicht notwendig wäre, daß die für die Genehmigung zuständige Behörde erst gehört wird und die Genehmigung gibt. Sonst hätten sich Verstöße gegen bestehende Verordnungen ergeben. Wie und von wem werden derartige Maßnahmen, die eventuell einen Verstoß gegen die Betriebsgenehmigung darstellen geahndet?
Herr Kollege, ich habe Ihnen dargelegt, welche Vorkehrungen wir treffen wollen, um auch für solche Maßnahmen außerhalb des Betriebshandbuches einen Rahmen zu schaffen und dort dieselbe Sorgfalt walten zu lassen, wie sie zu erwarten ist, wenn gemäß dem Betriebshandbuch verfahren wird. Wir werden - ich habe darauf hingewiesen - die Reaktorsicherheitskommission hinzuziehen und unsere Entscheidungen nach Auswertung dieser Erkenntnisse treffen.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Spöri auf:
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß das fast zweimonatige Verschweigen des Störfalls im Kernkraftwerk Neckarwestheim den Grundsätzen einer sinnvollen Informationspolitik im Bereich der kommerziellen Nutzung der Kernenergie entspricht, und welche Konsequenzen wird sie hieraus gegebenenfalls ziehen?
Herr Kollege Dr. Spöri, es ist Ziel der Informationspolitik der Bundesregierung sowie der atomrechtlichen Behörden der Länder, zu erreichen, daß die Öffentlichkeit über besondere Vorkommnisse in kerntechnischen Anlagen schnell und ausführlich unterrichtet wird. Dem Betreiber des Kernkraftwerks Neckarwestheim war im vorliegenden Fall von Behördenseite dringend empfohlen worden, die Öffentlichkeit unverzüglich in angemessener Weise zu informieren. Der Betreiber ist dieser Anregung aus Gründen, die er allein zu verantworten hat, nicht gefolgt. Dies ist sowohl vom Bundesministerium des Innern als auch von der zuständigen Landesbehörde inzwischen in aller Form beanstandet worden. Der Bundesminister des Innern plant im übrigen in Ausfüllung der Ermächtigungsgrundlage des § 12 Abs. 1 Nr. 7 des Atomgesetzes, in einer Rechtsverordnung festzulegen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise die aus besonderen Vorkommnissen gewonnenen Erkenntnisse veröffentlicht werden. Dabei soll vor allem auch dem berechtigten Informationsanspruch der Öffentlichkeit Rechnung getragen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Herr Staatssekretär, ist meine Annahme richtig, daß dem Betreiber bei der gegenwärtigen Rechtslage keine hinreichende Informationspflicht von irgendeiner Aufsichtsbehörde aufgezwungen werden kann, und soll durch die beabsichtigte Rechtsverordnung, die Sie soeben zitiert haben, an diesem Zustand etwas geändert werden, oder ist damit eventuell die Absicht verbunden, die Informationspflicht und -last der Meldebehörde für den Störfall aufzubürden?
Herr Kollege, Sie haben recht, wenn Sie feststellen, daß bisher keine rechtliche Verpflichtung besteht. Wir suchen jetzt nach einem Modus - eine endgültige Entscheidung ist noch nicht getroffen -, um mit rechtlicher Verbindlichkeit sicherzustellen, daß die Öffentlichkeit rechtzeitig informiert wird.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spöri.
Herr Staatssekretär, würden Sie eventuell eine Regelung von seiten der Bundesregierung für sinnvoll halten, die die Betriebsgenehmigung für den Kernkraftwerksbetreiber an eine gesetzliche Auflagepflicht für rückhaltlose sofortige Information im Fall von Störfällen koppelt?
Ich könnte mir vorstellen, daß das eine Möglichkeit wäre; aber abschließend kann ich mich dazu nicht äußern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, wer hat in diesem Falle die Nichtinformation der ÖffentStahl ({0})
lichkeit zu vertreten? Wenn ich richtig informiert bin, sind die Betriebe angewiesen, den zuständigen Aufsichtsstellen derartige Unfälle sofort und unverzüglich mitzuteilen. Ich frage Sie deshalb: Ist dies ein Versagen der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des Betriebes?
({1})
Herr Kollege, die Bundesregierung hat - ich habe das ausgeführt - dem Betreiber des Kernkraftwerkes unverzüglich dringend empfohlen, die Öffentlichkeit zu informieren.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Huonker.
Herr Staatssekretär, bedeuten dies und die Antwort, die Sie Herrn Dr. Spöri auf die erste Zusatzfrage gegeben haben, daß Sie rechtlich sicherstellen wollen, daß erstens die Aufsichtsbehörden über jeden Störfall informiert werden und zweitens die Aufsichtsbehörden dann - notfalls unter Zuhilfenahme von Zwangsmitteln - eine Unterrichtung der Öffentlichkeit - sei es durch die Aufsichtsbehörde selbst, sei es durch das Unternehmen, was ja bedeuten würde, daß man dem Unternehmen sagt, was es zu sagen hat - sicherstellen?
Herr Kollege, das Entscheidende ist die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Wir müssen einen Weg finden, daß die Öffentlichkeit informiert wird. Wenn der Betreiber es nicht tut, müssen wir einen anderen Weg - möglicherweise eben auch durch die Aufsichtsbehörde - einschlagen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Steger.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, und können Sie ausdrücklich bestätigen, daß die zuständige Behörde, die ja auch Ihrer Fachaufsicht unterliegt, sich in diesem Fall keinerlei Fehler, Nachlässigkeiten oder Vergehen hat zuschulden kommen lassen, was die Information der Öffentlichkeit oder auch die zügige Meldung an obere Instanzen, die das ja dann auch hätten veröffentlichen können, betrifft?
Herr Kollege, ich möchte jetzt nicht so weit gehen, das absolut auszuschließen, gehe aber davon aus.
Ich rufe Frage 25 des Herrn Abgeordneten Huonker auf:
Durch welche Maßnahmen wird die Bundesregierung künftig sicherstellen, daß sich Störfälle wie anläßlich des Brennelementewechsels im Kernkraftwerk Neckarwestheim nicht wiederholen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Ursache für den Störfall im Gemeinschaftskernkraftwerk Neckarwestheim war unzureichende Vorbereitung und Durchführung der Wiederanfahrprozedur für den Reaktor. Hier wurde seitens der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde eine stärkere Formalisierung der betrieblichen Abläufe verfügt, um so zu erreichen, daß in Zukunft auch nicht im Betriebshandbuch vorgesehene Verfahrensweisen sorgfältig vorbereitet und in allen notwendigen Details zuvor festgelegt und dokumentiert werden.
Obwohl bisher keine Hinweise darauf vorliegen, daß dieses Vorkommnis mehr als einen Einzelfall darstellt, wird der Bundesminister des Innern in Auswertung der Beratungen der Reaktorsicherheitskommission vorsorglich eine Überprüfung der diesbezüglichen Praxis auch in anderen Anlagen veranlassen; ich beziehe mich auf das, was ich gegenüber dem vorherigen Fragesteller dazu schon ausgeführt habe.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Huonker.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß im Zusammenhang mit der Erforschung der Ursachen des Störfalls auch - zumindest kleinere - Konstruktionsmängel zutage getreten sind, und, wenn ja, bedeutet dies, daß nicht nur beim Kernkraftwerk Neckarwestheim, sondern bei allen Kernkraftwerken, in denen dieser Reaktortyp verwendet wird, entsprechende Prüfungen vorgenommen werden, möglicherweise auch mit dem Ziel, gewisse Änderungen der Betriebsgenehmigung auszusprechen, wenn gewisse Auflagen nicht erfüllt werden?
Herr Kollege, ich kann hier nicht zu dieser Frage, ob Konstruktionsmängel vorgelegen haben, Stellung nehmen. Nach den mir vorliegenden Informationen lag die Ursache, wie ich dargelegt habe, nicht in Konstruktionsmängeln, sondern in der unzureichenden Vorbereitung und Durchführung der Wiederanfahrprozedur. Das war jedenfalls die Ursache.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Huonker.
Können Sie den Zeithorizont absehen, innerhalb dessen das, was an Neckarwestheim gelernt werden konnte - d. h. die Erfahrungen, die da gesammelt werden konnten -, bei allen Betreibern von Kernkraftwerken umgesetzt wird?
Ich würde sagen, so schnell wie möglich in den nächsten Monaten.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich rufe Frage 26 des Abgeordneten Schröder ({0}) auf:
Sind der Bundesregierung Meldungen bekannt, daß die Provinzregierung von Groningen den Minister für Verkehr und Wasserverwaltung in Den Haag gebeten hat, seine Anordnung vom 28. September 1977 in der Form zu modifizieren, daß der Provinz Groningen sowie den drei alteingesessenen Betrieben
Präsident Carstens
der „Königliche Scholten Honig" die Genehmigung erteilt wird, ihre Abwässer in die Abwasserdruckleitung einzuleiten, und daß eine entsprechende Verordnung bereits zum 1. Dezember 1977 in Kraft treten soll, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die daraus gegebenenfalls entstehenden Gefahren für die Insel Borkum und die ostfriesische Nordseeküste abzuwenden?
Herr Kollege Schröder, zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Minister für Verkehr und Wasserverwaltung der Niederlande hat unter Beteiligung des niedersächsischen Landwirtschaftsministers am 28. November 1977 in dieser Sache ein Gespräch stattgefunden. Die Minister bekräftigten die von den beiden Regierungen am 17. Februar 1972 getroffene Vereinbarung. Die niederländische Seite hatte seinerzeit erklärt, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Belastung des Ems-Ästuars mit Abwässern weitgehend zu reduzieren. Von beiden Seiten war dabei das Prinzip akzeptiert worden, daß kein ungereinigtes Abwasser in das Ästuar geleitet werden darf.
Über die Belastbarkeit des Ems-Ästuars besteht noch keine Einigung. Diese Frage wird unter Berücksichtigung der neuesten von beiden Seiten vorgelegten Gutachten unverzüglich zwischen der deutschen und der niederländischen Regierungsdelegation weiter beraten. Hervorgehoben werden muß, daß die niederländische Regierung zugesagt hat, nur eine vorläufige Genehmigung für eine befristete Probeeinleitung zu erteilen, und zwar für die letzten Wochen dieses Jahres. Die Abwasserlast hängt ja sehr entscheidend von einem einzigen Betrieb ab, dessen Hauptproduktionszeit in den Herbst und Winter fällt. Die Auswirkungen dieser vorübergehenden Einleitung werden nach einem von den Ministern vereinbarten Meßprogramm festgestellt. Dazu hat es am 6. _Dezember 1977, also gestern, bereits eine Sachverständigenbesprechung in Den Haag gegeben. Bis zum März 1978 soll das Ergebnis vorliegen. Das Meßprogramm soll von insgesamt sieben Schiffen durchgeführt werden. Eine endgültige Erlaubnis für die Firma Scholten Honig zum Anschluß an die Druckleitung soll gemäß Einvernehmen der Minister erst dann erteilt werden, wenn die Umweltschutzeinrichtungen der niederländischen Seite der vorgenannten Vereinbarung von 1972 entsprechen. Die niederländische Seite hat zugesagt, die Belastung des Ems-Ästuars vor Beginn der nächsten Kampagne im Jahr 1978 wesentlich zu verringern.
Die Bundesregierung wird weiterhin alles unternehmen, um eine Gefährdung der Insel Borkum und der ostfriesischen Nordseeküste zu vermeiden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schröder.
Herr Staatssekretär, da Sie eben selber an das im Jahr 1972 mit der niederländischen Regierung abgeschlossene Abkommen erinnert haben, in dem ausdrücklich hervorgehoben wird, daß im Prinzip nur gereinigte Abwässer eingeleitet werden dürfen, möchte ich die Frage stellen: Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß die seit dem 1. Dezember durchgeführte Einleitung von täglich 75 t Schmutz in die Ems dem damals abgeschlossenen Abkommen eindeutig widerspricht?
Ich kann dazu nur sagen, Herr Kollege: Die Bundesregierung hätte es begrüßt, wenn es zu dieser Situation, die Sie geschildert haben, nicht gekommen wäre. Sie hat auch in der Besprechung, die zwischen den drei Ministern am 28. November 1977 hier in Bonn stattgefunden hat, auf das alte Abkommen verwiesen, das die Grundlage der Beurteilung der Frage ist.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schröder.
Darf ich aus Ihrer Antwort folgern, daß die Bundesregierung zur Zeit nicht bereit ist, an die Rechte, die sich aus dem Vertrag ergeben, nun entsprechende Schritte anzuknüpfen, sondern daß sie den jetzigen Zustand duldet?
Baum, Parl. Staatsekretär: Herr Kollege, gerade die Tatsache, daß die verantwortlichen Mitglieder der beiden Regierungen unter Teilnahme des zuständigen niedersächsischen Kollegen vor einigen Tagen in Bonn zusammengekommen sind und Vereinbarungen, die ich nur als positiv bezeichnen kann, getroffen haben, zeigt, daß die Bundesregierung sich mit der jetzigen Lage, die Sie geschildert haben, nicht zufrieden gibt. Andererseits muß ich Sie darauf hinweisen, daß die Vereinbarung aus dem Jahre 1972 unterschiedlich ausgelegt wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Nordlohne.
Herr Staatssekretär, wie hat sich die niederländische Regierung auf den sicher seitens der Bundesregierung und der niedersächsischen Landesregierung vorgebrachten Einwand eingelassen, hier liege selbst bei unterschiedlicher Interpretation jedenfalls eine Verletzung des damaligen Abkommens vor?
Herr Kollege, die niederländische Seite hat auf Schwierigkeiten bei der Erfüllung dieser Vereinbarung hingewiesen. Sie hat aber, wie ich dargelegt habe, im übrigen eine ganze Reihe von Zusagen gemacht, die geeignet sind, nun doch eine Verbesserung dieser Lage im Ems-Ästuar und in der Nordsee herbeizuführen. Wir werden sehr darauf achten, daß diese Zusagen eingehalten werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. von Wartenberg.
Herr Staatsekretär, wenn unterschiedliche Interpretationen dieses Vertrags bestehen, sind dann nicht auch Sie der Meinung, daß dieser Vertrag schlecht ausgehandelt wurde? Hatten die Bundesregierung und die damaDr. von Wartenberg
lige niedersächsische Landesregierung keine Möglichkeiten, rechtzeitig zur nötigen Klärung beizutragen?
Herr Kollege, es handelt sich um eine Vereinbarung. Die Bundesregierung hat keinen Einfluß darauf, daß die Vereinbarung von der anderen Seite anders interpretiert wird. Das war nicht vorhersehbar. Aber das ist kein Punkt von entscheidender Bedeutung in diesem Zusammenhang. Entscheidend ist, daß man jetzt in beiderseitigem Einvernehmen Schritt für Schritt weiterkommt, Ich habe Ihnen gezeigt, welche Schritte vorgesehen sind.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich rufe dann die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Graf Huyn auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung trotz sicherheitspolitischer Bedenken die der extremistischen Terroristenorganisation MIR angehörenden Personen Gladys Diaz, Carlos Liberona Vergara und Roberto Moreno Burgos in die Bundesrepublik Deutschland hat einreisen lassen, und wurde diese Reise aus Bundesmitteln bezahlt?
Es trifft zu, daß die Bundesregierung der Einreise der chilenischen Staatsangehörigen Gladys Diaz Armijo, Carlos Liberona Veragra und Roberto Moreno Burgos zugestimmt hat. Sie hat sich dazu nach Durchführung einer besonders sorgfältigen Sicherheitsprüfung und nach Abwägung aller Umstände entschlossen, bei der überwiegende humanitäre Gesichtspunkte letztlich den Ausschlag gaben. Darüber hinaus ist die Einreise von Erklärungen der betreffenden Personen und von der Übernahme einer Patenschaft durch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens abhängig gemacht worden.
Zum Fall Moreno Burgos habe ich bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 24. Juni dieses Jahres ausführlich Stellung genommen und insbesondere darauf hingewiesen, daß es die Bundesregierung grundsätzlich abgelehnt hat, Angehörige des „Movimiento de la Izquierda Revolucionaria ({0}) in die Aufnahmeaktion der Bundesrepublik Deutschland einzubeziehen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur in wenigen Einzelfällen wegen der vorrangigen humanitären Gesichtspunkte erfolgt.
Die Reisekosten für die im Rahmen der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Aufnahmeaktion der einreisenden Personen werden aus Haushaltsmitteln des Bundes bestritten. So wurde auch bezüglich der von Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege, erwähnten drei Personen verfahren.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Huyn.
Welche waren die besonderen humanitären Umstände, die dazu geführt haben, die Einreise zu genehmigen, obwohl der Bundesverfassungsschutz ausdrücklich Bedenken erhoben hat, da es sich hier um terroristische und extremistische Persönlichkeiten handelt?
Herr Kollege, im Falle Gladys Diaz Armijo lagen der Bundesregierung Anhaltspunkte dafür vor, daß sie während ihrer Haft in Chile schwer mißhandelt worden ist. Außerdem lagen Hinweise vor, daß der siebenjährige Sohn, dem der Besuch seiner Mutter im Gefängnis verboten war, sich wegen der Gesamtumstände in psychiatrischer Behandlung befand. Frau Diaz ist am 5. Dezember 1976 mit ihrem Sohn eingereist.
Liberona Vergara ist mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet, die mit dem gemeinsamen Kind im Bundesgebiet wohnhaft ist. Die Einreise erfolgte am 16. Oktober 1976.
Im Falle Moreno Burgos befand sich die Familie mit mehreren Kleinkindern bereits seit Ende 1974 in der Bundesrepublik Deutschland. Moreno Burgos selbst war zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Er ist am 31. März 1977 eingereist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Huyn.
Sind humanitäre Gesichtspunkte auch dann vorrangig, wenn, wie in einem Fall etwa, die betreffende Person gar nicht mehr in Chile war, sondern bereits in Mexico, und warum hat die Bundesregierung diese Reise nach Ihrer Aussage dann trotzdem aus humanitären Gründen aus Haushaltsmitteln getragen?
Herr Kollege, ich bin allerdings der Meinung, daß humanitäre Gründe auch dort ausschlaggebend sein können. Ich habe Ihnen ja dargelegt, daß es sich um eine sehr schwierige Abwägung gehandelt hat, zu der wir uns verpflichtet gefühlt haben, um eine Abwägung zwischen den Sicherheitsinteressen unseres Landes, die wir mit allen Mitteln wahren wollen, und der humanitären Lage der Menschen, um die es hier geht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Riedl.
Herr Staatssekretär, gegen wie viele Chilenen hat die Bundesregierung und haben die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik in den letzten Jahren sicherheitspolitische Bedenken angemeldet, und wie viele davon haben von Ihnen, von der Bundesregierung, die Genehmigung zur Einreise in unser Land erhalten?
Diese Frage werde ich Ihnen gerne schriftlich beantworten. Ich habe die Zahlen nicht hier.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bötsch.
Herr Staatssekretär, darf man erfahren, welche Persönlichkeiten die von ' Ihnen erwähnten Patenschaften übernommen haben?
Gerne, Herr Kollege. Für Frau Diaz Armijo hat Herr Peter Blachstein, Hamburg, bis 1969 Mitglied des Deutschen Bundestages, die Patenschaft übernommen. Liberona Vergara wird von Herrn Pastor Karl Wolfgang Hanne, Bremen, betreut. Die Patenschaft für Herrn Moreno Burgos hat unser Kollege Waltemathe übernommen.
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Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Böhm.
Herr Staatssekretär, gibt es gegenwärtig eine sehr sorgfältige Überwachung der betroffenen Personen und erfordert nicht die gegenwärtige Sicherheitslage, daß neu überdacht wird, ob sich diese Chilenen weiter in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten dürfen?
Zu Ihrer Frage möchte ich mich nur sehr allgemein äußern. Wir tun alles, um den Sicherheitsinteressen unseres Landes Rechnung zu tragen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiechle.
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Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.
Herr Staatssekretär, treffen Befürchtungen zu, daß unter den sogenannten Chilenen, die hier bei uns Unterkunft gefunden haben, auch Tupamaros sind, die seinerzeit an der Entführung des Botschafters von Holleben in Rio de Janairo beteiligt waren?
Mir ist von solchen Befürchtungen nichts bekannt, Herr Kollege.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langguth.
Darf ich fragen, welche Gründe offensichtlich das Bundesamt für Verfassungsschutz veranlaßt haben, Bedenken gegen die Einreise dieser Personen zu erheben.
Der Hauptgrund ist die Zugehörigkeit zu MIR, wie ich ausgeführt habe.
Ich muß generell zu den ganzen Zusatzfragen, meine Herren Kollegen, sagen, daß ich mich doch etwas wundere, daß Sie die Sorgfalt anzweifeln, die die Bundesregierung hier angewandt hat.
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Ich vermisse, daß Sie würdigen, daß wir aus humanitären Gründen gehandelt haben.
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Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Dr. Langguth auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Rechtmäßigkeit des von den Vereinigten Deutschen Studentenschaften ({0}) ausgerufenen „Streiks" an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland, und welche Konsequenzen hat diese Beurteilung der Rechtslage auf die Bewertung hinsichtlich der Verfassungstreue der im Vorstand der Vereinigten Deutschen Studentenschaften mitwirkenden Organisationen ({1}) ?
Ihre Frage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft wie folgt. Der Begriff „Streik" kommt aus dem kollektiven Arbeitsrecht und dient zur Durchsetzung von Forderungen der Arbeitnehmer. Der von den VDS empfohlene und unterstützte Vorlesungsboykott hat hiermit nichts zu tun.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist bei der Beurteilung der Durchführung des Vorlesungsboykotts unter rechtlichen Gesichtspunkten wie folgt zu unterscheiden.
Erstens. Das Fernbleiben von angebotenen Lehrveranstaltungen ist rechtlich nicht zu beanstanden, da der Besuch von Lehrveranstaltungen, soweit keine Präsenzpflicht besteht, von Rechts wegen den Studenten überlassen ist.
Zweitens. Die Verhinderung von Lehrveranstaltungen ist rechtswidrig, da sie sowohl die verfassungsrechtlich geschützte Lehrfreiheit der Dozenten als auch das Recht der anderen Studenten auf ungehinderte Teilnahme an einer angebotenen Lehrveranstaltung beeinträchtigt.
Drittens. Bei der Behinderung von Lehrveranstaltungen muß die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit nach Maßgabe des jeweiligen Einzelfalls durch die zuständigen Behörden oder Gerichte entschieden werden. Soweit ein Hochschulmitglied durch Gewalt, Aufforderung zur Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt von der Ausübung seiner Rechte und Pflichten abgehalten wird, ist dies nach Auffassung der Bundesregierung ohne Zweifel rechtswidrig.
Etwaige rechtswidrige Aktionen im Rahmen des Vorlesungsboykotts sind als Beurteilungskriterien für die Verfassungsmäßigkeit der an diesen Aktionen beteiligten Organisationen für sich genommen nicht geeignet, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langguth.
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß an zahlreichen Hochschulen unter dem Namen „Demokratische Gegenhochschulen" ein Alternativprogramm zum normalen Hochschulbetrieb aufgebaut worden ist,
im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit solcher sogenannten „Demokratischen Gegenhochschulen"?
Herr Kollege, ich habe mich hier zur Rechtmäßigkeit des Vorlesungsboykotts geäußert. Ich habe mich nicht zu äußern gehabt zu einem völlig anderen Sachverhalt im Rahmen der gegenwärtigen Situation an den Hochschulen. Nur darum ging es in Ihrer Frage.
Herr Abgeordneter Langguth, ich weise Sie darauf hin, daß der Zusammenhang Ihrer ersten Zusatzfrage mit der ursprünglich gestellten Frage ein lockerer war.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langguth.
Im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit dieses sogenannten „Streiks" ist die Frage zu stellen, inwieweit der Bundesregierung Fälle bekannt waren, in denen sich auch Hochschullehrer an Veranstaltungen im Zusammenhang mit solchen „Demokratischen Gegenhochschulen" beteiligt haben.
Herr Kollege, das ist wieder ein Sachverhalt, der die Frage, die Sie mir gestellt haben, nicht unmittelbar betrifft. Ich habe mich hier nicht zur allgemeinen Lage an den Hochschulen zu äußern - das kann ich aus der Sicht meines Ressorts überhaupt nicht -, sondern einzig und allein zur Rechtmäßigkeit dieses sogenannten Streiks. Das habe ich getan.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Nordlohne.
Herr Staatssekretär, ist in der Kabinettssitzung am heutigen Vormittag ein Bericht des Bundesbildungsministers entgegengenommen worden, vielleicht auch des nordrhein-westfälischen Ministers Rau, die am gestrigen Abend mit diesen Fragen auch an der Uni Münster konfrontiert worden sind!
Herr Kollege, die Frage kann ich nicht beantworten, da ich an der Kabinettssitzung nicht teilgenommen habe. Generell muß ich noch einmal sagen: Ich habe mich hier nicht zum bildungspolitischen Bereich zu äußern. Das müßte dann der Kollege des zuständigen Ressorts tun. Es ging allein um die Rechtmäßigkeit.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Dr Langguth auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, inwieweit an den zahlreichen Ausschreitungen, so Vorlesungsstörungen, im Zusammenhang mit dem von den Vereinigten Deutschen Studentenschaften ausgerufenen „Streik" auch führende Mitglieder des DKP-orientierten MSB Spartakus beteiligt waren?
Der Herr Staatssekretär zur Beantwortung.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß an Ausschreitungen im Zusammenhang mit dem von den VDS für das laufende Wintersemester ausgerufenen Vorlesungsboykott auch Mitglieder und Funktionäre des MSB Spartakus beteiligt waren.
Während im Jahre 1975 in 11 Fällen und 1976 in 16 Fällen Anhänger orthodox-kommunistischer Studentengruppen bei Ausschreitungen oder gewalttätigen Aktionen an Hochschulen festgestellt werden konnten, sind 1977 bis Anfang November 15 Fälle bekanntgeworden, in denen Mitglieder und Anhänger des MSB Spartakus als Urheber oder Beteiligte bei Störungen von Vorlesungen, Sitzungen verschiedener Hochschulgremien oder sogenannten Besetzungen in Betracht kommen. Hierauf wurde bereits in der Antwort meines Kollegen von Schoeler auf die mündliche Anfrage des Herrn Kollegen Dr. Rose am 9. November hingewiesen.
Eine Ubersicht über die Ausschreitungen im Zusammenhang mit den jüngsten Boykottaktionen und die Beteiligung des MSB Spartakus an ihnen liegt mir noch nicht vor.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Langguth.
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß im Zusammenhang mit den sogenannten „Streiks" an den Hochschulen, zu denen der MSB Spartakus und. andere Gruppen aufgerufen hatten und an denen der MSB Spartakus also führend beteiligt ist, in der zurückliegenden Woche an der Universität Hamburg frei gewählte Abgeordnete dieses Deutschen Bundestages nicht die Möglichkeit hatten, in die juristische Fakultät zu gelangen?
Herr Kollege, hier gilt wieder das, was ich eben gesagt habe. Ich habe zwar gehört, daß dieser Vorwurf heute Gegenstand der Beratung im Ausschuß gewesen ist, aber ich kann aus der Sicht des Bundesinnenministeriums dazu nichts beitragen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Müller ({0}).
Herr Staatssekretär, welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, daß der Begriff „Streik" hier zu Mißdeutungen führen kann, weil er mißbräuchlich angewandt wurde?
Sie hat u. a. die Schlußfolgerung gezogen, daß sie heute hier vor diesem Hause ausgeführt hat, daß der Begriff „Streik" aus dem .kollektiven Arbeitsrecht kommt und mit dem, was jetzt an den Hochschulen geschieht, nichts zu
tun hat. Dort handelt es sich um einen Vorlesungsboykott.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern erledigt. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Offergeld zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 30 des Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Wird die Bundesregierung entsprechend ihrem Vorhaben, 1978 die steuerlichen Reisekostenpauschbeträge im öffentlichen Dienst und für die private Wirtschaft anzuheben, auch die Kilometergeldpauschale erhöhen, um insbesondere den Arbeitnehmern in den ländlichen Räumen eine notwendige finanzielle Entlastung zu verschaffen?
Herr Dr. Jobst, ich gehe davon aus, daß Sie mit Ihrer Frage den Kilometerpauschbetrag ansprechen, der bei der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen ist.
Die Bundesregierung hat sich in den letzten Jahren wiederholt zu den Forderungen nach einer allgemeinen Anhebung des Kilometerpauschbetrages von 36 Pf je Entfernungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geäußert. Sie hat dabei dargelegt, daß die verkehrspolitischen und haushaltsmäßigen Gründe, die für die Ermäßigung des Kilometerpauschbetrages auf Grund des Steueränderungsgesetzes 1966 maßgebend waren, fortbestehen und daß Kostensteigerungen im Automobilbereich nicht zwangsläufig dazu führen, den Pauschbetrag anzupassen.
Die Verkehrssituation, vor allem in den Ballungszentren, ist nach wie vor kritisch. Deshalb müssen auch im steuerlichen Bereich Maßnahmen vermieden werden, die diese Situation verschärfen könnten.
Zu den haushaltsmäßigen Auswirkungen ist zu sagen, daß eine Erhöhung des Kilometerpauschbetrages etwa auf den früheren Betrag von 50 Pf je Entfernungskilometer zu Einnahmeausfällen von jährlich rund 1,2 Milliarden DM führen würde. Ein derartiger Steuerausfall wäre nicht zu verantworten.
Eine Sonderregelung für ländliche Räume kann nicht in Erwägung gezogen werden. Eine regionale Differenzierung der Voraussetzungen der Kilometerpauschale ist schon aus Verwaltungsgründen kaum möglich. Im übrigen sind die Verkehrsverhältnisse, durch die Arbeitnehmer gezwungen werden können, ein Kraftfahrzeug zu benutzen, in ländlichen Räumen nicht einheitlich schlecht und in Stadtgebieten nicht immer gut. Eine Begünstigung ländlicher Regionen würde daher häufig zu ungerechten Ergebnissen führen und wäre auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedenklich.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß ein großer Teil der Arbeitnehmer, vor allem in ländlichen Gebieten und im Zonenrandgebiet, weite Fahrten mit ihrem eigenen Pkw zu ihrer Arbeitsstätte zurückzulegen haben - ich erinnere hier auch an die Fernpendler - und daß ihnen dadurch hohe finanzielle Aufwendungen entstehen, für die die derzeit geltende Kilometerpauschale kein adäquater Ausgleich ist?
Ich kann die in Ihrer Frage liegende Behauptung, daß es viele Arbeitnehmer gibt, die weite Strecken zur Arbeitsstätte haben, nicht bestreiten. Es ist auch nicht bestreitbar - das ergibt sich schon aus meiner Antwort -, daß die Kosten, je nachdem welche Wagen benutzt werden, durch die. Kilometerpauschale nicht voll gedeckt werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jobst.
Herr Staatssekretär, nachdem der Satz der Kilometerpauschale seit zehn Jahren unverändert ist und der Betrag ja vorher bereits höher war, frage ich: hält es die Bundesregierung nicht endlich für geboten, daß dieser Satz jetzt angehoben wird?
Ich habe die Frage schon beantwortet und Ihnen auch dargelegt, warum die Bundesregierung es nicht für geboten hält, diesen Satz zu erhöhen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Höpfinger.
Herr Staatssekretär, ist die jetzige Regelung nicht geradezu eine Benachteiligung wirtschaftlich schwacher Räume, z. B. des ostbayerischen Raumes, wo sehr viele Arbeitnehmer eben nur mit Kraftfahrzeugen an weit gelegene Arbeitsstellen kommen?
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Nein, das ist keine Benachteiligung. Ich habe darauf hingewiesen, daß die öffentliche Verkehrsbedienung in ländlichen Räumen nicht immer schlecht und in den städtischen Räumen nicht immer gut ist. Das ist sehr differenziert zu sehen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Nordlohne.
Herr Staatssekretär, darf ich die Frage stellen, ob es nicht sinnvoll wäre, daß Sie sich hinsichtlich der Antworten zu den hier anstehenden Problemen einmal mit dem neben Ihnen sitzenden Parlamentarischen Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums absprechen. Denn er hat mir vor einiger Zeit in diesem Hause auf die Frage,
wann eine Anhebung stattfinden werde, erklärt, dies werde im Zusammenhang mit der Steuerreform zum 1. Januar 1976 geschehen, die dann 1975 vorzeitig gekommen ist.
Herr Staatssekretär.
Sie haben gefragt, ob Sie diese Frage stellen dürften. Sie dürfen sie stellen. Sie wissen, daß die Bundesregierung eine Erhöhung nicht vorgeschlagen hat und daß die Bundesregierung auch nicht beabsichtigt, dies in absehbarer Zeit zu tun.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Steger.
Herr Staatssekretär, hält die Bundesregierung die Kilometergeldpauschale für ein geeignetes Instrument, die Versäumnisse, die von einigen Bundesländern und offenbar auch Gemeinden bei der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs gemacht worden sind, zu kompensieren?
Sie ist gewiß kein geeignetes Instrument, andere verkehrspolitische Versäumnisse auszugleichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiechle.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für eine vertrauensbildende Maßnahme, wenn der eine Staatssekretär eine Auskunft erteilt und der andere ihr widerspricht?
({0})
Ich sehe zwar nicht den Zusammenhang mit der ursprünglichen Frage nach der Erhöhung der Kilometerpauschale, muß aber, Herr Kollege, auch bestreiten, daß es derartige widersprüchliche Äußerungen gegeben hat.
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- Ich werde das überprüfen. Ich halte es für ausgeschlossen, daß ein Staatssekretär eines anderen Ressorts derartige Auskünfte gibt, schon weil es an der Zuständigkeit mangelt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Simpfendörfer.
Herr Staatssekretär, würden Sie hier bitte auch noch den Gesamtsteuerausfall durch die Kilometerpauschale nennen und wiederholen, welcher Steuerausfall durch eine Erhöhung um je 10 Pf zu erwarten wäre?
Herr Kollege Simpfendörfer, ich habe den Gesamtsteuerausfall für die jetzige Kilometerpauschale bei 36 Pf nicht im Kopf. Es sind mit Sicherheit mehrere Milliarden Mark. Eine Erhöhung von 36 auf 50 Pf würde ungefähr 1,2 Milliarden DM kosten.. Man kann also davon ausgehen, daß eine Erhöhung um etwa 10 Pf rund 800 Millionen DM kosten würde.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Der Fragesteller der Frage 31, Herr Abgeordneter Dr. Schneider, hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 33 des Herrn Abgeordneten Dr. von Wartenberg auf:
Wird die Bundesregierung - wie vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club ({0}) vorgeschlagen - die Freigrenzen für Reisemitbringsel aus Ländern der Europäischen Gemeinschaft ({1}), die seit fünf Jahren gleichgeblieben sind, von 460 DM um rund 60 v. H. anheben, und wenn nein, warum nicht?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, mit Ihrem Einverständnis möchte ich beide Fragen wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten.
Dann rufe ich auch die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. von Wartenberg auf:
Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag des ADAC, auch jene Zollfreigrenzen anzuheben, die für den Touristenverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Nicht-
EG-Ländern gelten?
Die Reisefreimengen sind gemeinschaftsrechtlich geregelt. Deshalb können sie nicht durch die Bundesregierung, sondern nur durch den Rat der Europäischen Gemeinschaften geändert werden. Diesem Rat liegt ein Vorschlag der Kommission vor, die Freigrenzen für den innergemeinschaftlichen Reiseverkehr von 125 auf 200 Rechnungseinheiten zu erhöhen. Ferner bereitet die Kommission einen Vorschlag zu einer entsprechenden Erhöhung der Freigrenze für den Drittlandsreiseverkehr - zur Zeit 25 Rechnungseinheiten - vor. Wie mein Kollege Haehser auf Fragen der Kollegen Niegel und Dr. Schröder ausgeführt hat, unterstützt die Bundesregierung diese Vorhaben einer Erhöhung der Reisefreimengen.
In dieser Antwort wurde aber auch darauf hingewiesen, daß die höheren Freibeträge in der nach einem „Korb" der Währungen der Mitgliedstaaten berechneten Europäischen Rechnungseinheit ausgedrückt werden sollen. Diese Rechnungseinheit soll die Gleichwertigkeit der in den jeweiligen Landeswährungen ausgedrückten Freibeträge wiederherstellen und für die Zukunft sichern.
Die Erhöhung würde sich in Hartwährungsländern verhältnismäßig geringfügig auswirken - in der Bundesrepublik Freigrenze etwa 520 DM statt 460 DM -, in Weichwährungsländern dagegen er4634
heblich stärker. Wegen der Schwierigkeiten, die diese Länder durch die vorgesehene Erhöhung und die damit verbundene Berechnung der Freibeträge in Europäischer Rechnungseinheit ohnehin hätten, wäre es unrealistisch, gegenwärtig für eine noch stärkere Erhöhung einzutreten.
Keine Zusatzfragen.
Bei den Fragen 35 und 36 bittet der Fragesteller um schriftliche Beantwortung; die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit ist der Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen abgehandelt. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Die Fragestunde ist beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 8. Dezember 1977, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.