Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung.
Der einzige Punkt der Tagesordnung heißt: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Ich gebe dazu dem Herrn Bundeskanzler das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen ,und Herren! Der Regierungserklärung soll ein Wort zum Rententhema vorangestellt werden, das in der vorigen Woche die Diskussion beherrscht hat. Kein Zweifel: Es hat zu einer ernsthaften Beunruhigung und zu einer Belastung des Vertrauens in die sozialliberale Koalition und in die Bundesregierung geführt.
Die Verhandlungsdelegationen beider Koalitionsparteien hatten sich an Hand des Gutachtens des Sozialbeirats vom 15. Oktober, der ja seit 20 Jahren die Maßstäbe für den Rentengesetzgeber gesetzt hat, und anderer neuerer wirtschaftlicher Daten mit der Gesamtheit der gesetzgeberisch notwendigen Schritte zur finanziellen Konsolidierung der Rentenversicherung und der Krankenversicherung in tiefgreifender Weise befaßt. Sie hatten dabei - unter anderem - auch eine Verschiebung der für den Juli 1977 vorgesehenen Rentenanpassung um sechs Monate ernsthaft in Erwägung gezogen. Ich will dies vor dem Bürger nicht verschleiern, sondern ich will es bestätigen. Wir hatten es uns damit allerdings sehr schwer gemacht.
Die Reaktionen vieler Bundestagsabgeordneter, vieler Bürger und der öffentlichen Meinung waren heftig. So heftig hatten wir diese Ablehnung nicht erwartet,
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obwohl klar war, daß es große Kraft brauchen würde, eine solche Entscheidung, wenn wir sie für unausweichlich gehalten hätten, glaubhaft zu machen und sie im Bundestag, in seinen Parteien, Fraktionen und Ausschüssen, zur Annahme zu bringen.
Ich will das offen zugeben. Aber ich darf hinzufügen: Eine Regierung ist nicht unfehlbar. Dies behaupten nur totalitäre Regierungen von sich.
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Hingegen steht es einer demokratischen Regierung gut an, wenn sie einer so klaren Kritik folgt, wie sie in dieser Sache von den Bundestagsabgeordneten ausgesprochen worden ist, die im Auftrage ihrer Wähler sprachen und die über vorzulegende Gesetzentwürfe zu entscheiden haben.
Wir haben deshalb letzte Woche - nach Beratungen in beiden Koalitionsfraktionen und -parteien - Klarheit geschaffen und durch öffentliche Verlautbarung diesen Teil der Regierungserklärung vorweggenommen.
Ich wiederhole hier die wichtigsten Punkte, die wir dem Bundestag im Zusammenhang mit dem im Frühjahr zu erstattenden Rentenanpassungsbericht zur Gesetzgebung vorschlagen werden, der im übrigen dann auch die notwendigen Zahlen und Daten enthalten wird:
1. Die Renten werden zum 1. Juli 1977 um 9,9 Prozent erhöht; die nächste Anpassung erfolgt am 1. Januar 1979 und dann jeweils erneut im jährlichen Abstand.
2. Die Bruttolohnbezogenheit bei der Festsetzung der Neurenten bleibt. Es wird kein Krankenversicherungsbeitrag der Rentner eingeführt. Die Beitragssätze zur Rentenversicherung bleiben unverändert.
3. Die laufenden Renten werden ab 1. Januar 1979 jeweils mindestens entsprechend der Steigerung der nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben verfügbaren Einkommen der aktiven Arbeitnehmer erhöht werden.
4. Die Rentenversicherung wird von den stark angestiegenen Kosten der Krankenversicherung der \Rentner entlastet.
Dies letztere hat Folgen für die gesetzliche Krankenversicherung, auf die ich noch zurückkommen werde. Wir mußten bei der Krankenversicherung einen gewissen Ausgleich durch Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze vornehmen. Dies ist eine Belastung besserverdienender Arbeitnehmer.
Unsere in einer schwierigen wirtschaftlichen Phase getroffenen Entscheidungen sind geeignet, die Rentenversicherung zu konsolidieren und damit die Altersversorgung der Bürger zu sichern. Damit wird
zugleich der bewährte Vertrag zwischen den Generationen gefestigt und das Prinzip der Solidarität zwischen den aktiven Arbeitnehmern und den Rentnern sozial gerecht ausgewogen.
Wir nehmen diesen Vertrag zwischen den Generationen als eine ernste Verpflichtung. Er beruht darauf, daß die arbeitende Generation solidarisch für die Rentner sorgt. Dabei weiß die Generation der Rentner, daß sie die Solidarität der Arbeitenden nicht überfordern kann. Beide Generationen leben gemeinsam von dem, was in unserer Volkswirtschaft jeweils aktuell, in jedem Jahre neu, erarbeitet wird.
Heute beziehen die Rentner im Durchschnitt zwei Drittel des Nettoeinkommens der Arbeitnehmer. Das Nettoeinkommen der Arbeitnehmer ist seit 1969 um etwa 80 °/o gestiegen; die Einkommen der Rentner sind aber sogar um 103 °/o gestiegen. Das heißt, die Berufstätigen haben durch ihre Finanzierung des rascheren Ansteigens der Renten - rascher im Vergleich zu den verfügbaren Arbeitnehmereinkommen - Solidarität mit ihren, mit unseren älteren Mitbürgern bewiesen. Auch die kostenlose Krankenversicherung der Rentner ist ein Stück dieser Solidarität. Auf dieser Solidarität beruhen der soziale Friede und der soziale Ausgleich. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind dazu ein ausgewogener Beitrag.
Ich wollte diese Bemerkungen der Regierungserklärung gern voranstellen, um nun anschließend zur systematischen Darlegung überzugehen.
Die Mehrheit der Bürger hat am 3. Oktober diese Bundesregierung, die beiden sie tragenden Koalitionsparteien für weitere vier Jahre beauftragt, ihre Arbeit für unser Volk fortzusetzen. Das Wahlergebnis ist zugleich eine Bestätigung für die Stabilität der demokratischen Ordnung in Deutschland.
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Krisenhafte Erscheinungen anderswo sollten uns ein Ansporn sein, unsere wirtschaftliche Kraft weiter zu entwickeln. Und die Zeichen stehen gut, daß uns dies gelingen wird.
Allerdings sollten wir uns, mehr noch als in der Vergangenheit, bewußt machen, daß Wachstum nicht unendlich ist und daß Reformen nicht notwendig bedeuten, daß der Staat fortwährend neue, zusätzliche Leistungen erbringen kann. Wir wollen nicht Erwartungen wecken, die unangemessen sind. Unser Urteil über die künftige Entwicklung ist durch vorsichtigen Realismus gekennzeichnet. Vorsichtig ist hier zugleich gemeint im Sinne von Vorhersicht. Es gehört dazu auch die Einsicht, daß der durch wirtschaftliches Wachstum erreichte Fortschritt nicht nur in eine einzige Richtung führt. Von den krisenhaften Entwicklungen, die heute viele Völker und Staaten bedrücken, sind wir in der Bundesrepublik Deutschland weniger berührt worden als andere.
Doch indem wir feststellen, daß es uns gelungen ist, allzu große Härten der Weltwirtschaftskrise von uns abzuwenden, wollen wir auch eingestehen, daß manche besorgt sind, ob es so gut, wie es
heute bei uns ist, auch morgen bleiben wird. Es gibt dafür aber durchaus begründete Hoffnung.
Solche Hoffnung meint allerdings auch, daß es durch unseren Beitrag gelingen kann, anderen eine bessere Perspektive zu vermitteln. Denn das quantitative und das qualitative Wachstum, das wir brauchen und das wir erwarten dürfen, kann nicht dazu führen, aus unserem Land eine Insel zu machen.
Besonders junge Menschen bei uns spüren, daß wirtschaftliches Wachstum nicht eine Einbahnstraße ist. Wachstum im eigenen Land - dies gilt es zu verstehen - legt uns eine Mitverantwortung für andere auf und kann nicht allein zur Mehrung des eigenen Wohlstands verwendet werden.
Für die sozialliberale Koalition bedeutet der Auftrag der Wähler: wir setzen die von Willy Brandt und Walter Scheel begonnene erfolgreiche Politik zur Sicherung des Friedens fort:
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Unser Land ist seit über 30 Jahren in keinerlei militärische Auseinandersetzungen verwickelt gewesen. Die ehemaligen Gegner im Westen sind lange schon unsere Verbündeten geworden, und zu den ehemaligen Gegnern im Osten sind wir auf einem breiten Wege zu normaler Nachbarschaft.
Im Inneren halten wir fest an der Politik stetiger Reformen.
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Nie zuvor in der Geschichte hat es auf deutschem Boden eine freiere und nie zuvor eine sozial gerechtere Ordnung gegeben.
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Daran hat in sieben Legislaturperioden der Deutsche Bundestag und daran haben viele vormalige Bundesregierungen ihren Anteil. Daran haben auch Anteil die der neuen Bundesregierung nicht mehr angehörenden Kolleginnen und Kollegen, denen ich an dieser Stelle sehr herzlich danken möchte.
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Der soziale Ausgleich macht unser Volk stark, auch schwierige Aufgaben zu lösen. Wir nehmen die Herausforderungen von außen und im Inneren an. Wir wollen, daß das Leben in unserem Land frei und gerecht und sozial befriedet bleibt.
Ich komme nun zu den ökonomischen Grundlagen, auf denen wir handeln, die unser Leben sehr weitgehend bestimmen. Vorrangige wirtschaftliche Aufgabe der Bundesregierung für die 8. Legislaturperiode ist die Arbeit zur Wiederherstellung und zur Sicherung der Vollbeschäftigung. Die Eindämmung der Arbeitslosigkeit ist nicht nur eine wirtschaftliche Notwendigkeit, sondern ebenso ist sie aus sozialen und menschlichen Gründen unerläßlich. Arbeit ist ein wesentlicher Teil der Selbstverwirklichung des Menschen.
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Am 10. November 1976 haben wir ein Arbeitsmarktprogramm in der Höhe von 430 Millionen DM beschlossen, das insgesamt 1,5 Millarden DM zusätzlich für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zur
Verfügung stellt. Wir wollen damit vor allem solchen Personengruppen helfen, die bislang im Schatten der Belebung des Arbeitsmarktes gestanden haben.
Wir stehen auf dem Arbeitsmarkt vor allem vor den folgenden Problemen. Zum ersten werden 1977 rund 760 000 Jugendliche die Schule verlassen und in den Beruf gehen. Das sind 40 000 junge Menschen mehr als noch vor zwei Jahren. Im Jahre 1978 werden es sogar 820 000 Jugendliche sein. Für alle diese jungen Menschen werden Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze benötigt.
Zweitens. Vor allem Frauen, Behinderte und ältere Angestellte sind von den Auswirkungen der Weltrezession besonders betroffen. Wir appellieren an die Verantwortlichen in der Wirtschaft, an die Unternehmensleitungen, an die Betriebsräte, an die Gewerkschaften, sich ihrer sozialen Verantwortung gerade gegenüber diesen eben genannten Personengruppen bewußt zu sein. Wir wissen, daß auch der Staat dazu seinen Beitrag leisten muß, und bitten jedermann, bei diesen Bemühungen die Bundesregierung zu unterstützen.
Zugleich müssen die Entwicklungen am Arbeitsmarkt noch durchsichtiger gemacht werden, damit schneller und gezielter auf sie reagiert werden kann. Die Arbeitsmarktstatistik wird zu diesem Zweck verfeinert werden. Z. B. würden mehr Teilzeitarbeitsplätze nicht nur einem vielfach geäußerten Bedürfnis vieler Arbeitnehmer - vor allem Frauen - entsprechen; sie würden zugleich fühlbar zur Entlastung des Arbeitsmarktes beitragen. Die Bundesregierung wird zusammen mit den Ländern prüfen, welche Möglichkeiten sich hierfür im Rahmen des Arbeitsplatzangebotes im öffentlichen Dienst ergeben, und wir bitten die Tarifpartner, von sich aus das gleiche zu tun.
Entscheidende Voraussetzung für die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung ist jedoch in den nächsten Jahren ein ausreichendes Wirtschaftswachstum bei gleichzeitigem weiteren Stabilitätsfortschritt. Der notwendige neue Wachstumsprozeß ist in Gang gekommen; er wird sich aber nur dann stetig fortsetzen, wenn die Grundlagen unserer Wirtschafts- und Sozialordnung erhalten bleiben und weiter ausgebaut werden. Individuelle Entscheidungsfreiheit, Anerkennung des Leistungsprinzips und Anerkennung des sozialpflichtigen Privateigentums gehören dazu ebenso wie die Ausgleichsfunktionen der öffentlichen Einrichtungen und der gemeinwirtschaftlichen Einrichtungen, eine leistungsfähige öffentliche Infrastruktur und vor allem die Ausgestaltung des Netzes sozialer Sicherungen. Der hierüber in unserer Gesellschaft entstandene Grundkonsens, die Grundübereinstimmung darüber, muß als gemeinsame Basis erhalten bleiben und darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.
In diesem Zusammenhang gilt ein besonderer Dank den Gewerkschaften, die realitätsbewußt einen nicht wegzudenkenden Beitrag dazu geleistet haben, daß die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Arbeitnehmer in der Bundesrepublik in Grenzen gehalten werden konnten.
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Das Augenmaß in den Tarifverhandlungen der letzten Jahre hat es bei uns ermöglicht, eine günstigere Kombination von Preisstabilität, Wirtschaftswachstum, Beschäftigungsstand und internationaler Wettbewerbsfähigkeit zu verwirklichen als anderswo in der Welt - eine Kombination, auf die manch anderes Land mit Achtung blickt.
Die Einheitsgewerkschaft - nach dem Kriege von klugen, weitsichtigen Frauen und Männern geschaffen - bewährt sich täglich aufs neue. Die Arbeitnehmer und die Verantwortlichen in Politik, in Wirtschaft und Gesellschaft - und das heißt also auch: die führenden Personen in der Gewerkschaftsbewegung selbst - sollten alles daran setzen, daß die Einheitsgewerkschaft, diese Säule gesellschaftlicher Stabilität, nicht geschwächt, sondern gestärkt wird.
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Die Bundesrepublik war bei der Abwehr der Wirtschaftskrise erfolgreich. Die Zunahme der gesamten Wirtschaftstätigkeit - ich spreche vom realen Bruttosozialprodukt - wird in diesem Jahre zwischen 5 % und 6 % liegen. Mit 3,7 % haben wir gegenwärtig zugleich - wie schon seit einiger Zeit - die niedrigste Preissteigerungsrate unter den Ländern der Europäischen Gemeinschaft.
Rein binnenwirtschaftlich spricht vieles dafür, daß dieser Aufschwung weitergeht, daß sich die Investitionen verstärken, daß die Arbeitslosigkeit zurückgeht. Die Erträge haben sich verbessert. Auch die Voraussetzungen auf der Kostenseite sind günstiger geworden. Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie ist - trotz der DM-Aufwertungen - insgesamt gut. Wenn wir in den nächsten Jahren die Vollbeschäftigung wieder erreichen und sichern wollen, brauchen wir allerdings Jahr für Jahr ausreichende Wachstumsraten und ausreichende Arbeitsplatzinvestitionen.
Zur aktuellen Wirtschaftslage in der Bundesrepublik und zu den Aussichten für 1977 wird sich ja im übrigen die Bundesregierung Ende Januar im Rahmen des Jahreswirtschaftsberichts erneut und eingehend äußern. Dieser Bericht wird zeigen, daß wir der weiteren Entwicklung insgesamt zuversichtlich entgegensehen können.
Von ausschlaggebender Bedeutung für die künftige Entwicklung unserer Wirtschaft ist allerdings auch, ob es der Weltwirtschaft gut geht oder nicht. Bereits am 17. Mai 1974 war ein Schwerpunkt in meiner damaligen Regierungserklärung, von den Gefahren aus der Weltwirtschaft zu sprechen. Manchen schien das damals weit hergeholt; die zwischenzeitlichen zweieinhalb Jahre der Erfahrung lassen mich dies heute in Erinnerung rufen. Man muß sich immer vergegenwärtigen: Jeder fünfte Arbeitnehmer lebt mit seiner Familie von der Ausfuhr - oder anders gesagt: Jeder Fünfte lebt von unserem Absatz auf den Märkten der Europäischen Gemeinschaft und der ganzen Welt. Das heißt auch, daß wir von der Nachfrage auf jenen Märkten draußen abhängen, die wir nicht durch Globalsteuerung oder andere Steuerungsmechanismen von hier aus sonderlich beeinflussen können.
Wenn auch für 1977 weltweit für Wirtschaft und Handel ein weiterer Aufschwung erwartet wird, so ist doch die Lage der Weltwirtschaft zu Beginn der neuen Periode des Deutschen Bundestages auch immer noch durch Unsicherheit gekennzeichnet. Einige wichtige Industrieländer sind durch Ölpreisexplosion und Zahlungsbilanzkrise, durch die Rezession insgesamt, in innenpolitische Schwierigkeiten geraten. Die Zahlungsbilanzkrisen haben sich in einigen Ländern in letzter Zeit verschärft. Die erneut angekündigte Ölpreiserhöhung kann die Weltwirtschaft vor eine neue zusätzliche Belastungsprobe stellen.
Auch klafft zwischen den Staaten der Europäischen Gemeinschaft die wirtschaftliche Entwicklung trotz aller und trotz unserer Bemühungen um Harmonisierung der Wirtschaftspolitik weiter auseinander als je.
Insgesamt stellen wir zur Jahreswende 1976/77 eine leichte Verlangsamung des Aufschwungs draußen in der Welt fest. Die Organisation der Industriestaaten, die OECD, schätzt deshalb neuerdings die Wachstumsaussichten der Industriestaaten der Welt für 1977 etwas weniger günstig ein als noch vor einigen Monaten.
Bei alledem erwartet man außerhalb unserer Grenzen zu Recht von der Bundesrepublik Deutschland, daß sie sich, d. h. daß wir uns verstärkt für die zukünftige Gestaltung der Weltwirtschaft engagieren. Dies lieg natürlich auch in unserem eigenen Interesse.
Wir haben deshalb solchen Ländern, die sich in Zahlungsbilanzschwierigkeiten befinden, im Rahmen unserer eigenen finanziellen Möglichkeiten erheblich geholfen, erneut erst in den allerjüngsten Tagen. Wir haben erheblich geholfen; zum Teil direkt - oder wie man heute sagt: bilateral -, zum Teil gemeinsam mit anderen Staaten - oder wie man heute sagt: multilateral. Die Bundesregierung wird dieser Verantwortung auch in Zukunft gerecht werden. Wir sind und bleiben bereit, uns an multilateralen Zahlungsbilanzhilfen für andere Staaten zu beteiligen, vorausgesetzt, daß die Empfängerländer selbst energische Anstrengungen zur Stärkung der Leistungsfähigkeit ihrer eigenen Volkswirtschaft unternehmen. Wir leisten Hilfe, aber Hilfe zur Selbsthilfe.
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Wir werden weiterhin nachdrücklich für eine weltoffene Handelspolitik eintreten und uns in den internationalen Organisationen entschieden gegen Handelsrestriktionen neuer Art wenden. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, daß die derzeitigen multilateralen Handelsverhandlungen im GATT möglichst bald zu einem fühlbaren Abbau noch bestehender Zölle und anderer Handelsschranken führen. Trotz der Rückschläge in den letzten Jahren werden wir unsere Bemühungen um eine Abstimmung der Wirtschafts- und Währungspolitik in der Europäischen Gemeinschaft unvermindert fortsetzen.
Besondere Verantwortung für die Weltkonjunktur haben nun - neben uns - auch die anderen
großen und zum Teil noch größere Industrieländer. Wir stimmen deshalb mit dem neugewählten amerikanischen Präsidenten und den anderen Regierungschefs dieser Länder darin überein, daß wir unsere Beratungen über unser wirtschaftspolitisches Handeln demnächst wieder aufnehmen und fortsetzen werden.
Unsere Volkswirtschaft wird wegen ihrer starken internationalen Verflechtung vom weltwirtschaftlichen Strukturwandel besonders getroffen. Deshalb wird die Bundesregierung bei ihren Entscheidungen der Eingrenzung außenwirtschaftlicher Risiken großes Gewicht beimessen. Dies gilt für unsere internationale Politik wie für unsere Binnenwirtschaftspolitik gleichermaßen.
Wirtschaftswachstum und Strukturwandel erfordern in den nächsten Jahren besondere Anstrengungen zur Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur und zur Verbesserung der Umweltbedingungen schlechthin. Wir werden deshalb 1977 ein mehrjähriges öffentliches Investitionsprogramm zur wachstumspolitischen Vorsorge bereitstellen, das, wenn nötig, in den nächsten Jahren zu einer ausreichenden Entwicklung der investiven Binnennachfrage und damit zu einem nachhaltigen Abbau von Arbeitslosigkeit beitragen wird. Dieses Programm, an dem Länder und Gemeinden beteiligt werden, soll - natürlich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten - eine Reihe zukunftweisender Investitionen zum Ausbau einer umweltfreundlichen Infrastruktur, zur Verbesserung des Verkehrswesens und zur Erhaltung der natürlichen Lebensbedingungen umfassen. Wir denken dabei z. B. auch an die zukünftige Wasser- und Trinkwasserversorgung unseres Landes, an die vielen Kreuzungen zwischen Bundesbahn und Bundesstraßen, an Anlagen im Bereich unserer Küste genauso wie in anderen strukturschwachen Gebieten.
Die Steuerung der Wirtschaftsstruktur über die Marktkräfte und die staatlichen Rahmenbedingungen wird durch eine zukunftsorientierte, vorausschauende Politik unterstützt werden. Damit sollen der strukturelle Anpassungsprozeß gefördert und soziale Härten, die er mit sich bringt, gemildert werden. Deshalb wird die Bundesregierung zu den strukturpolitischen Fragen zukünftig regelmäßig im Jahreswirtschaftsbericht schriftlich Stellung nehmen. Sie wird das Gespräch darüber im Rahmen der Konzertierten Aktion führen und intensivieren.
Für eine besser koordinierte Industriepolitik wird eine sektorale Strukturberichterstattung entwickelt. Sie soll die wichtigsten Industriesektoren umfassen und mit der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verzahnt sein. Wir werden wissenschaftliche Forschungsinstitute beauftragen, dafür regelmäßig Branchenanalysen aufzustellen. Sie sollen außerdem die Voraussetzungen für die in eigener Verantwortung aufzustellenden Branchenprognosen in besonders sensiblen Bereichen schaffen.
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Daneben bleibt natürlich die Forschungs- und Technologiepolitik eine wichtige Grundlage für die Modernisierung. Deshalb erhalten solche ForBundeskanzler Schmidt
schungsprogramme Vorrang, die zu allgemein nutzbringenden technischen Neuerungen führen und damit Arbeitsplatzinvestitionen ermöglichen. Im Einzellfall kann nämlich die Erhöhung der Produktivität, die eine Grundvoraussetzung unseres wachsenden Wohlstandes bleibt, auch Arbeitsplätze beseitigen. Eine vorausschauende Forschungs- und Technologiepolitik muß deshalb rechtzeitig Voraussetzungen für neue Beschäftigungsmöglichkeiten erarbeiten.
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Die Grundlagenforschung wird ihren vorrangigen Platz behalten. Sie schafft Voraussetzungen für den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt. Forschung und Entwicklung neuer Technologien zur unmittelbaren Verbesserung der Lebensbedingungen der Bürger - z. B. die Programme zur Humanisierung der Arbeit und im Dienste der Gesundheit - werden mit Nachdruck verfolgt.
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Ebenso wird in dieser Legislaturperiode die Wettbewerbspolitik ihren hohen Rang behalten. Das ist schon deshalb notwendig, damit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einer breiten Schicht kleiner und mittlerer Betriebe auf der einen Seite und größerer Unternehmen auf der anderen Seite erhalten bleibt.
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Die Bundesregierung wird - unter Berücksichtigung des Gutachtens der Monopolkommission - alsbald den Entwurf einer weiteren Novelle zum Kartellgesetz vorlegen.
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Eine nicht auf eigener wirtschaftlicher Leistung beruhende Verstärkung der Marktmacht, wie sie aus wettbewerbsschädlichen Unternehmenszusammenschlüssen erwachsen kann, darf unser Wettbewerbsrecht nicht dulden. Das gilt in gleicher Weise für die mißbräuchliche Ausnutzung von Nachfragemacht, insbesondere im Handel.
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Deshalb sollen der Leistungswettbewerb besser als bisher gesichert sowie die Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen und die Fusionskontrolle verbessert werden. Deshalb wird auch die unverbindliche Preisempfehlung überprüft werden.
Die Bundesregierung wird zudem nach Vorlage des Berichts der Bankenstrukturkommission prüfen, ob sie eine Änderung des Kreditwesengesetzes vorschlagen soll.
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Wirksame Wettbewerbspolitik ist der beste Beitrag, die Existenz der kleinen und mittleren Unternehmen und des Handwerks zu sichern. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aber auch ein Gesamtkonzept für Forschungs- und Technologiepolitik für kleine und mittlere Unternehmen vorlegen, um das gerade bei diesen Unternehmen vorhandene Innovationspotential zu aktivieren. Grundlage der Mittelstandspolitik wird das in diesem Jahr vorgelegte
Aktionsprogramm zur Leistungssteigerung dieser Unternehmen sein.
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Wir wissen, daß die kleinen und mittleren Unternehmen, die genauso wie die Selbständigen in Handwerk, Handel und Gewerbe unverzichtbare Bestandteile unserer Gesellschaft sind, große Anstrengungen unternehmen mußten, um an den Klippen der Weltwirtschaftsrezession vorbeizusteuern. Sie haben ihre besondere Anpassungsfähigkeit einmal mehr bewiesen.
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Es ist zwar wahr, daß die Zahl der Betriebseinstellungen in den letzten beiden Jahren überdurchschnittlich angestiegen ist, aber der Wille zur Gründung neuer selbständiger Existenzen hat keineswegs nachgelassen.
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Diesen Willen wollen wir weiterhin fördern, wie wir die Selbständigen ja auch in der hinter uns liegenden schwierigen Phase nicht allein gelassen haben. Ich erinnere an die Konjunkturprogramme, die ERP-Programme und an die Einführung des begrenzten Verlustrücktrages.
Auch die Stellung des Verbrauchers am Markt wird durch die wettbewerbspolitischen Vorhaben dieser Legislaturperiode verstärkt werden. Darüber hinaus werden wir auch bestehende Lücken beim Verbraucherschutz schließen, z. B. durch die Regelung des finanzierten Abzahlungsgeschäftes, durch das Gesetz über den Reiseveranstaltungsvertrag sowie eine Regelung der Produktenhaftung. Es sollen daraus keine unvertretbaren neuen Belastungen der Unternehmen entstehen. Bei der Harmonisierung und Fortentwicklung des Verbraucherschutzes im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft werden wir dafür eintreten, daß das hohe Niveau der deutschen Gesetzgebung auf diesem Gebiet aufrechterhalten bleibt.
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Eine wichtige Voraussetzung für sichere Versorgung der Verbraucher mit qualitativ hochwertigen Nahrungsmitteln zu angemessenen Preisen bleibt eine leistungsstarke und anpassungsfähige Landwirtschaft.
Die Bundesregierung stellt den in der Landwirtschaft Tätigen auch weiterhin die Teilnahme an der allgemeinen Einkommens- und Wohlstandsentwicklung in Aussicht.
Die Bundesregierung wird zur Verbesserung der Lebensverhältnisse im ländlichen Raum weiterhin beitragen. Dabei sind die Erhaltung einer ausgewogenen Siedlungsstruktur sowie die Verbesserung der Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten für alle von Bedeutung.
Die Bundesregierung wird im Rahmen ihrer Umweltpolitik deshalb ebenso ihre Bemühungen zur Verbesserung von Naturschutz und Landschaftspflege fortsetzen.
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In der EG-Agrarpolitik hat, entsprechend der vom Ministerrat verabschiedeten Bestandsaufnahme, die Wiederherstellung des Marktgleichgewichts Priorität. Die Bundesregierung tritt auch künftig für eine pragmatische Anpassung des Währungsausgleichs mit dem Ziel der Kosteneinsparung ein.
Ich gehe über zur Energiepolitik. Hier gilt es, die Versorgung sicherer zu machen und einseitige Abhängigkeiten, insbesondere vom eingeführten Erdöl und Erdgas, zu begrenzen und zu verringern. Gleichzeitig müssen die Entwicklung der Energiekosten und sparsamer Energieverbrauch helfen, unsere Volkswirtschaft wettbewerbsfähig zu erhalten. Wir werden 1977 eine zweite Fortschreibung des Energieprogramms vorlegen.
Sicher ist dabei, daß der deutsche Steinkohlenbergbau auch in Zukunft eine wichtige Rolle in unserer Energieversorgung spielen muß.
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Heimische Steinkohle und heimische Braunkohle sind und bleiben wichtige Elemente unserer Energieversorgung. Durch moderne Betriebsausrüstungen entstehen gerade im Steinkohlenbergbau neuartige Arbeitsplätze von ganz besonderer Qualifikation.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß der Einsatz von Kraftwerkskohle möglichst bald durch eine mehrjährige vertragliche Regelung zwischen Steinkohlenbergbau und Elektrizitätswirtschaft abgesichert wird.
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Der Bau neuer Kohlekraftwerke ist besonders wichtig.
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Dabei ist auch die Entwicklung neuer Kraftwerkstechnologien erforderlich.
In der Mineralölpolitik wird die Bundesregierung ihr Programm zur Erschließung eigener Rohölquellen fortsetzen. Die Bundesrohölreserve wird weiter aufgebaut. Die Wettbewerbsverzerrungen in der Pflichtbevorratung sollen möglichst bald beseitigt werden.
Meine Damen und Herren, auf den Ausbau auch der Kernenergie kann nicht verzichtet werden. Kernenergie bleibt zur Deckung des vorhersehbaren Strombedarfs notwendig und unerläßlich. Ohne ihren Beitrag wäre es auch nicht möglich, die Energieträger so vielfältig einzusetzen, wie es im Interesse der Sicherheit unserer Stromversorgung geboten ist.
Dabei wird allerdings die Kernenergie zukünftig die vollen Kosten für den geschlossenen Brennstoffkreislauf bis hin zur Entsorgung über den Strompreis decken müssen.
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Bei der Kernenergie richten wir das Augenmerk vor allem auf die folgenden Punkte: Zum einen muß die Betriebssicherheit Vorrang vor allen wirtschaftlichen Erwägungen haben.
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Zum anderen müssen wir dafür sorgen, daß die Interessen der Bürger bei Planungs- und Genehmigungsverfahren durch frühzeitige Information und Beteiligung gewahrt werden. Die Bundesregierung prüft deshalb die Möglichkeit der Einführung einer praktikablen Form der Verbandsklage im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren.
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Die Bundesregierung hält die bisherige regelmäßige Praxis, den Bau von Kernkraftwerken ungeachtet der Einwendungen durch sofortigen Vollzug zu beginnen, für unbefriedigend; denn der Bürger kann diese Handhabung als ein Instrument mißverstehen, das ihn tatsächlich in der Wahrnehmung seiner Rechte beschneidet.
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Die Bundesregierung wird daher im Zusammenwirken mit den Ländern und im Gespräch mit der Wirtschaft darauf hinwirken, daß das Verfahren zukünftig so gehandhabt wird, daß der Ausgleich zwischen berechtigten Begehren betroffener Bürger und ihren durch Gesetz gewährten Rechten einerseits und den energiepolitischen Notwendigkeiten des konkreten Projekts andererseits wirklich hergestellt werden kann.
Die Absprache zwischen dem Bund und dem Land Niedersachsen über den Standort der Entsorgungsanlage ist ein weiterer Schritt zur Lösung des Entsorgungsproblems. Die Wirtschaftsunternehmen müssen jetzt die noch offenen finanziellen und organisatorischen Fragen klären und das Entsorgungskonzept zur Beurteilung der Sicherheitsauflagen vorlegen. Die Bundesregierung will bei der Genehmigung von Kraftwerken - wiederum gemeinsam mit den Ländern - dafür sorgen, daß die Errichtung neuer Kraftwerke nur noch dann genehmigt wird, wenn für sie die Entsorgung hinreichend sichergestellt ist.
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Bei schon in Bau oder in Betrieb befindlichen Anlagen muß die gesicherte Entsorgung in angemessener Frist nachgewiesen werden.
Gleichzeitig mit den Maßnahmen zur Verbesserung des Energieangebots insgesamt werden die Bemühungen um verstärkte Energieeinsparung und die nichtnukleare Energieforschung intensiviert werden.
Die Bundesregierung beabsichtigt, das Energiewirtschaftsgesetz zu novellieren und dabei insbesondere die Aufsicht über die Versorgungswirtschaft zu straffen. Der Entwurf eines Bundesberggesetzes wird neu eingebracht werden.
Die Bundesregierung wird übrigens darauf hinwirken, daß die Standortplanung für umweltbelastende und raumbeanspruchende Großanlagen im Rahmen der Landesplanung und der Bundesraumordnung rechtzeitig gemeinsam von Bundesregierung und Landesregierungen beraten und abgestimmt wird und damit eine frühzeitige und notwendige Diskussion mit Gemeinden und Bürgern ermöglicht wird.
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Nun sind im Zusammenhang mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie - aber das gilt auch für konventionelle Kraftwerke wie für andere industrielle Großanlagen - mancherorts Besorgnisse bei Bürgern aufgetaucht. Solche Sorgen, die sich vielfach in Protestaktionen auswirken, müssen ernst genommen werden. Protestbewegungen haben Anspruch auf faire Behandlung durch die staatlichen Organe,
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und sie dürfen selbst dann nicht ins gesellschaftliche Abseits gestellt werden, wenn sich auch Extremisten oder Rowdies daran beteiligen.
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Wer das täte, der diskreditierte das Bürgerrecht auf Protest und arbeitete den Extremisten in die Hände.
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Andererseits: Wo sich Extremisten und Chaoten in Bürgerinitiativen und Protestgruppen einschleichen und sie damit kompromittieren, dort erwarten wir klare Trennungsstriche! Bei uns darf jeder demonstrieren, aber niemand darf demolieren.
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In der Verkehrspolitik wird der stetige und erfolgreiche Ausbau aller Verkehrswege fortgesetzt werden. In der kommenden Legislaturperiode werden etwa 40 Milliarden DM investiert werden. Das bedeutet nicht nur abermals schnellere und sicherere Verkehrsbedingungen, sondern neben vielen tausend gesicherten Arbeitsplätzen auch den Ausbau der Infrastruktur.
Eine besondere Aufgabe liegt immer wieder darin, die Deutsche Bundesbahn so zu gestalten, daß sie langfristig einen gesicherten Platz in unserem Verkehrssystem behält.
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Nach Abschluß der laufenden Vorbereitungsmaßnahmen wird die Bundesregierung einen Leistungsauftrag an die Bundesbahn formulieren, der der veränderten Nachfrage, der Anpassungsfähigkeit der Bahn und der Belastbarkeit sowohl des Bundeshaushalts als auch des Steuerzahlers Rechnung trägt. Dabei müssen betriebswirtschaftliche, regionalpolitische, raumordnerische und gesellschaftspolitische Erfordernisse in ein vernünftiges Verhältnis zueinander gebracht werden. Unsere Eisenbahner wissen am besten, daß ihre Zukunft nur in einem gesunden Unternehmen gesichert werden kann.
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Gegenwärtig wird der Bundeshaushalt durch Zahlungen an die Bundesbahn mit gut 10 Milliarden DM jährlich belastet. Diese Belastung muß durch energische Rationalisierung und stärkere Anpassung des Angebots an die Nachfrage verringert werden.
Sicher ist: Die Bundesbahn darf den Steuerzahler nicht überfordern. Sicher ist aber auch: Auf unsere Bahn, die eine der besten in der Welt ist, können wir nicht verzichten.
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Vom öffentlichen Personenverkehr erwarten wir, daß er sich auch im Interesse der Stadtentwicklung weiter um attraktive und wirtschaftliche Angebote bemüht.
Die Deutsche Bundespost wird durch konsequente Weiterführung der eingeleiteten Rationalisierungsmaßnahmen und durch Modernisierung des Dienstleistungsangebots den mit großem Erfolg beschrittenen Weg fortsetzen. Sie soll in ihrer bisherigen Rechtsform weitergeführt werden. Die Regelungen des Postverwaltungsgesetzes zum Haushalts- und Finanzwesen der Post sollen überarbeitet werden.
Der Kurs unserer Haushaltspolitik ist deutlich: Wir haben in der Rezession antizyklische Finanzpolitik betrieben. Die Hinnahme hoher Defizite aus zusätzlicher Leistung bei zurückbleibenden Einnahmen war volkswirtschaftlich notwendig. Nunmehr muß die bereits im Herbst des letzten Jahres eingeleitete Konsolidierung aller öffentlichen Haushalte fortgesetzt werden. Das gilt für den Bund, für die Länder und für die Gemeinden. Noch mehr als die bisher notwendige Hinnahme hoher Defizite bedarf nunmehr auch deren spürbarer Abbau einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf allen drei Ebenen. Hierzu gehört auch die gerechte Verteilung der Steuereinnahmen, um die wir uns im nächsten Jahr in der Auseinandersetzung mit den Ländern bemühen werden.
Allerdings: wer die Finanzpolitik in den Dienst ökonomischer und sozialer Stabilität stellen will, der muß die öffentlichen Haushalte als Instrument wirkungsvoller öffentlicher Leistungen erhalten und fortentwickeln. Moderne Finanz- und Haushaltspolitik beschränkt den Staat am Kapitalmarkt nicht nur auf die Lücken, die andere Nachfrager übriglassen. Das heißt: Für eine gewisse Neuverschuldung, die allerdings deutlich niedriger liegen muß als bisher, muß und wird auch bei hohem Beschäftigungsstand wiederum Platz sein.
Das Bemühen um Konsolidierung schließt die ständige Uberprüfung alter und neuer ausgabenwirksamer Vorhaben auf ihre Notwendigkeit und auf ihre Wirksamkeit ein. Der Rahmen für Neues wird gering bleiben.
Um die öffentlichen Haushalte von Bund und Ländern dauerhaft zu konsolidieren und den erforderlichen Handlungsspielraum wiederzugewinnen, hatten wir eine baldige Erhöhung der Mehrwertsteuer angestrebt. Nach der Entscheidung, die uns von den Ländern mitgeteilt worden ist, müssen wir nunmehr die Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 1978 anstreben.
Im Zusammenhang mit dieser Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 1978 wird des weiteren das Folgende angestrebt: a) eine Verbesserung des Kindergeldes für Familien mit mehreren Kindern; b) Erleichterungen bei der Lohn- und Einkommensteuer zugunsten unterhaltsverpflichteter geschiedener und getrennt lebender Eltern sowie unterhaltsverpflichteter Eltern nichtehelicher Kinder; c) eine Anhebung der Sonderausgabenhöchstbeträge bei der Lohn- und Einkommensteuer. d) Mit derselben Bindung an eine Erhöhung der Mehrwertsteuer beabsichtigt die Bun38
desregierung ferner gewisse Entlastungen im Bereiche ertragsunabhängiger Steuern. Hierzu gehören eine Senkung der Vermögensteuersätze für juristische und natürliche Personen sowie eine Ermäßigung der Gewerbesteuerbelastung mit Schwerpunkt bei den ertragsunabhängigen Teilen dieser Steuer.
Die Bundesregierung unterstreicht auch damit das Gewicht, das sie der Förderung des Behauptungsund Leistungswillens der Selbständigen, der kleinen und mittleren Unternehmen beimißt.
Sie wird übrigens den gesetzgebenden Körperschaften auf dem Gebiet der Steuerpolitik ferner eine Ausdehnung der Sonderabschreibung nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes auf eigengenutzte Altbauwohnungen und alte Wohngebäude vorschlagen
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und in Verbindung damit den Wegfall der Grunderwerbsteuer beim Erwerb eigengenutzter Altbauwohnungen oder alter Wohngebäude.
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Damit soll den erfolgreichen wohnungsbau- und vermögenspolitischen Instrumenten ein weiterer Anwendungsbereich erschlossen werden.
Wir gehen davon aus, daß die Auswirkungen steuerlicher Erleichterungen gemäß den Grundsätzen des Artikels 106 des Grundgesetzes von allen Gebietskörperschaften zu tragen sein werden. Das gilt auch für die Erhöhung des Kindergeldes.
Ich will aber auch klar feststellen, daß die Regierung - und da ist dann der Tarifbericht einzubeziehen, der dem Bundestag vorzulegen sein wird - keine Möglichkeit sieht, Vorschläge für weitere Steuersenkungen zu realisieren. Die Regierung wird solche Forderungen mit den ihr gegebenen Möglichkeiten abwehren. Dies bedeutet auch: Steuererleichterungen z. B. auf dem Gebiete der Abschreibungen, die heutigen Investoren einen Aufschub ihrer für 1977 geplanten Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt lohnend erscheinen lassen könnten, sind nicht beabsichtigt.
Entscheidend für die Einkommenslage der privaten Haushalte ist heute vielfach, welche staatlichen Geldleistungen sie insgesamt erhalten, also Wohngeld, BAföG usw., Transferleistungen, wie die Fachleute das nennen, und welche Steuern und Abgaben sie bezahlen. Die Bundesregierung wird deshalb eine Transfer-Enquête-Kommission berufen, die den Einfluß staatlicher Transfereinkommen - auch durch unkoordinierte Einkommensgrenzen in verschiedenen Gesetzen auf die insgesamt verfügbaren Einkommen verschiedener Haushalte ermitteln und Vorschläge zu einer besseren Abstimmung machen soll.
In der Vermögenspolitik möchten wir die Tarifvertragspartner auffordern, den noch nicht voll ausgeschöpften Rahmen des 624-DM-Gesetzes voll zu nutzen. Sobald es tarifpolitisch notwendig erscheint, werden wir eine Ausweitung des Begünstigungsrahmens des Dritten Vermögensbildungsgesetzes auf 936 DM vorschlagen, ohne dabei die staatlichen Gesamtaufwendungen für die Sparförderung zu erhöhen.
Unabhängig davon soll der Anlagekatalog des Gesetzes erweitert werden, um verstärkt auch Beteiligungen in Unternehmen zu ermöglichen, und sollen die der Anwendung dieses Gesetzes auf Beteiligungsformen entgegenstehenden steuerlichen Hemmnisse beseitigt werden.
Nun zu den gesellschaftlichen Problemen im Innern:
Unser Volk wird in den kommenden Jahren mehr Solidarität, noch mehr Solidarität zwischen den Generationen nötig haben, um die neuen Aufgaben lösen zu können, die sich unter anderem aus der weiteren Bevölkerungsentwicklung ergeben.
Seit mehr als zehn Jahren ist die Zahl der Geburten rückläufig. Zugleich sind einzelne Altersgruppen sehr unterschiedlich besetzt. Zusammen mit den Spätfolgen der beiden Weltkriege verursacht dies erhebliche Schwankungen im Bevölkerungsaufbau.
Ich habe das Problem der geburtenstarken Jahrgänge bereits genannt: 1985 werden über zweieinhalb Millionen Menschen mehr im erwerbsfähigen Alter stehen als heute. Mehr Menschen brauchen dann Ausbildung und Arbeit.
Dagegen nimmt beispielsweise die Zahl der unter 25jährigen bis 1990 voraussichtlich um beinahe 5 Millionen Menschen ab. In den 80er Jahren wird der jährliche Neuzugang an Neurentnern später wieder ansteigen, der zunächst abfällt. Das sind alles Verschiebungen im gesamten Generationsgefüge unseres sozialen Aufbaus mit entsprechenden Verschiebungen der Anforderungen an alle unsere Einrichtungen.
Es ist bis 1982 mit einer Zunahme der Lehrstellen-suchenden und der Schüler in der Oberstufe der Gymnasien zu rechnen. An den Hochschulen wird der voraussichtliche Höhepunkt der Nachfrage erst 1985 oder später erreicht werden.
Nun kann es sich kein Volk leisten, seine Begabungsreserven zu vernachlässigen. Dies ist nicht nur ein Gebot der Vernunft, sondern auch der Solidarität. Die Reformpolitik der sozialliberalen Koalition hat seit 1969 auf diesem Felde unbestreitbare Erfolge gebracht: Die Bildungschancen sind größer geworden. Zum Beispiel erhalten Arbeiterkinder heute eine eindeutig bessere Ausbildung als noch vor zehn Jahren.
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Die Zahl der ungelernten Jugendlichen hat sich halbiert.
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Heute machen über 20 °/o eines Geburtsjahrganges das Abitur oder einen vergleichbaren Abschluß. Vor 50 Jahren, als die Schule noch Ausdruck einer ständisch gegliederten Gesellschaft war, absolvierten gerade 4 °/o das Gymnasium, aber 82 % die Volksschule. Dies hat sich gerade im Laufe der letzten zehn Jahre ganz gründlich geändert.
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Durch gemeinsame Anstrengungen von Bund und Ländern sind die Hochschulen enorm ausgebaut worden.
Angesichts dieser Entwicklung meinen manche heute, wir produzierten zu viele gut Ausgebildete. Solche Urteile verkennen dabei die Zukunftsvoraussetzungen dieses hochentwickelten Industrielandes, das sich unter den Bedingungen neuer weltwirtschaftlicher Arbeitsteilung behaupten muß. Für uns bedeutet das, daß wir steigende Qualifikationen der Erwerbstätigen brauchen. Ein wirkliches Risiko für unser Land wäre Unterqualifikation.
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Das gilt nicht nur aus wirtschaftspolitischen Erwägungen. Es wäre auch menschlich nicht zu vertreten, wenn schon im frühen Lebensalter schematisch und ohne Rücksicht auf Neigungen und Fähigkeiten über die weiteren Bildungs- und Lebenschancen von Kindern entschieden würde.
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Allerdings muß auch deutlich angemerkt werden, daß sich im Bildungswesen Ungleichgewichte abgezeichnet haben, die viele Eltern und viele Jugendliche beunruhigen. Das Zurückbleiben der Hauptschule, der Unterrichtsausfall, die Streßsituation vieler Schüler, die Verzögerung der Studienreform, die Sorge um Ausbildungs- und Studienplätze in der Zeit geburtenstarker Jahrgänge, all dies wird mit Recht kritisiert. Es gibt einen besonderen Nachholbedarf in der beruflichen Bildung, und es gibt vielfältig auch Mangel inhaltlicher Reformen auf allen Stufen des Bildungswesens.
Diese kritischen Fragen können hier im Bundestag nicht ausgeklammert werden, auch wenn der Bundestag und wenn die Bundesregierung im Vergleich zu den Ländern auf all diesen Feldern nur ganz geringe Kompetenzen besitzen. Sie können deshalb nicht ausgeklammert werden, weil es sich hier um gesamtstaatliche Verantwortung handelt, von der wir zu reden haben.
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Wir bejahen den Wettbewerb unter den Ländern um Verbesserungen im Bildungswesen. Aber viele Menschen verstehen nicht, daß ihre Kinder schulisch und beruflich benachteiligt werden, weil es keine gesamtstaatlich gleichen Bedingungen in unserem Lande gibt,
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verstehen nicht, daß Abschlüsse von Schulen und Hochschulen nicht immer gegenseitig anerkannt werden,
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verstehen nicht, daß Zeiten der Schulpflicht in einzelnen Ländern abweichend voneinander geregelt sind.
Auch bei der Abstimmung von Ausbildungsinhalten in der beruflichen Bildung liegt vieles im argen.
Die Rechtsprechung und die Landesparlamente fordern nun zunehmend gesetzliche Regelungen an Stelle der bisher geübten, sehr komplizierten Vereinbarungspraxis zwischen den Ländern. Angesichts
der tatsächlichen Erfahrungen der Eltern und der jungen Menschen ist ernsthaft zu prüfen, ob und wie die Notwendigkeit einheitlicher Lebensverhältnisse im ganzen Bundesgebiet bundesgesetzliche Regelungen sinnvoll erscheinen läßt.
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Die Bundesregierung tritt jedenfalls nachdrücklich für eine Stärkung der gesamtstaatlichen Verantwortung für die Strukturen des Bildungswesens ein.
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Gegenwärtig bestehen Besorgnisse hinsichtlich der Aufrechterhaltung einheitlicher Lebensverhältnisse vor allen Dingen auf den folgenden Gebieten:
1. bei der Gestaltung des Zugangs zu den einzelnen Stufen des Bildungssystems,
2. bei der Bewertung und Anerkennung von Abschlüssen,
3. bei der Regelung der Dauer der Bildungsgänge und insbesondere der Schulpflicht,
4. bei der inhaltlichen Ordnung der beruflichen Bildung, um länderseitige Rahmenlehrpläne für die Berufsschulen und bundeseinheitliche Ausbildungsordnungen - sprich: Berufsbilder - für die Betriebe aufeinander abzustimmen,
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5. in der Lehrerausbildung, die durch zu große Unterschiede von Land zu Land gekennzeichnet ist.
Wir werden dem Bundestag in einem Jahr einen Bericht über die strukturellen Mängel unseres föderativen Bildungssystems in diesen Bereichen vorlegen. Die Regierung wird damit, soweit erforderlich, auch Vorschläge für eine Änderung von Bildungskompetenzen zugunsten einheitlicher Lebensbedingungen in unserem Bundesstaate verbinden.
Die berufliche Bildung zu fördern bleibt eine zentrale politische Aufgabe der Bundesregierung. Sie kann sich dabei auf die neuen Möglichkeiten des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes und auf die mit ihm begründeten Möglichkeiten einer besseren Zusammenarbeit aller Beteiligten stützen.
Die Steuerbefreiung der Prämien nach diesem Gesetz wollen wir unverzüglich gesetzlich regeln.
Bei dem Ausbildungsplatzangebot der nächsten Jahre wollen wir unser Augenmerk besonders auf jene jungen Menschen richten, die es schwerer haben als andere, einen Ausbildungsplatz zu finden. Z. B. bleiben heute in der ganzen Bundesrepublik über 17 % der Hauptschüler ohne Hauptschulabschluß. Diese jungen Menschen, aber auch die Sonderschüler, die Jugendlichen im Strafvollzug und in der Erziehungshilfe sowie die behinderten Jugendlichen brauchen spezifische berufliche Bildungsangebote.
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In der Aufgabe, diesen Jugendlichen zu helfen, sind sich 1976 Bundestag und Bundesrat einig gewesen. Darum sollten wir daraus auch gemeinsam die notwendigen gesetzgeberischen Konsequenzen ziehen.
In Gesprächen mit den Ländern wird sich die Bundesregierung im übrigen für die Einführung eines Berufsgrundbildungsjahres für alle Schüler einsetzen und dem den Vorrang vor einem zehnten allgemeinbildenden Hauptschuljahr geben.
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Wir betonen auch die Notwendigkeit, durch Weiterbildung Mängel der Erstausbildung und Risiken im Arbeitsleben zu mindern. Die Weiterbildung wird an Bedeutung gewinnen müssen.
Was die Hochschulen angeht, so haben wir uns, wenn unsere Kompetenzen auch recht begrenzt sind, für den Abbau des Numerus clausus engagiert; wir werden das weiterhin tun. Der Numerus clausus hat bis in die Schulen hinein zu einem die Jugendlichen und die Familien belastenden Konkurrenzkampf geführt. Er hat in die Konkurrenzschule geführt.
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Der Wettbewerb ist eine gute Sache, aber er gehört an die richtige Stelle. Wenn jedoch Konkurrenz schon in der Schule zu Streß und Leistungsdruck führt, dann wird die Erziehung zur Gemeinschaft, aber auch die Erziehung zum kritischen Selbstbewußtsein des einzelnen jungen Menschen erstickt.
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Wir treten deshalb mit Nachdruck für die Öffnung der Hochschulen ein. Aber jeder junge Mensch muß dabei auch wissen, daß ein akademischer Abschluß keineswegs eine Garantie sein kann, lebenslang mehr zu verdienen als ein Facharbeiter.
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Was einer verdienen kann, erweist sich auf Grund seiner Leistung im Beruf. Dem hat auch die Besoldungs- und Laufbahnstruktur im öffentlichen Dienst zu entsprechen.
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Der öffentliche Dienst kann übrigens - das sei hier sehr deutlich ausgesprochen - keineswegs alle Hochschulabsolventen aufnehmen. Das hat er auch in der Vergangenheit nie getan.
Die Konsequenzen, die sich aus der Notwendigkeit der Integration der geburtenstarken Jahrgänge in Bildung und Beruf ergeben, müssen auch in den Hochschulen gezogen werden. Die Länder und auch die Hochschulen müssen die Studienreform zügig voranbringen, nicht nur um die Studiendauer zu verkürzen, sondern auch um das Studienangebot besser zu ordnen und damit den Übergang vom Bildungssystem in das Beschäftigungssystem für die jungen Menschen zu erleichtern. Die Hochschulkapazitäten müssen über den ganzen Tag und über das ganze Jahr hin voll genutzt werden.
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Die Bundesregierung wird im nächsten Jahr die Ausbildungsförderung verbessern, die stärker auf soziale Kriterien und mehr auf Darlehnsförderung ausgerichtet sein wird.
Wir möchten auch alle gesellschaftlichen Kräfte auffordern, dabei mitzuhelfen, daß unser Land kinderfreundlicher wird und daß es die Familen mit Kindern insgesamt auf vielen Feldern leichter haben als bisher.
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Die Lebensbedingungen hierzulande werden in zunehmender Weise als nicht kinderfreundlich angesehen.
Als unseren Beitrag zur Förderung der Familien werden wir - ich habe dies schon kurz berührt - dem Gesetzgeber vorschlagen, das Kindergeld für das zweite Kind auf 80 DM und für jedes weitere Kind - jedes dritte, vierte Kind usw. - von 120 auf 150 DM zu erhöhen. Voraussetzung für diese große zusätzliche Haushaltsbelastung ist allerdings die Mehrwertsteueranhebung, von der ich sprach.
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- Wer darüber lacht, muß sich ja wohl sehr sicher fühlen, daß er in der Oppositionsfraktion das „Dukatenmännchen" zur Verfügung hat, das wir leider, auch mit noch so viel Energie und noch so viel Anstrengung, nicht hier auf die Regierungsbank setzen können, sondern wir können immer nur das Geld ausgeben, das andere vorher verdient haben.
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- Jawohl! Wir können an Kindergeld nur das ausgeben, was andere vorher verdient haben. Aber ich bin gespannt auf die Reden der Oppositionsführer, die uns erklären werden, wie sie Geld ausgeben wollen, das sie weder durch Steuern einnehmen noch durch Kredite einnehmen, sondern offenbar aus der Luft zaubern wollen. Das werden wir ja morgen zu hören kriegen.
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Wir möchten - dies gleichzeitig zum Stichwort Familien mit Kindern - die Unterhaltsleistungen für Kinder von alleinstehenden Erziehungsberechtigten sichern, und wir möchten zur Stärkung der Familien auch die Anpassung des Wohngeldes zum 1. Januar 1978 rechnen. Wir werden ebenso in dieser Wahlperiode die überfällige Reform des Jugendhilferechts aufgreifen,
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wobei der Kosten wegen ein Stufenplan vorgesehen ist. Diese Reform kann nur in Abstimmung mit den Verbänden, den Gemeinden und den Ländern gelingen.
Ein Wort zu den Frauen, die in unserer Gesellschaft noch zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt sind, die wir Schritt für Schritt weiter verringern, abbauen wollen. Im Arbeitsleben ist der Mangel an Gleichberechtigung für die fast 10 Millionen erwerbstätigen Frauen offenkundig. Häufig arbeiten sie in krisenanfälligen Berufen. Arbeitslosigkeit trifft sie häufig am ehesten und am längsten. Zu viele Mädchen und Frauen bleiben ohne qualifizierte Ausbildung und sind bei Entlassungen besonders gefährdet.
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Wir müssen dahin kommen - und das möchte ich den Eltern besonders ans Herz legen -, daß Berufsausbildung für Mädchen genauso selbstverständlich wird, wie sie für Jungen ist.
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Das heißt aber auch, daß den Mädchen mehr Berufe als bisher offenstehen müssen. Bisher müssen noch zu viele Mädchen ungelernte Berufe ergreifen. Ihnen sollten vor allem auch die breiten Möglichkeiten des gewerblich-technischen Bereichs offenstehen. Das geht nicht ohne die Mithilfe der Betriebe, die bereit sein müssen, den Mädchen solche Ausbildungsplätze anzubieten, und es geht nicht ohne eine gezielte Beratung und Förderung bei der Arbeitsvermittlung.
Auf der anderen Seite hat die Diskussion über die Probleme der erwerbstätigen Frauen bisweilen den Blick auf die Leistungen der ausschließlich in ihrer Familie tätigen Frau verstellt. Mit der Kindererziehung, aber auch mit der Betreuung alter oder pflegebedürftiger Verwandter übernehmen viele dieser Frauen Aufgaben, die der beruflichen Tätigkeit gleichwertig sind.
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Dies hat jedenfalls der Gesetzgeber bei der Reform des Eherechts anerkannt. Aber es ist zu fragen, wie wir den Hausfrauen und Müttern helfen können, sich insbesondere dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind, in der Gesellschaft zu engagieren oder in ihr tätig zu werden. Hier ist ein wertvoller Schatz an Lebenserfahrung ungenutzt, und er sollte, sei es im Beruf, sei es im ehrenamtlichen Engagement, genutzt werden.
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An dieser Stelle möchten wir den ehrenamtlich tätigen Frauen für die Millionen Arbeitsstunden danken, die sie für uns alle in Nachbarschaftshilfe, in der Behinderten- und Altenpflege, aber auch in öffentlichen Ausschüssen und Räten und Bürgerinitiativen für diese Gesellschaft leisten.
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Der Bundestag und die Regierung werden sich in den nächsten acht Jahren anstrengen müssen, um die in der sozialen Sicherung zu Lasten der Frauen bestehenden Ungerechtigkeiten abzubauen und schließlich eine ausgewogene Alterssicherung für alle Frauen zu erreichen. Mit dem Versorgungsausgleich im Eherecht ist ein erster wichtiger Schritt getan. Wir müssen die uns vom Bundesverfassungsgericht aufgegebene Überprüfung der Hinterbliebenenrenten hier einbeziehen; Sie kennen das vom Gericht gesetzte Datum 1984. Dies wird eine viele Bereiche zugleich umfassende Aufgabe, für die eine breite Vorbereitung notwendig ist. Daran müssen viele beteiligt werden: die Politik, die Wissenschaft, die Kirchen, die Gewerkschaften, die Verbände. Die Bundesregierung wird dafür sorgen, daß diese schwierigen Probleme von allen Seiten sachverständig ausgelotet werden können, damit in der 9. Wahlperiode des Deutschen Bundestages hierzu ein Gesamtkonzept vorliegen kann.
Ich habe über die Rentenversicherung schon gesprochen, will aber hinzufügen, daß Alter natürlich nicht nur eine Frage der Rentenversicherung ist, sondern zugleich eine Frage des Miteinander. Die Solidarität der Jüngeren ist gefragt. Wir müssen der Vereinsamung mancher alter Menschen begegnen und sie stärker in Familien und Gemeinschaft einbeziehen. Es fehlt an altengerechten Wohnungen. Es fehlt auch an Wohnungen, die es Familien leichter möglich machen, die Großmutter oder den Großvater bei sich zu haben.
Vor allem müssen wir die Selbständigkeit der alten Menschen möglichst lange erhalten und stärken. Wir brauchen dazu mehr ambulante Dienste, auch solche, die über Versorgung mit Essen und Einkaufshilfe und häusliche Pflege hinausgehen.
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Vor sieben Jahren haben wir 9,5 °/o unseres Volkseinkommens für Gesundheit ausgegeben. Heute sind es praktisch 14 % des Volkseinkommens. Das heißt, im Durchschnitt gibt jeder von uns im Jahr weit mehr als ein ganzes Monatsgehalt für seine Gesundheit aus. Es ist richtig: der Gesundheitsschutz ist heute besser als je zuvor. Es gibt -für die ganze Bundesrepublik gesehen - ausreichend Krankenhausbetten; kein Kranker muß mehr auf dem Korridor liegen. Aber insgesamt ist der Anstieg der Kosten für Krankheit und Gesundheitsvorsorge zu steil gewesen. Unser modernes Gesundheitswesen kann nur leistungsfähig gehalten werden, wenn sparsamer gewirtschaftet wird. Deshalb müssen alle Beteiligten zur Dämpfung dieses Kostenanstiegs beitragen. Das wird auch diesen Bundestag vor schwierige Aufgaben stellen.
Die Krankenkassen können und müssen in vielen Fällen ihre Verwaltung verbessern. Die Bemessungsgrundlagen von Renten- und Krankenversicherung sollen harmonisiert werden. Das heißt, die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung wird von 75 °/o auf 100 0/0 der Rentenversicherungsgrenze erhöht, und zwischen den Krankenkassen soll ein gesetzlicher Belastungsausgleich auf der Grundlage der verschiedenen Rentnerdichte stattfinden.
Wir brauchen auch eine bessere Krankenhausbedarfsplanung, bei der die Krankenkassen und die Krankenhausträger mitsprechen können müssen.
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Ebenso hoffen wir, daß künftig zwischen Krankenhäusern und Kassen frei zu vereinbarende Krankenhauspflegesätze zur Kostenentlastung beitragen.
Bei uns werden die Patienten oft zu lange im Krankenhaus behalten. Deshalb muß der wirtschaftliche Anreiz für eine medizinisch nicht notwendige zu lange Verweildauer wegfallen.
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Ebenso müssen die ärztliche Versorgung im Krankenhaus und die in der ambulanten Praxis besser miteinander verbunden werden. Es ist im Interesse der Patienten wie im Interesse der Kostenersparnis,
daß Doppeluntersuchungen in Zukunft vermieden werden.
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Wer in der vorigen Woche vom praktizierenden Röntgenfacharzt geröntgt werden mußte und sein Bild mitbringt, muß nicht diese Woche erneut im Krankenhaus geröntgt werden.
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Die Vereinbarung der Arzthonorare ist und bleibt Sache der Selbstverwaltung. Die Spitzenverbände der Krankenkassen einschließlich der Ersatzkassen sollen jährlich gemeinsam mit den Bundesvereinigungen der Kassenärzte eine Empfehlung zur Angemessenheit der ärztlichen Vergütung geben, und dabei müssen sich die Arzthonorare an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung orientieren.
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Die ärztliche Gebührenordnung soll nach dem Grundsatz leistungsgerechter Bezahlung neu gestaltet werden, wobei der Anreiz zu übersteigerten technischen Leistungen fortfallen soll.
Ferner sollen die ärztliche Verordnung und der Verbrauch von Arzneimitteln in Grenzen gehalten werden. Hierbei muß im übrigen auch der Arzneimittelmarkt durchsichtiger gemacht werden.
Meine Damen und Herren, Not bedeutet in unserem Lande nicht Hunger. Aber Not ist vielfach eben doch auch Einsamkeit und Hilflosigkeit, ist das Fremdsein derer, die aus eigener Kraft nur schwer in dieser an Leistung sich orientierenden Gesellschaft mitkommen. Und so dicht das soziale Netz auch geknüpft ist, nicht alle Not dieser Art kann es lindern.
Auf der anderen Seite hat unsere Reformpolitik Gruppen aufsteigen lassen, Menschen aufsteigen lassen, die sich jetzt selber helfen können und die zum Teil sogar von Empfangenden zu Gebenden werden.
Der Staat schafft Voraussetzungen dafür, daß sich der einzelne in wichtigen Lebensfragen auf die Solidarität der staatlichen Gemeinschaft verlassen kann. Für viele, viele Menschen haben wir erst durch diese Voraussetzungen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Das wollen wir auch weiterhin tun.
Aber nicht alles darf vom Staat erwartet werden.
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Gesetzlich abgesicherte Solidarität allein kann nicht ausreichen.
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Auf vielen Gebieten kann der Staat durch seine Initiativen, durch Einsatz von Geld, durch sein Eingreifen zwar durchaus gesellschaftliche Solidarität fördern, aber vieles entzieht sich einer noch so wohlmeinenden Gesetzgebung und gut gemeintem Verwaltungshandeln. Es gibt körperliche und geistige und seelische Not, die ein Staat nicht lindern kann. Hier sind der einzelne Bürger, die kirchlichen, die sozialen Organisationen weiterhin aufgerufen.
Die Idee der Solidarität kann nur dann eine bindende Kraft bleiben, wenn wir die Initiative einzelner Bürger, von Gruppen und Verbänden einerseits und staatliches Handeln andererseits miteinander kombinieren.
Der Bundestag hat für die Behinderten viel getan. Im Arbeitsleben gibt es für Behinderte ausgedehnte Schutz- und Sonderrechte. Seit dem Schwerbehindertengesetz gibt es keine Behinderten erster oder zweiter oder dritter Klasse mehr, sondern eine Gleichstellung aller Schadensursachen. Diesen Weg des Schutzes und der Rehabilitation setzen wir fort. Aber wir appellieren auch an jedermann - und oft genügt dazu schon die Überwindung von kleinen Gedankenlosigkeiten -, den Behinderten ihre Lage zu erleichtern und ihnen eine bessere Chance zu geben.
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Ebenso sind viele gefordert, den Zehntausenden von Aussiedlern, die nach hartem politischen Ringen jetzt jährlich zu uns kommen, das Hineinfinden in die neue Lebenssituation zu erleichtern.
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Wir werden das Aussiedlerprogramm fortführen. Aber mehr noch als die amtliche Sorge ist die mitmenschliche Aufnahme, die praktische Solidarität der Nachbarn notwendig, damit die Eingliederung gelingen und unser Land für diese Menschen wirklich wieder zur Heimat werden kann. Ich appelliere deshalb an die Nachbarn, an die Kollegen, an die Kirchen, an Verbände und Gewerkschaften, dazu nach besten Kräften beizutragen.
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Ein Wort zu den ausländischen Arbeitnehmern und ihren Familien, deren Lage vielfach unbefriedigend ist. Zur Zeit, meine Damen und Herren, leben ungefähr 4 Millionen Ausländer unter uns - das sind etwa 61/2% der Gesamtbevölkerung -, und zwar häufig in starker örtlicher Konzentration.
Anwerbestopp wie auch die Lage am Arbeitsmarkt haben den Zustrom begrenzt. Die Bundesregierung wird den Anwerbestopp beibehalten, und sie wird keiner Ausdehnung der Freizügigkeit etwa im Rahmen von Assoziierungsverhandlungen zwischen der EG und weiteren Drittstaaten zustimmen.
Es ist nur verständlich, daß viele Ausländer, die länger hierbleiben wollen, ihre Familien nachkommen lassen. Aber daraus ergeben sich schwere Probleme, besonders für die Bildung, für die Ausbildung, für die Beschäftigung der ausländischen Jugendlichen.
Wir müssen den Gesamtkomplex der Fragen, die daraus folgen, daß 4 Millionen Ausländer in unserem Lande leben, sorgfältig untersuchen. Daran sollen alle gesellschaftlichen Kräfte, z. B. die Vertreter der kommunalen Einrichtungen, die Vertreter der Schulen, der Gewerkschaften, der Wirtschaft, der Kirchen, der Wissenschaft, der politischen Parteien, aber eben auch die Vertrauensleute der ausländischen Arbeitnehmer selbst beteiligt werden.
Meine Damen und Herren, in den letzten Monaten ist in unserem Lande von Freiheit viel die Rede geBundeskanzler Schmidt
Wesen. Lassen Sie mich eines dazu sagen: Wer von Freiheit redet, der muß auch Liberalität im Staate wirklich herbeiführen.
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Weil Freiheit in der Tat ein entscheidender Grundwert ist, deshalb muß die Diskussion um die Sicherung und den Ausbau von Freiheit mit Ernst geführt werden und nicht mit aggressiven Schlagworten.
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Wir verteidigen die Freiheit und die Liberalität in unserem Lande.
Wir wollen, daß der Staat die private Sphäre des einzelnen achtet und sie schützt. Es hat der technische Fortschritt, das großorganisierte Dasein die Informationsansprüche von Staat und Wirtschaft stark wachsen lassen. Das bringt Risiken mit sich. Um sie zu mindern, hat der Bundestag mit dem Datenschutzgesetz einen wichtigen Schritt getan; es müssen ihm aber weitere folgen.
Verteidigung der privaten Sphäre, der eigenen Sphäre der Person, bedeutet auch, daß die Person nicht abhängig gemacht wird von einer für sie völlig undurchsichtigen, anonymen Bürokratie und Großorganisation, ob nun im staatlichen Bereich, im wirtschaftlichen oder im privaten Bereich.
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Ich möchte Ihnen gern, weil ich auch selbst zu denen gehöre, die manchmal das Gefühl haben, undurchsichtigen Formularen ausgeliefert zu sein,
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folgendes Beispiel geben: Wenn Sie Ihre Wasserrechnung, die Darlegungen Ihres Vermieters für die erneute Mieterhöhung, die Sie in diesem Jahr erlebt haben, ihre Gehaltsabrechnung, Ihre Bundestagsabrechnung wirklich genau verstehen, die der Computer Ihnen ausgedruckt hat, dann sind Sie klüger als die meisten links oder rechts auf den beiden Flügeln dieses Hauses.
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Es ist doch in der Tat so: Nachdem der Bundestag Schritte unternommen hat, um die Überforderung des Kunden durch das sogenannte Kleingedruckte abzubauen, wird es nun notwendig, die Überforderung des Bürgers zu beseitigen, die darin besteht, daß er die von Computern ausgedruckten Rechnungen, Abrechnungen und Darlegungen ohne die Hilfe eines Fachmannes nicht verstehen kann. Dies ist unwürdig.
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Das gilt für Strom- und Gasrechnungen ganz genauso wie für Mietabrechnungen.
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Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.
Wir werden in der Debatte vielleicht darauf zurückkommen. Aber ich sage Ihnen: Mir persönlich ist es sehr wichtig, daß der Bürger nicht alle 14 Tage Briefe ins Haus bekommt, die er nicht verstehen kann, von denen er nur begreift, daß sie sein Schicksal mitentscheiden.
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Ich möchte gegenüber solchen und anderen Bedrängnissen die Bürger in ihrem Engagement, das ja in vielen Fällen staatliche Tätigkeit überflüssig machen, in anderen sie ergänzen kann, ausdrücklich ermutigen. Ich möchte dem vorhin ausgesprochenen Dank den Dank an jene hinzufügen, die ihre Zeit, ihre Energie und ihr Geld für Hilfsbedürftige in unserer Gesellschaft aufwenden, den vielen Tausenden von Helfern in den Verbänden und Diensten. Ohne die engagierte Arbeit, die z. B. in der Arbeiterwohlfahrt, im Caritasverband, im Paritätischen Wohlfahrtsverband mit seinen insgesamt über 900 selbständigen Einzelverbänden, im Diakonischen Werk, im Deutschen Roten Kreuz und in der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden geleistet wird, wäre unsere gesellschaftliche Stabilität nicht möglich. Ebenso sind die vielfältigen sozialen Dienste der Kirchen
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aus unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht wegzudenken. Hier wird ein Beispiel aktiver Solidarität und tätiger Nächstenliebe gegeben.
Ich schließe in den Dank ein die Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendaufbauwerk und viele andere Gruppen bis hin zu Amnesty International, die Rat und Hilfe leisten.
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Wir anerkennen ebenso den engagierten Einsatz von vielen Bürgern in unseren Rettungs- und Hilfsdiensten. Sie alle machen sich - häufig unbemerkt, häufig in der Stille - wahrhaft um andere Menschen verdient!
Meine Damen und Herren, das Verhältnis zwischen Staat und Kirche ist in der Bundesrepublik Deutschland vom Grundsatz der weltanschaulichen Neutralität des Staates bestimmt, der sich aus der Verfassungsgarantie der Religionsfreiheit ergibt. Das Grundgesetz hat damit den Kirchen und Religionsgemeinschaften - oder, wie es in der Weimarer Reichsverfassung, die insoweit auch für uns heute gilt, hieß: Religionsgesellschaften - die Möglichkeit eröffnet, ihr Wirken nach innen wie nach außen, d. h. gegenüber ihren Mitgliedern wie gegenüber der Öffentlichkeit, in freier Selbstbestimmung zu gestalten.
Wenn von weltanschaulicher Neutralität gesprochen wird, so darf das nicht als Ausdruck von Gleichgültigkeit mißverstanden werden. Vielmehr ist damit die Achtung vor dem Bereich von Religion und Weltanschauung bekundet, also vor dem Bereich des „Nichtabstimmbaren", wie Adolf Arndt hier im Bundestag viele Male gesagt hat, die Achtung vor demjenigen Bereich, über den ein freiheitlicher Staat nicht verfügen darf und den er nicht verletzen darf.
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Innerhalb unserer pluralen Gesellschaft haben die Kirchen einen besonderen Rang. Die Bundesregierung erkennt im Wirken der Kirchen einen für viele Menschen unverzichtbaren Beitrag für ihr Leben. Sie ist zum Dialog und zur Zusammenarbeit mit den Kirchen - in Wahrung der gegenseitigen Eigenständigkeit - stets bereit.
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Man sollte dabei über die Probleme, die sich bei einer zeitgemäßen Gestaltung dieses Verhältnisses von Kirche und Staat stellen, durchaus offen miteinander reden. Das Gespräch muß von dem gegenseitigen Respekt getragen sein, daß wir auf allen Seiten mit Ernst darum ringen, die personale Menschenwürde in Staat und Gesellschaft zu verwirklichen.
Das öffentliche Wirken der Kirchen und Religionsgemeinschaften vermag, wird es von ihren Angehörigen getragen, ethische Grundüberzeugungen und Werthaltungen in der Gesellschaft lebendig zu erhalten und zu entwickeln. Damit leisten Kirchen und Religionsgemeinschaften einen wesentlichen Beitrag zur Auseinandersetzung um die Grundwerte, gerade auch in einer pluralen Gesellschaft.
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Meine Damen und Herren, ein Wort zum öffentlichen Dienst. Unbeschadet der Unterscheidung zwischen Hoheits- und Leistungsverwaltung - der öffentliche Dienst ist für den Bürger da! Die Reform des öffentlichen Dienstes verfolgen Bund, Länder und Gemeinden als gemeinsame Aufgabe. Sie haben im Mai dieses Jahres diesbezüglich ein Aktionsprogramm verabschiedet. Neben den eingeleiteten mittelfristigen Schritten zur stärkenden Leistungsorientierung soll kurzfristig besonders die Teilzeitbeschäftigung erweitert werden. Im übrigen sollen in dieser Legislaturperiode das Laufbahnsystem durchlässiger und der Personalaustausch erleichtert werden. Wir sind übrigens davon überzeugt, daß solche konkreten Reformen auf den gesicherten Grundlagen der Verfassung auch die gelegentlich ausufernde pauschale Kritik am öffentlichen Dienst versachlichen werden. Eine solche Kritik wird übrigens der Tatsache nicht gerecht, daß der öffentliche Dienst in Deutschland sich auch im internationalen Vergleich in seiner Leistungsfähigkeit durchaus sehen lassen kann. Die Angehörigen des öffentlichen Dienstes einschließlich der Soldaten der Bundeswehr erfüllen ihre Pflicht.
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An dieser Stelle ein Wort zu einem Thema, das viele Menschen - zumal in der jungen Generation - bei uns, aber auch im Ausland bewegt und das für die Qualität unserer Demokratie von Gewicht ist. Ich spreche davon, daß die Praxis der Überprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst Zweifel an der Liberalität in unserem Land hat aufkommen lassen. Fest steht: unsere Demokratie ist stark. Sie wird von der Verfassungsloyalität der Bürger getragen. Deshalb gehen wir bei der Einstellung eines Bürgers in den öffentlichen Dienst von seiner Verfassungstreue aus.
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Wir werden alles tun, um die Entstehung eines allgemeinen Mißtrauens zu verhindern, welches die
persönliche Ausübung von Grundrechten mit Gefahren für die persönliche berufliche Zukunft belasten könnte;
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denn dies führt zu Leisetreterei und zur Furcht. Wir wollen aber nicht Furcht, sondern wir wollen die persönliche Bereitschaft, die verfassungsmäßige Ordnung lebendig zu erhalten.
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Die Bundesregierung verfährt bei der Aufnahme in den öffentlichen Dienst nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen und nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Prüfung des Einzelfalles und einer Differenzierung der Kriterien, nämlich der „Verfassungstreue" bei Beamten und der „Loyalität" bei Arbeitnehmern. Im Einklang damit hat die Bundesregierung durch die von ihr und von einigen Bundesländern bereits im letzten Sommer festgelegten acht Verfahrensgrundsätze ein Höchstmaß an Rechtsstaatlichkeit hergestellt.
Die Koalitionspartner werden in Bund und Ländern darauf hinwirken, daß die Anfrage bei den Verfassungsschutzämtern und die Weitergabe von deren Erkenntnissen an eine Einstellungsbehörde nach Maßgabe der höchstrichterlichen Entscheidungen in jedem Einzelfall streng nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfolgt. Insbesondere darf eine Anfrage beim Verfassungsschutz nur dann erfolgen, wenn eine Einstellung des Bewerbers tatsächlich beabsichtigt und wenn die Verfassungstreue des Bewerbers nur noch die letzte zu prüfende Einstellungsvoraussetzung ist.
({10})
- Nämlich wenn alle anderen erfüllt sein sollten, Herr Abgeordneter Zimmermann.
Für Angestellte und Arbeiter gilt dies nur, wenn sie zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben oder im sicherheitsempfindlichen Bereich oder für Tätigkeiten eingesetzt werden sollen, die ohne ein aktives Eintreten für die freiheitliche, für die demokratische Grundordnung nicht ausgeübt werden können.
Eine Weitergabe von Erkenntnissen an die Einstellungsbehörde darf nur dann erfolgen - so ist unsere Überzeugung -, wenn diese tatsächlich geeignet sind, ein Urteil über die Verfassungstreue des Bewerbers zu begründen; d. h. insbesondere: Sie darf nicht erfolgen, wenn es sich um Erkenntnisse handelt über Tätigkeiten des Bewerbers vor dessen 18. Lebensjahr, als er noch gar nicht erwachsen war, soweit sie nicht Gegenstand eines anhängigen Strafverfahrens sind.
({11})
Bei den sogenannten Monopol-Ausbildungsverhältnissen, bei denen also der Staat ein Monopol hat, z. B. bei Juristen und Pädagogen, wollen wir zu einer einheitlichen Regelung des Zugangs kommen. Die Auszubildenden sollen den Status eines sozialversicherungspflichtigen Rechtsverhältnisses besonderer Art und auf Zeit haben. In solchen Fällen findet eine Überprüfung auf Verfassungstreue nur dann statt,
wenn der Auszubildende im Sicherheitsbereich eingesetzt werdenson
Wir möchten nicht zulassen, daß diejenigen Werte bedroht werden, , für die. Generationen von Demokraten gekämpft, in vielen Fällen geopfert und ge- litten haben. Wir wollen keine Opportunisten und Angepaßten. Was wir brauchen, sind freie, sind selbstbewußte, sind mutige und engagierte $ärger, die nicht geduckt oder gedrückt werden.
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Ohne eine freie und offene Presse müßten auch Liberalität und. Geistesfreiheit Schaden nehmen. Jeder muß sein Grundrecht, sich frei auch .über unterschiedliche Meinungen zu informieren, in Anspruch nehmen können Die Bundesregierung wird deshalb auf die Verleger- und Journalistenverbände einwirken, sich über eine einvernehmliche Regelung der inneren Pressefreiheit und über Redaktionsstatute zu verständigen. Wenn das etwa bis zur Mitte der Periode nicht zustande kommen sollte, werden wir ein auf den Bereich der sogenannten inneren Presse- freiheit beschränktes Presserechtsrahmengesetz hier im Bundestge unterbreiten.
Um die Beteiligungsverhältnisse bei Presseunternehmen durchsichtiger zu machen, wird die Mono- polkommission einen Auftrag bekommen. Sie soll die Wettbewerbsstruktur dieses Wirtschaftsbereichs einschließlich der Verflechtungen öffentlich dar- stellen.
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Wir treten ein für den privatrechtlichen Charakter der Presse und für den öffentlich-rechtlichen Charakter von Funk und Fernsehen.
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Wir sehen auch, daß bei den neuen Technologien die Meinungsvielfalt erhalten und -gestärkt werden muß So müssen in den laufenden Versuchen des Kabelfernsehens, z. B. für echte Bildschirmzeitungen ,auf lokaler Ebene, die die Aufgabe einer Zeitung im Wettbewerb mit den Lokalzeitungen haben, ge- eignete Kooperationsformen zwischen Fernsehen und Presse erprobt und entwickelt werden.
Für die Rechtspolitik, meine Damen und. Herren, gelten die beiden bisherigen Orientierungsleitsätze auch in Zukunft: 1. Die Rechtsordnung muß dort weiterentwickelt werden,wo sie den Wertvorstellungen des Grundgesetzes, insbesondere den Grundrechten, , dem Sozialstaatsprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip noch _nicht in vollem Umfange entspricht. Sie muß neuen Herausforderungen mit zeitgemäßen Lösungen begegnen.
Die vergangenen vier Jahre sind für die Rechts- politik besonders fruchtbar gewesen. Jetzt müssen die neuen Gesetze im Bewußtsein unseres Volkes Wurzeln schlagen. Aber auch neue Ansätze zur Fortführung. sind nötig. So ist das Recht der elterlichen Sorge im Interesse der Kinder neu zu fassen. Jeder Mensch soll bei der Durchsetzung seiner Rechte möglichst gleiche Chancen haben. Deshalb streben wir im. Zusammenhang mit den in einigen Ländern laufenden Versuchen unter Einbeziehung der Anwaltschaft eine durchgreifende Verbesserung der vorgerichtlichen und der außergerichtlichen
Rechtsberatung und eine Neuregelung des Armenrechts an. Auch das völlig unübersichtliche, zersplitterte und unbefriedigende Staatshaftungsrecht muß vereinheitlicht und unserem heutigen Veständnis entsprechend erneuert werden.
Wir werden auf dem Feld der inneren Sicherheit unsere erfolgreichen Anstrengungen fortsetzen. Beim weiteren Ausbau des Bundeskriminalamtes wird ein besonderer Schwerpunkt die Bekämpfung des international organisierten Rauschgifthandels und Waffenhandels werden. Bei der Bekämpfung terroristischer Gewaltverbrecher wird die gute Zusammenarbeit zwischen. Bund und Ländern auf der Basis des vor knapp zwei Jahren gefundenen gemeinsamen Beschlusses fortgesetzt werden. Dabei kommt der internationalen Zusammenarbeit der Bekämpfung des Terrorismus nunmehr immer größere Bedeutung zu. Wir haben deshalb aktiv bei der Erarbeitung des „Europäischen Ubereinkommens zur Be- kampfung des Terrorismus" im Europarat mitgewirkt. Die neun EG-Partner haben die praktische Zusammenarbeit eingeleitet und Vorarbeiten für eine strafrechtliche Konvention auf diesem Feld aufgenommen.
In den Vereinten Nationen hat eine Initiative un- seres Landes zu einem ersten gemeinsamen Schritt im weltweiten Rahmen geführt. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat gestern einstimmig eine von der Bundesrepublik zusammen mit 36 weiteren Staaten eingebrachte Resolution angenommen, durch die ein Sonderausschuß zur Ausarbeitung einer Konvention gegen Geiselnahme eingesetzt wird.
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Ich möchte am Schluß dieser Bemerkungen allen denen danken, die für unsere Sicherheit einstehen.
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Die Bundesrepublik muß ein Land bleiben, in dem zu leben es sich lohnt. Wir werden deshalb auch unsere Arbeit zum Schutz der Umwelt fortsetzen und, soweit das möglich ist, von vornherein Umweltschäden entgegentreten, um die aus fort- schreitender Industrialisierung herrührenden Gefahren zu mindern. Wir werden dabei die Arbeit kon- zentrieren auf die Gesundung unserer Flüsse und Gewässer und die Bekämpfung des Verkehrslärms, und wir werden das Umweltstrafrecht vereinheitlichen.
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Dabei müssen Unternehmen und Gewerkschaften gemeinsam darüber nachdenken, wie vorsorgender Umweltschutz und Sicherung der Arbeitsplätze und das Wirtschaftswachstum so miteinander abgestimmt werden, daß nicht das eine zu Lasten des anderen geht.
Die Innenbereiche unserer . Städte und Gemeinden erhalten und erneuern zu helfen, ist ein hiermit korrespondierender anderer Schwerpunkt der Arbeit.
Wir werden den Städten und Gemeinden bei der. Erfüllung ihrer Aufgaben weiterhin ein zuverlässi46 Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - S. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Dezember 1976
ger Partner bleiben und die Erhaltung und Erneuerung, die Verbesserung der Wohnungen und der Wohnumwelt in alten Wohngebieten sowie den Ersatzwohnungsbau in Sanierungsgebieten zu einem Schwerpunkt der Wohnungs- und Städtebaupolitik machen.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß diese Aufgaben nur durch gemeinsames Engagement der Bürger und Mieter sowie aúf der anderen Seite der Gemeinden, der Länder und des Bundes zu erfüllen sind. Gewachsene Städte und Gemeinden sind bisher für manchen deshalb wenig attraktiv gewesen, weil es sich steuerlich für ihn nur gelohnt hat, wenn er sich weit draußen sein Eigenheim baute. Um das zu ändern, erweitern wir - ich habe es schon erwähnt - den § 7 b des Einkommensteuergesetzes. Dadurch wird der Erwerb von eigengenutzten Wohnungen in bestehenden Gebäuden steuerlich genauso begünstigt wie das bisher nur bei Neubauten der Fall gewesen ist. Daneben werden die bewährten Maßnahmen im Wohnungsbau - Bausparen, steuerliche Erleichterungen - natürlich fortgeführt werden.
Stadterneuerung ist nicht möglich ohne den Neubau von öffentlich geförderten Wohnungen. Wir haben heute zwar einen hohen Stand der Wohnungsversorgung erreicht; aber es gilt, den noch benachteiligten Gruppen - z. B. kinderreichen Familien, alten Menschen, behinderten Menschen -, für die bisher nicht genug nachgedacht und geschaffen worden ist, mit dem sozialen Wohnungsbau zu helfen.
Die Wohnungspolitik wird durch die Anpassung des Wohngeldes zum 1. Januar 1978 unterstützt werden, die Barger mit niedrigem Einkommen und hoher Mietbelastung - das sind in vielen Fällen eben gerade kinderreiche Familien - zugute kommen wird.
Wir blicken in diesem Zusammenhang auch auf die Stadt Bonn, die ja auf lange Zeit die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland sein wird. Wir sind deshalb verpflichtet, das Gesicht dieser Stadt im Hinblick auf diese ihre Zukunft mit zu prägen. In den letzten Jahren ist gemeinsam mit der Stadt Bonn und dem Lande Nordrhein-Westfalen viel getan worden, um diese Stadt so zu gestalten, daß sie auch vom Ausland als die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland angesehen werden kann und wird.
Aber nicht nur die Architektur, sondern Kunst und Kultur überhaupt müssen sich in unserem Lande frei und schöpferisch entfalten können.
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Bund, Länder und Gemeinden müssen dazu beitragen, daß dann auch die materiellen Grundlagen für diese Künstler geschaffen werden.
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Wir wollen den Künstlern u. a. durch die Einführung einer Sozialabgabe helfen. Wir wollen das Urheber- und Vertragsrecht verbessern; aber wir müssen auch die Beschäftigungsmöglichhkeiten für die Künstler verbessern.
Der Film in Deutsdiland hat in den letzten Jahren - auch durch öffentliche Förderung - wieder internationale Anerkennung gefunden. Wir setzen diese Förderung, gerne fort. Freiheit der Kunst läßt keine Nationalisierung zu. Unsere Grenzen sind für Kunst und Kultur offen, und sie bleiben auch offen. Aber umgekehrt müssen wir auch von anderen Staaten erwarten, daß sie sich deutschen Künstlern und deutscher Kunst nicht verschließen. Die Rundfunk- und Fernsehanstalten sollten stärker" als bisher auf ein vernünftiges Verhältnis zwischen ausländischen und deutschen Produktionen achten. Bei aller gebotenen Sparsamkeit darf in den Funkverwaltungen nicht das Bewußtsein für die Fähigkeiten, aber auch für die Nöte unserer einheimischen Künstler verkümmern.
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Wir haben uns in Verhandlungen mit den Ländern für die baldige Errichtung einer Deutschen Nationalstiftung eingesetzt. Wenn sich die Verhandlungen nun noch länger hinziehen sollten, so wird der Bund als ersten Schritt im Rahmen seiner Zuständigkeit eine Zwischenlösung finden, um die Stiftung endlich ins Leben zu rufen. Bei uns stehen die Haushaltsmittel, vom Bundestag beschlossen, bereit. Mit der Stiftung sollen Kunst und Kultur zeitnah und unkompliziert gefördert werden. Mit ihrer Hilfe sollen Kulturgüter unseres Landes bewahrt werden. Die Kunstschaffenden sollen dabei mitwirken. Die Bundesregierung wird wegen der gesamtstaatlichen Bedeutung der Stiftung den Herrn . Bundespräsidenten bitten, den Vorsitz der Stiftung zu übernehmen.
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In der Sportpolitik gilt nach wie vor, daß der Sport von staatlicher Bevormundung frei bleiben muß. Wir werden den Spitzensport weiterhin fördern, der ja in vielen Fällen für den Breitensport der großen Sportbewegung das Zugpferd ist. Wir lehnen es ab, unsere Sportler von Staats wegen unter Leistungszwang zu setzen.
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Sport ist und bleibt in unserer Gesellschaft freiwillige Sache des einzelnen und der vielen tausend Vereine. Sport soll zuerst und vor allem Freude machen, Spaß am Leben bereiten.
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Besonders wichtig nehmen wir aber auch - und das sage ich an die Adresse jener auf der Oppositionsbank - den Schulsport, weil es hier um die gesundheitliche und um die persönliche Entwicklung der jungen Menschen geht. Wir meinen auch, daß mehr Menschen die Chance geboten werden soll, die Schulsportanlagen nachmittags, abends und am Wochenende zu nutzen, die ja mit ihren Steuergeldern gebaut worden sind.
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Meine Damen und Herren, wenn unser Land, wenn die Bundesrepublik Deutschland ein Land bleiben soll - und das wird sie doch und das muß sie doch -, in dem es sich zu leben lohnt, ein schönes Land, nicht nur ein Land mit dem höchsten BruttoBundeskanzler Schmidt
sozialprodukt oder einem der höchsten Einkommen, dann müssen Kultur, Landschaft und Tradition den ihnen gebührenden Platz und Rang darin behalten. Deshalb müssen unsere Städte, unsere Gemeinden, unsere Landschaften so gestaltet werden, daß es Freude macht, in ihnen zu leben und in ihnen seine Freizeit zu genießen.
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Damit es Freude macht und das Leben lebenswert bleibt, brauchen wir auch den Mut und die Bereitschaft zur Toleranz. Unsere Demokratie lebt vom Wettstreit der Meinungen und der freien Auseinandersetzung. Die Pluralität von Weltanschauungen, von Werten, von Leitbildern, von Lebensstilen ist Voraussetzung für individuelle Freiheit. Unsere Demokratie braucht beides: mehr Solidarität und mehr Liberalität.
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Der Wunsch nach individueller Freiheit und die Orientierung am Allgemeinwohl sind keine Gegensätze. Nur wenn es mehr reale Freiheit gibt für die Millionen und Millionen von Menschen, nur dann hat auch die Freiheit des einzelnen Aussicht auf Bestand.
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Es sprechen in der Tat viele Hinweise dafür, daß immer mehr Menschen persönliche Freiheit, soziale Sicherheit und politische Verantwortung nicht länger als widersprüchlich empfinden, sondern dies alles zusammen als das Ideal persönlicher Selbstverwirklichung empfinden.
Ich komme zur Außenpolitik. Die Bundesregierung hat die seit der Entstehung unseres Staates maßgebliche Politik der dauerhaften Einordnung in den Kreis der freiheitlichen Demokratien seit 1969 konsequent weitergeführt. Wir haben sie durch eine Politik der Entspannung mit dem Ziele guter Nachbarschaft nach Osten ergänzt. Zugleich verfolgen wir gemeinsam mit unseren Freunden eine Politik gleichberechtigter Partnerschaft mit den Ländern der dritten Welt.
Die Bundesregierung bekennt sich zur Kontinuität dieser Außenpolitik. Deshalb tritt sie im Interesse -von Frieden und Sicherheit in der Welt für die Fortsetzung der Entspannungspolitik ein.
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Auch bei Fortsetzung der Entspannungspolitik wird die Auseinandersetzung der Ideologien weitergehen, aber sie sollte im friedlichen Wettbewerb ausgetragen werden. Noch hält der stetige Ausbau der militärischen Stärke des Warschauer Paktes an, obwohl das militärische Potential dieser Staatengruppe bereits weitaus größer ist, als es für reine Verteidigungszwecke notwendig wäre. Die Bundesregierung wird wie bisher alle Bemühungen für eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen Ost und West unterstützen. Wir wirken auf der Grundlage der gemeinsam im Bündnis entwickelten Zielsetzungen aktiv mit an konstruktiven und weiterführenden Schritten zum Abbau der militärischen Konfrontation in Europa, insbesondere im Rahmen der Wiener Verhandlungen über beiderseitige ausgewogene Verminderung der Streitkräfte. Darüber hinaus setzen wir uns für verstärkte Bemühungen um Abrüstung und Rüstungskontrolle im weltweiten Rahmen, besonders im Rahmen der für 1978 vorgesehenen Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen ein. Den Vorschlag der blockfreien Staaten in diesem Punkte haben wir von Anfang an unterstützt. Die Hoffnung der Völker auf eine substantielle Eingrenzung des Rüstungswettlaufs darf nicht enttäuscht werden.
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Das Atlantische Bündnis bleibt Grundlage unserer Sicherheit, und die Bundeswehr bleibt unser militärischer Beitrag zur Allianz. Sie soll nicht aus dem Bündnis und nicht aus den gemeinsamen Verpflichtungen der Bündnispartner herausgelöst werden. Die Bundeswehr bleibt eine Armee zur Verteidigung im Rahmen des Bündnisses. Sie kann, soll und will nicht eine Angriffsarmee sein.
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In der Bundeswehr wird die vorbereitete neue Wehrstruktur nunmehr verwirklicht. Bildung und Ausbildung werden verbessert. Die kontinuierliche Erneuerung und Modernisierung der Ausrüstung wird fortgesetzt. Die Bundesregierung wird sich um eine weitgehende Vereinheitlichung mit den Partnern des Bündnisses weiterhin bemühen.
Unsere Soldaten tragen inmitten einer von Krisen gekennzeichneten Welt zur Erhaltung des Friedens bei. Sie waren insoweit schon 20 Jahre erfolgreich. Man kann sagen: in der Erfüllung ihrer friedensbewahrenden Aufgabe hat die Bundeswehr gute Ansätze zu einer eigenen Tradition gefunden;
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sie ist nicht mehr darauf angewiesen, Leitbilder nur aus vorangegangenen Generationen zu entnehmen.
Wir sehen nicht ohne Sorge, daß es einigen NATO-Partnern zunehmend schwerfällt, ausreichend konventionelle Kräfte präsent zu halten. Konventionelle Abwehrkraft bleibt jedoch Voraussetzung für die Strategie der abgestuften Abschreckung, auf die das Bündnis verabredet ist. Niemand kann ein Interesse daran haben, daß ein Zustand einträte, in dem atomare Waffen an die Stelle fehlender konventioneller Kräfte gesetzt würden und damit die Gefahr eines atomaren Krieges vergrößert würde.
Wir wissen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika auch in Zukunft ihrer besonderen Verantwortung für die Sicherheit der westlichen Welt gerecht werden. Wir begrüßen die Botschaft des gewählten Präsidenten Carter an die Nordatlantische Allianz vom 9. Dezember dieses Jahres. Die Präsenz der Amerikaner in Europa ist weder politisch noch militärisch ersetzbar. Auf der Grundlage unserer ausgezeichneten zweiseitigen Beziehungen hat sich inzwischen ein nie zuvor gekanntes Vertrauensverhältnis zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Es bestimmt unsere Zusammenarbeit auch im Bereich einer koordinierten Wirtschafts- und Währungspolitik. Was die deutschamerikanische Zusammenarbeit für das Ganze bedeutet, das gilt - ich betone das ganz genau so - in gleicher Weise für die deutsch-französische Freundschaft für die Zusammenarbeit in Europa.
Die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland haben sich seit Beginn dieses Jahrzehnts positiv entwickelt. Das Volumen des Handelsverkehrs hat sich seit 1970 vervierfacht. Dank wesentlich stärkerer sowjetischer Lieferungen hat es in diesem Jahr einen Abbau unserer Lieferüberschüsse um etwa 40 °/o gegeben. Wir begrüßen das, weil es sich für die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten unseres Handels mit der Sowjetunion positiv auswirken wird. Wie die sowjetische Seite sind auch wir dafür, den Weg der Zusammenarbeit konsequent weiterzugehen. Wir erwarten von dem bevorstehenden Besuch des sowjetischen Generalsekretärs Breschnew im nächsten Jahr neue Impulse für eine Ausweitung und Vertiefung dieser Zusammenarbeit.
Im Verhältnis zur Volksrepublik Polen werden wir alle Anstrengungen unternehmen, um dem beiderseitigen Wunsch nach einer Vertiefung der Beziehungen zu entsprechen. Es ist in Polen wie bei uns viel, viel guter Wille festzustellen, die Vergangenheit zu überwinden, und wir sind dankbar dafür.
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Unsere Politik der guten Nachbarschaft gegenüber allen osteuropäischen Staaten bleibt unverändert. Es gibt kein Nachlassen in unserem Streben, soviel Entspannung und Zusammenarbeit wie möglich zwischen West- und Osteuropa zu verwirklichen. Deshalb ist auch unser Interesse zu den Staaten unvermindert groß, die keiner politischen oder militärischen Gruppierung angehören; denn die neutralen und bündnisfreien Staaten haben wichtige Funktionen im Prozeß der Überwindung der Spaltung Europas. Auch deshalb ist die Unabhängigkeit Jugoslawiens so wichtig.
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Die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hat mit ihrer Schlußakte eine wichtige Grundlage für die Fortführung der multilateralen Entspannungspolitik gegeben. Wir messen allen Teilen der Schlußakte die gleiche Bedeutung zu und werden uns intensiv an der Vorbereitung des Belgrader Treffens beteiligen, von dem neue Anstöße für die Verwirklichung der in Helsinki gemeinsam beschlossenen Grundsätze und Absichten erwartet werden. Wir sind bereit, einen eigenen Beitrag dazu zu leisten.
Die Europäische Gemeinschaft bleibt für uns lebenswichtige Voraussetzung für die Sicherung von Frieden und Freiheit. Wir halten am Ziel der Europäischen Union fest.
Die zunehmende wirtschaftliche und soziale Auseinanderentwicklung gibt uns Anlaß zur Sorge. Es kommt darauf an, alle wirtschaftlichen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Bestand der Gemeinschaft zu erhalten und sie weiterzuentwickeln.
Angesichts unserer Stabilität und unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richten sich an uns besonders hohe Erwartungen mancher unserer Partner. Natürlich zahlen wir an die Gemeinschaft nicht nur, sondern wir erhalten auch Geld von ihr. Aber im Ergebnis haben wir z. B. 1975 3,2 Milliarden DM mehr gezahlt, als wir erhalten haben. Mit diesem sogenannten Nettotransfer haben wir vier Fünftel des gesamten Nettotransfers innerhalb der Europäischen Gemeinschaft erbracht. Dies müssen wir uns auch einmal selbst zum Bewußtsein führen.
Unser Volk muß wissen, daß der weitere Ausbau der Gemeinschaft in der Tat zusätzliche Mittel erfordert, Mittel, die dann für Aufgaben im eigenen Land nicht zur Verfügung stehen können. Aber wenn wir Europa wollen, dann müssen wir uns auch unserer Verantwortung stellen. Letztlich verbürgt eine lebensfähige Gemeinschaft auch unsere eigene Sicherheit, unsere eigene Stabilität und wirtschaftliche Stärke.
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Wir werden deshalb auch künftig die europäische Integration in dem Maße fördern, das unserer eigenen Leistungsfähigkeit entspricht. Allerdings setzen wir voraus, daß die eigenen wirtschaftlichen Anstrengungen der Partner dabei fortgesetzt werden. Wir erwarten, daß angesichts der begrenzten Mittel der Gemeinschaft deutliche Prioritäten für strukturwirksame Maßnahmen bei der Verwendung des Geldes gesetzt werden. Nur eine Gemeinschaft, die wirtschaftlich gesund und leistungsfähig ist, kann ihrer weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Bedeutung gerecht werden.
Wir leisten Beiträge bei der Entwicklung einer immer weitere Bereiche umfassenden gemeinsamen Außenpolitik der neun Mitgliedsstaaten. Dabei bleibt die enge deutsch-französische Zusammenarbeit eine wichtige Stütze.
Wir wollen direkte Wahlen, d. h. Volkswahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 1978.
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Die Bundesregierung wird dafür einen Gesetzentwurf, ausgehend vom Prinzip der Bundesliste, im Bundestag einbringen. Diese Wahlen werden mithelfen, das politische Europa dem Bewußtsein unseres Volkes, unserer öffentlichen Meinung näherzubringen.
Auch in anderen Ländern Europas setzt man große Hoffnungen auf die Gemeinschaft. Die Verhandlungen über den Beitritt Griechenlands haben begonnen. Portugal und Spanien haben ihr Interesse bekundet. Die Türkei ist assoziiert. Wir haben Interesse daran, diese Staaten an die Gemeinschaft heranzuführen und damit ihre wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und ihre demokratische Ordnung zu entwickeln oder zu stabilisieren.
Ein Wort zu den Vereinten Nationen, die das wichtigste Forum der Debatte über die Probleme der Welt sind. In den drei Jahren seit unserem Beitritt haben wir so gehandelt, wie es dem Gewicht unseres Landes und unserer Verpflichtung entspricht, in Übereinstimmung mit der Charta für die allgemeine Geltung der Menschenrechte, für Gewaltverzicht, weltweiten Frieden und wirtschaftlich-soziale Entwicklung einzutreten.
Wir werden in den nächsten beiden Jahren dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angehören. Wir wollen dort im Bewußtsein unserer besonderen Verantwortung dazu beitragen, daß die Vereinten
Nationen ihre großen Aufgaben verwirklichen können.
Wir werden alles tun, um unser Verhältnis zu den Staaten Afrikas enger zu gestalten. Wir lehnen auch künftig jede Art von Rassismus und Kolonialismus ab.
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Auch das südliche Afrika muß sein Schicksal selbst bestimmen, und die Herrschaft der Mehrheit muß bald verwirklicht, gleichzeitig aber der Schutz der Minderheit gesichert werden.
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Wir setzen uns ein für eine gerechte und dauerhafte Friedensregelung im Nahen Osten, die mit den Entschließungen des Sicherheitsrats und den Erklärungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft übereinstimmt. Wir haben gute Beziehungen zu Israel wie zu den arabischen Staaten. Wir wollen sie durch eine Politik der Ausgewogenheit erhalten, die man nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln darf.
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Die Zusammenarbeit mit den Staaten Lateinamerikas, die meist auf traditionell freundschaftlichen Beziehungen beruht, werden wir in Zukunft weiter ausbauen. Der Ausbau der Beziehungen mit den Staaten des asiatischen Kontinents bleibt unser Anliegen. Mit der Volksrepublik China haben wir nach einer langen Pause wieder Beziehungen, deren Ausbau wir begrüßen.
Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß zur Verringerung des Nord-Süd-Gefälles große Anstrengungen gemacht werden müssen. Wir stellen uns der Mitverantwortung für die Lösung einer der zentralen internationalen Aufgaben dieser Zeit, insbesondere gegenüber den am wenigsten entwickelten und gegenüber den vom Ölschock am meisten betroffenen Ländern. Wir haben gemeinsam mit den übrigen EG-Partnern vor einigen Tagen in Den Haag festgestellt:
Im Bewußtsein der wachsenden wirtschaftlichen Interdependenzen ... ist die Gemeinschaft bereit, im Rahmen ihrer Möglichkeiten ... einen positiven Beitrag zu leisten.
Der Europäische Rat hat in diesem Geist dem Erfolg des Nord-Süd-Dialogs eine große Bedeutung beigemessen.
Aber ich füge hinzu: Kooperation und verstärkte Hilfe sind nur auf der Grundlage einer tatsächlich funktionierenden Weltwirtschaft möglich, an der Industrieländer, OPEC-Länder, Entwicklungsländer, aber auch die kommunistischen Staatshandelsländer teilhaben. Aus dieser gemeinsamen Verantwortung kann kein Staat und kann keine Staatengruppe entlassen werden.
Wir treten ein: erstens für weltweite Arbeitsteilung bei weitgehend freiem Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Technologie, zweitens für den Schutz vor entschädigungsloser Enteignung, damit zugunsten der Entwicklungsländer eine Intensivierung der Investitionen und des Kapitalverkehrs erreicht wird, wodurch gleichzeitig auch ein Technologietransfer erfolgt, drittens für eine weitere
Öffnung der Märkte für Industrieländer - zu denen wir gehören -, für eine Liberalisierung des Welthandels in der gegenwärtigen GATT-Runde, viertens für eine Anerkennung des Souveränitätsanspruchs der Entwicklungsländer über ihre Rohstoffe und fünftens für Verzicht auf Mißbrauch der Verfügungsgewalt über wirtschaftliche und Marktmächte durch Kartelle und Monopole.
Auf solchen Grundlagen wollen wir an einer gerechteren Verteilung des Wohlstands, an einer Verbesserung der Lebensbedingungen und an einer Verstärkung der Ressourcenübertragung zugunsten der Entwicklungsländer mitwirken. Wir beteiligen uns an der internationalen Diskussion der Rohstoffproblematik auf der Pariser Konferenz genauso wie auf der Welthandelskonferenz. Allerdings halten wir weltweiten Rohstoffdirigismus für unzweckmäßig. Vielmehr sind wir nach wie vor der Ansicht, daß eine Stabilisierung der Rohstoffexporterlöse für Entwicklungsländer besser geeignet ist, deren Lage zu verbessern, als etwa eine weltweite Manipulation der Rohstoffpreise, die dann im Ergebnis weit überwiegend eine kleine Gruppe rohstoffreicher Industrieländer begünstigen und die große Mehrzahl der Entwicklungsländer benachteiligen würde.
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Die kommunistischen Länder insgesamt partizipieren in zunehmender Weise an den Vorzügen der freien Weltmärkte, des Gesamtsystems der Weltwirtschaft und seiner Arbeitsteilung. Sie sollten deshalb auch die Lasten mit tragen, die von den Industrieländern übernommen werden. Das gilt auch für die öffentliche Entwicklungshilfe. 1975 war die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe mit rund 1,7 Milliarden Dollar doppelt so hoch wie die Entwicklungshilfe aller kommunistischen Staaten zusammengenommen, und ein Teil der letzteren hat sich leider auf die Lieferung von Waffen und militärischem Gerät an die Entwicklungsländer konzentriert.
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Unser Land ist zur Erhöhung seiner öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen bereit, vor allem zugunsten der am meisten zurückgebliebenen Länder. Dies kommt in unseren haushaltsrechtlichen Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Jahre deutlich zum Ausdruck. Es gilt auch für Schuldenregelungen in solchen Fällen, in denen Entwicklungsländer in Zahlungsschwierigkeiten gekommen sind.
Nun wissen wir, daß nicht alle Bürger diese Unterstützung für die dritte Welt verstehen und billigen. Aber diese Bürger sollten zweierlei bedenken. Erstens. Der Frieden kann auf die Dauer nur dann gesichert werden, wenn es in gemeinsamer Anstrengung aller Industriestaaten und aller Ölstaaten gelingt, das Wohlergehen der Menschen in den Entwicklungsländern zu fördern. Zweitens. Verstärkte Kooperation und Arbeitsteilung mit der Dritten. Welt nützt auch uns selber, denn es sichert bei uns zu Hause Arbeitsplätze und Volkseinkommen.
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Sie sollten auch bedenken, daß wir selbst als Volk
einmal in einer Lage gewesen sind, in der wir drin50
gend Hilfe von draußen gebraucht haben, um wieder aufbauen zu können, und sie sollten bedenken, daß wir diese Hilfe in der Tat von Völkern erhalten haben, gegen die Deutschland noch kurz zuvor einen zerstörerischen Krieg geführt hatte.
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Schon deshalb dürfen wir heute keine engstirnige und egoistische Politik verfolgen. Vielmehr müssen wir dazu beitragen, daß Vorurteile, Haß und Not gemindert werden und daß die Völker ihre Konflikte nicht mit Gewalt, sondern vielmehr friedlich austragen.
Allerdings müssen wir diesen Abschnitt auch mit dem Ausdruck der Erwartung einer Gegenleistung abschließen, nämlich dieser: Alle an der Weltwirtschaft Beteiligten und die beteiligten Staatengruppen sollten für mehr Stetigkeit der Entwicklung und für mehr Stabilität eintreten. Denn die in den letzten sieben Jahren erfolgten Erschütterungen haben alle gefährdet. In den letzten sieben Jahren z. B. sind die deutschen Ausfuhrpreise auf das Anderthalbfache gestiegen, die Rohölpreise aber auf mehr als das Vierfache. Wir hoffen, daß auch die OPEC-Staaten zu einem Erfolg der Pariser Konferenz aktiv beitragen können.
Wir hatten und wir haben nicht den Ehrgeiz, in den Fragen des Nord-Süd-Dialogs eine Sonderrolle zu spielen. Aber wir erkennen durchaus unsere Aufgabe, in diesem Dialog für mehr Stabilität der Weltwirtschaft einzutreten. Sie liegt im gemeinsamen Interesse aller Staaten der Welt. Sie müßte sich ihnen daher auch als eine gemeinsame Aufgabe stellen. Dies gilt besonders für die Industriestaaten Europas und Nordamerikas und für Japan, dessen Bedeutung für die Weltwirtschaft wir hoch veranschlagen.
Ein Wort zum Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten und zur Lage der Nation. Dieses Verhältnis auf der Grundlage der bestehenden Verträge und Vereinbarungen - und von ihnen ausgehend - gilt es weiter zu entwickeln und zu gestalten. Dies ist ein Gebot des Friedens und ein Gebot unseres eigenen nationalen Interesses. Die Bundesregierung setzt deshalb ihre Vertragspolitik fort. Wir sind uns dabei bewußt, daß die Gegensätze und Unterschiede zwischen den beiden deutschen Staaten und Gesellschaftsordnungen nicht durch Vertragspolitik aus der Welt geschafft werden können. Verträge und Vereinbarungen schaffen jedoch eine Ebene der partiellen Zusammenarbeit und der gegenseitigen Respektierung von Interessen.
Es wird bei unseren Verhandlungen mit der DDR nicht nur um den Abschluß von neuen Vereinbarungen und Abkommen gehen. Vielmehr wird auch darüber zu sprechen sein, wie es in Anwendung der bestehenden Vereinbarungen zu weiteren Verbesserungen kommen kann. Wir messen diesem Bereich, der vorwiegend Verbesserungen für den einzelnen bringen soll, ebensoviel Gewicht bei wie der Fortführung der noch offenen Verhandlungen.
Einzelne Vorhaben werden bisweilen unterschätzt: z. B. die Erweiterung der Reise- und Besuchsmöglichkeiten oder die Verbesserung der Praxis bei Auskünften in Vermögensfragen oder die Erweiterung des Selbstwählferndienstes oder die größeren Möglichkeiten beim Versand von Literatur. Aber all dies bringt den Menschen Erleichterungen, bringt mehr Beweglichkeit, bringt mehr Möglichkeit zum Kontakt.
Wir stellen mit Befriedigung fest, daß das Volumen des Handels mit der DDR in diesem Jahr die 8-Milliarden-Grenze überschreitet. Das bedeutet, daß sich der innerdeutsche Handel seit 1969 verdoppelt hat. Übrigens wird 1977 ein Jahr sein, in dem sich Lieferungen und Bezüge annähernd ausgleichen - auch dies eine gute, eine begrüßte Entwicklung. Es sind auch erste Vereinbarungen über die langfristige Kooperation getroffen, und damit eröffnen sich für beide Seiten lohnende Möglichkeiten.
Wenn ich das so polemisch sagen darf: Allein der Reiseverkehr zwischen den beiden deutschen Staaten bringt für die Menschen in Deutschland mehr als die lautstarken Sonntagsreden.
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In diesem Jahre fahren 8 Millionen Deutsche aus der Bundesrepublik Deutschland und aus West-Berlin in die DDR und nach Ost-Berlin. Vor der vertraglichen Regelung von 1972 lag die Zahl bei zweieinhalb Millionen. Diese beiden Zahlen allein zeigen, daß die Verträge tatsächlich mit Leben erfüllt werden - zugunsten der Menschen auf beide Seiten!
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Wir finden es unbefriedigend - das ist wahr -, daß in diesem Jahr die Gelegenheit zu Besuchen aus der DDR nur begrenzt - nämlich von einer Million auf knapp anderthalb Millionen Menschen - erweitert werden konnte, und setzen uns deshalb für eine weitere Verbesserung der Reisebedingungen ein. Bei voller Würdigung der Probleme, die die DDR hier sehen mag, möchten wir sie doch ermutigen, den Umfang des für möglich Gehaltenen neu zu überdenken.
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Gute Nachbarschaft bedeutet eben auch, daß Menschen, die einander begegnen möchten, von keiner Seite daran gehindert werden.
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Uns schmerzt die Grenze, die mitten durch Deutschland geht und die Menschen trennt, an der immer wieder auf Menschen geschossen wird. Wir haben unsere Meinung darüber nie verschwiegen. Das Vorgehen der DDR an der Grenze durch Deutschland ist ohne Beispiel in Europa. Wir gefährden oder bedrohen die Sicherheit an dieser Grenze nicht. Die Verantwortung für den Schußwaffengebrauch liegt nur bei der DDR.
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Die Bundesregierung bekräftigt ihre Verpflichtung, mit den Drei Mächten die Lebensfähigkeit Berlins aufrechtzuerhalten und zu stärken. Unsere Verbündeten haben erneut vor einer Woche gemeinsam mit uns erklärt, daß Berlin voll in den Genuß
jeder Verbesserung in den Ost-West-Beziehungen kommen muß, insbesondere durch seine Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland, wie sie im Viermächteabkommen bekräftigt wurden.
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An Berlin wird besonders deutlich, daß es keine Alternative zur Entspannungspolitik geben kann. In Berlin erweist sich aber auch immer wieder, wo wir denn in der Entspannungspolitik stehen. Niemand kann diese Stadt im Zentrum Europas aus der Entspannungspolitik herauslösen. Was in Berlin geschieht, hat Folgen für die Beziehungen zwischen Ost und West.
Nun hat das Viermächteabkommen in den fünf Jahren seiner Gültigkeit zahlreiche Verbesserungen für Berlin und insbesondere für die Menschen gebracht. Es hat Unterschiede in den Auffassungen der vier Signatarmächte nicht aufheben können, gleichwohl aber eine Fülle praktischer und positiv wirkender Regelungen getroffen. Worauf es jetzt ankommt, ist, das Viermächteabkommen strikt einzuhalten und voll anzuwenden. Dies ist für uns maßgebend.
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Die vor uns liegenden Aufgaben können wir nur im Einvernehmen mit den Drei Mächten lösen. Das Viermächteabkommen kann jedoch nur funktionieren, wenn alle vier Partner mitwirken - alle vier!
Nun ein Wort zur Stadt selbst. Berlin ist die größte deutsche Industriestadt, eines der bedeutendsten Kulturzentren in unserem Lande. Im Mittelpunkt unserer Anstrengungen für Berlin muß in den nächsten Jahren die Wirtschaft im weitesten Sinne stehen. Unser Ziel wird es sein, die Unternehmen und die Wirtschaftsbetriebe in Berlin voll zu entfalten und dort zusätzliche produktive Arbeitsplätze zu schaffen. Wir wissen uns darin voll einig mit dem Senat von Berlin und mit dem Regierenden Bürgermeister. Sie wissen in Berlin, daß ich mich sehr persönlich darum bemühe, für die Schaffung zusätzlicher produktiver Arbeitsplätze in Berlin Impulse zu geben.
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Aber wir wissen auch, daß wir dabei angewiesen sind auf das innere solidarische Empfinden, auf die Einsicht und auf die Möglichkeiten von vielen Unternehmensleitungen hier im westlichen Teil des Landes.
Die neu eingeführte Förderungspräferenz im Forschungsbereich soll zur besseren Auslastung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten in Berlin beitragen. Im übrigen wird der Bund natürlich wie schon immer bisher seiner Mitverantwortung für die Finanzierung des Berliner Haushalts gerecht werden.
Die begonnenen und noch weiter vorgesehenen Verbesserungen der Verkehrswege in Berlin und nach Berlin gehören ebenso wie die langfristige Energieversorgung der Stadt zu den wichtigen Aufgaben, die wir zusammen mit dem Senat lösen werden.
Ich denke, ich darf mit der Zustimmung des ganzen Hauses sagen: Die Solidarität der Menschen in Deutschland mit den Berlinern hat sich im großen
wie im kleinen vielfältig bewährt, und wir sind sicher, daß dies so bleiben wird.
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Meine Damen und Herren, unsere Deutschlandpolitik ist frei von Illusionen. Wir werden durch zähe und geduldige Arbeit den Zusammenhalt der Menschen in Deutschland wahren. Dem dient die Politik, die wir gegenüber dem anderen deutschen Staat auf der Basis des Grundlagenvertrags verfolgen. Jeder weiß, daß es das Ziel unserer Politik ist, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.
Die DDR-Führung zielt auf lange Sicht auf eine Ablösung, auf eine Niederlage unserer politischen Ordnung. Wir wissen das, aber wir können diese Vorstellungen der SED ertragen. Umgekehrt wird die SED-Führung, wird die DDR-Führung ertragen müssen, daß wir an der einen Nation festhalten. Wir vertrauen auf die friedliche Entwicklung für Europa und damit für unser eigenes Volk.
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Wir sehen die DDR, wie sie ist. Die DDR muß uns auch sehen, wie wir sind und wie unser pluralistisches System ist, zu dem die offene Debatte, die öffentliche Debatte aller großen Fragen unserer Gesellschaft, unseres Volkes gehört, also auch die große öffentliche Debatte über die Lage der einen Nation.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist bereit, mit allen verantwortlichen politischen und gesellschaftlichen Kräften offen und sachlich zu sprechen. Den beiden Oppositionsparteien, die sich vor vier Tagen erneut zu einer Fraktion zusammengetan haben, möchte ich sagen: In besonders wichtigen Fragen werde ich den Oppositionsführer informieren - über alle notwendigen und unvermeidlichen Gegensätze hinweg. Ich stehe auch zur Verfügung, wenn der Oppositionsführer den Wunsch haben sollte, mit der Bundesregierung zu sprechen.
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Das Fundament gesamtstaatlicher Stabilität der Bundesrepublik Deutschland ist begründet in der gewachsenen Form eines kooperativen Föderalismus, einer wirtschaftlichen Ausgewogenheit und des sozialen Ausgleichs, der unserem Land den sozialen Frieden bringt.
Unser Grundgesetz will den Bundesstaat, und das ist gut. Zentralistische Staaten machen heute angesichts des in vielen Staaten der Welt aufbrechenden Regionalismus die Erfahrung, daß bundesstaatlicher Aufbau vernünftiger ist als zentralistischer Aufbau. Bei uns wird die Macht zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ausbalanciert. Es soll nicht eine der Staatsgewalten alle Verfügungsmacht in ihrer einen Hand haben; es soll aber auch nicht eine andere alle Verhinderungsmacht in ihrer einen Hand haben.
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Alle haben die Pflicht, die vom Grundgesetz gewollte Machtbalance in Rechnung zu stellen und sie vor institutionellem Mißbrauch, aber auch vor parteipolitischen Verwerfungen zu bewahren. - Lassen Sie mich in dem vorangegangenen Satz das Wort „Mißbrauch" durch das Wort „Verwerfung" ersetzen. - Der Bundesstaat ist auf Kooperation, nicht auf Konfrontation angelegt. Föderalismus ohne Kooperation endet im Partikularismus oder gar im Separatismus, jedenfalls im Verlust der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland.
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Der kooperative Föderalismus manifestiert sich nicht nur in der gesamtstaatlichen Verantwortung von Bund und Ländern, sondern ebenso in der überlieferten Selbstverwaltung der Gemeinden. Die Bedeutung der Städte und Gemeinden für das Gesamtwohl wird häufig unterschätzt. Das verdienstvolle Wirken der Gemeinden für den Fortschritt in den Lebensverhältnissen der Bürger sollten wir anerkennen. Die Bundesregierung hat für eine bessere Beteiligung der Vertretungen der Städte, Gemeinden und Kreise bei der Gesetzgebung gesorgt. Keine Gesetzgebungsinitiative wird heute in der Bundesregierung mehr behandelt, die nicht von der Stellungnahme der betroffenen kommunalen Spitzenorganisationen begleitet ist, welche von ihnen zu diesem Zweck abgegeben wurde. Wir fordern die Landesregierungen auf, sich diesem Beispiel der Bundesregierung bei der Berücksichtigung der Notwendigkeiten der Gemeinden anzuschließen.
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Wir können den Gemeinden zwar keine generelle Verbesserung ihrer Finanzausstattung zusagen, aber wir werden dafür sorgen, daß die bisherigen Programme der Bundesregierung zur Verbesserung der Lebensqualität der Gemeinden fortgeführt werden. Darüber hinaus bemüht sich die Bundesregierung in ihrer zukünftigen Gesetzgebungsarbeit, zu verhindern, daß den Städten, Kreisen und Gemeinden zusätzliche erhebliche finanzwirtschaftliche Belastungen ohne entsprechenden Ausgleich zugemutet werden. Die Bundesregierung weiß, daß es meist erst die Gemeinden sind, die durch ihr Handeln die Gesetze, die der Bundestag beschließt, für den Bürger wirksam machen.
Meine Damen und Herren, ich nenne noch einmal die Schwerpunkte. Für uns gilt:
Erstens. Wir wollen weiter den Frieden sichern - durch Fortsetzung unserer bisherigen Außenpolitik, durch Fortsetzung unserer bisherigen Politik der guten Nachbarschaft und der Partnerschaft.
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Zweitens. Wir wollen die Arbeitsplätze sichern und neue Arbeitsplätze schaffen - durch eine vorausschauende Wirtschaftspolitik.
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Drittens. Wir wollen den sozialen Frieden und unsere innere Sicherheit bewahren - durch sozialen Ausgleich und durch liberale Rechtsstaatlichkeit.
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Viertens. Wir wollen die soziale Sicherung gewährleisten - durch Festigung unseres sozialen Netzes.
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Fünftens. Wir wollen unser gutes Gesundheitswesen wirtschaftlicher machen - durch Sparsamkeit und strukturelle Reformen.
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Sechstens. Wir wollen unserer Jugend Türen öffnen und gute Chancen in Bildung und Beruf bieten.
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Siebtens. Wir wollen helfen, unsere Städte, Gemeinden und Landschaften lebenswert zu erhalten - durch eine Politik für eine menschliche Umwelt.
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Wir arbeiten für eine Gesellschaft, in der die Menschen einander mit Respekt und Verständnis begegnen können, eine Gesellschaft, in der Mitmenschlichkeit kein Fremdwort ist, in der Lebensangst und Isolierung der Zuversicht weichen, in der Menschen einander nicht nur tolerieren, sondern auch anerkennen und aufeinander zugehen.
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Wenn wir eine solche Gesellschaft wollen, dann brauchen wir mehr Solidarität und Liberalität in unserem Land - Liberalität, weil sie der Kern der Demokratie ist, und Solidarität, weil sie Gerechtigkeit erst möglich macht
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und weil nur durch Solidarität die soziale Sicherheit ermöglicht wird, aus der erst die erlebbare persönliche Freiheit von vielen, vielen Millionen Menschen fließen kann.
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Jeder weiß, daß sich Mitmenschlichkeit, Toleranz und Nächstenliebe nicht verordnen lassen. Unser Land braucht aber vielleicht mehr davon, im Umgang der Menschen miteinander, zwischen alt und jung, zwischen gegensätzlichen Gruppen, sogar zwischen gegensätzlichen politischen Gruppierungen, zwischen politischen Gegnern.
Meine Damen und Herren, außerdem brauchen wir Realitätssinn. Verzerrte Bilder der Wirklichkeit trüben den Blick. Angst wäre ein schlechter Ratgeber. Wir sollten vielmehr die Hoffnung an ihre Stelle setzen,
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und wir sollten den Mut haben, auf die Vernunft und auf den Sinn der Menschen für Gerechtigkeit zu setzen.
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Meine Damen und Herren, das Haus hat die von dem Herrn Bundeskanzler abgegebene Regierungserklärung gehört.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Freitag, den 17. Dezember, 9 Uhr ein.
Ich schließe die Sitzung.