Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 4/25/1980

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 15. April 1980 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Häfele, Windelen, Haase ({0}), Dr. Riedl ({1}), Röhner, Hauser ({2}), Carstens ({3}), Frau Berger ({4}), Frau Pieser, Glos, Dr. Friedmann, Dr. Köhler ({5}), Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Schröder ({6}), Picard, Rawe, Dr. Rose, Dr. Stavenhagen, Spilker und der Fraktion der CDU/CSU betr. Haushaltsmehrbelastungen des Bundes im Jahre 1980 und in den Folgejahren - Drucksache 8/3884 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/3929 verteilt. Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 24. April 1980 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Windelen, Dr. Häfele, Haase ({7}), Dr. Riedl ({8}), Dr. Langner und der Fraktion der CDU/ CSU betr. Äußerungen von Bundesfinanzminister Matthöfer über Streichungen und Überprüfung von Subventionen - Drucksache 8/3896 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3948 verteilt. Der Präsident des Deutschen Bundestages hat gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 15. bis 23. April 1980 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/3952 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat mit Schreiben vom 24. April 1980 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschläge für Richtlinien des Rates ({9}) zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten - über Überrollschutzaufbauten ({10}) bestimmter Baumaschinen - über Schutzaufbauten gegen herabfallende Gegenstände ({11}) bestimmter Baumaschinen - Drucksache 8/3670 Nr. 24 Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen in grubengasführenden Gruben - Drucksache 8/3733 Nr. 11 Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um die Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und der FDP betreffend Bericht der Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklungsfragen ergänzt werden. Ich frage das Haus, ob es damit einverstanden ist. - Ich sehe keine Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe Punkt 1 der heutigen Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 8/3914 Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Ich begrüße Frau Staatsminister Hamm-Brücher, die zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung steht. Ich rufe die Frage 72 des Abgeordneten Dr. Hupka auf : Hat die Bundesregierung angesichts der rückläufigen Zahl von Aussiedlern aus der Sowjetunion im Jahr 1979 und der noch geringeren Zahl von Ausreisegenehmigungen im Monatsdurchschnitt des ersten Quartals 1980 mit der Sowjetunion verhandelt, um die Gründe hierfür zu erfahren und für eine größere Freizügigkeit einzutreten? Bitte sehr, Frau Staatsminister.

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Herr Kollege, von unserer Seite ist der Rückgang der Ausreisezahlen, dessen Grund uns nicht bekannt ist, im vergangenen Jahr bei vielfältigen Gelegenheiten und auf verschiedenen Ebenen gegenüber der sowjetischen Seite mit Besorgnis zum Ausdruck gebracht worden, so z. B. bei den Besuchen von Justizminister Trebelow im Januar 1979 in Bonn, von Bundesinnenminister Baum im Mai 1979 in Moskau, von Außenminister Gromyko im November 1979 in Bonn und bei den Direktorenkonsultationen im Oktober 1979 in Moskau.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wie erklären Sie es sich dann aber, daß all diese Gespräche ohne jede Reaktion geblieben sind und die Zahl für die ersten drei Monate dieses Jahres gegenüber der Höchstzahl im Jahr 1976 um nahezu 40 % zurückgegangen ist?

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Herr Kollege, nach unseren Unterlagen sind die Zahlen der Aussiedler im letzten Jahr im Schnitt um etwa 10% zurückgegangen, was wir bedauern. Wir können nur Vermutungen anstellen. Aber wir hoffen, es wird gelingen, die Zahlen der Aussiedler durch Interventionen, die wir bei allen möglichen Gelegenheiten wiederholen werden, wieder zu erhöhen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, nachdem ich mich auf die Zahlen für das erste Quartal dieses Jahres bezogen habe, muß ich wiederholen, daß sie um 40 % zurückgegangen sind. Nun die Frage: Wir erklärt sich die Bundesregierung die zunehmende Beunruhigung unter den Betroffenen? Wir hören immer wieder von Protestdemonstrationen in Moskau, die für die Betroffenen sehr gefährlich sind.

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Herr Kollege, ich glaube, es hat wenig Sinn, die Zahlen der Aussiedler monatlich zu bewerten. Man muß die Zahlen schon in längeren Zeiträumen überprüfen. Beunruhigung aussiedlungsbereiter deutschstämmiger Sowjetbürger hat es zu allen Zeiten gegeben. Herr Kollege Hupka, wir haben nach solchen Demonstrationen, wie sie auch kürzlich wieder auf dem Roten Platz stattgefunden haben, bei jeder Gelegenheit entsprechend interveniert.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wird der Bundeskanzler bei einem im Grundsatz geplanten Besuch in Moskau den menschenrechtlichen Mindeststandard der Deutschen zu einem wesentlichen Verhandlungsgegenstand machen?

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Ja.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 73 des Abgeordneten Dr. Czaja auf: Erfüllt die Volksrepublik Polen die Verpflichtung aus Ziffer 5 der Information vom 7. Dezember 1970, wenn sie bei Verwandtenbesuchen von Familienangehörigen in der Regel nur für eine Person der Familie zu gleicher Zeit eine Besuchsgenehmigung für den Besuch in der Bundesrepublik Deutschland erteilt? Bitte sehr, Frau Staatsminister. Frau Dr. Hamm-Brücher: Herr Kollege Czaja, Ziffer 5 der Information enthält keine Hinweise zur Frage gleichzeitiger Besuchsgenehmigungen für mehrere Familienangehörige. Sie verweist allgemein auf die für andere Staaten Westeuropas üblichen polnischen Grundsätze. Dem Auswärtigen Amt ist nicht bekannt, daß die Volksrepublik Polen im Zusammenhang mit den Besuchsgenehmigungen für Verwandtenbesuche in der Bundesrepublik Deutschland andere Grundsätze anwendet als für Verwandtenbesuche in anderen Staaten Westeuropas. Falls Ihnen, Herr Kollege, eine unterschiedliche polnische Praxis zum Nachteil der betroffenen Familien bekannt sein sollte, bittet das Auswärtige Amt um eine entsprechende Mitteilung.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, wieso ist dem Auswärtigen Amt nicht aus der ständigen Korrespondenz bekannt, daß Besuchsreisen aus dem polnischen Machtbereich in die Bundesrepublik nur für einen Familienangehörigen zu gleicher Zeit zugelassen werden, während nach anderen westeuropäischen und osteuropäischen Staaten zwei bis drei Personen gleichzeitig zu Besuch fahren können?

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Herr Kollege, diese von Ihnen geschilderte bedauerliche Praxis ist der Bundesregierung bekannt. Sie entspricht einer in anderen Staaten des Warschauer Pakts ebenfalls geübten Praxis. Ich wiederhole noch einmal, was ich Ihnen soeben sagte: Wenn Ihnen hier eine unterschiedliche Praxis der Besuchserlaubnis bekanntwerden sollte, dann bitte ich Sie, uns das mitzuteilen, denn die Bundesregierung wird sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für eine weitere Verbesserung bei den Verwandtenbesuchen sehr nachdrücklich einsetzen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Dr. Czaja zu einer zweiten Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, Sie haben soeben gesagt, daß der Bundesregierung dies allgemein bekannt sei, ich frage aber noch einmal: Entspricht dies der Ziffer 5, die die Volksrepublik Polen als Vertragsgrundlage, als einseitige Erklärung verpflichtet, auch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland die gleichen Grundsätze anzuwenden, die gegenüber anderen Staaten Westeuropas üblich sind?

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Herr Kollege Czaja, auch mir liegt die Vereinbarung vor. Ziffer 5 lautet: Was den Personenverkehr anbelangt, und zwar im Zusammenhang mit Besuchen von Familienangehörigen, so werden die zuständigen polnischen Behörden nach Inkrafttreten des Vertrages über die Grundlagen der Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten die gleichen Grundsätze anwenden, die gegenüber anderen Staaten Westeuropas üblich sind. ({0}) - Eben, diese Grundsätze werden nach unseren Erkenntnissen offensichtlich angewandt. Wenn Ihnen diesbezüglich andere Mitteilungen vorliegen, dann würde ich Sie bitten, uns davon zu informieren. ({1})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Hupka zu einer Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, steht die polnische Praxis, nur einzelne Besuchsreisende mit einem Visum auszustatten, nicht auch in Widerspruch zu Korb III der KSZE-Schlußakte, wo nichts davon gesagt wird, daß nur ein einzelner als Besucher ausreisen darf, während die anderen in einer gewissen Sippenhaft zurückbehalten werden?

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Herr Kollege Hupka, auch das wird Gegenstand der Implementierungsdebatte in Madrid sein.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Schweitzer.

Prof. Dr. Carl Christoph Schweitzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002131, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, würden Sie mir nicht darin zustimmen, daß - insgesamt gesehen - sich die hier zur Diskussion stehende Zahl der Verwandtschaftsbesuche durchaus positiv entwickelt hat, insbesondere dann, wenn man diese Zahl mit der früherer Jahre und Jahrzehnte vergleicht?

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Herr Kollege, ich kann Ihre Frage nur bestätigen. Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht einmal dem Hohen Hause ein paar Zahlen nennen. Die Zahl der Genehmigungen von Verwandtenbesuchen ist seit 1975 von rund 45 000 auf über 202 000 im Jahre 1979 angestiegen. Das ist eine ganz beträchtliche Leistung, die in diesem Zusammenhang doch den guten Willen der Volksrepublik Polen deutlich macht. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Herr Kollege Hupka, in der Fragestunde ist es nicht üblich, Zwischenrufe zu machen.

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Aber Herr Kollege, seien wir doch froh und dankbar, daß sich die Zahl der Einzelbesucher innerhalb nicht ganz eines Jahrzehnts mehr als verfünffacht hat. Das ist doch ein großer Fortschritt bei der Verwirklichung der Vereinbarungen von Korb III der Schluß- akte von Helsinki.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Staatsminister, müßte nicht der gute Wille der polnischen Regierung weniger an noch schlechteren Praktiken von früher, sondern vielmehr an dem gemessen werden, was in Verträgen mit der Bundesrepublik Deutschland und in internationalen Erklärungen wie der Schlußakte von Helsinki zugesagt worden Ist und nicht eingehalten wird? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege Jäger, ich kann nur noch einmal wiederholen: Wir beurteilen die in beiden Richtungen steigenden Besucherzahlen positiv. Was die Zahl der Besuchswilligen erteilten Visen anlangt, so habe ich bereits dem Kollegen geantwortet, daß wir uns darum bemühen, daß sich diese Praxis ändert.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Kollege Becker ({0}).

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000127, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, sind im Auswärtigen Amt meine eigenen Erfahrungen bekannt, daß in sehr vielen Fällen nicht nur mehrere Angehörige einer Familie, sondern ganze Familien zu Besuchsreisen in die Bundesrepublik kommen konnten?

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Bei polnischen Besuchen ist die Regel, daß nur ein Besucher die Genehmigung erhält.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen zu Frage 73 mehr. Diese Frage ist damit beantwortet. Ich rufe (lie Frage 74 auf. Herr Abgeordneter Dr. Schweitzer bittet um schriftliche Beantwortung. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe Frage 75 des Abgeordneten Dr. Schweitzer auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung der kulturell-wissenschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China? Bitte sehr, Frau Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung beurteilt die Entwicklung der kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen mit der Volksrepublik China sehr positiv. Der Kulturaustausch mit der Volksrepublik China hat sich seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen 1972 stetig entwickelt und seit 1978 sogar erheblich intensiviert. 1979 wurde beim Besuch von Regierungs- und Parteichef Hua Guofeng in Bonn ein Kulturabkommen unterzeichnet. Zur Zeit ist bereits die 4. Programmvereinbarung in Kraft. Wenn Sie es durch eine Zusatzfrage wünschen, Herr Kollege, dann bin ich gern bereit, Ihnen weitere Einzelheiten über die Durchführung der Programme mitzuteilen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Wünscht der Herr Kollege Dr. Schweitzer das Wort zu einer Zusatzfrage? ({0}) - Bitte sehr.

Prof. Dr. Carl Christoph Schweitzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002131, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Staatsminister, da ich bei dieser meiner Frage davon ausgehe, daß keine eine Völkerverständigung erschwerenden Zusatzfragen gestellt werden, möchte ich nun meinerseits zusätzlich fragen, wie sich der Austausch zwischen den Wissenschaftlern und im kulturellen Sektor im einzelnen vollzogen hat.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Bitte sehr, Frau Staatsminister.

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Herr Kollege, 1979 konnten erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg Alexander-von-Humboldt-Stipendien an chinesische Wissenschaftler verliehen werden. 1979 lief auch das Programm für rund 500 selbstzahlende chinesische Studenten an, die jetzt an unseren Universitäten studieren. Für 1980 stehen 45 DAAD-Stipendien zur Verfügung. Weitere Stipendien vergeben die Friedrich-Ebert-Stiftung und die MaxPlanck-Gesellschaft. Gegenwärtig halten sich außerdem rund 250 chinesische Wissenschaftler bei uns auf. 30 deutsche Studenten studieren derzeit in der Volksrepublik China. Dazu kommen noch rund 25 längerfristig in der Volksrepublik China tätige Lektoren aus der Bundesrepublik Deutschland. Im Bereich der Gastspiele und Ausstellungen nenne ich vor allem eine Käthe-Kollwitz-Ausstellung und zwei große Buchausstellungen, die 1979 in mehreren chinesischen Städten gezeigt wurden. Besonderen Anklang fanden das Gastspiel der Berliner Philharmoniker unter Karajan 1979 und das Stuttgarter Ballett 1980. Umgekehrt, und das freut uns besonders, begeisterte die Peking-Oper 1979 in mehreren Städten, darunter Berlin, ein zahlreiches Publikum. Groß ist auch das Interesse unserer chinesischen Partner an der deutschen Sprache. So veranstaltet das Goethe-Institut Unterrichts- und Fortbildungskurse für chinesische Studenten und chinesische Deutschlehrer sowohl bei uns als auch in der Volksrepublik China. Ende 1979 weilte zum erstenmal eine chinesische Jugenddelegation in der Bundesrepublik. Eine erfreuliche Zusammenarbeit existiert auch auf sportlichem Gebiet. Die Bundesregierung ist überzeugt, die deutschchinesischen Kulturbeziehungen in Zukunft noch weiter entwickeln und vertiefen zu können.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Der Abgeordnete Sauer ({0}) bittet um schriftliche Beantwortung der Frage 76. Dem wird entsprochen. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen beantwortet. Ich danke Ihnen, Frau Staatsminister. Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf und begrüße dazu den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Sperling. Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß Vorhaben von Bürgern, zur Energieeinsparung Windkraftanlagen bei Privathäusern zu errichten, zumindest im Land Nordrhein-Westfalen generell mit Berufung auf f 34 des Bundesbaugesetzes abgelehnt werden, folgt die Bundesregierung dieser Beurteilung, oder hält sie es für rechtlich möglich und angebracht, in den heute nur gegebenen Einzelfällen Baugenehmigungen für solche ({1})Anlagen zu erteilen?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Herr Kollege, bereits in der Fragestunde vom 28. Februar hatte ich auf eine dem gleichen Thema gewidmete Frage des Kollegen Mierscheid ausgeführt, daß der § 34 Bundesbaugesetz kein Hindernis für die Errichtung von Windkraftanlagen ist. Es ist nach diesem Paragraphen des Bauplanungsrechts möglich, solche Anlagen zu bauen, vorausgesetzt, sie fügen sich in die nähere Umgebung ein, führen zu keinen unzumutbaren Störungen oder Belästigungen und haben auch keinen nachteiligen Einfluß auf das Orts- und Landschaftsbild. Die Lage ist nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu betrachten.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Spies.

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, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich angesichts dieser Auskunft, die Sie hier bereits einmal gegeben haben, daß der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen eine genau gegensätzliche Auffassung vertritt?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Herr Kollege, ich weiß nicht, ob der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen eine genau gegensätzliche Auffassung vertritt. Unser Kontakt mit den Länderministerien hat ergeben, daß sie mit dieser Auffassung im wesentlichen übereinstimmen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Spies.

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, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie bereit sein, die hier geäußerte Auffassung auch gegenüber dem Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen zu vertreten?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Mit Vergnügen. Und wenn Sie mir die Quelle Ihrer Kenntnis verraten, dann würde ich das sogar um so schneller tun.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Spies auf: Sieht die Bundesregierung hier ein ({0}) Regelungsbedürfnis, und wenn ja, welche Regelung ist vorgesehen, und wann ist sie zu erwarten?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Herr Kollege, in dem Moment, in dem sich zeigt, daß durch Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung etwas, was. für Energiesparbemühungen sinnvoll ist, unmöglich gemacht wird, werden wir an Gesetzesänderungen zu denken haben. Gegenwärtig sieht es nach unseren Kontakten mit den Länderministerien nicht so aus, daß eine Gesetzesänderung ratsam wäre.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Spies.

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, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, mit welchem Zeitraum wäre dann, wenn diese Lage eintreten sollte, zu rechnen, bis entsprechende Vorschriften verabschiedet sind?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Herr Kollege, ich glaube nicht, daß wir uns noch in dieser Legislaturperiode gemeinsam um eine beschleunigte Verabschiedung bemühen können. Aber ich nehme an, daß wir uns - ich in dieser Funktion und Sie in jener - in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam bemühen müßten. Und dann könnte das ja schnell gehen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Spies.

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, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Auffassung schließen, daß Sie - ob in der Regierung oder als Mitglied einer Fraktion dieses Hauses - in dieser Frage mitziehen werden?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

In dem Moment, in dem sich eine entsprechende Gesetzesänderung als notwendig erweist, können Sie sicher sein, daß wir das tun werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Jetzt Herr Kollege Möller zu einer Zusatzfrage.

Dr. Franz Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001522, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat sich die Bund-Länder-Kommission, die ARGEBAU, bereits mit diesen Windkraftanlagen befaßt und entsprechend einheitliche Regelungen für die ganze Bundesrepublik Deutschland vorgeschlagen?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Soweit ich weiß, nein, Herr Kollege Möller. Aber wir werden sie sicher darum bemühen müssen, wenn sich die Auffassung Nordrhein-Westfalens tatsächlich als Anleitung für eine allgemeine Verwaltungspraxis herausstellen sollte.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragen 62 und 63 werden auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Dr. Jahn ({0}), schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Ich begrüße dazu den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Kreutzmann. Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Dr. Sprung auf: Treffen Pressemeldungen zu, wonach in der DDR, insbesondere in Ost-Berlin, die Grabpflegegebühren, die von in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Hinterbliebenen in DM-Beträgen zu tragen sind, in den letzten Monaten drastisch erhöht wurden?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Sprung, Pressemeldungen, wonach die DDR die Grabpflegekosten für hier lebende Hinterbliebene erhöht hat, sind durch Mitteilungen aus der Bevölkerung an mein Haus bestätigt worden. Ob es sich dabei allerdings um eine drastische Erhöhung handelt, kann ich nicht beurteilen. Die Kosten, die uns genannt worden sind, sind sehr unterschiedlicher Art. Sie reichen bei einem Grab für eine Person von 77,60 DM bis etwa 125 DM. Die in den Pressemeldungen erwähnte Richtlinie des Amtes für Preise des Ministeriums für bezirksgeleitete Industrie vom 8. Oktober 1979 ist nicht veröffentlicht worden. Wir bemühen uns zur Zeit über die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, von der DDR näheren Aufschluß über die Richtlinie zu erhalten. Ich kann hinsichtlich des Hintergrundes der Kostenanhebung nur vermuten, daß die DDR auch bei Grabpflegekosten, wie früher schon bei anderen Dienstleistungen, deren Preise für Bewohner der DDR durch Subventionen niedriggehalten werden, von nicht in der DDR ansässigen Auftraggebern nunmehr Kostenpreise verlangt. Zu erwähnen wäre noch, daß die Rechnungsbeträge vom Auftraggeber dann von hier aus in D-Mark überwiesen werden müssen, wenn dieser kein Konto in der DDR besitzt. Über Sperrkonten in der DDR kann zur Bezahlung von Grabpflegekosten verfügt werden, es sei denn, es handelt sich um Grundstückssperrkonten.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Sprung.

Dr. Rudolf Sprung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002208, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gehe ich richtig in der Annahme, daß die Bundesregierung damit zum Ausdruck bringt, daß die Erhöhung der Gebühren aus ihrer Sicht gerechtfertigt erscheint? Dr. Kreutzmann, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, die Kosten, die verlangt werden, liegen nicht über denen, die in der Bundesrepublik üblich sind. Über die Frage, ob das gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist, kann ich mich hier mit Ihnen nicht auseinandersetzen. Ich sagte Ihnen ja, daß die Kosten unterschiedlich und von Stadt zu Stadt verschieden sind.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Kollege Sprung.

Dr. Rudolf Sprung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002208, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihre Antwort lautete aber so, daß man diesen Eindruck gewinnen konnte. Ich frage noch einmal: Sind Sie wirklich der Meinung, daß diese Erhöhung gerechtfertigt ist? Oder stimmen Sie mit mir überein, daß davon nicht die Rede sein kann und daß diese Erhöhung eine große Härte für die Betroffenen darstellt?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege, die Erhöhung der Kosten gegenüber denen, die früher verlangt wurden, ist erheblich; aber ich betone noch einmal, daß die Kosten nicht über denen liegen, die in der Bundesrepublik verlangt werden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen dazu? Die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Sauer ({0}) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ebenso wird die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Dr. von Wartenstein schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Jäger ({1}) auf: Treffen Pressemeldungen zu, wonach im vergangenen Jahr zwei Deutsche in der DDR an das Innenministerium den Antrag auf Zulassung einer Vereinigung ,Verband der Ausreisewilligen" gestellt haben und daraufhin vom DDR-Staatssicherheitsdienst verhaftet worden sind, und wie ist dieses Verhalten der DDR-Behörden mit Artikel 12 und Artikel 22 des Internationalen Pakts der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte, der auch für die DDR verbindlich ist, zu vereinbaren? Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Jäger, es trifft zu, daß zwei Deutsche in der DDR, die für sich und ihre Familien Ausreiseanträge gestellt hatten, einen Antrag auf Gründung einer Vereinigung „Verband der Ausreisewilligen" verfaßt und diesen an das Ministerium des Innern der DDR eingereicht hatten. Natürlich war dabei die Absicht, ihrem eigenen Ausreisebegehren Nachdruck zu verleihen. Die Betroffenen wurden am 15. B. 1979 festgenommen und am 17. 12. 1979 wegen Verstoßes gegen § 214 Abs. 1 des Strafgesetzbuches der DDR - „Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit" - zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Nach der bekannten Rechtsauffassung der Bundesregierung steht das Verhalten der DDR-Behörden insoweit nicht in Einklang mit Art. 12 ({0}) und Art. 22 ({1}) des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. 12. 1966, worin festgelegt ist, daß es jedermann frei steht, das eigene Land zu verlassen, ferner jedermann das Recht hat, sich frei mit anderen zusammenzuschließen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, muß die von Ihnen erwähnte einjährige Gefängnisstrafe, die die zwei von Ihnen genannten Bürger für dieses ihr völlig gesetzliches Tun erhalten haben, nicht geradezu als barbarisch anmuten?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Jäger, ich habe zum Ausdruck gebracht, daß die Bundesregierung in dieser Verurteilung einen groben Verstoß gegen die Charta der Menschenrechte und gegen die Grundsätze der Menschenrechte sieht.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich fragen, in welcher Weise die Bundesregierung diese ihre Auffassung gegenüber der Regierung der DDR zum Ausdruck gebracht hat?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Jäger, die Bundesregierung bemüht sich, den Betroffenen zu helfen und die Betroffenen auf dem Ihnen bekannten üblichen Weg frei zu bekommen. Die Bundesregierung hat keinen Zweifel daran gelassen, daß sie diese Mißachtung der Menschenrechte mißbilligt.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Möller.

Dr. Franz Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001522, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat der Herr Bundeskanzler in seinem Gespräch mit Herrn Dr. Mittag dieses Thema angesprochen?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Dr. Möller, das Gespräch mit Herrn Mittag bezog sich wesentlich auf wirtschaftliche Fragen. Ich glaube, daß ein solcher Einzelpunkt bei diesen Gesprächen nicht besprochen worden ist. Die Bundesregierung hat ihre Meinung über ihre Kanäle in Ost-Berlin, d. h. über die Ständige Vertretung, zum Ausdruck gebracht.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Keine weiteren Zusatzfragen? Ich rufe dann die Frage 68 des Herrn Kollegen Jäger ({0}) auf: Wann hat die Bundesregierung erstmals von der Verhaftung der Gründer des ,Verbands der Ausreisewilligen" erfahren, und was hat sie gegenüber der DDR-Regierung unternommen, um die Rücknahme dieser eklatanten Menschenrechtsverletzung zu erreichen? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Jäger ({0}), von dem Strafverfahren gegen die beiden DDR-Bewohner hat die Bundesregierung erstmals im September vergangenen Jahres erfahren. Es wurden unverzüglich die in Fällen politischer Haft üblichen Maßnahmen eingeleitet mit der Zielseztung, die Ihnen bekannt ist.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung der DDR gegenüber zum Ausdruck gebracht, daß sie das Verhalten mißbilligt und auf die Achtung des Rechts der Bürger drängt, sich zu einer Vereinigung zusammenschließen zu können, die gesetzmäßige Zwecke verfolgt?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Jäger, die Bundesregierung konzentriert ihre Bemühungen vor allem darauf, die Verurteilten frei und in die Bundesrepublik zu bekommen. Ich glaube, daß denen damit am besten geholfen ist.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß es ganz besonders wichtig ist, dafür zu sorgen, daß der Spielraum der ja durch die Menschenrechtspakte umschriebenen Rechte gerade in der DDR erweitert wird, damit wir nicht ständig mit neuen Flüchtlingen und Zuwanderern nur deswegen rechnen müssen, weil ihnen der Mindeststandard an Menschenrechten drüben nicht gewährt wird?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Jäger, die Bundesregierung hat diesem Ihrem Anliegen wiederholt Ausdruck verliehen - ich darf nur an die verschiedenen Regierungserklärungen und Debatten in diesem Hause erinnern - und hat keinen Zweifel darüber gelassen, daß sie bemüht sein wird und sich immer wieder darum bemühen wird, den Spielraum in den Menschenrechten der Bewohner der DDR zu stärken.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage wird nicht gewünscht. Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Dr. Dübber auf: Sind die Pressemeldungen richtig, daß DDR-Grenzpolizisten in Herleshausen von Reisenden die Buchstaben „BRD" als Staatsangehörigkeit erzwingen und mit „Strafarbeiten" drohen, wenn die korrekte Bezeichnung „deutsch" in die Formulare eingetragen wird? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Dübber, nach einer Mitteilung der GrenzschutzParl. Staatssekretär Dr. Kreutzmann stelle Herleshausen haben Reisende in jüngster Zeit berichtet, die DDR-Grenzorgane hätten bei der Staatsangehörigkeitsangabe in der Zählkarte die Bezeichnung „deutsch" beanstandet und auf die Eintragung „BRD" Wert gelegt. Außerdem wurde von mehreren Reisenden unabhängig voneinander berichtet, sie hätten fünfzehnmal den Satz „Ich bin ein BRD-Bürger" schreiben müssen.

Dr. Ulrich Dübber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000423, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn das so ist, welchen Rat gibt die Bundesregierung den Bürgern, wie sie in vergleichbaren Fällen verfahren sollen?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Dr. Dübber, die Bezeichnungen sind durch den Grundlagenvertrag festgelegt worden. Die Bundesbürger haben nach wie vor einen Anspruch darauf - ich werde das zu dem zweiten Teil Ihrer Frage noch eingehender beantworten -, die Bezeichnung „deutsch" einzutragen. Sie sind nicht verpflichtet, die Bezeichnung „BRD" zu verwenden.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Wird das Wort zu weiteren Zusatzfragen gewünscht? - Herr Kollege Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß das Verhalten der DDR, das Sie mit Recht mißbilligt haben, zumindest nicht Wunder nimmt, wenn Personen aus der Bundesrepublik Deutschland, wie jüngst in Niedersachsen geschehen, in großer Zahl von sich aus freiwillig bereit sind, die Bezeichnung „BRD" statt der Bezeichnung „deutsch" einzutragen? ({0})

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Jäger, ich möchte dazu zunächst sagen, daß der ganze Komplex, der beim Grenzübergang Herleshausen vorliegt, noch etwas dubios ist. Es liegen bis jetzt eigentlich nur Meldungen eines Grenzschutzbeamten vor, der leider versäumt hat, die Namen derer zu notieren, die diese Feststellungen getroffen haben. Ich werde darauf nachher noch hinweisen. Die DDR bestreitet es entschieden, daß sie diese Bezeichnung verlangt hat.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Kollege Besch.

Johann Christoph Besch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000165, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, die Ratschläge, von denen Sie soeben in der Antwort an den Kollegen Dübber gesprochen haben, auch der Landtagsfraktion der SPD im Niedersächsischen Landtag zu erteilen, die offensichtlich aus lauter Angst vor diesen möglichen Strafarbeiten von sich aus auf die Bezeichnung „deutsch" verzichtet und auf den Einreiseformularen „BRD" eingetragen hat?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Besch, die Landtagsfraktion in Niedersachsen hat mit ihrer Reise beabsichtigt, dort drüben deutlich zu machen, daß ein lebhaftes Interesse an gegenseitigen Beziehungen besteht. Ich glaube, daß diese Reise durchaus eine positive Würdigung von unserer Seite her verdient. ({0})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Dann rufe ich die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Dübber auf: Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß dieses Vorgehen der DDR-Behörden dem Grundlagenvertrag widerspricht. und auf welchem Weg wird sie die DDR zu vertragsgemäßem Verhalten veranlassen? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Herr Kollege Dübber, bei Unterzeichnung des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR hat die Bundesrepublik Deutschland zu Protokoll erklärt, daß Staatsangehörigkeitsfragen durch den Vertrag nicht geregelt worden sind. Die Bundesregierung ist wegen des Verhaltens der DDR-Grenzorgane bei der DDR-Regierung vorstellig geworden. Staatsminister Huonker hat über diesen Zwischenfall sowohl mit dem Leiter der Ständigen Vertretung, Herrn Moldt, gesprochen. Auch die Ständige Vertretung in Ost-Berlin hat gegenüber dem Ministerium für auswärtige. Angelegenheiten der DDR die Vorkommnisse angesprochen. Die Regierung der DDR hat ihre frühere Zusage bestätigt, wonach ihre Organe - hier möchte ich noch einmal das unterstreichen, was ich vorhin bereits gesagt habe - keinen Anstoß nehmen, wenn in der entsprechenden Rubrik die Staatsangehörigkeit mit „deutsch" bezeichnet wird. Im übrigen hat die DDR-Regierung erklärt, sie habe die Vorfälle bereits auf Grund unserer Pressemeldungen überprüfen lassen und festgestellt, daß die Behauptungen nicht zuträfen, sondern frei erfunden seien. Die Bundesregierung wird sich bemühen, die Vorgänge weiter aufzuklären.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Zusatzfrage, Herr Kollege Dübber.

Dr. Ulrich Dübber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000423, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Schönen Dank, Herr Staatssekretär, gehen Sie mit mir darin einig, daß sich selbstverständlich auch West-Berliner korrekt verhalten, wenn sie in entsprechende Rubriken die Staatsangehörigkeit „deutsch" eintragen?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Selbstverständlich.

Dr. Ulrich Dübber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000423, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich habe Sie also richtig verstanden, daß auch die Bundesregierung davon ausgeht, daß es für Bewohner der Bundesrepublik Deutschland nur die Staatsangehörigkeit deutsch, aber keine Staatsangehörigkeit BRD gibt?

Dr. Heinz Kreutzmann (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001212

Sie können davon ausgehen.

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Meine Damen und Herren, weitere Fragen liegen nicht vor. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Die Fragestunde war bis 9 Uhr vorgesehen. Eine Verlängerung ist nicht möglich. Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie werden demgemäß schriftlich beantwortet. Wir setzen nun die Beratung der übrigen Tagesordnungspunkte fort. Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hoffacker, Picard, Dr. Marx, Dr. Hüsch, Dr. Todenhöfer, Dr. van Aerssen, Dr. Sprung, Wimmer ({0}), Dr. Köhler ({1}), von der Heydt Freiherr von Massenbach, Dr. Langguth, Lampersbach, Höffkes, Frau Fischer, Milz, Josten, Dr. von Geldern, Dr. Stercken, Weiskirch ({2}), Gerstein, Ernesti, Werner, Dr. Schwörer, Schmitz ({3}) und der Fraktion der CDU/CSU Steigerung der deutschen Entwicklungshilfeleistungen - Drucksache 8/2861 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit ({4}) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit ({5}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Dritter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung - Drucksachen 8/1185, 8/3217 - Berichterstatter: Abgeordnete Bindig Dr. Todenhöfer c) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Dr. Todenhöfer, Dr. Marx, Höffkes, Dr. Köhler ({6}), Dr. Hüsch, Frau Fischer, Dr. Kunz ({7}), Dr. Hoffacker, Petersen, Werner, Josten, Stommel und der Fraktion der CDU/CSU Deutsche Entwicklungshilfe in internationalen Institutionen - Drucksachen 8/3095, 8/3483 - d) Beratung des Vierten Berichts zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung - Drucksache 8/3582 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit ({8}) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß Außerdem rufe ich den Zusatzpunkt auf: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und FDP Bericht der Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklungsfragen - Drucksache 8/3944 -Überweisungsvorschlag: Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit ({9}) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? - Ich sehe nicht, daß das der Fall ist. Wird zur Einbringung oder Begründung das Wort gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Todenhöfer.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte ist eine der letzten Aussprachen über Nord-Süd-Politik in dieser Legislaturperiode. Ich will diese Gelegenheit nutzen, um aufzuzeigen, was uns in der Nord-Süd-Politik mit dieser Regierung verbindet und was uns von ihr trennt. Zuerst zu den Gemeinsamkeiten. Erstens. Die CDU/CSU sagt ein klares Ja zur Entwicklungshilfe, ein klares Ja zum Kampf gegen Hunger, Not, Elend und Unterentwicklung in der Dritten Welt. Die Koalition hat heute im Deutschen Bundestag einen Antrag vorgelegt, in dem sie fordert, die Bundesregierung solle bis 1985 0,7 % des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen. Das würde gegenüber der bisherigen Planung Mehrausgaben von rund 15 Milliarden DM bedeuten. Trotz der vielen nicht eingehaltenen Zusagen der Bundesregierung auf diesem Gebiet ist dies ein bemerkenswerter Vorgang. Wir erwarten allerdings noch in dieser Debatte zu Ihrem Antrag ein klares Wort des Bundeskanzlers, der im Wahlkampf 1976 der CDU/CSU vorgeworfen hat, ihre damalige Forderung nach Steigerung der Entwicklungshilfe sei nur durch Kürzung der Sozialleistungen oder durch Steuererhöhungen zu finanzieren. Wir erwarten ferner ein klares Wort des Bundesfinanzministers, der noch vor wenigen Monaten auf dem SPD-Parteitag erklärte, eine Verwirklichung dieses Zieles bis Ende der 80er Jahre sei völlig unrealistisch. Was der Antrag der SPD /FDP wirklich wert ist, wird die Koalition schon in wenigen Wochen bei der Behandlung des Nachtragshaushalts sowie bei der Vorlage der mittelfristigen Finanzplanung zeigen können. Für die CDU/CSU kann ich schon heute feststellen: Eine Erhöhung der Entwicklungshilfe für vernünftige, politisch richtige Maßnahmen ist noch nie an meiner Fraktion gescheitert. Das gilt auch für die Zukunft. ({0}) Zweitens. Die CDU/CSU ist wie die Bundesregierung der Auffassung, daß zur Zeit folgende Maßnahmen zu den Prioritäten der deutschen Entwicklungshilfe gehören: erstens die Förderung der NahDr. Todenhöfer rungsmittelproduktion in den Entwicklungsländern; zweitens die Förderung der Energie- und Rohstoffproduktion in den Entwicklungsländern; drittens die verstärkte Berücksichtigung der Umweltprobleme und des ökologischen Gleichgewichts; viertens verstärkte Anstrengungen im Bereich der sogenannten Grundbedürfnisstrategie. Auch wenn hier die praktische Entwicklungspolitik der Bundesregierung noch nicht ganz Schritt hält mit ihren programmatischen Aussagen, freuen wir uns, daß es in diesen Punkten eine Annäherung zwischen SPD /FDP auf der einen Seite und CDU/CSU auf der anderen Seite gegeben hat. Drittens. Die Union begrüßt ferner, daß die Bundesregierung neuerdings ebenso wie die CDU/CSU die Eigenverantwortlichkeit und die Notwendigkeit größerer Eigenanstrengungen der Entwicklungsländer verstärkt betont. Der Entwicklungsprozeß in der Dritten Welt ist in der Tat nicht nur eine reine Finanzierungsfrage. In folgenden wichtigen Punkten besteht keine ausreichende Übereinstimmung zwischen Regierung und Opposition. Erstens. Die Union tritt für eine wesentlich stärkere Unterstützung von Privatinvestitionen in der Dritten Welt ein. Privatinvestitionen leisten in vielen Bereichen einen wesentlich wirkungsvolleren Entwicklungsbeitrag als öffentiche Entwicklungshilfe. Zweitens. Die CDU/CSU fordert, daß der Grundsatz des Gehens und Nehmens endlich auch in die praktische Entwicklungspolitik Eingang findet. Die deutsche Entwicklungspolitik darf nicht länger eine Einbahnstraße sein. Bundeskanzler Schmidt hat dieser Forderung der CDU/CSU zwar verbal mehrfach zugestimmt. Im Nord-Süd-Dialog, etwa in der Frage der Sicherung unserer Energieversorgung, wurde dieser Grundsatz bisher jedoch nirgendwo durchgesetzt. Drittens. Die Union gibt der bilateralen Entwicklungshilfe einen klaren Vorrang vor der multilateralen Entwicklungshilfe, insbesondere vor der Entwicklungshilfe der UNO. Auch für uns ist die UNO natürlich eine notwendige Einrichtung. Das wird uns allerdings nicht daran hindern, unsere freiwilligen Beiträge zur UNO-Entwicklungshilfe davon abhängig zu machen, daß die UNO ihre Politik der doppelten Moral beseitigt, die unerträgliche Politisierung ihrer Fachorganisationen beendet, die fortschreitende Bürokratisierung stoppt und endlich die geringe Wirksamkeit der UNO-Entwicklungshilfe entscheidend verbessert. Die Bundesregierung hat in der Frage der Beseitigung der Mißstände der multilateralen Entwicklungshilfe, wie ihre Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU zeigt, offensichtlich sehr schnell und sehr weitgehend resigniert. Viertens. Die CDU/CSU ist der Auffassung, daß die Probleme der Entwicklungsländer nur in einer freien Weltwirtschaftsordnung gelöst werden können. Wir teilen nicht den Glauben der SPD an planwirtschaftliche internationale Mechanismen zur Lösung der Probleme in der Dritten Welt. Hier liegt auch einer der Haupteinwände der CDU/CSU gegen den sogenannten Brandt-Bericht, dem wir übrigens in einer ganzen Reihe von allerdings meist altbekannten Punkten zustimmen. Ernste Bedenken gegen den Brandt-Bericht haben wir vor allem in folgenden Bereichen. 1. Wir lehnen die Errichtung einer neuen Weltentwicklungsbehörde oder eines neuen Weltentwicklungsfonds ab. Wir haben bereits genügend internationale Mammutbürokratien. 2. Wir lehnen die Forderung nach einer internationalen Entwicklungssteuer ab, sowohl aus praktischen als auch aus ordnungspolitischen Gründen. 3. Wir lehnen die Forderung ab, den Internationalen Währungsfonds stärker zu einem Instrument der Entwicklungsfinanzierung umzufunktionieren. Eine enge Verbindung von internationaler Währungspolitik mit der Entwicklungsfinanzierung, Herr Kollege Brandt, würde weltweit die Inflationsgefahr erhöhen. 4. Der folgenschwerste Fehler der Nord-Süd-Politik dieser Bundesregierung war jedoch die völlige Fehleinschätzung der sowjetischen Offensive in der Dritten Welt, obwohl die Ziele dieser Offensive spätestens seit der Intervention der Kubaner und Russen in Angola klar erkennbar waren. Das Ziel dieser Offensive heißt und hieß: Kontrolle der Rohstoffversorgungswege des Westens zur Dritten Welt. Kaum eine westliche Regierung hat der sowjetischen Offensive in der Dritten Welt so wenig politischen Widerstand entgegengesetzt wie die Regierung Schmidt. Der Einmarsch in Angola bedeutete für Bundeskanzler Schmidt, wie er mehrfach erklärte, kein Scheitern der Entspannungspolitik, weil es schließlich keine Entspannungsverträge mit Angola gebe. Noch im Juni 1978 erklärte die Bundesregierung im Deutschen Bundestag, der Überfall der Kubaner auf Angola sei schon deshalb nicht widerrechtlich, weil die frühere Guerilla-Organisation MPLA die Kubaner ins Land gerufen habe. Diese Verharmlosung der sowjetischen Politik durch Bundeskanzler Schmidt und andere westliche Politiker hat für den Westen und für die Dritte Welt verheerende Folgen gehabt. Die bekanntesten Beispiele dieser Beute- und Bündnispolitik der Sowjetunion heißen Angola, Moçambique, Äthiopien, Volksrepublik Jemen, Afghanistan, Vietnam, Laos, Kambodscha. Diese Länder bilden heute eine strategische Kette rund um den Indischen Ozean, durch die die Sowjetunion jederzeit die Rohstoffversorgungswege des Westens in lebensgefährlicher Weise bedrohen kann. Unsere Erdöl- und Rohstoffversorgung, aber auch unsere militärische Sicherheit waren seit dem 2. Weltkrieg noch nie so gefährdet wie heute. Die sowjetische Offensive hat darüber hinaus den betroffenen Entwicklungsländern unvorstellbares Elend gebracht. Seit Beginn dieser Offensive gibt es über 11 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene in der Dritten Welt. 95 % dieser Menschen sind vor marxistisch-sozialistischen Regierungen geflohen, nur 5 % vor sogenannten kapitalistischen Regierungen. Die Menschen in der Dritten Welt fliehen nicht vor dem Kapitalismus; sie fliehen vor dem Marxismus. Marxisten sind Stümper im Aufbauen, aber Meister im Zerstören. ({1}) Was der Marxismus in der Dritten Welt in den letzten Jahren zerstört hat, kann in Jahrzehnten durch Entwicklungshilfe nicht wiedergutgemacht werden. Ein Teil der SPD hat lautstark mitgeholfen, Marxisten in Ländern wie Vietnam und Moçambique an die Macht zu bringen. Es ist ein trauriges Kapitel sozialdemokratischer Politik, daß keiner von jenen Politikern, die damals den Sieg der Marxisten in diesen Ländern feierten, heute ein klares Wort zu den marxistischen Barbareien in der Dritten Welt findet. ({2}) Nicht nur in unserem eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der Menschen in den Entwicklungsländern muß der Westen den Vormarsch der Sowjetunion in der Dritten Welt endlich stoppen. Er muß auf die sicherheitspolitische Herausforderung durch die Sowjetunion im Interesse des Friedens auch eine sicherheitspolitische Antwort geben. Entwicklungshilfe, so wichtig sie ist, genügt alleine nicht. Mit Molkereiprojekten kann man keine sowjetischen Kampfpanzer aufhalten. Der Westen muß militärisch in der Lage sein, seine Lebenslinien zur Dritten Welt, seine Versorgung mit Energie und Rohstoffen wirksam zu schützen. Hierzu gibt es eine Reihe von Möglichkeiten - ich betone das Wort „Möglichkeiten" erstens den Ausbau der maritimen Komponente der NATO nach Süden, zweitens die politische Unterstützung des erklärten Zieles der amerikanischen Regierung, eine wirksame amerikanische Einsatztruppe mit globalem Friedensauftrag zu schaffen, drittens bilaterale Militärbündnisse westlicher Länder mit ihren wichtigsten Partnern in der Dritten Welt. Und so weiter. In diesen Fragen muß Bundeskanzler Schmidt endlich Farbe bekennen. Er trägt die Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes; er kann vor dieser Verantwortung nicht ewig davonlaufen. - Die Bereitschaft zum sicherheitspolitischen Engagement muß selbstverständlich von allen westlichen Ländern gefordert werden. Meine Damen und Herren von der SPD /FDP, das heißt nicht, daß wir für den Einsatz deutscher Truppen in der Dritten Welt plädieren, wie Sie uns so gern unrichtigerweise unterstellen. Wir treten für eine sinnvolle Arbeitsteilung im Rahmen des westlichen Bündnisses ein. ({3}) Aber es heißt, daß wir im ureigensten Interesse unseres Landes von der Bundesregierung mehr Solidarität gegenüber den Vereinigten Staaten fordern, die im Augenblick die Hauptlast der Rohstoffversorgung des Westens in der Dritten Welt tragen. ({4}) Bundeskanzler Schmidts Minimalsolidarität gegenüber den Vereinigten Staaten in den Fragen der Sicherheitspolitik ist für unser Land ein lebensgefährliches Risiko. Wir brauchen die USA langfristig nötiger als die USA uns. Bundeskanzler Schmidt weiß das ganz genau. Aber gerade deshalb ist es bedrückend zu sehen, daß er sich in der Stunde der Krise in nichts, aber auch in gar nichts von Anpassungspolitikern wie Wehner, Bahr und Brandt unterscheidet. ({5}) Die Lösung der Nord-Süd-Probleme ist durch die sowjetische Offensive in der Dritten Welt erheblich schwieriger geworden. Das bedeutet nicht, daß die deutsche Entwicklungshilfe nun ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Ost-West-Konfliktes betrieben werden müßte. Aber es bedeutet, daß der Ost-West-Konflikt bei den Entscheidungen der deutschen Nord-Süd-Politik in Zukunft stärker als bisher, daß er angemessen berücksichtigt werden muß. Wir, die CDU/CSU, vertreten bei der Vergabe der Entwicklungshilfe eine Strategie der zwei Wege. ({6}) Erstens. Auch in Zukunft ist es ein Gebot der Menschwürde, die ärmsten unter den Entwicklungsländern besonders zu unterstützen. Das gilt auch nach Afghanistan unverändert weiter. Zweitens. Verstärkte Bedeutung bei der Vergabe unserer Entwicklungshilfe müssen jedoch in Zukunft unsere Freunde und Verbündeten in der Dritten Welt erhalten. Meine Damen und Herren von der SPD und FDP, Sie könnten einen weiteren Streitpunkt zwischen SPD und FDP auf der einen Seite und CDU/CSU auf der anderen Seite beseitigen, wenn Sie endlich Ihre doppelte Moral bei der Bewertung der Verletzung von Menschenrechten in der Dritten Welt aufgeben würden. Wenn das, was vor wenigen Wochen bei dem Fluchtausbruch in Kuba etwa in Südafrika geschehen wäre, hätten Sie innerhalb kürzester Zeit bei den Vereinten Nationen Initiativen gegen Südafrika ergriffen, und heute morgen läge wahrscheinlich schon ein Entschließungsantrag der SPD /FDP zur Verurteilung Südafrikas im Deutschen Bundestag vor. Sie finden Worte der Verurteilung immer nur, wenn es sich um sogenannte kapitalistische oder nach ihrem Sprachschatz faschistische Länder handelt. Hier müssen Sie in Zukunft eine klarere und auch ehrlichere Sprache finden. Sie fordern freie Wahlen in Ländern des südlichen Afrikas. Einverstanden. Aber wann fordern Sie einmal freie Wahlen in Kuba oder in Angola? Da sind die Punkte, die die Diskussion zwischen Ihnen und uns entscheidend erschweren. ({7}) Beseitigen Sie diese doppelte Moral! Wir haben uns beispielsweise - um nur einen einzigen Punkt zu nennen - in der Frage Chile als Fraktion massiv für die Freilassung der dort inhaftierten politischen Gefangenen eingesetzt. Wir könnten Ihnen Dutzende, ja Hunderte von Briefen Ihrer sozialistischen Freunde ({8}) und von Amnesty International vorlesen, die sich bei uns dafür bedankt haben, daß wir mitgeholfen haben, daß Sozialisten aus Chile ausreisen konnten. Setzen Sie sich in derselben Weise für politische Gefangene in sozialistischen und kommunistischen Ländern ein! Dann wird auch größere Gemeinsamkeit in der Entwicklungspolitik entstehen. ({9})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schluckebier.

Günter Schluckebier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001988, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nach den Ausführungen meines Vorredners das Parlament sehr gern zur Sachlichkeit deutscher Entwicklungspolitik zurückführen. Denn ich denke, wir führen heute vormittag laut den Tagesordnungspunkten keine außenpolitische Debatte. Alles, worüber wir heute beraten, ist in sich Entwicklungspolitik. Ich möchte sehr gern zu dieser Entwicklungspolitik zurückführen. ({0}) Die sorgfältige Beratung des Dritten Berichts zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat, meine ich, ihre Früchte getragen. Insbesondere der Wunsch nach verbesserter Darstellung der Schwierigkeiten und Fehlerquellen im Nord-Süd-Dialog sowie die daraus zu ziehenden Folgerungen haben ihren Niederschlag in einem mehr kritikorientierten und weniger zum Hang nach Harmonie neigenden Bericht gefunden. Er macht allerdings auch die vielfältigen Probleme deutlich, die unseren Aktivitäten in der Dritten Welt entgegenstehen. Südpolitik und Entwicklungspolitik sind einsichtiger gemacht. Ihnen von der Opposition wird es sehr schwerfallen, jedes Sandkorn im Getriebe der Entwicklungspolitik der Bundesregierung und den ausführenden Organisationen anzulasten. Die Einsichtigkeit, mit der die Interessenverflechtung zwischen Nord und Süd im Vierten Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung dargestellt ist, verdient unser Lob. Wichtige Anregungen sind dazu aus dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit gekommen, dessen Anhörung über die Nord-Süd-Verflechtung im April 1979 bedeutsame Anstöße für die Weiterführung unserer Politik gegeben hat. ({1}) Nur so kann nachdrücklich dargestellt werden, warum die Belange der Dritten Welt jeden bei uns angehen, ohne daß neben den Gemeinsamkeiten der materiellen Interessen das gemeinsame Interesse der Menschheit am Weltfrieden und die Orientierung unserer Südpolitik an unserer Solidarität mit den Benachteiligten vernachlässigt werden. Der Bundesregierung ist für diesen Bericht ausdrücklich zu danken. Für ihn gilt ganz besonders, was der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit am 27. November 1979 über das Instrumentarium dieser Form der Information gesagt hat: Er ist ein wichtiges Mittel zur Unterrichtung von Parlament und Öffentlichkeit und zur politischen Willensbildung in diesem immer bedeutsamer werdenden Bereich der Politik. Entwicklungspolitische Berichte der Bundesregierung gibt es bereits seit 1973. Der Deutsche Bundestag hat sie immer als Grundlage seiner parlamentarischen Mitverantwortung für unsere Zusammenarbeit mit der Dritten Welt gesehen. Der vierte entwicklungspolitische Bericht der Bundesregierung liegt uns zu einer Zeit vor, die viele von uns nicht ohne Grund als eine Mende betrachten. Die weltpolitische Lage hat sich schon seit langem zu wenden begonnen. Wer auf die letzten Jahrzehnte Entwicklungspolitik zurückblickt, muß sich auch fragen, ob alles richtig gemacht worden ist, ob die Hoffnungen erfüllt worden sind. Wir sind, meine Damen und Herren, am Ende ({2}) der zweiten Entwicklungsdekade der Vereinten Nationen. Auf den ersten Blick sieht das während dieser Zeit für die Dritte Welt Erreichte nicht schlecht aus. Trotz der noch nicht erreichten Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe sind fast alle angestrebten globalen Wachstumsziele in den Sektoren Handel, Industrialisierung, Nahrungsmittelerzeugung und Bruttosozialprodukt erreicht oder annähernd erreicht worden. Die entwicklungspolitischen Bemühungen der Industriestaaten, besonders der westlichen, haben sich durchaus als wirksam erwiesen. Dies gilt nicht nur für die Projektarbeit im Rahmen der öffentlichen Entwicklungshilfe, sondern auch für zahlreiche wirtschaftliche Beziehungen zwischen Süd und Nord. Die Frage des internationalen Rohstoffhandels ist in den letzten Jahren erheblich in Bewegung geraten. Der Handel wird in zunehmendem Maße durch Vereinbarungen mit regionaler und weltweiter Geltung und durch Bestrebungen zu verstärkter wirtschaftlicher Zusammenarbeit der Entwicklungsländer untereinander belebt. Auf den zweiten Blick allerdings ist die Lage sehr viel schlechter. Die größten Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens der Bevölkerung haben die Entwicklungsländer mit mittleren Einkommen. Die ärmeren Entwicklungsländer, in denen immerhin ein Drittel der Menschheit lebt, haben sehr niedrige Wachstumsraten. Dieser Tatbestand wird durch die allgemeine internationale Energiesituation noch verschärft. Dasselbe gilt für das Wachstum der Produktion. Die Entwicklungsländer mit mittlerem Einkommen hatten während der letzten 20 Jahre Produktionswachstumsraten von durchschnittlich 6 %. Bei den ärmeren Entwicklungsländern wurde dieses Wachstum nie erreicht - und dies auch noch auf dem Hintergrund steigender Geburtenraten. Dasselbe, meine Damen und Herren, gilt für die Nahrungsmittelerzeugung. Hier ist der Trend bei den ärmeren Entwicklungsländern sehr besorgniserregend. Ich meine sogar, daß der Hunger in diesen Ländern das große Problem ist, mit dem wir es auch in Zukunft zu tun haben werden. Hier schneller und stärker zu helfen, bleibt auch unsere Aufgabe. Mit ihrer politischen Unabhängigkeit haben die Entwicklungsländer - jeder weiß es - keineswegs eine gleichrangige wirtschaftliche Selbständigkeit erreicht. Der Entkolonialisierung ist die wirtschaftliche Emanzipation nicht gefolgt. Das Streben der Entwicklungsländer nach diesem Ziel ist ungebrochen. Die Dritte Welt versucht, im Dialog mit den Industriestaaten eine grundsätzliche Neuregelung der weltweiten wirtschaftlichen Beziehungen auszuarbeiten. Bundesregierung und sozialdemokratische Bundestagsfraktion haben sich vorbehaltlos zu diesem Dialog bekannt, weil wir wissen, daß Entspannung auch zwischen Nord und Süd ein unverzichtbarer politischer Prozeß ist. Dieser Dialog hat sich als um so notwendiger erwiesen, je klarer die gegenseitige Abhängigkeit von Entwicklungsländern und Industriestaaten zutage getreten ist. In ihren entwicklungspolitischen Leitlinien von 1977 hat die SPD großen Wert auf die Eigenverantwortlichkeit der Entwicklungsländer für ihren Fortschritt gelegt. Ich zitiere: Die Hauptlast im Kampf gegen Armut, Abhängigkeit und Unterentwicklung tragen die Länder der Dritten Welt. Sie bringen den größten Teil der erforderlichen Mittel selbst auf. Sozialdemokraten erwarten von den Regierungen der Entwicklungsländer, daß sie in eigener Verantwortung die Verbesserung der Lebensbedingungen der benachteiligten Bevölkerungsschichten betreiben. Der Kampf gegen Korruption von innen und außen muß von allen Regierungen geführt werden. Die Bundesregierung ist diesem Votum gefolgt und hat in ihrem vierten Bericht zur Entwicklungspolitik diesem Thema einen breiten Raum gewidmet. Aus den Erfahrungen im Nord-Süd-Dialog hat sie eine wichtige Schlußfolgerung gezogen. So legitim der Anspruch der Entwicklungsländer auf mehr Mitsprache und Selbständigkeit bei Entscheidungen über die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist, so notwendig ist es, daß sie mehr Verantwortung für die Schaffung von Voraussetzungen in ihrem eigenen Land entwickeln, die den Fortschritt fördern und nicht hemmen. Das bedeutet nicht nur die Verstärkung der überaus wichtigen wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern und dieser untereinander, die den Versuch zur Spaltung der Dritten Welt durch die Industrieländer von vornherein ausschließen muß, sondern auch, daß sie sich ihrer Verpflichtungen gegenüber sich selbst bewußt werden. Die Bundesregierung sagt hier: Jedes Land ist frei, den ihm richtig erscheinenden Weg zu wählen. Herrschaftsordnungen allerdings, die eine wirtschaftliche Unterprivilegierung großer Teile der Bevölkerung oder ethnische Unterdrückung zum Ziel haben, können nicht entwicklungskonform sein. Dies gilt erst recht dort, wo Korruption oder krasse Mißstände zu sozialen Explosionen oder Bürgerkriegen führen. Soziale Konflikte sind am ehesten dann zu vermeiden, wenn die Bevölkerung aktiv in den Entwicklungsprozeß eingeschaltet ist. Wir dürfen allerdings, meine Damen und Herren, auch nicht der Gefahr unterliegen, die Eigenverantwortlichkeit der Entwicklungsländer überzubewerten und ihnen die Hauptlast für ihre Entwicklung zuzuschieben; die tragen sie ohnehin. 80 % ihrer Entwicklung bezahlt die Dritte Welt selbst. Der Rest wird durch öffentliche Entwicklungshilfe, durch Privatinvestitionen und durch Kredite aufgebracht, die die Entwicklungsländer auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Wir müssen einfach sehen, daß dies nicht reicht, weil die Startbedingungen in der Dritten Welt heute noch immer nicht gut sind. Die Volkswirtschaften vieler Länder sind noch immer wie zur Kolonialzeit nicht vorrangig zur Versorgung der eigenen Bevölkerung ausgerichtet, sondern vorrangig zur Versorgung weit entfernter Länder mit Produkten, die im eigenen Land überhaupt keine Verwendung finden. Meine Damen und Herren, ich erinnere daran, daß wir in der Frage des internationalen Rohstoffhandels einander ein ganzes Stück nähergekommen sind. Das integrierte Rohstoffprogramm ist heute kaum mehr kontrovers. Die Industriestaaten und die Entwicklungsländer haben sich grundsätzlich über die Errichtung eines gemeinsamen Fonds geeinigt, der die Finanzierung der einzelnen Rohstoffabkommen sicherstellen und zur Stabilisierung der Rohstoffpreise und der Exporterlöse der Entwicklungsländer dienen soll. Die hauptsächlich von der Bundesregierung vorangetriebene Idee eines weltweiten Mechanismus zur Erlösstabilisierung als ergänzendes rohstoffpolitisches Instrument gewinnt bei den Entwicklungsländern zunehmend an Boden. Die Bundesregierung hat den am wenigsten entwickelten Ländern die Schulden erlassen. Die Bundesregierung hat den Entwicklungsländern ihre Grenzen weit geöffnet. Wir haben nun wieder eine passive Handelsbilanz gegenüber der Dritten Welt, wobei wir allerdings den hohen Rohstoffanteil unserer Importe aus der Dritten Welt berücksichtigen müssen. In diesem Zusammenhang möchten wir wieder einmal darauf hinweisen, daß sich die Warenexporte der Bundesrepublik in die Entwicklungsländer von 1962 bis 1976 fast verfünffacht haben. Im Jahre 1976 erreichten sie bereits 56,9 Milliarden DM oder 22,2 % unseres gesamten Exports, und dies in den letzten drei Jahren mit zunehmender Steigerung. Bereits im Jahre 1976 - diese Zahl ist auch in den letzten drei Jahren noch gestiegen - waren über 1,1 Millionen Menschen direkt oder indirekt für den Entwicklungsländerexport tätig. Das heißt, unsere Entwicklungshilfe wird immer stärker, wenn auch in bescheidenem Maße, eine Stütze inländischer Beschäftigung. Der Vierte entwicklungspolitische Bericht der Bundesregierung kann nicht gewürdigt werden, meine Damen und Herren, wenn man nicht auch ein Wort zu den nichtstaatlichen Organisationen in der Entwicklungspolitik sagt. ({3}) Kirchen, politische Stiftungen und private Träger sind in vielen Fällen die einzigen, die entwicklungspolitisch wirksam werden können, wenn staatliche Zusammenarbeit nicht möglich ist. ({4}) In meiner parlamentarischen Tätigkeit habe ich die Aktivitäten dieser Organisationen in der Dritten Welt kennen und schätzen gelernt. Ich habe allen Grund, Ihnen meinen Dank und den meiner Fraktion für die gute und wirkungsvolle Zusammenarbeit auszusprechen. Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht dieser Arbeit einen breiten Raum gewidmet und damit gezeigt, daß sie vom Gewicht dieses Bereiches der Entwicklungspolitik ebenso überzeugt ist wie ich. Weiterhin möchte ich allen Mitarbeitern in den entwicklungspolitischen Organisationen, die uns freundschaftlich verbunden sind und uns in der Vergangenheit in unserer Arbeit unterstützt haben und dieses in der Zukunft gewiß auch weiterhin tun werden, ein Wort des Dankes sagen. Dies alles zeigt, meine Damen und Herren, daß entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit der Dritten Welt nicht nur eine Sache staatlicher Bürokratien ist, sondern des Engagements und der breiten Unterstützung der breiten Öffentlichkeit bedarf. ({5}) Es wäre daher sehr angenehm, wenn die Fraktionen im Deutschen Bundestag stärker als bisher demonstrieren würden, daß sich die deutsche Entwicklungspolitik nicht für innenpolitisches Parteiengezänk eignet. Es muß klar sein, daß wir ganz bestimmte Positionen der Opposition nicht teilen können. Wir werden daher nicht nur mit westlich orientierten Entwicklungsländern zusammenarbeiten, auch nicht nur mit Ländern, aus denen wir Energie und Rohstoffe beziehen, oder mit den Entwicklungsländern, die für den Westen im Hinblick auf den Ost-West-Konflikt besondere strategische und wirtschaftliche Bedeutung haben. Wir setzen vielmehr - unabhängig von äußeren Formen des Regierungssystems und der außenpolitischen Orientierung - dort an, wo Erfolge im Kampf für bessere Lebensbedingungen für die Mehrheit der Bevölkerung zu erwarten sind. Wir sagen deshalb: Wir weigern uns, die Ost-West-Spannungen auf die Entwicklungsländer zu übertragen. ({6}) Wir können es nicht verantworten, in der Dritten Welt die gleichen Demarkationslinien zu schaffen wie in Europa. Wir unterstützen die Freiheit überall und nicht nur dort, wo es um die Freiheit Gleichgesinnter geht. Wir sehen in den Entwicklungsländern keine Bauern auf dem Schachbrett, die der großen Politik geopfert werden sollen. ({7})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Als nächste hat Frau Abgeordnete Schuchardt das Wort.

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich befinde mich in der komfortablen Lage, in knapp 15 Minuten über einen Tagesordnungspunkt reden zu müssen, zu dem Materialien mit einem Umfang von mehr als 350 Seiten vorliegen - dabei habe ich den Bericht der Nord-SüdKommission noch nicht einmal mit einbezogen -, die so gut wie keinen entwicklungspolitischen Aspekt auslassen. Wir haben ja die verschiedenen Punkte, über die wir heute sprechen, sehr intensiv in den Ausschüssen beraten. Ich möchte mich deshalb auf einige wenige grundsätzliche Gedanken beschränken. Meine Damen und Herren, die aktuelle weltpolitische Lage müßte uns allen eigentlich klargemacht haben, selbst dem letzten Skeptiker, welche friedenssichernde Funktion die Entwicklungspolitik hat oder - besser gesagt - wie stark die Gefährdung des Friedens ist, die von Unterentwicklung und sozialen Spannungen ausgeht. Herr Todenhöfer, genau diesen Aspekt habe ich in Ihrer Rede vermißt. Afghanistan hat deutlich gemacht, wie leicht es ist, Einflußbereiche dort auszubauen, wo Stabilität, gerade auch innere Stabilität, fehlt. Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Führen wir uns nun die Länder vor Augen, denen nach dem Einmarsch der Sowjettruppen in Afghanistan die besondere Aufmerksamkeit der westlichen Welt zukommt, nämlich Pakistan und die Türkei, so kann man da wohl am ehesten deutlich machen, daß die Stabilität in diesen Ländern wohl kaum durch mehr Rüstung, sondern zuallererst durch Entwicklung entsteht. Innere Stabilität ist also insofern die notwendige Voraussetzung für die Bereitschaft zur Verteidigung. Meine Fraktion hat es deshalb sehr begrüßt, daß Außenminister Genscher dies bereits in der Debatte vom 17. Januar deutlich gemacht hat. Daraus kann man nun aber die Konsequenz ziehen, ja man muß die Konsequenz ziehen, dies auch in den jährlichen Haushaltssteigerungen für die Entwicklungshilfe zu berücksichtigen. Daß es hierbei am Willen des Parlaments nicht fehlt, kann man daran ablesen, daß sich alle drei Fraktionen darüber einig sind und daß - was vielleicht noch wichtiger ist - Haushaltspolitiker aller drei Fraktionen das ihre dazu beigetragen haben, diese Haushaltstitel in den letzten zwei Jahren eher zu erhöhen als zu verringern, wie es dem Kabinettsentwurf entsprach. Ich fordere Sie, Herr Minister Offergeld, deshalb auf, mit diesem Rückenwind, den Sie von seiten des Parlaments erfahren, bei den Etatberatungen im Kabinett zu wuchern. Ich habe manchmal den Eindruck, daß Sie beim Durchsetzen der Interessen Ihres Politikbereichs ein wenig zu zaghaft sind. ({0}) Wir müssen uns in gemeinsamer Anstrengung drauf verständigen, daß wir bis Mitte der 80er Jahre das bereits 1970 vor der UNO abgegebene Versprechen, 0,7 % unseres Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfeleistungen auszugeben, tatsächlich einlösen. Meine Damen und Herren, der Außenminister hat immer wieder deutlich gemacht, welch stabilisierende Wirkung von der Blockfreienbewegung ausgeht. Die Blockfreienbewegung, so hat er mehrfach, gestützt von der Auffassung der Koalitionsfraktionen, hier ausgeführt, ist die Grundlage für eine unabhängige und eigenständige Entwicklung der Dritten Welt. Herr Todenhöfer hat heute erneut auf die Strategie der zwei Wege hingewiesen, die die Union vorschlägt. Es gibt in diesem Hause wohl keine Differenz darüber, daß den ärmsten Ländern verstärkt und unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung Hilfe angeboten werden muß, eben zur Bekämpfung der absoluten Armut. Nur gibt es fundamentale Unterschiede zwischen der Union oder vielleicht auch nur Teilen der Union und der Koalition und der Regierung darüber, mit welchen Ländern verstärkt darüber hinaus wirtschaftliche Zusammenarbeit betrieben werden sollte. Wenn die Union meint, man solle unser Engagement auf die Länder konzentrieren, die eher westlich orientiert sind oder z. B. in der UNO so abstimmen wie wir, so kann man bereits an den Empfehlungen, die die Union in der Vergangenheit gegeben hat, deutlich machen, in welch fatales Spiel wir uns eingelassen hätten, wenn wir dem gefolgt wären. ({1}) Ich will nicht noch einmal das Beispiel Somalia anführen, aber ich kann mich noch genau daran erinnern, als Anfang der 70er Jahre ein umfassendes Kreditabkommen mit Jugoslawien abgeschlossen wurde, welch irrsinnige Kritik von seiten der Union damals geübt worden ist. ({2}) - Nicht aus entwicklungspolitischen, sondern allenfalls aus haushaltspolitischen Gründen, Herr Todenhöfer. Das wollen wir doch hier einmal festhalten. - Ich kann mich noch sehr wohl daran erinnern, wie häufig Herr Todenhöfer nicht nur hier, sondern auch im Ausschuß das besondere Engagement der Bundesrepublik Deutschland in Tansania beklagt hat. Dies sind nun aber gerade die beiden Länder, aus denen die Staatsmänner kommen, die wesentlichen Anteil daran haben, daß die Blockfreienbewegung tatsächlich unabhängig geblieben ist. ({3}) Dies ist, meine Damen und Herren, schon häufiger gesagt worden. Da ich, Herr Todenhöfer, ganz sicher bin, daß Sie aus der Vergangenheit nicht lernen, ({4}) sind auch Ihre Vorschläge, die Sie für die Zukunft machen, so problematisch. Meine Damen und Herren, geradezu fatal wäre es gewesen, wenn die Bundesregierung der Empfehlung gefolgt wäre, die Regierung von Herrn Muzorewa in Rhodesien anzuerkennen. Wir wissen heute, daß die freien Wahlen dieser Regierung eine totale Niederlage beschert haben. Ich frage mich, in welcher außenpolitischen Situation gegenüber dem südlichen Afrika und Zimbabwe würden wir uns heute wohl befinden, wären wir diesem Rat gefolgt. Meine Damen und Herren, wer in der Vergangenheit so viele Fehleinschätzungen geleistet hat, ist wohl der schlechteste Ratgeber für die Zukunft. ({5}) Wir fordern die Bundesregierung auf, Entwicklungshilfe auch weiterhin nicht nach politischem Wohlverhalten zu gewähren, sondern die Zusammenarbeit auf der Grundlage gegenseitiger Unabhängigkeit zu führen. Nur eine solche unverkrampfte Einstellung gegenüber der Dritten Welt sichert langfristig freundschaftliche Zusammenarbeit. Darüber hinaus bietet sie die einzige Möglichkeit, eine langfristige Entwicklungskonzeption in den einzelnen Ländern tatsächlich durchzuhalten. Wenn man heute über Entwicklungspolitik redet, so wird man nicht um den Bericht der Nord-SüdKommission unter dem Vorsitz von Willy Brandt herumkommen können. Ich finde es außerordentlich bedauerlich, daß bereits ganz zu Anfang, als Willy Brandt diesen Auftrag erhielt oder zumindest ins Gespräch kam, diesen Auftrag zu übernehmen, in der Bundesrepublik von seiten der Opposition mit außerordentlichem Vorbehalt - um mich vorsichtig auszudrücken - reagiert wurde. Ich halte es für unverständlich, daß einem Deutschen, der mit einer solchen wichtigen internationalen Aufgabe beauftragt wird, nicht von seiten aller Deutschen - unabhängig davon, ob sie sich in der Opposition oder in der Regierungskoalition befinden - Unterstützung zuteil wird. ({6}) Meine Damen und Herren, die FDP und die SPD haben einen ersten Entschließungsantrag zu diesem Bericht vorgelegt. Eine umfassende Empfehlung konnten wir daraus noch nicht ableiten; dazu war die Zeit zu kurz. Wir für unseren Teil beurteilen dieFrau Schuchardt sen Bericht insgesamt positiv und fordern die Bundesregierung auf, die ihr geeignet erscheinenden Schritte auch tatsächlich in ihre Strategie und ihre Konzeption einzuarbeiten. Dieser Bericht macht noch einmal in eindrucksvoller Weise deutlich - er hat sicherlich auch zur weltweiten Diskussion beigetragen -, wo die internationalen Probleme tatsächlich liegen. Sie wissen, daß die Kommission aus Menschen mit sehr unterschiedlichen Gesellschaftsanschauungen und auch sehr unterschiedlichen Interessenlagen bestand; man hat versucht, über die gemeinsamen Interessenlagen zu Konzepten zu kommen, die nicht ideologisch verkrampft sind. Ich wünsche mir, daß es uns gelingen möge, mit Besonnenheit und vor allem mit Gelassenheit - unter Berücksichtigung der Interessen auch der anderen Seite - die Vorschläge zu prüfen. Sie dagegen haben heute wieder eine ideologische Diskussion eröffnet, die mit Sicherheit nicht die beste Voraussetzung dafür bietet. Lassen Sie mich nur noch eines zur bilateralen Entwicklungshilfe sagen, weil dies auch im Zusammenhang mit dem Bericht der Nord-Süd-Kommission steht. Ich stimme Ihnen zu, Herr Todenhöfer, daß die Bundesrepublik Deutschland der bilateralen Entwicklungshilfe den Vorrang einräumen sollte. Nur: Es wird in dem Bericht der Brandt-Kommission deutlich, daß sich die Dritte Welt von internationaler, von multilateraler Hilfe natürlich ein Stück mehr Unabhängigkeit erwartet. Ich glaube aber, daß es für uns wichtig ist, deutlich zu machen, daß man mit dezentralen Hilfsinstrumenten, die die bilaterale Hilfe z. B. bieten würde, für den einzelnen Menschen in den Entwicklungsländern möglicherweise sehr viel mehr erreichen kann, als dies mit zentralistischen Systemen möglich wäre. Insofern stimme ich Ihnen hier, was den Vorrang der bilateralen Entwicklungshilfe angeht, zu. Meine Damen und Herren, da meine Fraktion diesen ganzen Bereich in 25 Minuten abhandeln soll, möchte ich meinen Beitrag mit Rücksicht und in Aussicht auf meinen Fraktionskollegen Manfred Vohrer jetzt beenden. ({7})

Georg Leber (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001299

Das Wort hat der Herr Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Rainer Offergeld (Minister:in)

Politiker ID: 11001641

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Länder der Dritten Welt sind ein wesentliches Element des Weltfriedens. Die Bundesregierung bejaht die eigenständige Rolle der blockfreien Länder, mehr noch: Eine starke Gruppe unabhängiger Länder der Dritten Welt ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Entspannungspolitik. Die Bundesrepublik arbeitet mit den Ländern der Dritten Welt auf der Grundlage gleichberechtigter Partnerschaft zusammen. Auch und gerade nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan gilt: Die Länder der Dritten Welt können kein Interesse daran haben, ihre oft nach langen Kämpfen gewonnene Unabhängigkeit und ihr darauf gegründetes politisches Gewicht gegen neue Abhängigkeiten einzutauschen. Nur eine Entwicklungspolitik, die die politische Unabhängigkeit der Entwicklungsländer und ihre eigenständige wirtschaftliche und soziale Entwicklung unterstützt, wird auf die Dauer Erfolg haben. Wer als Entwicklungspolitiker nur in den Kategorien des Ost-West-Konflikts denkt, wer glaubt, Entwicklungspolitik als Instrument in diesem Konflikt einsetzen zu können, wird scheitern. Die Bundesregierung wird auch künftig nicht den Eindruck aufkommen lassen, wirtschaftliche Hilfe sei vom politischen Wohlverhalten abhängig. ({0}) Wer so töricht ist, Herr Todenhöfer, Hilfe nur für sogenannte „Freunde des Westens" zu verlangen, ({1}) wer immer das dann sein mag - wortwörtliches Zitat: „Freunde des Westens" -, wird mit seiner Politik das Gegenteil dessen erreichen, was er anstrebt. Wer das Feld räumen will, sobald eine rote Fahne sichtbar wird, lädt andere geradezu ein, ihren Einfluß zu verstärken. ({2}) Wenn Staaten in politisch wirtschaftlicher Umklammerung stecken, kann unsere Unterstützung eine Hilfe sein, die Umklammerung zu lösen. Die Entwicklungsländer brauchen ökonomische Unterstützung, Unterstützung bei der Integration in die Weltwirtschaft, Hilfe beim Aufbau einer gerechten sozialen Ordnung und nicht zuletzt Partner, die ihre kulturelle und religiöse Eigenständigkeit respektieren. Viele Länder der Dritten Welt sehen heute deutlicher als früher, wer in der Welt Nahrungsmittelüberschüsse hat und wer Defizite, wessen Lastwagen laufen und wessen Lastwagen aus Mangel an Ersatzteilen nicht einsatzfähig sind, wer nur Waffen liefert, und wer beim friedlichen Aufbau wirkungsvoll mithilft, wer sich wie ein Freund benimmt und wer wie ein Besatzer. In einer kritischen weltpolitischen Situation wäre es kurzsichtig, nur auf die ökonomischen und militärischen Kräfteverhältnisse zwischen den beiden Blöcken zu starren. So entscheidend das militärische Gleichgewicht zwischen Ost und West für den Weltfrieden ist - niemand, der gründlich analysiert, kann übersehen, daß die meisten gegenwärtigen und mögliche künftige weltpolitische Konfliktsherde in der Dritten Welt liegen. Konfliktursachen sind oft das Fehlen ökonomischen Fortschritts und sozialen Ausgleichs. Diese Ursachen sind wirkungsvoll nur mit den Mitteln der Entwicklungspolitik zu beseitigen. Dazu braucht man eine Politik des langen Atems. Auch die große Mehrheit der Bürger unseres Landes sieht immer deutlicher, das Massenelend und soziale Konflikte in der Dritten Welt politisches Vakuum schaffen können, das den Weltfrieden gefährdet. Kaum jemand bezweifelt heute noch, daß Ent17224 Wicklungshilfe zu den wichtigsten Aufgaben der Politik gehört. Darum hat die Bundesregierung, trotz der schwierigen finanzwirtschaftlichen Lage des Bundes, die Mittel für die Entwicklungshilfe nicht gekürzt, sondern drastisch gesteigert. Unsere Entwicklungshilfe erreichte im vergangenen Jahr die Rekordhöhe von über 6 Milliarden DM. Das ist rund doppelt soviel wie 1977; das heißt eine Verdoppelung in absoluten Zahlen innerhalb von zwei Jahren. Wir leisten weit mehr als alle Staaten des Ostblocks gemeinsam. Unsere Hilfe erreichte 1979 0,44 % des Bruttosozialprodukts. Diese Ziffer haben wir nur einmal, nämlich 1962, und dort in einer wesentlich günstigeren wirtschaftlichen Situation, geringfügig übertroffen. ({3}) Diese Erfolge gewinnen an Gewicht, wenn man berücksichtigt, daß die öffentliche Entwicklungshilfe der anderen westlichen Industrieländer, gemessen am Bruttosozialprodukt, in den vergangenen Jahren deutlich stagnierte. Ich weiß durchaus, daß das Parlament mit seiner Bereitschaft, die Entwicklungshilfeausgaben zu steigern und entsprechende Vorschläge der Bundesregierung zu unterstützen, einen wesentlichen Beitrag zu diesen Erfolgen geleistet hat, und ich bedanke mich dafür. Die Bundesregierung wird auch in der Zukunft ihre Entwicklungshilfe erheblich erhöhen. Die Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung sind deutlich und sprechen für sich. Die Ausgaben für Entwicklungshilfe werden in den kommenden Jahren mindestens doppelt so stark steigen wie der Gesamthaushalt. Die Bundesregierung wird im Hinblick auf die Erreichung des 0,7-%-Zieles auch in der Zukunft für eine bedeutende und rasche Steigerung der öffentlichen Entwicklungshilfe im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt sorgen. Die deutsche Entwicklungshilfe ist erfolgreich - nicht nur, was die Zahlen, nicht nur, was den Input anbetrifft. Vor wenigen Tagen wurde in Zimbabwe die Flagge der Unabhängigkeit hochgezogen. Daß dies schließlich in Frieden und Freiheit - bei allen noch zu erwartenden Schwierigkeiten - möglich war, hätte vor wenigen Monaten noch niemand vorherzusagen gewagt. Diese Entwicklung ist zu allererst das Verdienst des Volkes und der politischen Führung in Zimbabwe. Es ist aber auch das Verdienst der Commonwealth-Staaten und der britischen Regierung sowie der Konfliktrandstaaten. Es ist aber auch ein Erfolg der Bundesregierung und ihrer auf friedlichen Wandel angelegten Politik im Südlichen Afrika. Zahlreiche Projekte zur Unterstützung der Konfliktrandstaaten und die Hilfe für Flüchtlinge aus den Kampfgebieten, die von Herrn Todenhöfer ja in unglaublicher Art und Weise denunziert worden ist, haben sich bewährt. Ich danke in diesem Zusammenhang noch einmal Marie Schlei, die ja gegen unglaubliche und diffamierende Vorwürfe der Opposition diese Hilfe vor einigen Jahren fortgeführt hat. ({4}) Diese Hilfe und diese Politik haben uns Verbindungen zu denjenigen geschaffen, die mit viel politischer Weitsicht und Behutsamkeit die ersten Schritte des neuen Staates in die Unabhängigkeit bestimmt haben. Der Erfolg hat viele Väter. Das ist immer so. Viele Politiker der Opposition gehören mit ihren früheren Ratschlägen - ich will gar nicht daran erinnern - aber ganz gewiß nicht zu den Vätern, nicht einmal zu den Rabenvätern, Herr Todenhöfer. ({5}) Ich habe an dieser Stelle im Januar gesagt: „Wenn die politische Entwicklung, was wir alle hoffen, in Zimbabwe und in Namibia zu einer friedlichen und international anerkannten Regelung der noch ungelösten Fragen führt, wird die Bundesregierung ohne Zögern, das heißt sofort, eine entwicklungspolitische Zusammenarbeit anbieten.' Die Bundesregierung hat unmittelbar nach der Unabhängigkeit gehandelt. Die ersten Schritte zur Zusammenarbeit sind getan. Dieses unverzügliche Angebot ohne Bedingungen könnte, so hoffe ich, auch neue Bewegung in die Namibia-Frage bringen. Die zahlreichen Konflikte in der Welt brauchen ein Forum zur Konfliktlösung oder Konfliktminderung. Dies ist das System der Vereinten Nationen. Wer Krieg verhindern will, braucht ein Gremium der gemeinsamen Willensbildung und der Diskussion. Es gibt, trotz möglicher Kritik in einigen Bereichen, für die Vereinten Nationen keine Alternative. Die in der Großen Anfrage der Opposition und vor allem in den Stellungnahmen zur Beantwortung dieser Anfrage anklingende Kritik an der multinationalen Bürokratie ist sicher in einigen Punkten berechtigt. Die Bundesregierung nutzt ihren Einfluß und achtet darauf, daß alle Mittel sparsam und möglichst zweckdienlich verwendet werden. Sicher paßt uns auch manches Abstimmungsergebnis und sicher paßt uns auch manche Diskussion nicht ganz. Aber will die Opposition etwa wegen des Verhaltens einzelner Mitglieder in der UN und in der Generalversammlung die Mittel für die Institutionen der Vereinten Nationen kürzen, die Entwicklungshilfe leisten? Was fordert die Opposition mit ihrer stetigen Kritik denn konkret? Keine Steigerung etwa für UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen? Keine Steigerung mehr für UNFPA, den Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, der Programme der Familienplanung unterstützt und damit versucht, zur Minderung der Bevölkerungsexplosion beizutragen? Keine Steigerung mehr für die Weltbank, eine Institution mit Sonderstatus im Rahmen der Vereinten Nationen? Keine Steigerung mehr für UNDP, das zentrale technische Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen? Die Opposition - etwa Herr Marx - behauptet, die Entwicklungshilfe internationaler Institutionen erreiche nicht diejenigen, die diese Hilfe besonders dringend benötigen. Man kann diese Behauptung an Hand einiger Fakten überprüfen. Die Internationale Entwicklungsorganisation der Weltbank etwa, die IDA, konzentriert ihre Mittel vorwiegend auf die ärmsten Länder, d. h. auf solche mit weniger als 300 US-Dollar Jahreseinkommen pro Kopf der Bevölkerung. Diese Länder erhielten 1978 fast 80 aller Darlehen der IDA. Von der Weltbank selbst erhielt diese Gruppe der ärmsten Staaten weitere 27 aller Kredite. Auch die multilaterale technische Hilfe von UNDP, dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen, ist auf diese Ländergruppe der ärmsten Staaten konzentriert. Für den Zeitraum 1976 bis 1982 etwa sind 42 % der Mittel für Länder mit weniger als 250 US-Dollar Pro-Kopf-Einkommen jährlich und 67 % für solche mit weniger als 500 US-Dollar Pro-Kopf-Einkommen vorgesehen. Im übrigen waren es internationale Organisationen - auch das sollte der Opposition nicht verborgen geblieben sein - wie die Internationale Arbeitsorganisation, die Weltgesundheitsorganisation und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, welche die Grundbedürfnisstrategie mit entwickelt haben und sie in die Praxis umsetzen. Um nur ein besonders eindrucksvolles Beispiel zu nennen: Die Weltgesundheitsorganisation hat eine Reihe von Sonderprogrammen mit dem Ziel begonnen, die Basisgesundheitsdienste für die ärmsten Bevölkerungsschichten zu verbessern und die gefährlichen Tropenkrankheiten auszurotten. Für manche Ziele reichen die Vereinten Nationen und ihre Organisationen sicherlich nicht aus. Deshalb unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag der Brandt-Kommission, wichtige Themen in kleinen Gremien zu behandeln. Wer aber in der gegenwärtigen Weltlage, nach dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan und der klaren UN-Haltung dazu, meint, Mäkeln sei das Gebot der Stunde, verhält sich unpolitisch. Mir ist nicht verständlich, wie ein Sprecher der Opposition am 19. Dezember 1979 in einer ersten Reaktion auf die Beantwortung der Großen Anfrage fordern konnte, die Entwicklungshilfe im bilateralen Bereich und im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften zu Lasten der UN-Organisationen zu erhöhen. Es gibt viele Aufgaben der Entwicklungspolitik - Bekämpfung des Flüchtlingselends, Maßnahmen auf dem Gebiet der Bevölkerungspolitik -, die durch VN-Organisationen besser oder überhaupt nur durch VN-Organisationen gelöst werden können, auf jeden Fall besser als durch bilaterale Kooperation. Es geht da gar nicht um ein Verhältnis des Vorrangigen und des Nachrangigen, wie Herr Todenhöfer hier ausgeführt hat. Es geht um ein Verhältnis des Sowohl-als-Auch. Die Bundesregierung denkt jedenfalls nicht daran, ihre Unterstützung multilateraler Entwicklungshilfeinstitutionen einzuschränken. Wir brauchen die Vereinten Nationen. Wir brauchen weltweit, heute mehr denn je, eine Strategie der gemeinsamen Verantwortung. Diese Strategie erfordert bei uns wie bei den Entwicklungsländern ein Umdenken. Dauerhafte Vereinbarungen zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern sind nur möglich, wenn beide Seiten kompromißbereit sind und den Grundgedanken des Gebens und Nehmens akzeptieren. Eine Strategie der gemeinsamen Verantwortung ist dringlicher denn je angesichts der kritischen wirtschaftlichen Lage, die sich weltweit, insbesondere aber für die Entwicklungsländer, aus den jüngsten gewaltigen Ölpreissprüngen ergibt. Die Folgen dieser Ölpreissprünge ziehen sich durch die gesamte Entwicklungspolitik, bis hinein in die konkrete Projektpolitik. Höhere Olpreise treiben manche Projektkosten in den Entwicklungsländern so weit nach oben, daß Wirtschaftlichkeit kaum noch erreichbar ist. Düngemittelfabriken sind ein Beispiel. Es gibt Fälle, in denen die Wirtschaftlichkeit ernsthaft in Frage gestellt ist. Tiefbauprojekte etwa sind ein anderes Beispiel. Aber diese Schwierigkeiten in der Projektpolitik sind nur die Spitze des Eisbergs. Andere Folgen des Ölpreissprungs wiegen noch schwerer. 1980 müssen die Entwicklungsländer ein Viertel ihrer Exporterlöse für den Import von 01 verwenden, viele Entwicklungsländer wesentlich mehr: die Türkei beispielsweise 59 %, Brasilien 41 %, die Philippinen 39 %, Indien 34 % seiner Exporterlöse. Der Spielraum für andere entwicklungsnotwendige Importe wird deutlich kleiner. Er wird zu klein. Das wirtschaftliche Wachstum der Entwicklungsländer wird sich deshalb voraussichtlich verlangsamen und 1980 wahrscheinlich unter der 4 %- Marke bleiben. Die Inflationsrate in den nicht erdölproduzierenden Entwicklungsländern ist im vierten Quartal des vergangenen Jahres gegenüber demselben Quartal des Jahres zuvor, also 1978, sprunghaft um 11 Punkte auf über 31 % gestiegen. Das sind die großen entwicklungspolitischen Probleme, vor denen wir stehen und zu deren Lösung wir beizutragen haben. Dazu habe ich von der Opposition noch keine Silbe gehört. Die enorm gestiegene Öleinfuhrrechnung der Entwicklungsländer - sie liegt im Jahre 1980 voraussichtlich weit über 50 Milliarden Dollar - ist die Hauptursache für den dramatischen Anstieg des Leistungsbilanzdefizits auf voraussichtlich über 70 Milliarden Dollar im laufenden Jahr. Diese Zahl drückt vielleicht am deutlichsten die überaus schwierige Situation der Entwicklungsländer im laufenden Jahr aus. Es ist sicherlich nicht übertrieben zu sagen, daß manche Entwicklungsländer kurz vor dem Ruin stehen. Rein statistisch läßt sich zwar feststellen, daß die relative Belastung 1980 der von 1975 - nach der ersten Erdölpreisexplosion - vergleichbar ist. Damals betrug der Anteil des Leistungsbilanzdefizits am Bruttosozialprodukt der Entwicklungsländer insgesamt 5,5 % 1980 wird er bei etwa 4,8 % liegen. Die Situationen 1975 und 1980 sind trotzdem nicht miteinander vergleichbar. 1975 und in den darauf folgenden Jahren wurden in wachsendem Maße kommerzielle Bankkredite zur Finanzierung der Leistungsbilanzdefizite genutzt. Der Anteil dieser kommerziellen Bankkredite an der Finanzierung des Defizits der Entwicklungsländer ist von 38 % 1975 auf 55 % im Jahre 1979 gestiegen. Also absolut und relativ ein überaus starker Anstieg. Diese kommerziellen Kredite haben einerseits dazu beigetragen, daß die Entwicklungsländer ihre Importe nicht verringern mußten. Andererseits hat aber der starke Rückgriff auf kommerzielle Verschuldung wegen der damit verbundenen harten Bedingungen die Verschuldungssituation der Entwicklungsländer dramatisch verschlechtert. Deshalb werden kommerzielle Bankkredite im laufenden und im kommenden Jahr nicht mehr wesentlich ausgeweitet werden können. Von Januar bis März dieses Jahres, des rufenden Jahres, wurden von den Entwicklungsländern 2,8 Milliarden Dollar an Bankkrediten aufgenommen. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 6,8 Milliarden Dollar. Man sieht also ganz deutlich, wie trotz erhöhten Devisenbedarfs die Aufnahme privater Bankkredite eingeschränkt werden mußte. Der scheinbar einfache Lösungsweg von 1975 ist damit zum größten Teil verbaut, d. h. wir stehen vor der Frage, wie der zusätzliche Kreditbedarf der Entwicklungsländer im laufenden und im kommenden Jahr gedeckt werden kann. Ihren zusätzlichen Kreditbedarf müssen die Entwicklungsländer in Zukunft zweifelsohne stärker als bisher beim Internationalen Währungsfonds und bei der Weltbank decken. Der Währungsfonds, denke ich, sollte in den Entwicklungsländern mehr noch als bisher als Institution anerkannt werden, die nicht nur Finanzierungsquelle, sondern auch von großer Bedeutung für die Bewältigung der unausweichlichen Anpassungsprozesse ist. Daß es dabei in manchen Fällen größerer Bewegungsfähigkeit und Flexibilität des Währungsfonds bedarf, daß der Währungsfonds auch innenpolitische Gegebenheiten in den Entwicklungsländern stärker zu berücksichtigen hat, vermerke ich am Rande. Diesem Ziel verstärkter internationaler Finanzierung dienen auch die von der Weltbank vorgeschlagenen Darlehen zur strukturellen Anpassung in den Entwicklungsländern. Nach den gestrigen Debatten des Development Committee in Hamburg kann davon ausgegangen werden, daß die Weltbank in absehbarer Zeit die ersten Strukturanpassungsdarlehen vorbereiten wird, also besondere Darlehen, verbunden mit Strukturanpassungsprogrammen der Entwicklungsländer. Würden die Entwicklungsländer im laufenden Jahr gezwungen, ihre Importe drastisch zu reduzieren, hätte dies schwerwiegende Folgen für ihr wirtschaftliches Wachstum. Aber nicht nur das; dies würde auch die Exporte der Industrieländer in die Dritte Welt beträchtlich verringern. In erster Linie würden davon Industriewaren betroffen, denn 01-und Nahrungsmittelimporte der Entwicklungsländer sind kurzfristig kaum zu verringern. Deshalb werden die Entwicklungsländer einen wachsenden Teil der öffentlichen Entwicklungskredite zur Finanzierung von Importen benötigen, wenn sie diese Importe nicht drastisch drosseln wollen und müssen, was nicht im Sinne des Entwicklungsprozesses ist. Offentlichen Entwicklungskrediten kommt damit in den vor uns liegenden Jahren die zusätzliche Aufgabe zu, den notwendigen strukturellen Anpássungsprozeß in den Entwicklungsländern zu erleichtern. Diese Aufgabe, die sich etwa mit dem Stichwort „Erhaltung der Importkapazitäten der Entwicklungsländer" kennzeichnen läßt, steht nicht isoliert neben der Aufgabe, Entwicklungsprojekte zu finanzieren. Zwischen beiden Aufgaben besteht ein enger Zusammenhang. Die Importkapazität zu erhalten ist auch eine Voraussetzung für den dauerhaften Erfolg von Entwicklungsprojekten. Die Möglichkeiten, nur nationale Konsequenzen aus dieser aktuellen dramatischen Situation der Entwicklungsländer zu ziehen, sind eng begrenzt. Schon die Sonderaktionen für die Türkei haben unterstrichen, wie notwendig internationale Anstrengungen sind. Wenn solche Aktionen in den nächsten Jahren für andere Entwicklungsländer nach dem Vorbild der Türkei erforderlich werden - ich befürchte, daß manche Länder in eine ähnlich kritische Situation geraten werden -, dürfte dies die Industrieländer allein überfordern. Ihnen bleibt dann nur die Möglichkeit, den Anteil der Projekthilfe zu verringern und den Anteil der Programmhilfe zu erhöhen. Diese Situation erfordert dringend eine Verständigung mit den OPEC-Staaten. Die Leistungsbilanzüberschüsse der OPEC-Länder werden 1980 über 100 Milliarden Dollar betragen. Ein Teil dieser Einnahmen sollte in die Entwicklungsländer in Form langfristiger Entwicklungskredite zu günstigen Konditionen zurückfließen. Um das Recycling zu erleichtern, muß ein Teil des Devisenüberschusses der OPEC-Staaten über geeignete internationale Institutionen in die Entwicklungsländer geschleust werden. Wir müssen in diesem Zusammenhang auch über den Werterhalt der Öldollar nachdenken. Der schrittweise Abbau der Überschüsse muß Teil einer Strategie der gemeinsamen Verantwortung sein, an der alle Länder zu beteiligen sind. Dies ist nicht nur eine Aufgabe der nicht ölproduzierenden Entwicklungsländer und nicht nur eine Aufgabe der westlichen Industriestaaten. Grundlage für die Strategie einer gemeinsamen Verantwortung für die nächsten Jahre wird der Bericht der Brandt-Kommission sein. Die Bundesregierung begrüßt, daß die „Unabhängige Kommission für Internationale Entwicklungsfragen" sich so umfassend mit dem Nord-Süd-Problem befaßt hat. Die Tatsache, daß sich Vertreter aus Nord und Süd auf zahlreiche Empfehlungen verständigen konnten, läßt hoffen, daß Lösungswege gefunden werden, die den Nord-Süd-Dialog aus der Sackgasse herausführen. Die Bundesregierung wird zu den Empfehlungen des Brandt-Berichts detailliert Stellung nehmen. Schon heute kann man sagen: Viele Empfehlungen des Berichts entsprechen der Entwicklungspolitik der Bundesregierung. Die Bundesregierung unterstützt die Empfehlungen der Kommission in den wesentlichen Punkten: Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe an die ärmsten Länder, wobei Projekte zur Nutzung von Wasser, Aufforstungs- und Energieprojekte eine besondere Rolle spielen sollen; verstärkte Förderung der landwirtschaftlichen Produktion und der Agrarforschung; die Vorschläge zur internationalen Zusammenarbeit zum Schutz der natürlichen Ressourcen; Durchführung sozialer und wirtschaftlicher Reformen innerhalb der Entwicklungsländer; Verstärkung der regionalen Zusammenarbeit der Entwicklungsländer untereinander; Erhöhung der Mittel für die Suche nach neuen Energiequellen einschließlich der Entwicklung erneuerbarer Energieressourcen. Wir unterstützen die Vorschläge zur Ablehnung aller Formen des Protektionismus im Welthandel. Ein zentraler Punkt des _Brandt-Berichts ist die Frage, wie ein schnellerer und höherer RessourcenTransfer in die Entwicklungsländer erreicht werden kann. Die Kommission schlägt deshalb eine internationale Entwicklungsabgabe vor. Ich halte diesen Gedanken für außerordentlich erwägenswert. Er wird von der Bundesregierung sorgfältig geprüft werden. Mit einer Entwicklungsabgabe könnten über den Kreis der westlichen Industrieländer hinaus weitere Staaten an der Entwicklungsfinanzierung beteiligt werden. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Die Bundesregierung unterstützt den Vorschlag gelegentlicher Gipfeltreffen einer begrenzten Anzahl von Staats- und Regierungschefs der Industrie- und Entwicklungsländer. Solche Treffen könnten zwar die Nichtanwesenden nicht verpflichten, wohl aber das internationale Klima ändern. Sie könnten die Aussichten für ein globales Übereinkommen vergrößern, das nach Meinung der Kommission wie der Bundesregierung innerhalb des UN-Systems ausgehandelt werden sollte. Der Bericht der Brandt-Kommission wurde in einer Zeit übergeben, in der die krisenhaft zugespitzte internationale Lage jedem vor Augen führt, daß nur eine langfristig angelegte Entwicklungspolitik, die auf soziale und wirtschaftliche Reformen abzielt, den Frieden stabilisieren kann. Die Kommission empfiehlt ein Sofortprogramm bis 1985. Die Bundesregierung unterstützt die wesentlichen Elemente dieses Programms. Die Bundesregierung sieht seine Forderungen als äußerst dringlich an. Angesichts der Mißerfolge der letzten internationalen Konferenzen können die Anregungen der Brandt-Kommission nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dieser Tatsache ist sich die Bundesregierung bewußt. Die Bundesregierung wird, dessen können Parlament und Öffentlichkeit sicher sein, ihren Beitrag dazu leisten, daß die Impulse, die Anregungen der Brandt-Kommission so weit wie irgendmöglich in die Realität umgesetzt werden. ({6})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fischer.

Leni Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000553, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schluckebier, mit Ihren Eingangsbemerkungen haben Sie deutlich gemacht, daß Sie und Ihre Fraktion die gegenseitige Abhängigkeit von Außenpolitik und Entwicklungspolitik immer noch nicht erkannt haben. ({0}) Mein Kollege Werner wird sich dazu noch äußern. Frau Schuchardt, das gleiche gilt auch für Ihre mal wieder recht polemischen Äußerungen, vor allen Dingen was die törichten Auslassungen zu Somalia angeht. Es ist doch festzustellen, daß nicht unsere Entspannungspolitik in Afghanistan gescheitert ist, sondern die der SPD /FDP-Koalition. ({1}) Angesichts der verheerenden Folgen, die der Marxismus gehabt hat - ob in Vietnam, Kambodscha, Angola, Mozambique oder in den übrigen sogenannten befreiten Ländern -, muß ich mich doch in aller Deutlichkeit etwas über den überschwenglichen Jubel wundern, der hier eintritt, wenn ein Marxist in einem Lande die Herrschaft angetreten hat. ({2}) Aber nun zu Ihnen, Herr Minister. Sie haben Ihre Ausführungen eben in aller Ruhe und Getragenheit vorgetragen. Aber Sie werden mir verzeihen, daß ich Sie auch heute noch einmal an die Fragen erinnere, die unsere Fraktion Ihnen schon in den verschiedenen vorhergehenden Sitzungen gestellt hat. Ich sehe mich veranlaßt, noch einmal auf Ihre weiß Gott eigenartige Personalpolitik einzugehen. Nach Minister- und Staatssekretärswechsel in dieser Legislaturperiode wurden wir in der Fraktion und im Ausschuß mit der Entlassung von drei Ministerialdirektoren konfrontiert. Ihr persönliches Problem, nämlich mit hochdotierten und langjährigen leitenden Ministerialbeamten nicht zusammenarbeiten zu können, muß jetzt der deutsche Steuerzahler mit Hunderttausenden von Mark bezahlen. ({3}) - Das ist keine Erbsenzählerei. Das ist sauer verdientes Geld vom Steuerzahler. ({4}) Außer langjährigen und sehr hohen Versorgungsleistungen erbrachten diese Entlassungen bislang keine bessere Entwicklungspolitik. Zumindest waren Sie, Herr Minister, bis heute auch nicht in der Lage, eine solche vorzustellen. Aber es kommen ja noch weitere Streiche, und wir warten auch da noch auf Antworten. Im Dezember vorigen Jahres war in der Presse zu lesen, die Betriebsgruppe der SPD in Ihrem Haus verlange die Entlassung des Personalreferenten und des ihm vorgesetzten Unterabteilungsleiters, weil beide nicht entschieden genug SPD-Belange in der Personalpolitik verträten. Im Gegensatz zu Ihrem an mich gerichteten Schreiben haben Sie diese Presse17228 berichte aber nie dementiert oder richtiggestellt. Den Entlassungswünschen sind Sie zwar noch nicht nachgekommen - was ich für eine Selbstverständlichkeit halte -, aber - Sie können dreimal sagen: „Das ist dummes Zeug" - das sind auch Fragen, die unsere Verantwortlichkeit gegenüber dem Steuerzahler angehen. ({5})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Einen Augenblick, Frau Kollegin! Diese Bemerkung „Dummes Zeug" weise ich zurück. ({0}) - Dann ist es in Ordnung. Dann gibt es auch nichts zurückzuweisen. ({1}) Aber gegenüber einer Dame, die am Mikrophon ist, sollten wir uns alle bemühen, besonders eindrucksvolle Kavaliere zu sein. ({2})

Leni Fischer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000553, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehen Sie: Sie haben mir geschrieben, bei der Besetzung von Referentenposten müsse es sich wohl mehr oder minder um einen unglücklichen Zufall handeln. Sie haben gesagt, die Parteizugehörigkeit sei Ihnen nur bei wenigen Mitarbeitern bekannt. Aber im nächsten Absatz steht - jetzt zitiere ich -: Mit Sicherheit kann ich jedoch sagen, daß zahlreiche Mitarbeiter aus dem von Ihnen angesprochenen Personenkreis sowohl zu Ministerialräten befördert wie zu Referenten ernannt worden sind. Es geht darum: Ich frage, ob es zutrifft, daß trotz zahlreicher Bewerbungen seit Jahren in Ihrem Haus kein CDU-Mann und kein parteipolitisch Ungebundener zum Referenten befördert worden ist. ({0}) Wie schlecht die Situation der Frauen in Ihrem Ministerium ist, brauche ich Ihnen auch nicht zu sagen. ({1}) Ich meine, man hat einfach den Verdacht, daß das sogenannte „falsche Parteibuch" bei der politischen Leitung des Hauses ein so tiefes Mißtrauen hervorruft, daß dieser Fehler nicht einmal durch wirkliche Leistung, durch höchstes Engagement und langjährige Loyalität wettgemacht werden kann. ({2}) Einige Worte zum Entschließungsantrag in Verbindung mit dem Bericht der Nord-Süd-Kommission. ({3}) - Die anderen Themen fand ich schon sehr wichtig. Aber diese üblichen Zwischenrufe sind halt so. ({4}) Es sei im Zusammenhang mit dem Entschließungsantrag nur daran erinnert, daß sich Kollege Willy Brandt zwar in seiner Regierungserklärung Ende 1969 zum 0,7 %-Ziel bekannt hat, aber in den folgenden Regierungsjahren trotz Hochkonjunktur den Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt kontinuierlich absinken ließ. ({5}) Unter Unions-Regierungen waren die Leistungen der öffentlichen Entwicklungshilfe selbst im Rezessionsjahr 1966 stets höher als die der SPD-Regierungen. ({6}) In dem Bericht - es ist ein sehr umfassender Bericht - nimmt die Analyse natürlich einen breiten Raum ein. Problematisch sind teilweise die Empfehlungen, die häufig sehr verschwommen formuliert sind. Beim Thema „Frauen in der Dritten Welt" - wir sind schon froh, daß es überhaupt erwähnt ist - bringt der Bericht im Grund nichts Neues und vor allen Dingen gar nichts Konkretes. Manche Empfehlungen widersprechen einander. Ein klarer Widerspruch ist es beispielsweise, einerseits Handelsbeziehungen zu fordern und andererseits eine Sondersteuer auf Exporte zu erheben. Problematisch ist weiterhin, daß einige Vorschläge einfach utopisch sind. Beispielsweise überschreitet die Aufnahme eines Vorschlags, 450 Milliarden Dollar, nämlich die der Rüstungsausgaben, für Entwicklungshilfe zu verwenden, in diesem Rahmen einfach den Glauben an eine konkrete Durchsetzbarkeit des Programms. Eine derartige Überlegung sollte, so gut sie gemeint ist und so edel sie klingt, besser irgendwo auf einer Wunschliste stehen, um nicht dem ganzen Bericht nicht zu sehr den Eindruck des Visionären und des Utopischen anhängen zu lassen. Dieser Bericht hat politische Mängel. Deswegen ist, befürchte ich, die Diskussion über diesen Bericht ziemlich schnell verebbt. Die Veröffentlichung erfolgte zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, nämlich nach der Invasion der Sowjetunion in Afghanistan. Dieser brutale Überfall der Sowjetunion auf ein Land der Dritten Welt hat auch insofern wesentliche Teile des Berichts hinfällig gemacht, als sie einfach von einer utopischen Entspannungspolitik und von einem utopischen Glauben an die sowjetische Entspannungspolitik ausgehen. ({7}) Wir alle wollen Frieden. Wir alle wollen Sicherheit. Das ist aber nur in geduldigen und zähen Verhandlungen zu erreichen, jedoch nicht, wenn man außer acht läßt, daß die Geschichte der Menschheit und unsere Gegenwart in erster Linie von MachtFrau Fischer streben und Machterfüllung gekennzeichnet waren und sind. Das ist nun mal so. Wir betrachten es als großen Mangel, der natürlich nicht dem Vorsitzenden der Kommission anzulasten ist - ich will das hier gerne in aller Deutlichkeit sagen -, daß kein Vertreter des Ostblocks an der Arbeit der Kommission beteiligt war. Uns genügt es nicht, daß der Ostblock erklärt, man schenke dem Problem der Entwicklungsländer die gebührende Aufmerksamkeit. Wie dies bislang ausgesehen hat und auch heute aussieht, weiß jeder von uns. Lassen Sie mich, überspitzt, sagen: Der Westen gibt das Geld, und der Osten liefert Waffen ({8}) und kassiert neben der Bezahlung den „politischen Profit" des Ganzen. ({9}) Wir wollen versuchen, die Punkte herauszuarbeiten, in denen ein Konsens zwischen den Empfehlungen des Berichts und den entwicklungspolitischen Vorstellungen möglich ist. Es sollen allerdings auch die Punkte kritisiert werden, die mit den Vorstellungen meiner Fraktion nicht in Einklang zu bringen sind: Es ist unbestritten, daß im Verhältnis zwischen Nord und Süd eine Entwicklung hin zur Partnerschaft stattfinden muß. Auf die osteuropäische Beteiligung bin ich kurz eingegangen. Wir müssen in Zukunft auch die Beteiligung des Ostens an den Entwicklungshilfeleistungen quantitativ festlegen. Wir vermissen eine kritische Auseinandersetzung mit dem Entwicklungsbegriff, der im Bericht nach meiner Auffassung im wesentlichen in der Interpretation der Industrieländer verwendet wird, d. h. hauptsächlich an ökonomischen Kategorien orientiert. Die Probleme der gegenseitigen Abhängigkeit und der gemeinsamen Interessen sind klar herausgearbeitet. Hier ist insbesondere die Forderung nach Öffnung der Märkte und die Absage an den Protektionismus zu begrüßen. Die Forderung nach Mindestpreisen kann jedoch nicht geteilt werden. Volle Übereinstimmung gibt es - wie auch mein Vorredner, Herr Todenhöfer, gesagt hat - bei dem Kapitel, in dem es um die ärmsten Länder geht. Kapital 5 beschäftigt sich mit dem Problemkreis Hunger und Ernährung. Wir werden uns sicher noch im Ausschuß sehr ausführlich mit diesen Dingen beschäftigen. Es ist nur fraglich, ob das Problem des Hungers primär eine Frage der Weltwirtschaftsordnung ist, denn ob eine im Bericht des öfteren angedeutete eher planmäßig organisierte Weltwirtschaftsordnung mit dem Problem des Hungers besser fertig wird, muß wirklich stark in Zweifel gezogen werden. ({10}) Äußerst problematisch ist die im achten Kapitel erhobene Forderung nach Umverteilung von Produktionsmitteln an die Armen als Strategie gegen die Armut. Zum einen fällt eine derartige Maßnahme in die Autonomie eines jeglichen Entwicklungslandes, und zum anderen sagt die Verteilung der Produktionsmittel nichts über die faktische Verteilung von Einkommen und Vermögen aus. Dieser sozialistische Denkansatz ist eindeutig abzulehnen. Ebenso ungenügend ist die Beschreibung der Situation der OPEC-Länder und ihrer Einbindung. Anstatt diese Staaten mit enormen Zahlungsbilanzüberschüssen klar in die Pflicht zu nehmen, wird nur die Möglichkeit von Dreieckskooperationen angegeben. Wir werden sicher im Ausschuß dazu noch Alternativen diskutieren. Die meisten Probleme bringt das Kapitel, in dem es um Rohstoffe und Entwicklung geht. Es ist klar, daß die Entwicklungsländer ein starkes Interesse an stabilen Rohstofferlösen haben. Doch die geforderten Rohstofflager im Rahmen des Gemeinsamen Fonds sind nach unserer Auffassung dazu nicht geeignet. Auch hier steht die planwirtschaftliche Lösung eines Rohstoffonds im Mittelpunkt. Dem wird die CDU /CDU auf keinen Fall zustimmen. Wichtig ist die Energiepolitik, zumal diese Probleme in Manila bei UNCTAD V völlig ausgeklammert waren. Es gibt noch sehr viele Punkte, z. B. den sehr komplexen der Währungsordnung, die wir in gemeinsamen Diskussionen noch werden erörtern müssen. Eine Abgabe auf den internationalen Handel ist nach unserer Meinung ein ungeeigneter Weg, weil dadurch die Austauschbeziehungen zwischen den einzelnen Ländern erheblich verzerrt werden. Abschließend bleibt festzustellen, daß der Bericht einen Versuch darstellt, die großen Probleme der Entwicklungsländer zu lösen. Das ist zu begrüßen, auch die möglichen Motivationen, die von diesem Bericht ausgehen. Wir werden die sinnvollen und hilfreichen Ansätze weiterentwickeln. Aber wir werden Ihnen von der CDU/CSU-Fraktion auch ganz klare Alternativen zu den tendenziell planwirtschaftlichen Lösungsvorschlägen dieses Berichts einreichen. Zum Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion ist folgendes zu sagen: Erstens. Der Antrag enthält allgemeine, sattsam bekannte, aber keine neuen Gesichtspunkte. Zweitens. Er erschöpft sich in mehr oder minder unverbindlichen Feststellungen und verbalen Unverbindlichkeiten. Drittens. Die nachträgliche Einschätzung des Antrags durch SPD-Bundesminister Matthöfer als einer „Bemühensklausel" scheint richtig zu sein, und dadurch rückt das Ganze wieder in weite Ferne. Viertens. SPD und FDP verharren auch weiterhin in unverbindlicher Verbalakrobatik, und wir müssen aufpassen, daß dadurch nicht wieder falsche Hoffnungen geweckt werden. Die Entwicklungsländer werden die rein verbale Bekundung nicht honorieren und sich zum wiederholten Mal getäuscht und enttäuscht sehen. Diese politischen Folgen sind sehr viel ernster. Die CDU/CSU-Fraktion bedauert, daß die Bemühungen der Arbeitsgruppe Entwicklungspolitik der SPD /FDP-Koalition wieder keinen Erfolg gebracht haben und nur in einem Entschließungsantrag mit unverbindlichen Zukunftsperspektiven enden. An meiner Fraktion ist eine Eröhung der Entwicklungshilfe noch nie gescheitert. ({11})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nach diesem Beitrag sagen: Die Bundesrepublik Deutschland darf es als Auszeichnung und Ehre empfinden, daß für die Leitung der wohl wichtigsten internationalen Kommission der letzten Jahre der frühere Bundeskanzler Willy Brandt ausgewählt wurde. ({0}) Willy Brandt konferiert zur Zeit mit einem Gast aus einem wichtigen Land der Dritten Welt. Ich meine, daß sich in der Berufung Willy Brandts auch die wachsende Bedeutung widerspiegelt, die unser Land in den 70er Jahren erworben hat. ({1}) Auch dies sollte für uns ein zusätzlicher Impuls sein, die Konsequenzen aus dem Bericht der Nord-SüdKommission nicht nur besonders ernst zu erörtern, sondern vor allem auch sehr schnell in Angriff zu nehmen. Der Bericht der unabhängigen Nord-Süd-Kommission liefert eine hervorragende Grundlage für die Nord-Süd-Politik der Zukunft. Kleinliche Mäkeleien werden daran nichts ändern. ({2}) Wir haben die Aufgabe, das, was wir davon als richtig erachten, in die Tat umzusetzen. Die Bundesregierung ist in einer ersten Wertung des Berichts zu dem Schluß gelangt, daß diese gründliche, wichtige und notwendige Arbeit gerade angesichts der jüngsten weltpolitischen Vorgänge geeignet ist, den Blick auf die Kernfragen in der Welt zu lenken. Die „Sunday Times" vom 17. Februar hält den Bericht sogar für das wichtigste Ereignis dieses Jahres. Bei der Vorstellung des Berichts nannte die Kommission als bedeutsame Punkte: Der Bericht zeigt Möglichkeiten auf, wie Nord und Süd durch die Definition gemeinsamer Interessen zu mehr Zusammenarbeit kommen können; er faßt die Nord-SüdFrage als die weltweite soziale Frage auf und macht deutlich, daß man Entwicklung heute nicht mehr isoliert angehen und daß Entwicklung nicht mehr nur von westlichen Industriestaaten geprägt sein kann. Der Bericht verweist auf die Verantwortung aller Staaten für das Gelingen des gemeinsamen Werks und schildert deshalb auch die Aufgaben der Südländer. Er stellt zu Recht einen Zusammenhang zwischen der zunehmenden Militarisierung auch der Länder der Dritten Welt und den darunter leidenden Entwicklungsanstrengungen her. Schließlich zeigt der Bericht konkret, auf welche Weise bestimmte Aufgaben gelöst werden können, und er enthält ein Sofortprogramm für die Südländer. Die Regierungskoalition und die Bundesregierung brauchen trotz möglicher Korrekturen im Einzelfall, trotz Verbesserungen in Einzelbereichen der Entwicklungspolitik keinen radikalen Neubeginn in dieser Politik. Wir begrüßen, daß Bundesminister Rainer Offergeld und die Bundesregierung mit dem Entwurf einer neuen entwicklungspolitischen Konzeption bereits begonnen haben, Konsequenzen aus den raschen Veränderungen im Bereich der Nord-Süd-Problematik und auch den Empfehlungen der Brandt-Kommission zu ziehen. Auch hier zeigt sich, daß die sozialliberale Koalition trotz der äußerst schwierigen internationalen Lage und trotz des Wahlkampfes hart daran arbeitet, einen entscheidenden Beitrag zur Lösung der Nord-Süd-Problematik zu leisten. Der Bericht der Kommission wurde bereits im Unter- und Oberhaus des Vereinigten Königreichs diskutiert. In einer gemeinsamen Sitzung dreier Ausschüsse des Europäischen Parlaments wurde er im Rahmen einer Anhörung zu dem Thema „Hunger in der Welt" behandelt. Am 16. April hat Willy Brandt den Bericht der von ihm geleiteten Nord-Süd-Kornmission vor dem Bundestagsausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit erläutert. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats, in der immerhin 21 Länder Europas - Demokraten - vertreten sind, hat auf der Grundlage eines von mir verfaßten Berichts am 21. April eine Entschließung über eine Strategie für die dritte Entwicklungsdekade der Vereinten Nationen einstimmig verabschiedet, in der die Mitgliedsländer des Europarates u. a. aufgefordert werden, das im Bericht der Brandt-Kommission empfohlene Sofortprogramm 1980 bis 1985 in die Wege zu leiten. Ein bayerischer Abgeordneter enthielt sich der Stimme; er hat die Partei gewechselt und von daher wahrscheinlich größere Identifikationsprobleme mit seinem früheren Parteivorsitzenden. Seit dem Tag der offiziellen Übergabe des Berichts der Nord-Süd-Kommission an UN-Generalsekretär Waldheim am 12. Februar wurde dieses zu einem offiziellen UNO-Dokument. Die Weltbank hat zu einer Reihe von Vorschlägen aus dem Bericht Arbeitsaufträge für ihre eigene Orientierung erteilt. Der Entwicklungsausschuß des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank hatte in dieser Woche in Hamburg ebenfalls den Bericht auf der Tagesordnung. Es ist gut, daß sich auch der Bundestag heute mit dem Bericht befaßt und in eine erste wichtige Diskussion eintritt. ({3}) Ich muß sagen, daß ich die heutige Diskussion als eine historische Stunde des Parlaments ansehe, wie damals, als der schwedische Reichstag beschlossen hatte, dafür zu sorgen, daß die schwedische Regierung das 0,7-%-Ziel in einem gewissen Zeitrahmen erreichen möge. Heute liegt uns ein von den Fraktionen der SPD und der FDP eingebrachter Antrag, eine Willenserklärung, vor, dessen Annahme der erste Schritt für die Umsetzung von Empfehlungen der Brandt-Kommission ist. Bei einer so heterogen zusammengesetzten Kommission - vom Konservativen Edward Heath aus Großbritannien und dem Christdemokraten Eduardo Frei aus Chile über Vertreter von OPEC-Ländern bis zu militanten Verfechtern der neuen Weltwirtschaftsordnung - ist es sehr anzuerkennen, daß diese Mitglieder in ihren Empfehlungen schließlich Einmütigkeit erzielt haben. Zu Recht schrieb der „Economist" am 16. Februar: Da handelte es sich um „erfahrene Politiker", aber nicht um „Elfenbeinturmträumer". Wir sollten deutlich sehen, daß man Verständnis dafür haben muß, daß die Industrieländer nicht alles hundertprozentig übernehmen und daß auch die Entwicklungsländer nicht mit allem übereinstimmen können, oder auch daß einige das eine oder andere in dem Bericht vermissen. Es ist aber eine großartige Leistung, die hier erbracht worden ist. Es gibt keine internationale Konferenz, kein internationales Gremium, das dies bislang zustandegebracht hat. Ich freue mich, daß die beiden Kirchen in einer Stellungnahme zum Brandt-Bericht dies auch gewürdigt haben. Sie sagten: Erstmals liegen Bestandsaufnahmen und Empfehlungen vor, die im Dialog zwischen Politikern und Experten aus Industrie- und Entwicklungsländern gemeinsam erarbeitet worden sind. Der dialogische Stil, in dem die Nord-SüdProblematik angegangen wurde, kann als Muster künftiger Bemühungen dienen. Auch wir können davon lernen. ({4}) Angesichts der sich dramatisch verschlechternden Lage in der Dritten Welt und der Tatsache, daß uns die Energiefragen auf den Nägeln brennen, geht es uns aber vor allem um die Verwirklichung des Sofortprogramms. Das von der Nord-Süd-Kommission vorgeschlagene Sofortprogramm ist deshalb das Kernstück des Koalitionsantrages. Es soll bis 1985 in die Wege geleitet werden und folgendes bewirken: Erstens, die schrittweise Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe auf 0,7 % des Bruttosozialprodukts; zweitens, eine internationale Energiestrategie mit besonderem Gewicht auf der Förderung der Energieversorgung in den Entwicklungsländern, die von der gegenwärtigen Explosion der Ölpreise sehr viel härter getroffen werden als die Industrieländer; drittens, ein verbessertes Programm der Förderung der ländlichen Entwicklung mit dem vorrangigen Ziel einer Steigerung der Nahrungsmittelproduktion in Entwicklungsländern; viertens, ständige Bemühungen um eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Nord und Süd auf den Gebieten des Handels, der Währungs- und Finanzfragen, im Rohstoffbereich und bei der Förderung der Industrialisierung in den Entwicklungsländern. Gerade der letzte Punkt zeigt, daß dieses Sofortprogramm nicht nur eine Sache der klassischen Entwicklungspolitik ist, sondern weit in die Wirtschafts-, Handels- und Währungspolitik hineinreicht. Wieder einmal stark aufgerüttelt wurde ich gestern, als ich mit Außenminister Patterson aus Jamaika sprechen konnte. Er teilte unter anderem folgende erschütternde Daten mit. Das Handelsbilanzdefizit beläuft sich auf 460 Millionen Dollar. 1976 mußte Jamaika für einen aus dem Ausland eingeführten Traktor den Gegenwert von 20 t eigenen Zuckers aufbringen. Im Jahre 1979 waren es bereits 80 t Zucker - ein drastisches Beispiel für die Verschlechterung der Austauschbedingungen eines Entwicklungslandes im Handel mit Industrieländern. 1973 bezahlte Jamaika für seine Erdölrechnung 70 Millionen Dollar. 1979 waren es bei niedrigerem Verbrauch 280 Millionen Dollar - ebenfalls eine Vervierfachung. 90 % der Devisenerlöse Jamaikas gehen für Erdöl und den Schuldendienst drauf. Das Land muß auf dem Eurodollar-Markt Kredite aufnehmen, zu 19 und 20 % Zinsen. Nur 10 % verbleiben also für die weitere wirtschaftliche und so dale Entwicklung, dafür, daß man auch Güter etwa aus den Industrienationen, auch aus der Bundesrepublik, kaufen kann. Das ist eine schreckliche, desaströse Situation, die nach Abhilfe sowohl aus dem Lande selbst als auch von außen und nach einer Neuordnung der internationalen Beziehungen ruft. ({5}) Dies heißt z. B. Abbau des Protektionismus der Industrieländer - wir freuen uns, daß die Bundesregierung da eine klare Haltung einnimmt -, ({6}) Exporterlös-Stabilisierung für die Entwicklungsländer - darin sind wir uns alle einig -, ({7}) größere Beteiligung der Entwicklungsländer an Verarbeitung, Absatz und Verteilung der Rohstoffe und - ich hoffe, da sind wir uns auch einig - wirksame nationale Gesetze und internationale Verhaltensrichtlinien, um den Technologietransfer zu erleichtern, um wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken zu kontrollieren und um einen Rahmen für die Aktivitäten transnationaler Konzerne zu liefern. Ich kann es gut verstehen, wenn Skeptiker daran zweifeln, ob sich das Sofortprogramm tatsächlich in die Wege leiten läßt. Dabei wird man sich vermutlich in der öffentlichen wie auch hier in der parlamentarischen Diskussion auf das Ziel stürzen, bis 1985 0,7 % des Bruttosozialprodukts für die öffentliche Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen, obwohl ich persönlich die anderen Elemente, gerade die im internationalen Bereich, für mindestens ebenso wichtig und für gleich schwer zu verwirklichen halte. Doch ich bin relativ zuversichtlich, und dies gilt auch für den finanziellen Rahmen. Diese Zuversicht stützt sich nicht nur auf die einstimmige bzw. einmütige Verabschiedung dieses vorliegenden Koalitionsantrages in SPD und FDP; er stützt sich auch auf deren klare Parteitagsbeschlüsse. Meine Zuversicht stützt sich auch auf die reale Entwicklung unserer öffentlichen Leistungen für die Dritte Welt in den letzten drei Jahren. Ich will das noch einmal deutlich sagen: 1977 gab die Bundesrepublik für die öffentliche Entwicklungshilfe, also für die Hilfe aus Steuergeldern, netto 3,2 Milliarden DM aus. Ein Jahr später war es die Hälfte mehr, nämlich 4,8 Milliarden DM, und 1979 war es wieder ein Viertel bis ein Drittel mehr, nämlich 6,1 Milliarden DM. Das ist schon eine Leistung, hinter der wir uns nicht zu verstecken brauchen. ({8}) Daß die sozialliberale Koalition dies trotz der großen finanzwirtschaftlichen Probleme zustande gebracht hat, sollte auch Skeptiker davon überzeugen, daß weitere Steigerungen nicht nur nötig, sondern auch möglich sind, wenn ernsthaft gewollt und wenn unsere Kollegen aus den anderen Fachbereichen dies auch bei ihren eigenen Wünschen mit berücksichtigen. ({9}) Natürlich kann kein verantwortlicher und verantwortungsbewußter Politiker heute eine Garantie dafür abgeben, daß wir unser 0,7 %-Ziel 1985 erreicht haben werden. Im übrigen sind diese 0,7 % ja auch eine willkürlich gegriffene Größe; das wissen wir. Von daher hat sie einen gewissen Fetischcharakter. Aber sie gilt als Richtlinie, Meßlatte für die öffentlichen Leistungen. Noch viel wichtiger ist natürlich, was man dann mit dem Geld macht, wie man es in der Entwicklungspolitik konkret einsetzt. Und da sind, wie ich finde, besonders in dem Vierten Bericht zur Entwicklungspolitik gute Akzente und auch Schwerpunkte gesetzt worden. Auch ich als Entwicklungspolitiker wehre mich gerade im Interesse einer seriösen Entwicklungspolitik gegen Forderungen und Versprechungen, die realitätsfern sind. Deshalb begrüße ich sowohl die Ankündigung Minister Offergelds von heute morgen, den Vorschlag der Brandt-Kommission, eine internationale Entwicklungsabgabe zu diskutieren, ernsthaft zu prüfen ({10}) - der Herr Staatssekretär ist anwesend -, als auch den Antrag der Fraktion der CDU/CSU, der eine Steigerung der deutschen Entwicklungshilfeleistungen durch eine zweite Säule für die öffentliche Finanzierung von Aufbauvorhaben in Entwicklungsländern durch die Nutzung von Kapitalmarktmitteln durchsetzen will. Dies bedeutet, daß man öffentliche kommerzielle Kredite aufnimmt und durch Steuermittel auf Entwicklungshilfekonditionen heruntersubventioniert. ({11}) Diese Idee wird seit längerem etwa bei Sozialdemokraten diskutiert. Wir haben für diese Idee auch in einer Anhörung Unterstützung gefunden, die der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit zur Verflechtung von Nord und Süd durchgeführt hat. In der Tat müssen wir nach zusätzlichen Finanzierungsquellen bei der öffentlichen Entwicklungshilfe Ausschau halten. So hat etwa der Berliner Parteitag der SPD formuliert: Kapitalmarktmittel müssen durch Garantien und Zinszuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu entwicklungspolitischen Bedingungen vergeben werden. Wir haben weiter den Vorschlag zur Diskussion gestellt, daß das Sondervermögen, das sogenannte ERP-Sondervermögen ebenfalls für entwicklungspolitische Zwecke verwandt werden soll, zumal es sich dabei um Mittel aus amerikanischer Aufbauhilfe, der sogenannten Marshallplan-Hilfe für Deutschland, handelt. Ich meine also, daß wir diese Vorschläge bei den Beratungen in den Ausschüssen gemeinsam konstruktiv angehen können. Die Erhöhung der Entwicklungshilfe schließt die Bereitschaft der Entwicklungsländer mit ein, eigene Strukturprobleme zur Diskussion zu stellen. Hilfe von außen, Kolleginnen und Kollegen, kann nur dann vollen Nutzen bringen, wenn die Entwicklungsländer entsprechende Eigenanstrengungen unternehmen. Ebenso wichtig ist in diesem Zusammenhang noch etwas anderes: daß wir unser praktisches Verhalten, z. B. in der Karibik, im südlichen Afrika, in Südostasien, an der demokratischen Grundwahrheit orientieren, daß die Menschen gleich sind. Im Verhältnis zur Dritten Welt ist diese Frage ein zentraler Punkt unserer Glaubwürdigkeit. Chancengleichheit ist wichtig, Chancengleichheit fordern auch die Länder der Dritten Welt. Kurz ein Wort zu dem wichtigen Thema Menschenrechte. Die Menschenrechte sind für uns die Leitlinien einer international übergreifenden politischen Ethik. Diese Bundesregierung und die sozialliberale Koalition haben - innerdeutsch und weltweit - zur Verwirklichung der Menschenrechte mehr getan, als Sie dies jemals zugeben würden. ({12}) Menschenrechte sind Verpflichtungen. Die freie Entfaltung der Person bleibt Appell, wenn die zu ihrer sozialen Verwirklichung erforderlichen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht existieren oder wenn Hunger, Folter und andere Formen der Diskriminierung geduldet werden. Es ist schrecklich zu sehen, daß jedes Jahr 15 Millionen Kinder vor Hunger sterben. Das eklatanteste Menschenrecht wird dort verletzt. Gerade deshalb gilt es, dieses Sofortprogramm umzusetzen. Obwohl die bedrohliche internationale Lage und die damit unlösbar verbundene Gefährdung unserer Rohstoff- und Energieversorgung manche denken und sagen lassen, „nichts gehe mehr", bin ich mir sicher, daß unsere Entwicklungspolitik Zukunft hat, auch finanzielle. Gerade auch in einer Zeit, in der viele von uns militärisch-strategischen Kategorien Vorrang geben, ist es ganz wichtig, auf diese andere Dimension der Friedenspolitik, die die Politik des Nord-Süd-Ausgleichs darstellt, zu verweisen. ({13}) „Wenn der Wille zum Frieden regieren soll, wenn er das beherrschende Prinzip sein soll, dann gehört dazu in der Tat auch der Wille zum Ausgleich zwischen Nord und Süd", sagte der Kanzler auf dem Sicherheitspolitischen Kongreß der SPD am letzten Wochenende in Köln. Die Krisen, die alle Bürger bewegen, führen immer mehr Menschen in den Industrienationen zu der Erkenntnis unserer Abhängigkeit von anderen Ländern. Willy Brandt schrieb in der Einleitung zu dem Bericht - ich zitiere -: Wir erwarten viel von jenen innerhalb der nachrückenden jungen Generation, die bald in entscheidendem Maße politische Verantwortung tragen werden. Wir hoffen, daß sie sich verstärkt bewußt werden, wie sehr es um lebendige Menschen zu gehen hat, nicht um blutleere Abstraktionen oder Institutionen, die sich selbst genug sind. Er fügte hinzu: Gleichfalls hoffen wir, daß die Jüngeren menschliche Werte wichtiger nehmen als bürokratische Regelungen und technokratische „Sachzwänge". „Das Überleben sichern", mit diesem Titel ihres Berichts hat die Nord-Süd-Kommission dies kurz und prägnant ausgedrückt. Wir sollten deshalb der Kommission und ihrem Vorsitzenden Willy Brandt nicht nur herzlich für die geleistete Arbeit danken, sondern gleichzeitig selbst engagiert ans Werk gehen. Ich bitte deshalb herzlich um die Zustimmung der Fraktionen zu dem den Nord-Süd-Bericht betreffenden Antrag. ({14})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Hüsch.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor etwa mehr als zwei Stunden ist über die Nachrichtensendungen die Meldung gekommen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika ein Kommandounternehmen zur Befreiung der Geiseln im Iran unternommen haben. Jeder wird spüren, was dies auch für das Thema unserer heutigen Erörterung bedeuten kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, darf ich vielleicht konkretisieren: dieses Unternehmen ist gescheitert.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Das wollte ich hinzufügen, Herr Präsident. Aber ich wollte auch hinzufügen, daß Herr Minister Offergeld der erste Vertreter der Bundesregierung war, der hier das Wort nach der Meldung ergriffen hat, daß er keine Gelegenheit genommen hat, dazu Stellung zu nehmen. Vielleicht war er nicht unterrichtet. ({0}) Aber er hat sehr lustlos seine vorbereitete Rede heruntergelesen und sich dabei auch einiger Klischees bedient, mit denen man üblicherweise Opposition in diesem Parlament bekämpft. ({1}) Die Einwände der Opposition zu seiner Politik werden als „Mäkeln" bezeichnet, die UNO wird gefeiert. In der Tat: heute hat sie ihren 35. Geburtstag. Aber es ist durchaus die Frage erlaubt, ob die UNO ihren Verpflichtungen, ihren Aufgaben im Nord-Süd-Dialog nachgekommen ist und die Erwartungen, die man an sie knüpfte, tatsächlich erfüllt hat. Aber, Herr Offergeld, am stärksten ist ja wohl Ihre Meinung, die Opposition habe bestimmte Dinge hier nicht zur Sprache gebracht, etwa die Probleme der Verknappung des Öls und der Erhöhung der Ölpreise und deren Auswirkungen auf die Entwicklungsländer. Wenn Sie, Herr Offergeld, wenigstens gelegentlich den Sitzungen des Ausschusses beiwohnen würden, ({2}) nicht nur bei den Dingen, die Sie selbst vortragen wollen, sondern auch in den Sachdiskussionen sich beteiligen würden, dann hätten Sie sehr wohl die Beiträge unserer Fraktion zu diesem Thema empfunden. ({3}) Aber ich glaube, Sie ziehen es vor, sich der Sachdiskussion zu entziehen. Wir empfinden das alle nicht als einen guten Stil. Wenn sich der Minister nicht der Diskussion des Ausschusses stellt, wird er auch kaum in Anspruch nehmen dürfen, für das Thema verantwortlich sprechen zu können, das hier das Parlament beschäftigt. ({4}) Nun hat der Kollege Holtz in einer sehr bemerkenswerten Rede - ich wäre bereit, viele seiner Ausführungen im Grundsätzlichen zu akzeptieren - diese Debatte als eine historische Stunde für das Parlament deshalb bezeichnet, weil der Bericht der unabhängigen internationalen Kommission zur Erörterung stehe. Nun, Herr Holtz, dies scheint sich in Ihrer Fraktion noch nicht herumgesprochen zu haben; denn wenn es sich wirklich um eine internationale Sache, um eine historische Stunde handeln würde, dürfte man annehmen, daß Ihren Ausführungen mehr Ihrer Kollegen gefolgt wären und sich an der Debatte zur historischen Frage beteiligt hätten. ({5}) Wir sind da etwas zurückhaltender, und dieser Bericht wird sich ja erst einmal in der Diskussion beweisen müssen. Es kommt gar nicht so sehr darauf an, was hier vorschnell dazu aus dem Gesichtspunkt eines durchaus berechtigten Stolzes, daß ein Deutscher Vorsitzender der Kommission war, heraus17234 kommt, sondern es kommt entscheidend darauf an, was in diesem Bericht als Ergebnis der langfristigen Beratungen zurückbleibt und was aus diesem Bericht akzeptiert werden kann. Da hat Herr Offergeld hier einen halsbrecherischen Slalom vorgeführt. Er hat gesagt, welchen Dingen man zustimmen könne, dieser Grundsatzfrage und jener wichtigen Bemerkung. Aber an den entscheidenden Punkten, die konkret im Parlament demnächst zur Diskussion stehen sollten und müssen, ist er vorbeigegangen. Es ist gar nicht so interessant, was an guten Prinzipien in diesem Bericht begrüßt wird, sondern das Interessante ist, wie sich die Bundesregierung zu den einzelnen, zum Teil sehr weitgehenden, zum Teil dirigistischen, zum Teil auch illusionsreichen Anforderungen einstellt und wo sie die Konsequenzen aus solchen Vorschlägen ziehen wird. Wir sehen diesem ja wohl auch ausbrandenden Streit in der Koalition mit großem Interesse entgegen. Herr Offergeld wird ja unserem Ausschuß, wenn wir zur Erörterung kommen, Rede und Antwort stehen müssen. Nun hat Frau Schuchardt wieder die üblichen Klischees aufgebaut, Somalia wird erneut vermarktet. Frau Schuchardt, mich wundert eigentlich, wie lange Sie noch eine wichtige nationale Frage, nämlich einen Terrorakt gegen deutsche Bürger, dafür vermarkten wollen, im innerpolitischen Streit ein paar taktische Vorteile zu erzielen. Ich meine, der Vorgang ist in der Sache zu ernst, als daß man noch jahrelang daraus einen kleinen parlamentarischen Vorteil erstreben sollte. Übersehen Sie bitte nicht, daß Somalia bereits vor dem Ereignis in Mogadischu aus der Bindung zur Sowjetunion ausgeschert war und daß der Ministerpräsident Barre sich sehr nachhaltig darüber beklagt hat, daß seine Bereitschaft, der deutschen Intervention Hilfe zu leisten, in der öffentlichen deutschen Diskussion damit in Zusammenhang gebracht worden ist, man habe ihm deswegen Entwicklungshilfe oder sonstige Leistungen zugesagt. Ich glaube, daß Sie diesem Land Somalia unrecht tun, wenn Sie nach wie vor wie hier ganz offensichtlich aus innerpolitischen Gründen, um Herrn Todenhöfer eins auszuwischen, die Zusammensetzung Ihrer Meldung weiterverfolgen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, gern, Frau Schuchardt.

Helga Schuchardt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002090, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Dr. Hüsch, ist Ihnen entgangen, daß ich bewußt nicht auf das Thema Somalia abgestellt habe, sondern auf die Hilfeleistungen an Jugoslawien und Tansania und auf die Empfehlungen der Union zu Zimbabwe?

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Schuchardt, das ist mir gar nicht entgangen. Aber gerade, weil Sie erklärten, Sie wollten nicht über Somalia sprechen, wollten Sie, ohne etwas ausdrücklich und erneut sagen zu müssen, die gesamten Komplexe der inneren Vorurteile und Vorbehalte motivieren und für Ihre Diskussion nutzbar machen, ohne sich in der Diskussion zur Sache zu stellen. Das halte ich für einen Trick, um es ehrlich zu sagen. ({0}) Nun, meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu ein paar anderen Dingen kommen. Der Deutsche Bundestag hat sich vor zwei Tagen mit der Olympiade beschäftigt und hat eine sehr eindeutige Willenserklärung abgegeben. Im Zusammenhang mit einer entwicklungspolitischen Diskussion dürfte doch auch einmal die Frage gestellt werden, wer denn über diejenigen Sportler in aller Welt spricht, die auch gern zu einer Olympiade fahren würden, die daran nicht durch politischen Druck gehindert werden, sondern durch die Umstände in ihren eigenen Ländern, weil sie keine Sportmöglichkeiten und keine Trainer haben, weil die Rahmenbedingungen für sie nicht ausreichen. Ich meine, wenn man sich mit so großer Verantwortung den Problemen der eigenen Sportler zuwendet, dürfte man auch in der entwicklungspolitischen Debatte an dieser Fragestellung nicht vorbeigehen. ({1}) Es wäre in meinen Augen ein wesentlicher Beitrag zur Versöhnung von Nord und Süd, wenn es einmal gelänge, eine Olympiade in einem Südland zu veranstalten, bescheidener als das, was in Moskau vorgesehen war oder anderswo abgelaufen ist, auch ehrlicher. ({2}) Nun lassen Sie mich noch eine Enttäuschung ausdrücken. Darüber hat der Herr Minister nicht gesprochen, und im vierten entwicklungspolitischen Bericht der Bundesregierung, der hier zur Debatte steht, sieht man von dieser Frage kaum etwas. Ich bedaure das sehr, und ich hoffe, Kollegen, daß wir, wenn wir es im einzelnen erörtern werden, auch in den Ausschußberatungen darauf noch einmal zurückkommen können. ,({3}) Ich sehe ebenso, daß in den wichtigen Problemen anderer Felder, etwa der internationalen Medienpolitik, die Bedeutung und die Aufgaben der Werte und Informationen, die Verbreitung und Kommentierung, die den gleichen Stellenwert haben wie materielle Hilfen, nicht mit der gleichen Deutlichkeit abgehandelt worden sind. Der Herr Minister hat über viele Fragen wirtschaftlicher Zusammenhänge gesprochen und hat sich über dieses und jenes in der Außenpolitik geäußert. Aber er hat kein klares Wort dazu gesagt, wie die Diskussion über die internationale Informationsordnung steht. Messen wir ihr tatsächlich den gleichen Stellenwert bei? Werden auf diesem sehr wichtigen immateriellen Feld auch die Prinzipien durchgehalten, die wir im wirtschaftlichen Bereich sehr wohl für uns beanspruchen, etwa die Freiheit des Austausches der Information und die konkrete tatsächliche Hilfe an diejenigen, die mit den Informationsmedien in Verbindung stehen? Auch sie sollten in die Lage versetzt werden, ein gleichwertiger Partner für einen gegenseitigen Austausch zu werden, damit auch dort deutlich gezeichnete Strukturen entstehen. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch noch zu einem anderen aktuellen Punkt Stellung nehmen, von dem auch der Herr Minister kurz gesprochen hat. Die Bundesrepublik ist an der Weltbank, am Internationalen Währungsfonds, an der Interamerikanischen Entwicklungsbank und an anderen internationalen Entwicklungsbanken beteiligt. Aber die Bundesregierung unterläßt es, sich über ihre Politik und insbesondere die entwicklungspolitischen Absichten, die sich in diesen Beteiligungen niederschlagen und unter deren Aspekten die Beteiligungen verwaltet werden müssen, gegenüber dem Parlament zu rechtfertigen und uns das darzulegen. Ja, ich behaupte, sie läßt diese ihre Politik absichtlich im grauen Nebel. Daran kann nichts ändern, daß Herr Minister Offergeld heute morgen ein paar Sätze zu der Tagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds in Hamburg gesprochen hat. Gerade der Internationale Währungsfonds steht im Brennpunkt entwicklungspolitischer Diskussionen. Alle Versuche, seine Funktionen zu ändern, die bekannt sind, müssen sehr sorgfältig daraufhin überprüft werden, ob nicht mit gutem Willen in der Sache, aber wirtschaftspolitisch und finanzpolitisch Falsches unternommen wird. Sicherlich, es darf dem Internationalen Währungsfonds nicht erlaubt werden, durch die Gestaltung seiner wirtschaftlichen Bedingungen politische Revolutionen zu provozieren. Aber die auch im Bericht der Brandt-Kommission enthaltenen Forderungen zu wesentlichen Veränderungen des Währungsfonds rütteln in Wirklichkeit an den Grundsätzen der Sicherheit der Währungen aller Länder und des Weltwährungssystems. Man wird entgegen der sehr voreiligen Lobsprüche zu dem Bericht der internationalen Kommission sehr sorgfältig prüfen müssen, ob hier nicht mehr Widerstand gegenüber schnell geäußerten Wünschen der Entwicklungsländer notwendig ist, nicht um ihre berechtigten Belange zurückzuweisen, sondern um ihr Interesse darauf zu lenken, daß es ausreichend Banken und Fonds an anderen Stellen gibt, die über ausreichende Mittel verfügen und Konditionierungen geben können, die entwicklungspolitische Zwecke sicherlich brauchbarer abdecken, als wenn durch voreilige, falsch angesetzte Inanspruchnahme des Internationalen Währungsfonds Daten gesetzt würden, die dann nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Der Währungsfonds dient der Stabilität aller Währungen. Er ist keine Entwicklungsbank im engeren Sinne. Er hat Budgethilfe zu leisten, aber nicht eine Art der Projekthilfe, wie es die Brandt-Kommission nach meiner Auffassung fälschlicherweise als Irrweg vorgeschlagen hat. Meine Damen und Herren, dies führt auch zu der Frage, ob es wirklich ausreichend gelungen ist, eine Abstimmung der internationalen Entwicklungspolitik zu erreichen. Vorgestern hat Frau Focke in unserem Ausschuß vehement Klage darüber geführt, daß die Entwicklungspolitik Europas in ihren Entscheidungszügen im wesentlichen vom Ministerrat bestimmt werde und daß es nur ganz schrittweise gelinge, dem Europäischen Parlament einen Teil seiner Zuständigkeit zukommen zu lassen und es eigentlich nur auf die Aggressivität der neueren parlamentarischen Kritik zurückzuführen sei, daß wenigstens die Kommission stärker auf entwicklungspolitische Überlegungen eingehe. Wenn es so ist - ich zweifle nicht daran, daß es so ist -, dann ist das auch ein sehr weitgehender Vorwurf an die Bundesregierung, die es offensichtlich nicht vermocht hat, die neuen Entwicklungen der internationalen Entwicklungspolitik zu verfolgen, und der es bisher nicht gelungen ist, auf das einzugehen, was das Europäische Parlament an Vorstellungen vorträgt. Ich meine, die Bundesregierung hat allen Anlaß, ihre Politik in diesem Punkte zu überdenken. Ich glaube, es ist notwendig - das Parlament sollte der Bundesregierung das abverlangen -, daß die Bundesregierung über ihre internationalen Beziehungen in der Entwicklungspolitik, in der Weltbank, im Währungsfonds und in Europa künftig deutlicher, rechtzeitiger und klarer Rechenschaft gibt. Die Bundesregierung ist dem Parlament zur Auskunft verpflichtet, und das Parlament hat die Pflicht, die Kontrolle auf diesem Gebiet mehr als bisher wahrzunehmen. Es wäre reizvoll, nun noch über Probleme zu sprechen, die den mittelamerikanischen Raum betreffen. Auch insoweit fürchten wir, die Entwicklungspolitik der Bundesregierung sieht nicht ausreichend deutlich, daß es neben den Militärdiktaturen Süd- und Mittelamerikas und den marxistischen Regierungsformen doch noch eine glaubwürdige Alternative gibt. Die Entwicklungspolitik, die der Minister zu vertreten hat, macht nicht deutlich, daß die Problematik erkannt worden ist. Wir müssen an dieser Stelle nachhaltig Kritik daran üben, daß es sowohl an einer Abstimmung und Aufgabenverteilung zwischen der US-Außenwirtschaftshilfe auf der einen Seite und der deutschen Entwicklungspolitik auf der anderen Seite fehlt als auch an einer klaren Konzeption, die davon ausgeht, daß eine wesentliche Aufgabe der Entwicklungspolitik auch darin bestehen muß, den Ländern Mittel- und Südamerikas die Chance zu eröffnen, den Weg zur pluralen Demokratie zu finden. Was diesen Punkt anlangt, begrüße ich sehr, daß Sie, Herr Holtz, mit dem Finanzminister Jamaikas gesprochen haben. Ich hoffe aber, Sie haben es nicht unterlassen, ihn darauf hinzuweisen, daß die Wahlen, die im Herbst dieses Jahres in Jamaika stattfinden werden, das Interesse der Weltöffentlichkeit auch daraufhin finden, ob die regierende Partei garantiert, diese Wahlen fair, offen, ohne Terrorakte durchzuführen, damit dieses Land auch künftighin eine plurale Demokratie haben wird. ({4}) - Nach ihren Worten will sie Demokratie. Wir werden sie nach ihren Taten messen. Mißt man das, was die Bundesregierung heute und im vierten entwicklungspolitischen Bericht vor17236 getragen hat, an den Taten, so meine ich: Diese Entwicklungspolitik war nicht gut. Sie hatte so viele Mängel, daß Minister Offergeld nicht erwarten kann, dafür ein Lob zu bekommen. ({5})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Vohrer.

Dr. Manfred Vohrer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002385, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Herr Kollege Hüsch, Ihre Kritik daran, daß Bundesminister Offergeld nicht auf erste bruchstückhafte Meldungen von den neuesten Ereignissen im Iran eingegangen ist, halte ich für unangebracht. Ich empfinde es eher als verantwortungsbewußt, wenn sich der Vertreter der Bundesregierung erst nach Würdigung aller Fakten ein abgewogenes Urteil bildet und nicht aus Effekthascherei mit voreiligen Urteilen an die Öffentlichkeit tritt. Im übrigen ist das auch nicht Gegenstand unserer Debatte. Wir haben uns über Entwicklungspolitik zu unterhalten, und ich möchte für meine Fraktion den wirtschaftlichen Teil abdecken. Wir haben im Moment das 0,7 %-Ziel als ganz zentralen Gegenstand der entwicklungspolitischen Diskussion gewählt. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer so. Die Zeit zwischen der vierten UNCTAD-Konferenz in Nairobi und der fünften in Manila war dadurch gekennzeichnet, daß die Rohstoffpolitik als der zentrale Ansatz der Entwicklungsländer gesehen wurde, mit dem sie den Ressourcentransfer und den Ausgleich der großen Einkommensunterschiede zwischen armen und reichen Ländern bewerkstelligen wollten. Auf diesen zentralen Ansatz haben die Bundesregierung und die beiden sie tragenden Parteien mit einer sehr vernünftigen Politik geantwortet. Wir sind immer sehr konsequent illusionären Forderungen entgegengetreten; Forderungen, die in der Tat Sprengstoff für unsere Wirtschaftsordnung bedeutet hätten. Ich denke hier insbesondere an die Indexierung, an das Substitutionsverbot und an Abnahmequoten. Das sind alles sehr dirigistische Elemente, die keiner von uns befürwortet. Aber die Haltung hat sich zwischenzeitlich auf ein realisierbares Konzept reduziert, auf ein Konzept, nach dem marktwirtschaftliche Elemente erhalten werden und angestrebt wird, daß die Rohstoffe zukünftig am Weltmarkt zu stabilisierten Preisen angeboten werden. Die buffer-stocks können hierzu einen Beitrag leisten, wenn sie so organisiert werden, daß Marktkräfte zum Tragen kommen können. Buffer-stocks können auch zur Versorgungssicherheit in den Industrieländern beitragen, und sie sind in Verbindung mit dem gemeinsamen Fonds ein Instrument, das geeignet ist, die Einkommenslage der Entwicklungsländer zu verbessern und aus dem Fonds die Diversifizierung der Produktion in den Ländern zu fördern, aber auch die Weiterverarbeitung der Rohstoffe in den Entwicklungsländern wesentlich günstiger auszugestalten. Wir haben immer deutlich gemacht, daß wir kein integriertes Rohstoffabkommen akzeptieren werden, das uns einen zweiten EG-Agrarmarkt bringt. Wir erleben ja in diesen Tagen wieder mit, daß die EG-Agrarminister mit Ringen unter den Augen und Spiegeln am Hosenboden von den langen Nachtsitzungen kommen, weil es nahezu unmöglich ist, für Produkte mit Überschüssen vernünftige Preise zu erzielen und überhaupt noch Lösungen zu erarbeiten, die bezahlbar sind. Deshalb haben wir von Anfang an deutlich gemacht, daß es keine Entwicklung in dieser Richtung geben wird. Die ersten Abkommen, die sich abzeichnen oder zwischenzeitlich abgeschlossen wurden - ich nenne hier insbesondere das Kautschukabkommen -, machen deutlich, daß sich mit den Entwicklungsländern nach unseren Vorstellungen Einzelabkommen abschließen lassen. Die Zeit nach Manila macht auch deutlich, daß die Entwicklungsländer, die ursprünglich glaubten, andere Rohstoffabkommen mit gleicher Effizienz wie das OPEC-Kartell im Ölbereich realisieren zu können, durch die hohen Ölrechnungen nachdenklich wurden, daß sich die Rohstoffhabenichtse im Kreis der Entwicklungsländer deutlicher zu Wort melden und solchen einseitigen Lösungen entgegentreten. Zwischenzeitlich diskutiert die Gruppe der 77, diskutieren die Entwicklungsländer insgesamt wesentlich sachlicher die Rohstoffabkommen. Die Argumente, die die Bundesregierung in den Verhandlungen immer vorgetragen hat, kommen stärker zum Tragen. Insofern haben wir den „ordnungspolitischen Sündenfall", den Sie uns immer vorhalten, nicht begangen. Frau Fischer sprach von einer planwirtschaftlichen Lösung eines Rohstoffonds; eines Rohstoffonds. Frau Fischer, ich weiß nicht, was Sie meinen. Davon kann keine Rede sein. Ich kann mir die ganzen Ausführungen nur vor dem Hintergrund vorstellen, daß Sie nicht konsequent die Verhandlungen in Genf verfolgen, denn sonst könnten Sie diese Gefahren hier nicht an die Wand malen. ({0}) Ich möchte über einen weiteren Punkt kurze Ausführungen machen. Das Ziel 0,7 % wird eigentlich immer zu sehr selektiv betrachtet. Ursprünglich handelte es sich um das Ziel von 1 % nämlich um die Summe aus 0,7 % öffentlicher Entwicklungshilfe und 0,3 % privaten Investitionen in den Entwicklungsländern. Die Summen aus privaten und öffentlichen Entwicklungsleistungen liegen in den letzten Jahren deutlich über 1 %. Deshalb sollten wir uns mehr darum kümmern, wie wir die Qualität der privaten Investitionen in den Entwicklungsländern verbessern können. Das wurde bisher in der politischen Diskussion gar nicht ausreichend als Ziel gesehen. Ich halte es für falsch, daß private Investitionen abgewertet, nur negativ beurteilt werden, obwohl es richtig ist, sie kritisch zu betrachten. Mein Kollege Holtz hat auf die Frage der multinationalen Unternehmen, auf die wettbewerbsrechtliche Problematik hingewiesen. Ich möchte in der Debatte darauf eingehen, daß wir hinsichtlich privater Investitionen die Entwicklungsländer stärker in die Lage versetzen sollten, die positiven wie negativen volkswirtschaftlichen Auswirkungen besser selber beurteilen zu können. Nur wenn die Entwicklungsländer in der Lage sind, einen Cost-Benefit-Vergleich anzustellen, wenn die Planungskapazität hierfür vorhanden ist, wird es auch möglich sein, daß in den Entwicklungsländern diejenigen Investitionen ausgesucht werden, die dem Entwicklungsland nutzen. Dann ist eine private Investition so gut wie eine öffentliche Investition. Deshalb sollten wir auch das Instrumentarium, das wir anwenden, um private Investitionen zu fördern, immer wieder überdenken. Ich sehe in dem Ansatz des Entwicklungsländer-Steuergesetzes sehr viele vernünftige Möglichkeiten. Wir haben die DEG, wir haben verschiedene Institutionen geschaffen, und wir sollten miteinander daran arbeiten, daß private Investitionen in der Komplementarität der öffentlichen Investitionen besser greifen. Dabei müssen wir uns im klaren darüber sein, daß private Investitionen in die Schwellenländer dringen, daß private Investitionen mehr in städtischen Agglomerationen ihren Niederschlag finden, daß private Investitionen im industriellen Bereich stattfinden. Komplementär dazu müssen wir unsere öffentliche Hilfe ausgestalten, die schwerpunktmäßig in die ärmsten Länder fließt, in ländliche Räume, in die Agrarproduktion und in den großen Bereich der Grundbedürfnisbefriedigung. Ich würde mich auch freuen, wenn man alles daransetzte, daß die Selektion nicht im Inland vorgenommen wird. Denn es ist sehr schwierig, die positiven oder negativen Effekte von Privatinvestitionen aus der Sicht eines Industrielandes zu beurteilen. Die Entscheidung, ob eine Drehbank in Kamerun zur Produktion oder zur Ausbildung dient und ob deshalb differenziert gefördert werden sollte, kann nicht der deutschen Steuerverwaltung zugemutet werden. Deshalb auch hier noch einmal in aller Klarheit die Forderung, mehr Beurteilungskapazität für solche Zusammenhänge in die Entwicklungsländer zu geben. Ich möchte die Frage vertiefen, ob uns die Interdependenzdiskussion, die wir ja intensiv führten, die in allen Berichten, die wir heute beraten, mit aufgeführt wird, weiterbringt. Denn in der entwicklungspolitischen Diskussion gibt es die eine Gruppe, die gegenüber der Entwicklungspolitik skeptisch ist, weil sie sagt „Wir ziehen uns nur die eigene Konkurrenz groß". Es gibt eine zweite, auch sehr egoistische Gruppe, die fragt: „Inwieweit ist Entwicklungspolitik geeignet, eigene Exportinteressen, also neue Märkte zu erschließen?" Das sind zwar zwei legitime Ansätze, aber darauf kann sich Entwicklungspolitik nicht reduzieren. Dennoch haben wir immer wieder darauf hingewiesen, daß Entwicklungspolitik, Entwicklungshilfe und private Investitionen Beschäftigung bei uns im Inland schaffen. Deshalb muß es unser Ziel sein, daß sich die Entwicklungsländer entwickeln, nicht nur aus Gründen der politischen Stabilität - das wurde hier schon ausgeführt -, sondern angesichts einer verzahnten Weltwirtschaft auch deshalb, damit qualitativ hochwertige Arbeitsplätze in den Industrieländern erhalten bleiben. Wir müssen auch die Voraussetzungen dafür schaffen, daß der strukturelle Wandel Platz greifen kann, der damit verbunden ist. Die Effekte, die wir entwicklungspolitisch erzielen wollen, dürfen nicht über Erhaltungssubventionen in den Industrieländern kaputtgemacht werden. Das kann nicht über eine zentrale Investitionsüberwachungsstelle bei der UNCTAD passieren. Wenn die UNCTAD sich über unsere Subventionen informieren will, kann sie unseren Subventionsbericht lesen oder die Haushalte der anderen Industrienationen studieren und dann bei internationalen Konferenzen zur Sprache bringen. Wir lehnen eine Strukturpolitik antizipatorischer Art von einem internationalen Gremium ab, stellen aber die Maßnahmen, die wir politisch verantworten, gerne in internationalen Gremien zur Diskussion. Im übrigen halten wir es für richtig, daß dann in den internationalen Gremien die Qualität der Entwicklungshilfe stärker zum Maßstab wird. Da unsere Entwicklungshilfe ungebunden gegeben wird und dem Wettbewerb weltweit ausgesetzt ist, kann sich jeder vorstellen, daß eine Mark, die lieferungebunden und ohne eingeschränkten Wettbewerb gegeben wird, wesentlich effizienter und wesentlich mehr wert ist als eine Mark, die auf Aufträge aus der nationalen Wirtschaft beschränkt ist. Wir sollten bei den DAC-Kriterien darauf hinarbeiten, daß die Qualität der Entwicklungshilfe in stärkerem Maß als Maßstab zum Tragen kommt. Lassen Sie mich zum Schluß einen letzten Gedanken ausführen, der in dem Bericht der Nord-SüdKommission ausführlich behandelt wurde, der sicher Gegenstand der Strategie der UN in der 3. Dekade wird und der auch in einem in dieser Woche dem Europarat vorgelegten Bericht unseres Kollegen Holtz eine hohe Beachtung fand, nämlich die Frage, wie wir ökologische Überlegungen auch in den Entwicklungsländern stärker zum Tragen bringen können. Wir haben die Ökologie als Problemfeld der Entwicklungspolitik nicht erst seit dem „Spiegel"-Artikel am vorigen Montag entdeckt. Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat sich schon im September 1978 mit großem Nachdruck darum gekümmert, daß ökologische Kriterien bei der Vergabe von Entwicklungshilfe stärker zum Tragen kommen. Denn für uns fängt Entwicklungshilfe nicht erst bei der Nahrungsmittelproduktion an. Sehr viele Länder sind dabei, durch eine Überbeanspruchung des Bodens die Nahrungsmittelproduktion langfristig zu gefährden. Wenn die „Spiegel"- Zahlen stimmen, daß jährlich 110 000 qkm durch Bodenerosion, Kahlschlag oder Brandrodungen verlorengehen, dann wird Ihnen die Problematik dieses Ansatzes für die Welternährung bewußt. Wir sollten bei unseren Projekten wesentlich stärker darauf eingehen. Ich habe den zweiten Ansatz schon bei den Privatinvestitionen kurz angedeutet: Wir müssen die Entwicklungsländer in die Lage versetzen, sowohl öffentliche als auch private Investitionen stärker auf ihre ökologischen Nebenwirkungen hin zu untersuchen. Ich halte es für schwer zu rechtfertigen, daß wir in die Entwicklungsländer Industrien verlagern, die ihr Land nur aus einem einzigen Grund verlassen, nämlich um den Umweltauflagen in ihrem Land zu entgehen und die Umweltschäden in die Dritte Welt zu verlagern. ({1}) Der dritte Ansatz, der mir noch wichtig erscheint und übrigens auch in dem Brandt-Bericht sehr ausführlich zur Sprache kommt, besteht darin, daß wir im Moment zwischen ärmsten Ländern, Schwellenländern und Industrieländern noch sehr unterschiedliche Rohstoff- und Energieverbrauchssituationen haben. Im Brandt-Bericht wird in bezug auf den Energieverbrauch von der Relation 1 : 10 : 100 zwischen Ärmsten, Schwellenländern und reichen Nationen gesprochen. Wir sollten hier nicht nur das Ziel sehen, daß am Schluß alle gleich viel, nach oben angepaßt, verbrauchen, sondern wir sollten auch eine Entwicklungspolitik betreiben, die den Entwicklungsländern durch richtige Weichenstellung die eine oder andere Sackgasse erspart - Sackgassen, aus denen wir als Industrienation nur mit sehr viel Aufwand herauskommen. Ich denke hier besonders an das Forschungsministerium, das in seinem Etat erhebliche Mittel ausweist.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dr. Manfred Vohrer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002385, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Gern, Herr Präsident . - Das geschieht zusammen mit dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ich würde mich freuen, wenn dieser Ansatz auch künftig stark verfolgt würde. Es kann hier aber nicht darum gehen, weitere internationale Fonds oder internationale Organisationen zu schaffen. Deren Konfusion ist groß genug. Jetzt gilt es, wenn der Ansatz begriffen wird, sowohl binational weiterzukommen als auch im internationalen Bereich zu straffen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Höffkes.

Peter Wilhelm Höffkes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000916, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich möchte zuerst zu der Großen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Entwicklungshilfe in internationalen Institutionen kommen. Unter dem Eindruck des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan ist auch die Frage nach der Richtigkeit unserer Entwicklungshilfe aufgeworfen worden. Es sind Vorschläge aufgetaucht, die militärische Unterstützung der Türkei und Pakistans als mögliche Stabilisatoren dieser Region durch Mittel aus der Entwicklungshilfe zu fihanzieren. Ein derartiger Vorschlag muß von uns zurückgewiesen werden, da er unsere Glaubwürdigkeit bei den Ländern der Dritten Welt zerstören würde. Außerdem wäre eine derartige Möglichkeit auch moralisch gegenüber den ärmsten Entwicklungsländern nicht zu verantworten. Es ist aber in diesem Zusammenhang deutlich geworden, daß die Mittel für entwicklungspolitische und außenpolitische Maßnahmen begrenzt sind. Vor diesem Hintergrund ist als logische Konsequenz abzuleiten, daß die verfügbaren Mittel effizient eingesetzt werden müssen. Der Vorwurf der mangelnden Effizienz kann gerade gegenüber der multilateralen Entwicklungshilfe nicht unterlassen werden. ({0}) Würden sich beispielsweise die Weltbank und deren Unterorganisationen, d. h. die Internationale Entwicklungsorganisation, IDA, die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie internationale Finanzkooperation, auf die Unterstützung der ärmsten Entwicklungsländer konzentrieren, so wäre dagegen insofern nichts einzuwenden, als auch die Industrieländer bei der bilateralen Hilfe gegenüber diesen Staaten kaum Eigeninteressen verfolgen. Die Weltbankgruppe unterstützt aber fortgeschrittene Entwicklungsländer, die von bilateraler Entwicklungshilfe zumindest genauso gut profitieren können. Es wird für uns von großem Interesse sein zu beobachten, wie sich die Zuwendungen der Weltbank an die Türkei, Griechenland oder auch Pakistan in der nächsten Zeit verändern, wo diese doch ebenfalls in die Kategorie jener Länder fallen, die von der Weltbank gefördert werden. Wenn diese genannten Länder auch nach Afghanistan so gut wie unberücksichtigt bleiben, wird man fragen müssen, ob an dem Vorwurf der Amerikaner nicht doch etwas Wahres ist, daß die Weltbank Politik unter einer ganz bestimmten Perspektive betreibe. Die sozialliberale Koalition macht es sich zu einfach, wenn sie die enormen Kapitalerhöhungen der IDA in Kauf nimmt, ohne sich darum zu kümmern, was mit dem Geld geschieht. Es besteht begründeter Anlaß zu der Vermutung, daß die enormen Gelder häufig nicht nur ineffizient eingesetzt werden, sondern daß darüber hinaus auch die Prioritäten falsch gesetzt sind. Die Ursache für diese Fehlentwicklung ist darin zu suchen, daß es der Bundesregierung bisher noch nicht gelungen ist, hinreichend Vertreter in die entscheidenden Positionen dieser Institution zu entsenden. Die Bundesregierung muß sich deshalb fragen lassen, ob die Steigerung der multilateralen Hilfe vor den Steuerzahlern zu verantworten ist. Neben der Schwierigkeit der Kontrolle gibt es die Problematik der geringen Effizienz. Die ist insbesondere durch bürokratische Aufblähung der Apparate bedingt. Wurden die Ausgaben für multilaterale Entwicklungshilfe im Jahre 1976 um 12,3 % gesteigert, während die Steigerung bei der bilateralen Entwicklungshilfe nur 4,5 % ausmachte, so betrug die Steigerungsrate 1978 75 % - für bilaterale Maßnahmen erreichte sie nur 8,9%, eine geradezu bescheidene Steigerung. Die Ausgaben für multilaterale entwicklungspolitische Zusammenarbeit stiegen auf knapp 30% des Volumens des Einzelplans 23 in diesem Haushaltsjahr an. Die Kritik am starken Anstieg ist auch darin begründet, daß die Bundesrepublik trotz ihres hohen Beitragsanteils nur geringen Einfluß auf Verteilung und Kontrolle der Gelder durch die UN-Organisationen ausüben kann. Es ist schlichtweg falsch, wenn die Regierung in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der CDU/CSU behauptet: Die Bundesregierung nimmt an den Arbeiten des VN-Systems als Partner unter Partnern teil und übt dabei den ihrer Bedeutung angemessenen Einfluß aus. Offensichtlich ist es der Bundesregierung entgangen, daß die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Frau Dr. Hildegard Hamm-Brücher, auf Frage zugegeben. hat, daß - ich zitiere auszugsweise - der Personalbestand der Bundesrepublik Deutschland im Bereich des ordentlichen UN-Haushalts auch vier Jahre nach ihrem Beitritt zu den Vereinten Nationen immer noch zu gering ist. Sie hat weiter festgestellt: Vor allem sind unverhältnismäßig wenig Führungspositionen in deutscher Hand. An dieser Tatsache hat sich nichts geändert. Von 121 bis 164 Professionals im Sollstellenrahmen stellt die Bundesrepublik nur 81 Fachkräfte. Es ist ein großartiger Erfolg, wenn erstmals mit dem Untergeneralsekretär für Verwaltung und Management ein Deutscher in den Kreis der 20 Vertreter des Generalsekretärs vorgedrungen ist. In der nächstniedrigeren Stufe, in der es knapp 50 Stellen gibt, ist die Bundesrepublik überhaupt nicht vertreten. Es ist deshalb dubios, wenn die Bundesregierung den derzeit geringen Einfluß auf die Geschäftsführung der Vereinten Nationen bereits für angemessen hält. Die Regierung hat in ihrer Antwort zwar mit großen Nachdruck den Vorwurf zurückgewiesen, sie habe jene Steuermittel, die vom Bundestag einer wirksamen Entwicklungshilfe zugewiesen worden sind, für die Bürokratie vergeudet und mit nicht vertretbarer Nachlässigkeit behandelt; jedoch wird die Zurückweisung dieses Vorwurfs an keiner Stelle durch Fakten belegt. Die Regierung hat es versäumt nachzuweisen, wo und wie sie für mehr Klarheit und Kontrolle über die zur Verfügung gestellten Gelder gesorgt hat. Ungenügend ist die Antwort auf die Frage nach der Definition, der Abgrenzung und der Aufgabenstellung der verschiedenen Institutionen. Die Aussage der Regierung, daß sie die bestehenden Abgrenzungen und Aufgabenstellungen, wie sie sich historisch entwickelt haben, nicht in allen Aspekten für ideal, jedoch für praktikabel hält, ist wohl als eine Verbeugung vor dem Parkinsonschen Gesetz zu verstehen und widerspricht eklatant dem an anderer Stelle mit Nachdruck vorgetragenen Begehren, das UN-System effektiv zu gestalten. Die Schicksalsergebenheit der Bundesregierung, die in der Antwort zum Ausdruck kommt, ist um so überraschender, als selbst der Generalsekretär Kurt Waldheim im Jahresbericht die Mängel der Weltorganisation angesprochen hat. Ich darf zitieren: In erster Linie beklagt wird das Fehlen des politischen Willens der Mitgliedsländer, die UNO effektiv zu machen. Nach Einschätzung Waldheims hat die UNO auch unter der ständig wachsenden Konferenzflut zu leiden, die ihre Haushaltsmittel überstrapaziert. Ein Beispiel: Die Kosten der UNCTAD-Konferenz in Manila wurden mit rund 100 Millionen DM errechnet, wobei allein die Anreise und die Unterkünfte von 5 000 Delegierten 40 Millionen DM gekostet haben. Angesichts der Tatsache, daß die UNO 1980/81 300 Konferenzen und mehrere hundert Fachtagungen plant, wäre es sinnvoll gewesen, wenn sich die Bundesregierung hier für mehr Effizienz und Sparsamkeit eingesetzt hätte. Davon ist in der Antwort aber keine Silbe zu lesen. Die Regierung schweigt sich auch darüber aus, welchen Einfluß sie auf die Kontrolle und die Evaluierung nehmen kann. In ihrer Antwort tauchen die Begriffe nicht einmal auf. Dabei sind gerade in diesem wichtigen Bereich der UN-Entwicklungsorganisationen große Schwächen offenkundig geworden. So hat beispielsweise der Rechnungshof der FAO wesentliche Schwächen bei vielen Projekten festgestellt, mit denen sich der Generaldirektor der FAO jedoch glaubte nicht auseinandersetzen zu müssen. Noch schärfere Kritik ist aus dem Entwicklungsprogramm der UNDP bekanntgeworden. Dabei hat sich die Kritik gegen die eigenen Entwicklungshelfer gerichtet. Diese - wieder ein Zitat - „pflegen einen gehobenen Lebensstil und kennen die Menschen, denen sie eigentlich helfen sollen, so gut wie gar nicht". Weiterhin erfahren wir, daß sich die ausländischen Fachleute zumeist in den Hauptstädten aufhalten und ihre Zeit mit Konferenzen, Berichten, Seminaren und Programmdiskussionen verbringen. Was hieran so skandalös ist, ist nicht so sehr die Tatsache, daß im Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen einiges falsch läuft - wenngleich dies natürlich abgestellt werden muß -, sondern daß die Superkontrolleure der Bundesrepublik diese gravierenden Mängel in der wichtigsten Entwicklungshilfeorganisation der UN nicht aufgespürt haben. Es muß nochmals mit aller Schärfe der Vorwurf erhoben werden, daß die Bundesregierung hier Steuermittel, die vom Bundestag einer wirksamen Entwicklungshilfe zugewiesen worden sind, mit nicht vertretbarer Nachlässigkeit behandelt hat. ({1}) Die Antwort der Regierung ist auch in anderen Bereichen äußerst dürftig ausgefallen. Insbesondere zur Frage der t Überbürokratisierung wurde so gut wie nichts gesagt. Es ist der Regierung offensichtlich entgangen, daß zwischen der Organisation für industrielle Entwicklung und UNDP häufig identische Aufgabenstellungen wahrgenommen werden und es praktisch zu keiner Abstimmung zwischen den UN- Unterorganisationen kommt. Überschneidungen gibt es auch bei der FAO in Menge. Diese Mehrarbeit stellt eine Verschwendung finanzieller Mittel dar und hat häufig ihre Ursache im Ehrgeiz der Generaldirektoren, Macht und Einfluß auszudehnen und sich möglichst den Kontrollen und der Mitbestimmung durch die Zentrale zu entziehen. Die Effizienz darf aber nicht den persönlichen Ambitionen einzelner Funktionäre geopfert werden. Dann noch zur Frage der Politisierung der multilateralen Entwicklungshilfe. Auch hierzu hat die Bundesregierung überhaupt keine Antwort gegeben. Hier ist besonders auf den Trend hinzuweisen, der vom Generalsekretär festgestellt worden ist, daß immer mehr versucht wird, politische Kandidaten auf einen Posten im Generalsekretariat zu drükken. Auch die Politisierung der UNESCO ist nicht erkannt worden. Hier ist es zu einer echten Konfrontation zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern gekommen, ohne daß die Regierung irgendetwas dagegen getan hat. Ich darf auf den Bericht hinweisen, der zu Israel erstattet worden ist, den der Chef aber dann nicht vorlegte, sondern einfach einen anderen, günstiger erscheinenden Bericht erstatten ließ. ({2}) Ich darf auf die Gründe hinweisen, die zum Austritt der Amerikaner aus der ILO geführt haben. Die Amerikaner waren der Meinung, daß die ILO als politisches Forum mißbraucht werde. Dies sind nur wenige Beispiele dafür, wie ungenügend die Bundesregierung die einzelnen Fragen unserer Großen Anfrage beantwortet hat. Es sei die Frage erlaubt, ob die Bundesregierung hier nicht bewußt das Instrument der Großen Anfrage als Mittel der parlamentarischen Kontrolle mißachtet hat. Wenn die Bundesregierung der Meinung ist, daß es bei dem 30prozentigen Anteil multilateraler Hilfe am Haushalt zukünftig sein Bewenden haben soll, müssen wir folgende konkrete Forderungen stellen: 1. der Einfluß der Bundesrepublik Deutschland muß entsprechend ihrer Beitragshöhe hergestellt werden, 2. Schaffung leistungsfähiger organisatorischer Einheiten, 3. Verbesserung der Kontrolle und Evaluierung, 4. Abbau der Tendenzen zur Überbürokratisierung, 5. Abbau der Politisierung der verschiedenen Organisationen der UN, 6. klare Definition der Rolle des internationalen Beamten, 7. Verknüpfung der Gewährung von Entwicklungshilfe mit der Beachtung der Menschenrechte und letztlich 8. eine klare Setzung von Prioritäten bei der Gewährung freiwilliger Beiträge. Sofern die Bundesregierung nicht in der Lage sein sollte, diese Bedingungen durchzusetzen, ist der Anteil der multilateralen Hilfe drastisch zu senken und die bilaterale Entwicklungshilfe, an die selbstverständlich gleich hohe Effizienzbedingungen geknüpft werden müssen, entsprechend zu erhöhen. Meine Damen und Herren, ich komme damit zu dem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf Steigerung der deutschen Entwicklungshilfeleistungen. Wir sind der Meinung, daß die Bundesregierung sich bisher als unfähig erwiesen hat, das von ihr selbst abgegebene Versprechen einzuhalten, 0,7 % des Bruttosozialprodukts als öffentliche Entwicklungshilfe zu gewähren. Sie rangiert am unteren Ende der Skala der Industrienationen und ist durch ein leichtfertiges Versprechen der ersten Regierung Brandt in diese fatale Lage geraten. Es wird mittlerweile immer unerträglicher, wie die sozialliberale Koalition durch den Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit ihrer entwicklungspolitischen Leistungen das Vertrauen, das der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit international zugewachsen war, immer mehr in Frage stellt. Unser Antrag lautet deshalb: Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Deutschen Bundestag eine konkrete Finanzplanung der öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen vorzulegen und darzustellen, ob, wie und bis wann sie die international eingegangene und mehrfach bekräftigte Verpflichtung erfüllen wird, mindestens 0,7 v. H. des Bruttosozialprodukts an öffentlicher Hilfe bereitzustellen. Unter Ziff. 2 verlangen wir die Beschaffung von Finanzmitteln durch Kreditmaßnahmen. Wir sind der Meinung, daß es langfristig leichter ist, dieses 0,7 %-Ziel einzuhalten, anstatt an der ordnungspolitischen Front immer stärkere Einbrüche hinzunehmen. Wir verweisen hier auf die vorliegenden Sachverständigengutachten und auf die Bemerkungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. ({3}) Der allgemeine Nutzen einer erhöhten Entwicklungshilfe wird auch von den Vertretern der Weltbank und anderer Institutionen immer wieder betont. Je weiter aber die Entwicklungsländer vorankommen - so kann man immer wieder hören und lesen -, um so breiter und tiefer werden die Handelsströme zwischen ihnen und den Industriestaaten zum gegenseitigen Nutzen. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, es mit Ihrem Entschließungsantrag ernst meinen, dann müssen Sie unserem Antrag zustimmen, ({4}) wenn Sie glaubwürdig bleiben wollen. Herr Kollege Holtz, wir nehmen Sie beim Wort wegen des Versprechens, das Sie eben gegeben haben. Gestatten Sie mir abschließend noch einige wenige Worte zur Entwicklungshilfe nach Afghanistan, weil hier so manches auch in der heutigen Debatte falsch dargestellt worden ist. Meine Damen und Herren, ich glaube, die UN-Abstimmung zu Afghanistan hat deutlich gemacht, daß sich die Länder der Dritten Welt zu einer bedeutenden politischen Kraft entwickelt haben und nicht in der Abhängigkeit einer Supermacht stehen wollen und stehen. Die Sowjetunion hat durch ihren Einmarsch in Afghanistan das Vertrauen, das ihr einige Entwicklungsländer entgegengebracht haben, verloren. Ein gänzlich ungeeigneter Schluß wäre es in dieser Situation, die Entwicklungshilfepolitik zu annullieren und die dadurch frei werdenden Mittel für militärische Hilfe an andere Staaten oder für eigene Rüstung zu verwenden. Entwicklungshilfepolitik würde sich selbst ad absurdum führen und auch ihren Namen nicht verdienen, stünde sie auf Grund weltpolitischer Veränderungen ständig zur Disposition. Daß Entwicklungspolitik auch und gerade nach weltpolitischen Erschütterungen wie der in Afghanistan konsequent fortgesetzt werden muß, ist nicht nur eine Frage der Glaubwürdigkeit. Oberster Wert einer Entwicklungshilfepolitik ist die Verantwortung gegenüber den Menschen in der Dritten Welt. Dies ist somit auch eine moralische und humanitäre Aufgabe. Die Bundesrepublik Deutschland ist keine weltweit karitative Einrichtung, sondern ein Staat, der seine Beziehungen zu anderen Staaten sehr wohl an seinen eigenen Interessen einzurichten hat. ({5}) Vor diesem Hintergrund muß eine Entwicklungspolitik der zwei Wege formuliert werden. Dies bedeutet konkret: Katastrophen- und Hungerhilfe ist unabhängig von der politischen Struktur des jeweiligen Landes zu gewähren, unabhängig von nationalen Interessen und von politischen Ereignissen. Was die fortgeschrittenen Entwicklungsländer angeht, so ist es vertretbar, mit der Gewährung von Entwicklungshilfe auch nach außen rohstoff- und außenwirtschaftspolitische sowie sicherheitspolitische Aspekte zu verknüpfen - Beziehungen, die nicht festgeschrieben werden können, sondern dem Wandel unterliegen. Zwei Schlußbemerkungen: Erstens. Die christlich und sozial motivierte Humanität ist unteilbar. Zweitens. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch verpflichtet, an ihre eigenen Interessen zu denken. ({6})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat Frau Staatsminister Hamm-Brücher.

Not found (Gast)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich einige Ausführungen zur heutigen Diskussion mache, erlauben Sie mir bitte, auf die Anmerkungen des Herrn Kollegen Hüsch zurückzukommen, der die Bundesregierung gefragt hat, ob sie etwas zu den Nachrichten sagen könne, die über einen Befreiungsversuch der Amerikaner in Teheran verbreitet worden sind. Ich möchte hier im Namen der Bundesregierung im Augenblick keine Stellungnahme abgeben, da uns bis zur Stunde genauere Informationen fehlen. Ich möchte aber doch so viel feststellen, daß keinerlei Zweifel daran bestehen kann, daß die Bundesregierung von einem amerikanischen Befreiungsversuch nichts gewußt hat. Sie hat nichts gewußt; das wollen wir in diesem Augenblick besonders unterstreichen. ({0}) -Im Sinne Martin Luthers bleibt uns, Herr Kollege Todenhöfer, im Augenblick wohl nichts anderes übrig, als unser „Apfelbäumchen" zu pflanzen, was wir hier seit einigen Stunden gemeinsam zu tun versuchen. ({1}) - Nein, nein, aber wir müssen zum Thema zurückkommen, solange wir keine genaueren Informationen haben. Es ist doch selbstverständlich, daß sich die Bundesregierung hier so verhalten muß. Meine Damen und Herren, bevor ich zur Sache komme, darf ich feststellen, daß diese entwicklungspolitische Diskussion in einer außerordentlich sachlichen und konstruktiven Weise abläuft. Es ist erfreulich, festzustellen, daß wir uns hier grundsätzlich aufeinanderzu bewegen und daß viele harte Kontroversen der Vergangenheit überwunden werden konnten. Im Hinblick auf die Bedeutung der Aufgabe Entwicklungspolitik ist das, glaube ich, ein wichtiger Fortschritt. Ich möchte vor allem etwas zu den Bemerkungen des Kollegen Höffkes im Zusammenhang mit der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes für die internationalen Organisationen sagen. Ich möchte ferner etwas zu einer Passage im Entschließungsantrag der Koalition sagen, die die Verantwortung des Auswärtigen Amtes für die Kulturbeziehungen, für die internationale Kulturpolitik behandelt, die ja gerade im Bereich der Entwicklungspolitik eine immer größere Rolle spielt und der wir gerecht zu werden versuchen. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung sieht - das wurde hier seitens der Regierung schon vom Herrn Kollegen Offergeld gesagt - in dem Nord-Süd-Dialog die große Herausforderung unserer Zeit. Sie begrüßt den Bericht der „Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklung", der überall so genannten Brandt-Kommission. Dieser Bericht verdeutlicht - dies in dieser Stunde zu sagen, ist vielleicht auch wichtig -, daß schwierige Zeiten keine Entschuldigung dafür sein dürfen, drängenden weltpolitischen Problemen auszuweichen, selbst wenn sie nicht von heute auf morgen zu lösen sind. Es ist das große Verdienst des Berichts, die Nord-Süd-Beziehungen in vielen Aspekten und Facetten zu behandeln. Ich werde auf eine mögliche Lücke später noch zu sprechen kommen. Daß ein deutscher Politiker diese Kommission leitete, ist für uns Anlaß zur Genugtuung und auch zur Dankbarkeit. Aber, meine Damen und Herren, diese Tatsache wird natürlich in der Dritten Welt auch zum Anlaß genommen, besondere Hoffnungen an die deutsche Leistungsfähigkeit und an die deutsche Leistungsbereitschaft zu knüpfen. In diesem Zusammenhang begrüßt die Regierung den Beschlußantrag der Koalitionsfraktionen und die Unterstreichung unserer Absichten, in allen Einzelheiten den Bericht der Brandt-Kommission zu prüfen und daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Aus außenpolitischer Sicht ist schon heute festzustellen, daß - und das wurde auch schon gesagt - ein großer Teil der Empfehlungen bereits Bestandteil unserer Entwicklungspolitik ist, was uns aber keinesfalls darin hindern kann, die deutsche Konzeption und die deutschen Entwicklungsleistungen weiter zu verbessern und weiter zu entwickeln, auch gerade in schwieriger weltwirtschaftlicher und haushaltsmäßiger Lage. Denn der dramatische Aufruf in diesem Bericht, daß die Suche nach Lösungen in den Nord-Süd-Beziehungen kein Akt des Mit17242 leids ist, sondern die Bedingung des beiderseitigen Überlebens, dies ist auch die Überzeugung der Bundesregierung. Der Nord-Süd-Dialog muß fortgesetzt werden, gerade und besonders deshalb, weil er im düsteren Schatten weltpolitischer Krisen steht. Was lehren uns - außenpolitisch betrachtet - diese Krisen, meine Damen und Herren von der Opposition? Es erweist sich doch eine neue Realität in der weltweiten Interdependenz. Es stellt sich einmal mehr heraus, daß die Bewahrung des Weltfriedens und die Erhaltung einer funktionsfähigen Weltwirtschaft nicht mehr von einigen Großmächten allein oder von den Weltmächten abhängt, sondern Wirtschaftswachstum und Friedenssicherung verlangen in zunehmendem Maße die weltweite Zusammenarbeit aller Staaten. Und wo könnte das besser und konstruktiver geschehen als in den Vereinten Nationen und ihren Organisationen? Herr Kollege Todenhöfer - er ist gerade nicht da -, ich glaube, Sie unterliegen immer wieder einer Fehleinschätzung hinsichtlich der Vereinten Nationen. Wenn Sie sich nun mühsam dazu durchgerungen haben, zu den Vereinten Nationen wenigstens als politisches Forum nicht mehr „nein", sondern so ein halbes „Jein zu sagen, dann müssen Sie doch die Vereinten Nationen als entwicklungspolitisches Instrument bejahen. Anders kann man sich dort die Zusammenarbeit doch gar nicht vorstellen. ({2}) Unsere Bemühungen - und das ist auch eine Konsequenz der zunehmenden weltweiten Interdependenz - um die Stärkung der blockfreien Staaten und die Erhaltung echter Blockfreiheit - das kann und das muß im Rahmen der Vereinten Nationen geschehen. Deshalb mißt die Bundesregierung dieser Zusammenarbeit eine so große Bedeutung bei. Der Herr Kollege Höffkes hat soeben einige sehr kritische Anmerkungen gemacht bezüglich des Überhandnehmens der Bürokratie, bezüglich der mangelnden Zusammenarbeit der Organisationen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wir haben wiederholt gesagt, daß wir uns um Abhilfe bemühen und daß wir dabei auch Fortschritte erzielt haben, daß wir also solche Schwierigkeiten nicht nur erkannt haben, sondern auch abstellen wollen. Ich darf vielleicht einmal zum Vergleich auf die Bürokratie der EG hinweisen, die ja auch nicht gerade klein ist und die wir ja auch beklagen. Um wieviel schwieriger ist es denn, wenn 152 Staaten in einer solchen Gemeinschaft - Frau Kollegin Fischer, Sie nicken mit dem Kopf; Sie akzeptieren das also - zusammenarbeiten und wenn gerade die jungen Staaten hier um Einfluß und Geltung ringen. Das können wir doch nur unterstützen, selbst wenn dies zunächst eine schwierige und wenig flexible Administration zur Folge hat. ({3}) - Frau Kollegin, ich komme darauf nachher gleich noch einmal zurück. Für die Bundesregierung ist deshalb die aktive und die verantwortungsbewußte Mitarbeit in den Vereinten Nationen auch gerade in der Wirtschafts- und Entwicklungspolitik der Schwerpunkt unserer Dritte-Welt-Politik. Wir nehmen an der Arbeit des Systems der Vereinten Nationen als Partner unter Partnern teil und bringen unsere entwicklungspolitischen Erfahrungen und Vorstellungen in dieses System ein. Wir sind dabei, unsere Mitarbeit in den Sonderorganisationen und in den VN-Gremien an unseren entwicklungspolitischen Zielen und Strategien zu orientieren und, wein möglich, stärker mit den wirtschaftlichen Bereichen zu koordinieren. Es war ja wohl auch ein ausgesprochener Wunsch der Opposition, daß die sehr unterschiedlichen Aktivitäten der unterschiedlichen Organisationen besser koordiniert werden. In meinem eigenen Verantwortungsbereich der Kulturbeziehungen habe ich gerade in Paris zu diesem Thema viele ausführliche Gespräche mit der Generaldirektion der UNESCO geführt. Denn hier zeigt sich in der Tat immer wieder, daß Maßnahmen und Projekte der verschiedenen Organisationen sich, statt zusammenzuarbeiten, zu sehr voneinander abschotten. Unsere entwicklungspolitischen Leistungen an internationale Entwicklungsorganisationen sind laufend gestiegen. Herr Kollege Höffkes hat es gerade noch einmal gesagt. Ich möchte es als eine positive Entwicklung begrüßen, daß wir zur Zeit etwa 30 % der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen in internationalen Organisationen anlegen. Die skandinavischen Länder tun sehr viel mehr, sie leisten sehr viel mehr finanzielle Projektarbeit in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Sie brauchen sich nur einmal in Entwicklungsländern davon zu überzeugen, welch hohes Ansehen gerade die skandinavischen Länder durch dieses Engagement in multilateralen Organisationen errungen haben. Ich bin ganz sicher, daß, wenn wir auf Effektivität und nicht Politisierung achten, dieser hohe und bewußt gestiegene Anteil unserer Entwicklungshilfeleistungen im Bereich der multilateralen Organisationen gute Früchte tragen wird. ({4}) Daß darüber die bilaterale Zusammenarbeit keineswegs zu kurz kommt, das können Sie aus den Haushaltsansätzen und aus den Berichten des BMZ klar ersehen. Wir werden dies also ausbauen. Unsere aktive Mitarbeit in den Leitgremien der Organisationen wie auch unsere finanzielle Beteiligung stellen unter Beweis, was der Brandt-Bericht ja auch gefordert und festgestellt hat, daß diesem System der Vereinten Nationen eine ganz zentrale Funktion bei der Aufgabe weltweiter Entwicklung zukommt. Wenn hier unser Personalanteil, Herr Kollege Höffkes, noch nicht befriedigend ist - Sie haben ja nur bestätigt, was ich in meiner seinerzeitigen Anwort gesagt habe -, so dürfen Sie sicher sein, daß wir uns sehr darum bemühen, den Anteil zu erhöhen. Aber wir wissen alle, daß trotz verbesserter Hilfsleistungen für deutsche Mitarbeiter in internationalen Organisationen, trotz der vom Bundestag hierfür bewilligten Mittel zur Zeit das Interesse und das EngageStaatsminister Frau Dr. Hamm-Brücher ment qualifizierter deutscher Bewerber leider nicht groß ist. Wir werden uns sicher in absehbarer Zeit neuerlich darüber unterhalten müssen, ob wir in dieser Hinsicht genug getan haben und was vielleicht auch die öffentliche Hand tun kann, um eine solche zeitweise Tätigkeit in internationalen Organisationen in ihrem eigenen Bereich nicht nur möglich zu machen, sondern auch zu honorieren. Ich darf es noch einmal wiederholen: Wir teilen in gewissem Umfang eine häufig geäußerte Besorgnis über die Gefahr zunehmender Bürokratisierung und der institutionellen Wucherung im VN-Bereich und die noch nicht ausreichende Koordinierung der entwicklungsrelevanten Projekte der einzelnen Organisationen. Meine Damen und Herren, wir müssen hierzu zwei Einschränkungen machen. Erstens, ein Teil des institutionellen Wachstums ist ja die Antwort auf neue und stark gestiegene Bedürfnisse. Zweitens, die komplexen Sachfragen und die bestehenden Mehrheitsverhältnisse machen die Abstimmung mit den EG-Partnern und anderen westlichen Industrieländern immer unabdingbarer. Insofern bin ich für den Hinweis und die Anregung von Frau Kollegin Focke außerordentlich dankbar. Unbeschadet dessen aber gilt: Wir setzen unseren ganzen Einfluß ein, sparsame, sinnvolle, wo nötig besser koordinierte Arbeit in den Organisationen sicherzustellen, was dann zugleich eine sparsame und sinnvolle Verwendung deutscher Entwicklungshilfemittel bedeutet. Zu einem zweiten außenpolitischen Aspekt des Brandt-Berichtes, nämlich institutionellen Ref or-men der weltpolitischen Zusammenarbeit, möchte ich sagen, daß wir ein zahlenmäßig begrenztes Gipfeltreffen grundsätzlich begrüßen. Ich möchte aber hinzufügen, daß neue Ideen dieser Art weltweiter Abstimmung und einer vorsichtigen Behandlung innerhalb und zwischen den regionalen Gruppierungen bedürfen. Selbstverständlich werden wir uns großen internationalen Konferenzen im Entwicklungsbereich zum Beispiel nach Art der bevorstehenden Sondergeneralversammlung oder der UNCTAD-Konferenzen auch in Zukunft nicht entziehen, sondern aktiv daran beteiligen. Verhandlungen aber, die universelle Auswirkungen haben sollen, wie z. B. die Konferenz zur internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit der KIWZ mit einem sehr beschränkten Teilnehmerkreis, hatten, wie sich herausgestellt hat, nur sehr bedingten Erfolg. Das wird zu beachten sein, bevor neue Gipfelkonferenzen zu entwicklungspolitischen Themen zusammengerufen werden. Meine Damen und Herren, die Maximen, die ich vorher vorgetragen habe, sollten uns auch bei der von den Entwicklungsländern vorgeschlagenen neuen Runde zum Nord-Süd-Dialog leiten, die mit der 11. Sondergeneralversammlung über neue globale Entwicklungen in diesem Jahr im August beginnen wird. Die Bundesregierung wird das ihrige tun, damit dieser neue Dialog nach Inhalt und Verfahren so strukturiert wird, daß auch konkrete Ergebnisse möglich sind. Wir wollen diese neuen Verhandlungen im Verbund mit den EG-Partnern, wenn möglich auch im Verbund mit den Partnern im Europarat und mit anderen westlichen Industrieländern, aktiv gestalten. Nur im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit möchte ich im Augenblick nicht auf die von uns als besonders wichtig angesehenen Themen dieses neuen globalen Gesprächs, dieser neuen globalen Verhandlungen eingehen. Ich möchte aber noch einen Gedanken vortragen, der im Zusammenhang mit dem weltwirtschaftlichen und technischen Fortschritt und der Tatsache steht, daß ein Strukturwandel die Anpassung auf beiden Seiten erforderlich macht. Wir dürfen uns in diesem Zusammenhang nicht der Gefahr verschließen, die darin liegt, daß die gewachsenen sozialen Strukturen, Glaubens- und Verhaltensformen gerade in den Entwicklungsländern bedroht sind. Es stellt sich immer deutlicher heraus, daß Wirtschaftswachstum nicht gleichbedeutend ist mit befriedigender Enwicklung im sozialen und im kulturellen Umfeld. Wirtschaftspolitische Fortschritte allein - das wurde heute schon gesagt -, die am Pro-Kopf-Einkommen und an den Steigerungsraten des Bruttosozialproduktes gemessen werden, sagen im ganzen offenbar noch nicht genug über die tatsächlichen Fortschritte im Entwicklungsprozeß eines Landes aus. Zudem sagen sie auch noch nichts aus über das Gefälle zwischen arm und reich, das Gefälle zwischen Stadt und Land, zwischen traditionellen und modernen Strukturen, zwischen überlieferter Identität und importierter Entfremdung. Statistisches Wirtschaftswachstum gewährleistet offenbar noch nicht eine stabile und allen Teilen der Bevölkerung zugute kommende Entwicklung, ja sie kann sogar, wie wir erleben, häufig destabilisierend wirken mit der schwerwiegenden Folge von Nichtentwicklung trotz beträchtlicher Entwicklungshilfeleistungen. Wir müssen demzufolge - und das ist der Verantwortungsbereich der auswärtigen Kulturpolitik unter dem Gesichtspunkt des erweiterten Kulturbegriffes - den bisher überwiegend auf ökonomisches Wachstum verengten Entwicklungsbegriff und Entwicklungsprozeß wohl umfassender als bisher definieren. Wir müssen, was noch entscheidender ist, die sozialen und die kulturellen Bedürfnisse der Entwicklungsländer in der konkreten Zusammenarbeit stärker als bisher berücksichtigen ({5}) und sie mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Einklang halten oder, wo das nicht geschehen ist, sie mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Einklang bringen. Ich glaube, hier liegt ein Themenschwerpunkt für die dritte Entwicklungsdekade im Hinblick auf eine gemeinsame Verantwortung von Entwicklungs- und Industrieländern, aus der Konsequenzen gezogen werden müssen. Ich möchte damit keinesfalls von den Forderungen nach mehr Hilfe ablenken, sondern ich möchte diese Forderungen nach mehr Hilfe darauf lenken, daß die Voraussetzungen, die in der Struktur der Entwicklungsländer liegen, stärker als bisher beachtet werden, damit dieses Mehr an Hilfe auch wirksam werden kann. Unsere Welt wird nur dann überleben, wenn die Prinzipien der Selbstbestimmung, der friedlichen Konfliktlösung und der Verwirklichung der sozialen Grund- und Menschenrechte überall anerkannt werden und konkrete Fortschritte machen. Deshalb darf - das muß auch noch einmal unterstrichen werden - unser Beitrag niemals Einmischung oder Bevormundung beabsichtigen, sondern er muß Hilfe zur Selbsthilfe sein. In diesem Zusammenhang möchte ich ein paar konkrete Maßnahmen nennen, die wir im Augenblick im Bereich unserer Kulturbeziehungen und des Kulturaustausches vorbereiten. Das weitverbreitete Analphabetentum ist zweifellos einer der Gründe, weshalb große wirtschaftliche Anstrengungen im Augenblick noch nicht die Früchte tragen, die wir uns erhoffen. Wenn wir einmal auf die Industrialisierung in Europa im vorigen Jahrhundert zurückblicken, dann wissen wir, daß sie auch in Europa ein Prozeß schwerer Umwälzungen und schwerwiegender Veränderungen war. Um wieviel schwieriger ist es erst, Industrialisierungsprozesse auf Gesellschaften aufzubauen, die im Bereich der Alphabetisierung, im Bereich der Verwaltungserfahrung, im Bereich des Umgangs mit Problemen der Gesetzgebung im allgemeinen eben noch wenig Erfahrungen haben. Ich glaube, wir müssen einfach mehr Geduld haben. Wir müssen in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit weniger im Bereich von Universitäten und Wissenschaft nach westlichem Vorbild fördern, sondern wir müssen die Zusammenarbeit fördern bei Grundbildungsprogrammen, bei Primarschulen, bei einfachen Formen der beruflichen Bildung. Dort müssen wir beginnen, damit am Ende wirtschaftliche Entwicklungshilfe nicht destabilisierend, sondern stabilisierend wirkt. ({6}) In diesem Zusammenhang möchte ich die Anregung des Kollegen Hüsch, auch im Bereich des Sports die kulturelle Zusammenarbeit zu stärken, außerordentlich unterstützen. Wir sind dabei! Wir haben auch in der internationalen medienpolitischen Zusammenarbeit in der UNESCO nicht nachgegeben, sondern mit Nachdruck unseren Entschließungsentwurf zur Mediendeklaration, zur Informationsfreiheit, zur Medienfreiheit nach langwierigen und schwierigen Beratungen durchgesetzt. Ich glaube, daß gerade in diesem Bereich die Bundesrepublik Deutschland einen Erfolg im Sinne unserer Vorstellungen von Medienfreiheit zu verbuchen hatte. Ich glaube auch, meine Damen und Herren, daß wir die sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Entwicklungen mehr beachten müssen. Wir müssen den im Modernisierungsprozeß gefährdeten, mühsam anlaufenden Prozeß der Findung der eigenen Identität beachten. Wir müssen das Bewußtsein der Entwicklungsländer, ihre eigene Identität, ihre eigenen Formen der kulturellen und der sozialen Entwicklung selber zu finden, unterstreichen. Deshalb brauchen wir mehr integrierte Programme. Wir brauchen keine Einzelprojekte, sondern wir müssen uns darum bemühen, daß, wenn wir z. B. eine Zement- oder eine Düngemittelfabrik bauen und finanzieren, im Umfeld dieser Fabrik auch die sozialen und kulturellen Maßnahmen ergriffen werden und diese Entwicklung begleiten, die es den Menschen, die in diesen Fabriken Arbeit finden können, auch ermöglicht, in den gewohnten Formen ihrer sozialen und kulturellen Bezüge zu leben. Wir haben manchmal sehr bedrükkende Erfahrungen gemacht, wenn wir die Slums in den Großstädten der Entwicklungsländer sehen, in welchem Ausmaß die Menschen dort entwurzelt sind. Das kann ja kein ausgewogener, kein der Gesamtentwicklung förderlicher und kein von uns gewünschter Prozeß sein. Ich glaube, wir müssen in der dritten Entwicklungsdekade in der Tat hier einen Schwerpunkt setzen; dies um so mehr, als die Entwicklungsländer selber dieses Thema zunehmend in den Vordergrund rücken. Meine Damen und Herren, ich möchte im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit zum Schluß kommen und zusammenfassen: Entwicklungspolitik hat unter außenpolitischen Aspekten auch und vor allem die Aufgabe der Verwirklichung der Menschenrechte und die Aufgabe, die Anstrengungen der Entwicklungsländer in dieser Richtung zu unterstützen und zu fördern. Herr Kollege Holtz hat vor allem darauf hingewiesen. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit und innerhalb der weltweiten Organisationen hierfür ein wirksames Instrument. Daß die Zusammenarbeit auch politisch Früchte trägt, zeigt sich doch ganz deutlich in dem Abstimmungsergebnis in der Generalversammlung nach der sowjetischen Invasion in Afghanistan, die von 104 Staaten - überwiegend Entwicklungsländer - verurteilt wurde. Ich glaube, das war wirklich ein wichtiger Einschnitt, eine neue Form der Vertrauensbildung zwischen Entwicklungsländern und westlichen Industrieländern. ({7}) Die bestehenden multilateralen Systeme sind vom Selbstbestimmungsrecht der Völker bestimmt. Jedenfalls ist das unsere Vorstellung. Sie werden als Forum der gleichberechtigten Partnerschaft von uns genutzt. Ihnen kommt eine übergreifende Funktion bei der Lösung der weltweiten entwicklungspolitischen Aufgaben zu. Die Bundesregierung und, ich glaube, wir alle sind bereit, hierzu unseren Beitrag zu leisten. ({8})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, habe ich eine amtliche Mitteilung zu machen. Der Ältestenrat hat in seiner heutigen Sitzung vereinbart, in der nächsten Sitzungswoche am Dienstag, dem 13. Mai, und am Mittwoch, dem 14. Mai, nur eine verkürzte Fragestunde von jeweils 60 Minuten durchzuführen und den Schlußtermin für die Einreichung der Fragen beim Parlamentssekretariat auf Donnerstag, den 8. Mai 1980, 11 Uhr, vorzuverlegen, damit der Bundesregierung die Fragen Vizepräsident Wurbs gemäß § 9 der Richtlinien rechtzeitig zugestellt werden können. Diese Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde muß nach § 127 der Geschäftsordnung vom Bundestag mit zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder beschlossen werden. Wer mit der Abweichung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle fest, daß die Abweichung mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen ist. Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Werner.

Herbert Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002484, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Staatsminister, bevor ich mich Ihnen zuwende, will ich ein Wort zum Kollegen Holtz sagen. Lieber Kollege Holtz, die Eloge auf den Brandt-Bericht war doch zu dick aufgetragen. Ich will gar nicht abstreiten, daß es im Sinne der deutschen Politik insgesamt zu begrüßen ist, wenn ein Werk die verschiedenartigsten Vorstellungen im entwicklungspolitischen Bereich zusammenfaßt. Nur auf einen Punkt möchte ich eingehen, den man mit Bedauern hervorheben muß. In dem Bericht ist primär das dargestellt, was wir, die Industriestaaten der nördlichen Hemisphäre - und hier insbesondere die westlichen Staaten - an marktunabhängigen Leistungen auf Dauer, auf eine lange Zeit zu erbringen haben. Demgegenüber wird nur andeutungsweise darauf hingewiesen, daß es nicht genügen könne, langfristig nur verbale Erklärungen seitens der Entwicklungsländer bezüglich einer Rohstoffsicherung über viele Jahre hinweg abzugeben. Vielmehr dürfen wir, die wir uns zu konkreten finanziellen Verpflichtungen bekennen sollen, mit Fug und Recht erwarten, daß derjenige, der diese finanzielle Unterstützung bekommt, seinerseits ganz konkret, unmittelbar, direkt langfristige konkrete Verpflichtungen zur Sicherung der Rohstoffzufuhr und -vorsorge mit uns unterzeichnet bzw. ins Auge faßt. Dieser Aspekt ist meines Erachtens in dem Brandt-Bericht etwas zu kurz gekommen. Ich möchte dies einfach mal feststellen. ({0}) - Mir liegt es fern, das wissen Sie, hier alles zu zerreißen, was da geschrieben wurde. Das wäre völlig ungerecht. Aber es muß erlaubt sein, auch auf derartige Aspekte hinzuweisen. Verehrte Frau Staatsminister, was Sie bezüglich des Bestrebens der Bundesregierung gesagt haben, deutscherseits alles zu unternehmen, was möglich ist, um den Völkern in der Dritten Welt die Suche nach oder das Wiederfinden der eigenen kulturellen Identität zu erleichtern, das unterstreichen und unterstützen wir seitens der CDU/CSU voll und ganz; das wissen Sie. Wir haben es wiederholt deutlich gemacht. Auch das, was Sie bezüglich der Problematik der wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Nord und Süd weiterhin gesagt haben, kann ich in der Globalität, wie Sie das dargestellt haben, insgesamt unterstreichen. Ich bin mit Ihnen durchaus auch der Auffassung, daß die Mittelmächte - und dazu möchte ich die Mitgliedsländer der EG zählen - gerade im Hinblick auf die Entwicklung im Nord-Süd-Dialog in den nächsten Jahren eine zunehmende Bedeutung erlangen werden, vor allen Dingen angesichts der Tatsache, daß beide Weltmächte vor dem Hintergrund der vergangenen zwanzig Jahre psychologisch und politisch zur Zeit in der Dritten Welt etwas angeschlagen dastehen. Des weiteren haben Sie angeführt, es müsse unser Bestreben sein, die Blockfreienbewegung zu verstärken und Verständnis für die Blockfreien zu zeigen. Auch hier ist zunächst kein Dissens zwischen Ihnen und uns. Nur, es muß auch erlaubt sein, in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß zur Zeit der Sprecher der Blockfreien Kuba ist. Und Kuba kann nun wahrlich nicht so blockfrei und selbständig genannt werden, wie es aus Ihren Worten hätte entnommen werden können. Deswegen möchte ich doch noch einmal - nicht zuletzt um auf das, was der Kollege Todenhöfer hier gesagt hat und weswegen er hier heute wiederholt angegriffen wurde, einzugehen - auf die Frage der wechselseitigen Abhängigkeit von Außen- und Entwicklungspolitik zurückkommen. Sehen Sie, hier ist es doch gerade in diesen Tagen, wo wir die traurigen Ereignisse im Iran und Afghanistan miterleben müssen, überaus deutlich, daß wir es auch in der Dritten Welt mit einem ungeheuren Vordringen der Sowjetunion und des Ostblocks insgesamt zu tun haben. Ich möchte den Ostblock und die Sowjetunion hier gar nicht so in Bausch und Bogen verurteilen. Ich bin der Auffassung: Wir haben es hier mit einer vorwärtsstrebenden Weltmacht zu tun, die ihre Interessen, die sie allüberall klipp und klar sagt, verfolgt. Es ist deswegen ganz naturgemäß unser Bestreben und auch unsere Aufgabe, uns Gedanken zu machen: Wie können wir, wenn wir die Interessen der Sowjetunion nicht nur in Europa, sondern weltweit, auch in der Dritten Welt, sehen, unsere Interessen wahren und glaubhaft auch in der Dritten Welt den sowjetischen Interessen gegenüberstellen, so daß die Dritte Welt sieht, was hier außen- und entwicklungspolitisch im Gange ist und wie und woran sie sich orientieren kann. Dazu lassen Sie mich ganz deutlich sagen: Es steht zweifelsfrei fest, daß der große Durchbruch der Dritte-Welt-Politik der Sowjetunion gerade in dieser Ara der Entspannung geschehen ist. In diesen zehn Jahren von 1970 bis 1980 konnte die Sowjetunion geradezu - in Anführungsstrichen gesprochen - von Erfolg zu Erfolg in der Dritten Welt eilen. Dies ist nicht nur auf angebliche große Generalpläne der Sowjets zurückzuführen, sondern selbstverständlich auch auf manchen dummen und nachher beklagten Fehler der westlichen Staatenwelt. Auch ich ich sehe dies. Aber wenn wir schon dies alles sehen, müssen wir uns Gedanken doch auch darüber machen, in welchen Teilen der Politik und wie wir die Auseinandersetzung mit der sowjetischen Politik aufnehmen müssen. Hier können wir die Entwicklungspolitik nicht ohne weiteres ausklammern, wie es Herr Schluckebier in seinen Einlassungen versucht hat. Es ist doch eine Tatsache und hat doch auch Rückwirkungen auf die Politik in der Dritten Welt, in den Entwicklungsländern, daß wir es heute mit etwa 25 afrikanischen Ländern zu tun haben, in denen die Sowjets mit ihren Verbündeten militärisch präsent sind -

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vohrer?

Herbert Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002484, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gleich, Herr Präsident. - und wo sie demzufolge die Möglichkeit haben, zu bestimmen, wie nicht nur die außenpolitische, sondern auch die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit den westlichen Staaten, auch mit der Bundesrepublik Deutschland, möglich sein soll. Bitte, Herr Vohrer.

Dr. Manfred Vohrer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002385, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Werner, empfinden Sie denn den Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan als einen Erfolg der sowjetischen Politik und halten Sie das Abstimmungsergebnis in der UN, wo 104 Nationen diesen Einmarsch mit aller Entschiedenheit verurteilten, für einen Erfolg sowjetischer Politik? ({0})

Herbert Werner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002484, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Lieber Kollege Vohrer, Sie haben überhört, daß ich vorhin ganz bewußt im Zusammenhang mit dem Wort „Erfolg" von Anführungsstrichen sprach, um darauf hinzuweisen, daß ich damit die sowjetische Sicht der Dinge darstellen wollte. Da Sie von dem UNO-Beschluß sprachen, möchte ich gleich eines anfügen: Es ist doch völlig klar, daß es heute voreilig wäre darzulegen, daß dieser Beschluß mit der überwältigenden Mehrheit, mit der er getroffen wurde, auch schon einen Beweis dafür darstellte, daß in der Dritten Welt eine Art Umdenkungsprozeß bezüglich der sowjetischen Globalstrategie begonnen habe. ({0}) Die Länder der Dritten Welt werden erst noch zeigen müssen - dies wird sicherlich auch von der Geschicklichkeit westlicher Politik, auch der Entwicklungspolitik, abhängen -, daß sie bereit sind, mit uns gemeinsam den Weg in die Zukunft zu gehen, daß sie bereit sind, den Umdenkungsprozeß, den man in dem einen oder anderen Land der Dritten Welt feststellen kann, insgesamt mitzutragen. Dieser gemeinsame Weg in die Zukunft vermag sicherlich nur so auszuschauen, daß wir - ich meine die westlichen Staaten, insbesondere auch die EG und die Bundesrepublik Deutschland - in noch stärkerem Maße als bisher bereit sein müssen, nicht nur unsere Eigentinteressen zu sehen, sondern auch die berechtigten Interessen der Entwicklungsländer. ({1}) Beides ist unabdingbar und in einem untrennbaren Zusammenhang zu betrachten. Das kann nur dem echten, fairen, partnerschaftlichen Dialog entspringen, den aufzunehmen wir bereit sind. Nur, Kollege Vohrer und Kollege Schluckebier: Wir sind nun eben doch in einem Punkt etwas anderer Auffassung als Sie, nämlich im Hinblick auf die Vergabe der Mittel. Wir sind der Meinung, daß wir im Hinblick auf die Zukunftssicherung unseres Staates und der Europäischen Gemeinschaft angesichts des gezielten Mitteleinsatzes des Ostblocks - der sich insgesamt zwar nur auf ein Vierzigstel des Einsatzes der westlichen Entwicklungshilfe beläuft, der aber gezielt erfolgt - stärker als bisher unsere Interessen, auch unsere wirtschafts- und rohstoffpolitischen Interessen, den Entwicklungsländern klarmachen müssen und von ihnen Verständnis dafür erwarten müssen, daß wir nicht ohne weiteres bereit und auch finanziell und industriell gar nicht in der Lage sind, uns auf Jahrzehnte hinaus finanziell zu verpflichten, ohne von ihnen in entsprechender Weise auch Entgegenkommen - ich möchte nicht sagen: Wohlverhalten ({2}) und Gesprächsbereitschaft in diesem Punkt zu erfahren. Herr Kollege Oostergetelo, ich bin schon der Auffassung, daß sich ein Land, dem ich finanzielle und technische Hilfe zukommen lasse, nicht umgehend, unter Umständen sogar auf den Foren der internationalen Politik, gegen mich aussprechen sollte. Ich bin nicht der Meinung, daß wir mit Bedingungen, Auflagen in der Dritten Welt auftreten sollten. Dies wäre töricht. ({3}) Aber wir sollten dennoch deutlicher machen, in welchen Kategorien wir unsere entwicklungspolitischen Erfordernisse sehen. ({4}) Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zu dem sagen, was vorhin schon wiederholt angesprochen wurde: Zimbabwe. Ich sehe zunächst keinen überwältigenden Erfolg darin, daß in Zimbabwe ein durchaus westlich gesinnter Politiker, Bischof Muzorewa, auf Grund der Tatsache, daß der Westen nicht bereit war, ihm auch nur in irgendeiner Form Hilfe zukommen zu lassen, in den Wahlen gestolpert ist, und die Wahl von einem Mann gewonnen wurde, Herrn Mugabe, der sich als Marxist und Christ bezeichnet. Ich möchte über Herrn Mugabe hier nicht sprechen; das steht uns hier auch gar nicht an. Nur bin ich der Auffassung: Hier wird es sich noch zeigen müssen, ob Herr Mugabe die besonnenen und, wie ich meine, realitätsbezogenen ersten Äußerungen nach seinem Wahlsieg tatsächlich so ernst meint, ({5}) wie er es uns darstellen wollte. Wenn er uns glaubhaft machen kann, daß er bereit ist, in Zimbabwe/ Rhodesien eine freiheitliche Entwicklung hin zu mehr Menschenrechten, hin zu einer freiheitlichen Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeit für den einzelnen und für die gesellschaftlichen Gruppen herbeizuführen und zu garantieren, dann sollten wir auch nach unserer Auffassung durchaus in Erwägung ziehen, Zimbabwe /Rhodesien zu unterstützen, damit es eine friedliche Zukunft gewinnen kann. ({6}) - Herr Kollege Wehner, dazu brauchen wir keine Notare. Die Bundesregierung hat dafür ihre Diplomaten, um die Auffassungen, die der deutsche Steuerzahler von entwicklungspolitischen Leistungen hat, gegebenenfalls auch einmal den Entwicklungsländern darzulegen, freundschaftlich nahezubringen und damit aufzuzeigen, welchen Erwartungshorizont der deutsche Steuerzahler, der Bürger und Wähler in diesem Land hat und haben muß, wenn er bereit ist, in Zukunft immer mehr finanzielle Mittel für die Entwicklungshilfe in der Dritten Welt aufzubringen. ({7}) Ich glaube, das ist doch unser aller Meinung. Es mag sein, daß hier der eine etwas stärker und der andere etwas weniger stark gewichtet. Aber lesen wir doch nur einmal den Jahreswirtschaftsbericht und die Verlautbarungen des Wirtschaftsministeriums! Da habe ich den Eindruck, daß wir, die CDU/CSU, gerade in diesem Bereich gar nicht allzu weit zumindest von Minister Lambsdorff entfernt sind. ({8}) Ich möchte zum Schluß kommen. Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung, daß wir in Zukunft unsere entwicklungspolitischen Leistungen und Maßnahmen verstärken müssen, und das wollen wir auch. Wir sind aber gleichfalls der Meinung, daß es der deutsche Steuerzahler nur sehr schwer verstehen würde, wenn wir nicht auch diese Leistungen in den Gesamtbereich der auswärtigen Politik und der auswärtigen Beziehungen hineinnähmen. Der deutsche Steuerzahler kann sehr wohl erwarten, daß wir, die wir hier Politik machen, auch diese Zusammenhänge sehen und uns darüber hinaus bei der Vergabe unserer Mittel entsprechend verhalten. ({9})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat Herr Abgeordneter Bindig.

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sprecher der Opposition sorgen dafür, daß die Diskussion wieder in die alten Kanäle einmündet. ({0}) Da ist einmal das einfache Schema, die Welt einzuteilen in die Staaten, die sich in die sowjetische Globalstrategie einreihen, und diejenigen, die es nicht tun, um dann die Entwicklungspolitik mit Auflagen zu versehen. ({1}) Der andere Leisten ist derjenige, den Herr Höffkes hier eben vorgetragen hat, ({2}) nämlich, daß er die multilaterale Entwicklungspolitik über den Leisten „Bürokratie" und „deutsche Personalbeteiligung" schlägt. Der Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat in seiner Beschlußempfehlung zum Dritten Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung darum gebeten, daß künftige Berichte auch Angaben zu den Zielen, Maßnahmen und Ergebnissen der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit enthalten und die Hauptthemen, Ergebnisse und strittig gebliebenen Probleme multilateraler NordSüd-Verhandlungen deutlich machen. Diesen Anregungen ist die Bundesregierung mit dem jetzt vorliegenden Vierten Bericht bereits gefolgt, indem sie über die multilaterale Zusammenarbeit im Rahmen des UN-Systems inhaltsreich berichtet hat. Die multilaterale Entwicklungshilfe ist ein wichtiges Feld der entwicklungspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung. Die UN und ihre Unter- und Sonderorganisationen stellen ein bedeutsames Forum für den Dialog der Entwicklungsländer und Industrieländer dar. Aus der Sicht der Entwicklungsländer ist das UN-System schon deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Entwicklungsländer dort nicht unterrepräsentiert sind. Die Brandt-Kommission hat die Unentbehrlichkeit dieses Systems für die Erhaltung des Friedens und zur Förderung der Entwicklung hervorgehoben und es einen „hoffnungsvollen Gegensatz zu den ungeordneten und chaotischen Zuständen" bezeichnet, wie sie in anderen Zeitabschnitten unserer Geschichte bestanden haben. Im UN-System entwickeln sich die rudimentären Strukturen einer Weltgesellschaft. Die vielfältige Tätigkeit der Entwicklungsorganisationen der Vereinten Nationen entfaltet sich in Gremien, in denen die Entwicklungsproblematik aus dem bilateralen Verhältnis des industriellen Geber- und des agrarischen Nehmerlandes mit einer eindeutigen Vormachtstellung der Industrienationen herausgeführt werden kann in einen gleichrangigen Dialog über Entwicklungsfragen. In dieser Verlagerung auf eine Mitverantwortung aller Entwicklungsländer an der Konzipierung und Durchführung von Entwicklungsprogrammen im Rahmen der UN-Organisationen liegt ein erhaltenswerter und ausbaufähiger Beitrag der multilateralen Zusammenarbeit. Wer für eine Stärkung der Selbständigkeit und Unabhängigkeit aller Staaten und für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit von Industrie- und Entwicklungsländern auf der Grundlage der Gleichberechtigung eintritt und wer sich gegen die Errichtung von Macht- und Einflußstrukturen in der Dritten Welt wendet, muß ein Interesse an der Schaffung von stabilen und leistungsfähigen Institutionen der multilateralen Zusammenarbeit haben. Da sich die UN mit der ganzen Breite der weltweiten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme der Staatengemeinschaft auseinandersetzt, wird die Ausbildung der Strukturen und insbesondere auch effizienter Strukturen dieser Weltgemeinschaft noch einen längeren Gestaltungsprozeß durchlaufen. Der Deutsche Bundestag hat sich schon wiederholt mit den Problemen der multilateralen Entwicklungshilfe beschäftigt. Es liegen zu diesem Thema auch bereits mehrere Anfragen und Redebeiträge der CDU/CSU-Fraktion vor. Bei der Durchsicht ist mir aufgefallen, daß sich die CDU/CSU-Fraktion der multilateralen Entwicklungshilfe meistens unter der verengten Perspektive des Gesichtspunktes Bürokratisierung nähert oder aber unter dem Gesichtspunkt des deutschen Einflusses auf die multilaterale Entwicklungspolitik, wobei die Frage des Einflusses nochmals auf die Frage verengt wird, ob die deutschen Zahlungs- und Personalquoten in den Entwicklungsorganisationen im UN-System aufeinander abgestimmt sind. Herr Höffkes war hier zuverlässig. Er hat auch heute hier wieder diese traditionelle Argumentationsweise in der verengten Perspektive vorgeführt. Auf eine solche enge Perspektive kann und darf die Problematik der multilateralen Zusammenarbeit nicht reduziert werden. Eine effiziente Verwaltung und eine personelle Vertretung sind sicherlich von großer Bedeutung. Eine vorrangige Beschäftigung mit diesen Fragen blendet aber die eigentlichen Probleme und erbrachten Leistungen der internationalen Institutionen auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik aus der Betrachtung aus. Natürlich wollen wir eine angemessene Vertretung auch in den UN-Organisationen, aber es ist ja schon fast peinlich, wenn bei der Betrachtung der multilateralen Zusammenarbeit verglichen wird, ob die Kommastelle des Prozentsatzes des deutschen Finanzbeitrages für eine UN-Unterorganisation mit der Kommastelle des Prozentsatzes der von Deutschen besetzten Planstellen im höheren Dienst und in leitenden Positionen übereinstimmt. ({3}) Statt einer solchen Betrachtung kommt es vielmehr darauf an, sich mit den entwicklungspolitischen Leistungen dieser Organisationen auseinanderzusetzen, denn von diesen Organisationen wird inhaltlich ein wichtiger Beitrag zur Erarbeitung entwicklungspolitischer Strategien geleistet. Auch die Bundesregierung hat erklärt, daß sie aus der Projektarbeit der Organisationen des UN-Systems wichtige Anregungen für ihre eigene Entwicklungszusammenarbeit erhält. Die zentrale Planungs-, Finanz- und Koordinierungsarbeit der UNDP leistet einen wichtigen Beitrag dazu, daß in vielen Entwicklungsländern ein integrierter länderbezogener Ansatz verwirklicht werden kann. Die Weltbank z. B. hat erhebliches dazu geleistet, daß das Entwicklungsgeschehen konkret durchleuchtet wird. Frau Hamm-Brücher hat vorhin schon den Beitrag genannt, den die Weltbank dadurch erbracht hat, daß sie einen Indikatorenansatz entwickelt hat, der es uns erlaubt, etwas Präziseres zum Entwicklungsstand eines Landes zu sagen. Wer eigentlich, so möchte ich fragen, soll wichtige Fragen für die Weltgemeinschaft behandeln, wenn nicht gerade die internationalen Nationen der UN? Das gilt z. B. für die Probleme einer internationalen, auch auf die Probleme der Entwicklungsländer abgestellten Energiestrategie oder für Fragen einer übergreifenden Strategie der Nahrungsmittelversorgung. Wer soll eigentlich die Probleme der Umwelt und der Desertifikation lösen, wenn nicht die UN-Organisationen? Alle Anträge und Beiträge, die bisher zu diesem Problem der internationalen und multinationalen Zusammenarbeit von Ihnen gekommen sind, anerkennen dies nicht, sondern Sie stehen diesen so wichtigen Weltorganisationen mit Skepsis gegenüber. Sie versuchen nur, diese Organisationen anzugreifen und das Negative herauszuarbeiten. Sie sehen aber nicht, welche konstruktiven Leistungen hier für die gesamte Menschheit erbracht werden. Ich will darauf hinweisen, daß diese sensiblen Probleme der Familienplanung oder die Fragen der Drogenbekämpfung auf weltweiter Ebene oder die Fragen der Flüchtlingsunterbringung alles Fragen sind, für die es zu Recht internationale Organisationen der UN gibt. Ich darf daran erinnern, daß die UNIDO fundiert aufgearbeitet hat, wie in einzelnen Formen die wirtschaftliche Zusammenarbeit aussehen kann. Auch die Ausdifferenzierung in kleine Organisationen wird von Ihnen immer angegriffen. Ich denke an das bei der ECOSOC angesiedelte Zentrum für transnationale Unternehmungen, das Ausbildungs- und Beratungsleistungen für Verwaltungs- und Wirtschaftsjuristen der Entwicklungsländer bietet, um ihre Fähigkeit zu stärken, faire - soweit das überhaupt möglich ist - Vertragsbedingungen mit multinationalen oder transnationalen Unternehmungen aushandeln zu können. Das ist eine ganz wichtige Aufgabe, die hier von einer UN-Organisation wahrgenommen wird. Ich glaube, dieses Zentrum hat es verdient, beachtet zu werden, zumal es auch ein Garant dafür ist, daß an dem Verhaltenskodex für Unternehmen auf weltweiter Ebene weitergearbeitet wird. ({4})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön!

Johann Christoph Besch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000165, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, können Sie uns, die wir hier noch sitzen, zusichern, daß der zuständige Minister über den Ablauf dieser Ihrer Rede und der Debatte heute unterrichtet wird, nachdem er sich seit Stunden erkennbar mit anderen Sachen befaßt und an dieser Debatte überhaupt nicht teilnimmt? ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Diese Frage ist unzulässig. Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich gehe davon aus, daß es dem Minister geht wie Napoleon, der mehrere Dinge auf einmal mit Aufmerksamkeit erledigen konnte. ({0})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Ich bitte doch um Ruhe. - Bitte sehr.

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Fast alle Organisationen der UN sind zu wichtigen Foren des Nord-Süd-Dialogs geworden. Ich habe manchmal den Eindruck, wenn von Ihrer Seite die ausdifferenzierte Struktur der UN-Organisationen behandelt und angegriffen wird, dann hängt dies teilweise damit zusammen, daß, weil es mehrere Organisationen sind und weil sie etwas schwer überblickbar sind, Sie nicht die richtigen Informationen über die Qualität dieser Institutionen haben und dann, weil Sie subjektiv vielleicht nicht voll informiert sind, die Arbeit dieser Institutionen übermäßig kritisieren. Schauen wir uns auch ruhig einmal die deutschen Entwicklungsinstitutionen an, von denen wir wissen, daß sie durchaus auch ausdifferenziert und in ihrer Vielfalt sinnvoll sind: die KfW, die GTZ, die DEG, die DSE, die CDG, den DED, die FriedrichEbert-Stiftung, die Naumann-Stiftung usw. Auch dort haben wir sehr wohl eine ausdifferenzierte Struktur geschaffen. Jede dieser Organisationen füllt sinnvolle Aufgaben in der Entwicklungspolitik aus. So ist es auch - wenn Sie sich damit beschäftigen, werden Sie es feststellen - mit vielen Organisationen der UN. In einem Punkte stimme ich dabei mit Ihnen durchaus überein: daß natürlich darauf geachtet werden muß, daß die Arbeit in den Organisationen mit einer gewissen Effizienz geleistet wird. ({0}) Diesen Institutionen aber von vorherein zu unterstellen oder von ihnen zu behaupten, sie würden nicht effizient arbeiten, wie Sie es hier wiederholt getan haben, ist wohl nicht der richtige Ansatz ({1}) und unterschätzt vor allen Dingen die große Bedeutung, die diesen Institutionen zukommt, um Ansatzpunkte eines Weltdialogs über Zukunftsfragen, die uns alle bewegen, zu schaffen. ({2}) Wenn wir der Arbeit der multilateralen Institutionen der Entwicklungspolitik gerecht werden wollen, müssen wir uns mit dem Inhalt ihrer Tätigkeit und ihren erbrachten Einzelleistungen beschäftigen. ({3}) Es ist unpolitisch, sie hauptsächlich, wie Sie es in der Regel tun, meine Herren von der Opposition, vorrangig oder fast ausschließlich unter dem Blickwinkel der Bürokratie, unseres Einflusses und der deutschen Personalbeteiligung zu betrachten. ({4})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Josten.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute vormittag hat unser Kollege Dr. Holtz von einer Sternstunde des Parlaments gesprochen. Ich möchte sagen: In allen Reden des heutigen Vormittags gab es Punkte, denen wir alle zustimmen können. In einer Ausschußsitzung wäre dies, glaube ich, noch mehr zur Geltung gekommen. ({0}) Wir wollen also hoffen, daß die vielen guten Hinweise, die heute hier gegeben worden sind, nach der Überweisung der vorliegenden Anträge von allen Seiten auch beachtet werden. Meine Damen und Herren, der Vierte Entwicklungspolitische Bericht der Bundesregierung enthält einige Sätze, die man nur unterstreichen kann und die wir für die weitere Arbeit auch beachten sollten. Auf Seite 5 des Vierten Entwicklungspolitischen Berichtes der Bundesregierung heißt es wörtlich - Herr Präsident, ich zitiere -: Der Weltfrieden wird besser gewahrt werden können, wenn das Einkommensgefälle zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern langfristig abgebaut und kurzfristig zumindest nicht noch stärker wird. Meine Damen und Herren, dazu gehört das Thema, das unter der Überschrift „Personelle Zusammenarbeit" auf Seite 30 besonders behandelt wird. Es heißt dort: Der Einsatz von Fachleuten aus Industrieländern in der Dritten Welt bleibt auch in Zukunft ein wichtiges Element der Entwicklungszusammenarbeit. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist so wichtig und so entscheidend, daß wir auch die Zahlen, die in diesem Vierten Entwicklungspolitischen Bericht stehen, einmal einer näheren Betrachtung unterwerfen sollten. Es heißt an dieser Stelle im Bericht: Die Bundesregierung hat sich in den vergangenen Jahren bemüht, eine angemessene Anzahl deutscher Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. Meine Damen und Herren, unser Bemühen muß sein - das sage ich besonders Ihnen, Herr Minister -, diese Zahlen weiter zu erhöhen. Denn nach dem, was wir vorhin gehört haben, sowie nach dem, was die Frau Minister uns bezüglich der Not und des Elends gesagt hat, das draußen in der Welt ist, müssen wir erkennen: Die personelle Entwicklungshilfe ist eine ganz entscheidende Notwendigkeit, der mehr Beachtung geschenkt werden muß. ({1}) Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang einmal die Zahlen der Auslandsfachkräfte deutscher Personaldienste in Übersee - Stand: 1978 - nennen, so wie der Bericht sie ausweist, damit sie auch in unser Protokoll kommen: Der Deutsche Entwicklungsdienst entsandte 745, die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe 244, die Dienste in Überseee 180, der Weltfriedensdienst 16, der Internationale Christliche Friedensdienst 45, die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit 1 196, die Konrad-Adenauer-Stiftung 49, die Friedrich-Ebert-Stiftung 106, die Friedrich-Naumann-Stiftung 53, die Hanns-Seidel-Stiftung 3, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 160, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt 7, insgesamt 2 804 Mitarbeiter in die Dritte Welt. Meine Damen und Herren, das ist eine beachtliche Zahl, die allen Respekt verdient, ein hohes Lob vom Parlament verdient. Aber - ich sage es der Regierung, ich sage es dem Parlament - die Zahl ist zu gering. ({2}) Diese Menschen leisten einen ungeheuer großen Beitrag auch für unser deutsches Ansehen, und insbesondere tragen sie dem Gesichtspunkt Rechnung, was das Haus wünscht: eine Hilfe zur Selbsthilfe. Ich möchte diese Debatte nicht zu Ende gehen lassen, ohne daß ich noch einmal auf zwei dringende Probleme hinweise. Ich hatte vor Ostern Gelegenheit, mit dem Abgeordneten Dr. Jobst in Flüchtlingslagern in Südostasien Menschen, vor allem Kinder, in einer verzweifelten Lage zu sehen, vor allem Kinder in einer verzweifelten Lage. Flüchtlinge - so weiß ich, so weit ich mich in meiner langen politischen Laufbahn zurückerinnern kann - gibt es offenbar in dieser Welt in immer größerer Zahl in unvorstellbar schrecklichem Elend. ({3}) Afghanen fliehen nach Pakistan, Indochinesen fliehen nach Thailand, Singapur, Hongkong oder Malaysia; Kubaner fliehen nach Süd- und Nordamerika. Im südlichen Afrika gab und gibt es Flüchtlingsströme ebenso wie in der Sahelzone, dort aus Gründen des Hungers, und so weiter. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Welt ist nicht in Ordnung, in der wir leben. Jedesmal, wenn ich draußen in der Welt Menschen in höchster Not des Flüchtlings, aber auch in der Not des Hungers - also einer Naturkatastrophe - sehe, frage ich mich, weshalb wir in unseren satten westlichen Ländern eigentlich noch nicht so richtig begriffen haben, daß uns Not in dieser Welt bis ins dritte Jahrtausend hinein als weltweite Geißel der Menschheit begleiten wird und daß wir deshalb die Hilfe bei Flüchtlingsnot und Hungersnot sofort in einer ganz anderen Weise langfristig organisieren sollten, als dies jetzt offensichtlich immer wieder als Improvisation geschieht. ({4}) Das gilt nicht nur für uns, es gilt weltweit, gilt für alle Industrieländer. Heute wurde von dem Herrn Minister Skandinavien als Beispiel genannt. Ich stimme ihm zu. Man hört draußen in der Welt oft Beachtliches von kleinen Ländern. Hier möchte ich auch die Schweiz nennen. Ich möchte deshalb, meine Damen und Herren, in meiner vielleicht letzten Rede vor dem Deutschen Bundestag ({5}) die Bundesregierung sehr ernst auffordern, die logistischen Probleme eines nationalen und internationalen Katastrophendienstes grundsätzlich neu zu überdenken. Es muß doch möglich sein, daß wir z. B. im Rahmen der Pflichtjahre unserer Jugend einen hochtechnisierten nationalen und internationalen Sozialen Dienst ständig in Bereitschaft halten, ({6}) einen Dienst, der in der Lage ist, an jedem Punkt der Welt oder in der Bundesrepublik - natürlich in Abstimmung mit nationalen und internationalen Partnern und mit anderen Staaten - technische und menschliche Hilfe in möglichst perfekter organisatorischer Weise zu leisten, jedenfalls in einer viel besseren Weise, als es in diesen Jahren in unserer Generation geschieht. ({7}) Ich weiß, daß viele einwenden wollen, wir hätten ja das Rote Kreuz, das Bundesinnenministerium, Technische Hilfswerke, Bundeswehr, Bundesgrenzschutz, die in der Vergangenheit alle Hervorragendes geleistet haben. Sicher, diese Leistung ist unbestritten. Trotzdem, trotz unserer langen Erfahrung mit der Not: die nationale und internationale technische Organisation des Katastrophendienstes ist nach wie vor völlig unzureichend. Gerade wir Deutsche haben in Erinnerung an unser eigenes großes Flüchtlingselend vor 35 Jahren genügend Anlaß, uns in diesem Bereich der menschlichen Hilfe international besonders hervorzutun. ({8}) Das zweite Problem, das sich mir zu Beginn der dritten Dekade aufdrängt, findet seinen Niederschlag im 8. Kapitel des sogenannten Brandt-Berichts, der heute öfter zitiert wurde, in dem von den Aufgaben und Pflichten des Südens gesprochen wird. Wie ich hörte, haben vor allem die Kommissionsmitglieder, die aus Entwicklungsländern stammen, beschlossen, daß ein besonderes Anliegen, übrigens in Kapitel 8 in diesem Bericht formuliert mit der genannten Überschrift, in den Bericht eingefügt wird. Es ist in diesem Kapitel 8 von der Verpflichtung der nationalen Politik zur Minderung der Armut ebenso die Rede wie von sozialen und wirtschaftlichen Reformen und von den Elementen einer Strategie gegen die Armut. Weiterhin wird dort gesagt, daß die nationale und regionale Planung wichtig sei, daß die nationale Entwicklung in den Entwicklungsländern verstärkt die Mitwirkung der heimischen Bevölkerung erfordere. Es heißt in diesem Kapitel 8 des Brandt-Berichts auch - was ganz besonders wichtig ist und was bereits Gegenstand einer UNO-Konferenz war -, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit unter den Entwicklungsländern, insbesondere die regionale Zusammenarbeit erheblich verbessert werden müsse, ebenso also die Organisation der Dritten Welt. Vermutlich meint man damit auch, daß ein Nachbarland dem anderen Nachbarland in erster Linie helfen solle und daß man diese Nachbarschaftshilfe auch von seiten der Industrieländer fördern müsse. Die regionale Zusammenarbeit bedarf aber auch einer besonderen Organisationsstruktur. Dr. Jobst und ich haben beispielsweise an der Grenze von Kambodscha erlebt, wie die Hilfsdienste von Thailand unmittelbar diesen Menschen dort helfen, um nur einmal ein Beispiel herauszustellen, das sicherlich weltweit Beachtung finden sollte. Denn wir sind uns sicher darüber im klaren, es ist den Menschen nicht gedient, selbst wenn wir 50 000 oder 100 000 nach hier herüberholen. Es wäre vielmehr viel wichtiger, daß diese Menschen, die ja ihre eigene Kultur haben, in ihren Ländern verbleiben können ({9}) und daß wir die Hilfen dort leisten, ob es sich um Medikamente, um Zelte oder um Reis handelt, und daß unsere Menschen, die sich dort engagieren und die wir sehr loben müssen, dort helfen. Als ich die vorhin genannte Passage des Brandt-Berichts las, drängte sich mir die Frage auf, ob denn das Management der Entwicklungsländer in der Lage ist, im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der Wirtschaft, der sozialen Entwicklung und der Kultur, des Informations- und Erziehungswesens solchen Anforderungen des Kapitels 8 zu genügen. Meine ziemlich klare Antwort ist: die Entwicklungsländer sind dazu jetzt nicht in der Lage. Frau Ministerin, was Sie bezüglich der Analphabeten sagten, trifft natürlich den Nagel auf den Kopf. Selbstverständlich muß auch dort begonnen werden; sonst ist das nicht möglich. ({10}) - Sie haben recht, aber diese Länder verfügen zum Beispiel immer noch zu wenig über eigene Fach- und Führungskräfte. Wir helfen zu wenig, um Menschen für Führungsaufgaben in Staat, Wirtschaft und Kultur heranzubilden. Natürlich gibt es auch Ansatzpunkte. Ich möchte das für Ihr Ressort erwähnen, Herr Minister, selbstverständlich auch für das Auswärtige Amt und für andere Stellen, auch für die Länder, die sich beteiligen. Die Bundesregierung sagt bisher über diese Aufgabe und ihre Konzeption zu diesem Teil der Entwicklungspolitik kaum etwas, was Grundlage für eine Politik in dieser Richtung sein kann. Mir ist dies, Herr Kollege Offergeld, wenn ich das sagen darf, schlicht unverständlich. Ist das denn nicht zu begreifen? In ihrer jetzigen schwachen Managementstruktur müssen die Entwicklungsländer labile Partner von uns bleiben, auch wenn wir noch so viel Geld und Berater hineinpumpen. Sie sind infolge erheblicher eigener Managementschwächen nicht in der Lage, fremde Hilfe aufzunehmen und im Sinne des Aufbaus zu verarbeiten. Wir erleben das und haben das oft genug in unseren Ausschußsitzungen in der Beratung gehabt. Wir haben z. B. auf die Sorge hingewiesen, daß manche Projekte zu früh übergeben werden und dadurch der Erfolg, der schon erreicht wurde, auf die Dauer nicht gehalten werden kann. Entwicklungsländer können deshalb auch die Grundbedürfnisse der armen Bevölkerung in dem Sinne nicht befriedigen. Die mangelnde Planungs- und Organisationsfähigkeit in vielen Staaten der Welt stört diese friedliche Bewältigung einer gemeinsamen Zukunft unserer einen Welt - die nicht zuletzt in der Furcht vor dem allmählichen Versiegen traditioneller Rohstoffe lebt -, deren Management in Nord und Süd künftig ganz besonders gefordert sein wird. Wir müssen deshalb, sehr geehrter Herr Minister, viel mehr tun, als in der Vergangenheit getan worden ist. Wir müssen mehr tun, als gegenwärtig getan wird. Das gilt für die Bundesregierung, das gilt für uns alle im Parlament. ({11}) Dabei ist für mich die Arbeit - um nur ein Beispiel zu nennen - der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung, vor allem in Berlin, aber auch an anderen Plätzen in der Bundesrepublik und in Übersee ein überzeugender Beweis, in welch wirksamer Weise die Bundesrepublik in diesem wichtigen Bereich die Entwicklungshelfer unterstützen könnte. Dieses Beispiel ist für mich auch deshalb besonders erwähnenswert, weil bei der DSE eine personelle Zusammenarbeit an einem Platz entwickelt und betrieben wird, für den wir hier eine ganz besondere geschichtliche Verantwortung tragen, nämlich in Berlin. Auch das möchte ich in dieser Stunde erwähnen. Wir können, Herr Minister, unsere deutsche Politik nicht teilen. Wir können nicht sagen: Hier ist die Politik, die wir gegenüber den Entwicklungsländern betreiben, und hier ist unsere Politik in Berlin, die eine ganz andere Politik darstellt. Wir können nicht sagen: Die Entwicklungspolitik ist separat zu sehen, sie darf durch unsere deutschen Probleme nicht gestört werden. Kein Mensch in der Welt würde ein solch schizophrenes politisches Verhalten der Deutschen verstehen. Jeder aber wird verstehen, daß die nationale Politik eines Landes nur eine Einheit sein kann. Meine Damen und Herren, ich habe es selbst draußen erlebt, es gibt so viel Länder, denen wir geholfen haben, die gerade in der Frage unseres getrennten Volkes großes Verständnis haben. Das sollten wir nicht unterschätzen. Auch 17252 Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - 215. Sitzung. Bonn, Freitag, den 25. April 198o das ist ein Gewinn, den wir durch unsere Entwicklungspolitik einbringen. ({12}) Herr Minister, deshalb sollten wir alles verhüten, daß sich jemand vor der Berlin-Frage auch im internationalen Feld scheut. Wir sollten alle danach trachten, daß Berlin - um wieder zu einem konkreten Anliegen zu kommen - als ein Platz gestärkt wird, an dem mehr als an jedem anderen Ort in der Welt vor allem die personelle Zusammenarbeit mit Führungs-, Fach- und Lehrkräften der Entwicklungsländer so intensiv wie irgend möglich gepflegt wird. Schließlich gibt es auch in Berlin wie kaum in einer anderen Stadt auf der Welt zahlreiche hoch angesehene Bildungseinrichtungen, die diesen Lehr-und Lernauftrag, dessen Erfüllung in erster Linie der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung obliegt, unterstützen können. Seien Sie sicher, meine Damen und Herren, alle die, die aus der Dritten Welt nach Berlin kommen - wir brauchen es nicht zu sagen -, erleben die geteilte Stadt und nehmen einen Begriff von einem freien demokratischen Rechtsstaat dann auch in ganz anderer Form mit nach Hause. Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Herr Präsident, ich bin dankbar; ich habe gesehen, Sie haben mich etwas länger reden lassen. Das erkenne ich sehr an. Meine Damen und Herren, ich bitte deshalb noch einmal die Bundesregierung, dem Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu Beginn der neuen Legislaturperiode einen Bericht vorzulegen, in dem die Möglichkeit des Ausbaus der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung in Berlin aufgezeigt wird, damit dann unverzüglich über den weiteren Ausbau der DSE in Berlin beschlossen werden kann. Da die Aus- und Fortbildung vor allem in der Hoheit der Bundesländer liegt, hoffe ich, daß auch die Bundesländer von der Bundesregierung aufgefordert werden, im Zusammenhang mit einem verstärkten Berlin-Engagement auch anzuzeigen, wo sie selbst bereit wären, die Aus- und Fortbildung von Angehörigen der Entwicklungsländer in verstärktem Maße vorzunehmen. Meine Damen und Herren, Ziel unserer gemeinsamen Arbeit von Parlament und Regierung muß bleiben, daß wir eine echte Hilfe zur Selbsthilfe der Menschen der Dritten Welt leisten. ({13})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag zu Punkt 18 a der Tagesordnung auf Drucksache 8/2861 zur federführenden Beratung an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu überweisen, zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft sowie zur Mitberatung und zur Beratung gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung zu Punkt 18 b der Tagesordnung. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/3217 die Annahme einer Entschließung. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Beschlußempfehlung des Ausschusses ist angenommen. Wir kommen zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 18 d. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung des Vierten Berichts zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung auf Drucksache 8/3582 zur federführenden Beratung an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit vor, zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft und an den Haushaltsausschuß. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur Abstimmung zum Zusatzpunkt der Tagesordnung. Es wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP auf Drucksache 8/3944 zur federführenden Beratung an den Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie zur Mitberatung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Dienstag, den 13. Mai 1980, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.