Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/16/1977

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich dem Haus einige Mitteilungen machen. Für den am 14. Juni 1977 durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Wallmann hat der Abgeordnete Wissebach am 15. Juni 1977 die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben. Ich begrüße den Abgeordneten Wissebach herzlich in unserer Mitte und wünsche gute Zusammenarbeit. ({0}) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung erweitert werden um die zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes - Drucksachen 8/466, 8/580, 8/597. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Dann stelle ich fest, daß die Tagesordnung entsprechend ergänzt ist. Die Fraktion der SPD hat für den aus dem Vermittlungsausschuß ausgeschiedenen Abgeordneten Engholm den Abgeordneten Dr. Penner vorgeschlagen. Ist das Haus einverstanden? - Das ist der Fall. Damit ist der Abgeordnete Dr. Penner zum Stellvertreter des Abgeordneten Dr. Schäfer ({1}) im Vermittlungsausschuß bestimmt. Als Mitglieder des Verwaltungsrates der Lastenausgleichsbank hat die Fraktion der CDU/CSU den Abgeordneten Dr. Althammer und die Fraktion der SPD den Abgeordneten Scheu vorgeschlagen. Ist das Haus mit diesen Vorschlägen einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Damit sind die Abgeordneten Dr. Althammer und Scheu gemäß § 7 Abs. 4 des Gesetzes über die Lastenausgleichsbank als Mitglieder des Verwaltungsrates der Lastenausgleichsbank gewählt. Amtlidie Mitteilung ohne Verlesung Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 15. Juni 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Dollinger, Tillmann und der Fraktion der CDU/CSU betr. Aufsichtsrat der Deutschen Lufthansa ({2}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/600 verteilt. Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes, des Bundeskindergeldgesetzes, des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze ({3}) - Drucksache 8/292 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({4}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/582 - Berichterstatter: Abgeordneter Löffler b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({5}) - Drucksache 8/555 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schäuble Abgeordneter Kühbacher ({6}) Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? ({7}) - Bitte schön, Herr Abgeordneter Schäuble.

Dr. Wolfgang Schäuble (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001938, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem gemeinsam mit idem Kollegen Kühbacher vorgelegten Bericht auf der Drucksache 8/555 möchte ich einige Anmerkungen machen. Zunächst möchte ich den Damen und Herren vorn Sekretariat des Finanzausschusses und vom Ministerium für die wertvolle Hilfe danken, die sie uns bei der Erstellung des Berichts geleistet haben. Durch den über den Beratungen des Entwurfs eines Steueränderungsgesetzes 1977 liegenden Termindruck haben wir den Mitarbeitern gewiß einiges an Arbeit zugemutet. Dieser Termindruck war dadurch verursacht, daß der am 21. April in erster Lesung behandelte Gesetzentwurf bis zur Sommerpause verabschiedet sein muß, wenn die geplanten Steueränderungen zum 1. Januar 1978 in Kraft treten sol2338 len. Insbesondere eine Veränderung der Mehrwertsteuersätze erfordert für die betroffene Wirtschaft eine Anpassungsfrist von mindestens einem halben Jahr. Im übrigen werden Steuerverwaltung und Steuerpflichtige wie steuerliche Berater ohnedies einige Mühe haben, sich in verhältnismäßig kurzer Zeit auf eine Fülle von gesetzlichen Änderungen einzustellen. Meine Damen und Herren, zwei Ereignisse haben den Gang der Beratungen des Entwurfs eines Steueränderungsgesetzes im Finanzausschuß im wesentlichen geprägt. Das eine Ereignis war eine öffentliche Anhörung, die der Finanzausschuß am 4. Mai durchgeführt hat und in der eine große Zahl von durch das Gesetz betroffenen Verbänden Stellung genommen hat. Über den Inhalt der im Hearing abgegebenen Stellungnahmen haben wir im schriftlichen Bericht ausführlich berichtet. Die Einmütigkeit der Ablehnung des Gesetzentwurfs durch praktisch alle Verbände - wenngleich teilweise mit unterschiedlicher Begründung - hat ihren Eindruck auf die Beratungen im Finanzausschuß nicht verfehlt. Die Verbände haben ganz überwiegend eine Notwendigkeit, die öffentlichen Haushalte derzeit durch Steuererhöhungen zu konsolidieren, nicht anerkannt. Wenngleich - was kaum überraschen kann - die im Entwurf in den Art. 2 ff. vorgesehenen steuerlichen Entlastungen teilweise von den Verbänden begrüßt worden sind, hat die Mehrzahl der Verbände klar zum Ausdruck gebracht, daß diese Entlastungen den Preis einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht rechtfertigen bzw., daß auf die Entlastungen notfalls verzichtet werde, wenn die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht anders zu verhindern sei. Das andere Ereignis, das unsere Beratungen wesentlich beeinflußt hat, war die Vorlage der Schätzergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschätzungen" am 25. Mai. Die CDU/CSU-Fraktion hatte im Finanzausschuß zu Beginn der Beratungen des Steueränderungsgesetzes beantragt, daß eine gegenüber der letzten Schätzung vom Dezember 1976 aktualisierte Steuerschätzung vor Abschluß der Beratungen vorgelegt werde. Diese aktualisierten Schätzungen sind dem Ausschuß am 25. Mai vorgelegt worden. Ihr Ergebnis ist, daß die gesamten Steuereinnahmen für das Jahr 1977 gegenüber der Schätzung vom Dezember 1976 um 4,4 Milliarden DM höher geschätzt wurden. Das Ergebnis dieser neuen Steuerschätzung war um so eindrucksvoller, als die gesamtwirtschaftlichen Annahmen, die der Steuerschätzung jeweils zugrunde gelegt wurden, sich im Mai 1977 ungünstiger darstellten als bei der Steuerschätzung im Dezember 1976. Die Vertreter der Koalitionsfraktionen haben diese neuen, wesentlich höheren Steuerschätzungen im Finanzausschuß zum Anlaß genommen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer in Art. 1 des Gesetzentwurfs von den geplanten 13 % auf nunmehr 12 % bzw. beim halbierten Steuersatz von 6,5 % auf 6 % abzumildern. Damit hat sich auch die Begründung derer, die für den Gesetzentwurf plädiert haben, wesentlich verändert. Während der Entwurf bei seiner Vorlage wesentlich auch mit der Notwendigkeit eines Abbaus der Haushaltsdefizite begründet worden war, wurde der Entwurf nach der Vorlage der neuen Steuerschätzungen und nach der in Art. 1 vorgenommenen Verringerung der Mehrwertsteuererhöhung mit der Notwendigkeit einer gewissen Umschichtung der Steuerbelastung vor allem bei den ertragsunabhängigen Steuern zur konjunkturpolitischen Belebung und insbesondere beim Kindergeld mit dem Zwang zum sozialen Ausgleich begründet. Die Vertreter der CDU/CSU haben sich demgegenüber durch die neuen Steuerschätzungen in ihrer Argumentation gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer überhaupt bestärkt gefunden. Die CDU/CSU hat die Ablehnung einer Erhöhung der Mehrwertsteuer im Finanzausschuß im wesentlichen mit folgenden Argumenten begründet. Erstens. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer bedeute unmittelbar eine weitere spürbare Preiserhöhung. Sie verstärke damit erneut in einer insgesamt ungewissen stabilitätspolitischen Lage inflatorische Tendenzen und stehe im Widerspruch zu allen Stabilitätsbemühungen. Mittelbar würde über eine Erhöhung der Preise auch eine weitere Lohnerhöhung induziert, die als weitere Kostenbelastung für die Wirtschaft die Bemühungen um einen Abbau der Arbeitslosigkeit erschwerden würde. Außerdem würde sich über die Erhöhung von Preisen und Löhnen durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer auch eine starke Mehrbelastung für die öffentlichen Haushalte in der Größenordnung von etwa 3 Milliarden DM ergeben. Zweitens. In der gegenwärtigen schwierigen konjunkturpolitischen Lage sei nach Auffassung der Opposition jede Erhöhung der Steuerbelastung falsch. Nur über einen allmählichen Abbau der gesamten Steuerbelastung sei die dauerhafte wirtschaftliche Belebung zu erreichen, die entscheidende Voraussetzung für einen erfolgreichen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sei. Die CDU/CSU hat im Finanzausschuß die Auffassung vertreten, daß die Wirtschaft ein deutlich sichtbares Signal dafür brauche, daß der Marsch in den Steuer- und Abgabestaat nicht weiter fortgesetzt werde, weil nur durch ein solches Signal die psychologische Basis für eine größere Investitionsbereitschaft zurückgewonnen werden könne. Der große Vertrauensverlust in allen wirtschaftlichen Bereichen sei eine entscheidende Ursache für die derzeitigen konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen Probleme, und dieser Vertrauensverlust hänge nach Auffassung der Opposition entscheidend mit der Überforderung der Wirtschaft durch Steuern und Abgaben zusammen. Drittens. Die Opposition hat im Finanzausschuß auch darauf hingewiesen, daß nach ihrer Auffassung eine Erhöhung der Mehrwertsteuer die notwendige wirtschaftliche Belebung auch von der Seite der privaten Nachfrage her erschwere, weil über die preistreibende Wirkung der Erhöhung der Mehrwertsteuer die private Nachfrage beschnitten werde. Viertens. Die Opposition hat im Finanzausschuß ferner die Auffassung vorgetragen, daß die im Steueränderungsgesetz vorgesehenen steuerDr. Schäuble lichen. Entlastungen und Verbesserungen beim Kindergeld im wesentlichen nur eine nicht einmal zureichende - Korrektur der durch das Zusammenwirken von Inflation und Steuerprogression verursachten heimlichen Steuererhöhungen darstellten. Solche heimlichen Steuererhöhungen müßten aber nach Auffassung der Opposition aus dem Mehrertrag dieser heimlichen Steuererhöhungen selbst korrigiert werden. Eine Korrektur heimlicher Steuererhöhungen über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei nicht möglich, sondern führe im Gegenteil zu einer weiteren Erhöhung der Gesamtsteuerbelastung. Wenn beispielsweise im Jahre 1977 die Steuereinnahmen, gemessen am Wachstum des Bruttosozialprodukts, überproportional in der Größenordnung von ca. 7,3 Milliarden DM wachsen würden, müßten notwendige steuerliche Entlastungsmaßnahmen und Verbesserungen beim Kindergeld aus eben diesem überproportionalen Wachstum der Steuereinnahmen finanziert werden, wenn nicht die Steuerlastquote weiterhin unaufhaltsam steigen solle. Fünftens. Die Opposition hat im Finanzausschuß vorgetragen, daß eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zum Ausgleich des bei einer grundlegenden Strukturreform unseres steuerlichen Belastungssystems entstehenden Steuerausfalls grundsätzlich nicht auszuschließen sei. Insbesondere im Zuge einer wirklichen Steuerharmonisierung innerhalb der Europäischen Gemeinschaften seien derartige Überlegungen unausweichlich. Der vorgelegte Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1977 beinhalte aber nach Auffassung der Opposition keinerlei grundlegende Strukturreform unseres Steuersystems, sondern nehme lediglich einige kleinere Reparaturen von Fehlentwicklungen in der Folge des Steueränderungsgesetzes 1975 und in der Folge der heimlichen Steuererhöhungen vor. Eine grundlegende Strukturreform des steuerlichen Belastungssystems benötige nach Auffassung der Opposition einen längeren Atem und günstigere gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen als die derzeit gegebenen. Der Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1977 bedeute nicht einmal einen kleinen Schritt in Richtung auf eine wirkliche Steuerharmonisierung innerhalb -der Europäischen Gemeinschaften. Gerade um die Möglichkeit einer solchen Strukturreform und einer Harmonisierung innerhalb der Europäischen Gemeinschaften offenzuhalten, müsse aber nach Auffassung der Opposition das Instrument einer Erhöhung der Mehrwertsteuer jetzt aufgespart bleiben. Wenn zur Korrektur heimlicher Steuererhöhungen bereits die Mehrwertsteuer erhöht werde, dann werde die Manövriermasse für eine wirkliche Strukturreform und Steuerharmonisierung bereits vorher aufgebraucht. Die Opposition verwies dabei auch auf das Beispiel der Erhöhung der Mineralölsteuer im Jahre 1973, durch die die notwendige Finanzmasse für eine grundlegende Reform des Kraftfahrzeugsteuersystems gegen den Widerstand der Opposition verbraucht und damit die Chance einer solchen Reform der Kraftfahrzeugsteuer mit der Wirkung einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung und Einsparung auf absehbare Zeit vertan worden seien. Sechstens. Die Opposition hat schließlich im Finanzausschuß vorgetragen, daß der Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1977 zu völlig untragbaren Verschiebungen im Steueraufkommen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden führen werde. Während der Bund bei Verwirklichung des Gesetzentwurfs im Saldo durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer und die steuerlichen Entlastungen bzw. die Verbesserungen des Kindergeldes immer noch ein positives Ergebnis erziele, würden sowohl die Länder als auch insbesondere die Gemeinden im Ergebnis Mindereinnahmen erzielen, die durch die preis- und lohntreibende Wirkung einer Erhöhung der Mehrwertsteuer für die Haushalte von Ländern und Gemeinden noch verstärkt würden. Insbesondere die Haushalte der Kommunen dürften aber gerade aus konjunkturpolitischen Gründen nicht weiter belastet werden, weil der Anteil der investiven Ausgaben gerade im Bereich der Gemeinden und Gemeindeverbände besonders stark zurückgegangen sei und weil gerade die Investitionsausgaben von kommunaler Seite am ehesten eine konjunkturpolitische Belebung auf breiter Ebene bewirken könnten. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer in Art. 1 des Gesetzentwurfs wurde demgemäß im Finanzausschuß gegen die Stimmen der CDU/CSU beschlossen. Bei der Einzelabstimmung über die weiteren Artikel des Steueränderungsgesetzes wurde Einstimmigkeit erzielt, mit zwei Ausnahmen: Erstens. Der Absenkung der Vermögensteuersätze in Art. 6 des Entwurfs wurde von einzelnen Abgeordneten der SPD-Fraktion nicht zugestimmt. Zweitens. Die CDU/CSU hat dem Ausschluß des sogenannten Vorwegabzugs bei den Sonderausgabenhöchstbeträgen, insbesondere für Beamte, in Art. 3 Ziff. 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb nicht zugestimmt, weil sie darin eine Steuererhöhung für die betroffenen Personenkreise gesehen und weil sie im übrigen die Auffassung vertreten hat, daß diese Fragen nur im Rahmen einer Gesamtüberprüfung der steuerlichen Behandlung von Vorsorgeleistungen und Versorgungsbezügen in Angriff genommen werden können. Die CDU/CSU hat im Finanzausschuß vorgetragen, daß ihre grundsätzliche Zustimmung zum Entlastungsteil des Steueränderungsgesetzes nicht bedeute, daß der Gesetzentwurf insoweit ihren eigenen Vorstellungen voll Rechnung trage. Ihre Zustimmung im Finanzausschuß bringe lediglich zum Ausdruck, .daß sie im Interesse ihrer grundsätzlichen Zielrichtung eines allmählichen Abbaus der Gesamtsteuerbelastung diesen Maßnahmen zustimmen wolle. Die Opposition hat im Finanzausschuß ferner er- klärt, daß sie auf die Stellung eigener Anträge zum Entlastungsteil des Steueränderungsgesetzes verzichte, weil sie von ihr für notwendig gehaltene steuerliche Maßnahmen nicht mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, wie der Gesetzentwurf sie vorsieht, verbinden wolle. Ihr Ziel, so hat die CDU/CSU im Finanzausschuß vorgetragen, sei, eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu verhindern und deshalb den Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1977 zur Ablehnung zu bringen. Notwendige steuerliche Entlastungsmaßnahmen müßten in einer eigenen Entlastungsinitiative in Angriff genommen werden. Meine Damen und Herren, ich möchte schließlich darauf hinweisen, daß sich schon in den Regierungsentwurf auf der Drucksache 8/292 eine offenbare Unrichtigkeit eingeschlichen hat, die auch vom Finanzausschuß versehentlich nicht verändert worden ist. Durch die Ihnen vorliegende Formulierung in Art. 1 Nr. 3 Buchst. a würde die Regelung nicht getroffen, daß die neuen Steuersätze gegebenenfalls auch bei der Einfuhrumsatzsteuer erst ab 1. Januar 1978 gelten sollen. Herr Präsident, ich möchte deshalb zu Protokoll geben, daß in Art. 1 § 1 Nr. 3 Buchst. a die Worte „im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2" als offenbare Unrichtigkeit gestrichen werden. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, Sie haben die Ausführung des Berichterstatters Dr. Schäuble gehört. Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Kühbacher als Berichterstatter.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf als Mitberichterstatter ebenso wie Herr Dr. Schäuble dem Finanzsekretariat meinen Dank für die geleistete Arbeit aussprechen. Dort ist angesichts der schwierigen Beratungen eine enorme Arbeit für dieses Parlament geleistet worden. ({0}) Nun einige Ergänzungen zu den Ausführungen von Herrn Dr. Schäuble. Meine Damen und Herren, wir haben es hier mit einem Gesetz zu tun, einem Steueränderungsänderungsgesetz 1977, das in zwei wesentliche Teile zerfällt: in einen Teil der Entlastung, die sich im wesentlichen auf die Haushalte der Bürger bezieht, und in einen notwendigen Belastungsteil, um diesen Entlastungsteil im Haushaltsbereich insgesamt finanzierbar zu machen. Ich darf midi auf die Schlußabstimmung im Ausschuß beziehen und hier zu den einzelnen Artikeln einige Ausführungen machen. Zum Art. 1, zu dem Herr Dr. Schäuble soeben einige Ausführungen gemacht und die Position der Minderheit im Ausschuß verdeutlicht hat, komme ich zum Schluß meiner Ausführungen. Ich darf mit Art. 2 beginnen. Art. 2, der, volkstümlich gesprochen, die Kindergelderhöhung regelt, sieht vor, daß ab 1. Januar 1978 ein Haushalt mit zwei Kinder 10 DM und ein Hauhalt mit drei Kindern 40 DM zusätzlich erhält. Dies ist eine enorme Anstrengung. Die Erhöhung wird den Bundeshaushalt mit 1,77 Milliarden DM belasten. Art. 3 bezieht sich im wesentlichen auf die Entlastungen im Einkommen- bzw. Lohnsteuerbereich. Durch ihn wird die monatlich zu zahlende Lohnsteuer nicht unerheblich ermäßigt. Audi diesen Artikel hat der Ausschuß im wesentlichen einstimmig beschlossen, bis auf ein Detail, auf das ich in den nachfolgenden Worten noch eingehen werde. Einig waren wir uns im Ausschuß darüber, daß die Sonderausgabenhöchstbeträge ab 1978 erhöht werden sollten, und zwar im wesentlichen zum Ausgleich der zu erwartenden Kostensteigerungen im Sozialversicherungsbereich. Für Alleinverdiener wird diese Erhöhung auf 300 DM beziffert. Das bedeutete daß ein Alleinverdiener ab 1978 eine Steuerminderbelastung von jährlich zwischen 99 und 230 DM auf sich zukommen sieht. Bei einem Ehepaar verdoppelt sich der Betrag. Man kann davon ausgehen, daß bei einer Familie jährlich 180 bis 480 DM weniger zu zahlen sein werden. Die Familie zahlt also durch die Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge mindestens 15 DM monatlich weniger. Zur Vereinfachung des Steuerverfahrens ist in Art. 3 weiter vorgesehen, daß die Vorsorgepauschale von derzeit 16 auf 18 % erhöht wird. Künftig wird also in der Lohnsteuertabelle unterstellt, daß ein Steuerpflichtiger mindestens 360 DM für die Sozialversicherung aufzubringen hat. Davon geht der Gesetzgeber aus. Entsprechend vermindert sich der Einkommensanteil, der der progressiven Besteuerung unterliegt. Da der erhöhte Betrag bereits in die Steuertabelle eingearbeitet ist, . kann er natürlich beim Lohnsteuerjahresausgleich nicht mehr berücksichtigt werden. Allerdings darf ich noch darauf hinweisen, daß diese Erhöhung um zwei Prozentpunkte auch für solche Arbeitnehmer Gültigkeit erlangt, die nicht sozialversicherungspflichtig sind. Wir haben im Ausschuß mit Mehrheit - sicherlich nicht völlig befriedigend - die außergewöhnliche Belastung durch den Unterhalt für ein Kind aus einer geschiedenen Ehe, bei getrennt lebenden Ehegatten oder für ein nichteheliches Kind auf 600 DM jährlich angesetzt. Die Probleme der Belastung durch den Unterhalt für nichteheliche Kinder oder Kinder aus geschiedenen Ehen oder bei getrennt lebenden Ehegatten haben den Ausschuß besonders intensiv beschäftigt. Zwar hat niemand im Ausschuß - das kann ich wohl feststellen - die Verfassungsmäßigkeit des jetzigen Steuerrechts bestritten, ich darf aber erwähnen, daß es im Ausschuß doch Sympathie gab für den Wahlvorschlag eines Realsplittings oder für die Übertragung der Kinderadditive bei gegenseitiger Verständigung der Ehepartner. Aus diesen vom Ausschuß ins Auge gefaßten möglichen Regelungen würden sich jedoch erhebliche verwaltungsmäßige Schwierigkeiten, aber auch nicht unerhebliche finanzielle Konsequenzen ergeben. Deshalb konnte der Ausschuß keine andere als die vorgesehene Regelung treffen. Ich darf in diesem Zusammenhang erwähnen, daß Art. 3 auch die Steuerfreiheit für die Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorsieht. Auch dies ist im Ausschuß einstimmig beschlossen worden. Ein Detail in Art. 3, nämlich die Behandlung des sogenannten Beamtenprivilegs, wurde im Ausschuß streitig entschieden. Die Mehrheit im Ausschuß war der Meinung, daß die Möglichkeit des Vorwegabzuges mit der Folge der Geltendmachung von zusätzlichen Sonderausgaben über den normalen Höchstbetrag hinaus eine Steuernische für eine besondere Berufsgruppe darstellt, die es künftig nicht- mehr geben sollte. Bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern wird dem Vorwegabzugsbetrag von rund 3 000 DM der ArbeitgeberKühbacher anteil zur Sozialversicherung gegenübergestellt. Das aber trifft auf Beamte nicht zu. Die Mehrheit im Ausschuß war der Auffassung, diese Begünstigung entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers. Daher war diese Korrektur im Steueränderungsgesetz 1977 notwendig. Im übrigen war die Ausschußmehrheit der Meinung, daß diese Korrektur nur dann zu Belastungen führt, wenn die Sonderausgabenhöchstbeträge für Vorsorgemaßnahmen, Lebensversicherung und anderes, bereits voll ausgeschöpft sind. Das aber trifft nach Auffassung der Ausschußmehrheit sicherlich nicht bei allen Beamten zu. Zusammenfassend: Art. 3 sieht eine spürbare Steuerentlastung ab 1. 1. 1978 für alle Arbeitnehmer vor. Dies drückt sich darin aus, daß dieser Teil Mindereinnahmen von rund 2,7 Milliarden DM für die öffentlichen Haushalte erbringt. Zu Art. 4 - Körperschaftsteuergesetz - darf ich kurz erwähnen, daß die eigentlich mehr formale Abstimmung im Ausschuß einstimmig verlaufen ist. Hier ist eine Steuerbefreiung für die Einlagensicherung der Kreditinstitute und der gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen vorgesehen. Dies war bisher Verwaltungsübung; es ist nunmehr im Gesetz verankert worden. Der Art. 5 behandelt die steuerlichen Erleichterungen für kleine und mittlere Gewerbebetriebe. Während die bisher bezeichneten Artikel im wesentlichen auf den privaten Bereich abstellten, enthält hier das Steueränderungsgesetz 1977 steuerliche Erleichterungen für kleine und mittlere Gewerbebetriebe. Der Ausschuß war einmütig von der Richtigkeit dieser Regelung überzeugt und hoffte, daß sich daraus eine vermehrte Investitionstätigkeit und eine Stabilisierung kleiner und mittlerer Unternehmen ergeben werde. Deshalb war es nicht verwunderlich, daß die einzelnen Passagen einstimmig gefaßt worden sind. In der Lohnsummensteuer sind die Freibeträge von 9 000 auf 60 000 DM erhöht worden. Das heißt im Klartext, daß künftig kleinere Handwerksbetriebe keine Lohnsummensteuer mehr zu zahlen haben. Bei der Gewerbekapitalsteuer wird statt der bisherigen Freigrenze von 6 000 DM künftig ein Freibetrag von 60 000 DM gelten. Bei der Gewerbeertragsteuer wird der Freibetrag auf 24 000 DM erhöht. Etwa die Hälfte aller bisher Gewerbesteuerpflichtigen wird damit von der Gewerbesteuer befreit; sie haben künftig, soweit Gewerbesteuer noch erhoben wird, nur die Gewerbemindeststeuer zu zahlen. Dieser Entlastungsteil des Steueränderungsgesetzes macht bei den öffentlichen Haushalten Mindereinnahmen von 820 Millionen DM aus. ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit für den Redner bitten.

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Vermögensteuersenkung nach Art. 6 wurde im Ausschuß einmütig von der Hoffnung begleitet, daß sich daraus eine Verbesserung des wirtschaftspolitischen Klimas ergeben möge und daß sich dies in einer steigenden Investitionslust der Unternehmungen ausdrücken werde. Die Kosten des Gesetzes machen insoweit 1,5 Milliarden DM aus. Der Art. 6 a, der in den Beratungen nachgeschoben wurde, sieht einen Verzicht auf die Kapitalverkehrsteuer bei Rechtsvorgängen im Bereich der öffentlichen Hand vor. Bisher bestand diese Praxis bei einem hundertprozentigen Eigentum der öffentlichen Hand an Versorgungs- und Verkehrsbetrieben. Diese Praxis wird nunmehr dahin ausgedehnt, daß sie auch bei Streubesitz an Aktien gilt, so daß künftig bei Rechtsvorgängen wie Verlustausgleich oder Kapitalaufstockung eine Kapitalverkehrsteuer nicht mehr erhoben wird. Der Ausschuß hat dies einstimmig beschlossen und damit einem schon länger vorgetragenen Wunsch der Gemeinden Rechnung getragen. Die Art. 7, 8 und 9 sehen vor, daß das Spar-Prämiengesetz, das Wohnungsbau-Prämiengesetz und das Dritte Vermögensbildungsgesetz im Detail geändert werden, um der gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation Rechnung zu tragen. Übereinstimmend gewährt dabei die öffentliche Hand einen Verzicht auf Rückzahlungen von Prämien, wenn wegen der Arbeitsmarktsituation die Vertragssumme vorzeitig in Anspruch genommen wird. Auch hierin bestand im Ausschuß Einmütigkeit. Zusammenfassend darf ich sagen, daß bei 13 Artikeln dieses Gesetzes Einmütigkeit vorhanden war. Unterschiedliche Auffassungen ergaben sich nur bei zwei Artikeln, insbesondere aber bei Art. 1, wozu ich nun kommen werde. Der Ausschuß hat bei Art. 1 in intensiver Diskussion zwei Problemkreise diskutiert, einmal, ob die geplante Mehrwertsteuererhöhung den Zielsetzungen der allgemeinen Wirtschaftspolitik Rechnung tragen kann, zweitens, ob dadurch die öffentlichen Haushalte nach der in den vergangenen Jahren notwendig gewesenen Kreditaufnahme tatsächlich konsolidiert werden können. Es stellten sich im Ausschuß folgende Alternativen: Erhöhung um 2 %, Erhöhung um 1 % oder keinerlei Erhöhung der Mehrwertsteuer. Zu der Alternative, die Mehrwertsteuer überhaupt nicht zu erhöhen, hat mein Kollege Dr. Schäuble die Meinung der Minderheit ausführlich vorgetragen. Die Ausschußmehrheit war sich bei ihrer Entscheidung durchaus der möglichen Zielkonflikte bewußt, nämlich die aktuelle Wirtschaftspolitik und deren Zielsetzungen zu stören und gleichzeitig eine langfristige Haushaltskonsolidierung zu erreichen. Diese Zielkonflikte sind ja auch in der Öffentlichkeit ausführlich diskutiert worden. Um es zu verkürzen: Der Ausschuß hatte sich darüber Rechenschaft zu geben, ob er durch die Fassung des Art. 1 dem Parlament eine Maßnahme vorschlagen sollte, deren einer Teil zwar die Wirtschaftspolitik voll berücksichtigt, damit aber das andere Ziel, nämlich die mittel- und langfristige Haushaltskonsolidierung gefährden und damit die Gesamtbalance des staatlichen Handelns in Gefahr bringen könnte. Die Koalitionsmehrheit hat bei ihrer Entscheidung folgendes im Auge gehabt. Das Tempo der gewünschten Haushaltssanierung sollte mit den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen abgestimmt werden. Die gesamtwirtschaftlichen Zielvorstellungen, nämlich die Beschränkung der Arbeitslosenquote, ein reales Wirtschaftswachstum von 41/2 %, eine Preissteigerungsrate unter 4 % sind nur dann zu verwirklichen, wenn einerseits die Investitionen im Unternehmenssektor ansteigen und sich andererseits die private Nachfrage stärker belebt. Dieser Kurs muß sowohl im binnen- als auch im weltwirtschaftlichen Interesse abgesichert werden. Der Herr Bundeskanzler hat diese Ziele der Bundesregierung auf dem Londoner Wirtschaftsgipfel noch einmal ausdrücklich bekräftigt.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Herren, ich bitte auch auf der Regierungsbank um Ruhe. ({0})

Klaus Dieter Kühbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001240, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Der Herr Bundeskanzler - dies ist auch in den Diskussionen im Ausschuß deutlich geworden - hat deutlich gemacht, daß die Bundesrepublik dafür Sorge zu tragen hat, Risiken bei der gesamtwirtschaftlichen Erholung auszuschalten. In diesem Zusammenhang war das Risiko Nr. 1 - dies hat Herr Dr. Schäuble auch für die Minderheitsmeinung deutlich gemacht -, daß die private Nachfrage durch das Steueränderungsgesetz 1977 reduziert werden könne. Was die Belebung der Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen in der Bundesrepublik anlangt, so war sich der Ausschuß über folgende Situation im klaren. Die erwarteten nachhaltigen Impulse aus den ausgelaufenen Sparverträgen sind ausgefallen. Die Sparquote ist mit fast 15 % unverändert hoch. Schließlich wird die Investitionsneigung im Inland durch den Nachfragemangel nicht unbedingt positiv beeinflußt. Das heißt: der Kreis schließt sich. Das Risiko wurde erkannt. Die Ausschußmehrheit war der Auffassung, daß die ursprünglich vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer von 2 °/o nunmehr nur noch in Höhe von 1 % zu vertreten sei. Damit werden durch Art. 1 noch immer über 5 Milliarden DM Nachfragemöglichkeiten, die ursprünglich abgeschöpft werden sollten, neu frei und beleben den wirtschaftspolitischen Kurs dieser Bundesregierung. Diese Kurskorrektur im Ausschuß wurde bei der Betrachtung des zweiten Problemkreises, nämlich der Haushaltskonsolidierung, durch drei Faktoren erleichtert. Behutsame und langsame Schritte zur Haushaltskonsolidierung schienen dennoch möglich. zu sein. 1. Der Ausschuß war sich darüber im klaren, daß der Minderbedarf auf der Ausgabenseite der öffentlichen Haushalte durch das Haushaltsstrukturgesetz nunmehr zu greifen beginnt. 2. Auf der Ausgabeseite der öffentlichen Haushalte macht sich die anhaltende Niedrigzinsperiode bemerkbar und verlangsamt den Ausgabenbedarf. 3. Der Arbeitskreis Steuerschätzungen hat - Herr Dr. Schäuble hat dies bereits erwähnt - allein für 1977 eine Erhöhung der Steuereinnahmen zwischen 3,7 und 4,4 Milliarden DM erwartet. Hierbei ist das vor wenigen Wochen beschlossene Steueränderungsgesetz hinsichtlich des § 7 b des Einkommensteuergesetzes bereits berücksichtigt. Wir können also für die Ausschußmehrheit feststellen, daß sich die öffentlichen Haushalte langsam aber stetig bis 1980 erholen werden. Diese Erholungsphase sollte andererseits aber nicht abrupt durch staatliche Eingriffe auf der Einnahmeseite gestört werden. Dieses bedeutete für die Ausschußmehrheit, daß ein Steuerpaket, das lediglich Steuerentlastungen enthält, wie es die Minderheit vorgeschlagen hat, nicht durchführbar ist. Dies ist auch durch Gespräche mit der Deutschen Bundesbank bestätigt worden. Durch eine 1°/oige Steueranhebung bei gleichzeitigen Entlastungen aber wird der Wirtschaftsaufschwung nicht gebremst. Dies war die Auffassung der Mehrheit im Ausschuß nach reiflicher Überlegung auch in den Fraktionen. Ich darf also feststellen, daß dieses Steueränderungsgesetz 1977 weitgehend aufkommensneutral ist, wenn man das Verhältnis der Steuergläubiger insgesamt zu den Steuerpflichtigen, den Steuerschuldnern, betrachtet. 5,2 Milliarden DM Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer stehen 3,32 Milliarden DM Mindereinnahmen aus der Einkommen-, Gewerbe- und Vermögensteuer gegenüber. Hinzu kommen 1,7 Milliarden DM für höhere Kindergeldzahlungen, so daß unter dem Strich aus dem Steueränderungsgesetz 100 Millionen DM für die öffentlichen Haushalte übrigbleiben. Ich will auch nicht verhehlen, daß sich der Ausschuß über die Lastenverteilung dieses Umsatzsteuergesetzes durchaus seine kritischen Überlegungen gemacht, allerdings eine andere Möglichkeit wegen des Zusammenhangs zwischen dem ersten Steuerentlastungspaket - hier § 7 b des Einkommensteuergesetzes - und der anstehenden Umsatzsteuerneuverteilung nicht gesehen hat. Die Lastenverteilung sieht so aus, daß den Gemeinden über die Umsatzsteuererhöhung 318 Millionen DM mehr im Wege des Finanzausgleichs zufließen werden, während sie auf der anderen Seite auf rund 800 Millionen DM Steuermehreinnahmen zu verzichten haben. Die Gemeinden haben also allein aus dem Steueränderungsgesetz 1977 Steuermindereinnahmen von etwa 490 Millionen DM zu verzeichnen. Bei den Ländern sieht die Rechnung ähnlich aus: 1,38 Milliarden DM Mehrwertsteuerhöhung stehen 1,8 Milliarden DM Steuersenkungen gegenüber. Unter dem Strich sind das rund 500 Millionen DM Mindereinnahmen. Der Bund hat eine positive Bilanz: 3,5 Milliarden DM Mehrwertsteuererhöhung stehen 681 Millionen DM Steuersenkungen und 1,7 Milliarden DM Kindergeldmehrbelastungen gegenüber. Das macht beim Bund rund 1 Milliarde DM für die Konsolidierung seines Haushalts aus. Zusammenfassend darf ich für die Mehrheit des Ausschusses vortragen, daß durch die Umsatzsteuererhöhung auf Grund des Art. 1 den Privathaushalten, bezogen auf einen Vier-Personen-Haushalt, unKühbacher tragbare Lasten nicht auferlegt werden. Diese Erhöhung wird sich nach den Berechnungen mit etwa 25 DM auswirken. Dem gleichen Vier-Personen- Haushalt wird durch die Verbesserung im Bereich der Sonderausgaben von 15 DM und durch die Erhöhung des Kindergeldes um 10 DM eine Entlastung in etwa gleicher Höhe erteilt. Bei einem Drei-KinderHaushalt wird diese Entlastung sogar noch erheblich spürbarer. Wir glauben, daß die Nachfragebelebung im Inland dadurch insgesamt nicht gestört wird. Ich bitte dieses Parlament namens der Ausschußmehrheit um Annahme des Steueränderungsgesetz-entwurfs 1977. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, das Haus hat die Berichte der beiden Berichterstatter gehört. Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Spilker.

Dr. h. c. Karl Heinz Spilker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002200, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab einmal einen Bundeskanzler - deft gibt es auch heute noch -, der nach einer dpa-Meldung 1974 vor der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nachdrücklich ablehnte und meinte, das sei ein Betrug am kleinen Mann. ({0}) Sein damals noch junger Minister und Nachfolger im Bundesfinanzministerium, Herr Apel, beeilte sich, kurze Zeit später in seiner Heimat - ich glaube, es war in Hamburg-Wandsbeck - festzustellen: Für Sozialdemokraten wäre die - die Mehrwertsteuererhöhung ein schlechter Witz, und schlechte Witze machen wir nicht. Apel sagte weiter: Wir denken nicht daran, den Bürgern mit der einen Hand zu geben und mit der anderen Hand zu nehmen. Herr Minister, denken Sie auch heute noch so? Ihre weiteren Worte damals in Hamburg lauteten nämlich: Das wäre nicht nur unsozial, das wäre unseriös. Der Minister erklärte dann im Oktober im ZDF: Steuererhöhungen kommen für uns nicht in Frage. Wir würden also, falls die neue Steuerschätzung uns weniger für 1975 verspricht, die Nettokreditaufnahme des Bundes erhöhen müssen. Davon haben Sie dann ja auch zur Genüge Gebrauch gemacht. Stolz und mannhaft gab es dann im November des gleichen Jahres vor Steuerberatern in Köln die klare Feststellung des Ministers: Eine Erhöhung der Umsatzsteuer gehört nicht zum steuerpolitischen Katalog der Bundesregierung. Ich muß hier den Herrn Bundesfinanzminister fragen, ob zu dieser Zeit, zur Jahreswende 1974/75, die Erhöhung der Mehrwertsteuer wenigstens in seinem Hause nicht bereits eine beschlossene Sache war. Denn gar nicht lange danach begann eine wohlvorbereitete Diskussion um die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 11 auf 13 % und riß bis zu dieser Stunde nicht mehr ab. Ursprünglich ging es dabei um Pläne der Bundesregierung, die Mehrwertsteuer bereits zum 1. Januar 1977 zu erhöhen, um mit dem Steueraufkommen aus dieser Erhöhung ein gewaltiges Loch in der Bundeskasse zwar nicht zu beseitigen, aber wenigstens zu verkleinern. Dieses Vorhaben scheiterte an dem eisernen Nein der Unionsparteien, die es verhindern konnten, daß die. geplante Mehrwertsteuer bereits zum 1. Januar 1977 Wirklichkeit wurde. Zu diesem Zeitpunkt wäre sie natürlich auch ein „Betrug am kleinen Mann" gewesen, wie sich Bundeskanzler Schmidt zweieinhalb Jahre vorher, wie erwähnt, in Bonn vor der SPD-Fraktion ausgedrückt hatte. Bundesfinanzminister Apel, der mit der Zustimmung der Opposition und der Länder im Bundesrat gerechnet hatte, legte dann einen neuen Plan zur Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Punkte vor und glaubte, diese dadurch schmackhaft machen zu können, daß er gleichzeitig gewisse Steuerentlastungen anbot. Er begann bereits Wetten abzuschließen, daß er für ein solches Steuerpaket der Zustimmung der Unionsparteien sicher sei. In seiner sehr zurückhaltenden Art meinte er, daß diese schließlich gar nicht anders könnten. Er täuschte sich wiederum wie oft bei seinen Planungen und Wunschzahlen, die er zur Unterstützung seiner politischen Forderungen bekanntgibt oder bekanntgeben läßt. Statt nun seine Wetten zu bezahlen und einzusehen, daß er mit seiner Steuererhöhungspolitik auf dem falschen Wege war - ich bin übrigens kein Gläubiger -, blieb er bei seiner Forderung nach Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 13 %, und so kam nach einem entsprechenden Beschluß des Kabinetts der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes,. des Bundeskindergeldgesetzes, des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze zustande, der als Drucksache 8/292 dem Hohen Hause vorliegt und heute in zweiter und dritter Lesung zur Debatte steht. Im des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens wurde der Entwurf der Bundesregierung wieder geändert. Nunmehr steht die Anhebung der Mehrwertsteuer von 11 auf 12 % und beim ermäßigten Steuersatz von 5,5 auf 6 % zur Entscheidung. Ein entsprechender Antrag - wir hörten das -, von Vertretern der Koalitionsparteien im Finanzausschuß gestellt, wurde dort gebilligt. Aus Gründen, auf die ich noch zurückkommen werde, haben wir von der CDU/CSU-Fraktion im Finanzausschuß versucht, die Vertreter der Koalitionsparteien zu überzeugen, daß in unserer jetzigen Situation der völlige Verzicht auf eine Mehrwertsteuererhöhung angemessen, ja, sogar steuerlich und wirtschaftlich notwendig sei. Wir kamen bei den bestehenden Mehrheitsverhältnissen mit diesem Anliegen nicht durch. Gleichzeitig betonten wir unsere Bereitschaft, ein steuerliches Entlastungsprogramm mitzutragen, für das eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nach unserer Überzeugung allerdings nicht erforderlich ist. Dies ist nun die Situation am heutigen Vormittag in diesem Hohen Haus: Sie, die Damen und Herren von den Regierungsparteien, wollen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von 11 auf 12 %, um mit dem Mehraufkommen aus dieser Erhöhung gewisse steuerliche Entlastungen zu finanzieren. Wir, meine Freunde von der CDU/CSU-Fraktion, lehnen dagegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer aus konjunkturellen und steuerlichen Gründen ab. Wir sind aber bereit, steuerlichen Entlastungen zuzustimmen, die Sie in Ihrem Paket vorgeschlagen haben. Dabei sind wir allerdings der Meinung, daß diese im wesentlichen aus den Steuermehreinnahmen dieses Jahres finanziert werden können. Sie werden sich wiederum täuschen, Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie -glauben, für die von Ihnen vorgeschlagene Erhöhung der Umsatzsteuer unsere Zustimmung hier erhalten zu können. Es hat sich in den letzten Monaten und Tagen, wie von der Opposition und ihren Sprechern befürchtet, gezeigt, daß sich die konjunkturelle Situation in der Bundesrepublik nicht so entwikkelt, wie das von Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, prophezeit worden war. Dazu kommen die trostlose Lage auf dem Arbeitsmarkt, die zurückgebliebenen Investitionen und die steuerlichen Belastungen für Bürger und Wirtschaft, die jedes erträgliche Maß überschritten haben. In einer solchen Lage sind wir- bestimmt hier in diesem Hause nicht aufgerufen, neue steuerliche Belastungen zu beschließen, sondern müssen wir mit allem Nachdruck dafür sorgen, daß durch geeignete steuerliche Entlastungsmaßnahmen die Lage des einzelnen Bürgers, der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes so schnell wie möglich verbessert wird. ({1}) Hierzu, meine Damen und Herren, hat auch die Steuerpolitik beizutragen. Es ist zwar erfreulich, daß die Bundesregierung in der Zwischenzeit einen weiteren Rückzug angetreten und ihre Forderung auf Erhöhung der Mehrwertsteuer halbiert hat. Aber auch eine Mehrwertsteuererhöhung um einen Punkt gehört zu ihrer verfehlten Steuerpolitik, über die wir uns hier in diesem Hause schon oft bitter beklagen mußten. Übersehen Sie bitte auch nicht, daß bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer der Kreis der Belasteten und der der Begünstigten nicht identisch ist und bei der öffentlichen Hand die Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung überwiegend dem Bund zukommen, während bei den vorgesehenen Entlastungen die Länder und vor allem die Kommunen in der gesamten Bundesrepublik Leistungen zu erbringen haben, die zu finanzieren sie nach meiner Überzeugung nicht mehr imstande sein werden. Bezöge ich die Folgewirkungen aus der Mehrwertsteuererhöhung hier ein, würde sich das Bild für die Gemeinden sogar noch verschlechtern. Ich darf zunächst die Kernfrage wiederholen, ob wir uns bei der Entwicklung unserer Wirtschaft, des Arbeitsmarktes und der sozialen Lage eine weitere Steuererhöhung erlauben können. Dürfen wir wirklich die Bürger, die wirtschaftlichen Unternehmen, das Handwerk, den Handel - um nur einige zu nennen steuerlich noch mehr belasten? Wir sagen nein, meine Damen und Herren, denn wir möchten die Leistungen der Menschen bei uns nicht bestrafen und dringend notwendige Investitionen unserer Wirtschaft nicht verhindern. ({2}) Dieses Nein ist der Standpunkt der CDU/CSU-Fraktion, für die zu sprechen ich hier heute die Ehre habe. Damit ich nicht mißverstanden werde: wir haben nicht nur nichts gegen steuerliche Entlastungen, sondern kämpfen - das ist Ihnen bekannt - seit langem dafür. Dabei standen zunächst unsere Bemühungen um einen Abbau der heimlichen Steuererhöhungen im Vordergrund. Wir sind aber - das muß ich mit allem Nachdruck und unter Hinweis auf die Ihnen vorliegende Drucksache der CDU/ CSU-Fraktion betonen - der Meinung, daß Mehreinnahmen aus einer Umsatzsteuererhöhung dafür nicht verwendet werden dürfen. Gelder, die als Folge heimlicher Steuererhöhungen in die Staatskasse fließen, gehören nicht der öffentlichen Hand, sondern sollten beim Bürger bleiben bzw. an ihn zurückerstattet werden. ({3}) Sonst würden sich die Belastungen aus dem Einkommensteuerrecht von Jahr zu Jahr erhöhen, und das kann doch nicht der Sinn der Steuerreform aus dem Jahre 1974 gewesen sein. Was haben Tarifabschlüsse, was haben Gehaltserhöhungen für einen Sinn, wenn die Mehrversteuerung - oft in beachtlicher Progression - dem Staat als Strafgebühr für erbrachte Leistungen wieder zurückerstattet werden muß? Das Geld, so meine ich, sollte schließlich nicht nach der Größe der Geldscheine und dem Gewicht seiner Münzen, sondern nach seinem inneren Wert beurteilt werden. Wenn man sich dazu bekennt und wenn man bereit ist, Zusammenhänge zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik nicht nur zu erkennen, sondern diese auch zu beachten, wenn man weiter bereit ist, dringenden sozialen Forderungen gerecht zu werden, muß man zu dem Ergebnis kommen, daß wir in unserer heutigen wirtschaftlichen Situation steuerlich entlasten, aber von jeder steuerlichen Belastung Abstand nehmen müssen. ({4}) Die Bundesregierung ist trotzdem bei ihrer Forderung nach Steuererhöhungen geblieben. Das ist sicherlich nicht als Mut, sondern als Rechthaberei zu bewerten, zumal auch hier eine bessere Einsicht - selbst verspätet - für den Bürger in unserem Lande besser gewesen wäre. Spätestens bei der Anhörung im Finanzausschuß mußte der Bundesregierung doch klar gewesen sein, daß ihre Absicht, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, den Widerstand fast aller Beteiligten hervorgerufen Spilker' hat. Ob Verbände, Vertreter der Arbeitnehmer, ob Wissenschaftler, Wirtschaftler, Vertreter der Kommunen, ob Familienverbände, ob Repräsentanten der Geldinstitute, die meisten lehnten das Steuerpaket, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung, ab. ({5}) Nach den eigenen Berechnungen der Bundesregierung führt das Steueränderungsgesetz 1977 in seiner jetzigen Fassung beim Bund zu Steuermehreinnahmen in Höhe von 1 093000 000 DM, bei den Ländern zu Steuermindereinnahmen in einer Größenordnung von rund 400 Millionen DM und bei den Gemeinden zu Steuermindereinnahmen in einer Größenordnung von 490 Millionen DM im Rechnungsjahr 1978. Steuererhöhungen, Steuersenkungen, die Erhöhung des Kindergeldes wirken sich also sehr unterschiedlich aus. Der Bund, so könnte man meinen - ich bin sogar davon überzeugt-, versucht auch in diesem Augenblick, also bei der Beratung des Steueränderungsgesetzes, seine finanzielle Position und Ausgangsposition für die kommenden Verhandlungen über die Steuerverteilung zu Lasten der Länder und vor allen Dingen der Gemeinden zu stärken. ({6}) Die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung mit ihrer Preiserhöhungstendenz verbessern dieses Bild für die Länder und die Gemeinden nicht. Die Auswirkungen auf künftige Lohnverhandlungen bei einer Lohnsumme von 630 Milliarden DM sind hier noch völlig unberücksichtigt. Aber es liegt auf der Hand, daß sich durch höheres Lohnsteuer- bzw. Einkommensteueraufkommen die Situation der Kommunen nicht verbessern kann. Daher kann insbesondere den Gemeinden nicht zugemutet werden, den Hauptteil der Steuermindereinnahmen aus dem Steueränderungsgesetz zu tragen, ({7}) zumal erhebliche Belastungen aus dem sogenannten 7-b-Gesetz und den darin enthaltenen Gewerbesteuerneuregelungen dazukommen. Die Kommunen sind überhaupt durch die Folgelasten der Bundesgesetzgebung - denken Sie mal an die Sozialhilfe! - am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten angelangt. Weitere Belastungen sollten hier nicht mehr zur Diskussion stehen. ({8}) Dieser Erkenntnis dient auch der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, bei den Verhandlungen über die Steuerneuverteilung darauf hinzuwirken, daß den Gemeinden der durch das Steueränderungsgesetz 1977 entstehende Steuerausfall voll ersetzt wird. ({9}) Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf darf im übrigen nicht übersehen werden, daß auch der Senkung der Vermögensteuer und der Gewerbesteuer Kostenmehrbelastungen gegenüberstehen, die sich ebenfalls aus der Folgewirkung der Mehrwertsteuererhöhung ergeben. Das wird leider oft übersehen. Gestatten Sie mir noch ein Wort zum Kindergeld für das zweite Kind und weitere Kinder. Das wird in. der letzten Zeit oft so dargestellt, als ob es sich um eine echte Entlastung handele. Gekoppelt mit einer Mehrwertsteuererhöhung, kann man hier wirklich von einer Entlastung nicht mehr reden. ({10}) Fiele diese weg, hätten wir allerdings eine andere Situation. Dann würden die Entlastungen wenigstens für die kinderreichen ' Familien spürbar werden, wenn auch nicht in dem Ausmaß, das wir uns im allgemeinen selber gewünscht haben, aber im Augenblick nicht zu finanzieren ist. Ich erwähnte vorhin die Drucksache 8/592 - die im Zusammenhang mit der Drucksache 8/593 steht -, mit der wir, die CDU/CSU-Fraktion, den Entwurf eines ersten Gesetzes zum. Abbau der Überbesteuerung der Arbeitnehmer und Betriebe sowie zur Verbesserung des Kindergeldes für Kinderreiche vorgelegt haben. In diesem Entwurf schlagen wir Maßnahmen zum Abbau der heimlichen Steuererhöhungen und zur Förderung der Investitionstätigkeit sowie zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Familie mit mehreren Kinder vor. Im einzelnen handelt es sich um: 1. die Verbesserung des Kindergeldes für Familien mit mehreren Kindern, 2. Erleichterungen bei der Einkommen- und der Lohnsteuer sowie bei der Gewerbekapitalsteuer, 3. Entlastungen bei den ertragsunabhängigen Steuern. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind in Wirklichkeit keine Steuersenkung. Sie sollen vielmehr weitere heimliche Steuererhöhungen verhindern, wie sie sich seit dem 1. Januar 1975, dem Inkrafttreten der Steuerreform, wieder verstärkt einstellen, bedingt durch Inflation, bedingt durch Progression. Auch die Anhebung des Kindergeldes scheint uns lediglich eine Anpassung an die inflationäre Entwicklung zu sein, und bei der Wiederherabsetzung der Vermögensteuer handelt es sich wahrlich um eine Reparatur eines der größten wirtschaftspolitischen Fehler der Steuerreform, der von Ihnen lei- der gemacht wurde. Dieses Programm stellt nur einen ersten Schritt dar, dem sicherlich weitere folgen müssen. Andere Schritte struktureller Art im Steuerrecht sind jedoch nicht ohne weiteres zu machen. Sie bedürfen weiterer Vorbereitung. Eine preisneutrale Umstrukturierung des Steuerrechts muß aber von uns in Angriff genommen werden, weil wir heute vor ganz anderen Notwendigkeiten als vor mehreren Jahren stehen. Dann wird auch der Zeitpunkt kommen, an dem über die Mehrwertsteuer zu sprechen und gleichzeitig der Einkommen- und Lohnsteuertarif völlig neu zu erarbeiten ist. Wir werden dann noch einmal an die Frage der ertragsunabhängigen Steuern herangehen müssen, weil sie nicht mehr in die Landschaft passen. Im Blick auf Europa scheint es uns notwendig zu sein, mit den direkten Steuern herunter- und mit den indirekten heraufzugehen, wobei verschiedene europäische Länder wahrlich den umgekehrten Weg einschlagen müßten. Die Steuerharmonisierung wird zwingend notwendig sein, wenn wir Europa wirtschaftlich weiter entwickeln wollen. Aber auch hier darf die Umstrukturierung des Steuerrechts nicht zu Lasten des einen oder anderen Bevölkerungsteils erfolgen, sondern muß auf den Grundsätzen der Steuergerechtigkeit beruhen. So werden wir hoffentlich in angemessener Zeit zu einem Steuergesetzeswerk kommen, das im Gegensatz zu den Gesetzen von 1974/75 den Namen Steuerreform echt verdient. ({11}) Nach den vielen Verlautbarungen, Meldungen, persönlichen Erklärungen aus der SPD-Fraktion in den letzten Tagen, nach den in Etappen erfolgten Ankündigungen verschiedener Abgeordneter der SPD-Fraktion, gegen den Entwurf eines Steueränderungsgesetzes stimmen zu wollen, und nach der teilweisen Zurückziehung dieser Ankündigungen - die Briefe des Vorsitzenden spielten dabei eine große Rolle - weiß man eigentlich nicht mehr so recht, meine Damen und Herren, ob es hier heute um die Entscheidung über den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Steueränderungsgesetzes oder um den Erhalt dieser doch ernstlich erkrankten Regierungskoalition geht. ({12}) - Eines nach dem anderen, meine Damen und Herren. Zunächst einmal: Steuerentlastungen ohne Erhöhung der Mehrwertsteuer das ist der Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion - oder Steuererhöhungen mit gewissen Steuererleichterungen, wie es die Bundesregierung vorschlägt? Entscheidet man sich für das letztere, so gibt man dem Bürger mit der einen Hand, was man ihm mit der anderen wieder wegnimmt. Dies nannte der Bundesfinanzminister, wie eingangs erwähnt, in seiner Rede in Hamburg' unsozial und unseriös. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. ({13})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Dr. Weber.

Prof. Dr. Hubert Weber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich das gute Recht der Opposition, zu einem Gesetz nein zu sagen. . ({0}) Es ist aber unglaubwürdig, wenn sie dazu dann keine finanzierbare Alternative anbietet. ({1}) Es ist das gute Recht der Opposition, zu sagen, sie wolle Vergünstigungen für die Wirtschaft, für die Industrie und für den einzelnen Bürger. Aber dann muß sie auch sagen, woher sie diese Mittel nehmen will. Wenn Sie sagen, Sie wollten diese Mittel aus dem allgemeinen Haushalt nehmen, dann müssen Sie endlich einmal damit aufhören, ständig den Staatsruin an die Wand zu malen, und müssen Farbe bekennen und sagen, daß die Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung doch nicht so schlecht war, wie sie immer von Ihnen hingestellt wird. ({2}) Meine Damen und Herren, es ist sicherlich auch das gute Recht der Opposition, dieses Steuerpaket als schlecht zu bezeichnen. Dann müßten Sie sich aber auch einmal mit der von Ihnen geführten Regierung in Niedersachsen auseinandersetzen, die in einer . Presseinformation vom 8. Juni 1977 gesagt hat - ich zitiere wörtlich -: Das sogenannte Steuerpaket in seiner heutigen Form, d. h., die Erhöhung der Mehrwertsteuer um einen Punkt und die steuerliche Entlastung vor allem bei Gewerbesteuer, Grunderwerbsteuer und Vermögensteuer werden von der niedersächsischen Landesregierung als Fortschritt angesehen. Sie wird diesem Gesetz im Bundesrat zustimmen können. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie müssen sich auch einmal mit Ihrem wirklichen Oppositionsführer - denn der auf dem Papier stehende hat sich dazu noch nicht geäußert - auseinandersetzen, nämlich mit Herrn Strauß, der am 2. Juni 1977 in München - wo auch sonst; hier sagt er das nicht - laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erklärt hat: Wenn die Bundesregierung bereit sei, auf eine Reihe von Bedingungen einzugehen, ({3}) wäre die CDU/CSU gut beraten, die Widrigkeit einer einprozentigen Steuererhöhung in Kauf zu nehmen. ({4}) Es ist Ihr gutes Recht, einzelne Punkte dieses Gesetzentwurfs abzulehnen. Aber es ist unglaubwürdig, wenn Sie ankündigen, Sie würden auch in, der zweiten Lesung gegen die Senkung der ertragsunabhängigen Steuern stimmen, weil Sie darauf spekulieren, über die Stimmabgabe einiger meiner Kollegen zu diesem Komplex die Regierung ins Wanken zu bringen. Gewiß, einige meiner Freunde stehen Verbesserungen der ertragsunabhängigen Steuern kritisch gegenüber. ({5}) Aber wir werden die Nagelprobe mit der Wirtschaft abwarten. ({6}) Wir wollen wirklich einmal sehen, ob die Verbesserung bei diesen ertragsunabhängigen Steuern auch zu einer Verbesserung des Investitionsklimas in der Wirtschaft führt. Wir hoffen, von der Wirtschaft nicht enttäuscht zu werden. Doch enttäuschen werden wir sicherlich Sie, meine Damen und Herren von der Opposition. Denn sn Dr. Weber ({7}) wenig wie 1972 - damals hatten Sie wenigstens noch den Mut zu einem konstruktiven Mißtrauensvotum, den Sie heute nicht haben und nächste Woche nicht haben werden - wird es Ihnen gelingen, diese Regierung über dieses Steuerpaket zu Fall zu bringen. ({8}) Sie wirken unglaubwürdig, wenn Sie ständig eine Verbesserung der ertragsunabhängigen Steuern fordern und dann, weil Sie einen Zipfel der Macht in Händen zu haben glauben, Ihre eigene Forderung verleugnen. Die Opposition wirkt unglaubwürdig, wenn sie die Mehrwertsteuererhöhung ablehnt, weil sie damit gleichzeitig das Steuersenkungsprogramm ablehnt. Das mag durchaus in das parteipolitische Kalkül mancher Oppositionspolitiker passen, indem sie sich als Ziel setzen, dieser Bundesregierung Einnahmeverbesserungen zu verweigern und sie gleichzeitig' unter dem Druck von Forderungen nach Leistungsverbesserungen und Steuersenkungen zu halten. Das ist allerdings aufs neue eine Position der Destruktion, aber kein Nachweis der Fähigkeit, Verantwortung mit zu tragen oder Steuerpolitik mit zu gestalten. Für mich ist die Haltung der Opposition zur Mehrwertsteuer mehr als durchsichtig. Den Bürgern wird der Eindruck vermittelt, sie würden von einer unerträglichen Steuerlast gedrückt und die Opposition könne diese Steuerlast wesentlich ändern. Den Unternehmern wird versprochen, daß sie weitere Steuervergünstigungen erhalten; gleichzeitig wird die Mehrwertsteuererhöhung abgelehnt. Hier wird schlicht und ergreifend den Bürgern Sand in die Augen gestreut. Aber die Bürger merken das. Sogar Ihr Hausblatt, das „Handelsblatt", schreibt am 25. Mai 1977 wörtlich - ich darf zitieren -: Die Wirtschaft, repräsentiert vom Bundesverband der Deutschen Industrie und dem Industrie- und Handelstag, hat sich wohl schon immer diesen Kompromiß, nämlich Erhöhung der Mehrwertsteuer um nur einen Prozentpunkt unter Verwirklichung des vollen Entlastungsprogramms bei den direkten Steuern, als die optimale Lösung im Steuerstreit vorgestellt. Ich weise, Herr Spilker, den Vorwurf der Steuerunehrlichkeit zurück. Es ist verständlich, daß die Opposition im Wahlkampf zur Mehrwertsteuer Vernebelungstatik angewendet und erklärt hat: So nicht und hier nicht. Wir Sozialdemokraten haben dem Bürger gesagt, daß wir die Mehrwertsteuer erhöhen, und haben gleichwohl den Auftrag erhalten, diese Regierung zu bilden, weil die Bürger in diesem Lande die weltweiten wirtschaftlichen Schwierigkeiten erkannt hatten und mit diesen Maßnahmen - aus der damaligen Sicht - den Haushalt gesichert wissen wollten. Die Bürger, meine Damen und Herren, haben dieser Regierung den Auftrag erteilt, dieses Programm durchzuführen. Die revidierten Steuerschätzungen vom Mai 1977 und die Haushaltseinsparungen 1976 sowie die günstigeren Kapitalmarktkonditionen ermöglichen es uns nunmehr, uns, statt eine zweiprozentige Erhöhung durchzuführen, auf eine Erhöhung von einem Prozent zu beschränken und gleichzeitig strukturelle Verbesserungen in die Wege zu leiten. Wir haben mit dieser steuerpolitischen Entscheidung einer maßvollen Mehrwertsteuererhöhung auch den Einklang mit den Zielen der Londoner Wirtschaftskonferenz vom 7. Mai dieses Jahres hergestellt und sichern binnenwirtschaftlich den ökonomischen Kurs ab, der im Interesse der Weltwirtschaft geboten und auf dem Londoner Gipfel vereinbart worden ist. Meine Damen und Herren, diese Regierung hat es verstanden, unser Land über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten besser hinwegzubringen, als das' in allen anderen Staaten geschehen ist. Wenn Sie von der Opposition von einer unerträglichen Steuerbelastung sprechen, -so ist das falsch, denn Lohnsteuer kann nur der zahlen, der verdient, und die deutschen Arbeitnehmer haben nun einmal dank der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung und dank der gewerkschaftlichen Mitarbeit die höchsten Stundenlöhne aller vergleichbaren westlichen Industrieländer. ({9}) Die volkswirtschaftliche Steuerquote ist heute nicht so hoch, wie sie zu der Zeit - nämlich im Jahre 1969 oder in den Jahren 1962 und 1963 - war, als Sie hier mit absoluter Mehrheit bestimmen wollten. Nun ist gesagt worden, die Erhöhung der Mehrwertsteuer sei unsozial. ({10}) Auch das ist nicht richtig. ({11}) Wenn die benötigten Mittel aus einer linearen Anhebung der Lohn- und Einkommensteuer erzielt werden sollten, müßten diese Steuern um 14 % angehoben werden. Die Mehrwertsteuererhöhung führt dagegen im Schnitt nur zu einer Mehrbelastung des einzelnen Bürgers von 0,5 bis 0,6 Vo. Die Mehrwertsteuererhöhung fordert vom einzelnen ein Opfer. Aber wir müssen auch berücksichtigen: Die öffentlichen Ausgaben, vor allem im sozialen Bereich, kommen allen Bürgern, besonders aber den Bürgern mit kleineren Einkommen, zugute, und die Mehrwertsteuermehreinnahmen fließen zum überwiegenden Teil in Form von Erleichterungen, Härteausgleich, Kindergeld usw. wieder an die Steuerzahler zurück. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluß ein Wort zu den Gemeinden sagen. Wir Sozialdemokraten haben es nicht nötig, uns vorwerfen zu lassen, wir würden die Interessen der Gemeinden nicht genug berücksichtigen. Dafür gab und gibt es zu viele sozialdemokratische Oberbürgermeister und Stadträte, ({12}) die die Städte nach dem Krieg aufgebaut und geführt haben, als Sie von der CDU/CSU. überhaupt Dr. Weber ({13}) nicht daran dachten, sich um diese Kärrnerarbeit auf kommunaler Ebene zu bemühen. ({14}) Sie, meine Damen und Herren, haben doch damals die Gemeinden im Stich gelassen, sie auf die Gewerbesteuer verwiesen und damit wegen der Gängelei hinsichtlich der Gewerbesteuer ihre Abhängigkeit von Großbetrieben und die damit verbundenen Strukturfehler herbeigeführt. Sozialdemokraten haben die Gemeinden durch die Beteiligung an der Einkommensteuer ({15}) konjunkturunabhängiger gemacht und den Selbstverwaltungsgedanken erst zum Tragen gebracht.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herren Abgeordneten Waffenschmidt?

Dr. Horst Waffenschmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002403, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Weber, sind Sie bereit, zuzugeben, daß alle verantwortlichen Kommunalpolitiker, auch Ihre Freunde, in den kommunalen Spitzenverbänden bis in die letzen Stunden hinein deutlich gemacht haben, daß dieses Steuerpaket ein Paket zu Lasten der Gemeinden ist? ({0})

Prof. Dr. Hubert Weber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Freunde haben etwas ganz anderes gesagt. Sie haben darauf verwiesen, daß die finanzielle Situation der Gemeinden in dem Verhältnis von Ländern und Gemeinden geregelt werden muß und daß die Länder nicht hingehen, ständig höhere Forderungen an den Bundesfinanzminister stellen und dann aber ihre Taschen zuknöpfen dürfen, ohne etwas an die Gemeinden weiterzugeben. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Waffenschmidt?

Dr. Horst Waffenschmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002403, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Weber, sind Sie denn - gerade nach dem, was Sie hier zuletzt gesagt haben - bereit, zuzugeben, daß es der Bundeskanzler war, der in seiner Regierungserklärung gesagt hat, er wolle sich dafür einsetzen, daß den Gemeinden weitere große finanzielle Belastungen erspart blieben? Das ist ein Tatbestand, der in dieser Form leider nicht eingehalten worden ist.

Prof. Dr. Hubert Weber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Waffenschmidt, der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung - da Sie nicht richtig zitiert haben, erlaube ich mir, dieses Zitat aus der Regierungserklärung wörtlich zu verlesen - folgendes gesagt: Darüber hinaus bemüht sich die Bundesregierung 14 ihrer zukünftigen Gesetzgebungsarbeit; zu verhindern, daß den Städten, Kreisen und Gemeinden zusätzliche erhebliche finanzwirtschaftliche Belastungen ohne entsprechenden Ausgleich zugemutet werden. ({0}) Mit dieser Erklärung hat die Regierung ihre Verpflichtung bestätigt, neue Gesetze und Maßnahmen mit Kostenauswirkungen für die Gemeinden und Gemeindeverbände nur nach gründlicher Ermittlung der finanziellen Belastbarkeit zu verabschieden bzw. zu ergreifen. Genau das haben wir z. B. bei der Ausweitung des § 7 b getan, indem wir im Finanzausschuß eine dahin gehende Sonderentschließung gefaßt haben, daß im Verhältnis Länder und Gemeinden nach Ausgleichsmöglichkeiten für die entgangene Grundsteuer zu suchen ist. ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfram?

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Weber, würden Sie dem Kollegen Waffenschmidt ins Bewußtsein rufen, daß er sicherlich nicht berechtigt ist, im Namen sozialdemokratischer Kommunalpolitiker vor diesem Hause eine Erklärung abzugeben, ({0}) und würden Sie bestätigen, daß sozialdemokratische Kommunalpolitiker unabhängig von partieller Kritik - immer wieder bestätigt haben, daß die Gemeinden große Hilfe und Unterstützung erhalten haben, seitdem die sozialliberale Koalition regiert? ({1})

Prof. Dr. Hubert Weber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002436, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich möchte von nun an keine Zwischenfragen mehr zulassen, weil sonst die Zeit hier überschritten wird. --Vielen Dank, Herr-Kollege Wolfram, das kann ich voll bestätigen. ({0}) Ich kann aber auch noch etwas Weiteres bestätigen. Herr Kollege Waffenschmidt, ich erinnere mich sehr gut an folgendes: Zu einer Zeit, als Ihre Partei hier noch die Regierungsverantwortung zu tragen hatte, habe ich als Kandidat im Bundestagswahlkampf in der Gemeinde, in der Sie Gemeindedirektor waren, nämlich in Wiehl, eine Rede gehalten. Damals hat man mir ein Zitat entgegengehalten, das am Tage vorher in der Wiehler Presse stand, daß nämlich die Stadtgemeinde Wiehl die am höchsten verschuldete in der gesamten Bundesrepublik sei, ({1}) Dr. Weber ({2}) eine Tatsache, die sicher nicht von Sozialdemokraten, sondern von Ihnen zu vertreten war. ({3}) Meine Damen und Herren lassen Sie mich abschließend etwas zur Entwicklung der Gemeindeeinnahmen im Verhältnis zu den Bundeseinnahmen sagen. Die Einnahmen des Bundes stiegen von 1970 bis 1976 um 53,8 % auf 135,8 Milliarden DM, die der Länder stiegen um 86,7 % auf 139 Milliarden DM und die der Gemeinden stiegen, seitdem von Sozialdemokraten die Finanzreform eingeführt wurde, um 100,6 % auf 101 Milliarden DM. Wir haben die Gemeinden in der Vergangenheit nicht vergessen, und wir werden sie auch in der Zukunft nicht vergessen. Deswegen bitte ich Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. ({4})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Es gab einmal einen Finanzminister, der hieß mit Vornamen Franz Josef. Er hat vor diesem Hause und in jeder fälligen Pressekonferenz im Mai 1967 bei der Umstellung auf das Mehrwertsteuersystem beschworen, es solle keine fiskalische Wirkung mit der Reform verbunden sein, mit den 10 % werde lediglich ein Ausgleich hergestellt. Noch keine vier Monate später - das Gesetz war noch nicht in Kraft - hat er dann von diesem Hause die Anhebung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt verlangt und bekommen. Das, meine Damen und Herren, geschah ohne adäquaten Ausgleich durch anderweitige Steuersenkung und ohne daß etwa Konjunktur-, Stabilitäts- oder andere Erwägungen eine Begründung für diesen plötzlichen Umschwung abgegeben hätten. Der gleiche Finanzminister hat in seiner Regierungszeit zehn Steuererhöhungen durchgeführt - ohne Entlastungsausgleich. ({0}) Es ist deswegen wohl kein Zufall, daß er heute nicht hier ist. ({1}) Und deswegen war es auch zu spüren, daß sich Herr Kollege Spilker schwer tat, sich in seiner sympathischen Art aus der für ihn recht schwierigen Situation zu ziehen. Denn in diesem Hause liegen ja noch die jüngsten Erklärungen von Herrn Strauß vor, daß er einer Mehrwertsteuererhöhung dann zustimmen kann, ({2}) wenn durch entsprechende Steuersenkungen ein voller Ausgleich gegeben ist. Ja, und nun kann doch wohl kein Zweifel bestehen, daß ein solcher Ausgleich auf dem Tisch liegt. Es besteht auch kein Zweifel, daß die Art der Entlastung bei Ihnen, bei der Opposition, auf keinerlei Bedenken stößt; denn Sie haben ja in den einzelnen Abstimmungen, sowohl im Wirtschaftsausschuß als auch im Finanzausschuß, den einzelnen Entlastungen in Umfang und Art zugestimmt. Mir tat daher der Kollege Spilker ein bißchen leid, der nun sagen mußte, daß bei Ihnen trotz aller dieser erfüllten Bedingungen ein gequältes Nein herauskommt, und der das auch noch begründen mußte. Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion bejaht das Steuerpaket. Sie hält es unter den Gesichtspunkten der Konjunktur- und Stabilitätspolitik, der Bemühungen um Stärkung der Leistungsbereitschaft, der sozialen Komponenten, der Stärkung der Investitionsfähigkeit der Wirtschaft, der Familienpolitik und schließlich auch im Blick auf die europäische Harmonisierung für ausgewogen. Nun kann bei einer solchen Fülle von Zielsetzungen und Erwägungen, die bei jeder Steueränderung im Spiele sind, naturgemäß - in jeder Fraktion übrigens - jeder die Gewichte gern etwas anders setzen wollen. Es ist nun einmal so, daß jeder eine bestimmte Vorstellung vom Schwergewicht der Ziele oder von der Ausgleichsfunktion hat. Die Koalition hat sich auf die vorgesehenen Maßnahmen geeinigt. Darin unterscheidet sie sich allerdings fundamental von der Opposition, der zwar eine Fülle von Einzelpunkten eingefallen ist, die es aber bis heute nicht fertiggebracht hat - das war auch bei den Ausführungen von Herrn Spilker zu spüren -, ein zusammenhängendes Konzept mit finanzierbaren Größenordnungen vorzulegen. Wir bejahen, daß mit der Anhebung der Sonderausgabenhöchstbeträge etwas korrigiert wird, was in der Steuerreform leider recht unzulänglich geraten ist, weil die Bundesratsmehrheit die Marge so heruntergedrückt hat, daß sie nicht einmal bei einem Facharbeiter ausreicht. Deswegen muß eine Anhebung erfolgen, die die progressive Wirkung der Sonderausgabenbegrenzung mildert. Wir begrüßen auch die Anhebung der Vorsorgepauschale auf 18 % und halten sie dann für ausreichend, wenn, wie das die Koalition will, eine Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge nicht erfolgt; andernfalls sähe es schwieriger aus. Wir bejahen die Anhebung des Kindergeldes. Es muß in geregelten Abständen angehoben werden; dies wird auch in Zukunft weiter erforderlich sein. Ich denke insbesondere an weitere Anhebungen beim Zweitkindergeld. Über die vorgesehenen Korrekturen für die zum Unterhalt verpflichteten Väter und Mütter wird meine Kollegin Frau Matthäus hier noch einiges sagen. In diesem Hause ist bereits das Gesetz angenommen, das den § 7 b verbessert und die Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Ein- und Zweifamilienhäusern aus Altbesitz ermöglicht. Die Verbesserungen bei den ertragsunabhängigen Steuern zielen bei der Gewerbesteuer in besonderem Maße auf die lohnintensiven Betriebe und auf die Betriebe ab, in denen der Unternehmer selbst der Träger der Verantwortung ist. Durch den erhöhten Freibetrag bei der Gewerbeertragsteuer, bei der Lohnsummensteuer und bei der Kapitalverkehrsteuer fällt eine Reihe von Betrieben voll aus der Gewerbesteuer heraus oder wird prozentual erheblich entlastet. Umstritten ist sicherlich die Frage der Vermögensteuer. Doch müssen wir einmal die Entwicklung sehen, die die Steuerbelastung der Betriebe nach der Verabschiedung der Steuerreform in Verbindung mit der Anhebung der Einheitswerte erfahren hat. Das Vermögensteueraufkommen ist von 1972 bis 1977 - geschätzt, aber ich nehme an, zuverlässig geschätzt - von knapp 3 Milliarden auf über 4,5 Milliarden DM gestiegen. Dabei müssen wir berücksichtigen, daß wegen der starken Anhebung der Freibeträge dieser erhöhte Betrag von weniger Steuerpflichtigen aufgebracht wird. Das drückt besonders die Betriebe im mittleren Bereich. Und wir müssen hinzurechnen, daß sich die Nichtabzugsfähigkeit der Vermögensteuer nicht in diesen Zahlen, sondern in der Ertragsteuer ausdrückt, so daß die wirkliche Steuerbelastung weit über 5 Milliarden DM geht. Daraus mögen Sie die Belastung der Betriebe und die Notwendigkeit erkennen, Entlastungen vorzunehmen. Denn bei der fehlenden Steuerabzugsfähigkeit muß die Vermögensteuer nach Verzinsung und nach Steuern voll aus dem Restgewinn bezahlt werden, und dadurch verkürzt sich entscheidend die Marge, aus der investiert werden kann und Risikorücklagen gebildet werden können. In Zeiten mit geringem Ertrag muß die Steuer aus der Substanz bezahlt werden. Gerade die breite Schicht mittlerer Betriebe ist auf die Eigenkapitalbildung für die notwendigen Investitionen angewiesen; denn sie können nicht ohne weiteres auf den Aktienmarkt gehen, um sich die erforderlichen Eigenkapitalmittel zu besorgen. Verglichen mit vergleichbaren Staaten, ist in Deutschland die Eigenkapitaldecke sehr gering. Sie ist, was verständlich ist, in der Rezession gesunken und liegt heute unter einem Drittel des Gesamtkapitals. Ich glaube, dies muß ernsthaft in die Betrachtung einbezogen werden, auch im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb und damit den Bestand der Arbeitsplätze. Ein Vergleich mit anderen europäischen Staaten schließlich zeigt, daß es die Doppelbesteuerung der Körperschaften überhaupt nur in vier europäischen Ländern gibt - dabei sind die Länder außerhalb der EG schon mit einbezogen -, und in keinem dieser Länder geht der Steuersatz über 0,75 % hinaus. Wir liegen also weit außerhalb des europäischen Rahmens und müssen deswegen eine gewisse Anpassung vornehmen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, ich bitte zum wiederholten Male um Ruhe. So erwünscht die starke Präsenz während dieser Debatte ist, wenn wir sie mit ständiger Unruhe bezahlen müssen, so ist das ein zu hoher Preis. Ich bitte Sie wirklich ernsthaft noch einmal um Ruhe und Aufmerksamkeit für den Redner.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Die FDP betrachtet den nunmehr vorgesehenen Vermögensteuersatz von 0,5 % für natürliche Personen und 0,7 % für Körperschaften für auf Dauer festgesetzt. Das heißt, er wird für die Vermögensteuer auch dann weitergelten, wenn eine Anpassung der Einheitswerte oder eine Neubewertung des Grundbesitzes erforderlich sein wird. Das bedeutet präzise: Die FDP wird bei einer Neubewertung wohl die Meßzahl für die Grundsteuer - wegen der Mieten und der Landwirtschaft -, nicht aber den Vermögensteuersatz ändern wollen; ({0}) denn die Fortschreibung der Grundstückswerte ist ebenso natürlich wie die Fortschreibung der mobilen Vermögenswerte. Wir stimmen der Mehrwertsteuererhöhung um 1 °/o zu. Dabei wissen wir, daß die Mehrwertsteuer den Konsumenten trifft. Wenn Herr Spilker sie als eine Belastung des Einzelhandels bezeichnet hat, so war das sicherlich nicht ganz präzise, aber man empfindet es so, wenn man diese Erhöhung in die Preise einkalkulieren muß. Nun haben die wirtschaftwissenschaftlichen Institute zu Beginn dieses Jahres in ihren Gutachten eine Anhebung 'der Mehrwertsteuer um 2 % als konjunkturpolitisch bedenklich angesehen. Wir haben deswegen sehr sorgfältig abgewogen, ob dem Haushaltsausgleich, dem die Anhebung dienen sollte, oder den konjunkturpolitischen Erwägungen der Vorzug zu geben sei. Das Ergebnis war die Reduzierung der Anhebung auf 1 %. Diese verbleibende Anhebung aber ist notwendig, um den Haushalt verantworten und gezielte Maßnahmen, die zur Verbesserung der Beschäftigungslage erforderlich sind, durchführen zu können. Auf Grund dieses Abwägungsprozesses stimmen wir der 1%igen Erhöhung zu. Die CDU sagt nein. Die Steuerentlastungen müssen jedoch offensichtlich irgendwie finanziert werden. Man hat mir bei der ersten Lesung vorgeworfen, ich behauptete zu Unrecht, die CDU/CSU fordere immer neue Ausgaben oder Einnahmeverschlechterungen, dies sei nicht der Fall, Herr Schäuble. Ich habe das deshalb einmal untersucht. Da liegt also aus der CDU/CSU einmal der Entwurf eines Gesetzes zur Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Stadtkerne vor, mit einer zwar unbezifferten, aber keineswegs kleinen Steuerentlastung. Da gibt es die Verbesserung, die Sie bei der 7 b-Abschreibung für die größeren Wohnungen gefordert haben. Da gibt es Entschließungsanträge der CDU/CSU in diesem Haus, wonach im Verteidigungshaushalt größere Umrüstungen und Modernisierungsprogramme stärker berücksichtigt werden sollten. Da gibt es Anträge zur Verbesserung der Ausbildungsförderung. Da gibt es Entschließungsanträge mit Mehrforderungen bei der Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes. - Das waren direkte Haushaltsbelastungen. Dann gibt es eine Fülle von Mehrausgaben oder Steuersenkungen, die Sie ständig in den verschiedenen Bereichen verkünden. Da sagt Herr Strauß, der Arbeitnehmerfreibetrag sollte von 480 auf 720 DM erhöht werden; das kostet 1,5 Milliarden DM. Dann soll nach Herrn Strauß der WeihnachtsfreibeFrau Funcke trag verdoppelt werden; das sind 0,7 Milliarden DM. Dann hat Herr Kohl in der Debatte über die Regierungserklärung mehr für die Entwicklungshilfe gefordert. Dann fordern die Herren Stoltenberg, Albrecht und die bayerische Staatsregierung die Verbesserung der degressiven Abschreibung; das kostet 2,5 Milliarden DM. Dann kommen die erhöhten Abschreibungen bei der Forschungsförderung; das sind 0,2 Milliarden DM. Weiter fordert die bayerische Staatsregierung die Nichtzurechnung der Dauerschuldzinsen und der Dauerschulden bei der Gewerbesteuer; das kostet 2,6 Milliarden DM. Dann spricht Herr Strauß laut „Handelsblatt" vom 6. Dezember 1976 gleich von der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und wiederholt dies laut ddp im Juni 1977; das kostet 2,1 Milliarden DM. Ferner wird die Abschaffung der Lohnsummensteuer mit 2,1 Milliarden DM gefordert. Und gestern meinte ein CDU-Kollege in der Fragestunde, die Schutzbaufinanzierung sei mangelhaft, während sich ein anderer mit der Schulmilchversorgung auf Staatskosten beschäftigte. Meine Damen und Herren, dies alles ist ja schön und nützlich. Allerdings müssen Sie der Öffentlichkeit darin auch einmal sagen, wie das alles, was Sie hier in Aussicht stellen, fordern oder erwarten oder weswegen Sie die Bundesregierung anklagen, denn nun eigentlich finanziert werden soll, wenn Sie auch die bescheidenere Finanzierungsgrundlage von 1 °/o Mehrwertsteuererhöhung ablehnen. Wie unterschiedlich Sie untereinander argumentieren, ist schon genannt worden. Herr Strauß hat eindeutig gesagt: Wir sind zur Mehrwertsteuererhöhung bereit, wenn es einen vollen Ausgleich gibt. Herr Zimmermann hat dagegen dieser Tage im Deutschland-Union-Dienst gefordert, die „im Steuerpaket vorgesehenen dringend notwendigen steuerlichen Entlastungen von der Mehrwertsteuererhöhung abzukoppeln und gesondert zu verwirklichen". Herr Häfele hat das in seiner markanten Art so richtig knackig gesagt: „Steuerentlastung bei der Lohnsteuer, bei den Betriebsteuern sowie eine Erhöhung des Kindergeldes sind unverzichtbar." - Das sind alles Dinge, die wir vorgeschlagen haben. - Und dann geht es weiter: „Runter mit der Vermögensteuer! Runter mit der Gewerbesteuer! Rauf mit den Lohnsteuerfreibeträgen und mit dem Kindergeld! Das muß die Richtung der diesjährigen Steuerpolitik sein." - Ja, meine Damen und Herren, so einfach ist das alles, so einfach macht man das. ({1}) So macht man Wählerstimmen. Und nachher, meint man, wird Finanzminister Franz Josef Strauß die erforderlichen Steuermehreinnahmen schon besorgen. Meine Damen und Herren, so geht es nach unserer Auffassung nicht. Das ist keine verantwortliche Finanzpolitik. ({2}) Nun hat Herr Häfele ein süßes Geheimnis, er will mit einer Überraschung aufwarten. Inzwischen hat sich wohl herumgesprochen, was das ist. Man will, obwohl man sie immer gefordert hat, jetzt in der Einzelberatung auch die Entlastungen ablehnen. Doch wird es ein bißchen schwierig sein, ein solches Verfahren der Öffentlichkeit klarzumachen. Nun gibt es Leute, die vor einem reichhaltigen kalten Buffet hungern, und zwar nicht wegen der Linie und auch nicht aus gewollter Askese, sondern einfach nur, um den Gastgeber auf diese Weise dafür zu bestrafen, daß er nicht auch die erwarteten Schinkenröllchen aufgetischt hat. ({3}) Nun mag es sein, daß man das in ihren Reihen für ein taktisches Spitzenergebnis hält. Aber ich möchte doch sehr bezweifeln, ob die Bevölkerung dies für eine verantwortbare Politik hält. ({4}) Die Koalitionsfraktionen werden darauf jedenfalls eine verantwortbare Antwort geben, denn die Bevölkerung darf von Parlamentariern sachgerechte Entscheidungen verlangen und keine Spiegelfechtereien. Meine Damen und Herren, nahezu jede Steueränderung, abgesehen von den speziellen Verbrauchsteuern, hat Auswirkungen auf das Verhältnis der Steuereinnahmen von Bund und Ländern oder von Bund, Ländern und Gemeinden untereinander. Man kann schwerlich Steuergesetze, die man unter dem Gesichtspunkt der Konjunkturpolitik, der Stabilitätspolitik, der Sozialpolitik, der Versorgungssicherung, der Einfachheit und Gerechtigkeit und der europäischen Entwicklung gestaltet, so fortschreiben, daß sich automatisch auf jeder Ebene sofort ein Ausgleich von Ausfällen und Zuwächsen einstellt. Deshalb, Herr Kollege Waffenschmidt, gehört nach dem Verständnis der FDP hinter jede größere Steueränderung wie auch sonst nach Ablauf gewisser Zeitspannen das Gespräch über die Korrektur der Steuerverteilung. Das ist der richtige Weg. Die FDP geht davon aus und tritt nachdrücklich dafür ein, daß die Bundesregierung im Gespräch mit den Ländern einen fairen Ausgleich vereinbart, und zwar so, daß die Gemeinden einen ebenso angemessenen Ausgleich finden. ({5}) Es kann und soll nicht das Ergebnis von Steuerveränderungen sein, daß die Finanzkraft der Gemeinden geschwächt wird. Aber es kann auch nicht der Sinn dieses Entlastungsgesetzes sein, daß die beabsichtigten Entlastungen bei der Gewerbesteuer durch Anhebungen der Hebesätze bei den Gemeinden wieder aufgehoben werden. Darum wird sich die FDP gern und nachdrücklich dafür einsetzen, daß im Zusammenwirken von Bund und Ländern - das ist der verfassungsmäßige Vorgang - für die Gemeinden ein Ausgleich mit gesichertem Anspruch gefunden wird. Meine Damen und Herren, die FDP stimmt dem Gesetz zu. ({6})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat nunmehr der Herr Bundesminister der Finanzen.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Unionsfraktion hat mich gebeten, zu diesem Zeitpunkt das Wort zu nehmen, damit der Abgeordnete Häfele nach mir das „süße Geheimnis" lüften kann, und ich bin diesem Wunsch gerne nachgekommen. Lassen Sie mich, bevor ich zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen in dieser Debatte und zu dem anstehenden Thema komme, einige Antworten auf Fragen geben, die von den beiden Oppositionsrednern, sowohl von Herrn Spilker als auch von dem Herrn Berichterstatter, hier aufgeworfen worden sind. Sie, meine Herren von der Opposition, begründen Ihr Nein zur Mehrwertsteueranhebung u. a. mit der Tatsache, daß die Steuerschätzung, die zum Abschluß der Haushaltsberatungen 1977 vorgelegt wurde, doch relativ günstig ausgefallen sei. Sie können verstehen, daß ich als Bundesfinanzminister über diese angenehme Überraschung selbst sehr froh bin. Niemand freut sich mehr über erhöhte Steuereinnahmen als der Bundesfinanzminister, der natürlich mit den Landesfinanzministern jederzeit die Sorge um den Haushaltsausgleich hat. Ich muß Sie allerdings darauf aufmerksam machen, daß es leichtfertig wäre, aus dieser sehr günstigen Steuerschätzung für 1977 ohne weiteres Konsequenzen für das Jahr 1978 zu ziehen, und über dieses Jahr reden wir ja hier im Zusammenhang mit diesem Steuerpaket. Wir reden ja nicht über 1977. Wenn wir genau hinschauen, dann können wir feststellen, daß die Mehreinnahmen aus 2 Milliarden DM mehr bei der Einkommensteuer, 1 Milliarde DM mehr bei der Körperschaftsteuer, was auch etwas mit der Systemumstellung zu tun hat, und rund 500 Millionen DM mehr bei der Lohnsteuer resultieren. Nun sagen die Experten: Hier gibt es eine ganze Reihe von einmaligen Effekten, die sich nicht unbedingt wiederholen müssen. Wir werden im übrigen Mitte August eine neue Steuerschätzung bekommen. Wir brauchen sie, um im September den Bundeshaushalt 1978 aufstellen zu können. Wir werden dann Genaueres wissen. Meine Herren von der Opposition, Sie haben ein zweites Argument angeführt. Sie haben gesagt: Auch wir müssen gegen dieses Paket stimmen, denn die Anhörung der Verbände, der Gewerkschaften, der an der Steuerpolitik interessierten Organisationen im Deutschen Bundestag hat eine breite Ablehnung gebracht. Überfordern Sie nicht mit dieser Argumentation die Verbände? Können Sie sich ernsthaft vorstellen, daß sich Verbände, die alle ihre berechtigten Interessen vertreten, vom Deutschen Gewerkschaftsbund bis hin zum BDI, von der ISUV bis hin zu regionalen Gremien, zu einer Mehrwertsteuererhöhung bekennen? Ist es eigentlich so - das muß ich Sie fragen -, daß das Parlament nichts weiter als der formulierte Mehrheitsausdruck von Verbänden ist? Wenn das für Sie so wäre, dann hätten Sie, so meine ich jedenfalls, ein falsches Parlamentsverständnis. ({0}) Im übrigen - darauf hat zumindest auch schon Herr Dr. Weber, ich glaube aber, auch Frau Kollegin Funcke, hingewiesen - ({1}) - Ja, ich wollte darauf gerade zurückkommen. Die Änderung der Position der Bundesregierung hat auch - ich rede jetzt einmal nicht über Verbände; ich habe ja soeben gesagt: Verbände sind für mich nur interessante Gesprächspartner, ohne daß sie mir gebundene Mandate geben können - die Position der veröffentlichten Meinung zu diesem Steuerpaket in den letzten zwei bis drei Wochen merklich verändert. Ich denke hier insbesondere an Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und anderswo. Ich möchte gern eine zweite Bemerkung hier anführen. Ich komme im übrigen noch auf die Historie und auf das Glück, das Sie mit dem Zitat aus dem Jahr 1974 haben, zurück. Sehen Sie, jede Steuererhöhung ist, wenn Sie so wollen, irgendwie unsozial, weil jede Steuererhöhung den Bürger in seinen Erwartungen trifft. Aber ich halte es für mindestens ebenso unsozial, wenn wir insbesondere denen, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind, ob es nun Straßen, Schulen, Kindergärten, Altersheime oder Altersversorgung sind, sagen: Es ist kein Geld in der Kasse; wir können euch nicht bedienen. Insofern haben Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, als Gesetzgeber hier erneut abzuwägen. Was nun die Mehrwertsteuer anbelangt, so wollen wir uns einmal die Struktur unseres Steueraufkommens etwas näher anschauen. Die Lohnsteuer hat im Jahre 1952 11 % des Steueraufkommens gebracht, die Umsatzsteuer, wie sie damals hieß - heute heißt sie Mehrwertsteuer -, rund 27%. Heute bringt die Lohnsteuer 31 % und die Mehrwertsteuer nur noch 21 %. ({2}) - Ja, ich bitte Sie! Aber dann tun Sie nicht so, als sei eine Anhebung der Mehrwertsteuer unbedingt mit dem Prädikat „unsozial" zu belegen, ({3}) sondern dann nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß hier auch strukturelle Umstellungen möglich sein müssen ({4}) - sofort, Herr Kollege Althammer -, um Leistungsanreize insbesondere für die Arbeitnehmer zu erhalten. Deswegen schlagen wir vor: Erhöhung des Kindergeldes, Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge und auch etwas für die geschiedenen und unterhaltspflichtigen früheren Ehegatten.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine _Zwischenfrage des Abgeordneten Althammer?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Natürlich.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, wenn Sie schon auf das exorbitante Ansteigen der Lohnsteuer abheben, wäre dann nicht die richtige Schlußfolgerung, daß in Richtung Senkung etwas geschehen müßte, und halten Sie es nicht auch für absurd, daraus den Schluß zu ziehen, daß dafür nun wieder die Umsatzsteuer angehoben werden muß? ({0})

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Herr Kollege Althammer, die Prämisse Ihrer Frage ist ja wohl die, daß der Bundesfinanzminister in der Lage ist, Geld zu drucken. Diese Prämisse stimmt Gott sei Dank nicht. Der Bundesfinanzminister kann nur das Geld ausgeben, was er einnimmt. Nun können Sie sich ja nicht kühl und gelassen hinstellen und sagen: Nun tu' mal etwas, und mir gleichzeitig durch Ihre Fraktionssprecher bescheinigen lassen: Aber Mehreinnahmen gibt es nicht. Wie gesagt, Wunder dauern etwas länger, auch bei der CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesfinanzminister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Köhler?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Aber natürlich. Bitte schön.

Dr. Herbert W. Köhler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bevor ich die Frage stelle, möchte ich gern noch einmal festhalten, daß gegenwärtig 51 % des Steueraufkommens ans der Lohnsteuer und der Mehrwertsteuer stammen. Vor 15 Jahren, also dem Jahr, das Sie außerdem genannt haben -

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, stellen Sie bitte eine Frage!

Dr. Herbert W. Köhler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dann darf ich den Minister fragen: Herr Minister, um wie viele Prozentpunkte ist die Belastung der Masseneinkommen in den letzten 20 Jahren durch Lohnsteuer und Mehrwertsteuer gestiegen?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Die Mehrwertsteuer - darüber haben wir geredet ist in etwa gleich geblieben, aber mit einer deutlich abfallenden Tendenz am Gesamtsteueraufkommen. Das liegt an dreierlei: erstens an einem hohen Sparaufkommen in unserem - Lande - Sparguthaben sind nicht mehrwertsteuerpflichtig -; zweitens an der Tatsache, daß wir einen hohen Exportüberschuß haben Exporte werden von der Mehrwertsteuer befreit -; und drittens an der Tatsache, daß viele deutsche Bürger ihren Urlaub auf Mallorca und anderswo verbringen, Mehrwertsteuer bezahlen, aber leider nicht an den Bundesfinanzminister. Was die Lohnsteuer anlangt, so können wir feststellen, daß wir hier eine Art Gesetz haben das wir durch die Einkommen- und Lohnsteuerreform des Jahres 1975 wenigstens vorübergehend deutlich durchbrochen haben -, nach dem sich das Lohnsteueraufkommen alle fünf Jahre verdoppelt. Ich bekenne mich zu diesem Mehrwertsteuerpaket auch deshalb, weil es über Kindergeld - das muß man bei der Steuerbelastung ja wohl auch berücksichtigen -, wie über Sonderausgabenhöchstbeträge und über Freibeträge bei den unterhaltspflichtigen Vätern und Müttern unübersehbare Entlastungen schafft. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Gestatten Sie noch eine Frage, Herr Minister?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Sicherlich. Aber dann muß ich auch einmal reden dürfen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Die Entscheidung, ob Sie die Fragen zulassen, Herr Bundesminister, liegt ganz bei Ihnen.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Herr Präsident, ich bin ein äußerst höflicher Mensch. Das ist ja bekannt.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das ist unbestritten. ({0})

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Bitte schön.

Dr. Herbert W. Köhler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ich hätte mich nicht noch einmal zu einer Zwischenfrage gemeldet, aber Sie haben die Frage nicht beantwortet. Deswegen wiederhole ich sie: Um wie viele Prozentpunkte ist die Besteuerung der Masseneinkommen, Lohnsteuer und Mehrwertsteuer zusammengenommen, in den letzten 10, 15 oder 20 Jahren gestiegen? Diese Zeiträume dürfen Sie sich aussuchen, weil ich nicht annehmen kann, daß Sie jede Zahl parat haben.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Nein, darum möchte ich Sie auch sehr herzlich bitten. Ich bin natürlich kein wandelndes Lexikon. Aber ich habe Ihnen gesagt: Die Lohnsteuer ist von 11 % im Jahr 1952 auf 31 % am Steueraufkommen gestiegen. Das ist eine gewisse Belastung. Aber gerechterweise muß ich dann wohl auch hinzufügen: In dieser Zahl wird auch etwas anderes sichtbar, nämlich die starke Steigerung der der Lohnsteuer unterliegenden Einkommen denn wer viel verdient, zahlt mehr Steuern und die Tatsache, daß sich die Zahl der Lohnsteuerpflichtigen insgesamt erhöht hat. Die von Ihnen erbetenen Zahlen werden Ihnen vom Wissenschaftlichen Dienst des Finanzministeriums nachgereicht werden. ({0}) - Bitte schön. Ich möchte einen weiteren Einwand, der hier geäußert wurde, ausräumen. Ich glaube, es war der Kollege Spilker, der gesagt hat, wir könnten doch nicht ununterbrochen die Steuerlastquote nach oben treiben. Herr Kollege Spilker, ich weiß nicht, von weichem Land Sie da reden. Von der Bundesrepublik Deutschland können Sie eigentlich nicht sprechen; denn da sieht es so aus, daß sich die Steuerlastquote, die 1969, dem letzten Jahr der Großen Koalition, 24 % betrug, 1976 gerade noch auf 23,4 % belief. Davon muß man einen Prozentpunkt Kindergeld abziehen, weil das Kindergeld ja durch die öffentlichen Kassen läuft, zurückgezahlt wird, die Steuerlastquote anhebt, aber im Endeffekt nur rechnerisch. Ich meine, Sie müßten dieses Argument korrigieren. Im internationalen Vergleich sehen wir hier sehr gut aus. Da gibt es nur ganz wenige Länder, die eine geringere Steuerlastquote haben. Sie kennen die Zahlen; ich brauche sie hier nicht vorzutragen. Nun spielt - das ist mein zweiter Punkt - in dieser Debatte die Lage der Gemeindefinanzen eine große Rolle, die Notwendigkeit, hier etwas zu tun. In der SPD-Fraktion, in der CDU-Fraktion, in der FDP-Fraktion gibt es hier Besorgnisse. Ich glaube, ich sollte einfach Tatsachen vortragen, damit wir wissen, über was wir reden. Die erste Tatsache ist die, daß ich als Sozialdemokrat stolz darauf bin, daß die Soziademokraten in ihrer ersten Regierungsbeteiligung von 1966 bis 1969 es durchgesetzt haben, daß in der sogenannten Gemeindefinanzreform die Finanzkraft der Gemeinden kräftig gestärkt worden ist. ({1}) - Also, Herr Häfele, wenn Sie Anspruch erheben, hier mit vom Ruhm bekleckert zu werden, dann ist dies sofort konzediert; denn Sie waren mit uns in der Großen Koalition. ({2}) - Und Franz Josef Strauß war Finanzminister. Schön, gebucht. ({3}) Nur, meine hochverehrten Damen und Herren, dies muß ich vielleicht hinzufügen: die 20 Jahre vorher waren Sie nicht in der Lage, dieses drängende Problem zu lösen. ({4}) Dies war ja wohl,- das kann ich nachträglich sagen, um so mehr, als der Kollege diesem Hohen Hause nicht mehr angehört - das Werk und das Verdienst von Dr. Möller, der dieses in der Opposition - bei den Sozialdemokraten - vorbereitet und dann in der Großen Koalition durchgesetzt hat. ({5}) - Ich bitte Sie, Sie haben ja Ihr Verdienst. Nun lassen Sie mich doch mal einen Augenblick reden. ({6}) - Herr Kiesinger, auch Sie werden gelobt, ich bitte Sie; ist doch gar kein Problem. ({7})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Der Herr Redner möchte keine weiteren Zwischenfragen zulassen.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Eine kleine Sekunde, Herr Waffenschmidt. Es muß ja auch ein bißchen einen Faden geben. - Wir sind heute in einer so guten Stimmung, warum nicht auch den Herrn Dr. Kiesinger loben? ({0}) Nun wollen wir uns die Zahlen dieses Werkes angucken. Die Zahlen dieses Werkes sehen folgendermaßen aus. Die Gemeinden hatten im Jahr 1970 10,8 % am gesamten Steueraufkommen, und sie hatten im letzten Jahr 12,8 %. Das heißt, der Anteil der Gemeinden am gesamten Steueraufkommen hat sich in den fraglichen sechs Jahren auf Grund der Gemeindefinanzreform um rund 20 % verbessert. Die Zeche hat natürlich jemand bezahlt, im wesentlichen der Bund. Der Anteil des Bundes am Steueraufkommen fiel im gleichen Zeitraum von 54 % auf 48,8 % zurück. Dabei muß ich der intellektuellen Redlichkeit wegen hinzufügen: dies hat natürlich etwas damit zu tun, daß sich die Europäische Gemeinschaft in diesen sechs Jahren in einer exorbitanten Weise am Bundessteueraufkommen beteiligt hat. Nun muß ich aber etwas Wasser in den Wein gießen, wenn hier gesagt wird, an den aktuellen Problemen der Gemeinden sei der Bund mit seiner Gesetzgebung schuld. 1970 haben die Länder - alle elf Länder, ich mache hier bewußt keinen Unterschied zwischen solchen und solchen Ländern - fast 19 % ihres Steueraufkommens an die Gemeinden weitergegeben. Sie haben das im Jahre 1976 gerade noch mit 16,8 % gemacht. Was wird daraus sichtbar? Die Länder haben ihre direkten und indirekten Zuweisungen an die Gemeinden prozentual stark abgesenkt, und zwar, wenn wir genau rechnen, um mehr als 10 %. Hätten die Länder nur den Anteil dessen gehalten, was sie 1970 aus ihren Haushalten an die Gemeinden gegeben hatten, nämlich diese fast 19 %, dann hätten die Gemeinden im letzten Jahre über 3 Milliarden DM mehr in den Kassen gehabt. Das heißt für midi, daß ich mich dafür einsetzen werde, daß natürlich der Bund seine Verpflichtung gegenüber den Gemeinden übernimmt - das steht in der Regierungserklärung, darauf haben Sie zu Recht hingewiesen, Herr Dr. Weber hat das zitiert -, daß aber die Länder an ihre originäre Verpflichtung erinnert werden. Es darf nicht so sein, daß die Länder ihre Finanzen zu Lasten dritter sanieren, einmal zu Lasten des Bundes und zum zweiten zu Lasten der Gemeinden. So kann nicht gespielt werden. ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Waffenschmidt, ich gehe davon aus, daß der Redner keine weiteren Zwischenfragen zuläßt.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Doch. Davon kann man überhaupt nicht ausgehen. Ich hätte nur noch gern einen Satz hinzugefügt, Herr Waffenschmidt, damit wir das ganze Bild haben. Der Bund dagegen hat im Jahre 1970 700 Millionen DM an die Gemeinden gezahlt und im letzten Jahr 3,8 Milliarden DM. Wir haben also unsere Leistungen an die Gemeinden - wenn man das einmal berechnet - mindestens verfünffacht. So, nun haben Sie das ganze Bild. Nun bin ich sehr gerne bereit, Ihre Zwischenfrage zu beantworten.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Bitte schön, Herr Abgeordneter Waffenschmidt.

Dr. Horst Waffenschmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002403, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, sind Sie bereit, zuzugeben, daß dieses Bild sehr einseitig wirkt, wenn man nicht auf der anderen Seite die erheblichen Belastungen durch die Bundesgesetzgebung hinzunimmt? Ich nenne als Beispiel nur das Bundessozialhilfegesetz, das immerhin dazu geführt hat, daß die Belastungen der kommunalen Körperschaften seit 1969 von 3,5 Milliarden DM auf 10 Milliarden DM angestiegen sind, die Gemeinden heute das Netz der sozialen Sicherheit also in beachtlichem Maße mittragen - ohne entspredienden finanziellen Ausgleich. ({0})

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Aber Herr Kollege Waffenschmidt, dazu ist doch wohl dreierlei zu sagen. Erstens. Wenn ich midi recht erinnere, gehören Sie schon seit längerer Zeit diesem. Hause an. Wenn ebenso recht erinnere, haben Sie mit der CDU/ CSU-Fraktion diesem Bundessozialhilfegesetz zugestimmt. Oder irre ich mich. da? ({0}) - Na gut, dann schlagen Sie an Ihre eigene Brust und- sagen Sie: Waffenschmidt hat einen Fehler gemacht. Argumentieren Sie hier nicht so gegen die Bundesregierung, sondern kritisieren Sie sich bitte dann auch selbst. ({1}) Zweitens. Dieser Punkt scheint mir viel wichtiger zu sein als das, was Sie vielleicht als eine Art Retourkutsche empfinden werden: Ist es nicht so, daß der- Bundesrat als die zweite Kammer bei allen die- sen Gesetzen das Recht zur vollen Mitwirkung, ja gegebenenfalls das Vetorecht hat? Besteht nicht der Bundesrat auf diesem Vetorecht, und wie hat sich der Bundesrat eigentlich in dieser Frage verhalten? Man kann in dieser Frage doch nicht von seiten der Länder und auch der CDU/CSU-Fraktion nach dem Motto verfahren „Haltet den Dieb". ({2}) Diese Parole zieht nicht, weil sie jeder durchschauen kann. ({3}) - Wenn Sie gestatten, hätte ich gern noch eine dritte Bemerkung gemacht. Im übrigen, Herr Kollege Waffenschmidt, wissen Sie, daß wir hier in diesem Deutschen Bundestag Rahmengesetze erlassen, deren Ausführung den Ländern obliegt. Deswegen wird die Sozialhilfe in den Bundesländern durchaus unterschiedlich gehandhabt. Deswegen muß man vielleicht auch vor Ort Verantwortung übernehmen. ({4}) Im übrigen, wenn in Ihrer Frage impliziert sein sollte und wenn der Eindruck entstanden sein sollte, daß der Bundesfinanzminister etwas gegen die Sozialhilfe habe und meinte, hier lägen in einem hohen Maße Sparreserven, dann möchte ich dem ganz entschieden widersprechen. Ich lehne es ab, das Netz der sozialen Sicherheit abzubauen. ({5})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Ja.

Dr. Horst Waffenschmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002403, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Finanzminister, noch eine letzte Frage: Sind Sie denn bereit, im Zusammenhang mit der Bundesverantwortlichkeit zuzugeben, daß der Bundeskanzler - es wurde heute schon einmal erwähnt - in seiner Regierungserklärung sagte, er wolle dafür sorgen, daß weitere schwere finanzielle Belastungen für die Gemeinden vermieden würden, aber wenig darauf Initiativen seitens der Bundesregierung kamen, die sich bei den Gemeinden mit über 3 Milliarden DM negativ niederschlagen? Dies ist keine Politik zugunsten, sondern zu Lasten der Gemeinden.

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Herr Kollege Waffenschmidt, immer genau sein! Der Bundeskanzler hat in der fraglichen Ziffer 93 folgendes gesagt: Darüber hinaus bemüht sich die Bundesregierung, in ihrer zukünftigen Gesetzgebungsarbeit zu verhindern, daß den Städten, Kreisen und Gemeinden zusätzliche erhebliche finanzwirtschaftliche Belastungen ohne entsprechenden Ausgleich zugemutet werden. Herr Kollege Waffenschmidt, ich habe gerade versucht, durch meine Argumentation zwei Dinge deutlich zu machen. Erstens. Der Bundesfinanzminister geht in die Verhandlungen über die Neuverteilung der Umsatzsteuer mit der Absicht hinein, die Länder dazu zu bringen, aus ihrer Finanzhoheit - die Finanzmasse der Länder umfaßt laut Grundgesetz auch die Gemeinden - den Gemeinden einen Ausgleich zu gewähren. Zweitens. Wenn es so ist, wie ich gesagt habe - und die Zahlen stehen ja unstreitig fest -, nämlich daß es die Länder waren, die in den letzten sieben Jahren 3 Milliarden DM Zuweisungen an die Gemeinden nicht vorgenommen haben, dann haben wir beide vielleicht doch den richtigen Adressaten gefunden. Dies soll aber überhaupt nicht heißen, daß ich mich aus einer Verantwortung herausmogle. Ich komme damit zum dritten Bereich. Ich stelle mit großem Vergnügen fest, daß die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in der heutigen Debatte aufs neue einen Salto - ich sage nicht: einen Salto Mortale - geschlagen hat. Wie war denn das 1975/76? Haben Sie nicht von diesem Pult aus und im Bundestagswahlkampf mit bewegten Worten vom „Staatsbankrott", von der „Krise der Staatsfinanzen", vom „Ausverkauf der öffentlichen Finanzen", von der „Zerrüttung der finanzwirtschaftlichen Grundlagen dieses Staates" geredet? ({0}) - Na und? Ich komme darauf gleich zurück. Stellen Sie sich nicht heute hierher und sagen: Wir brauchen nicht einmal diesen einen Prozentpunkt Mehrwertsteuer; wir können alle diese Steuererleichterungen vornehmen, alles, diese sechs, sieben, acht Milliarden; denn die Steuereingänge sind ja so großartig. Herr Gaddum hat im Bundesrat sogar davon gesprochen, daß sich die Staatsfinanzen in dramatischer Geschwindigkeit verbessern. Na, ich bitte Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren: Was stimmt denn nun?({1}) Das ,,Finanzchaos" des vorigen Jahres oder der Zweckoptimismus dieses Jahres? Sie müssen sich entscheiden. Sie können nicht dem deutschen Wähler innerhalb von zwölf Monaten eine Argumentation vorstellen, die sich total umgekehrt hat. Ich bitte Sie: Die Grunddaten sind die gleichen geblieben, wenn sie sich auch - zugegeben nuanciert haben. Ich bitte Sie, nicht auf diese Art und Weise an die Vergeßlichkeit der Wähler und die Kurzsichtigkeit von Presseorganen zu appellieren, sondern die Position, insbesondere den Positionswechsel, deutlich zu machen. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reusdienbach?

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Aber sehr gern, Frau Präsident!

Peter W. Reuschenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, wollen Sie nicht ein bißchen Rücksicht darauf nehmen, daß die sogenannte Strategiekommission noch nicht gebildet ist und daß Ihre Forderung vielleicht erst danach erfüllt werden kann? ({0}),

Dr. Hans Apel (Minister:in)

Politiker ID: 11000043

Herr Reuschenbach, für mich ist eine ganz andere Frage interessant. Die CDU 1975/76 war die CDU des Staatschaos und der Zerrüttung der Staatsfinanzen. Die CDU 1977 ist die Partei der übervollen Kassen und der Großzügigkeit bei den Ausgabemöglichkeiten. Was wird wohl die CDU 1978 sein? ({0}) Ich kann diese Frage überhaupt nicht beantworten. Denn mir liegt ein ganzer Packen völlig unterschiedlicher Zitate vor. Das reicht von „Ein Punkt Mehrwertsteuer ist gut" über „Wir werden das alles ablehnen" bis „Wir haben noch "ne süße Überraschung im Hinterhalt". Also die CDU 1978 wird uns mit einer neuen Perspektive beglücken. Nur eines sage ich Ihnen heute schon: Auch diese wird nicht übermäßig überzeugend sein. ({1}) Damit möchte ich gern zu einer Schlußbetrachtung kommen. - Was die Steuerpolitik braucht, ist möglichst Parallelität zwischen Haushaltsberatungen und steuerpolitischen Entscheidungen. Es wäre vernünftig, wenn es bei uns gelänge - ich rede bewußt im Konjunktiv, weil ich weiß, wie die Realitäten sind -, zusammen mit dem Bundeshaushalt ein Steuerentlastungs- oder ein Steuererhöhungspaket oder eine Mischung aus beiden vorzulegen, die dann den konjunkturpolitischen und den fiskalpolitischen Möglichkeiten angepaßt sind. So findet das in anderen europäischen Staaten statt. Das Parlament entscheidet dann uno actu über beides. Der Vorteil wäre im übrigen, daß Steuerpolitik dann nicht zu schwerwiegenden Auseinandersetzungen führt, sondern sich auf das reduziert, was sie ist: Eine Frage der Praktikabilität, der Gerechtigkeit Jahr für Jahr - die ist ja jeweils neu zu definieren - und der Notwendigkeit. Wir schaffen das nicht. Bei uns werden Steuergesetze infolge der Gegebenheiten des Grundgesetzes - darüber beklage ich mich überhaupt nicht - zu langwierigen Prozessen. Und dann kann man in der Tat Zitate des Jahres 1974 - wie man meint, mit Erfolg - auch noch im Jahre 1977 vorbringen, obwohl sich eben inzwischen die ökonomischen Gegebenheiten total verändert haben. Zwischen meiner damaligen Aussage, die aus der damaligen Sicht richtig war, und den Gegebenheiten der Jahre 1975 und 1976 lagen eben Welten: die Welt der tiefen Weltwirtschaftsrezession, die Konsequenzen für den Bundeshaushalt, die Notwendigkeit zu reagieren. Ich meine, dieser Föderalismus, den ich so akzeptiere, an dem ich nicht rüttele - Fakten werden zur Kenntnis genommen -, ist nicht nur in der Gefahr, dieses notwendige Instrument schnellen Handelns bei Ausgaben und Einnahmen in Frage zu stellen. Was mich viel mehr beunruhigt, ist, daß darüber hinaus die Bundesregierung in ihren internationalen Verpflichtungen, die ja im wesentlichen finanzieller Art sind, immer mehr von Entscheidungen abhängig wird, die aus ganz anderen Motiven getroffen werden. Am Ende werden Entwicklungshilfe, EG-Politik, Nord-Süd-Dialog und ihre finanziellen Konsequenzen zu einem Schlagstock im Bundesrat zwischen Bundesländern und Bundesfinanzminister. Ich bitte Sie: Wie bietet sich dann diese Republik eigentlich weltweit dar? Dieses Bild ist doch beschämend. Wollen wir das eigentlich in den nächsten Jahren fortsetzen, oder haben wir nicht die Verpflichtung, den Föderalismus in der Tat kooperativ funktionsfähig zu machen, insbesondere im Bereich der Steuerpolitik? ({2}) Und der Bund muß auch darauf bestehen, daß der Art. 106 des Grundgesetzes, daß nämlich Bund und Länder gleichmäßig Anspruch auf die Deckung ihrer notwendigen Ausgaben haben, auch bei den Umsatzsteuerneuverhandlungen beachtet wird. Ich will Ihnen, da Sie danach gefragt haben, gerne sagen, wie ich - Sie werden diese Meinung nicht teilen und brauchen das auch nicht zu tun - die Aufgaben der Finanzpolitik - auch nach Verabschiedung dieses Steuerpakets - sehe. Haushaltskonsolidierung bleibt auch zukünftig notwendig. Sicherlich, die Marschgeschwindigkeit muß an den ökonomischen Gegebenheiten orientiert werden; das ist überhaupt keine Frage. Aber die Konsolidierung bleibt als Ziel notwendig, und die Abstützung des Aufschwungs bleibt ebenso notwendig. Und für dieses Ziel haben wir nun in den letzten zweieinhalb Jahren insgesamt - ohne die Steuereform - über 30 Milliarden DM ausgegeben. Finanzpolitik muß - und ich werde mich bemühen, diesen Zielen zu entsprechen - drei Elemente beinhalten. Erstes Element: Da muß Mut zur Wahrheit her. Ich weiß gar nicht, Herr Spilker, warum Sie in Ihrer durchaus netten Art polemisiert haben. Natürlich habe ich Ende 1974 das gesagt, was Sie zitiert haben. Aber haben nicht die Sozialdemokraten und die Freien Demokraten im Gegensatz zu dem, was Sie an Eiertanz und Verschleierung versucht haben, im Wahlkampf deutlich gesagt, daß sie eine Mehrwertsteuererhöhung wollen? Wie können Sie denn eigentlich sagen, wir hätten gegen Grundsätze der Wahrheit verstoßen? Wir haben dem Wähler klar gesagt, was wir vorhaben. ({3}) - Nun lenken Sie doch nicht von unserer Debatte ab! ({4}) Und dies werden wir auch weiterhin tun. Finanzpolitik muß allerdings den Mut zur Korrektur haben. Finanzpolitik ist nicht etwas, was man geradeaus und ohne Rücksicht auf andere Daten fortsetzt; vielmehr muß man am Beginn einer Legislaturperiode auch steuerpolitische Signale setzen - und Frau Vizepräsidentin Funcke hat ja diese Signale dargestellt -, da muß man sagen, was man steuerpolitisch für notwendig hält. Und ich persönlich halte die Vermögensteuersenkung für ökonomisch notwendig. Da muß man dann allerdings ein drittes haben: auch Mut zum eigenen Ärgernis. Dann nämlich, wenn die Konjunkturpolitik einem deutlich macht, daß eine Mehrwertsteuererhöhung um zwei Punkte problematisch ist, muß man Mut zum eigenen Ärgernis haben, muß man seine eigenen Ziele und Projektionen auch korrigieren. Ich habe diesen Mut zum eigenen Ärgernis - mit einigen anderen Freunden in der Koalitionsrunde und auch in den Koalitionsparteien - gehabt, und wir stehen dazu, weil wir Mut zur Entscheidung haben ({5}) und nicht hin- und herreden wie Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren. Nur, eines sage ich Ihnen ganz offen: Wenn Sie meinen, hier Vorschläge vortragen zu sollen, die auf 6, 7, 8 Milliarden DM Steuererleichterungen hinauslaufen - Frau Funcke hat Ihnen ja vorgeführt, was Sie sonst noch alles wollen -, ohne einen Punkt Mehrwertsteuer zu haben, dann haben Sie augenscheinlich vor, das Schiff leckzuschlagen. ({6}) Dafür kann man Verständnis haben. Denn Ihre Politik ist natürlich sehr viel weniger konstruktiv, als wir uns das wünschten. Sie wollen uns Schwierigkeiten machen; das ist Ihr Hauptziel. Sie denken weniger an das Gemeinsame als an das Partikulare. Nur, erwarten Sie bitte nicht von uns, daß wir das mitmachen! Vor allen Dingen - das müssen Sie sehr deutlich wissen; darüber sind sich beide Koalitionsfraktionen und auch das Kabinett einig -: Draufsatteln gibt es nicht mehr. ({7}) Wer mehr will, wer das Paket noch anreichern will - in welchem Gremium auch immer -, der bringt es zum Scheitern. Wir werden heute eine Entscheidung treffen. Die Debatte ist aber damit nicht zu Ende. Wir gehen in den Bundesrat. Die Haltung im Bundesrat scheint mir sehr viel offener zu sein als die Haltung der CDU/CSU-Fraktion hier. Die Bundesländer werden uns anschließend in den Umsatzsteuerneuverhandlungen ihre Rechnung aufmachen. Bei dieser Gelegenheit wird dann auch das Gemeindethema anzusprechen sein. Ich mache mir über die Schwere dieser Auseinandersetzung überhaupt keine Illusionen. Sie werden verstehen, daß ich dabei die Interessen des Bundes zu wahren und zu vertreten habe. Aber selbstverständlich wird die Saldenmechanik der heutigen Beschlüsse und der Beschlüsse des Bundesrates in die Umsatzsteuerneuverteilung einzugehen ha2358 ben. Ich bin davon überzeugt, daß am Ende ein Steuerpaket steht, das ein großer Erfolg dieser sozialliberalen Koalition im ersten Halbjahr ihrer Aktivität ist. Wir werden uns dann gemeinsam dazu beglückwünschen können. Denn wir haben solidarisch gemeinsam etwas durchgesetzt, was widrig war, was schwierig war, was von Ihnen keine Unterstützung gefunden hat, was aber ökonomisch und steuerpolitisch notwendig ist. ({8})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Häfele.

Dr. Hansjörg Häfele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000774, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Entwicklung der letzten Monate hat die Auffassung der CDU/CSU bestärkt, daß das Mehrwertsteuererhöhungspaket der Bundesregierung mehr Nachteile als Vorteile hat. ({0}) Wir finden es erfreulich, daß die Bundesregierung - spät genug - am 24. Mai dieses Jahres einen Rückzieher gemacht und die Anhebung der Mehrwertsteuer halbiert hat. Wir fordern die Bundesregierung auf, vollends konsequent zu sein und ihren Mehrwertsteuererhöhungsplan überhaupt fallenzulassen. ({1}) Ich darf die Hauptgründe, die nach unserer Überzeugung gegen die Anhebung der Mehrwertsteuer sprechen, noch einmal kurz zusammenfassen. Erstens. Der Mehrwertsteuererhöhungsplan ist wirtschaftspolitisch verfehlt. Unsere Wirtschaftslage ist nach wie vor durch Arbeitslosigkeit, Inflation, Investitionsschwäche und durch eine Rekordwelle von Firmenschließungen gekennzeichnet. Die Wirtschaftsschwäche, die anhaltende Wirtschaftsschwäche ist in erster Linie eine Kostenkrise. In dieser Lage müssen wir alles tun, um Kostensteigerungen zu vermeiden. Auch die Steuerpolitik hat in dieser Lage vor allem die Aufgabe, keine Kostensteigerungen draußen im Lande hervorzurufen. Dieser Mehrwertsteuererhöhungsplan wird aber genau Preis-, Kosten- und Lohnsteigerungen hervorrufen, zwar nur etwa zur Hälfte, nachdem die Anhebung halbiert worden ist, aber doch so empfindlich, daß neue Gefahren für die Preis-Lohn-Spirale entstehen mit der Folge, daß bei den Tarifverhandlungen die Preissteigerungen natürlich mit in die Überlegungen einbezogen werden oder - und das ist in dem einen oder anderen Fall vielleicht noch schlimmer - daß die Ertragsschwäche der Betriebe verschlimmert wird, weil sie es nicht weiterwälzen können, oder daß ihre Verlustlage verschlimmert wird, weil sie es erst recht nicht weiterwälzen können. Dies haben sämtliche wirtschaftswissenschaftliche Institute Ende April dieses Jahres bestätigt, und sie haben im Gegensatz zu ihrer früheren Meinung übereinstimmend vor jeder Anhebung der Steuerlast in dieser Lage gewarnt. ({2}) Soweit in diesem Paket auch sogenannte Entlastungen für die Wirtschaft enthalten sind - in Höhe von etwa 2 Milliarden DM -, werden diese Scheinentlastungen mehr als saldiert durch die Kostensteigerungen als Folge der Mehrwertsteueranhebung. Eine einfache Rechnung ergibt dies: Wir haben im nächsten Jahr eine Bruttolohn- und -gehaltssumme von rund 500 Milliarden DM. Wenn die Preissteigerung etwa 0,7 % ausmacht und als Folge davon mehr Löhne und Gehälter bei den Tarifverhandlungen durchgesetzt werden, dann wird dadurch die Lohn- und Gehaltsumme mit Lohnnebenkosten um 3 bis 4 Milliarden DM gesteigert. Auf der einen Seite haben wir also eine sogenannte Entlastung für die Wirtschaft um 2 Milliarden DM, auf der anderen Seite eine Kostenmehrbelastung von 3 bis 4 Milliarden DM. ({3}) Auch die öffentlichen Haushalte werden natürlich von dieser Entwicklung erfaßt. Deswegen, Herr Bundesfinanzminister Apel, ist Ihre Rechnung nicht zutreffend. Sie wissen, daß auch die öffentlichen Hände, vor allem die Länder und die Gemeinden, durch dieses Paket belastet werden. ({4}) Aber es ist, zumindest auf längere Sicht, noch zu berücksichtigen, daß auch beim Bund kraft der Tarifautonomie die Lohnkosten steigen werden, so daß in der Saldierung nicht einmal das haushaltspolitische Ziel, das Sie haben, erreicht wird. Die Gemeinden werden noch stärker belastet, und auch die Länder müssen Federn lassen. Sie können das nicht abstreiten, Herr Finanzminister. Wir sind völlig einig, daß wir in der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kiesinger und Finanzminister Franz Josef Strauß gemeinsam mit Ihnen die Steuerreform für die Gemeinden gemacht haben, die Gemeindefinanzreform. Das war eine echte Reform, die mit den 14 % Anteil an der Einkommen- und Lohnsteuer ihren Namen verdient hatte. ({5}) Aber Mitte Dezember letzten Jahres haben Sie eine neue Regierungserklärung abgegeben. Sie haben versichert, die Gemeinden würden keine zusätzlichen finanziellen Belastungen mehr erfahren. Aber genau im Gegensatz dazu steht dieses Gesetz - natürlich auch das 7 b-Gesetz, das wir kürzlich gemeinsam verabschiedet haben. Das ist ein Widerspruch zu Ihrer Regierungserklärung; davon kommen Sie nicht los. ({6}) Ich fasse zusammen. Alle die wirtschaftspolitischen Gründe, die Sie selbst angeführt haben, als Sie Ende Mai die Halbierung der Anhebung der Mehrwertsteuer beschlossen haben, gelten folgerichtig für die gesamte Anhebung der Mehrwertsteuer. Nun seien Sie doch konsequent und ziehen Sie endlich aus dieser wirtschaftspolitischen Situation die Schlußfolgerung, damit wir wirtschaftspolitisch wieder Schritt für Schritt in ein solides Fahrwasser kommen! Wenn Sie das nicht tun, Herr Bundesfinanzminister, wie wollen Sie dann das Wachstumsziel von real 5 °/o im kommenden Jahr erreichen, das Sie bei der Londoner Konferenz kürzlich als Zielgröße zugesagt haben? Sie werden Ihre sowieso nicht in dem Maße vorhandenen Wachstumschancen noch mehr verschlechtern, und dafür tragen Sie dann die Verantwortung. Das muß eindeutig klar sein. ({7}) Zweitens. Das Steuererhöhungspaket der Bundesregierung ist steuerpolitisch verfehlt. Natürlich sagen Sie jetzt, nach Ihrem Rückzieher: Wir geben genau gleichviel an Entlastungen wieder zurück, wie wir durch die Anhebung der Mehrwertsteuer vorher einnehmen. Aber erstens ist zu prüfen, wofür diese Entlastungen gewährt werden, und zweitens gewähren Sie sie eben unter der Bedingung, daß die Mehrwertsteuer vorher angehoben wird. Mit der einen Hand wird also genommen und mit der anderen wird gegeben. Worum handelt es sich denn tatsächlich bei diesen Entlastungen, denen wir natürlich zustimmen? Heute haben wir einen Gesetzentwurf in diesem Hohen Hause eingebracht, den Entwurf eines Ersten Gesetzes zum Abbau der Überbesteuerung, um klar zum Ausdruck zu bringen, daß wir selbstverständlich für Entlastungen sind, daß wir sie allerdings als einen ersten Schritt noch aufstocken möchten um die Verdoppelung des Weihnachtsfreibetrages für Arbeitnehmer von 100 auf 200 DM. ({8}) Die Entlastungen, die in Ihrem Paket enthalten sind und die wir begrüßen, enthalten im Grunde nichts anderes als Reparaturen, die ohnedies seit Jahren überfällig sind. Am Beispiel des Kindergeldes wird Ihre verfehlte Steuerpolitik besonders deutlich. Sie bieten auf der einen Seite 10 DM für das Zweitkind; es soll statt 70 DM 80 DM Kindergeld bekommen. Die Mehrwertsteuererhöhung belastet die durchschnittliche VierKopf-Familie um rund 15 bis 20 DM. Mit der einen Hand geben Sie 10 DM, mit der anderen nehmen Sie 15 bis 20 DM. Wir haben in diesen Monaten in diesem Hohen Haus eine Anpassung des Wohngeldgesetzes an die inflationäre Entwicklung der letzten Jahre verabschiedet, ferner eine Anpassung der Sätze des BAföG an die inflationäre Entwicklung, und zwar in beiden Fällen nur eine unzureichende Anpassung wegen der Kassenlage des Bundes; das wissen wir. Aber kein Mensch hat hier gesagt: Ich kann diese Anpassung an die inflationäre Entwicklung nur vollziehen, wenn ich vorher die Mehrwertsteuer anhebe. Genau dieses tun Sie aber in einem Punkt, wo ohnedies ein skandalöser Rückstand in unserem Lande besteht, nämlich beim Kindergeld. ({9}) Sie sagen: Ich kann das Kindergeld an die inflationäre Entwicklung nur anpassen - und dies nur unzureichend -, wenn ich vorher den gleichen Leuten das gleiche oder noch mehr wegnehme.. Das ist keine seriöse Steuerpolitik, die irgend jemand noch verantworten kann. Ähnlich ist die Lage bei der überfälligen Anpassung der Sonderausgabensätze oder bei der Anhebung oder Neueinführung der Freibeträge bei der Gewerbesteuer. Im Grunde handelt es sich hier um nichts anderes als um einen unzulänglichen Teilabbau der heimlichen Steuererhöhungen seit dem 1. Januar 1975. Am 1. Januar 1978 werden drei Jahre ins Land gegangen sein, in denen wir diese Steuerreform haben. Seitdem haben wir eine inflationäre Entwicklung, und die Beträge müssen von Zeit zu Zeit angepaßt werden. Dafür darf aber genau die Mehrwertsteuer nicht zur Verfügung stehen. Ihr Paket ist eben nicht aufkommensneutral, wie Sie behaupten, sondern in Wirklichkeit ist es so: Wenn Sie einen Abbau der heimlichen Steuererhöhungen nur vollziehen, falls Sie vorher die Mehrwertsteuer anheben, dann billigen Sie im Grunde die heimlichen Steuererhöhungen der kommenden Jahre. Genau dies ist steuerpolitisch absolut unzulässig. ({10}) Das Steueränderungsgesetz 1977 der Bundesregierung ist also, wenn man genau rechnet, nach wie vor ein Steuererhöhungsplan. Nun kommen Sie, Herr Bundesfinanzminister, mit der berühmten Steuerlastquote. Entscheidend sind aber doch nicht nur die absoluten Zahlen - die sind schlimm genug -, sondern entscheidend ist vor allem die Entwicklung. Nach Ihren Papieren, die Sie im Finanzausschuß nach der neuesten Steuerschätzung haben vorlegen lassen, entwickelt sich die Steuerlastquote so: Im Jahre 1976 - das sind die neuesten Daten mit einer gewissen Fortschreibung - kommen Sie auf 23,87 v. H., im Jahre 1977 auf die Rekordmarke von 24,48 v. H. Das ergibt im Vergleich zum Vorjahr weit über ein halbes Prozent, fast ein Prozent mehr Steuerlast, selbst bei Berücksichtigung der Gesetze, die wir beschlossen haben, etwa des Gesetzes zu § 7 b. Diese Entwicklung der Steuerlastquote, meine Damen und Herren, gibt keinen Grund zur Bagatellisierung, sondern es ist doch heute schon programmiert, daß die Entwicklung bei der Steuerlastquote in den kommenden Jahren - auch bei Verabschiedung dieses Gesetzes - auf über 25 % gehen wird. Das Entscheidende ist, daß eine gewaltige Umschichtung beim Steueraufkommen in den letzten zehn Jahren stattgefunden hat. Vor zehn oder auch zwanzig Jahren waren es doch noch in erster Linie die Gewinnsteuern, die dem Staat das Geld eingebracht haben. Heute sind über 50 % der Steuern Massensteuern, die die breitesten Schichten zu tragen haben. Damals waren es vielleicht 35 %, die die breitesten Schichten zu tragen hatten. Wenn Sie nun trotzdem die Steuerlastquote noch steigern, heißt das nichts anderes als: wer arbeitet, muß immer mehr Steuern zahlen, der Betrieb, der überhaupt noch lebt, muß immer mehr Abgaben entrichten; genau dies ist falsch. ({11}) Dies wird auch durch die neueste Steuerschätzung bewiesen. Es ist im Grunde eine Sensation gewesen, daß die neueste Steuerschätzung vom Mai dieses Jahres gegenüber der vom Dezember des letzten Jahres für das Jahr 1977 ein Mehr von 4,4 Milliarden DM Steuern zeigt, obwohl die zugrunde liegenden wirtschaftlichen Daten im Dezember noch viel optimistischer eingeschätzt wurden. Das ist eine Sensation, meine Damen und Herren. Das ist ein Beweis dafür, daß die heimlichen Steuererhöhungen in unserem Land wieder in einer erschreckenden Weise und mit der Folge zunehmen, daß immer mehr Bürger unseres Landes sagen: ich bin der Dumme, der ich durch Arbeit mein Brot erwerben will, weil ich durch die Steuer- und Abgabenpolitik dieser Regierung überhaupt nicht mehr einen Leistungsanreiz verspüre. ({12}) Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Gesamtabgabenlastquote; wir müssen alle Zwangsabgaben im Zusammenhang sehen. Der einzelne Arbeitnehmer, der Bürger draußen, fragt: Was bekomme ich netto, was habe ich frei verfügbar auf der Hand? Das interessiert ihn vor allem. Die Abgabenlastquote dürfte sich in unserem Land im Augenblick etwa der 40-%-Grenze nähern. Noch schlimmer ist die Grenzbelastung. Die Grenzbelastung ist der Betrag, der von einer Lohnerhöhung von 1 DM abgeht. In diesem Jahr ist das, was netto auf der Hand bleibt, gerade die Hälfte, also etwa 50 Pfennig. Das gilt für den durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmer. Bei den Facharbeitern wird schon wesentlich mehr abgezogen; es sind 60 Pfennig oder mehr. Der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer sagt: Es lohnt sich bald nicht mehr, sich durch Arbeit anzustrengen. Das ist das Kernproblem in diesem Zusammenhang. ({13}) So ist es auch mit dem Teil der Entlastung bei der Vermögensteuer. Hier handelt es sich nicht um eine Reform, sondern bei dem Entlastungsteil der Vermögensteuer handelt es sich um eine Teilreparatur des größten wirtschaftspolitischen Fehlers, den Sie bei der Steuerreform im Sommer 1974 durchgesetzt haben. ({14}) Wir sind für diese Teilreparatur; das ist für uns kein Problem. Wir haben damals schon davor gewarnt, welche verhängnisvollen Folgen es hat, daß Sie ausgerechnet zum Zeitpunkt einer dauerhaften Investitionsschwäche durchgesetzt haben, daß die Rahmenbedingungen für die Investitionstätigkeit in unserer Wirtschaft noch verschlechtert werden. Das ist auch eine Ursache für tausende von Firmenschließungen in unserem Land: daß die ertragsunabhängigen Steuern in den letzten Jahren angehoben worden sind. ({15}) Herr Wehner, wir haben Verständnis, daß es für einige Kollegen der SPD wirklich ein Problem ist, dieser Reparatur nicht nur zustimmen zu müssen, sondern sie um den Preis - das ist das Entscheidende - der Anhebung der Mehrwertsteuer akzeptieren zu müssen. Mit anderen Worten: den Fehler, den Sie mit der Anhebung der Vermögensteuer vor drei Jahren gemacht haben, muß jetzt der kleine Mann zahlen, indem er eine höhere Mehrwertsteuer entrichten muß. Es liegt völlig auf der Hand, daß das für Sie ein Problem ist. Für uns ist es klar - wir haben heute den Antrag eingebracht, er ist eine amtliche Drucksache geworden -: Wir wollen diese Reparatur; das ist für uns kein Problem. Wir wollen dies aber nicht um den Preis, daß der kleine Mann die Zeche zahlen muß. Deswegen sagen wir nein zum ganzen Paket in allen seinen Teilen. ({16}) Deswegen beantragt meine Fraktion eine namentliche Abstimmung zu Art. 1, Art. 6 und zur Schlußabstimmung dieses Gesetzentwurfs. Die Mehrwertsteuer darf nicht für Reparaturen, für den Abbau von heimlichen Steuererhöhungen, für die Anpassung von Sozialleistungen an die inflationäre Entwicklung zur Verfügung stehen. Dafür ist die Mehrwertsteuer zu schade. ({17}) - Herr Wehner, das ist für Sie sehr wichtig. Wenn Sie eine solide Finanz- und Steuerpolitik in Ihren Reihen durchsetzen wollen, ist es vielleicht gar nicht schlecht, wenn Sie etwas genauer zuhören. Die Mehrwertsteuer muß als Bewegungsraum für eine Steuerreform zur Verfügung stehen, die den Namen verdient. Dazu gehört der wirkliche Abbau der investitionshemmenden Gewerbesteuer im Sinne einer EG-Harmonisierung, wirklich die Einführung eines Einkommen- und Lohnsteuertarifs, bei dem der normale Arbeitnehmer sich nicht bestraft vorkommt. Das müssen dann aber echte Reformen sein und darf nicht nur der Abbau heimlicher Steuererhöhungen sein. ({18})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Westphal?

Dr. Hansjörg Häfele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000774, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte, Herr Westphal.

Heinz Westphal (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002489, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Häefele, ist dieses lächerliche Vorgehen hier in diesem Hause, dieses Gesetz und seine Einzelheiten abzulehnen und am gleichen Tag ein Gesetz einzubringen, das keiner der Kollegen bisher kennt und vor sich hat, in dem zur Hälfte dasselbe wie in dem heute zu beschließenden Gesetz steht, Ihre komische, süße Überraschung? ({0})

Dr. Hansjörg Häfele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000774, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Eine angenehme Überraschung wäre es, wenn Sie sich endlich dazu aufraffen könnten, den Entlastungen, die wir z. B. mit der Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages beim Weihnachtsfreibetrag fordern, zuzustimmen, ohne den kleinen Mann mit der Mehrwertsteuer zu belasten. ({0}) Herr Finanzminister Apel, Sie haben beim Deutschen Steuerberaterkongreß am 2. Mai, auf dem wir gemeinsam waren, den markigen Satz geprägt, der Marsch in den Lohnsteuerstaat müsse gestoppt werden. Ich freue mich, daß Sie den Schlußsatz meiner Mehrwertsteuerrede vom 23. Januar 1976 in diesem Hohen Hause damit übernommen haben; dafür bin ich Ihnen dankbar. Aber was tun denn Sie, meine Damen und Herren? Das sind doch keine Entlastungen, die dem Arbeitnehmer wirklich helfen, was Sie in diesem Paket machen. Nein, Sie belasten ihn auf der anderen Seite mit der Mehrwertsteuer. In Wirklichkeit tun Sie folgendes: Den Marsch in den Lohnsteuerstaat setzen Sie fort, und den Marsch in den Mehrwertsteuerstaat treten Sie zusätzlich an. Das ist Ihre Politik. ({1}) Drittens. Der Mehrwertsteuererhöhungsplan der Bundesregierung ist ordnungspolitisch verfehlt. Wer heimliche Steuererhöhungen billigt - und die billigen Sie, weil Sie den Abbau durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer ausgleichen, womit die Steuerlastquote immer höher wird -, vergrößert in der Tendenz den Staatsanteil. Denn es ist ganz klar: Wenn dem Staat immer mehr Steuern zufließen, dann ist auch die Tendenz da, dieses Geld auszugeben, statt es an die Bürger und die Wirtschaft zurückzugeben, was an sich eine notwendige wirtschaftliche Folge wäre. Herr Finanzminister, Sie haben selber die Zahlen vorgelegt. Nach Ihren neuesten Steuerschätzungen wächst das nominelle Bruttosozialprodukt dieses Jahr um 8,4 %. Die Steuereingänge wachsen aber im Vergleich zum Vorjahr um 11,1 %. Hier entsteht ein bestimmter Schein. Genau dieser darf aber nicht entstehen. Wir dürfen doch den Fehler der ersten 70er Jahre nicht wiederholen, daß der Staat jahrelang laufend die heimlichen Steuererhöhungen kassiert hat, statt sie den Bürgern und den Betrieben rechtzeitig zurückzugeben, damit draußen damit etwas geleistet und investiert wird. Auf diese jahrelangen heimlichen Steuererhöhungen hat der Staat Programme und Versprechungen gegründet, bis dann das große Desaster kam und, viel zu spät, genötigt durch unsere Initiativen, erst am 1. Januar 1975, ein Teil davon wieder zurückgegeben worden ist. Dieser Fehler darf nicht wiederholt werden. ({2}) Es darf nicht wieder der Schein entstehen, der Staat habe mehr Geld, als ihm zusteht, weil ihm auf Grund heimlicher Steuererhöhungen mehr zufließt. Sonst ist die Sparsamkeit in allen öffentlichen Bereichen, die wir auf Jahre hinaus im konsumtiven Bereich brauchen, nicht mehr durchzuhalten. Wenn Sie mir vielleicht einmal ein bißchen zuhören würden, Herr Finanzminister, wäre ich Ihnen dankbar. Herr Bundesfinanzminister, Sie müssen es im Grunde doch schätzen, wenn die Opposition Ihnen beim Sparen helfen will. Da gibt es kein probateres Mittel, als daß Sie die heimlichen Steuererhöhungen nicht kassieren dürfen. Sonst kommt doch wieder das Anspruchsdenken auf, und es wird wieder verteilt; die Leute meinen dann, Sie hätten zuviel Geld. Genau dieser Schein darf nicht entstehen. Nein, es geht im Grunde um eine ordnungspolitische Weichenstellung. Was wollen wir eigentlich in unserem Land? Wollen wir immer mehr Staat mit all den Folgen, die die Bürger zunehmend erleben: Reglement, Bürokratie, Lähmung von Initiative? Oder wollen wir wieder weniger Staat? Das ist die eigentliche Aufgabe. Meine Damen und Herren von der FDP, das ist die große liberale Aufgabe unserer Zeit. Aber bei dieser großen Aufgabenstellung beschließen Sie zusammen mit der SPD Steuererhöhungen! Das ist Ihre Position bei dieser großen liberalen Herausforderung in unserer Zeit. ({3}) Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen Irrweg zu beenden, mit immer mehr Abgabenbelastung das Gefüge bei uns zu zerstören. Die Geburtsstunde dieser Fehlentwicklung war das Langzeitprogramm der SPD. Der Vorsitzende der Kommission war niemand anderes als Helmut Schmidt, der heutige Bundeskanzler, der auf dem Steuerparteitag 1971 wörtlich formuliert hat: Der öffentliche Anteil am Sozialprodukt muß wachsen, wenn das öffentliche Wohl wachsen soll. - Das ist der Glaube an immer mehr Staat. Darin unterscheiden wir uns grundsätzlich. Wir wollen etwas völlig anderes. Nein, dieser Irrweg mit immer mehr „Ausprobieren" in Richtung auf „Belastbarkeit" der Wirtschaft und der Bürger muß beendet werden. Man muß sich die fünf Akte im Steuerdrama der letzten Jahre noch einmal genüßlich vor Augen führen, die Herr Bundesfinanzminister Apel aufgeführt hat. Akt eins - es ist heute schon zitiert worden -: Im August 1974 war für ihn eine Anhebung der Mehrwertsteuer noch ein „schlechter Witz". Er nannte sie „unsozial und unseriös". Das ist heute schon zitiert worden. Akt zwei: Im Sommer 1975 sagte er, er brauche zwei Prozentpunkte mehr bei der Mehrwertsteuer ab 1. Januar 1977, sonst breche der gesamte öffentliche Haushalt zusammen, und wer etwas anderes sage, betreibe soziale Demontage. Das war Akt zwei. Als durch den klaren Widerstand der CDU/CSU diese Mehrwertsteuererhöhung verhindert werden konnte, kam nach der Wahl Akt drei: Der Finanzminister versuchte zum 1. Juli 1977 die zweiprozentige Mehrwertsteuererhöhung durchzusetzen. Auch dieses ist infolge des klaren Widerstandes der CDU/ CSU verhindert worden. Dann kam der Akt vier, die Regierungserklärung vom Dezember letzten Jahres mit dem berühmten Köder: Weiterhin 2 % Anhebung, aber die Hälfte davon wieder zurückgeben in Form von Entlastungen. Als sich auch hier der Widerstand der CDU/ CSU immer klarer formulierte und als uns auch die Entwicklung immer mehr recht gab, auch die wirtschaftswissenschaftlichen Institute und alle Sachkundigen, haben Sie schließlich, verspätet genug, den Rückzieher gemacht und die Anhebung auf 1 % halbiert. Jetzt haben wir es mit dem fünften Akt zu tun: 1 % gegen die sogenannten Entlastungen. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben in der Mehrwertsteuerdiskussion der letzten Jahre fünfmal das Gesicht verloren. Es schadet Ihnen überhaupt nichts, wenn Sie noch ein sechstes Mal das Gesicht verlieren, aber das Richtige tun. ({4}) Deswegen, Herr Bundesfinanzminister machen wir doch bitte gemeinsam das Richtige. Bei Ihnen kommt es nicht darauf an, ob Sie noch ein weiteres Mal das Gesicht verlieren, aber es kommt jetzt darauf an, daß wir das Richtige machen: Jetzt müssen wir entlasten, die Wirtschaft entlasten, die Bürger entlasten, ohne gleichzeitig den wirtschaftspolitischen Fehler mit der Anhebung der Mehrwertsteuer zu machen. Deswegen hat die CDU/CSU heute diesen Entwurf eines Ersten Gesetzes zum Abbau der Überbesteuerung der Arbeitnehmer und Betriebe sowie zur Erhöhung des Kindergeldes für Kinderreiche in Verbindung mit einem Antrag eingebracht, wonach die Gemeinden von sämtlichen Steuererhöhungen dieses Jahres entlastet werden sollen. Das haben Sie in der Regierungserklärung versprochen, und deshalb müssen Sie diesem Antrag zustimmen; dann halten Sie sich an Ihr eigenes Versprechen. ({5}) Das Volumen beläuft sich für das Jahr 1978 auf etwa 5,5 Milliarden DM. Es kann mit den heimlichen Steuererhöhungen solide finanziert werden, die sich im kommenden Jahre auf mindestens 5 Milliarden DM belaufen werden. Dies ist ein erster Schritt. Bringen wir endlich diese Entlastungen, gehen wir endlich diesen wirtschaftspolitisch vernünftigen Weg, diesen steuerpolitisch vernünftigen Weg, diesen ordnungspolitisch richtigen Weg! Sagen Sie ja zu den Entlastungen, und alles ist klar im Lande! ({6})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Böhme das Wort.

Dr. Rolf Böhme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000221, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Häfele, mein verehrter Vorredner, hat heute von diesem Pult aus wieder eine seiner inzwischen schon berühmten Fensterreden gehalten, sozusagen: bei jeder Steuerdebatte wieder. ({0}) Ich möchte dazu drei Bemerkungen machen. Zunächst eine Frage: Herr Kollege Häfele, wenn Sie so an Steuererhöhungen interessiert sind und wenn dies für Sie eine so zentrale Frage ist, dann möchte ich Sie jetzt fragen: Warum haben Sie eigentlich diese Anträge, die Sie heute wirkungsvoll in der Presse ankündigen, nicht vorher gestellt, warum haben Sie gewartet, daß wir im Finanzausschuß monatelang über diese Fragen diskutiert haben, und haben keine Anträge gestellt? Warum ziehen Sie die erst heute aus der Tasche? ({1}) Noch skurriler ist es, daß Sie heute, wo es doch bei diesem Paket um Steuerentlastungen geht, diesem Paket nicht zustimmen. Natürlich, meine Damen und Herren, ist die Frage rhetorisch. Es geht Ihnen ja nicht um Steuererleichterungen, es geht Ihnen schon gar nicht darum, für Arbeitnehmer z. B. beim Weihnachtsfreibetrag etwas zu erreichen, sondern es geht Ihnen hier um ein sehr durchsichtiges, einseitiges parteiisches Manöver, das Sie auf Kosten der Bürger draußen vollziehen. ({2}) Das ist keine Politik mehr; so etwas nennt man Theater, und dazu noch ein übles, kurz gesagt, ein Schmierentheater, das den Titel trägt: „Schwarze Heuchelei". ({3}) Sie geben in Ihrer Mehrwertsteuerargumentation vor - das ist die zweite Bemerkung -, Herr Kollege Häfele, daß Sie gegen jede Mehrwertsteuererhöhung seien, und dies wird mit den griffigen Vokabeln „Abgabenstaat", „heimliche Steuererhöhungen" usw. verpackt. Tatsächlich ist es aber so, daß gerade Sie, Herr Dr. Häfele, Anhänger einer Erhöhung der Mehrwertsteuer sind. Ich habe Ihnen dies schon einmal vorgeführt, und ich sage es wieder für die Bürger draußen in unserem Lande, daß Sie nicht en passant, sondern in einem Grundsatzartikel anläßlich der Debatte um die Steuerreform ausgeführt haben, Sie seien dafür, daß der Mehrwertsteuersatz erhöht wird. Ich lese aus Ihrem eigenen Artikel vor; Sie brauchen keine Zwischenfrage zu stellen. ({4}) Ich werde Sie richtig zitieren: Schon aus Gründen der EG-Harmonisierung wird keine verantwortliche Politik an der Erhöhung der Mehrwertsteuer vorbeikommen. ({5}) Das ist Ihre wahre Argumentation. ({6}) Dies - so geht es weiter entspricht auch einer inneren Notwendigkeit. Eine zukunftsgerechte Finanzpolitik sollte auch durch die Steuern eine Konsumzuwachsbeschränkung herbeiführen. ({7}) So Herr Häfele 1974. Heute wird hier etwas anderes geredet. Ich sage Ihnen, Herr Kollege - es tut mir leid, aber es ist die Wahrheit -: Sie reden hier im Dr. Böhme ({8}) Parlament anders als draußen. Sie reden so, wie es Ihnen paßt. ({9})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter Böhme, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Häfele?

Dr. Rolf Böhme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000221, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte.

Dr. Hansjörg Häfele (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000774, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Böhme, darf ich Ihnen zum zweitenmal meinen Dank dafür abstatten, daß Sie mich hier korrekt zitiert und bestätigt haben, daß ich heute hier genau das gleiche wie schon vor ein paar Jahren gesagt habe, nämlich, daß wir schon aus Gründen der Harmonisierung innerhalb der EG - Abbau der Gewerbesteuer - natürlich nicht daran vorbeikommen werden, die Mehrwertsteuer anzuheben. ({0}) Genau das gleiche wie damals habe ich heute gesagt. ({1})

Dr. Rolf Böhme (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000221, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

„Abgabenstaat" war Ihre Vokabel. Sie wollen dieser Steuerpolitik das Brandmal aufdrücken, ({0}) daß hier nur eine Steuererhöhung vorgenommen werde. Damit denunzieren Sie im Stil von Poujade und Glistrup die Steuerpolitik dieses Landes. ({1}) Ich will eine dritte Vorbemerkung machen. Alles Wortgeklingel, das Sie - endlich kommen wir zur Debatte über diese Frage - heute hier vollführen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Ihre ganze Position, meine Herren auf der rechten Seite ({2}) - das ist die Sache -, ({3}) mühsam die Meinungsunterschiede im Lager der CDU/CSU zu verkleistern sucht. ({4}) - Ja, ich kann zitieren; nur keine Angst, ich bin präpariert. Denn natürlich ist Herr Strauß ganz anderer Meinung, von den von Ihnen regierten Ländern ganz zu schweigen. Es sitzt heute kein Vertreter der Länder hier; sie sind ja für die Mehrwertsteuererhöhung, weil auch sie das Geld brauchen. ({5}) Herr Strauß hat sich, und zwar nicht vor ein paar Monaten, sondern zuletzt am 4. Mai 1977, dahin geäußert, daß die Mehrwertsteuererhöhung hingenommen werden kann, wenn die Mehreinnahmen zum Abbau von anderen Steuern verwendet werden. ({6}) - Ja, dies geschieht doch jetzt! Das Manöver, das Sie hier vollführen, ist durchsichtig. Es geht Ihnen nicht um die Sache, sondern nur darum, Ihren totalen Machtanspruch in unserem Staat verwirklichen zu helfen. ({7}) Die Steuerfrage wird von Ihnen zum Anlaß genommen, die Regierung stürzen zu wollen, auch wenn dabei eigene Positionen von Ihnen zuschanden werden. Diese permanente Konfliktstrategie - ich sage dies mit vollem Ernst ist schlimm. Sie geht auf Dauer zu Lasten unseres ganzen Staates. ({8}) Ich möchte aus einem Artikel zitieren, den Herbert Wehner, unser Fraktionsvorsitzender, nach der Wahl 1976 geschrieben hat und in dem er ein Wort von Kurt Schumacher, auf dem zweiten Parteitag der SPD nach dem Kriege, 1947, in Nürnberg gesprochen, aufgenommen hat: Die Demokratie beruht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und der Ehrlichkeit. Die Demokratie kann nur leben, wenn die Menschen selbständig sind und den Willen zur Objektivität haben. Aber die technokratische und geradezu kriegswissenschaftliche Handhabung der politischen Mittel führt zum Gegenteil. Genau das ist es, was Sie, meine Damen und Herren, Ihre politischen Manager - um nicht ein anderes Wort zu gebrauchen - Tag für Tag machen: die kriegswissenschaftliche Handhabung der politischen Mittel in unserem Staat. Das ist schlimm. ({9}) Ich sage Ihnen, Herr Häfele, jetzt noch ein persönliches Wort, und ich meine es gut. ({10}) Sie haben sich in der Fraktion - das weiß man, wenn man die Presse liest - mit Ihrer Linie im Grunde in Gegensatz zu Ihrem großen Meister Strauß gesetzt. Er ist ja aus gutem Grunde heute nicht hier. Wenn ich Ihre Position und die von Herrn FJS, Franz Josef Strauß, vergleiche, fällt mir - deswegen vorhin der Hinweis, ich meine es gut mit Ihnen - die alte Fabel vom geplatzten Frosch und dem Stier ein. In der Fabel heißt es nämlich, der Frosch habe sich, vom Neid über die Größe des Stiers erregt, so lange aufgebläht, bis er mit geplatztem Leibe dalag. ({11}) Deswegen wünsche ich Ihnen, Herr Häfele, eine dicke Haut; denn auf die Dauer ist es noch keinem in Ihrer Fraktion gut bekommen soweit ich das von außen Dr. Böhme ({12}) beurteilen kann -, sich in Gegensatz zu dem Altmeister zu stellen. ({13}) Nun aber zu dem Steueränderungsgesetz. ({14}) In der öffentlichen Debatte über dieses Steueränderungsgesetz konnte der Eindruck entstehen, ({15}) als ginge es nur um die Erhöhung der Mehrwertsteuer und eine Änderung der Vermögensteuer. Tatsächlich geht das Gesetz in seiner Bedeutung weit über diese Fragen hinaus. Es ist mir heute morgen ein Anliegen, diesen Gesamtzusammenhang der steuerlichen Vorlage deutlich zu machen. Diesen Zusammenhang kann man in zwei kurzen Sätzen umreißen. Erstens. Alle Steuererleichterungen, so wie sie in der Regierungserklärung angekündigt worden sind, werden dem Deutschen Bundestag termingerecht und in voller Übereinstimmung mit der Regierungserklärung zur Beschlußfassung vorgelegt, und das knapp sechs Monate nach der Regierungserklärung. Zweitens. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die auf zwei Prozentpunkte vorgesehen war, wird auf eine Erhöhung von einem Prozentpunkt als Normalsatz und auf 0,5 % bei den Gütern des täglichen Ge- und Verbrauchs ermäßigt. Auf einen Nenner gebracht bedeutet das: Alle Entlastungen bleiben wie vorgesehen; bei der Mehrwertsteuer wird die vorgesehene zusätzliche Belatung auf die Hälfte reduziert. Durch diese Reduzierung der geplanten Mehrwertsteuererhöhung wird der Entlastungseffekt des gesamten Steueränderungsgesetzes größer. Freilich wird auch- für die Zukunft der Handlungsspielraum der öffentlichen Hand kleiner. Ich sage das in aller Offenheit. Das war für uns eine schwere Entscheidung, aber nicht wegen des Patentrezeptes der CDU/CSU im Stil ihres großtönenden Finanzsprechers Häfele, sondern weil wir daran festhalten wollen, daß der öffentliche Korridor in unserem Land nicht zusammengestaucht werden darf. Das ist doch keine Frage, die mit der billigen Vokabel „Mehr Staat oder weniger Staat" umschrieben wird, sondern dabei geht es um die Frage, ob die öffentlichen Hände das finanzielle Rückgrat haben, um helfend, steuernd und fördernd eingreifen zu können, wenn es notwendig ist, z. B. bei der Arbeitsmarktbeschaffung. ({16}) Mit Nachdruck möchte ich in diesem Zusammenhang auf das Programm ,,Zukunftsinvestitionen" mit 16 Milliarden DM hinweisen, das größte Investitionsprogramm in der Geschichte dieser Republik - ein öffentliches Investitionsprogramm! - und unterstreichen, wie wichtig diese öffentlichen Investitionen sind. Dazu braucht man eben auch Geld. Man kann den Staat in seinem Finanzvolumen nicht nur strangulieren. Diese öffentlichen Investitionen nützen unserer ganzen Volkswirtschaft und sind eine wichtige Maßnahme auf dem Weg zur Vollbeschäftigung. ({17}) Gleichzeitig ist aber im Hinblick auf die teilweise Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung die Frage zu stellen, ob nicht die Regierung der Mut aufbringen muß, auf geänderte wirtschaftliche Bedingungen zu reagieren. Lassen Sie mich dies zur Mehrwertsteuer näher ausführen. Die ursprüngliche Erhöhung um zwei Punkte war zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gedacht. Dies war 1975. Inzwischen ist die Entwicklung weitergegangen. Es war eine persönliche Initiative des Bundeskanzlers Helmut Schmidt - alles andere ist eine Legende -, das Tempo der weiter notwendigen Haushaltskonsolidierung zu drosseln und auf die gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse von heute abzustimmen. Aus diesem Grunde wurde die vorgesehene Mehrwertsteuererhöhung auf die Hälfte reduziert. Ausschlaggebend waren dabei die wirtschaftliche Entwicklung im ersten Halbjahr 1977 und der Wunsch, allé Entscheidungen zu vermeiden, welche den aufwärts gerichteten Trend der Wirtschaft dämpfen könnten. Diesem Ziel dient die Begrenzung der Mehrwertsteuererhöhung auf 1 % im oberen, 0,5 % im unteren Steuersatz. Allerdings - dies möchte ich hier auch aufgreifen, weil es in der Debatte heute morgen schon eine Rolle gespielt hat - führen diese Veränderungen bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer dazu, daß die Gemeinden im Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern nach den jetzigen Berechnungen in ihrer Finanzausstattung verschlechtert werden. Darüber kann kein Zweifel sein. Es ist für die sozialdemokratische Finanzpolitik ein Grundanliegen, für die Gemeinden und Städte in unserem Land zu sorgen und ihre finanzielle Ausstattung zu gewährleisten. Deshalb möchte ich auch von dieser Stelle aus als Sprecher der SPD den Bundesfinanzminister und die Bundesregierung auffordern, bei den kommenden Verhandlungen über die Neuverteilung der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern darauf hinzuwirken, daß den Gemeinden für die Einnahmenausfälle im Zuge des Steuerpakets einschließlich der Reform des § 7 b und des Grunderwerbsteuergesetzes ein entsprechender Ausgleich gewährt wird. ({18}) Trotz der reduzierten Mehrwertsteuererhöhung bleibt es bei allen Steuerentlastungen, die mit der Regierungserklärung in Aussicht gestellt worden sind. Herr Häfele, es paßt zum eingangs Gesagten: es ist eine politische Brunnenvergiftung, wenn das vorliegende Steuerpaket als „Steuererhöhungsplan" denunziert wird. ({19}) Die Steuerzahler werden im Gegenteil per saldo in Einnahmen und Ausgaben mit rund 1 Milliarde DM entlastet. Dabei kommen die geplanten Steuererleichterungen bei den Sonderausgaben und die Erhöhung des Kindergeldes vor allem Arbeitnehmern und kinderreichen Familien zugute. Die Entlastung bei der Gewerbesteuer nützt in erster Linie den Dr. Böhme ({20}) kleinen und mittleren Unternehmungen. Hier setzt die Koalition mit Recht einen Schwerpunkt zur Förderung des gewerblichen Mittelstandes, zur Entlastung der kleinen Betriebe des Handwerks, des Handels und der Selbständigen. ({21}) Über die Hälfte der Gewerbesteuerpflichtigen in der Bundesrepublik werden künftig keine Gewerbesteuer mehr zu zahlen haben. Bei dieser Aufzählung der steuerlichen Entlastungen wird deutlich, daß es eine verkürzte Sicht der Debatte wäre, die verteilungspolitischen Auswirkungen des Steueränderungsgesetzes bei der Vermögensteuer zu konzentrieren. Freilich bleibt die Vermögensteuer ein entscheidender Punkt in diesem Gesetz. Zweifel und Kritik gerade der SPD- Bundestagsfraktion entzünden sich an diesem Punkt; hierauf will ich später noch näher eingehen. Lassen Sie mich zu den steuerlichen Entlastungen in der gebotenen Kürze einiges sagen, um den Eindruck zurechtzurücken, als gehe es hier nur um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf der einen Seite und um eine Entlastung bei der Vermögensteuer auf der anderen Seite. Das ist nicht die Wahrheit. Zunächst die Verbesserung des Kindergeldes! Das Kindergeld wird für das zweite Kind von 70 auf 80 DM und für das dritte und jedes weitere Kind von 120 auf 150 DM erhöht. Damit wird, wie 1975 begonnen, die Reform des Familienlastenausgleichs kräftig fortgesetzt. ({22}) Zweitens die Sonderausgaben! Um den gestiegenen Aufwendungen für die Altersversorgung Rechnung zu tragen, werden die Sonderausgabenhöchstbeträge erhöht. Entsprechend wird der hälftige Abzug der Sonderausgaben angehoben. Gleichzeitig wird die Vorsorgepauschale von 16 auf 18 % erhöht. Damit wird sichergestellt, daß alle Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung künftig wieder steuerlich berücksichtigt werden können. Heute ist dies leider nicht mehr durchgehend möglich. Heute können z. B. gutverdienende ledige Facharbeiter oder Ehegatten, die beide verdienen, ihre Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung oft nicht mehr steuerlich absetzen. Durch die jetzige Anhebung der Sonderausgabenhöchstbeträge - das ist eine Maßnahme für Arbeitnehmer, für 'Facharbeiter, für diejenigen, die auch in der Gewerkschaft organisiert sind - wird dies wieder möglich gemacht. Nächster Punkt: Regelung für geschiedene Väter und Mütter. Die Kinder geschiedener oder dauernd getrennt lebender Eltern sowie nichteheliche Kinder werden steuerlich nur bei dem Elernteil berücksichtigt, dem sie zugeordnet sind, d. h. in der Regel bei dem Elternteil, bei dem sich die Kinder tatsächlich aufhalten. Dieser Elternteil erhält auch das Kindergeld. Es ist richtig, daß die Streichung der Kinderfreibeträge bei gleichzeitiger Einführung des Kindergeldes für die unterhaltspflichtigen Väter und Mütter erhebliche steuerliche Auswirkungen hatte, weil Kinder eben nur bei dem Elternteil steuerlich berücksichtigt werden können, dem sie zugeordnet sind. Die Unterhaltsleistungen des Elternteils, bei dem das Kind nicht zu berücksichtigen ist, und die Mehrbelastungen, die durch die dauernde getrennte Haushaltsführung entstehen, werden dadurch besonders drückend. Deshalb ist im Steueränderungsgesetz vorgesehen, daß bei Unterhaltsleistungen für jedes Kind 600 DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden können. Wir haben uns Mühe gemacht, bei den Beratungen innerhalb der Koalition und der Regierung, aber auch bei den Beratungen im Finanzausschuß, weitergehende Vorschläge der entsprechenden Verbände, insbesondere der Interessengemeinschaft steuerreformgeschädigter unterhaltspflichtiger Väter und Mütter, zu prüfen. Wir kamen zu dem Ergebnis, daß weitergehende Vorschläge entweder nicht praktikabel oder nicht finanzierbar sind, so daß trotz guten Willens eine bessere Regelung im Moment nicht gefunden werden konnte. Noch ein Wort zur Gewerbesteuer: Hier werden die Freibeträge angehoben. Bei der Lohnsummensteuer und bei der Gewerbekapitalsteuer wird ein Freibetrag in Höhe von 60 000 DM eingeführt. Diese Erhöhung der Freibeträge bringt, speziell und gezielt für kleine und mittlere Betriebe, eine spürbare Hilfe. Die Koalition beweist damit entgegen allem Gerede und entgegen einer oft hanebüchenen Darstellung in entsprechenden Organen wie z. B. der Zeitung „Der. Selbständige", daß bei uns in der Koalition die Interessen von Handwerk, Handel und Selbständigen wohl aufgehoben sind. ({23}) Nun zur Vermögensteuer! Dies ist der kritische Punkt. Worum geht es, meine Damen und Herren? Die Vermögensteuer ist eine ertragsunabhängige Steuer, d. h., sie ist auch dann zu entrichten, wenn das betreffende Unternehmen keinen Ertrag erwirtschaftet hat. Dann muß die Steuer aus der Substanz bezahlt werden. Gegen eine solche Substanzbesteuerung, die das Eigenkapital aufzehren und Arbeitsplätze gefährden kann, werden verständliche Einwände vorgebracht. Dies gilt vor allem auch für Unternehmen im mittelständischen Bereich. Dieses Problem wäre jedoch mit einer sogenannten Plafondierung zu lösen gewesen, wonach die Vermögenssteuerbelastung ganz oder teilweise gekappt wird, wenn die Belastung mit Ertragsteuern einen bestimmten Prozentsatz des Ertrages erreicht. Ein Unternehmen, das keinen Gewinn erwirtschaftet hat, hätte danach überhaupt keine Vermögensteuer zu zahlen gehabt. Die SPD hätte einer solchen Plafondierungslösung den Vorzug gegeben. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß es falsch ist, zu sagen, die SPD sei gegen jede Änderung der Vermögensteuer aufgetreten. Das Problem der Substanzbesteuerung von Unternehmen wird anerkannt. Es wird auch anerkannt, daß die jetzige Regelung hier hilfreich ist; aber - und das ist der Einwand 'sie nützt eben allen Vermögensbesitzern in gleicher Weise. Hier setzt die, verteilungs2366 Dr. Böhme ({24}) politische Kritik unserer Fraktion an. Hinzu tritt der konjunkturpolitische Einwand, daß von einer solchen Maßnahme wirksame Investitionsanstöße nicht zu erwarten seien. Das wurde z. B. auch vom Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 1975 ausgeführt. Trotz des Gegenvorschlags Plafondierung und anderer Gegenvorschläge aus der SPD-Bundestagsfraktion ist es jetzt bei der Regelung geblieben, wie sie im Koalitionsgespräch nach der Bundestagswahl vereinbart und in der Regierungserklärung am 16. Dezember 1976 von diesem Platz vorgetragen wurde. Die SPD-Bundestagsfraktion akzeptiert diesen Teil des Steuerpakets als Ausdruck eines Kompromisses der Koalition. Sie hat politisch entschieden, daß diese Frage nach Rang und Gewicht keine Koalitionsfrage darstellen kann. ({25}) Die sozialliberale Koalition hat vom Wähler ein Mandat zur Regierungsverantwortung in Bonn übernommen. Es geht folglich um mehr als die aktuelle und, zugegeben, wichtige Frage der Vermögensteuer. Deshalb stimmen wir diesem Gesetz zu, nicht w e gen der Vermögensteuer, sondern trotz der Vermögensteuer, damit klar ist, daß diese Bundesregierung eine Mehrheit im Parlament hat und daß die SPD nicht zulassen wird, daß in der Bundesrepublik eine CDU/CSU unter Strauß und Dregger an die Schalthebel der Macht kommt. ({26}) Lassen Sie mich im Zusammenhang mit der Vermögensteuer zwei weitere Bemerkungen anschließen. Erstens. In der Regierungserklärung steht auch, daß weitere Steuererleichterungen, z. B. auf dem Gebiet der Abschreibungen, nicht beabsichtigt sind. Diese Stelle der Regierungserklärung - das sage ich mit Gewicht - wird bei den Beratungen innerhalb der Koalition künftig einen besonderen Rang einnehmen müssen. ({27}) Zweitens. Es ist schwer vorstellbar - Frau Funkke hat dazu bereits etwas vorgetragen -, daß bei einer späteren Anpassung der Einheitswerte des Grundvermögens an die laufende Wertentwicklung - einer überfälligen Anpassung - noch einmal eine Senkung der Vermögensteuersätze erfolgt. Die jetzige Änderung im Vermögensteuerrecht ist vielmehr bei der Anpassung der Einheitswerte einzurechnen und zu berücksichtigen. ({28}) Beide Feststellungen zeigen, daß die jetzige Änderung der Vermögensteuersätze keinen Ewigkeitswert hat. Denn z. B. durch die Änderung der Einheitswerte beim Grundvermögen wird sich die Grundlage der Besteuerung ändern. Dadurch wird die jetzige Satzsenkung teilweise kompensiert werden. Das heißt, daß die Steuerpolitik auch nach diesem Gesetz weitergehen wird. Für uns Sozialdemokraten bedeutet dies die ständige Aufgabe der Abwägung der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, der gerechten Verteilung der Lasten und der angemessenen Finanzierung auch der öffentlichen Leistungen und sozialen Dienste in unserem Staat. ({29}) Die Koalition hat in der Steuerreform die Erfahrung gemacht, daß alle auf mehr Steuergerechtigkeit zielenden Maßnahmen, z. B. die Abschaffung der Kinderfreibeträge und die Einführung des Kindergelds, die Abschaffung von Privilegien wie die Kürzung von Bewirtungsspesen und die Einschränkung der Geschäftsfreundegeschenke, die Anhebung der Sätze bei der Erbschaftsteuer, die Einschränkung des Steuergeheimnisses in der neuen Abgabenordnung und. die Einführung von Stundungszinsen in der neuen Abgabenordnung, gegen den widerstrebenden politischen Willen der CDU/CSU durchgesetzt werden mußten. Dies konnten wir nur zusammen mit den Stimmen der FDP, unseres Koalitionspartners, der im Einzelfall sicher da und dort anders entschieden hätte, wenn es nur nach seinem eigenen Gusto gegangen wäre. Deshalb ist auch das vorliegende Steuerpaket im Zusammenhang mit der bisherigen und der künftigen Steuerpolitik zu sehen. Aber es geht nicht nur darum. Wenn man schon Soll und Haben vergleicht, gilt dies für die ganze Politik und den ganzen Einsatz dieser sozialliberalen Koalition z. B, im Kampf für Vollbeschäftigung und eine gedeihliche wirtschaftliche Entwicklung. Konzept und Kompetenz des Bundeskanzlers hier sind unbestritten und in aller Welt anerkannt. Soll hier vielleicht Herr Kohl weitermachen? ({30}) Oder soll den Kurs der Friedenssicherung, der Entspannung und dringender menschlicher Erleichterungen ({31}) vielleicht Herr Strauß bestimmen? ({32}) Oder soll im Eintreten für den freiheitlichen Staat und im Garantieren eines Freiheitsraums für den einzelnen in der Bundesrepublik vielleicht Herr Dregger weitermachen? ({33}) - Nein! Nein! Zur sozialliberalen Koalition gibt es keine Alternative. ({34}) Weil dies so ist, wollen wir die Politik der sozialliberalen Koalition fortsetzen, müssen wir diese Koalition fortsetzen. ({35}) Ich bitte um Annahme dieses Gesetzentwurfes. ({36})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Frau Abgeordnete Matthäus-Maier.

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein halbes Jahr nach der Regierungserklärung legt die sozialliberale Koalition heute ein Paket vor, mit dem Punkt für Punkt die in der Regierungserklärung zugesagten Erleichterungen für den Bürger verwirklicht werden. ({0}) Dabei ist noch besonders hervorzuheben, daß wir bereits vor zwei Wochen - leider etwas verdeckt von dem Pulverdampf der Diskussion um dieses Steuerpaket - eine für den Bürger außerordentlich wichtige und interessante Steuererleichterung verabschiedet haben, nämlich die Erweiterung des § 7 b auf den Erwerb von Altbauten und den Wegfall der Grunderwerbsteuer für den Erwerb von eigengenutzten Ein- und Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen. ({1}) Sie wissen ganz genau, meine Damen und Herren, daß wir diese Steuererleichterungen ohne jede Abhängigkeit von einer Mehrwertsteuererhöhung vorgenommen haben. Und ich halte es für unredlich, daß Sie so tun, als hätten wir seit Beginn dieses Jahres Steuererhöhungen vorgenommen oder als wäre dies ein Steuererhöhungspaket, obwohl wir mit diesem Steuerpaket und der gleichzeitigen Erweiterung des § 7 b die Steuern für den Bürger unter dem Strich senken. Wir brauchen nicht, wie es schon immer wieder geschehen ist, darauf hinzuweisen, daß seit der Zeit der Großen Koalition bis heute die Steuerquote gesunken ist, obwohl die heutige Steuerquote optisch sogar durch die Kindergeldzahlungen belastet wird; wir werden vielmehr den Bürger darauf hinweisen - und er weiß es, und er wartet auf die Verabschiedung dieses Steuerpaketes -, daß wir hier heute Steuererleichterungen plus Kindergelderhöhung vornehmen. Ich halte es im übrigen nicht für gut, daß Sie falsche Eindrücke auch auf anderem Gebiet erwecken, z. B. durch die Äußerungen von Herrn Häfele, wir befänden uns auf dem Marsch in den Mehrwertsteuerstaat. Jeder in diesem Lande, der sich mit Steuern beschäftigt, weiß, daß der Anteil der Mehrwertsteuer am Bruttosozialprodukt und auch am Aufkommen an Steuern insgesamt kontinuierlich gesunken ist. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wir haben in der Regierungserklärung gleichzeitig darauf hingewiesen, daß diese Steuererleichterungen nicht alle ohne entsprechende Einnahmeverbesserungen durchgeführt werden können. Sie sind hier heute nach dem bewährten Prinzip verfahren: Die Ausgaben des Staates werden erhöht, die Einnahmen des Staates werden gesenkt, und das Ganze zahle man durch eine Verringerung der Steuern. ({0}) Meine Damen und Herren, dies ist Ihr altes Prinzip. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Einen Moment, Frau Kollegin! - Meine Damen und Herren, es ist für den Redner unzumutbar, sich hier gegen die Geräusche aus dem Saal durchsetzen zu müssen. Ich bitte um etwas mehr Ruhe. ({0})

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Daß Sie das selber ganz genau wissen, ergibt sich ja aus den Äußerungen von Franz Josef Strauß, die er nicht nur gegenüber Zeitungen getan hat, sondern auch einen einzigen Tag nach der Regierungserklärung, in der wir eben dies angekündigt hatten. Er hat am 17. Dezember 1976 wörtlich gesagt: Die Fraktion der CDU/CSU . . . kann, wie ich glaube, sehr wohl dafür gewonnen werden, einer Mehrwertsteuererhöhung zuzustimmen, wenn sie . . . inflationsneutral ist und nicht dazu verwendet wird, die Schuldenlöcher des Haushaltes zu stopfen, sondern dazu verwendet wird, sowohl auf der Seite der Arbeitnehmer als auch auf der Seite der Arbeitgeber steuerliche Erleichterungen zu ermöglichen .. . ({0}) Exakt dies tun wir durch dieses Paket, ({1}) und ich halte es für ganz konsequent, daß der Abgeordnete Strauß hier heute gar nicht erst auftaucht. ({2}) Aber sie sollten auch wissen: Wir werden diese steuerlichen Erleichterungen nicht um jeden Preis durchführen. Die Grenze des finanziell Machbaren ist erreicht. Dies bedeutet: Eine zusätzliche Befrachtung dieses Pakets kommt nicht in Betracht. Insbesondere ist es ausgeschlossen, über die für die Wirtschaft gerade im Vergleich zu den Arbeitnehmern sehr großzügig bemessenen steuerlichen Erleichterungen hinaus weitere Schritte in dieser Richtung zu unternehmen. Der Kanzler hat in seiner Regierungserklärung am 16. Dezember 1976 gesagt - ich darf nochmals zitieren -: Steuererleichterungen z. B. auf dem Gebiete der Abschreibungen, die heutigen Investoren einen Aufschub ihrer für 1977 geplanten Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt lohnend erscheinen lassen könnten, sind nicht beabsichtigt. Meine Damen und Herren, damit ist in der Regierungserklärung klargestellt, daß solche Maßnahmen in dieser Legislaturperiode nicht in Betracht kommen. Dies bedeutet aber zugleich, daß Ihre Vor2368 schläge, nämlich Ja zu allen Steuererleichterungen und Nein zu einer entsprechenden Mehrwertsteuererhöhung, hier keine Chance haben. Der Bürger sollte wissen: Wenn es vom nächsten Jahr an eine Erhöhung des Kindergeldes, eine Erhöhung der Sonderausgaben, eine Erhöhung der Vorsorgepauschale, die Senkung der Gewerbe- und der Vermögensteuer nicht geben sollte, so liegt das einzig und allein in Ihrer Verantwortung hier, in Ihrer Verantwortung im Bundesrat. ({3}) Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, die Grenze des finanziell Machbaren ist erreicht. Das hat ferner die Konsequenz: Nicht nur bedürfen die Steuererleichterungen einer entsprechenden Einnahmeerhöhung, einer nicht einmal ausreichenden Einnahmeerhöhung, sondern die öffentlichen Haushalte benötigen zusätzliche Finanzmittel zur Bewältigung dringender und unabweisbarer Aufgaben. Ich nenne hier nur die Erhöhung der Entwicklungshilfe, die wir in London zugesagt haben, oder aber die Finanzierung zusätzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Wiederherstellung der Vollbeschäftigung. Es ist meine feste Überzeugung, daß die bisher getroffenen Maßnahmen noch nicht ausreichen und daß wir nach der Sommerpause mit Sicherheit zusätzliche grundlegende Maßnahmen auf diesem Gebiet ergreifen müssen. Das kostet Geld, meine Damen und Herren. Das bedeutet: Wir müssen an andere Finanzierungsmöglichkeiten heran. Wir müssen nämlich dazu übergehen, ({4}) Sparmaßnahmen bzw. Umschichtungen im Bereich der direkten und indirekten Subventionen und eine Überprüfung sämtlicher steuerlicher Vergünstigungen auf ihre Notwendigkeit und Gerechtigkeit hin vorzunehmen. In diesem Gesetz haben wir an einer Stelle eine solche Überprüfung vorgenommen. Wir haben nämlich den Personenkreis eingeschränkt, dem die zusätzlichen Sonderausgabenhöchstbeträge für Versicherungsleistungen, der sogenannte Vorwegabzug in Höhe von 1 500 bzw. 3 000 DM, zugebilligt werden. Dieser zusätzliche Höchstbetrag, der Vorwegabzug, soll nach seiner Zweckbestimmung einen Ausgleich dafür bieten, daß bei Arbeitnehmern der Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung steuerfrei bleibt, während die selbständig Tätigen ihre Beiträge zur Altersversorgung in voller Höhe selbst aufbringen müssen. Unter diesem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit wird der Vorwegabzug grundsätzlich allen Steuerpflichtigen gewährt, wobei bei Arbeitnehmern der Arbeitgeberanteil jedoch auf diesen Vorwegabzug angerechnet wird, so daß in der Regel nichts mehr übrigbleibt. Bisher wurde ein solcher Vorwegabzug auch solchen Personen ungekürzt zur Verfügung gestellt, die, wie z. B. Beamte, im Zusammenhang mit ihrer Berufstätigkeit eine Altersversorgung erlangt haben, ohne selber Beiträge zu zahlen, im Grunde also ohne Berechtigung, gemessen an der Zielsetzung des Vorwegabzuges. Dieser Gesetzentwurf sieht nun die Lösung vor, daß der Vorwegabzug für diesen Personenkreis jeweils in Höhe des Beitrages gekürzt wird, der als Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten wäre, falls Versicherungspflicht bestände. Da es in der Öffentlichkeit nicht bekanntgeworden ist, daß von dieser Streichung des Vorwegabzuges auch die Bundestagsabgeordneten betroffen werden, nachdem sie ab April eine beamtenähnliche Altersversorgung bekommen, möchte ich hier an dieser Stelle einmal ausdrücklich darauf hinweisen. Ich meine, es ist wichtig, das einmal zu betonen, weil ich glaube, daß der Deutsche Bundestag bisher im Zusammenhang mit Fragen wie Diätenerhöhung usw. nicht außerordentlich glücklich verfahren ist. ({5}) Besonderer Erwähnung bedarf dann aber auch, daß dieser Vorwegabzug für Beamte ebenfalls gestrichen wird. Ich weiß, daß das von den Beamten zum Teil nicht verstanden wird. Ich halte diese Kritik aber nicht für richtig. Aus meinem früheren Beruf kann ich aus eigener Erfahrung sagen, daß wir in der Tat kein Recht auf diesen Vorwegabzug haben, weil wir ihn für unsere Altersversorgung nicht brauchen. Außerdem - das sollte man hinzufügen - konnten bisher in aller Regel nur solche Beamte den Vorwegabzug ausnutzen, die sehr hoch verdienten, weil die anderen über die Höchstsätze der Sonderausgaben gar nicht hinwegspringen konnten. Im übrigen bleibt es ja dabei, daß die Beamten die Vorsorgepauschale - und sogar noch deren Erhöhung - voll in Anspruch nehmen können. Die FDP betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Beamten, Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst sowie der übrigen Arbeitnehmer in der privaten Wirtschaft sowohl im aktiven Dienst als auch im Alter auf ihre Ausgeglichenheit hin zu überprüfen und die sich daraus ergebenden Folgerungen zu ziehen. Meine Damen und Herren, jetzt noch ein Wort an die Opposition. Soeben hat Herr Häfele gesagt, Sie wollten der Regierung sparen helfen. Wie ist es dann aber zu verstehen, daß Sie genau dieser Einschränkung des Vorwegabzuges für Beamte nicht zugestimmt haben, einer strukturpolitisch und finanzpolitisch sinnvollen Reform? Sie haben die Mehrwertsteuererhöhung abgelehnt. Sie haben sämtlichen Steuerentlastungen zugestimmt. Eine strukturpolitisch wichtige Reform, nämlich den Abbau von nicht gerechtfertigten Vergünstigungen, aber lehnen Sie ab. Das widerspricht Ihren Äußerungen, Herr Häfele, über Ihre Bereitschaft zum Sparen. ({6}) Es gibt ja noch andere Möglichkeiten zur Einsparung. Ich nenne sie hier heute, weil der Saal gerade einmal gefüllt ist; Sie können sich dann dazu bekennen, ob Sie das wünschen oder nicht. Herr Kohl, ich habe bei der ersten Lesung des Steuerpakets erklärt, daß ich Sie wirklich darum bitte, hier einmal zu erläutern, warum Sie sich bis heute hartnäckig weigern, die Umstellung des Sonderausgabenabzugs vorzunehmen und statt des Abzugs vom zu versteuernden Einkommen einen 22%igen Abzug von der Steuerschuld vorzusehen. Wollen Sie nicht hier im Plenum des Bundestages auch dem letzten Bürger einmal klarmachen, warum Sie so hartnäckig daran festhalten, daß für die gleichen 1 000 DM Versicherungsbeitrag der kleine Steuerzahler 220 DM und der Spitzenverdiener 560 DM vom Staat dazubekommt? Das werden Sie niemandem erklären können, und Sie haben es bisher nicht erklären können. ({7}) Das wäre ein gesellschaftspolitisch und finanzpolitisch sinnvoller Ansatz zum Sparen. Ein zweiter Punkt. Ich habe in der ersten Lesung - da waren Sie leider nicht anwesend, aber Sie haben ja jetzt die Chance, dazu Stellung zu nehmen - darauf hingewiesen, daß die Ausbildungsfreibeträge eine Progressionswirkung haben, die im Widerspruch zu den Zielen des Ausbildungsförderungsgesetzes steht. Ich bitte Sie wirklich: Kommen Sie hier herauf und erklären Sie uns, wie es mit Ihrer „Sozialen Frage" zu vereinbaren ist, daß der kleine Verdiener durch den Ausbildungsfreibetrag für seinen studierenden Sohn im Monat 77 DM erhält, der Spitzenverdiener aber 196 DM! Das werden Sie niemandem erklären können. ({8}) Wir freuen uns, daß eine Arbeitsgruppe der BundLänder-Kommission, in der ja auch Leute Ihrer politischen Richtung mitgewirkt haben, diesem Zustand mit dem Vorschlag auf Streichung des Kindergeldes und des Steuerfreibetrags und Umstellung auf einen Sockelbetrag für jeden Studenten ein Ende setzen will. Es gibt noch weitere Beispiele, wo man zusätzlich einsparen kann. Ich nenne die Neuregelung der Besteuerung der Landwirte, die notwendig ist, um zu mehr Gerechtigkeit sowohl innerhalb der Landwirtschaft von Betrieb zu Betrieb als auch im Verhältnis von Lohnsteuerzahler und Landwirtschaft zu kommen. Sie wissen, wir haben zu diesem Zweck eine Kommission aus Finanz- und Agrarexperten eingesetzt, die bis zum Herbst Vorschläge machen wird. Ich weise ausdrücklich darauf hin - auch das ist leider bisher untergegangen -, daß die Koalition mit Rücksicht auf die Verhandlungen in dieser Kommission den bereits abgeschafften Freibetrag von 1 200 bzw. 2 400 DM für alle Land- und Forstwirte bei dieser Gesetzesänderung verlängert hat - eine echte zusätzliche Erleichterung für Landwirte, die ansonsten ausgelaufen wäre. Ein Allerletztes. Der Subventionsbericht enthält eine Menge Anhaltspunkte. Wir können gemeinsam an diese Sache herangehen. Dort ist eine Finanzierungsmasse von 44 Milliarden DM vorhanden. Ich bitte Sie doch einmal, kümmern Sie sich mit uns darum, festzustellen, ob alle diese Subventionen wirklich gerechtfertigt sind. Die Senkung der Mehrwertsteuererhöhung auf einen Punkt hat andere Dinge, die wir gerne gewollt hätten, unmöglich gemacht. Ich möchte hier besonders das Problem der Steuererleichterungen für geschiedene Väter und Mütter nennen. Die FDP bedauert, daß für die steuerlichen Probleme sowohl der Unterhalt zahlenden geschiedenen Ehegatten als auch der Unterhalt zahlenden geschiedenen Eltern keine befriedigendere Lösung gefunden werden konnte. Im Gesetzentwurf ist leider nur für die zweite Gruppe, also für die geschiedenen Eltern, eine Erleichterung vorgesehen, nämlich ein Freibetrag von 600 DM. Die FDP hatte sowohl in erster Lesung im Bundestag als auch im Finanzausschuß Vorschläge für beide Problemgruppen gemacht, nämlich bezüglich des Unterhalts eines geschiedenen Ehegatten an seinen früheren Partner den Vorschlag des Realsplittings, d. h. Versteuerung des Unterhalts bei dem Empfänger und Abzugsfähigkeit des Unterhalts bei dem Zahlenden. Gleichzeitig hatten wir für die zweite Gruppe den Vorschlag gemacht, daß die Kinderadditive an den übertragen werden könnten, der Unterhalt zahlt. Entscheidend war für uns, daß beide Vorschläge nur bei Einverständnis der Partner realisiert werden sollten. Das Problem eines möglichen Streites zwischen den geschiedenen Eheleuten war und ist uns bekannt; aber wir meinen - und das ist für uns entscheidend -, daß eine Schlechterstellung des sorgeberechtigten Teils, also in der Regel der Mutter, bei einer solchen Änderung auf gar keinen Fall in Frage kommen dürfte. Das Bundesfinanzministerium hat uns, als wir diesen Vorschlag machten, schwerwiegende Bedenken verfassungsrechtlicher, zivilrechtlicher, verwaltungsmäßiger und finanzieller Art entgegengehalten. Die FDP teilt diese Bedenken nicht und wird daher auch in Zukunft das Problem der steuerlichen Behandlung der Geschiedenen im Auge behalten. Ein letztes, persönliches Wort. Es ist bekannt, daß mehrere meiner Fraktionskollegen und ich selbst erhebliche Bedenken gegen die vorgesehene Senkung des Vermögensteuersatzes haben. Dabei verkennen wir nicht das Problem der Substanzbesteuerung. Wir glauben aber, daß es zu seiner Lösung wirksamere und sozialer wirkende Mittel gibt. Insbesondere hätten wir es lieber gesehen, wenn statt dessen entweder weitere Erleichterungen bei der Gewerbesteuer erfolgt wären oder aber die Vermögensteuersenkung statt durch die Senkung der Sätze in der Form einer deutlichen Anhebung der Vermögensteuerfreibeträge erfolgt wäre. Dies wäre vor allem den kleinen und mittleren Betrieben entgegengekommen. Wir haben im Dezember 1976 diese Bedenken auch in der Fraktion vorgetragen und Anträge gestellt, uns aber nicht durchgesetzt. Wir haben der Regierung trotz der Bedenken die Vollmacht gegeben, in der Regierungserklärung die genannten Zusagen zu machen. Wir haben der Regierung die Vollmacht gegeben, dieses Steuerpaket einzubringen und es bis hierhin auf den Weg zu bringen. Wir haben es bis heute mit getragen. Wir werden daher dem Steuerpaket und auch der Vermögensteuersenkung zustimmen und der Regierung die Möglichkeit geben, ihre Zusagen einzuhalten. Die Koalition wird heute dem Paket im Plenum zustimmen. Die Verantwortung, meine Damen und Herren, für dieses Paket und für alle seine Erleichterungen liegt damit einzig und allein beim Bundesrat. ({9})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Verehrte Kollegin, ich möchte mich als Präsidentin ein wenig dafür entschuldigen, daß es mir nicht gelungen ist, Ihnen die nötige Ruhe zu verschaffen. ({0}) Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache in der zweiten Lesung beendet, da weitere Wortmeldungen nicht vorliegen. Nur zur Information darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß namentliche Abstimmung zu Art. 1 und Art. 6 sowie zur Schlußabstimmung beantragt ist. Wir treten jetzt in die Einzelberatung ein. Ich rufe Art. 1 in der vom Berichterstatter berichtigten Fassung auf. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur namentlichen Abstimmung. Die Urnen sind aufgestellt. Wer mit Ja zu stimmen wünscht, hat eine blaue Karte, wer mit Nein zu stimmen wünscht, eine rote Karte einzuwerfen, und wer sich enthalten will, muß eine weiße Karte abgeben. - Haben alle Abgeordneten ihre Stimmkarte abgegeben? - Ich schließe die Abstimmung. Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Mit Ja haben 252 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und 11 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 243 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und 11 Berliner Abgeordnete. Keine Enthaltungen, keine ungültigen Stimmen. Ergebnis Abgegebene Stimmen 495 und 22 Berliner Abgeordnete; davon ja: 252 und 11 Berliner Abgeordnete, nein: 243 und 11 Berliner Abgeordnete Ja SPD Adams Ahlers Dr. Ahrens Amling Arendt Augstein Baack Bahr Dr. Bardens Batz Dr. Bayerl Becker ({1}) Biermann Bindig Blank Dr. Böhme ({2}) Frau von Bothmer Brandt Brandt ({3}) Brück Buchstaller Büchler ({4}) Büchner ({5}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Coppik Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dr. von Dohnanyi Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({6}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fellermaier Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Franke ({7}) Friedrich ({8}) Gansel Gerstl ({9}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haase ({10}) Haehser Hansen Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Hoffmann ({11}) Hofmann ({12}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Ibrügger Immer ({13}) Jahn ({14}) Jaunich Dr. Jens ({15}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Klein ({16}) Koblitz Konrad Kratz Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lange Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lemp Lenders Frau Dr. Lepsius Dr. Linde Lutz Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({17}) Meinike ({18}) Meininghaus Möhring Müller ({19}) Müller ({20}) Müller ({21}) Müller ({22}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Neumann Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({23}) Rappe ({24}) Ravens Frau Renger Reuschenbach Rohde Rosenthal Roth Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({25}) Dr. Schäfer ({26}) Scheffler Scheu Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({27}) Schmidt ({28}) Schmidt ({29}) Schmidt ({30}) Schmidt ({31}) Dr. Schmude Schreiber Schulte ({32}) Schwabe Dr. Schwencke ({33}) Dr. Schwenk ({34}) Seefeld Sieler Frau Simonis Vizepräsident Frau Renger Simpfendörfer Dr. Sperling Dr. Spöri Stahl ({35}) Dr. Staudt Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Ueberhorst Urbaniak Dr. Vogel ({36}) Vogelsang Voigt ({37}) Waltemathe Walther Dr. Weber ({38}) Wehner Weißkirchen ({39}) Wendt Dr. Wernitz Wiefel Wilhelm Wimmer ({40}) Wischnewski Dr. de With Wittmann ({41}) Wolfram ({42}) Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({43}) Dr. Dübber Egert Löffler Männing Mattick Frau Schlei Schulze ({44}) Sieglerschmidt FDP Angermeyer Dr. Bangemann Baum Cronenberg Eimer ({45}) Engelhard Ertl Dr. Friderichs Frau Funcke Gärtner Gallus Gattermann Genscher Grüner Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann Hölscher Jung Dr.-Ing. Laermann Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier Mischnick Möllemann Ollesch Paintner Peters ({46}) Schmidt ({47}) von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller Dr. Vohrer Dr. Wendig Wolfgramm ({48}) Wurbs Zywietz Berliner Abgeordnete Hoppe Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. van Aerssen Dr. Aigner Alber Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha Dr. Becher ({49}) Dr. Becker ({50}) Frau Benedix Benz Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Dr. von Bismarck Dr. Blüm Blumenfeld Böhm ({51}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Broll Bühler ({52}) Burger Carstens ({53}) Carstens ({54}) Conrad ({55}) Damm Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Engelsberger Erhard ({56}) Ernesti Dr. Evers Eymer ({57}) Dr. Eyrich Feinendegen Frau Fischer Francke ({58}) Franke Dr. Friedmann Dr. Früh Dr. Fuchs Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern Dr. George Gerlach ({59}) Gerstein Gierenstein Glos Dr. Gölter Dr. Gruhl Haase ({60}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann Hasinger von Hassel Hauser ({61}) Hauser ({62}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({63}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({64}) Dr. Jahn ({65}) Dr. Jahn ({66}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({67}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Katzer Kiechle Dr. h. c. Kiesinger Dr. Klein ({68}) Klein ({69}) Dr. Klepsch Klinker Dr. Köhler ({70}) Dr. Köhler ({71}) Köster Dr. Kohl Kolb Krampe Dr. Kraske Kraus Dr. Kreile Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kunz ({72}) Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Laufs Leicht Lemmrich Dr. Lenz ({73}) Lenzer Link Lintner Löher Dr. Luda Lücker Dr. Marx Dr. Mende Dr. Mertes ({74}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Möller Dr. Müller Müller ({75}) Müller ({76}) Dr. Müller-Hermann Dr. Narjes Neuhaus Frau Dr. Neumeister Nordlohne Frau Pack Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Dr. Probst Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({77}) Dr. Riedl ({78}) Dr. Riesenhuber Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Russe Sauer ({79}) Sauter({80}) Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Schartz ({81}) Schedl Frau Schleicher Schmidhuber Schmidt ({82}) Schmitz ({83}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({84}) Schröder ({85}) Schröder ({86}) Dr. Schulte ({87}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwörer Seiters Sick Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({88}) Dr. Starke ({89}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Strauß Stücklen Stutzer Susset de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Vizepräsident Frau Renger Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({90}) Vogt ({91}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Frau Dr. Walz Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Wawrzik Weber ({92}) Weiskirch ({93}) Dr. von Weizsäcker Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer ({94}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({95}) Dr. Wörner Baron von Wrangel Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Ziegler Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({96}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({97}) Luster Müller ({98}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe Art. 1 ist damit in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe nunmehr die Art. 2, 3 und 5 auf. Die SPD-Fraktion hat zu diesen Artikeln namentliche Abstimmung beantragt. Es besteht Einverständnis, daß wir über diese drei Artikel zusammen abstimmen. Nach dieser namentlichen Abstimmung wird dann Art. 4 aufgerufen. Ich eröffne die Abstimmung. Meine Damen und Herren, eine Mitteilung: die Ältestenratssitzung findet im Anschluß an die Schlußabstimmung der dritten Lesung dieses Tagesordnungspunktes statt. Ich frage, ob alle Abgeordneten ihre Stimmkarten abgegeben haben. - Ich schließe die Abstimmung. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung über Art. 2, 3 und 5 bekannt. Mit Ja haben 253 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und 11 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 242 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und 11 Berliner Abgeordnete. Ergebnis Abgegebene Stimmen 495 und 22 Berliner Abgeordnete; davon ja: 253 und 11 Berliner Abgeordnete, nein: 242 und 11 Berliner Abgeordnete Ja SPD Adams Ahlers Dr. Ahrens Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Dr. Bardens Batz Dr. Bayerl Becker ({99}) Biermann Bindig Blank Dr. Böhme ({100}) Frau von Bothmer Brandt Brandt ({101}) Brück Buchstaller Büchler ({102}) Büchner ({103}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Coppik Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dr. von Dohnanyi Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({104}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fellermaier Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Franke ({105}) Friedrich ({106}) Gansel Gerstl ({107}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haase ({108}) Haehser Hansen Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Hoffmann ({109}) Hofmann ({110}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Ibrügger Immer ({111}) Jahn ({112}) Jaunich Dr. Jens ({113}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Klein ({114}) Koblitz Konrad Kratz Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lange Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lemp Lenders Frau Dr. Lepsius Dr. Linde Lutz Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({115}) Meinike ({116}) Meininghaus Möhring Müller ({117}) Müller ({118}) Müller ({119}) Müller ({120}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Neumann Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({121}) Rappe ({122}) Ravens Frau Renger Reuschenbach Rohde Rosenthal Roth Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({123}) Dr. Schäfer ({124}) Scheffler Scheu Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({125}) Schmidt ({126}) Schmidt ({127}) Schmidt ({128}) Schmidt ({129}) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude Dr. Schöfberger Schreiber Schulte ({130}) Schwabe Dr. Schwencke ({131}) Dr. Schwenk ({132}) Seefeld Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Dr. Spöri Stahl ({133}) Dr. Staudt Dr. Steger Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Ueberhorst Urbaniak Dr. Vogel ({134}) Vogelsang Voigt ({135}) Waltemathe Walther Dr. Weber ({136}) Wehner Vizepräsident Frau Renger Weißkirchen ({137}) Wendt Dr. Wernitz Wiefel Wilhelm Wimmer ({138}) Dr. de With Wittmann ({139}) Wolfram ({140}) Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({141}) Dr. Dübber Egert Löffler Manning Mattick Frau Schlei Schulze ({142}) Sieglerschmidt FDP Angermeyer Dr. Bangemann Baum Cronenberg Eimer ({143}) Engelhard Ertl Dr. Friderichs Frau Funcke Gartner Gallus Genscher Grüner Dr. Haussmann Hölscher Jung Kleinert Dr.-Ing. Laermann Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Frau Matthäus-Maier Mischnick Möllemann Ollesch Paintner Peters ({144}) Schmidt ({145}) von Schoeler Spitzmüller Dr. Vohrer Wolfgramm ({146}) Zywietz Berliner Abgeordnete Hoppe Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. van Aerssen Dr. Aigner Alber Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha Dr. Becher ({147}) Dr. Becker ({148}) Frau Benedix Benz Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Dr. von Bismarck Dr. Blüm Blumenfeld Böhm ({149}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Bühler ({150}) Burger Carstens ({151}) Carstens ({152}) Conrad ({153}) Damm Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Engelsberger Erhard ({154}) Ernesti Dr. Evers Eymer ({155}) Dr. Eyrich Feinendegen Frau Fischer Francke ({156}) Franke Dr. Friedmann Dr. Früh Dr. Fuchs Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern Dr. George Gerlach ({157}) Gerstein Gierenstein Glos Dr. Gölter Dr. Gruhl Haase ({158}) Haberl Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann Hasinger von Hassel Hauser ({159}) Hauser ({160}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({161}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({162}) Dr. Jahn ({163}) Dr. Jahn ({164}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({165}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Katzer Kiechle Dr. h. c. Kiesinger Dr. Klein ({166}) Klein ({167}) Dr. Klepsch Klinker Dr. Köhler ({168}) Dr. Köhler ({169}) Köster Dr. Kohl Kolb Krampe Dr. Kraske Kraus Dr. Kreile Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kunz ({170}) Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Laufs Leicht Lemmrich Dr. Lenz ({171}) Lenzer Link Lintner Löher Dr. Luda Lücker Dr. Marx Dr. Mende Dr. Mertes ({172}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Müller Müller ({173}) Müller ({174}) Dr. Müller-Hermann Dr. Narjes Neuhaus Frau Dr. Neumeister Niegel Nordlohne Frau Pack Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Dr. Probst Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({175}) Dr. Riedl ({176}) Dr. Riesenhuber Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Rühe Russe Sauer ({177}) Sauter({178}) Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Schartz ({179}) Schedl Frau Schleicher Schmidhuber Schmidt ({180}) Schmitz ({181}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({182}) Schröder ({183}) Schröder ({184}) Dr. Schulte ({185}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Seiters Sick Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({186}) Dr. Starke ({187}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Strauß Stücklen Stutzer Susset de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({188}) Vogt ({189}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Frau Dr. Walz Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Wawrzik Weber ({190}) Weiskirch ({191}) Dr. von Weizsäcker Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer ({192}) Windelen Vizepräsident Frau Renger Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({193}) Dr. Wörner Baron von Wrangel Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Ziegler Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({194}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({195}) Luster Müller ({196}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe Diese drei Artikel sind damit in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe Art. 4 auf. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen. Wer dem Art. 4 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Ich rufe Art. 6 auf. Zu Art. 6 liegen mir Wortmeldungen vor. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schöfberger.

Dr. Rudolf Schöfberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002054, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal die parlamentarische Konstellation hervorheben, die diesen Vormittag beherrscht. Seit zwei Jahren wird die Opposition nicht müde, die Senkung der Vermögensteuer zu fordern. Heute hätte sie die Gelegenheit, diesem politischen Ziel zuzustimmen. Sie stimmt jedoch dagegen, weil sie die vordergründige Chance wittert, der Bundesregierung eine Niederlage zu bereiten. Man sieht an diesem Beispiel, zu welchem Verrat an der eigenen Sache die Opposition fähig ist, ({0}) wenn es um einen vordergründigen Effekt geht. ({1}) Ich bin überzeugt, Sie würden morgen auch den 17. Juni abschaffen, wenn es Ihnen nur gelänge, der Bundesregierung eine Niederlage beizubringen. ({2}) Auf der anderen Seite müssen viele Sozialdemokraten einem ungeliebten und ungewollten Gesetz zustimmen, um der Opposition diese Chance zu nehmen. Ich gestehe freimütig, daß ich auf dieser Bühne der „verkehrten Welt" eine besonders schwierige Haltung einnehme. ({3}) Ich möchte mir von Ihnen meine Entscheidung in der Sache, nämlich zu Art. 6 Ziffer 2 des Steueränderungsgesetzes, nicht nehmen und nicht bestreiten lassen. ({4}) Ich billige die notwendige Erhöhung der Mehrwertsteuer und die vorgesehenen Steuerentlastungen mit einer wesentlichen Ausnahme: Ich sehe mich außerstande, der geplanten Senkung der Vermögensteuer in zweiter Lesung zuzustimmen. Ich halte die Senkung der Vermögensteuer für verteilungspolitisch unverantwortlich, für sozialpolitisch unausgewogen, für fiskalisch nicht zu vertreten und für konjunkturpolitisch sinnlos. Ich möchte das in Kürze begründen. Die Vermögensverzerrung in der Bundesrepublik ist allen im Hause bekannt, wenn sie auch unterschiedlich gewichtet und bewertet wird. Oswald von Nell-Breuning hat die Ballung riesiger Vermögensmassen ({5}) in den Händen einer dünnen Schicht von Bürgern vor Jahren als „den größten Skandal dieser Republik" bezeichnet. Diese Auffassung teile ich voll und ganz. Es gibt in der Bundesrepublik unter rund 60 Millionen Bürgern lediglich 540 000 Vermögensteuerpflichtige; das sind 0,9 %der Gesamtbevölkerung. Diese dünne Schicht versteuert nach der letzten Statistik 135 Milliarden DM. Innerhalb dieser Gruppe gibt es wieder eine scharfe Konzentration: 106 Milliarden DM der vermögensteuerpflichtigen Vermögensmassen - das sind 78 % - befinden sich in der Hand von ganzen 1 570 Unternehmen; diese und die 22 000 Vermögensteuermillionäre sind ohne Zweifel die Nutznießer einer Vermögensteuersenkung. Es ist für mich unerträglich, diesen 0,9 % der Bevölkerung auf Kosten der restlichen 99 % der Bürger ein Steuergeschenk in Höhe von 1,5 Milliarden DM auszuwerfen. Unerträglich ist dies insbesondere deshalb, weil dieses Geschenk über die Mehrwertsteuererhöhung finanziert werden soll. Die Verbraucher - und das sind die Massen der Arbeitnehmer, der Beamten, der kleinen Selbständigen und der Rentner - sollen zur Kasse gebeten werden, um mit einem nicht unwesentlichen Teil dieses Geldes die Vermögensteuerpflichtigen bei Laune zu halten. Dies kann ich verteilungspolitisch nicht verantworten. Ich stelle ferner fest, daß der Weihnachtsfreibetrag seit mehr als einem Jahrzehnt unverändert bei 100 DM liegt, obwohl heute bereits 72 % aller Arbeitnehmer ein 13. Monatsgehalt zu Weihnachten bekommen und dieses überproportional hoch zu versteuern haben. Für die Erhöhung dieses Freibetrages war bisher kein Geld vorhanden. Ich stelle weiterhin fest, daß der Arbeitnehmerfreibetrag nicht erhöht werden kann, weil das Geld hierfür fehlt. Ich stelle fest, daß nicht einmal die Steuerfreiheit der Streik- und Aussperrungsgelder - und hierbei handelt es sich um zurückgezahlte Solidaritätsbeiträge - hergestellt werden kann, weil dafür kein Geld vorhanden ist. Ich stelle ferner fest, daß die Harmonisierung des Einkommensteuertarifs mit einer Entlastung für kleine und mäßige Einkommen nicht möglich ist, weil dies 3,5 Milliarden DM verschlingen würde. Ich stelle außerdem fest, daß sich alle in diesem Hause beim' Haushaltsstrukturgesetz gemeinsam angestrengt haben, alle Bevölkerungsteile zur Kasse zu bitten, bis hin zu den Kriegsopfern. Ich bin daher sehr verwundert, daß der Bundeshaushalt plötzlich 1,5 Milliarden DM als Steuergeschenk für weniger als 1 % der Bevölkerung hergeben soll. Einem solchen Vorhaben kann ich aus sozialpolitischen Gründen nicht zustimmen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer sollte ursprünglich der Haushaltssanierung dienen. Dieses Ziel halte ich nach wie vor für erstrebenswert. Das Steueränderungspaket kann dieses Ziel sowieso nicht mehr erreichen. Für um so unmöglicher halte ich es, den Vermögenden 1,5 Milliarden DM zukommen zu lassen und dadurch noch weniger in der Lage zu sein, Haushaltslöcher zu stopfen. Schließlich ein letzter Grund: Die Senkung der Vermögensteuer ist für mich - ich maße mir nicht an, ein Fachmann auf diesem Gebiet zu sein - konjunkturpolitisch sinnlos. Ich beziehe mich hier auf das Gutachten des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung vom Dezember 1976, in dem - auch empirisch - zwingend nachgewiesen wird, daß Steuererleichterungen schlechthin keinen Investitionsanreiz darstellen. Auch der Präsident der Deutschen Bundesbank vertritt eine ähnliche Meinung. Niemand gibt mir jedenfalls die Gewähr, daß dieses Steuergeschenk für Investitionen und nicht zur Vergoldung der Bilanzen großer Unternehmen und zur Dividendenerhöhung verwendet wird. Niemand hier in diesem Raum kann diese Gewähr geben. Solange wir in unserem Steuerrecht nicht nach schwedischem Modell zwischen der Niedrigbesteuerung von Reinvestitionen und der gleichzeitigen Hochbesteuerung von. Gewinnentnahmen unterscheiden, werden wir bestenfalls Klimaverbesserungen, aber keine direkten Investitionsanreize über Steuern schaffen können. ({6}) Für bloße meteorologische Klimaverbesserungen ist mir der Betrag von 1,5 Milliarden DM zu hoch. Ich hätte nichts dagegen, mittelständischen Unternehmen bei ertragsunabhängigen Steuern eine Entlastung einzuräumen und sie dadurch gegenüber den Großkonzernen konkurrenzfähiger zu machen. Wer jedoch dieses will, muß entweder die Freibeträge erhöhen oder die Vermögensteuer plafondieren. Frau Kollegin Matthäus-Maier möchte ich sagen, daß eine Plafondierung der Vermögensteuer mit Sicherheit nicht an der sozialdemokratischen Fraktion gescheitert wäre. ({7}) Das Ziel der Entlastung mittelständischer Unternehmen erreicht man jedoch mit Sicherheit nicht, indem man die Steuersätze für die Firma Siemens und einen mittelständischen Bäckereibetrieb gleichermaßen senkt. Aus den genannten Gründen sehe ich mich in der zweiten Lesung - das heißt für mich: in der Entscheidung über die Sachfrage „Senkung der Vermögensteuer oder nicht" - zusammen mit meinen Kollegen Coppik und Hansen nicht in der Lage, dem vorgelegten Art. 6 zuzustimmen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Meinike.

Erich Meinike (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zur Abstimmung stehende Art. 6 des Gesetzes sieht die Senkung der Vermögensteuersätze für natürliche Personen und Körperschaften vor. In der Beurteilung dieser Entscheidung schließe ich mich den Sachargumenten meines Kollegen Schöfberger in vollem Umfang an. Diese Sachbeurteilung war - das möchte ich hier noch einmal anmerken - auch Grundlage meiner persönlichen Entscheidung im Finanzausschuß, der noch die Übung gewahrt hat, über dieses Steuergesetz sachlich zu entscheiden, gegen diesen Art. 6 zu stimmen. Laut Protokoll des Finanzausschusses ist Art. 6 gegen meine Stimme und gegen eine weitere Stimme aus der SPD mehrheitlich mit den Stimmen der CDU angenommen worden. Ich weiß aber, daß in der Gesamtfraktion der SPD die Bedenken gegen die Senkung der Vermögensteuer durchaus einheitlich beurteilt werden. Gestatten Sie mir ein paar allgemeine Bemerkungen. Ich habe als Abgeordneter dieses Hauses hier schon manches erlebt. Aber das, was Herr Kollege Dr. Häfele heute hier für die CDU/CSU erklärt hat, widerspricht jeglicher politischer Anständigkeit, wenn ich das einmal so deutlich sagen darf. ({0}) In einer Art Salto mortale ist hier eine Position bezogen worden, die ich nun überhaupt nicht begreifen kann. Denn ich gehe sicherlich zu Recht davon aus, Herr Kollege Dr. Häfele, daß die namentliche Abstimmung nicht dazu dienen soll, das Stimmverhalten von Sozialdemokraten festzuschreiben. Ich gehe auch nicht davon aus, daß die namentliche Abstimmung dazu beitragen soll, das bisher schon geäußerte CDU-Bekenntnis zur Vermögensteuersenkung heute hier festzuschreiben. Ich muß mehr als nur den Verdacht äußern, daß Sie mit dieser namentlichen Abstimmung gewissermaßen die Schlußabstimmung in diese Einzelberatung hinein vorziehen wollen. Unter Preisgabe Ihrer eigenen Vorstellungen lehnen Sie dabei sogar die Senkung der Vermögensteuer ab. Das, scheint mir, ist der Offenbarungseid der Opposition unter Helmut Kohl, in aller Öffentlichkeit und Deutlichkeit hier dokumentiert. Das halte ich in der Tat für das Preisgeben parlamentarischer Anstandsregeln und für die Aufgabe jeglicher sachlicher Beratungen in diesem Hause, für das Ende des Austragens von Sachfragen. Wissen Sie, ich trage schon seit langer Zeit einen Vers von Heinrich Heine in meiner Tasche. Er paßt, glaube ich, heute sehr gut auf Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. Heinrich Heine sagte einmal: Ich kenne die Weise, Ich kenne den Text, Ich kenne auch ihre Verfasser. Ich weiß, sie tranken heimlich Sekt und predigten öffentlich Wasser. ({1}) Meinike ({2}) Ich meine, das ist das Charakterbild dieser Opposition. ({3}) - Das ließe sich sicherlich noch etwas drastischer formulieren, Herr Kollege Haase. ({4}) Nun will ich Sie nicht länger, auf die Folter spannen. Sicherlich warten Sie auf eine konkrete Aussage zu meinem Stimmverhalten. Ihre politische Unanständigkeit zwingt mich und meinen Kollegen Ernst Waltemathe, die von uns für die dritte Lesung vorgesehene Gesamtentscheidung, uns der Stimme zu enthalten, schon jetzt zu treffen. Schon jetzt geht es nicht mehr um die Sachfrage „Vermögensteuer" es geht um die Schlußabstimmung. Bei dieser Abstimmung aber entscheiden wir beide uns .für einen Kompromiß zwischen der steuerpolitischen Auffassung der Sozialdemokraten und der Koalitionsvereinbarung. Dieser Kompromiß mündet für uns darin ein, uns schon jetzt, bei der Entscheidung über Art. 6 des Steuergesetzes, der Stimme zu enthalten. ({5}) - Ich verstehe ja Ihre Enttäuschung. ({6}) Seien Sie sich aber über eines im klaren - ich darf das für mich bekennen -: Wir glauben, mit dieser unserer Entscheidung weiterhin die Zustimmung derer zu erhalten, die uns bisher in unserer persönlichen Entscheidung bestärkt haben. Gestatten Sie mir noch eine letzte Bemerkung. Diese Ihre Kehrtwendung, meine Damen und Herren, hat mich mehr als überrascht, wenn nicht sogar enttäuscht. Ich muß fast der Vermutung Ausdruck geben, daß die Christlich-Demokratische Union und die Christlich-Soziale Union sogar bereit wären, die Kirchensteuer abzuschaffen, wenn das zum Sturz der sozialliberalen Regierung beitrüge. ({7})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu Art. 6 ist namentliche Abstimmung beantragt. Die Abstimmung ist eröffnet. Haben alle ihre Stimmkarten abgegeben? - Ich schließe die Abstimmung. Meine Damen und Herren, ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Mit Ja haben 248 uneingeschränkt stimmberechtigte und 11 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 246 uneingeschränkt stimmberechtigte und 11 Berliner Abgeordnete. Ergebnis Abgegebene Stimmen 496 und 22 Berliner Abgeordnete; davon ja: 248 und 11 Berliner Abgeordnete, nein: 246 und 11 Berliner Abgeordnete enthalten: 2 Ja SPD Adams Ahlers Dr. Ahrens Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Dr. Bardens Batz Dr. Bayerl Becker ({0}) Biermann Bindig Blank Dr. Böhme ({1}) Frau von Bothmer Brandt Brandt ({2}) Brück Buchstaller Büchler ({3}) Büchner ({4}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Conradi Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dr. von Dohnanyi Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({5}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fellermaier Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Franke ({6}) Friedrich ({7}) Gansel Gerstl ({8}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haase ({9}) Haehser Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Höhmann Hoffmann ({10}) Hofmann ({11}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Ibrügger Immer ({12}) Jahn ({13}) Jaunich Dr. Jens ({14}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Klein ({15}) Koblitz Konrad Kratz Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lange Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lemp Lenders Frau Dr. Lepsius Dr. Linde Lutz Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({16}) Meininghaus Möhring Müller ({17}) Müller ({18}) Müller ({19}) Müller ({20}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Neumann Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({21}) Rappe ({22}) Ravens Frau Renger Reuschenbach Rohde Rosenthal Roth Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({23}) Dr. Schäfer ({24}) Scheffler Scheu Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({25}) Schmidt ({26}) Schmidt ({27}) Schmidt ({28}) Schmidt ({29}) Vizepräsident Frau Renger Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude Schreiber Schulte ({30}) Schwabe Dr. Schwencke ({31}) Dr. Schwenk ({32}) Seefeld Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Dr. Spöri Stahl ({33}) Dr. Staudt Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Ueberhorst Urbaniak Dr. Vogel ({34}) Vogelsang Voigt ({35}) Walther Dr. Weber ({36}) Wehner Weißkirchen ({37}) Wendt Dr. Wernitz Wiefel Wilhelm Wimmer ({38}) Wischnewski Dr. de With Wittmann ({39}) Wolfram ({40}) Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({41}) Dr. Dübber Egert Löffler Manning Mattick Frau Schlei Schulze ({42}) Sieglerschmidt FDP Angermeyer Dr. Bangemann Baum Cronenberg Eimer ({43}) Engelhard Ertl Dr. Friderichs Frau Funcke Gärtner Gallus Gattermann Genscher Grüner Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann Hölscher Jung Kleinert Dr.-Ing. Laermann Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier Mischnick Möllemann Ollesch Paintner Peters ({44}) Schmidt ({45}) von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller Dr. Vohrer Dr. Wendig Wolfgramm ({46}) Wurbs Zywietz Berliner Abgeordnete Hoppe Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. van Aerssen Dr. Aigner Alber Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha Dr. Becher ({47}) Dr. Becker ({48}) Frau Benedix Benz Berger Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Dr. von Bismarck Dr. Blüm Blumenfeld Böhm ({49}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Bühler ({50}) Burger Carstens ({51}) Carstens ({52}) Conrad ({53}) Damm Daweke Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Engelsberger Erhard ({54}) Ernesti Dr. Evers Eymer ({55}) Dr. Eyrich Feinendegen Frau Fischer Francke ({56}) Franke Dr. Friedmann Dr. Früh Dr. Fuchs Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern Dr. George Gerlach ({57}) Gerstein Gierenstein Glos Dr. Gölter Dr. Gruhl Haase ({58}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann Hasinger von Hassel Hauser ({59}) Hauser ({60}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({61}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({62}) Dr. Jahn ({63}) Dr. Jahn ({64}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({65}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Katzer Kiechle Dr. h. c. Kiesinger Dr. Klein ({66}) Klein ({67}) Dr. Klepsch Klinker Dr. Köhler ({68}) Dr. Köhler ({69}) Köster Dr. Kohl Kolb Krampe Dr. Kraske Kraus Dr. Kreile Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kunz ({70}) Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Laufs Leicht Lemmrich Dr. Lenz ({71}) Lenzer Link Lintner Löher Dr. Luda Lücker Dr. Mende Dr. Mertes ({72}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Müller Müller ({73}) Müller ({74}) Dr. Müller-Hermann Dr. Narjes Neuhaus Frau Dr. Neumeister Nordlohne Frau Pack Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Dr. Probst Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({75}) Dr. Riedl ({76}) Dr. Riesenhuber Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Rühe Russe Sauer ({77}) Sauter({78}) Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Schartz ({79}) Schedl Frau Schleicher Schmidhuber Schmidt ({80}) Schmitz ({81}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({82}) Schröder ({83}) Schröder ({84}) Dr. Schulte ({85}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwörer Seiters Sick Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({86}) Dr. Starke ({87}) Graf Stauffenberg Vizepräsident Frau Renger Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Strauß Stücklen Stutzer Susset de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({88}) Vogt ({89}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Frau Dr. Walz Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Wawrzik Weber ({90}) Weiskirch ({91}) Dr. von Weizsäcker Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer ({92}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({93}) Dr. Wörner Baron von Wrangel Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Ziegler Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({94}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({95}) Luster Müller ({96}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe SPD Hansen Enthaltungen SPD Meinike ({97}) Waltemathe Art. 6 ist damit in der Ausschußfassung angenommen. ({98}) - Zwei Enthaltungen. Ich rufe jetzt Art. 6 a, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet. Meine Damen und Herren, wir kommen zur dritten Beratung. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Nach § 59 der Geschäftsordnung werden Erklärungen zur Abstimmung abgegeben. Das Wort hat der Abgeordnete Waltemathe.

Ernst Waltemathe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002419, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in der dritten Lesung werde ich mich der Stimme enthalten. Die Gründe dafür habe ich in einer kurzen Erklärung niedergelegt, die ich schriftlich zu Protokoll des Bundestages überreichen darf.*)

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weiter hat der Herr Abgeordnete Hansen um das Wort gebeten.

Karl Heinz Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Begründung meines Neins in der *) Anlage 2 Schlußabstimmung gebe ich nach § 59 der Geschäftsordnung eine Erklärung zu Protokoll.*)

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine weitere Wortmeldung liegt vor von dem Herrn Abgeordneten Coppik.

Manfred Coppik (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000337, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich darf mein Nein in der dritten Lesung in der Form begründen, daß ich gemäß § 59 der Geschäftsordnung eine schriftliche Erklärung zu Protokoll gebe.**)

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Danke sehr. - Das Wort nach § 59 der Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Meinike.

Erich Meinike (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe gemäß § 59 der Geschäftsordnung eine schriftliche Erklärung zur Abstimmung zu Protokoll.***) ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, für die Schlußabstimmung ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die Abstimmung. Haben alle ihre Stimmkarten abgegeben? - Ich schließe die Abstimmung. Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Mit Ja haben 248 uneingeschränkt stimmberechtigte und 11 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 245 und 11 Berliner Abgeordnete. Drei Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Ergebnis Abgegebene Stimmen 496 und 22 Berliner Abgeordnete; davon ja: 248 und 11 Berliner Abgeordnete, nein: 245 und 11 Berliner Abgeordnete enthalten: 3 Ja SPD Adams Ahlers Dr. Ahrens Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Dr. Bardens Batz Dr. Bayerl Becker ({0}) Biermann Bindig Blank Dr. Böhme ({1}) Frau von Bothmer Brandt Brandt ({2}) Brück Buchstaller Büchler ({3}) Büchner ({4}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dr. von Dohnanyi Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({5}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fellermaier *) Anlage 3 **) Anlage 4 ***) Anlage 5 Vizepräsident Frau Renger Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Franke ({6}) Friedrich ({7}) Gansel Gerstl ({8}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haase ({9}) Haehser Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Höhmann Hoffmann ({10}) Hofmann ({11}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Ibrügger Immer ({12}) Jahn ({13}) Jaunich Dr. Jens ({14}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Klein ({15}) Koblitz Konrad Kratz Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbadier Kuhlwein Lambinus Lange Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lemp Lenders Frau Dr. Lepsius Dr. Linde Lutz Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({16}) Meininghaus Möhring Müller ({17}) Müller ({18}) Müller ({19}) Müller ({20}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Neumann Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({21}) Rappe ({22}) Ravens Frau Renger Reuschenbach Rohde Rosenthal Roth Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({23}) Dr. Schäfer ({24}) Scheffler Scheu Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({25}) Schmidt ({26}) Schmidt ({27}) Schmidt ({28}) Schmidt ({29}) Dr. Schmude Schreiber Schulte ({30}) Schwabe Dr. Schwencke ({31}) Dr. Schwenk ({32}) Seefeld Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Dr. Spöri Stahl ({33}) Dr. Staudt Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Ueberhorst Urbaniak Dr. Vogel ({34}) Vogelsang Voigt ({35}) Walther Dr. Weber ({36}) Wehner Weißkirchen ({37}) Wendt Dr. Wernitz Westphal Wiefel Wilhelm Wimmer ({38}) Wischnewski Dr. de With Wittmann ({39}) Wolfram ({40}) Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({41}) Dr. Dübber Egert Löffler Manning Mattick Frau Schlei Schulze ({42}) Sieglerschmidt FDP Angermeyer Dr. Bangemann Baum Cronenberg Eimer ({43}) Engelhard Ertl Dr. Friderichs Gärtner Gallus Genscher Grüner Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann Hölscher Jung Kleinert Dr.-Ing. Laermann Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier Mischnick Möllemann Ollesch Paintner Peters ({44}) Schmidt ({45}) von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller Dr. Vohrer Dr. Wendig Wolfgramm ({46}) Wurbs Zywietz Berliner Abgeordnete Hoppe Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. van Aerssen Dr. Aigner Alber Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha Dr. Becher ({47}) Dr. Becker ({48}) Frau Benedix Benz Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Dr. von Bismarck Dr. Blüm Blumenfeld Böhm ({49}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Broll Bühler ({50}) Burger Carstens ({51}) Carstens ({52}) Conrad ({53}) Dr. Czaja Damm Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Engelsberger Erhard ({54}) Ernesti Dr. Evers Ey Eymer ({55}) Dr. Eyrich Feinendegen Frau Fischer Francke ({56}) Franke Dr. Friedmann Dr. Früh Dr. Fuchs Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern Dr. George Gerlach ({57}) Gerstein Gierenstein Glos Dr. Gölter Dr. Gruhl Haase ({58}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann Hasinger von Hassel Hauser ({59}) Hauser ({60}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({61}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({62}) Dr. Jahn ({63}) Dr. Jahn ({64}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({65}) Dr. Jobst Vizepräsident Frau Renger Josten Frau Karwatzki Katzer Kiechle Dr. h. c. Kiesinger Dr. Klein ({66}) Klein ({67}) Dr. Klepsch Klinker Dr. Köhler ({68}) Dr. Köhler ({69}) Köster Dr. Kohl Kolb Krampe Dr. Kraske Kraus Dr. Kreile Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kunz ({70}) Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Leicht Lemmrich Dr. Lenz ({71}) Lenzer Link Lintner Löher Dr. Luda Lücker Dr. Marx Dr. Mende Dr. Mertes ({72}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Müller Müller ({73}) Müller ({74}) Dr. Müller-Hermann Dr. Narjes Neuhaus Frau Dr. Neumeister Niegel Frau Pack Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Dr. Probst Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({75}) Dr. Riedl ({76}) Dr. Riesenhuber Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Russe Sauer ({77}) Sauter ({78}) Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein Schartz ({79}) Schedl Frau Schleicher Schmidhuber Schmidt ({80}) Schmitz ({81}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({82}) Schröder ({83}) Schröder ({84}) Dr. Schulte ({85}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwörer Seiters Sick Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({86}) Dr. Starke ({87}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Strauß Stutzer Susset de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({88}) Vogt ({89}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Frau Dr. Walz Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Wawrzik Weber ({90}) Weiskirch ({91}) Dr. von Weizsäcker Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer ({92}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({93}) Dr. Wörner Baron von Wrangel Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Ziegler Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({94}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({95}) Luster Müller ({96}) Frau Pieser Dr. Pfennig Straßmeir Wohlrabe SPD Hansen Enthaltungen SPD Meinike ({97}) Dr. Schöfberger Waltemathe Damit ist das Gesetz in dritter Lesung angenommen. Wir haben noch die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist dem Antrag entsprochen. Wir treten sofort in die Fragestunde - Drucksache 8/571 - ein. Wenn die Fragestunde vorzeitig zu Ende sein sollte, wird sofort der Tagesordnungspunkt 7 aufgerufen. Ich bitte Sie, darauf Rücksicht zu nehmen und der Sitzung nicht fernzubleiben. ({98})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramts auf. Zur Beantwortung steht Herr Staatsminister Wischnewski zur Verfügung. Frage 109, Abgeordneter Sauter: Trifft es zu, daß verschiedene Bundesministerien Abgeordneten der SFD/FDP bzw. der Regierungsfraktionen Hinweise für die Einbringung von Großen und Kleinen Anfragen bzw. von Fragen für die Fragestunde geben, und geben einige Bundesministerien Formulierungshilfen hierfür?

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Herr Kollege, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten. Die Bundesregierung sieht es als eine ihrer Pflichten an, den Abgeordneten des Deutschen Bundestages jederzeit mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Dies umfaßt selbstverständlich, soweit es im Einzelfall von Abgeordneten gewünscht wird, auch eine Unterstützung bei der Eingrenzung von Fragenkomplexen und Hilfen ,bei der Formulierung von Fragen oder Anfragen. Hierbei handelt es sich, Herr Kollege Sauter, um eine Gepflogenheit, der bisher jede Bundesregierung gegenüber den Abgeordneten, ungeachtet ihrer Fraktionszugehörigkeit, nachgekommen ist.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Sauter.

Franz Sauter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001926, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, teilen Sie nicht meine Auffassung, daß diese Praxis. gegenüber den Abgeordneten hinsichtlich Koalition und hinsichtlich Opposition unterschiedlich gehandhabt wird?

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Erkenntnisse darüber liegen mir nicht vor. Aber ich habe hier eine klare Aussage gemacht: es betrifft jeden Abgeordneten, ungeachtet seiner Fraktionszugehörigkeit. Wenn Sie die Dienste der Bundesregierung in diesem Sinne in Anspruch nehmen wollen, verehrter Herr Kollege, wir sind gerne dazu bereit.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauter.

Franz Sauter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001926, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, nachdem Sie mir hier keine eindeutige Auskunft gegeben haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie mir das schriftlich geben können, wie diese Praxis hinsichtlich Koalition und hinsichtlich Opposition gehandhabt wird. Und teilen Sie nicht meine Auffassung, daß damit die Chancengleichheit der Opposition verletzt wird?

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Die Chancengleichheit der Opposition kann in dieser Beziehung nur verletzt werden, wenn die Abgeordneten der Opposition die hier angesprochene Möglichkeit durch eigene Entscheidung nicht in Anspruch nehmen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, können Sie uns sagen, ob diese Nachhilfe von den Abgeordneten der SPD und der FDP häufig in Anspruch genommen wird?

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Dies wird von Zeit zu Zeit in Anspruch genommen. Daß man über Fragen miteinander spricht, halte ich durchaus für einen vernünftigen Vorgang. Ich kann nicht sagen, bei welchem Haus wie oft diese Hilfe in Anspruch genommen wird.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.

Erwin Stahl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, würden Sie mir darin zustimmen, daß es eigentlich ein guter Brauch ist, daß man diese Hilfe gibt, wenn Kollegen der Opposition eine Formulierungshilfe bei der Regierung wünschen? In anderen Fällen ist das bisher bei anderen Konstellationen der Regierung doch wohl genauso gewesen?

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Herr Kollege, ich möchte Ihre Meinung ausdrücklich bestätigen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, liegt eventuell eine generelle Bitte einer Fraktion vor, ihr Fragen zu überstellen, die der Bundesregierung gerade ins Konzept passen?

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Von einer solchen - wie haben Sie gesagt? - ({0}) - Eine solche generelle Bitte ist mir nicht bekannt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 110 des Abgeordneten Sauter auf: Wird die Antwort der Bundesregierung auf Fragen der SPD/ FDP-Abgeordneten diesen schon vor Beginn der Fragestunde zur Verfügung gestellt?

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Ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten. Wie vor Beginn jeder Fragestunde festzustellen ist, finden hier, ungeachtet irgendwelcher Fraktionszugehörigkeiten, regelmäßig eine Vielzahl von Gesprächen zwischen Fragestellern und den mit der Beantwortung Beauftragten statt. Es ist doch kein Geheimnis, Herr Kollege Sauter, daß dann meistens über die vorgesehene Antwort der Bundesregierung gesprochen wird. Dies liegt ausschließlich im Interesse der Fragesteller. Hierbei werden oft genug Mißverständnisse vermieden und so sichergestellt, daß der Fragesteller wirklich die gewünschte Information erhält. Ich wiederhole noch einmal: Die Bundesregierung ist bemüht, alle Abgeordneten aller Fraktionen nach Möglichkeit zu unterstützen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage.

Franz Sauter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001926, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie bestimmte Abgeordnete bestimmter Fraktionen vorher unterrichten und Abgeordnete anderer Fraktionen über die Antwort der Bundesregierung nicht informieren? ({0})

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Aus meinen Formulierungen war auf gar keinen Fall herauszulesen, was Sie mir hier unterschieben wollen. ({0}) Ich möchte aus meiner eigenen Erfahrung sagen, daß ich selbst schon Abgeordnete der Opposition vorher über die Antwort informiert habe, die ich in der Fragestunde zu geben die Absicht hatte.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauter.

Franz Sauter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001926, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsministerwie können Sie es sich dann erklären, daß Abgeordnete der Regierungskoalition vorgefertigte Zusatzfragen zu der Antwort der Bundesregierung haben, die zu dieser ersten Antwort exakt passen?

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Wenn ich ein Abgeordneter wäre, der sich aktiv an der Fragestunde beteiligt, überlegte auch ich mir rechtzeitig vorher, welche Zusatzfragen ich stellen wollte. ({0}) - Das kann man gar nicht wissen. Wenn Sie sagen, Sie bekämen vorweg keine Informationen, dann könnten Sie das gar nicht wissen. Woher können Sie dann wissen, daß das paßt? ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, die Frage des Herrn Kollegen Sauter lautet doch, ob die Bundesregierung Zusatzfragen gleich mitliefere.

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Die Bundesregierung liefert keine Zusatzfragen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 126 des Abgeordneten Spranger auf, die aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes in den Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes übernommen wurde: Teilt die Bundesregierung die Auffassung des amerikanischen Präsidenten Carter, die DDR habe eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, die darauf abzielen, legale Unterschiede zwischen ihrem eigenen Territorium und dem Ost-Berlins zu verwischen, und wird die Bundesregierung diese Verstöße gegen die Helsinki-Akte auf der Konferenz von Belgrad zur Sprache bringen?

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Herr Kollege Spranger, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten. Ich vermute, Sie beziehen sich auf die Meldungen über den zweiten Halbjahresbericht der amerikanischen Regierung an die KSZE-Kommission des Kongresses über die Implementation der KSZE-Schlußakte. Die Auffassung der Bundesregierung zu den in diesem Bericht u. a. angesprochenen Maßnahmen der DDR in bezug auf Berlin ({0}) deckt sich mit der Auffassung der drei Mächte. Diese Auffassung hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom 7. Januar 1977 zu der Erklärung der drei Mächte gleichen Datums zu den Maßnahmen der DDR dargelegt. Die Bundesregierung hat es für besonders bedeutsam gehalten, daß die drei Mächte erneut klargemacht hatten, daß der Viermächtestatus für ganz Berlin, also auch für Ost-Berlin, gilt, und daß jeder Versuch, daran etwas einseitig zu ändern, sowohl eine Verletzung der Rechte und Verantwortlichkeiten der Alliierten sowie des Viermächteabkommens vom 3. September 1971 darstellen würde. Die Aufrechterhaltung des Status von Berlin ist in erster Linie eine Angelegenheit der vier Mächte. Dementsprechend - und darauf verweist auch der Bericht der amerikanischen Regierung an die KSZE- Kommission des Kongresses - wurden die Maßnahmen der DDR unter den vier Mächten behandelt. Da es um Statusfragen geht, liegt auch die Wahl des Forums, in dem sie angesprochen werden sollen, in der Entscheidung der drei Mächte. Grundsätzlich ist sich die Bundesregierung mit den drei Mächten einig, daß Angelegenheiten, die sich aus den Rechten und Verantwortlichkeiten der vier Mächte in bezug auf Deutschland als Ganzes und Berlin ergeben, zweckmäßigerweise unter den vier Mächten behandelt werden. Dies schließt jedoch nicht aus, daß spezifische KSZE-Aspekte deutschland- und berlinpolitisch relevanter Maßnahmen westlicherseits in Belgrad aufgegriffen werden können. Wie dies im einzelnen zu geschehen hätte, möchte ich aus Gründen, die ich vor Beginn der Konferenz nicht näher schildern will, nicht beschreiben. Jedenfalls wird dies weitgehend vom Verlauf der Konferenz abhängen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, kann ich davon ausgehen, daß Sie damit meine Frage mit Ja beantwortet haben?

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Wenn Sie den Teil meinen, der sich auf die Behandlung in Belgrad bezieht, möchte ich daran erinnern, daß ich gesagt habe: In erster Linie ist es eine Entscheidung der drei Mächte, ob etwas im Vier-Mächte-Rahmen zu besprechen ist; aber es gibt auch andere Überlegungen; das hängt vom Verlauf der Konferenz ab. Hier ist es ganz besonders wichtig, daß die Bundesregierung sich an den Status hält.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Muß ich, nachdem Sie den zweiten Teil meiner Frage mit einem beschränkten Ja beantwortet haben, davon ausgehen, daß Sie den ersten Teil meiner Frage nicht bejahen können?

Not found (Gast)

Ich habe, glaube ich, was den ersten Teil Ihrer Frage betrifft, eine ganz klare Aussage gemacht. Ich darf sie wiederholen: Die Auffassung der Bundesregierung zu den in diesem Bericht u. a. angesprochenen Maßnahmen der DDR in bezug auf Berlin ({0}) deckt sich mit der Auffassung der drei Mächte. Es gibt also in dieser Frage eine völlige Übereinstimmung. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom 7. Januar 1977 zu der Erklärung der drei Mächte gleichen Datums zu den Maßnahmen der DDR ihre Meinung eindeutig klargelegt. Es gibt also keine Differenzen in dieser Frage.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, befindet sich das Urteil der Bundesregierung im Gleichklang mit dem Urteil des Präsidenten Carter bezüglich der in der Frage angesprochenen Maßnahmen der DDR?

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Es gibt in der angesprochenen Frage zwischen der Auffassung des Präsidenten der Vereinigten Staaten und der Meinung der Bundesregierung keine Differenzen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, teilt die Bundesregierung als Regierung des Signatarstaats Bundesrepublik Deutschland der Schlußakte von Helsinki die Auffassung, daß der Signatarstaat DDR mit seinem Verhalten gegenüber dem Status von Ost-Berlin gegen Prinzip Nr. 10 der KSZE-Schlußakte - Einhaltung von Verbindlichkeiten nach Treu und Glauben - verstoßen hat?

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Sie müssen nur von der Voraussetzung ausgehen, daß für die Verbindlichkeiten, um die es geht und die Sie ansprachen, weder die Bundesrepublik Deutschland noch die DDR Vertragspartner ist, sondern daß es sich hier um Vereinbarungen der vier Mächte handelt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Fragen 111 und 112 werden auf Bitte der Fragesteller - der Abgeordneten Dr. Voss und Regenspurger - schriftlich beantwortet. Ich bedanke mich. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen auf. Zur Beantwortung steht Frau Staatsminister Dr. Hamm-Brücher zur Verfügung. Ich rufe die Frage 113 des Abgeordneten Dr. Wittmann auf. Werden Besucher der deutschen Botschaft in Moskau generell durch sowjetische Organe kontrolliert und/oder in Einzelfällen am Betreten des Gebäudes gehindert?

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Ich beantworte die Frage wie folgt. Ich möchte vorausschicken, daß die sowjetischen Behörden die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau nicht anders behandeln als alle übrigen Botschaften. Es handelt sich um eine allgemeine Praxis. Dementsprechend sind vor beiden Zugängen zum Kanzleigebäude unserer Botschaft in Moskau Doppelposten der Miliz stationiert, die grundsätzlich alle Besucher der Botschaft kontrollieren. Eine Ausnahme bilden Botschaftsangehörige, die den Milizionären bekannt sind, sowie sonstige als solche erkennbare westliche Ausländer. Nach unseren Beobachtungen entscheidet die Miliz bei Sowjetbürgern, also auch bei solchen deutscher Volkszugehörigkeit, und bei Besuchern aus anderen Ostblockstaaten über den Zutritt zur Botschaft. Dabei scheint oft eine Weisung höherer Dienststellen eingeholt zu werden. Der Zutritt wird offenbar dann generell gestattet, wenn die Besucher im Besitz eines gültigen Reisepasses sind, der zur Ausreise in das westliche Ausland, insbesondere in die Bundesrepublik Deutschland, berechtigt. Außerdem können auch sonstige Personen die Botschaft betreten, denen der Zutritt aus Gründen, die uns im einzelnen nicht bekannt sind, gestattet worden ist.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist die Bundesregierung der Meinung, daß diese Praxis dem Völkerrecht entspricht? Wenn ja, welche Maßnahmen trifft sie im Wege der Gegenseitigkeit gegenüber der sowjetischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, es gibt keinen Grundsatz im Allgemeinen Völkerrecht, der dieser Praxis widersprechen würde. Ich habe ja zu Beginn meiner Ausführungen gesagt, daß diese Praxis nicht nur vor der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland so gehandhabt wird, sondern bei allen anderen, zumindest westlichen Botschaften.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Kollege Wittmann, noch eine Zusatzfrage?

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, der zweite Teil meiner Frage ist nicht beantwortet. Ich habe gefragt, was die Bundesrepublik im Wege der Gegenseitigkeit gegenüber der sowjetischen Botschaft in Rolandseck unternimmt.

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, die Bundesrepublik Deutschland wird vor ihren Botschaften genauso verfahren wie bisher, weil es ein Zeichen eines freiheitlichen Landes ist, jedermann Zutritt zu einer ausländischen Botschaft zu gewähren. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hat die Bundesregierung je etwas gegen diese völkerrechtswidrige Praxis unternommen?

Not found (Gast)

Die Bundesrepublik hat wiederholt Vorstellungen gegen diese Praxis erhoben. Es ist aber weder uns noch den westlichen Vertretungen, die ebenso betroffen sind, gelungen, die sowjetische Regierung zu einer Änderung ihrer Haltung in dieser Frage zu bewegen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, werden die Besucher, die die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland aufsuchen, nur kontrolliert oder auch registriert?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen diese Frage jetzt nicht korrekt beantworten; ich werde das aber gerne schriftlich nachholen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter Czaja, eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, Sie haben vorhin gesagt, es gebe keine allgemeine Regel des Völkerrechts, die eine solche Praxis verbiete. Stimmen Sie mir aber darin zu, daß dies eine Verletzung des Vertrages über die Behandlung der diplomatischen und konsularischen Vertretungen ist?

Not found (Gast)

Hier gibt es keine Bestimmungen, aus denen Sie eine solche Verletzung konstatieren könnten. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 114 des Abgeordneten Dr. Wittmann auf: In welcher Weise kümmert sich die Bundesregierung um das weitere Schicksal der in der Sowjetunion am 18. Mai 1977 verhafteten Deutschen, welche die deutsche Botschaft aufgesucht hatten, und hat sie insbesondere deren Namen und Wohnanschriften festgehalten?

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Unsere Botschaft in Moskau hat die Angaben festgehalten, die von dem am Vorfall am 18. Mai 1977 Beteiligten während ihres Aufenthaltes im Botschaftsgebäude gemacht worden sind. Die Bundesregierung wird sich in geeigneter Weise weiterhin darum bemühen, daß die Ausreiseanträge der Betroffenen wohlwollend geprüft werden, mit dem Ziel, eine Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind der Bundesregierung weitere Schikanen bekannt geworden, die gegen die Besucher der deutschen Botschaft vorgenommen wurden?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, meinen Sie in diesem Fall? ({0})

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Wittmann, ich bitte Sie, die Beantwortung der kommenden Fragen, die sich speziell mit dieser Problematik beschäftigen, abzuwarten. In diesen Fragen wird ausführlich dazu Stellung genommen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittmann.

Dr. Fritz Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002540, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hat die Bundesregierung die sowjetische Regierung gebeten, sie laufend über die gegen diese Besucher der deutschen Botschaft getroffenen Maßnahmen zu informieren?

Not found (Gast)

Die Botschaft hat in geeigeneter Weise wiederholt versucht, über das weitere Schicksal der acht Besucher Auskunft zu erhalten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. Alois Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001482, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hat die Bundesregierung in ihren Gesprächen mit der sowjetischen Seite bereits Erkenntnisse darüber gewinnen können, ob die Chance besteht, daß diese Deutschen ausreisen dürfen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat darüber bisher leider noch keine Erkenntnisse gewonnen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wird die Bundesregierung das Schicksal dieser Deutschen im Herbst beim Besuch des sowjetischen Staats- und Parteichefs Breschnew zur Sprache bringen, falls eine positive Regelung bis dahin nicht erfolgt sein sollte?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Jäger, Sie können sicher davon ausgehen, daß dies geschehen wird.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, kann ich Ihre Formulierung, die Sie zweimal gebraucht haben, nämlich die Formulierung „in geeigneter Weise", so verstehen, daß der Herr Bundesaußenminister während seines Besuches in Moskau die Gelegenheit dazu benutzt hat, für diese Deutschen einzutreten und darauf zu dringen und zu bitten, daß sie möglichst rasch die Erlaubnis zur Ausreise erhalten?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Hupka, Sie dürfen es so verstehen, daß der Begriff „in geeigneter Weise" auch den jüngsten Besuch des Außenministers mit einschließt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 115 des Herrn Abgeordneten Krey auf: Welche praktischen Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den EG-Beitritt Portugals, Griechenlands und Spaniens noch in diesem Jahr durchzusetzen?

Not found (Gast)

Die Anfrage des Abgeordneten Krey beantworte ich wie folgt: Der Beitritt eines neuen Mitgliedstaates zur Europäischen Gemeinschaft ist regelmäßig das Ergebnis intensiver und leider auch zeitraubender Verhandlungen zwischen der EG und dem Beitrittskandidaten, an deren Ende der Abschluß eines Beitrittsvertrages steht. - Sie erinnern sich sicher an die vielen Jahre, die es gebraucht hat, bis Großbritannien Mitgied der EG werden konnte. - Dieser Beitrittsvertrag bedarf dann noch der Ratifikation durch die Mitgliedstaaten und das beitrittswillige Land. Bei den laufenden Beitrittsverhandlungen mit Griechenland spielt die Bundesregierung eine aktive Rolle. Sie versäumt keine Gelegenheit, auf einen zügigen Verhandlungsrhythmus hinzuwirken, und läßt es in diesem Sinne auch bei der innergemeinschaftlichen Abstimmung der Verhandlungspositionen in den einzelnen Sachbereichen an der Bereitschaft zu konstruktiven Lösungen nicht fehlen. Dennoch hält sie es nicht für realistisch, einen Abschluß der Verhandlungen noch in diesem Jahr für möglich zu halten, weil die eigentlich streitige Phase der Verhandlungen bestenfalls im Herbst beginnen kann und bei der Schwierigkeit der Verhandlungsmaterie zweifellos längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Was die Verhandlungen mit Portugal angeht, so darf ich daran erinnern, daß dieses Land erst am 28. März dieses Jahres den Beitritt zur EG beantragt hat. Nach Art. 237 des EWG-Vertrages mußte der Rat in der Gemeinschaft zunächst die Stellungnahme der EG-Kommission zu dem Antrag einholen. Diese Stellungnahme wird nach den bisherigen Erfahrungen nicht vor Beginn des nächsten Jahres vorliegen. Erst dann werden nach entsprechender Beschlußfassung des Rates die Beitrittsverhandlungen mit Portugal beginnen können. Zur Frage des Termins für einen EG-Beitritt Spaniens kann die Bundesregierung gegenwärtig keine Aussagen machen, weil dieses Land bisher noch keinen Aufnahmeantrag gestellt hat. Die Bundesregierung hat jedoch in jüngster Zeit bei verschiedenen Anlässen zu erkennen gegeben, daß sie einer Annäherung Spaniens an die EG bis hin zum Beitritt positiv gegenübersteht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hoffmann.

Hans Joachim Hoffmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000937, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, können Sie Aussagen darüber machen, ob die Bundesregierung mit anderen europäischen Staaten der Gemeinschaft wegen einer größeren Hilfsmaßnahme im ökonomischen Bereich in Verbindung steht, die etwa die Tendenz eines Marshallplanes haben könnte?

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Herr Abgeordneter Hoffmann, solche Überlegungen gibt es vor allem für Portugal. Es ist zu hoffen, daß hier in allernächster Zeit eine größere wirtschaftliche Hilfe geleistet werden kann. Von einem Projekt entsprechend den Marshallplan-Hilfen nach dem Zweiten Weltkrieg ist mir bisher nichts bekannt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 116 des Herrn Abgeordneten Krey auf: Wird die Bundesregierung den Wiener Appell des DGB-Vorsitzenden, Heinz-Oskar Vetter, die Zusammenarbeit zwischen EFTA und EG zu verbessern, unterstützen, und wie soll das gegebenenfalls praktisch geschehen?

Not found (Gast)

Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter Krey, begrüßt, daß sich der DGB-Vorsitzende, Heinz-Oskar Vetter, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Europäischen Gewerkschaftsbundes für eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen EG und EFTA ausgesprochen hat. Auch die Bundesregierung tritt dafür ein, die bisherige Zusammenarbeit intensiv fortzusetzen und auszubauen. Sie wird alle Anstrengungen unterstützen, die hierzu beitragen können. Die Bundesregierung teilt die Auffassung der EFTA-Gipfelkonferenz vom 13. Mai dieses Jahres in Wien, wonach der 1. Juli dieses Jahres, an dem die Zollschranken zwischen der Gemeinschaft und den EFTA-Staaten für die meisten Industrieerzeugnisse fallen werden, nicht als Endpunkt einer Entwicklung betrachtet werden sollte. Die wachsende wirtschaftliche Interdependenz fordert vielmehr eine Weiterentwicklung der beiderseitigen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. In der Zehnpunkteerklärung des Wiener Gipfels sind Bereiche genannt, für die eine engere Kooperation und ein intensiver Informationsaustausch im Wege pragmatischer Kontakte vorgeschlagen wird. Die Europäische Gemeinschaft prüft gegenwärtig diese Anregungen. Die Bundesregierung wird sich im Rahmen der Gemeinschaft für eine konstruktive und aufgeschlossene Haltung und für eine baldige positive Antwort einsetzen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 117 des Abgeordneten Dr. Becher auf: Treffen Pressemitteilungen zu, daß die Bundesregierung das deutsche Konsulat in Windhuk auflösen und das Kulturabkommen mit Südafrika für den Bereich Südwestafrikas kündigen will, und welche Gründe hat sie bejahendenfalls, damit langjährigen Forderungen der sogenannten Swapo nachzukommen und zugleich die Position der in Südwestafrika beheimateten Deutschen mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit zu gefährden?

Not found (Gast)

Herr Präsident, ich würde Sie bitten, das Einverständnis der Fragesteller zu den Fragen 117, 118 und 119 einzuholen, daß ich diese drei Fragen, die in einem großen außenpolitischen Zusammenhang miteinanderstehen, gemeinsam beantworten kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Sind die Fragesteller damit einverstanden? ({0}) - Dann bitte ich die Frau Staatsminister, die Fragen 117 und 118 zusammenzufassen. Ich rufe daher noch die Frage 118 des Herrn Abgeordneten Dr. Becher auf: Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß der von den bodenständigen Volksgruppen Südwestafrikas in der Windhuker Turnhallenkonferenz verabschiedete Verfassungsentwurf ein vorbildliches Beispiel für die Selbstregierung einer ethnisch vielgliedrigen afrikanischen Bevölkerung ist, und was veranlaßt sie, diesen Entwurf dadurch in seiner Bedeutung zu mindern, daß sie der kommunistisch beeinflußten und minderheitenfeindlich eingestellten sogenannten Swapo ihre Unterstützung leiht?

Not found (Gast)

Dann bitte ich Herrn Abgeordneten Niegel, 2386

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Er ist noch nicht dran. Jetzt ist erst mal Herr Abgeordneter Dr. Becher dran.

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- damit einverstanden zu sein, daß ich vor der Beantwortung der Fragen 117 und 119 einige allgemeine Bemerkungen zu dem angesprochenen Komplex mache. Die Grundlage für die friedliche Lösung des Namibia-Problems ist die Resolution Nr. 385 des Sicherheitsrats vom 30. Januar 1976. Diese Resolution wurde von allen Mitgliedstaaten des Sicherheitsrats angenommen. Ihre wichtigsten Forderungen sind freie Wahlen unter VN-Aufsicht und -Kontrolle für das gesamte Namibia als eine geschlossene polititische Einheit und Rückzug Südafrikas aus dem Territorium. Um die Resolution Nr. 385 durchzusetzen, haben die fünf westlichen Mitglieder des Sicherheitsrats, nämlich die Bundesrepublik Deutschland, ({0}) - Ich glaube ja, daß Sie das wissen. Aber es ist vielleicht doch bedeutsam, wenn ich hier wiederhole, daß die fünf westlichen Mitglieder des Sicherheitsrats diese Initiative zu exploratorischen Gesprächen mit der südafrikanischen Regierung ergriffen haben, um zu versuchen, die Grundlage für eine international akzeptable Lösung zu finden. Die Politik der Bundesregierung in der Namibia-Frage ist daher eingebettet nicht nur in die gemeinsame Politik der Neun, sondern vor allem auch in die von den fünf westlichen Sicherheitsratsmitgliedern eingeleitete Initiative. In den ersten beiden Kontaktgesprächen der fünf westlichen Sicherheitsratsmitglieder mit der südafrikanischen Regierung in Kapstadt hat sich herausgestellt, daß auch die südafrikanische Regierung auf eine einseitige Durchsetzung des Verfassungskonzepts der Turnhalle verzichtet. Bisher blieben freie und öffentliche Willensbildungen und Willensdurchsetzungen allen politischen Parteien und Gruppen in Namibia leider versagt. Die Bundesregierung ist mit ihren westlichen Partnern der Auffassung, daß alle politischen Parteien und Gruppen, darunter auch die Swapo, an dem Prozeß der Unabhängigwerdung Namibias beteiligt werden müssen. Die das Konsulat Windhuk betreffenden Fragen 117 und 119 werden wie folgt beantwortet: Es trifft zu, daß die Bundesregierung erwägt, das Konsulat Windhuk zu schließen und das Kulturabkommen, soweit es den Geltungsbereich Namibia betrifft, aufzukündigen. Alle an den Bemühungen um eine friedliche Lösung des Namibia-Problems Beteiligten stimmen darin überein, daß Namibia zum 31. Dezember 1978 in die Unabhängigkeit entlassen werden soll. Auf diese tiefgreifende politische Veränderung muß sich die Bundesregierung bereits während der Übergangszeit zur Unabhängigkeit einstellen. Von entscheidender Bedeutung für uns ist, daß die Bundesrepublik Deutschland am Tage der Unabhängigkeit Namibias dort die bestmögliche diplomatische und konsularische Präsenz etablieren kann. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die wohlverstandenen Interessen der in Namibia ansässigen Deutschen auf lange Frist gewahrt werden müssen. Die Bundesregierung hofft, daß möglichst viele Deutsche, die Namibia mit Recht als ihre Heimat betrachten, rechtzeitig den Weg zu einer Zusammenarbeit mit den anderen Bevölkerungsgruppen finden, damit ein gesichertes und friedliches Zusammenarbeiten aller Namibianer in einem unabhängigen Namibia gewährleistet ist. Eine Schließung des deutschen Konsulats würde kein Zurückweichen vor einer bestimmten interessierten Partei bedeuten. Die Bundesregierung läßt sich bei ihren Entscheidungen weder durch die Forderungen der einen noch durch solche der anderen Seite lenken, sondern allein durch die Beurteilung der oben beschriebenen langfristigen deutschen Interessen. Der Bundesregierung ist es deshalb angelegen, die Interessen der Deutschen in Namibia wahrzunehmen. Daraus ergibt sich, daß besonders auf den Zeitpunkt der Betreuung der Deutschen nach der Erlangung der Unabhängigkeit Namibias geachtet werden muß. Zur Problematik des südlichen Afrikas, von der die Namibia-Frage nur ein wichtiger Aspekt ist, ist folgendes zu sagen. Die Bundesregierung vertritt die Überzeugung, daß die Politik der Apartheid beendet werden muß; sie verstößt gegen elementare Menschenrechte. Die Bundesregierung ist mit ihren europäischen Partnern der übereinstimmenden Auffassung, daß die Überführung Namibias und Rhodesiens in die Unabhängigkeit so bald wie möglich geregelt werden muß. Und schließlich: die Bundesregierung ist entschlossen, alles zu unternehmen, um einen Rassenkrieg im südlichen Afrika zu vermeiden. Grundsatz sind Friedenspolitik und friedliches Zusammenleben von Schwarzen und Weißen. Ein Rassenkrieg würde Interventionen von außen provozieren. Dieses als allgemeine Bemerkung und spezielle Beantwortung der Fragen 117 und 118. Es stünde dann noch die Beantwortung der Frage 119 aus.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Frau Staatsminister, die Frage 119 wird eigens aufgerufen. Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Becher.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, darf ich annehmen, daß die Bundesregierung im Hinblick auf die Tatsache, daß eine Einigung zwischen den in Südwestafrika - Namibia - lebenden Deutschen und den anderen Stämmen in der Turnhallenkonferenz bereits in, wie ich glaube, vorbildlicher Weise erfolgt ist, den von Ihnen erwähnten Rassenkampf vielleicht eher dadurch verhindern kann, daß das Konsulat in Windhuk bleibt, als dadurch, daß sie sich zurückzieht?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, Sie wissen so genau wie die Bundesregierung, daß an der Turnhallenkonferenz nicht alle Gruppen und nicht alle politischen Kräfte Namibias beteiligt waren und daß aus diesem Grunde der Verfassungsentwurf wohl keine Chance mehr hat, verwirklicht zu werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist die Bundesregierung bereit, dem Grundsatz der diplomatischen und konsularischen Präsenz, den wir überall handhaben, auch dort, wo es an und für sich fragwürdig wäre, in Windhuk allein schon deshalb zu entsprechen, weil es dort um die Berücksichtigung einer beachtlichen deutschen Minderheit und um den Schutz zahlreicher Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland geht, die eben dann, wenn das Konsulat nicht mehr besteht, in den nächsten vier oder fünf Monaten nicht mehr über den Schutz verfügen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, Sie haben meinen sehr ausführlichen Darlegungen vielleicht entnommen, daß alles, was die Bundesregierung in Namibia zu tun gedenkt, einzig und allein auf die Friedenssicherung und auf den Schutz der Deutschen, die dort leben, ausgerichtet ist und daß in der jetzigen Zeit, in ,der ja noch ein geregelter Staatenverbund vorhanden ist, zu überlegen ist, wie dieser Wechsel vorbereitet werden kann, um dann im Augenblick der Unabhängigkeit wirklich wieder voll präsent zu sein, weil das dann der Augenblick einer möglichen Gefährdung deutscher Staatsbürger sein könnte.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine dritte Zusatzfrage.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist die Bundesregierung, einmal abgesehen von den Ergebnissen der letzten Besprechungen mit den Vertretern des UN-Sicherheitsrates, in der Lage, anzuerkennen, daß der im Verfassungsentwurf der sogenannten Turnhallenkonferenz kodifizierte Katalog der Grundrechte, der ethnischen Gruppenrechte sowie des Minderheitsschutzes der Deklaration der Menschenrechte entspricht und daher zur Befriedung Südwestafrikas bzw. Namibias eher beitragen kann als revolutionäre Parolen, deren Verwirklichung in den meisten Fällen in der Diktatur von Minderheiten endete, wie Angola, Moçambique und andere Fälle beweisen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Becher, hinsichtlich des ersten Teiles Ihrer Frage wird anerkannt, daß diese Grundlagen geeignet sind, zu einer guten Lösung in Namibia zu führen. Aber die Nichtbeteiligung vieler politischer Kräfte und Gruppen an der Turnhalle führt dazu, daß hier noch keine endgültige Lösung erzielt werden konnte und kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine letzte Zusatzfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Becher.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wäre die Bundesregierung bereit, den in der Turnhallenkonferenz vereinigten Vertretern der südwestafrikanischen Völker und Volksgruppen, zu denen auch, wie Sie wissen, die Gruppe der Deutschen gehört, ihre helfende und beratende Hand zu reichen, statt sie, wie es bisher geschehen ist, gegenüber den linksrevolutionären Gruppen der Auslandsswapo zu diskriminieren und hintanzusetzen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Becher, der von Ihnen soeben behauptete Sachverhalt trifft keinesfalls zu. Die Bundesregierung richtet ihre Politik, wie ausführlich dargelegt, ausschließlich auf den Schutz der Deutschen in Namibia aus. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, sind Sie bereit, einzuräumen, daß Ihre Aussage, viele Gruppen in Südwestafrika seien an der Turnhallenkonferenz nicht beteiligt, den Tatsachen nicht entspricht, weil sich als einzige Gruppe die Swapo geweigert hat, an dieser Turnhallenkonferenz teilzunehmen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, die Zusammensetzung der Turnhallenkonferenz war kein Akt der Selbstbestimmung, sondern sie wurde von der südafrikanischen Regierung bestellt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, worin soll die Logik liegen, wenn Sie sagen, daß jetzt unser Konsulat in Windhuk geschlossen wird, während gerade Wahlen vorbereitet werden, und daß es das Konsulat erst dann geben wird, wenn es einen selbständigen Staat gibt, obwohl Sie genau so gut wissen wie ich, daß es in Südwestafrika 9 000 deutsche Paßinhaber und etwa 10 000 bis 15 000 Deutschstämmige gibt, die gerade in dieser Zeit unser Konsulat notwendiger brauchten und nicht auf einen Tag noch der Verselbständigung des Staates vertröstet werden dürften?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Hupka, ich möchte noch einmal daran erinnern, daß ich davon ausgegangen bin, daß die Bundesrepublik eine Schließung des Konsulates noch nicht beschlossen hat, sondern daß sie dies erwägt und daß die von Ihnen soeben noch einmal wiederholten Gesichtspunkte bei der endgültigen Entscheidung eine Rolle spielen werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, woher beziehen Sie die Logik, wenn Sie sagen, daß die Bundesrepublik Deutschland nach der Bildung eines selbständigen Staates Namibia besser vertreten sein wird, während wir unser Konsulat zuvor geschlossen haben werden?

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Herr Abgeordneter, wir haben in Afrika in den letzten Jahren diesbezüglich einige traurige Erfahrungen sammeln müssen, und ich glaube, aus traurigen Erfahrungen sollten wir alle im Interesse der dort lebenden Deutschen lernen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, nachdem die Bundesregierung schon seit einiger Zeit das Konsulat in Windhuk nicht mehr der Botschaft bei der südafrikanischen Regierung, sondern direkt dem Auswärtigen Amt unterstellt hat, möchte ich fragen, weshalb die Belassung dieses Konsulats in Windhuk noch gegen die von Ihnen erwähnte Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verstoßen soll, während sie durch die Abhängung von Südafrika geradezu dokumentiert hat, daß wir Namibia als ein eigenständiges politisches Gebilde ansehen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Jäger, ich habe hier ausgeführt, daß sich unsere gesamte Namibia-Politik in Zusammenarbeit und in Abstimmung mit den übrigen westlichen Mitgliedern des Sicherheitsrates vollzieht. Das war ja auch der Grund, weshalb unser Konsulat dem Auswärtigen Amt direkt unterstellt wurde.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, erwägt die Bundesregierung auch, bei allen anderen Ländern der Welt einschließlich der Staaten des Ostblocks hinsichtlich der Behandlung von Minderheiten und Gruppen, die von den offiziellen Regierungen dieser Länder unterdrückt werden oder denen das Selbstbestimmungsrecht nicht gewährt wird, einen gleich strengen Maßstab bei der Errichtung von Konsulaten anzuwenden, wie es in Namibia geschieht?

Not found (Gast)

Die Politik der Bundesregierung ist immer darauf ausgerichtet, in geeigneter Weise und mit geeigneten Mitteln dafür Sorge zu tragen, daß Menschenrechtsverletzungen und Unterdrückungen in der Welt abgebaut werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, würde die Bundesregierung zumindest die Grundsätze billigen, die in der Turnhallenkonferenz aufgestellt wurden? Und würde sie dazu beitragen, im Interesse ihrer besonderen Schutzverpflichtung für die fast 9 000 Deutschen mit Pässen und die rund 20 000 Deutschstämmigen noch einmal in Verhandlungen einzutreten, damit nicht nur mit einer Gruppe, die zudem weltanschaulich kommunistisch unterwandert ist, mit der Swapo, sondern mit allen politisch relevanten Gruppen verhandelt wird, die in Südwestafrika vorhanden sind?

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Herr Abgeordneter, die Bundesregierung fühlt sich dem Schutz aller Deutschen verpflichtet, ganz gleich, ob es einer ist oder ob es 9 000 sind. Die Überlegungen, die hier angestellt werden müssen, dürfen nicht so kurzfristig angelegt sein, wie es in der öffentlichen Debatte manchmal geschieht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, was verstehen Sie unter „kurzfristig" - das Leben von 5 000 oder 10 000 oder 20 000 Deutschen -, wenn jetzt z. B. am 1. Juli das Konsulat geschlossen würde und bis zum 1. Januar 1978 kein neues eröffnet wird? Da kann doch sehr viel passieren.

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Herr Abgeordneter, ein Beschluß darüber, ob das Konsulat geschlossen wird oder nicht, ist noch nicht gefaßt worden. Wenn er gefaßt wird, wird für eine geeignete Form der Vertretung und eine mögliche Anlaufstelle für die Deutschen Sorge getragen werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nachdem die Bundesregierung gegen die demokratischen Verhältnisse in Südwestafrika offensichtlich Bedenken erhebt, möchte ich fragen, ob sie vor der Verwirklichung der Absicht, das Konsulat dort zu schließen, bereit ist, die da wohnenden Deutschen über Sinn und Zweck einer solchen Maßnahme zu hören.

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Herr Abgeordneter, das wird ganz selbstverständlich der Fall sein. Sie wissen vielleicht, daß erst kürzlich ein Vertreter des Auswärtigen Amts in Namibia war, um die Probleme mit dort ansässigen Deutschen zu besprechen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, bedeuten die grundsätzlichen Ausführungen, die Sie gemacht haben, daß die Bundesregierung jede Tätigkeit und jede außenpolitische Stellungnahme unterDr. Czaja läßt, die geeignet wäre, entgegen der Konvention gegen rassische und ethnische Diskriminierung den Abbau von Benachrichtigung, Diskriminierung oder Gefährdung der schwarzen ethnischen Volksgruppen und auch der deutschen Gruppen und anderer zu beeinträchtigen? Und ist sich die Bundesregierung bewußt, daß es nicht nur um den Gegensatz zwischen Schwarz und Weiß, sondern auch um die Sicherung der Gruppenrechte der Schwarzen und der Weißen gegen die Gefahr einer Diktatur der Minderheit geht?

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Ich kann nur bejahen, Herr Abgeordneter Czaja, daß sich die Bundesregierung in beiden Punkten der von Ihnen vorgetragenen Gesichtspunkte bewußt ist.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, bezieht die Bundesregierung in ihre Überlegungen über die Zukunft der Deutschen in Windhuk auch die Tatsache ein, daß es neben dem portugiesischen Konsulat bisher nur noch das amtlich deutsche Konsulat gibt?

Not found (Gast)

Die Bundesregierung ist sich dessen bewußt und überprüft, ob eventuell von einer nahegelegenen Botschaft die Vertretung mit wahrgenommen werden kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Möller.

Dr. Franz Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001522, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, auch nach Ihrer sehr ausführlichen Darstellung der Lage in Namibia ist mir nicht deutlich geworden, welche Gründe nun wirklich für eine Schließung und welche Gründe gegen eine Schließung sprechen. Würden Sie mir das bitte noch einmal kurz erläutern.

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Herr Abgeordneter, ich möchte Sie im Interesse der anderen Fragesteller herzlich bitten, noch einmal nachzulesen, was ich anfangs beinahe zehn Minuten lang hier vorgetragen habe. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter Möller, wir wollen hier keine Zwischengespräche einführen. Zu einer weiteren und damit zugleich der letzten Zusatzfrage zu den Fragen 117 und 118 der Abgeordnete Broll.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß der von Ihnen eben erwähnte Vertreter der Bundesregierung wegen seiner Voreingenommenheit zugunsten der Swapo bei den deutschstämmigen Einwohnern in Südafrika auf Ablehnung gestoßen ist? ({0})

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, dieses ist mir nicht bekannt. Im Gegenteil, ich habe gehört, daß der Besuch des Vertreters des Auswärtigen Amts sehr zur Klärung der Situation beigetragen hat.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Sie haben zwei Zusatzfragen. Die letzte Zusatzfrage.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die sehr frühzeitige Rücksichtsnahme auf den Willen der Swapo die Stärke gerade dieser Gruppe in einem für die deutsche Bevölkerung dort sehr gefährlichen Maße verstärkt? ({0})

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Herr Abgeordneter, wir sind uns der Schwierigkeiten der Probleme und des Ernstes der Situation in Namibia voll bewußt. Alles, was wir überlegen, und alle Entscheidungen werden sich unter voller Würdigung dieser Situation vollziehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter Niegel, ist Ihre Frage 119 damit materiell beantwortet, oder wünschen Sie, daß diese Frage noch selbständig beantwortet wird?

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich wünsche, daß die Frage noch kurz zusammengefaßt beantwortet wird.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Also eine kurz zusammengefaßte Antwort auf die Frage 119, Frau Staatsminister: Trifft es zu, daß die Bundesregierung die völlige Aufgabe der diplomatischen Präsenz in Südwestafrika durdi Schließung des deutschen Generalkonsulats erwägt, glaubt sie, dadurch noch den Schutz und die Sicherheit der dort ansässigen Deutschen und Deutschstämmigen gewährleisten zu können, und stellt die Aufgabe des deutschen Konsulats nicht ein völliges Zurückweichen vor den Ansprüchen der kommunistischen Swapo dar?

Not found (Gast)

Die Frage 119 des Herrn Abgeordneten Niegel beantworte ich wie folgt: Es trifft zu, daß sich die Bundesregierung mit dem Gedanken trägt, das Konsulat in Windhuk zu schließen. Für diese Entscheidung - das habe ich vorhin ausführlich dargelegt - ist die Beurteilung der internationalen Entwicklung in der Nambia-Frage, insbesondere die laufenden Bemühungen der fünf westlichen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, darunter der Bundesrepublik Deutschland, ausschlaggebend. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß sich die Schließung des Konsulats in Windhuk auf die deutsche Mitwirkung bei diesen Bemühungen um eine international akzeptable Regelung der Namibia-Frage auswirken wird. Sie wird dafür Sorge tragen, daß die konsularische Betreuung der Deutschen - das habe ich vorhin auch schon gesagt - auf andere Weise gewährleistet wird.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, hat die Bundesregierung, wie Sie jetzt so schön sagen, auf Grund der internationalen Entwicklung ehrlichen Gewissens von sich aus diese Frage aufgegriffen, und glaubt sie, damit unseren Landsleuten dort einen Gefallen zu tun, oder ist es nicht vielmehr umgekehrt so, daß ein starker Druck gerade von der Swapo und von schwarzafrikanischen Ländern, in denen Militärdiktaturen bestimmter Weltanschauungen herrschen und wo nicht die Mehrheit der schwarzen Bevölkerung die Macht hat, ausgeübt wird, so daß die Bundesregierung nachgibt und damit indirekt erpreßbar geworden ist?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, um den Frieden im südlichen Afrika zu gewährleisten und um einen Rassenkrieg zu verhindern, ist es unbedingt erforderlich, alle Gruppierungen und alle politischen Parteien in diesem gefährdeten Raum in unsere politischen Überlegungen und Entscheidungen einzubeziehen. Ich bitte Sie wirklich, davon auszugehen, daß die Bundesregierung dieses alles um des Friedens und um der Sicherheit der Deutschen in diesem Teil der Welt willen tut.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Glauben Sie ehrlichen Herzens und entsprechend dem Eid auf die Verfassung, den Nutzen des Volkes zu mehren und Schaden von ihm zu wenden - auch dort unten ist deutsches Volk, und es muß Schaden von ihm gewendet werden -, damit in überzeugender Weise für uns gehandelt zu haben, wenn irgendeiner Gruppe nachgegeben wird, um Frieden zu haben? Je mehr wir nachgeben, um so erpreßbarer sind wir. Glaubt die Bundesregierung, daß nach der eventuellen Anerkennung einer schwarzen Minderheit, wenn sie dort später einmal die Macht übernommen hat, diese dann keine diplomatischen Beziehungen zu uns aufnehmen will, daß sie keine Kredite oder sonst etwas von uns will?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, alle Mitglieder der Bundesregierung - ich schließe mich ein - bemühen sich, den geleisteten Eid auf die Verfassung ernst zu nehmen und aus vollem Herzen den Nutzen des Volkes hier und in anderen Teilen der Welt zu mehren. ({0}) - Sie haben mich doch nach meinem Herzen und nach meinem Glauben gefragt, und ich habe darauf geantwortet. ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Zwischengespräch wollen wir hier nicht einführen. Es steht der Bundesregierung zu, nicht, voll umfassend oder ausweichend zu antworten. Das unterliegt nicht der Korrektur des amtierenden Präsidenten. ({0}) Zu einer weiteren Zwischenfrage Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wie stellt sich die Bundesregierung die konsularische Betreuung nach Schließung des Konsulats in Windhuk vor, wenn aller Wahrscheinlichkeit nach Kapstadt und Pretoria als in Frage kommende Städte ausfallen, da auf Wunsch der Vereinten Nationen dieses Konsulat bis jetzt schon unmittelbar Bonn unterstellt war und allein die Entfernung zwischen Windhuk und Kapstadt über 1 400 km beträgt?

Not found (Gast)

Wie wir uns das vorstellen, Herr Abgeordneter Hupka, wird zu geeigneter Zeit, nämlich wenn die erste Hauptentscheidung gefallen ist, zu bedenken sein. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wie wollen Sie Ihre Behauptung, der Frieden in Südwestafrika erfordere die Schließung des deutschen Konsulats, aufrechterhalten, es sei denn mit der Behauptung, anderenfalls würde man sich gegen die Wünsche der Swapo stellen?

Not found (Gast)

Entschuldigen Sie, Herr Abgeordneter, ich habe die Frage nicht verstanden.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielleicht darf ich erläutern, daß ich es nahezu für absurd halte, zu behaupten, die Fortsetzung der Tätigkeit des Konsulats würde den Frieden in Südwestafrika gefährden.

Not found (Gast)

Nein, Herr Abgeordneter, die Nichtschließung des Konsulats könnte unter Umständen einen reibungslosen Übergang nach der Zeit einer selbstgewählten Regierung in Namibia gefährden. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, die Frage ist von der Regierung beantwortet. ({0}) - Das ist Ihre Meinung, Herr Abgeordneter. ({1}) Ich rufe die Frage 120 des Abgeordneten Dr. Hupka auf: In welcher Weise hat der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Herr van Well, die Übergabe der acht sowjetischen Bürger deutschen Volkstums, die am 18. Mai 1977 die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland aufgesucht hatten, an die sowjetischen Behörden charakterisiert?

Not found (Gast)

Die Frage 120 beantworte ich wie folgt: Diese Frage unterstellt, daß die acht sowjetischen Bürger deutschen Volkstums an die sowjetischen Behörden „übergeben" worden sind. Davon kann keine Rede sein. Die acht Personen haben die Botschaft freiwillig verlassen. Im übrigen ist zu der Frage folgendes zu sagen: Herr Staatssekretär van Well hat den Vorfall vom 18. Mai öffentlich weder kommentiert noch charakterisiert.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, kennen Sie die Notiz aus der „Welt am Sonntag" mit dem wörtlichen Zitat aus dem Munde des Herrn Staatssekretärs van Well: Wir sind verpflichtet, sie - die acht Männer nach allen Regeln des internationalen Verkehrs mit Gewalt aus unserer Botschaft rauszuwerfen, anderenfalls wäre es ein Bruch des Völkerrechts. ({0})

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, Herr Staatssekretär van Well hat zu der fraglichen Zeit ein Hintergrundgespräch geführt, in dessen Verlauf auch der Vorfall vom 18. Mai angeschnitten wurde. Herr van Well hat sich jedoch nicht in der zitierten Weise geäußert. Dies wurde unterdessen auch ganz klargestellt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, es stimmt, daß der Herr Staatssekretär gesagt hat, er habe sich nicht so geäußert. Wie hat er sich denn nun geäußert? Es muß doch möglich sein, der Öffentlichkeit zu sagen, was er dazu gesagt hat.

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich bedaure es sehr, daß ich mich, abgesehen von der erfolgten Klarstellung des Dementis, außerstande sehe, zu präzisieren, was Herr Staatssekretär van Well gesagt hat, da ich an dem Hintergrundgespräch nicht teilgenommen habe. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, können Sie also sagen, daß die Darstellung einer gewaltsamen Entfernung Deutscher aus der deutschen Botschaft nicht der Auffassung des Auswärtigen Amtes entspricht?

Not found (Gast)

Die Darstellung entspricht nicht der Auffassung des Auswärtigen Amtes, und eine gewaltsame Entfernung hat auch nicht stattgefunden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 121 des Abgeordneten Dr. Hupka auf: Kann die Bundesregierung Auskunft darüber erteilen, ob die acht Bürger der Sowjetunion deutschen Volkstums, die am 18. Mai 1977 zu 15 Tagen Haft verurteilt worden sind, sich wieder in Freiheit befinden, und welche Gewißheit besteht, ob und wann die Erlaubnis zur Ausreise erteilt wird?

Not found (Gast)

Die Frage 121 des Abgeordneten Dr. Hupka beantworte ich wie folgt: Unsere Botschaft in Moskau hat noch keine Einzelheiten über die weitere Behandlung der am Vorfall vom 18. Mai 1977 Beteiligten in Erfahrung bringen können. Bisher konnte davon ausgegangen werden, daß die Betroffenen nach Verbüßung der 15tägigen Haftstrafe sämtlich freigelassen worden sind. Die in der Presse erschienenen Meldungen über die weitere Verurteilung eines der Beteiligten zu einer Haftstrafe von einem Jahr sind bekannt, können jedoch von der Bundesregierung noch nicht bestätigt werden. Die Bundesregierung ist bemüht, eine wohlwollende Prüfung der Ausreiseanträge mit dem Ziel zu erreichen, den Betroffenen die Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wie beurteilt die Bundesregierung das Strafmaß und vor allem auch den Strafgrund, nach dem diese Menschen wegen Rowdytums verurteilt wurden, wenn sie nichts weiter getan haben, als auf die Menschenrechte - gerade angesichts der KSZE-Schlußakte - zu pochen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Hupka, die Bundesregierung beurteilt solche Vorgänge nicht öffentlich, sondern in geeigneter Weise bei den geeigneten Gelegenheiten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter Hupka, eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, verfügt die Bundesregierung zumindest über die gleichen Erkenntnisse wie eine große deutsche Zeitung, die nach einem Telefonat mit den Frauen der Betroffenen mitgeteilt hat, daß die Betroffenen in ihrem Heimatgebiet jetzt besonderen Pressionen - sie werden mehrmals zum KGB zitiert, sie erhalten anonyme und gelenkte Anrufe usw. - ausgesetzt sind?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich habe schon bei der Beantwortung einer anderen Frage heute deutlich gemacht, daß sich die Bundesregierung wiederholt und in besonderer Weise bemüht hat, die sowjetische Regierung dazu zu bewegen, die Ausreiseanträge der hier Betroffenen wohlwollend zu behandeln.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wird die Bundesregierung diesen Fall, falls er bis dahin nicht geklärt sein sollte, der Konferenz in Belgrad vorlegen, um dort auf dem Folgetreffen diesen Verstoß gegen die Vereinbarungen von Helsinki zur Sprache zu bringen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich möchte auch hier wieder darauf hinweisen, daß die Bundesregierung jede Gelegenheit nutzt und in Zukunft nutzen wird, unser Anliegen der Familienzusammenführung in geeigneter Weise zu fördern und damit zur Verwirklichung der Menschenrechte beizutragen. Sie wird das auch im Verlauf der KSZE-Nachfolgekonferenz so halten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Frage 122 des Abgeordneten Dr. Hennig und die Frage 123 des Abgeordneten Hansen werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 124 des Abgeordneten Czaja auf: Trifft die möglicherweise aus amtlichen Quellen inspirierte Information des „Bonner General Anzeigers" vom 7. Juni 1977 ({0}) zu, wonach die kommenden deutsch-sowjetischen Besprechungen nicht mit „strittigen bilateralen Fragen" „belastet" werden, sondern „Felder der Übereinstmmung im weltpolitischen Bereich" suchen und „in den Vordergrund rücken" sollen?

Not found (Gast)

Ich beantworte die Frage 124 des Abgeordneten Czaja wie folgt: Wie der Herr Bundesminister des Auswärtigen bereits in einem Interview mit der „Deutschen Presseagentur" zu den deutsch-sowjetischen Außenministerkonsultationen vom 13. bis 15. Juni 1977 ausgeführt hat, war deutscherseits von vornherein beabsichtigt, mit der sowjetischen Seite zunächst über den Stand, die Möglichkeiten und die Probleme der bilateralen Beziehungen, auch über die Berlin-Problematik, zu sprechen. Der Ablauf der Konsultationen hat das ja auch ganz deutlich gemacht. Ich darf in diesem Zusammenhang auf das Informationspapier des Auswärtigen Amtes „Material für die Presse" Nr. 1016 B/77 verweisen. Damit wurde eindeutig klargestellt, daß eine Ausklammerung strittiger bilateraler Fragen von uns in keiner Weise beabsichtigt war. Ich möchte in diesem Zusammenhang keinen Zweifel daran lassen, daß ein freimütiger Gedankenaustausch über kontroverse bilaterale Themen nach unserem Verständnis zum Wesen von Konsultationen gehört. Denn diese sollen ja gerade dazu dienen, in voller Kenntnis der konkreten Sachlage die gegebenen Möglichkeiten auszuloten und eine praktikable Grundlage für weitere konstruktive Zusammenarbeit zu erarbeiten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn also diese Vorinformation über das Dominieren weltpolitischer Anliegen über die deutschlandpolitischen bei diesen Gesprächen - nach Ihrer derzeitigen Aussage - den inzwischen angelaufenen Gesprächen nicht entspricht, so darf ich im Anschluß an diese Antwort fragen, ob Herr Genscher bei Herrn Breschnew eine positive Antwort bezüglich der Verstärkung der Bindungen von Berlin ({0}) an die Bundesrepublik und seiner internationalen Vertretung, beispielsweise bei Kulturabkommen, der Wahrung auch der Menschenrechte und der schrittweisen Verwirklichung der Menschenrechte erreichen konnte, ob er zumindest Anklang damit gefunden hat?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter Czaja, Sie werden sicher der Presse entnommen haben, daß im Hinblick auf die Situation von Berlin wiederholt wurde, was schon einmal eine konstruktive gemeinsame Formulierung gewesen ist: „die strikte Einhaltung und die volle Anwendung des Viermächteabkommens" über Berlin. Dies ist wohl ein durchaus positives Ergebnis.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist im russischen Text des von Ihnen eben erwähnten Abschlußkommuniqués tatsächlich von einem Viermächteabkommen über Berlin oder nur von einem vierseitigen Abkommen die Rede, und wird die Viermächteverantwortung für ganz Berlin von der Sowjetunion jetzt hingenommen?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich hatte noch nicht Gelegenheit, den russischen Text zu lesen, und wenn, könnte ich ihn leider nicht verstehen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich ruhe Frage 125 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf: Wie viele Tausende Deutsche sind nach August 1975 auf Grund bilateraler Vereinbarungen und wie viele ohne bilaterale Vereinbarungen aus den Ostblockstaaten in die Bundesrepublik Deutschland zum dauernden Aufenthalt eingereist? Bitte, Frau Staatsminister.

Not found (Gast)

Die Frage 125 des Herrn Abgeordneten Czaja beantworte ich wie folgt: Seit August 1975 bis Ende Mai 1977 sind insgesamt 73 981 Deutsche und Volksdeutsche aus den Ostblockstaaten eingereist. Aus Polen sind insgesamt 46 205 Personen eingetroffen, davon auf Grund des am 24. März 1976 in Kraft gesetzten deutsch- polnischen Ausreiseprotokolls vom 9. Oktober 1975 ca. 33 200 Personen. Im übrigen sind aus der UdSSR 15 361 Personen, aus Rumänien 11 150 Personen und aus der CSSR 1 265 Menschen in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. Maßgebend hierfür sind sowohl die in der Helsinki-Schlußakte in Korb III ins Auge gefaßten Maßnahmen bezüglich der Durchführung der Familienzusammenführung sowie im Falle der .CSSR der humanitäre Briefwechsel vom 11. Dezember 1973 und im Falle der UdSSR das deutsch-sowjetische Repatriierungsabkommen vom 8. April 1958.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Kann ich nach den letzten Aussagen über die abgeschlossenen bilateralen Abkommen und die Ergebnisse, die sich daraus ergaben, davon ausgehen, daß damit die Aussage von Herrn Staatsminister Wischnewski am 25. Mai vor dem Bundestag, es seien 60 000 ausgereiste Deutsche nur zum Teil auf Grund bilateraler Vereinbarungen gekommen, in der Sache insofern überholt ist?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich habe diesen Ausführungen nichts hinzuzufügen. Ich habe aufgezählt, um wieviel Personen es -sich handelt und auf Grund welcher Abkommen sich die Ausreisemöglichkeiten ergeben haben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, Sie haben gesagt, daß aus dem Machtbereich Polens und aus Ostdeutschland 46 000 Personen eingereist sind, davon aber nur 33 200 auf Grund der Abkommen. Bedeutet das, daß also 13 000 zu Besuch hier waren und hier geblieben sind im Sinne der Freizügigkeit, also den Abrechnungszahlen mit der Volksrepublik Polen nicht zuzurechnen sind?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, soweit ich das jetzt im Augenblick meinen Unterlagen entnehmen kann, ist das so.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, stimmen Sie mir darin zu, daß es einen Unterschied in der Bewertung der Ausreise gibt, wenn wir auf der einen Seite hohe Summen zahlen, damit die Menschen überhaupt ausreisen dürfen, und auf der anderen Seite die Menschen ausreisen dürfen - nachdem schon lange darüber verhandelt worden ist -, ohne daß wir hohe Summen zahlen müssen, denn solche Zahlungen stehen im Widerspruch zu der Schlußakte von Helsinki?

Not found (Gast)

Herr Abgeordneter, ich glaube, wir sollten nicht über Zahlen rechten, sondern uns über jeden freuen, der Gelegenheit erhält, seinen Wunsch, in die Bundesrepublik. auszureisen, erfüllt zu bekommen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Karl Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, sind die Schwierigkeiten, die bei der Ausreise von Volksdeutschen aus Rumänien in den letzten Monaten bekanntgeworden sind, behoben?

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Herr Abgeordneter, ich möchte Ihre Frage nicht bewerten, aber sie weicht sehr weit vom Text der ursprünglichen Frage ab. Wir sind dabei, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Die letzten Zahlen, die uns bekannt sind, deuten darauf hin, daß hier wieder eine Verbesserung eingetreten ist.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Damit sind wir am Ende des Geschäftsbereichs des Auswärtigen Amts. Danke schön. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Haar zur Verfügung. Die Fragen 72 des Abgeordneten Tillmann, 79 und 80 des Abgeordneten Wolfram ({0}), 81 des Abgeordneten Kuhlwein, 83 und 84 des Abgeordneten Braun, 86 des Abgeordneten Dr. Jobst, 89 des Abgeordneten Wohlrabe, 90 des Abgeordneten Luster, 91 des Abgeordneten Dr. Pfennig, 92 des Abgeordneten Dr. Althammer, 93 und 94 des Abgeordneten Kroll-Schlüter werden im Einvernehmen mit den Fragestellern schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 73 des Abgeordneten Corterier auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Dies gilt auch für die Frage 74 des Abgeordneten Corterier. Ich rufe die Frage 75 der Frau Abgeordneten Pack auf: Vizepräsident Stücklen Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß der Fortfall der zusätzlichen Fahrpreisermäßigung für Geschwister bei Schülerzeitkarten der Deutschen Bundesbahn, der Fahrpreiserhöhungen, bis zu 95 % zur Folge hat, dem Grundgedanken der Regierungserklärung Bundeskanzler Schmidts vom 16. Dezember 1976, „daß es Familien mit Kindern insgesamt leichter haben" sollen, widerspricht?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Der Herr Bundeskanzler hat in der von Ihnen zitierten Regierungserklärung ebenfalls ausgeführt, daß „betriebswirtschaftliche . . . und gesellschaftspolitische Erfordernisse . . . bei der Deutschen Bundesbahn in ein vernünftiges Verhältnis zueinander gebracht werden müssen" und „der Belastbarkeit des Bundeshaushalts und der Steuerzahler Rechnung getragen werden muß". Der Umfang gesellschaftspolitischer Erfordernisse und die Belastung des Bundeshaushalts daraus werden ersichtlich, wenn Sie bedenken, daß der Kostendeckungsgrad im Schülerverkehr insgesamt bei 9,7 %, bei den Fahrkarten mit Geschwisterermäßigung -bei 4,6 % lag und im Jahre 1976 für den öffentlichen Personennahverkehr einen Zuschußbedarf von 2,3 Milliarden DM mitverursacht hat. Daß die Bundesbahn trotz dieses ungünstigen Kosten-Ertrag-Verhältnisses. bemüht ist, bei ihren Preismaßnahmen eine Abwägung zwischen kaufmännischen und sozialpolitischen Gesichtspunkten vorzunehmen, ergibt sich aus der Tatsache, daß sie im Schülerverkehr auch nach der Tarifmaßnahme vom 1. Mai 1977 noch Ermäßigungen gewährt, die z. B. für eine Entfernung von 10 km noch 50 % und bei 50 km noch zirka 70 % betragen, Frau Kollegin.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage.

Doris Pack (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001670, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung nicht meine Auffassung, daß auch die Deutsche Bundesbahn bei ihrer Tarifgestaltung mithelfen sollte, das, was der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung ausgeführt hat, nämlich daß den kinderreichen Familien mehr geholfen werden muß, in die Tat umzusetzen, und sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß sich die Bundesbahn nicht unbedingt auf dem Rücken der kinderreichen Familien sanieren sollte?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Frau Kollegin, die Aufhebung der Geschwisterermäßigung brauchte - da innerhalb der Rahmengenehmigung durchgeführt -von der Bundesregierung nicht genehmigt zu werden. In dem Fall, daß der Bundesminister für Verkehr die Aufhebung dieser Maßnahme verlangt hätte, hätte die Deutsche Bundesbahn nach § 28 a des Bundesbahngesetzes einen Ausgleichsanspruch. Die Deutsche Bundesbahn ist auch nach der Tariferhöhung noch billiger als andere öffentliche Personennahverkehrsunternehmen. Insoweit müssen wir billigen, was der Vorstand in eigener kaufmännischer Zuständigkeit beschließt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage.

Doris Pack (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001670, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wollen Sie damit sagen, daß die Bundesregierung nicht auf die Deutsche Bundesbahn einwirken will, damit die erhebliche zusätzliche Belastung rückgängig gemacht wird, die durch diese stillschweigend vollzogene Abschaffung der über viele Jahrzehnte gewohnten Vergünstigung für Geschwister entstanden ist? Haar, Pari. Staatssekretär: Wir denken nicht dar- an, einen Ausgleichsanspruch durch eine solche Weisung abzuleiten. Eine derartige Weisung würde nämlich zu Ausgleichsansprüchen der Deutschen Bundesbahn führen. Im übrigen habe ich bereits begründet, daß auch nach dieser Tarifänderung die Situation bei der Deutschen Bundesbahn immer noch kostengünstiger als bei anderen ÖPV-Unternehmen ist.

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Ich rufe die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf. Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Weißkirchen ({0}) wurde vom Fragesteller zurückgezogen. Ich rufe die Frage 78 des Herrn Abgeordneten Wendt auf. Er ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Verringerung der Schallemissionen von Kraftfahrzeugreffen durch technische Richtlinien hinsichtlich innerem Aufbau, Breite, Profil und zulässiger Höchstgeschwindigkeit, und beabsichtigt die Bundesregierung gegebenenfalls; Rahmenbedingungen für die Reifenherstellung zu setzen?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Ich beantworte die Frage wie folgt: Die Bundesregierung arbeitet zusammen mit der EG-Kommission und den übrigen EG-Mitgliedstaaten zur Zeit an der Zusammenstellung von Anforderungen an Reifen. Sie stellen aber nur auf die Verkehrssicherheit ab und beziehen Gesichtspunkte des Umweltschutzes, z. B. geräuschmindernde Anforderungen, nicht ein. Hierzu fehlen die vorauszusetzenden Erkenntnisse bezüglich der Anforderungen an Reifenmaterial, Profilgebung, Zusammenwirken von Reifen und Fahrbahndecke usw. Mit der Forschung hierüber befassen sich zwar koordiniert verschiedene Stellen. Doch ist eine für die Gesetzgebung erforderliche Erkenntnisbasis kurzfristig nicht zu erwarten.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, verstehe ich Ihre Antwort richtig, wenn ich sie dahin deute, daß die Bundesregierung nicht die Absicht hat, hier die Gesichtspunkte des Umweltschutzes einzubeziehen? Oder können Sie hier noch eine andere Zielsetzung hineinnehmen?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Herr Kollege, ich habe in meiner Antwort deutlich gemacht, daß es nur im europäischen Maßstab möglich ist, daß wir aber wegen der dargestellten Problematik kurzfristig noch zu keiner Entscheidung kommen. Im übrigen teilt die Bundesregierung Ihre Auffassung, .daß wir auch in dieser Richtung Wirksamkeit entfalten müssen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über den zeitlichen Rahmen, in dem solche Gesichtspunkte noch einbezogen werden können?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Zumindest was die europäische Übereinkunft in diesen Fragen anlangt, kann über den zeitlichen Rahmen jedenfalls heute noch keine verbindliche Mitteilung gemacht werden, da eine bestimmte Erkenntnisbasis international aussteht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 85 des Herrn Abgeordneten Broil auf. Deutet das an Neubaustrecken von Autobahnen ({0}) häufig anzutreffende Schild „80 km Höchstgeschwindigkeit bei Nässe" darauf hin, daß für den Bau dieser Autobahnabschnitte ungeeignete bzw. unzulängliche Oberflächenmaterialien benutzt wurden, bzw. welche anderen Ursachen machen diese Beschränkung nötig?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Ich beantworte die Frage wie folgt: Nein, Ihre Annahme trifft nicht zu. Das Schild „80 km/h Höchstgeschwindigkeit bei Nässe" kann erforderlich werden, wenn die Fahrbahnoberfläche nach Verkehrsübergabe eine Mikrorauhigkeit aufweist, ehe diese nach einer gewissen Zeit in eine Makrorauhigkeit umgewandelt wird. Im Fall der Autobahn Bremen-Oldenburg-Wilhelmshaven ist das vorgenannte Schild einmal an der Einmündung der Bundesautobahn A 28 in die Südumgehung Oldenburgs angeordnet worden, um Auffahrunfälle zu vermeiden, ferner nördlich von Oldenburg auf der A 29, weil hier der für die Nachbehandlung der Betondecke erforderliche Film durch den Baustellenverkehr bis zum Zeitpunkt der Verkehrsübergabe noch nicht völlig abgefahren war. Im letzten Fall wird durch Griffigkeitsmessungen festgestellt, ab welchem Zeitpunkt das vorgenannte Schild entfernt werden kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Broll.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie über die Verbindlichkeit dieses Schildes „80 km/h Höchstgeschwindigkeit bei Nässe" angesichts des kürzlich dazu ergangenen Urteils etwas sagen?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Das Schild hat keine rechtlichen Wirkungen. Aber es ist, glaube ich, ein Hinweis, der zur Sicherheit beitragen kann. Und das ist ja die Absicht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Broil.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gibt es Erfahrungen, wann auf Grund der Aufrauhung der Oberfläche mit der Entfernung dieser Schilder gerechnet werden kann?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Das hängt von der Prüfung der regionalen und örtlichen Straßenverhältnisse im einzelnen ab und wird dort entschieden, Herr Kollege.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 87 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 88 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker auf: Liegen der Bundesregierung Untersuchungsergebnisse vor, ob und inwieweit durch die Herabsetzung der Alkoholtoleranzgrenze auf 0,8 Promille im Blut eine Senkung der alkoholbedingten Unfälle, der Zahl der Verletzten und der Toten erreicht werden konnte?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Die vorliegenden Statistiken und Untersuchungsergebnisse zeigen positive Auswirkungen der im Juli 1973 eingeführten 0,8-Promille-Regelung an. Im Laufe des Jahres 1973 hat sich der Anteil der alkoholbedingten Straßenverkehrsunfälle sprunghaft vermindert. Diese Verminderung hat in den folgenden Jahren fortgewirkt. Nach den Ergebnissen der Straßenverkehrsunfallstatistik über die Zahl der Unfälle und der Unfallopfer sowie über die Unfallursachen kann folgendes geschätzt werden. 1972 sind bei Unfällen, bei denen Alkohol beim Fahrzeugführer im Spiele war, annähernd 4 200 Menschen getötet und 75 000 verletzt worden. 1976 waren es knapp 2 800 Getötete - das ist ein Rückgang, wenn man das überhaupt statistisch darstellen darf, um rund 33 % - und 59 000 Verletzte. Die Zahl der bei nicht alkoholbeeinflußten Unfällen Getöteten ist in der gleichen Zeit um 18 °/o, die der Verletzten um 11 °/o zurückgegangen. Das hier nur als Vergleichsbasis, Herr Kollege.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker.

Dr. Karl Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß durch eine restriktive Maßnahme, das heißt durch eine Maßnahme, die eine Strafandrohung enthält, eine Besserung der Verhältnisse erreicht wurde?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Das kann man im vorliegenden Falle bejahen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Fragen 95 und 96 des Abgeordneten Pfeffermann sind nach Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für die Fragestunde unzulässig. Ich rufe die Frage 97 des Herrn Abgeordneten Niegel auf: Welche Vorstellungen hat nunmehr die Bundesregierung über die Zukunft des Kraftpostreisedienstes, und welche Folgen hätte die Umwandlung des Kraftpostreisedienstes in eine privatrechtliche Bus-GmbH für das beschäftigte Personal sowie für die betroffenen Gebiete unter Berücksichtigung der Verkehrsversorgung für die Bevölkerung?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Herr Kollege, das Bundeskabinett hat am 28. Mai 1975 die Zusammenführung der Bus-Dienste von Bahn und Post in eine Unternehmensgruppe mit selbständigen Regionalgesellschaften beschlossen. Um klare Beurteilungskriterien zu erlangen, wurden zunächst vier Versuchsgesellschaften in Kiel, Hannover, Köln und München gegründet. Das Ergebnis dieser Versuche wird im Laufe dieses Jahres ausgewertet. Sofern das Ergebnis den in die Versuche gesetzten Erwartungen entspricht, ist es die im Kabinettsbeschluß vom 27. April 1977 erklärte Absicht der Bundesregierung, die Zusammenführung der Bus-Dienste von Bahn und Post bis Ende 1978 zu verwirklichen. Durch die Umorganisation verliert niemand, der heute im Bus-Dienst beschäftigt ist, seine Beschäftigung bei Bahn oder Post; auch gibt es keine Statusveränderungen. Auch das ist inzwischen völlig klar. Allen Betroffenen wird der heutige rechtliche und soziale Besitzstand gesichert. Die Zusammenfassung der Bus-Dienste des Bundes und eine den regionalen Erfordernissen angepaßte Organisationsform wird die Kooperation im öffentlichen Nahverkehr nach unserer Auffassung erheblich verbessern helfen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, welche Funktion haben dann die bisherigen Kraftpostreisestellen, wie z. B. die, um nur eine zu nennen, in Kulmbach, wo heute rund 40 bis 50 Busse betreut werden? Werden diese Kraftpostreisestellen beibehalten oder werden sie aufgelöst, und wohin kommen dann die dortigen Arbeitnehmer im Bus-Dienst und im Wartungsdienst?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Daß es z. B. im Bereich der Kraftwagenausbesserung, ob bei der Post oder bei der Bahn, zu Rationalisierungsergebnissen kommt, setzen wir selbstverständlich voraus. Aber das ist eine Frage des Übergangs, die heute noch im einzelnen, auch regional, nicht festgestellt und deshalb auch nicht konkret beantwortet werden kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie würde sich dann der Vollzug der Umwandlung in eine Bus-GmbH auf die Versorgung des ländlichen Raums, insbesondere auf die Verkehrsbedienung im ländlichen Raum, auswirken?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Wir gehen nach den bisherigen Erfahrungen in jedem Falle davon aus, daß das Angebot der Bus-Dienste - Bahn, Post und Private gemischt mit aufeinander abgestimmten Fahrplänen - mit Ausnutzung der Kapazitäten, die heute schon zur Verfügung stehen, eine wesentliche Verbesserung für den ländlichen Raum darstellt. Das ist der eigentliche Grund für diese organisatorische Umstellung.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 98 des Herrn Abgeordneten Gobrecht auf: Bestehen seitens der Bundesregierung Überlegungen, auch im übernationalen Telefonverkehr - insbesondere innerhalb der EG-Staaten - einen verbilligten Tarif in den Nachtstunden ({0}) anzustreben, und falls dies zutrifft, welcher Verhandlungsstand ist mit welchen Ländern bisher erreicht worden?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Die Deutsche Bundespost steht der Einführung verbilligter Tarife zur Nachtzeit und über das Wochenende für Ferngespräche in das Ausland grundsätzlich positiv gegenüber. Voraussetzung dafür wäre ein Mindestmaß an technischer und tariflicher Übereinstimmung unter den westeuropäischen Ländern. Diese Übereinstimmung dürfte in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden können, so daß die Deutsche Bundespost weder Planungen aufgenommen hat noch über Zeitpunkt und Bedingungen solcher Tarife im Augenblick Auskunft geben kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gobrecht.

Horst Gobrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000695, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir erläutern, warum solche Voraussetzungen nicht vorliegen, wo doch in den großen Nachbarländern wie Frankreich und Italien solche sogenannten Mondscheintarife innerhalb des Landes vorhanden sind?

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Herr Kollege, wenn ich auf einige konkrete Schwierigkeiten in dem Zusammenhang eingehen darf: Unter den Prämissen einer Gleichbehandlung aller Länder und einer von deutscher Seite wünschenswerten Verlagerung von Verkehr aus der verkehrsstarken in die verkehrsschwache Zeit sind z. B. folgende Punkte international noch nicht geklärt: Schlechte Netzverhältnisse im Zielland belasten die internationalen Leitungen und das deutsche Inlandsnetz den ganzen Tag über sehr stark. Eine Tarifsenkung zur Abendzeit würde einen erhöhten Anreiz zu Herstellungsversuchen bieten, die das internationale Netz ebenso wie das Inlandsnetz zusätzlich leisten müßte, das aber während dieser Zeit durch die Inlandstarifermäßigung ohnehin sehr stark belastet ist. Andere Lebensrhythmen im Ausland, ich darf z. B. an Spanien erinnern, sorgen schon heute für einen akzentuierten Abendverkehr, der durch Tarifsenkungen noch ausgeprägter werden würde. Das alles muß abgestimmt werden. Zur Zeit ist es noch im Stadium der Gespräche, aber noch nicht in dem der möglichen Realisierung.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Horst Gobrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000695, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht auch, daß man das etwas beschleunigen und dann vielleicht wenigstens mit den unmittelbaren Nachbarländern im Westen - den Benelux-Ländern, Frankreich und Italien - beginnen könnte? Dies wäre doch sicherlich im Interesse eines engeren Kontaktes der Menschen in Westeuropa.

Ernst Haar (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000760

Ich habe volles Verständnis, Herr Kollege, für diese Frage, aber das wäre wenig sinnvoll. Die Ermäßigungszeiten sollten möglichst mit allen Ländern und auch in beiden Richtungen einheitlich sein, weil die Zeittakteinrichtungen es nicht ohne weiteres gestatten, für verschiedene Länder zu unterschiedlichen Zeiten verschiedene Zeittakte zu erzeugen. Bei einseitiger Einführung eines ermäßigten Tarifes besteht auf längere Sicht die Gefahr von Verkehrsverlagerungen, die dann auch Fehlinvestitionen verursachen könnten, die uns dann wieder zum Vorwurf gemacht werden würden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Frage 99 des Abgeordneten Böhm ({0}) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Damit ist dieser Geschäftsbereich abgeschlossen. Ich bedanke mich. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Höhmann zur Verfügung. Die Fragen 101 und 102 des Abgeordneten Milz sowie 103 und 104 des Abgeordneten Dr. Langguth werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 100 des Herrn Abgeordneten Graf Huyn auf: Trifft es zu, daß im Gegensatz zum Jahr 1976, in dem bis zum Monat Mai ca. 300 verurteilte politische Gefangene aus DDR-Haftanstalten vorzeitig entlassen wurden, in diesem Jahr nur ca. 50 verurteilte politische Gefangene entlassen wurden, und was beabsichtigt die Bundesregierung zu unternehmen, um dafür Sorge zu tragen, daß entsprechend ihren Gegenleistungen die Entlassungen schnellstens abgewickelt werden?

Egon Höhmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000919

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat bisher stets die Auffassung vertreten, daß sich diese Problematik nicht für die öffentliche Erörterung eignet. Ich habe keine Veranlassung, von dieser Auffassung abzugehen. Im übrigen will und kann ich weder die in Ihrer Frage angegebenen Zahlen noch die Tatsache von Gegenleistungen bestätigen.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, heißt das, daß Sie diese Zahlen auch nicht dementieren können?

Egon Höhmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000919

Ich habe gesagt, ich kann sie nicht bestätigen. Ich möchte meiner Antwort nichts hinzufügen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, in einem vertraulichen Gespräch oder in einer Sitzung des Innerdeutschen Ausschusses hierzu Stellung zu nehmen?

Egon Höhmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000919

Durchaus, Herr Abgeordneter.

Hans Huyn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000987, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke sehr.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen? - Dann ist auch dieser Geschäftsbereich abgeschlossen. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie. Da sehe ich zu meinem großen Bedauern, daß dieses Ressort anscheinend zu passen beabsichtigt, was nicht im Interesse der Abgeordneten des Deutschen Bundestages liegt. ({0}) - Der Fragesteller zu den Fragen 107 und 108, Herr Abgeordneter Dr. Waigel, ist nicht im Saal. Dann ist die Situation des Ressorts noch einmal gerettet. ({1}) Die beiden Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Zu den Fragen 105 des Herrn Abgeordneten Dr. Steger und 106 des Herrn Abgeordneten Hansen haben die Fragesteller um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten I Wohngeldgesetzes - Drucksache 8/287 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/581 - Berichterstatter: Abgeordneter Stöckl b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({3}) - Drucksache 8/519 Berichterstatter: Abgeordneter Prangenberg Abgeordneter Waltemathe ({4}) Ich eröffne die Aussprache. Wer wünscht das Wort? - Herr Abgeordneter Prangenberg, bitte sehr.

Heinz Jürgen Prangenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001744, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wohngeld soll insbesondere den einkommenschwächeren Bürgern in unserem Lande ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen ermöglichen. Diese Zielsetzung des Wohngeldgesetzes ist in den letzten Jahren kaum erreicht worden. Seit der letzten Verlegenheitsanpassung - so muß man schon sagen - im Jahre 1974 haben sich für viele Haushalte die Wohngeldleistungen wegen Über2398 schreitens der Miethöchstbeträge und der unrealistischen Einkommensgrenzen real verringert. Ziel der Novelle, die wir heute in diesem Plenum beraten, ist es, die Versäumnisse der letzten Jahre auszugleichen. Der Gesetzentwurf liegt jetzt, im Jahre 1977, dem Plenum zur Beratung und Beschlußfassung vor, nachdem die CDU/CSU-Fraktion schon im November 1973 und im Mai 1975 die Bundesregierung ausdrücklich aufgefordert hatte, unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Wohngeldgesetzes vorzulegen. Wir werden diesem Gesetzentwurf die parlamentarische Unterstützung grundsätzlich nicht versagen. Dennoch sind wir der Auffassung, daß die politischen Akzente, die wir bei den Ausschußberatungen gesetzt haben, der Zielsetzung dieses Gesetzes, nämlich angemessenes und familiengerechtes Wohnen zu ermöglichen, wesentlich nähergekommen wären als das, was im Ausschuß in den Einzelbestimmungen über die Regierungsvorlage hinaus beschlossen worden ist. In den nächsten Jahren werden 700 Millionen DM jährlich mehr an Wohngeld zur Verfügung stehen. Dieser Mehrbetrag hätte nach unserer Auffassung sozial zielgerechter verteilt werden können. Erstens. Die CDU/CSU-Fraktion hat gerade zu diesem Problem einen konkreten, mit einem finanzierbaren Deckungsvorschlag versehenen Antrag zum Abbau der enorm gestiegenen Mietbelastung der kinderreichen Familien in unserem Lande vorgelegt. Dieser Antrag ist leider im Ausschuß von SPD und FDP abgelehnt worden. Die Lösung von SPD und FDP, durch eine schüchterne Erhöhung der Miethöchstgrenze die zum Teil mehr als 20%ige Mietbelastung kinderreicher Familien auf ein erträgliches Maß zurückzuführen, ist für uns ein familienpolitischer Etikettenschwindel. Selbst die Bundesregierung hat im Ausschuß erklärt, daß die Erhöhung der Miethöchstgrenze keine unmittelbare Auswirkung auf die Höhe des Wohngeldes hat. Deshalb werden wir hier im Plenum versuchen, durch einen Änderungsantrag wirkliche Verbesserungen der Wohngeldregelung für die kinderreichen Familien zu erstreiten. Zweitens. Die Veränderungen der Wohnpräferenzen unserer Bürger sind in diesem Entwurf ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt worden. Wir wissen heute doch alle, daß das Wohnen im Ballungsrand fast so teuer, wenn nicht genau so teuer ist wie das Wohnen im Ballungskern. Auch hier wird von uns in der heutigen Beratung ein konkreter Änderungsantrag für eine bessere Lösung gestellt werden, um endlich die Benachteiligung der Mieter in den Ballungsrandzonen abzubauen. Drittens. Wir werden auch der Neufassung des Abs. 3 des § 8 nicht zustimmen können. Diese Bestimmung führt in der Praxis dazu, daß z. B. eine Witwe mit vier Kindern, wenn sie kurz nach dem Tod ihres Mannes in eine andere Wohnung umziehen muß, sofort durch weniger Wohngeld zusätzlich bestraft wird. Wir sind der Auffassung, daß dies sozialpolitisch unvertretbar wäre. Viertens. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich in den Ausschußberatungen ebenfalls für eine Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs und für eine Senkung der Verwaltungskosten eingesetzt, dies nicht nur grundsätzlich, sondern unsere Fraktion hat ganz konkret den Antrag gestellt, die pauschalen Freibeträge zu vereinfachen. Wir sind dabei der Auffassung gewesen, daß hierdurch erhebliche Kosten und ein erheblicher Aufwand bei der Durchführung des Gesetzes hätten eingespart werden können. Dies ist auch die Meinung - und sie ist im Ausschuß zum Ausdruck gebracht worden - nahezu aller kommunalen Sachverständigen, die wir zu diesem Gesetz im Ausschuß gehört haben. Fünftens. Die Anhörung der kommunalen Sachverständigen, also der Praktiker an der Wohngeld-front, war eine wesentliche Hilfe für uns im Verlaufe der Ausschußberatungen. Die Anhörung der Praktiker ist auf Initiative der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuß zustande gekommen. Wir haben uns deshalb verpflichtet gefühlt, bei der Novellierung von Gesetzen auch die Anregungen derjenigen zu berücksichtigen, die mit einem solchen Gesetz später arbeiten müssen. Leider konnten wir nicht alle Anregungen der Praktiker im Gesetzgebungsverfahren aufgreifen. Wir mußten diese Novellierung schnell beschließen, um sicherzustellen, daß endlich im nächsten Jahr die Leistungen verbessert werden können, nachdem sie vier Jahre für viele Familien in unserem Lande rückläufig waren. Wir fühlten uns auch deshalb verpflichtet, die Sachverständigen zu hören, weil die ständig steigenden Kosten für die Verwaltung des Wohngeldes dringend gestoppt werden müssen. Mittlerweile werden 9 % des Wohngeldvolumens von den Verwaltungskosten aufgefressen und versickern in der Bürokratie. Alle Praktiker haben uns im Ausschuß gesagt, daß die Novelle den Verwaltungs- und Personalaufwand weiter erhöhen wird. Die CDU/CSU-Fraktion hat deshalb in einem Entschließungsantrag, dem sich auch die Koalitionsfraktionen angeschlossen haben, durchgesetzt, daß die Bundesregierung nach Erörterung mit den Ländern im nächsten Wohngeld- und Mietenbericht Vorschläge vorlegt, wie der Verwaltungsvollzug des Gesetzes vereinfacht und die Verwaltungskosten gesenkt werden können. Wir messen gerade diesem Gesichtspunkt in der Zukunft besondere Bedeutung zu, weil wir die Mittel nicht so wie in der Vergangenheit in den nächsten Jahren weiter erhöhen können. Es wird vielmehr Aufgabe verantwortlicher Sozialpolitik sein, die Mittel für soziale Aufgaben effektiver und sozialpolitisch zielgenauer zu verwenden. Das Wohngeld wird nach der Verabschiedung dieser Novelle ein Volumen von 2,2 Milliarden DM erreichen. In diesen Betrag müssen sich Bund und Länder je zur Hälfte teilen. Das Wohngeld wird eine Säule der Wohnungsbaupolitik bleiben; aber wir dürfen diese Säule nicht in ihrer Tragfähigkeit überfrachten. Ein Gesamtkonzept für den Wohnungsbau muß in dieser Legislaturperiode erarbeitet werden, damit das Wohngeld nicht sozusagen zum Lazarettwagen für fehlende wohnungspolitische Grundsatzentscheidungen wird. Es kann und darf nicht sein, daß wir eines Tages in unserem Land mehr als 3 Milliarden DM für das Wohngeld ausgeben, aber die öffentlichen Mittel für den Wohnungsbau auf einem zu niedrigen Niveau festschreiben müssen. Deshalb ist die CDU/ CSU-Fraktion der Auffassung, daß nach der Verabschiedung der Novellierung des § 7 b und nach der Verabschiedung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes der Bundesminister endlich ein solches Gesamtkonzept vorlegen sollte, statt nur in Niedersachsen Wahlkampf zu führen. Ich glaube, daß mehr Wohnungen in unserem Lande den Bürgern mehr nützen als mehr Stimmen in Niedersachsen für die SPD. Wir werden diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht versagen; aber wir meinen, den Entscheidungen über das Wohngeld und den § 7 b müssen weitere Entscheidungen in der Wohnungspolitik folgen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Meininghaus.

Alfred Meininghaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001458, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wohngeld ist sowohl ein wichtiger Bestandteil im Netz der sozialen Absicherung als auch ein bedeutendes Instrument der Wohnungspolitik. Es hat also eine sozialpolitische und eine wohnungspolitische Komponente. Es kommt gezielt den Bevölkerungsgruppen zugute, die aus eigener Anstrengung nicht in der Lage sind, eine angemessene, familiengerechte Wohnung zu finanzieren, und ergänzt das etwas starre System der Wohnungsbausubventionierung - sprich: Objektförderung - mit einer Förderung, die speziell auf die Verhältnisse des Einzelfalles abgestellt ist. Die wohnungs- und sozialpolitische Bedeutung des Wohngeldgesetzes wird offenbar, wenn man weiß, daß der Anteil des Wohngeldes an der öffentlichen Förderung des Wohnens überhaupt von 1968 bis 1976 von 6,2 % auf 13,5 % gestiegen ist. Im vergangenen Jahr erhielten rund 1,7 Millionen Haushalte Wohngeld. Bund und Länder haben dafür gemeinsam 1,6 Milliarden DM zur Verfügung gestellt. Obwohl die letzte Anpassung des Wohngeldes im Jahre 1974 erfolgte, hat uns der Wohngeld- und Mietenbericht 1975 mit seiner kritischen Analyse auf die Grenzen des jetzt noch gültigen Gesetzes hingewiesen und uns den neuen Weg für diese Novelle aufgezeigt. Die Entwicklung von Einkommen und Mieten seit 1974 hat eine Anpassung des Wohngeldes dringend erforderlich gemacht. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt es daher, daß gleich am Anfang der 8. Legislaturperiode unmittelbar nach der entsprechenden Ankündigung in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers von dem zuständigen Ministerium ein Gesetzentwurf vorgelegt worden ist, der nicht nur die Wohngeldleistungen an die gestiegenen Einkommen und Mieten anpaßt, sondern der gleichzeitig die Ungerechtigkeiten des gegenwärtigen Systems beseitigt und eine Annäherung der Einkommensgrenzen hinsichtlich des Wohngeldes an diejenigen des sozialen Wohnungsbaus im ersten Förderungsweg vornimmt. Der Abstand dieser beiden Grenzen verringert sich im Durchschnitt auf weniger als 10 %. Wir freuen uns, daß nach einer zügigen Behandlung der Gesetzesvorlage im zuständigen Ausschuß für Raumordnung, Städtebau und Bauwesen sowie in den korrespondierenden Ausschüssen bereits heute die zweite und dritte Lesung des Entwurfs eines vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes erfolgen kann. Das neue Wohngeldgesetz soll am 1. Januar 1978 in Kraft treten. Es wird im ersten Jahr zirka 500 Millionen DM und ab 1979 voraussichtlich rund 700 Millionen DM Mehraufwendungen zur Folge haben. Die Förderung für fast alle Wohngeldempfänger wird damit wesentlich verbessert, jedoch nicht nur durch ein einfaches Aufstocken nach dem sogenannten Gießkannenprinzip, sondern durch eine allgemeine Neuverteilung der künftig zur Verfügung stehenden zirka 2,3 Milliarden DM. Neu ist in dem Gesetz eine größere Gerechtigkeit in sozialer Hinsicht und eine bessere Ausschöpfung der wohnungspolitischen Möglichkeiten. Gegenüber den nichterwerbstätigen wurden z. B. bisher die erwerbstätigen Antragsteller beim Wohngeld benachteiligt, weil bei der Ermittlung des wohngeldfähigen Einkommens für alle der gleiche pauschale Abzug von 30 % vorgenommen wurde. Diese Pauschale war ursprünglich für die Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gedacht. Nach der neuen Regelung wird es hier zunächst einen pauschalen Abzug von 15 % für alle geben. Dabei wird das Gesetz jedoch optimal für die bisherigen Wohngeldempfänger den Besitzstand gewährleisten. Ein weiterer Abzug von je 7,5 % erfolgt dann zusätzlich bei den Steuerzahlern und bei Zahlern von Sozialversicherungsbeiträgen, d. h., es werden weitere - ich möchte sagen: gerechtere - Pauschalen von 22,5 bzw. 30 % eingebaut. Sicherlich wird sich durch diese Maßnahme der Anteil der Erwerbstätigen unter den Wohngeldempfängern, der in den letzten Jahren zurückgegangen war, wieder erhöhen. Man schätzt, daß rund 300 000 Arbeitnehmerfamilien neu in den Kreis der Wohngeldberechtigten hineinkommen. Immerhin steigt als Folge unserer Novellierung die Einkommensgrenze für die Wohngeldförderung der Erwerbstätigen um mehr als 30 %. Meine Damen und Herren, auf Antrag der Koalitionsfraktionen wurde in den Gesetzentwurf noch die Bestimmung aufgenommen, daß den Beziehern von Arbeitslosengeld ein pauschaler Abzug von 22,5 % gewährt wird. Wir waren der Meinung, daß man den kurzfristig Arbeitslosen eine gewisse Besitzstandswahrung beim Wohngeld einräumen muß. Denn sie können ihre Wohnverhältnisse sicherlich nicht kurzfristig ihrem gesunkenen Einkommen anpassen. Das unterscheidet sie beispielsweise von Rentnern und ähnlichen Gruppen, die sich langfristig auf ihre neuen Lebensverhältnisse einstellen müssen. Deshalb sollte der Lebensstandard der Arbeitslosen nicht durch eine Kürzung des Wohngeldes weiter gesenkt werden. Im neuen Wohngeldgesetz sind auch die Grenzen für die zuschußfähigen Mieten und Belastungen kräftig angehoben worden, und zwar differenziert; im Schnitt sind es 30 %. Der neue Eckwert liegt bei einer Quadratmetermiete von 6,60 DM für Wohnungen der besten Ausstattungsgruppe. Das wird zur Folge haben, daß gerade Mieten im mittleren und oberen Bereich stärker als früher bezuschußt werden. In der Vergangenheit wurden diese Wohnungen bei Wohngeldanpassungen wenig oder gar nicht berücksichtigt, weil sie oft die Grenzen des Wohngeldrechts überschritten. Dabei kam es bei teuren Wohnungen oft zu einer eigenen Mietbelastung von über 30 % des Nettoeinkommens. Es sollte jedoch erwähnt werden, meine Damen und Herren, daß sich auch künftig Bewohner teurer Wohnungen an den durch höheren Wohnstandard bedingten höheren Wohnkosten beteiligen müssen. Kleinen Haushalten wird z. B. eine Mietbelastung von 20 bis 25 % ihres Nettoeinkommens für Wohnungen mit Quadratmetermieten zwischen 5 und 7 DM zugemutet. Während der Ausschußberatungen wurde von den Mitgliedern der Koalition begrüßt, daß in der Regierungsvorlage Haushalte mit fünf und mehr Familienmitgliedern eine überproportionale Begünstigung erfahren. Obwohl nach den statistischen Unterlagen große Familien in der Vergangenheit die Miethöchstbeträge am wenigsten überschritten haben, weiß man, daß diese Tatsache in erster Linie auf eine Überbelegung des Wohnraums und nicht auf geringe Mieten zurückzuführen ist. Man weiß auch, daß bei den Belastungen durch Eigentumserwerb die Miethöchstbeträge oftmals nicht ausreichen. Wir haben daher einen systemgerechten Vorschlag gemacht, um zusätzliche Anreize zum Abbau von Uberbelegungen des Wohnraums und zum Erwerb von Wohneigentum für große Familien zu schaffen. Darum sind die Steigerungsbeträge bei den Miethöchstbeträgen für Familien mit fünf und mehr Personen für jedes weitere Familienmitglied um 10 bis 15 % erhöht worden. Damit steigt z. B. bei jeder Vergrößerung der Kinderzahl das Wohngeld stärker als die Miete für den zusätzlich benötigten Wohnraum. Das heißt: hier wird nicht nur eine familien-, sondern auch eine eigentumspolitische Zielsetzung verfolgt. Wir wollen nämlich nicht großen Familien in zu kleinen Wohnungen mehr Wohngeld geben, sondern wir wollen große Familien zum Erwerb von Wohnungseigentum oder zum Umzug in größere Wohnungen animieren. ({0}) Meine Damen und Herren, in den letzten drei Jahren ist die Zahl der Schwerbehinderten, die eine besondere Förderung im Rahmen des Wohngeldgesetzes bekommen haben, stark angewachsen. Es sind dies diejenigen Schwerbehinderten, die auf Grund der Schwere ihres Leidens besondere Zimmer oder größere Wohnungen benötigen, also einen besonderen Wohnbedarf haben. Sie können bei der Feststellung ihres wohngeldfähigen Jahreseinkommens einen Freibetrag von 2 400 DM geltend machen und werden bei den zum Haushalt zählenden Haushaltsmitgliedern doppelt gezählt. Ein Grund für das Ansteigen war unter anderem sicherlich auch die Regelung, daß die intensive Förderung, die mit der Zuerkennung eines besonderen Wohnbedarfs verbunden war, auf ungenauen Merkmalen für die Zuerkennung dieses besonderen Wohnbedarfs beruhte und auf einer sehr wohlwollenden Entscheidungspraxis durch die Ärzte. Deshalb wird die besondere Förderung der Schwerbehinderten jetzt abhängig gemacht von besser meßbaren Merkmalen, nämlich der Behinderung auf Grund einer Erwerbsminderung von 80 %, ein Merkmal, das im übrigen generell auch im sozialen Bereich zur Grundlage der Sozialhilfe gemacht wird. Darüber hinaus haben die Koalitionsfraktionen vorgeschlagen, die Abgrenzungskriterien durch die Einbeziehung der Pflegebedürftigen im Sinne von § 69 des Bundessozialhilfegesetzes zu erweitern. Wir halten diese Maßnahme für sachlich gerechtfertigt und meinen, daß damit der Personenkreis, der nach objektiven Gesichtspunkten tatsächlich einen besonderen Wohnbedarf hat, berücksichtigt worden ist. Auf diesen objektiven Gesichtspunkten müssen wir jedoch bestehen. Wir sind auch bereit, diesen Standpunkt politisch zu vertreten. Wir müssen darauf achten, daß unser soziales Sicherungssystem von der Allgemeinheit als gerecht empfunden wird und Mißbräuche soweit wie möglich verhindert werden. Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend feststellen, daß die bisherige Diskussion über dieses Wohngeldgesetz im Verlaufe des Beratungsverfahrens sachlich geführt worden ist. Wir Sozialdemokraten haben durch einige Anträge in der einen oder anderen Sache eine Verbesserung des Gesetzes zum Wohle der betroffenen Bürger erreichen können. ({1}) Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß meine Fraktion zu den Änderungsvorschlägen auch die Deckungsvorschläge mitgeliefert hat. ({2}) Die Koalitionsfraktionen haben damit gezeigt, daß sie den sozialen Bedürfnissen auch im Bereich der Wohnungswirtschaft Rechnung tragen und dabei langfristig das finanzielle Gleichgewicht des Gesamthaushalts im Auge behalten. Meine Fraktion wird dem neuen Wohngeldgesetz zustimmen. ({3})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Abgeordnete Gattermann.

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem mein ehemaliger Kollege im Rat der Stadt Dortmund die Verdienste für die SPD bei der Verbesserung des Gesetzes herausgestellt hat, ({0}) lieber Herr Urbaniak, darf ich nur reklamieren, daß die Anträge Koalitionsanträge und nicht reine SPD-Anträge waren. ({1}) Ich will aber, nachdem sich die Koalition heute morgen bewährt hat, darauf verzichten, nun das zu wiederholen, was Kollege Meininghaus hier vorgetragen hat. Lassen Sie mich nur zwei Bemerkungen zu der angesprochenen „Pietät" der Union im Zusammenhang mit § 8 Abs. 3 des Gesetzes und zum Thema Verwaltungsvereinfachung machen, das ebenfalls bei der Differenzierung zwischen den prozentualen Abzugsgrößen der Freibeträge bei den maßgeblichen Familieneinkommen angesprochen worden ist. Zum zweiten Thema ist zu sagen, daß eine Verwaltungsvereinfachung nicht dadurch erreicht werden kann, daß man statt drei Gruppen von Abzügen, von Freibeträgen nur zwei nimmt, wie es die Union im Ausschuß beantragt hatte, nämlich 20 und 30 % an Stelle von 15, 22,5 und 30 %. Es bleibt am Ende ein Rechenvorgang, und niemand kann mir einreden, daß dies einen höheren Verwaltungsaufwand verursacht. Auch die zweite Frage, ob durch die drei Klassen, das Einordnen in die verschiedenen Kategorien, ein erhöhter Verwaltungsaufwand eintreten könnte, müssen wir, meine ich, verneinen, und zwar deshalb, weil bei der Ermittlung des Familieneinkommens ohnehin alle Merkmale festgestellt werden müssen, die eine selbstverständliche Einordnung in die drei Gruppen ermöglichen. Das Thema Verwaltungsvereinfachung hat den Ausschuß darüber hinaus sehr breit beschäftigt. Nicht in allen Punkten sind wir zu dem Ergebnis gekommen, daß wir unsere Überlegungen in konkrete Gesetzesrealität fassen können, weil es sehr viele Querverbindungen zu anderen Gesetzen und Qualitätsunterschiede gibt, die sich in der Kürze der Ausschußberatungen nicht ausgleichen ließen. Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, für die Freien Demokraten in diesem Zusammenhang grundsätzlich folgendes anmerken. Wir meinen, daß in der Tat bei der Verwaltungsvereinfachung nicht nur darüber nachzudenken ist, wie man notwendige Verwaltungsvorgänge in ihren Abläufen rationalisiert, sondern daß auch darüber nachzudenken ist, inwieweit sich ausgelöste Verwaltungsvorgänge durch die Gesetze, die wir machen, mit Verwaltungsvorgängen überschneiden und überlappen, die es auf Grund anderer Gesetze gibt. Lassen Sie mich ein im Ausschuß diskutiertes Beispiel herausheben, daß nämlich für ein und denselben Bürger, den wir wirtschaftlich für ein angemessenes Wohnen absichern wollen, von ein und derselben Gemeinde zwei getrennte Verwaltungsabläufe, einmal nach dem Bundessozialhilfegesetz und einmal nach dem Wohngeldgesetz, durchgespielt werden müssen, die am Ende doch nur zu einer einzigen Leistung für den Bürger führen. Dieses Problem konnten wir in der Tat wegen der unterschiedlichen Qualität der Ansprüche nach dem Bundessozialhilfegesetz und der Ansprüche nach dem Wohngeldgesetz nicht ad hoc lösen, auch deshalb nicht - das wird einer der Hauptgründe sein -, weil es unterschiedliche Finanzträger gibt. Aber ich meine, wir sollten alle miteinander einmal darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn es in der Zukunft in einer Gesetzesvorlage unter dem Buchstaben E auch eine kurze Darstellung der Verwaltungsabläufe und -folgen gäbe, die ein Gesetz mit sich bringt. Hinsichtlich der Kosten eines Gesetzes wird das gemacht. Es wäre ganz nützlich, das auch hinsichtlich der Verwaltungsvorgänge zu tun. Zur allgemeinen Bedeutung des Wohngeldes im Rahmen unserer Wohnungspolitik wird der Kollege Wurbs für die Freien Demokraten einige Anmerkungen machen. Lassen Sie mich nur soviel sagen, wenn Sie mir diesen Superlativ ausnahmsweise einmal gestatten: Wir sehen in dem Wohngeldgesetz sozusagen das marktwirtschaftlichste Instrument der Wohnungspolitik. ({2}) - Von diesem Hohen Haus, Herr Kollege Niegel. Die Weisheit dieses Hohen Hauses würde ich nie in Zweifel ziehen. ({3}) - Lieber Kollege, Sie wissen doch genau, von wem die Vorlage ist. Das ist ein Gesetz des Deutschen Bundestages. Damit mag es sein Bewenden haben. ({4}) - Herr Kollege Niegel, an der Wohnungspolitik in diesem Lande sind sicherlich alle Parteien des Deutschen Bundestages - in ihrer jeweiligen Verantwortung - beteiligt gewesen. Denken Sie an das Wohnungseigentumsgesetz; das ging sicherlich auf einen Antrag der Freien Demokratischen Partei zurück. Es gibt gute Vorlagen aus der Zeit, als die CDU die Wohnungsbauminister stellte. Es gibt qualitativ mindestens genauso gute Vorlagen aus der Zeit, als die sozialliberale Koalition die Wohnungsbaupolitik bestimmt hat. Wir sollten nicht im einzelnen darüber streiten, wer nun ein besseres Gesetz verabschiedet hat. Der Deutsche Bundestag hat für das deutsche Volk gute Gesetze gemacht. Ich wollte zum Schluß kommen, ich bin jetzt nur durch den Zwischenruf abgeschweift. Wir haben das Gesetz umgetauft. Wir sagen nicht mehr: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes, sondern wir sagen schlicht und einfach: Wohngeldgesetz. Die Freien Demokraten wollen damit nicht nur zum Ausdruck bringen, daß sie dem Hang zur sprachlichen Vereinfachung und zum einfacheren Zitieren nachgeben, sondern mit der Änderung der Überschrift soll deutlich gemacht werden, daß das Wohngeld in der zukünftigen wohnungspolitischen Konzeption, die wir gemeinsam erarbeiten werden, einen hohen Stellenwert haben wird. ({5})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Wir stimmen über Art. 1 Nr. 01, 1, 1 a, 2 und 3 in der Ausschußfassung ab. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe Art. 1 Nr. 4 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Drucksache 8/583 Ziffer 1 vor. Das Wort hat Frau Abgeordnete Pack.

Doris Pack (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001670, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie wir auch heute hier wieder gehört haben, besteht zwischen den Fraktionen Übereinstimmung darüber, daß das Wohngeld zugunsten kinderreicher Familien positiver auszugestalten ist. Die CDU/CSU lehnt jedoch den Antrag von SPD und FDP, der eine Anhebung der Steigerungsbeträge bei den Miethöchstbeträgen für Familien mit fünf und mehr Familienmitgliedern vorsieht, ab, weil, wie bereits meine Kollegen Nordlohne und Prangenberg im Ausschuß ausgeführt und belegt haben, diese Anhebung keine echte Hilfe für kinderreiche Familien bedeuten würde. Die Unionsfraktion möchte statt dessen eine Erhöhung der Freibeträge. Wir beantragen daher, in § 15 folgenden Halbsatz einzufügen: diese Beträge erhöhen sich für das dritte und jedes weitere zum Haushalt rechnende Kind um jeweils 600 Deutsche Mark. Ich möchte den Antrag begründen. In § 15 des Wohngeldgesetzes ist festgelegt, daß bei der Berechnung des Jahreseinkommens für alle zum Haushalt zählenden Kinder Beträge in Höhe des gesetzlichen Kindergeldes als Freibeträge abgesetzt werden können. Das heißt: bei einer Familie mit drei Kindern, der zur Zeit gemäß dem gezahlten Kindergeld von 240 DM ein Freibetrag in der gleichen Höhe angerechnet wird, würde sich nach unserem Antrag dieser Freibetrag um 50 DM erhöhen. Für jedes weitere Kind - und nicht für jedes weitere Familienmitglied - soll dieser Betrag jeweils um 50 DM aufgestockt werden. Die CDU/CSU ist der Auffassung, daß die letzte Wohngeldgesetzänderung aus dem Jahre 1974 gerade für kinderreiche Familien keine Erleichterung brachte. Auch der im Jahr 1975 vorgelegte Wohngeld- und Mietenbericht läßt eindeutig erkennen, daß die Gruppe der kinderreichen Familien nur einen geringen Anteil an der Förderung hatte, daß sogar ein starker Rückgang der Wohngeldleistungen für kinderreiche Familien gegenüber einer enormen Steigerung der Förderung von Ein- und Zweipersonenhaushalten zu verzeichnen war. Wir müssen uns daher alle miteinander mehr Gedanken über wirksamere Hilfen für kinderreiche Familien machen. Sie, sehr geehrter Herr Kollege Waltemathe, bescheinigten uns im Ausschuß, daß unser Vorschlag der Erhöhung der Freibeträge eher sozialpolitisch als wohnungsbaupolitisch ausgerichtet sei. Das ehrt uns und bestärkt uns nur darin, daran festzuhalten. Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung unter Hinweis auf benachteiligte Gruppen, darunter auch kinderreiche Familien, gemeint, es müsse mehr nachgedacht werden. Ich lege dies so aus, daß er der Auffassung ist, daß bei den knappen Mitteln, die wir zur Verfügung haben, mehr sozialpolitische Phantasie entwickelt werden müsse. Er sagte unter anderem auch, daß es Familien mit Kindern insgesamt leichter haben sollten. Wir sind auch dieser Ansicht und meinen, daß wir überall da, wo bei neuen Gesetzen die Möglichkeit einer familienfreundlichen Ausgestaltung besteht, diese Initiative ergreifen sollten. ({0}) Wir stellen jedoch fest, daß zwischen den Worten des Bundeskanzlers und dem Handeln unserer geschätzten Kollegen der SPD/FDP im Raumordnungsausschuß ein krasser Unterschied besteht. Ich erinnere Sie nur daran, wie Sie unseren familienpolitisch relevanten Antrag auf Ausweitung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes im Ausschuß abgeschmettert haben. Dennoch haben wir heute diesen familienpolitisch wichtigen Antrag auf Verbesserung des § 15 des Wohngeldgesetzes gestellt in der Hoffnung, doch noch mit Ihnen gemeinsam die schönen Worte aus der Regierungserklärung mit Leben zu erfüllen. ({1}) Es ist sehr erfreulich und Ihnen sicherlich auch bekannt, daß der Senat von Hamburg unsere Idee der Senkung der Gesamtbelastung aufgenommen hat und gerade erst vorgestern eine zusätzliche Förderung für Familien mit mindestens drei Kin-dern beschlossen hat. Er koppelt dies jedoch zusätzlich an die Größe der Wohnung. Diese einschränkende Bedingung wäre sinnvoll - denn sie würde ja den Umzug in eine entsprechend größere förderungswürdige Wohnung bewirken -, wenn solche Wohnungen, Herr Kollege Waltemathe, in genügender Anzahl angeboten würden. Dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates für Familienfragen beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit mit dem Titel „Familie und Wohnen" aus dem Jahre 1975 kann man entnehmen, daß zirka 73 % der Mietwohnungen zwischen 40 und 80 qm Wohnfläche und nur 17 % eine Wohnfläche zwischen 80 und 100 qm haben. Im Ausschuß äußerten die Kollegen von der SPD und der FDP die Sorge, daß unser Antrag ihre Intentionen, einen Anreiz zum Umzug in größere Wohnungen zu geben, unterlaufen würde. Können Sie mir, wenn Sie sich die Zahlen des Beirates vor Augen halten, sagen, wo diese größeren Wohnungen sind, in die diese Familien umziehen könnten? Ich bin der Auffassung, daß das Angebot an familiengerechten Wohnungen nicht ausreicht und daher eine Einschränkung der Förderung auf Wohnungen mit mindestens 85 qm, wie sie Hamburg fordert, kaum Auswirkungen für kinderreiche Familien haben würde. Die rund 300 000 leerstehenden Wohnungen stehen ja nicht nur deshalb leer, weil sie zu teuer sind, sondern weil sie am Bedarf vorbei gebaut wurden. Es ist heute schon fast so weit, daß ein Ehepaar mit einem Kind und einem Hund eher eine Wohnung findet als eine Familie mit zwei Kindern, geschweige denn Familien mit drei oder mehr Kindern. Letztere werden heute leider oftmals auch auf dem Wohnungssektor als asozial eingestuft. Die Frage der Verbesserung der Wohnsituation von Familien mit mehreren Kindern sollte daher mehr als bisher ein wichtiger Programmpunkt auch unserer Ausschußarbeit sein. „Familiengerechtes Wohnen muß als integrierter Bestandteil einer wohnungspolitischen Gesamtsituation gesehen werden", sagt das Gutachten „Familie und Wohnen". Dem stimmt die CDU/CSU voll zu. Wir sind jedoch der Meinung, daß wir mit familienpolitischen Maßnahmen, die sozialpolitisch und gesellschaftspolitisch notwendig sind, nicht warten können, bis wohnungsbaupolitisch alle Voraussetzungen für ein kindergerechtes Wohnen geschaffen sein werden. Wir meinen, den Familien muß jetzt im Rahmen des Möglichen geholfen werden. Darum bitten wir Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von SPD und FDP, um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Menzel.

Heinz Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001475, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich mich mit der Änderungsvorstellung der Opposition im einzelnen auseinandersetze, lassen Sie mich einige allgemeine Bemerkungen zu dem Vorbringen machen. Wir alle - darauf können wir uns doch sicher verständigen - sehen es als die Aufgabe der Wohnungspolitik an, dafür zu sorgen, daß die Bevölkerung ausreichend mit zeitgemäßem, d. h. modernem Wohnraum versorgt wird. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden verschiedene Wege der Wohnungsbauförderung entwickelt. Sehr schnell hat sich gezeigt, daß allein mit dem System der Objektförderung das Ziel der ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit modernem Wohnraum nicht erreicht werden kann, weil trotz der Förderung mit öffentlichen Mitteln auch im sozialen Wohnungsbau Mieten entstehen, die von vielen Menschen in diesem Lande, Alleinstehenden und Familien, Aufwendungen für Miete erforderlich machen, die den Anteil des Einkommens, den wir für diesen Zweck als zumutbar ansehen, zum Teil erheblich übersteigen. Wenn sich diese Situation in den letzten Jahren noch verschärft hat, so liegt das übrigens nicht nur an den Preissteigerungen im Baugewerbe, sondern auch an den erhöhten Anforderungen, die wir heute hinsichtlich des Zuschnitts und der Ausstattung im sozialen Wohnungsbau stellen. Heute unterscheidet sich die Sozialwohnung kaum noch von der frei finanzierten Wohnung. Wir sind diesen Weg bewußt gegangen. Die Entscheidung, keine Billigwohnungen für sozial Schwache mehr zu bauen, sondern nur noch hochwertigen Wohnraum zu schaffen, war richtig. Die Zukunft wird das immer wieder bestätigen. Aufgabe des Wohngeldes ist es in unserem Förderungssystem, durch eine Individualförderung dem Menschen den Bezug der Wohnung auch dann zu ermöglichen, wenn die Miete den zumutbaren Anteil am Einkommen übersteigt. Die vorliegende Gesetzesänderung soll das Wohngeld den veränderten Verhältnissen anpassen. Darüber hinaus wird sie noch erhebliche Verbesserungen im System bringen. Das hat mein Kollege Meininghaus hier schon ausreichend erläutert. Lassen Sie mich nach diesen allgemeinen Berner-kungen auf den Antrag der Opposition im einzelnen eingehen. Natürlich ist Wohnungspolitik zu einem gewissen Teil auch Familienpolitik. ({0}) Welche Bedeutung die Koalitionsfraktionen dem familienpolitischen Aspekt der Wohnungspolitik beimessen, erkennen Sie daran, daß auf ihren Antrag, d. h. auf Antrag der Koalitionsfraktionen, hin die Regierungsvorlage für Haushalte mit mehr als vier Mitgliedern erheblich verbessert wurde. Meine Damen und Herren von der Opposition, Wohnungspolitik - auch darauf möchte ich hinweisen - ist aber nur zum Teil Familienpolitik. Weitaus mehr als über das Wohngeld wird den Kinderreichen und insbesondere denen der unteren Einkommensschichten durch eine entsprechende Kindergeldpolitik geholfen. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wissen doch genausogut wie wir, welche Verbesserungen seit Bestehen der sozialliberalen Koalition durchgesetzt wurden. Ich brauche Ihnen die Zahlen nicht noch einmal ins Gedächtnis zurückzurufen. Sie haben hier heute morgen durch Ablehnung der Kindergelderhöhung Ihr Verständnis für Familienfreundlichkeit bewiesen. ({1}) - Wir werden ja im Protokoll sehen, wie Sie sich verhalten haben. Wer hier beim Wohngeld versucht, sich den Anschein von Familienfreundlichkeit zu geben, muß sich an seinem Gesamtverhalten messen lassen. ({2}) Geradezu grotesk sind die Auswirkungen Ihres Finanzierungsvorschlages. Sie richten sich nämlich gegen die Rentner und gegen Familien mit zwei Personen. Sie stellen also bewußt die jungen Familien schlechter - sicher eine ganz neue Erkenntnis christlich-sozialer Familienpolitik. ({3}) Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, hat aber nur beim ersten Anschein den Anstrich von Familienfreundlichkeit. Bei genauer Betrachtung zeigt sich nämlich, daß er der wohnungspolitischen Zielsetzung nicht entspricht. Ziel der Wohnungspolitik muß es nämlich sein, zum einen ausreichend modernen Wohnraum zur Verfügung zu stellen und zum anderen die Großfamilie nicht nur in die Lage zu versetzen, sondern auch noch zu animieren, eine solche Wohnung zu beziehen. ({4}) Gerade diesem Ziel entspricht die Verbesserung, die die Koalitionsfraktionen im Ausschuß durchgesetzt haben. Durch die gewissermaßen progressive Steigerung des Wohngeldes für Familien mit mehr als vier Mitgliedern steigt das Wohngeld stärker als die Belastung durch die größere Wohnung, ein Effekt, der sicher gerade für Familien mit kleineren Einkommen sehr wichtig ist und sie zum Bezug einer familiengerechten Wohnung animiert. ({5}) Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der Opposition, erfüllt diese wohnungs- und familienpolitische Zielsetzung dagegen nicht; denn durch einen allgemeinen Freibetrag, der ohne den Bezug einer familiengerechten Wohnung gewährt wird, schaffen Sie im Grunde einen materiellen Anreiz, in einer kleinen Wohnung zu bleiben. Darauf, daß ein allgemeiner Freibetrag darüber hinaus gerade die Bezieher von kleineren Einkommen benachteiligt oder die Bezieher von höheren Einkommen begünstigt - ganz gleich, wie Sie es sehen wollen -, will ich hier nur um des Verständnisses willen hinweisen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Prangenberg?

Heinz Jürgen Prangenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001744, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Menzel, würden Sie eine Erhöhung des Wohngeldes gegenüber der Regierungsvorlage um monatlich durchschnittlich 2 bis 3 DM, wie sie die Koalitionsfraktionen im Ausschuß durchgesetzt haben, als einen besoneren Beitrag zur Motivation kinderreicher Familien bezeichnen, größere Wohnungen zu beziehen? ({0})

Heinz Menzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001475, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es zeigt sich, daß Sie das System unseres Antrags nicht verstanden haben. ({0}) Sonst hätten Sie doch erkannt, daß die Belastungen, die durch den Bezug einer größeren Wohnung für eine Großfamilie entstehen, nicht so groß sind wie das, was die Großfamilie auf Grund unseres Antrages mehr an Wohngeld erhält. ({1}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen. Der Antrag der CDU/CSU entspricht nicht einer fortschrittlichen sozialen Wohnungs- und Familienpolitik. Darüber hinaus richtet er sich gegen Rentner und junge Familien. Die Koalitionsfraktionen lehnen eine solche Politik und deshalb auch diesen Antrag ab. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf der Drucksache 8/583 unter Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Mit sehr großer Mehrheit abgelehnt. Ich rufe nunmehr den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf der Drucksache 8/584 auf. Das Wort zur Begründung erhält der Herr Abgeordnete Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beim Wohngeld gibt es, auch wenn es gerade von der Seite der Regierungsparteien stark gelobt wurde, immer noch Ungerechtigkeiten, die der Berichtigung bedürfen. Die CDU/CSU-Fraktion bemühte sich im Ausschuß, diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Jedoch leisteten SPD und FDP geschlossen politischen Widerstand. Wir stellen deshalb erneut einen entsprechenden Antrag im Plenum. Nach dem derzeit geltenden Wohngeldgesetz sind die Mieter und Eigenheimbesitzer, die Anspruch auf Wohngeld haben und im Einzugsbereich von Gemeinden mit über 100 000 Einwohnern, also der Großstädte, wohnen, benachteiligt. Bei den Beratungen über das Vierte Gesetz zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes wurde von uns im zuständigen Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ein Verbesserungsantrag gestellt, welcher von SPD und FDP geschlossen abgelehnt wurde. Worum geht es? Im Wohngeldgesetz werden drei Gruppen von Gemeinden unterschieden: Gemeinden mit unter 100 000 Einwohnern - man nimmt an, daß die Mieten dort am niedrigsten sind -, Gemeinden mit 100 000 bis 500 000 Einwohnern und Gemeinden mit über 500 000 Einwohnern, in denen das höchstmögliche Wohngeld gezahlt wird, weil dort die Mieten am höchsten sind. Diese Einteilung hat zur Folge, daß Wohngeldberechtigte - ob Mieter oder Eigenheimbesitzer, spielt keine Rolle - die z. B. im Einzugsbereich einer Großstadt wie München oder Nürnberg oder die - wie in diesem Raum - im Rhein-Sieg-Kreis in einer selbständigen Gemeinde mit unter 100 000 Einwohnern leben, 30, 40 oder sogar 50 DM weniger Wohngeld erhalten können als dann, wenn sie in der benachbarten Großstadt wohnten. Die Mietbelastung bzw. die Eigenheimbelastung ist in diesen Stadtrandgemeinden oft aber nicht geringer als in der Großstadt. Somit erhält ein Wohngeldberechtigter in einer Randgemeinde bei gleicher Miete weniger Wohngeld als ein Wohn-geldberechtigter in der angrenzenden Großstadt. Das halten wir für ungerecht. Es wäre deshalb ein Akt der sozialen Gerechtigkeit, diese Wohngeldberechtigten in den Randgemeinden mit den Wohngeld-berechtigten in der Großstadt gleichzustellen. Das Problem selbst ist nicht neu, meine Damen und Herren. Bereits bei der Beratung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes habe ich sowohl im Ausschuß als auch im Plenum des Deutschen Bundestages den gleichen Antrag gestellt. Dieser Antrag wurde seinerzeit ebenfalls von SPD und FDP geschlossen abgelehnt. Man führte dagegen ausweichende Einwendungen an, versprach jedoch, daß dieses Problem beim nächsten Wohngeldbericht als eine zu lösende Frage eine große Rolle spielen würde. ({0}) Außerdem sollte dies dann bei der nächsten Novellierung berücksichtigt werden. Aber leider wurde das Umlandproblem bei der Vorlage des Vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes keineswegs gelöst. Das Problem wurde nicht einmal angesprochen. ({1}) Wenn die SPD seinerzeit sagte, der Antrag sei zu kurzfristig gekommen und man habe sich deshalb, also seinerzeit vor drei, vier Jahren, nicht genügend damit befassen können, so mag das für 1973 vielleicht zugetroffen haben. Aber zwischenzeitlich haben sowohl der Herr Bundesstädtebauminister Ravens als auch sein ganzes Ministerium und auch die SPD und FDP genügend Zeit gehabt, sich dieser Sache anzunehmen. Wahrscheinlich hatte Herr Ravens aber keine Zeit dafür, weil er fünf Tage in der Woche, fünf Arbeitstage, in Niedersachsen sein und dort Wahlkampf machen muß. ({2}) Wie gesagt: Fehlanzeige! Wenn Sie schon selber nicht mehr denken wollen oder, wie Herr Wehner sagte, denken lassen wollen, so wären wir schon damit zufrieden gewesen, wenn Sie wenigstens unserer Anregung im Ausschuß gefolgt wären. Aber Sie haben unseren Antrag mit fast den gleichen Argumenten, die ich vorhin nannte, abgelehnt. Zweifellos mag es gewisse Abgrenzungsschwierigkeiten geben, die wir keineswegs übersehen wollen. Deswegen wurde der Antrag auch so formuliert, daß die Landesregierungen ermächtigt werden sollen, zusammen mit den örtlichen Stellen die vergleichbaren Einzugs- bzw. Verflechtungsbereiche festzulegen. Eine solche Abgrenzung müßte unseres Erachtens doch möglich sein. Auch der schon im Ausschuß gebrachte Einwand, der jetzt möglicherweise wiederholt werden wird, daß es nämlich das Problem der Stadtstaaten, verbunden mit den Bundesländer übergreifenden Verdichtungsräumen, gebe - ich denke z. B. an Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein -, steht diesem Antrag nicht entgegen. Dann müßten sich eben die beiden verantwortlichen Landesregierungen bzw. -senate absprechen und die entsprechenden Gebiete festlegen. Auch bin ich der Meinung, daß die Finanzierung des Änderungsantrages zur Herstellung einer sozialen Gerechtigkeit im Rahmen des gesteckten Zieles möglich sein müßte bzw. daß es noch andere wirkungsvollere Einsparungsmöglichkeiten gäbe, um die notwendige soziale Gerechtigkeit hier erreichen zu können. Man mag von der Gegenseite vielleicht auch einwenden, dieser Antrag sei in diesem und jenem noch zutreffender zu formulieren. Wir bestehen keineswegs - das haben wir schon im Ausschuß zum Ausdruck gebracht - unbedingt auf jedem Komma und jedem Buchstaben dieser Formulierung. Wichtig ist uns aber, daß dieses Stadtumlandproblem endlich einmal gelöst wird. Dazu scheinen SPD und FDP aber nicht geneigt zu sein. Wenn es der SPD darum ging, Neidkomplexe gegen private Hausbesitzer zu wecken, so kannte man gerade seitens der SPD keine Grenzen. ({3}) Wenn es aber darum geht, offensichtliche Benachteiligungen von Mietern zu beseitigen, die durch Ungerechtigkeiten des Staates selbst entstanden sind, so regt sich keine Stimme aus dieser Richtung. ({4}) Dann gilt der Ruf nach sozialer Gerechtigkeit plötzlich nicht mehr. Wenn sich die SPD künftig verbal wieder einmal groß für die Mieter einsetzen will, so muß dies deutlich zur Sprache gebracht werden, denn hier werden Tausende von Mietern und Wohngeldberechtigten in den großstadtnahen Gemeinden von der SPD und der FDP im Stich gelassen. ({5}) Ich bitte Sie, meine Damen und Herren auf dieser Seite des Hauses, deshalb Ihre Meinung zu ändern und unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. ({6})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gattermann.

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben ihre Meinung in dieser Frage gegenüber der in den Ausschußberatungen vertretenen Meinung nicht geändert. ({0}) Sie werden diesen Änderungsantrag ablehnen. Im Ausschuß las sich dieser Antrag zunächst so, daß die Gemeinden in Ballungsrandzonen wie die Kerngemeinde behandelt werden sollten. Dem wurde zu Recht entgegengehalten, daß man mit diesen Abgrenzungskriterien, außer im Lande Nordrhein-Westfalen, nichts anfangen könne. Nun soll das Problem dadurch gelöst werden, daß man die Abgrenzungsentscheidung auf die Länder verlagert. Damit, meine Damen und Herren, wird aber das Problem nicht gelöst. ({1}) - Ich komme gleich darauf zu sprechen. Wir haben diese - - Entschuldigung! ({2}) - Das freut und versöhnt mich. Ich bedanke mich für dieses Verständnis. Durch die Verlagerung auf die Länder wird das Problem nicht gelöst. Dadurch, daß man statt „Ballungsrandzonen" „Einzugsgebiete" sagt, wird das Problem auch nicht einer Lösung nähergebracht. Meine Damen und Herren, wir wissen auch nicht so ganz genau, was Sie mit diesem Antrag meinen. Meinen Sie nur den Umlandbereich von Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern, also sozusagen den ländlichen Raum, oder meinen Sie auch den Umlandbereich einer Millionenstadt, wobei die Umlandgemeinde mit gleichem Mietniveau durchaus eine Gemeinde mit mehr als 100 000 Einwohnern sein kann? Wenn dies gemeint ist - und wenn man das Umlandproblem lösen will, muß man es insgesamt lösen -, dann ergeben sich Konsequenzen. Dann wäre z. B. das gesamte Ruhrgebiet, mindestens von Duisburg bis Hamm, nach der größten Klasse zu beurteilen. Das aber hätte finanzielle Auswirkungen, die im Augenblick überhaupt nicht überschaubar sind. Wenn Sie dann zusätzlich die Entscheidungskompetenz qua Rechtsverordnung den Ländern übertragen, bitten Sie den Bund mit seiner 50 %igen Beteiligung zur Kasse, ohne daß dieser von vornherein innerhalb seines Finanzrahmens vernünftig planen kann. Es ist gesagt worden, es sei doch ungerecht, wenn in einer Umlandgemeinde mit weniger als 100 000 Einwohnern, aber vergleichbarem Mietniveau, ein geringeres Wohngeld gezahlt werde. Nun, diese Ungerechtigkeit wird auch von uns beklagt. Wenn man sich aber zu einer Klassifizierung nach Größenordnungen durchringt, wie das in diesem Gesetz seit vielen Jahren geschieht, ist die Größenordnung immer gegriffen. Irgendwo wird es Gemeinden mit 450 000 Einwohnern geben, die ein Mietniveau haben, das mit dem einer Gemeinde mit mehr als 500 000 Einwohnern vergleichbar ist. Das ist irgendwo ungerecht. Auch gibt es innerhalb einer Gemeinde erhebliche Mietgefälle - bis zu 20 und 30 °/o -für Wohnungen gleicher Größe und gleicher Ausstattung. Auch das ist ungerecht, beklagenswert, aber nicht zu ändern. Es gibt ein solches Gefälle auch zwischen Gemeinden gleicher Größenordnung, z. B. zwischen Duisburg und München, die beide in derselben Größenordnungsklasse sind; dennoch besteht ein erhebliches Mietgefälle.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Jahn?

Dr. Friedrich Adolf Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Gattermann, wenn Sie schon sagen, dies sei nicht zu ändern, dann frage ich Sie, wie diese Erkenntnis zu vereinbaren ist mit der auch von Ihnen im Ausschuß gebilligten Beschlußempfehlung, die Bundesregierung zu beauftragen, nach Wegen zu suchen, wie dieser Mißstand beseitigt werden kann.

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Genau zu diesem Punkt wollte ich abschließend etwas sagen, Herr Kollege Dr. Jahn. Wir haben diesen Entschließungsantrag mitgetragen. Wir hoffen und wünschen, daß uns in dem Mieten- und Wohngeldbericht 1979 von der Bundesregierung in der Tat eine Lösungsmöglichkeit für dieses Problem aufgezeigt wird. Ich habe vorhin gesagt, Herr Kollege Jahn, daß wir die nicht zu leugnende Ungerechtigkeit, die es in einzelnen Bereichen gibt, mit Ihnen beklagen. Aber der von Ihnen vorgelegte Änderungsantrag scheint uns keine praktikable Lösung zu bringen. Insbesondere sind seine Auswirkungen für uns insgesamt nicht überschaubar, nicht kalkulierbar. Was ist, wenn das eine Land in erheblichem Umfang von der Rechtsverordnungsmöglichkeit Gebrauch macht, das andere Land aber nicht? Das alles sind Fragen, deren praktische und finanzielle Konsequenzen durchdacht werden müssen. Wenn im Mieten- und Wohngeldbericht praktikable Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden - wir hoffen mit Ihnen, daß das der Fall sein wird -, werden wir dieses Problem auch gemeinsam lösen. So aber müssen wir den Antrag ablehnen. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/584 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Beschlußfassung über Art. 1 Nr. 4. Ich schlage Ihnen vor, zunächst über den Buchstaben a abzustimmen. Wer dem Buchstaben a in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über den Buchstaben b. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe Buchstabe c auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig gebilligt. Buchstabe d! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Gegen die Stimmen der CDU/CSU-Opposition angenommen. Ich rufe Art. 1 Nr. 5 bis 9 in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimVizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen men wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe nunmehr die Ziffer 2 des Änderungsantrags der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/583 auf. Es wird beantragt, in Art. 1 nach Nr. 9 eine Nr. 9 a einzufügen. Ich frage, ob das Wort zur Begründung gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf der Drucksache 8/583 Ziffer 2 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe nunmehr Art. 1 Nr. 10 bis 18 in der Ausschußfassung auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe Art. 1 Nr. 19 auf. Hierzu liegt ein weiterer Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU aus der Drucksache 8/583 unter Ziffer 3 vor. Ich frage, ob hierzu das Wort gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über Art. 1 Nr. 19 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich rufe Art. 2 bis 4, Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung angenommen. Meine Damen und Herren, wir treten in die dritte Beratung ein. Das Wort hat Herr Bundeswohnungsbauminister Ravens.

Karl Ravens (Minister:in)

Politiker ID: 11001785

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir schon heute in die zweite und dritte Lesung der Novelle zum Wohngeldgesetz eintreten können, dann, denke ich, ist das nicht zuletzt auf die zügige und alles in allem wohl auch sachliche Beratung des Entwurfs im federführenden 15. Ausschuß zurückzuführen. Ich möchte zu Beginn der dritten Lesung den Kolleginnen und Kollegen des federführenden Ausschusses und des mitberatenden Ausschusses meinen Dank sagen. Herr Präsident, meine Damen und Herren, die vorgesehene Verabschiedung des neuen Wohngeldrechts fällt in eine Zeit der Diskussion um die Ausgestaltung der Instrumente unseres Systems der sozialen Sicherung. Sie fällt in die Zeit der Diskussion um die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik. Gerade im Bereich der Städte- und Wohnungsbaupolitik haben die sozialliberale Koalition und die Bundesregierung diesen Aufgabenbereich sehr ernstgenommen. Im ersten Halbjahr unserer Tätigkeit -und nur daran möchte ich in diesem Zusammenhang erinnern - ist der § 7 b neu gestaltet worden, ist die Grunderwerbsteuerbefreiung geschaffen worden, ist die Fortsetzung des Regionalprogramms für den Eigentumswohnungsbau gesichert, die Aufstockung des Regionalprogramms um 30 000 Wohnungen für das Jahr 1977 verabschiedet worden, und in das Zukunftsinvestitionsprogramm sind zusätzliche 950 Millionen DM für die Verbesserung der Wohnumwelt in unseren Städten und Gemeinden eingesetzt worden. Das ist, meine ich, alles in allem eine Leistungsbilanz, die sich für das erste Halbjahr sehen lassen kann. Herr Kollege Niegel, ich verstehe Ihre Nervosität, die meine Präsenz in Niedersachsen bei Ihnen erzeugt. Das soll auch so sein. ({0}) Sie soll auch Ihre Nervosität steigern. Auch bei Herrn Prangenberg war das ganz deutlich zu spüren. Aber Sie sehen auch an dieser Liste, daß die Wohnungsbaupolitik, die Städtebaupolitik in diesem ersten Halbjahr unserer Regierungstätigkeit ganz erheblich vorangekommen ist und zusätzliche Mittel bereitgestellt wurden. ({1}) Heute nachmittag geht es um zusätzliche 700 Millionen DM, die für diejenigen Menschen eingesetzt werden, die unserer ganz besonderen Hilfe bedürfen. Diese vorgelegte Novelle ist ,das Einlösen der Ankündigung des Bundeskanzlers, das Wohngeld der Mietenentwicklung und der Einkommensentwicklung anzupassen. Die Novelle zum Wohngeld ist eine Antwort auf eingetretene Schwachstellen. Durch sie wird das Netz der sozialen Sicherung dichter und fester geknüpft. Die Bundesregierung hat damit bewiesen, daß auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten das soziale System ausgebaut und gesichert werden kann. ({2}) Die vorgelegte Novelle ist darüber hinaus auch ein Baustein der umfassend angelegten Wohnungspolitik der 8. Legislaturperiode. Wir haben die Novelle zum Wohngeldgesetz für diejenigen Menschen in unserem Lande gemacht, die am unteren Ende der Einkommenskala stehen und die gleichzeitig für sie unerträglich hohe Mietbelastungen zu tragen haben. Wir haben das Wohngeld für die Menschen verbessert, die unser aller Solidarität bedürfen, für die Behinderten, für die kinderreichen Familien. Wir haben die Novelle auch für diejenigen gemacht, deren wirtschaftliche Kraft allein nicht ausreicht, um zu Wohnungseigentum zu kommen. Wir haben die Verbesserungen des Wohngeldes aber auch dort angesetzt, wo bisher Arbeitslosigkeit zum Verlust der Wohnung führen konnte. Für heute 1,6 Millionen Haushalte ist ein gerechteres, ein ausgewogeneres Wohngeldsystem geschaffen worden, das zugleich eine erhebliche finanzielle Verbesserung für die weitaus überwiegende Mehrzahl der Wohngeldempfänger mit sich bringt. Lassen Sie mich an zwei Beispielen zeigen, was dies im konkreten Einzelfall bedeutet. Ein Rentner2408 haushalt mit einer Person wird bei einem Einkommen von 800 DM und einer Miete von 270 DM 100 % mehr Wohngeld erhalten: Der Anspruch steigt von 42 DM auf 84 DM. Für einen 6-Personen-Haushalt mit einem Arbeitseinkommen von 2 100 DM und einer Miete von 660 DM steigt der Wohngeldanspruch von 116 DM auf 261 DM. Ich meine, dies sind notwendige und wirksame Verbesserungen in Verantwortung für die einkommensschwachen Haushalte mit hohen Wohnkosten. Die neue Wohngeldregelung ist Bestandteil der in dieser Legislaturperiode wesentlich intensivierten und neu akzentuierten Wohnungspolitik des Bundes. Ich will dies kurz deutlich machen. Ich habe immer wieder betont, daß unsere Sorge und unsere Aufmerksamkeit den Menschen zukommen muß, die es besonders schwer haben, und eine Gruppe davon sind die kinderreichen Familien. ({3}) - Wir haben eine Lösung gefunden, Herr Kollege Jahn, die vorsieht, daß der Mietbelastungssatz, also der Anteil des Einkommens, der für die Miete bereitgestellt werden muß, mit steigender Kinderzahl sinkt. Ihre Berechnung, Herr Kollege Prangenberg, mit den Entscheidungen drei DM oder vier DM noch hinzuzulegen, unterschlägt, daß schon in der Tabelle des Wohngeldgesetzes diese kinder- und familienfreundliche Verbesserung angelegt ist. Das bedeutet nämlich im konkreten Fall, daß das Wohngeld stärker als die notwendigen Mehraufwendungen für zusätzlichen Wohnraum bei steigender Kinderzahl steigt. Der Staat zahlt also bei kinderreichen Familien die Miete für jedes zusätzliche Kinderzimmer. Wir schaffen damit die Möglichkeit, daß kinderreiche Familien in angemessenen Wohnungen leben können. Frau Kollegin, ich denke, es ist doch wohl familienpolitisch vernünftiger, vom Kind auszugehen. Es geht nicht darum, daß man den Eltern in einer zu kleinen Wohnung mehr Geld gibt, sondern darum, daß man ihnen die Möglichkeit gibt, eine kindergerechte Wohnung zu beziehen, und dafür einen Anreiz schafft. ({4})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Karl Ravens (Minister:in)

Politiker ID: 11001785

Bitte schön.

Heinz Jürgen Prangenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001744, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister Ravens, würden Sie mir zustimmen, daß wir trotz der Verbesserungen im neuen Wohngeldgesetz bei Familien mit vier oder fünf Kindern noch Belastungssätze von über 20 % der Miete nach Abzug des Wohngeldes haben? Und würden Sie das als besondere Begünstigung kinderreicher Familien bezeichnen?

Karl Ravens (Minister:in)

Politiker ID: 11001785

Herr Kollege, in den oberen Einkommenskategorien, die hier zustande kommen, haben wir solche Sätze. Trotz alledem liegen sie im Bereich der Leistungsfähigkeit und stellen sicher - darauf kommt es in der Tabelle an --, daß bei größerer Kinderzahl die Mehrkosten für eine größere Wohnung über das Wohngeld abgedeckt werden. Unser Ziel muß es doch wohl sein, dafür Sorge zu tragen, daß unsere Kinder ausreichenden Wohnraum bekommen. Das ist doch das Ziel unserer Wohnungspolitik. Wir sollten hier doch nicht einen Anreiz schaffen, daß kinderreiche Familien in zu kleinen Wohnungen bleiben, nur weil dann das Wohngeld höher sein könnte, das sie dort bekommen; das wäre ein falscher Weg. ({0}) Damit ist die Tabelle zum Wohngeldrecht ein Beispiel konkreter Politik für kinderreiche Familien, ein Stück wirklicher Familienpolitik und ein Stück wirklichen Familienlastenausgleichs. Wir haben dabei, Frau Kollegin, in diesem Jahr dafür gesorgt, daß die Bundesmittel des Sozialprogramms für den Bau von Einfamilienhäusern zugunsten kinderreicher Familien von 8 000 auf 25 000 DM je Familie zuzüglich 3 000 DM für das vierte und jedes weitere Kind angehoben worden sind. Es handelt sich um die Bundesdarlehen, die den Ländern pro Familie gegeben werden. Ich denke, hier sind Verbesserungen im Bereich der Subjektförderung erkennbar, aber auch Verbesserungen im Bereich der Objektförderung. Daß das Regionalprogramm inzwischen zum großen Teil dazu dient, Wohnraum für kinderreiche Familien zu schaffen, ist sicher auch kein Geheimnis. Daß dieses Programm zudem für das Jahr 1977 um 30 000 Wohnungen aufgestockt worden ist, ist ein weiteres Beispiel unseres wohnungspolitischen Handelns auch für kinderreiche Familien.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jahn?

Dr. Friedrich Adolf Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, wie erklären Sie sich eigentlich den Widerspruch, der darin besteht, daß Wohnungsbaupolitiker unserer Fraktion nach einem Wohnungsbauprogramm in einer Größenordnung von zirka 30- und 40 000 Wohnungen rufen, dies seitens der Regierung mit der Begründung abgelehnt wird, es sei kein Geld da, aber just 14 Tage später im Kabinett inhaltlich nahezu das gleiche beschlossen wird?

Karl Ravens (Minister:in)

Politiker ID: 11001785

Das könnte Sie doch eigentlich nur befriedigen, Herr Kollege Jahn. Wir sind von den wohnungs- und arbeitsmarktpolitischen Notwendigkeiten ausgegangen. Dies haben wir in einer sorgfältigen Untersuchung mit unserem Willen zur Förderung von Eigentum verbunden, d. h., wir haben beide Dinge zueinandergebracht, also das, was arbeitsmarktpolitisch notwendig ist, und das, was eigentums- und wohnungspolitisch vernünftig war. Dies ist sozialdemokratische Politik: Zwei Dinge miteinander zu verklammern und sie nicht nebeneinander zu betreiben. Ich denke, das ist ganz vernünftig. ({0}) Was das Konzept betrifft, so bin ich dabei, zu erklären, Herr Kollege Jahn, wie sich das Wohngeld in dieses Konzept einbaut. Es kommt ein zweiter Punkt hinzu. Neben der Förderung des Neubaus haben wir einen neuen Schwerpunkt auf die Bestandspolitik gelegt. Mit der Modernisierungsförderung auf gesetzlicher Basis, der Einigung über die Verwaltungsvereinbarung mit den Ländern und mit den steuerlichen Erleichterungen haben wir einen Rahmen geschaffen, der es uns ermöglicht, wertvollen Wohnungsbestand zu erhalten und modernsierungsfähigen Wohnungsbestand im Wohnwert zu verbessern. Dabei haben wir alle gespürt, daß sich in der Vergangenheit das Spannungsverhältnis zwischen Modernisierungskosten und Mieterhöhung als ein Faktor herausgestellt hat, der den Umfang und den Willen zur Modernisierung bestimmt. Mit dem neuen Wohngeld wird der unmittelbare Anreiz zur Wohnungsmodernisierung verbessert, weil die Beträge für die berücksichtigungsfähige Miete gerade in diesem Bereich ganz erheblich erhöht wurden. Die Modernisierungsmöglichkeiten, sowohl was den Umfang als auch was die Qualität der Modernisierung angeht, sind damit spürbar verbessert worden. Unser Ziel ist, die Innenstadtbereiche wieder mit Leben zu füllen und die Abwanderung aus den Kernbereichen und aus den Kernstädten zu stoppen. Wir wollen eine lebendige Stadt mit einer lebenswerten Umwelt. Dazu gehört, daß wir Wohnraum in den Städten neu schaffen und vorhandenen Wohnraum für breite Schichten unserer Bevölkerung wieder erschwinglich machen. Wir sind an dieses Problem von drei Seiten herangegangen. Zum einen werden wir den Ersatzwohnungsbau intensivieren. Die dafür erforderlichen Mittel wurden bereits in dem Zukunftsinvestitionsprogramm bereitgestellt. Dann haben wir mit der neuen 7 b-Regelung und der Grunderwerbsteuerbefreiung für den Erwerb von Altbauten, die ja häufig geradezu ideale Wohnbedingungen für kinderreiche Familien bieten, den Weg für neues Wohnen in alten Städten eröffnet. Zum dritten bringt die neue Wohngeldregelung eine neue Chance, in den Innenstädten wohnen zu können; die Mieten werden durch das Wohngeld tragbar. Herr Kollege Jahn, ich denke, es lohnt sich, Ihren Antrag, den Sie heute gestellt haben und von dem ich sage, ich bin sehr froh, daß die Koalitionsfraktionen ihn abgelehnt haben, mit den Ländern gemeinsam zu erörtern und auch einmal über raumordnungs- und städtebaupolitische Ergebnisse eines solchen Antrages nachzudenken. ({1}) - Ja, ich habe ihn, und ich möchte dies gerne gemeinsam mit dem Ausschuß tun. Bisher habe ich Ihren Wunsch von keinem Bundesland bestätigt bekommen. Alle Länderminister haben mir gesagt, dies kann ganz erhebliche unerwünschte städtebauliche Folgen haben, und die darf man bei all dem, was man tut, nicht aus dem Auge verlieren. Gerade Kommunalpolitiker dürfen das nicht, und Raumordnungspolitiker schon gar nicht, Herr Kollege Jahn. Man muß dies wohl im Auge behalten. Aber gut, wir werden darüber zu reden haben. Ich will an dieser Stelle eines hinzufügen: Ich bin aus den Beratungen des Bundesrates mit dem deutlichen Hinweis herausgekommen, mit 700 Millionen DM möge es aber genug sein. Es gab dort Anträge - nicht von sozialdemokratisch regierten Ländern -, die zum Inhalt hatten, den Versuch zu unternehmen, ob man die Mehraufwendungen in diesem Gesetz nicht halbieren könne auf 350 Millionen DM. Es wäre gut, wenn Sie bei Anträgen dieser Art, bei denen keiner weiß, wie stark sie die Länderkassen belasten, weil sie nicht quantifizierbar sind, auch mit Ihren Kollegen im Bundesrat einmal redeten, ob sie unter solchen Prämissen noch bereit wären, einem Wohngeldgesetz ihre Zustimmung zu geben. Dies paßt nicht zusammen, Herr Kollege Prangenberg. Man kann nicht im Bundesrat mit der Mehrheit dort den sparsamen Hausvater spielen wollen und hier mit der Minderheit das Geld in Hülle und Fülle aus dem Fenster schmeißen wollen nach dem Motto: Was schert mich das, wo die es herkriegen? - Das geht nicht. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Prangenberg?

Heinz Jürgen Prangenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001744, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister Ravens, würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß unser Änderungsantrag bezüglich der Begünstigung kinderreicher Familien ({0}) mit einem Deckungsvorschlag für seine volle Finanzierung vorgelegt wurde? Ich glaube, insofern können Sie uns nicht den Vorwurf zumuten, daß wir Geld in Hülle und Fülle ausgeben, ohne das mit dem Bundesrat abgestimmt zu haben.

Karl Ravens (Minister:in)

Politiker ID: 11001785

Herr Kollege Prangenberg, ich gebe Ihnen ja recht, Ihr Antrag zur Umstellung auf einen Freibetrag für kinderreiche Familien war mit einem Deckungsvorschlag versehen - zu Lasten der Rentner und der jungen Familien, der Zweipersonenhaushalte; denn das steht in Ihrer Tabelle. Dort sollte es ja herkommen. Das heißt, Sie wollten das Rentnerwohngeld verschlechtern und Sie wollten das Wohngeld für junge Familien verschlechtern. Lesen Sie Ihren Antrag durch. Ich gebe zu, dort hatten Sie einen Deckungsvorschlag gemacht - das ehrt Sie -, aber für mich an der falschen Stelle. Darüber kann man aber streiten. Bei dem Vorschlag, den der Kollege Niegel hier vorgelegt hat, fehlte aber jeder Deckungsvorschlag. Dies war ein Antrag, bei dem wir spätestens im Bundesrat die Herren Ministerpräsidenten Stoltenberg und andere mit der Feststellung gehört hätten, einem so unseriös finanzierten Gesetzentwurf könnten sie ihre Zustimmung nicht geben. Ich meine, da muß man aufpassen. Ich sage das hier, damit das ein bißchen klarer wird. Es hat doch keinen Sinn, mit doppelten Karten zu spielen, die man einmal so herum- und einmal so herumdreht. Wenn man sich im Bundesrat erklären läßt, man gebe zuviel aus, und hier, man gebe zuwenig aus, so ist dies keine vernünftige Linie. Meine Damen und Herren, ich will noch einmal auf die Modernisierungsförderung und die Städtebaupolitik zurückkommen. Gerade in diesen Bereichen zeigt sich, daß wir mit dem § 7 b, mit der Verbesserung im Bereich des Ersatzwohnungsbaus und nunmehr mit dem Wohngeld drei Maßnahmen zusammenfügen, die nahtlos in einem Konzept aufgehen, und wenn Sie alles zusammennehmen, sehen Sie, daß wir unser Konzept der Wohnungspolitik Stück für Stück konkret auffüllen und aufgefüllt haben. ({0}) Herr Präsident, meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf ist sorgfältig beraten und durch die Arbeiten im Ausschuß - z. T. auch hilfreich von anderen Seiten - ergänzt worden. Er ist auf Verbesserungsnotwendigkeiten und auf mögliche Erweiterungswünsche abgeklopft worden. Ich meine, das, was vorliegt, ist das Notwendige und das finanziell Machbare. Die Novelle bewirkt im ersten Jahr ihrer vollen Wirksamkeit, 1979, Mehrausgaben von 700 Millionen DM. Damit steigen die Wohngeldleistungen von Bund und Ländern auf 2,2 Milliarden DM im Jahre 1979 an, ein Betrag, der sich, wie ich meine, sehen lassen kann. Diese neuen Regelungen werden eine spürbare Entlastung für die Mieter und für die Lastenzuschußempfänger in ihren Eigenheimen mit sich bringen. Sie haben einen Rechtsanspruch auf Wohngeld und sollten ihn, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, auch nutzen. Ich bitte deshalb alle diejenigen, die in den Wohngeldverwaltungen arbeiten, alles daranzusetzen, daß das neue Wohngeldgesetz am 1. Januar 1978 wirksam in Kraft treten kann. Ich weiß, daß dies von den Mitarbeitern in den Wohngeldstellen und in den Wohngeldverwaltungen viel Kraft und viel Engagement verlangt. Aber ich denke, der Einsatz lohnt sich, weil wir helfen wollen und weil wir helfen müssen. Ich möchte, Herr Präsident, zum Schluß gern noch eine Bemerkung machen, die im Zusammenhang mit der Frage Sozialhilfe und Wohngeld steht. Herr Kollege Gattermann, jeder von uns wäre froh, wenn wir in der Lage wären, an einer einzigen Stelle in der kommunalen Verwaltung die Kosten des Wohnens abzudecken. Wir haben den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts von 1969, der deutlich macht, daß Wohngeld vor Sozialhilfe geht und daß ein Sozialhilfeempfänger vollen Anspruch auf Wohngeld hat, so daß hier dieser Anspruch erfüllt werden muß. Dies erschwert die Verwaltung und macht es für manchen Sozialhilfeempfänger fast nicht erklärbar, wieso er Wohngeld bekommt und seine Sozialhilfe um diesen Betrag gekürzt wird. Nun wird bei der Sozialhilfe zunächst der volle Wohnteil, die vollen Kosten des Wohnens, abgedeckt. Das Wohngeld ersetzt dann einen Teil der Sozialhilfe für die Kosten des Wohnens. Wenn wir dies nachrechnen, dann zeigt sich, daß die Gemeinden mit der Novelle zum Wohngeldgesetz eine deutliche Entlastung im Bereich Sozialhilfe erfahren, daß wir hier also auch den Gemeinden helfen. Ich wäre sehr froh, wenn gerade in den Verwaltungen der Gemeinden die Voraussetzungen dafür geschaffen werden könnten, daß durch ein Zusammenfügen von Wohngeldstellen und Sozialhilfestellen oder durch eine gemeinsame Antragsausgabe die Dinge für den einzelnen Sozialhilfeempfänger überschaubarer und verständlicher gemacht würden. Wir können leider keinen anderen Weg anbieten, weil der Beschluß von uns zu respektieren ist. Meine Damen und Herren, ich denke, daß das Gesetz, das die Bundesregierung vorgelegt hat, das von der Koalition im Ausschuß getragen und in den Ausschußberatungen gemeinsam abgerundet, verbessert, ergänzt worden ist, eine wirksame Hilfe für die Menschen ist, die unserer ganz besonderen Fürsorge bedürfen, daß dieses Gesetz den Anspruch auf Wohnraum auch von der wirtschaftlichen Seite her sichern hilft. Ich bitte deshalb, dem Gesetz die Zustimmung zu geben. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Nordlohne.

Franz Josef Nordlohne (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001624, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag wird am heutigen Tage mit Zustimmung aller drei Fraktionen den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes verabschieden. Das Inkrafttreten des Gesetzes soll zum 1. Januar 1978 erfolgen. Zwischen dem Zeitpunkt der eigentlichen letzten Wohngeldverbesserung und dem 1. Januar 1978 liegen damit genau sieben Jahre. Dieses darf niemanden verwundern, der sich die letzten Regierungserklärungen der SPD/FDP-Koalitionsregierungen anschaut. Offentlich wurde zwar immer wieder erklärt: „Die Fortentwicklung des Wohngeldrechts wird ein Schwerpunkt der wohnungspolitischen Gesetzgebungsarbeit der nächsten Jahre sein." Die tatsächlichen Leistungen auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren waren aber genauso dürftig wie die Berücksichtigung in den bisherigen Regierungserklärungen. Schauen wir uns die Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 an, betrachten wir uns die Regierungserklärung vom 18. Januar 1973. Dort heißt es: Ich will ... sagen, daß unsere Wohnungsbaupolitik, die individuelle Wohngeldhilfe und die Modernisierung der Bautätigkeit fortgeführt werden sollen. In der Regierungserklärung Schmidt/Genscher vom 17. Mai 1974 heißt es schlicht und ergreifend als eine Feststellung: Heute wird dreimal so viel Wohngeld gezahlt wie 1969, fast anderthalb Millionen Haushalte erhalten heute Wohngeld. Nichts an Absichtserklärungen über das, was unternommen werden soll. In der letzten Regierungserklärung ist auf die Anpassung des Wohngeldes zum 1. Januar 1978 eingegangen worden. Weil in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfes am 21. April 1977, aber auch am heutigen Tage wieder sowohl der zuständige Bundesminister Ravens als auch die Mitglieder der Koalitionsfraktionen darauf hingewiesen haben, das Zustandekommen dieses Gesetzentwurfs sei auf eine Entschließung des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 1975 und auf die letzte Regierungserklärung zurückzuführen, möchte ich doch folgendes ganz eindeutig richtigstellen. In der Begründung des Gesetzentwurfes selbst wird festgestellt - Drucksache 8/287 Teil A Seite 49 -, daß der Deutsche Bundestag bereits anläßlich der Verabschiedung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohngeldgesetzes 1973 eine von allen drei Fraktionen eingebrachte Entschließung einstimmig verabschiedet hat, die von der Bundesregierung eine frühestmögliche Anpassung des Wohngeldgesetzes forderte. Ich erinnere an die Diskussion mit der früheren Kollegin Meermann. Wir waren uns alle miteinander darüber einig, was frühestmögliche Wohngeldanpassung bedeutet, und zwar auch im Hinblick auf den vorzulegenden Wohngeld- und Mietenbericht. Diese im November 1973 von uns im zuständigen Fachausschuß eingebrachte und vom Fachausschuß und vom Parlament einstimmig angenommene Entschließung lautete - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -: Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum frühestmöglichen Zeitpunkt einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Einkommensgrenzen in § 19 angemessen erhöht werden ... Praktisch alles das, was zu einem großen Teil heute in der Wohngeldgesetznovellierung festgeschrieben wird. Dieser damals vom Deutschen Bundestag einstimmig gefaßten Entschließung kam die Bundesregierung, wie Ihnen bekannt ist, seinerzeit nicht nach. Unter dem verstärkten Druck der Öffentlichkeit, den harten Angriffen von Verbänden wie z. B. dem Deutschen Mieterbund und dem DGB sowie unter dem Eindruck einer weiteren gemeinsamen Entschließung dieses Hohen Hauses, auf die ich vorhin Bezug nahm, sah die Bundesregierung keine Möglichkeit mehr, sich ihrer Verpflichtung zu entziehen. Diese seit einigen Jahren bereits überfällige Wohngeldgesetznovellierung, die jetzt insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Erkenntnisse des Mieten- und Wohngeldberichtes 1975 zum 1. Januar 1978 erfolgt, ist also nicht das Ergebnis einer aus eigener Erkenntnis erwachsenen wohnungsbau- und sozialpolitischen Vorstellung dieser Regierung, sondern die Erfüllung eines Auftrages dieses gesamten Hauses aus dem November 1973, der auf unsere Initiative zurückging. Eine solche Novellierung hätte auf Grund der Erkenntnisse des Mietenberichtes 1972 und des Wohngeld- und Mietenberichtes 1975 bereits zum 1. Januar 1976, also volle zwei Jahre vorher, erfolgen müssen. ({0}) Mangels fehlender Finanzmittel war das jedoch nicht möglich, wie sowohl die Bundesregierung als auch die sie tragenden Parteien erklärten. Hier muß einfach festgestellt werden, daß sich der zuständige Bundesminister in den Verhandlungen mit dem zuständigen Finanzminister über den Finanzrahmen wohl nicht hat verständigen, jedenfalls nicht hat durchsetzen können; sonst hätten wir eben eine andere Situation vorgefunden. ({1}) Ich habe mir erlaubt, uns das gemeinsam in Erinnerung zu rufen, damit kein verfälschtes Bild über die Wirklichkeit der Aktivitäten der bisherigen Bundesregierungen als auch der jetzigen Bundesregierung im Bereich des Wohngeldes entsteht. Lassen Sie mich zu den Wohngeldberatungen im Zusammenhang mit dem jetzigen Entwurf sagen, daß zwischen dem Tage der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs und dem heutigen Tag der abschließenden dritten Lesung genau vier Sitzungswochen lagen, wir also nur wenige Sitzungen zur Verfügung hatten, um dieses umfassende Werk durchzuarbeiten. Auf Antrag der CDU/CSU fand dabei erstmals eine Anhörung von Sachverständigen über den praktischen Vollzug dieses Gesetzes statt. Eine so zügige Beratung wäre ohne die intensive Arbeit des Ausschußsekretariats, des federführenden Ministeriums und der sonstigen beteiligten Ministerien nicht möglich gewesen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion dankt an dieser Stelle allen hieran Beteiligten sehr herzlich. ({2}) Gerade wegen dieser kurzen Beratungszeit bestand für alle drei Fraktionen dieses Hauses nur die Möglichkeit, sich ausschließlich mit dem Text und den neuen Tabellenwerken sowie der Vereinfachung der praktischen Anwendung des künftigen Gesetzes zu befassen. Ich will auch angesichts des Beitrages von Herrn Menzel vorhin sagen: Ich bin der Meinung, wir hätten uns intensiver unterhalten müssen; denn dann bestünde nicht die irrige Auffassung, daß wegen der Hereinnahme eines erhöhten Betrages bei den Obergrenzen für das vierte und jedes weitere zum Haushalt rechnende Familienmitglied entscheidende Verbesserungen eintreten würden. Meine Damen und Herren, dort sind 27 Positionen in der Größenordnung von 2 bis 9 DM verändert. Wenn zu einer Familie mit drei Kindern zwei weitere Kinder hinzugezählt werden, würde sie in einer solchen Situation zweimal zwei oder zweimal drei Mark dazubekommen, macht sechs Mark. Da aber die Spalte der Einkommensgrenzen, nach denen sich die Wohngeldgewährung errechnet, von 20 DM zu 20 DM differenziert, fällt dies überhaupt nicht ins Gewicht. Deswegen ist eben der Antrag der CDU/CSU fundierter. ({3}) Gerade wegen der kurzen Zeit hat es eine ganze Reihe von Fragen gegeben, die offengeblieben sind. Ein großer Teil der im Entwurf enthaltenen Vorschriften wurde - dies sagen wir auch in allem Freimut - einstimmig angenommen. Wir begrüßen ausdrücklich die nicht unerhebliche Anhebung der Mietobergrenzen. Einige Punkte wurden kontrovers behandelt. Wir haben dies hier in der zweiten Beratung fortgesetzt, da seitens unserer Fraktion andere Vorstellungen über den richtigeren und besseren Weg bestanden. Die Kollegin Pack und der Kollege Prangenberg haben sich genau wie der Kollege Niegel vorhin dazu noch einmal bei der Begründung der Anträge geäußert. Der entscheidende Fehler, der seitens der Koalitionsparteien FDP und SPD bei diesem Gesetzentwurf gemacht worden ist, liegt nach unserer Auffassung in der Tatsache begründet, daß man den Vorstellungen der Opposition nicht gefolgt ist, bei der Freibetragsregelung nach § 17 eine Zwei- und keine Dreiteilung vorzunehmen. Ganz abgesehen davon, daß in der Fallgruppeneinteilung bei der Unterteilung sehr wohl auch Ungerechtigkeiten liegen, führt diese beabsichtigte Regelung zu einer erheblichen Anhebung des bisher schon sehr hohen Verwaltungsaufwandes von rund 9 %. Verehrter Herr Kollege Gattermann, hier scheiden sich die Geister. Hier geht die Opposition eben den Weg nicht mit, daß man sagt, dies würde nicht zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen. Diese Regelung führt bei den Antragstellern, sowohl bei den bisherigen Wohngeldempfängern als auch bei den neuen Antragstellern sehr wohl zur verstärkten Beibringung von Antragsunterlagen, Bescheinigungen und dergleichen. Es wäre ganz einfach gewesen, zwischen denen zu unterscheiden, die zu einem Personenkreis zählen, der zusätzliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften hat, und den Antragstellern, die keine derartigen zusätzlichen Ausgaben machen müssen. In diesem Zusammenhang wäre es interessant, zu wissen, wie sich die Ländervertreter in 'dieser Frage tatsächlich eingelassen haben. Soweit ich informiert bin, haben sie sich gegen die Dreiteilung gewandt mit der Begründung, daß eine etwaige positive Wirkung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht aufgefangen wird durch den hohen Verwaltungsaufwand und insbesondere durch die Verzögerung bei der Bearbeitung der Anträge. Die Antragsteller müssen länger auf ihre Bescheide warten. In vielen Fällen müssen Vorauszahlungen geleistet werden. Nicht glücklich ist die Hereinnahme von Beziehern von Arbeitslosengeld in den Personenkreis, dem ein Freibetrag von 22,5 % zu gewähren ist. SPD und FDP geben bei dieser von ihnen im Ausschuß erhobenen und auch mit Mehrheit durchgesetzten Forderung zu, daß für sie die Arbeitslosigkeit in diesem Lande für die Zukunft ein Dauerzustand sein wird. Ihr Obmann, Herr Krockert, hat bei der Forderung dieses 22,5%igen Freibetrages gesagt - ich zitiere -, daß es vielmehr darum gehe, dem Bezieher von Arbeitslosengeld im Vergleich zu seinem bisherigen Einkommen aus seinem Arbeitsverhältnis eine Art Besitzstandswahrung beim Wohngeld einzuräumen. Herr Krockert, dies geht nicht. Aber der § 29, auf den ich noch zu sprechen komme, sieht eine ausgezeichnete Lösung vor, wie man dem Anliegen gerecht wird. Für den Fall der Arbeitslosigkeit, so haben Sie gesagt, soll die Verschlechterung des Lebensstandards nicht noch zusätzlich durch eine Kürzung des Wohngeldes verschärft werden. Verehrter Herr Kollege Krockert, ich muß Ihnen sagen, daß wir im Fachausschuß in dieser Frage, wie ich finde, aneinander vorbei diskutiert haben. Die derzeitige Rechtslage ist, daß der Wohngeldbezieher, der arbeitslos wird, im Augenblick des Eintritts der Arbeitslosigkeit bei der Wohngeldbewilligungsstelle einen Antrag auf Erhöhung seines Wohngeldes stellen kann, und zwar nach § 29 des geltenden Wohngeldgesetzes. Dort heißt es: Hat sich im laufenden Bewilligungszeitraum . . . das Familieneinkommen um mehr als 15 vom Hundert verringert, so wird das Wohngeld auf Antrag neu bewilligt, wenn dies zu einer Erhöhung des Wohngeldes führt. Im Falle der Arbeitslosigkeit ist eine 15%ige Verringerung des Familieneinkommens in jedem Fall gegeben, so daß in diesen Fällen eine neue und erhöhte Wohngeldzahlung erfolgt. Da dies den Arbeitslosen kaum bekannt ist, habe ich am 19. Februar 1975 die Bundesregierung gefragt, ob sie bereit ist, dem Personenkreis der Arbeitslosenhilfeempfänger und der Kurzarbeiter, die nach § 29 des Wohngeldgesetzes einen erhöhten Wohngeldanspruch, also eine Umrechnung ihres Wohngeldes, geltend machen können, in erhöhtem Maße zu informieren. Der Parlamentarische Staatssekretär hat damals auf meine Frage erklärt, die Bundesregierung werde bereit sein, auf diesen Tatbestand in geeigneter Form hinzuweisen. Ich will dies hier noch einmal ausdrücklich wiederholen, weil ich es als zwingend notwendig ansehe, daß diese Dinge in der Öffentlichkeit sehr deutlich bekanntgemacht werden. Wieso trotz der seit Jahren bestehenden gesetzlichen Regelung der Arbeitslose nun einen Freibetrag von 22,5 % erhalten soll, ist nicht ganz einzusehen, zumal bei der nun vorgesehenen Regelung im übrigen zwischen Arbeitslosengeldempfängern und Arbeitslosenhilfeempfängern unterschieden werden soll. Beide erhalten Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Beide sind arbeitslos. Demjenigen, der schon 12 Monate arbeitslos gewesen ist und dann Arbeitslosenhilfe bekommt, wird dieser Freibetrag nicht gewährt. Dies ist nach unserer Auffassung eine in höchstem Maße unsoziale Bestimmung. ({4}) Meine Damen und Herren, der amtierende zuständige Minister hat hier eben einiges zur Einordnung des Wohngeldwesens gesagt. Ich will das ergänzen. Die nur kurze Beratung dieses Gesetzentwurfs im Fachausschuß hat dazu geführt, daß wir eine Grundsatzdebatte über die künftige Bedeutung und die Einordnung des Wohngeldes in die gesamte Wohnungsbaupolitik nicht haben konnten. Ich erinnere daran, daß wir den Wohngeld- und Mietenbericht 1977, der jetzt angefertigt wird, als Grundlage hätten haben müssen, um feststellen zu können, welche Konsequenzen sich daraus für die Gesetzgebung ergeben. Dies ist in § 8 Abs. 4 des Wohngeldgesetzes festgelegt. Der Mieten- und Wohngeldbericht soll eine Hilfe für die Entscheidungsfindung bei der Gestaltung zukünftiger Gesetze auf diesem Gebiet sein. Unsere Überlegungen basieren lediglich auf dem Wohngeld- und Mietenbericht des Jahres 1975. Lassen Sie mich zum Wohngeldwesen überhaupt sagen, daß die Zahl der Wohngeldempfänger steigt. Die Ausgaben wachsen rapide an. Ende 1968 gab es rund 800 000 Haushalte, die Wohngeld bezogen. Die Kosten betrugen damals insgesamt 550 Millionen DM. Jetzt sind es 1,7 Millionen Haushalte, die Wohngeld beziehen. Dafür müssen 1,6 Milliarden DM aufgewandt werden. Demnächst, ab 1. Januar 1979, werden es 300 000 Haushalte mehr sein. Damit beziehen 2 Millionen Haushalte Wohngeld. Die Ausgaben dafür belaufen sich insgesamt auf 2,3 Milliarden DM. Diese Steigerung, die sehr erheblich ist, hat eine absolute Bedeutung hinsichtlich der Frage, wie wir alle miteinander die Entwicklung in der Zukunft sehen. Das ist kein Anlaß, entsprechende Erfolgsmeldungen abzusetzen. Ich bin der Meinung, daß wir sehr deutlich festhalten müssen, unter welchen Voraussetzungen wir in Zukunft im Wohngeldwesen erhebliche Steigerungen bekommen werden. ({5}) Die vorprogrammierten Mieten im sozialen Wohnungsbau - ich habe das an dieser Stelle schon mehrfach gesagt -, die gerade ab 1970 durch den Wegfall der Aufwendungszuschüsse vielfach durch die Erhöhung der Wohngeldzahlung ausgeglichen werden müssen, sind ein Hauptgrund für das Ansteigen der Mieten- und Lastenzuschußgewährung. Selbstverständlich spielen auch die in den letzten Jahren in außergewöhnlicher Form zu verzeichnenden Steigerungen der Nebenabgaben eine entscheidende Rolle. Die Hauptursache für diese Entwicklung, meine Damen und Herren, ist jedoch die inflationäre Gesamttendenz gerade im Bereich des Bauwesens. Es müssen heute - auch das ist hier oft gesagt worden - Kostenmieten von 15 DM pro Quadratmeter und mehr auf eine Miete, die in die Nähe der Mietobergrenze nach dem Wohngeldgesetz kommt, her-untersubventioniert werden. Einige Länder entschließen sich, gesetzliche Regelungen zu schaffen, um die bisher vom Wohngeld nicht aufgefangenen Höchstbeträge zu bezuschussen. Durch diese gesamte Entwicklung im Bereich des Wohnungswesens, insbesondere des vielfach schon als unsozial zu bezeichnenden Wohnungsbaus, ist das Wohngeld seiner ursprünglichen Funktion beraubt worden. Ursprünglich sollte das Wohngeld nur einem bestimmten Personenkreis die Möglichkeit eröffnen, zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens einen Zuschuß zu den Aufwendungen für den Wohnraum zu erhalten. Diese Absicht ist heute zwar auch noch die gesetzlich fixierte Grundlage, wird aber weitestgehend verwischt. Leider muß festgestellt werden, daß das Wohngeldwesen immer mehr in die Ersatzfunktion für die verfehlte Wohnungsbaupolitik dieser Regierung und die negative Mietenentwicklung in unserem Lande hineingezogen wird. ({6}) Wir haben uns im Ausschuß - der Herr Bundesminister ist noch einmal darauf eingegangen - über die Gesamtkonzeption für den Wohnungsbau unterhalten. Es wird in der nächsten Woche im Rahmen der Haushaltsberatungen Gelegenheit sein, näher darauf einzugehen. Meine Damen und Herren, es muß einfach in Zukunft möglich sein - das gilt für alle im Hause vertretenen Fraktionen -, eine Konzeption zu entwickeln, die das Wohngeldwesen mit einschließt. Sonst werden wir eines Tages Wohngeldleistungen von 3,4 oder 3,5 Milliarden DM erreichen. Eine solche Konzeption sollte unser gemeinsames Anliegen sein. ({7}) Meine Damen und Herren, die FDP sagt in ihrem Papier vom 25. Februar nicht zu Unrecht: Der Staat, d. h. die Bundesregierung, ist nunmehr aufgefordert, zu entscheiden, in welcher Richtung sie mit ihrer Wohnungsbaupolitik marschieren will. Die CDU/CSU erhebt hier erneut die seit Jahren bekannte Forderung, endlich ein in sich schlüssiges und mit den Ländern abgestimmtes Gesamtkonzept für den gesamten Wohnungsbaubereich vorzulegen. Im Zusammenhang mit den Haushaltsplanberatungen werden wir - darauf habe ich eben schon hingewiesen - in der nächsten Woche darauf zu sprechen kommen. Wir bedauern sehr, daß die Bundesregierung und die sie tragenden Koalitionsparteien sowohl im Ausschuß als auch hier im Plenum in der zweiten Beratung den Anträgen und Änderungsvorschlägen der Opposition nicht gefolgt sind. In der Tat ist eine Verbesserung des jetzigen Gesetzentwurfs notwendig. Sie wäre auch möglich gewesen. Trotz dieser ablehnenden Haltung stimmen wir dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zu. Es gibt für uns überhaupt keinen Grund, einer von uns seit Jahren geforderten und längst überfälligen Wohngeldverbesserung nicht zuzustimmen. Angesichts der Fehlentwicklung in der Wohnungsbaupolitik, die seit 1969 zu verzeichnen ist, sind wir obendrein der Auffassung, daß gerade die Wohngeldbezieher, und unter ihnen in erster Linie die Rentner, nicht durch diese Entwicklung benachteiligt sein dürfen. Zum Abschluß dieser Wohngeldberatung lassen Sie mich wenige Sätze an den amtierenden Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Herrn Ravens, richten. Herr Ravens, Sie meinten vorhin, der Kollege Niegel und der Kollege Prangenberg sollten angesichts des Vorwurfs in bezug auf Ihre Tätigkeit in Niedersachsen nicht nervös werden. Wenn ich die zu Beginn der Woche er2414 schienenen Presseberichte sehe, dann steht für mich fest, daß Sie auf dem Parteitag der SPD Weser/Ems in Emden am vorigen Sonnabend gesagt haben, daß Sie künftig pro Woche etwa vier oder fünf Tage für die Arbeit in Niedersachsen zur Verfügung stehen. ({8}) Dies macht uns überhaupt nicht nervös. Nur frage ich Sie, Herr Minister, seitens der Opposition dieses Hauses, ob diese veröffentlichte Aussage von Ihnen zutrifft und, wenn ja, wie Sie diese Aussage wenigstens annähernd einhalten wollen, wenn Sie Ihr Ministeramt in dieser Regierung, auf das Sie erst vor wenigen Monaten aufs neue vereidigt worden sind, im Interesse der Durchführung einer geordneten Raumordnungspolitik und einer geordneten Städtebaupolitik sowie der Verwirklichung einer Gesamtkonzeption in der Wohnungsbaupolitik zum Wohle unseres Landes und seiner Bürger wahrnehmen wollen. ({9}) Herr Minister, werten Sie das bitte nicht als einen persönlichen Angriff. Aber glauben Sie im Ernst, die Opposition dieses Hauses würde es zulassen, daß Sie sich bereits jetzt durch ein solches Verhalten indirekt in Bonn abmelden können? Ich verweise auf eine dpa-Meldung vom Montag dieser Woche, wonach Sie angekündigt haben, daß Sie in der Schlußphase des niedersächsischen Wahlkampfes 1978 Ihr Ministeramt hier aufgeben und den Wechsel nach Hannover vollziehen wollen. Ich bin der Meinung, Ihre Aufgabe hier in Bonn ist so schwerwiegend und für unser aller Wohl und unser Land so notwendig und dringend, daß ich Sie bitte, hier sehr eindeutig Stellung zu beziehen. Wenn Sie der Auffassung sind, wöchentlich vier oder fünf Tage in Niedersachsen unterwegs sein zu sollen, bitte ich Sie, zu überlegen, ob Sie nicht sinnvollerweise dieses Amt hier schon jetzt aufgeben sollten, um eine andere Persönlichkeit in dieses Amt zu lassen. Denn die Aufgaben dieses Amtes erfordern die volle Präsenz und die volle Kraft für die gesamte Wohnungsbaupolitik in der Bundesrepublik. ({10})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren! Das Wort hat der Herr Abgeordnete Waltemathe.

Ernst Waltemathe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002419, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle Fraktionen dieses Hauses haben vor acht Wochen, am 21. April, bei der ersten Lesung der Wohngeldnovelle zum Ausdruck gebracht, das Parlament werde einerseits gründlich, andererseits möglichst zügig die Beratungen aufnehmen und abschließen. Es hat sich ausgezahlt, daß wir Praktiker aus Wohngeldstellen verschiedener Orte und Kreise der Bundesrepublik Deutschland als Sachverständige gehört haben. Denn nunmehr können wir ein Gesetz endgültig verabschieden, das im Rahmen des vorgegebenen Finanzvolumens bessere Regelungen für die Bürger enthält, angemessenes Wohnen wirtschaftlich abgesichert zu bekommen. Das Netz sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit wird noch fester geknüpft und wohnungs- und städtebaupolitische Ziele werden durch einige Neuregelungen erreichbarer. In der Debatte zur ersten Lesung hat die Opposition verlangt, und Herr Nordlohne hat es gerade mit dem Antrag auf Vertagung bis zu den Haushaltsberatungen anscheinend aufs neue verlangt, das Wohngeld nicht isoliert zu betrachten, sondern im Zusammenhang einer Gesamtkonzeption der Städtebau- und Wohnungspolitik. Dem können wir nur zustimmen. Denn Wohngeld ist eine wesentliche Säule, aber eben nur eine Säule unserer Gesamtkonzeption. Wie ist die Lage? Die nach unserer Verfassung vorwiegend von den Ländern betriebene und zu betreibende Objektförderung im Wohnungsbau hat Wohnungsnot beseitigt und einen ganz erheblichen Anteil am Wieder- und Neuaufbau unserer Städte und Gemeinden gehabt. Diese Förderungspolitik hat aber auch Probleme mit sich gebracht. Seit rund zehn Jahren gibt es direkte Bauförderung in der Form abnehmender Subventionen, so daß bei Sozialwohnungen durch ein solches neues System der direkten Wohnungsbauförderung Mietsprünge bedingt wurden und bedingt werden. Es kann gar nicht bestritten werden, daß natürlich auch Wohnungsstandards verbessert wurden, daß Wohnflächen vergrößert wurden, daß sich Kredite insbesondere in den Jahren 1970 bis 1974 verteuerten und daß auch Baukostensteigerungen einen wesentlichen Anteil an der Steigerung der Kostenmieten hatten. Aber eben auch der Subventionsabbau führte zu Wohnungsmieten im sozialen Wohnungsbau, die von den breiten Schichten der Bevölkerung zum Teil nicht mehr als tragbar angesehen werden konnten. Es kommt hinzu, daß sich auch kommunale Gebühren kräftig nach oben entwickelt haben, so daß weitere Wohnkostenbelastungen das Einkommen der Wohnparteien in Anspruch nahmen. Nun kann niemand zum Nulltarif wohnen, aber es ist und bleibt die Aufgabe der öffentlichen Förderungspolitik, Wohnen zum Übertarif zu verhindern und jeden Bürger in die Lage zu versetzen, nach seinen Bedürfnissen ausreichend großen und ausreichend ausgestatteten Wohnraum zu mieten oder zu erwerben. Die Gesamtkonzeption der Städtebaupolitik der sozialliberalen Bundesregierung ist eine konsequente Zusammenfassung für die Lösung der wichtigsten Probleme. Erstens. Die Intensivförderung zugunsten besonderer Bevölkerungsgruppen wurde für den Einzelfall wesentlich erhöht. Die Länder erhalten vom Bund Finanzmittel, um den Wohnungsbau für alte Menschen, für Kinderreiche, für Behinderte und für Aussiedler wirksam zu fördern. Zweitens. Das starke Engagement des Bundes bei der Sanierung und bei der Modernisierung vorhandener Wohnungen und ihrer Umwelt macht den in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 16. Dezember 1976 angesprochenen Schwerpunkt deutlich, daß der Bund einen verstärkten Beitrag zur Erhaltung unserer Städte und Gemeinden zu leisten bereit ist. Drittens. Der Bund wird das ausschließlich von ihm finanzierte Regionalprogramm nicht nur weiterhin fortsetzen, sondern in diesem Jahr sogar verstärkt - mit insgesamt 80 000 Wohneinheiten - den Neubau von Miet- und Eigentumswohnungen fördern. Viertens. Die steuerliche Möglichkeit, auch bei Erwerb bestehender Wohnungen den § 7 b des Einkommensteuergesetzes und die Grunderwerbsteuerbefreiung in Anspruch zu nehmen, verstärkt die stadt- und wohnungserhaltende Tendenz der Städtebaupolitik des Bundes und bewirkt außerdem eine Ausweitung der Eigentumsförderung für den Eigenbedarf. Fünftens. Staatliche Wohnungsbauprämien bzw. die steuerliche Begünstigung von Beiträgen an Bausparkassen dienen ebenfalls dem eigentumspolitischen Ziel, vielen Bürgern, die diesen Wunsch haben, zu eigenen vier Wänden zu verhelfen oder ihr schon vorhandenes eigengenutztes Eigentum zu modernisieren und zu verbessern. Sechstens. Das soziale Mietrecht mit seinem Kündigungsschutz und dem Schutz vor ungerechtfertigter Mieterhöhung unterstreicht die Entschlossenheit der sozialliberalen Koalition, die Wohnung nicht als beliebige Ware, sondern als geschützten und schützenswerten Mittelpunkt des Lebens der Bürger zu behandeln und abzusichern. Siebentens. Die vorhin schon erwähnte Förderungssystematik im öffentlich geförderten Wohnungsbau hat dazu geführt, daß gleichartige und gleichwertige Wohnungen je nach Baujahr, Finanzierungsart, Baukostenhöhe usw. unterschiedliche Mieten oder Belastungen aufweisen. Wir alle in diesem Parlament wissen, daß der Bund keine unmittelbaren Kompetenzen hat, diese Mietverzerrungen zu beseitigen. Wir alle in diesem Parlament müssen aber trotz des Fehlens der unmittelbaren Kompetenzen ein Interesse daran haben, daß die zuständigen Bundesländer zügig Regelungen erarbeiten, die zu einer Entzerrung führen. Wir begrüßen, daß der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau in Zusammenarbeit mit den Wohnungsbauministern der Länder die ernsthafte Diskussion auf diese Problematik gelenkt hat. Wir hoffen auch, das alsbald konkrete Vorschläge auf den Tisch kommen, damit nicht Mieter im sozialen Wohnungsbau bei gleichen Voraussetzungen und gleichen Wohnungen unterschiedlich belastet werden. Achtens. Das Wohngeld könnte auch in diesem Zusammenhang ein Instrument sein, das eine ernsthaft betriebene Entzerrungspolitik zumindest flankieren könnte. Wenn man sich diesen Gesamtzusammenhang klarmacht, wird man jedenfalls ohne weiteres feststellen können, daß die Behauptung, es gäbe keine Gesamtkonzeption des Wohnungs- und Städtebaues, nicht ernst zu nehmen ist, sondern aus der Propagandakiste der Opposition stammt. Im übrigen wird diese Opposition nicht glaubwürdiger, wenn sie zur Wohngeldgesetzgebung einerseits feststellt, die Novelle komme zu spät, ({0}) zum zweiten in der 7. Legislaturperiode durch den damaligen Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz, Herrn Dr. Helmut Kohl, klipp und klar erklärte, keine ausgabewirksamen Forderungen zur Debatte zu stellen, wobei ausdrücklich das Wohngeld genannt wurde. Zum dritten brachte sie durch den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein am 1. April dieses Jahres - das war aber kein Aprilscherz - in der 444. Sitzung - das ist auch noch eine Schnapszahl! - des Bundesrates einen Antrag ein, in dem es u. a. heißt - ich darf zitieren -: Der Bundesrat vermag in der gegenwärtigen Situation dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Umfang der materiellen Verbesserungen, die nach voller Auswirkung der Gesetzesänderung im Jahre 1979 Mehraufwendungen von insgesamt rund 700 Millionen DM verursachen werden, nicht zustimmen. In der Begründung heißt es dann weiter: Wesentliche Einsparungen gegenüber dem Regierungsentwurf lassen sich bereits dadurch erreichen, daß die Wohngeldbeträge nicht in dem Umfange, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, angehoben werden. Zum vierten haben wir im Ausschuß erlebt und werden wir - wird haben es eben von Herrn Nordlohne noch einmal bestätigt bekommen - in der nächsten Woche bei den Haushaltsberatungen in diesem Hause erleben, daß die CDU/CSU den Einzelplan auch des Ministers Ravens und seines Hauses ablehnen wird, aber natürlich den Erhöhungen des Wohngeldes zustimmt. ({1}) - Das ist sehr logisch! Es ist nicht unsere Aufgabe, diese Logik klarzumachen. Betrachten wir die von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzesnovelle, die wirklich eine sehr gute Grundlage für unsere Beratungen und kaum verbesserungsbedürftig war, so können wir unter Zugrundelegung der Fassung, die wir dann schließlich im Ausschuß zustande brachten, nachdem wir noch einige Verbesserungen eingebaut haben, mit Befriedigung folgendes feststellen. Erstens. Die Wohngeldleistungen werden erheblich gesteigert. Die Mehrbeträge von 700 Millionen DM werden aber nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt, sondern nach Gesichtspunkten der Gerechtigkeit und der wohnungspolitischen Notwendigkeit. ({2}) Zweitens. An den direkten Förderungsmaßnahmen des Wohnungsbaues und der öffentlichen Wohnungspolitik ist der Anteil des Wohngeldes gestiegen. Das bedeutet, daß der individuelle Förderungsweg, der übrigens meist als der gerechtere bezeichnet wird, gegenüber der Objektförderung an Gewicht gewonnen hat. Drittens. Gerade die größeren Familien, die Eigentum erwerben, finden im Wohngeldrecht eine zusätzliche verbesserte Möglichkeit, die finanziellen Lasten der Abzahlung für dieses Eigentum abzumildern. Viertens. Größere Familien werden nach der Wohngeldnovelle einen prozentual geringeren Selbstbelastungsanteil des Nettoeinkommens tragen als etwa Ein- oder Zweipersonenhaushalte. Fünftens. Die Erwerbstätigen-Haushalte werden gerechter als bisher behandelt, ohne daß andere Haushalte benachteiligt werden. Sechstens. Das Wohngeld leistet indirekt auch einen Beitrag zur Förderung und Erleichterung der Modernisierung von Wohnungen. Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, daß wir als sozialliberale Koalition den Bürgern unseres Landes ein Gesetz zur Verfügung stellen, das Hilfe zur Selbsthilfe anbietet, die soziale Gerechtigkeit erhöht, die Möglichkeiten finanziell tragbaren, gesicherten und angemessenen Wohnens ausweitet und insgesamt einen wesentlichen Beitrag zur Stadterhaltung leistet. Ich möchte für unsere Fraktion den Mitarbeitern und Referenten des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, aber auch den Mitarbeitern unseres Ausschußsekretariats, für die Hilfe, die uns während der Ausschußberatungen zuteil geworden ist, danken. ({3}) Das jetzt zur Schlußabstimmung anstehende neue Wohngeldgesetz ist eines der wesentlichsten Leistungsgesetze, das unmittelbar bei den berechtigten Bürgern auch wirklich ankommt und sich bei ihnen auswirken wird. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion stimmt diesem Gesetz zu. ({4})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002576, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Beiträgen der Sprecher der CDU/CSU hätte man eigentlich erwarten können, daß die Opposition das Gesetz ablehnt, ({0}) denn sie hat ja große Bedenken geltend gemacht. So sehr ich Ihre schwierige Rolle als Opposition auch verstehe und Verständnis für Ihre Pflichtübungen habe, in jedem Fall Kritik zu üben, sollte diese Kritik jedoch konstruktiv und sachlich sein. Herr Nordlohne, Sie vermissen Absichtserklärungen über das Wohngeld in der Regierungserklärung. Ich glaube, Selbstverständlichkeiten sollten in der Regierungserklärung gar nicht aufgeführt werden, denn die Regierung hatte ja einen Auftrag, die Wohngeldnovellierung vorzubereiten. Ich darf Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, auch nach Ihrem Gesamtkonzept für den Wohnungsbau, speziell für den sozialen Wohnungsbau, dessen angebliches Fehlen Sie bei der Koalition ständig bemängeln, fragen. Mit markigen Worten verdecken Sie nicht die eigene Schwäche, keine Alternative zu bieten. Ich bin mir durchaus bewußt - das habe ich auch nie anders vertreten -, daß die hier vorliegende Verbesserung des Wohngeldsystems lediglich unter den gegenwärtigen Umständen ein Optimum darstellt, nicht aber schlechthin die objektiv beste Lösung ist. Das habe ich bereits in der ersten Lesung deutlich gemacht. Nachdem die letzte Anpassung des Wohngeldes fast vier Jahre zurückliegt und in der Zwischenzeit die wirtschaftliche Entwicklung bzw. die Einkommensentwicklung und ebenso die Entwicklung der Mieten weiter fortgeschritten sind, war eine erneute Anpassung notwendig. Der Rahmen hierfür war ohnehin durch die Finanzsituation von Bund und Ländern begrenzt. So war neben der Neubestimmung der Einkommensgrenzen und der Förderungsmaßnahmen in erster Linie die Beseitigung struktureller Verzerrungen geboten. Das ist in einem ersten wichtigen Schritt auch gelungen. Jedoch hat die Entwicklung im sozialen Wohnungsbau insgesamt in den letzten Jahren immer mehr die Notwendigkeit deutlich gemacht, das geltende Förderungssystem zu überdenken. Unter diesen Umständen kommt dem Wohngeld dann natürlich eine besondere Bedeutung zu. Es muß meines Erachtens vermieden werden, daß berechtigte Mieterhöhungen für alle Betroffenen einfach durch höhere Wohngeldleistungen kompensiert werden, wenn das Wohngeld noch seiner eigentlichen Zweckbestimmung gerecht werden soll. Nach Auffassung der Freien Demokraten können die Wohngeldzahlungen nicht ins Uferlose steigen. Heute betragen die Leistungen von Bund und Ländern bereits rund 1,8 Milliarden DM. Die Kosten für 1978 werden um 490 Millionen DM und in den folgenden Jahren um zirka 700 Millionen DM ansteigen. Mit diesem Gesetz sind Ansätze in die richtige Richtung unternommen worden. Haushalte, denen im jetzigen Wohngeldsystem besonders hohe Belastungen zugemutet werden, erhalten wesentlich mehr Wohngeld, werden also entlastet. Dagegen führt die Beseitigung struktureller Verzerrungen bei Wohngeldempfängern, die schon bisher stark begünstigt waren, dazu, daß nur geringe Leistungsverbesserungen eintreten. Meine Damen und Herren, es war ein besonderes Anliegen der Koalition gegenüber der Regierungsvorlage eine stärkere Begünstigung kinderreicher Familien zu erreichen. Aus diesem Grunde ist auch auf Antrag der Koalitionsfraktionen eine Erhöhung der bei der Gewährung des Wohngeldes zugrunde zu legenden Höchstbeträge für Mieten und Belastungen für kinderreiche Familien durchgesetzt worden. Tendenziell werden damit Anreize zum Umzug in größere Wohnungen geboten, ({1}) und es wird zum Abbau von Überbelegungen beigetragen. Als einen weiteren Schwerpunkt der Novelle nenne ich die Vorschriften über die Ablösung des bisherigen allgemeinen Freibetrags von 30 % durch einen differenzierten, stärker am tatsächlich verfügbaren Einkommen ausgerichteten Pauschalabzug. Dieser Abzug beträgt generell 15 % und erhöht sich bei Zahlung von Versicherungsbeiträgen oder Steuern auf 22,5 % sowie bei Zahlung von Versicherungsbeiträgen und Steuern auf 30 %. Es ist noch zu erwähnen, daß den Beziehern von Arbeitslosengeld ein Pauschalabzug von 22,5 % eingeräumt worden ist. Meine Damen und Herren, ich möchte noch die Entschließung der Koalitionsfraktionen ansprechen, in der die Bundesregierung gebeten wird, im nächsten Wohngeld- und Mietenbericht nach Erörterung mit den Ländern Vorschläge vorzulegen, wie für Gemeinden und Ballungsrandzonen, in denen die Mieten vielfach genauso hoch sind wie in den Ballungskernen, für eine gerechte Regelung der Höhe des Wohngeldes gesorgt werden kann und wie der Verwaltungsaufwand und Verwaltungsvollzug des Gesetzes vereinfacht und Verwaltungskosten gesenkt werden können. Weiter stelle ich fest, daß die Reform des Wohngeldes bei einem systematischen Übergang von der Objekt- zur Subjektförderung, der auch von uns gefordert wird, zu einem Zentralthema der Wohnungspolitik geworden ist. Die Belastung der privaten Haushalte durch die Miete nimmt prozentual zu, je geringer das Einkommen ist. Sozialpolitisch wünschenswert wäre es, daß wir den umgekehrten Weg wählen könnten. Eine einer solchen Tendenz entsprechende Wohngeldregelung würde aber nach Preisen, kalkuliert auf der Basis von 1972, zusätzlich etwa 6 bis 8 Milliarden DM erfordern. Das Hauptproblem liegt in der Definition der zumutbaren finanziellen Belastung der privaten Haushalte durch die Miete sowie der Angemessenheit der Wohnungsversorgung hinsichtlich Größe, Ausstattung, Lage und Beschaffenheit. Schon aus finanzpolitischen Gründen sind hier sehr enge Definitionen und auch eindeutige Nachweispflichten unausweichlich. Aus diesem Grunde bin ich der Ansicht, daß Ansätze zur Neuregelung der Subjektförderung und des Wohngeldes gefunden werden müssen. Der bisherige qualitative Ansatz - z. B. bestimmte Wohnflächennormen - und ein Belastungssatz bei einem bestimmten Durchschnittseinkommen reichen nicht mehr aus, da die diesem Ansatz zugrunde liegenden Vorstellungen von sozialer Angemessenheit und Gerechtigkeit diffus bleiben müssen. Fundierte politische Entscheidungen lassen sich wohl nur auf Grund alternativer Modellrechnungen der finanziellen Auswirkungen bestimmter Wohngeldregelungen treffen. Ohne solche Berechnungen können langfristige Konzeptionen nicht entwickelt werden, die im übrigen nur im Zusammenhang mit einer gesamten Neubestimmung der Wohnungspolitik, vor allem im sozialen Bereich, getroffen werden können. Der Lösungsvorschlag der Freien Demokraten bezieht sich deshalb zunächst nur darauf, daß solche alternativen Modellrechnungen aufgestellt werden. - Soviel zum Wohngeld. Nun möchte ich noch einige wenige Anmerkungen zu der Weiterentwicklung des Wohnungsbaus machen, die meines Erachtens notwendig sind, um den Zusammenhang zwischen Wohnungsbau und Wohngeld deutlich zu machen. Ich selbst habe mich bereits im Februar dieses Jahres mit dieser Problematik auseinandergesetzt und einige liberale Positionen aufgezeigt. Gegenwärtig ist der Wohnungsmarkt global ausgeglichen, d. h., die Zahl der Wohnungen entspricht etwa der Zahl der Haushalte. Regionale und vor allem auch soziale Ungleichgewichte dürfen jedoch nicht übersehen werden. Eine Prognostizierung des langfristigen Wohnungsbedarfs ist nur schwer zu treffen. Angestellte Schätzungen schwanken zwischen 400 000 und 500 000 einerseits und 250 000 bis 500 000 Wohnungen andererseits. Noch schwieriger sind konkrete Aussagen für die Bereiche des sozialen und freifinanzierten Wohnungsbaus zu machen. Hinreichend sicher kann lediglich festgestellt werden, daß sich der Trend zum Eigenheim in den letzten Jahren noch weiter verstärkt hat und anhält. Hier sind gerade im freifinanzierten Wohnungsbau, speziell im Bereich des Eigenheimbaus, durch die jüngst verabschiedeten Erweiterungen der Abschreibungsvergünstigungen des § 7 b des Einkommensteuergesetzes bis zu einer Höchstgrenze von 150 000 DM bzw. 200 000 DM und die damit verbundene Grunderwerbsteuerbefreiung auf einen Erwerb von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie auf Eigentumswohnungen rückwirkend ab 1. Januar 1977 weitere positive Schritte nach vorne getan worden. Unabhängig von einer Verstärkung der Eigentumsbildung gehen hiervon auch positive Wirkungen für den Baumarkt aus. Allerdings gilt es auch hier, in Zukunft dafür Sorge zu tragen, daß sich aus einer eventuellen Neukonzipierung der Vermögenspolitik keine negativen Auswirkungen auf die Förderung der Wohnungsbaufinanzierung ergeben. Was den freifinanzierten Mietwohnungsbau angeht, so besteht auf dem Markt noch ein gewisser Bedarf an gut ausgestatteten Wohnungen. Hier fehlt es schon seit langem an einer ausreichenden Investitionsbereitschaft, die zum einen sicherlich auf die nicht nur im Augenblick wenig angemessenen Renditen - wenn überhaupt noch Renditen zu erzielen sind - zurückzuführen sind. Zum anderen kann eine Dämpfungswirkung, die von den mietrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere von dem Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetz, ausgeht, zumindest von vornherein nicht ausgeschlossen oder wegdiskutiert werden. Zwar gilt es, den Bericht der Bundesregierung über die Auswirkung dieses Gesetzes abzuwarten, doch ist es gerade für einen Politiker durchaus legitim und sogar notwendig, sich Gedanken über eventuelle zukünftige Lösungen zu machen. Grundvoraussetzung ist zunächst, daß im Zuge der Stabilitäts- und Konjunkturpolitik der Bundesregierung die Bauwirtschaft aus ihrem Tief herauskommt und mit ihrer verminderten Kapazität ausgelastet wird; aber spezielle Lösungsansätze müssen sich auch auf das Kündigungsschutzgesetz beziehen. Dabei gilt es jedoch sicherzustellen, daß objektiv berechtigte Grundanliegen der Mieter nicht verletzt werden. - Soviel wollte ich zum freifinanzierten Wohnungsbau sagen. Nun folgen einige Bemerkungen zum sozialen Wohnungsbau. Hier gilt es, den in § 25 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes festgelegten Vorrang von Eigentumsmaßnahmen nicht nur zu sichern, sondern auch - im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten - weiter auszubauen. Die bereits eingangs skizzierte Möglichkeit steuerlicher Erleichterungen nach § 7 b und der Fortfall der Grunderwerbsteuer werden sich hier positiv auswirken. Aus diesem Grunde ist auch die Entscheidung des Bundeskabinetts nur zu begrüßen, das Regionalprogramm für das Jahr 1978 unverändert, d. h. mit den gleichen Förderungsmargen und -modalitäten, wie es bisher der Fall gewesen ist, fortzuführen. Ich darf auch noch den Beschluß des Kabinetts nennen, für das Jahr 1977 weitere 30 000 Sozialwohnungen zusätzlich zu finanzieren. Beim sozialen Mietwohnungsbau handelt es sich gegenwärtig um das Kernproblem des Wohnungsbaues überhaupt. Die Situation ist in erster Linie durch ein immer weiteres Auseinanderklaffen der Schere von Bewilligungs- und Kostenmiete gekennzeichnet. Steigende Baukosten und höhere Ansprüche an den Wohnungskomfort vervollständigen das Bild. Um das Loch zwischen Bewilligungs- und Kostenmiete zu schließen, greift der Staat in die eigene Tasche, d. h., er subventioniert, und zwar mit rund 80 000 DM je Wohnung. Seit 1970 wird überwiegend mit dem Prinzip der degressiven Zinssubvention gearbeitet. Hier wird zwar zunächst die Mietbelastung gering gehalten, und auch die öffentlichen Haushalte sind anfangs niedriger belastet, zu einem späteren Zeitpunkt stellt sich die Problematik jedoch wieder in vollem Umfang ein. Hier wird also lediglich ein Wechsel auf die Zukunft ausgestellt. Hinzu kommt, daß die mit jeder Degressionsstufe erhöhte Kostenmiete eines Tages zur Folge haben wird, daß die Mieten auf dem freien Markt zum Teil niedriger als diejenigen im sozialen Wohnungsbau sind. Eine weitere Mietsteigerung durch Wegfall der Grundsteuervergünstigung nach zehn Jahren verstärkt die Situation zusätzlich. Die Mietverzerrungen zwischen einzelnen Sozialwohnungen sind eklatant, und zwar fast ausschließlich auf Grund der je nach Baujahr unterschiedlichen Herstellungskosten. Dies wird in Zukunft sicher nicht anders sein. Schließlich muß auch noch das Problem der Fehl- und Unterbelegung angesprochen werden, d. h. das Problem: das Einkommen von Mietern liegt über der Einkommensgrenze des § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, bzw. Mieter haben mehr Wohnraum, als ihnen zusteht. Um diese Problematik in den Griff zu bekommen, ist es nach Ansicht der Freien Demokraten nicht zu umgehen, auf Dauer eine Umstellung der Förderung von der Objekt- auf die Subjektförderung vorzunehmen. Nur so läßt sich der von uns gesellschaftspolitisch gewünschte Effekt, die individuelle Förderung unter Umständen temporärer Versorgung von sozial Schwachen mit Wohnraum, erzielen und gleichzeitig die Belastung der öffentlichen Haushalte in erträglichen Grenzen halten. Meine Damen und Herren, ich möchte Sie alle von dieser Stelle aus auffordern, sich der hier angesprochenen Problematik voll bewußt zu sein. Der 8. Deutsche Bundestag hat erhebliche wohnungsbaupolitische Probleme zu lösen, die nicht unter dem Aspekt des Eigennutzes oder der politischen Schadenfreude angegangen werden sollten; hierfür sind die Probleme viel zu ernst. Am Schluß meiner Ausführungen möchte ich dem Ministerium, seinen Mitarbeitern und auch den Ausschußbediensteten sehr herzlich für ihre Mitarbeit danken. Vor allen Dingen danke ich der Bundesregierung, daß sie so kurz nach Beginn der Legislaturperiode ein so umfassendes Gesetzeswerk auf den Tisch gelegt hat, so daß das Gesetz rechtzeitig zum 1. Januar 1978 in Kraft treten kann. Die Freien Demokraten stimmen dem Gesetzentwurf zu. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung in dritter Beratung. Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Meine Damen und Herren, in der Drucksache 8/519 liegen noch die Beschlußempfehlungen Nr. 2 und 3 vor. Ich gehe davon aus, daß ich darüber gemeinsam abstimmen lassen kann. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Ich rufe nunmehr Punkt 8 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern ({0}) - Drucksache 8/457 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/611 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl ({2}) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({3}) - Drucksache 8/605

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Abgeordneter Berger Abgeordneter Liedtke Abgeordneter Dr. Wendig ({0}) Eine Ergänzung der schriftlichen Berichte wird nicht gewünscht. Ich danke den Herren Berichterstattern für die vorgelegten Berichte, besonders für die Schnelligkeit; denn die Ausschußberatungen konnten erst heute abgeschlossen werden. Meine Damen und Herren, wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Art. I § 1 Nr. 1 bis 8 auf. Wer den genannten Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ,das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Ich rufe § 1 Nr. 9 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 8/606 unter Ziffer 1 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Dort wird beantragt, die Nr. 2 der Anlage 5 durch eine andere Fassung zu ersetzen. Wird dazu das Wort gewünscht? ({1}) - Entschuldigen Sie, mir war das so von den Fraktionen noch nicht mitgeteilt worden. Aber wir können das machen. ({2}) Ich unterbreche die zweite Beratung und schlage dann vor, daß Herr Bundesminister Maihofer zuerst in der allgemeinen Aussprache das Wort ergreift. - Bitte, Herr Minister.

Prof. Dr. Werner Maihofer (Minister:in)

Politiker ID: 11001414

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Vorlage des Sechsten Bundesbesoldungserhöhungsgesetzes erfüllt die Bundesregierung die ihr verfassungsrechtlich und gesetzlich obliegende Verpflichtung zur regelmäßigen Anpassung der Besoldung und Versorgung. Maßgebend sind die allgemeinen wirtschaftlichen und haushaltmäßigen Verhältnisse für dieses Jahr. Der Gesetzentwurf mußte daher sowohl auf das Gebot einer sparsamen Haushaltsführung als auch auf die Entwicklung in der Wirtschaft und im Tarifbereich des öffentlichen Dienstes und schließlich auf die Entwicklung im Bereich der privaten Wirtschaft und die damit zusammenhängende Kaufkraftentwicklung Rücksicht nehmen. Es war ferner der Grundsatz der verantwortungs- und leistungsorientierten Bezahlung zu beachten. Vorgesehen sind Erhöhungen von Grundgehalt und Ortszuschlag um linear 5,3 v. H. ab 1. Februar 1977, ferner eine einmalige Zahlung bis zu 100 DM sowie für die Besoldungsempfänger bis B 2/R 2 ein Urlaubsgeld bis zu 150 DM. Damit wird der in früheren Anpassungsgesetzen enthaltene Nivellierungseffekt von sogenannten Sockel- oder Mindestbeträgen vermieden, gegen den ich mich immer gewandt habe. Andererseits sind in diesem Vorschlag soziale Komponenten mit enthalten, sieht doch der Entwurf einen Einstieg in ein jährliches Urlaubsgeld vor. Der Anpassungssatz liegt nach Art und Maß auf der Linie der bereits in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes wirksam gewordenen Verbesserungen der Bezüge. Vom Ergebnis her halte ich ihn angesichts der Gesamtsituation, die ich eingangs umrissen habe, für sachgerecht. Im Zusammenhang mit der Besoldungserhöhung müssen ferner als Parallelmaßnahmen die Anhebung der Vergütungssätze für Mehrarbeit und Verbesserungen hinsichtlich der Urlaubsdauer gesehen werden, die jeweils Gegenstand von Rechtsverordnungen der Bundesregierung sind. Auch sie gehören zum Gesamtpaket der Besoldungsanpassung und entsprechen Maßnahmen im Tarifbereich. Aus der gegenwärtigen Diskussion möchte ich für die Debatte des Parlaments folgende Schwerpunkte herausgreifen: Erstens: Anwärterbezüge. Die Bundesregierung ist bei der Absenkung der künftigen Anwärterbezüge in Übereinstimmung mit den Ländern davon ausgegangen, daß die frei werdenden Mittel zur Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen oder auch Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst verwendet werden, und zwar insbesondere in den Bereichen der sogenannten Monopolausbildung. So würde ich es ausdrücklich begrüßen, wenn auch das Hohe Haus diesen Gedanken bekräftigte. Er ist für uns jedenfalls unverzichtbarer Bestandteil dieses sehr schmerzlichen Eingriffs in die gegenwärtigen Anwärterbezüge. Zweitens: Anwärterbezüge für Stufenlehrer. Der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Stufenlehrerlösung zunächst im Anwärterbereich hat der Bundesrat zugestimmt. Ich darf noch einmal hervorheben, daß diese Lösung in keiner Weise die endgültige Einstufung der Stufenlehrer präjudizieren sollte. ({0}) Umgekehrt muß ich mit Nachdruck aber auch vor nicht abgestimmten Sonderregelungen im Länderbereich warnen. Mit der Vorabregelung der Anwärterbezüge der Stufenlehrer hat der Bund begonnen, von seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 a des Grundgesetzes für die Materie Stufenlehrer Gebrauch zu machen. Er will von seiner Kompetenz alsbald auch hinsichtlich der Dienstbezüge der Stufenlehrer Gebrauch machen. Die Bundesregierung appelliert daher nochmals an die Länder, bald eine Einigung über die einheitliche Ausbildung und Verwendung der Stufenlehrer herbeizuführen, damit die Dienstbezüge der Stufenlehrer auf dieser Grundlage abschließend bundesgesetzlich geregelt werden können. Andernfalls könnte die Bundesregierung veranlaßt sein, möglicherweise noch in diesem Herbst wenigstens eine Übergangsvorschrift für die Dienstbezüge der Stufenlehrer vorzuschlagen. Drittens: Vorgezogene Altersgrenze. Die von seiten der Opposition in die Debatte um das Sechste Besoldungserhöhungsgesetz eingebrachte Frage einer einheitlichen Herabsetzung der Altersgrenze in Bund und Ländern ist keine Frage - primär jedenfalls nicht - des Besoldungsrechts. Diese von den verschiedensten Seiten auch für den Tarifbereich in Vorschlag gebrachte strukturelle Maßnahme gehört, wie etwa auch die Frage der Teilzeitbeschäftigung, in den Gesamtzusammenhang der auch für den öffentlichen Dienst in Vorbereitung befindlichen beschäftigungspolitischen Maßnahmen. Es ist allgemeine Überzeugung, daß auch der öffentliche Dienst in den kommenden Jahren seinen angemessenen Anteil am Abbau der Arbeitslosigkeit und an der Schaffung von Ausbildungsplätzen zu übernehmen hat. Dazu bedarf es möglicherweise sehr viel weiterreichender Maßnahmen als der hier isoliert vorgeschlagenen, die sinnvoll zudem nur bei einer parallelen Änderung im Tarifbereich durchgeführt werden könnte. Ich werde schon Ende dieses Monats mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften in ein Grundsatzgespräch über das Gesamtpaket dieser Sofortmaßnahmen eintreten, die zur Arbeitsplatzbeschaffung, aber auch zur Ausbildungsplatzmehrung im öffentlichen Dienst beitragen könnten. Viertens: Strukturverbesserungen für Versorgungsempfänger. Die Art. VII und VIII des Gesetzentwurfs sehen neben der allgemeinen Erhöhung der Versorgungsbezüge eine Erhöhung der Ruhegehälter und der Übergangsgebührnisse der Versorgungsempfänger aus dem Beamten-, Richter- und Soldatenbereich um monatlich 8,65 DM mit anteiliger Weitergabe an die Hinterbliebenen vor. Es handelt sich hier - das muß angesichts gewisser Mißverständnisse gesagt werden - um eine eigenständige strukturelle Maßnahme zugunsten der Versorgungsempfänger an Stelle des Urlaubsgeldes, dessen Übertragung auf diesen Bereich nicht in Frage kommen kann. Wie in der Gesetzesbegründung bereits ausgeführt, stellen diese Zahlungen an Ruhestandsbeamte, frühere Berufssoldaten und frühere Soldaten auf Zeit sowie die anteilige Weitergabe an die Hinterbliebenen einen ersten Schritt in Richtung auf die von DBB und DGB seit langem geforderte volle Weitergabe des Verheiratetenbestandteils im Ortszuschlag an die Versorgungsempfänger dar. Der hier vorgesehene Betrag entspricht durchschnittlich einem Drittel des bisher nicht weitergegebenen Teils des Verheiratetenbestandteils des Ortszuschlages. Die vorgesehene Regelung - das möchte ich noch einmal betonen - bedeutet weder direkt noch indirekt eine Übertragung des Urlaubsgeldes an die Versorgungsempfänger. Die Regelung wird vielmehr von der Bundesregierung aus sozialen Gründen gerade für den Versorgungsbereich für zwingend notwendig gehalten. Sie wissen auch, daß das Bundeskabinett grundsätzlich beschlossen hat, die Entwicklung der Versorgungsbezüge im tariflichen und im gesetzlichen Bereich auf der Grundlage des Treuhand-Gutachtens und der danach erhobenen Vergleichsrechnungen sorgfältig zu untersuchen und die hier aufgetretenen Unausgewogenheiten abzubauen. Im Beteiligungsverfahren haben die Spitzenverbände der Gewerkschaften und Beamtenorganisationen eine Berücksichtigung der Versorgungsempfänger eben in dieser vorgeschlagenen Richtung mit großem Nachdruck gefordert. Ich möchte mich auf diese Schwerpunkte beschränken und Sie insgesamt bitten, dem vorliegenden Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben. Er ist bei aller Kritik, die er auch in der Debatte draußen in der Öffentlichkeit erfahren hat, eine, wie wir meinen, ausgewogene und angemessene Regelung. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Berger. Er begründet gleichzeitig die Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter und dritter Lesung einen Gesetzentwurf, der zur Anpassung der Besoldung an die Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen führen soll, die im Bereich der Privatwirtschaft und im Tarifsektor weitgehend vollzogen ist. Dieser Hinweis erscheint mir schon deswegen notwendig, weil gerade in letzter Zeit die Beamtenschaft wieder häufig mit dem „Privilegien"Gerede konfrontiert wird. In der Sache hat die Opposition besonderen Anlaß gehabt, zu prüfen, ob sich die Regierungsvorschläge im Rahmen des geltenden Rechts halten und insbesondere auch verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung tragen. In diesem Zusammenhang sei eine verfassungspolitische Betrachtung vorangestellt. Art. 33 des Grundgesetzes geht davon aus, daß der Status des Berufsbeamten in unserem Staat zu erhalten und zu festigen ist. Es scheint notwendig zu sein, hieran zu erinnern, da selbst maßgebliche politische Persönlichkeiten den Nutzen des Berufsbeamtentums für das Gemeinwohl in neuester Zeit in Zweifel ziehen. Mir ist es allerdings schon angesichts der zunehmenden Instabilität unserer Gesellschaft unverständlich, wie auch nur der Gedanke aufkommen kann, sich einer Institution zu entledigen, die für eine demokratische Weiterentwicklung unserer Gesellschaft unverzichtbar ist. Nun will ich aber auch einräumen, daß meine Freunde und ich dankbar dafür sind, daß hier und da offen ausgesprochen wird, was andere vielleicht im stillen betreiben, nämlich eine allmähliche Aushöhlung des Berufsbeamtentums durch eine Politik der kleinen Schritte. Hierfür gibt es in der Tat viele Anzeichen. Nehmen Sie das Haushaltsstrukturgesetz mit den den Beamten und Versorgungsempfängern einseitig auferlegten einhergehenden Sonderopfern, wobei gerade sozial schwächere Kreise stärker betroffen waren und sind. Denken Sie an das Paket der Steueränderungen, das gerade heute besprochen wurde und nach dem Willen der Bundesregierung Verschlechterungen zu Lasten der Beamtenschaft vorsieht. Dabei wird die Benachteiligung der Pensionäre und Witwen im Vergleich zu den Rentnern der Sozialversicherung infolge der Besteuerung ihrer Bezüge leider meist außer acht gelassen. Auf der gleichen Linie liegen die Überlegungen in Richtung Sonderabgabe, obwohl uns der Bundesminister des Innern - übrigens auf eine Anfrage der Opposition - eindrucksvolles Zahlenmaterial zu einem eindeutig unterdurchschnittlichen Zuwachs der Beamteneinkommen seit 1970 vorgelegt hat. Gleiche Tendenzen weisen Beschlüsse dieses Hohen Hauses zum 20. Rentenanpassungsgesetz auf, die am 13. Mai dieses Jahres mit den Stimmen der Regierungkoalition zustande gekommen sind. Ich sage das, weil zur Schlußberatung anstehende Gesetzesvorhaben zumindest in Teilregelungen ebenfalls dem Berufsbeamtentum abträgliche Tendenzen aufweist. ({0}) Zunächst stelle ich fest, daß die vorgesehene Gesamtverbesserung der Besoldung und Versorgung nicht einmal 6 % erreicht, während die durchschnittliche Einkommensentwicklung bei den unselbständig Tätigen im Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung mit 7,5 % veranschlagt wird.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege Berger, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Conradi?

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte sehr, Herr Kollege.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verehrter Herr Kollege, würden Sie uns einmal deutlich machen, wie sich Ihre flammenden Bekenntnisse zum Berufsbeamtentum und zu seiner Förderung vertragen mit den ständigen Forderungen Ihrer Partei nach Abbau von Staat und nach Abbau von Funktionen, die bisher von der öffentlichen Verwaltung wahrgenommen werden? ({0})

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es ist eine ganz andere Angelegenheit, Herr Kollege, ({0}) ob man gewisse Leistungen, die der Staat zur Zeit durchführt, hier und da vielleicht auch von privater Hand erbringen kann. Das hat nichts damit zu tun, daß der Großteil der öffentlichen Leistungen für den Bürger auch weiterhin unverzichtbar von Beamten, vom öffentlichen Dienst erbracht werden soll. Das wird von niemandem in Zweifel gezogen. Im Zusammenhang mit dem Gesamtvolumen bedaure ich besonders, daß wiederum die Amtszulagen und Stellenzulagen festgeschrieben bleiben. Das ist schon aus Rechtsgründen zu beanstanden; denn diese Zulagen ergänzen die in den Grundgehaltssätzen der einzelnen Besoldungsgruppen enthaltenen Bewertungen. Letztere werden durch die seit Jahren bestehende Festschreibung zu Lasten der mit Zulagen ausgestatteten Ämter in völlig sachwidriger Art und Weise verschoben. Dabei erinnere ich daran, daß wir uns bei Übertragung der vollen Besoldungskompetenz auf den Bund - das war allerdings schon im Jahre 1971, genaugenommen am 3. März 1971 - darin einig gewesen sind, daß das Zulagen-problem zusammen mit der sogenannten Bewährungsbeförderung beschleunigt gelöst werden müsse. Hierzu gibt es einen Beschluß des Bundestages mit entsprechenden Aufträgen an die Regierung. Statt dessen sind im Haushaltsstrukturgesetz Sparmaßnahmen ohne jedes Konzept getroffen worden. Sie haben erneut Verzerrungen im Besoldungsgefüge zur Folge gehabt, so daß durch eine konzeptionslose Besoldungspolitik der Regierungskoalition Spannungen und Unruhe in den öffentlichen Dienst hineingetragen werden. Wir behalten uns deshalb bei weiteren Besoldungsentscheidungen Anträge zur Lösung dieses Strukturproblems vor. Hierbei denken wir besonders auch an die Empfänger kleiner und mittlerer Einkommen, die bei den Sparmaßnahmen der Regierungskoalition stärker benachteiligt worden sind. Dabei möchte ich ausdrücklich anerkennen, daß in dem vorliegenden Gesetzentwurf wenigstens eine kleine Unebenheit bereinigt wird, die allerdings für die Betroffenen von Bedeutung ist. Die Vertreter der Koalition haben wenigstens diesem einen unserer verschiedenen Anträge in der interfraktionellen Arbeitsgruppe zugestimmt, die Zulage des einfachen Dienstes in Höhe von 28,89 DM auch im Spitzenamt A 5 der Laufbahn des einfachen Dienstes zu geben. Denn niemand kann verstehen, warum bei einer Beförderung die Zulage bisher wegfiel. Mit großer Sorge erfüllt uns, daß nach den Vorschlägen der Bundesregierung und der Koalition erstmalig in der Bundesrepublik im Besoldungsrecht eine echte Kürzung von Bezügen Eingang finden soll. Zugegeben, betroffen sind in diesem Fall erst zukünftig eintretende Beamtenanwärter, deren Besoldung wohl deswegen generell verschlechtert werden soll, weil in der jetzigen Zeit der Arbeitslosigkeit erheblich mehr Bewerber als Stellen vorhanden sind. Aber schon der Gesetzentwurf ließ das Präjudizielle dieses Vorganges erkennen. Die Stufenlehreranwärter für die Primar- und die Sekundarstufe I sollten mit ihren Bezügen auf eine schlechtere Besoldungsposition festgelegt werden als die entsprechenden aktiven Kollegen. Dies, obwohl ihre Ausbildung doch gegenüber der herkömmlichen Ausbildung nach dem Willen der Initiatoren höheren Anforderungen gerecht werden müßte. Nun soll nach den Anträgen des Innenausschusses, die gegen das Votum der CDU/CSU heute angenommen worden sind, diese Verschlechterung noch entscheidend verschärft werden. Die allgemeine Kürzung der Bezüge bei den ab 1. Oktober eintretenden Anwärtern soll durch eine Kappung bei den Beamten im Vorbereitungsdienst auf Amter oberhalb der Besoldungsgruppe A 12 ergänzt werden. Damit mißbraucht die Koalition den Entwurf eines Besoldungserhöhungsgesetzes, um im Handstreich gewissermaßen allein ideologisch begründete Weichen im öffentlichen Dienstrecht zu stellen. Hier wird der Einbruch in tragende Ordnungsprinzipien des Beamtenrechts bewirkt, der weitreichende Konsequenzen für die gesamte Laufbahn- und Besoldungsstruktur haben wird. Die dahinter stehenden Tendenzen sind unverkennbar. ({1}) Wenn hier die Koalition in einem ersten Schritt die Besoldungsstruktur auf Kosten eines Teils der Beamtenschaft radikal verändern will, so hat sie jedenfalls bisher kein sachliches Argument dafür vorgebracht, warum nunmehr die Anwärter für bestimmte Ämter niedriger besoldet werden sollen, Dies in einer Zeit, in der ja gerade die Anwärter des höheren Dienstes durch den zunehmend stärkeren Konkurrenzdruck nur mit besserer Qualifikation und damit besserer Leistung Eingang in den öffentlichen Dienst finden als in den Jahren zuvor. Lehrer des höheren Dienstes, Juristen und auch andere Akademiker müssen ja heute deutlich bessere Prüfungsergebnisse vorweisen als früher. Hierauf paßt die nun so plötzlich von der Koalition - ich nehme zunächst an, gegen Ihren Willen, Herr Bundesinnenminister - beabsichtigte Nivellierung nach unten wie die Faust aufs Auge. Sie bedeutet mit anderen Worten: für höhere Qualifikationen und Leistungen gibt es von nun an weniger Geld, und das können wir uns auch erlauben, weil es euch ja wie Sand am Meer gibt, viele, viele Bewerber. Dies wird gleichzeitig mit einem Aktionsprogramm von Ihnen, Herr Bundesinnenminister, vertreten, in dem vom stärkeren Leistungsprinzip die Rede ist. Die Koalition sagt Leistungsprinzip, meint aber leistungsfeindliche Nivellierung. Jedenfalls kann die CDU/CSU keinesfalls akzeptieren, daß dieses falsche Dogma der Einheitlichkeit nunmehr allen Ländern aufgezwungen werden soll Wenn die Koalition bei diesem Vorhaben bleibt, muß die CDU/CSU dem Gesetzentwurf die Zustimmung versagen. Zur Vermeidung dieser unseres Erachtens falscher Entwicklung hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Änderungsantrag auf Drucksache 8/606 vorgelegt. Mein Kollege Rühe wird später noch auf den bildungspolitischen Zusammenhang dieses Antrags mit den neuen Beschlüssen der Koalition zu sprechen kommen. Im übrigen warnen wir ganz allgemein davor, den Beamten bei weiter steigenden Arbeitnehmereinkommen Gehaltskürzungen aufzuerlegen, wobei wir uns auch gegen ideologiegeladene sektorale Verschlechterungen ohne finanzpolitische Bedeutung wenden. ({2}) Eine solche Besoldungspolitik könnte nur mühsam überwundene zerstörerische Spannungen innerhalb der Beamtenschaft wieder beleben, und dies in einer Zeit der Instabilität in unserer Gesellschaft, in der das Allgemeinwohl einen funktionsfähigen Staatsapparat mehr denn je benötigt. Aus denselben Gründen wenden wir uns auch dagegen, bestimmte Beamtengruppen von der Zubilligung eines Besoldungsbestandteils überhaupt auszuschließen. Ich drücke die bei dem neu einzuführenden Urlaubsgeld vorgeschlagenen Kappungbewußt so abstrakt aus; denn die Gefahr liegt nicht in der konkreten Regelung, sondern in der Absicht, Beamten sachwidrig nur deshalb eine der Besoldung zugeschlagene Begünstigung zu versagen, weil sie Ämter innehaben, die mit bestimmten Verantwortlichkeiten verbunden sind. Dank ist dem Bundesrat dafür abzustatten, daß er beim ersten Durchgang in diesem und auch in anderen Punkten Signale für eine konstruktive Beamtenpolitik gegeben hat. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat daher in Übereinstimmung mit dem Bundesrat den Änderungsantrag auf Drucksache 8/607 vorgelegt, auf dessen besondere Begründung ich sicher verzichten kann. Im Urlaubsgeld steckt aber auch eine weitere in dem Gesetzentwurf nicht gelöste Problematik. Diese Zahlung enthält im Grunde die soziale Komponente der Besoldungsanpassung 1977. Eine solche haben wir auch in der Vergangenheit ständig für notwendig gehalten. Sie weist aber in diesem Jahr erstmals einen schwerwiegenden Mangel auf: Die Versorgungsempfänger bleiben von der sozialen Ausgestaltung dieser Besoldungserhöhung vollkommen ausgeschlossen, obwohl für sie angesichts des oft sehr bescheidenen Einkommens eine Sockelzahlung besonders angebracht wäre. Wir können den Ausbau des Ortszuschlages, der nur den verheirateten Versorgungsempfängern zugute kommt, nicht als Ausgleich für die fehlende Sozialkomponente der Besoldungsanpassung ansehen. Deshalb werden wir uns zukünftig für einen besseren und angemesseneren Weg einsetzen. Bei dem in diesem Gesetz vorgesehenen Urlaubsgeld äußern viele ein gewisses Unbehagen, zumal manche sicher glauben, es handele sich beim Urlaubsgeld um eine zusätzliche soziale Wohltat für den öffentlichen Dienst. In Wirklichkeit ist das von der Bundesregierung vorgesehene Urlaubsgeld in Zukunft als Besoldungsbestandteil zu behandeln. Das ist ein Teil dessen, was notwendig ist, um den öffentlichen Dienst wenigstens in etwa so zu behandeln, wie es der allgemeinen Einkommensentwicklung entspricht. Eine der Fehlentscheidungen im Haushaltssicherungsgesetz war, die bis dahin im Beamtenrecht gegebene Möglichkeit, bereits mit 62 Jahren freiwillig in den Ruhestand zu gehen, zu streichen, und die Grenze auf das 63. Lebensjahr heraufzusetzen. Auch hier hat sich der Herr Bundesinnenminister, Professor Maihofer, leider geirrt, als er annahm, diese Regelung würde auch in den Ländern nachvollzogen werden. Genauso wurde damals von Ihnen, Herr Bundesinnenminister, die Meinung vertreten, durch Wegfall der Bewährungsbeförderung könnte man auch im Tarifbereich zu entsprechenden Vereinbarungen kommen. Glänzender Irrtum! ({3}) Hier ist es nun so gewesen, daß nur das Land Bayern, wo gerade ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren lief, diese Heraufsetzung der Altersgrenze von 62 auf 63 Jahre mitgemacht hat, sie aber inzwischen wieder rückgängig gemacht hat. Als ich Sie, Herr Bundesinnenminister, kürzlich fragte, ob Sie nicht auch in dieser Frage für eine Vereinheitlichung seien, und Sie ja sagten, hatte ich gehofft, daß nun endlich auch der Bund - wie fast alle Länder und Gemeinden - wieder die Möglichkeit schaffen würde, daß Beamte wieder mit 62 Jahren freiwillig in den Ruhestand treten können. Manchmal wird das Argument gebracht: Das können wir bei den Beamten gar nicht machen, denn auch im Tarifbereich gibt es das nicht. Dazu ist zu sagen: Erstens gab es das früher bei den Beamten. Zweitens: Wenn man das im Tarifbereich genau nachempfinden wollte, müßte man sofort bei den Beamtinnen ermöglichen, daß sie mit der Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand treten. Dahin gingen vorübergehend unsere Anträge hilfsweise. Wir haben diesen Antrag auf der Drucksache 8/608 wiederholt. Zusammenfassend stelle ich folgendes heraus. Die Union wird den immer stärker in Erscheinung tretenden Tendenzen, die sich gegen das Berufsbeamtentum richten, nachdrücklich entgegentreten und sich dafür einsetzen, daß der Beamtenschaft die Anerkennung zuteil wird, die sie verdient, zumal in einer Krisensituation, in der sie sich hervorragend bewährt. Die Regierungskoalition hat mit ihren Vorstellungen in diesem Entwurf einen Weg beschritten, den wir nicht mitgehen können. Wir werden daher den Gesetzentwurf ablehnen, wenn die Koalition an ihrem Vorhaben zur Neuregelung der Anwärterbezüge festhält. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Liedtke.

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden es zu ertragen wissen, ({0}) daß die CDU/CSU auch diesen Gesetzentwurf ablehnt. Wir überlassen es Ihnen, das Nein zum Qualitätsmerkmal einer mehr und mehr auf Destruktivität eingestellten Opposition zu machen. ({1}) Herr Berger, zum ständigen Repertoire der CDU und des Deutschen Beamtenbundes gehört die Behauptung, die Sozialdemokraten wühlten in den Innereien des deutschen Beamtentums, um es nach und nach auszuhöhlen. ({2}) Ich will Ihnen nur folgendes sagen: Dieser Gesetzentwurf hat in den finanziellen Auswirkungen die Qualität der Tarifabschlüsse. Was wir ein wenig begrenzen, gleichen wir durch strukturelle Veränderungen in anderen Bereichen aus. Das Ganze lehnen Sie ab. Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da alles ablehnen. Wir grüßen mit diesem Gesetz die deutsche Beamtenschaft und warnen sie gleichzeitig vor der Opposition, ({3}) die Gehaltsverbesserungen für die Beamtenschaft ablehnt und ihre Arbeitsplätze durch Privatisierung wegrationalisieren will. ({4}) Das ist wahrlich kein geeignetes Sprungbrett, um die Sozialdemokraten als Höhlenforscher in den Innereien des deutschen Beamtentums hinzustellen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erhard?

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr.

Benno Erhard (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000485, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich will auf das Wegrationalisieren eingehen. Wer eigentlich hat bei Bahn und Post die Privatisierung weiter Dienstbereiche eingeleitet: wir oder die von Ihnen getragene Regierung, an der Spitze Herr Gscheidle?

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nennen Sie mir mal Fälle von Privatisierung bei der Bahn! ({0}) - Beim Omnibusbereich ist nichts anderes geschehen, ({1}) als daß überlegt wird, dort, wo Bahn und Post parallele Fahrdienste unterhalten, diese zusammenzulegen. Sie verbleiben damit im öffentlichen Dienst. ({2}) - Das ist nicht der Fall. ({3}) - Das ist nicht der Fall. Ich kenne ziemlich genau die Verhandlungen zwischen Bahn und Post, um dort, wo beide fahren, zu einer eigenen Betriebsgesellschaft zu kommen. Jeder Bedienstete dort verbleibt im öffentlichen Dienst. Lassen Sie sich von Herrn Berger aufklären; der weiß das genauso gut wie ich. Ich will es nicht lang machen. Lassen Sie mich feststellen, daß im wesentlichen die Ergebnisse des Tarifbereichs in den Besoldungsbereich übernommen werden und damit jetzt wie stets in der Vergangenheit auch die Beamten am allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung partizipieren. Nie haben Sozialdemokraten diesen öffentlichen Dienst anders gesehen, anders geführt, anders bewertet und anders besoldet. Lassen Sie mich einen weiteren Punkt aufgreifen. Schon heute morgen im Ausschuß fielen richtig schöne plakative Ausdrücke von Nivellierung und Leistungsfeindlichkeit als Gedanken, die die Sozialdemokraten über ihre Besoldungspolitik in den öffentlichen Dienst einführten. ({4}) Herr Berger, entweder Sie sind blind oder Sie wollen es sein. Ich sage Ihnen folgendes: Die Besoldungsstruktur im öffentlichen Dienst ist von A 1 bis B 11 so weit gespreizt, daß ein Mann, der B 9, B 10 oder B 11 hat, durchaus in der Lage ist, mehrere Familien nach A 1 sehr gut zu ernähren. ({5}) Wenn das im Augenblick so ist, nachdem wir Sozialdemokraten zehn Jahre mit in der Regierung sind, ist es doch ein Pseudoschluß, zu sagen: In Wirklichkeit denken Sie aber völlig anders, als Sie in zehn Jahren gehandelt haben. - Das ist doch irre, was Sie da sagen und wie Sie Sozialdemokraten in Denkzwänge hineinbringen wollen, die Ihnen selbst fremd sind. Sie müssen die Platte mal wechseln, damit das wieder ein bißchen glaubwürdiger und nachvollziehbar aussieht. ({6}) Ich will Ihnen ehrlich sagen, vielen Freunden in meiner Fraktion ist diese Schere von ganz unten nach ganz oben ein bißchen arg weit, und sie können das auch sehr gut begründen. ({7}) Wir begrüßen ganz besonders die alte gewerkschaftliche Forderung, den gesamten einfachen Dienst nun mit der Amtszulage zu versehen. Hier gebe ich zu, das wollten wir im Prinzip gemeinsam, und wir haben im Grunde nur auf einen vorbeifahrenden Besoldungszug gewartet, um es draufzupacken; keine Nivellierung - auch, so hoffe ich, in Ihrem Sinne. ({8}) Herr Berger, verstehe ich das, was Sie gesagt haben, eigentlich richtig? Wenn die Fahrstühle im Besoldungsbereich hochgehen, ist das leistungsfreundlich; wenn wir einmal - in Zeiten etwas begrenzter öffentlicher Finanzen - in Bereichen, wo man es erträgt, ein bißchen einschränken, ist das Nivellierung und Leistungsfeindlichkeit. Ich habe - auch im Innenausschuß - sehr genau hingehört. Wenn Sie die Fahrstühle nur hochfahren lassen, kommen Sie in Summen hinein, die Sie als Opposition zwar nicht zu vertreten haben, die aber verdeutlichen, wie lange Sie schon der Regierungsverantwortung entwöhnt sind. Das muß ich dabei auch feststellen. Aus demselben Grunde, aus dem wir zur Anhebung der Einkünfte dort unten fröhlich ja gesagt haben, haben wir auch die Urlaubsgeldregelung begrüßt. Es war ausdrücklich unser Wunsch, daß die Zahlung eines Urlaubsgeldes als einer sozialen Komponente - denn die Schichten mit kleineren Einkommen bekommen dasselbe Geld wie die mit größeren - dort aufhört, wo in etwa auch der Tarifbereich endet. Und hier - das sage ich Ihnen im Gegensatz zu Ihren Vokabeln „systemwidrig" usw.; das sind schicke Formulierungen, kein Mensch weiß, was das ist, aber jeder glaubt, er könne sich dahinter verstecken - bin ich nach meiner Kenntnis auch der Ministerialbürokratie hier davon überzeugt, daß sie mit großem Verständnis einsehen, daß sie von B 3 aufwärts einer sozialen Komponente nicht mehr bedürften. Machen Sie die höheren Beamten doch nicht immer so unkollegial; das sind sie in diesem Maße gar nicht. ({9}) - Bitte!

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Berger.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie, Herr Kollege Liedtke, statt „soziale Komponente" nicht lieber „Besoldungsbestandteil" sagen, weil es den Tatsachen entsprechen würde?

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn ich das lieber sagen würde, hätte ich es getan. ({0}) Damit hätte ich einen Ihrer Anträge begründend abgelehnt. Den Punkt „Durchführung des Urlaubsgeldes bis B 11" hätten wir also hinter uns. Lassen Sie mich noch etwas zu den Anwärterbezügen sagen. Es kommt ja nicht allzu häufig vor und sollte uns aufmerksam machen, daß sowohl der Bundesrat als auch die Bundesregierung, ferner wir selbst - wenn ich für uns sprechen darf - und die Gewerkschaften in Kenntnis der Situation, daß in den nächsten Jahren sehr viele geburtenstarke Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt kommen, und daraus die unmittelbare Verpflichtung ziehend, daß der öffentliche Dienst wesentlich mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze anzubieten hat, eingesehen haben, daß die Anwärterbezüge, gemessen an der Elle „Ausbildungsplätze plus finanzielle Möglichkeiten des öffentlichen Dienstes", in dieser Situation begrenzungsfähig sein müssen. Selbst die Gewerkschaften haben das eingesehen. Es werden also - das haben Sie auch richtig gesagt, Herr Berger - für zukünftige Anwärter die Erwartungskriterien ein bißchen begrenzt. Ich betone noch einmal und folge damit im Grunde der Formulierung Herrn Maihofers: Auch wir Sozialdemokraten möchten sehr eindringlich zum Ausdruck bringen, daß damit die Selbstverpflichtung von Bund, Ländern und Gemeinden, mit diesem eingesparten Geld wesentlich mehr Ausbildungsplätze zu schaffen, ernst genommen und ehrlich durchgeführt werden muß. Dann können wir auch erwarten, daß ein Solidaritätsverständnis dieser jungen Generationen, die jetzt kommen, gefunden wird. Und jetzt noch eine Bemerkung zu dem kritischsten Bereich. Da liegt hier auch ein Antrag vor. Gleich nach der Sommerpause werden wir das Gesetz über die Monopolausbildung dem Deutschen Bundestag vorlegen. Es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein öffentlich-rechtliches Verhältnis sein. Die Bezahlung bzw. die Vergütung der Anwärter wird sich nach Kriterien wie Lebensalter, Familienverhältnissen, kurzum: nach Berechnungselementen zu richten haben, wie man sie z. B. im Graduiertenförderungsgesetz längst mit Erfolg angewandt hat. Das heißt: Es gibt neue Überlegungen, und die haben wir hier schon eingeführt. Ich könnte es so formulieren: Der Anwärter oder der Auszubildende wird im Grunde - auch heute - nicht aus einem Amt heraus bezahlt. Denn er hat ja kein Amt, aus dem er seine Besoldung empfangen könnte. Das bedeutet im logischen Umkehrschluß: Richtig gesehen haben Anwärterbezüge nichts mit den Erwartungen zu tun, welches Eingangsamt der Anwärter in Zukunft beanspruchen kann, falls er im öffentlichen Dienst verbleibt. Das ist der Grundsatz Nummer eins. Grundsatz Nummer zwei: Es wäre sträflich und leichtfertig mit der Verfassung umgegangen, wenn wir das Besoldungsrecht nicht als Folgerecht betrachteten, sondern es als Instrument einsetzten, um in eigener hoheitlicher Verantwortung durchgeführte Bildungsreformen in den Ländern zu blockieren oder aber in eine Form oder in einen Weg hineinzuleiten, den die Länder unter Umständen nicht wollen. Wir dürfen es weder vorwegnehmen noch blockieren. ({1}) - Ich komme auf die Stufenlehrer noch zu sprechen. - Das ist nicht unsere Aufgabe, das kann und darf nicht unsere Aufgabe sein. Der Regierungsentwurf löste bei uns das Unbehagen aus, er könnte - er könnte! - in die falsche Richtung führen, falls noch genügend viele Leute im Bundestag in dem Denkvorgang zu Hause sind, Anwärterbezüge präjudizierten das Eingangsamt. Wir waren mit diesen Denksorgen noch gar nicht fertig, da kam schon der Antrag der CDU/CSU, der die differenzierten Anwärterbezüge im Regierungsentwurf in die differenzierten Besoldungsbezüge fortschrieb. Das heißt: Unsere Bedenken, es gebe noch diese Altvorderen, die diesen Zusammenhang noch herstellen, wurden sehr schnell bestätigt. Ich will das jetzt nicht auswalzen, nur ein Beispiel, das ich heute morgen schon im Innenausschuß gesagt habe: Wenn wir Ihrem differenzierten Besoldungsvorschlag folgten, passierte es in der Praxis, daß in den Ländern, die schon die schulstufenbezogenen Schuleinrichtungen haben, in ein und derselben Klasse mit ein und derselben Erziehungs- und Bildungsaufgabe ein A-13-Mann mit Zulage, ein A-13-Mann und ein A-12-Mann unterrichten - gleiche Tätigkeit, völlig andere Besoldung. Das Grundprinzip, das wir anstreben und immer greifbarer verwirklichen wollen, daß die Bezahlung, die Besoldung aus der Funktion, aus der Tätigkeit heraus zu erfolgen habe, wird hier völlig auf den Kopf gestellt. Deswegen gebe ich Ihnen den Schuh zurück und sage: Ihr Antrag ist systemwidrig, und unser Antrag verhindert diesen Unfug. ({2}) Aber auch das will ich deutlich sagen: Gesamtschulen, ob integriert oder kooperativ, und die dazu ausgebildeten Stufenlehrer gibt es zur Zeit nur in den Ländern, in denen die SPD oder FDP regiert, während in den CDU-geführten Ländern der Schwur auf das dreigeteilte klassische Schulsystem zum Insider des CDU-Denkens gehört. ({3}) - Na ja, gut, aber in der Richtung. Ich sage es ein bißchen plakativ. - Ich habe vorher gesagt: die Länder sind eigenverantwortlich; sie dürfen nicht behindert werden durch einen Besoldungsvorschlag, den wir hier machen. Unser Antrag läßt sie frei. Er regelt die Anwärterbezüge einheitlich. Ich betone noch einmal: Das hat nichts mit einer Präjudizierung für ein zukünftiges Amt zu tun. Weder die A- noch die B-Länder werden gestört. Ihr Antrag ist nackte konservative Bildungspolitik und will den Weg zur Gesamtschule in den A-Ländern blockieren. Das können wir nicht mitmachen, das dürfen wir sogar aus Verfassungsgründen nicht mitmachen. ({4}) - Wir beide sind uns wohl einig in der Hoffnung, daß es nicht auch noch C-Länder geben wird - mit oder ohne Verfassung. ({5}) Wir haben schon unser Kratzen, mit A- und B-Ländern zurechtzukommen. - Kennen Sie diesen internen Ausdruck der SPD nicht? A sind natürlich wir, und B sind Sie. ({6}) - Das ist immer so. ({7}) Damit wäre der Antrag 2 auch erledigt. Zum Antrag 3 darf ich folgendes sagen. Zumindest in diesem Gesetz wünschen wir nicht die flexible Altersgrenze im Besoldungsbereich auf 62 Jahre zurückzuführen. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Ich will Ihnen auch gleich unsere Schwachstelle dabei offen nennen. ({8}) - Ja. Aber bei uns sind die Schwachstellen nicht so gefährlich, weil wir sie selbstkritisch erkennen. Dann ist es ja nicht so wild. ({9}) Zur Sache! Wir ziehen es bei unserem augenblicklichen Überlegungsstand vor, daß der öffentliche Dienst eingebettet ist in die flexible Altersgrenze, die für alle Menschen außerhalb des öffentlichen Dienstes hier im Lande gilt. Und jetzt nenne ich die Schwachstelle: Gleichzeitig sind wir in Überlegungen eingetreten, das auch sauber durchzuführen; denn im Rentenbereich liegt die flexible Altersgrenze für Frauen bei 60 Jahren. Das alles haben wir in der kurzen Zeit noch nicht sauber durchrechnen können. Deswegen lehnen wir den Antrag zu diesem Gesetz ab, kündigen aber an, daß wir überlegen werden, wie wir den öffentlichen Dienst auch in diesem Bereich Bleichfahren können mit der allgemeinen Wirklichkeit draußen im Lande. Lassen Sie mich abschließend feststellen: Mit diesem Gesetz wird der Besoldungsbereich, wie es sich gehört, an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung partizipieren. So war es in der Vergangenheit, und so wird es auch in der Zukunft sein. ({10})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002477, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich kann mich zu diesem Gegenstand nach dem vorhin Gesagten, wie ich glaube, kurz fassen. Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei begrüßt die Regierungsvorlage und wird ihr in der Fassung zustimmen, die der Innenausschuß in der heutigen Sitzung beschlossen hat. Dieses Gesetz ist ein notwendiger Schritt, um im Jahre 1977 die Folgerungen aus der Entwicklung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse zu ziehen. Er knüpft an die Ergebnisse der Tarifverhandlungen an, die für Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes bereits vereinbart sind. Ich will mich im Nachfolgenden auf einige wenige Leitgedanken des Entwurfs beschränken und zugleich betonen, daß mit der Erhöhung der Bezüge um 5,3 % ab 1. Februar 1977, der einmaligen Ausgleichszahlung von 100 DM und dem Urlaubsgeld in Höhe von 150 DM eine sachgerechte Lösung angestrebt wird. Dies zusammen stellt ein Ergebnis dar, das der gesetzlich vorgeschriebenen Anpassung der Beamtengehälter an die wirtschaftliche Entwicklung entspricht. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich, Herr Kollege Berger, alle Bedenken zurückweisen, die meinen, hier werde eine Lösung angestrebt, die den gesetzlich festgelegten Maßstäben nicht entspreche. Die rechtlichen, auch die verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte, sind mit diesem Entwurf voll gewährleistet. Sie, Herr Kollege Berger, haben in diesem Zusammenhang von Tendenzen gegen das Berufsbeamtentum gesprochen. Gut, ich fasse Ihre ganze Erklärung als Tendenz auf; denn grundlegende Fragen des Berufsbeamtentums sind in diesem Gesetz weder angesprochen noch in Frage gestellt. Es besteht überhaupt kein Anlaß, bei diesem Gesetz - es mag so formuliert sein wie die Regierungsvorlage, oder wie der Innenausschuß es vorgesehen hat - diese grundsätzlichen Fragen zu stellen. Das ist Tendenz, Herr Kollege Berger. ({0}) Die Beschränkung des Urlaubsgeldes auf solche Besoldungsgruppen - damit komme ich zu Ihrem ersten Antrag -, die den vergleichbaren Tarifgruppen entsprechen, ist weder aus rechtlichen noch aus sachlichen Gesichtspunkten zu beanstanden. Damit meine ich Ihren Antrag, das Urlaubsgeld ohne die genannte Beschränkung auf alle Besoldungsgruppen auszudehnen. Besonders hervorheben möchte ich die sozialpolitischen Komponenten des Entwurfs in zwei Punkten. Erstens. Die Versorgungsbezüge der verheirateten Pensionäre werden mit anteiliger Weitergabe an die Hinterbliebenen einheitlich um 8,65 DM erhöht. Mit dieser Maßnahme wird ein erster Schritt - das möchte ich ausdrücklich betonen und begrüßen - auf dem Wege eingeleitet, Benachteiligungen der Ruhestandsbeamten u. a. im Verhältnis zu Nettorenten abzubauen. Zweitens. Mit der Amtszulage von 28,89 DM monatlich auch für die Spitzenämter des einfachen Dienstes in A 5 wird eine Unebenheit beseitigt, die durch frühere gesetzliche Regelungen eingetreten war. Dies war, gleich, wer es beantragt hat, Herr Kollege Berger, ein Akt aller Fraktionen. Ich glaube darüber sind wir uns einig. ({1}) Einer besonderen Begründung bedarf die Regelung der Anwärterbezüge. Die Absenkung der Anwärterbezüge für solche, die, wie der Innenausschuß heute beschlossen hat, nach dem 30. September 1977 in den Dienst eintreten, liegt bei aller Problematik für den einzelnen darin, Mittel für die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst freizumachen. Dies gilt besonders stark für den Bildungsbereich, natürlich aber nicht nur für diesen. Dieser Notwendigkeit kann sich im Grunde genommen niemand entziehen. Das Auslaufen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum 30. Juni bzw. mit der Verlängerung zum 31. August 1977 machte es notwendig, die Anwärterbezüge für Lehrer mit in die Regelung des Gesetzentwurfs einzubeziehen. Dies gilt mit Rücksicht auf die Länder, in denen bereits Laufbahnen für Stufenlehrer bestehen oder vorgesehen sind. Der Regierungsentwurf hatte, wie wir wissen, für § 77 eine differenzierte Lösung angeboten, die an den unterschiedlichen Schulstufen orientiert war. Diese Regelung, diese Lösung, hätte für einige Länder zu unvertretbaren Konsequenzen geführt, auf die Herr Kollege Liedtke hier bereits hingewiesen hat. Ich kann das nur unterstreichen. Auf der anderen Seite ist der Bund hier nicht in der Lage, eine einheitliche Besoldungsregelung für die Stufenlehrer vorzunehnehmen. Er will dies auch gar nicht. Die Sonderregelung für Lehrer sollte daher nach den Vorstellungen der Koalitionsfraktionen überhaupt aus dem Gesetz herausgenommen werden, dafür aber für alle Anwärter der Gruppen A 12 his A 13 Z ein einheitlicher Betrag geschaffen werden, der nach A 12 orientiert ist. Diese Maßnahme setzt zugleich auch zusätzliche Mittel frei, die zur Verbesserung der Ausbildungskapazitäten im öffentlichen Dienst zu verwenden sind. Eine Präjudizierung - das möchte auch ich hier ausdrücklich sagen - künftiger Besoldungsregelungen enthält dieser Vorschlag nicht. Ich begreife deswegen nicht ganz, Herr Kollege Berger, daß Sie und Ihre Kollegen einen entsprechenden Entschließungsantrag abgelehnt haben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege Wendig, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Berger?

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wendig, würden Sie denn nicht doch einräumen, daß eine Vereinheitlichung nach unten eine Nivellierung ist?

Dr. Friedrich Wendig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002477, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Nein, dem stimme ich nicht zu. ({0}) Deswegen, meine Damen und Herren, sollte man auch diese Frage von ideologischen Motivationen freihalten, wie sie hier von Ihnen vorgebracht worden sind. Dies ist kein Problem der Bildungspolitik, und, wie gesagt, ein Präjudiz für künftige Regelungen liegt nicht darin. Nun noch ein Wort zu dem Antrag der Opposition betreffend § 42 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes. Ich meine den Antrag, der vorsieht, das Ruhestandsalter wieder vom 63. auf das 62. Lebensjahr herabzusetzen. Herr Kollege Berger, ich stimme Ihnen zu in der Tatsache, daß die Länder der Regelung des Haushaltsstrukturgesetzes mit der Anhebung des Ruhestandsalters auf das 63. Lebensjahr überwiegend nicht gefolgt sind. Das ist ohne Zweifel richtig. Aber ich glaube, das ist hier und heute nicht das Problem. Gleichwohl halten wir dieses Gesetz nicht für geeignet, das Problem des Ruhestandsalters in diesem Rahmen anzugehen. Ich bin mit meinem Kollegen Liedtke der Meinung, daß dieses Problem nicht allein in der Beschränkung auf die Beamten zu sehen und zu lösen ist. Zudem hat der Bundesinnenminister heute wie auch neulich im Ausschuß ausführlich dargelegt, daß er im Bereich der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im öffentlichen Dienst in einem größeren Zusammenhang auch das Ruhestandsalter für Beamte mit in seine Erwägungen einbeziehen wird. Eine solche Entwicklung sollten wir abwarten, weil sie allein sicherstellt, daß diese Fragen in dem richtigen arbeitsmarktpolitischen, dienstrechtlichen und sozialpolitischen Zusammenhang gelöst werden. Für das hier zur Entscheidung stehende Gesetz müssen wir daher diesen Antrag der Opposition ebenfalls ablehnen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Entwurf beschränkt sich auf das sachlich Notwendige. Die anstehenden Fragen werden mit den Veränderungen, die der Innenausschuß vorschlägt, sachgerecht gelöst. Wir empfehlen dem Hause zugleich, eine Entschließung zu verabschieden, die die Erwartung zum Ausdruck bringt, alle öffentlichen Dienstherren - Bund, Länder und Gemeinden - möchten das Freiwerden von Haushaltsmitteln für die verstärkte Einstellung von Bewerbern verwenden, so wie es in der Begründung zum Gesetzentwurf bereits ausgedrückt ist. Diese Konsequenz rechtfertigt für uns allein jene Maßnahmen, die im Bereich der Anwärterbezüge vorgesehen sind. Diese Erwartungen haben alle Fraktionen des Hauses im Innenausschuß einmütig zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus möchte ich Ihre Aufmerksamkeit noch einmal auf die von den Koalitionsfraktionen ausgedruckte Meinung lenken, daß mit der Regelung dieses Gesetzes über die Anwärterbezüge eine I Präjudizierung künftiger besoldungsrechtlicher Regelungen nicht verbunden ist. Die Fraktion der FDP wird daher der Vorlage in der Fassung des Beschlusses des Innenausschusses zustimmen. Die Änderungsanträge der CDU/CSU, zu denen ich eben kurz Stellung genommen habe, lehnen wir daher ab. Abschließend frage ich mich: Ich weiß nicht, ob Sie wirklich wissen, was Sie alles ablehnen, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie diesem Gesetz nicht zustimmen. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rühe.

Volker Rühe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001897, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen über das Besoldungserhöhungsgesetz. Aber es läßt sich wohl nicht bezweifeln, daß es in manchen Aspekten eher ein Besoldungsermäßigungsgesetz ist. Wenn wir uns den Antrag von SPD und FDP im Hinblick auf ein Herunterschrauben der Anwärterbezüge für den höheren Dienst ansehen, so meine ich, daß man sogar von einem ersten Besoldungsnivellierungsgesetz sprechen kann. ({0}) Herr Liedtke, ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie sich gegen den Begriff der Nivellierung wenden. Fragen Sie mal Frau Schuchardt. Sie hat im Bildungsausschuß gestern in schöner Offenheit gesagt, daß man zunächst eine Nivellierung nach oben wollte. Das sei leider zu teuer gewesen. Als zweitbeste Lösung wäre dann die Nivellierung nach unten vorgenommen worden. Mit anderen Worten: Sie wollten in erster Linie die Nivellierung. Sie haben den Weg der Angleichung nach unten gewählt, weil Ihnen eine andere Regelung zu teuer war. Ich finde, Sie sollten sich dann auch in der Öffentlichkeit dazu bekennen, daß für Sie der Gesichtspunkt der Nivellierung Vorrang hat. Sie sollten das hier im Parlament dann nicht auch noch abstreiten. ({1}) - Herr Wendig, wenn Sie sagen, Angleichung nach unten sei keine Nivellierung, dann frage ich mich, worüber wir hier eigentlich noch sprechen wollen. Dann stimmen wir in der Sprache nicht überein. Ich will eine weitere Bemerkung machen. Was sollen eigentlich Anwärter des höheren Dienstes von diesem Bundestag halten, wenn sie ausgerechnet in einem Besoldungserhöhungsgesetz Bestimmungen finden, die ihre eigene Besoldung um bis zu 18 % herabsetzen? Das müssen sie doch als einen blanken Zynismus empfinden. - Ich finde, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, daß es darüber gar nichts zu lachen gibt. Das tritt für die Anwärter des höheren Dienstes in der Tat ein: eine Besoldungssenkung um bis zu 18 %.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege Rühe, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Otto Wittmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002542, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, ist Ihnen aufgefallen, daß Sie von den jetzigen Anwärtern reden und sagen, man wolle deren Einkommen nach unten nivellieren? Ist Ihnen nicht bekannt, daß es hier um Anwärter geht, die nach dem 1. Oktober neu eingestellt werden?

Volker Rühe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001897, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Natürlich ist mir das bekannt. Aber die müssen doch auch leben und wohnen und die Preise bezahlen. Darum geht es doch, daß deren Besoldung in Zukunft im Vergleich zu den bisherigen Regelungen eine Verschlechterung um 18 % erfährt. Darüber können Sie hier doch nicht hinwegtäuschen. Das ist eine ganz miserable soziale Regelung, die Sie hier einführen. ({0}) Herr Liedtke, Sie sagen, das sei keine Nivellierung. Da möchte ich Sie fragen: Wo gibt es eine ähnliche Regelung in den anderen Bereichen des Besoldungsgefüges, wo Sie die Anwärterbezüge nicht auf die Eingangsstufe beziehen? Ausschließlich für den höheren Dienst wollen Sie die Anwärterbezüge nicht auf die Eingangsstufe - A 13 - beziehen. Das ist eindeutig eine Nivellierung, eine unterschiedliche Regelung, im Vergleich zu allen anderen Bereichen ein Sonderopfer. Das lehnen wir in der Tat entschieden ab. Meine Damen und Herren, ich bin von der Fraktion gebeten worden, insbesondere zu den schwerwiegenden bildungspolitischen Konsequenzen dieses Gesetzes Stellung zu nehmen. Ich meine, dieses Gesetz verfolgt bildungspolitisch insbesondere zwei Ziele. Zum einen wird hier angestrebt, die Entwicklung zum Einheitslehrer voranzutreiben. Da hilft auch nicht der treue Augenaufschlag von Herrn Liedtke, man wolle nichts präjudizieren. Herr Liedtke, das nimmt Ihnen doch niemand ab. ({1}) Sie wollen doch weiter den Einheitslehrer entwickeln. Gestatten Sie uns bitte, nicht so naiv zu sein, daß wir darauf hier hereinfielen. Ich sage Ihnen in vollem Ernst: Dies bedeutet einen schweren Angriff auf den Minimalkonsens, den es bisher unter den Kultusministern aller Parteien in den A- und B-Ländern gegeben hat, wo auch die Sozialdemokraten der Meinung unserer Kultusminister waren, daß die Besoldung für die Lehrer der Sekundarstufe II eine andere sein sollte als die Besoldung für die entsprechenden Bereiche. Sie wollen hier den Einheitslehrer durchsetzen. Sie befinden sich damit auch im Widerspruch zu den bisherigen Erklärungen und dem Verhalten Ihrer Kultusminister. Deswegen werden wir diese Regelung niemals akzeptieren können. Vorhin hat hier der Herr Bundesinnenminister erklärt, der Bund gehe davon aus, daß er die Besoldungskompetenz für die Stufenlehrer behalte. Herr Minister Maihofer, ich darf Sie über ein offizielles Schreiben der zuständigen Behörde in Hamburg vom gestrigen Tag informieren, in dem wörtlich festgestellt wird: Die Besoldung der Stufenlehrer soll ab Herbst 1977 von den jeweils betroffenen Bundesländern geregelt werden. Das ist doch ein Unding, daß zu einem Zeitpunkt, wo das Gesetz überhaupt noch nicht verabschiedet ist, die Bundesregierung eine ganz andere Interpretation des SPD/FDP-Antrags vertritt als z. B. die Hamburger Landesregierung. Dies zeigt, daß wir keine Fortschritte in Richtung auf eine Vereinheitlichung machen werden, sondern daß eher die Gefahr einer besoldungsmäßigen Auseinanderentwicklung größer geworden ist. Ich fürchte, daß der Bundesinnenminister ein Papiertiger bleibt, wenn er hier die Bundeskompetenz in Anspruch nimmt und am selben Tage z. B. von Hamburger Seite - das ist eines der drei betroffenen Länder - ihm ganz klar und direkt widersprochen wird. Auch dies ist eine für uns nicht erträgliche Situation. Der wichtigste bildungspolitische Gesichtspunkt liegt aber darin, daß die Koalition dieses Besoldungsgesetz verwenden will, um ein neues Schulsystem vorzuprogrammieren. Sie will dieses Besoldungsgesetz als Hebel zur Zerstörung des gewachsenen Schulsystems verwenden, um ein neues Schulsystem in Form der integrierten Gesamtschule durchzusetzen. ({2}) Man will diese Entscheidung durch die Hintertür, möglichst leise und insbesondere von den Eltern unbemerkt herbeiführen, nachdem in vielen Bundesländern der offene Versuch, ein anderes Schulsystem einzuführen, an der heftigen Gegenwehr der Mehrheit der Eltern gescheitert ist. Ich kann Ihnen nur sagen, wir werden nicht hinnehmen, wenn diese offenen Versuche in Hessen, in Nordrhein-Westfalen, in Hamburg, Ihr Schulsystem einzuführen, an dem erklärten Willen der Eltern scheitern, daß Sie versuchen, auf einem anderen Gebiet, das sehr theoretisch, sehr kompliziert ist, Entscheidungen vorzuprogrammieren und gegen den Willen der Mehrheit dort ein neues Schulsystem zu installieren. ({3}) Daß das keine abstrakte Gefahr ist, läßt sich an vielen Bundesländern beweisen, läßt sich z. B. auch an Hand einer Erklärung des Staatssekretärs Jochimsen beweisen, der schon vor einigen Jahren, am 29. August 1974, erklärt hat: Die angestrebte Stufengliederung des Schulwesens bedingt, daß die Lehrer künftig nicht mehr für Schulformen wie Hauptschule, Realschule und Gymnasium ausgebildet werden. Die Ausbildung muß sich vielmehr nach dem Alter der Schüler und der sich daraus ergebenden Stufenschule richten. Ich meine, dieses ist ein deutliches Wort. Im übrigen möchte ich Ihnen sagen, die Besoldungsprobleme, die Sie mit den Stufenlehrern in den sozialdemokratisch regierten Bundesländern gehabt haben, würden Sie dadurch am besten beseitigen, daß Sie auf die Stufenlehrerausbildung verzichRühe ten, wofür im übrigen heute auch eindeutig pädagogische Gründe sprechen. ({4}) Die pädagogische Meinung über die Stufenschulen geht doch heute dahin, daß sie wirklich nicht das Optimum sind und daß es sich hier um überholte Vorstellungen handelt. Dem müssen Sie auch in der Lehrerausbildung Rechnung tragen. ({5}) Meine Damen und Herren, wir haben einen Änderungsantrag vorgelegt, der, wie ich meine, auch gegenüber dem Regierungsentwurf, so wie er zunächst vorlag, Vorteile hat. Die Koalitionsfraktionen haben ja dann den Regierungsentwurf dem Innenminister schnöde aus der Hand gerissen, ohne daß ich allerdings eine Gegenwehr auf seiten der Regierung erkennen konnte, die in dieser Frage offensichtlich hilflos den Koalitionsfraktionen ausgeliefert ist. Man darf auch die Regierung in ihrem Widerstandswillen nicht überfordern. Ich meine, daß die Tatsache, daß wir die Stufenlehrerausbildung, die Stufenlehrerbesoldung der Anwärter bis zum 31. Dezember 1981 befristen wollen, eben den Vorteil hat, daß hier für die Besoldung eine Präjudizierung vermieden werden kann. Zum zweiten kann dieser Zeitraum genutzt werden - ich meine das sehr ernst -, um endgültige Besoldungsregelungen - Herr Liedtke, Sie können uns ja beim Wort nehmen - erst nach einer Phase der Konsolidierung der Reformüberlegungen zu betreiben. Ich hoffe, daß Sie ein bißchen mitbekommen haben, wie sich in den letzten drei oder vier Jahren die Meinung über bestimmte Reformprojekte dramatisch verändert hat. Es wäre schon ganz gut, wenn man diese Abkühlungsperiode noch einmal hätte, um dann erst die endgültigen Entscheidungen für die Lehrerbesoldung zu treffen. ({6}) Ich darf abschließend noch einmal sagen, daß wir uns entschieden gegen diesen Versuch wenden, bildungspolitische Entscheidungen durch die Hintertür einzuführen und durchzusetzen. Wir fordern weiterhin eine differenzierte Lehrerausbildung und eine Lehrerbesoldung auf der Grundlage eines differenzierten Schulwesens. Die CDU/CSU wird es nicht zulassen, daß die Lehrerbesoldung als Hebel benutzt wird, das gegliederte Schulwesen aus den Angeln zu heben. Wegen der schwerwiegenden Bedenken von CDU/CSU und der ernsten Konsequenzen für unser Schulwesen werden wir deswegen das gesamte Gesetz ablehnen, ohne - Herr Liedtke, da darf ich Sie trösten - daß auch nur ein einziger Beamter annehmen würde, daß wir ihm die lineare Besoldungsverbesserung nicht gönnten. Ich glaube, da unterschätzen Sie die Beamten in unserem Lande. Die verstehen das schon, warum wir aus diesem Grunde gegen das Gesetz stimmen. ({7}) Ich sage Ihnen: das ist so schwerwiegend, daß wir deswegen auch im Bundesrat versuchen werden, eine Korrektur dieser Vorlage durchzusetzen. ({8})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schuchardt.

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion und auch die SPD-Fraktion sind sich darüber einig, daß wir uns langfristig von dem sogenannten gegliederten Schulsystem trennen sollten. ({0}) Wir haben gute Zeugen. An den Gesamtschulen, die in den verschiedensten Ländern bestehen, gibt es Numerus clausus. Es gibt mehr Eltern, die bereit sind, ihre Kinder in Gesamtschulen zu schicken, als wir Gesamtschulplätze haben. ({1}) Dieses ist ein Votum der Eltern, und daran gehen wir nicht vorbei. Da nützen auch die diffamierenden Äußerungen zur Gesamtschule von seiten der Opposition nichts. Wir wollen deshalb den Stufenlehrer haben, und wir wollen es nicht zulassen, daß der Stufenlehrer von dem Lehrerstudenten deshalb nicht angenommen wird, weil er schlechter besoldet wird.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Aber bitte!

Klaus Daweke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000361, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Schuchardt, da Sie den Zulauf zu Gesamtschulen und zu Stufenschulen ansprechen: ({0}) könnten Sie bestätigen, daß es prominente Sozialdemokraten gibt, die ihre Kinder nicht auf diese Schulen schicken, sondern Privatschulen vorziehen? ({1})

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das Schöne an den Privatschulen ist, daß sie meistens in Gesamtschulform geführt werden. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Steger?

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Kollegin Schuchardt, ist Ihnen bekannt, daß maßgebliche CDU-Bürgermeister ihre Kinder auf Gesamtschulen schicken? ({0})

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Man kann auch bei der CDU nicht unbedingt immer nur Unvernunft voraussetzen. ({0}) Es ist von seiten der Lehrergewerkschaft ein wirklich legitimes Anliegen, zu sagen, daß man bei der Anwärterbesoldung - nur darum geht es hier - nicht denjenigen, der besser, der stufenbezogen ausgebildet ist, besoldungsmäßig schlechterstellen sollte. Die Bildungspolitiker in der Fraktion der SPD und bei uns haben deshalb gesagt, daß wir gut damit leben können, wenn man die gesamten Anwärterbezüge auf A 12 festlegt, also auch die für Juristen, und die dadurch freiwerdenden Mittel einsetzt, um den Numerus clausus in der sogenannten Monopolausbildung zu verhindern. Ich meine, dies müßte ein Kompromiß sein, der auch von den Gewerkschaften getragen werden kann. Denn wenn man dadurch den Numerus clausus bei der Monopolausbildung beseitigen kann, ist uns, glaube ich, mehr geholfen und das Risiko gleichmäßiger verteilt. Es geht hier nicht um Nivellierung. Ich habe das Herrn Rühe im Ausschuß klarzumachen versucht. Mir war völlig klar, Herr Rühe, daß Sie dieses Märchen hier wieder vorbringen würden, und mir ist auch völlig klar, daß Sie es im hamburgischen Wahlkampf wieder vorbringen werden. Dennoch werde ich versuchen, das einmal deutlich zu machen. Die Bildungspolitiker aller drei Fraktionen waren sich darüber einig, daß die Unterschiede zwischen den drei Besoldungsstufen für die Fachhochschulabgänger und die Hochschulabgänger dazu führen, daß die meisten Fachhochschulabgänger großes Interesse daran haben, noch ihr Diplom zu machen, damit sie anschließend mit ihrem Anspruchsdenken drei Besoldungsstufen höher eingestuft werden. Wir waren der Auffassung, daß man auf die Besoldungspolitik Einfluß nehmen sollte, um diese weite Schere, die wir haben und die mit eine Ursache dafür ist, daß unsere Hochschulen vollaufen und überlaufen, langsam abzuschaffen. Dies hat niemals unter dem Gesichtspunkt der Nivellierung gestanden. Nur, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn es einmal konkret wird, dann sind die hehren Vorstellungen, auf die man sich vorher einigen konnte, für Sie mit einem Mal nichts mehr wert. Hier geht es nur darum, daß wir versuchen, in bezug auf den Anwärter einen ersten Schritt zu tun. Dies ist keine Präjudizierung für die weitere Besoldung. Das wird noch ein langer Prozeß sein, den wir in gemeinsamer Diskussion bewältigen müssen. Ich kann zum Schluß nur sagen: Die Opposition kommt laufend mit dem Begriff der Staatsquote; sie erklärt, daß gerade im Besoldungsbereich die Ausgaben den Staat zu sehr belasten. Dies ist ein Versuch der Koalition, in bezug auf diejenigen, die die Belastung tragen können, den ersten Schritt zu tun, um nicht immer nur - das möchte ich hier einmal sagen - nach oben zu nivellieren, so daß es für den Staat immer teurer wird, sondern endlich einmal die Leistungsfähigkeit mit einzubeziehen. Hier geht es darum, den Anwärter für den höheren Dienst genauso wie bei allen anderen Besoldungsstufen - einheitlich zu besolden. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Frau Kollegin, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Berger?

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn Sie das als ersten Schritt bezeichnen: Welches wird der zweite sein?

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich will Ihnen das gerne beantworten. Wie ich mich im Ausschuß dazu geäußert und erklärt habe, daß das Bildungssystem durch unser Besoldungssystem stark belastet ist, so haben das auch die Herren Pfeifer und Gölter getan, als sie hier vorne gestanden und vom Besoldungssystem gesprochen haben, das uns das Bildungssystem tothaut. Ich bitte Sie, die Reden von Herrn Pfeifer und von Herrn Gölter einmal nachzulesen. Ich will Ihnen gerne die entsprechenden Passagen anstreichen. Jetzt geht es darum, einmal einen Schritt in die richtige Richtung zu tun, und mit einemmal bricht das ganze, schöne, theoretische Gebäude zusammen. Sie machen nicht mit. Ich kann nur sagen: Hoffentlich haben unsere beiden Fraktionen den Mut, das durchzuhalten. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Da die Änderungsanträge begründet sind, kommen wir zur Einzelabstimmung in zweiter Lesung. Über Art. I § 1 Nr. 1 bis 8 haben wir bereits abgestimmt. Wir kommen nunmehr zu § 1 Nr. 9. Dazu liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU auf Drucksache 8/606 Ziffer 1 vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt. Wir stimmen nunmehr über § 1 Nr. 9 in der Ausschußfassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Wir kommen zu Art. I §§ 2, 3 und 4. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen. Ich rufe nunmehr Art. II auf, und zwar zunächst die Nummern 1, 2 und 3. Wer diesen Bestimmungen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Nunmehr kommen wir zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/606 unter Ziffer 2, nach Nr. 3 eine Nr. 3 a einzufügen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Vizepräsident Frau Funcke Wir stimmen dann über Art. II Nr. 4 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Art. III in der Fassung des Ausschusses auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Art. IV auf, und zwar zunächst § 1. Wer dieser Vorschrift in der Fassung des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Wir kommen zu § 2. Dazu liegt auf Drucksache 8/607 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Nunmehr stimmen wir über § 2 in der Fassung des Ausschusses ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen. Wir stimmen jetzt über die §§ 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 aus Art. IV ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Wir stimmen über Art. V Nr. 1 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Wir kommen zu Nr. 2 des Art. V. Hierzu liegt unter Ziffer 3 der Drucksache 8/606 ein Änderungsantrag der CDU/CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über Art. V Nr. 2 in der Berichtsfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen. Nunmehr stimmen wir über die Nr. 3 des Art. V ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Jetzt stimmen wir über die Artikel 6, 7 und 8 ab. Wer diesen drei Artikeln zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig - ({0}) - Gegen eine Stimme angenommen. Ein Art. VIII a soll nach dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU eingefügt werden. Wir stimmen über diesen Antrag auf Drucksache 8/608 ab. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Wir kommen zu Art. IX. Dazu liegt auf Drucksache 8/606 unter Ziffer 4 ein Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion zu § 4 vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit abgelehnt. Dann kommen wir zur Abstimmung über Art. IX - §§ 1, 2, 3 und 4 - in der Berichtsfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir stimmen nunmehr über Einleitung und Überschrift ab. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur dritten Beratung. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall, Wer dem Gesetz in dritter Beratung zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist mit Mehrheit angenommen. Wir müssen noch über die Ziffern 2 und 3 der Beschlußempfehlung des Ausschusses abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 10 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß und Akt des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung - Drucksache 8/360 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/596 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl ({2}) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({3}) - Drucksache 8/561 Berichterstatter: Abgeordneter Krey Abgeordneter Wittmann ({4}) Abgeordneter Wolfgramm ({5}) ({6}) Meine Damen und Herren, wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. In der Aussprache hat der Abgeordnete Kunz das Wort.

Gerhard Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, der heute in zweiter und dritter Lesung zu beraten ist, will, daß die Abgeordneten des Europäischen Parlaments Kunz ({0}) künftig direkt gewählt werden, also nicht mehr aus der Mitte der Parlamente heraus ernannt werden. Die Verwirklichung dieser großen Zielsetzung ist ein Meilenstein auf dem Wege nach Europa. Der ursprüngliche Elan, für die europäische Idee einzutreten, war fast verlorengegangen. Europa stellte sich mehr und mehr technokratisch dar. Europa war im Bewußtsein vieler Bürger vor allem ein Europa der Direktiven, der Richtlinien, der berühmten Marktordnungen und nicht zuletzt der Präsidenten. Einer in Brüssel zunehmend mächtig gewordenen Bürokratie stand und steht ein leider in vielen Dingen höchst unzulängliches Parlament gegenüber. Die Europäische Gemeinschaft braucht aber ein wirkliches Parlament. Dies setzt direkte Wahlen voraus. Nur so können sich europäisches Bewußtsein und grenzüberschreitender politischer Wille tatsächlich artikulieren. Nur so kann sich ein Gegengewicht zur Technokratie und Bürokratie bilden. Nur über das demokratische Prinzip kann Europa bürgernah werden. Aus all diesen Gründen begrüßt die CDU/CSU- Bundestagsfraktion leidenschaftlich die Ratifizierung des Beschlusses und Aktes des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 und besonders die zentrale Vorschrift über die Versammlung, in Art. 1 der Vorlage, wonach die Abgeordneten der Völker der in der Gemeinschaft vereinten Staaten in allgemeiner unmittelbarer Wahl gewählt werden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird alles in ihrer Kraft Stehende tun, um daran mitzuwirken, daß die Europawahlen, wie vorgesehen, 1978 stattfinden können. Wir pochen auf 1978. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es dabei selbstverständlich, daß der Akt zur Einführung allgemeiner, unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments auch für das Land Berlin gilt. Für uns gehört Berlin genauso zur Europäischen Gemeinschaft wie Bonn. ({1}) Bedauerlich ist allerdings, daß in Berlin keine direkten Wahlen stattfinden werden. Vielmehr werden Abgeordnete aus Berlin für das Europäische Parlament vom Berliner Abgeordnetenhaus gewählt werden. Das Vorhaben eines direkt gewählten Europäischen Parlaments hat eine lange Vorgeschichte, die insbesondere nicht frei von Enttäuschungen und auch nicht frei von Bitterkeit ist. Eine entscheidende Station auf dem Weg zu einem direkt gewählten Europäischen Parlament war die Unterzeichnung der Römischen Verträge am 25. März 1957, die eine spätere Direktwahl vorgeschrieben haben. Hier sind die Namen von drei großen Europäern zu nennen. Es sind Namen von Männern, denen unser besonderer Dank gebührt: Alcide de Gasperi, Robert Schuman, Konrad Adenauer. ({2}) Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verbindet mit der Ratifikation des Aktes über die Direktwahlen durch die Bundesrepublik Deutschland die Hoffnung, daß auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, bei denen die Ratifizierung Schwierigkeiten bereitet - dies sind gegenwärtig in erster Linie Großbritannien und Dänemark; glücklicherweise keineswegs mehr Frankreich -, sich durch die Ratifizierung des Aktes durch den Deutschen Bundestag ermutigt fühlen, ebenfalls alsbald zu ratifizieren, damit die Direktwahlen, wie vorgesehen, 1978 stattfinden und so ein Signal für die europäische Sache setzen können. ({3}) Unsere leidenschaftliche Zielsetzung im Hinblick auf Europa bedeutet kein Ablassen von dem ebenfalls leidenschaftlichen Verfolgen des Zieles der Einheit Deutschlands. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellt dies im Zusammenhang mit der heute eingeleiteten Ratifizierung insbesondere am Vorabend des 17. Juni 1977 eindringlich fest. ({4}) Sicherlich gibt es keinen Automatismus zwischen den Direktwahlen zum Europäischen Parlament und der Einräumung umfassender Kompetenzen für das Europäische Parlament. Auch nach den Direktwahlen ist das Europäische Parlament ein in vielen Dingen nur beratendes Organ. In einigen Bereichen gehen seine Rechte allerdings durchaus über eine beratende Funktion hinaus. Dies gilt insbesondere für den Bereich des Haushalts. Es ist hocherfreulich, festzustellen, daß es durch ein ständiges Ringen so weit gebracht werden konnte, daß der Rat nur in Konsens mit dem Europäischen Parlament über den Haushalt beschließen kann, daß also ohne das Parlament ein Haushalt nicht mehr zustande kommt. ({5}) Dies ist ein Fortschritt. Dies ist Ermunterung, und dies ist Hoffnung. Wir werden alle dafür eintreten müssen, daß nach den Direktwahlen die Kompetenzen des Europäischen Parlaments ständig erweitert werden können. Dies ist eine Aufgabe von erstem Rang. Gerade weil kein Automatismus besteht, wird es eines ständigen Ringens bedürfen. Ich möchte aber schon heute für die Fraktion der CDU/CSU sagen, daß dann, wenn nach Durchführung der Direktwahlen mittelfristig keine entscheidende Erweiterung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments erfolgen würde, dies ein Stehenbleiben auf dem Weg nach Europa wäre, ({6}) ein ernstzunehmendes Stehenbleiben, das in unser aller Interesse nicht eintreten darf. Ich erinnere an die bewegenden Worte, die der belgische Ministerpräsident Leo Tindemans in diesem Zusammenhang fand, als er davon sprach, daß die Direktwahlen und alles, was damit zusammenhängt, die vielleicht letzte Chance für Europa und die Zukunft aller unserer Länder seien. ({7}) Kunz ({8}) Selbstverständlich bewegen uns heute schon die Inhalte eines geeinten Europas. Europa muß eine Gemeinschaft der Freiheit, der selbstverantworteten Freiheit sein. Sie nimmt den ersten Rang ein - nicht nur in unserer nationalen, sondern auch in der europäischen Wertskala. Die Menschenrechte müssen voll realisiert sein. Die Demokratie in Europa muß gestärkt werden. Wir wollen ein Europa der partnerschaftlichen Gesellschaft und der Entwicklung eines menschlicheren und gerechteren Weltwirtschaftssystems, das auf sozialer Marktwirtschaft basiert. ({9}) Die CDU/CSU will die politische Union Europas Stück für Stück weiterentwickeln, wie es Leo Tindemans in seinem Bericht an den Europäischen Rat meisterhaft vorgezeichnet hat. Es gibt zu Europa keine Alternative. Es genügt aber nicht, dies durch Vernunft festzustellen. Die Direktwahlen müssen vielmehr dazu genutzt werden, wieder Begeisterung in den Völkern zu verwurzeln und die Bürger erneut und nachhaltig zu begeistern. ({10}) Jedoch wird schon die Einsicht, daß es schlechthin keine Alternative zu Europa gibt, für den Aufbau Europas konstruktiv wirken. Diese Einsicht drängt sich besonders den heutigen Mitgliedern des Europäischen Parlaments auf, und als ein solches Mitglied des gegenwärtigen Europäischen Parlaments spreche ich hier für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Lösungen in Problembereichen, die uns besonders bedrängen, können nur europäisch sein. Ich füge hinzu: Wenn man im Europäischen Parlament ist, gibt es vieles, was einen enttäuscht; aber es gibt eines, was einen immer wieder bewegt und vorwärtsdrängt. Dies ist die Einsicht, daß es auf eine Fülle von Fragen keine andere Antwort als die europäische Antwort gibt. ({11}) Ich meine, europäische Antworten sind in so zentralen Bereichen wie denen der Wirtschaftspolitik, Arbeitspolitik, Währungspolitik, Energiepolitik, Agrarpolitik und keineswegs zuletzt im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik notwendig. Jeder Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft - hier gibt es keine Ausnahme - ist, für sich genommen, zu schwach. Im Zusammenschluß allein liegen Zukunft, Zuversicht und Sinn. Der Motor dieser sich ständig vervollkommnenden Entwicklung, dieses Zusammenschlusses von Europa, der Motor für ein politisch solidarisches Europa muß das Europäische Parlament sein. Die Direktwahlen sind eine historische Chance. Wir müssen und wir wollen sie nutzen. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zum Schluß für die CDU/CSU zu sagen, daß wir alles tun wollen, die Direktwahlen dafür zu nutzen, um wieder Begeisterung für die europäische Idee in unser Volk und nach Möglichkeit auch in alle Völker der in der Europäischen Gemeinschaft vereinten Staaten zu bringen. Die Direktwahlen müssen Motor sein, um die primär technokratische Betrachtung Europas, die zwar geprägt wurde, aber falsch ist, zu überwinden, damit Europa eine Zukunft hat, die sich auf Bürgernähe und auf Nähe zu allen Völkern in Europa gründet. ({12})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt ({0}).

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion des Deutschen Bundestages begrüßt es, daß es möglich war, das Ratifizierungsgesetz hier noch vor der parlamentarischen Sommerpause einzubringen. Bis auf Großbritannien und Dänemark haben damit - wenn ich jetzt schon davon ausgehen darf, daß dieses Gesetz angenommen wird - alle Länder das Ratifizierungsgesetz verabschiedet, und ich glaube, es besteht auch eine gewisse Hoffnung darauf, daß die Ratifizierungsgesetze in Großbritannien und Dänemark eine Mehrheit finden. Wir haben damit einen wichtigen Schritt voran getan, und ich meine, wenn man darüber spricht, was in diesen neun Ländern passiert ist, muß man die Gedanken auch ein bißchen auf die Länder richten, die sich möglicherweise dieser Gemeinschaft anschließen wollen. Ich glaube, ich darf für die sozialdemokratische Fraktion sehr herzlich begrüßen und erfreut zur Kenntnis nehmen, daß Spanien nach 40 Jahren Diktatur wieder in den Kreis der demokratischen Länder getreten ist. ({0}) Ich beglückwünsche alle Führer der demokratischen Parteien zu ihrem Wahlergebnis, als Sozialdemokrat natürlich ganz besonders Felipe González, der mit seiner Sozialistischen Partei einen sehr schönen Erfolg erzielt hat. Es wird immer wieder gesagt, der Erweiterung stünden unüberwindliche Hindernisse entgegen, und die Erweiterung der Gemeinschaft würde dazu führen, daß alles auseinanderbricht. Ich meine, dieses Argument ist nicht richtig. Ganz im Gegenteil, dieses Argument wird vorgeschoben, um von vorhandenen Schwierigkeiten innerhalb der Gemeinschaft abzulenken. Die Gemeinschaft muß in der Lage sein, diejenigen aufzunehmen, die einen Anspruch darauf haben, weil sie europäische demokratische Länder sind - mit dem Willen, sich den Regeln dieser Gemeinschaft zu unterwerfen. Aus diesem Grunde wird die sozialdemokratische Fraktion alles tun, um sich für den Eintritt Spaniens mit den Übergangsregelungen, die sicherlich notwendig sind, einzusetzen. Die Vorlage dieses Ratifizierungsgesetzes ist allerdings kein Grund zur Euphorie. Ich möchte hier einige Punkte anführen. Natürlich freuen wir Sozialdemokraten uns ganz besonders, daß hier ein weiterer Schritt hin zur Demokratisierung getan wird, nachdem wir Sozialdemokraten in Programmen Schmidt ({1}) und durch wichtige Vertreter unserer Partei bereits seit der Jahrhundertwende den Weg zum demokratischen Europa gefordert haben. Ich erinnere als Bayer insbesondere an Georg von Vollmar, der schon frühzeitig sehr weitreichende Vorstellungen über ein demokratisches Europa entwickelt hat. Die SPD-Fraktion hat diese Tradition sozusagen aufgenommen. Sie hat bereits in der 4. Wahlperiode des Deutschen Bundestages die Erweiterung der Befugnisse des Europäischen Parlaments und die Demokratisierung der Gemeinschaften gefordert. Sie hat 1965, als die verschiedenen Gemeinschaften zusammengeschmolzen werden sollten, aus Sorge davor, daß das Europäische Parlament dabei unter die Räder kommt, weitere Anträge gestellt, um eine Schwächung des Europäischen Parlaments zu verhindern. Sie hat 1971 die Direktwahlen unmittelbar nach der Erweiterung gefordert. Sie sagt den sozialdemokratischen Bundeskanzlern Dank, die wesentlich dazu beigetragen haben, daß Europa unter ihrer Amtsführung auf dem demokratischen Weg einen Schritt weitergekommen ist. Wir hatten als Fraktion allerdings manchmal auch Veranlassung, von Irrwegen abzulenken. Hier erinnere ich an den Entwurf, den die CDU/CSU 1973 eingereicht hatte, in dem sie einen nationalen Weg zur Direktwahl gehen wollte. Wir dagegen haben auf die europäische Karte gesetzt. Ich meine, es war richtig. Unsere Politik hat sich als weitschauend und richtig erwiesen. ({2}) Ich hatte damals Gelegenheit, vor diesem Weg zu warnen. Es freut mich besonders, daß mich meine Fraktion heute wieder reden läßt, so daß ich, darauf zurückkommend, sagen kann: Wir hatten damals doch die bessere Lösung anzubieten. Ich sagte, daß die Vorlage des Ratifizierungsgesetzes kein Grund zur Euphorie sei. Ich begründe das auch damit, daß die Fortschritte in der Ratifizierung zum Teil dadurch erkauft wurden, daß die nationalen Wahlgesetze einfach abgekoppelt wurden. Das haben wir zwar unterstützt - wir unterstützen dies, weil es voranfährt -, aber auf der anderen Seite wollen wir nicht darüber hinwegsehen, daß gerade in diesen nationalen Wahlgesetzen mancher Länder, die verabschiedet werden müssen, die erheblich größeren Schwierigkeiten liegen. ({3}) - Ich denke gerade an England. Sie haben vorhin gegrinst, Herr Lenz; ich halte das für das gute Recht eines Parlamentariers. Ich habe darauf verzichtet, hier eine Erklärung abzugeben. Als ich vorhin von guten Chancen sprach, meinte ich für Großbritannien in erster Linie die Chancen für das Ratifizierungsgesetz. Darüber, wie es mit dem Wahlgesetz steht, kann ich im Augenblick nicht urteilen. Wenn Sie meine Interpretation so verstehen, werden Sie mir wahrscheinlich zustimmen. So war es gemeint. Wir haben keine Veranlassung, irgendwie hochmütig zu sein. Daß es für ein Land wie Großbritannien ganz besonders schwierig ist, diesen Weg zu gehen, ist doch unbestritten. Nun noch folgendes: Nicht daß ich, nicht daß die Sozialdemokraten, die so auf die Erweiterung und auf die direkten Wahlen gedrängt haben, es nicht leidenschaftlich wollten - im Gegensatz zu manchen anderen bemühen wir uns immer darum, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben -, aber angesichts des Standes der Verabschiedung der nationalen Wahlgesetze gibt es doch einige Zweifel - und hier stehe ich in einem gewissen Widerspruch zu dem Kollegen Kunz -, ob der Termin 1978 eingehalten werden kann. ({4}) - Ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, Herr Lenz: Wenn wir das 1973 getan hätten, hätten wir den falschen Weg eingeschlagen. Irrwege kosten immer furchtbar viel Zeit. ({5}) Wir gehen lieber den geraden Weg. - Herr Marx, unter Ihnen hat es doch eine Ostpolitik gar nicht gegeben. Und die Welt besteht eben nicht nur aus dem Westen. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Wenn Sie dort hinfahren, dann merken Sie es auch.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, bitte sehr gerne.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schmidt, betrachten Sie den Mommer-Entwurf aus dem Jahre 1965 auch als Irrweg?

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Lenz, ich hatte auch im Jahre 1973 schon Gelegenheit, dies zu begründen. Im Grunde genommen hatten Sie den Mommer-Entwurf nur abgeschrieben. Auch das ist Ihr gutes Recht. Wenn man selber nicht nachdenken will, bedient man sich der Kreativität anderer. ({0}) Aber eines muß ich Ihnen sagen, Herr Kollege Lenz. Es war so, daß der Kollege Mommer - - Herr Kollege Lenz, ich versuche, Ihnen zu antworten. Sie werden meine Antwort so kaum hören. Ich gehe immer davon aus, daß ein Parlamentarier, der fragt, auch eine Antwort hören will. Als der Kollege Mommer für die SPD-Fraktion den Entwurf einbrachte, bestand allerdings einiger Anlaß zur Sorge, weil dies mit der Verschmelzung der drei Gemeinschaften zusammenfiel. Die Sorgen darüber, daß das Europäische Parlament dabei zu kurz komme, wurden damals nicht nur von Sozialdemokraten vorgetragen, sie wurden vielmehr - das können Sie gern nachlesen - von allen Fraktionen dieses Hauses geteilt. Schmidt ({1}) Gescheitert ist das ursprünglich eigentlich nicht an den Parlamentariern. Dort bestand breite Übereinstimmung, daß das in dieser Situation vielleicht ein Weg sein könnte. Gescheitert ist das damals eigentlich an der Regierung. Der Kollege Carstens hat damals hier als Staatssekretär Argumente vorgetragen, warum dieser Weg nicht beschritten werden sollte. Ich meine allerdings, es bestand ein gewaltiger Unterschied zwischen jener Krisensituation und der Situation, die wir im Jahre 1973 vorgefunden haben, als sich in etwa bereits abzeichnete, daß dieser Weg falsch sein würde. Es geht mir nicht darum, recht zu haben, sondern ich möchte nur begründen, warum ich das etwas anders sehe. - Die Antwort war etwas lang. Ich weiß nicht, Frau Präsidentin, ob mir das auf die Redezeit angerechnet wird.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, wir wollen es nicht anrechnen. Gestatten Sie noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Lenz?

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, bitte.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schmidt, wenn es schon im Jahre 1965 notwendig war, die deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments direkt zu wählen - das war ja der Antrag der SPD-Fraktion, der Mommer-Antrag -, welche Entwicklungen haben dann bis 1973 dazu geführt, daß diese Notwendigkeit von 1965 überflüssig wurde?

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es konnte dann sichergestellt werden, Herr Kollege Lenz, daß durch die Verschmelzung praktisch die Rechte des Parlaments voll gewahrt wurden, was nicht von Anfang an sicher war. „Voll gewahrt" klingt etwas zynisch angesichts der Rechte, die dieses Parlament tatsächlich hat. Ich sollte vielleicht neutraler sagen: Der Status quo des Parlaments konnte gewahrt werden, nachdem vorher eine gewisse Gefahr bestand, daß dieses Parlament abgedrängt würde, nachdem einige dieser Gruppen vorher überhaupt keine parlamentarische Kontrolle kannten. Der Unterschied war eben der, daß diese unmittelbare Gefahr beseitigt war und im Jahre 1973 nicht mehr bestand. Ich habe gesagt, daß bestimmte Zweifel an dem Termin 1978 durchaus angebracht sind. Wenn wir einen Kompromiß finden zwischen dem Termin, den das Europäische Parlament vorgeschlagen hat, und dem, den der Rat vorgeschlagen hat, nämlich einen Termin zwischen 1978 und 1980, dann ist das zwar schmerzlich, aber kein großes Unglück. Es ist besser, wir führen diese Wahlen dann durch, als durch übergroße Eile eine möglicherweise noch sehr viel größere Verzögerung in Kauf zu nehmen. Es gibt einige weitere Gründe, warum wir keine Euphorie verspüren. Diskussionen in anderen Ländern, die die Zustimmung davon abhängig machen, damit begründen, daß das Parlament keine weiteren Befugnisse bekommen soll, halten wir für außerordentlich gefährlich. Dies ist nicht die Auffassung der deutschen Sozialdemokraten. Deutsche Sozialdemokraten halten auch ein Diskussionsgremium für sinnvoll, aber sie meinen, daß ein Gremium, in dem angenehm und auch sachlich fundiert diskutiert wird, noch lange nicht die Bezeichnung „Parlament" verdient. Ein Parlament ist nicht nur ein Diskussionsorgan; in einem Parlament müssen Entscheidungen gefällt werden können. Ohne diese Entscheidungsbefugnis kann man nicht von Parlament reden. ({0}) - Ich habe ja einen bayerischen Sozialdemokraten zitiert, bevor Sie gekommen sind, Herr Stücklen. Ich hätte das noch ausgedehnt, wenn ich Sie hier als Vertreter der CSU gesehen hätte. ({1}) -- Ja, ich weiß, wirklich eindrucksvolle Zitate, Herr Marx, machen Ihnen manchmal Schwierigkeiten. ({2}) Der Zustand der Gemeinschaft ist ein weiterer Punkt, über den wir nachdenken müßten. Es gibt zweifellos einige positive Punkte. Die Gemeinschaft hat sich, vor allen Dingen was ihre Wirkung nach außen hin betrifft, zum Teil recht positiv entwickelt. Ich nenne die gemeinsame Delegation beim Nord-Süd-Dialog. Ich meine auch, daß die Vorbereitung der KSZE-Konferenz überraschend gut funktioniert hat. Manchmal denke ich im Hinterkopf ein bißchen darüber nach, wie es gewesen wäre, wenn wir eine andere Regierung hätten, ob es dann auch möglich gewesen wäre, in der Vorbereitung der KSZE-Konferenz eine europäische Einigung zu erzielen. Vielleicht hätte dann ein Land - und das wäre bedauerlicherweise das unsrige gewesen - in einer gewissen Isolation gestanden. Es gibt weitere Punkte, die ich nur ganz kurz anreißen kann. Bei der Seerechtskonferenz haben sich die Beziehungen und die Abstimmung zunehmend gebessert. Auf das Lomé-Abkommen und anderes mehr kann ich aus Zeitmangel nicht eingehen. Ich meine, daß man, was die politische Zusammenarbeit angeht, von guten Erfolgen sprechen kann. In anderen Bereichen gibt es eher eine recht triste Bilanz. Ich denke z. B. an die Agrarpolitik. Herr Kollege Kunz, Sie haben gesagt, es müsse eine gemeinsame Politik betrieben werden. Das will ich nicht bestreiten; aber Überschußproduktion und Sicherung der Einkommen, ohne daß die Strukturen der europäischen Agrarpolitik nennenswert verbessert werden, sind auf die Dauer nicht der richtige Weg. Wenn man dafür 70 % des Haushalts der Gemeinschaft aufwendet, dann, glaube ich, ist das der falsche Weg. Wir Sozialdemokraten könnten uns eine sinnvollere Verwendung der Mittel vorstellen. ({3}) - Sie haben ein paarmal gerufen, da sei irgend etwas unsachlich. Ich gebe Ihnen auf Ihren Zwischenruf sehr ungern eine Antwort, weil ich Sie in Schmidt ({4}) Ihrer Eigenschaft als mein Ausschußvorsitzender als einen sehr sachlichen Menschen kenne. Wenn Sie aber der deutschen Regierung - der jetzigen oder auch einer früheren - vorwerfen, daß sie nicht alle europäischen Probleme lösen konnte, dann glaube ich, sollten Sie bedenken, wie es institutionell zugeht. Ich glaube, daß ich darauf nicht näher einzugehen brauche. (Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/ CSU]} Wir haben eine ganze Reihe ungelöster Probleme, die zu einem großen Teil durch die Immobilität des Rates hervorgerufen werden. Diese Immobilität des Rates trägt auch nicht unwesentlich zu der Europaverdrossenheit bei, die wir im Parlament haben. Ein Europa der Bürokraten ist ein Europa ohne Zukunft. Wenn wir über die Ratifizierungsgesetze reden, müssen wir über die Schwierigkeiten sprechen, die Wähler zu mobilisieren. Das, worüber heute in Europa diskutiert wird, ist zu einem großen Teil nicht dazu geeignet, die Arbeitnehmer, die Rentner, die Hausfrauen an die Wahlurne zu bringen. Ich kann mir vorstellen, daß der Bauer zur Wahlurne geht, weil er weiß, daß da unmittelbar über seine Probleme entschieden wird. Es gibt aber eine Reihe von Dingen in Europa, die wir erst aufbereiten und an die Leute heranbringen müssen, damit diese zur Wahl gehen. Es ist ein gutes Arbeitsmotto, das sich die Sozialisten, die ein gemeinsames Programm erarbeitet haben - die Christdemokraten sind noch nicht so weit -, gewählt haben: „Wir bauen das Europa der Arbeitnehmer." ({5}) Es gibt dazu eine Reihe von Punkten, auf die ich gerne noch eingegangen wäre. Es geht aber leider jetzt nicht mehr. Zum Abschluß möchte ich nur noch auf etwas eingehen, was der Kollege Kunz gesagt hat. Ich stimme ihm im Grunde voll zu. Wenn wir die Wahlen durchführen wollen, müssen wir die Wähler mobilisieren, müssen Argumente an sie herantragen. Es liegt eine Chance darin, mit diesen Wahlen den Wählern Europa näherzubringen; aber ich möchte vor einem warnen: Dies kann nur mit einem argumentativen Wahlkampf geschehen. ({6}) - Falls Sie darauf aus sein sollten, den Wahlkampf unter dem Motto „Freiheit oder Sozialismus" zu führen, werden Sie diese Chance bei den europäischen Wahlen mit Sicherheit verschütten. ({7}) Vielleicht beantworten Sie uns dann auch die Frage, wie Sie es mit Ihren italienischen und sonstigen Freunden halten, die ganz eigenartige Zusammenkünfte haben. ({8}) - Ich habe Sie leider nicht verstanden, Herr Kollege Marx.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Würden Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Marx beantworten?

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schmidt, dürfte ich fragen, ob Sie Ihre Aufforderung auch an Ihre eigenen Kollegen richten, die, wenn ich recht unterrichtet bin, in elf Regionen in Italien eine Koalition mit den Kommunisten gebildet haben?

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wissen Sie, regionale Bündnisse, die zum Teil da und dort aus der örtlichen Situation heraus entstehen, sind, wenn ich es gewichte, nicht annähernd so einzuschätzen, als wenn sich ein christdemokratischer Ministerpräsident bei allen wichtigen Entscheidungen mit dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei abstimmen muß. Vielleicht kann er nicht anders; ich rechte nicht darüber. Ich meine nur, daß Sie als Partner der Christdemokraten in Italien in einem Glashaus sitzen, was Sie vorsichtiger machen sollte, wenn Sie auf andere mit Steinen werfen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Hassel?

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte. von Hassel ({0}) : Ist Ihnen bekannt, Herr Kollege Schmidt, daß die gemeinsame Regierung der Christdemokraten, der Sozialdemokraten und der Sozialisten in Italien durch den Auszug Ihrer politischen Freunde geplatzt ist, und daß diese nur dann bereit sind zurückzukehren, wenn die Kommunisten mit von der Partie sind? ({1})

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wissen Sie, meine politischen Freunde haben mit den Christdemokraten Italiens die Erfahrung gemacht, daß überhaupt nichts vernünftig geregelt werden kann, und daß sie dann nach irgendeiner Zeit gegangen sind, nachdem sie unendlich lange versucht haben, dort vernünftige Politik zu treiben, kann ich ihnen nicht übelnehmen. ({0}) Ich möchte abschließend noch folgenden Satz sagen. Ich meine - ich sage das als Aufforderung und nicht als Polemik -, alle politischen Parteien in Europa sollten tatsächlich darauf hinwirken, daß wir, wenn wir wählen, sei es im nächsten, sei es im übernächsten Jahr, tatsächlich die Chance benutzen, Europa sachlich, fair und für Europa nützlich auf die Tagesordnung zu bringen. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgramm.

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich bedauere es ein Wolfgramm ({0}) wenig, daß das Haus an dieser Debatte nicht so Anteil nimmt, wie es auch nach außen dieser Debatte angemessen wäre. ({1}) - Ich nehme meine eigenen Fraktionskollegen nicht aus. - Aber ich sehe den harten Kern der Europäer hier sitzen. Die Bilanz am 20. Jahrestag der Europäischen Gemeinschaft ist gut: Die Handelsschranken sind gefallen, die Freizügigkeit der Menschen ist hergestellt, und die Wirtschaftskraft der Gemeinschaft ist gestärkt. Trotzdem war es ein langer und mühsamer Weg von 20 Jahren, bis sich das Gebot der Römischen Verträge nunmehr zu erfüllen scheint, ein gemeinsames direkt gewähltes Parlament zu konstituieren. Die EG hat große Schwierigkeiten gehabt, und wir sind - ich glaube, wir können das auch sein - etwas stolz darauf, daß die Hilfen der Partner untereinander, bilateral, multilateral, in wichtigen Krisensituationen - ich denke z. B. an die Ölkrise - dazu beigetragen haben, diese Gemeinschaft über schwierige Runden hinwegzuführen. Ich nehme dabei auch nicht aus, daß den seinerzeit sicher ernst gemeinten Vorschlägen, mögliche Abkoppelungen aus wirtschaftlichen Gründen zeitweise vorzunehmen, nicht gefolgt wurde. Die Einheit Europas wird nicht mehr vorwiegend ökonomisch, sondern sie wird gesamtpolitisch bestimmt sein. Lassen Sie mich am Rande vermerken: Die Rindfleischbasis, bereits durch Zeus und Europa begründet, wird nicht mehr das vorherrschende Element der Verhandlungen sein. So wird Europa nach unserer Meinung eine pluralistische, eine demokratische und eine freiheitliche Einheit werden. Aber die Verwirklichung der Direktwahl wird auch eine Verstärkung der Motivationen bewirken - und sie wird sie bewirken müssen -, um die Europaidee beim Bürger zu erneuern, übrigens auch bei uns. Die Position der Überleitung in die Rechte der Bürgerbeteiligung zu einer echten Europademokratie in einer Europäischen Gemeinschaft müssen wir nach außen deutlich machen. Die Direktwahl wird die Parteien anspornen und anspornen müssen, sich zu aktivieren, um eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen. Ich meine, das muß ein Ziel sein, das uns unabhängig von der politischen Aussage, auch unabhängig von dem Modus der Wahl selbst motivieren muß, hier alle Anstrengungen zu unternehmen. Das gilt für die Opposition und Koalition, für Liberale, Sozialdemokraten und Christdemokraten. Europa muß Angelegenheit einer breiten Öffentlichkeit werden. Ich meine, daß die Medien hier aufgerufen sind, das Ihre dazu beizutragen, um diese Motivation deutlich nach außen zu artikulieren. Dem Bürger Europas muß bewußt werden, daß seine eigene Zukunft, daß sein Schicksal eng mit der Zukunft und dem Schicksal der Gemeinschaft verbunden ist. Das Ratifizierungsgesetz hat die Assemblée Nationale passiert, sicher nicht in der optimalen Form, aber gegen alle Unkenrufe doch in wirkungsvoller Weise. Es wird kein Mißtrauensvotum eingelegt werden, wie erklärt worden ist. Wir hoffen, daß auch Großbritannien diesen Weg beschreiten wird. Wir vertrauen dabei auch auf die britischen Liberalen, die in entscheidenden und wichtigen Stunden zu Europa gestanden haben, sowohl beim Europa-Referendum als auch jetzt in einer Zusammenarbeit mit Labour. Wir beglückwünschen die Spanier, daß es ihnen gelungen ist, in großer Verantwortung nach so langer Zeit der Diktatur ihre erste Wahl in einer demokratischen Form durchzuführen. ({2}) Wir meinen, daß dieser Weg zur Demokratie damit einen ganz besonders hoffnungsvollen Aspekt gewonnen hat. Wir werden das besonders intensiv berücksichtigen und werten, wenn bei Beitrittsverhandlungen die Frage der ökonomischen Probleme auftritt. Wir möchten hier ganz deutlich machen, daß für uns Liberale die ökonomischen Probleme nicht den Hauptpunkt für die Beitritte darstellen, sondern daß die Wertung der demokratischen Position absoluten Vorrang hat. Wir sehen diese Entwicklung ebenfalls in Griechenland und Portugal. Wir meinen, daß diese drei auf einem guten Weg zu Europa sind. Aber ich möchte hier an dieser Stelle auch sagen, daß der Weg weiter zum Europa der Gemeinschaft nicht bedeuten darf, daß wir andere Staaten Europas, andere Demokratien Europas, die nicht Mitglied der EG sind und es auch aus ihrer politischen Situation heraus nicht sein können, vernachlässigen. Wir werden uns für eine intensive und weitere Zusammenarbeit der Europäischen Gemeinschaft gerade mit diesen Staaten einsetzen. Ich nenne hier Osterreich und die Schweiz nicht abschließend, sondern nur als Beispiele. Die Kompetenzen sind schon angerissen worden. Die Direktwahl alleine reicht natürlich nicht aus. Es müssen weitere Kompetenzen für das Parlament folgen. Die politische Kontrollbefugnis muß die klassischen Haushaltsrechte enthalten, sie muß das Initiativrecht für Gesetze enthalten, und sie muß schließlich die Rechte für die Ausarbeitung einer europäischen Verfassung bekommen. Gerade das letztere ist sicher schwierig zu bewältigen. Erst dann hat das Europa-Parlament seinen Namen zu Recht. Jedes Parlament, meine Damen und Herren, hat in der Vergangenheit seine Rechte von den jeweiligen Trägern der staatlichen Gewalt hart erkämpfen müssen. Dies wird zu Konflikten führen: zu Konflikten mit den nationalen Parlamenten und wohl auch zu Konflikten mit dem Deutschen Bundestag. Aber wir erwarten, daß ein von den Bürgern direkt gewähltes Europa-Parlament diese seine Rechte fordert und seine Befugnisse verlangt. Wolfgramm ({3}) Wir meinen, daß das Europa-Parlament seine Kompetenzen voll ausschöpfen muß. Wir wollen sie ihm geben. Wir wollen dem Europa-Parlament helfen. Das sind nicht nur Worte, sondern das ist die Beschlußlage der Föderation der liberalen und demokratischen Parteien in der EG in unserem Programm. Wir verabschieden heute den einen Teil des Pakets der Europa-Wahlgesetze. Das Europa-Wahlgesetz und das Europa-Abgeordnetengesetz werden erst im Herbst dem Bundestag zur zweiten und dritten Lesung vorliegen. Ich für meine Person bedaure, daß das Paket nicht gemeinsam verabschiedet werden konnte. Aber ich sehe bei der kontroversen Auffassung zu diesen Teilen der Europa-Gesetze die Bedenken, die gegen eine Eile in Wahlrechtsfragen sprechen. Ich möchte aber ausdrücklich an die Mitglieder des Hauses appellieren, die Beschlußfassung nicht zu verzögern und damit den Wahltermin 1978 nicht in Frage zu stellen. Wir Freien Demokraten wollen ein demokratisches Europa, wir wollen ein Europa der Bürger, und wir wollen beides bald. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung und verbinden die Einzelabstimmung in zweiter Lesung zu Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift mit der Schlußabstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe nun den Zusatzpunkt der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes - Drucksache 8/466 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/597 Berichterstatter: Abgeordneter Glos b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ({1}) - Drucksache 8/580 Berichterstatter: Abgeordneter Burger ({2}) Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Beratung wird ebenfalls nicht gewünscht. Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift zur Abstimmung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Wir haben noch über Punkt 2 der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit abzustimmen. Der Ausschuß empfiehlt, die zu dem Entwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen für erledigt zu erklären. - Ich höre und sehe keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Übereinkommen vom 8. November 1968 über den Straßenverkehr und über Straßenverkehrszeichen, zu den Europäischen Zusatzübereinkommen vom 1. Mai 1971 zu diesen Übereinkommen sowie zum Protokoll vom 1. März 1973 über Straßenmarkierungen - Drucksache 8/178 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({3}) - Drucksache 8/486 Berichterstatter: Abgeordneter Straßmeir ({4}) Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Einzelabstimmung über Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift in zweiter Lesung und verbinden mit der Schlußabstimmung. Wer diesem Übereinkommen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Juli 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Arabischen Republik Ägypten über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Drucksache 8/172 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({5}) - Drucksache 8/540 Berichterstatter: Abgeordneter Scheu ({6}) Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Beratung wird nicht gewünscht. Wir stimmen in zweiter Beratung über die Artikel 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift ab und verbinden damit die Schlußabstimmung. Wer dem Abkommen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Vizepräsident Frau Funcke Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 23. Juli 1975 über den vorläufigen Beitritt Kolumbiens zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen - Drucksache 8/170 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({7}) - Drucksache 8/572 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Luda ({8}) Der Herr Berichterstatter wünscht nicht das Wort. Das Wort zur Beratung wird ebenfalls nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Artikel 1, 2, 3, 4, Einleitung und Überschrift und verbinde die Abstimmung in zweiter Beratung mit der Schlußabstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 11. Mai 1975 zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl einerseits und dem Staat Israel andererseits - Drucksache 8/175 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({9}) - Drucksache 8/568 Berichterstatter: Abgeordneter Wissmann ({10}) Das Wort zur Berichterstattung und zur Beratung wird nicht gewünscht. Ich rufe zur Abstimmung die Artikel 1, 2, 3 sowie Einleitung und Überschrift auf und verbinde dies mit der Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zu dem Abkommen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe nunmehr die Punkte 15 bis 19 der Tagesordnung auf: 15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. Mai 1969 über die an Verfahren vor der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte teilnehmenden Personen - Drucksache 8/490 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß 16. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung strafrechtlicher Verfahren - Drucksache 8/354 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß 17. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches - Drucksache 8/456 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß ({11}) Finanzausschuß 18. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen - Drucksache 8/473 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß 19. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes - Drucksache 8/465 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({12}) Rechtsausschuß Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates ersehen Sie aus der Tagesordnung. Wer diesen Überweisungsvorschlägen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe nun Punkt 20 der Tagesordnung auf: a) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({13}) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Schulte ({14}), Straßmeir, Dr. Luda, Tillmann, Dreyer, Frau Hoffmann ({15}), Milz, Dr. Riedl ({16}), Regenspurger, Biechele, Dr. Jobst und der Fraktion der CDU/CSU Telefon-Nahbereiche ohne Zeittakt - Drucksachen 8/308, 8/566 - Berichterstatter: Abgeordneter Wuttke b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({17}) über den Antrag der Abgeordneten Mahne, Wuttke, Stahl ({18}), Topmann, Ollesch, Hoffie und der Fraktionen der SPD, FDP Versuchsbetrieb in Telefon-Nahbereichen - Drucksachen 8/342, 8/567 Berichterstatter: Abgeordneter Weber ({19}) Das Wort wird von den Berichterstattern nicht gewünscht. Wird das Wort zur Beratung gewünscht? Vizepräsident Frau Funcke - Mir ist Herr Abgeordneter Mahne gemeldet worden. ({20}) - Wird das Wort gewünscht? ({21}) - Herr Abgeordneter Straßmeir hat das Wort. ({22})

Günter Straßmeir (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002268, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einem sehr kleinen und gemütlichen Kreis, habe ich den Eindruck, ({0}) behandeln wir ein Thema, das in der Öffentlichkeit allerdings nicht im kleinen Kreis, sondern in einem sehr großen Kreis und auch nicht mit Gemütlichkeit, sondern mit wachsendem Grimm verfolgt wird. Dennoch möchte ich Ihnen zusagen, daß ich mich bemühen werde, heute hier nicht die sachlichen Positionen vom Grunde her zu wiederholen, sondern ich möchte sagen, daß die CDU/CSU-Fraktion bei ihrem Antrag bleibt, Versuche ohne den Zeittakt durchzuführen, und daß wir zugleich den Antrag der Koalitionsfraktionen ablehnen müssen, weil die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag grundsätzlich davon ausgehen, daß der Zeittakt eingeführt worden ist. Nach unserer Auffassung ist die Bundesregierung bislang den schlüssigen Beweis dafür schuldig geblieben, daß die Bildung von Nahbereichen unausweichlich mit der Einführung des Zeittaktes verbunden sein muß. Der Antrag der Koalitionsfraktionen sieht nur eine Variation des Zeittaktes mit einer geringfügigen Änderung der Dauer in den Abendstunden vor. Die Bundesregierung hat uns erklärt, daß unser Antrag nicht haltbar sei. Deswegen will ich unmittelbar auf die Einwände der Bundesregierung zurückgreifen. Die Bundesregierung meint, wenige Dauergespräche reichten in einem Nahbereich ohne Zeittakt aus, um den gesamten Telefonverkehr im Nahbereich wie im Selbstwählfernverkehr zu blockieren. Der Grund dafür, so wird gesagt, liege in den beschränkten Kapazitäten. Wenn sich die Bundesregierung ihrer Argumentation so sicher wäre, dann müßte sich das gerade in einem relativ kurzen Versuch nachweisen lassen. Ich frage die Bundesregierung: Weshalb stimmt sie unserem Antrag nicht zu, wenn sie auf diese Weise Gelegenheit hätte, uns auf einfachem Wege in der Sache zu widerlegen? Sie sagt, ein Test ohne Zeittakt könne über ein Jahr ganz günstig verlaufen und erst nach zwei oder drei Jahren könnte es zu Überlastungen des Netzes kommen. Das bedeutet doch in der Praxis, daß der Test ohne Zeittakt im gegenwärtigen Zeitpunkt möglich ist. Wenn es so ist, wie die Bundesregierung sagt, nämlich daß sich das Kundenverhalten bei Änderungen der Tarife erst nach zwei, drei Jahren verändert: Herr Bundesminister, welche Aussagekraft hat denn dann noch Ihr auf ein Jahr festgelegter Versuch mit dem Acht-Minuten-Zeittakt? Mit diesem Versuch - das ist wahrscheinlich der eigentliche Grund - will die Bundesregierung offenbar die Investitionen für den Zeittakt in Milliardenhöhe rechtfertigen. Man kann sich einfach nicht des Eindrucks erwehren, daß der Bundespostminister den Zeittakt braucht, um es bei den beschränkten Kapazitäten zu belassen, und das, obwohl nach seinen eigenen Angaben die Kapazitäten schon dann nicht mehr ausreichten, wenn nur 3 % der Telefonteilnehmer länger als acht Minuten telefonieren würden. Schon jetzt häufen sich die Klagen, daß man sich während des „Mondscheintarifs" vielfach vergeblich um Verbindungen bemühen muß. Das zeigt doch ganz deutlich, daß es bereits heute an den Fernmeldewegen hapert. Die Kapazitäten in den Vermittlungsstellen und möglicherweise auch bei den Kabeln sind nicht genügend ausgebaut. Die Bundesregierung fordert von der Privatwirtschaft eine stärkere Investitionstätigkeit, obwohl hier vielfach die entsprechende Nachfrage fehlt. Und was tut die Deutsche Bundespost? Sie investiert trotz zunehmender Gewinne und zunehmender Nachfrage keineswegs im ausreichenden Umfang. Die Bundespost weist für 1976 einen Gewinn von 1,2 Milliarden DM aus. ({1}) Wenn man die Rückstellungen hinzunimmt, dann sind es insgesamt 2,1 Milliarden DM. Für 1977 erwartet sie das gleiche Ergebnis. Der Überschuß im Fernmeldewesen alleine beträgt insgesamt 4 Milliarden DM. Bei Ihren jüngsten Gewinnmeldungen, Herr Bundespostminister, vermißt man eigentlich nur noch ein Wort des Dankes an die deutschen Telefonkunden, die den großen Vorzug haben, nach Australien die höchsten Telefongebühren der Welt zu zahlen. Ich glaube, es wäre an der Zeit, rechtzeitig in der richtigen Weise zu investieren. Die Investitionen für das Fernmeldewesen haben sich seit 1973 hingegen nicht nur real, sondern auch nominal von Jahr zu Jahr verringert. Sie waren 1976 um 1,5 Milliarden DM geringer als 1973. Nicht einmal das reale Investitionsvolumen von 1970 wird 1976 oder 1977 erreicht, und das, obwohl sich die Zahl der Hausanschlüsse von 1969 bis 1977 fast verdoppelt hat. Die Bundesregierung zieht es eben offenbar vor, die Nachfrage mit dem Zeittakt zu regulieren, anstatt die Erweiterungsinvestitionen rechtzeitig zu finanzieren, damit die erwarteten Engpässe vermieden werden. ({2}) Die Deutsche Bundespost macht Milliardengewinne und bildet Rücklagen in Milliardenhöhe. Sie verzichtet auf zukunftsträchtige Investitionen in der Fernmeldeindustrie, die neben dem Dienst am Telefonkunden auch eine Sicherung der Arbeitsplätze in diesem Industriezweig bedeuten. Wenn es bereits heute beim sogenannten Mondscheintarif zu Leitungsengpässen kommt, dann fragen wir uns, ob hier nicht bereits eine Verletzung des PostverwalStraßmeir tungsgesetzes vorliegt, in dem es heißt: „Die Anlagen der Deutschen Bundespost sind in gutem Zustand zu erhalten und technisch und betrieblich den Anforderungen des Verkehrs entsprechend weiter zu entwickeln und zu vervollkommnen." Mit Hilfe des Zeittaktes, so glaubt die Bundesregierung und insbesondere der Bundespostminister, kann sie sich die notwendigen Investitionen einstweilen noch ersparen mit der angenehmen Folge, daß der Gewinn im Fernmeldewesen weiter ansteigt. Nur, bei diesem Vorgehen sind die Telefonkunden, die Fernmeldeindustrie und die bei ihr Beschäftigten die Leidtragenden. Der Bundesminister Gscheidle hat dem neugebildeten Senat von Berlin, sozusagen als Geschenk zum Amtsantritt, den Verzicht auf den Zeittakt versprochen. Darüber muß man sich als Berliner freuen. Ich bin sicher, daß die Post in Berlin auch künftig Netzblockierungen vermeiden wird. Nur, meine Damen und Herren, sollte dieses Verfahren wirklich ausschließlich in Berlin möglich sein? Vom Bundespostminister wird gesagt - ({3}) - Ich komme gleich darauf, ich folge gleich nach in der Argumentation. Vom Bundespostminister wird gesagt, ohne Zeittakt müßten die Kapazitäten des gesamten Netzes mit sehr hohen Investitionskosten ausgeweitet werden. Aber es gibt eben bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Unterlagen darüber, wie hoch diese Kosten annähernd sein würden. Sagen Sie mir - dann werde ich Ihnen vielleicht zustimmen -, ob Ihr alternatives Modell das Bessere ist. Aber es gibt keine Unterlage darüber. Deshalb muß die CDU/ CSU-Fraktion bei ihrem Antrag auf der Fortsetzung der Versuche beharren. ({4}) Wir sehen uns einfach außerstande, der Bundesregierung auf diesem Feld noch in irgendeinem Punkte künftig Glauben zu schenken. ({5}) Vom 4-Minuten-Zeittakt zur Finanzierung der Nahbereiche über den 8-Minuten-Zeittakt bis zur Staffelung auf 16 Minuten hat die Bundesregierung Stück für Stück ihres ursprünglichen Konzeptes preisgegeben und für die jeweilige Regelung eine jeweils andere, in sich nicht schlüssige Begründung gegeben. Noch im Februar 1976 hat uns der Minister Gscheidle auch nur irgendeine Erleichterung für die westliche Grenze oder für Berlin rundweg abgelehnt. Auch hinsichtlich der Telefonseelsorge gab es damals Einwendungen. Jetzt, nachdem sich die Koalitionsparteien, wo in Berlin ein neuer Senat Schützenhilfe braucht, in einigen Punkten unseren Besorgnissen angeschlossen haben, gibt es auch Überlegungen für den Zonenrand, die Küste, die Grenzgebiete, und es gibt hier sogar offenbar auch keine Einwendungen der Bundesregierung mehr. Ich darf noch einmal daran erinnern, wie hier argumentiert worden ist. Bei der Sonderregelung für Berlin haben Sie uns gesagt, das könne nicht geschehen, weil sonst die Rechtseinheit zwischen Berlin und dem Bund gefährdet sei. Herr Minister, ich hoffe, daß Sie nun auch ohne Zeittakt einen Weg gefunden haben, die Rechtseinheit zu wahren. Noch im März 1977 bot die Bundesregierung der Opposition auf Anfragen für Berlin ein Modell an, das einen systemgerechten Ausgleich beinhalten sollte, ein systemgerechtes Äquivalent, wurde auf gut Deutsch gesagt. Nur, auf alle Fragen gab es überhaupt keine Antwort, was darunter zu verstehen sei. ({6}) - Hier im Deutschen Bundestag, und die Antwort ist schriftlich gegeben worden vom Kollegen Haar, und es ist hier vom Parlamentarischen Staatssekretär Wrede dazu diskutiert worden. ({7}) Lieber Herr Kollege, ich brauche doch nicht im Ausschuß zu wiederholen, was hier längst ausdiskutiert war, bevor Ihr Antrag in den Ausschuß gekommen ist. Die Art und Weise, wie die Regierung bei der Einführung des Zeittaktes mit der deutschen öffentlichen Meinung umgesprungen ist, ist in der Tat eine Beleidigung für die Mitbürger, wenn man sie noch als denkende Menschen behandeln möchte. Es ist auch gar nicht einleuchtend - ({8}) - Ihnen werden die Augen noch tränen, meine Herren, wenn Sie draußen Ihre ulkigen Konzepte vertreten müssen. ({9}) - Jawohl. Aber daß Sie den Leuten in der Fläche einreden wollen, daß die Nahbereiche nur mit der Einführung des Zeittaktes möglich sind, das ist eben die Unredlichkeit, solange Sie die Alternative dazu nicht aufgedeckt haben. ({10}) Eine Unterdrückung des Zeittaktes - so ist nämlich im Ausschuß auch diskutiert worden - in den Nahbereichen macht doch keine technische Umrüstung nötig, sondern eine Ausnahmeverzonung. Dies ist etwas anderes. Eine technisch aufwendige Umrüstung ist nur für die Installation des Zeittaktes nötig. Diese Kalkulation machen Sie doch hier mal auf, um die wirklichen Zahlen vor der Öffentlichkeit darzutun, was uns das kostet. Dabei kommen Sie gar nicht um die Ausweitung der Kapazitäten herum, wie wir uns ja bereits eben klargemacht haben. Dies kommt zusätzlich in jedem Fall oben drauf. Dann argumentiert der Bundespostminister, der Zeittakt sei wegen der Gefahr einer Blockierung des Leitungsnetzes durch die Datenübertragung, Fak2442 simile und ähnliches notwendig, obwohl die Post das früher gar nicht bejaht hat. Aber ich sage Ihnen: Wir jedenfalls halten es für unzumutbar, daß 99 % der Fernsprechteilnehmer mit dem Zeittakt bestraft werden sollen, weil einige wenige die Einrichtung Telefon kommerziell nutzen oder durch Dauergespräche mißbrauchen. ({11}) Es gibt rechtliche und technische Möglichkeiten, ({12}) mit wenig finanziellem Aufwand, sowohl eine Zeitzählung für diese Dienste als auch eine Kontrolle von Dauergesprächen einzurichten. Das haben wir Ihnen im Ausschuß bereits angeboten. Die Erwiderungen von Herrn Staatssekretär Elias waren eben nicht befriedigend. ({13}) Im übrigen ist es so, daß das deutsche Fernmeldewesen in der Welt sicherlich ein hohes Ansehen genießt. Ich bin ganz sicher, daß der Zeittakt eben nicht die letzte und die einzige Antwort deutschen Erfindergeistes oder unseres Verwaltungskönnens in bezug auf die moderne Entwicklung unseres Fernmeldewesens ist. Dieses können Sie uns hier nicht einreden. Bewiesen haben Sie es noch gar nicht. ({14}) Die CDU/CSU bittet Sie deshalb noch einmal - und unsere Forderung ist ein Beitrag, um die Diskussion zu versachlichen -, ({15}) Nahbereiche auch ohne Zeittakt zu testen und die Fernmeldekapazität in Anbetracht der hohen Gewinne und gemäß § 2 Abs. 3 des Postverwaltungsgesetzes entsprechend den Erfordernissen des Verkehrs zu vervollkommnen. Wir bitten Sie ferner, ein Hearing abzuhalten, damit wir alle von neutraler Seite die erforderliche Aufklärung erhalten und nicht weiter auf die Monopolmeinung des Bundespostministers angewiesen sind. Ich wiederhole: Die Bundesregierung ist eben den Beweis bislang schuldig geblieben, weshalb die Heranführung ländlicher Gebiete an den modernen Standard des Fernmeldewesens nur unter Preisgabe des zivilisatorischen Fortschritts in den großen Städten möglich sein soll. ({16}) Der Bundesminister und die Bundesregierung, der er angehört, hat nicht einmal in Alternativen gedacht, geschweige denn, sie finanziell kalkuliert. ({17}) Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion dient der Versachlichung dieser Diskussion; ({18}) denn das Problem ist noch immer nicht ausdiskutiert. Deshalb bitte ich Sie, beiden Vorlagen die Zustimmung zu verweigern. ({19})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mahne.

Erhard Mahne (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001409, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 5. Mai 1977 und der Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat am 25. Mai dieses Jahres sehr ausführlich über die jeweils von den Koalitionsparteien und der Opposition eingebrachten Anträge diskutiert. In der ersten Lesung wurden in diesem Hause alle Argumente vorgetragen, so daß man davon ausgehen kann, daß den Bürgern in diesem Lande eine umfassende Information über die Probleme ermöglicht wurde. In der Ausschußsitzung - wie aber auch schon in der ersten Lesung hier - wurde erkennbar, daß es Alternativen zu einer Einführung der Nahbereiche mit Zeittakt aus vielfältigen Gründen nicht gibt. ({0}) Dieses, meine Damen und Herren, ist eigentlich auch aus der Rede des Kollegen Straßmeir deutlich geworden. Der CDU geht es in dieser Frage eigentlich gar nicht um Alternativen, sondern sie setzt in dieser Frage ihre Strategie des unbegrenzten Konflikts fort, ({1}) unbeeindruckt von sachlichen Notwendigkeiten, aber auch unbeeindruckt von den Argumenten ihrer eigenen Fachleute, die sie in der Fraktion hat, die in privaten Gesprächen immer wieder haben erkennen lassen, daß auch sie die Einführung der Nahbereiche nur mit der gleichzeitigen Einführung des Zeittaktes für möglich halten. ({2}) Die positive Aufnahme des Zeittaktes in den Nahbereichversuchsgebieten durch die Bevölkerung bekümmert die Opposition. Das kann man verstehen. Jetzt sollen durch den Antrag der Opposition am Horizont Erwartungen aufgebaut werden, die nicht zu erfüllen sind. Ich will heute abend der Versuchung widerstehen, diese Gelegenheit wahrzunehmen, um noch einmal der Öffentlichkeit darzulegen, was uns Sozialdemokraten zum Einbringen unseres Antrags bewogen hat und warum wir dem Antrag der Opposition nicht zustimmen können. Im Ausschuß ist sehr deutlich geworden, daß die Einführung des Telefonnahbereichs überhaupt erst durch den Zeittakt möglich ist und daß erst diese Tarifreform die notwendige - bei einigen auf Ablehnung stoßende - Tarifänderung nach sich zieht. Das eine - die Einführung des Nahbereichs - bedingt das andere - die gleichzeitige Einführung des Zeittakts. Ich muß Herrn Straßmeir fragen, was er und die Opposition im Ausschuß zu der Feststellung gesagt haben, ({3}) daß eine Versuchsreihe ohne Zeittakt die Einführung der Nahbereiche um Jahre verzögern müsse. ({4}) Das ist anerkannt worden. ({5}) Das ist bis zum heutigen Tage unwidersprochen geblieben. Wir haben uns den sachlichen Argumenten nicht verschlossen. ({6}) Wir haben erkannt, daß es ohne Begrenzung der Gesprächsdauer in den Nahbereichen nicht geht und daß die technischen Einrichtungen der Deutschen Bundespost völlig überfordert würden. Uns erscheint es unvertretbar, immense zusätzliche Investitionen in Milliardenhöhe vorzunehmen, um die Kapazitäten des gesamten Netzes auszuweiten. Die Kosten hätten letztlich alle Fernsprechteilnehmer zu tragen, aber den Nutzen davon hätten nur die wenigen Dauer- und Langsprecher, die damit von den anderen Fernsprechteilnehmern subventioniert würden. ({7}) Auf dieser Grundlage und aus diesen Erkenntnissen ist der Antrag der Koalitionsfraktionen zu verstehen. Wie schon gesagt: Den Zeittakt in den Nahbereichen müssen wir hinnehmen. Wir wollen aber durch unseren Antrag erreichen, daß dieser Zeittakt möglichst lang werden kann, und war eben auch auf Grund der Erkenntnis, daß das Telefon schon heute eine besondere Bedeutung für die Kommunikation zwischen den Menschen hat. Wir haben dabei nicht nur an die heutigen Fernsprechkunden gedacht, sondern auch an die, die noch nicht über ein Telefon verfügen. Unser Ziel ist es, die Vollversorgung im Fernmeldewesen zu erreichen. Das hat aber auch zur Folge, daß Gebührenerleichterungen für den Zugang zum Telefon in besonderen Fällen gewährt werden müssen. Wir sind der Auffassung, daß der Telefonseelsorge - die nach unserer Meinung vielen unserer Mitmenschen eine Hilfestellung gibt - geholfen werden muß, indem Sonderregelungen gefunden werden. Auf die anderen notwendigen Ausnahmeregelungen, die unser Antrag behandelt, will ich hier nicht eingehen. Ich will nur noch eine Bemerkung machen, und zwar zu Berlin. Ich freue mich darüber, daß ich heute eine konkrete Bestätigung des Ministers für die Presseberichte der letzten Zeit bekommen habe, indem er noch einmal darauf hingewiesen hat, daß es zur Zeit auf Grund der gegenwärtigen Lage in Berlin kein Äquivalent für den fehlenden Nahbereich in Berlin gibt. ({8}) Ich möchte diese Mitteilung des Ministers hier zitieren, damit sie im Protokoll festgehalten wird: Der Bundesminister hat wiederholt entsprechend den Anträgen der Koalitionsfraktionen erklärt, daß für Berlin eine Sonderregelung als Äquivalent wegen der dort bestehenden Unmöglichkeit, wie im Bundesgebiet einen Nahbereich um die Stadt Berlin zu bilden, gefunden werden muß. ({9}) Dies erschien auch im Hinblick auf eine möglichst weitgehende Einheitlichkeit des Rechts-, Wirtschafts- und Finanzsystems in der Bundesrepublik und in Berlin wünschenswert. Die eingehenden Prüfungen des Bundespostministeriums haben ergeben, daß in der gegenwärtigen Lage kein Äquivalent für den fehlenden Nahbereich zu finden ist. Da der Zeittakt vornehmlich der Vermeidung von Blockaden auf Grund zunehmender Dauerverbindungen dient, entfällt für die nächsten Jahre die Notwendigkeit eines Zeittakts im Ortsnetz von Berlin. Mein Kollege Wuttke hat gerade auf die andere Netzstruktur Berlins hingewiesen. Das heißt also, wir brauchen mit einem Zeittakt in Berlin nicht zu rechnen. ({10}) Meine Kollegen, lassen Sie mich zum Schluß kommen. Die Einführung des Telefon-Nahbereichs ist nach unserer Auffassung auch unter Einberechnung der gewiß nicht immer als angenehm empfundenen Zeittakt-Regelung ein entscheidender Schritt zu größerer Tarifgerechtigkeit ({11}) in unserem Fernsprechwesen und führt damit zu einer finanziellen Entlastung der meisten privaten Teilnehmer, ({12}) aber auch zur Verringerung von Standortnachteilen der Wirtschaft in strukturschwachen Gebieten. ({13}) Unser Antrag hat zum Inhalt, daß wir dort, wo im Vergleich zu heute Nachteile entstehen, Sonderregelungen erwarten. Ich bitte Sie, meine Kollegen, den Empfehlungen des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu folgen. ({14})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoffie.

Klaus Jürgen Hoffie (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000935, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist, wie ich meine, nachgerade eine Zumutung, Herr Straßmeir, daß wir uns hier noch einmal in eine Diskussion zu dem Antrag einlassen müssen, den bisher der Kollege Dollinger vertreten hat. ({0}) - Ich mache, Herr Kollege Wehner, deshalb ja auch sofort wieder Schluß, aber ich möchte eines erklären: daß nämlich zu dem Festhalten am Antrag der CDU/CSU, nachdem im Ausschuß unwiderlegbar klargestellt worden ist, welche Konsequenzen ein solcher Test hätte, festzustellen ist, daß dieses Festhalten an einem zusätzlichen Versuch die Einführung des Nahbereichs um mindestens zwei Jahre verzögern würde, ({1}) daß ungeheuer hohe zusätzliche Investitionskosten verursacht würden, daß mehr Kommunikationsungerechtigkeit geschaffen würde, als wir bisher ohnehin schon haben, daß Tarifungerechtigkeiten zementiert würden, daß weiterhin allen Telefonteilnehmern zugemutet würde, ausschließlich wenigen mißbräuchlichen Versuchen der Wirtschaft zu nutzen, für 23 Pfennige Standleitungen über mehrere Tage und Wochen aufzubauen, und daß auch ein zukunftsträchtiges Tarifsystem unterlaufen würde, bei dem, wie Sie selbst wissen, künftig der Faktor Entfernung immer weniger eine Rolle spielen wird und dafür der Faktor Zeit weiter in den Vordergrund zu treten hat. Herr Straßmeir, wir alle hatten gehofft, daß Sie Ihren Antrag hier heute nicht mehr zur Diskussion stellen würden. ({2}) Ich will nicht all das wiederholen, was im Ausschuß an Argumenten vorgetragen und auch hier von Herrn Mahne noch einmal erklärt wurde. Ich bitte Sie, dem Beschluß der Ausschußmehrheit zu folgen. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ausschusses auf Drucksache 8/566. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 8/308 abzulehnen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag des Ausschusses ist gegen die Stimmen der Opposition bei einer Enthaltung angenommen. Wir kommen dann zur Empfehlung auf Drucksache 8/567. Der Ausschuß empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 8/342 unverändert anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der Opposition angenommen. Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf: Beratung der Sammelübersicht 6 des Petitionsausschusses ({0}) über Anträge zu Petitionen mit Statistik über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 14. Dezember 1976 bis 31. Mai 1977 eingegangenen Petitionen - Drucksache 8/535 Das Wort hat der Abgeordnete Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einige Bemerkungen zu der Statistik machen, die der 6. Sammelübersicht beigefügt ist. In dem Bericht über die Statistik der 7. Wahlperiode hat mein Kollege Braun Anfang Mai hier vorgetragen, daß die Zahl der Eingaben in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Zur Zeit registrieren wir monatlich etwa 2 200 Eingänge, davon 1 100 neue Eingaben, im übrigen Nachträge sowie Stellungnahmen der Bundesregierung. Rund 30 % werden zuständigkeitshalber an die Landtage abgegeben, so daß wir monatlich etwa 800 Eingaben zu entscheiden haben. Erfreulicherweise ist die Zahl der unbehandelbaren Eingaben, die also beispielsweise anonym oder verworren sind oder kein Anliegen erkennen lassen, von 3,9 % auf 2,4 % zurückgegangen. - Ein Kuriosum am Rande: In diesen Tagen erreichte den Deutschen Bundestag die Eingabe Nr. 222 222, gerechnet ab 1. September 1949. Die sachlichen Schwerpunkte der Eingaben haben sich gegenüber den Vorjahren nicht wesentlich verändert. Nach wie vor liegt der Bereich der Sozialversicherung mit rund 17 % an der Spitze. Einige Zahlen sind dennoch bemerkenswert. So ist im Bereich des Staats- und Verfassungsrechts ein Anstieg von rund 4 % auf knapp 8 % zu verzeichnen. Hauptansatzpunkte hierfür waren das Diätengesetz, die Entführung von Herrn Oetker und Probleme des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit dem Fall Traube. Hinzu kamen Eingaben zum Bundeswahlgesetz, beispielsweise zum Wahlrecht der Deutschen im Ausland. Offenbar im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktlage hat die Zahl der Eingaben zugenommen, die sich auf das Arbeitsrecht und vor allem auf die Arbeitslosenversicherung beziehen. Die Zahl der Eingaben, die sich mit Kriegsfolgen beschäftigen, also z. B. dem Lastenausgleich, geht zwar allmählich weiter zurück. Dennoch bleibt es bedrückend, daß sich 32 Jahre nach Kriegsende immer noch viele Bürger mit diesen Anliegen an uns wenden müssen. Meine Damen und Herren! Am 23. Mai haben wir erneut von unserem Recht Gebrauch gemacht, an Ort und Stelle Auskünfte einzuholen, um möglichst wirklichkeitsnahe Entscheidungen fällen zu können. Wie bereits in unserem letzten Mündlichen Bericht angekündigt, haben wir uns über das medizinische Gutachterverfahren bei der Bundesknappschaft in Bochum als einem der größten Rentenversicherungsträger unterrichten lassen. Anlaß war vor allem die Eingabe eines Arztes für einen Patienten, der seit 1974 erfolglos um seine Rente kämpft. Obwohl der behandelnde Arzt, der Amtsarzt sowie die Vertrauensärzte ihn für arbeitsunfähig erklärt hatten, wurde ihm die Rente mit der Begründung verweigert, er sei noch arbeitsfähig. In diesem besondes komplizierten Fall wird der Ausschuß auf einen beschleunigten Abschluß des Verfahrens drängen. Es ist leider kein Einzelfall, daß solche Meinungsverschiedenheiten der ärztlichen Gutachter auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden. Immer wieder beklagen sich die Bürger, daß die Begutachtungen zu lange dauern und daß sich die Versicherungsträger zu prozeßfreudig verhalten. Nach Ansicht der Bundesknappschaft handelt es sich dabei um bedauerliche Einzelfälle. Angeblich liegen die Gutachten in 80 % der Fälle nach spätestens vier Wochen vor. Dieser Darstellung begegnet der Ausschuß aber mit Skepsis, weil sich aus den Beschwerden der Bürger häufig ein völlig anderes Bild ergibt. Auch von einem anderen Recht, das uns seit der Erweiterung unserer Befugnisse durch die Grundgesetzänderung von 1975 zusteht, haben wir in den vergangenen Wochen wiederum Gebrauch gemacht. Ein Mitbürger hatte vom Verteidigungsministerium eine Entschädigung verlangt, weil er behauptete, eine Erfindung von ihm sei bei der Entwicklung eines Fliegerabwehrsystems der Bundeswehr verwandt worden. Da dem als Berichterstatter eingesetzten Kollegen Scheu, der zugleich Obmann der SPD-Fraktion im Ausschuß ist, die ablehnende Stellungnahme des Bundesverteidigungsministeriums nicht ausreichend begründet erschien, beschlossen wir, den Petenten sowie einen Vertreter des Bundesverteidigungsministeriums zur Anhörung zu laden. Die beiden Berichterstatter, Herr Scheu und Herr Löher, haben in einer mehrstündigen Anhörung ausführlich alle Aspekte dieses Falles mit den Beteiligten erörtert. Die Anhörung bietet eine gute Grundlage für die endgültige Entscheidung des Ausschusses. Ich hatte vorhin erwähnt, daß uns 32 Jahre nach Kriegsende noch viele Probleme bei der Kriegsfolgenbeseitigung beschäftigen. Dazu gehört auch die Abwicklung des Lastenausgleichs. Art und Dauer des Lastenausgleichsverfahrens sind für den Bürger bedrückend und auch für den Ausschuß höchst unbefriedigend. Die Fälle, in denen geholfen werden kann, gehören zu den Ausnahmen und zu den Lichtblicken. Lassen Sie mich einen dieser erfreulichen Ausnahmefälle schildern. Eine 86 Jahre alte, in Israel lebende Frau hatte vor mehr als 10 Jahren Lastenausgleich beantragt. Es begann ein höchst unerfreuliches Tauziehen. Zunächst wurde der Antrag an ein anderes Amt abgegeben. Dieses stellte zwar den Schaden fest, gab die Akte aber wieder an das erste Ausgleichsamt zurück, das den Antrag der Frau schließlich ablehnte. Ein Verwaltungsgericht hob 1972 diese Entscheidung auf. Als ihr Antrag später noch einmal abgelehnt wurde, klagte die Frau erneut mit Erfolg. Dennoch war das Ausgleichsamt wiederum nicht bereit, den Lastenausgleich zu gewähren, mit der Folge, daß die Petentin in eine schwierige finanzielle Lage geriet. Das Verhalten der Behörden war nicht zu akzeptieren und war wegen des hohen Alters der Frau besonders bedauerlich. Wir haben uns deshalb des Falles mit besonderem Nachdruck angenommen und erhielten schließlich eine positive Zusage der Behörde. ({0}) Ich habe diesen Fall bewußt etwas ausführlicher geschildert, weil er zeigt, wie wenig manchmal die persönliche Situation eines Mitbürgers berücksichtigt wird, wenn er in die Mühlen der Bürokratie geraten ist. ({1}) Er zeigt eindringlich, wie wichtig es ist, daß der Bürger eine Kontrollinstanz wie den Petitionsausschuß anrufen kann. Dies gilt besonders für den Bereich des Lastenausgleichs, weil die Betroffenen oft jahrelang auf eine Entscheidung warten müssen und diese manchmal erst nach ihrem Tode gefällt wird. Aus diesen Gründen setzen wir uns beim Bundesausgleichsamt für eine Beschleunigung der Verfahren und eine Klärung noch offener Zweifelsfragen ein. ({2}) Nun zu einem anderen Bereich. Kürzlich mußten wir uns erneut mit der Bitte eines Soldaten beschäftigen, an einen heimatnahen Standort versetzt zu werden. Der junge Mann war am 1. Juli 1976 einberufen und einem Flugabwehrbataillon 700 km von seiner elterlichen Wohnung entfernt zugewiesen worden. Weil er seine Eltern unterstützen und daher an jedem Wochenende nach Hause fahren mußte, beantragte er seine Versetzung an ein anderes Flugabwehrbataillon, das nur 56 km entfernt lag. Leider hat sich diese Eingabe durch Zeitablauf wegen der bevorstehenden Entlassung des Soldaten von selbst erledigt. Zunächst ließ die Stellungnahme des Bundesverteidigungsministers einige Zeit auf sich warten, und zusätzlich verzögerte sich die weitere Bearbeitung wegen der immer noch unzureichenden Personalausstattung des Ausschußhilfsdienstes. Wir nahmen diesen Fall aber zum Anlaß, den Bundesverteidigungsminister zu bitten, derartige Petitionen schnell zu bearbeiten und uns darzulegen, unter welchen Gesichtspunkten Versetzungsanträgen der Soldaten entsprochen wird. Erfreulicherweise nimmt die Zahl der Besuche ausländischer Ombudsmänner bei uns zu. Mitte Mai besuchte uns für einige Tage der Ombudsmann der kanadischen Provinz Alberta, Dr. Ivany, der Vorsitzende des Lenkungsausschusses der Internationalen Ombudsmann-Konferenz. In diesen Tagen ist der französische Mediatéur, Herr Paquet, bei uns. Der Erfahrungsaustausch mit den ausländischen Kollegen ist von großem Wert für uns, weil ihre Probleme häufig ähnlicher Natur sind. Zudem ist bei vielen Eingaben an uns die Mitwirkung ausländischer Stellen erforderlich. Hier hat sich schon mehrfach der enge Kontakt zu den ausländischen Kollegen bewährt. Meine Damen und Herren! Dies ist der letzte Bericht vor der Sommerpause. Die Mitglieder des Petitionsausschusses werden wie bisher auch in den Palamentsferien Petitionen bearbeiten. Im vergangenen Jahr haben wir während der Ferien insgesamt 802 Petitionen an unseren Urlaubsorten bearbeitet; in diesem Jahr werden es sicherlich nicht weniger sein. Der Bürger hat ein Anrecht darauf, daß wir diese zusätzliche Arbeit auf uns nehmen, und er sollte auch wissen, daß wir es gern tun. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 8/535 mit den darin enthaltenen Anträgen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 22 bis 25 auf: 22. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({0}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 8/467 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Linde 23. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({1}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 8/468 - Berichterstatter: Abgeordneter Dürr 24. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({2}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 8/469 Berichterstatter: Abgeordneter Ollesch 25. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({3}) Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages - Drucksache 8/470 Berichterstatter: Abgeordneter Schmidt ({4}) Es handelt sich um Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung über Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages. Wünschen die Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir über alle darin enthaltenen Anträge gemeinsam abstimmen? - Wer den Anträgen auf den Drucksachen 8/467, 8/468, 8/469 und 8/470 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 26 bis 40 auf: 26. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({5}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({6}) des Rates zur Durchführung einer Erhebung über die Verdienste der ständig in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter - Drucksache 8/145, 8/441 Berichterstatter: Abgeordneter Horstmeier 27. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses ({7}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Vierten Richtlinie ({8}) des Rates aufgrund von Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter hinsichtlich der Gliederung und des Inhalts des Jahresabschlusses und des Lageberichts sowie hinsichtlich der Bewertungsmethoden und der Offenlegung dieser Dokumente vorgeschrieben sind - Drucksachen VI/2875, 8/451 Berichterstatter: Abgeordneter Alber Abgeordneter Schmidt ({9}) 28. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({10}) zu der Unterrichtung der Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung des Rates über finanzielle Maßnahmen der Gemeinschaft zur Förderung des Kohleeinsatzes für die Stromerzeugung - Drucksachen 8/78, 8/520 Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram ({11}) 29. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({12}) zu der Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zum Entschließungsantrag über die Regionalpolitik der Gemeinschaft bezüglich der Regionen beiderseits der Binnengrenzen der Gemeinschaft - Drucksachen 7/5920, 8/521 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Unland 30. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({13}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({14}) des Rates über finanzielle Maßnahmen der GemeinVizepräsident Frau Renger Schaft zur Finanzierung konjunktureller Haldenbestände an Steinkohle, Koks und Briketts - Drucksachen 8/271, 8/541 Berichterstatter: Abgeordneter Russe 31. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({15}) zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({16}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Aale der Tarifstelle ex 03.01 A II des Gemeinsamen Zolltarifs ({17}) Vorschlag einer Verordnung ({18}) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Veredelungsarbeiten an bestimmten Spinnstoffen im passiven Veredelungsverkehr der Gemeinschaft Vorschlag einer Verordnung ({19}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Aprikosenpülpe, der Tarifstelle ex 20.06 B II c) 1 aa) des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in der Türkei Vorschlag einer Verordnung ({20}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Haselnüsse, frisch oder getrocknet, auch ohne äußere Schalen oder enthäutet, der Tarifstelle ex 08.05 G des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in der Türkei - Drucksachen 8/209, 8/276, 8/253, 8/269, 8/524 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ahrens 32. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({21}) zu den Unterrichtungen der Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({22}) des Rates über den Abschluß des Zusatzprotokolls und des Finanzprotokolls zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Portugiesischen Republik Vorschlag einer Verordnung ({23}) des Rates zur erneuten Verlängerung der Verordnungen ({24}) Nr. 1509/76 und 1522/76 über die Einfuhr von Sardinenzubereitungen oder -konserven mit Ursprung in Tunesien bzw. Marokko in die Gemeinschaft Vorschlag einer Verordnung ({25}) des Rates zur Festsetzung von Plafonds und zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in Ägypten, Jordanien, im Libanon und in Syrien ({26}) Vorschlag einer Verordnung ({27}) des Rates über die Einfuhr einiger Erzeugnisse des Weinbaus mit Ursprung in Griechenland Vorschlag einer Verordnung ({28}) des Rates über den Aufschub der Anwendung der durch die Verordnungen ({29}) Nr. 3230/76, 3231/76, 3233/76, 3234/76 und 3235/76 festgesetzten Richtplafonds für die Einfuhren bestimmter Waren mit Ursprung in einigen EFTA-Ländern - Drucksachen 8/162, 8/227, 8/297, 8/268, 8/254, 8/525 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ahrens Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({30}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Verordnung ({31}) des Rates über die Einfuhr von Kleie und anderen Rückständen vom Sichten, Mahlen oder anderen Bearbeitungen von Getreide mit Ursprung in der Arabischen Republik Ägypten Verordnung ({32}) des Rates über die Reiseinfuhren aus der Arabischen Republik Ägypten - Drucksachen 8/163, 8/522 Berichterstatter: Abgeordneter Saxowski 34. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({33}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Erhaltung der Vogelarten - Drucksachen 8/41, 8/523 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Erler 35. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({34}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates über die Qualitätsanforderungen an Muschelzuchtgewässer - Drucksachen 7/5893, 8/542 Berichterstatter: Abgeordneter Schröder ({35}) 36. Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses ({36}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({37}) des Rates zur Änderung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Beschäftigungsbedingungen der sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften - Drucksachen 8/248, 8/545 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wernitz Vizepräsident Frau Renger 37. Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses ({38}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({39}) des Rates zur Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften angewandt werden - Drucksachen 8/315, 8/546 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wernitz 38. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({40}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Mitteilung der Kommission an den Rat über das Vorgehen auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur Vorschlag einer Entscheidung des Rates zur Einführung eines Beratungsverfahrens und zur Schaffung eines Ausschusses auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur Vorschlag einer Verordnung des Rates über die Unterstützung von Vorhaben von gemeinschaftlicher Bedeutung auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur - Drucksachen 7/5619, 8/553 - Berichterstatter: Abgeordneter Curdt 39. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({41}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung ({42}) des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr - Drucksachen 7/4923, 8/554 Berichterstatter: Abgeordneter Ollesch 40. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({43}) zu der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({44}) - Drucksachen 8/332, 8/480 - Berichterstatter: Abgeordneter Reuschenbach Es handelt sich um Beschlußempfehlungen der Ausschüsse über Vorschläge des Rates der Europäischen Gemeinschaften sowie um eine Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft zu einer zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs. Die Berichterstatter wünschen nicht das Wort. Das Wort wird auch sonst nicht gewünscht. Wir können, glaube ich, gemeinsam abstimmen. - Ich höre keinen Widerspruch. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungen auf den Drucksachen 8/441, 8/451, 8/520, 8/521, 8/541, 8/524, 8/525, 8/522, 8/523, 8/542, 8/545, 8/546, 8/553, 8/554 und 8/480. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - War das eine Gegenstimme, Herr Wehner? ({45}) - Gegen eine Gegenstimme angenommen. Meine Damen und Herren, wir kommen zu Tagesordnungspunkt 41: Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({46}) zu den aufhebbaren Verordnungen der Bundesregierung Neunundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz Dreiundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - Drucksachen 8/236, 8/237, 8/526 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Unland Das Haus braucht von dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft nur Kenntnis zu nehmen, wenn keine besonderen Anträge aus der Mitte des Hauses vorliegen. Das letztere ist nicht der Fall. Das Haus hat somit von dem Bericht Kenntnis genommen. Wir sind am Ende der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung für Freitag, den 17. Juni, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.