Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 5/27/1977

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Die Sitzung ist eröffnet. Im interfraktionellen Einvernehmen wird für die zweite Sitzungswoche im Juni folgende Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde empfohlen. In der Woche vom 20. Juni 1977 sollen mit Rücksicht auf die Haushaltsberatungen keine Fragestunden stattfinden. Jedes Mitglied des Hauses ist jedoch berechtigt, für diese Sitzungswoche bis zu vier Fragen an die Bundesregierung zu richten, die schriftlich beantwortet werden. Die Fragen müssen im Hinblick darauf, daß Freitag, der 17. Juni, gesetzlicher Feiertag ist, bis spätestens Donnerstag, den 16. Juni, 11 Uhr im Parlamentssekretariat eingereicht werden. Diese Abweichung von der Geschäftsordnung muß vom Bundestag nach § 127 der Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder beschlossen werden. Ich bitte diejenigen, die mit der Empfehlung einverstanden sind, um ein Handzeichen. - Ich darf um die Gegenprobe bitten. - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen worden. Die Verwaltung wird den Mitgliedern des Hauses noch eine Mitteilung über den soeben gefaßten Beschluß zugehen lassen. Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen, die den Aufdruck „Stand: 24. 5. 77, 15 Uhr" trägt, vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen. Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zur politischen Lage in Spanien ({0}) zuständig: Auswärtiger Ausschuß Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments über die Rohstoffversorgung in der Gemeinschaft ({1}) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft ({2}) Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Ergebnissen der Vierten Internationalen Parlamentarierkonferenz zu Umweltfragen in Kingston ({3}) vom 12. bis 14. April 1976 ({4}) zuständig: Innenausschuß Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments über die Vereinfachung der Zollverfahren, des Zollrechts sowie institutioneller Methoden für die Prüfung von Zollfragen und mit der Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag der Kommission an den Rat für eine Verordnung über die Schaffung einer gemeinschaftlichen Ausfuhranmeldung ({5}) zuständig: Finanzausschuß ({6}) Ausschuß für Wirtschaft Erhebt sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Ich stelle fest, daß das Haus einverstanden ist. Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 25. Mai 1977 die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Ergänzung des Entwurfs des Haushaltsplans 1977 übersandt. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/474 verteilt. Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 23. Mai 1977 im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt, dem Bundesminister für Wirtschaft und dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gradl, Wohlrabe, Frau Berger ({7}), Dr. Sprung, Frau Pieser, Luster, Müller ({8}), Dr. Kunz ({9}), Dr. Langner, Dr. Jentsch ({10}), Dr. Riesenhuber, Dr. Hüsch, Dr. Möller, Dr. Schwarz-Schilling, Frau Verhülsdonk und der Fraktion der CDU/CSU betr. Sperrguthabenvereinbarung und Vereinbarung über den Transfer von Unterhaltszahlungen mit der DDR vom 25. April 1974 ({11}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/472 verteilt. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vom 25. Mai 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marx, Windelen, Graf Huyn, Dr. Hupka, Dr. Gradl, Sauer ({12}), Frau Berger ({13}), Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU betr. Drosselung von Touristenreisen in die Baltischen Staaten seitens der sowjetischen Behörden und Verbot einer deutschen Ausstellung in Litauen ({14}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/481 verteilt. Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 25. Mai 1977 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und dem Bundesminister für Forschung und Technologie die Kleine Anfrage der Abgeordneten Leicht, Dr. Häfele, Haase ({15}), Frau Pieser, Dr. Kreile, Schröder ({16}), Landré, Dr. Meyer zu Bentrup, Dr. Voss, Dr. von Wartenberg, Dr. Sprung, Lenzer, Ey und der Fraktion der CDU/CSU betr. Umfang und Kosten der Beirats- und Gutachtertätigkeit ({17}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/484 verteilt. Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 26. Mai 1977 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schröder ({18}) , Hanz, Dr. Schulte ({19}), Ey, Dr. Schneider, Milz, Feinendegen, Sick, Dr. Jobst, Dr. Jenninger, Biehle, Frau Hoffmann ({20}), Dreyer, Dr. Stark ({21}), Tillmann, Dr. Riedl ({22}), Schmöle und der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen zum Schallschutz an Straßen ({23}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/485 verteilt. Überweisung von EG-Vorlagen Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung ({24}) Nr. 2749/75 über die Verringerung der Abschöpfung bei bestimmten Einfuhren von Futtergetreide in die Italienische Republik vom Wirtschaftsjahr 1973/74 an zur Änderung der Verordnung ({25}) Nr. 1163/76 über die Gewährung einer Umstellungsprämie im Weinbau über die Gewährung einer Prämie bei der Geburt von Kälbern im Wirtschaftsjahr 1977/78 ({26}) überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung ({27}) des Rates über die Einfuhren von Olivenöl mit Ursprung im Libanon ({28}) Präsident Carstens überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung ({29}) des Rates über zeitweilige Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für einige landwirtschaftliche Waren ({30}) überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung ({31}) des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zur Änderung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Anwendung der Bestimmungen über das gemeinschaftliche Versandverfahren sowie die Anwendung des Beschlusses Nr. 1/77 des durch das genannte Abkommen eingesetzten Gemischten Ausschusses ({32}) überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung ({33}) des Rates betreffend den Abschluß eines Abkommens zur Änderung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Osterreich zur Anwendung der Bestimmungen über das gemeinschaftliche Versandverfahren sowie die Anwendung des Beschlusses Nr. 1/77 des durch das genannte Abkommen eingesetzten Gemischten Ausschusses ({34}) überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Richtlinie des Rates mit ergänzenden Bestimmungen zu den von den Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen über die Rinderzucht ({35}) überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung des Rates über den Abschluß des Interimsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Libanesischen Republik ({36}) überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft ({37}), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung ({38}) des Rates zur sechsten Verlängerung der in der Verordnung ({39}) Nr. 2823/71 vorgesehenen zeitweiligen teilweisen Aussetzung der Zollsätze des gemeinsamen Zolltarifs für Wein mit Ursprung in und Herkunft aus der Türkei ({40}) überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung ({41}) des Rates über die Aufteilung eines Gemeinschaftskontingents für zur Herstellung von Brennwein bestimmten Wein aus frischen Trauben mit Ursprung in Algerien ({42}) überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um rechtzeitige Vorlage des Berichts vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Nunmehr rufe ich Punkt 7 unserer Tagesordnung auf: a) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes - Drucksache 8/126 - aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({43}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/437 - Berichterstatter: Abgeordneter Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein bb) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({44}) - Drucksache 8/434 Berichterstatter: Abgeordneter Biermann ({45}) b) Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes - Drucksache 8/154 - aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({46}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/437 - Berichterstatter: Abgeordneter Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein bb) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({47}) - Drucksache 8/434 Berichterstatter: Abgeordneter Biermann ({48}) Das Wort hat der Herr Abgeordnete Biermann.

Günter Biermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000180, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes zur Neuregelung des Kriegsdienstverweigerungsverfahrens beschäftigt den Bundestag bereits einige Jahre. Demzufolge haben die Sprecher der Fraktionen häufig Gelegenheit gehabt, die jeweiligen Auffassungen dem Parlament vorzutragen. Man könnte daher auch versucht sein, heute morgen einfach auf die Stenographischen Berichte der vergangenen und der derzeitigen Legislaturperiode zu verweisen. Aber wie ich gehört habe, will die Opposition heute ihrer Oppositionsrolle dadurch gerecht werden - und einigen Freunden in ihren Reihen damit entgegenkommen -, daß drei Redner aufgeboten werden, also eine Runde, wie sie vereinbart war, jetzt nicht in Frage kommen soll. In den letzten Tagen hat der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, der Landesgruppenvorsitzende der CSU, Herr Dr. Zimmermann, die Richtung der CSU deutlich gemacht und sich offenbar in der turbulenten Fraktionssitzung der Union am Dienstag dieser Woche wieder einmal durchsetzen können. Was wird hier nun heute morgen, so muß ich jetzt sagen, vorgebracht werden? Zunächst werden wir sicherlich wieder vernehmen können, daß sich die sogenannten Linken in der SPD-Bundestagsfraktion durchgesetzt haben sollen und Minister Leber diesen nachgegeben habe. ({0}) - Natürlich weiß auch Herr Dr. Wörner, daß diese Behauptung schlichtweg falsch ist. Er weiß genau, daß die SPD-Bundestagsfraktion einmütig hinter diesem Gesetz steht. Aber, Herr Dr. Wörner, welches sachliche Argument wollen Sie hier anfügen, wie wollen Sie dies begründen? Kann ich vielleicht Ihren Gesetzentwurf mal als Antwort entgegennehmen? Ganz sicher wird den Koalitionsfraktionen darüber hinaus auch heute wieder ein Abschied von der allgemeinen Wehrpflicht, eine Aufweichung der Verteidigungsbereitschaft unterstellt und vorgeworfen, sie wollten der NATO in den Rücken fallen. Sicherlich werden auch wieder Horrorzahlen über zukünftige Kriegsdienstverweigererzahlen an die Wand gemalt. Aber, meine Damen und Herren, Unterstellungen und falsche Behauptungen von Sprechern der Opposition werden durch ständiges Wiederholen nicht richtiger. Ich sage Ihnen darum noch einmal, dieses Gesetz, das wir heute beschließen werden, sichert die Freiheit der Gewissensentscheidung soweit wie möglich und sichert gleichermaßen die Erfüllung des Verteidigungsauftrags. Genau das ist der Wille meiner politischen Freunde. Das heißt, meine Damen und Herren von der Opposition, daß die allgemeine Wehrpflicht trotz Ihrer Unkenrufe bestehen bleibt, daß von einer Aufweichung der Verteidigungsbereitschaft keine Rede sein kann und daß wir der NATO weiß Gott nicht in den Rücken fallen werden. Kurz, wir werden mit diesem Gesetz unsere äußere Sicherheit in keiner Weise gefährden. Schon in der ersten Lesung des Gesetzentwurfes am 7. März dieses Jahres habe ich die Vertreter der Opposition darum gebeten, die Zahl derjenigen, die den Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gestellt haben, mit den Tatsachen, mit der Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Sie helfen weder dem Bürger im Lande noch sich selber, wenn Sie weiterhin Gespensterzahlen verbreiten. Wahr ist doch, daß die Zahl der Antragsteller in den ersten vier Monaten dieses Jahres gegenüber der Zahl des Vorjahres zurückgegangen ist. Wahr ist auch, daß die Bedarfsdeckung der Bundeswehr mit Wehrpflichtigen für die bevorstehenden Einberufungstermine außerordentlich günstig ist. Ich brauche dies angesichts des Verhältnisses von eins zu zwei nicht besonders zu erläutern. Warum verfolgen Sie eigentlich eine solche Politik der Angstmache? Oder nennen Sie dies wirklich Oppositionspolitik? Nachdem Herr Dr. Zimmermann inzwischen hat einsehen müssen, daß die CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat dieses Gesetz nicht noch einmal zu Fall bringen kann, droht er nun mit einer Verfassungsklage in Karlsruhe. Ganz sicher ist ihm klar, daß er damit keinen Erfolg haben kann; es wird ihm doch das Urteil aus dem Jahre 1970 bekannt sein, daß nach der Intention des Grundgesetzes der Gesetzgeber ein Anerkennungsverfahren zwar vorsehen kann, aber nicht dazu verpflichtet ist. Angesichts dieser Sachlage sehen wir dem Marsch des Herrn Kreuth-Ritter Zimmermann nach Karlsruhe mit großer Gelassenheit entgegen. Ich frage mich nur: Warum immer diese Verunsicherungen, in diesem Falle die Verunsicherung junger Menschen, denen meines Erachtens schon lange die Wahrnehmung eines Grundrechts unter rechtsstaatlichen Voraussetzungen vorenthalten worden ist? Der heute zur Verabschiedung vorliegende Gesetzentwurf trägt den Intentionen der Kriegsdienstverweigerer und der Bundeswehr in ausgewogener Weise Rechnung. Dabei bleibt die allgemeine Wehrpflicht erhalten, die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr unangetastet und gesichert, den Kriegsdienstverweigerern wird die Freiheit der Gewissensentscheidung soweit wie möglich zugestanden. Um die wesentlichen Inhalte des zur Verabschiedung anstehenden Gesetzentwurfs noch einmal deutdeutlich zu machen, möchte ich die wesentlichen Punkte kurz anreißen. Ich habe immer noch die Hoffnung, daß die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition bei einigem Nachdenken heute diesem Gesetzentwurf zustimmen können. ({1}) - Nun, ich weiß ja nicht, wieweit Sie vergattert sind. ({2}) Erstens. Für ungediente Wehrpflichtige, die weder einberufen noch vorbenachrichtigt sind, wird das Verfahren ausgesetzt, wenn sie sich auf Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes berufen. Sie gelten dann als Kriegsdienstverweigerer anerkannt, wenn sie den Zivildienst leisten, spätestens aber zwei Jahre nach Abgabe der vorgenannten Erklärung. Zweitens. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ein modifiziertes Prilfungsverfahren einzuführen - wir nennen es Feststellungsverfahren -, wenn die Sicherstellung des Verteidigungsauftrags nicht gewährleistet sein sollte. Hier haben wir allerdings keine Sorgen. Der Bundestag kann diese Rechtsverordnung binnen sechs Wochen nach Erlaß aufheben. Drittens. Soldaten, Einberufene, vorbenachrichtigte und gediente Wehrpflichtige müssen sich ohnehin grundsätzlich dem modifizierten Feststellungsverfahren unterziehen. Viertens. In diesem Feststellungsverfahren stehen die Prüfung der Ernsthaftigkeit und damit die Glaubwürdigkeit des Antragstellers im Vordergrund. Es kommt nicht mehr auf seine Ausdrucksfähigkeit an. Erscheint der Antragsteller nach seinem Gesamtverhalten als nicht glaubhaft und erhält er einen ablehnenden Bescheid, so ist dieser im Gegensatz zu begründen. Die Entscheidungstatsachen müssen in Zukunft gerichtlich nachprüfbar sein. Der Zivildienst selbst soll 18 Monate betragen. Die Zivildienstausnahmen sind durch Ableistung anderer Dienste oder durch freiwillige Arbeitsverhältnisse, im Gesetz näher erläutert, erweitert worden. Die Koalitionsfraktionen sind davon überzeugt, daß mit diesem Gesetz ein Stück mehr Rechtsstaatlichkeit verwirklicht wird. Wir werden hiermit die doch recht zweifelhaften Verfahren für Kriegsdienstverweigerer beseitigen. Wir werden die jungen Menschen nicht mehr in Gewissensnöte bringen. Ebenso machen wir aber auch deutlich, daß der Zivildienst weiß Gott kein leichter Dienst und erst recht kein Drückebergerposten ist. Wir bieten Dienste für diese Gemeinschaft, für unsere hilfsbedürftigen Bürger im Lande an. Von der Wirklichkeit dieses schweren Dienstes sollte sich ein jeder zunächst überzeugen, bevor er das Wort Drückebergerei oder ähnliches in den Mund nimmt. ({3}) Auf Seite 4 der Drucksache unter Ziffer 4 ist Ihnen die Zustimmung zu einer Entschließung emp2154 fohlen worden. Hierin werden die Bundesländer aufgefordert, Härtefälle, die sich aus der Anwendung des geltenden Rechts im Zusammenhang mit Strafverfahren gegen Kriegsdienstverweigerer ergeben haben, im Wege der Einzelbegnadigung zu bereinigen. Wir hoffen sehr, daß die Landesregierungen diese Entschließung ernst nehmen und möglichst großzügig davon Gebrauch machen. Ich kann nur hoffen, daß sich die Opposition heute morgen wenigstens in dieser Frage positiv entscheidet und sich nicht, wie es im federführenden Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung geschehen ist - und das im Gegensatz zum vergangenen Jahr -, dagegen ausspricht. Ich lade Sie ein, den Zug nicht zu verpassen. Abschließend beantrage ich für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion namentliche Abstimmung. ({4})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Verhülsdonk.

Roswitha Verhülsdonk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002371, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion ist seit drei Jahren initiativ, um eine Verbesserung der Prüfungsverfahren für Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen zu erreichen. Wir haben unseren diesbezüglichen Gesetzentwurf aus der 7. Legislaturperiode zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes auch im 8. Deutschen Bundestag wieder eingebracht. Dieser Gesetzentwurf hält prinzipiell an der Durchführung eines Anerkennungsverfahrens zur Feststellung der Echtheit der Gewissensentscheidung fest, vereinfacht, verbessert und beschleunigt aber das Verfahren. Die Beweisnot des Wehrdienstverweigerers wird dadurch vermindert, daß sein Antrag nur abgelehnt werden kann, wenn die überwiegende Wahrscheinlichkeit gegen Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit seines Begehrens spricht. Der Verweigerer soll in seiner Gesamtpersönlichkeit gewürdigt werden und nicht allein an Hand seiner Einlassungen im Verfahren. Unser Gesetzentwurf ermöglicht es den Kreiswehrersatzämtern, die Gewissensentscheidung nur dann zu prüfen, wenn der Antragsteller als Soldat benötigt wird. Andernfalls kann er automatisch in den Zivildienst überführt werden. Der Gesetzentwurf der Koalitionsparteien dagegen will die Prüfungsverfahren abschaffen und es der ungeprüften Willkür des einzelnen überlassen, ob er sich für Wehr- oder Zivildienst entscheidet. Bekanntlich ist dieser Gesetzentwurf der Koalition in der 7. Legislaturperiode daran gescheitert, daß der Bundespräsident aus verfassungsrechtlichen Gründen, wie es hieß, das Gesetz nicht unterschrieben hat. Der Bundespräsident selbst hat sich über seine Gründe, die Unterschrift zu verweigern, nicht geäußert. Bekannt ist, daß vor der Bundestagswahl 1976 - wie man übrigens unter der Hand erfahren konnte, auf Anweisung aus dem Verteidigungsministerium - die Prüfungskammern kaum noch tagten mit der Folge, daß vorhandene Zivildienstplätze zunehmend unbesetzt blieben. Offensichtlich sollten diese bereitgehalten werden, um den nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erwartenden Ansturm von Wehrdienstverweigerern zunächst einmal auffangen zu können. ({0}) Obwohl im Vorfeld des Gesetzes die Zahl der Antragsteller 1976 um fast 25 % auf über 40 000 angestiegen ist, beruft sich zur Zeit die Koalition auf die scheinbar sinkende Tendenz in den ersten Monaten 1977 und behauptet, das Gesetz passe doch eigentlich sehr gut in die Landschaft. Es liegt auf der Hand, daß der leichte Rückgang von Anträgen im Jahre 1977 vor allem darauf beruht, daß zur Zeit viele junge Männer die von bestimmten Medien genügend propagierte Verabschiedung des Koalitionsgesetzentwurfes einfach abwarten wollen. ({1}) Ich will Ihnen eine von vielen solcher Pressemeldungen vorlesen. Ich fand sie bemerkenswerterweise in der vom Bundesamt für den Zivildienst herausgegebenen Zeitschrift „Der Zivildienst" . Sie stammt aus der „Neuen Osnabrücker Zeitung" und stellt fest: Sehr viel Zeit kann sich die Koalition bei ihren Überlegungen nicht mehr lassen, da bereits viele junge Männer in Erwartung der versprochenen Wahlfreiheit zwischen Wehr- und Zivildienst ihre Entscheidung gegen die Bundeswehr getroffen haben. Sie müßten sich dem gegenwärtigen gültigen Prüfungsverfahren unterwerfen, das nur jene bestehen, die für die Verweigerung des Kriegsdienstes Gewissensgründe glaubhaft machen können. Die Koalitionsparteien, in deren Verantwortung der Gesetzentwurf steht, haben jeden nur möglichen Trick angewandt, um die wahre Bedeutung des Gesetzes zu verschleiern. ({2}) Pressemeldungen wie die von mir eben zitierte nennen die Dinge allerdings deutlich beim Namen: Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die faktische Abschaffung des Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht durch Einführung der Wahlfreiheit zwischen Wehr- und Zivildienst. Damit geht es, meine Damen und Herren, um den tiefsten Einschnitt in die Wehrstruktur seit den 50er Jahren. ({3}) Dies geschieht angesichts der auch vom Verteidigungsminister oft genug deutlich gemachten Tatsache, daß die internationale Sicherheitslage ernster ist denn je. Man muß sich fragen, was die Koalition eigentlich will, ob sie entgegen unserer Verfassung ein Berufsheer ansteuert und daneben eine Ersatzdienstarmee, letztere etwa zur kostengünstigen Ausfüllung von Lücken im sozialen Bereich. Jedenfalls will sie vor der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, daß es bei diesem Gesetz um sozialpolitische Lösungen gehe und eben auch um bessere arbeitsrechtliche Regelungen für Zivildienstleistende. Sie hat deshalb mit ihrer schwachen Mehrheit durchgesetzt, daß die Federführung bei der Beratung dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung übertragen worden ist. Meine Damen und Herren, namens meiner Kollegen von der CDU/CSU in diesem Ausschuß erkläre ich hier ebenso wie bei den Beratungen im Ausschuß, daß wir, wie die ganze Fraktion der CDU/ CSU, dieses Gesetz in erster Linie in seiner verteidigungspolitischen Bedeutung sehen. ({4}) Ebenso eindeutig wie unsere Kollegen im Verteidigungsausschuß stellen wir uns als Sozialpolitiker dieser Verantwortung uneingeschränkt. Ich erkläre deshalb folgendes: Wir waren und sind bereit, über jeden einzelnen Punkt des Gesetzentwurfs zu diskutieren. Was aber für uns nicht kompromißfähig ist, ist das Prinzip, um das es hier geht. Erstens. Nach unserer verfassungsmäßigen und gesetzlichen Ordnung ist die allgemeine Wehrpflicht, d. h. der Dienst in den Streitkräften, die Regel. Zweitens. Das Grundgesetz stellt die Ableistung dieses Dienstes nicht in das Belieben des einzelnen. Es beschränkt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ausdrücklich auf Gewissensgründe. Drittens. Der Staat kann deswegen die Entscheidung nicht der ungeprüften Willkür des einzelnen überlassen, sondern er muß sich, bei allen Schwierigkeiten, bemühen, ein Urteil über die Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit, mit der der Wehrpflichtige sein Gewissen geprüft hat, zu gewinnen. Viertens. Ein solches Verfahren muß für alle gleichermaßen gelten. Es darf keine prinzipielle Ungleichbehandlung zwischen noch nicht Einberufenen und bereits Dienenden geben, was der Gesetzentwurf der Koalition aber vorsieht. ({5}) Es darf kein Verfahren geben, das gerade dann gut genug ist, eingeführt zu werden, wenn Not am Mann ist - wie das der Gesetzentwurf der Koalition vorsieht -, falls nicht genügend Wehrdienstwillige übrigbleiben. ({6}) Ich verweise hierzu auch auf die Ausführungen der Wehrstrukturkommission in ihrem Bericht vom 28. November 1972, die folgendes feststellt: In der staatlichen Praxis gibt es einen Konflikt zwischen dem Verfassungsauftrag zur Landesverteidigung und dem Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung, der sich in den nächsten Jahren zuspitzen könnte. Die Kommission vertritt die Auffassung, daß dieser Konflikt durch gesetzliche und administrative Maßnahmen sowie gegebenenfalls durch Abstimmung der Normen begrenzt werden muß. Dabei ist die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zu berücksichtigen, daß die Erfüllung der Wehrpflicht rechtlich der Regelfall, die Kriegsdienstverweigerung dagegen rechtlich der Ausnahmefall ist. ({7}) Der Anspruch, der hier erhoben wurde, wird vom CDU/CSU-Entwurf voll erfüllt. Meine Damen und Herren, es kann nur mit ideologischer Verblendung erklärt werden, wenn jetzt unter Berufung auf zugegebenermaßen vorkommende Mißstände bei den Prüfungsverfahren, die auch wir von der CDU/CSU beseitigen wollen, mit der knappsten Mehrheit, die die Linkskoalition je hatte, ein so weitreichender und verfassungsrechtlich höchst bedenklicher Eingriff in die Wehrstruktur vorgenommen wird. ({8}) Der Beauftragte für den Zivildienst, Hans Iven, hat in der Zeitschrift „Caritas" vom März 1977, die dem Thema „Zivildienst und Caritas" gewidmet ist, folgendes zur derzeit noch geltenden Gesetzgebung ausgeführt: Es scheint jedoch als notwendig, sich an dieser Stelle einmal in das Bewußtsein zurückzurufen, daß bereits auf Grund der bisherigen Rechtslage die Bundesrepublik sich rühmen kann, eine der liberalsten Gesetzgebungen zu den Problemen der Kriegsdienstverweigerung zu besitzen. In vielen Staaten mit allgemeiner Wehrpflicht - die Voraussetzung für die Entstehung des Problems - ist der Konflikt zwischen dem Anspruch der Gemeinschaft auf Beteiligung des einzelnen Bürgers an der gemeinsamen militärischen Verteidigung und dem Anspruch des einzelnen auf Schutz seiner Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst einseitig zugunsten der staatlichen Seite gelöst worden. Dies gilt insbesondere für die Länder des Ostblocks, in denen keine Möglichkeit der Kriegsdienstverweigerung besteht, so daß dem Verweigerer dort nur der Weg in die Bestrafung bleibt. Aber auch andere Länder haben die Berufung auf eine Gewissensentscheidung gegen den Wehrdienst durch Einschränkung der zugelassenen Gewissensgründe und durch die Form der Ableistung des Alternativdienstes erschwert oder unmöglich gemacht. Die CDU/CSU steht zum Schutz der Gewissensentscheidung. Gewissen orientiert sich an Normen und Werten; Gewissen steht also in einer Bindung an eine vorgegebene Ordnung. Wer für die Freiheit der Gewissensentscheidung eintritt, darf Freiheit nicht mit Beliebigkeit verwechseln. ({9}) Dies aber geschieht, wenn sich der Staat - und sei es aus Sorge, einem seiner Bürger könnte es vielleicht nicht gelingen, seine Gewissensentscheidung verständlich zu machen - ganz zurückzieht und zuläßt, daß sich in vielen Fällen Dienstunwillige ausrechnen, wo ihr Vorteil liegt ({10}) und wie sie am ehesten an jeglicher Dienstpflicht vorbeikommen. ({11}) Es ist unbestritten, daß das Ansehen der Zivildienstleistenden bei den Wohlfahrtsverbänden und bei den von ihnen Betreuten erfreulich gestiegen ist, daß die meisten überwiegend positiv beurteilt werden und sehr viele ein echtes soziales Engagement zeigen. Man muß sich fragen, ob dies nicht doch weitgehend auch eine Folge davon ist, daß bei den heutigen Zivildienstleistenden generell davon ausgegangen werden kann, daß ihre Gewissensentscheidung glaubhaft ist und es sich bei ihnen eben nicht um Drückeberger gehandelt hat. ({12}) Man muß fürchten, daß sich aber in Zukunft bei der zu erwartenden wesentlich größeren Zahl der Zivildienstleistenden auch viele darunter befinden, die einfach gehofft haben, durch Verweigerung ganz davonzukommen, und daß damit dann das Ansehen der Zivildienstleistenden schnell sinkt. ({13}) Ja, es ist zu fürchten, daß sich dann auch die freien Träger der Wohlfahrtsträger überlegen müssen, ob sie ihr eigenes Ansehen bei der Bevölkerung durch unwillige Helfer gefährden wollen. ({14}) Im gleichen Maße aber, wie der Prozentsatz der tatsächlich zum Zivildienst Herangezogenen absinkt, steigt der Anreiz, sich mit der Postkarte ans Kreiswehrersatzamt ganz von der Dienstpflicht loszukaufen. Die Gefahr der Diffamierung der echten Kriegsdienstverweigerer muß deshalb sehr ernst genommen werden; wir brauchen eine Schranke gegen die Flut von unechten Anerkennungsanträgen. Zusätzlich wird die schwierige Situation Jugendlicher auf dem Arbeitsmarkt auch noch das Bestreben verstärken und die Neigung erhöhen, es einmal mit der Verweigerung zu versuchen, um auf diese Weise seinen Arbeitsplatz eher behalten zu können. Nun gibt sich der Koalitionsentwurf durchaus einige Mühe, durch Erhöhung der Zahl der Zivildienstplätze, durch das zusätzliche Angebot anderer Dienste und freiwilliger Arbeitsverhältnisse einer solchen Entwicklung entgegenzusteuern. Da aber in Zukunft jeder Platz, was ich aus Gründen der Chancengerechtigkeit sehr begrüße, über 18 Monate lang belegt bleibt, sind trotzdem Engpässe - übrigens auch im Bereich der Finanzierung - zu erwarten, insbesondere bei den anstehenden geburtenstarken Jahrgängen. Im ersten Augenblick wird der künstlich erzeugte Nachholbedarf allerdings über die später zu erwartenden Probleme hinwegtäuschen können. Lassen Sie mich jedoch auf ein heute schon erkennbares Problem hinweisen, nämlich auf die Tatsache, daß angesichts der Finanznot auch im Bereich der freien Träger der Wohlfahrtspflege Zivildienstleistende zunehmend als ein billiger Ausweg aus Personalnot angesehen werden. ({15}) Drei Zivildienstleistende kosten etwa das, was eine voll bezahlte Arbeitskraft kosten würde. Schon gibt es Beispiele, wo Dauerarbeitsplätze unbesetzt bleiben und statt dessen eben zwei oder drei Zivildienstleistende angefordert werden. Die Zuschüsse der öffentlichen Hand zu den Personalkosten der Träger der Wohlfahrtspflege sind angesichts der Finanznot der letzten Jahre prozentual stetig abgesunken. Da liegt ein solcher Ausweg in billige Arbeitskräfte natürlich nahe. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht, meine Damen und Herren, kann aber eine solche Entwicklung nur als höchst unerwünscht bezeichnet werden. ({16}) Noch ein Wort zur vorgesehenen Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf die Wohlfahrtsverbände: Hier ist zunächst kritisch zu fragen, welche Aufgaben das überhaupt sein sollen. Daß der Bund von den gewaltig steigenden Verwaltungskosten herunterkommen will, ({17}) ist bei seiner Finanzlage verständlich. Als höchst problematisch erscheint aber in diesem Zusammenhang die Absicht, einen „Betreuungsverband Zivildienst" zu errichten, der die Verwaltungsaufgaben für den Bereich jener Dienststellen übernehmen soll, die keinem Wohlfahrtsverband angehören. Die CDU/CSU teilt die Sorge des Beirats für den Zivildienst, hier könne eine Art staatliche Vorschaltorganisation des Bundesamts für den Zivildienst entstehen. Auch muß vor der Gefahr einer Konkurrenz zwischen Wohlfahrtsverbänden und Betreuungsverband nachdrücklich gewarnt werden, zumal ja daran gedacht zu sein scheint, daß alle Dienststellen wählen können, ob sie diesem Betreuungsverband beitreten wollen. Eine Vermischung staatlicher und gesellschaftlicher Bereiche durch solche neuen Verwaltungsstrukturen kann ganz und gar nicht wünschenswert sein. ({18}) Die CDU/CSU fordert die Bundesregierung auf, die politischen Bildungsveranstaltungen nach § 36 a des Zivildienstgesetzes quantitativ und qualitativ zu verbessern, ebenso die Einführungslehrgänge und hierfür die erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen. Überhaupt fordern wir die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, daß die immer noch bestehenden Bevorzugungen von Zivildienstleistenden gegenüber Wehrdienstleistenden abgebaut werden. ({19}) Das gilt für die Heimschlaferlaubnis ebenso wie zum Beispiel für die Genehmigung von Nebentätigkeiten bei Nachtdienst oder besonderen Dienstzeiten. Das gilt auch für die Auswahl des Dienstorts. Jeglicher Anreiz, der die Chancengleichheit von Wehrdienst und Zivildienst einseitig verschiebt, muß beseitigt werden, wenn der Sog in die falsche Richtung nicht zusätzlich künstlich verstärkt werden soll. Bisher hat niemand den Vorwurf ausgeräumt, daß zwar bei den zur Zeit noch geburtenschwachen Jahrgängen der Zahl nach sicher genügend Wehrdienstleistende übrigbleiben, jedoch diese in Qualität und Zusammensetzung dem tatsächlichen Bedarf der Streitkräfte nicht entsprechen. Wie dem zu steuern ist, können Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, bis heute nicht sagen. Es bleibt zudem die Auswirkung der ideologisch erzeugten Tendenz, der Zivildienst sei der eigentliche Friedensdienst und soziales Engagement sei nur im Zivildienst möglich; nur dort gebe es die Möglichkeit, etwas Sinnvolles zu tun. An diesen weit verbreiteten Meinungen, die bei jungen Leuten überall grassieren, sind Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, nicht unschuldig; ({20}) versuchen Sie doch auch heute wieder, den Eindruck zu erwecken, es handle sich quasi um ein schönes Sozialgesetz, das wir hier machen, das Engpässe in bestimmten sozialen Bereichen beseitigt, und es gehe dazu um die Liberalisierung der Anerkennungsverfahren, damit die Wahrnehmung des Grundrechts der Gewissensentscheidung endlich für jedermann gesichert sei. Für den Notfall - und der kann schnell eintreten, wenn geburtenschwächere Jahrgänge kommen - sehen Sie in Ihrem Gesetzentwurf die „Gewissensbefreiung auf staatlichen Widerruf" vor. Über diese Farce ernsthaft zu reden fällt wahrlich schwer. ({21}) Der Herr Verteidigungsminister Leber kann über das gesetzliche Alibi, das die Koalition ihm hier bereitet, weiß Gott nicht froh sein. Er kann wohl auch an seine politische Durchsetzbarkeit nicht ernsthaft glauben. ({22}) Meine Fraktion, die CDU/CSU, lehnt für dieses Gesetz und seine gefährlichen Konsequenzen für unsere eigene und die internationale Sicherheit jegliche Mitverantwortung ab. ({23}) Wir werden auch dem Entschließungsantrag nicht zustimmen können. Der Grund ist nicht, daß wir das Anliegen, das er enthält, prinzipiell nicht mittragen möchten. Aber die hier vorgeschlagene Verfahrensweise, daß man es den möglicherweise sehr unterschiedlichen Meinungen und Tendenzen von zehn Bundesländern überlassen will, wie sie mit dem Problem fertig werden, scheint uns nicht der geeignete Weg zu sein. ({24})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hölscher.

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es überraschte mich nicht, daß die Kollegin Verhülsdonk auch als Sozialpolitikerin sagte, die Opposition bewerte diese Gesetzesvorlage vor allem unter verteidigungspolitischen Aspekten. Das ist legitim. Selbstverständlich muß die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr bei diesem Gesetz beachtet werden. Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich für uns feststellen: Für uns geht es in erster Linie darum, einen für diesen Staat unwürdigen Zustand, der in der inquisitorischen Gewissensüberprüfung von jungen Menschen liegt, zu beenden. Hierum geht es uns in erster Linie! ({0}) Der Kollege Biermann hat recht, wenn er darauf hinwies, daß wir uns hier schon viermal mit diesem Thema befaßt haben. Man könnte in diesem Zusammenhang zwar auf die Stenographischen Berichte verweisen, aber gerade nach dem Beitrag der Kollegin Verhülsdonk ist es doch wohl sinnvoll, noch einmal auf die Prinzipien, auf die Ziele dieses Gesetzentwurfs hinzuweisen. Die Mängel der Prüfungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer sind ja eigentlich unbestritten, auch bei der Opposition. Nur: Wir sind der Meinung, hier müssen deutliche Konsequenzen gezogen werden. Und, Frau Kollegin Verhülsdonk - damit Sie das nicht alles so in die bewährte linke Ecke stellen können -: Wir sind hier mit der Evangelischen Kirche, mit katholischen kirchlichen Institutionen, mit Gewerkschaften und vielen anderen Verbänden einer Meinung. Gewissensüberprüfungen überfordern genau genommen alle. Sie überfordern nicht nur die Kriegsdienstverweigerer selbst, sondern auch die Beisitzer und Vorsitzenden der Prüfungsinstanzen. Die Entscheidungen sind eben von Zufällen abhängig: Es ist wichtig, eine entsprechende Schulbildung zu haben. Es ist wichtig, geschickt aufzutreten. Es ist sehr wichtig, einem Beisitzer, einem Vorsitzenden gegenüberzustehen, der sich redlich bemüht, zu objektiven Entscheidungen zu kommen. ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner.

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Weil eben Gewissensentscheidungen nicht justitiabel sind, sind die Überprüfungen peinlich, sind sie vom Verfahren her oft inquisitorisch und haben menschenunwürdigen Charakter. Hierüber könnte man ja noch hinwegsehen, wenn es nicht in Tausenden von Fällen zu schlimmen Folgen gekommen wäre. Ich glaube, wir haben es zu verantworten, wenn bei jungen Menschen Zweifel laut geworden sind, ob es der Staat mit der Wahrnehmung, mit der Gewährung eines Grundrechts wirklich ernst nimmt. Meine Damen und Herren, was muß denn ein junger Mensch von einem Staat, von einer Gesellschaft halten, ein junger Mensch, der, wie in Tausenden anderen Fällen, in die Mühlen einer solchen Prüfungsprozedur geraten ist, wiederholt zu einem peinlichen seelischen Striptease gezwungen wird, dennoch nicht anerkannt wurde, zur Bundeswehr mußte, dort wegen Befehlsverweigerung eingesperrt wurde und wegen dieser Befehlsverweigerung zum Schluß vielleicht sogar noch mit Erfolg seine Anerkennung bekam, weil er seinem Gewissen folgte und sogar Diskriminierung und Bestrafung auf sich nahm? Die sauberste Konsequenz aus diesen Erfahrungen wäre eigentlich die völlige Abschaffung der Prü2158 fungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer gewesen. Denn es ist für einen Staat, der als einziger der Welt das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung in der Verfassung verankert hat, unwürdig, auch nur einen Menschen - bewußt oder unbewußt - daran zu hindern, dieses Grundrecht wahrzunehmen. Aber weil wir aus verteidigungspolitischen Gründen diese sauberste Lösung nicht verantworten konnten, haben wir einen Kompromiß gefunden, der die Aussetzung der Prüfungsverfahren für den größten Teil der Kriegsdienstverweigerer, nämlich der noch nicht Einberufenen, vorsieht. Für den Rest, also z. B. kriegsdienstverweigernde Soldaten, finden Verfahren statt, die gegenüber den alten Verfahren allerdings erheblich verbessert wurden, die die Rechtsstellung der Antragsteller stärken. Lassen Sie mich einige Worte zum Gesetzentwurf der Opposition sagen. Wir können diesem vor allen Dingen deshalb nicht zustimmen, weil er prinzipiell an dem Prüfungsverfahren für sämtliche Kriegsdienstverweigerer festhält. Damit wird generell überhaupt nichts geändert. Die Entscheidungen liegen nach wie vor im freien Ermessen der Prüfungsgremien. Allerdings, meine Damen und Herren - das wurde in der Öffentlichkeit noch gar nicht richtig bewertet -: Die CDU/CSU kommt zu einer sehr interessanten Ausnahmeregelung, daß nämlich ein Antragsteller dann nicht überprüft werden muß, wenn die Bundeswehr ihn nicht braucht. Ich finde, das ist eine sehr eigenwillige Auslegung des Gleichheitsprinzips. Ja, ich muß sarkastisch sagen: Es ist eine Umkehrung der sonst in der Gesellschaft vorhandenen Chancen. Da hat der Hilfsarbeiter, der es sonst im Leben schwer hat, die Möglichkeit, ohne jede Prüfung zum Zivildienst zu kommen, während sich der Techniker, den die Bundeswehr benötigt, einer Prüfungsprozedur unterziehen muß. Wenn also die Opposition schon der Meinung ist, in diesem Bereich seien Gleichheitsgrundsätze verletzt, sollte sie daraufhin doch einmal ihre eigenen Vorschläge überprüfen. Auch finde ich es beachtlich, daß Frau Kollegin Verhülsdonk, wenn ich sie richtig verstanden habe, für die Opposition sogar anregte, Gewissensfreiheit in Zukunft dort voll praktizieren zu lassen, wo der berufsspezifische Bedarf der Bundeswehr dies zuläßt. Frau Kollegin Verhülsdonk, da nützen alle schönen Worte gegenüber Zivildienstleistenden über ihr soziales Engagement nichts, wenn Sie auf der anderen Seite durch solche Äußerungen den Kreis der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen dadurch diskriminieren, daß Sie sagen: Eigentlich sollten aber so hochqualifizierte Leute besser zur Bundeswehr; seht mal zu, daß die Bundeswehr diese Leute in Zukunft bekommt! Und alles das, was berufsspezifisch für die Bundeswehr nicht taugt, darf dann vielleicht zum Zivildienst gehen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Verhülsdonk?

Roswitha Verhülsdonk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002371, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hölscher, ist Ihnen vielleicht aufgefallen, daß keineswegs die Aussage gemacht wurde, Hochqualifizierte gehörten in die Bundeswehr, sondern daß von uns nur gesagt worden ist, es dürfe nicht dahin kommen, daß für die Bundeswehr nur ein Rest übrigbleibt, der von seiner Ausbildung her dort nicht unbedingt verwendbar ist? Das ist ein Unterschied. ({0})

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Kollegin Verhülsdonk, durch Ihren Beitrag - den ich nachlesen werde - zog sich wie ein roter Faden - das .ist meine Schlußfolgerung - eine Abwertung des Zivildienstes. ({0}) Ich habe volles Verständnis für den Bedarf der Bundeswehr an qualifizierten Wehrpflichtigen, aber ich finde, man kann ein Grundrecht in einem Rechtsstaat nicht so handhaben, daß man die Entwicklung so zu steuern versucht, daß die Bundeswehr entsprechend qualifizierte Leute bekommt, beim Zivildienst aber nicht das gleiche tut. Frau Verhülsdonk, wenn Sie konsequent wären, müßten Sie andererseits Regelungen suchen, auf Grund deren in den Zivildienst - möglicherweise zu Lasten der Bundeswehr - mehr medizinisch vorgebildete Leute, etwa aus den Krankenpflegeberufen, kommen. Dann wäre das konsequent. So aber bleibt eben ein Schlagschatten, eine Tendenz, die jedenfalls ich für den Zivildienst nicht haben möchte.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wörner?

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte schön.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hölscher, wären Sie bereit, mir zuzugestehen, daß der Verfassungsauftrag der Bundeswehr voraussetzt, daß die Bedarfsdeckung der Bundeswehr - selbstverständlich unter Respektierung des Art. 4 des Grundgesetzes - Vorrang vor dem zivilen Ersatzdienst hat? ({0})

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vorrang vor dem zivilen Ersatzdienst? ({0}) - Ich komme noch darauf. Ich werde mir den Spaß erlauben, aus Ihren eigenen Reihen zu zitieren, Herr Dr. Wörner. ({1}) - Ich komme sofort darauf; ich möchte aber im Zusammenhang vortragen. Hier gibt es die unterschiedlichsten Interpretationen. ({2})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, es liegt eine dritte Bitte zu einer Zwischenfrage vor. Gestatten Sie auch die noch?

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident, meine Zeit ist begrenzt. Ich bitte den verehrten Kollegen, seine Frage zurückzustellen. Zunächst möchte ich die Frage von Herrn Dr. Wörner beantworten. Man kann sehr wohl, Herr Dr. Wörner, die Meinung vertreten, das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung stehe für sich; es stehe nicht so stark, wie Sie meinen, im Konflikt mit dem Bedürfnis nach äußerer Sicherheit. Ich habe schon in der letzten Debatte Ihren jetzigen Generalsekretär, Heinrich Geißler, zitiert, der in seiner Dissertation - auf deutsch: in seiner Doktorarbeit; vielleicht steht er heute nicht mehr dazu und gibt seinen Doktortitel zurück; ich weiß es nicht - dem Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes den Primat vor dem Verteidigungsauftrag gibt. ({0}) Das ist nicht meine Meinung; ich zitiere Herrn Geißler. ({1}) Sie stellen doch diejenigen, die sich in dieser Konfliktsituation Gedanken machen und abwägen, in die extremistische Ecke. Tun Sie das dann bitte auch mit Ihrem jetzigen Generalsekretär! ({2}) Meine Damen und Herren, Heinrich Geißler geht sogar so weit, daß für ihn die verfassungsrechtliche Frage lautet: „Verstößt das Wehrpflichtgesetz gegen Art. 4 Abs. 3?", nicht dagegen umgekehrt: „Ist Art. 4 Abs. 3 mit der allgemeinen Wehrpflicht vereinbar?". Geißler stellt fest, die Entscheidung müsse zugunsten der Gewissensfreiheit fallen, weil der Zwang zum Kriegsdienst gegen das Gesetz mit Sicherheit die Menschenwürde verletzt, während mit dem Verzicht auf Verteidigung anderer Güter ein entsprechender Verletzungsvorgang zunächst einmal nicht notwendig verbunden ist. - Nicht Hölscher, sondern Heinrich Geißler, wohlgemerkt! ({3}) Geißler geht hier sicher sehr weit, zeigt aber, welche Spannbreite der Diskussion bei einem Konflikt zwischen Individualrecht einerseits und allgemeiner Wehrpflicht und Verteidigungsauftrag andererseits möglich ist. Wir, die Koalitionsfraktionen, sind - Herr Geißler müßte jetzt aus ganz anderer Perspektive dagegen stimmen, wenn er hier Mitglied dieses Hauses wäre - jedenfalls beiden Aufgaben gerecht geworden; das können Sie nicht bestreiten. Die Wahrnehmung des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung wird erleichtert, und dennoch bleibt die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr sichergestellt. Ich halte auch das Argument, die allgemeine Wehrpflicht würde abgeschafft, Herr Dr. Wörner, nach wie vor für absurd, und zwar zum einen aus ganz formalen Gründen. Der Wehrpflicht wird nämlich auch durch Ableistung des Zivildienstes Genüge getan. Ich erinnere Sie an andere Verpflichtungsmöglichkeiten - Zivilschutz und sonstige gesetzlich definierte Dienste -, durch welche die Wehrpflicht abgeleistet wird. Im übrigen möchte ich auch noch einmal sagen: Die endgültige Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer erfolgt erst durch das Zivildienstverhältnis, durch die Annahme zum Zivildienst oder nach einer Frist von zwei Jahren. Bei Inkrafttreten der Rechtsverordnung für die mögliche Wiedereinführung der Prüfungsverfahren stehen all die Kriegsdienstverweigerer, die diese Bedingungen noch nicht erfüllen, eben wieder vor den Prüfungen und müssen möglicherweise zur Bundeswehr. Ich bin der Meinung - das ist meine persönliche Meinung -: Bei der Sicherstellung der Aufgabenerfüllung der Bundeswehr sind wir an die äußerste Grenze dessen gegangen, was zur Sicherstellung eines Individualgrundrechts noch vertretbar ist. Herr Geißler ginge jedenfalls sicher wesentlich weiter, sofern er seine Meinung inzwischen nicht geändert hat. Lassen Sie mich auch noch etwas zu den Kriegsdienstverweigererzahlen sagen. Es mag sein, daß nach Inkrafttreten des Gesetzes die Zahlen etwas nach oben gehen. Aber, Frau Verhülsdonk, ich glaube, daß wir die eigentliche Welle hinter uns haben. Sie trat nach dem November 1975 auf, als, wie Sie wissen, der Verteidigungsminister einen Erlaß herausgab, der zur Folge hatte, daß Kriegsdienstverweigerer, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen war, nicht zur Bundeswehr einberufen wurden. Im übrigen - ich bitte Sie, auch das zur Kenntnis zu nehmen - haben wir im ersten Quartal 1977 eine sinkende Tendenz: Wir haben 7,2 % Kriegsdienstverweigerer weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Wir haben im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung auch dem Vertreter des Verteidigungsministeriums bezüglich der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr Fragen gestellt. Dort ist uns sehr eindeutig gesagt worden: Auch bei ungünstigen Annahmen, auch wenn die Zahlen noch um 30 % höher lägen, würde die personelle Ersatzbestellung der Bundeswehr nicht gefährdet, weil unter anderem in verstärktem Maße Zeitsoldaten einberufen werden. Das hat sogar dazu geführt, daß die Planung zur Einberufung von Wehrpflichtigen für die Monate Juli/ August 1979 bereits erheblich reduziert werden konnte. Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang dennoch auch eine Mahnung an Kriegsdienstverweigerer aussprechen. Kriegsdienstverweigerung wird in Zukunft noch weniger bedeuten, überhaupt keinen Dienst leisten zu müssen. Ich kann jeden, der glaubt, sich vor jedem Dienst drükken zu können, indem er sich zum Kriegsdienstverweigerer erklärt, nur davor warnen, dies zu tun; denn Wehrgerechtigkeit heißt in Zukunft nicht etwa, daß beim Zivildienst die gleichen Quoten einberufen werden wie bei der Bundeswehr, sondern Wehrgerechtigkeit heißt in der Praxis höchstwahrscheinlich, daß jeder für den Zivildienst taugliche Kriegs2160 dienstverweigerer einberufen wird, aber nicht jeder tauglich gemusterte Wehrpflichtige. Von zwei Wehrpflichtigen wird die Bundeswehr in Zukunft nur einen brauchen; aber unsere Krankenhäuser, unsere offenen Alten-, Kranken- und Behindertenhilfen brauchen Zivildienstleistende. Es fehlen 15 000. Wir können wesentlich mehr Zivildienstleistende aufnehmen, als da sind. Jeder Kriegsdienstverweigerer, der für einen Zivildienst tauglich ist, muß dort hin. Für mich sind es jetzt wirklich alte Ladenhüter, wenn ich von der Opposition immer wieder höre, hier würde ein Drückebergereffekt eintreten. Wenn wir, Frau Kollegin Verhülsdonk, in diesem Zusammenhang uns ernsthaft über Wehrgerechtigkeit unterhalten, dann sollten wir einmal überlegen, ob das noch Wehrgerechtigkeit ist: dem einen jungen Menschen, der der Wehrpflicht untersteht, aber Kriegsdienstverweigerer ist, die Chance zu geben, daß er auf jeden Fall gezogen wird, dem anderen Wehrpflichtigen aber, der kein Kriegsdienstverweigerer ist, die Chance offenzulassen, überhaupt keinen Dienst leisten zu müssen. Von Wehrgerechtigkeit kann hier überhaupt nicht geredet werden. Wir werden auch in Zukunft eine Wehrungerechtigkeit zu Lasten des Zivildienstes haben. Ich möchte zum Schluß kommen und noch einmal sagen, daß ich immer noch hoffe, daß die Opposition im Bundesrat dem Gesetzentwurf zustimmt. Ich möchte auch mit der Legendenbildung Schluß machen, daß dieses Gesetz noch nicht in Kraft sei, habe der Bundespräsident zu vertreten. Dies stimmt ja nun nicht. Hätten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, in der letzten Legislaturperiode diesem Gesetzentwurf zugestimmt, wäre er schon längst in Kraft, hätten die Krankenhäuser die Zivildienstleistenden, die sie brauchen, und brauchten viele tausend junge Menschen nicht mehr in diese unwürdige Gewissensüberprüfungsmühle. ({4}) Ich weiß, daß Sie auch in der Öffentlichkeit sehr gerne so tun, als habe der Bundespräsident etwa wegen inhaltlicher Bedenken hier nicht unterschrieben. Sie wissen genau, daß es formalrechtliche Bedenken waren, nämlich in der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit. Ich kann nur bedauern, daß dieser Gesetzentwurf erst heute verabschiedet wird. Ich hoffe zwar, Sie stimmen ihm im Bundesrat zu. Aber meine Hoffnung ist klein; das muß ich auch nach dem sagen, was heute hier erklärt wurde. Aber vielleicht ist es bei konservativer Denkweise konsequent, nicht auf die Eigenverantwortlichkeit eines freien Bürgers zu setzen, sondern ihm mit Mißtrauen und Reglementierung zu begegnen. Diese Grundhaltung zeigt sich auch in anderen Bereichen des Rechts. So werden eben Liberale und Sozialdemokraten allein, aber nicht so allein, daß wir uns nicht im Einvernehmen mit weiten Kreisen der Bevölkerung befinden, mit den Kirchen, mit den Gewerkschaften, ({5}) mit der Unterstützung der großen Mehrheit dieses Volkes dafür sorgen, ({6}) daß auch in diesem Bereich wieder etwas mehr Rechtssicherheit und Menschenwürde in unserem Land geschaffen werden können. ({7})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung.

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist keine Vorlage der Bundesregierung, sondern ein Initiativgesetzentwurf aus der Mitte des Deutschen Bundestages. Ich möchte mir aber erlauben, ein paar Anmerkungen zu der Vorlage zu machen. Das derzeitige Anerkennungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer weist erhebliche Mängel auf. Ich habe aus der bisherigen Debatte auch entnommen, daß sich alle Fraktionen des Deutschen Bundestages darüber im Prinzip einig sind. Ich habe auch keine andere Überzeugung aus vielen Gesprächen, die wir mit der Bevölkerung darüber geführt haben, gewonnen. Diese Auffassung aller Fraktionen des Bundestages wird geteilt von allen Kirchen, von allen Verbänden, insbesondere auch von den Jugendorganisationen. Wir haben es hier nicht nur damit zu tun, daß junge Männer, die eingezogen werden sollen und sich auf Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes stützen, geprüft werden müssen, sondern auch mit dem noch schwierigeren Faktum, daß junge Männer, die eine Vorladung zur Musterung erhalten, die vielleicht gar nicht einberufen werden, aber deswegen, weil sie nach der Ladung zur Musterung und weil sie als wehrfähig gemustert sind, dann ihren Einspruch geltend machen. Es müssen also auch diejenigen geprüft werden, die die Bundeswehr überhaupt nicht braucht. Wir wissen aus den Erfahrungen mit den bisherigen Verfahren, daß viele junge Männer Schwierigkeiten haben, sich zu äußern und darzulegen, was sie drückt. Die Ablehnung des Antrags beruht vielfach in erster Linie darauf, wie beschlagen der Antragsteller ist und wie er in der Verhandlung auftritt. Das alles hat nicht selten zu Kurzschlußhandlungen, schlimmen Folgen, Dienstvergehen, auch zu Straftaten geführt. Diesen Mängeln abzuhelfen dient der vorliegende Gesetzentwurf. Zunächst äußere ich mich zu den von den Regierungsparteien vorgelegten Entwurf. Ich nehme an - das wollte ich hinzusagen -, daß das Sie genauso drängt, hier Abhilfe zu schaffen. Es wäre schon eine Menge gewonnen, wenn draußen im Lande sichtbar wäre, daß sich alle Fraktionen des Deutschen Bundestages darüber einig sind, daß solche Mängel bestehen und behoben werden müssen. Das ist nämlich meiner Auffassung nach nicht klar. Das sollten Sie deutlich sagen, meine Damen und Herren! ({0}) Die Zielsetzung des Entwurfs der Regierungsfraktionen geht davon aus, daß ein junger Staatsbürger auch ein verantwortlich denkender und handelnder Bürger ist. Die Koalition bringt daher den Willen und den Mut auf, mit ihrer Vorlage Vertrauen in die junge Generation zu signalisieren. Dies unterscheidet diese Vorlage von dem Zustand, wie er früher war. Nach dem von ihr eingebrachten Gesetzentwurf wird daher die Masse der Wehrpflichtigen, die den Kriegsdienst verweigern wollten, nicht geprüft. Nur bereits zum Wehrdienst einberufene Soldaten und Gediente unterliegen einem neugeregelten Prüfungsverfahren. Damit entfallen für die Mehrzahl alle Verfahren. Lediglich dann, wenn die Bedarfslage es erfordert, also Gefahr für den Bestand der Bundeswehr im Verzuge ist, kann durch einfache Rechtsverordnung der Bundesregierung ein neugeregeltes Prüfungsverfahren wieder angeordnet werden. Und hier liegt in der Tat der Dissens: Die Vorlage von Ihnen besteht in allen Fällen auf der Beibehaltung eines Prüfungsverfahrens; es muß künftig alles nach einem neuen Verfahren geprüft werden, auch diejenigen, die gar nicht gebraucht werden. ({1}) Nach der Auffassung der Regierungsfraktionen wird das Prüfungsverfahren so lange ausgesetzt, wie es nicht benötigt wird, weil der Bestand der Bundeswehr dadurch nicht gefährdet ist, meine Damen und Herren! Wenn von der Opposition behauptet wird - ich setze mich hier mit Vorwürfen auseinander -, die Bundesregierung habe nicht die Kraft, erforderlichenfalls eine solche Rechtsverordnung zu erlassen, dann kann ich nur sagen: Diese Bundesregierung hat die Kraft, und sie wird diesen Schritt tun, wenn die Lage der Bundeswehr das erforderlich macht. ({2}) Es ist auch keineswegs so, daß der Erlaß einer Rechtsverordnung nur in das Ermessen der Bundesregierung gestellt wäre. Dies ist ein wichtiger Punkt, von dem ich mich erinnere, daß er im frühen Stadium für Sie eine große Rolle gespielt hat. Der Erlaß einer solchen Rechtsverordnung setzt nach dem Gesetzentwurf voraus, daß die Zahl der verfügbaren Wehrpflichtigen aus den aufgerufenen Jahrgängen nicht ausreicht, um die Erfüllung des Verteidigungsauftrages der Streitkräfte sicherzustellen, setzt also voraus, daß diese Gefahrenzone beginnt. Ob diese Voraussetzung vorliegt, hängt davon ab, ob die vom Gesetzgeber im Haushaltsplan festgestellten Umfangszahlen der Bundeswehr nach dem neu gewollten Verfahren erfüllt werden, erreicht werden oder nicht. Es liegt nicht im Ermessen der Bundesregierung, sondern die Schlüsselzahl wird durch Gesetz vom Plenum des Deutschen Bundestages beschlossen. Hier ist es keine Ermessensfrage mehr für eine Regierung, sondern wenn die Regierung zu dem Ergebnis kommt, daß diese vom Deutschen Bundestag beschlossene Umfangszahl der Deutschen Bundeswehr nach dem neu gewählten Verfahren nicht erreicht wird, dann muß die Regierung eine Rechtsverordnung erlassen und ein Prüfungsverfahren wieder einsetzen. Dies ist der Vorgang, mit dem wir es zu tun haben. Die Beibehaltung eines Prüfungsverfahrens für Einberufene, für Soldaten und Gediente, sowie die Pflicht zur Wiedereinführung eines Prüfungsverfahrens für die übrigen Wehrpflichtigen bei angespannter Wehrersatzlage widerlegen auch die Behauptung, die aufgestellt wird, die Neuregelung bedeute praktisch die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Formal ist diese Behauptung schon deswegen unzutreffend, weil durch den Wehrdienst und im Falle der Kriegsdienstverweigerung durch den Zivildienst erfüllt wird, was gefordert wird. In Zukunft, das sage ich Ihnen - ich weiß, das wird vielen überhaupt nicht gefallen; denn viele, die eine Neuregelung des Rechtes der Kriegsdienstverweigerer verlangt haben, wollten de facto eine Abschaffung des Ganzen, damit eine Freistellung -, werden viele sich aber wundern. Denn mit dieser Neuregelung wird die Zahl der Dienstleistenden im ganzen nicht kleiner, sondern größer. Wenn wir Wehrdienst und Zivildienst addieren, werden wir deshalb, davon bin ich fest überzeugt, nach der Neuregelung, die hier gefunden ist, im ganzen viel mehr Dienst für den Staat bekommen als bisher und damit mehr Wehrgerechtigkeit im ganzen, ({3}) weil mehr Dienstleistung verlangt wird und mehr Dienstleistung erfolgen wird. Die bisherige Zunahme der Zahl der Kriegsdienstverweigerer, die wir im letzten Abschnitt von anderthalb Jahren erlebt haben, ist nicht überraschend. Wir hatten das Verfahren so gelockert, daß es in die Nähe des Zustandes kam, der durch das vorliegende Gesetz geschaffen werden soll, weil ich auch sehen wollte, wie das vermutlich in der Praxis aussehen würde, und Risiken vermindern wollte. Ich habe mich dabei im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gehalten, die der Verteidigungsminister hat. Wir tappen also nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht völlig in Neuland, sondern haben den Boden durch eine entsprechende Handhabung alten Rechts schon erkundet. ({4}) - Weil ich nicht möchte, daß Unklarheit im Rechtlichen bleibt. Bis jetzt ist das gutgegangen, Herr Kollege.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Biehle?

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Bitte sehr.

Alfred Biehle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000176, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, darf ich Sie daran erinnern, daß bei der Verabschiedung des Haushaltsstrukturgesetzes, die trotz der Warnungen der CDU/CSU erfolgte, die Bundesregierung festgestellt hat, daß es sich nicht zum Nachteil der Bundeswehr auswirken werde, daß aber in der Zwischenzeit vor wenigen Wochen Sie dem Verteidigungsausschuß eine Vorlage unterbreitet haben, in der festgestellt wurde, daß der enorme Rückgang der Zahl der Zeitsoldaten im vergangenen Jahr um über 60 % eine Auswirkung des Haushaltsstrukturgesetzes ist und damit nahezu 40 000 Fehlstellen bei den Zeitsoldaten vorhanden sind - wodurch Ihre Glaubwürdigkeit für Prognosen sicher nicht größer geworden ist? ({0})

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Klatschen Sie nicht zu früh; Sie dürfen eine Frage nicht beklatschen, ehe Sie die Antwort kennen; das könnte für Sie schwierig werden. ({0}) Ihre Frage interpretiert eine Äußerung von mir, die ich so nicht gemacht habe. Ich komme nachher, weil ich den Sachzusammenhang nicht zerstören will, auf Ihre Frage zurück und werde dann auch - ({1}) - Sie brauchen keine Angst zu haben, ich vergesse das schon nicht. Die bisherige Zunahme der Zahl der Anträge ist nicht überraschend. Sie übersteigt auch nicht den Rahmen, der durch die Notwendigkeit der Bedarfsdeckung der Streitkräfte gesteckt ist. Wir hatten im Jahr 1976 einen Anstieg von nicht ganz 25 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, das ein vergleichsweise geringes Aufkommen an Kriegsdienstverweigerern aufwies. 1975 war ein starker Rückgang. 1976 hatten wir dann eine Vermehrung um 25 % gegenüber 1975. Das sind Wellenbewegungen, wie Sie feststellen können, wenn Sie die letzten 10 Jahre betrachten. Die würde es also auch bei Beibehaltung der alten gesetzlichen Regelung immer geben. Diese Wellenbewegungen machen 20 % herauf und herunter aus. Dies galt auch im vergangenen Jahr. Wenn man den richtigen Maßstab anlegen will, muß man sehen, daß die 40 618 Antragsteller im Jahre 1976 noch kein Zehntel des Geburtsjahrganges ausmachen. Dieser umfaßt im Jahr 1976 425 000 junge Männer. Dabei ist auch zu bedenken, daß die Lage der Antragsteller noch nie so günstig gewesen ist wie seit Ende 1975. Anders als noch vor 11/2 Jahren werden Kriegsdienstverweigerer auf meine Weisung grundsätzlich nicht zum Wehrdienst herangezogen. Das war der Vorgriff auf die künftige Praxis. Es bedeutet, daß sie bis zur unanfechtbaren Entscheidung den Zivildienst nicht anzutreten brauchen. Dies war ein Nachteil gegenüber der kommenden Regelung, weil sie dann den Zivildienst antreten müssen. Das wird sich mit dem Inkrafttreten der Neuregelung ändern; dann müssen die Kriegsdienstverweigerer, bei denen eine Erklärung genügt, unverzüglich, alsbald, wie es bei den Wehrfähigen und zum Wehrdienst Bereiten ist, den Zivildienst antreten, nicht erst viele Monate oder viele Jahre später, bis ein jahrelang dauerndes Prüfungsverfahren im ganzen abgewickelt ist. Der Zivildienstpflichtige muß künftig 18 Monate lang Dienst tun. Ich bin mit dem Bundesbeauftragten für den Zivildienst darüber einig, daß die Belastungen des Zivildienstes denen des Wehrdienstes entsprechen müssen. Dies wird bei einem höheren Aufkommen an Zivildienstleistenden allein schon dadurch eintreten, daß es dann nicht mehr möglich sein wird, den Zivildienst überwiegend heimatnah oder in der eigenen Stadt zu verrichten, sondern wegen der großen Zahl der Zivildienstplätze, die wir brauchen, wird es zwangsläufig eine vergleichbare regionale Dienstleistung wie beim Wehrdienst geben. Ein Teil wird den Zivildienst zu Hause oder in Heimatnähe ableisten können, ein anderer Teil, der vielleicht ebenso groß ist wie der bei den Wehrdienstleistenden, wird den Zivildienst in Heimatferne ableisten müssen, weil es zu Hause in vielen Fällen auf dem flachen Lande Zivildienstmöglichkeiten überhaupt nicht gibt, in manchen Städten auch nicht genügend. Hier wird manches eingewandt. Ich habe heute morgen einen Kommentar in einer Zeitung gelesen, von der behauptet wird, dahinter sitze in der Regel ein kluger Kopf. Meistens stimmt das auch. ({2}) Da wird gesagt, die Entscheidung darüber, wie ernst es die Regierung meine, falle mit der Frage, ob man die Zivildienstdauer so lange bemesse, daß dadurch eine erhebliche Belastung eintreten müßte. ({3}) - Ich weiß, das wird auch bei Ihnen gedacht. ({4}) - Ich gehe nicht auf jedes Glatteis, auch auf kein Brett, das mit Schmierseife bestrichen ist. Wir haben jetzt für den Zivildienst 18 Monate angesetzt und haben es beim Wehrdienst mit 15 Monaten zu tun. Nach sorgfältiger Prüfung aller mit Verfassungsrechtsfragen betrauten Ressorts ist dies die Grenze, die wir äußerstenfalls setzen können. Wenn wir die 18 Monate überschreiten, wird die viel längere Heranziehung zum Zivildienst wegen des zu großen Unterschiedes zur Dauer des Wehrdienstes vom Verfassungsgericht als eine Sanktion gegenüber der Berufung auf Artikel 4 Abs. 3 des Grundgesetzes angesehen werden können. Dann hätten Sie einen Grund, zum Verfassungsgericht zu gehen. Diesen Grund wollen wir Ihnen aber nicht liefern. ({5}) Die bisherige Entwicklung der Zahlen rechtfertigt also dieses Vorgehen. ({6}) Für 1977 läßt sich im übrigen bisher eine Tendenz zur Zunahme der Anträge nicht erkennen. Das Gegenteil ist der Fall, dies bei altem Recht und trotz der Vergünstigungen, die ich zugelassen habe. Im Januar hatten wir bei den Kriegsdienstverweigerern einen Rückgang von 18,2 %, im Februar noch einmal einen Rückgang um 8,2 %. Von Januar bis jetzt haben wir bei den Kriegsdienstverweigerern, alles in allem gerechnet, einen Rückgang um rund 4 %, und zwar bei Praktizierung des diesem neuen Recht angenäherten alten Gesetzeszustandes. Wenn wir also davon ausgehen können, daß gar nicht sehr viel Ungewißheit vor uns liegt, dann ist es auch möglich, das hier zu praktizieren. Bisher war es immer möglich, den Bedarf der Truppe quantitativ und qualitativ voll zu decken. Jetzt komme ich auf die Frage zurück, die vorhin gestellt worden ist. Sie bezieht sich nicht, Herr Kollege - vielleicht hören Sie zu -, auf die Heranziehung von Wehrpflichtigen, sondern Sie haben eine Frage angeschnitten, die die Bereitstellung von genügend freiwillig Dienenden betrifft. Deshalb wollte ich das vorhin nicht im Zusammenhang mit den Wehrpflichtigen behandeln. Wir haben es seit dem Jahre 1974 und nicht, wie Sie behauptet haben, seit Erlaß des Haushaltsstrukturgesetzes, bei den Längerdienenden mit einem Einbruch zu tun. ({7}) - Nein, Herr Kollege Wörner, dann sind Sie nicht informiert. Sie dürfen nicht zu etwas nein sagen, was Sie nicht kennen, oder dürfen nicht hier wider besseres Wissen etwas behaupten, was in das Protokoll kommt. ({8}) Ich kann Ihnen nur sagen: Seit dem Jahre 1974 haben wir es bei den länger dienenden Zeitsoldaten, vor allem mit zweijähriger Verpflichtung, mit einem Einbruch zu tun. Dieser Einbruch hat sich im Jahre 1976 nach Inkraftreten des Haushaltsstrukturgesetzes noch etwas verstärkt. Aber den tiefsten Einbruch haben wir im Jahr 1974 gehabt. Ich will auch erklären, zu welcher Begründung wir in der Zwischenzeit gekommen sind.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wörner?

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Ich möchte das jetzt erst erklären. Wenn der Kollege Wörner dann noch etwas zu fragen hat, kann er das tun. ({0}) - Das ist nun einmal so. Ich habe sogar das Recht, keine Fragen zu beantworten. Aber ich will es ja tun; ich bin ja ein höflicher Mensch, ({1}) und der Kollege Wörner ist so nett, daß ich seine Frage auch jetzt zulasse. Aber es wäre sicherlich besser, wenn er noch etwas warten würde. - Bitte schön, fragen Sie, Herr Kollege Wörner. ({2}) Worin liegen die Ursachen? Mit dieser Fragestellung kommen wir Ihnen entgegen. Die Hauptursache besteht in folgendem - das werden Sie als Opposition vielleicht sogar gern hören -: Im Jahr 1974 hat sich die Auswirkung der wirtschaftlichen Rezession zum erstenmal bemerkbar gemacht. Früher hatten wir folgende Entwicklung bei den Zeitsoldaten, bei den länger Dienenden: Die haben sich nicht von vornherein auf zwölf Jahre, auch nicht auf acht Jahre verpflichtet, sondern das spielte sich so ab: Der Soldat wurde einberufen und leistete seinen Wehrdienst ab. Während der 15 Monate kam er irgendwann auf die Idee: Du könntest es mit zwei Jahren versuchen. Zwei Jahre bedeuten höhere Dienstbezüge, früher auch eine Verpflichtungsprämie. Die weitere Überlegung dieses Soldaten war: Innerhalb der zwei Jahre kannst du dich immer noch entscheiden, ob du nicht über diese Zeit hinaus dabeibleiben willst oder nicht. Solange die Konjunktur gut war, konnte der Soldat das ohne nachteilige Folgen für sich machen. Die Arbeitsplatzsicherung gilt zwar nur für 15 Monate Wehrdienst, aber der Soldat wurde früher vom Unternehmer auch nach 24 Monaten wieder eingestellt, wenn er das wünschte. Er wurde gern genommen; denn der Unternehmer suchte ja Arbeitskräfte. Seit 1974 hat sich die Konjunkturlandschaft aber total verändert. Der junge Mann denkt nicht mehr daran, sein Recht, auf den alten Arbeitsplatz zurückzukehren, dadurch aufzugeben, daß er sechs Monate länger bei den Soldaten bleibt. Mit 15 Monaten hat er den Anspruch auf den alten Arbeitsplatz, mit der Verpflichtung auf zwei Jahre verliert er diesen Anspruch. Dieser Umstand hat nach den stärkt hat sich dieser Einbruch im Jahr 1976 auf Erkundigungen, die wir eingezogen haben, den tiefsten Einbruch ausgelöst, und zwar im Jahr 1974. VerGrund der Streichung von Zulagen und Dienstbezügen. Herr Kollege Wörner, wenn Sie wollen, können Sie jetzt fragen.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Verteidigungsminister, vielleicht sind Sie in Ihrer großen Güte bereit, gleich zwei Fragen zuzulassen. Die erste Frage: Wie kommt es, daß Ihre Erklärung, die Sie jetzt abgeben, im Widerspruch zu der Vorlage Ihres eigenen Hauses mit der Unterschrift Ihres Parlamentarischen Staatssekretärs steht, wonach der Rückgang ausdrücklich mit dem Haushaltsstrukturgesetz in Zusammenhang gebracht wird? Zweite Frage: Wenn kein Zusammenhang zwischen dem Haushaltsstrukturgesetz und dem Rückgang besteht, warum schlagen Sie dann vor, daß das Haushaltsstrukturgesetz in diesen Punkten wieder rückgängig gemacht wird? Damit stellen Sie sich doch in Widerspruch zu Ihrer eigenen Vorlage; denn das wäre doch sonst nicht nötig. ({0})

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Es ist nicht richtig, Herr Kollege Wörner, - ({0}) - Es liegt überhaupt kein Widerspruch vor. ({1}) - Der einzige Widerspruch ist Ihre voreilige Art, mir Antworten zu unterstellen, die Sie nicht erhalten. ({2}) Herr Kollege Wörner, Ihnen werden zwei Gesetzentwürfe vorgelegt. Mit dem einen Gesetzentwurf sollen die Dienstbezüge wieder aufgestockt werden. ({3}) In die Begründung dieses Gesetzentwurfs schreiben wir deswegen nicht hinein, daß auch der Einbruch, den wir 1974 hatten, dazu beigetragen hat, weil Ihnen ein zweiter Gesetzentwurf vorgelegt wird. Er wird gegenwärtig noch zwischen den Ressorts abgestimmt. ({4}) Dieser zweite Gesetzentwurf hat die Änderung des Arbeitsplatzschutzgesetzes zum Ziel. Dort steht drin, daß die Schutzpflicht für den zur Wehrpflicht Einberufenen auch dann noch besteht, wenn er nicht 15 Monate, sondern 24 Monate Wehrdienst leistet. Darin werden Sie dann wieder die andere Sache mit den Dienstbezügen nicht finden. Sie werden schon zufriedengestellt. Wir haben dabei an beides gedacht.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Biehle?

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Bitte sehr.

Alfred Biehle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000176, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, darf ich Sie noch einmal an Ihre Vorlage vom 9. März im Verteidigungsausschuß erinnern. Dort heißt es: Die Personallage der Streitkräfte ist auf Grund des Fehls von über 34 500 Soldaten auf Zeit unbefriedigend und hat den tiefsten Stand seit 1970. Die Personalentwicklung des Jahres 1976 zeigt in fast allen Bereichen der Personalbedarfsdeckung deutlich Spuren der Maßnahmen des Haushaltsstrukturgesetzes. ({0})

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Entschuldigen Sie, meine Herren, das habe ich doch eben gesagt. Ich bestreite doch nicht - ich muß ja einen Gesetzentwurf begründen -, daß wir die Spuren des Haushaltsstrukturgesetzes beseitigen. ({0}) Ich gehe Ihnen da nicht auf den Leim. Den Haupteinbruch hat es im Jahre 1974 wegen des Fehlens ausreichender Schutzmaßnahmen bei veränderter Konjunktursituation gegeben. ({1}) Aber das hat mit dem Thema überhaupt nichts zu tun, denn das betrifft die Sicherung des Zulaufs von Freiwilligen und nicht die Heranziehung von Wehrpflichtigen. ({2})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Kraske?

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Wenn Sie eine Frage zum Thema der Vorlage haben, beantworte ich sie noch.

Dr. Konrad Kraske (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001198, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ich habe zur Vorlage eine Frage, ob Sie nämlich nicht verstanden haben, daß es der Punkt meines Kollegen Biehle war, Ihre Prognosefähigkeit in Zweifel zu ziehen. Sie haben uns beim Haushaltsstrukturgesetz gesagt, da passiere nichts, und es ist doch etwas passiert, und jetzt sagen Sie uns wieder, es passiere nichts. Darin haben wir nach den gemachten Erfahrungen leider gar kein Vertrauen. ({0})

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Ich sage jetzt nicht, es passiert nichts, sondern ich mache auf die Situation aufmerksam, Herr Kollege. Wir werden mit diesem Thema der Entwicklung der Freiwilligenzahlen fertig werden. Ich bin davon überzeugt, wenn der Deutsche Bundestag die beiden Vorlagen beschließen wird, nämlich die Verlängerung des Arbeitsplatzschutzes auf 24 Monate, werden wir auch bei zurückgehender Konjunktur genügend Verpflichtungen bekommen, weil man nach 24 Monaten notfalls, wenn man sich nicht weiterverpflichtet, in den alten Betrieb zurückgehen kann. Wir werden durch die Aufforstung der Dienstbezüge in einem anderen Gesetz die Folgewirkungen des Haushaltsstrukturgesetzes, die auch Einbrüche gebracht haben, abbauen können. Wir haben es aber schon mit einer veränderten Situation zu tun. Zum Diensteintrittstermin Juli 1977 hat sich die Lage durch einen hohen Zuwachs an verfügbaren Abiturienten und Fachoberschülern wesentlich entspannt. Ich will Ihnen die Zahlen nennen: Wir haben zum 1. Juli 1977 einen Bedarf von 54 636; dem steht ein Bestand von 108 446 verfügbaren Wehrpflichtigen gegenüber. So sieht die Lage in Wirklichkeit aus. Es steht also mehr als das Doppelte dessen, was an wehrbereiten Wehrpflichtigen benötigt wird, zur Verfügung. Meine Damen und Herren, Sie haben ein paar wichtige Fragen aufgeworfen. Es wird hier behauptet, die Wehrpflicht würde angetastet. Die Wehrpflicht wird überhaupt nicht angetastet. Auch bis jetzt sind nie und zu keinem Zeitpunkt alle wehrpflichtigen und wehrbereiten jungen Männer zum Wehrdienst benötigt worden, ganz zu schweigen von denen, die aus gesundheitlichen Gründen oder unter Berufung auf Art. 4 des Grundgesetzes keinen Wehrdienst zu leisten brauchen oder keinen leisten konnten oder wollten. Dies wird auch in der Zukunft so bleiben. Wir werden etwa drei Fünftel der Wehrpflichtigen brauchen, um den Bestand der Bundeswehr aufzufüllen, je nach dem Wandel der Geburtsjahrgänge, wie sie bis zum Jahre 1982 heranstehen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Biehle?

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Ja, ich gestatte sie.

Alfred Biehle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000176, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, darf ich Sie angesichts der Zahlen, die Sie eben bekanntgegeben haben, wonach im Verhältnis zum Bedarf der Bundeswehr ein Übergewicht beim Bestand an Wehrpflichtigen vorhanden sei, fragen, ob dies zur Folge haben wird, daß die Einberufungen der Wehrpflichtigen mit der Signierziffer 3, deren Zahl in der Zeit vom 1. Januar bis 1. April bereits über 10 000 betrug, künftig entfallen, damit nur noch voll taugliche Leute zur Bundeswehr kommen und die Wehrpflichtigen, die nicht voll tauglich sind, dann befreit werden.

Georg Leber (Minister:in)

Politiker ID: 11001299

Ich bin überzeugt davon, daß das möglich sein wird, Herr Kollege Biehle, denn wir haben diesen Schritt Anfang des Jahres getan, um die Lücke, die wir durch die Verminderung bei den freiwillig länger Dienenden hatten, mit entsprechend mehr Wehrpflichtigen auszufüllen. Dies wird im einzelnen auszurechnen sein. Wir werden also künftig bei dem dienstpflichtigen jungen Mann ein größeres Interesse an der Wehrpflicht registrieren können, weil er zum einen in Zukunft mit größerer Sicherheit zum Zivildienst herangezogen wird und weil zum anderen dieser Zivildienst 18 Monate dauert. Gucken Sie sich die Quote derjenigen mit höherem Schulabschluß an; das war die prekärste. Denen wird leider - ich kann das nicht ändern, 18 Monate bringen das mit sich -, je nachdem wie die Daten fallen, die Chance genommen, das Studium drei Semester früher zu beginnen - ganze drei Semester. Meine Damen und Herren, ich möchte noch einen Punkt ansprechen, den ich auch aus der Sicht des Verteidigungsministers für wichtig halte. Ich drücke mich hier nicht davor, unbequeme Fragen zu beantworten. Da wird immer wieder behauptet, mit der Vorlage würde ein freies Wahlrecht zwischen Wehrdienst und Zivildienst eingeführt, damit würde eigentlich die Verfassungsbestimmung aufgehoben. Ich möchte mit aller Deutlichkeit sagen: Ich kann den Gesetzesvorlagen überhaupt nicht entnehmen, daß hier ein Wahlrecht eingeführt wird. ({0}) In der Gesetzesvorlage steht das auch nicht. Man sollte diese Behauptung deshalb sein lassen. Man sollte nicht nur den Verteidigungsminister davon freistellen, sondern auch den Initiatoren des Gesetzentwurfs das nicht unterstellen. Es gibt kein Wahlrecht zwischen Wehrdienst und Zivildienst. ({1}) Es gibt nur eine rechtliche Festlegung, die lautet: Wer künftig keinen Wehrdienst leisten will und wehrfähig ist, kann sich nur auf Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes davon freistellen lassen. Er wird so lange nicht geprüft werden, wie die Bundeswehr genügend Soldaten hat - um das auf eine einfache Formel zu bringen. ({2}) Ich gehe davon aus, daß der Bundesbeauftragte für den Zivildienst in der Lage sein wird - dies ist ein wichtiger Punkt -, die zur Aufnahme von Kriegsdienstverweigerern benötigten Zivildienstplätze in ausreichender Zahl bereitzuhalten. Unter diesen Prämissen und angesichts der Sicherungen, die in die Gesetzgebung eingebaut sind, kann ich als Bundesminister der Verteidigung in Wahrung der mir für die Sicherheit vor äußeren Gefahren und für den Bestand der Bundeswehr aufgetragenen Verantwortung dem Gesetz mit gutem Gewissen meine Zustimmung geben. ({3})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Würzbach.

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die uns von SPD und FDP mit knapper Mehrheit für die zweite und dritte Lesung vorgelegte Empfehlung trägt die Überschrift „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und Zivildienstgesetzes". Im Klartext und in für unsere Bürger verständlicher Sprache müßte diese Überschrift lauten: „Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht". ({0}) Dieser einschneidendste Eingriff in die Wehrstruktur bei uns seit 1957 wird von Ihnen - und wir haben die letzten Beispiele hier eben gehört - auf verschiedenste Art und Weise begründet, auf abenteuerliche Art und Weise und auf durchgehend unlogische Art und Weise. Wir müssen sagen: Wenn Sie in dieser Frage nicht durch ideologische Leitlinien festgelegt wären ({1}) - ich gebe Ihnen Beispiele dafür -, wenn Sie nicht durch Beschlüsse in Ihrer Partei festgelegt wären, dann könnte für die Lösung dieses wichtigen Problemes eine breite Mehrheit in diesem Hause gefunden werden. ({2}) Die CDU/CSU hat Ihnen in dieser Frage von 1974 an bis in die jüngsten Beratungen hinein immer wieder klare Alternativen vorgelegt, und niemand von Ihnen, von beiden Fraktionen, hat den Versuch gemacht, mit uns gemeinsam eine Kompromißlösung zu finden. Die Kollegin Verhülsdonk hat unseren Entwurf vorhin in Einzelheiten vorgetragen. Dieser Entwurf verbindet in einer abgerundeten, harmonischen, allen Anforderungen gerecht werdenden Form ein weitestgehendes Entgegenkommen gegenüber dem einzelnen - dem Antragsteller - mit der gleichzeitigen Berücksichtigung der Erfordernisse der Verteidigung unseres Landes. Das sind die beiden Punkte, die auch im Grundgesetz gefordert sind, die beiden Punkte, die der realen politischen Beurteilung entsprechen, zwei Punkte, denen Rechnung zu tragen Aufgabe der Regierung unseres Landes sein sollte. Unser Verfahren stellt keinerlei Einschränkung des Grundrechts einzelner dar; es stellt vielmehr den Schutz vor Mißbrauch dar, auch den Schutz der Antragsteller vor möglicher Diffamierung. Und wir alle gemeinsam wissen durch hohe Urteile, daß dieses Verfahren verfassungsgemäß ist. Wir alle sollten die Auffassung vertreten, daß die Mehrheit, daß die Gemeinschaft in unserem Staat von dem einzelnen verlangen darf, darzulegen, daß seine Entscheidung auf die im Grundgesetz garantierte Gewissensentscheidung und nicht möglicherweise auf irgendwelche anderen Motive zurückzuführen ist. Dies können doch Sie von der SPD und FDP weder rechtlich noch realistisch irgendwie bezweifeln, denn diesen Gedanken enthält doch auch Ihre Vorlage, nämlich für den Fall, daß das Verfahren wieder eingeführt wird. Zu dieser Wiedereinführung des Verfahrens möchte ich etwas sagen. Heute, so argumentieren Sie, wollen Sie diese Verfahren niemandem mehr zumuten. Sie muten es aber den Soldaten weiter zu, Sie muten es den Reservisten, die ihren Dienst bereits geleistet haben, weiter zu, und Sie muten es dem Gemusterten zu; Sie muten es dem, der gestern gemustert ist, ab heute, ab morgen früh zu. Dies ist eine Ungleichheit der Behandlungsweise. ({3}) Dies ist ein unlogischer Knick in dieser Ihrer Vorlage, und ich freue mich darüber, Herr Kollege Möllemann, daß Sie als sicherheitspolitischer Sprecher der FDP in diesem Punkte ja, wie Diskussionen ergaben, voll der Auffassung sind, daß dies eine Ungleichbehandlung, daß dies ein unlogisches Element in Ihrem Gesetzentwurf ist. Wir sollten daran die Hoffnung knüpfen, daß Sie noch - möglicherweise zusammen mit anderen, wir brauchen ja nur wenige Besonnene aus Ihren Reihen - die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Der Gipfel aber bei diesem Punkt Ihrer Überlegungen ist der, daß Sie dieses heute als unzumutbar gekennzeichnete Verfahren allen dann wieder zumuten wollen, wenn die Not es gebietet, wenn die Zahl der Soldaten nicht mehr ausreicht. ({4}) Hier muß ich Ihnen vorhalten - und der Minister hat eben wieder das aktuellste Beispiel gegeben -: Wenn Sie es mit diesem Punkt ehrlich meinten, dürften Sie heute dieses Gesetz überhaupt nicht einbringen, denn heute bereits gebieten die Zahlen, anders zu verfahren. 5 000 eingeschränkt taugliche, d. h. nicht gesunde Männer wurden im ersten Quartal, 5 100 wurden am 1. April in die Kasernen eingezogen, weil genügend Gesunde gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Und was es heißt, wenn eingeschränkt Taugliche, nicht Gesunde in der Kaserne sind, die in verschiedensten Dienstbereichen überhaupt nicht mehr vernünftig eingesetzt werden können, das wissen wir! Und ich muß in bezug auf die Wiedereinführung des Verfahrens, von der Sie heute tröstend sagen, daß sie erfolgen könne, wenn es nötig sei, ein Weiteres fragen: Woher nimmt denn diese Koalition, woher nimmt denn diese Regierung in einer solchen - dann ja kritisch gewordenen - Situation den Mut, die alte Regelung wieder einzuführen, wenn, wie wir es vor wenigen Monaten erlebt haben und leider in wenigen Wochen wieder erleben müssen, sie selbst dann, wenn das ganze Kabinett z. B. in der Frage der Überwachung der Verteidiger in Stammheim einstimmig der Auffassung ist, ein bestimmtes Gesetz einbringen zu müssen, in einer so ernsten Frage doch vor bestimmten Gruppen hier kapitulieren muß? ({5}) - Herr Kollege Wehner, ich komme noch auf Sie. ({6}) Sie werden - ({7}) - Diese Angelegenheit ist überhaupt nicht zum Lachen; wenigstens für uns nicht. ({8}) Sie werden überhaupt keinen Mut haben, Sie werden überhaupt keine Kraft haben, und Sie werden keine politische Einigkeit haben, dieses Verfahren dann wieder einzuführen, wenn es nötig ist. Ich behaupte, Herr Kollege Wehner, Sie werden - dies ist der Punkt - nicht nur das vermissen lassen, was ich eben ansprach, sondern Sie haben zudem überhaupt nicht den Willen, dieses Verfahren wieder einzuführen. Hier möchte ich den Kollegen Wehner, Ihren langjährigen Fraktionsvorsitzenden, als Zeugen aufrufen. Es ist ja keine Aussage von uns. Der Kollege Wehner hat zu dieser Frage gesagt: „Die SPD wird die Wehrpflicht wieder abschaffen, wenn sie an die Regierung kommt." Er hat hinzugefügt: „Dieser Beschluß ist unumstößlich." ({9})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wehner?

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Herbert Wehner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002444, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Abgeordneter, ist Ihnen bewußt, daß Sie hier aus dem Zusammenhang gerissen etwas zitieren, was in der Zeit einer Übereinstimmung dieses Bundestages in der Frage der Priorität der Wiedervereinigung des getrennten Deutschlands gesagt worden ist? ({0})

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wehner, diese Aussage, die so zusammenhängend ist, wie ich sie zitiert habe, haben Sie in der Auseinandersetzung um die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht bei uns in der Bundesrepublik Deutschland gemacht. Heute geht es hier wieder um die Frage der allgemeinen Wehrpflicht. Aber ich rufe Sie auf, und ich bitte Sie - denn es würde uns helfen -: Sagen Sie, daß Sie nicht mehr der Auffassung sind, die SPD wolle die allgemeine Wehrpflicht abschaffen, und daß Sie sich einem solchen Wollen nicht mehr anschließen! ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Gestatten Sie eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner? Würzbach ({0}) Bitte schön!

Herbert Wehner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002444, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich will Ihre Ausführungen nicht unterbrechen. Ich will nur die Frage stellen, ob Sie - falls fähig - bereit sind, nachzuprüfen, daß es von mir in einer Situation - hier wurde das aus dem Zusammenhang gerissen - gesagt worden ist, in der klar war: Damit werden alle Möglichkeiten einer Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit, solange nicht andere Entscheidungen vorweggenommen werden, zerstört. Zweitens. Weil Sie mich gefragt haben, erlaube ich mir die Antwort: Ich bin gegen die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht; ich bin für ihre Aufrechterhaltung, nachdem Sie einen Rahmen gesetzt haben, wozu ich - ich frage Sie noch einmal danach, falls Sie sich dessen bewußt werden wollen; Sie können das ja, wenn Sie mögen - am 30. Juni 1960 hier über die damals geschaffene Lage im Rahmen der Bündnisse gesprochen habe. ({0})

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wehner, der erste Teil Ihrer Antwort, in dem Sie sagten, Sie seien für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht, gibt uns für die nachherige namentliche Abstimmung Mut. Und wenn mit Ihnen der Verteidigungsminister und andere für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht sind, dann wird, so hoffen wir, dieses Gesetz, wie Sie es vorgelegt haben, nicht verabschiedet. ({0}) Ich bin gern bereit, Ihnen das Datum des Zitats anzugeben. Es stammt vom 17. April 1957, und Sie haben es - ganz gegen Ihre Gewohnheit - nicht irgendwo in einer Stadt im Osten, sondern in Winsen ({1}), bei uns im Land, gesprochen. ({2}) - Das ist doch Ihr Problem. Ich will die Kette der Argumente dieser Aussage, die ich zitierte, bis in diesen Tag hinein fortsetzen: Da gab es im Jahr 1975 den Jungsozialisten-Bundeskongreß. Wir brauchen uns in diesem Haus nicht zu streiten, daß ohne oder gegen die Jungsozialisten überhaupt nichts mehr geht. Damals wurde die ersatzlose Streichung des Prüfungsverfahrens gefordert. In dem gleichen Beschluß hieß es - und hier bitte ich besonders jene zuzuhören, die eben fragten, warum ich das zitiere -: „Das Prüfungsverfahren darf auch in Zukunft nicht wieder aus militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen, z. B. bei Gefährdung der NATO-Truppenstärke, eingeführt werden." Meine Damen und Herren, deutlicher als mit diesem ist überhaupt nicht zu belegen, worum es hier geht: um eine kaschierte, elegant umformulierte Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht und um ein klares Nein gegenüber der Wiedereinführung der Verfahren dann, wenn dies geboten ist. ({3})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Biehle?

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Biehle, ich möchte diesen Gedanken noch eben zu Ende führen. Zu diesem Zitat der Jungsozialisten sagte Herr Brandt: „Die jungen Sozialdemokraten - und wer sollte sie deswegen tadeln - gehen manchmal schon einige Jahre weiter." Meine Damen und Herren, heute sind wir einige Jahre weiter.

Alfred Biehle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000176, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Würzbach, würden Sie mir bestätigen, daß in der Sitzung des Verteidigungsausschusses auch der Sprecher der FDP erklärt hat, er werde im Gegensatz zu dem vorliegenden Gesetzentwurf der Koalition fordern, das Prüfungsverfahren aus dem Entwurf total herauszunehmen, damit auch später keine Wiedereinführung möglich sei? ({0})

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Biehle, ich muß dies bestätigen. Ich will jetzt, wo ich bei den Jungsozialisten bin, zum Minister kommen. ({0}) - Herr Minister, Sie winken ab. Ich möchte Sie auch bei dieser Frage zum Zeugen aufrufen, so unangenehm das - und ich verstehe dies - für Sie menschlich sein mag. Im September 1972, Herr Leber ist Verteidigungsminister, Präsidiumsmitglied der SPD und damals auch noch Wahlkreisabgeordneter seiner Partei gewesen, als er sagte: „Ich bin der Auffassung und bleibe dabei: Der Regelfall ist die Ableistung der allgemeinen Wehrpflicht. Der Ausnahmefall - nicht das Ausnahmerecht - ist die Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen. ({1}) Und Leber fügte damals hinzu: Das wird vom Bürger im Land auch so verstanden. ({2}) Herr Minister Leber, die Bürger im Lande verstehen dies auch heute noch so. Was im übrigen die Jugendverbände angeht, von denen Sie vorhin gesprochen haben, so sind das Ihre Jugendverbände, mit denen Sie entsprechende Erfahrungen gemacht haben. Aber das ist nicht die Jugend draußen, die dies so auffaßt, wie Sie es uns hier vorhin haben weismachen wollen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Leber?

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte sehr!

Georg Leber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001299, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Würzbach, Sie haben jetzt das zweite Mal den Punkt „Die Wehrpflicht wird abgeschafft" berührt. Ich möchte Sie bei allem Verständnis dafür, daß es hier um eine Debatte geht, bei der auch parteitaktische Nuancen und Unterschiede hervorgehoben werden - dies gehört zum parlamentarischen Spiel -, fragen: Haben Sie nicht doch ein wenig ein Gefühl dafür, was das für Folgen haben kann, wenn Sie als Opposition wider bessere Einsicht in den Gesetzestext, der hier vorliegt, der Bevölkerung draußen einreden, die Wehrpflicht werde wirklich abgeschafft? Haben Sie nicht ein Gespür dafür, was das für Folgen haben kann, wenn das so verstanden wird, wie Sie das hier sagen? ({0})

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, diese Frage, die Sie mir als Sprecher der Opposition soeben gestellt haben, verstehe ich als Frage des Ministers Leber an sein eigenes Gewissen. ({0}) Sie sind doch in der fast schizophrenen Situation, gegen Ihre eigene Auffassung und, wie ich unterstelle, gegen Ihre eigene Pflichtauffassung gegenüber diesem Amt, das Sie wahrnehmen, hier heute aus Überlebensgründen ein Gesetz mit vortragen zu müssen. Es war makaber, den Verteidigungsminister, der im übrigen in der Argumentation einen unsicheren Eindruck machte, vorhin an dieser Stelle für dieses Gesetz reden zu sehen, das die allgemeine Wehrpflicht abschafft. ({1}) Ich will jetzt nicht auf die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten der deutschen Sprache eingehen. Nur so viel: Georg Leber ist es gewesen, der noch 1972 von Wehrdienstverweigerung sprach. Diese Vokabel wird heute nicht mehr verwendet. Es heißt: Kriegsdienstverweigerung mit der Waffe aus Gewissensgründen. Wir haben immer den Begriff „Kriegsdienst" sowie den Begriff „mit der Waffe" großzügigst ausgelegt. ({2}) Heute sind Sie dabei, auch den letzten Begriff - die Gewissensüberprüfung - da wegzunehmen. Ich komme darauf zurück und nenne Ihnen nachher beredte, Ihnen genehme Zeugen dafür. Ich will noch ein weiteres Wort aufgreifen, das Wort „Pflicht". Wo besteht denn eine Pflicht, wenn ich mich per Postkarte aus dieser „Pflicht" abmelden kann? Das allein begründet doch den Widerspruch, und ich freue mich, daß Sie in der Beurteilung dieser Frage, auch wenn Sie anderen Zwängen unterliegen, mit mir übereinstimmen. ({3}) Herr Minister Leber, Sie machen sich heute in Ihrem wichtigen Amte, das Sie noch bekleiden, zum großen Helfer bei der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Eine schlimme Situation! Sie machen sich - ich zitiere hier den Deutschen Bundeswehrverband - zum Helfer bei der Korrumpierung der deutschen Jugend. Nichts anderes ist das, was Sie tun. Sie benutzen Vokabeln wie „Vertrauen", „mündiger Bürger", „Wir müssen mehr Mut haben". Der junge Bürger wäre ja töricht, wenn er, vor die Wahl gestellt: gehe ich mit hundertprozentiger Sicherheit viele hundert Kilometer weg aus meinem Lebensbereich in irgendeine Kaserne, oder wähle ich per Postkarte die Chance, mit einem ganz niedrigen Prozentsatz der Wahrscheinlichkeit zu einem Zivildienst in der Nähe meines Wohnortes eingezogen zu werden, zu Hause schlafen zu können, abends und am Wochenende da arbeiten zu können, wo ich es gewöhnt bin, mich weiterbilden, ausbilden zu können usw., sich für den Wehrdienst entscheiden würde. Das hat doch mit Mut, mit Vertrauen, mit Mündigkeit nichts zu tun. Der Bundeswehrverband hat doch recht, wenn er dies mit der Vokabel „Korrumpierung" belegt. ({4})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß der Zusammenhang, den Sie soeben hergestellt haben, zumindest nach den parlamentarischen Regeln zweifelhaft ist. Ich bitte Sie, sich danach zu richten. ({0})

Peter Kurt Würzbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002572, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich muß feststellen, daß der Verteidigungsminister durch Unterstützung dieser Vorlage außerdem aktiv dazu beiträgt, die Bundeswehr - sehen wir uns auch die Bildungsquote, die Qualität, die Ausbildung der Zivildienstleistenden, der Kriegsdienstverweigerer an - in eine politische und personelle Isolation zu bringen. Der Verteidigungsminister trägt weiter durch aktives Eintreten für den Entwurf dazu bei, Funktionsbeeinträchtigungen innerhalb der Bundeswehr - ich nannte vorhin Zahlen - herbeizuführen. Alle, die von SPD und FDP im Bereich der Verteidigungspolitik tätig sind, werden durch die Unterstützung dieses Gesetzes auch dazu beitragen, daß das Gefühl in unserem Volke, die Verteidigung sei unser aller Sache, weiter abgebaut wird, statt zu helfen, sie zu stärken. Herr Minister Leber, ich spreche Sie noch einmal an: Nach unserer Auffassung ist das eine Frage der Verteidigung und nicht eine soziale Frage. Sie haben einmal gesagt, Sie kämpften nur dann, wenn es sich lohne zu kämpfen; Sie seien kein Nachkomme von Don Quichotte, der kämpfe, ohne eine Chance zu haben. Ich sage für unsere Fraktion noch einmal, Herr Minister Leber: Sie haben hier eine Chance zu kämpfen. Hier gibt es eine Erfolgsaussicht. Sie müssen nur den Mut haben, das zu tun, was Sie für richtig halten. Sie müssen den Mut haben, gemeinsam mit der größten Fraktion dieses Hauses zu einer Lösung zu kommen, die auch Ihrem Aufgabenbereich entgegenkommt. Ich will Ihnen außer der Opposition, deren Alternativen Sie so abtun, hier einige beredte Zeugen nennen. Der Bundespräsident hat in einem Brief an Frau Wieczorek-Zeul geschrieben, die Handhabung der Kriegsdienstverweigerung sei bei uns im Vergleich zu anderen europäischen Staaten außerordentlich - er benutzte hier verständlicherweise diese Vokabel - liberal, und sie stoße bereits an die Grenzen des Verfassungsgrundsatzes der Gleichbehandlung. Sprechen Sie doch mit hohen und höchsten Beamten, mit solchen, die Ihr Parteibuch in der Tasche haben - es sind ja mehr geworden -, aus den Wehrbereichsverwaltungen, mit Fachleuten! Sprechen Sie mit Mitgliedern des Bundesausschusses für Verteidigungspolitik aus Ihrer Partei, der FDP! Alle sagen: Ja, dies ist die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht. Diese Auffassung hört man auf allen Seiten von den Erfahrenen, die es noch mutig zugeben dürfen. Wir rufen die Besonnenen in den beiden Fraktionen der SPD und der FDP noch einmal auf: Haben Sie den Mut, den Ideologen in Ihrer Partei entgegenzutreten, haben Sie den Mut, zu verdeutlichen, daß es wertvoll ist, für die Verteidigung unserer Demokratie einzutreten, daß es sich dafür lohnt! Bringen Sie die Kraft auf, dieses auch gegenüber Ihren Fraktionen hier im Parlament durchzusetzen, und seien Sie so stark, wenn Sie Hilfe brauchen, diese Hilfe auch von der Opposition anzunehmen, um diese Frage gemeinsam zu lösen! ({0}) Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie, nachdem auf den Gebieten der Ostpolitik, der Sozialpolitik, der Rentenpolitik, der inneren Sicherheit Felder von Ihnen angerichtet wurden, die übel aussehen, ({1}) auch auf diesem letzten doch gemeinsamen Gebiet ein solch chaotisches Feld bestellen wollen, im Alleingang gegen die größte Fraktion dieses Hohen Hauses. ({2}) Wir bieten Ihnen noch einmal die Gemeinsamkeit beim Suchen nach einem Kompromiß an, betonen dabei ganz deutlich aber zwei Punkte, die für uns nicht kompromißfähig sind. Der eine Punkt ist, daß für uns der Regeldienst das Ableisten der allgemeinen Wehrpflicht zur Verteidigung der Demokratie und der Freiheit in unserem Lande ist. Der zweite Punkt ist, daß die Ableistung nicht in das einfache Belieben jedes einzelnen gestellt wird, sondern sich ausschließlich auf das im Grundgesetz verankerte Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu berufen hat. ({3}) Sie, meine Damen und Herren, führen mit Ihrer Gesetzesvorlage, die wir Sie eindringlich ersuchen, so nicht passieren zu lassen, die Jugendlichen bei uns in der Bundesrepublik Deutschland in Versuchung, sich per Postkarte aus der Solidargemeinschaft verteidigungswilliger Bürger abzumelden. ({4}) Meine Damen und Herren von der Koalition, mit Ihrer Gesetzesvorlage schwächen Sie unseren demokratischen Staat, und Sie schaden damit unserer Bundesrepublik. ({5})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Abgeordnete Möhring.

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte wieder zur Sachlichkeit des Themas zurückkehren ({0}) und einige grundsätzliche Anmerkungen voranstellen. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hat uns mit der Bestimmung in Art. 4 Abs. 3 -„Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden" - und der Bestimmung in Art. 87 a Abs. 1 - „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf" - einen fast unauflöslichen Verfassungswiderspruch beschert. ({1}) Die SPD als verfassungstreue Partei spiegelt diesen Widerspruch auch in ihrem Grundgesetz, dem Godesberger Programm, wider. Dort heißt es: „Die SPD bekennt sich zur Verteidigung der freiheitlichdemokratischen Grundordnung. Sie bejaht die Landesverteidigung."

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, Platz zu nehmen und dem Redner Ihre Aufmerksamkeit zu schenken.

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Andererseits heißt es im Godesberger Programm: „Die SPD stellt sich schützend vor jeden Bürger, der aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe verweigert." Meine Damen und Herren, ich glaube, es gibt keine Lösung dieses KDV-Problems. Es gibt nur, wie bei § 218, den ernsthaften Versuch bestmöglicher Regelungen. Allerdings: ernsthaften Versuch. Dieser Versuch kann bei einem so schwerwiegenden Problem nicht einseitig sein. Dieser Versuch muß erkennbar von allen Seiten des Hauses kommen. Diesen Versuch vermissen wir bei der Opposition. Ich möchte nun auf den Vorwurf der Opposition eingehen, der Gesetzentwurf der Koalition bedeute den zwangsläufigen Mißbrauch von Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes, damit die Aushöhlung der allgemeinen Wehrpflicht und eine ernsthafte Gefährdung der Verteidigungsbereitschaft unserer Streitkräfte. Zunächst aber einige Bemerkungen zu zwei Leitlinien der Opposition, die sie in ihrer Antragsbegründung anführt. Die erste Formulierung - „Das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 3 GG muß unbedingt gewahrt bleiben" - kann den Eindruck aufkommen lassen, als ob die Antragsteller der Meinung seien, es könne auch verändert werden. Meine Damen und Herren von der Opposition, hier gibt es keinerlei Spielraum. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist ein unveränderliches und damit absolutes Grundrecht. Es kann nicht zur Diskussion gestellt werden und entzieht sich damit auch jeder Disposition. ({0}) Zum zweiten Punkt: „Die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland muß jederzeit sichergestellt sein ({1}) ; die allgemeine Wehrpflicht darf nicht angetastet werden." Über die Richtigkeit des ersten Halbsatzes gibt es überhaupt keine Meinungsverschiedenheit. Ich glaube, in dieser Frage den Standpunkt der SPD mit meinem Zitat aus dem Godesberger Programm deutlich genug hervorgehoben zu haben. Ob der zweite Halbsatz in dieser kategorischen Form richtig ist, muß uns die Zukunft lehren; denn die allgemeine Wehrpflicht ist eine von verschiedenen Wehrformen, die denkbar sind. Daß wir uns für sie als der günstigsten Form entschieden haben, ist kein Auftrag aus dem Grundrechtskatalog, sondern schlicht eine Frage der militärischen, politischen und gesellschaftspolitischen Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit, nichts weiter. Nur notwendige Zweckmäßigkeit und nicht Ideologie. Wir werden sie nicht abschaffen. Ich habe diese beiden Punkte der OppositionsAntragsbegründung deshalb angesprochen, weil wir es Ihnen nicht erlauben wollen, die Notwendigkeit der besten Wehrform mit der Unabänderlichkeit des Grundrechts auf Kriegsdienstverweigerung auf eine Stufe zu stellen. Wenn Sie es trotzdem tun, meine Damen und Herren von der Opposition, dann gehen sie von falschen Wertungen aus und kommen aus diesem Grunde in Ihrem Gesetzentwurf auch zu falschen Aussagen. Wir bitten um Verständnis dafür, daß dies bereits ein entscheidender Grund für uns ist, Ihren Gesetzentwurf wegen mangelhafter gedanklicher Sorgfalt abzulehnen. ({2}) Sie unterstellen, daß der Gesetzentwurf der Koalition die Einsatzbereitschaft gefährde, weil die Quasi-Wahlfreiheit gegeben sei. Wir haben hier ganz entschieden zu widersprechen. Erstens verlangt unser Gesetzentwurf, daß sich der Antragsteller einem schriftlichen Antragsverfahren unterwirft, sich dabei auf seine Gewissensentscheidung nach Art. 4 Abs. 3 GG beruft und um Anerkennung beim Bundesamt nachsucht. Zweitens wird der Antragsteller nicht nur vom Wehrdienst freigestellt, wie Sie behaupten, sondern er leistet dafür einen um drei Monate längeren anderen Dienst, und er entscheidet sich sehr wohl für eine volle Inpflichtnahme durch diesen Staat. ({3}) Etwas Ähnliches haben Sie doch auch einmal mit Ihrer Forderung nach Allgemeiner Dienstpflicht beabsichtigt. Drittens. Dieser Staat, der über die Verteidigungsfähigkeit nach Art. 87 a GG zu wachen hat, ist verpflichtet, ein Prüfungsverfahren neuer Art für alle wieder einzuführen, wenn die Bedarfsdeckung nachweislich gefährdet ist. Daß dies funktioniert und, wie Sie sagen „damit nichts passiert", dafür - das hat der Herr Minister eben betont - garantiert dieser verantwortungsbewußte Verteidigungsminister Georg Leber und in der Kontrollinstanz das ganze Parlament. Also auch Sie. Diese Schranken, glaube ich, sind vorerst Sicherheit genug, um Willkür und Wahlfreiheit auszuschließen. Einige Worte zur kritischen Würdigung Ihres Gesetzentwurfs. Falls man die gleiche Wertung, die Sie an unseren Entwurf legen, auch auf Ihre Vorlage bezieht, wird erkennbar, daß Sie die Verteidigungsbereitschaft weitaus stärker gefährden, als Sie es uns unterstellen wollen. Ihr Prüfverfahren erkennt jeden Antragsteller an, der zwar nicht alle Behauptungen beweisen kann, dessen Gesamtverhalten aber glaubwürdig ist. Damit haben auch Sie theoretisch keine Garantie mehr, das nicht eines Tages schlimmstenfalls alle Wehrfähigen einen solchen Antrag stellen und alle miteinander ein glaubwürdiges Gesamtverhalten an den Tag legen. Und dies soll dann alles ein einzelner Herr des Kreiswehrersatzamtes eigenverantwortlich entscheiden! ({4}) Meine Damen und Herren von der Opposition, welche schier untragbare Last der Verantwortung wollen Sie eigentlich diesem Herrn über Sein oder Nichtsein der Bundeswehr aufbürden, und wie hoch müßten Sie den eigentlich bezahlen? Sie meinen, dieses Beispiel sei unrealistisch? Hören Sie doch auf mit der Scheinheiligkeit des Eindrucks, als hinge die Verteidigungsbereitschaft dieser Bundesrepublik Deutschland allein von einem gut funktionierenden Prüfungsverfahren ab, das nur noch beschlossen werden muß! ({5}) Machen Sie sich bitte von der falschen Vorstellung frei, daß allein schon das richtige Reglementieren die Verteidigungsfähigkeit garantiere! Sie können weder ein Volk noch eine Armee zur Verteidigung zwingen, wenn sich diese nicht mehr verteidigen wollen. ({6}) Verteidigung setzt immer den Willen des Einzelbürgers und seine eigene Einsicht in die Notwendigkeit voraus und hat nichts zu tun mit irgendeinem verbesserten Verfahren oder besser geschulten Gewissensforschern! Ist Ihnen eigentlich nie zum Bewußtsein gekommen, daß nach geltendem Recht heute schon theoretisch alle Einzuberufenden und alle Soldaten unserer Bundeswehr - vom höchsten General bis zum Grenadier - zum gleichen Zeitpunkt einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellen könnten, ohne daß Sie dieses mit einem wie auch immer gearteten Verfahren verhindern könnten?

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Biehle?

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte meinen Satz noch beenden, dann gerne. Meine Damen und Herren von der Opposition, begreifen Sie doch endlich: Dieses Gewissen - Ihres und meines - ist unprüfbar, weil es immer nur Ihr oder mein individuell-originäres Gewissen ist. Es kommt nie zweimal in gleicher Form vor und entzieht sich deshalb jeder Prüfnorm. Wenden Sie sich ab von dem untauglichen Versuch, junge Menschen metaphysisch, philosophisch oder mit bereits hier und da erkennbar gewordenen Mitteln harter Pression in ihrem Gewissen erforschen zu wollen!

Alfred Biehle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000176, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Möhring, Sie sprachen soeben von der Förderung des Verteidigungswillens. Halten Sie es für eine Förderung des Verteidigungswillens, wenn auf Kosten der Steuerzahler in einer regierungsamtlichen Publikation, nämlich in der Zeitschrift „Der Zivildienst" vom Januar 1977, unter der Überschrift „Jeder Zivildienst ist immer noch besser als die Bundeswehr" praktisch dazu aufgefordert wird, nicht mehr dem Wehrdienst zu folgen?

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Biehle, auch die Zeitschrift „Der Zivildienst" ist keine regierungsamtliche Schrift, und ich verwahre mich dagegen, Einfluß zu nehmen auf Publikationen, in denen Pressefreiheit herrscht. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Gestatten Sie eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Biehle? - Bitte.

Alfred Biehle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000176, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Möhring, darf ich Sie darauf hinweisen, daß als Herausgeber das Bundesamt für Zivildienst verantwortlich zeichnet und dies bekanntermaßen dem Bundesarbeitsministerium untersteht?

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Auch in dieser Zeitschrift, die von einem Bundesamt herausgegeben ist, die aber kein Publikationsorgan für regierungsamtliche Verlautbarungen allein darstellt, hat jeder, der dort schreiben will, Pressefreiheit, und es gilt jede Meinung. Nur: Die Meinung der SPD versuche ich Ihnen gerade hier zu erklären, und ich hoffe, daß Sie mir auch noch bis zum Ende zuhören werden! ({0}) Nehmen Sie, meine Damen und Herren, wie wir bei dem Prüfungsverfahren neuer Art Bezug zu der Erlebniswelt, wenn schon Motive zu prüfen sind. Und dies kann nur bei denen geschehen, die bereits dienen. Ihr Gesetzentwurf geht deshalb an der Wirklichkeit vorbei, weil er trotz geänderter Prüfinhalte wiederum junge Menschen prüfen will, die das, was sie verweigern wollen, überhaupt noch nicht kennengelernt haben. Dabei sind beide überfordert, auch der Prüfende. Denn oft genug - ich habe das persönlich erlebt - sind die Plätze der Beisitzer im Prüfungsausschuß und in der Prüfungskammer Auslaufposten für ältere Kommunalpolitiker, die der Alltagshektik der Ratsarbeit etwas entrinnen möchten und ungewollt in eine Situation geraten, in der sie dann klüger sein sollen, als es z. B. Seelsorger sein können. Ich kann diese tapferen Helfer in den Ausschüssen nur bedauern. Beneidet habe ich Sie nie. ({1}) Obwohl unter dem heutigen Recht theoretisch die Möglichkeit besteht, die Verteidigungsbereitschaft zusammenbrechen zu lassen, haben unsere Wehrpflichtigen dies immer noch verhindert, solange die Bundeswehr besteht. Aber nicht deshalb, weil das heutige Prüfungsverfahren einen so hohen Abschrekkungswert besitzt, den Sie mit Ihren früheren Anträgen noch verschärfen wollten, sondern deshalb, weil die überwiegende Anzahl unserer jungen Wehrpflichtigen in großem Verantwortungsbewußtsein ihrer Wehrpflicht Folge leisten. Meine Überzeugung und die Überzeugung der Sozialdemokraten ist es, daß dies auch künftig so bleiben wird.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege Möhring, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Biermann?

Günter Biermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000180, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Möhring, erinnern Sie sich an die Frage des Kollegen Biehle und können Sie sich vorstellen, daß in der erwähnten Zeitschrift „Der Zivildienst" ein Bericht einer Schweizer Delegation, die vorher in der Bundesrepublik war, um sich über diese Fragen zu informieren, abgedruckt ist, was also in keiner Weise die Auffassung der Bundesregierung oder amtlicher Stellen der Bundesrepublik wiedergibt?

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Schönen Dank, Herr Kollege Biermann, das bestätigt nur meine Aussage, daß in dieser Zeitschrift jeder zu Wort kommen kann, der eine Meinung äußern will.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Möhring, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Biehle? - Bitte!

Alfred Biehle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000176, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, darf ich Sie nur noch kurz darauf hinweisen, daß dazu eine Anfrage im Parlament war und die Bundesregierung bei der Gelegenheit erklärt hat, daß sie an diesen Ausführungen überhaupt nichts zu beanstanden habe, und damit praktisch diesen Artikel unter diesem Tenor der Priorität des Zivildienstes anerkannt hat? ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das war keine Frage.

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe Ihre Feststellung entgegenzunehmen. Ich meine, Sie sollten eine solche Auseinandersetzung um eine punktuelle Frage, wie Sie das so gern tun, noch mal wieder in die Fragestunde bringen; das belebt sicher auch dann das Frage- und Antwortspiel im Plenum. Unser neuer Gesetzentwurf soll die jungen Wehrpflichtigen aus der Unsicherheit erlösen, in die sie durch die Verzögerungstaktik der CDU/CSU geraten sind. Ich hoffe, daß diese Verzögerungstaktik nicht noch nach dieser Abstimmung im Deutschen Bundestag ihre Fortsetzung findet. Denn Leidtragende sind nur unsere jungen Menschen draußen. Da die Prüfungsorganisation erhalten und der Vorsitz eines Beamten des BMVg bestehen bleiben, werden Länderinteressen nicht mehr berührt. Die Bedenken des Bundespräsidenten sind damit ausgeräumt. Da nach dem Vorbehaltskatalog des Art. 73 des Grundgesetzes für die Verteidigung allein der Bund zuständig ist, entfällt die Zustimmungsbedürftigkeit hinsichtlich des Bundesrates. Eine Zuständigkeitsverlagerung in den Bundesrat würde eine Fehlinterpretation des Grundgesetzes bedeuten. Ich habe heute keinen besonderen Anlaß mehr, mich an Spekulationen mit Zahlenreihen zu beteiligen, wie es die Frau Verhülsdonk versucht hat. Jedoch ein kurzer Hinweis: Die Zahlen der Antragsteller aus den Jahrgängen der Musterungen 1974, 1975 und 1976, in die richtige Relation gesetzt zu den Jahrgangszahlen, ergeben folgende Prozentsätze: 1974 waren es 8,67 % Antragsteller, 1975 7,95 % und 1976 9,56 %. Da dies in realen Zahlen 1976 40 643 Antragsteller waren und da der realistische Nachweis vorhanden ist, daß das Bundesamt für den Zivildienst 40 000 Zivildienstplätze zur Verfügung stellen kann, kann von irgendwelchen alarmierenden Anzeichen hierbei in keiner Weise gesprochen werden. Beruhigend jedenfalls ist, daß trotz der G 1-Weisungen des Bundesministers der Verteidigung vom November 1975, die Antragsteller nicht mehr zum Wehrdienst heranzuziehen, ein alarmierendes Ansteigen dieser Zahlen unterblieben ist. Hier liegt bereits ein echter Erfahrungswert vor. Diese Jugend, meine Damen und Herren, ist bedeutend verantwortungsbewußter, als es die Opposition wahrhaben will.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Möhring, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Helmuth Möhring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001519, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte jetzt zum Schluß kommen. Ich bitte Sie, Herr Abgeordneter Würzbach, sich in aller Ruhe doch noch einmal zu überlegen, ob Sie die von Ihnen vertretene Meinung, es sei in Zweifel zu ziehen, daß diese Jugend mündig sei, so daß man sie - das haben Sie sinngemäß angedeutet - doch disziplinieren müsse, aufrechterhalten wollen. ({0}) Wir - diese Koalition - haben Vertrauen zu dieser Jugend. Wir haben das Vertrauen, daß sie in gleicher Verantwortung wie bisher unsere Demokratie auch in der Stunde der Not nicht im Stich lassen wird. Vielleicht ist es auch umgekehrt möglich, daß sich einige von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, die nachdenklicher sind, zu diesem von uns bekundeten Vertrauen durchringen können. Dann sollten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, unserem Entwurf Ihre Stimme geben und nicht stur und mit Fraktionsdisziplin auf einmal vor Jahren gewonnenen Standpunkten beharren, ({1}) die durchaus auch bei Ihnen veränderbar sein könnten. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wer die Tragweite dieser Gesetzesänderung wirklich ermessen will, der mag einmal einen kurzen Augenblick an jene Tage und Wochen in den fünfziger Jahren zurückdenken, in denen Politiker der Koalition und der damaligen Opposition sich unbeschadet ihrer damals sehr harten Gegensätze zusammengesetzt haben, um gemeinsam eine Wehrverfassung für die Bundesrepublik Deutschland zustande zu bringen, um gemeinsam das Fundament zu bauen, auf dem die Bundeswehr und damit die Sicherheit unseres Staates ruhen könnten. Diese Parlamentarier der CDU/CSU, der SPD und der FDP von damals haben gewußt, was auf dem Spiele stand; sie haben gewußt, wie bedeutsam es ist, daß in diesen Existenzfragen wenigstens der Versuch gemacht wird, gemeinsam zu einem Ergebnis zu kommen. Und das ist gelungen. Ein gutes Stück der glücklichen Entwicklung der Bundeswehr und der Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit dieser unserer Demokratie haben wir dieser Tatsache zu verdanken. Ich sage das auch in ehrendem Andenken an Männer der Sozialdemokratie, die leider nicht mehr in diesem Parlament sitzen können. ({0}) - Nein, darunter sind auch Sozialdemokraten gewesen, die heute noch in diesem Bundestag sind. Dr. Wörner Aber was für ein Unterschied zu heute, Herr Leber, wo die SPD/FDP-Koalition zu keiner Zeit auch nur den ernsthaften Versuch gemacht hat, sich mit uns über eine Änderung, über eine Verbesserung und über eine Beschleunigung des bestehenden Verfahrens zu verständigen, wie es auf dieser vernünftigen Alternativvorlage möglich gewesen wäre, wie wir sie erarbeitet gehabt hatten! Das wäre ein Stück der Reform gewesen, zu dem wir alle hätten stehen können. ({1}) Statt dessen bestehen Sie nun darauf, Ihre eigene, folgenschwere Vorlage ohne Rücksicht auf die stärkste politische Kraft in diesem Lande durchzusetzen, durchzupauken. Ich kann Ihnen sagen: Das wird und muß nach unserer Überzeugung für unseren ganzen Staat schlimme Folgen haben. ({2}) Ich will nichts von dem wiederholen, was gesagt wurde. Uns allen ist klar, daß es sich hier nicht um eine nebensächliche Vorlage handelt, um Verfahrensreformen, die man leicht korrigieren könnte. Hier wird wirklich so tief in die Struktur unserer Verteidigung, in die Struktur der Zusammensetzung unserer Bundeswehr eingegriffen, wie das seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland noch nie der Fall war. Ich sage Ihnen: Sie schlagen mit diesem Gesetz das traurigste Kapitel in der jungen Wehrgeschichte der Bundesrepublik Deutschland auf. Ich darf noch einmal unsere Gründe zusammenfassen, die uns dazu führen, diesem Gesetz nicht nur nicht zuzustimmen, sondern ihm Widerstand zu leisten. Erstens. Dieses Gesetz bedeutet die Wahlfreiheit und damit die Aushöhlung - um nicht zu sagen: die faktische Abschaffung - der allgemeinen Wehrpflicht. ({3}) Zweitens. Dieses Gesetz enthält eine höchst ungerechte Ungleichbehandlung der Wehrpflichtigen und der Soldaten. Drittens. Dieses Gesetz muß zu weiterer Wehrungerechtigkeit führen. ({4}) Viertens. Dieses Gesetz - ich brauche das nach den Darstellungen unseres Kollegen Würzbach im einzelnen nicht zu wiederholen - reizt zum Mißbrauch des Grundgesetzes, führt dadurch zum Verschleiß des Gewissens, prämiert die Drückebergerei und diskriminiert die ernsthaften Wehrdienstverweigerer. ({5}) Fünftens. Dieses Gesetz gefährdet vor allem in Krisenzeiten die Bedarfsdeckung und damit die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. ({6}) Und schließlich, last not least, drohen durch dieses Gesetz eine Bewußtseinsänderung in der jungen Generation und damit ein Einbruch in der Verteidigungsbereitschaft der Bundesrepublik Deutschland, den wir uns in der jetzigen Situation unter gar keinen Umständen leisten können. ({7}) Es ist kein Geheimnis, daß wir auch verfassungsrechtliche Bedenken haben, daß wir dabei sind, diese verfassungsrechtlichen Bedenken überprüfen zu lassen. Es ist auch kein Geheimnis, daß wir uns nicht scheuen werden, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, damit ein solches Gesetz nicht in Kraft tritt, wenn unsere Prüfung Entsprechendes ergeben sollte. ({8}) Man muß sich einmal vorstellen, in welcher Lage die Koalitionsparteien ein solches Gesetz in den Deutschen Bundestag einbringen. Dieses Gesetz wird von Ihnen in einer Situation betrieben, in der sich die Lage unserer Verteidigung ernsthaft zuspitzt. Sie, lieber Herr Leber, haben vor drei oder vier Tagen in der „Bild Zeitung" folgendes gesagt: Wir müssen deshalb zusammen mit unseren Verbündeten alles - ich wiederhole: alles -für unsere Verteidigung tun, um unsere Sicherheit nicht nur in diesem Jahrzehnt, sondern auch in den achtziger Jahren zu gewährleisten. ({9}) Es darf keinen Zweifel an unserer Entschlossenheit geben, einer Herausforderung unserer Verteidigungsbereitschaft zu begegnen. Ich kann nur sagen: Es wäre viel besser gewesen, anstatt große Sprüche zu machen, dafür zu sorgen, daß die Koalition diese Vorlage aufgibt und auf den Weg der Tugend zurückkehrt. ({10}) Ich kann nur noch einmal wiederholen: Wenn Sie angesichts der flammenden Appelle der NATO, ({11}) angesichts der Besorgnis, die wir alle haben, daß die sowjetische Aufrüstung uns langsam aber sicher in eine Lage bringt, in der wir der Gefahr politischer Erpressung unterliegen, im Bundestag ein solches Gesetz einbringen und dann auch noch darauf bestehen, es durchzupeitschen, heiße ich das schlicht und einfach die Verantwortung gegenüber der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihren Bürgern mißachten. ({12})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneten Wörner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Blank?

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Bertram Blank (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000191, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Wörner, darf ich Sie so verstehen, daß Sie damit eine scharfe Kritik an der Tatsache üben, daß es in verschiedenen Ländern der NATO keine Wehrpflicht gibt?

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Lieber Herr Blank, zunächst einmal muß ich Ihnen sagen: Wir diskutieren über die Verteidigungsbereitschaft der Bundesrepublik Deutschland. Die Verteidigungsbereitschaft der Franzosen und der Engländer ist primär deren Sache. ({0}) Ich kann Ihnen nur sagen, wir sind in der Bundesrepublik Deutschland bis jetzt in der Lage gewesen, das für die Abwehr Erforderliche zu tun. Wir von der CDU/CSU möchten nicht, daß dies preisgegeben wird, auch nicht mit der Ausrede, daß andere es schon so tun. ({1}) Nun noch ganz kurz zu einigen wenigen Punkten. Die Frage, ob dieses Gesetz die Wahlfreiheit bringt oder nicht: Herr Leber, Sie mögen hundertmal behaupten, dieses Gesetz bringe nicht die Wahlfreiheit; ({2}) wenn eine bloße Karte zum Kreiswehrersatzamt ausreicht, um sich vom Dienst in der Bundeswehr freizustellen, dann wird das von den jungen Leuten draußen so verstanden, von der Presse so verstanden, von Politikern so verstanden, von Herrn Iven so gesagt, daß dies die Freiheit der Wahl zwischen Wehrdienst und Zivildienst sei. Und dann frage ich: Was hat das noch mit der allgemeinen Wehrpflicht zu tun, wenn ich die Freiheit habe, mich für das eine oder das andere zu entscheiden? ({3}) Noch ein Punkt. Der Kollege Würzbach hat hier ganz zu Recht von den praktischen Erwägungen gesprochen. Sehen Sie, Herr Leber, das macht mir gewaltig zu schaffen. Sie können doch gar nicht verhindern - ich will das nicht wiederholen, was er gesagt hat -, daß da nicht nach dem Gewissen entschieden wird, sondern nach praktischen Erwägungen, ob diese Karte geschrieben wird oder nicht. Damit degradieren Sie doch die Gewissensentscheidung zu einer bloßen Formel. ({4}) Das muß zu diesem Verschleiß des Gewissens führen, und die echte Gewissensentscheidung desjenigen, der es damit ehrlich meint, wird dadurch abgewertet, und das sage ich in Richtung der kirchlichen Organisationen. ({5}) Heute hat ein Journalist, Herr von Raven, einen bemerkenswerten Kommentar geschrieben. Ich will nur zwei Formulierungen daraus zitieren: Auch im Interesse der ehrlichen Pazifisten kommt es darauf an, die Spreu der Simulanten vom Weizen der Wahrhaftigen zu trennen. ({6}) Darf der Staat eine Entwicklung fördern, die dazu treibt, daß sich respektabler Pazifismus und ordinäre Drückebergerei miteinander vermischen? Das ist der Punkt, man kann es nicht treffender ausdrücken.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Dr. Wörner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Gansel?

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ich möchte zu Ende kommen. Die Zeit ist zu knapp. ({0}) Es ist unschwer zu erkennen - und auch das ist ein Gedanke, der am Schluß dieser Debatte noch gesagt werden muß -, daß die Bundeswehr und ihre Bedarfsdeckung in Gefahr geraten können. Ich finde, wir machen allesamt - Sie, Herr Leber, und zum Teil auch wir - einen großen Fehler: Wir diskutieren an Hand der Zahlen von gestern, vom letzten Jahr. Es mag durchaus sein, daß es im Augenblick nicht zu einer Riesenwelle von Kriegsdienstverweigerern kommt. Wir alle kennen die Stimmung, und Gott sei Dank ist die Stimmung der jungen Generation gegenüber diesem Staat und gegenüber dieser 'Bundeswehr positiver, als sie etwa vor fünf oder vier oder sechs Jahren war. ({1}) Was bedeutet das, Herr Leber? Erstens können Sie nicht sicher sein, daß das so ist, und wer sagt Ihnen zweitens, wie die Entwicklung in fünf, wie die Entwicklung in zehn Jahren ist? Man macht doch ein Gesetz, das eine so grundsätzliche Bedeutung hat, nicht auf den Tag und auf die Entwicklung des Tages. ({2}) Man stellt doch die Sicherheit unseres Volkes nicht auf den guten Glauben. Ich kann nur sagen: Ein Gesetz, das so auf eine einmalige Situation zurechtgeschnitten ist, ist fehlerhaft. Nun sagen Sie - das kam gerade in Ihrem Zwischenruf zum Ausdruck -: Wir werden das Verfahren doch wieder einführen. Man muß sich einmal überlegen, meine Damen und Herren: Man hat ein Verfahren mit so viel moralischem Aplomb eingeführt. ({3}) Man sagt: Wir wollen die Inquisition des Gewissens beseitigen. ({4}) Sie haben einmal von „Gewissensmarter" gesprochen. Dann wollen Sie den Mut haben, herzukommen und zu sagen: Die Gewissensmarter wird wieder eingeführt, weil die Bundeswehr Bedarf hat? Das glauben Sie doch selbst nicht, Herr Leber. ({5}) Womöglich stehen gerade Wahlen vor der Tür. Womöglich wird sich die junge Generation daran gewöhnt haben. Womöglich sind wir in einer Krise. Vielleicht hat die Stimmung gegenüber der Bundeswehr bis dahin wieder umgeschlagen. Das alles können Sie doch nicht wissen. Über Ihre Durchsetzungkraft ist das Nötige gesagt worden. Da kann ich nur sagen: Wer wie Sie, Herr Leber, noch nicht einmal die Kraft hatte, dieses Gesetz, daß Sie nicht wollten, zu verhindern, der wird auch nicht die Kraft haben, wenn es darauf ankommt, ein solches Gesetz außer Kraft zu setzen. ({6}) Selbst wenn Sie die bestehende Regelung wieder in Kraft setzen könnten, wäre es, so wie Sie es hier niedergelegt haben, eine bloße Farce. ({7}) Es ist nicht nur so, daß der Antragsteller im Zweifel als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen wäre, nein, nach Ihren Vorschriften darf die Ablehnung - meine Damen und Herren, das muß man sich einmal zu Gemüte führen - nur auf gerichtlich nachprüfbare Tatsachen gestützt werden. Wem können Sie da künftig überhaupt noch die Anerkennung versagen außer überführten Gewalttätern, für die, kann ich nur sagen, die Bundeswehr wahrhaftig keinen Bedarf hat? Herr Leber, nehmen wir einmal an: Wir haben eine Krise, eine Spannungszeit. Jetzt müßten Sie die Verfügungsbereitschaft ausrufen, und von den Verfügungsbereiten würden plötzlich einige Tausende jene Karte zum Kreiswehrersatzamt schreiben. Nehmen wir weiter an, Sie wären dann noch Verteidigungsminister und hätten den Mut, diese Rechtsverordnung durchzuboxen und Ihre Koalition würde, wenn sie dann noch bestünde, ({8}) das mitmachen. Dann könnten Sie in der kurzen Zeit doch gar nicht mehr den Verwaltungsapparat aufbauen und die Prüfungsausschüsse besetzen, um die Prüfungen durchführen zu können. Das heißt, vor allen Dingen in einer Krise, in einer Spannungszeit - wenn es darauf ankommt - mindern Sie die Schlagkraft und damit die Abwehrkraft und die Verteidigungsfähigkeit unseres Staates in einer unerträglichen Weise. ({9}) Nun nur noch ein paar sehr kritische Fragen, gar keine Antworten: Was wollen Sie eigentlich tun, wenn in Zukunft große Teile gerade der Abiturienten und Studenten die Karte an das Kreiswehrersatzamt schreiben? Wie wollen Sie dann verhindern, daß sich die Bundeswehr nicht mehr aus allen Schichten der Bevölkerung gleichmäßig rekrutiert? Der Fall kommt in Ihrem Gesetzentwurf gar nicht vor. Gibt es nicht auch ein Problem der qualitativen Bedarfsdeckung und nicht nur der quantitativen Bedarfsdeckung? Das berücksichtigt Ihre Gesetzesvorlage ebenfalls nicht. Herr Leber, sehen Sie nicht die drohende Gefahr einer heillosen Polarisierung, in die diese junge Generation möglicherweise hineingetrieben wird? ({10}) Wird nicht denen das Geschäft erleichtert, die jetzt, wo doch die Karte genügt, versuchen werden, den jungen Leuten einzureden, daß der Typ des Soldaten derjenige sei, der roh, brutal und grausam sei, der nicht davor zurückscheue, einen anderen umzubringen, und den Zivildienstleistenden als denjenigen darzustellen, der karitativ denkt, der dem Nächsten helfen will? Wie wollen Sie verhindern, daß solche Strömungen, wenn nicht heute, dann morgen, in einer Atmosphäre der Wahlfreiheit Platz greifen? Es gibt bereits erste Untersuchungen. Die „Frankfurter Rundschau" hat - es mag jetzt ein halbes Jahr her sein - eine Soziologenuntersuchung veröffentlicht, in der genau dieser Versuch unternommen wird zu rubrizieren. Derjenige, der den Wehrdienst freiwillig macht, der seine Karte nicht schreibt, das ist dann derjenige, der eben nicht diese karitative Einstellung hat. ({11}) - Das ist völlig unpolemisch! - Ich sage Ihnen: Diese Polarisierung würde unserem Volk nicht nützen, sondern enorm schaden. ({12}) Und wie wollen Sie der Gefahr einer Negativauslese steuern? Nun, meine Damen und Herren, komme ich zur letzten Frage, zur Frage des Vertrauens. ({13}) - Herr Leber, Sie versuchen jetzt, das Ganze als eine Frage des Vertrauens in die junge Generation darzustellen. ({14}) Ich zitiere Herrn Leber aus einem Interview von 1972. Frage: Wollen Sie das Spruchkammerverfahren, die Gewissensprüfung für Wehrdienstverweigerer abschaffen? Leber: Ich habe gar keine Veranlassung und auch kein Recht, das abzuschaffen; im Gegenteil. - Einige Sätze weiter beschreiben Sie das, was bei der Wehrdienstverweigerung passiert, und sagen dann wörtlich: Oft ist nicht das Gewissen ausschlaggebend, sondern es sind ganz einfach wirtschaftliche Überlegungen. ({15}) Meine Damen und Herren, es ist doch ganz offenkundig - und deswegen kommt die Vorlage nicht von der Regierung, sondern von den Koalitionsfraktionen -, daß Sie, Herr Leber, das Vertrauen in die junge Generation erst dann entdeckt haben, als Sie Ihren Linken gegenüber nicht mehr den nötigen Widerstand aufgebracht haben und vor Ihnen in die Knie gegangen sind. ({16}) Das ist keine Sache des Vertrauens. Wir haben Vertrauen in die junge Generation, ({17}) aber, meine Damen und Herren, Vertrauen haben heißt nicht, daß man die junge Generation vor die Wahl zwischen einer Pflicht und einer Verlockung zum Mißbrauch stellen muß. Das hat mit Vertrauen nichts zu tun. ({18}) Ich sage Ihnen, die verheerendste Auswirkung jenseits aller praktischen Gründe - und das mag der Schluß sein - wird die sein, daß in unserem Volke das Bewußtsein dafür schwinden muß, daß es in einer Demokratie grundsätzlich Pflicht jedes jungen Mannes ist, sein Volk und seinen Staat zu verteidigen, daß Wehrdienstleisten die Regel und Wehrdienstverweigern die Ausnahme bleiben muß. ({19}) Dieses Bewußtsein ist der Kern der Verteidigungsgemeinschaft. Lassen Sie mich im übrigen sagen: Wer verteidigt eigentlich das Recht derer, die Wehrdienst verweigern, wenn nicht diejenigen, die die Uniform anziehen und Wehrdienst leisten, meine Damen und Herren? ({20}) Sehen Sie, diese Gesetzesvorlage reiht sich würdig in eine Reihe anderer Gesetze dieser Koalition ein, bis hin zur sogenannten Liberalisierung des Demonstrationsrechts. So, wie diese Gesetze die innere Sicherheit zum Schaden unserer Bürger beeinträchtigt haben, so wird das vorliegende Gesetz unsere äußere Sicherheit gefährden; denn dahinter steht ein Staats- und Gesellschaftsverständnis, das „liberalistisch" mit „liberal" verwechselt, das den Konflikt zwischen Freiheitsrecht des einzelnen und Gemeinschaftspflicht auf Kosten der Gemeinschaft und damit letztlich des einzelnen löst. Das ist nicht unsere Auffassung, nicht die Auffassung der CDU/CSU. Wir haben den Mut, auch unpopuläre Pflichten einzufordern und durchzusetzen, auch bei der jungen Generation, um die Rechte, die unser Staat gewährt, schützen zu können. Der allgemeinen Wehrpflicht verdanken wir nicht zuletzt die Sicherheit und den Frieden. Sie verlassen den Weg der allgemeinen Wehrpflicht. Sie tun das gegen unseren Willen, gegen unseren Widerstand und gegen unsere Stimmen. ({21})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Möllemann. ({0})

Jürgen W. Möllemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001520, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die hochgeschätzten Kollegen der Opposition haben ihre Beiträge hier unter die Leitworte ihres großen Vorsitzenden gestellt ({0}) - ihres langen Vorsitzenden gestellt; das ist egal -, die ich hier zitieren möchte; es war schnell erkennbar, welche. Frau Verhülsdonk hatte das Leitwort, das Herr Kohl in der „Quick" am 7. Mai 1975 verkündet hat: „Was nützt die beste Sozialpolitik, wenn die Kosaken kommen!" ({1}) Herr Wörner und Herr Würzbach hatten das Leitwort aus der „Zeit" 2. Juni 1976: „Wir wollen den Sozialismus bekämpfen - zu Lande, zu Wasser und" - so Herr Wörner eben - „in der Luft". ({2}) Herr Kohl hat sich gestern in seiner natürlichen Art ganz unbefangen zu dem Thema geäußert, und zwar unter dem Leitwort, das er sich selber in der „Welt am Sonntag" vom 8. August 1976 gegeben hat: „Noch heute kann ich an keinem Stall vorbeigehen, ohne hineinzuschauen. Natur wird bei uns ganz groß geschrieben." So klang das auch. ({3}) - Lieber versuche ich, hier eine - sagen wir mal - gewisse Auflockerung hereinzubringen, als im Kasernenhofton die Kollegen anzubrüllen, wie es der Herr Kollege Würzbach veranstaltet hat. ({4}) Der Herr Kollege Würzbach hat in seiner zackigen Rede darauf hingewiesen, daß ich bei den Beratungen im Verteidigungsausschuß ausgeführt habe, daß hier in der Tat keine konsequente Lösung geschaffen wird. Sie haben das verkürzt in den Raum gestellt. Sie sind sogar auf die Zusatzfrage Ihres Kollegen Biehle hereingefallen, der gesagt hat, ich hätte dort die Position vertreten, damit werde die Wehrpflicht abgeschafft. Was ich gesagt habe und was hier festzuhalten bleibt, ist: Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Kompromiß, und zwar der notwendige Kompromiß, der uns durch das Grundgesetz vorgegeben wird. Im Grundgesetz stehen nämlich zwei Bestimmungen, die in bestimmten Fällen in Kollision miteinander geraten. Darüber diskutieren wir die ganze Zeit. Das Grundgesetz sagt, daß jeder einzelne das Grundrecht hat, den „Kriegsdienst" - so steht es im Grundgesetz; das ist also keine Erfindung von Herrn Leber - mit der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern. Das Grundgesetz sieht zugleich die Verteidigung mit einer bewaffneten Streitmacht vor.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege, einen Augenblick! Meine Damen und Herren, da wir gerade zur namentlichen Abstimmung läuten, werden jetzt noch viele Kolleginnen und Kollegen in den Saal kommen. Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie Platz nehmen würden, damit der Redner im Haus verständlich bleibt.

Jürgen W. Möllemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001520, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Danke schön. Es wäre einfach unehrlich, hier den Eindruck erwecken zu wollen, man könne eine klare, nicht komMöllemann promißartige Regelung finden, ohne eine dieser beiden Grundgesetzbestimmungen zu ändern. Da wir eine solche Grundgesetzänderung nicht wollen, müssen wir einen Kompromiß finden. Er liegt hier vor. Er findet, wie gesagt, seinen Niederschlag darin, daß die Aufhebung der bisherigen Regelung nur für jene gilt, die vor der Einberufung stehen, und daß die bisherige Regelung in modifizierter Form für jene weiter gelten wird, die bei der Bundeswehr sind, sowie für die Reservisten. Lassen Sie mich ein kurzes Wort zu dem sagen, was hier im Hinblick auf ein ganz entscheidendes Kapitel dieses Gesetzentwurfs unterstellt worden ist. Die Koalitionsfraktionen haben in dieses Gesetz geschrieben, daß sie entschlossen sind, das geänderte Verfahren wieder in Kraft zu setzen, wenn die Verteidigungsfähigkeit nicht anders gewährleistet werden kann. Den Vorwurf, wir seien dazu nicht in der Lage, weise ich als eine erkennbare böswillige Unterstellung zurück. ({0}) Bei diesem Thema kommt unterschwellig bei Ihnen immer etwas ganz anderes durch, nämlich der Vorwurf an Bundesminister Leber, er sei hier von seiner Position abgewichen. Wenn ich mir so anschaue, wer von Ihnen schon mal in welchen Fragen von Positionen abgewichen ist, dann kann ich nur sagen: Das ist kein singulärer Fall. Ich rechne es meiner Fraktion und der Koalition hoch an, daß sie in der Lage ist, nach einem Diskussionsprozeß zu Meinungsänderungen zu kommen. Sie können uns doch nicht vorwerfen, es sei etwas Schlechtes, wenn die Koalition nach einer sachlichen Debatte zu einem sachlichen Ergebnis kommt, wie es Ihnen hier vorliegt. Jedenfalls bei uns ist das möglich. ({1}) Ein weiterer Punkt. Hier wird in erkennbarer Absicht versucht, den Eindruck zu erwecken, die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und des Bündnisses sei nicht gewährleistet. Wir können heute feststellen, daß die Bundeswehr nach den Feststellungen aller NATO-Partner bisher noch nie auf einem so hohen, leistungsfähigen Stand wie heute gewesen ist - ein Verdienst der Sicherheitspolitik dieser Koalition und nicht Ihrer Seite. ({2}) - Sie brauchen gar nicht zu widersprechen. Ich kann ja Ihren Kollegen Mertes zitieren, der in seinem Vortrag im Rheinhotel Dreesen gesagt hat, er stimme der Sicherheitspolitik von Herrn Leber zu, da sie im großen und ganzen sehr vernünftig sei. Sie können Herrn Mertes ja einmal überzeugen, daß das nicht richtig ist. Meine Damen und Herren, zwei Problembereiche, die Sie hier angesprochen haben, kann man, finde ich, nicht so leicht abtun. Das ist einmal die Frage, wie Sie unterschwellig noch immer die Zivildienstleistenden behandeln, nämlich als Leute zweiter Kategorie. Das Wort „Drückebergerei" ist hier mehrfach gefallen. Das ist doch das, was Ihnen im Kopf herumgeht. ({3}) Ein weiteres: Ich habe Herrn Wörner überhaupt nicht verstehen können, als er sagte, dieses Gesetz schaffe Dienstungerechtigkeit. Mit diesem Gesetz werden unter dem Strich künftig mehr junge Leute der entsprechenden Generationen Dienst leisten müssen als vorher. Wo dort eine Ungerechtigkeit liegen soll, ist mir nicht erkennbar. Weiter ist hier ein Punkt angesprochen worden, der wahrscheinlich für Ihre Haltung ein ganz zentraler ist. Herr Wörner, Sie haben ihn an den Schluß gestellt, nämlich die Frage des Vertrauens. Sie sind mit den Argumentationen, deren Sie sich hier bedient haben, dabei, Mißtrauen zu säen. Sie reden geradezu eine Wehrunwilligkeit herbei, indem Sie laufend unterstellen, dieses Gesetz provoziere so etwas. Stellen Sie sich doch hier her und appellieren Sie mit uns an die betroffenen Jahrgänge, weiterhin verstärkt für den Dienst in der Bundeswehr zur Verfügung zu stehen! Einem solchen Appell, der auch unser Appell ist, dient man nicht mit der Schwarzmalerei, die Sie hier betrieben haben. ({4}) Hier sind die Begriffe „liberalistisch" und „liberal" ausgerechnet von Herrn Wörner genannt worden. Daß es mich als Liberalen besonders reizt, dazu etwas zu sagen, werden Sie verstehen. Einer meiner Kollegen hat mir vorhin, als Herr Würzbach redete, gesagt, solche Reden brauche man ab und zu, damit die Koalition wieder wisse, daß es zu ihr keine Alternative gebe. ({5}) Ich kann Ihnen nur sagen: Solche Reden zum Liberalismusverständnis Ihrerseits machen mir deutlich, wie breit der Graben zwischen Liberalismus unserer Definition und dem ist, was Sie als solchen vorgeben. ({6}) Ein weiteres: Sie, Herr Wörner, haben geradezu exemplarisch gesagt, das Demonstrationsrecht und auch dieser Gesetzentwurf seien so ein Beispiel für liberalistisches Verständnis gewesen. Ganz genau! Genau das sind die Beispiele, bei denen der Ordnungsanspruch des Staates oder Ansprüche des Staates überhaupt auf Rechtsansprüche des einzelnen treffen. Genau hier! Jedesmal, in all diesen Fällen entscheiden Sie sich gegen den einzelnen und für den Ordnungsanspruch des Staates. Wir entscheiden uns im Zweifel für den einzelnen. ({7}) Deshalb stimmen wir diesem Gesetz zu. ({8})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache in der zweiten Beratung. Ich rufe Art. 1 bis 8, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzu- Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen stimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Beratung angenommen. Wir treten nun in die dritte Beratung ein. Das Wort zur Aussprache wird nicht begehrt. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Meine Damen und Herren, wer mit Ja stimmen will, benutzt die blaue Karte, wer mit Nein stimmen will, die rote. Wer sich der Stimme enthalten will, benutzt die weiße Karte. Meine Damen und Herren, ich frage, ob ein Mitglied des hohen Hauses seine Stimmkarte noch nicht abgegeben hat. Ich schließe die namentliche Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, daß wir die Beratung dieses Tagesordnungspunktes während der Auszählung unterbrechen und in der Tagesordnung fortfahren. Ich bitte Sie, Platz zu nehmen, weil es nur dann möglich ist, in der Tagesordnung fortzufahren. Meine Damen und Herren, wir setzen die Beratung zu Punkt 8 der Tagesordnung fort: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude - Drucksache 8/286 - a) Bericht des Hauhaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/471 - Berichterstatter: Abgeordneter Löffler b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses ({1}) - Drucksachen 8/453, 8/463 Berichterstatter: Abgeordneter Gobrecht Abgeordneter Dr. Voss ({2}) Ich danke den Herren Berichterstattern. Die Aussprache einschließlich der Begründungen zu den Änderungsanträgen hat gestern stattgefunden, so daß wir mit den Abstimmungen in der zweiten Beratung fortfahren können. Ich rufe Art. 1 Nr. 1 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU auf Drucksache 8/479 vor. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. ({3}) - Meine Damen und Herren, wenn Sie den Wunsch haben, bin ich gern bereit, auszählen zu lassen, damit ich Ihnen noch eine Freude mache. - Das wollen Sie offensichtlich doch nicht. ({4}) Meine Damen und Herren, wer dem Art. 1 Nr. 1 in der Ausschußfassung zustimmen will, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe nunmehr Art. 1 Nr. 2 bis 5 und Art. 2 bis 5 der Ausschußfassung sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Das Gesetz ist damit in zweiter Beratung angenommen. Wir treten ein in die dritte Beratung. Wird das Wort zur Aussprache begehrt? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Gesetz ist in dritter Beratung einstimmig angenommen. Wer den Beschlußempfehlungen unter Nr. 2 und Nr. 3 auf der Seite 4 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Mit Mehrheit so beschlossen. Damit sind auch die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben und Petitionen für erledigt erklärt. Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern ({5}) - Drucksache 8/457 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß ({6}) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Verteidigungsausschuß Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO Das Wort zur Begründung der Vorlage wird von der Bundesregierung nicht gewünscht. Ich frage, ob das Wort zur Aussprache gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage dem Innenausschuß - federführend -, dem Ausschuß für Bildung und Wissenschaft und dem Verteidigungsausschuß zur Mitberatung, und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 27. Februar 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über Soziale Sicherheit - Drucksache 8/194 Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({7}) -Drucksache 8/435 -Berichterstatter: Abgeordneter Kratz ({8}) Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Eine Ergänzung des Berichtes wird nicht gewünscht. Wir kommen zur zweiten Beratung und Schlußabstimmung. Ich rufe auf Art. 1, 2, 3, 4, 5, Einleitung und Überschrift. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 28. Juni 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über Leistungen für Arbeitslose - Drucksache 8/259 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({9}) - Drucksache 8/442 Berichterstatter: Abgeordneter Kratz ({10}) Ich danke Herrn Abgeordneten Kratz für seinen Bericht. Auf eine Ergänzung des schriftlichen Berichts wird verzichtet. Zur Aussprache wird das Wort nicht begehrt. Ich verbinde die zweite Beratung mit der Schlußabstimmung und rufe auf Art. 1, 2, 3, 4, Einleitung und Überschrift. Wer dem Gesetz in zweiter Beratung und Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich von dem Platz zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle keine Gegenstimmen und keine Stimmenthaltungen fest. Das Gesetz ist damit in zweiter Beratung angenommen. Ich rufe nunmehr auf Punkt 13 der Tagesordnung: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 4. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Soziale Sicherheit und dem Ergänzungsabkommen vom 17. Dezember 1975 - Drucksache 8/171 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({11}) - Drucksache 8/436 Berichterstatter: Abgeordneter Müller ({12}) ({13}) Ich danke Herrn Abgeordneter Müller ({14}) sehr herzlich für die Berichterstattung. Eine Ergänzung des Berichtes wird nicht gewünscht. Zur Aussprache wird das Wort nicht begehrt. Ich rufe auf Art. 1, 2, 3, 3 a, 4, 5, Einleitung und Überschrift. Wer dem Gesetz in zweiter Beratung und in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit, meine Damen und Herren, ist auch dieses Gesetz einstimmig gebilligt. Ich rufe nunmehr Punkt 14 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzabkommen vom 8. Juli 1976 zu dem Abkommen vom 29. Juni 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Republik Rumänien über Sozialversicherung - Drucksache 8/260 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({15}) - Drucksache 8/440 Berichterstatter: Abgeordneter Zink ({16}) Ich danke Herrn Abgeordneten Zink für seinen schriftlichen Bericht. Das Wort wird zur Ergänzung des Berichts nicht gewünscht. Zu einer Aussprache wird das Wort nicht begehrt. Ich rufe auf Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung und der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle auch hier einstimmige Beschlußfassung fest. Ich rufe die Punkte 15 und 16 der Tagesordnung sowie den Zusatzpunkt auf: 15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. Juni 1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Drucksache 8/366 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft ({17}) Auswärtiger Ausschuß 16. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Düngemittelstatistik - Drucksache 8/371 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO Zusatzpunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes - Drucksache 8/466 2180

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({0}) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO Das Wort wird nicht begehrt. Ich bitte, die Überweisungsvorschläge des Ältestenrats aus der Tagesordnung zu entnehmen, aber folgende Änderungen zu beachten: Bei dem Gesetzentwurf über eine Düngemittelstatistik soll zusätzlich der Innenausschuß mitbeteiligt werden. Bei dem Gesetzentwurf zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes sollen der Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit - federführend -, der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - mitberatend - und der Haushaltsausschuß, wie bereits vorgesehen, nach § 96 der Geschäftsordnung beteiligt werden. - Ich sehe und höre zu den Vorschlägen, die hier ergänzt worden sind, keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf: Beratung der Sammelübersicht 5 des Petitionsausschusses ({1}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache 8/364 Berichterstatterin ist die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Berger ({2}), der ich für den Bericht danke. Wer dem Vorschlag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich rufe nunmehr die Punkte 18 und 19 der Tagesordnung auf: 18. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({3}) zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Empfehlung für eine Verordnung des Rates über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Volksrepublik Bangladesh über den Handel mit Juteerzeugnissen Empfehlung einer Verordnung des Rates über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Ägypten über den Handel mit Textilerzeugnissen Empfehlung für eine Verordnung des Rates betreffend Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über den Handel mit Textilerzeugnissen Entwurf für ein Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Bestimmungen über das gemeinschaftliche Versandverfahren Empfehlung für eine Verordnung des Rates über den Abschluß des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Bestimmungen über das gemeinschaftliche Versandverfahren Vorschlag einer Verordnung ({4}) des Rates zur Anwendung des Beschlusses Nr. 2/76 des Gemischten Ausschusses EWG/Israel über eine Änderung des Protokolls Nr. 3 zum Abkommen EWG-Israel hinsichtlich der Ursprungsregeln Vorschlag einer Verordnung ({5}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für 30 000 Stück Färsen und Kühe bestimmter Höhenrassen, nicht zum Schlachten, der Tarifstelle ex 01.02 A II b) 2 des Gemeinsamen Zolltarifs Vorschlag einer Verordnung ({6}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für 5 000 Stück Stiere, Kühe und Färsen bestimmter Höhenrassen, nicht zum Schlachten, der Tarifstelle ex 01.02 A II b) des Gemeinsamen Zolltarifs - Drucksachen 8/4, 8/30, 8/158, 8/157, 8/20, 8/182, 8/355 Berichterstatter: Abgeordneter Angermeyer 19. Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({7}) zu den Unterrichtungen durch die Bundesregierung Empfehlung für eine Verordnung ({8}) des Rates über den Abschluß von Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Ägypten Empfehlung für eine Verordnung ({9}) des Rates über den Abschluß von Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Haschemitischen Königreich Jordanien Empfehlung für eine Verordnung ({10}) des Rates über den Abschluß von Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Syrien Empfehlung für einen Beschluß des Rates, mit dem die Kommission ermächtigt wird, Verhandlungen mit Ägypten, Jordanien und Syrien zwecks Abschluß von Interimsabkommen zu eröffnen Vorschlag einer Empfehlung für eine Verordnung des Rates über den Abschluß des Interimsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Ägypten Vorschlag einer Empfehlung für eine Verordnung des Rates über den Abschluß des InteVizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen rimsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Syrien Vorschlag einer Empfehlung für eine Verordnung des Rates über den Abschluß des Interimsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Haschemitischen Königreich Jordanien Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Verhandlungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Libanesischen Republik Empfehlung für eine Verordnung ({11}) des Rates über den Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Libanesischen Republik Empfehlung für einen Beschluß des Rates zur Ermächtigung der Kommission, Verhandlungen mit der Libanesischen Republik über den Abschluß eines Interimsabkommens zu eröffnen Mitteilung der Kommission an den Rat über die Verhandlungen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Staat Israel Empfehlung einer Verordnung ({12}) des Rates betreffend den Abschluß eines Zusatzprotokolls zum Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Staat Israel - Drucksachen 7/5919, 8/50, 8/179, 7/5943, 8/356 Berichterstatter: Abgeordneter Angermeyer Ich frage, ob jemand der Berichterstatter das Wort wünscht. - Das ist nicht der Fall. Auch zur Aussprache wird das Wort nicht begehrt. Ich schlage Ihnen vor, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen. - Ich höre und sehe keinen Widerspruch. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlungen auf den Drucksachen 8/355 und 8/356. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich kehre nunmehr zu Punkt 7 der Tagesordnung mit dem Ergebnis der namentlichen Abstimmung in dritter Beratung zurück, zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes und des Zivildienstgesetzes, Drucksache 8/434. An der Abstimmung haben sich 467 Abgeordnete und 21 Kolleginnen und Kollegen aus Berlin beteiligt. Mit Ja haben 241 Mitglieder des Hauses und 10 Berliner Kollegen gestimmt, mit Nein 226 und 11 Berliner Kollegen. Ergebnis Abgegebene Stimmen 467 und 21 Berliner Abgeordnete; davon ja: 241 und 10 Berliner Abgeordnete nein: 226 und 11 Berliner Abgeordnete Ja SPD Dr. Ahrens Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Dr. Bardens Batz Dr. Bayerl Becker ({13}) Biermann Bindig Blank Dr. Böhme ({14}) Frau von Bothmer Brandt Brandt ({15}) Brück Buchstaller Büchler ({16}) Büchner ({17}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Conradi Coppik Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dr. von Dohnanyi Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({18}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Franke ({19}) Friedrich ({20}) Gansel Gerstl ({21}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haase ({22}) Haehser Hansen Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Höhmann Hoffmann ({23}) Hofmann ({24}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Ibrügger Immer ({25}) Jahn ({26}) Jaunich Dr. Jens Junghans Jungmann Junker Kaffka Kirschner Klein ({27}) Koblitz Konrad Kratz Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen Lemp Lenders Frau Dr. Lepsius Liedtke Dr. Linde Lutz Mahne Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({28}) Meinike ({29}) Meininghaus Menzel Müller ({30}) Müller ({31}) Müller ({32}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Neumann Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({33}) Rappe ({34}) Ravens Frau Renger Reuschenbach Rohde Rosenthal Roth Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({35}) Dr. Schäfer ({36}) Scheffler Scheu Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({37}) Schmidt ({38}) Schmidt ({39}) Schmidt ({40}) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude Schreiber Schulte ({41}) Schwabe Dr. Schwencke ({42}) Dr. Schwenk ({43}) Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Seefeld Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Dr. Spöri Stahl ({44}) Dr. Staudt Dr. Steger Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Ueberhorst Urbaniak Dr. Vogel ({45}) Vogelsang Voigt ({46}) Waltemathe Walther Dr. Weber ({47}) Weißkirchen ({48}) Wendt Dr. Wernitz Westphal Wiefel Wilhelm Wimmer ({49}) Dr. de With Wittmann ({50}) Wolfram ({51}) Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({52}) Dr. Dübber Egert Löffler Männing Frau Schlei Schulze ({53}) Sieglerschmidt FDP Angermeyer Baum Cronenberg Eimer ({54}) Engelhard Ertl Dr. Friderichs Frau Funcke Gärtner Gallus Gattermann Genscher Grüner Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann Hölscher Hoffie Jung Kleinert Dr.-Ing. Laermann Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier Mischnick Paintner Peters ({55}) Schmidt ({56}) von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller Dr. Vohrer Wolfgramm ({57}) Wurbs Zywietz Berliner Abgeordnete Hoppe Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. van Aerssen Alber Dr. Althammer Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha Dr. Becker ({58}) Frau Benedix Benz Berger Biechele Dr. Biedenkopf Dr. von Bismarck Dr. Blüm Böhm ({59}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Broll Bühler ({60}) Burger Carstens ({61}) Carstens ({62}) Conrad ({63}) Dr. Czaja Daweke Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Engelsberger Erhard ({64}) Ernesti Dr. Evers Ey Eymer ({65}) Dr. Eyrich Feinendegen Frau Fischer Francke ({66}) Franke Dr. Friedmann Dr. Früh Dr. Fuchs Frau Geier Geisenhofer Dr. von Geldern Dr. George Gerlach ({67}) Gerstein Gierenstein Glos Dr. Gölter Dr. Gruhl Haase ({68}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann Hasinger Hauser ({69}) Hauser ({70}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr, Hoffacker Frau Hoffmann ({71}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({72}) Dr. Jahn ({73}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({74}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Kiechle Dr. h. c. Kiesinger Dr. Klein ({75}) Klein ({76}) Klinker Dr. Köhler ({77}) Dr. Köhler ({78}) Köster Dr. Kohl Krampe Dr. Kraske Kraus Dr. Kreile Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Laufs Leicht Lemmrich Dr. Lenz ({79}) Lenzer Link Lintner Löher Dr. Luda Dr. Marx Dr. Mende Dr. Mertes ({80}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Möller Dr. Müller Müller ({81}) Müller ({82}) Dr. Müller-Hermann Dr. Narjes Neuhaus Frau Dr. Neumeister Niegel Nordlohne Dr. Nothhelfer Frau Pack Pfeffermann Pfeifer Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Dr. Probst Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({83}) Dr. Riedl ({84}) Dr. Riesenhuber Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Rühe Sauer ({85}) Sauter ({86}) Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein Dr. Schäuble Schartz ({87}) Schedl Frau Schleicher Schmidhuber Schmidt ({88}) Schmitz ({89}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({90}) Schröder ({91}) Schröder ({92}) Dr. Schulte ({93}) Dr. Schwarz-Schilling Dr. Schwörer Seiters Sick Dr. Freiherr Spies von Büllesheim Spilker Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({94}) Dr. Starke ({95}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Strauß Stücklen Stutzer Susset de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Dr. Unland Vogel ({96}) Vogt ({97}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Wallmann Frau Dr. Walz Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Wawrzik Weber ({98}) Weiskirch ({99}) Dr. von Weizsäcker Werner Frau Dr. Wex Frau Dr. Wilms Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Wimmer ({100}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissmann Dr. Wittmann ({101}) Dr. Wörner Baron von Wrangel Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Ziegler Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({102}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({103}) Luster Müller ({104}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe Damit ist das Gesetz in dritter Beratung angenommen worden. ({105}) Ich gehe davon aus, daß das Haus auch den übrigen Beschlußempfehlungen des Ausschusses unter Ziffer 2 bis 4 zustimmt. - Das ist der Fall. Wir sind damit am Ende der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 15. Juni, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.