Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/21/1980

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung folgende amtliche Mitteilung: Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen - Stand: 18. März 1980 - vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen: Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Olympischen Spielen in Moskau ({0}) zuständig: Sportausschuß Entschließung des Europäischen Parlaments zur Verhaftung von Akademiemitglied Sacharow ({1}) zuständig: Auswärtiger Ausschuß Erhebt sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Es ist so beschlossen. Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 17. März 1980 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Häfele, Windelen, Haase ({2}), Dr. Riedl ({3}), Glos, von der Heydt Freiherr von Massenbach, Dr. Sprung, Röhner und der Fraktion der CDU/CSU betr. Äußerungen von Bundesfinanzminister Matthöfer über Ausgabenkürzungen und Einnahmeerhöhungen für 1981 - Drucksache 8/3742 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/3801 verteilt Der Bundesminister für Verkehr hat mit Schreiben vom 18. März 1980 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Narjes, Sick, Dreyer, Helmrich, Dr. Müller-Hermann, Broll, Rühe, Damm, Dr. von Geldern, Dr.-Ing. Oldenstädt, Besch, Klinker, Stutzer, Frau Hoffmann ({4}), Dr. Hubrig, Glos, Dr. Miltner, Dr. Rose, Susset, Dr. Friedmann, Baron von Wrangel, Benz, Frau Dr. Riede ({5}), Kittelmann, Dr. Sprung, Dr. Klein ({6}), Dr. Köhler ({7}) und Genossen betr. Küstenautobahn - Drucksache 8/3762 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3823 verteilt. Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 18. März 1980 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Erhard ({8}), Dr. Dollinger, Gerster ({9}), Spranger, Berger ({10}), Dr. Laufs, Broll, Regenspurger, Krey, Dr. Langguth, Niegel, Gerlach ({11}), Höffkes, Dr. Jobst, Sick, Dr. Stavenhagen, Dr. Jenninger, Dr. Hoffacker und der Fraktion der CDU/CSU betr. Beförderungsstau im gehobenen nichttechnischen Betriebs- und Verwaltungsdienst der Deutschen Bundespost und in der Bundeszollverwaltung - Drucksache 8/3682 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 8/3838 verteilt. Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 5. bis 18. März 1980 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/3834 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen. Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehende Vorlage überwiesen: Aufhebbare Zweiundvierzigste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung ({12}) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum rechtzeitig zum 3. Juli 1980 vorzulegen. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksache 8/3792 Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst und die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Kirschner sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Damit kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi zur Verfügung. Die Fragen 86 und 87 des Herrn Abgeordneten Voigt ({13}) sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 88 des Herrn Abgeordneten Niegel auf. -- Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 89 des Herrn Abgeordneten Broll auf: Auf Grund welcher Bestimmung der Satzung, der Geschäftsordnung oder des Rahmenvertrags mit dem Auswärtigen Amt gehört es zu den Aufgaben inländischer Zweigstellen des Goethe-Instituts, die Rolle des Veranstalters oder Mitveranstalters bei einem Auftritt von Günter Wallraff im Rahmen seiner Kampagne gegen die Bild-Zeitung zu übernehmen?

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Herr Kollege, die Bundesregierung hat auf die Gestaltung der Programme des Goethe-Instituts im Inland keinen Einfluß. Wie Sie wissen, ist das Goethe-Institut keine Bundesbehörde, sondern ein eingetragener Verein, der auf Grund des Rahmenvertrags von 1976 mit dem Auswärtigen Amt mit der Pflege der deutschen Sprache im Ausland sowie der Förderung der internationalen kulturellen Zusammenarbeit betraut ist. Nur für diese Auslandsarbeit werden dem Goethe-Institut Mittel des Auswärtigen Amts zugewiesen. Auf die Inlandsarbeit hat das Auswärtige Amt keinen Einfluß und nimmt auch keinen Einfluß.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, glauben Sie nicht, daß dann, wenn sich die Goethe-Institute in so unterschiedlicher Weise jeweils in innenpolitisch-kämpferische Kampagnen einmischen, es dagegen im auswärtigen Bereich nicht dürfen, der Ruf der Institute insgesamt leidet, wenn ein Institut offiziell als Veranstalter solch einer kämpferischen Veranstaltung auftritt?

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Nein.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, auf welche Erkenntnisse oder Erfahrungen gründet sich Ihre Annahme, daß der Ruf einer Institution nicht leidet, wenn sich ein Teil - sagen wir es einmal ohne Wertung, Herr Präsident - schlecht benimmt?

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Darauf, Herr Kollege, daß die Institute einen guten Ruf haben und bisher behalten haben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger, bitte.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist nach Ihrer Darlegung davon auszugehen, daß das Auswärtige Amt mit der Durchführung solcher Veranstaltungen durch Goethe-Institute im Inland einverstanden ist?

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Herr Kollege, nachdem ich die Rechtslage und die dahinterstehende Politik dargestellt habe, würde ich ja wohl einen Fehler machen, wenn ich von dieser Stelle aus eine Beurteilung vornehmen würde.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 90 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf: Woher nimmt die Bundesregierung die rechtliche Begründung, „den Verlust der eigenen Heimat ({0}) als unwiderruflich anzuerkennen"?

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Herr Kollege, Sie nehmen ganz offenbar auf das Referat Bezug, das ich im Februar beim deutsch-polnischen Gespräch in Bielefeld gehalten habe. ({0}) In Zusammenhang lautet das Zitat wie folgt: Für viele war es dann in den 60er Jahren nicht leicht zu erkennen, daß ihre frühere Heimat inzwischen zur Heimat von Polen geworden war. Den Verlust der eigenen Heimat als unwiderruflich anzuerkennen muß jedem Volk schwerfallen. Ich habe mit dieser Feststellung, Herr Kollege, keine juristische Aussage gemacht, sondern ich habe vielmehr eine Erfahrung beschrieben, die Millionen Deutscher, die ihre frühere Heimat besucht haben, inzwischen haben machen müssen. Ich muß es Ihnen überlassen festzustellen, ob Sie glauben, daß diese gemachte Erfahrung widerrufbar wäre.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, können Sie mir darin zustimmen, daß im Warschauer Vertrag eine Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze nicht ausgesprochen worden ist?

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Herr Kollege, ich wiederhole, was ich eben gesagt habe: Ich habe mich nicht auf eine juristische Frage bezogen, sondern auf die Erfahrung, die Millionen Deutscher haben machen müssen, als sie festgestellt haben, daß sie ihre Heimat unwiderruflich verloren haben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich möchte meine Frage, die ich jetzt gestellt habe, wiederholen: Können Sie mir darin zustimmen, daß im Warschauer Vertrag die Oder-Neiße-Linie als Grenze nicht anerkannt worden ist?

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Herr Kollege, ich habe an dieser Stelle zum Warschauer Vertrag wiederholt Stellung genommen. An der juristischen Lage besteht ja kein Zweifel. Aber hier ging es nicht um eine juristische Frage, sondern um eine materielle Feststellung der Erfahrung von Menschen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, können Sie im Ernst ausschließen, daß bei einer solchen Äußerung immerhin des Staatsministers im Auswärtigen Amt die Gefahr besteht, daß der Begriff „unwiderruflich" mißverstanden oder sogar mißbraucht wird in dem Sinne, den Friedensvertragsvorbehalt im Warschauer Vertrag zu unterlaufen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich kann das bei all denjenigen ausschließen, die dem zugehört haben, was ich gesagt habe, oder lesen, was ich geschrieben habe. Wenn man das allerdings juristisch fehlinterpretieren will, kann ich natürlich Mißverständnisse nicht ausschließen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 91 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf: Warum nennt die Bundesregierung zwar die Verbrechen unter Hitler Verbrechen, lehnt aber gleichzeitig diese Bezeichnung für die Verbrechen ab, deren Opfer 1945 und danach Deutsche geworden sind?

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Herr Kollege, die Formulierung in meinem Referat, auf das ich eben bereits Bezug genommen habe, lautete vollständig - ich möchte das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -: Unvergessen waren - und sind - die Leiden, die das polnische Volk während des Zweiten Weltkrieges durch den deutschen Überfall und die deutsche Besetzung ertragen mußte und die fast jede polnische Familie betroffen haben. Im Gefolge der Verbrechen, die Deutsche im Namen des deutschen Volkes begangen haben, mußte das deutsche Volk durch Vertreibung aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße ebenfalls schwere Leiden ertragen. Mit meiner Äußerung habe ich den historischen Hintergrund des gegenwärtigen Standes der deutsch-polnischen Beziehungen, so scheint mir, zutreffend geschildert.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, würden Sie auch die Vertreibung von Millionen Menschen genauso, wie Sie die Verbrechen unter Hitler Verbrechen genannt haben - und das zu Recht -, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nennen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Vertreibungen, die im Gefolge der Verbrechen der Deutschen erfolgt sind, waren sicherlich ein Unrecht. Im Zusammenhang mit diesem Unrecht sind sicherlich im Einzelfall auch Verbrechen geschehen. Aber man muß, wenn man die Zusammenhänge so versteht, wie ich sie darzustellen versucht habe, auch die Kausalität dieser Zusammenhänge im Auge behalten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ein Verbrechen kann nicht ein neues Verbrechen rechtfertigen.

Not found (Gast)

Das ist richtig, Herr Kollege.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 92 des Herrn Abgeordenten Jäger ({0}) auf: Ist die Türkei nach Auffassung der Bundesregierung ein Land, in dem Kritiker der Regierung oder andere Einwohner von staatlichen Stellen politisch verfolgt werden, und was gedenkt die Bundesregierung verneinendenfalls zu unternehmen, um dem Zustrom angeblich politisch Verfolgter aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland zu begegnen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Türkei ist nach Auffassung der Bundesregierung kein Land, in dem Kritiker der Regierung oder andere Einwohner von staatlichen Stellen politisch verfolgt werden. Das bedeutet nicht, daß es dort keine gewaltsamen inneren Auseinandersetzungen mit politischem Hintergrund gäbe. Im übrigen ist zur Zeit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene unter Federführung des Bundesministers des Innern dabei zu prüfen, wie dem Problem eines weiteren Zustroms von Asylsuchenden aus der Türkei auf den Rechtsgrundlagen des Grundgesetzes und der deutschen Gesetze begegnet werden kann.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, bitte.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, nachdem wir vorgestern in diesem Hause von Ihrem Kollegen aus dem Innenministerium gehört haben, daß die ungeheuer angeschwollene Zahl der Asylbewerber hauptsächlich durch die Asylsuchenden aus der Türkei verursacht ist, frage ich Sie: Was unternimmt die Bundesregierung, um angesichts dessen, was Sie eben geschildert haben, diese Flut zu stoppen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe ja gerade gesagt, daß die Bundesregierung dabei ist, Wege zu suchen, die auf der Grundlage des Grundgesetzes und der deutschen Gesetzgebung eine solche Möglichkeit bieten. Wir werden dabei allerdings - da sind wir mit Ihnen sicherlich einer Meinung, Herr Kollege - die Grundlage des Grundgesetzes und der deutschen Gesetze nicht verlassen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, teilen Sie die Auffassung, daß die Bundesregierung angesichts der Tatsache, daß dieser Zustrom jetzt im Grunde genommen den von der Bundesregierung selbst verhängten Anwerbestopp für Gastarbeiter zu unterlaufen droht, zu besonderen Anstrengungen aufgerufen ist?

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Auch wenn dieser Zusammenhang nicht bestünde, teilte ich die Auffassung, daß angesichts der Probleme, die sich hier ergeben, Abhilfe geschaffen werden muß.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Conradi. Conradi ({0}) Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung bereit, den ersten Satz Ihrer Antwort zu überprüfen, wenn ich Ihnen Äußerungen - beispielsweise von „amnesty international" - über Folterungen und Mißhandlungen in der Türkei vorlege?

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Herr Kollege, das, was ich gesagt habe, ist - wenn ich es wiederholen darf -, daß die Türkei kein Land ist, in dem Kritiker der Regierung oder andere Personen von staatlichen Stellen politisch verfolgt würden; damit meine ich natürlich: auf der Grundlage der dort bestehenden Gesetze. Daß es im Einzelfall auch dort Gesetzes- und Rechtsverletzungen geben kann, ist unbestreitbar. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie erklärt sich die Bundesregierung die große Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland um Asyl nachsuchenden Türken?

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Herr Kollege, hier kommen sicherlich zahlreiche, verschiedene Entwicklungen zusammen. Da sind einmal die politischen Konflikte, von denen ich gesprochen habe, die zwar nicht von der Regierung ausgetragen werden, worauf ich eben noch einmal hingewiesen habe, die es aber gibt und die für die Betroffenen zu erheblichen Problemen führen. Ich denke natürlich auch an die Entwicklung im wirtschaftlichen Bereich, an Probleme der Familienbegegnung usw. Kurz, es gibt eine Vielzahl von Elementen, die zu dieser Entwicklung führen. Und deswegen, Herr Kollege, ist es auch eine schwierige Aufgabe, der Entwicklung auf der Grundlage des Grundgesetzes und der bestehenden Gesetze zu begegnen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 93 des Herrn Abgeordneten Dr. Schweitzer auf: Was ist die derzeitige Politik der Bundesregierung im Hinblick auf den britischen Beitrag zum EG-Haushalt und damit zusammenhängende Probleme der Gemeinschaft?

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Herr Kollege Schweitzer, der britische Beitrag zum Haushalt der Gemeinschaft liegt erheblich höher als die Rückflüsse aus dem Gemeinschaftshaushalt nach Großbritannien. Dieses Problem hat bereits beim Europäischen Rat in Dublin Ende November 1979 eine Rolle gespielt, und es wird am 31. März in Brüssel wiederum Gegenstand der Beratungen sein. Es handelt sich um ein Problem der Gemeinschaft, dessen Lösung den zuständigen Organen der Gemeinschaft obliegt. Die Bundesregierung wird allerdings versuchen, mit ihren Bemühungen zu einer Lösung des Problems beizutragen, und wird sich dabei von folgenden Grundsätzen leiten lassen. Grundlage jeder Lösung sind die Verträge und der gemeinschaftliche Rechtsbestand, der sich auf dieser Basis entwickelt hat. Das System der eigenen Einnahmen der Gemeinschaft darf als System nicht angetastet werden. Die Ausgaben der Gemeinschaft müssen sich nach den jeweiligen gemeinsamen Politiken und nicht etwa in erster Linie nach Gesichtspunkten des Finanztransfers richten; gegebenenfalls müssen die Politiken allerdings entsprechend angepaßt werden. Es darf in der Gemeinschaft nicht dahin kommen, daß von jedem Mitgliedstaat etwa die Summe als Rückfluß wieder beansprucht wird, die seinem Beitrag zu den eigenen Einnahmen der Gemeinschaft entspricht. Das heißt, der Grundsatz des sogenannten „juste retour" muß unter allen Umständen abgelehnt werden, wenn die Gemeinschaft als Solidargemeinschaft bestehen soll.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage? - Bitte.

Prof. Dr. Carl Christoph Schweitzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002131, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, glaubt die Bundesregierung, daß Großbritannien wirklich ein Mitglied der Gemeinschaft bleiben möchte, wenn es jetzt eine Art broad balance, einen, wie Sie es ja auch genannt habe, juste retour, eine gerechte Gegenleistung im Rahmen des EG-Haushalts fordert?

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Herr Kollege, ich habe gar keinen Zweifel daran, daß trotz des öffentlichen Stimmungsbildes in Großbritannien, das sich insbesondere in der britischen Presse niederschlägt, die Mehrheit des britischen Volkes - wie es auch bei dem Referendum zum Ausdruck kam - ein Interesse daran und auch die Absicht hat, Mitglied der Gemeinschaft zu bleiben. Allerdings sind die Bedingungen, die sich für Großbritannien entwickelt haben, schwierige Bedingungen geworden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Bitte, eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Carl Christoph Schweitzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002131, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, gibt es nach Auffassung der Bundesregierung umgekehrt Kräfte in Europa, die Großbritannien aus der Gemeinschaft gewissermaßen wieder heraushaben möchten?

Not found (Gast)

Es gibt leider solche Äußerungen, Herr Kollege. Es gab vor einigen Tagen eine solche Äußerung des Bürgermeisters von Paris, Herrn Chirac. Ich will aber unterstreichen, daß, abgesehen von solchen Ausnahmen, auch auf dem Kontinent in den Mitgliedstaaten die große Mehrheit der Bevölkerung und alle Regierungen überzeugt davon sind, daß Großbritannien heute ein konstruktives Mitglied der Gemeinschaft ist und dieses auch blieben sollte.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, welche Folgen wären für die Gemeinschaft mit einem Ausscheiden Großbritanniens verbunden?

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Herr Kollege, es ist schwierig, zu diesem Zeitpunkt eine Entwicklung vorzuzeichnen, von der wir alle hoffen, daß sie nicht eintreten wird. Mir scheint aber kein Zweifel daran zu bestehen, daß die Folgen sich nicht allein auf die Europäische Gemeinschaft beschränken würden und daß Großbritannien vor eine Alternative gestellt würde, die wir alle nicht wünschen können, nämlich ob es auch im übrigen, nicht nur in wirtschaftlichen Fragen, seine Politik weiterhin eng mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft abstimmt. Mit anderen Worten, die Folgen würden vermutlich, wenn dieses nicht erwartete und von uns in der Entwicklung auch nicht vorausgesehene Ereignis eintreten sollte, nicht nur den wirtschaftlichen, sondern auch den außenpolitischen Zusammenhang zwischen der Gemeinschaft und Großbritannien intensiv berühren.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Czempiel.

Dr. Christa Czempiel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000345, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, was sagt die Bundesregierung zur Äußerung der britischen Premierministerin, Großbritannien werde die Zahlungen an die Gemeinschaft eventuell einstellen?

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Frau Kollegin, wenn man das Protokoll der Unterhausdebatte bzw. der Fragestunde liest, in der die Äußerung gefallen ist, so ist sie wohl so zu verstehen, daß diese Äußerung als Antwort auf eine Frage gegeben wurde, in der diese Möglichkeit impliziert wurde. Wir gehen nicht davon aus, daß die britische Regierung die bestehenden Rechtsverbindlichkeiten brechen würde - denn ein solcher Rechtsbruch würde gegeben sein -; wir gehen vielmehr davon aus, daß die britische Regierung alle Anstrengungen machen wird, Mitglied der Gemeinschaft zu sein und zu bleiben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Conradi.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, hält die Bundesregierung die Forderung der Regierung des Vereinigten Königreiches im Grundsatz für gerechtfertigt?

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Die Forderung ist in dem Umfang, wie sie häufig gestellt wurde, wahrscheinlich nicht gerechtfertigt. Daß Großbritannien aber einen mindestens moralischen Anspruch auf einen gewissen Ausgleich hat, ergibt sich nicht nur aus Äußerungen im Zusammenhang mit den Beitrittsverhandlungen 1970, sondern auch aus den Zahlen. Es besteht nach den allerletzten Zahlen der Kommission kein Zweifel daran, daß Großbritannien - wenn wir keinen Ausgleich fänden - im Jahre 1980 mit Abstand der größte Nettozahler der Gemeinschaft würde, sehr viel größer übrigens auch als die Bundesrepublik Deutschland. Dies kann niemand wollen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Schlei.

Marie Schlei (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001979, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, würden für den Fall des Ausscheidens Großbritanniens für die verbleibenden Mitgliedstaaten der Gemeinschaft höhere oder niedrigere Einzahlungsmargen entstehen?

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Frau Kollegin, gar kein Zweifel, die Beträge würden natürlich höher sein, denn der Anteil, den Großbritannien heute mitträgt, müßte bei Fortsetzung der Politik der Gemeinschaft von den übrigen Mitgliedstaaten gedeckt und getragen werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker.

Dr. h. c. Helmuth Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000127, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, können Sie uns Angaben über die Nettobeiträge der übrigen Mitgliedstaaten zum EG-Haushalt machen?

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Herr Kollege, das kann ich. Nach dem uns seit gestern vorliegenden Stand der Kommissionsvorausschätzungen würde es, ausgedrückt in Millionen Europäischen Rechnungseinheiten, etwa wie folgt aussehen: Großbritannien mit 1683 Millionen Rechnungseinheiten Nettobeitrag, die Bundesrepublik mit 1 116 Millionen Nettobeitrag, Frankreich aber bereits mit einem Nettobezug, also keinem Nettobeitrag, sondern einem Nettorückfluß von 41 Millionen, ebenso Italien mit einem Nettorückfluß von 754 Millionen, Irland von 502, Belgien von 469, Luxemburg von 287, die Niederlande von 358, Dänemark von 388 Millionen. Dies waren alles Nettobezüge. Die Bundesrepublik und Großbritannien dagegen würden Nettobeiträge leisten.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit Zur Beantwortung steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Zander zur Verfügung. Die Fragen 1 der Abgeordneten Frau Pack und 32 und 33 des Abgeordneten Braun werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf: Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung entgegen ihrer Ankündigung vom Sommer letzten Jahres bis heute noch kein Gesundheitssicherstellungsgesetz vorgelegt?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung beabsichtigt, den Referentenentwurf eines Gesundheitssicherstellungsgesetzes so weit abzustimmen, daß er Anfang der nächsten Legislaturperiode in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden kann. Angesichts des Umfangs der zu erledigenden Arbeiten konnte die ursprüngliche Terminvorstellung nicht verwirklicht werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, halten Sie die von Ihnen hier soeben genannten Gründe für wirklich ausreichend, daß ein solches Gesetz, über dessen Notwendigkeit seit Jahrzehnten kein Zweifel besteht, dem Kabinett und danach dem Bundestag erst so spät zu- geleitet wird?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege, bei dem Umfang und den Regelungen, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, sind sehr umfangreiche Abstimmungsarbeiten nicht nur innerhalb der Bundesregierung, sondern auch mit den Ländern und mit Verbänden notwendig. Diese Arbeiten konnten noch nicht abgeschlossen werden.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann es die Bundesregierung wirklich verantworten, daß in Katastrophenfällen wie etwa bei dem Explosionsunglück, das wir vor wenigen Jahren in Spanien hatten, weder die Rechtsgrundlagen noch andere Voraussetzungen dafür bestehen, daß die Bevölkerung ausreichend geschützt und versorgt werden kann?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege, ich werde in der Antwort auf Ihre nächste Frage auf den Bereich des Katastrophenschutzes noch zu sprechen kommen, der in der Tat unbefriedigend ist.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker ({0}).

Dr. Karl Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Schwierigkeiten hauptsächlich im Bereich der Länder bestehen, vor allem im Land Nordrhein-Westfalen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Das ist nicht zutreffend. Es handelt sich sowohl beim Katastrophenschutz als auch bei der Vorbereitung des Gesundheitssicherstellungsgesetzes um Probleme, die sich gleichermaßen quer durch die Bundesrepublik ziehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein auf: Ist die Bundesregierung nunmehr der Auffassung, daß die gesund- heitliche Versorgung der Bevölkerung im Katastrophen-, Spannungsund Verteidigungsfall sichergestellt ist?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hält, wie in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU - Bundestagsdrucksache 8/2992 - zum Ausdruck gebracht wurde, die vorhandenen Rechtsvorschriften und die bisher von Bund und Ländern getroffenen Vorkehrungen nicht für ausreichend, um die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in einem Spannungs- und Verteidigungsfall sicherzustellen. Ihr Bestreben ist darauf gerichtet, durch eine ergänzende Regelung die noch vorhandene Lücke im gesundheitlichen Zivilschutz zu schließen und dabei das zivile Gesundheitswesen so nahtlos in die bisherigen Vorkehrungen einzupassen, daß im Verteidigungsfall ein reibungsloses Zusammenwirken aller für den Gesundheitsschutz und die gesundheitliche Versorgung Verantwortlichen gewährleistet ist. Vorkehrungen des Bundes für den Verteidigungsfall und Vorkehrungen der Länder für den Katastrophenfall im Frieden sind von gegenseitigem Einfluß.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie mir zustimmen, Herr Staatssekretär, daß das Vorhandensein eines Gesundheitssicherstellungsgesetzes auch einem Teil der Schwierigkeiten, die Sie hier eben aufgezählt haben, begegnen könnte?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Ich würde dem jedenfalls nicht widersprechen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, bitte.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung in Katastrophen-, Verteidigungs- und Spannungsfällen ausschließlich durch das Prinzip der Freiwilligkeit von Ärzten und Helfern gewährleistet werden kann?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Nein, Herr Kollege. Das ist ja der Grund, warum wir wirklich mit Nachdruck an der Vorbereitung dieses Gesetzes arbeiten und beabsichtigen, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode den Entwurf vorzulegen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Becker ({0}).

Dr. Karl Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie lange ziehen sich jetzt die Arbeiten an der Vorbereitung dieses Gesetzes hin?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Da bin ich überfragt, Herr Kollege Dr. Becker. Mir sind, seitdem ich in diesem Ministerium bin, seit etwa drei bis vier Jahren, entsprechende Vorarbeiten bekannt. Aber ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß es sich hier wirklich um eine sehr umfangreiche Rechtsmaterie handelt, die sowohl in ihren verfassungsrechtlichen als auch in ihren finanziellen Auswirkungen erhebliche Konsequenzen nach sich zieht. Es ist keineswegs ungewöhnlich für ein Gesetzesvorhaben dieses Umfanges, daß von dem Beginn der ersten Überlegungen ein solcher Zeitraum vergeht. Ich kenne andere Gesetzgebungsvorhaben von ähnlichem Umfange, die sich über zehn Jahre hingezogen haben.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamentarischer Staatssekretär Mahne zur Verfügung. Die Fragen 69 und 70 des Abgeordneten Dr. Möller, 72 des Abgeordneten Ey, 74 des Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) und 75 des Abgeordneten Wüster sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Lenzer auf: Welche gesetzlichen oder administrativen Regelungen für Bundesmittel bestehen bei der Finanzierung von Radfahr- bzw. Fußwegen an Bundesfernstraßen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege Lenzer, die Finanzierung von Radfahrwegen und von Fußwegen an Bundesfernstraßen außerhalb von Ortsdurchfahrten durch den Bund ist gemäß Bundesfernstraßengesetz gegeben, soweit sie Bestandteile von Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes sind. Die Finanzierung von Radfahr- und Fußwegen durch den Bund ist ferner an solchen Straßen möglich, die gemäß § 2 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes oder § 5 a des Fernstraßengesetzes förderungswürdig sind. Für die administrative Handhabung bestehen Richtlinien des Bundesministers für Verkehr für die Gewährung von Bundeszuwendungen zu Straßenbaumaßnahmen von Gemeinden und Gemeindeverbänden nach § 5 a des Fernstraßengesetzes vom 15. September 1971 sowie jeweils von den Ländern erlassene Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, hält die Bundesregierung die jetzigen Regelungen für ausreichend, um auch eine entsprechende Anregung für die kommunalen Baulastträger zu erreichen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Die Bundesregierung hält die Regelungen für ausreichend.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie etwas über den Mittelabfluß bzw. über die Mittel, die beim Bund für diese Baumaßnahmen bereitgestellt sind, angeben?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Es tut mir leid, die Zahlen liegen mir nicht vor. Wir müssen sie bei den Ländern erfragen. Ich bin gerne bereit, dies zu tun und sie Ihnen zur Verfügung zu stellen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 67, der Frau Abgeordneten Dr. Czempiel auf: Trifft es zu, daß bei Personenkraftwagen älteren Typs keine Ausrüstungspflicht für Gurte auf den Vordersitzen besteht, und wie wird diese unterschiedliche Gesetzeslage von den Versicherungen berücksichtigt?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Frau Kollegin, dies trifft grundsätzlich für die Fahrzeuge zu, die vor dem 1. April 1970 erstmals in den Verkehr gekommen sind, und in beschränktem Umfange für Fahrzeuge, die zwischen diesem Datum und dem 1. Januar 1974 erstmals in den Verkehr kamen und nicht mit Sicherheitsgurtverankerungen ausgerüstet waren. Diese unterschiedliche Gesetzeslage wird von den Versicherungsunternehmen bei der Schadensregulierung entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung berücksichtigt. Mitverschulden bei Nichtanlegen von Sicherheitsgurten wird demzufolge nur geltend gemacht, wenn eine Ausrüstungsoder Nachrüstungspflicht für die Fahrzeuge besteht.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine Zusatzfrage? ({0}) Dann rufe ich die Frage 68 der Frau Abgeordneten Dr. Czempiel auf: Ist beabsichtigt, eine Ausrüstungspflicht für Gurte in Bussen gesetzlich vorzuschreiben?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Frau Kollegin, Pflicht zur Ausrüstung aller Sitze in Kraftomnibussen mit Sicherheitsgurten wird angesichts der relativ großen Verkehrssicherheit dieser Fahrzeuge sowohl national wie auch international zur Zeit nicht erwogen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Dr. Christa Czempiel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000345, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wird das auch nicht für Sitze direkt vorn neben dem Fahrer erwogen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Doch, Frau Kollegin, es gibt zur Zeit Überlegungen sowohl in den zuständigen nationalen wie auch in den internationalen Gremien, in Anlehnung an den Versuch „100 km/h für Kraftomnibusse auf Autobahnen'' nur die Ausrüstung des Fahrzeugführersitzplatzes und der vorderen Sitzplätze, die - wenn man so will - direkt an der Scheibe liegen und vor denen keine weiteren Sitze mehr vorhanden sind, mit Sicherheitsgurten vorzusehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Spranger auf: Hat die Bundesregierung tatsächlich die Einstellung der Bauarbeiten im Rahmen der Bundesautobahn A 7 ({0}) mit der Behauptung begründet, ihr fehle wegen der geplanten Unterstützung der Türkei und Pakistans das Geld, und wie glaubt die Bundesregierung, die Einstellung der Bauarbeiten unter dem Gesichtspunkt rechtfertigen zu können, daß die Autobahn für die wirtschaftliche und strukturelle Entwicklung im westfränkischen Raum von derartiger Bedeutung ist, daß auf die Verwirklichung anderer, weniger wichtiger Autobahnprojekte verzichtet wurde?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege Spranger, die Frage geht von der Annahme aus, daß die Bauarbeiten an der Bundesautobahn Würzburg-Ulm, der A 7, eingestellt worden sind. Diese Annahme entspricht nicht den Tatsachen. Die Bauarbeiten schreiten zügig voran.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Grundlage meiner Frage Pressemeldungen waren, die haargenau das dargestellt haben, was in meiner Frage steht, und wollen Sie mit Ihrer Antwort zum Ausdruck bringen, daß diese Pressemeldungen nicht den Tatsachen entsprechen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Genau dies ist mein Anliegen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Carl Dieter Spranger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002205, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist davon auszugehen, daß die Bauarbeiten auch in den kommenden Jahren entsprechend den bisherigen Planungen ohne Beeinträchtigung fortgesetzt werden?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung geht weiterhin von einer möglichst schnellen und zügigen Fertigstellung der Bundesautobahn A 7 aus. Sie hat diese Maßnahme als sehr vordringlich bezeichnet. Die bayerische Teilstrecke von Würzburg nach Feuchtwangen kann voraussichtlich entsprechend den Bauvorbereitungen wie vorgesehen im Jahre 1983 fertiggestellt werden. Die für 1980 bereitgestellten Mittel in Höhe von 92,6 Millionen DM werden zügig abfließen. Dabei geht man von diesem Termin aus. Dagegen wird die baden-württembergische Teilstrecke wegen erschwerter Bauvorbereitung voraussichtlich nicht bis 1983 fertiggestellt werden können. Aber auch hier gehen wir bei der Bereitstellung der Mittel für 1980 in Höhe von 46 Millionen DM, in voller Höhe, von einem zügigen Baufortschritt aus.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 73 des Herrn Abgeordneten Niegel auf: Ist der Bundesverkehrsminister bereit, unter den veränderten Verhältnissen sowie der Zusage des bayerischen Wirtschaftsministers, Jaumann, daß Bayern sich an der Elektrifizierung der Strecke Hochstadt-Hof beteiligt ({0}), die Elektrifizierung der Bundesbahnstrecke Hochstadt-Hof in Angriff zu nehmen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege Niegel, der Vorstand der Deutschen Bundesbahn entscheidet grundsätzlich nach Bundesbahngesetz über Fragen der Betriebsführung und der Zugförderung in eigener Zuständigkeit und unternehmerischer Verantwortung. Die Initiative für eine Änderung der Traktionsart liegt somit zunächst bei der Unternehmensleitung der Deutschen Bundesbahn. Der Bundesminister für Verkehr genehmigt gemäß § 14 des Bundesbahngesetzes auf Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn und nach Beschlußfassung durch den Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn die Umstellung von Strekken auf elektrischen Betrieb, wenn der Vorstand der Deutschen Bundesbahn eine Änderung der bisherigen Dieseltraktion aus verkehrlichen und betrieblichen Gründen für erforderlich hält, sich das Wirtschaftsergebnis der Deutschen Bundesbahn durch die Investitionsmaßnahme zumindest nicht verschlechtert und die Finanzierung des Vorhabens gesichert ist. Ein Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn bezüglich der Elektrifizierung dieser Strecke liegt dem Bundesminister für Verkehr nicht vor. Der Sachstand seit Ihrer Anfrage in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 13. Februar 1980 ist derzeit unverändert.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage? - Bitte.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie kommt dann ein Bundesbahndirektor, der bei der Bundesbahndirektion Nürnberg für die Elektrifizierung zuständig ist, dazu, in einem Interview mit der „Bayerischen Rundschau" in Kulmbach folgendes zu sagen: Über die Investitionen bezüglich einer Elektrifizierung entscheidet nicht die Deutsche Bundesbahn, sondern der Eigentümer, und das ist der Bund.

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Ich habe darauf hingewiesen, daß der Bundesverkehrsminister auf Antrag des Vorstandes der Deutschen Bundesbahn und des Verwaltungsrates der Deutschen Bundesbahn nach § 14 des Bundesbahngesetzes entscheidet, wenn ein entsprechender Antrag vorliegt und die Voraussetzungen - diè ich auch genannt habe - sowohl für die Wirtschaftlichkeit wie für die Finanzierung des Vorhabens gegeben sind.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie würde die Bundesregierung, wenn sie schon nicht direkt die Initiative ergreift, eine Umstellung von Diesel- auf Elektrobetrieb hinsichtlich der Energieeinsparung beurteilen, und wie beurteilt die Bundesregierung die Situation, wenn vorher die Bundesbahn verlangt, daß zwischenzeitlich drei Brükkenbauwerke wegen der Elektrifizierung um fast 1 m höher gesetzt werden, die Bundesbahn aber nunmehr nein sagt?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Angesichts der zunehmenden Verknappung der Primärenergieträger sind die optimale Ausnutzung der eingesetzten Energie und ihr sparsamer Verbrauch natürlich von besonderer Bedeutung. Die elektrische Traktion erbringt gegenwärtig auf 37 % des Gesamtnetzes der Deutschen Bundesbahn 38 % aller Transportleistungen. Der Rest entfällt auf die Dieseltraktion. Die für die Zugführung der Deutschen Bundesbahn erforderliche Menge an Dieselkraftstoff macht nur einen Anteil von rund 0,4 % des gesamten Mineralölverbrauchs in der Bundesrepublik aus, so daß ein Ersatz der Diesel- durch elektrische Traktion, bezogen auf den Primärenergieverbrauch, keine Einsparung bringt. Zu den Brückenbauwerken, die Sie angesprochen haben, kann ich Ihnen leider jetzt keine Auskunft geben, weil mir dafür keine Unterlagen vorliegen. ({0}) - Das will ich gerne tun.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich rufe die Frage 76 - des Herrn Abgeordneten Lenzer - auf: Ist die Bundesregierung bereit, ihre Entscheidung, den sogenannten Mondscheintarif für Fernsprechteilnehmer zum 1. April 1980 durch eine andere Regelung zu ersetzen, nochmals zu überdenken und statt dessen zur Entlastung der Netze den bisherigen Tarif unter den gleichen Bedingungen bereits auf 20 Uhr vorzuziehen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege Lenzer, schon lange vor der für den 1. April 1980 vorgesehenen Einführung des einheitlichen Billigtarifs ist von der Deutschen Bundespost die Möglichkeit geprüft worden, die heute gültige Nachtgebühr II werktags von 22 Uhr auf 20 Uhr vorzuverlegen. Bei dieser Prüfung hat sich aber gezeigt, daß in der Zeit zwischen 20 Uhr und 22 Uhr noch ein erheblicher Fernmeldeverkehr vorhanden ist, der in Verbindung mit dem aus der Vorverlegung zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsaufkommen verstärkt zu Netzüberlastungen führen würde.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wäre es nicht angesichts der Ertragslage der Deutschen Bundespost im Fernmeldebereich trotzdem angebracht, auch durch eine, was die Zeiten betrifft, attraktivere Gestaltung des Tarifs noch mehr Kunden anzuziehen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege, die Deutsche Bundespost hat gerade im Tarifbereich des Fernmeldewesens in den letzten Jahren verstärkte Anstrengungen gemacht. Denken Sie an die Einführung der Nahbereiche, und denken Sie an die Einführung des Billigtarifes. Aber Sie müssen dabei natürlich auch sehen, daß wir eine bestimmte Grundlast des Fernmeldeverkehrs haben. Wenn wir Ihrem Anliegen entsprächen, würden drei Verkehrsströme zusammenkommen, nämlich der Fernmeldeverkehr, der sich aus der Zeit nach 22 Uhr auf die Zeit nach 20 Uhr verlagern würde, zweitens der Fernmeldeverkehr, der sich wegen des günstigen Tarifs aus der Zeit vor 20 Uhr auf die Zeit nach 20 Uhr verlagern würde, und drittens zusätzlicher Fernmeldeverkehr, der infolge der günstigen Tageszeit und des erheblich billigeren Nachttarifs II entstehen würde. Deshalb sieht die Bundespost zur Zeit keine Möglichkeit, über die bisherige Tarifgestaltung hinauszugehen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage?

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, welche Möglichkeiten hätte denn die Deutsche Bundespost, durch erhöhte Investitionen in den bereits bestehenden Netzen zu einer Entzerrung beizutragen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Die Deutsche Bundespost hat gerade im Bereich der Investitionen in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen gemacht. Wir haben in den verschiedenen Debatten des Deutschen Bundestages darauf hingewiesen. Über das bisherige Geschehen hinaus sieht die Bundespost keine Möglichkeit, weitere Investitionen in diesem Bereich zu tätigen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Conradi auf: Wie ist die Auffassung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen ({0}), die Feststellung der Bundesregierung im Verfassungsschutzbericht, eine Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele, sei nicht identisch „mit ihrer Pflicht, eine Partei mit verfassungsfeindlichen Zielsetzungen zu verbieten", mit dem Wortlaut des Artikels 21 Abs. 2 des Grundgesetzes, nach dem nur das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungswidrigkeit und damit das Verbot einer Partei entscheiden kann, zu vereinbaren, und sieht die Bundesregierung keinen Widerspruch zwischen ihrer Erklärung des Begriffs „verfassungswidrig" und „verfassungsfeindlich" ({1}) und den Äußerungen des Bundespostministers?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege Conradi, die Auffassung, die der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen im Gespräch mit der „Frankfurter Rundschau" vom 7. März 1980 vertreten hat, steht nicht in Widerspruch zu Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes. Der Bundespostminister hat dargelegt, daß bei der Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gegen eine Partei mit verfassungsfeindlichen Zielen Opportunitätsgesichtspunkte eine Rolle spielen. Er hat auf die Betätigung pflichtgemäßen Ermessens und auf hierbei zu erwägende Gesichtspunkte hingewiesen. Daß sich ein Verbotsantrag der Bundesregierung an das Bundesverfassungsgericht richten müßte, blieb bei dem Interview außer Zweifel. Die Bundesregierung sieht auch keinen Widerspruch zwischen ihrer Erklärung des Begriffes der verfassungsfeindlichen Ziele im BMI-Info Nr. 47 vom 16. Februar 1979 und den Äußerungen des Bundespostministers gegenüber der „Frankfurter Rundschau".

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sehen Sie die Gefahr, daß die ständige Verwendung des weder in der Verfassung noch in Gesetzen verankerten Begriffes „verfassungsfeindlich" zu einer Umgehung des Art. 21 Abs. 2 des Grundgesetzes führt, nach dem nur das Bundesverfassungsgericht und nicht irgendwelche Ministerien, Amtsgerichte, Behörden oder Disziplinargerichte das Recht haben, über die Verfassungswidrigkeit einer Partei und damit über das Verbot dieser Partei zu entscheiden?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege, diese Gefahr einer Umgehung des Art. 21 sehe ich nicht. Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts wird durch die Verwendung des Begriffes „verfassungsfeindlich" in der politischen Auseinandersetzung mit Organisationen, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, nicht unterlaufen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Zusatzfrage.

Peter Conradi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000335, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, bei allem Respekt davor, daß Sie hier Fragen beantworten, die eigentlich Ihr Minister beantworten müßte: Sind Sie nicht auch der Auffassung, daß die Bundesregierung auf die Verwendung des rechtlich unklaren Begriffs „verfassungsfeindlich" verzichten sollte, wenn nicht einmal ein Bundesminister in der Lage ist, die Begriffe „verfassungsfeindlich" und „verfassungswidrig" auseinanderzuhalten?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege, der Begriff „verfassungsfeindlich" dient der politischen Auseinandersetzung und der Information der Öffentlichkeit. Die Bundesregierung wendet sich aber, wie Ihnen aus dem „Info" des Bundesinnenministers bekannt ist, auf das Sie sich ja in Ihrer Frage bezogen haben, ausdrücklich gegen eine Ausuferung dieses Begriffes. Dies kann jedoch nicht so weit gehen, daß man auf den Begriff verzichtet. Im übrigen ist mir nicht bekannt, daß Mitglieder der Bundesregierung die Begriffe „verfassungsfeindlich" und „verfassungswidrig" nicht auseinanderhalten können. ({0}) Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß in dem von Ihnen in Ihrer Frage erwähnten Interview des Bundespostministers nur der Begriff „verfassungswidrig" nicht verwandt worden ist.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich komme nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Sperling zur Verfügung. Die Frage 78 des Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) sowie die Fragen 79 und 80 des Abgeordneten Dr. Schneider sollen auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf: Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die in einigen Bundesländern festgelegte Einkommensgrenze zur Bezuschussung von Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie nach dem Energieeinsparungsgesetz im Einklang mit dem Willen des Bundesgesetzgebers steht und mit dem Gleichheitsgrundsatz in Einklang zu bringen ist, und wenn nein, welche Folgerungen zieht sie daraus?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Herr Kollege Kirschner, einige Länder haben in ihren Richtlinien zur Durchführung des Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetzes Ein16730 kommensgrenzen eingeführt, so auch das Land Baden-Württemberg. Diese Regelungen mit Einkommensgrenzen sollen dazu dienen, daß jene Schichten der Bevölkerung, die nur über niedrige Einkommen verfügen, ebenfalls etwas von den Vorteilen dieses Gesetzes haben. Der Gesetzeswortlaut zeigt deutlich, daß der Gesetzgeber an solche Regelungen durchaus dachte, Denn die Wohnungen, die durch das Modernisierungs- und Energieeinsparungsgesetz gefördert werden, sollen danach nach ihrer Miete oder Belastung für den Eigentümer für die Wohnraumversorgung breiter Schichten der Bevölkerung geeignet sein. Erhebliche oder untragbare Erhöhungen der Mieten oder Belastungen sollen vermieden werden Die Förderung soll so bemessen sein, daß die Erhöhung der Mieten oder Belastungen tragbar ist. Sc will es das Gesetz oder der Gesetzgeber. Mit diesem Willen des Gesetzgebers sind die Richtlinien von Ländern gut in Einklang zu bringen, die Einkommensgrenzen für die Förderung vorsehen. Nun tun dies nicht alle Länder. Insofern gibt es keinen gleichen Vorgang in der Verwaltungstätigkeit. Aber dies ist dennoch mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar, weil danach in jedem Land gleiche Sachverhalte gleich behandelt werden, es aber andererseits den Ländern überlassen ist, zu entscheiden, wie in ihren Grenzen gleiche Sachverhalte zu behandeln sind.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage? - Bitte.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herrr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß hier dann, wenn Einkommensgrenzen nur für eigengenutzte Wohnungen gelten, gegenüber den Vermietern oder denjenigen, die mehrere Wohnungen besitzen und nach diesem Programm Heizenergiesparmaßnahmen durchführen, eine Ungleichbehandlung vorhanden ist?

Dr. Dietrich Sperling (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002196

Nein, Herr Kollege Kirschner. Die Länder müssen angesichts des großen Andrangs nach Fördermitteln zwischen unterschiedlichen Empfängergruppen tatsächlich unterscheiden. Da ist es in der Verwaltungspraxis ein vernünftiger Vorgang, auf bestimmte Einkommensgruppen abzustellen. Diejenigen, die mehrere Wohnungen vermieten, haben immer noch die Chance, über die Steuerrechtsparagraphen dieses Gesetzes die entsprechenden Vorteile zu bekommen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich komme nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Engholm zur Verfügung. Die Fragen 84 und 85 sollen auf Wunsch des Fragestellers, des Abgeordneten Thüsing, schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf: An welche Empfänger und in welcher Höhe hat die Bundesregierung den Modellversuch KoRaG und den sich anschließenden Modellversuch SUGS über die Rahmenrichtlinien an Gesamtschulen bezuschußt? Engholm, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Abgeordneter, Empfänger der Bundesmittel für die im Rahmen der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung geförderten Modellversuche „Konkretisierung der Rahmenrichtlinien an Gesamtschulen" und „Systematische Umsetzung gesamtschulspezifischer Ziele" war und ist der Hessische Kultusminister. Dem Land Hessen wurden für die Durchführung des Modellversuchs mit der Kurzbezeichnung KoRaG mit einer Laufzeit vom 1. Januar 1973 bis zum 31. Dezember 1976 Bundesmittel in Höhe von insgesamt 1,092 Millionen DM ausgezahlt. Für den zweitgenannten Modellversuch mit einer Laufzeit vom 1. Juli 1979 bis zum 31. Juli 1980 wurden bisher Bundesmittel in Höhe von etwa 1,2 Millionen DM ausgezahlt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 83 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf : Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung auf Grund der Ergebnisse von KoRaG und SUGS einzuleiten, und ist die Bundesregierung bereit, die Ergebnisse der beiden Modellversuche zur Verfügung zu stellen?

Björn Engholm (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000476

Herr Abgeordneter, mit den beiden Vorhaben „Konkretisierung der Rahmenrichtlinien an Gesamtschulen" und „Systematische Umsetzung gesamtschulspezifischer Ziele" sind jeweils umfangreiche Unterrichtshilfen vor allem für die Förderstufe erarbeitet worden. Ober die Verwendung der Ergebnisse hat allein der für die Schulen des Landes zuständige Hessische Kultusminister zu entscheiden. Die Bundesregierung hat nicht die Möglichkeit, Maßnahmen auf Grund dieser Projektergebnisse einzuleiten. Die Materialien aus beiden Vorhaben stehen in allen hessischen Förderstufen bereit. Aus der Sicht der Bundesregierung besteht daher nicht die Notwendigkeit, die Ergebnisse darüber hinaus verfügbar zu machen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Zusatzfrage, bitte.

Dr. h. c. Gerhard Reddemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001790, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, soll ich daraus schließen, daß die Bundesregierung nicht bereit wäre, dem Deutschen Bundestag dieses Material zur Verfügung zu stellen?

Björn Engholm (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000476

Dem gesamten Deutschen Bundestag, Herr Kollege, sicher nicht, weil die Verbreitung der umfangreichen Materialien in 500 Exemplaren nicht durch unsere Haushaltsmittel gedeckt wäre. Wenn Sie persönlich Interesse daran haben, bin ich gern bereit, Ihnen das Material jederzeit verfügbar zu machen, natürlich auch den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft und einzelnen Kollegen, die darauf Wert legen. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schweitzer.

Prof. Dr. Carl Christoph Schweitzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002131, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich im Hinblick auf meinen eigenen Lernprozeß als Mitglied dieses Hauses fragen, ob das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft auch in eigenen amtlichen Verlautbarungen solche seltsamen Abkürzungen benutzt oder ob es nicht diese Begriffe voll ausschreibt, damit jeder sie verstehen kann?

Björn Engholm (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000476

Ich stimme Ihnen zu, daß es Abkürzungen gibt, die am Rande der Kuriosität oder auch der Unerträglichkeit liegen. Zu beurteilen, ob das bei diesen beiden der Fall ist, überlasse ich Ihnen. Auch ich schätze wie Sie solche Abkürzungen nicht. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Es werden keine weiteren Zusatzfragen gewünscht. Da keine Fragen mehr vorliegen, ist die Fragestunde beendet. Entsprechend einer interfraktionellen Vereinbarung wird die Sitzung unterbrochen und um 9 Uhr fortgesetzt. ({0}) Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Wir fahren in der Behandlung des Tagesordnungspunktes 2 fort: Beratung des Agrarberichts 1980 der Bundesregierung - Drucksachen 8/3635, 8/3636 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1}) Haushaltsausschuß Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001859, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich auch in diesem Jahr die Aussprache über den Agrarbericht 1980 eröffnen mit einem herzlichen Wort des Dankes an alle, die diesen Bericht erstellt haben: die Landwirte, die ihre Betriebsergebnisse zur Verfügung stellten, und all jene, die diese Ergebnisse ausgewertet und in ein übersichtliches Zahlenmaterial gegossen haben. Dieser Dank ist um so ehrlicher, als es uns das übersichtliche Zahlenmaterial leichtmacht nachzuweisen, daß der Agrarbericht 1980 ein Dokument agrarpolitischen Versagens ist. ({0}) Man kann es auch anders ausdrücken: Der Agrarbericht 1980 ist ein Dokument der Entschleierung vom Mythos einer angeblich so erfolgreichen Agrarpolitik. ({1}) Dies ist um so bemerkenswerter, als wir mit der heutigen Aussprache eine Bilanz über zehn Jahre Agrarpolitik unter Bundesminister Ertl und eine Bilanz über die jetzt ablaufende 8. Legislaturperiode verbinden können. Unter Einschluß des Jahres 1969/70 verzeichnet die Landwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland einen jährlichen Einkommenszuwachs von 7,5 %. Dies mag zunächst eine stolze Zahl sein. Wenn man allerdings berücksichtigt, daß vergleichbare Berufsgruppen einen Einkommensanstieg von 9,2 % aufzuweisen haben, so erkennt man, daß sich allein damit der Einkommensabstand gegenüber der Gesamtentwicklung um 16 % verstärkt hat. Herr Bundesminister Ertl, lassen Sie mich an dieser Stelle schon einmal sagen: Es hilft nichts, wenn man immer nur auf die schlechten Ergebnisse des unteren Viertels abstellt. Ich nehme jetzt einmal bewußt die Zahlen Ihres Berichts. Danach haben von den 401 612 Vollerwerbsbetrieben 43,6 %, also knapp die Hälfte, eine Durchschnittsgröße von 12,48 ha. Diese Gruppe liegt in bezug auf den Vergleichslohn um 43 % bis 57 % zurück. ({2}) Selbst wenn ich die beste Gruppe der Vollerwerbsbetriebe mit einer Durchschnittsgröße von 40 ha nehme, komme ich beim Vergleichslohn noch zu einem Abstand von 6 % bis 16 %. Es ist also zu einfach, die schlechte Einkommenslage der Landwirtschaft auf die kleinen Betriebe reduzieren zu wollen. Nein, dies ist ein Problem, das die gesamte Landwirtschaft in unserem Lande betrifft. Besonders beeindruckend im negativen Sinne wird die Bilanz, wenn man die letzten fünf Jahre untersucht. Es kommt einem traurigen Nachkriegsrekord gleich, daß unter Einschluß des laufenden Wirtschaftsjahres 1979/80 die Einkommen unserer Landwirte um 6 % niedriger liegen als vor Beginn dieser 8. Legislaturperiode. Ich wiederhole: Dies ist ein trauriger Nachkriegsrekord, den wir in dieser Form noch nie zu verzeichnen hatten. Wir wissen sehr wohl, daß die Ursachen dieser Negativentwicklung nicht nur im agrarpolitischen Bereich zu suchen sind. ({3}) Die Nachfragestagnation auf Grund der Bevölkerungsentwicklung und der geringeren Einkommensteigerungen der unteren Einkommensgruppen unseres Volkes auf der einen Seite, ({4}) die Angebotsausweitung durch fehlende Berufsalternativen gerade bei den kleinen Betrieben auf der anderen Seite, haben sicher diese Entwicklung entscheidend mitgeprägt. Aber auch in der Ressortzuständigkeit des Bundeslandwirtschaftsministers ist die Verantwortung für die negative Entwicklung zu suchen. So stellen wir fest, daß ein Teil der Ausweitung der Produktion nicht zuletzt auch mit einer von dieser Regierung lange gefeierten Förderschwelle im außerlandwirtschaftlichen Förderungsprogramm zusammenhängt. Herr Minister Ertl, von den 815 000 Betrieben, die der Agrarbericht ausweist, sind 35 000 im Rahmen des einzelbetrieblichen Förderungs16732 programmes in eine Produktionssteigerung geradezu hineingefördert worden. Ich füge hinzu: Viele sind zu großen Investitionssprüngen geradezu gezwungen worden, ohne daß sie das aus eigener Anstrengung vielleicht hätten tun wollen. Unter Ihrer Mitverantwortung, Herr Minister Ertl, ist der EG-Ministerrat seit Jahren zu konstruktiven Entscheidungen nicht mehr fähig. Sie haben sich von 1970 bis 1975 - sicher zu Recht - für vergleichsweise gute Preissteigerungen gerade für die Milcherzeuger feiern lassen. Sie sind heute dabei, den inzwischen vergilbten Lorbeer an die Erzeuger in Form der Erzeugerabgabe zurückzugeben. Über die Wirkung dieser Abgabe wird nachher der Kollege Kiechle in sehr ausführlicher Form etwas sagen. Wenn die Einkommensentwicklung mittel- und langfristig Maßstab für Erfolg oder Mißerfolg der Agrarpolitik ist, dann kann man dieser Agrarpolitik in der Bilanz nur das Prädikat mangelhaft geben. ({5}) Es ist ja auch bezeichnend, daß gerade jetzt, zum Ende Ihrer Amtszeit in dieser Legislaturperiode, Bauern wieder demonstrieren; zwar nicht mit Traktoren, dafür aber auf sehr machtvollen Kundgebungen. Mit der negativen Einkommensentwicklung geht ein falsches und verfälschtes Meinungsbild von der Landwirtschaft in weiten Teilen unserer Öffentlichkeit einher. Schlagworte wie Steueroase, Privilegien, Überschüsse, zu hohe Kosten, vergiftete Nahrungsmittel, Tierquälerei bestimmen leider weithin das Image in Teilen der Öffentlichkeit über die Landwirtschaft. Dem hat die Bundesregierung - ich sage das jetzt in toto; das gilt nicht nur für den Landwirtschaftsminister - nicht ausreichend entgegengewirkt. Darum müssen wir in dieser Debatte um so deutlicher sagen: Die Landwirtschaft hat einen harten Anpassungsprozeß geradezu mustergültig gemeistert. Unsere Landwirtschaft produziert Nahrungsmittel von bester Qualität. Die Bauern haben einen Anspruch darauf, daß man ihnen dafür Dank sagt. ({6}) Sie haben das mit ihren Frauen, mit ihren Familienangehörigen in harter Arbeit und nicht selten unter Konsumverzicht geleistet. ({7}) - Aber es ist unbestritten, Herr Kollege Wehner, daß nicht genug geschehen ist - auch von Ihrer Seite nicht -, ({8}) um diesem Image in der Öffentlichkeit entgegenzuwirken. ({9}) Unzulänglichkeiten, die es zweifelsohne gibt, etwa im landwirtschaftlichen Einkommensteuerrecht, haben sicherlich nicht die Bauern zu verantworten. Diese Koalition aus SPD und FDP stellt in diesem Land seit zehn Jahren die Mehrheit. Sie hätte die Möglichkeit gehabt, entstandene Unausgewogenheiten, fehlende Gerechtigkeit innerhalb der Einkommensbesteuerung auszugleichen. Lassen Sie mich aber zu Beginn der 80er Jahre auch eine agrarstrukturelle Bilanz ziehen. Von den 815 000 Bauern in der Bundesrepublik Deutschland haben 70 % weniger als 20 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. 70 %! 23 To haben zwischen 20 und 50 ha, nur 7 To haben mehr als 50 ha. ({10}) - Das haben Sie gesagt! ({11}) Meine Damen und Herren, diese breite bäuerliche Agrarstruktur ist für uns nicht ein Betriebsunfall, nicht das Ergebnis einer Fehlentwicklung, sondern gewollt und auch für die Zukunft gewünscht. Wir sind zutiefst davon überzeugt, daß nur diese breite bäuerliche Agrarstruktur aus Voll-, Zu- und Nebenerwerbsbetrieben in der Lage ist, die Aufgaben zu erfüllen, die die Landwirtschaft heute und auch in den nächsten Jahrzehnten in unserem Lande zu erfüllen hat. ({12}) Die Aufgaben bestehen zunächst und unverändert in der Produktion gesunder, qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel; aber sie liegen eben auch darin, daß unsere Bauern gerade im Rahmen dieser breit gestreuten Agrarstruktur einen unverzichtbaren Beitrag zur Lebensfähigkeit ländlicher Räume ({13}) und zu einer ausreichenden Besiedlungsstruktur und Besiedlungsdichte im ländlichen Raum leisten. Bei all den ökologischen Diskussionen, die wir führen, gilt auch dies, meine Damen und Herren, unverändert: Diese breit gestreute bäuerliche Agrarstruktur ist am ehesten in der Lage, eine abwechslungsreiche, schöne Landschaft mit hohem Erholungswert in unserem Lande zu erhalten, und dafür ist auch einmal den Land- und Forstwirten Dank zu sagen, ({14}) die einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhaltung einer gesunden Umwelt leisten. Meine Damen und Herren, in den 80er Jahren werden sich der Landwirtschaft allerdings neue Aufgabenfelder erschließen, die Landwirtschaft wird neue Herausforderungen anzunehmen haben. Ich nenne als Stichworte den Hunger in der Welt und die Energiekrise. Damit dies klar ist: Auch wir sind nicht der Meinung, daß man dem Problem des Hungers in der Welt durch bloßen Transfer von Nahrungsmittelüberschüssen begegnen könnte. Ich füge aber auch hinzu: So richtig es ist, daß auch künftig Entwicklungshilfe Hilfe zur Selbsthilfe bleibt, so müssen wir doch feststellen, daß trotz dieser seit vielen Jahren gegebenen Zielsetzung die Diskrepanz zwischen Bevölkerungsentwicklung einerseits und Nahrungsmittelproduktion andererseits in der Dritten Welt immer größer geworden ist. Wir sind deshalb der Meinung, daß sowohl die Organisationsstruktur als auch die finanzielle Ausstattung der Weltnahrungsmittelhilfe im Rahmen der Zusammenarbeit der westlichen Länder wesentlich verbessert werden müssen. Eine zweite Aufgabe kommt hinzu. Der Agrarbericht hat erstmals auch auf die Möglichkeiten der Landwirtschaft hingewiesen, einen Beitrag zur Entschärfung der Energiekrise zu leisten. Es gilt jetzt, alle diesbezüglichen Forschungsarbeiten sinnvoll zu koordinieren und zu beschleunigen. Es mag sein, daß die Biospriterzeugung etwa in Europa schon vor dem Hintergrund des Nahrungsmittelbedarfs keine entscheidende Rolle spielen wird. Dennoch sollte man deulich sagen: Die Zeit ist vorbei, in der manche glaubten, als probates Mittel zur Lösung der Agrarprobleme die Stillegung von 2 bis 3 Millionen ha in der EG verordnen zu sollen. Die Zeit ist da, in der wir für jeden Hektar landwirtchftlichen Bodens, den wir sinnvoll und vernünftig nutzen können, dankbar sein dürfen und können. ({15}) Meine Damen und Herren, die Agrarpolitik ist diesem hohen Stellenwert der Landwirtschaft für Wirtschaft und Gesellschaft in unserem Lande und in Europa nicht gerecht geworden. Lassen Sie mich, ehe ich konkret zu den Fragen der europäischen und der nationalen Agrarpolitik Stellung nehme, einige generelle politische Aussagen vorweg machen, die, wie wir glauben, für die Erhaltung einer bäuerlich geprägten Landwirtschaft in den 80er Jahren unverzichtbar sind. Erstens. Wir brauchen eine effizientere Verklammerung von Agrarstrukturentwicklung einerseits und regionaler Wirtschaftsentwicklung andererseits. Wenn gerade die große Zahl der kleinen Betriebe in ländlichen Räumen, in strukturschwachen Gebieten eine wirklich freiheitliche Entscheidungschance behalten soll, gehört dazu auch die berufliche Alternative, gehört dazu auch die Möglichkeit des Übergangs vom Haupterwerb in den Nebenerwerb. Das aber bedeutet, daß die regionale Wirtschaftsförderung effizienter zu arbeiten hat. Wir stellen fest, daß regionale Wirtschaftsförderung in den letzten Jahren zunehmend an finanzieller Auszehrung leidet. Wir stellen auch fest, daß die regionale Wirtschaftsförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zunehmend durch Bürokratisierung, durch die Übergewichtigkeit des Bundes und damit durch die mangelnde Beweglichkeit eingeengt wird, die die Länder bei der Durchführung der Aufgabe haben. ({16}) Eine zweite Vorbemerkung. Wir werden eine bäuerliche Agrarstruktur nur erhalten können, wenn es uns gelingt, daß die tierische Veredelungsproduktion den bäuerlichen Betrieben in bodenabhängiger Produktion vorbehalten bleibt. Die zum Teil industriell-gewerbliche Entwicklung in der Geflügelwirtschaft darf sich nicht fortsetzen. Sie darf auf keinen Fall in andere Bereiche, etwa in den Bereich Milchvieh und Schweine, übergreifen. Hierfür bedarf es allerdings einer europäischen Konzeption. Wir können nicht hier einen richtigen Weg gehen und dann zulassen, daß sich gewerblichindustrielle Veredelungsproduktion in anderen Ländern der Gemeinschaft ausbreitet. Auch hierfür fehlt bis heute ein Konzept. ({17}) Meine Damen und Herren, die europäische Agrarpolitik hat sich - ich glaube, da sind wir alle in diesem Hause einig - in den letzten Jahren zunehmend in die Sackgasse manövriert. ({18}) Auch wenn man Ihre Einlassung in der Einbringungsrede, Herr Minister Ertl, zusammenfaßt, kommt man zu dem Ergebnis: bei den Erzeugerpreisen läuft kaum noch etwas oder nur noch ganz wenig, in der Mengenproduktion ist gar nichts mehr drin und berufliche Alternativen stehen zur Zeit auch nicht zur Verfügung. Dies kommt einer agrarpolitischen Bankrotterklärung gleich. ({19}) Lassen Sie mich in Stichworten einiges zu den europäischen Problemen sagen. Mein Kollege Kiechle wird die Probleme des Milchmarktes hier besonders darstellen. Zu den Stichworten Überschüsse und Kosten nur dies. Wenn wir die unverzichtbare Vorratshaltung - darüber wird auch zu sprechen sein - bei Nahrungsmitteln, die Notwendigkeit im Rahmen der Weltnahrungsmittelhilfe und auch die Kosten, die wir nach wie vor über die Agrarkasse für den bedrohten Bestand der europäischen Integration zahlen, einmal abziehen, sieht das Gesamtbild der finanziellen Leistungen im Rahmen der europäischen Agrarpolitik ganz anders aus. Es wäre gut, Herr Minister Ertl, wenn es gelänge, diesen Teil der Kosten, die entweder politische Kosten oder Kosten unverzichtbarer Bevorratung sind, einmal aus der Gesamtkostendarstellung herausnehmen, dann sähe das Bild ganz anders aus. ({20}) Meine Damen und Herren, auch das andere gilt: Ohne die gemeinsame Agrarpolitik sind die wirtschaftlichen Vorteile der Zollunion gerade für die deutsche gewerbliche Wirtschaft nicht zu haben. Darüber müssen sich alle Kritiker der gemeinsamen Ararpolitik im klaren sein. Natürlich heißt dies 16734 Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - 209. Sitzung. Bonn. Freitag. den 21. März 1980 nicht, einer bedingungslosen Ausweitung der Kosten das Wort zu reden. Dies entläßt auch Sie nicht, Herr Minister Ertl, aus Ihrer Mitverantwortung für falsche, halbherzige und fehlende Entscheidungen in den letzten Jahren. Seit 1975 war im Grunde für jedermann die Fehlentwicklung im Bereich der Milchmarktpolitik überdeutlich. Man hat sich mit halbherzigen Beschlüssen beschieden, etwa im Bereich der Nichtvermarktungsaktion. Man hat sich mit halbherzigen Entscheidungen für die Bereiche Butter und Magermilch beschieden. Man hat dadurch den Problemberg im Grunde immer nur vor sich hergeschoben, ohne die Probleme tatsächlich zu lösen. Das gleiche gilt auch für die bisherige Handhabung des Instruments der Erzeugerbeteiligung, wie nachher sehr viel deutlicher werden wird. Meine Damen und Herren, auch dazu ein Wort. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, die letzten zwei, drei Jahre beweisen eines deutlich: Eine Stagnation in der Preisentwicklung oder gar ein Rückgang der Erzeugerpreise wird die Produktion nicht senken, sondern wird sie -- dies ist ja der Fall gewesen - weiter in die Höhe treiben. Deshalb hat eben die Preispolitik einen so hohen Stellenwert. Es kann gar kein Zweifel sein, daß unter diesem Aspekt die Vorschläge der Kommission für die Preisrunde 1979/80 nicht nur für die Bauern unzumutbar sind, sondern auch das Problem der Produktionsmengen weiter verschärfen werden, statt es besser in den Griff zu bekommen. Sicher - auch das wollen wir sagen -, die Verbraucher in der Bundesrepublik Deutschland sind bei dieser Entwicklung in den letzten Jahren gut gefahren. Hier stimmen wir überein. Die Nahrungsmittelpreise sind und waren Billigmacher im Warenkorb des Vierpersonenhaushalts. Nur kann dies, meine Damen und Herren, weder unter sozialen noch unter wirtschaftlichen Erwägungen gewissermaßen zur Geheimwaffe der Agrar- und Verbraucherpolitik werden. Vielmehr müssen wir den Verbrauchern auch von diesem Platz aus sagen, daß eine Existenzsicherung der Landwirtschaft ohne angemessene Preiserhöhungen auf Dauer nicht möglich ist. ({21}) Wenn man einmal davon ausgeht, daß es wieder gelänge, durch die gesamte Markt- und Preispolitik sicherzustellen, daß unsere Landwirte etwa 4 % tatsächlicher Preisverbesserung erlösen, so würde diese Preiserhöhung den Preisindex um 0,4 % beeinflussen. Wir sind der Meinung: dies ist auch den Verbrauchern zumutbar, wenn wir eine ausgewogene gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung für alle Teile unserer Gesellschaft sicherstellen wollen. Ein Wort zur nationalen Agrarpolitik. Hier gilt es, die vorhandenen Spielräume in diesem und in den nächsten Jahren zu nutzen. Ich will eine Bemerkung vorweg machen. Wir geben uns nicht der Illusion hin, daß das, was über die Preis- und Marktpolitik einkommensmäßig nicht zu sichern ist, etwa einfach über das nationale Budget ausgeglichen werden kann. Dieser Illusion geben wir uns nicht hin. Aber um so wichtiger sind natürlich die Fragen der Preis- und Marktpolitik. Dennoch gilt es, den Spielraum, den wir haben, zu nutzen. So ist im Grunde eine Anpassung der Vorsteuerpauschale im Rahmen des Mehrwertsteuerrechts überfällig. Wir haben in diesen Tagen übereinstimmend festgestellt, daß die Landwirte und übrigens auch die Forstwirte zur Zeit 1 bzw. 0,5 % mehr an Vorsteuer zahlen, als es vom Gesetzgeber her gewollt war. Von daher geht es hier um eine Korrektur des Mehrwertsteuerrechts, um damit einen vom Gesetzgeber gewollten Zustand wiederherzustellen. Meine Damen und Herren, hier bestand weitgehend Übereinstimmung. Es gibt viele Sprecher auch aus der Koalition, die dies vertreten. Nur sind wir der Meinung: Heute und hier ist der Zeitpunkt, nicht nur den Mund zu spitzen, sondern endlich auch zu pfeifen. ({22}) Wir erwarten auch in dieser Debatte sowohl von Ihnen, Herr Minister Ertl, wie von Sprechern der Koalition, daß Sie zu dieser Frage klipp und klar sagen, was Ihre Meinung ist, was Sie wann realisieren wollen. ({23}) Zweitens erwarten wir eine Einigung im Vermittlungsausschuß in der Frage der Einkommensbesteuerung der Landwirtschaft. Unsere Vorschläge sind, wie wir meinen, darauf angelegt, zu einer stärkeren Ausgewogenheit und mehr Gerechtigkeit innerhalb der Landwirtschaft beizutragen. Sie vermeiden unnötigen Verwaltungsaufwand und beinhalten auch die Verhinderung einer nicht zumutbaren zusätzlichen Finanzbelastung unserer Bauern. Auch das sagen wir in aller Offenheit. Meine Damen und Herren von der Koalition, auch Ihre verfassungspolitische Argumentation trägt nicht. Sie bleiben bei der Durchschnittssatzbesteuerung und schaffen eine zusätzliche Stufe, nämlich die sogenannte Schuhkartonbuchführung, die allerdings nur fakultativ ist. Damit erweitern Sie den Kreis der Schätzungslandwirte erheblich. ({24}) Von daher gibt es überhaupt keinen Grund, nicht al, les zu versuchen, um im Vermittlungsausschuß eine gemeinsame Basis zu finden. Ein Wort zum einzelbetrieblichen Förderungsprogramm, als Ertl-Programmm lange gefeiert. Dieses Programm erweist sich selbst für ehemalige Befürworter zunehmend als das, was es für uns eigentlich immer war: unsozial, illiberal und wirtschaftlich nicht brauchbar. ({25}) Die Ausweitung der Förderung der sogenannten Übergangsbetriebe, die Einführung eines sogenannten Agrarkreditprogramms über die Bank für Wiederaufbau sind im Grunde das ratenweise Eingeständnis einer gescheiterten einzelbetrieblichen Förderungspolitik. Es kommt jetzt darauf an, den letzten Schritt zu gehen und diese Förderschwelle aus der europäischen Strukturrichtlinie vom Mai 1972 herauszulösen. Ich will in aller Deutlichkeit sagen: Wir sind schon der Meinung, daß Förderung unter, bestimmten Kriterien zu erfolgen hat. Aber diese Kriterien sollten wir der tatsächlichen Entwicklung der Betriebe entlehnen. Wir sollten auch ja dazu sagen, daß es Bauern gibt, die mit einem geringeren Einkommen zufrieden sind, daß sie die Einkommenshöhe nicht als alleinige Schwelle ihrer Zufriedenheit und ihres Glücks ansehen. Nur können wir diesen Betrieben nicht sagen: „Da ihr dieses Einkommen nicht erreicht, fallt ihr aus der Förderung heraus", während wir andere mit erheblichen öffentlichen Mitteln fördern, die dann weit besser abschneiden. Dies kann auf die Dauer unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit nicht vernünftig sein. ({26}) Zwei Anmerkungen zur Agrarsozialpolitik. Die Ablehnung unseres Antrags, 5 Millionen DM zusätzlich für die landwirtschaftliche Unfallversicherung zur Verfügung zu stellen, um die Übergangsschwierigkeiten bei der Neuverteilung der Zuschüsse zu überwinden, war im Grunde kleinlich und verriet wenig Augenmaß. ({27}) Viel bedeutender ist für uns ein Zweites: Ringen Sie sich endlich zu einer positiven Haltung in der Frage der sozialen Sicherung jüngerer Witwen durch! ({28}) Nachdem der Berufsstand sein Einverständnis erklärt hat, die damit zusammenhängenden Kosten über Beitragserhöhungen selber aufzubringen, gibt es eigentlich keinen Grund, warum wir nicht endlich diese „Hofvertreibungsklausel" fallen lassen sollten. ({29}) Ich bin der Meinung, daß es hier auch darum geht schnelle Entscheidungen zu treffen. Dies sind einige Beispiele, wo wir meinen, daß es Ihre Aufgabe gewesen wäre, Herr Minister Ertl, zu handeln, agrarpolitische Führung zu zeigen. Statt dessen haben Sie in diesen und auch in manchen anderen Fragen die Entscheidungen im Grunde dem Parlament überlassen und Ihre Führungsaufgabe, wie wir meinen, hier nicht wahrgenommen. Aber das hängt vielleicht damit zusammen, daß sich Ihr Haus und damit wohl auch Sie auf Nebenkriegsschauplätzen tummeln, allerdings, gottlob, nur mit Nebelgranaten und Platzpatronen. Ich meine damit gezielt die Anstrengungen des Hauses im Bereich von Tierschutz und Verbandsklage. Wir stellen hier nochmals klar: Wir bekennen uns zu den ethischen Grundsätzen des Tierschutzgesetzes. ({30}) Wir sind allerdings auch überzeugt, daß es sowohl unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes als auch dem der Versorgungssicherheit unbedingt notwendig ist, das hier Erforderliche europäisch zu tun. ({31}) Wenn wir den Tierschutz ernstnehmen - auch wenn es um das einzelne Tier geht -, dann kann es doch nicht richtig sein, ({32}) daß wir hier nationale Regelungen treffen, ohne das Notwendige auch in anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft zu tun. Ein Zweites. Wir bekennen uns uneingeschränkt zur Mitwirkung unserer Bürger bei allen planerischen Maßnahmen der öffentlichen Hand, auch bei Maßnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes. Wir werden allerdings, Herr Minister Ertl, nicht zulassen, daß durch die Einführung der Verbandsklage ein entscheidendes Stück der Funktionsfähigkeit unseres Staates zerstört wird. ({33}) Was hier von Ihnen, Herr Minister Ertl, als Kniefall vor potentiellen Grünen-Wählern gedacht sein mag, ({34}) würde in Wirklichkeit ein Sündenfall an den Prinzipien unserer Gewaltenteilung sein. Meine Damen und Herren, in dieser ersten grundsätzlichen agrarpolitischen Aussprache zu Beginn der 80er Jahre haben die Bauern mit ihren Familien einen Anspruch darauf, Antworten zu erhalten auf die Fragen, die sich aus der Sorge um ihre Zukunft ergeben. Der Agrarbericht dieses Jahres und auch die Einbringungsrede des Landwirtschaftsministers sind diese Antworten schuldig geblieben. ({35}) Es ist der Agrarpolitik dieser Regierung weder gelungen, glaubwürdige Antworten zu geben auf die Fragen, die sich aus dem Auftrag des Landwirtschaftsgesetzes ergeben, die Teilhabe der Landwirtschaft an der allgemeinen Einkommensentwicklung zu sichern, noch ist es der Agrarpolitik gelungen, die Voraussetzungen zu schaffen für die Bewahrung und Erhalten einer breiten bäuerlichen Agrarstruktur. ({36}) Es ist ihr auch nicht gelungen, Herr Kollege Gallus, dem hohen Stellenwert der Landwirtschaft in Wirtschaft und Gesellschaft ausreichend Rechnung zu tragen. ({37}) - Nein, auch verbale Klimmzüge können die Negativbilanz nicht aus der Welt schaffen. Unsere bäuerlichen Familienbetriebe haben durch Fleiß, lange Arbeitszeit, Konsumverzicht und Anpassungsfähigkeit einen Anspruch erworben auf eine Politik, die Rahmenbedingungen schafft zur Er16736 haltung und Sicherung einer breit gestreuten bäuerlichen Agrarstruktur. ({38}) Wir, die CDU/CSU, sehen uns hier auch in der Zukunft in der Pflicht. ({39})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Abgeordnete Müller ({0}).

Rudolf Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001565, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Agrarbericht 1980, über den wir heute diskutieren, ist klar und übersichtlich gegliedert ({0}) und allgemein verständlich abgefaßt. Auch der Herr Kollege Ritz hatte dagegen nichts einzuwenden. ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Meine Damen und Herren, einen Augenblick! Es ist nirgends verboten, daß Feststellungen, die vom ganzen Haus getragen werden, mit Beifall bedacht werden, ganz gleich, von welcher Seite aus sie vorgetragen werden. ({0})

Rudolf Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001565, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich meine, dafür und auch für die pünktliche Vorlage sollten wir allen Mitarbeitern herzlich danken. ({0}) Auch die Einbringungsrede des Herrn Ministers war nüchtern, sachlich, ohne Schönfärberei ({1}) und auch der Lage der Landwirtschaft angemessen. ({2}) Das tut der Agrarpolitik gut, erst recht in einem Wahljahr. Die Einbringungsrede hat sich wohltuend - das möchte ich hier feststellen - von der Rede des Herrn Kollegen Ritz abgehoben. ({3}) Ihre Rede, Herr Kollege Ritz, war eine gute Wahlrede, die Sie draußen bei Ihren Leuten halten können. Ich möchte unserem Bundesminister für seine Rede herzlich danken. ({4}) Gestatten Sie mir, wie mein Vorredner stichwortartig einige Amerkungen zur Lage der Landwirtschaft allgemein zu machen. Die Landwirtschaft bei uns und in der EG ist kein isoliertes Gebilde, sondern abhängig von der Weltlage, von der Politik in Brüssel, eingebunden in unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und deshalb abhängig von der Wirtschaftsentwicklung, damit abhängig vom Angebot -außerlandwirtschaftlicher Arbeitsplätze, was wiederum den Strukturwandel und damit die Einkommenssituation beeinflußt. Herr Kollege Ritz, Sie sprechen vom „Image der Landwirtschaft". Dazu möchte ich ganz deutlich folgendes sagen. Für das Image zu sorgen, ist an erster Stelle die Aufgabe der Landwirtschaft selber. ({5}) Wir brauchen den Landwirten nicht zu sagen, daß wir sie brauchen, sondern es ist Aufgabe der Landwirtschaft, den anderen klarzumachen, daß die Landwirtschaft bei uns notwendig ist. ({6}) Die Landwirtschaft hat sicher Grund, über die Energiekosten zu klagen. Diesen Grund haben wir alle. Ein allgemeiner Ausgleich für diese Kostensteigerung ist nicht möglich. Das wissen Sie genausogut wie wir. Es kann nur dort Hilfe gewährt und geleistet werden, wo Hilfe unbedingt erforderlich ist. Und das ist auch geschehen, Herr Kollege Dr. Ritz: in der Fischerei und im Unterglasgartenbau. Dafür sind wir der Bundesregierung dankbar. ({7}) Wir verbinden damit die Bitte, weiterhin mit den Niederlanden Gespräche zu führen, um die Wettbewerbsverzerrungen - ich denke nur an Erdgas - abzubauen und hier zu einer tragbaren Lösung zu kommen. ({8}) Konflikte für die Landwirtschaft ergeben sich - wie Sie es angesprochen haben - im Umweltschutz, im Tierschutz und im Pflanzenschutz. Sie haben die Käfighaltung erwähnt: einerseits Wettbewerbsdruck, Rationalisierungszwang, andererseits artgemäße Haltung. Was nottut, wissen wir. Nur: Sie wissen, wie schwierig die Probleme sind. Wir müssen einen Ausgleich zwischen Tierschutz und wirtschaftlichen Gesichtspunkten suchen und eine EGeinheitliche Regelung anstreben. Probleme entstehen auch durch die modernen chemischen Unkrautbekämpfungsmittel: Ertragsteigerungen auf der einen Seite, Verringerung der Pflanzenarten andererseits. Auch hier werden Kompromisse nötig sein. Hier gibt es nicht ein Entweder-Oder, sondern, wie es in einer Demokratie sein muß, nur einen Kompromiß. Denn es ist eine Illusion zu meinen, man könne z. B. in reinen intensiven Ackerbaubetrieben alle standortüblichen Pflanzenarten erhalten. Statt dessen sind ökologische Ausgleichsgebiete, wo nur unter verschärften Bedingungen gewirtschaftet werden darf, zu erhalten und neue zu schaffen. Aber das wirft Entschädigungsfragen auf; das wissen wir auch. Müller ({9}) Erwähnen möchte ich auch die Insektenvertilgung, ihre Vorteile und ihre Nachteile. Der integrierte Pflanzenschutz - Forschung und Anwendung - ist noch erheblich im Rückstand. Hier ist noch vieles zu tun. Aber wir sehen auch die Grenzen. Pilzkrankheiten sind heute ohne Einsatz chemischer Mittel nicht zu bekämpfen. Auch hier bietet sich noch ein weites Forschungsfeld. Noch ein Wort zur Flurbereinigung. Es gibt sicher genug häßliche, unerwünschte, unvertretbare Beispiele. Aber Flurbereinigung muß nicht Landschaftausräumung sein. Flurbereinigung läßt sich durchaus mit den Gesichtspunkten des Landschafts- und Naturschutzes verbinden, wenn die Bereitschaft besteht, zugunsten des Naturschutzes nicht alles, was technisch möglich ist, auch technisch zu verwirklichen. Erlauben Sie mir einen kurzen Hinweis zum Begriff „bäuerlicher Familienbetrieb". Wir alle sprechen davon. Wir alle wollen ihn. Wir alle reden von Anpassungsfähigkeit, von gesunder Siedlungsstruktur, Freizeit und Erholung, Landschaftsschutz usw. Aber was ist denn nun in Wirklichkeit der bäuerliche Familienbetrieb? Er ist sicher keine Agrarfabrik. Aber es ergibt sich doch die Frage: Wie groß darf er sein, z. B. der Ackerbaubetrieb - ich will gar nicht weiter differenzieren -, der Betrieb mit Schweinemast, Bullenmast, Geflügelhaltung oder der Wein- und Hopfenbaubetrieb? Wie viele Beschäftigte darf er haben? Nur Familienmitglieder? Was soll geschehen, wenn er größer wird, als unsere Vorstellungen sind? Wird er dann Gewerbebetrieb? Darf er innerhalb der Größe bodenunabhängige Produktion betreiben? Wollen wir eine direkte Begrenzung der Hektarzahl, der Viehbestände, wie wir es in der Schweiz oder in Osterreich haben, oder auch der Weinstöcke? Es ergibt sich auch die Frage: Können wir den Verdrängungswettbewerb, die Konzentrationstendenzen, vor allem in der tierischen Produktion, verhindern? Wie können wir das tun? Welche Konsequenzen ergeben sich? Wie ist das mit der EG vereinbar? Müssen Investitionshilfen für die Betriebe, so wie wir sie uns vorstellen, nicht gezielt eingesetzt werden? Gilt das nicht auch für Subventionen? Die Praxis zeigt doch: Wir haben schon Verdrängungswettbewerb, wir haben Konzentrationserscheinungen und wir haben bodenunabhängige Produktion. Wir hören die Klagen von draußen und wissen, daß sich der Prozeß sogar beschleunigt. Wir müssen prüfen, ob die gesetzlichen Grundlagen ausreichen, um die Entwicklung in die von uns gewünschte Richtung zu lenken. Dieser Problematik müssen wir uns stellen, und wir müssen Lösungen suchen. Wir wissen, daß es nicht einfach sein wird. Ich erinnere nur an die Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Pachtgesetz aufgetreten sind. Aber das ist nicht nur eine Aufgabe der Politik, sondern auch eine Aufgabe der Betroffenen. Es darf nicht auf die lange Bank geschoben werden; denn die Zeit drängt. Ein paar Worte auch zur Einkommensentwicklung. Die Steigerung des Reineinkommens von 2,9 % war sicher nicht erfreulich. Aber - Herr Kollege Dr. Ritz, Sie haben von den 70er Jahren gesprochen -: Wenn man feststellt, daß wir pro Jahr im Durchschnitt eine Steigerung von 7,5 % hatten, dann kann die Landwirtschaft mit den 70er Jahren, glaube ich, doch sehr, sehr zufrieden sein. ({10}) Wir werden sicher sehr froh sein, wenn wir Ende der 80er Jahre auf ein solches Ergebnis verweisen können. Im übrigen wissen wir, wie dieses Ergebnis zustande gekommen ist. Denken Sie nur einmal an die Veredelungsbetriebe! Gerade diese Zahlen zeigen doch, Herr Kollege Dr. Ritz, wie sich die Ergebnisse - von Jahr zu Jahr, von Land zu Land - ändern. Die Situation ist von Gebiet zu Gebiet, ja von Betrieb zu Betrieb - je nach Lage, Bodenart, Klima, Betriebsart und Betriebsgröße - unterschiedlich. Sie ist so unterschiedlich, daß man mit der pauschalen Betrachtung und pauschalen Bewertung der Landwirtschaft endlich aufhören sollte. Die pauschale Zahl als solche sagt nichts aus. Das Auf und Ab geht weiter; wir haben es immer gehabt. Es sieht jedes Jahr anders aus, ob man nun die Schweinemast, den weiteren Bereich der Veredelung, die Milchwirtschaft, den Getreidebau oder den Weinbau nimmt. Ich nenne weiter die Betriebsgrößenunterschiede, die großen Unterschiede zwischen Marktfruchtbetrieben auf der einen Seite und Gemischtbetrieben auf der anderen Seite. Auch in absoluten Zahlen läßt es sich aufzeigen. Da Sie, Herr Kollege Dr. Ritz, von den Vollerwerbsbetrieben gesprochen haben, möchte ich hier doch ein paar Zahlen einführen. Von den 400 000 landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieben erzielten die ersten 100 000 einkommensstärksten Höfe einen durchschnittlichen Gewinn von 70 188 DM, die zweiten 100 000 immer noch einen Gewinn von 39 793 DM. Das kann sich doch sehen lassen, das sind 50 % der Vollerwerbsbetriebe. Wir wissen, daß das Problem bei den 100 000 kleineren Vollerwerbsbetrieben liegt, während wir diese Probleme bei den Nebenerwerbsbetrieben nicht haben. Sie kennen die Unterschiede zwischen dem oberen und dem unteren Viertel. Sie wissen - Untersuchungen zeigen das auch -, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Einkommen und Ausbildung besteht. Das Wissen und Können des Betriebsleiters spielt eine ausschlaggebende Rolle. Es ergibt sich die Frage: Tun wir genug? Was müssen wir für Ausbildung, Weiterbildung und Beratung zusätzlich tun? Wir haben die Unterschiede zwischen Norden und Süden. Nehmen Sie Bayern: Je Vollarbeitskraft haben wir 15,7 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Im Bundesdurchschnitt sind es 17,2, in Schleswig-Holstein und Niedersachsen liegt die Zahl weit, weit darüber. Die Folge: In Bayern liegt das Reineinkommen je Arbeitskraft weit unter dem Bundesdurchschnitt; in Schleswig-Holstein und Niedersachsen weit darüber. Als Konsequenz fordert Bayern einen stärkeren Anteil an der Gemeinschaftsaufgabe. Sie kennen die Argumente aus Niedersachsen, Herr Kollege Ritz, weil Sie so von Förderschwelle usw. reden. Haben Sie das mit Ihrem Minister abgesprochen? Ist er Ihrer Meinung? Sie wissen, was Niedersachsen zu den Müller ({11}) Forderungen Bayerns sagt. Auch das muß man hier einmal erwähnen. Man darf nicht einfach hier so und draußen anders reden. Natürlich kann man es; Sie tun es ja. ({12}) Wenn man hört, welche Begründung aus Bayern kommt, muß man sagen: Das ist nicht gerade sehr schmeichelhaft für den hochgelobten, als Vorbild hingestellten bayerischen Weg. Es ist doch so gewesen, daß man ihn als das Nonplusultra in der Bundesrepublik dargestellt hat. Und jetzt muß man in Bayern eingestehen: ({13}) Man ist in der Strukturpolitik und auch in der Einkommensentwicklung unter dem Bundesdurchschnitt. Das muß doch einmal erwähnt werden. ({14}) - Die anderen Länder haben aber diesen bayerischen Weg nicht und stehen viel besser da, Herr Kollege. Das muß man doch einmal erwähnen. ({15}) Man kann doch nicht einfach alles als gegeben hinnehmen, sondern man muß darauf hinweisen, wie die Situation in den anderen Ländern ist und wie der bayerische Weg gewirkt hat; der besteht doch schon lang genug. Ich sage das deswegen, weil ja der Kanzlerkandidat aus Bayern kommt und in Bayern - wie man so schön sagt - nichts ohne die Einwilligung des CSU-Vorsitzenden geschieht. Auch der bayerische Weg ist also mit seiner Einwilligung eingeführt worden. ({16}) Ich will gar nicht auf das hinweisen, was damals ''Agrar-Europ" zu diesem bayerischen Weg und den bayerischen Agrarkredit geschrieben hat: Kehrtwendung usw. Ich will das nur erwähnen. Ich habe leider zu wenig Zeit, um darauf einzugehen. Ich will das nur sachlich vortragen. Nun zu Brüssel. Die COPA fordert 7,9 %, der Deutsche Bauernverband 5 %. Präsident von beiden Organisationen ist dieselbe Person. Sicher kann man daraus ablesen, daß es unterschiedliche Preisanhebungen geben wird. Das ist sicher auch wegen der unterschiedlichen Preissteigerungsraten notwendig. Aber wir sind nicht - meine Partei ist es nicht, und auch die Regierung hat nichts gesagt -für ein Einfrieren der Agrarpreise. Das hat niemand von der SPD gefordert. Das war nicht unser Problem. ({17}) - Entschuldigung! Wenn das einige von uns tun, dann liegen sie genau in der Richtung wie der bayerische Landwirtschaftsminister. Auch der hat nämlich ein Einfrieren gefordert. Ich kann es Ihnen zeigen. Ich habe die Unterlagen hier. Er sagt das sicher nicht, ohne das Einverständnis seines Ministerpräsidenten zu haben. Auch das muß einmal erwähnt werden. ({18}) - Herr Kollege Susset, ich bin bereit, Sie das lesen zu lassen - ich könnte es Ihnen auch vorlesen -, was hier steht. Wenn es Sie unbedingt interessiert, nur einen Satz. Es heißt hier in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: „Heißt das auch, Herr Minister, wenn Sie Mut fordern, daß man dann und wann die Preise hätte einfrieren müssen?" Antwort von Dr. Eisenmann: „Ja, sicherlich! ..'' Ich gebe Ihnen das Interview ganz; dann können Sie es nachlesen. ({19}) Wir sind für eine vorsichtige Preispolitik: wegen der hohen Überschüsse und der Finanzierungsprobleme. Wir alle wissen, wie das zustande gekommen ist. Nur, einer Theorie, Herr Kollege Ritz, kann ich wirklich nicht zustimmen, die von Ihrer Seite immer wieder gebracht wird, nämlich daß die Produktionsmengen steigen, wenn die Preise fallen. ({20}) Das ist gegen jede volkswirtschaftliche Theorie, gegen jede betriebswirtschaftliche Praxis und auch gegen jede Erfahrung in der Landwirtschaft. Steigt der Preis, steigt die Menge. Fällt der Preis, fällt die Menge. Wir haben es erlebt. Nehmen Sie den Schweinezyklus, nehmen Sie die Kartoffelpreise, nehmen Sie die Eierpreise usw. ({21}) - Das habe ich nicht gesagt, Herr Kollege. Das ist Ihre Theorie, die Sie hier verbreiten. Ich möchte nur sagen: Diese Theorie stimmt nicht. Darum geht es. ({22}) Es ist also ein Problem des Ungleichgewichts. Das wissen auch wir. Es liegt nicht am System der Marktordnungen, sondern an der Handhabung. Das steht fest. Im Ministerrat ist ein agrarpolitisches langfristiges Konzept, das Überschüsse nicht entstehen läßt, nicht durchsetzbar. Es hat keinen Sinn, wenn Sie deswegen hier den Kollegen Ertl beschimpfen. In Brüssel hat er es mit anderen zu tun. Da sind neun Länder. Man muß auch auf diese Länder Rücksicht nehmen. ({23}) Würden wir in Brüssel immer auf unseren Standpunkten beharren, dann hätten wir Europa sicher schon kaputtgemacht, Herr Kollege Ritz. ({24}) Hier muß man zwischen den Interessen, die dort bestehen, unterscheiden. Sie kennen sie doch. NehMüller ({25}) men Sie nur die Forderungen Frankreichs, Englands oder meinetwegen Italien. ({26}) Das Problem wird also wieder kurzfristig gelöst werden müssen. Die nächste Krise kommt bestimmt. Ob das Europäische Parlament hier etwas erreichen kann, ist eine andere Frage. Ich möchte nur stichwortartig ganz kurz auf etwas eingehen, Herr Kollege Ritz, was Sie gesagt haben. Sie haben so getan, als seien die Preisbeschlüsse in Brüssel der einzige' Faktor, der die Einkommensentwicklung der Landwirtschaft beeinflußt. Sie wissen, daß es auch andere Gesichtspunkte gibt: Die Marktpreise, die Produktionsmengen, Strukturwandel, Betriebsmittelkosten spielen hier eine Rolle. ({27}) Gerade auf der Kostenseite könnte noch manches eingespart werden; das wissen Sie. Das gilt sowohl für Maschinen als auch für eine verstärkte Zusammenarbeit, die hier notwendig wäre, und vieles andere mehr. ({28}) Denken Sie an die Energiekosten; hier ist noch vieles möglich. Ich erinnere nur an die Wärmedämmung, an die Wärmerückgewinnung und auch an die Biomasse usw. Der Bund stellt ja Mittel dafür zur Verfügung. Wir wollen bloß hoffen, daß die Landwirtschaft auch Gebrauch davon macht. Ein kurzer Rückblick auf die Steuer. Wir haben ja schon hier im Bundestag darüber debattiert. Wir konnten Ihrem Vorschlag, die Durchschnittssatzbesteuerung bis zu einem Wirtschaftswert von 50000 DM auszuweiten, nicht zustimmen. Wir halten das gegenüber allen anderen Steuerzahlern auch jetzt noch für nicht vertretbar - das sagen wir ganz deutlich -, denn kein anderer Wirtschaftszweig und keine andere Berufsgruppe - weder Selbständige noch Arbeitnehmer - haben gesetzlich die Möglichkeit, sich nach Durchschnittssätzen besteuern zu lassen. Aufwand und Ertrag, jede Mark muß dort belegt sein. Herr Kollege Ritz, Sie stellen sich hierher und tun so, als würde dieses Gesetz die Landwirtschaft stärker als alle anderen Einkommensbezieher belasten. Sie tun hier und draußen in Versammlungen so, als würde der Landwirtschaft durch dieses Gesetz eine Sondersteuer auferlegt. In Wirklichkeit ist es ein Einkommensteuersondergesetz, das die Landwirtschaft auch in Zukunft begünstigt - so sieht es doch aus! -, denn von über 800 000 landwirtschaftlichen Betrieben müssen sich auch in Zukunft nur 140000 Betriebe der Buchführungspflicht unterziehen, wenn unser Entwurf durchkommt. 130 000 landwirtschaftliche Betriebe werden Belege sammeln müssen, und der Rest - das sind mehr als 70 000 Betriebe - aller landwirtschaftlichen Betriebe wird nach Durchschnittssätzen besteuert. Das ist doch die Situation. ({29}) - Lassen Sie mich doch ausreden, Herr Kollege. Ich will ja gerade das erläutern, was Herr Kollege Ritz angesprochen hat. ({30}) Aber Sie kommen her und reden von zusätzlicher Bürokratie. Wenn 600 000 Betriebe überhaupt nicht erfaßt waren, dann ist dazu natürlich zusätzlich eine Bürokratie notwendig. Das ist doch ganz selbstverständlich. ({31}) Aber welcher Berufsgruppe bietet das Einkommensteuergesetz die Möglichkeit, nur 50 bis 70 % der Gewinne zur Versteuerung zu erfassen, wie das in der Durchschnittssatzbesteuerung vorgesehen ist? Jeder Kiosk an der Straßenecke, jede Würstlbude und jede Ein-Mann-Schreinerei ist zu Aufzeichnungen verpflichtet. Alle Arbeitnehmer müssen jede verdiente Mark versteuern, und Sie versuchen den Landwirten einzureden, das Steuergesetz würde sie benachteiligen. Ich muß schon sagen: Sie haben komische Vorstellungen von Gerechtigkeit. ({32}) Nun kündigen Sie an, der Bundesrat werde dieses Gesetz scheitern lassen. Wir werden es ja heute erleben. ({33}) - So ungefähr ist es doch von Ihrer Seite immer wieder zum Ausdruck gebracht worden. Das haben Sie doch immer wieder gesagt. ({34}) - Na schön, dann wird sich eben der Vermittlungsausschuß damit befassen, Herr Kollege Ritz. Sollte es zu keiner Einigung kommen, wird das Bundesverfassungsgericht sein Urteil fällen. Ob es in Ihrem Sinne ist, daß § 13a dem Gleichheitsprinzip entspricht und damit auf die Landwirtschaft angewendet werden kann, das wage ich zu bezweifeln. Aber das haben Sie und nicht wir gegenüber den Landwirten zu verantworten. ({35}) Noch ein Satz zur Vorsteuerpauschale. Hier existiert das Problem: optieren auf der einen Seite, pauschalieren auf der anderen Seite. Wir haben in der Bundesrepublik rund 40 000 buchführungspflichtige Betriebe. Wir haben festgestellt, daß von diesen Buchführungsbetrieben nur rund 200 bis 300 optieren. Ich frage: Warum optieren nur 200 bis 300 Betriebe, wenn sie doch die Buchführungsunterlagen haben? ({36}) Müller ({37}) Wenn all das stimmt, dann könnten sie doch die Mehrwertsteuer auf Grund der ermittelten Daten zahlen. Dann bestünde keine Belastung. ({38}) Auch das müssen wir doch wohl sagen. ({39}) Herr Kollege Dr. Ritz, es ist Ihr gutes Recht, zusätzliche Forderungen zu stellen. ({40}) - Ich sage ja, daß das auch das Recht der Opposition wie jedes anderen ist; das wird überhaupt nicht bestritten. Nur frage ich mich, Herr Kollege Dr. Ritz, ob Sie diese Ihre zusätzlichen Forderungen auch mit Ihrem Kanzlerkandidaten abgesprochen haben; ({41}) denn in bezug auf Vergünstigungen für die Landwirtschaft ist Bayern absolut nicht so großzügig. Wir haben das beim letzten Agraretat in Bayern miterlebt. Da hat er sogar einen Brief an den Bauernverband geschrieben, in dem er um Verständnis dafür bat, daß der Agraretat nicht so ausgeweitet worden ist. So sieht das auf der andere Seite aus. ({42}) Nun noch ein Satz zu Ihrem Entschließungsantrag. Ich möchte feststellen, daß manches, was darin steht, nicht Ihrem Wissensstand entspricht. Wir kennen Sie aus dem Ausschuß und wissen, daß Sie mehr davon verstehen. ({43}) Aber wir werden uns im Ausschuß darüber unterhalten. Es ist das gute Recht auch der Landwirtschaft, zusätzliche Forderungen zu stellen. Weitergehende Leistungen hängen von den finanziellen Möglichkeiten, auch von der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft der Landwirtschaft selbst ab. Sicher bleiben auch in Zukunft noch viele Wünsche offen. Sie zu erfüllen ist nicht eine Frage des Wollens, sondern sie zu erfüllen ist eine Frage des Könnens. ({44})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Paintner. ({0})

Johann Paintner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001672, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat den Agrarbericht 1980 termingerecht vorgelegt. Auch unsere Fraktion bedankt sich bei allen Beteiligten, bei den Landwirten, den Beamten und auch bei Bundesminister Josef Ertl für seine Politik in dem abgelaufenen Zeitraum. ({0}) Er enthält gemäß dem Auftrag des Landwirtschaftsgesetzes von 1955 einen Bericht über die Lage der deutschen Landwirtschaft im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 1979/80 und einen Ausblick auf das laufende Wirtschaftsjahr, eine Darstellung der getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung sowie der Einflüsse der EG-Politik. Dieser Bericht ist der vierte und letzte in dieser Legislaturperiode. Die Opposition meint, in ihm Anlaß zu einer scharfen Kritik an der Agrarpolitik dieser Bundesregierung zu sehen. Herr Dr. Ritz hat bereits bewiesen, daß hier der Wahlkampf ausgebrochen ist. Ich sage Ihnen nur das eine - mein Nachredner Dr. Zumpfort wird dann auf diese Dinge noch eingehen --: Die Opposition malt Schwarz in Schwarz, und daher sind keine Konturen der eigenen Linie mehr zu erkennen. ({1}) Ich komme zunächst zum Bericht. Ich meine, das ist zunächst das Wichtigste. Er zeigt für das abgelaufene Berichtsjahr 1979/80, wie nun schon mehrfach zitiert, einen Anstieg des Reineinkommens je Familienarbeitskraft im Durchschnitt der landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe von 2,9 bzw. 3%. Tm Durchschnitt der letzten zehn Jahre ergibt sich damit ein Anstieg von 7,5 % pro Jahr. Das ist sicherlich etwas weniger als im gewerblichen Bereich, aber ich meine, 7,5% im Durchschnitt sind kein schlechtes Ergebnis, und ich kann in diesem Punkt dem Herrn Bundesminister in seiner Analyse und Interpretation nur zustimmen. Etwas bedenklicher sieht es im laufenden Wirtschaftsjahr aus. Hier deutet sich ein Rückgang der Einkommen an, und den wollen wir sicherlich nicht auf die leichte Schulter nehmen; aber auch hier sollte man zunächst etwas näher hinsehen. Ein Blick auf die Übersicht 8 im Agrarbericht mit den jährlichen Veränderungsdaten zeigt uns vor dem Hintergrund einer langfristig recht zufriedenstellenden Entwicklung von Jahr zu Jahr große Schwankungen: 1969/70 ein Plus von 9%, 1970/71 ein Minus von 11 %, 1971/72 ein Plus von 41 % und 1972/73 ein Plus von 19 % sind das keine guten Ergebnisse? -, 1973/74 ein Minus von 0,5%, 1974/75 plus 8%, 1975/76 plus 20%, 1976/77 minus 13,5%, 1977/78 plus 10% und 1978, wie gesagt, rund 3%. ({2}) Das zeigt doch, daß wir die Ergebnisse einzelner Jahre nicht dramatisieren dürfen, solange sich im Durchschnitt der Jahre in etwa ein Gleichschritt mit der übrigen Wirtschaft zeigt. Ich will hiermit die derzeitige Lage und die Sorgen der deutschen Landwirtschaft, auf die ich gleich noch zu sprechen komme, nicht beschönigen, aber ich möchte die Dinge ins rechte Lot bringen. Aber nun weg von der globalen Betrachtung hin zur partiellen Betrachtung nach Betriebsformen und Größenklassen.Überdurchschnittliche Zuwächse im Einkommen erzielten 1978/79 mit einem AnPaintner stieg von 6,8 % die Futterbaubetriebe. Einkommensrückgänge hingegen waren bei den Veredelungsbetrieben mit 7,2 % und bei den Dauerkulturbetrieben zu verzeichnen. Das sind alles in erster Linie Auswirkungen von unterschiedlichen Marktfaktoren, von Ernte und Angebot. ({3}) - Das muß ich Ihnen, Herr Rose, erklären, wenn wir heimfahren. Jetzt habe ich keine Zeit dazu. Wenn Sie es nicht wissen, dann kommen Sie zu mir. Im übrigen wiesen die Betriebsgruppen im Vorjahr besonders gute Ernteergebnisse aus; die Veredelungsbetriebe z. B. ein Plus von 24 %. Die Futterbaubetriebe profitierten weiterhin trotz Mitverantwortungsabgabe von den gestiegenen Milchpreisen und höheren Milchverkaufsmengen. Nach Betriebsgrößen waren die Einkommensergebnisse ähnlich abgestuft wie in den Vorjahren. Die innerlandwirtschaftlichen Einkommensunterschiede haben sich nicht wesentlich verändert. Mit einem Verhältnis von 6,3 : 1 war der relative Einkommensabstand zwischen dem oberen Viertel und dem unteren Viertel der Vollerwerbsbetriebe etwa gleich hoch wie im Vorjahr und wie vor zehn Jahren. Die absoluten Abstände haben sich natürlich erheblich erweitert. Das ist ein Zeichen dafür, daß Preispolitik allein kein Allheilmittel für agrarstrukturell bedingte Einkommensunterschiede sein kann. Bei genauem Lesen des Agrarberichts kann man feststellen, daß sich die Marktfruchtbetriebe mit einem durchschnittlichen Einkommen von 32 915 DM je Familienarbeitskraft und die Veredelungsbetriebe, die trotz eines 14%igen Absinkens noch bei 27 307 DM Einkommen je Familienarbeitskraft liegen, über dem Durchschnitt von 24 000 DM bewegen. Die Entwicklung nach Wirtschaftsgebieten ist besonders interessant. So gab es im Marschgebiet Schleswig Einkommenssteigerungen von 13%, in Mittelholstein von 18,4 %, im niedersächsischen Nordseemarsch- und -geestgebiet von 11 %, in den Braunschweiger Lößbodengebieten von 14,3%. Unsere norddeutschen Kollegen müßten das sehen: Nach Bundesländern geordnet zeigt sich, daß das Bundesland Schleswig-Holstein mit einer Steigerung von 13,6%, Nordrhein-Westfalen mit einer Steigerung von 8,2 %, Niedersachsen mit einer Steigerung von 4,5%, Hessen mit einer Steigerung von 12,3% und sogar noch Bayern mit einer Steigerung von 4,9% beteiligt waren. Ich meine, das sollte man entsprechend werten. Diese Länder haben eigentlich keinen Anlaß zur besonderen Kritik an diesem Agrarbericht. Am besten kann man wohl die Verschiedenheit der landwirtschaftlichen Betriebe noch begreifen, wenn man weiß, daß das obere Viertel der großen Marktfruchtbetriebe bei einem Reineinkommen je Arbeitskraft von 103 000 DM liegt, das untere Viertel der kleinen Dauerkulturbetriebe bei 2 900 DM. Ich hoffe und wünsche, daß die Inhaber der Betriebe mit 103 000 DM Reineinkommen pro Arbeitskraft nicht zufällig CSU-Mitglieder sind und trotzdem noch kritisieren. ({4}) - Nein, damit haben Sie angefangen, nicht wir. Wir machen draußen Wahlkampf und nicht hier. In Kreisen der Opposition heißt es oft, die Landwirte würden resignieren. Ein Blick auf die Statistik der Investitionen zeigt das Gegenteil. ({5}) - Ich kann Ihnen nur das eine sagen: Wenn Sie mit offenen Augen durch die deutschen Lande gehen, wissen Sie, was los ist. Dann brauchen Sie gar keine Statistiken zur Hand zu nehmen. Es wird munter investiert, insbesondere bei Maschinen und Gebäuden. Ich habe darauf bereits in einem früheren Beitrag in einer Agrardebatte hingewiesen. Das sind natürlich nicht nur Rationalisierungsinvestitionen, sondern auch Erweiterungsinvestitionen. Hier zeigt sich ein großes Dilemma: Der Binnenmarkt der EG kann bei den meisten Agrarprodukten kaum noch zusätzliche Mengen aufnehmen. Bei einigen Produkten haben wir in der EG Überschüsse, deren Verwertung sehr viel Geld kostet. Allen Beteiligten muß in diesem Zusammenhang klar sein, daß wir hier an einem besonderen Punkt stehen. Es dürfen keine Marktordnungen gefährdet werden. Allerdings muß ich auch sagen: Es war nicht die Bundesrepublik Deutschland, die die Situation herbeigeführt hat. Die deutschen Forderungen waren, auch wenn es der CDU/CSU nicht paßte, immer gemäßigt. Andere Länder haben die Marktordnungen immer weiter ausgedehnt und perfekter haben wollen. Ich denke an den Rindermarkt, an Obst, Gemüse und Wein. Ich denke an enorme Stützungen des Milcheiweißmarktes über einen völlig ungleichgewichtigen Magermilchpulverpreis. Dieses und anderes mehr wurde von einigen Ländern aus rein agrarischer Sicht forciert und im Rahmen des alljährlichen Gesamtpakets durchgesetzt. Die deutsche Achillessehne ist der positive Währungsausgleich. Es ist zwar unser Wille, daß es ihn gibt, aber letztlich nicht unsere Schuld. Er ist Folge der unvollendeten Wirtschafts- und Währungsunion. Ich danke Josef Ertl, daß er diesen Währungsausgleich mit Händen und Füßen verteidigt hat. ({6}) - So ist es. Da können Sie sagen, was Sie wollen. - Ich hoffe, daß es gelingt, die Abbauschritte auch in Zukunft möglichst klein zu halten. Es ist nicht einzusehen, daß wir im EG-Vergleich auf Dauer reale Nachteile erleiden, sei es bei den Preisen, sei es bei den Einkommen. Ich halte die Sparvorschläge der Kommission für notwendig, allerdings nicht für voll durchdacht. Die Superabgabe für Milch halte ich für undurchfürbar. Statt dessen befürworte ich eine nach Ablieferungsmengen gestaffelte Mitverantwortungsabgabe. Aus außenpolitischen Erwägungen und auf Grund internationaler Verpflichtungen möchte ich eine Sojasteuer nicht befürworten. Betriebe, die mehr als eine bestimmte Milchmenge je Hektar erzeugen, also sehr viel billiges Importfutter kaufen, sollten in besonderer Weise zur Mitverantwortung herangezogen werden. Ich hoffe und wünsche, daß solche oder ähnliche Gedanken in Brüssel Resonanz finden. Die Berggebiete sollten von der Mitverantwortungsabgabe ausgenommen bleiben. Ich halte es überhaupt für gut und sinnvoll, mehr für diese Gebiete zu tun. Es sollte meines Erachtens versucht werden, den Kreis der zur Ausgleichszulage berechtigten Gebiete auszuweiten und diese Ausgleichszulage zu erhöhen. Ich bitte jedoch zu überlegen, ob nicht die Förderung im tierischen Veredelungsbereich weiter eingeschränkt werden sollte, insbesondere bei Milch. Wahrscheinlich wäre dieser Markt dann schneller in den Griff zu bekommen. Überhaupt muß uns bewußt sein, daß staatliche Interventionsförderung die Konzentration zu einem gewissen Teil fördert und damit den Verdrängungswettbewerb stärkt. Ein solcher Verdrängungswettbewerb ist auf Gemeinschaftsebene angesichts gesättigter Märkte in vollem Gange. Die Konzentration nimmt zu. Wollen wir eine bäuerliche Landwirtschaft erhalten, so müssen wie beizeiten EG-weit Konsequenzen ziehen. Ich zitiere meinen verstorbenen Freund Walter Peters, der in seiner letzten Rede in einer Agrardebatte hier im Bundestag ausführte: Wollen wir als Leitbild den mittleren oder den Großbetrieb? Soll es der mittlere Betrieb sein, dann muß die Förderung der öffentlichen Hand eine obere Grenze haben. - Sein Vorschlag war: Die öffentliche Hand fördert nur noch Kuhställe mit höchstens 50 Kühen und Schweineställe mit bis zu 400 Liegeplätzen. Er kritisierte auch, daß einerseits gefördert wird und andererseits dann die Überschüsse beseitigt werden müssen. Manchmal meine ich sogar, wir sollten die Investitionsförderung bei Milch vielleicht für zwei bis drei Jahre ganz aussetzen. Das wäre ein Zeichen, das von allen Seiten, vom Milchproduzenten und vom Steuerzahler, verstanden würde. Wir alle müssen in der Politik glaubwürdig bleiben. Es sollten Mittel in andere Bereiche der Gemeinschaftsaufgaben wandern. Ich denke beispielsweise an Maßnahmen der Dorferneuerung nach dem auslaufenden Regierungsprogramm für Zukunftsinvestitionen, die sich voll und ganz bewährt haben und nach denen noch eine große Nachfrage und ein beachtlicher Bedarf bestehen. Ich appelliere an den Finanzminister, hier seinem Herzen einen Stoß zu geben. Was die Agrarsozialpolitik betrifft, so möchte ich besonders hervorheben, daß hier von der Bundesregierung Hervorragendes geleistet worden ist. ({7}) Seit 1969 ist dieser Bereich konsequent ausgebaut worden. Die landwirtschaftliche Bevölkerung ist nun weitgehend gegen die Risiken des Lebens abgesichert. Im Zuge des Strukturwandels auftretende soziale Härten sind gemildert worden. Wir sind dabei, durch die Absicherung der jüngeren Hinterbliebenen noch vorandene Lücken im Bereich der Altershilfe zu schließen. Dazu wird mein Kollege Cronenberg noch einige Worte sagen. Über die landwirtschaftliche Einkommensbesteuerung brauche ich kein Wort zu verlieren. Darüber haben wir diskutiert. Nun ist der Bundesrat am Zuge. Wenn allerdings Dr. Ritz dies alles kritisiert und in Frage stellt, muß ich antworten: Ich möchte mir nicht wünschen, daß das Verfassungsgericht eines Tages eine Situation herbeiführt, die dann Sie - nicht mehr Josef Ertl und wir - zu verantworten haben. Ich möchte, wie anfangs versprochen, noch einmal auf die derzeitige Einkommenslage zurückkommen. Der gemutmaßte Rückgang im laufenden Wirtschaftsjahr wird, wenn er eintrifft, vor allem auf gestiegene Kosten im Energiebereich - auf etwas, wofür bei uns niemand verantwortlich ist - zurückgehen. Mit wenigen Ausnahmen - Unterglasgärtner, Kutterfischer und sozial Schwache - müssen alle Bürger und Unternehmen diese Teuerung selbst tragen. Die Auswirkungen dieser Energieverteuerung zeigen sich nicht nur in der verteuerten Lebenshaltung und den erhöhten Produktionskosten, sondern auch bereits in der Zahlungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland. Für die Landwirtschaft kommt erschwerend hinzu, daß diese Kostenerhöhungen bei vollen Märkten und bei dem hohen Wettbewerbsgrad in der EG anders als in vielen anderen Bereichen nicht abgewälzt werden können, zumal die Stützungspreise in den letzten drei Jahren nicht sehr stark angehoben werden konnten. Als Maßnahme gerechtfertigt erscheint mir die Anhebung der Vorsteuerpauschale. Bei dieser Forderung stimme ich Ihnen allen - einschließlich Dr. Ritz - zu. ({8}) Was die anstehenden Preisbeschlüsse in Brüssel betrifft, so wünschen sich die Landwirte eine kräftige Anhebung. Ich kann das am allerbesten verstehen. Aber es gilt, auch hier Vernunft zu bewahren. Wir dürfen uns, wie gesagt, das Marktordnungssystem nicht selbst zerschlagen; ({9}) es hat sich im Prinzip bewährt. Andererseits müßte es für die Bundesrepublik Deutschland möglich sein, mehr herauszuhohlen, als im Kommissionsvorschlag enthalten ist. ({10}) Die meisten anderen Länder - das zeigen die Statistiken - haben sich durch die Abwertungen ihrer grünen Paritäten mit den daraus folgenden entsprechenden Preisanhebungen zum Teil mehr als ausreichend bedient. Meine Damen und Herren, unsere Politik gilt nicht, wie man so oft meint, nur der Landwirtschaft, sie gilt auch dem Verbraucher als Käufer von möglichst guten, gesunden und preiswerten Nahrungsmitteln. Seit mehreren Jahren liegen die Preissteigerungsraten bei Nahrungsmitteln unter der Steigerungsrate der Lebenshaltungskosten insgesamt. Dem ist nichts hinzuzufügen. Überhaupt möchte ich an dieser Stelle einmal anerkennen, was im Rahmen der Agrar- und Ernährungspolitik zum Schutze der Umwelt, was sich letztlich auch für den Menschen positiv auswirkt, geleistet worden ist. Alle in den letzten zehn Jahren auf diesem Gebiet getroffenen Maßnahmen aufzuzählen, würde Seiten füllen. Da gibt es viele von der Öffentlichkeit kaum beachtete Gesetze und Verordnungen, die aber doch für die Gesundheit von Mensch, Tier und Natur wichtig sind. Ich denke dabei an Bestimmungen im Lebensmittelrecht, Pflanzenschutzrecht, Düngemittelrecht, Futtermittelrecht, Immissionsschutzrecht, Wasserrecht, im Abfallbeseitigungsgesetz, im Naturschutzrecht, im Bundeswaldgesetz usw. Es sind nahezu unzählige Bestimmungen, die letztlich dem Schutze des Menschen dienen, aber auch Kosten verursachen, vor allem Kosten für den Staat, für den Produzenten. Diese Bestimmungen dienen aber dem Wohle der Gesamtheit. Das darf nicht übersehen werden. Verschiedene Gesetze und Verordnungen stehen kurz vor dem Inkrafttreten, z. B. das Umweltchemikaliengesetz. Ich begrüße, daß die Bundesregierung dem Bundesrat eine Bundesartenschutzverordnung zum Bundesnaturschutzgesetz zugeleitet und auch eine Import-Export-Verordnung nach diesem Gesetz fertiggestellt hat, um wildwachsende Pflanzen und wildlebende Tiere vor Beeinträchtigungen durch den grenzüberschreitenden Handel zu schützen. Die Bundesrepublik Deutschland ist dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen beigetreten. Ich weiß, manche Leute sind auf diesem Gebiet nie zufriedenzustellen. Ich darf aber zusammenfassend sagen: Es ist viel für die Landwirte, für die Verbraucher, insbesondere aber für die Natur als unseraller materielle Lebensgrundlage erreicht worden. Ich möchte mich bei denen bedanken, die dafür verantwortlich sind, und bei denen, die Verständnis dafür haben, daß nicht alles möglich ist, weil es eben Grenzen gibt. ({11})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kiechle.

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mir ein paar Vorbemerkungen erlauben, bevor ich zu Teilen des Agrarberichts Stellung nehme. Es geht um Vorbemerkungen zu dem, was der Kollege Müller gesagt hat, der es ja in keinem Jahr lassen kann, insbesondere auf bayerische Verhältnisse einzugehen. Dabei hat er offensichtlich eine Brille, mit der er nur in der Lage ist, in eine Richtung zu sehen - und das auch noch eingefärbt. ({0}) Ich möchte Ihnen, Herr Müller, nicht widersprechen, daß die Durchschnittseinkommen der bayerischen Landwirte unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Wenn Sie aber daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß daran die dortige Agrarpolitik und der bayerische Weg schuld seien, dann ist das schlicht und einfach unfair. In Bayern sind 40 % des gesamten Gebietes benachteiligtes Gebiet. Dort befinden sich drei Viertel des gesamten Bergbauerngebietes der Bundesrepublik Deutschland. Die Bauern müssen dort eben in kleineren Betrieben und auf schlechteren Böden wirtschaften. Das müssen sie sagen, nicht etwa, daß sonst irgend etwas daran schuld sei. ({1}) Wenn es überhaupt - übrigens ähnlich wie in Baden-Württemberg - gelungen ist, die große Zahl von Betrieben zu erhalten, die die Landschaft pflegen und die noch vieles andere tun, worüber man auch einmal ein bißchen mehr sagen sollte - ich beziehe mich auf die sogenannten social benefits, die Nebenleistungen, die kein Mensch bezahlt, aber jeder beansprucht -, dann ist dies auch auf den bayerischen Weg und den Widerstand dagegen zurückzuführen, daß man nur die Großen fördert und die Kleinen auf Übergangs- oder staatliche Hilfe vertröstet. ({2}) Es gibt noch ein paar Punkte. Aber eines hat mich doch sehr überrascht. Sie haben gesagt, für die Bauern liege der Einkommenszuwachs nicht nur im Preis. Das stimmt zwar; aber Sie haben auch gesagt, sie sollten doch mehr Kosten einsparen; dazu bestünden viele Möglichkeiten, sie haben diese auch aufgezählt. Ich will Ihnen sagen: Unsere Bauern haben diese Möglichkeiten bis zum Exzeß genutzt. Die paar Prozent zusätzlicher Fehlinvestitionen, die vielleicht durch Maschinenüberbesatz oder einmal durch ein zu teures oder zu großes Gebäude entstanden sind, stehen in überhaupt keinem Verhältnis zu dem, was sich z. B. die vielen klugen Leute der öffentlichen Hand schon an Fehlinvestitionen geleistet haben. ({3}) In dieser Situation, in der selbst der Agrarbericht, wenn er von der Statistik und den Tabellen her auch hervorragend gemacht ist, zugeben muß, daß die Kurve kraß und scharf nach unten läuft, sollte man bitte nicht so tun, als ob im Kostenbereich noch Reserven vorhanden wären. Herr Paintner, jedes Jahr höre ich von Ihnen die Durchschnittszahlen. Heuer haben Sie sie gleich für zehn Jahre vorgelesen und von der schönen Prozentzahl von 7½ % Zunahme im Durchschnitt der Jahre gesprochen. Sie müßten von den Ausgangspositionen ausgehen, und Sie müßten hinzufügen, daß die vergleichbare gewerbliche Wirtschaft in den gleichen Jahren durchschnittlich plus 9,4 % erzielt hat und daß das am Schluß der zehn Jahre 20 % Unterschied ausmacht. ({4}) Diese Zahl ist für uns deswegen interessant, weil Ihr Förderprogramm, das Ertl-Programm, bezüglich der Förderungswürdigkeit am außerlandwirtschaftlichen Einkommen anbindet. ({5}) - Das funktioniert überhaupt nicht ausgezeichnet, sondern das funktioniert nur deswegen, weil wir in den Ländern Gott sei Dank so klug und auch so verständnisvoll waren, noch ein paar einfache Agrarkreditprogramme aufzulegen. ({6}) Sonst könnten nämlich unsere kleinen Bauern alle in den Mond schauen. ({7}) Meine Damen und Herren, ich möchte einmal in heutiges Deutsch übersetzen, was zwei Zahlen des Agrarberichts im Grunde genommen aussagen, nicht in Prozenten, sondern in Wirklichkeit; in heutiges Deutsch insofern, als man, wenn man bestimmte Terminologien wählt, ja nicht mehr kritisiert wird. Ich will diese Terminologien auf die Agrarpolitik umsetzen: Stellen Sie sich vor, ein Minister oder ein offizieller Bericht der Bundesregierung müßte in diesem Hohen Hause und in der Öffentlichkeit folgendes sagen: Die Angestellten, Beamten und Arbeiter haben bei einer Inflationsrate von 4 % im letzten Jahr brutto 2,9 % mehr Lohn erhalten. Sie werden im laufenden Jahr 4 % weniger Lohn bei einer Inflationsrate von 5 % bekommen, und sie werden bei einer Inflationsrate von 6 % im kommenden Jahr voraussichtlich zwischen 8 und 10 % brutto weniger Lohn erhalten. - Was wäre dann eigentlich die Reaktion von Parlamenten, Verbänden und der Öffentlichkeit? Können Sie sich das vorstellen? ({8}) Was würden die Kollegen, die hier zum Teil nur lachen, wenn solche Statistiken vorgetragen werden, dazu eigentlich sagen? Das ist für die Zukunft unserer Bauern genau das - übersetzt -, was im Agrarbericht steht. ({9}) Ich will mich überhaupt nicht darum streiten, ob es Bauern gibt, die mehr verdienen, und Bauern, die weniger verdienen, und auch nicht darüber, daß es einen Unterschied von 1 : 6,5 gibt. Es gibt Redner, die sich minutenlang mit diesem Verhältnis von 1 : 6,5 befassen. Entschuldigen Sie, wie ist es eigentlich beim Vergleich des Postsekretärs mit dem Ministerialdirigenten? Besteht da nicht auch ein Unterschied von 1 : 6? ({10}) Ist das nicht überall in der Wirtschaft so? Oder gibt es hier irgendeinen, der sagt, man müsse den Bildungsstand des Postsekretärs anheben, damit auch er so viel verdienen könne wie ein Ministerialdirigent? So einen Blödsinn habe ich noch nie gehört! Aber den Bauern wird das immer vorgehalten. ({11}) Selbstverständlich gibt es kleine und große Betriebe, und es wird sie auch immer geben, es sei denn, man sozialisiert das Ganze und verteilt es neu in gleichen Größen. Aber dann gibt es noch andere Unterschiede. Bei mir zu Hause haben wir Dauergrünland, dauerbewirtschaftete Flächen in einer Höhe von 700 bis 1000 m, und woanders - ich nenne den Gäuboden Bayerns oder die Gegend von Braunschweig usw. - gibt es halt hervorragende Böden. Es hat doch wohl noch keiner behaupten wollen, das müsse man auch ändern - oder? ({12})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Verzeihen Sie, Herr Abgeordneter, gestatten sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Zumpfort?

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe leider Gottes keine Zeit, Herr Präsident, sonst werde ich mit meiner Rede in der Redezeit nicht fertig - obwohl mich die Zwischenfrage des Herrn Zumpfort nicht gerade erschüttern würde. ({0}) Aber ich kann es auch umgekehrt sagen, meine Damen und Herren: In diesem Agrarbericht steht auch, daß die Bauern für Güter, für die sie 1970 beim Verkauf 100 DM erhalten haben, 1979 144 DM bekommen haben. Für die gleiche Menge Betriebsmittel, für die sie 1970 100 DM bezahlten, hatten sie im Jahre 1979 162 DM zu zahlen. Daher kommen die Differenzen. Das konnte nicht mehr durch die Preise ausgeglichen werden. Wenn man diese lange Zahlenreihe der Verdienste der Bauern bringt, muß man hinzufügen, daß eine Familienarbeitskraft im Jahre 1975 25 260 DM und im Jahre 1979 - vier Jahre später - 24 780 DM verdient hat. Da wundert man sich dann noch, wenn die Bauern langsam - und das tun sie wirklich langsam und keineswegs sozusagen immer gleich auf die Palme gehend - unruhig werden. Da wundert man sich in Ihren Kreisen offensichtlich auch noch, daß sie langsam die Frage stellen, wo denn die Reise hingehen soll. Im übrigen sind diese 2,9 % mehr nicht aus besseren Preisen entstanden, Herr Minister, sondern, wie in Ihrem Bericht steht, aus mehr Produktion. Das heißt doch wohl auf deutsch: aus mehr Arbeit und mehr Leistung. Wird das irgendwo anerkannt, da man doch sonst immer von Leistung spricht, wenn es gerade paßt? Ich finde, es wird kaum mehr anerkannt. Man wirft den Bauern schlicht und einfach vor: Ihr produziert bloß noch Überschüsse, am Markt vorbei, ihr braucht zuviel Pflanzenschutzmittel und vergiftet da so einiges. Auch der Handelsdünger kommt immer mehr in die Kritik. In Schutz genommen werden sie von der Bundesregierung nur ganz zaghaft. Nur ein einziger Minister, der zuständige Minister, und sein Staatssekretär tun es noch ab und zu. Aber der andere Teil der Bundesregierung deckt das wieder mit vielen überheblichen Formulierungen in dieser Richtung zu. Dann sagt man den Bauern noch, sie gefährdeten den Naturhaushalt, sie erhielten zu viele Subventionen und zahlten zu wenig Steuern. Das sagen nicht nur Verbraucherverbände und Publizistik, sondern auch Politiker, ja, sogar Minister. Dann ist es kein Wunder, wenn draußen Ärger entsteht; denn bei immer härterem Wettbewerb immer mehr leisten zu müssen, aber weniger Erlös zu erzielen und dafür eher Beschimpfungen als sonst was zu bekommen, ist psychologisch eine sehr negative Lage. Dann darf man sich nicht darüber wundern, wenn dieser Ärger entstehen sollte. ({1}) Angesichts dieses Agrarberichts, der in den von mir vorgetragenen Beispielen eine klare Antwort gibt, wie das nächste Betriebsjahr aussehen wird und dieses Betriebsjahr ausgesehen hat, ist die Frage an die Bundesregierung zu stellen, was für Wegweisungen sie nun gibt. Ich behaupte: Die Bundesregierung hat praktisch keine Antwort auf diese Frage. Sie hat auch keine Konzeption. Sie hat dies nicht nur heuer nicht, sondern schon seit Jahren. Hilflos stimmt sie doch in Brüssel immer wieder sich widersprechenden Beschlüssen zu, beklagt dann selbst deren Auswirkungen - ohne Einstimmigkeit geht es nicht -, laboriert wie ein Pfuscher mit irgendeiner Heilsalbe immer am Symptom herum und verspricht, daß das Mittel wirken würde. Das kann man am Beispiel des Milchmarktes am besten beweisen. Bei der Milch läuft in der europäischen Gemeinschaft die Entwicklung doch seit Jahren in Richtung auf strukturelle Überschüsse. Das sah und sieht man seit Jahren kommen - das ist gar keine Frage. Trotzdem gab es - auch mit Zustimmung unseres Ministers - Kälber- und Kuhprämien neben Abschlachtprämien, Erzeugungsanreize in den Mitgliedsländern - in einigen jedenfalls - neben Hinweisen und flammenden Appellen zur Produktionseinschränkung. Da gab es auch Förderkonzepte - übrigens mit dem Ertl-Programm auch in Deutschland -, die allein auf Produktionssteigerungen angelegt gewesen sind. Bei den einzelnen Beitrittsverhandlungen hat sich diese Regierung doch auch nicht gescheut, Importen von Auslandsbutter vertraglich Tür und Tor zu öffnen. Daß die Regierung nun vor 10 Millionen t Milch steht, die in Europa auf dem normalen Wege nicht mehr absetzbar sind, beklagt sie jetzt. Sie hat daraufhin eine sehr gute Geschichte erfunden und sagt einfach: Verantwortlich sind die Bauern. Und da ist dann etwas geboren worden, das nennt sich Mitverantwortungsabgabe. Das alles tut diese Bundesregierung, obwohl sie jetzt seit zehn Jahren im Amt ist. Meine Damen und Herren, das ist keine Mitverantwortungabgabe, sondern eine Erzeugerzwangsabgabe. So zahlen die Bauern für die Sünden unserer Regierung. ({2}) Denn aus der Sicht der Betroffenen sieht sich der Landwirt und insbesondere der Milcherzeuger vor folgende Situation gestellt. Man sagt ihm: Preise kann es nicht mehr geben, weil es Überschüsse gibt. Man formuliert zwar „vorsichtige Preispolitik", meint aber null. Früher sagte man ihm: du mußt größere Mengen produzieren, damit du zu einem Einkommen kommt. Jetzt sagt man ihm: Mengenbegrenzung - sozusagen als Drohung. Weiter hat man gesagt: Für die Menge, die da nun entstanden ist, gibt es eine Strafabgabe, in welcher Form auch immer, bis jetzt auch in der Höhe noch nicht festgelegt. Und man hat ihm noch gesagt: ein Steuererhöhungsgesetz - das hat man jetzt auch beschlossen - ist die Antwort auf diese Situation. Also keine Preise, keine Mengensteigerung mehr, dafür aber Abgabe - sprich Milchpreissenkung - auf die erzeugte Milchmenge. 0,3 ist der Ist-Zustand, 0,9 soll er werden. Und dann noch höhere Steuern! Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sozusagen die Federführung der Agrarpolitik schon entglitten ist. Denn er hat ja früher ganz andere Aussagen dazu gemacht. Da gibt es mehrere Beispiele. Da sagt z. B. der deutsche Bundeskanzler bei einem Treffen der Regierungschefs: Ich verlange, daß sich die Finanzminister in der Gemeinschaft jetzt zusammensetzen und über die Kosten der Agrarpolitik Beschlüsse fassen. Die treffen sich dann auch - übrigens zu diesem Zweck zum erstenmal seit 20 Jahren. Der deutsche Finanzminister schickt zwar einen Vertreter hin, aber es war ein Finanzministertreffen. Und da haben sie dann beschlossen: keine Preise mehr - wie gesagt, unter dem Stichwort „vorsichtige Preispolitik" - und: substantielle Einsparungen seien ab sofort zu erzielen. Ich frage mich: Was will eigentlich der Agrarminister noch auf der nächsten Preisbeschlußkonferenz, wenn das die Maxime ist? Das wird aber hier gar nicht gesagt, auch draußen nicht. Ein weiterer Punkt. Unser Agrarminister ist für ein modifiziertes, aber zweistufiges Steuermodell für die Landwirtschaft. Das hat er über lange Zeiten hinweg auch öffentlich verkündet. Aber SPD und Finanzminster zwingen ihn in die Dreistufigkeit, und er stimmt wider besseres Wissen zu. Oder: Der Agrarminister will eine Witwenrente, so wie versprochen - ohne „Hofvertreibungsklausel" -, SPD und Teile seiner eigenen Fraktion erzwingen eine sinnwidrige Gesetzesvorlage mit Hofabgabeverpflichtung für die Witwe. Obwohl die Bauern gesagt haben: wir bezahlen diese Geschichte zum größten Teil selber, ihr braucht sie bloß noch zu genehmigen, hat man die Ausrede, das sei nicht systemkonform, und man ist nicht bereit, auf ein solches Angebot einzugehen. ({3}) Das Wort „sozial" will ich in diesem Falle nicht verwenden. Oder: Der Agrarminister liegt quasi im Dauerclinch mit anderen Ressorts, und das Ergebnis sind dann Verordnungen am laufenden Band ohne Konsens mit Wirtschaft und Ländern. Sie tragen laufend zur Verunsicherung der Beteiligten bei. Aller16746 dings sorgen sich die FDP und ihr Minister dann um die Verbandsklage. Unter solchen Voraussetzungen, Herr Minister, fahren Sie also nach Brüssel und müssen da nun zu Ihren Gunsten muß ich es wirklich so sagen - verhandeln. Aber von einer Konzeption, einer Vorstellung, mit welchem Ziel Sie verhandeln wollen, kann ich weit und breit nichts sehen. Ich habe auch Ihre Rede, die Sie vorgestern gehalten haben, daraufhin durchgesehen. Da gibt es nur ein paar vage Aussagen. ({4}) Ich will sie nicht im Detail wiederholen. Sie sprechen von der Belastung der pflanzlichen Fette und Eiweißstoffe, fügen aber gleich hinzu, da könne man nichts machen. Sie sagen, radikale Änderungen des Systems brauche man nicht - da stimmen wir Ihnen zu -, aber für die Bauern sagt das gar nichts. Dann sagen Sie, man solle sich nicht der Illusion hingeben, als führten eine Auswechslung des Systems oder etwa Einkommensübertragungen und Quotierung der Milchproduktion zu besseren Entscheidungen, fügen dann aber hinzu: Bei Milch sollen die durch zukünftige Mehranlieferungen entstehenden Verwertungskosten von dem Erzeuger selbst getragen werden. Damit ist das, was Sie zur Milch sagen, schon so ziemlich zu Ende, abgesehen davon, daß Sie davon sprechen, Sie persönlich wären für eine gewisse Staffelung der Mitverantwortungsabgabe, bei der Rücksicht zu nehmen ist auf Betriebe, die keine Alternative zur Milcherzeugung haben; aber es sei ungeheuer schwierig, das durchzusetzen. Sie sprechen dann noch von einer bestimmten Erzeugungsmenge in Litern je Hektar. Ich habe woanders gelesen, da hätten Sie 12 000 Liter je Hektar gemeint. Zu diesem Thema „Milch", das ja nun seit Jahren durch die Presse geistert und zu Recht Diskussionen nach sich zieht, habe ich schon im vergangenen Jahr einiges sehr Detailliertes gesagt. Ich will mich nicht wiederholen. Aber ich möchte an dieser Stelle zu dem Thema, weil es sehr, sehr wichtig ist für etwa 300 000 Vollerwerbsbetriebe in Grünlandgebieten in der Bundesrepublik und für rund 600 000 milcherzeugende Betriebe in der Bundesrepublik, doch einmal folgendes sagen. Da gibt es, Herr Minister, zwei Denkrichtungen; das ist doch auch Ihnen nicht unbekannt. Die eine Denkrichtung besagt: Wir wollen Kosten dadurch einsparen, daß wir den Preis senken, aber mindestens Preise stoppen, und wir wollen eine globale Erzeugerabgabe - das soll dann umgerechnet werden pro Liter Milch in Prozenten, man spricht von 0,9 bis zu möglichen 5 oder 6 Pf je Liter. Die Mehrkosten der Milchmarktordnung müssen durch eine jährliche Abgabenerhöhung, diese sogenannte Erzeugerabgabe, von den Erzeugern selber gezahlt werden. Das scheint mir unbestritten zu sein, weil Sie es in Ihrer Rede so behauptet haben. Da möchte ich einmal einen Betrieb nennen, einen ganz normalen Betrieb, 22 bis 25 Kühe, der im Jahr 100 000 Liter Milch abliefert. Er gehört nicht zu den Großen, sondern das ist ein ganz bescheidener Vollerwerbsbetrieb, wie wir sie zu Zigtausenden haben. Gut, was macht der nun? Der erfährt von der Regierung, daß jetzt eine erhöhte Erzeugerabgabe kommt, sagen wir mal, von rund 2 Pf. Bei 100 000 Litern macht das 2 000 DM aus, aber Nettoeinkommen. Denn es wird ja oben abgekappt, nach den Kosten- und Betriebsmittelausgaben usw. 2 000 DM netto erhält der weniger. Was wird dieser Landwirt sagen? Er wird sagen: Meine liebe Frau, die haben da etwas beschlossen und zwicken uns 2 000 Mark ab, und da müssen wir jetzt was machen. Aufgeben können wir ja unseren Betrieb nicht, also müssen wir versuchen, die 2 000 Mark hereinzubekommen. Da müssen wir wieder mehr arbeiten, da müssen wir vielleicht noch eine Kuh mehr halten - oder zwei -, auf jeden Fall brauchen wir ungefähr 4 000 Mark brutto, weil das ja alles Erzeugungskosten verursacht, um 2 000 Mark netto wieder zu haben. Um diese zu kriegen, ist dieser alternativlose Grünlandbetrieb gezwungen, ungefähr 6 000 bis 6 500 Liter Milch dazu zu produzieren. Dann ist das Jahr vorbei, dann hat der wieder die 2 000 Mark netto. Die anderen 2 000 haben ihm ja die Herren abgezwickt zur Beseitigung der Mehrproduktion. Aber was hat die Politik? Die Politik, Herr Minister, die hat 6 000 Liter Milch mehr, mindestens. Die hat zwar auch 2 000 Mark, aber mit 2 000 Mark kann sie die 6 000 Liter Milch nicht beseitigen. ({5}) Am Ende des Jahres hat der Landwirt mehr geschuftet, hat mehr gearbeitet, er hat nicht mehr Geld und Sie haben 6 000 Liter Milch mehr in der Intervention. Das mal soundsoviel Betriebe. Da sagen Sie, das sei ein Konzept. ({6}) Wissen Sie, was das ist? Das ist für meine Begriffe ein Konzept, wo wahrscheinlich der Landwirt am Ende des Jahres über diese Agrarpolitik sich sehr negativ äußern wird. Dann kommt das nächste Jahr. Da sagen dann die Hohe Kommission und der Ministerrat: Jetzt haben uns diese Bauern wieder 3 % oder, was weiß ich, 6 mehr Milch abgeliefert. Also haben die 2 Pf nichts genutzt. Wir müssen den Betrag erhöhen, schon weil das teurer wird, aber auch weil ja die Signale ausgehen müssen, daß der weniger produzieren soll. Und das Spiel wiederholt sich. Da der Bauer an seinem Hof hängt, da dies seine Existenz ist, wird er auch im nächsten Jahr versuchen, mehr und immer mehr und nochmal mehr zu produzieren. Er wird immer diese Straf-Globalabgabe über Mehrproduktion auszugleichen versuchen. Auf der anderen Seite entsteht mehr Milch, entsteht der Vorwurf gegen ihn, entstehen mehr Milchmarktkosten. Aber er hat nicht mehr Einnahmen, sondern er hat nur Arger. Das ist nicht für die Allgäuer Bauern gerechnet, sondern das gilt für alle, Herr Staatssekretär. ({7}) Wenn Sie das nicht begreifen, kann ja ich nichts dafür. Aber bei dieser Art Politik, meine Freunde, geht bestimmten Bauern dann nach zwei, drei oder vier Jahren die Luft aus. Das sind dann diejenigen, die Schulden haben und damit Kapitalverpflichtungen, und es sind dann diejenigen, die in benachteiligten Gebieten mit langen Wintern und höheren Stallkosten produzieren müssen, und dann sind es am Schluß noch die strukturschwachen Gebiete ohne genügend Zu- und Nebenerwerbsmöglichkeiten. Diese Politik der globalen Erzeugerabgabe - .das möchte ich Ihnen hier ganz offen sagen - bei gleichzeitig stagnierenden Preisen stoppt nicht den Milchmengenzuwachs, sondern erzwingt geradezu - als Notwehrmaßnahme gegen Preis. und Einkommensdruck - noch mehr Produktion. Deswegen ist sie strikt abzulehnen, zumal am Ende noch die Möglichkeit des Zusammenbruchs der Interventionsmechanismen stehen würde. Sie ist ein langsames, aber sicheres Abwürgen der schwächeren Betriebe. Da gibt es noch ein zweite Denkrichtung, die sagt: Laßt doch alles laufen! Diskutiert ein bißchen, knöpft denen ein, zwei Pfennige ab, dann kriegen wir - pro Pfennig - 900 Millionen DM in Europa, bei zwei Pfennigen 1,8 Milliarden DM. Dann können wir an den Kosten noch ein bißchen herumflicken und sie untenhalten. Aber laßt es so lange laufen, bis die Interventionen nicht mehr machbar sind. Am Ende steht dann - ich unterstelle niemandem hier im Saale, daß er das will; aber es gibt genügend in Europa, die auch das in ihr Kalkül einbeziehen - das Aussetzen der Interventionen, ein völliges Absacken des Milchpreises um schätzungsweise 20 Pf. Da sind dann die Schwachen viel schneller kaputt. Daß das unsozial und indiskutabel ist, darüber bräuchte man, glaube ich, doch wohl nicht zu reden. Nun gibt's auch noch ein drittes Denkmodell, das gelegentlich nur so vage angedeutet wird. Ich möchte es hier in den wenigen Minuten, die ich noch habe, einmal ein bißchen ausführen. Man könnte auch folgendes sagen: Erstens. Die derzeit vorhandene Milchmenge in Europa bleibt im vollen Interventionsschutz. Zweitens. Jeder Zuwachs, der jetzt noch, und zwar bei allen Betrieben, kleinen oder großen, hinzukommt, wird etwa auf der Basis von Weltmarktpreisen abgestützt. Da gibt es eine ganze Menge Möglichkeiten. Drittens. Die jetzt vorhandene Milchmenge wird in die normale Preisentwicklung und damit Preiserhöhung einbezogen. Und dann können Sie sich bei einem 100 000-LiterBetrieb - das gilt im Grunde genommen genauso für einen 300 000-Liter-Betrieb - einmal ausrechnen, was das für diesen Bauern bedeutet. Das bedeutet zwar auch eine Einschränkung - das gebe ich zu -, aber das bedeutet auch eine Richtpreiserhöhung von etwa 5 %, was in dieser Situation normal wäre. Das bringt ihm am Ende - nach Abzug der Kosten usw. - etwa 2000 DM netto. Er hat wegen gleichgebliebener Milchleistung keine neuen Unkosten. Er hat keinen zusätzlichen Betriebsmittelaufwand. Er hat keine zusätzliche Arbeitsbelastung. Er hat keinen zusätzlichen Futtermittelaufwand. Er hat aber auch keinen zusätzlichen Flächenbedarf. Das heißt: Der Kampf um die Flächen würde in diesem Fall auch ein bißchen entschärft werden. ({8}) Das Resultat für die Agrarpolitik, die ja hier durchaus genauso steuert wie im anderen Fall, ist: Sie hat keine Mehrmengen. Die, die sie hat, kann sie über die eventuell darauf zu errechnende Abgabe dann auch unterbringen. Sie hat also auch keine Mehrkosten. Wenn man dann noch bedenkt, daß schon eine gewisse Erzeugerabgabe besteht, und wenn man die für einen begrenzten Zeitraum auf maximal einen Pfennig anheben und mit diesem Geld extensive Viehhaltung wie Mutterkuhhaltung, Rindermast, Schafhaltung fördern, die Nichtvermarktungs- und Umstellungsprämie entscheidend verbessern und die Absatzwerbung verstärken würde, dann entstünde auch auf diesem Markt - so sehr er bestimmten Imponderabilien ausgesetzt ist, bis hin zu den Futtermitteln - im Laufe von einigen Jahren wieder ein Spielraum für mögliche Produktionserweiterungen, besonders für die benachteiligten Gebiete. Wir zwingen aber die Bauern mit diesem Konzept nicht in eine extreme Intensität der Bewirtschaftung, die wir dann auf der anderen Seite wieder beklagen und ihnen vorhalten. Wir zwingen unsere bäuerlichen Betriebe nicht zu einer unmenschlichen Arbeitsbelastung. Das Konzept ist auch im Hinblick auf die Verbraucherpreisentwicklung zumutbar. Auch hält man sich die Wege der Entwicklung in diesem Agrarbereich offen; denn dieses System ist ja relativ flexibel. Daß man bei der Verwirklichung eines solchen Konzepts Härteregelungen in der Form bräuchte, daß man bei in Förderung befindlichen Betrieben oder in ähnlichen Fällen nicht stur nach 08/15 verfährt, sei nur am Rande gesagt. Nun mag auch diese Konzeption, meine Damen und Herren, genügend Randprobleme aufwerfen; ich bestreite das gar nicht. Aber das wäre wenigstens eine Konzeption, an deren Ende man dem Bauern nicht nur Geld abnimmt, um das Mehr zu finanzieren, sondern das Mehr stoppt und ihnen über die Preise wieder Luft verschafft, wie jedem anderen Bürger dieses Landes auch. Man sagt ja sonst auch niemandem: Wenn du mehr Lohn willst, mußt du eine Stunde mehr arbeiten. Ganz im Gegenteil, man sagt eher: zumindest voller Lohnausgleich. Man bräuchte bei dem System auch keineswegs die Molkereien zum Sündenbock zu machen wie bei der sogenannten Superabgabe. Die Methode lehnt sich an das Verursacherprinzip an, das im Grunde genommen auch begriffen wird, und schränkt die Mehrprodution ein. Im übrigen ist sie für die bäuerlichen Familien menschlicher. Lassen Sie mich noch ein letztes, ein ganz kurzes Wort zum Bergbauernprogramm - besser: zu den benachteiligten Gebieten - sagen. 1980 muß diese Richtlinie ja wieder fortgeschrieben werden. Ich fordere von dieser Stelle aus die Bundesregierung auf, Verbesserungen im Sinn einer Ausweitung der Berg- und Kerngebiete und der Regelung von Härtefällen und einer verbesserten Unterstützung der Landwirte in den von der Natur benachteiligten Ge16748 beiten vorzuschlagen und in Brüssel durchzusetzen. ({9}) Die Bundesregierung sagt immer: Das muß von den Ländern ausgehen. Sie setzt sich hin und tut nichts und wartet. ({10}) Das Gegenteil ist richtig. Der Bund muß Politik machen und Signale setzen und Führungsfunktionen ausüben, und das tun, was sozial und wirtschaftlich richtig ist, und den Ländern, wenn er es ohne sie nicht kann, ein Konzept bieten, über das er mit ihnen verhandeln kann. Eine solche Initiative erwarten wir schon deswegen, Herr Bundesminister, weil das Europäische Parlament im Gegensatz etwa zu Ihrem Haus eine Entschließung gefaßt hat. Ich muß sagen: Dieses Parlament, auch wenn es mich mit seinem Preis-Beschluß schon mal geärgert hat, entwickelt sich zunehmend zu einem vernünftigen Parlament. Dieses Parlament - nicht der Ausschuß - hat es immerhin als notwendig bezeichnet, die bestehenden zulageberechtigten Berggebiete durch die Herabsetzung des Kriteriums der Höhenlage einer Gemeinde oder von Gemeindeteilen von 800 auf 700 m zu erweitern; außerdem sollten Gemeinden bzw. Gemeindeteile in einer Höhenlage zwischen 600 und 700 m mit einem Anteil von mindestens 30 % ungünstig bzw. nicht mit allgemein üblichen Maschinen zu bewirtschaftenden Flächen oder einer überwiegenden Hangneigung von 15 % und mehr in die Berggebiete einbezogen werden. Die Kommission wird aufgefordert, den Kreis der Zulageberechtigten auf weitere benachteiligte Gebiete auszudehnen und die zunehmende Schlechterstellung dieser Gebiete auszugleichen. Mit einer den Grad der Benachteiligung berücksichtigenden Staffelung der Ausgleichszulage sollte der Übergang zu weiteren, nach flexiblen Kriterien zu bestimmenden Gebieten erleichtert werden. Herr Minister, Sie haben also zur vornehmen Zurückhaltung jetzt überhaupt keinen Anlaß mehr. Das gilt übrigens auch für unseren Herrn Staatssekretär. Es liegt eben an der verantwortlichen Bundesregierung, daß sie in beiden Fällen - zum Milchproblem und zu diesen benachteiligten Gebieten - auch mal etwas Aktives tut. Die politischen Entscheidungen müssen allerdings gangbare und sozial zumutbare Wege aufzeigen und dürfen nicht über Global- und Kollektivhaftungsabgaben alle Bauern für Zuwächse haftbar machen, die sie dann nicht verhindern können, die dauernd weiterwachsen, ja sogar weiterwachsen müssen und immer mehr Geld verschlingen werden, bis das Geld einen schönen Tages nicht mehr da ist. ({11}) Ich erlaube mir zum Schluß eine Bemerkung nicht an die Bundesregierung, sondern an uns alle. Wir leben hier im Überfluß. Das kann niemand bestreiten. Wir leben sogar mit Überschüssen. In der Welt aber hungern 500 Millionen, auch im Jahr 1980.50 Millionen sterben jedes Jahr, bevor sie 30 Jahre alt werden, an Unterernährung. Von diesen 50 Millionen sind über 12 Millionen Kinder, die den zweiten Geburtstag nicht erleben, weil sie Hunger haben und an den Folgen des Hungers sterben. In der Welt leben jetzt 4,3 Milliarden Menschen, so sagt man uns. In zwanzig Jahren - wie schnell die vorbeigehen, wissen wir alle; es gibt Kollegen, die schon länger hier sind - werden es schon 2 Milliarden Menschen mehr sein. Die alle brauchen Nahrung, und zwar täglich, nicht - wie etwa Öl - nur ab und zu periodisch. Wir sollten alle daran denken: Wir sollten uns nicht darauf beschränken, an der Leistungsfähigkeit unserer Bauern herumzukritisieren, weil sie vielleicht einmal mehr leisten, als es den Berechnungen oder den Absatzmöglichkeiten entspricht. Wir sollten ihnen eher Dank und Anerkennung dafür aussprechen, daß es in Westeuropa und in Nordamerika als den einzigen Regionen der Welt nicht zu wenig Nahrung, sondern Essen in Hülle und Fülle gibt. Es könnte in absehbarer Zeit angesichts der genannten Fakten für alle Mitbürger wichtig sein, noch genug Menschen mit Wissen über Bodenbearbeitung und Tierhaltung als Bauern in unserer Gesellschaft zu haben. ({12}) Und wir sollten - dies sei mein letzter Satz; er ist nicht an die Regierung, sondern an uns alle, auch die Menschen draußen im Land, gerichtet - uns alle einmal darauf besinnen, daß die Vater-unser-Bitte „Unser täglich Brot gib uns heute" trotz Wohlstands und Überflusses nachdenkenswert ist, wenn man sie ins Jahr 2000 überträgt. Dies steht uns kurz bevor. ({13})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Simpfendörfer.

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Herr Kollege Kiechle, ich habe Sie als einen liebenswürdigen und umgänglichen Menschen kennen- und schätzengelernt. ({0}) Nur: Daß Sie derart demagogisch Wahlkampf führen können, wie Sie es heute in vielen Passagen getan haben, habe ich erst heute dazugelernt. ({1}) - Er hat demagogisch Wahlkampf geführt ({2}) und auf einer Basis von scheinbarer Glaubwürdigkeit argumentiert, daß ich doch etwas dazu sagen muß. Sie haben beispielsweise gesagt: Die Bauern zahlen für die Sünden unserer Regierung. ({3}) Was heißt denn das? Sie können doch nur damit meinen, daß der Ministerrat in den letzten Jahren, obwohl die Mengen gestiegen sind, auch über die Preise immer wieder falsche Signale zur MehrproSimpfendörfer duktion gegeben hat. Wenn diese falschen Signale seither zur Wohlstandsmehrung der Bauern, insbesondere der Milcherzeuger, beigetragen haben, habe ich die Opposition in der Vergangenheit nie gehört, daß sie laut geschrien hätte: Jetzt wird es aber Zeit, daß ihr da in Brüssel damit aufhört, die Preise immer noch mehr heraufzusetzen. Der Milchsee ufert immer weiter aus. - Solche Signale habe ich von der Opposition nie gehört, sondern es war in der Vergangenheit doch immer so, daß die Opposition immer noch gesagt hat: Der Ertl kommt aus Brüssel, und er hat die Preise nicht genug erhöht. So war es doch ({4}) immer. ({5}) - Wenn ich meinen Satz zu Ende geführt habe, lasse ich gern eine Zwischenfrage zu. - Das heißt: Wenn da Fehler gemacht worden sein sollten, dann sind es sicher Fehler, die alle Politiker, die über die Rahmenbedingungen für die Agrarpoduktion zu bestimmen haben, gemeinsam gemacht haben. Sie saßen alle in dem gleichen Boot; die Opposition saß mit darin.

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Herr Abgeordneter Simpfendörfer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kiechle?

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben mir schlicht und einfach unterstellt, ich hätte wie immer nur die Preise gemeint. Darüber reden Sie jetzt. Ich habe dazu nichts gesagt.

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie haben gegen die Mengenbegrenzungen polemisiert. Gleichzeitig ist in Ihrem Agrarprogramm zu lesen, daß Sie die Mengen kontingentieren wollen, „festschreiben" schreiben Sie. Für den Rest wollen Sie Weltmarktpreise geben. Das ist doch eine Superabgabe, die Sie verlangen, und nichts anderes. ({0}) Sie nennen es nur anders. Was Sie hier von der Sache her geboten haben, war in sich so widersprüchlich, Herr Kiechle, daß ich in dem Wettbewerb der Konzeptionen keine neue Konzeption hinzufügen möchte, denn hier geht es nicht um Konzeptionen, sondern hier geht es um die Frage, wie man mit der Misere, daß neun Staaten mit ihren unterschiedlichen Interessen einen Kompromiß finden müssen, fertig werden kann. Das ist die Frage. Es geht nicht darum, schöne Konzeptionen zu entwerfen. Ich kann auch Konzeptionen diskutieren, nur hilft das dem Minister in Brüssel überhaupt nicht. Der muß versuchen, einen Interessenausgleich herbeizuführen. Das ist unser Problem. ({1}) Der Interessenausgleich ist deswegen notwendig - nun komme ich zu dem, was ich hier eigentlich sagen will -, weil die 80er Jahre mit Krisen begonnen haben. Wir haben Afghanistan, wir haben die Geiselnahme in Teheran, wir haben die Energiekrise, und wir haben die Palästinakrise. ({2}) Es ist nicht an der Zeit, noch eine EG-Krise hinzuzufügen. ({3}) Wir brauchen Stabilität in Europa; wir brauchen eine gemeinsame Grundlage für eine gemeinsame Krisenbewältigung. Deswegen können wir uns eine EG-Krise nicht leisten. Wir brauchen eine Lösung der Probleme des Beitrags Großbritanniens zum EG-Haushalt; wir brauchen eine Lösung im Bereich des Kostenanstiegs im Agrarbereich; wir brauchen eine Lösung im Bereich der gemeinsamen Fischereipolitik und in der gemeinsamen Energiepolitik. Schließlich brauchen wir eine Lösung in einer scheinbar unbedeutenden Frage - wie der Marktordnung für Schaffleisch, der im Augenblick offenbar eine Schlüsselrolle hinsichtlich der Lösung umfassenderer Probleme zukommt. ({4}) Hier helfen nun keinerlei Drohgebärden, auch nicht von jenseits des Kanals, sondern hier hilft nur die Bereitschaft zum Kompromiß. ({5}) Auf allen Seiten müssen Kompromisse gestützt und gefunden werden. Meine Fraktion ist dazu sogar dann bereit, wenn uns der Kompromiß Geld kostet. Wir sind der Auffassung, daß die Nettobelastung Großbritanniens zu hoch ist. Wir sind deswegen der Meinung, daß ein Ausgleich gefunden werden muß, und deswegen unterstützt meine Fraktion den Bundeskanzler, wenn er in dieser Frage Entgegenkommen zeigt. ({6}) - Ich rede nicht für das britische Parlament, sondern ich rede hier für uns. Wir zeigen sogar dann Kompromißbereitschaft, wenn es uns Geld kostet. ({7}) Wir hoffen, daß andere ebenfalls Bereitschaft zeigen, und zwar auch, wenn es möglicherweise etwas anderes als Geld kostet. Aber Kompromisse setzen Bereitschaft auf allen Seiten voraus. Der Kostenanstieg im Agrarbereich muß gebremst werden. Darüber sind sich in der Zwischenzeit Gott sei Dank auch alle einig. Die Marktordnungen müssen finanzierbar bleiben, und die Ausgaben dürfen nicht mehr schneller als die eigenen Einnahmen wachsen. Hier muß ich auch die Opposition darauf hinweisen - Herr Kiechle, diese Rahmenbedingungen für die europäische Politik haben Sie mit keinem einzigen Wort erwähnt -, daß die eigenen Einnahmen in Brüssel begrenzt sind und daß diese Begrenzung von uns zur Zeit auch nicht aufgehoben werden soll. Wir haben in diesem Bundestag am 27. Juni 1979 darüber geredet, diskutiert und abge16750 stimmt, und wir haben bei einer Gegenstimme und mehreren Enthaltungen einem entsprechenden Entschließungsantrag zugestimmt. Ich möchte noch einmal vorlesen, was wir da beschlossen haben: Die Bundesregierung wird aufgefordert, ... die Kommission dringend darauf hinzuweisen, daß der Bundeshaushalt weitere, über die bisherigen „eigenen Einnahmen" der Europäischen Gemeinschaften hinausgehende Belastungen auf absehbare Zeit nicht verkraften kann. Das ist gemeinsamer Beschluß dieses Bundestages, und das ist die Rahmenbedingung, mit der der Minister in Brüssel verhandeln muß. ({8})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr.

Hans Peter Schmitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002035, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, Sie sprechen über Kostenbegrenzungen im EG-Bereich. Würden Sie diese Begrenzung auch da sehen, wo es sich darum handelt, die beitrittswilligen Länder Spanien, Portugal und Griechenland unter den gleichen Kostenrahmen zu setzen, den wir jetzt haben?

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Kollege, damals haben wir auch beschlossen, daß, wenn wesentliche Veränderungen in der EG neue Finanzmittel erfordern, mit uns darüber zu reden sei. Ich nehme an, daß kostenträchtige Beitritte von weiteren Mitgliedern wohl wesentliche Veränderungen sind. ({0}) Ich sagte das für den Fall, daß wesentliche Veränderungen neue Finanzmittel verlangen. Am nächsten 1. Januar sind die Veränderungen noch nicht so wesentlich, daß neue Finanzmittel in erheblichem Umfang dafür verlangt werden müßten. ({1}) - Das ist zunächst nicht in erheblichem Umfang. ({2}) Ich will nur daran erinnern, daß dies gemeinsame Haltung des Deutschen Bundestages war und ist. ({3}) Ich habe bis jetzt noch nicht gehört, daß die Opposition in dieser Frage ihre Auffassung geändert hat. Nur muß man dann auch ehrlich argumentieren und darf draußen nicht so tun, als ob die Einkommenslage der Landwirtschaft über große Preiserhöhungen erheblich verbessert werden kann, während man gleichzeitig sagt: Aber die eigenen Einnahmen der EG müssen reichen. ({4}) - Die finanzielle Luft kennen wir; die geht sehr schnell aus. Es ist die Rechnung aufgemacht worden: Wenn man nicht zu Einsparungen komme, dann sei der Finanzrahmen schon 1981 ausgeschöpft. Deswegen sind Einsparungen zwingend notwendig; da gibt es keinen anderen Weg. ({5}) Im übrigen ist das Europäische Parlament genau dieser Auffassung und hat deswegen auch erzwungen, daß ein neuer Haushaltsentwurf vorgelegt wird. Dieser neue Haushaltsentwurf bringt Verbesserungen im Sinne von Mehreinnahmen und Ausgabenkürzungen in einer Größenordnung von fast 2,5 Milliarden DM. Das ist der Finanzrahmen, den der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister in der Zwischenzeit als den vernünftigen Finanzrahmen für die ausstehenden Verhandlungen angesehen hat. Wir schließen uns dieser Auffassung an, daß der neue Hauhaltsentwurf der Finanzrahmen sein soll, in dessen Grenzen nun Beschlüsse gefaßt werden müßten. Der Minister hat vorgestern vorgetragen, mit welchen Leitlinien er in die Verhandlungen geht. Diesen Leitlinien schließen wir uns an. Wir unterstützen ihn in seinem Bemühen, entsprechend diesen Leitlinien einen Kompromiß in Brüssel zu erreichen. Kurzfristig kann auf diese Weise der Gefahr begegnet werden, daß das System der eigenen Einnahmen an seine obere Grenze stößt. Es ist aber klar, daß mit solchen kurzfristigen einnahme- und ausgabeorientierten Kompromissen das System der Marktordnung mit seiner Problematik mittel- und langfristig nicht reformiert werden kann. Ich glaube, in der Zwischenzeit ist allen Seiten klargeworden, daß die Preispolitik in der Zukunft immer weniger als Mittel der Einkommenspolitik verwendbar sein wird. Im übrigen gibt es auch ein paar Gründe, die nicht etwa in der Finanzierbarkeit liegen, die darauf hinweisen, daß die Preispolitik als Instrument der Einkommenspolitik problematisch geworden ist. Es wurde heute schon gesagt, daß in der Bundesrepublik die 100 000 einkommenstärksten Vollerwerbsbetriebe einen Gewinn von ungefähr 70 000 DM pro Betrieb haben. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß das letzte Viertel der Vollerwerbsbetriebe einen betrieblichen Gewinn von nur 12 000 DM erzielt. Mir kann niemand sagen, daß dem notleidenden Betrieb im unteren Viertel mit seinen 12 000 DM Gewinn geholfen werden kann, wenn wir weiterhin Einkommenspolitik über die Preise machen. Das kann mir niemand weismachen, und das wird wohl auch niemand versuchen. Infolgedessen müssen andere Instrumente eingesetzt werden, wenn man beispielsweise sagt, den Betrieben im letzten und vorletzten Viertel müsse geholfen werden, damit wenigstens ein Teil der InhaSimpfendörfer ber dieser Betriebe Vollerwerbslandwirte bleiben können. ({6}) Ein zweiter Gesichtspunkt spricht ebenfalls gegen eine Einkommenspolitik über die Preispolitik, die Tatsache nämlich, daß man eine Abnahmegarantie für jede beliebige Menge von Milch hat, und diese Abnahmegarantie wird insbesondere für die bodenunabhängige Produktion in großen Betrieben mit Futtermitteln ausgenutzt, die billig eingeführt werden. Solche Betriebe werden auf diese Weise zur Konkurrenz für die kleinen Familienbetriebe. Auch dies ist ein Nachteil der heutigen Marktordnung mit ihrer hundertprozentigen Abnahmegarantie. In meiner Fraktion und, soweit ich das weiß, auch im Europäischen Parlament wachsen große Zweifel, ob das heutige System selbst bei kurzfristigen Korrekturen noch vernünftig ist, ob nicht in den nächsten Jahren am System der Marktordnung dringend Korrekturen angebracht werden müssen. Darüber, wie korrigiert werden soll, muß noch diskutiert und nachgedacht werden; aber dem Grunde nach gibt es hier Zweifel an der Vernunft des Systems. Ein letztes Wort zur europäischen Strukturpolitik: Herr Ritz hat vorhin davon geredet, 35 000 Betriebe seien nach dem einzelbetrieblichen Förderungsprogramm gefördert worden. Die hätten zur Mehrproduktion beigetragen; man habe sie in Investitionen von einer Größenordnung, die diese gar nicht gewollt hätten, geradezu hineingetrieben. Bloß, wenn man auf der anderen Seite dauernd sagt, die Einkommenslage, so wie sie ist, sei nicht ausreichend, muß man doch endlich auch einmal sagen, wie denn etwa kleinere Betriebe ohne eine vernünftige Investition auf einen Stand gebracht werden sollen, der sie für die nächsten 20 Jahre existenzfähig macht. Was wird im Augenblick eigentlich bei der Förderschwelle verlangt? Doch nichts anderes, als daß anderthalb Familienarbeitskräfte soviel verdienen, wie ein Facharbeiter verdient. ({7}) Das wird verlangt, sonst gar nichts. Ich bitte Sie, mit Ihrer grundsätzlichen Polemik gegen die Förderschwelle - sie soll nach Ihren Vorstellungen ja nicht variiert oder flexibel oder wie auch immer gestaltet werden, sondern ganz wegfallen - doch einmal aufzuhören. Diese Forderung ist bei den Bauern zwar populär - unbestritten -, bloß frage ich mich: Was ist denn eigentlich der Sinn solcher Äußerungen, wenn man einerseits sagt, das Vergleichseinkommen sei der Maßstab für das Einkommen in der Landwirtschaft, und gleichzeitig kritisiert, daß die Förderung dazu führen soll, daß das Vergleichseinkommen erzielt wird? ({8}) Das ist wirklich nur Wahlkampf und in sich überhaupt nicht schlüssig. ({9}) Damit komme ich zum Ende. Ich möchte bei dieser Gelegenheit für die Bundestagsfraktion der SPD ausdrücklich erklären - damit Sie, Herr Kollege Kiechle, beruhigt sind -: Wir anerkennen die Leistungen jedes einzelnen Bauern. Wir wenden uns gegen individuelle Schuldzuweisung im Zusammenhang mit Verhaltensweisen, die betriebswirtschaftlich notwendig und geboten sind. Wenn Kritik zu üben ist, dann an den Politikern - da schließen wir uns selber nicht aus -, die Rahmenbedingungen setzen. Aber, lieber Herr Kollege Kiechle, da auch die CDU/CSU-Politiker in vielen Bundesländern und in der Vergangenheit in der Bundesregierung Rahmenbedingungen gesetzt haben, können Sie sich nun nicht aus der Verantwortung stehlen, wenn es um eben diese Rahmenbedingungen geht. Deswegen, sage ich, sollten wir gemeinsam versuchen, unsere Interessen in Brüssel in Form eines Interessenkompromisses durchzusetzen; denn es ist klar, daß wir dort unsere Interessen nicht zu 100 % durchsetzen können, sondern nur im Kompromißwege. In diesem Sinne hätte ich gern, daß Sie, statt Demagogie zu betreiben, ({10}) bei der Vertretung deutscher Interessen konstruktive Politik mittragen. ({11})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Cronenberg.

Dieter Julius Cronenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000342, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! ({0}) - Meine Legitimation, in dieser Debatte das Wort zu ergreifen, beruht nicht, Herr Kollege Kiechle, auf der Tatsache, daß meine Familie seit mehr als 250 Jahren Sensen und Sicheln erzeugt, und auch nicht darin, daß in meiner Einkommensteuererklärung Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft steht - ich muß zugeben: bedauerlicherweise immer in roten Zahlen -, sondern meine Legitimation, hier zu sprechen, beruht auf der Tatsache, daß ich kurz zu einer sozialpolitischen Frage Stellung nehmen möchte. Die Alterssicherung der Landwirte ist, so meine ich, vorbildlich. Sie ist auf Initiative des soviel gescholtenen Bundeslandwirtschafts- und -ernährungsministers Josef Ertl Anfang der 70er Jahre mit einem Finanzierungssystem eingeführt worden, das zu 87 % auf staatlichen Zuschüssen und zu 13 % auf Beiträgen beruht. Jeder, der sich mit dieser Frage beschäftigt, weiß, daß dieser ungewöhnlich hohe, für andere Rentenversicherungsträger fast beneidenswert hohe Zuschuß für die landwirtschaftliche Rentenversicherung seine Rechtfertigung darin findet, daß mit dieser Alterssicherung der Landwirte auch Strukturpolitik gemacht wird. Nun ist vom Kollegen Kiechle angesprochen worden, daß Voraussetzung für die Witwenrente oder für ein Übergangsgeld für Witwen die Hofabgabe sei. Ich habe die Ehre und das Vergnügen, für die Freien Demokraten zu diesem Fragenkomplex folgendes zu erklären. Wir wollen nicht, daß die Hofabgabe Voraussetzung für ein solches Übergangsgeld ist. Wir werden uns um Lösungen bemühen, die das vermeiden, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind. Die Voraussetzungen sind: Wir wünschen, daß dies finanziert wird, ohne daß der öffentlichen Hand zusätzliche Kosten entstehen. Wir haben noch nicht die Überzeugung gewonnen, daß die vorliegenden Pläne dies voll und ganz sicherstellen. Wir wünschen nicht, daß das Element der Strukturpolitik, das ja grundsätzlich auch durch die Hofabgabe erfüllt wird, keine Berücksichtigung mehr findet, und wir lehnen auch alle Bemühungen ab, in diesem Zusammenhang die Gesamtleistungen für die landwirtschaftliche Alterssicherung zu verändern. ({1}) Wir werden uns also politisch um dieses, wie wir meinen, vernünftige gesellschaftspolitische Anliegen bemühen, nämlich der Witwe die Chance lassen, dem Hoferben - auch dann, wenn dies, wie uns hier nachhaltig geschildert wird, ein sehr schweres Brot ist - den Hof zu überlassen. ({2}) Ich meine, daß eine solche Stellungnahme eigentlich Ihre Zustimmung finden müßte und dürfte. Ich habe aber - wenn ich das bei dieser Gelegenheit sagen darf - relativ wenig Verständnis dafür, daß ein Landwirtschaftsminister wie Josef Ertl, der sich in hervorragender Weise für diesen Berufsstand verzehrt, hier auf soviel Kritik stößt. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe den Eindruck, daß die Kollegen Windelen und Haase hier morgens Sparsamkeit - wo auch immer - verlangen, und zwar mit unserer Billigung und Unterstützung, und daß abends in Bauernversammlungen und an Stammtischen Ignaz Kiechle und Kollegen zusätzliche Preiserhöhungen und Subventionen verlangen. ({3}) Dies, lieber Herr Kollege Kiechle, ist zwar möglicherweise oder vielleicht sogar mit großer Wahrscheinlichkeit ungewöhnlich wahlwirksam, hat aber mit Redlichkeit relativ wenig zu tun. ({4}) Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie bei der Überprüfung Ihrer Osterbeichte dieses Kapitel einmal mit einbezögen. ({5}) Aus verschiedenen Ankündigungen habe ich ersehen dürfen, daß viele Landwirte die Absicht haben, nach Bonn zu pilgern. Ich würde mich einer solchen Prozession ungewöhnlich gern anschließen und wäre dann, so hoffe ich, zusammen mit jenem Kollegen aus der CDU in der Prozession zu finden, der da gesagt hat, daß die Agrarpolitik der 70er Jahre eine gute gewesen ist Ich nehme an, daß diese Prozession nur einen Sinn haben kann: Josef Ertl für seine Bemühungen zu danken. ({6})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Susset

Egon Susset (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es würde im Moment natürlich reizen, auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Simpfendörfer einzugehen. Dazu wird nachher der Kollege Schröder einiges sagen. Gestatten sie mir trotzdem einen Satz dazu. Herr Kollege Simpfendörfer, wenn Sie hier dem Kollegen Kiechle, weil er einige Aussagen zum Milchmarkt macht, Demagogie vorwerfen, möchte ich mir doch die Feststellung erlauben, daß es Demagogie ist, wenn man so tut, als könnte die EG wegen der Agrarpolitik in eine Krise kommen. Tatsache ist doch, daß es die EG nicht mehr gäbe, wenn die Agrarpolitik nicht der Vorreiter wäre. ({0}) Der Kollege Müller hat in seiner Rede die Landwirtschaft aufgefordert, doch selbst dafür zu sorgen, daß die übrige Bevölkerung erkennt, wie sehr man die Landwirtschaft brauche. Die Landwirtschaft hat nach dieser Feststellung dafür also selbst zu sorgen. Da möchte ich an eine Rede erinnern, die unser Bundespräsident Karl Carstens anläßlich der Grünen Woche in Berlin vor in- und ausländischen Gästen gehalten hat Er erklärte, bei seinen Wanderungen durch unser Land sei ihm immer wieder deutlich geworden, wie sehr das Gesicht unseres Landes von der Landwirtschaft bestimmt wird, und er stellte dazu fest: „Die deutsche Landwirtschaft wird von den Land- und Forstwirten gestaltet " Das ist schon eher eine kompetente Aussage als das, was der Kollege Müller hier gesagt hat, als er der Landwirtschaft als zusätzliche Aufgabe noch die Selbstdarstellung und den Nachweis ihrer Existenzberechtigung zugemutet hat Meine Damen und Herren, der Agrarbericht weist nach - es wurde auch von verschiedenen Kollegen gesagt -, daß es eine Globalaussage ist, wenn gesagt wird, daß die Reineinkommen in der Landwirtschaft um 2,9 % gestiegen seien. Wir freuen uns, daß es Betriebe und Regionen gibt, in denen die Einkommenszuwächse höher als 2,9 % sind. Wir dürfen dann aber auch nicht verheimlichen, daß wir in Baden-Württemberg plus minus Null haben und in Rheinland-Pfalz und im Saarland die Einkommen um 7 % zurückgingen. Wenn man dann die Frage stellt, wie die insgesamt feststellbare Verschlechterung der landwirtschaftlichen Einkommen im Vergleich zum außerlandwirtschaftlichen Einkommen entstehen konnte, so muß man feststellen: Es war in erster Linie die Ausrichtung der gesamten Agrarpolitik und besonders der Förderpolitik am außerlandwirtschaftlichen Einkommensniveau, dem man jahrelang nachgejagt ist, das wir aber nie erreichen werden. Der einzelne Landwirt hat in den vergangenen Jahren das aus seiner Sicht und auch aus der Sicht von Wissenschaftlern und Politikern für richtig Erachtete getan, er hat fortlaufend rationalisiert und den möglichen technischen und wissenschaftlichen Fortschritt genutzt. Von der Politik wurde - das kann man hier sicherlich feststellen; wir können uns von Schuld auch nicht ganz freisprechen -, wenn man einmal von der Zuckermarktordnung absieht, überhaupt keine zuverlässige Richtung durch eine längerfristig angelegte Marktorientierung gegeben. Die Reduzierung der Zahl der Betriebe und die Reduzierung der Zahl der Arbeitskräfte war so lange möglich, wie unter günstigen wirtschaftlichen Bedingungen im außerlandwirtschaftlichen Bereich Arbeitsplätze in zumutbarer Entfernung angeboten wurden. Dies ist heute nicht mehr ohne weiteres und überall möglich. Wenn wir den wirtschaftlichen Prognosen glauben - und ich meine, sie wurden von vielen Instituten so formuliert -, dann werden die Arbeitsmarktbedingungen in den 80er Jahren nicht so sein, daß Landwirte ohne Schwierigkeiten zusätzliches Einkommen erwerben können. Somit fehlt einfach die Möglichkeit für eine Einkommensaufbesserung im außerlandwirtschaftlichen Bereich. Die Landwirtschaft ist ihrerseits in einem früher nicht gekannten Ausmaß auf Güter der übrigen Wirtschaft angewiesen. Sie ist somit auf ihrer Kostenseite von der dynamischen Preisentwicklung der Gesamtwirtschaft abhängig, ohne diese Kosten über die Preise weitergeben zu können. Das abgeschwächte Wirtschaftswachstum hat zusammen mit der von dieser Regierung mitverschuldeten Dauerarbeitslosigkeit einfach die Mobilität eingeschränkt. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun werden immer wieder Vergleiche mit anderen EGLändern angestellt. Man sagt, in Sizilien oder in Irland seien die Preise noch niedriger als in der Bundesrepublik. Ich möchte den Kollegen Müller einmal fragen, ob wohl sein Nachfolger, der Studiendirektor in Schweinfurt, sich mit jemandem vergleicht, der in Sizilien oder in Irland das gleiche tut, oder ob sich der Kollege Simpfendörfer, wenn er nun aus diesem Parlament ausscheidet, beim Kultusminister in Baden-Württemberg dafür zur Verfügung stellt, mit einem Einkommen wie in Sizilien oder in Irland wieder in den Schuldienst zu gehen. Ich glaube, das müssen wir einfach sehen. ({2}) Wir haben heute wieder einen Entschließungsantrag eingebracht. Er liegt Ihnen auf Drucksache 8/3822 vor. Wir haben ihn eingebracht, weil der Herr Minister - er ist im Moment nicht da - in seiner Einbringungsrede verschwiegen hat, wie es in den 80er Jahren weitergehen soll. Wir fordern im ersten Teil unseres Entschließungsantrages, daß gemäß dem Landwirtschaftsgesetz sowohl im landwirtschaftlichen wie im außerlandwirtschaftlichen Bereich Voraussetzungen geschaffen werden, die die Land- und Forstwirtschaft in die Lage versetzen, ihre Probleme selbst zu lösen. Herr Minister Ertl hat von 100 000 Betrieben gesprochen, denen er deutlich machen will - vor allen Dingen den Hofnachfolgern -, wie es künftig um sie steht. Aber hier muß doch gefragt werden, ob berücksichtigt wurde, daß heute die durchschnittlich 900 000 Arbeitslosen den Steuer- und Beitragszahler dieser Gesellschaft schon 16 Milliarden DM kosten. Will man auch den 100 000 sagen: „Bitte, geht auch auf den Arbeitsmarkt!", dann entstehen nochmals Kosten von 2 Milliarden DM. Das muß hier einfach mitberücksichtigt werden. Wir ersuchen die Bundesregierung, die von der EG-Kommission vorgelegten Agrarpreisvorschläge abzulehnen und darauf hinzuwirken, daß das nominale Agrarpreisniveau um die Höhe der Inflationsrate angehoben wird. Dies ist notwendig, um bei weiter steigenden Produktionskosten und gebremstem Strukturwandel die Einkommen der Landwirtschaft vor einem weiteren Rückgang zu bewahren. Die Verflechtung der Landwirtschaft mit der Gesamtwirtschaft muß auch in vergleichbaren Einkommenschancen ihren Ausdruck finden. Die Agrarpreise - dazu mögen die Kollegen Simpfendörfer und Müller stehen, wie sie wollen - sind einfach die wesentlichste Komponente der Einkommenssicherung. Wenn Sie feststellen, daß dies auf Dauer nicht so sein kann, dann muß ich fragen: Was tritt dann an die Stelle der Agrarpreise? Das müßte in der Debatte heute doch gesagt werden. ({3}) Wir fordern die Bundesregierung weiter auf, dafür einzutreten, daß die Strukturrichtlinien der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der einzelbetrieblichen Förderung so geändert werden, daß die Förderschwelle abgeschafft werden kann, weil gerade von geförderten Betrieben immer mehr produziert wurde. Sie mußten in vielen Fällen aufstocken, ohne es zu wollen. Das sollten wir mitberücksichtigen. Wie können Betriebe bei steigenden außerlandwirtschaftlichen Einkommen und sinkenden landwirtschaftlichen Einkommen, ohne in der Produktion in die Vollen zu gehen, auf Dauer bestehen? Man muß das einmal hochrechnen: Wer im Moment 40 Kühe braucht, braucht in zehn Jahren 80 Kühe, um das außerlandwirtschaftliche Einkommen überhaupt zu erreichen, um die Möglichkeit zu haben, gefördert zu werden. Wir wehren uns gegen eine Politik des Wachsens oder Weichens. Der bäuerliche Familienbetrieb hat sich bestens bewährt. ({4}) - Herr Kollege Simpfendörfer, ich sehe hier, daß ich unter Zeitdruck stehe. Wir können, was Sie fragen wollten, sicherlich nachher noch besprechen. In unserem Entschließungsantrag ersuchen wir die Bundesregierung weiter, dafür zu sorgen, daß die Vorsteuerpauschale der überhöhten Vorsteuerbelastung angepaßt wird. Es tut mir leid, daß Herr Kollege Dr. Schmidt ({5}) heute nicht hier ist. Er hatte schon im Januar erklärt, daß auf Grund der derzeitigen Lage in der Landwirtschaft die Vorsteuerpauschale angehoben werden müsse. ({6}) Herr Staatssekretär Gallus hat im Februar vor dem Landtagswahltermin in Baden-Württemberg in einer Entschließung die Forderung aufgestellt, daß die Vorsteuerpauschale um 1 % angehoben wird. ({7}) Die Bundesregierung hat, obwohl wir eine halbe Stunde für eine Geschäftsordnungsdebatte brauchten, weil die SPD es gar nicht haben wollte, daß die Bundesregierung Zahlen vorlegt, am vergangenen Mittwoch Zahlen mitgeteilt. Im Wirtschaftsjahr 1977/78 hat die Landwirtschaft 0,45 % mehr an Vorsteuern erbracht, als es der Gesetzgeber gewollt hat. 1978/79 waren es 0,6 %. 1979/80 sind es 0,9 %. Auf Grund dieser Zahlen ergibt sich schon ein Verlust von etwa 1 Milliarde DM. Nun ist es - das bringen wir in unserer Entschließung zum Ausdruck - nach dem Umsatzsteuerrecht einfach geboten, die Vorsteuerpauschale anzuheben. Es genügt nicht, Herr Minister, daß Vertreter der Regierung, Vertreter der FDP und Vertreter der SPD draußen im Land erklären, dies sei notwendig, wenn andererseits nichts geschieht. Herr Minister Ertl, Sie haben unsere volle Unterstützung. Wir wollen einmal sehen, wer siegt, Herr Matthöfer oder Herr Ertl. Aber wir sind ja zusammen stärker. Die SPD wird auf Tauchstation gehen. ({8}) In einem weiteren Punkt, meine sehr verehrten Damen und Herren, gehe ich auf die Hinterbliebenenrente für Bäuerinnen ein. Der Herr Cronenberg, der gestern am Einigungsversuch zwischen SPD und FDP in der Frage der Hinterbliebenenrente beteiligt war, hat nur erklärt, daß sich Lösungen anbieten. Mich hätte gefreut, wenn wir hätten erfahren können, wie diese Lösungen aussehen. Wenn danach ein Vertreter der SPD, meinetwegen der Kollege Wimmer, gesagt hätte: „Jawohl, das ist auch unsere Lösung", hätten wir tatsächlich am heutigen Tag die Möglichkeit, einen sozialen Mißstand, der nach unserer Meinung schon einige Jahre ausgeräumt gehört hatte, zu beseitigen. ({9}) Ich habe nach wie vor den Eindruck, daß man trotz der sozialen Benachteiligung der Landfrau genauso unsozial handelt wie bei der Mutterschaftsgeldregelung. Daran sollte man vielleicht auch erinnern. Die SPD hat sich, nach dem, was ich erfahren habe, noch nicht dazu durchringen können, unsere Vorstellungen zur Einführung des Witwengeldes für Landfrauen zu unterstützen. ({10}) Ein weiterer Punkt ist die Energieverteuerung im Unterglasgartenbau, die besonders durch die Energiepolitik der Niederlande verschärft wird. Durch den von der niederländischen Regierung gestützten Sondertarif haben die niederländischen Unterglasanbauer einen Kostenvorteil, der Wettbewerbsnachteile für den deutschen Gartenbau mit sich bringt, die mittelfristig den Ruin dieser Betriebe bringen. Probleme am Apfelmarkt: Wir haben auf eine Kleine Anfrage eine verhältnismäßig bescheidene Antwort bekommen, aber keine Antwort darauf, wie die in diesem Jahr eingetretene Reduzierung des Einkommens um 50 % durch Maßnahmen der Regierung auf Dauer ausgeglichen werden kann. Wir haben gefordert - das ist sicherlich eine bescheidene Forderung -, daß die Brennrechte angehoben werden, damit dieses Obst verwertet werden kann. Die Erhaltung des deutschen Obstbaus liegt doch mittelfristig auch im Interesse des Verbrauchers ({11}) - und der Landschaft. Wir bitten die Bundesregierung weiter, dafür einzutreten, daß die durch den Beitritt neuer Mitglieder zur EG entstehenden Schwierigkeiten auf dem Gebiete des Wein-, Obst- und Gemüsemarktes nicht ausschließlich auf dem Rücken der deutschen Produzenten ausgetragen werden. Da sind wir wieder bei dem, was Sie, Herr Kollege Simpfendörfer, angesprochen haben. Diese Länder kommen wegen der Agrarpolitik zu uns. Es ist politisch notwendig, daß wir dieses größere Europa schaffen; aber dann bitte nicht nur zu Lasten und auf Kosten der verschiedenen Erwerbszweige in der Landwirtschaft. Belastungen, die durch internationale Vereinbarungen entstehen, die der Gesamtwirtschaft zugute kommen, müssen fairerweise politische Lasten der gesamten Volkswirtschaft und nicht nur einiger Wirtschaftszweige sein. Dies gilt auch für die schwierigen Probleme, die durch Wettbewerbsverzerrungen im Bereich der Geflügelhaltung entstanden sind. Ohne deutsche Eierproduktion wäre es nicht möglich gewesen, daß der Herr Minister Ertl am vergangenen Mittwoch hier hat erklären können: Der Eierpreis konnte 20 Jahre konstant gehalten werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Redezeit geht zu Ende. ({12}) Der Entschließungsantrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion soll der Bundesregierung Gelegenheit geben, durch kompetente Antwort auf unsere Forderungen Zukunftsperspektiven aufzuzeigen. Es ist auch noch Gelegenheit, daß verschiedene Kollegen der Koalition hierzu Stellung nehmen. ({13})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Abgeordnete Wimmer.

Hermann Wimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002522, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht zur Gesamtentschließung Wimmer ({0}) Stellung nehmen, sondern nur zu dem Bereich, der die Sozialpolitik betrifft. Ich meine, daß es richtig und notwendig ist, daß im Rahmen der Agrardebatte auch einige Bemerkungen zur agrarsozialen Sicherung gemacht werden. Die SPD - und ich kann das sicherlich auch für die Koalition sagen - betrachtete die Agrarsozialpolitik in der Vergangenheit - und wird das auch in der Zukunft tun - als einen wichtigen Teil ihrer politischen Aufgabe. ({1}) Es ist heute auch nicht erforderlich, alle Leistungen aufzuzählen, die in der Vergangenheit auf diesem Gebiet erbracht worden sind. Sie sind dem sachkundigen Publikum hier sicherlich bekannt. Ich erinnere nur stichwortartig an: Entwicklung der landwirtschaftlichen Krankenversicherung, der Unfallversicherung, der Altershilfe. Das sind sicherlich positive Entwicklungsabschnitte für die ländlichen Gebiete und für die bäuerliche Bevölkerung gewesen. Man erinnert sich heute ungern an die vielen Fälle in den Dörfern, in denen in den Familien Notlagen eintraten, weil Arzt- und Krankenhausrechnungen nicht bezahlt werden konnten, an die Spannungen auf den Höfen, als die alten Betriebsinhaber ihren Hof nicht an den Sohn abgeben konnten, weil sie Angst davor hatten, voll von den Kindern abhängig zu sein. ({2}) Sozialdemokraten haben vor den sozialen Problemen der Landwirte wie auch der anderen Selbständigengruppen nie die Augen verschlossen. Wir wollten helfen, haben dies auch getan. Wir wußten aber auch, daß diese Hilfe nur bei solidarischer Unterstützung durch die anderen Bevölkerungsgruppen möglich ist. Ich glaube, daß es auch den landwirtschaftlichen Berufsorganisationen gut anstehen würde, wenn sie diese Hilfen für die bäuerlichen Familien, die von der Öffentlichkeit, d. h. von der übrigen Bevölkerung, gewährt werden, auch einmal deutlich und ausdrücklich anerkennen würden. ({3}) Anstrengungen von uns haben dazu geführt, daß sich das System der sozialen Sicherung für die Landwirte dem der anderen arbeitenden Bevölkerungsgruppen erheblich angenähert hat. Hinsichtlich des Krankenversicherungsschutzes bestehen kaum mehr Unterschiede. Das Altersgeld für Ehepaare und Alleinstehende hat inzwischen eine Höhe erreicht, bei der man kaum noch sagen kann, daß es nur eine Grundversorgung darstellt: Bei der Diskussion über eine Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Altershilfe ist es gut, sich vor Augen zu führen, daß viele alte und erwerbsunfähige Menschen in der übrigen Bevölkerung allein von einer Rente leben müssen, die kaum über der Höhe des Altersgeldes in der Landwirtschaft liegt. Leistungen wie die dynamische Anpassung des Altersgeldes an die allgemeine Einkommensentwicklung, das vorzeitige Altersgeld bei Erwerbsunfähigkeit, insbesondere die volle Einbeziehung des Altenteilers in die soziale Sicherung, der nicht in der Lage war, selbst größere Beiträge zu ihrer Finanzierung zu leisten, wären ohne die finanziellen Mittel, die der Bund dafür bereitgestellt hat, nicht erreichbar gewesen. 1980 werden für die landwirtschaftliche Sozialpolitik fast 3,5 Milliarden DM ausgegeben. Wenn sich die Opposition darüber beklagt, daß bei der Anhebung des Altersgeldes nicht anders verfahren werde als bei den übrigen Renten, wenn höhere Zuschüsse für die Unfallversicherung und andere Leistungen gefordert werden, die alle zu Lasten des Bundes gehen sollen, dann ist es gut, daran zu erinnern - und das sollte jeder in der Opposition auch einmal nachlesen -, daß die CDU und CSU in den Anfangsjahren, als sie die Regierung stellten, Bundeszuschüsse zur Altershilfe abgelehnt haben, weil es sich mit der Auffassung von einem freien Bauerntum nicht verträgt, bei der sozialen Sicherung vom Staat abhängig zu sein. Wir haben diese Auffassung nie geteilt, aber sie ist von Ihnen in diesen Jahren vertreten worden. ({4}) Lassen Sie mich hier zu der Forderung nach Erhöhung der Bezuschussung der Berufsgenossenschaft ein paar Sätze sagen. Es werden der Berufsgenossenschaft bereits 400 Millionen DM als Zuschuß gewährt. Das ist eine freiwillige und keine gesetzliche Leistung. Bei der Erhöhung von 320 Millionen DM auf 400 Millionen DM haben wir mit Nachdruck von der Berufsgenossenschaft verlangt, sie solle darüber nachdenken, wie eine gerechtere Verteilung der Bundesmittel zu bewerkstelligen wäre. Der Vorschlag, der jetzt vom BML gemacht worden ist, war ein richtiger Schritt in diese Richtung. Ich meine, bevor über neue Leistungen in dem Bereich geredet wird, sollten erst einmal von den Berufsgenossenschaften die gestellten Anforderungen in vollem Umfang erfüllt werden. Ich habe wenig Verständnis für die Schwerfälligkeit und die Uneinsichtigkeit, die hier von manchen Berufsgenossenschaften an den Tag gelegt worden ist. Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen zu dem agrarsozialen Ergänzungsgesetz machen. Ich kann mich noch erinnern, daß wir in der Ausschußsitzung vom 9. November 1977 hierzu einen Entschließungsantrag eingereicht hatten. Dieser Entschließungsantrag hat damals nicht die Zustimmung der Opposition gefunden. Damals, als wir die Regierung gebeten hatten, zu prüfen, wie diese Lücke in der sozialen Sicherung im landwirtschaftlichen Teil zu schließen wäre, hat sich die Opposition der Stimme enthalten. ({5}) Wir wissen, daß hier eine Lücke besteht, und wir wollen in der Koalition auch eine Lösung finden. Aber wir wollen eine Lösung, die Rücksicht nimmt auf die Weiterentwicklung der sozialen Sicherung für die anderen Bevölkerungsgruppen. Sie wissen so gut wie wir, daß es bei dem vorliegenden Entwurf eines zweiten agrarsozialen Ergän16756 Wimmer ({6}) zungsgesetzes einige Fragen gibt, über die man reden muß. Ich denke hier z. B. auch daran, daß man nachdenken muß, ob die Hofabgabe als Voraussetzung für die Gewährung der Hinterbliebenenrente bei Witwen und Witwern, die nur einen kleinen Betrieb hauptberuflich bewirtschaften, eine vernünftige Maßnahme ist und ob sie strukturpolitisch notwendig ist. Darüber kann man sicherlich reden. Da werden wir auch gemeinsam mit unserem Koalitionspartner eine Lösung finden und anbieten. Ich nehme an, daß dann auch die Opposition bereit ist, dem zuzustimmen. Ich bin fest davon überzeugt, daß die Koalition eine Lösung erreicht. ({7}) - Nicht so hektisch, nicht so hektisch. - Die ganze Frage wird seit einem oder zwei Jahren diskutiert. ({8}) - Vielleicht seit vier. Aber ich glaube, daß es das Problem der jüngeren Witwen schon längere Zeit gibt und auch schon zu der Zeit gegeben hat, als Sie an der Regierung waren. ({9}) Auch wenn das zweite agrarsoziale Ergänzungsgesetz in dieser Legislaturperiode beschlossen wird, wird auf diesem Gebiet noch eine ganze Menge Arbeit vor uns liegen. Ebenso wie die Alters- und Hinterbliebenenversorgung für die übrige Bevölkerung weiterentwickelt werden muß, gilt dies auch für das System der sozialen Sicherung in der Landwirtschaft. Es muß darum gehen, daß die sozialen Sicherungssysteme in unserer Gesellschaft weiter harmonisiert werden. Auch die Landwirtschaft muß eine größere Solidarverantwortung in dem Bereich übernehmen. Das heißt auch, daß die Beitragsleistungen der Landwirte für ihre Alterssicherung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Betriebe auszurichten sind. Wenn der Staat Hilfen gibt, kann es nur unter dem Gesichtspunkt sozialer Gerechtigkeit und der Bedürftigkeit bestimmter Gruppen der landwirtschaftlichen Bevölkerung gehen. Wir wissen, daß die soziale Sicherung z. B. der mithelfenden Familienangehörigen in der Landwirtschaft noch nicht so geregelt ist, wie es sein sollte. Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit wird uns auch in den kommenden Monaten und Jahren weiter beschäftigen. Wir streben für die jüngeren Witwen eine Lösung im Bereich des zweiten agrarsozialen Ergänzungsgesetzes noch in dieser Legislaturperiode an. Wir werden das mit unserem Koalitionspartner sicherlich zu Rande bringen. Wir brauchen aber bei allen Entscheidungen, die in diesem Bereich getroffen werden, auch den Blick über den Zaun hinaus. Denn es kann nicht nur um gruppenspezifische Interessen gehen. Wir haben das Gefühl, daß wir wie in der Vergangenheit diese Verantwortung auch in der Zukunft haben werden. ({10}) In dieser Verantwortung werden wir wie in der Vergangenheit so auch in der Zukunft vernünftige Entscheidungen treffen. Die Landwirte wissen, daß sie sich bei der sozialen Sicherung auf die Sozialdemokraten, auf diese Koalition verlassen können. ({11})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zumpfort.

Dr. Wolf Dieter Zumpfort (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002609, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherige Argumentation der Opposition in der Debatte und auch die weit ungezügeltere und polemischere Diskussion in der Öffentlichkeit durch Vertreter der CDU/CSU insbesondere zur Einkommenssituation in der Landwirtschaft gehen meines Erachtens fast vollkommen am tatsächlichen Sachverhalt vorbei. Ich glaube, von diesen Herren wird in der Regel nur fürs „Bauernblatt" geredet. Wer wie die Opposition ständig nur Nachschläge fordert und die nach ihrer Meinung mageren Einkommensergebnisse des Agrarberichtes in erster Linie darauf zurückführt, daß Minister Ertl in den letzten zwei Jahren mit ungewöhnlich niedrigen Agrarpreiserhöhungen aus Brüssel nach Hause gekommen sei, und somit Ertl alleine die Schuld für die verschlechterte Einkommenssituation in die Schuhe schieben will, der zeigt, daß er nicht willens oder nicht fähig ist, Realitäten zur Kenntnis zu nehmen. ({0}) Es hat den Anschein, daß damit ungeprüft und voreingenommen in die Richtung des Bauernverbandes marschiert wird, der anscheinend in letzter Zeit nur noch die Belange der großen und größten Landwirte in diesem Lande vertritt. ({1}) - Ich will dies im einzelnen gleich noch deutlich machen, Sie werden es erleben. Gerade mit überzogener Polemik - um es einmal ganz deutlich zu sagen - beraubt sich die CDU/CSU der Möglichkeit, echte Vorschläge zu machen. Die Streiter der Opposition übersehen ({2}) - warten Sie bitte mal ab, dann können Sie gleich echte Einwände bringen! -, daß ihre Argumentation - und jetzt hören Sie genau zu! - ein Vorurteil in der Öffentlichkeit bestätigt, das da heißt, daß Brüssel und Bonn ein bäuerlicher Selbstbedienungsladen seien, was nicht ist. Anstatt anzuerkennen und das auch mal zu sagen, daß erstens die Marktlage bei den wichtigsten Agrarprodukten Preiserhöhungen verbietet, daß zweitens eine Entlastung der Agrarmärkte im Außenhandelssektor auf immer stärkere politische Widerstände stößt und daß drittens schließlich eine Menge von Kontingentierungsrichtlinien dem einzelnen Landwirt immer weDr. Zumpfort niger Entscheidungs- und Handlungsspielraum lassen, ({3}) berauschen sich die Opposition und der Bauernverband an der Fiktion, daß man so weitermachen könne wie bisher und eigentlich nur die Preise zu erhöhen brauche. ({4}) Jedem der hier Anwesenden müßte aber eigentlich klar sein, daß das so nicht geht. Ganz besonders deswegen fordere ich die Opposition auf, mehr Ehrlichkeit an den Tag zu legen. Denn nur so lassen sich bestehende berechtigte Forderungen der Landwirte in der Öffentlichkeit durchsetzen. Ich möchte jetzt im folgenden auf einzelne Ungereimtheiten in dieser Diskussion eingehen, indem ich das zum einen an der Einkommenssituation der Landwirte und zum anderen am agrarpolitischen Instrument der Preise deutlich mache. Der Agrarbericht 1980 weist aus, daß der gewerbliche Vergleichslohn seit 1968/69 in der Gesamtwirtschaft im jährlichen Durchschnitt um 9,1 %, das landwirtschaftliche Reineinkommen je Familienarbeitskraft aber nur um 7,5 % angestiegen ist. Aus meiner Sicht handelt es sich bei diesen Zahlen um sehr problematische Durchschnittsbetrachtungen, die ich als Ökonom so nicht akzeptieren kann - ich werde das gleich begründen -, insbesondere dann nicht, wenn die Opposition daraus ihre gesamten Vorwürfe gegenüber sozialliberaler Agrarpolitik ableitet. Solche Zahlen sind irreführend. Ich meine sogar, daß der gewerbliche Vergleichslohn - und das ist verbal schon grob falsch - und die landwirtschaftlichen Reineinkommen nicht vergleichbar sind. Der Unterschied, insbesondere im Niveauvergleich, würde sich z. B. glatt umdrehen, wenn statt des Bruttovergleichs, der immer vorgenommen wird - d. h. Einkommen vor Abzug von Steuern und ohne Berücksichtigung von Be- und Entlastung im sozialen Bereich -, ein Vergleich auf Nettobasis durchgeführt würde. ({5}) Umkehren würde sich meines Erachtens das Bild noch mehr, wenn man einen solchen Vergleich auf das verfügbare Einkommen abstellen könnte. Versuche dieser Art - das wissen Sie - hat es gegeben, aber es fehlen die Zahlen. Nur weil diese Zahlen fehlen, kann es in der Öffentlichkeit zu dem Vorurteil kommen, daß die landwirtschaftlichen Einkommen zu den bestgehüteten Geheimnissen unserer Republik gehören. ({6}) - Ja, ja, ja. Berücksichtigen wir z. B. einmal die Steuern bei einem solchen Niveauvergleich. Die durchschnittliche Einkommensteuerquote der Landwirtschaft nach dem jetzigen System, d. h. die Einkommensteuer im Verhältnis zur landwirtschaftlichen Wertschöpfung, beträgt zur Zeit 2 %. Daran, meine Damen und Herren von der Opposition, können Sie nicht rütteln. Aber - jetzt hören Sie genau zu - die durchschnittliche Lohnsteuerbelastung des Arbeitnehmers, d. h. die Lohnsteuer im Verhältnis zur Bruttolohn- und -gehaltssumme, beläuft sich zur Zeit auf rund 15 %. Bei 13 % Unterschied zwischen Brutto- und Nettozahlen wird hier wohl deutlich - eigentlich muß man sagen: wird sofort eklatant deutlich -, ({7}) wie sich die Verhältnisse umkehren, wenn man einen Nettovergleich auf diese Einkommensgruppen abstellt. ({8}) Ein weiteres Beispiel - das sage ich auch Ihnen ganz genau, Herr Kiechle -: Ein verheirateter Landwirt, dessen tatsächlich zu versteuerndes Einkommen zur Zeit, sagen wir einmal, 40 000 DM beträgt, ist nach geltendem Recht, § 13 a, steuerfrei. Denn nach § 13 a werden zur Zeit nur 25 % - das sind in unserem Beispiel 10 000 DM - angesetzt. Die kommen, wie Sie wissen, auf Grund der verschiedenen Freibeträge und sonstiger anderer Dinge für eine Besteuerung nicht mehr in Betracht. Das heißt: Dieser Betrag reicht für eine effektive Steuererhebung nicht aus. Beschäftigt derselbe Landwirt aber einen Arbeitnehmer und zahlt ihm einen Arbeitslohn von 20 000 DM im Jahr, so muß der Arbeitnehmer im Jahre 1979 dafür 1 346 DM Lohnsteuer zahlen. Ich hoffe, Ihnen hiermit hinreichend klargemacht zu haben, wie problematisch also dieser Vergleich ist. ({9}) - Das können Sie nicht so einfach behaupten. Denn eines sage ich Ihnen: Ich verstehe zwar nicht viel vom Melken, aber ich bin Ökonom, und von Zahlen verstehe ich etwas. ({10}) - Ja, das sage ich immer zuerst, wenn ich zu Bauernversammlungen gehe. Und dann wissen die Bauern, die richtig zuhören, daß ich recht habe; so. ({11}) Und noch etwas: Wie problematisch ein Vergleich zwischen Reineinkommen je Familienarbeitskraft und dem sogenannten gewerblichen Vergleichslohn ist, möchte ich noch an einem anderen und letzten Beispiel deutlich machen. Unterteilt man die 400 000 landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe im Bundesgebiet in vier Abteilungen - Sie kennen das -, so weist das einkommenschwächste Viertel der Betriebe zwar nur einen Ge16758 winn je Familienarbeitskraft von rund 10 000 DM im Jahr aus. Jedoch - und jetzt kommt's - darf nicht verschwiegen werden, daß im Durchschnitt diese Betriebe gleichzeitig über ein Eigenkapital von 250 000 DM über ein Fremdkapital von 75 000 DM verfügen. Ich bezweifle, daß ein Arbeitnehmer, auch wenn sein Einkommen doppelt so hoch wie das soeben genannte des Betriebs sein könnte, über ein vergleichbares zusätzliches Vermögen verfügt. ({12}) Gerade an diesem Beispiel wird deutlich ({13}) - hören Sie bitte mal zu! -, daß man den Landwirt als das nehmen muß, was er eigentlich ist, nämlich als Unternehmer, und daß man sein Einkommen nicht mit dem eines Arbeitnehmers vergleichen kann. ({14}) Daß er Unternehmer ist, zeigt sich auch daran, daß er im Rahmen eines Produktionsprozesses Subventionen erhält, die wir nicht verschweigen wollen und die sogar notwendig und vom Gesetz her auch berechtigt sind. Der Agrarbericht 1980 weist unter der Überschrift „Wertschöpfung der Landwirtschaft" für das Jahr 1978/79 einen Subventionsanteil an der Nettowertschöpfung in Höhe von rund 8 % aus. Es gibt jedoch auch andere Rechnungen. Vom Institut für Weltwirtschaft wurde im November 1979 ein Kieler Diskussionsbeitrag mit dem Titel „Subventionen in der Bundesrepublik Deutschland" veröffentlicht. Er weist nach, daß der wahre Anteil der Subventionen viel höher ist. ({15}) - Ich habe in diesem Institut zweieinhalb Jahre gearbeitet. ({16}) Ich zweifle die Seriosität dieser Zahlen nicht an. ({17}) Was Sie hier machen, ist eine ganz schöne Unterstellung. ({18}) Für den Zeitraum von 1974 bis 1978 - hören Sie bitte mal zu! - liegt nach Aussage des Instituts der durchschnittliche Subventionsgrad, d. h. Subvention bezogen auf die Wertschöpfung, über 50 %. Die Aussage, die daraus zu folgern ist, wenn man sämtliche Subventionen einbezieht: Das Gesamteinkommen im Wirtschaftszweig Land- und Forstwirtschaft und Fischerei beruht zu mehr als der Hälfte auf Umverteilungsmaßnahmen der öffentlichen Hand. Das muß einmal gesagt werden. ({19}) Ich wünschte, die werden das lesen können, bezweifle allerdings, daß die Rede abgedruckt wird. ({20}) Alle diese Beispiele mögen Ihnen verdeutlichen, daß die eingangs erwähnten Zahlen - 7,5 zu 9,1 - nicht nur zu wenig aussagen, sondern ganz erheblich an den wirklichen Verhältnissen vorbeigehen. Deswegen die Bitte an die Opposition: Mäßigen Sie sich etwas! ({21}) Das gilt auch für den Bauernverband. Nehmen Sie zum Beispiel auch zur Kenntnis, daß unter der zehnjährigen Ägide von Bundeslandwirtschaftsminister Ertl die Landwirte in einzelnen Jahren die höchsten Einkommenszuwächse - bis zu 40 % - erlebt haben. Das hatte es vorher nie gegeben. ({22}) Schließlich halte ich fest - es ist sinnvoll, auch das zu sagen -, daß sich ein Vergleich der Einkommenssituation innerhalb und außerhalb der Landwirtschaft nicht auf das statistisch erfaßbare Geldeinkommen beschränken darf. Das Vermögen habe ich soeben schon erwähnt. Zu den bereits gestreiften unterschiedlichen Steuer- und Soziallasten kommen hinzu: die Sicherheit des Arbeitsplatzes, ({23}) die Selbständigkeit im Berufsleben und die Umwelt am Arbeitsplatz. All das sind Faktoren, die bei einem solchen Einkommensvergleich einbezogen werden müssen und auch in der politischen Diskussion nicht vernachlässigt werden dürfen. Wenn man allerdings Aspekte berücksichtigt, stellen sich die Einkommenslage der deutschen Landwirtschaft und ihre Entwicklung nicht so ungünstig dar. Ich habe deswegen kein Verständnis, wenn gerade aus Bauernverbandskreisen sowie von CDU/CSU-Politikern aus Ländern wie Schleswig-Holstein, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Niedersachsen zu einem Marsch auf Bonn wegen der angeblich schlechten Einkommenslage der Landwirte aufgerufen wird. Die soeben genannten Länder liegen erheblich über dem erwähnten Durchschnitt von 2,9 % Steigerung des Reineinkommens im Jahre 1979. ({24}) - Ja, ja! Lassen Sie mich nun zu dem zweiten Thema, nämlich der Preispolitik, Stellung nehmen. Um es gleich vorweg festzustellen: Es ist nicht so, wie es die CDU/CSU glaubhaft machen will, nämlich, daß die Preise das Allheilmittel zur Verbesserung des Einkommens seien. Am besten kann man das anhand der erheblichen Einkommensunterschiede unter den rund 400 000 landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieben in der Bundesrepublik deutlich machen. Wie eine Sonderauswertung der Testbetriebe des Agrarberichts für 1978/1979 und 1979 zeigt, erzielten die 100 000 einkommensstärksten Höfe im Durchschnitt einen Gewinn von 70 000 DM und das zweitbeste Viertel immerhin noch einen Gewinn von rund 40 000 DM je Unternehmen. Das dritte Viertel brachte es auf 26 000 DM. Die untersten 100 000 Betriebe brachten es im Durchschnitt nur auf 12 000 DM je Unternehmen. Diese starken Einkommensabweichungen erklären sich zum Teil aus strukturellen Unterschieden, aber auch zum Teil daraus, daß hier die Unternehmerposition nicht richtig ausgeführt wurde. Das letzte Viertel der Vollerwerbsbetriebe - das muß man der Ehrlichkeit halber in der einkommenspolitischen Diskussion auch einmal sagen - muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß dies so nicht weitergehen kann. Man muß auch den etwaigen Hofnachfolgern sagen, daß die wahre Einkommenssituation nicht geeignet ist, so wie bisher weiterzuverfahren. Zum zweiten gilt es, gerade an diesem letzten Viertel deutlich zu machen, daß die Preispolitik gerade für diese 100 000 Betriebe nicht greifen kann. Ein Beispiel mag das verdeutlichen. Gehen wir von einem kleinen Hof mit einem Gewinn pro Arbeitskraft von rund 10 000 DM im Jahr aus und vergleichen wir das mit einem Hof, der einen Gewinn pro Arbeitskraft von 50 000 DM oder - das gibt es ja auch - 100 000 DM in einem vergleichbaren Jahr hat. Eine Preissteigerung bei Milch in Höhe von 2 brächte für diesen kleinen Hof eine Erlössteigerung bzw. eine Einkommenssteigerung von höchstens 1 000 DM im Jahr, bei dem großen ein Vielfaches davon. Es ist klar, daß diese Steigerung von 1000 Mark für den kleineren Betrieb nicht ausreicht, um ihm eine angemessene Einkommenssteigerung zu garantieren. Verallgemeinert man diese Ergebnisse, so zeigt sich, daß das Prinzip der Mindestpreise und der Abnahmegarantien gerade nicht den bedürftigen Höfen hilft, sondern daß der große Batzen an Einkommenszuwächsen den Produzenten der großen Mengen zufließt. Das heißt umgekehrt: Großbetriebe, die eigentlich einer staatlichen Unterstützung über den Preis nicht bedurften, profitieren am ehesten vom Gemeinsamen Markt über die Garantiepreise. ({25}) Selbst bei konstanten oder sinkenden Erzeugerpreisen sind die großen Höfe über die Steigerung ihrer Mengen in der Lage, Einkommenszuwächse zu erzielen. Das haben sie auch gemacht; das ist marktwirtschaftlich richtig. Hinzu kommt, daß es neben den Erzeugerpreisen und den Mengensteigerungen auch noch andere Faktoren gibt, das Einkommen zu bestimmen. Dazu gehören - die Landwirte sind Unternehmer - Produktivitätsfortschritte oder auch eine Entwicklung derart, daß die Betriebsmittelpreise hinter der Entwicklung der Erzeugerpreise zurückbleiben. Das muß auch so sein. Vor diesem Hintergrund, daß die Preispolitik als Mittel der Einkommenspolitik ihren Zweck, wie behauptet wird, nicht erfüllen kann, halte ich es für mehr als fragwürdig, wenn von seiten der CDU/CSU die Forderung erhoben wird, mindestens einen Ausgleich der Inflationsrate als Preissteigerung in Brüssel zu erhalten, wie Herr Kiechle gefordert hat, oder gar 7 %o zu bekommen, wie die COPA gefordert hat. Ich bin auch der Meinung, man verkauft die Bevölkerung für dumm, wenn man in diesem Zusammenhang mit den 7 % argumentiert, die Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff in die Diskussion eingebracht hat; denn, wie ich soeben ausgeführt habe, handelt es sich bei diesen 7 % um Lohnsteigerungen für Arbeitnehmer, während es sich bei den von der COPA und der CDU hier geforderten 7 um Preise handelt. Das sind zwei verschiedene Dinge. Wie ich soeben klargemacht habe, reicht dies insbesondere nicht aus, um gerade den Bedürftigen zu helfen. Es wird auch politischer Nebel erzeugt, wenn man einen Nachschlag bei den Erzeugerpreisen auch damit begründet, daß die Nahrungsmittelpreise in der Vergangenheit einen wesentlichen Beitrag zur Dämpfung des allgemeinen Preisauftriebs geleistet haben. Gewiß, die Verbraucherpreise für Nahrungsmittel sind in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1979 nur um 1,7 % gestiegen, während sich die Lebenshaltungskosten insgesamt um 4,1 verteuert haben. Aber bei diesem Vergleich wird vernachlässigt, daß die Verbraucher in ihrer Eigenschaft als Steuerzahler ein zweites Mal zur Agrarkasse gebeten wurden, und zwar um die hohen staatlichen Aufwendungen für die Stützungskäufe, für Exportsubventionen, für Abschlachtprämien, für Milchpulververfütterung und dergleichen mehr zu decken. Diese sogenannten Marktordnungsausgaben sind im Bundesgebiet 1979 gegenüber dem Jahr zuvor um 46 % gestiegen. Im neuen Jahr werden es nach Voranschlägen mindestens 29 % sein. Ich glaube auch, daß dies dem Bürger bewußt ist. Deswegen rate ich noch einmal, hier in der Diskussion zu etwas mehr Ehrlichkeit zu kommen. Wieweit die Stimmung in der Bevölkerung ist, zeigt ein Zitat des - wie es dort heißt - „Mentors der deutschen Agrarwirtschaft", Professor Hermann Priebe, das in der „Zeit" abgedruckt worden ist. Professor Hermann Priebe hat gesagt: In hundert Jahren ist über alle radikalen Veränderungen hinweg ein Grundphänomen gleichgeblieben: Daß die Agrarpolitik von einer kleinen Gruppe größerer Landwirte beherrscht wurde, der es mit unnachahmlicher elitärer Arroganz gelang, die Verfolgung eigener Interessen als Einsatz für Volk und Vaterland hinzu- stellen und die große Masse der Bauern sogar gegen deren eigene Interessen zur Unterstützung ihrer Politik zu gewinnen. ({26}) Dieses Zitat muß jeden, der sich ernsthaft mit der Agrarpolitik beschäftigt, zum Nachdenken zwingen. Zu diesem Nachdenken fordere ich auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, auf. ({27}) Jetzt komme ich zu dem Wesentlichen. Es ist hinlänglich bekannt, daß eine Preispolitik, die primär als Einkommenspolitik eingesetzt wird, Produktionsanreize verursacht, die Angebotsüberschüsse nach sich ziehen. Die andere Funktion der Agrarpreise, nämlich das landwirtschaftliche Angebot in Umfang und Zusammensetzung der Nachfrage nach Agrarprodukten anzupassen, wird dann gar nicht mehr oder unzureichend erfüllt. Es ist klar, daß Marktordnungen, die im Prinzip richtig sind, auf die Dauer dann nicht mehr funktionieren können, wenn es vorteilhafter ist, für die Intervention statt für den Markt zu produzieren. So verwundert es mich auch nicht, daß der Selbstversorgungsgrad bei den wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisssen, die im Agrarbericht 1980 ausgewiesen werden, mit einer Ausnahme im Durchschnitt über 100 % liegt. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wissen, daß weitere Zuwächse einfach nicht mehr finanzierbar sind. Fassen Sie sich bitte an das eigene Portepee! ({28}) Sie haben zugestimmt - und dagegen haben nur die Abgeordneten Bangemann und Gallus aus meiner Fraktion gestimmt -, als beschlossen wurde, daß nicht mehr als 1 % der Mehrwertsteuer an Europa abgegeben werden müsse. Dann machen Sie auch bitte vernünftige Vorschläge! ({29}) Welche Vorschläge das sind, möchte ich Ihnen jetzt vortragen. Die Verbindung von überwiegend einkommensorientierten Preisen und unbegrenzten Absatzgarantien muß gelockert werden. Der Markt muß wieder mehr zum Zuge kommen. Eine teilweise Entlastung der Preise von ihrer Einkommensfunktion macht natürlich ergänzende Maßnahmen erforderlich, um Einkommensverluste und soziale Härten weitgehend zu vermeiden. ({30}) Diese Hilfen müssen insbesondere den Betrieben mit geringer Einkommenskapazität und eingeschränkten Erwerbsalternativen gewährt werden. Aus meiner Sicht gehören hierzu direkte personenbezogene Einkommensbeihilfen, die schrittweise in kritische Überschußbereiche eingeführt werden könnten. Zu solchen Maßnahmen gehört auch, die Investitionsförderungsprogramme in Überschußbereichen, zur Zeit besonders Milch und Schweine, weitgehend einzustellen. Um zu verhindern, daß sich flächenunabhängige Agrarfabriken auf dem Lande woanders entwickeln, muß dieses Konzept noch um gestaffelte Erzeugerabgaben ergänzt werden, durch die insbesondere Großerzeuger durch drohende Ertragseinbußen zur Reduzierung ihrer Angebotsmenge geführt werden. Ich bin davon überzeugt, daß unsere Landwirte für solche Maßnahmen mehr Verständnis aufbringen, als ihnen der Bauernverband unterstellt. Nicht eine solche Reform schafft Unsicherheit unter den Landwirten, sondern die ständige Sorge, daß eine unveränderte Politik in Europa in einem finanziellen Desaster endet und daß sie das Ansehen der Landwirtschaft in der Offentlichkeit ruiniert. Aus diesem Grunde habe ich es für richtig gehalten, für die Notwendigkeit von mehr Ehrlichkeit in der Agrarpolitik zu votieren. Nur so wird es möglich sein, in der Zukunft, die besonders durch starke Verteilungskonflikte geprägt sein wird, die, wie Sie wissen, durch außergewöhnliche Rohstoffpreissteigerungen und Energiepreissteigerungen verursacht sind, die Zielsetzungen der Agrarpolitik erfolgreich zu realisieren. Diese Zielsetzungen sind - das hat Landwirtschaftsminister Ertl vor zwei Tagen deutlich gemacht - die Erhaltung des bäuerlichen Familienbetriebes, eine breite Eigentumsstreuung und eine ausgewogene Siedlungsstruktur in Stadt und Land. Dafür treten wir und auch ich ein. ({31})

Richard Wurbs (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002576

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schröder ({0}).

Diedrich Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002076, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin von der Fraktionsführung gebeten worden, meinen Debattenbeitrag nach Möglichkeit etwas zu kürzen, damit die Gesamtzeit der Debatte eingehalten wird. Ich will diesem Wunsche gern folgen. Ich darf deshalb meine Kommentare zu den Vorrednern sehr kurzhalten. Herr Simpfendörfer, auf die Ausführungen zur Milchmarktordnung werde ich während meines Beitrages eingehen. Den Kollegen Wimmer bitte ich um Verständnis, daß ich zu seiner Aufzählung der nach seiner Auffassung großen Leistungen der sozialliberalen Koalition hier keine Stellungnahme abgebe. Ihnen, verehrter Herr Kollege Dr. Zumpfort, möchte ich den Rat geben: Sie sollten möglichst viele Bauernversammlungen in Schleswig-Holstein im Wahlkampf besuchen. Ich möchte den Kollegen Klinker animieren, Sie zu allen Kreisverbandssitzungen einzuladen. Ich sehe für Ihre Partei, Herr Kollege Dr. Zumpfort, dann allerdings das Risiko, daß nicht mehr zwei Kollegen aus Ihrer Fraktion hier nach Bonn kommen werden, sondern nur noch Ihr Landesvorsitzender allein. Er wäre allerdings Gott sei Dank zumindest ein Mensch, der etwas von Agrarpolitik versteht. ({0}) Bevor ich meinen Beitrag beginne, möchte ich feststellen: Es ist außerordentlich bedauerlich, daß der Kollege Dr. Martin Schmidt heute nicht dabei sein kann. ({1}) Schröder ({2}) - Herr Kollege Wehner, lassen Sie mich doch bitte ausreden. ({3}) - Würden Sie mich freundlicherweise ausreden lassen; ich lasse Sie auch ausreden, obwohl man das mitunter besser nicht täte. ({4}) Wir alle bedauern die Abwesenheit von Herrn Schmidt, weil er zu den Fragen, die hier aufgetaucht sind, nicht Stellung nehmen kann und seine Ideen, die er veröffentlicht hat, darum hier nicht richtig ausdiskutiert werden können. Ich glaube, wir merken es vor allen Dingen auch am Niveau der Beiträge, die von der SPD/FDP-Seite kommen. Ich möchte Ihnen vorschlagen, daß wir von allen Fraktionen aus dem Plenum heraus ihm die besten Genesungswünsche übermitteln und damit die Hoffnung verbinden, daß er nach Ostern sein Amt wieder übernehmen kann. ({5}) Ich nehme an, Kollege Wehner, das wird auch Ihre Zustimmung finden. - Schweigen, gut, das ist Ihre Sache. Lassen Sie mich recht kurz einige Worte zur Lage der Futterbaubetriebe und zu den Diskussionen über die Überschüsse im europäischen Milchmarkt sagen. Ich will es wegen der knappen Zeit, die zur Verfügung steht, kurz machen. Herr Minister Ertl, Sie haben in Ihrer Einbringungsrede auf die positive Einkommensentwicklung bei den Futterbaubetrieben im Durchschnitt der letzten zehn Jahre hingewiesen. Diese Entwicklung ist unbestreitbar; sie wird auch anerkannt. Sie haben aber auch angedeutet, daß die Einkommensvorausschätzung für 1979/80 alles andere als erfreulich ist; so Ihre Aussage. Diese Ihre Formulierung, Herr Minister, wird dem Ernst der heutigen Situation in manchen Regionen schon nicht mehr gerecht. Tatsache ist, daß sich die Lage im laufenden Wirtschaftsjahr in zahlreichen Betrieben erheblich verschlechtert hat. Steigende Kosten bei stagnierenden Preisen sind die Hauptursache. Auf die Gemischtbetriebe - wir finden sie häufig an der Küste -, die neben ihrer Milchviehhaltung auch noch dem Getreidebau nachgehen, kommen wegen einer vergleichsweise schlechten Getreideernte weitere finanzielle Erschwernisse zu. Handel und Genossenschaften verzeichnen zur Zeit einen kräftigen Anstieg der kurzfristigen Verschuldung. Die heute üblichen und letztlich durch die zinspolitischen Maßnahmen der Bundesbank hervorgerufenen hohen Zinsen werden schnell dazu beitragen, die Lage in diesen Betrieben merklich zu verschlechtern. Daß sich die Bauern in dieser Situation Sorgen machen, dürfte doch wohl jedem verständlich sein. Sie warten zur Zeit auf ein Zeichen, auf ein Zeichen von Brüssel oder aus Bonn. Man möchte wissen, wie es weitergehen soll. Aber das, was bisher an sichtbaren Zeichen erkennbar ist, ist nicht dazu angetan, Hoffnungen zu wecken, sondern die Sorgen werden eher noch verstärkt. Zur Zeit sind noch keine der Kostenentwicklung entsprechenden Preiserhöhungen in Sicht. Statt dessen werden die Bauern mit immer neuen Vorschlägen konfrontiert, die die Überschußprobleme auf dem Milchmarkt lösen sollen. Ich darf hier folgendes einflechten und mich dabei an einige Vorredner von der Koalition wenden. Die Tatsache, daß der Bauernverband, daß der niedersächsische Landvolkverband, daß zahlreiche Kreisverbände sich bemühen, die Probleme anzupacken, und von sich aus zu erkennen geben, daß sie auch zu Opfern bereit sind, daß sie bereit sind, praktikable Vorschläge zu akzeptieren, die zu einer Einschränkung der Milchproduktion führen, beweist doch, Kollege Simpfendörfer, daß wir nicht durch die Lande fahren und polemisieren, sondern daß wir immer auf den Ernst der Situation aufmerksam machen. Sonst wären diese Vertreter der Landwirtschaft doch nicht bereit, solche Vorschläge zu machen und sogar Opfer auf sich zu nehmen. Ich glaube, das sollte einmal herausgestellt werden. ({6}) Beleuchten wir einmal einen Vorschlag, der in die öffentliche Diskussion gebracht wurde, nämlich den Vorschlag des Bundesfachausschusses der FDP für Ernährung und Landwirtschaft, den der Kollege Paintner - ich darf wohl davon ausgehen: zumindest damals mit Zustimmung des Herrn Bundesministers - im Mai des vergangenen Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Er sieht eine Mindesterzeugerabgabe für angelieferte Milchmengen bis zu 200000 kg im Jahr von 2 % des Richtpreises vor. Für 200000 bis 300000 kg sollen es 4 % sein, für 300 000 bis 400 000 kg 6 % und für über 400 000 kg sogar 10 %. ({7}) Das wären also 6 Pfennige je Kilogramm Milch. Herr Kollege Gallus klatscht Beifall. Aber warten Sie nur, ob Sie nicht zu früh geklatscht haben. Herr Minister Ertl, in jedem Wahlkampf haben Sie der Öffentlichkeit kundgetan, was für eine hervorragende Strukturpolitik Sie nach Ihrer Auffassung betreiben. Dabei haben Sie auch nie vergessen, die Strukturpolitik Ihres Amtsvorgängers als „Gießkannenförderung" abzutun. Der Begriff „Gießkannenförderung" tauchte ja sogar auch in Ihrer Rede wieder auf. Herr Minister, ich muß Ihnen sagen: Die im FDP-Vorschlag genannten Betriebe mit einer Produktionsleistung von 300000 oder gar mehr als 400000 kg Milch sind fast ausnahmslos die Betriebe, die Sie mit dem einzelbetrieblichen Förderungsprogramm gefördert haben. ({8}) Sie sind heute trotz hoher finanzieller Belastungen durchaus gesund und auch mit den niederländischen Nachbarn konkurrenzfähig. Das will ich nicht bestreiten. Das Programm ist wirksam geworden. Aber wollen Sie denn diese Betriebe, die Sie gerade gesund machen, mit einer Erzeugerabgabe von 4 oder gar 6 Pfennigen je Kilogramm Milch bestrafen? Wollen Sie das Geld, das Sie mit der rechten Hand gegeben haben, mit der linken Hand wieder einkassieren? Ich glaube, Herr Minister, hier ist ein Wort Schröder ({9}) zu Ihrer Strukturpolitik erforderlich. Wenn Sie sich zu dieser Strukturpolitik, die Sie überall verkündet haben, eindeutig bekennen, dann können Sie heute nicht diese Betriebe durch überhöhte Abgaben wieder zerstören. ({10}) Aus Brüssel kam dann so nebenbei - das liegt aber nicht in Ihrer Verantwortung -, fast mit dem Vorschlaghammer, die Androhung einer sogenannten Superabgabe. Ich will mich mit ihr nicht mehr befassen, nachdem Ihre Beamten am Mittwoch im Ausschuß berichtet haben, daß es unter den EGAgrarministern den schon selten gewordenen Fall von Einmütigkeit gegeben habe und dieses Monstrum Superabgabe abgelehnt worden sei. Herr Kollege Simpfendörfer - es wäre ja sehr schön, wenn Sie jetzt zuhören würden; aber er ist mit anderem beschäftigt; das tut mir leid, nur soll er mir dann nicht den Vorwurf machen, ich würde auf seinen Beitrag nicht eingehen -, das, was der Kollege Kiechle vorgeschlagen hat, ist eventuell eine Mindereinnahme, hat aber mit einer Superabgabe überhaupt nichts zu tun. Das bestätigt unseren ernst gemeinten Versuch, die Beschlüsse des Haushaltsausschusses und des Europäischen Parlaments zu respektieren und Alternativvorschläge vorzulegen. Dann reden Sie doch nicht immer so, als forderten wir ständig nur höhere Preise und als wollten wir im übrigen die kritische Situation auf dem Milchmarkt ignorieren. ({11}) Wir haben dann im Ausschuß erfahren, daß man sich in Brüssel für das Jahr 1980 vielleicht auf eine einheitliche Erzeugerabgabe einigen werde, die wohl für alle Betriebe gezahlt werden soll - oder so in etwa. Sie soll so hoch bemessen sein, daß die zu erwartenden Kostensteigerungen im Rahmen der Milchmarktordnung dadurch abgefangen werden. Herr Kollege Kiechle hat in seinem Vortrag schon recht drastisch zum Ausdruck gebracht, wie sich eine solche Erzeugerabgabe in den Betrieben wahrscheinlich auswirken wird. Es dürfte deshalb jedem klar sein, daß eine solche Erzeugerabgabe nur eine kurzfristige Übergangslösung sein kann, bis bessere Vorschläge für eine Einschränkung der Milchproduktion und eine Verringerung der Kuhzahl beschlossen und wirksam geworden sind. Ich werde gleich noch auf einige dieser Vorschläge eingehen. Lassen Sie mich aber zunächst - Herr Kollege Kiechle hat das auch schon getan - noch ein Wort zu dem Begriff Mitverantwortungsabgabe sagen, der immer wieder in EG-Vorlagen vorkommt und auch in Ihrer Einbringungsrede, Herr Minister, vorgekommen ist. Sie wissen genau, Herr Minister, daß die schwierige Situation auf dem europäischen Milchmarkt in erster Linie durch politische Entscheidungen verursacht worden ist. Die Landwirte und die milchverarbeitenden Betriebe haben sich in ihrer Produktion nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten auf diese Entscheidung eingestellt. Die Verantwortung tragen deshalb nicht die Bauern und auch nicht die verarbeitenden Betriebe, sondern die Agrarminister der Europäischen Gemeinschaft, weil sie mit ihren Entscheidungen die Weichen falsch gestellt haben. Sie, Herr Minister, waren an diesen Beschlüssen beteiligt, folglich tragen Sie die Mitverantwortung. Ich möchte fast sagen: Wenn Sie eine Mitverantwortungsabgabe erheben wollen, müßten Sie oder die Regierung sie bezahlen. Da ich weiß, daß das keine realistische Forderung ist, möchte ich Sie aber zumindest ermuntern, das Wort „Mitverantwortungsabgabe", das die Schuld eindeutig den Bauern zuschiebt, aus unserem Vokabular zu streichen und künftig durch das einfachere und vielleicht auch treffendere Wort „Erzeugerabgabe" zu ersetzen. Kollege Kiechle hat die Bezeichnung „Zwangsabgabe' vorgeschlagen. Dieser Ausdruck ist zwar noch treffender, aber ich sehe ein, daß Sie ihn nicht akzeptieren wollen. Die Vielzahl der Vorschläge zur Beseitigung der Überschüsse auf dem Milchmarkt, die - ich sagte es schon - auch von den berufsständischen Organisationen vorgelegt wurden, macht deutlich, daß die Landwirtschaft durchaus bereit ist, an konstruktiven Lösungsvorschlägen mitzuarbeiten und gegebenenfalls auch Opfer zu bringen. Um nicht allzuviel Zeit in Anspruch zu nehmen, möchte ich nicht mehr auf die Vorschläge des Bauernverbandes eingehen. Sie mögen vielleicht politisch auch nicht durchsetzbar sein, aber sie gehen doch zumindest in eine Richtung, die wir ansteuern müssen. ({12})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Verehrter Herr Bundesminister, bitte keine Zurufe von der Regierungsbank!

Diedrich Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002076, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe ja selbst Zweifel daran, daß sie durchsetzbar sind, angemeldet. Ich wollte nur sagen, daß diese Vorschläge zumindest in die richtige Richtung gehen, nämlich auf eine Einschränkung der Produktion zielen. Die bemerkenswertesten Vorschläge - der Kollege Simpfendörfer hat sie einmal in einer Fragestunde aufgegriffen - sind eigentlich die Vorschläge zur Verbesserung der Nichtvermarktungs- und Umstellungsprämien und dabei insbesondere die Überlegungen, die Prämien in Form einer Rente zu zahlen. Ich glaube, gerade diese Vorschläge können für zahlreiche Betriebe interessant sein. Herr Minister, Sie sprachen in Ihrer Rede von einer Gruppe von Problembetrieben in der Landwirtschaft und sagten wörtlich: Die Ehrlichkeit in der einkommenspolitischen Diskussion erfordert es, diesen etwa 100 000 Betrieben und vor allem etwaigen Hofnachfolgern die wahre Einkommenssituation deutlich vor Augen zu führen. Schröder ({0}) Herr Minister, ich bin der festen Überzeugung, daß zahlreiche Landwirte aus dieser von Ihnen genannten Gruppe bereit sein werden, früher als vielleicht ursprünglich beabsichtigt aus der Milcherzeugung auszuscheiden, wenn sie dafür mit einer angemessenen Rente belohnt werden. Damit ein solches Prämiensystem schnell wirksam werden kann, möchte ich dringend empfehlen, die Prämienzahlung zu Beginn möglichst hoch anzusetzen und dann nach einer festzulegenden Frist degressiv auslaufen zu lassen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß zahlreiche Landwirte mit der Aufgabe der Milchviehhaltung in der Hoffnung gezögert haben, daß die Richtlinien wieder geändert werden und die Prämien dabei noch einmal erhöht werden. Hier sollte man deshalb sehr drastisch und vor allen Dingen umgekehrt verfahren. Bei allen Vorschlägen dieser Art taucht natürlich immer wieder die Frage auf: Was wird aus den freiwerdenden Flächen? Wo die Möglichkeit des Akkerbaus besteht, wird es kaum Schwierigkeiten geben, aber bei ausgesprochenen Futterflächen muß gewährleistet sein, daß diese Flächen nicht wieder für die Milchproduktion zur Verfügung stehen. Darum wird es erforderlich sein, zusätzlich Mittel für die Entwicklung von extensiven Alternativproduktionen bereitzustellen. Ich denke da in erster Linie an die Almkuhhaltung, aber auch an eine Ausweitung der Schafhaltung, habe also Vorstellungen, die Sie selbst auch entwickelt haben. Hier begegnen sich unsere Vorstellungen. ({1}) - Herr Kollege Gallus, Sie haben bislang überhaupt noch kein konkretes Programm, das in dieser Richtung greifen könnte, vorgelegt. ({2}) Das bißchen, was an Modellversuchen in diesem Bereich von Ihnen finanziert worden ist, reicht nicht hin und nicht her. ({3}) Herr Minister, ich denke, ich sollte auf weitere Vorschläge nicht mehr eingehen, aber gestatten Sie mir doch die Frage: Welche Vorschläge haben Sie eigentlich für Brüssel? Mit welchen konkreten Vorstellungen gehen Sie in die Verhandlungen? Was z. B. steckt konkret hinter Ihrem Satz „Bei Milch sollten die durch zukünftige Mehranlieferungen entstandenen Verwertungskosten von dem Erzeuger selbst getragen werden"? Sind das dieselben Vorstellungen, die Herr Kiechle hat? ({4}) Worin bestehen sie? Ihre Formulierungen sind weich, man kann sehr viel daraus machen, aber konkrete Ansatzpunkte sehe ich nicht. Im Interesse der Kürze der Debatte möchte ich damit schließen, daß ich Sie, Herr Minister, ausdrücklich ermuntere, den Mut zu haben, konkrete Vorschläge zu machen, u. U. auch einmal solche, die für einen Teil der Landwirte unbequem sein könnten. Aber Ihr Problem scheint mir zu sein, daß Sie eben einer Partei angehören, die immer befürchten muß, daß sie an der 5 %-Klausel scheitern könnte. Daher kommt der Mangel an Mut zu konkreten Entscheidungen. ({5}) Ich möchte Sie bitten, Ihre Vorstellungen hier heute einmal offenzulegen. ({6})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Oostergetelo.

Jan Oostergetelo (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001650, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Opposition hat die Agrarpolitik der Bundesregierung aus vermeintlich innenpolitischen Gründen heftig kritisiert. ({0}) Als praktischer Landwirt mit einem bäuerlichen Betrieb kann ich Ihnen sagen, daß die Bauern mit der bisherigen Agrarpolitik dieses Ministers außerordentlich zufrieden sein konnten und, wenn Sie richtig hinhören, auch zufrieden sind. ({1}) Wenn sich jetzt möglicherweise in der Landwirtschalt Sorge breitmacht, dann nicht, weil man mit den bisherigen Leistungen nicht zufrieden war, sondern weil es um die Befürchtungen für die kommenden Jahre geht. Das muß man hier als Landwirt feststellen. Als Politiker wissen wir alle, daß die 80er Jahre schwieriger sein werden als das vergangene Jahrzehnt. Natürlich werden sie nicht nur für die Landwirtschaft schwieriger, sondern für uns alle. Ich kann als jemand, der die Auffassung der Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen kennt, jedenfalls sagen, daß niemand die Absicht hat, die deutsche Landwirtschaft schlechter zu stellen als andere Wirtschaftszweige. Dies haben sozialliberale Regierungen in den letzten zehn Jahren zur Genüge unter Beweis gestellt. Zum Beispiel betrug vor zehn Jahren bei Ihnen der soziale Ansatz 860 Millionen DM, heute beträgt er über 3,5 Milliarden DM. Dies wird überall anerkánnt. Ich will dem Bundesminister von dieser Stelle aus für seine zehnjährige Leistung meinen herzlichen Dank aussprechen. ({2}) Daß die Einnahmen der Landwirtschaft auf dem Markt stagnieren, hat eine ganze Reihe von Ursachen; sie liegen aber sicher nicht in der Agrarpolitik der Bundesregierung, so wie Sie das hier darstellen. Sie beruhen auf Schwierigkeiten in der Gemeinschaft. Zum Beispiel kann doch niemand für die Milch - Sie haben das angesprochen, Kollege Schröder - steigende Preise wollen, wenn ständig Überschüsse in einem solchen Ausmaß produpziert werden. Das sieht mittlerweile selbst der Bauernverband ein. Nicht umsonst hat er Vorschläge zur Lösung des Milchproblems vorgelegt und immer wieder erklärt, daß er gegebenenfalls bereit ist, seinen Mitgliedern vorübergehend Opfer abzuverlangen, um den Markt wieder in Ordnung zu bringen. ({3}) Es ist von daher auch eine Milchmädchen- oder eine Milchmannrechnung, Herr Kiechle, die Sie hier aufgestellt haben. Sie waren immer dafür, die Preise noch mehr anzuheben, und haben dabei nicht berücksichtigt, daß der Durchschnittsbetrieb in Bayern mit zehn Kühen und 3 000 Litern immer nur den zehnten Teil dessen verdient, was ein holländischer Betrieb mit 50 Kühen und 6 000 Litern verdient. Sie haben hier also mitgeholfen, wenn man so will, den eigenen Ast abzuschneiden. ({4}) Ich finde, diese Art Diskussion ({5}) und diese Art finanzielle Akrobatik - wie Sie das mit den Zahlen gemacht haben - sind ein Stück Heuchelei, weil jeder weiß, daß es so nicht weitergehen kann. ({6}) Auch die Opposition weiß, daß steigende Preise aus den genannten Gründen schwer durchzusetzen sind. Leider wird in Brüssel - dies muß ich kritisieren - oft mehr Krisenmanagement als zukunftsorientierte Politik getrieben. Dies führte unter anderem auch dazu, daß seit Jahren gegen den Markt produziert wurde. Allerdings ist eine Überschußsituation - das ist die andere Seite der Medaille - auch ein Zeichen für die Leistungsfähigkeit unserer freiheitlichen und bäuerlichen Landwirtschaft. Es gibt daher für mich keinen Grund, daran zu zweifeln, daß wir mit Hilfe der. Agrarpolitik, wie sie uns vorschwebt, auch die künftigen Probleme meistern werden. Meine Damen und Herren, die Diskussion der tagespolitischen Themen sollte uns nicht davon abhalten, auch einmal über den Tag hinauszudenken. Die Diskussion um deutsche und europäische Probleme darf uns nicht den Blick für weltweite Probleme verstellen. Agrarpolitik kann heute nicht mehr nur auf die Bundesrepublik oder auch nur auf den europäischen Raum beschränkt gesehen werden. Auch die deutsche Landwirtschaft muß sich den Problemen stellen, die weltweit sind. Die zunehmende Verflechtung der Länder der Dritten Welt mit den Industrieländern, der Nord-Süd-Konflikt und eine wachsende gegenseitige Abhängigkeit von Industrie- und Entwicklungsländern können die europäische und die deutsche Agrarpolitik nicht unbeeinflußt lassen. Die Lage im Agrar- und Ernährungsbereich ist dadurch gekennzeichnet, daß ein Drittel der Menschheit im Überfluß und zwei Drittel am Rande des Existenzminimums leben. Nach Angaben der UNICEF ist die Lage in den Entwicklungsländern im Gegensatz zu den Industrieländern dadurch gekennzeichnet, daß die Kindersterblichkeit achtmal so groß ist - im Jahr 1978 starben allein 12 Millionen Kinder an Hunger -, die Lebenserwartung um ein Drittel niedriger ist und der Ernährungsstand bei 50 % der Weltbevölkerung unter dem akzeptablen Minimum liegt. Beachtenswert ist auch dies: Die Versorgung von Millionen von Kindern mit Protein zur Gewährleistung der optimalen Entwicklung des Gehirns ist nicht zu sichern. Dies alles, meine Damen und Herren, darf uns nicht gleichgültig lassen. Wir alle sind zum Handeln aufgerufen. Dieses Handeln kann und darf aber nicht darin bestehen, daß wir die Überschußpolitik nach bisheriger Art fortführen und darin etwa die Lösung des Welthungerproblems sehen. Es ist eine Tragik besonderer Art, daß der Hunger in der Dritten Welt und die Agrarüberschüsse bei uns nicht mit den gleichen Mitteln behoben werden können. Natürlich sind Überschüsse in einer Welt des Hungers keine Katastrophe. Sie dienen zum Teil einer sinnvollen Vorratshaltung und können in akuten Fällen bei Katastrophenhilfen in allen Teilen der Welt den Hunger lindern helfen. Dazu müssen sie in konkreten Fällen eingesetzt werden. Wir sollten uns aber nicht dem Irrtum anschließen, daß Nahrungsmittelhilfe über den genannten Rahmen hinaus ein sinnvolles Instrument der Entwicklungshilfe sein könne. Es gibt durchaus die Möglichkeit, mit unseren Überschüssen neben humanitären Erfordernissen auch Hilfe zur Selbsthilfe, Hilfe zur Entwicklung aus eigener Kraft, zu leisten. Wir müssen unsere positiven Erfahrungen auch in die Agrar- und Regionalpolitik einbringen. Landwirtschaftliches Fachwissen ist in der Entwicklungshilfe unentbehrlich; denn vorrangig ist die Entwicklung des ländlichen Raums. Es gilt, der Erhaltung einer kleinbäuerlich strukturierten Landwirtschaft den Vorrang vor der Schaffung von Großbetrieben zu geben, die nur auf Exporte in die Industrieländer ausgerichtet sind, mit allen negativen Konsequenzen für die Versorgung in den Entwicklungsländern und für die Entwicklung bei uns. Hier, meine Damen und Herren, gibt es einen Zusammenhang. Er gilt sicher nicht pauschal, kann bei uns aber die agrarpolitische Entwicklung beeinflussen und beeinflußt sie. Natürlich müssen Entwicklungsländer Agrarprodukte für unsere Industriewaren eintauschen können. Nur muß man hier sehr differenzieren und ähnlich wie beim Abkommen von Lomé von Fall zu Fall Lösungen treffen, die den Bedürfnissen der Entwicklungsländer und der agrarpolitischen Entwicklung bei uns gerecht werden können. Zum Beispiel ist die unbegrenzte Einfuhr von Substituten in die Europäische Gemeinschaft für viele Entwicklungsländer und für die Lösung unserer Agrarprobleme von Nachteil. Ich will hier ganz gewiß nicht einer generellen Beschränkung der Importe derartiger Produkte in die EG das Wort reden, weil ich weiß, daß hier oftmals die einzige Devisenquelle der Entwicklungsländer liegt. Aber der Hunger in der Welt wird nicht dadurch beseitigt, daß sie uns riesige Mengen billiger Futtermittel für unsere Veredelungsproduktion liefern. Am Export verdient letzten Endes nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung in den Entwicklungsländern. Weder die sozialen noch die Ernährungsprobleme werden dadurch gelöst. ({7}) Dafür werden bei uns die agrarpolitischen Probleme verschärft. Sie liegen insbesondere darin, daß der Import solcher Futtermittel die Konzentration in der tierischen Veredelung verstärkt und der Landwirtschaft besonders hart zusetzt. Herr Kollege, es würde uns guttun, auch einmal über unseren eigenen Kuhstall hinauszudenken. Das fördert bei uns direkt oder indirekt die Überproduktion. Diese kostet wieder das Geld, das wir in der europäischen Regional- und Entwicklungspolitik sehr viel besser einsetzen können. Wir haben, bei Licht besehen, aber auch aus agrarpolitischer Sicht allen Anlaß, die Entwicklungspolitik der Bundesregierung zu unterstützen. Sie bemüht sich um den Ausbau der ländlichen Infrastruktur und die Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft, auch in den Entwicklungsländern. Wenn die Menschen dort nicht mehr gezwungen werden, nur Agrarrohstoffe für die Veredelung nach Europa zu liefern, sondern in die Lage versetzt werden, ihre Mitbürger so zu ernähren, daß es menschenwürdig wäre, milderte das letzten Endes auch den Produktionsdruck bei uns. Entwicklungspolitik berührt also unmittelbar auch die wirtschaftlichen Interessen der ländlichen Bevölkerung in der Bundesrepublik. Wer Menschenwürde ernst nimmt und sich am Wohlergehen aller orientiert und nicht am materiellen Interesse weniger, sollte diese Zusammenhänge sehen. Die Erhaltung und der Ausbau einer bäuerlichen Agrarstruktur hier und dort wird solchen Zielen am besten gerecht. Meine Damen und Herren, wir wollen verhindern, daß das, was in den Ostblockstaaten aus ideologischen Gründen geschehen ist, nämlich die Schaffung einer industriellen Großlandwirtschaft, bei uns wie in den Entwicklungsländern durch Kapitalkonzentration erreicht wird. Wir wollen keine Kolchosen, und wir wollen auch keine Agrarfabriken. Wenn man sich in der Bundesrepublik umschaut, sieht man, wo sie entstehen und wer die Finger dazwischen hat - es sind jene, die immer einer bäuerlichen Struktur das Wort reden. Als Landwirt und Sozialdemokrat habe ich versucht, aufzuzeigen, daß Agrarpolitik und Entwicklungspolitik zwei Seiten einer Medaille sind. In diesem universellen Zusammenhang wird klar, daß wir angesichts der wachsenden internationalen Abhängigkeit unsere eigene Freiheit und unsere materielle Sicherheit nur erhalten können, wenn wir die Voraussetzungen für eine menschenwürdige Existenz für alle Menschen schaffen helfen. ({8}) So gesehen, meine Dame und Herren, tritt Agrarpolitik aus dem Schmollwinkel vermeintlicher Eigeninteressen heraus und leistet einen unverzichtbaren Beitrag zum Frieden in der Welt. ({9})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Riede.

Dr. Paula Riede (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001838, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der agrar- und ernährungspolitische Bericht 1980 befaßt sich unter anderem auch mit der größten Interessengruppe, den Verbrauchern. Wir alle gehören dazu. ({0}) Ich habe volles Verständnis, daß die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD gar nicht hier ist; denn in ihren Veröffentlichungen wird Verbraucherpolitik oft mit Bauernbeschimpfung verbunden. ({1}) Wir Verbraucher begrüßen sehr, daß sich im Wirtschaftsjahr 1978/79 der Preisindex für Nahrungsmittel nur um 1 % erhöht hat. Das ist weniger als im vorausgegangenen Jahr. Da waren es 1,6 %. Das ist wesentlich weniger als bei der übrigen Lebenshaltung, die sich im vergangenen Jahr um 3,3 % verteuerte. Dies haben wir unseren Bauern zu verdanken. ({2}) Sie sind in der bundesdeutschen Wirtschaft der zuverlässigste Stabilitätsfaktor. ({3}) Einige wichtige Nahrungsmittel waren im vergangenen Jahr sogar billiger als im Jahr zuvor: Frischobst um 8 %, Eier um 5 % und Schweinefleisch um 2 %. Teurer wurden demgegenüber: Frischgemüse um 15 %, Kartoffeln um 11 % und Brot um 3,9 %. Trotz der Verteuerungen von wichtigen Energieträgern ab Juli des vergangenen Jahres - und ohne Energie ist eine moderne Landwirtschaft nicht möglich - stiegen die Nahrungsmittelpreise viel weniger stark als die gesamten Lebenshaltungskosten. Die rückläufigen Einkommen in der Landwirtschaft sind eine- zwangsläufige Folge davon. Trotz dieser Tatsache wird immer wieder versucht, die Überschüsse an Nahrungmitteln den Bauern allein als Unverantwortlichkeit anzulasten. Sind diese Vorwürfe berechtigt? Es ist unbestritten, daß wir Verbraucher die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sehr preisgünstig kaufen wollen und auch kaufen können. Ebenso unbestritten ist, daß die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft durch wesentlich geringere Zuwächse gekenn16766 zeichnet war als in anderen Berufszweigen. Den Bauern bleibt deshalb gar keine andere Wahl: Wenn die Preise niedrig sein sollen, müssen größere Mengen produziert werden. Das kann auf die Dauer so ja nicht weitergehen. Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher z. B. spricht von falscher Agrarpolitik der Bundesregierung, aber eine Lösung dieses Problems bietet sie nicht an. Ich frage Sie: Sind denn die landwirtschaftlichen Überschüsse ein so großes Ube!? Herr Kollege Kiechle hat bereits darauf hingewiesen, daß 500 Millionen Menschen auf der Erde sich nicht satt essen können. 50 Millionen verhungern, und 12 Millionen werden höchstens zwei Jahre alt. Und bei uns regt man sich wegen der Überschüsse auf! Da stimmt doch etwas nicht. Tatsache ist aber auch, daß die hohen Leistungen der Landwirtschaft, deren Vermarktung uns zugegebenermaßen sehr viel Geld kostet, zum großen Teil abhängig sind vom Dieselöl, von Futtermitteln und von Düngemitteln. Bei allen drei Faktoren sind wir auf Importe angewiesen. Ohne Sicherung des Treibstoffbedarfs käme unsere landwirtschaftliche Produktion sehr schnell in große Schwierigkeiten; denn die Treibstoffreserven der Bundesrepublik reichen nur drei Monate. Ohne Zufuhr von ausländischen Futtermitteln würde die Versorgung der Bundesrepublik mit tierischen Erzeugnissen, also Milch, Butter, Käse und Fleisch, auf 73 % des Inlandsverbrauchs absinken. ({4}) Die jetzigen Vorräte an Butter und Milchpulver wären dann sehr schnell verbraucht, und vom Butterberg bliebe nur noch ein Fettfleck. Ähnlich sieht es mit der Getreideversorgung aus. Unsere Ernährung ist also im Krisenfall erheblich gefährdet. Dies ist um so bedeutsamer, als man weiß, daß es im Bundesgebiet seit einigen Jahren keine Notstandsreserven mehr gibt. Selbst inländische Katastrophenfälle wie z. B. die Schneekatastrophe des vergangenen Winters in Schleswig-Holstein haben dem Verbraucher gezeigt, wie schnell unsere Lebensmittelgeschäfte ausverkauft sind. Wir Verbraucher erwarten aber, daß unsere Versorgung mit Nahrungsmitteln sichergestellt ist. Die Besetzung Afghanistans durch die Sowjets und die politische Situation im Iran haben uns hellhörig werden lassen. Erzeugerüberschüsse in der Landwirtschaft empfinden wir heute nicht mehr unbedingt als unzumutbare Belastung, sondern auch als beruhigende Reserve. ({5}) Wir Verbraucher sind dank der Arbeit der Verbraucherverbände - ich sage dazu auch etwas Positives - mündig geworden, aber wir lassen uns nicht manipulieren. ({6}) - Von den Verbraucherverbänden. - Es geht nicht an, daß die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher dieser Tage sogar den einstimmig gefaßten Beschluß des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in bezug auf das Haltbarkeitsdatum für Bier mit dem Hinweis kritisiert, wir setzten uns einseitig für die Interessen der Hersteller ein. Ich stehe sicherlich nicht im Verdacht, Lobbyist der Bierhersteller zu sein. Aber ich habe mich gleich zu Beginn der Diskussion mit Leidenschaft gegen die Forderung der EG-Etikettierungsrichtlinien in puncto Bier ausgesprochen. ({7}) Bei uns wird das Bier so frisch und unbehandelt angeboten wie überhaupt nur möglich. ({8}) Bei Annahme der Forderung nach Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums des Biers müßte das deutsche Bier, das dem Reinheitsgebot unterworfen ist, einer Prozedur unterzogen werden, bei der es seinen typischen Charakter verliert, und das wollen unsere Verbraucher nicht. Sie sorgen selber dafür, daß das Bier nicht so alt wird. ({9}) Ich habe viele Biertrinker nach ihrer Meinung gefragt. Dazu hatte ich in dem soeben abgeschlossenen Landtagswahlkampf genügend Gelegenheit. Kein einziger sah eine Notwendigkeit für ein Haltbarkeitsdatum beim Bier. Hier gibt die AgV mit Sicherheit nicht die Meinung der Mehrheit der Verbraucher wieder. ({10}) Zum Schluß möchte ich noch etwas zum Wein sagen. Die Novellierung des Weingesetzes und des Weinwirtschaftsgesetzes wird unseren Ausschuß beschäftigen, sobald uns die Stellungnahme der Regierung vorliegt. Tatsache ist, daß unser einheimischer Weinbau im völlig liberalisierten europäischen Weinmarkt einen schweren Stand hat. Die Einkommenseinbußen im vergangenen Jahr haben alle Winzer und Weingärtner - mit Ausnahme von Rheinpfalz - empfindlich getroffen. Durch den Beitritt Griechenlands, Spaniens und Portugals zur EG wird die Situation für den deutschen Weinbau noch schwieriger. Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, muß bei der Novellierung der beiden Gesetze der Qualitätsgedanke die Voraussetzung für alle Überlegungen sein. Nur wenn die deutschen Weinbauern alle Anstrengungen darauf verwenden, auch weiterhin die Qualität des Weines zu erhalten und zu steigern, werden wir uns auf dem europäischen Weinmarkt erfolgreich behaupten. Dafür werde ich mich mit all meinen Kräften einsetzen. ({11})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Immer.

Klaus Immer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000995, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, in aller Kürze einiges zum Agrarbericht ergänzend zu sagen. Ich möchte mir erlauben, mit einem Zitat zu beginnen, das, glaube ich, sich in dieser Immer ({0}) Debatte bestätigt. Ein amerikanischer Agrarprofessor hat 1963 eine Definition dessen gegeben, was Agrarpolitik ist. Sie bestehe für Laien aus Überschüssen, über deren steigende Größe und Kosten regelmäßig berichtet wird, für Ökonomen in einer unbefriedigenden Verteilung der Produktionsfaktoren, für Bauern hauptsächlich in niedrigen und ungleichmäßigen Einkommen - trotz harter Arbeit, sorgfältiger Betriebsführung und oft großen Kapitalinvestitionen -, für Parlamentarier in einem Milliardenloch im Etat, für Politiker in Form einer Falle, die zunehmend ein vorzeitiges Ende ihrer politischen Karriere verspricht, dann nämlich, wenn sie gefangen sind zwischen unzufriedenen Bauern und wütenden Steuerzahlern mit wenig Hoffnung, einen von beiden zufriedenzustellen, geschweige denn beide. Das ist wirklich ein Problem. Ich glaube, daß dieses Zitat es treffend gekennzeichnet hat. Ich möchte Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, empfehlen, die Reden, die Sie gehalten haben, genau neben das Papier zu legen, in dem steht, wie Sie Agrarpolitik machen wollen. Dann werden Sie erstaunliche Widersprüche finden. Aber Sie werden auch finden, daß erstaunliche Übereinstimmungen in der Sache zwischen Ihrem Programm und den Zielen der sozialliberalen Koalition darin stehen. Ich verweise hier insbesondere auf die Regionalpolitik. Ich bin sehr dankbar dafür - das werden wir ja in der nächsten Sitzungswoche bei der Diskussion um den Raumordnungsbericht noch einmal im einzelnen diskutieren -, daß CDU und CSU, insbesondere die CSU, sich dafür ausgesprochen haben, die Förderung im regionalen Bereich schwerpunktmäßig und an zentralen Orten orientiert vorzunehmen. Das war nicht immer so. Das hat hier zu erheblichen Kontroversen geführt. Ich möchte noch einen anderen Gedanken hinzufügen; ich kann das nur stichwortartig machen. Wir wissen, daß Landwirtschaft im Raum, im Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie lebt und produziert. Man kann es sich nicht so leicht machen, pauschal einfach zu sagen: Landwirtschaft schafft das, sorgt für die Übereinstimmung von Ökologie und Ökonomie. Nein, es bleibt ein Spannungsfeld. Ich möchte darauf hinweisen, daß es einer hohen Qualität der Ausbildung in der Landwirtschaft bedarf, um dieses sachgerecht miteinander in Beziehung zu bringen. Ich kann hier ein Kompliment aussprechen: Da, wo ausgebildet worden ist und weiter ausgebildet wird, wird dieses Niveau wirklich erreicht. Sorge macht uns, daß diese Ausbildung - insbesondere durch die Zentralisierung der Fachschulen in den Ländern - nicht in Kursen an die Nebenerwerbslandwirte weitergegeben werden kann, die oft hilflos vor dem Problem stehen, und zwar trotz aller Beratung. Ich möchte auf dieses Problem eingehen. Wenn das aber so ist, daß Landwirtschaft ein qualitativ hochwertiger Beruf ist, dann fragen wir uns auch, wie die Bildungsvoraussetzungen sind. Dann sind wir auch im Raum gefordert, Bildungsangebote zu machen, die aufgestockt werden können. Ich finde es schon etwas komisch, wenn in diesem Agrarprogramm der CDU/CSU, das ja ansonsten in vielen Punkten mit unseren Vorstellungen übereinstimmt, so ein Schlenker gemacht wird dergestalt, daß man sagt: Aber Gesamtschulen sind ungeeignet. Meine Damen und Herren, ich bin dankbar, daß ich in meinem Wahlkreis, in dem ich lebe und der ein ländlicher ist, meine fünf Kinder - und das sogar in Rheinland-Pfalz - in eine Gesamtschule schicken kann, in eine der wenigen, die Rheinland-Pfalz eingerichtet hat. Alle Bauern in der Umgebung versuchen, ihre Kinder zu diesem Zentrum zu schikken, weil es dort nämlich keine Diskriminierung gibt und weil alle Kinder dieses Zentrum - gut aufgehoben in einem Schulbus - in 20 Minuten von der periphersten Stelle aus erreichen können. Lassen Sie mich noch einige Anmerkungen zum Fremdenverkehr machen, der im Raum auch eine wichtige Rolle spielt. Ich möchte klarstellen, daß nach unserer Auffassung die pauschale Meinung, man könne den Menschen überall dort, wo gewerbliche Arbeit nicht möglich ist, Arbeit und Brot durch Fremdenverkehr geben, unrichtig ist. Richtig ist, daß Fremdenverkehrsgebiete im Nahbereich notwendigerweise auch andere Arbeitsplätze brauchen, weil die meisten Beherbergungsbetriebe im Nebenerwerb bewirtschaftet werden und junge Menschen dort nicht bleiben, wenn sie nicht entsprechende Möglichkeiten finden. Ich möchte mich sehr herzlich dafür bedanken, daß auch die Aspekte des Raumes, der regionalen Förderung und der Dorferneuerung mit in den Agrarbericht einbezogen worden sind. Ich möchte, daß wir in der Weise, wie es im Agrarbericht angedeutet worden ist, auch in der Regionalpolitik fortfahren. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bayha.

Richard Bayha (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000120, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Oostergetelo ist auf die Fragen der Welternährung, Herr Minister Ertl ist in seiner Einbringungsrede auf die Fragenkomplexe Energie und Agrarwirtschaft eingegangen. Ich möchte sagen, daß die Zeichen der Zeit in beiden Fällen zwar erkannt worden sind, daß aber eigentlich beide die Antworten schuldig geblieben sind. Denn, meine Damen und Herren, die politischen Ereignisse im Nahen Osten zeigen uns ja. nun schon seit vielen Jahren die Abhängigkeit der westlichen Industrienationen von den arabischen Erdöllieferanten. Sie zeigen uns, wie erpreßbar und wie ohnmächtig wir sind, wenn der Ölhahn zugedreht oder die Preisschraube angezogen wird. Die Bundesregierung hat die zahlreichen Warnsignale seit dem Jom-Kippur-Krieg im Winter 1973/ 74 überhört. Sie hat keine Anstalten gemacht, unsere Energiesituation wesentlich zu entschärfen bzw. zu verbessern. Deshalb, meine Damen und Herren, muß heute einmal die Frage erlaubt sein, ob wir auf dem agrarischen Sektor, insbesondere ernährungspolitisch, genauso ahnungslos in die 80er Jahre hineinschlittern, wie wir zu Beginn des vorigen Jahrzehnts energiepolitisch in die 70er Jahre hineingeschlittert sind. Öl wird in allen Bereichen unserer Wirtschaft verwandt, natürlich auch in der Land- und Forstwirtschaft. Die Land- und Forstwirtschaft hat am gesamten Energieverbrauch in der Bundesrepublik zwar nur einen geringen Anteil - er liegt bei nur etwa 4 % -, trotzdem sind die energieabhängigen Aufwendungen für sie ein bedeutender Kostenfaktor. Die Preise für rohölabhängige Betriebsmittel haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt; weitere Verteuerungen sind zu erwarten. Trotzdem ist der Anteil dieser Ausgaben am Produktionswert der deutschen Landwirtschaft mit etwa 13 % relativ konstant geblieben. Dies beruht darauf, daß die Landwirtschaft erstens ihren Energieeinsatz beträchtlich rationalisiert hat und zweitens - trotz sinkender Realpreise - energiebedingte Mehrausgaben durch Steigerung ihrer Produktionsleistung über die Menge kompensiert hat. Der Ernährungsminister hat vorgestern versucht, die stark gesunkenen Realeinkommen in der Landwirtschaft vorwiegend mit der Energieverteuerung zu begründen. Herr Minister, dies ist eine unzulässige Vereinfachung. Denn die Ursachen hierfür liegen schlicht bei der allgemeinen Verteuerung der Betriebsmittel einerseits und dem schlechten Agrarpreisgefüge andererseits. Aber es ist auch klar, daß auf dem Energiesektor im kommenden Jahrzehnt weitere Verteuerungen zu erwarten sind, die die Land- und Forstwirtschaft ohne steigende Preise nicht verkraften kann. Das muß einmal ganz klar gesagt werden. Insbesondere bei Betriebszweigen mit hohem Energieaufwand und gesättigten Märkten gehen weitere Energieverteuerungen voll zu Lasten der landwirtschaftlichen Einkommen. Dies wird sich in den nächsten Jahren auch bei der Düngemittelindustrie zeigen. Anzeichen dafür gibt es. Das wird sich letztlich voll auf den Verbraucher, in diesem Fall den Verbraucher Landwirt, niederschlagen. Der Energiebedarf z. B. der Stickstoffdüngung ist außerordentlich hoch. Nach Berechnungen von Professor Ruthenberg ({0}) sind 1,8 t ÖlÄquivalente notwendig, um 1 t Reinstickstoff zu erzeugen, aus der 10 t Getreide gewonnen werden können. Bisher wird Stickstoff fast ausschließlich aus fossiler Energie hergestellt. Etwa 70 % der Produktion beruhen auf der Verwendung von Erdgas. Deshalb war sie seither relativ billig. 10 % beruhen auf der Verwendung von Kohle, 18 % auf Erdöl und nur 2 % auf der Verwendung von Schwerkraftenergie. Besonders hart betroffen von dieser Entwicklung ist natürlich die Agrarproduktion in der Dritten Welt. Die bescheidenen Verbesserungen in der Hungersituation, die dort in den letzten Jahren erreicht worden sind, sind im Grunde auf zwei Dinge zurückzuführen: zum einen auf die starken Bewässerungsmaßnahmen, die hier und da vorangetrieben worden sind, zum anderen auf den Einsatz von Handelsdünger und Pflanzenbehandlungsmitteln. Beides geht aber nicht ohne Mehraufwand an fossiler Energie. Etwa die Hälfte der Mehrproduktion an Getreide, die in den letzten 25 Jahren erzielt wurde, wäre ohne Mineraldüngung nicht möglich gewesen. Seit 1964 hat sich der Mineraldüngereinsatz in der Dritten Welt vervierfacht. Dies war ein großer Erfolg. Denn der Massenhunger in weiten Teilen unseres Erdballs - dessen Bekämpfung nunmehr gerade bei den Ärmsten der Armen wieder in Frage gestellt wird - ist groß. Der Agrarbericht der Bundesregierung geht auf die Weltagrarprobleme zwar ein. Er berichtet über unsere Nahrungsmittelhilfen im Gesamtwert von 300 Millionen DM und bedauert den Hunger in der Dritten Welt. Aber mir reicht das nicht, zum einen aus Gründen der Humanität, zum anderen wegen der weltpolitischen Konsequenzen - auf die ich jetzt nicht eingehen kann. Der amerikanische Präsident scheint dies erkannt zu haben. In einer VWD-Meldung von Anfang Januar war zu lesen, daß nach Ansicht von Präsident Carter die Landwirtschaft der USA in den nächsten zehn Jahren eine ähnliche Vormachtstellung in der Weltwirtschaft übernehmen werde, wie sie zur Zeit das Ölkartell der Organisation Erdöl exportierender Länder, die OPEC, innehat. Er betrachtet das Land und die Fähigkeit, Nahrungsmittel und Textilfasern zu produzieren, als den größten strategischen Vorteil, den die USA haben. Wie sieht es mit der Getreideproduktion in der Bundesrepublik und im Europäischen Markt aus? Nach der Tabelle 64 des Grünen Berichts haben wir bei Getreide in der Bundesrepublik insgesamt einen Selbstversorgungsgrad von 85 % erreicht, in der EG einen solchen von 97 %. In absoluten Zahlen ausgedrückt, bedeutet das, daß wir 4 Millionen t Getreide einführen müssen. Das ist eine stolze Bilanz für die Landwirte in der Bundesrepublik Deutschland, die noch vor einigen Jahren niemand für möglich gehalten hätte. Diese Erfolge waren nur deshalb möglich, weil erstens kolossale Fortschritte bei der Züchtung erzielt wurden, zweitens moderne Pflanzenbehandlungsmittel die Erträge beträchtlich gesteigert haben und drittens der Einsatz von Düngemitteln heute enorm ist. Mit anderen Worten: Wir haben große Fortschritte bei der Getreideproduktion in der EG und in der Bundesrepublik gemacht, aber keine Überproduktion. Anders sieht das bei der Milch aus. Nach der Tabelle 65 des Grünen Berichts hatten wir in der Bundesrepublik im letzten Jahr eine Milchfetterzeugung von 930 000 t und einen Verbrauch von 780 000 t; ähnlich war es beim Eiweiß, und ähnlich liegen die Verhältnisse in der EG. Diese Produktion war nur möglich, weil Futtermittel in größtem Stil eingeführt werden konnten. Die Lieferländer sind die Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und Argentinien für Getreide; bei Soja sind es die USA und Brasilien. Wären die Futtermitteleinfuhren nicht oder nur zu wesentlich höheren Preisen möglich, dann wäre die unausweichliche Folge, daß die Milchproduktion in der EG rapide unter den Selbstversorgungsgrad absinken würde. Es bleibt also die Frage zu prüfen, ob und zu welchem Preis wir bei der sich abzeichnenden weltpolitischen Entwicklung auch in den 80er Jahren diese Importe werden tätigen können. Nach einer vom US-Landwirtschaftsministerium herausgegebenen Statistik konnte im Jahre 1972 die Weltbevölkerung 105 Tage von den Weltgetreidevorräten ernährt werden, und zwar unter Einschluß aller Brachlandreserven, die es heute in den USA nicht mehr gibt; sie sind in der Zwischenzeit abgebaut. Trotzdem betrugen die Weltgetreidevorräte im Jahre 1976 nur noch 31 Ernährungstage. In den letzten beiden Jahren hat sich diese Situation Dank guter Ernten zwar wieder etwas verbessert, langfristig muß jedoch davon ausgegangen werden, daß sich diese Vorräte wegen der ständig steigenden Weltbevölkerung, mit der die Produktion einfach nicht Schritt halten kann, weiter reduzieren. Für uns Wohlstandsbürger in den Industrienationen stellt sich die Frage, ob dies für uns auch in Zukunft so selbstverständlich bleibt. Wir haben eine eigene moderne Agrarwirtschaft entwickelt und uns darüber hinaus sorglos damit abgefunden, daß der fehlende Bedarf durch Importe gedeckt werden kann. Aber die geringen Wachstumsraten unserer Volkswirtschaft, Zahlungsbilanzprobleme infolge steigender Devisenausgaben für den Import von Energie und Rohstoffen und die daraus folgenden Konsequenzen für den Staatshaushalt machen, glaube ich, ein Umdenken in der Agrarpolitik für die 80er Jahre notwendig. Im Grünen Bericht ist kein Wort darüber zu finden, wie lange es volkswirtschaftlich wie politisch zu verantworten sein wird, einerseits Fremdenergie in Form von Kraftfutter in zunehmenden Mengen zu importieren und an wenigen Standorten konzentriert Milch und Fleisch zu produzieren, nur weil Energie zu ihrem Transport und zur Verteilung der daraus produzierten Agrargüter noch zur Verfügung steht, und andererseits landwirtschaftliche Nutzfläche in Teilen der EG stillzulegen, auf denen Jahr für Jahr absolut sicher zusätzliche Energie gewonnen werden könnte. Fazit: Die deutsche Agrarpolitik und die der EG müssen für die 80er Jahre auch in diesen Punkten neu überdacht werden. Die weltweite Entwicklung der agrarischen Erzeugung muß weit mehr als bisher mit in unsere Überlegungen einbezogen werden. Die Entwicklung der Warenströme auf dem Ernährungssektor muß weltweit genauer abgeschätzt werden. Die agrarische Entwicklungshife ist wesentlich stärker voranzutreiben. Die Nahrungsmittelhilfe an die Ärmsten der Armen sollte beträchtlich gesteigert werden. Die Pflanzen, die allein in der Lage sind, Sonnenenergie direkt in chemische Energie umzusetzen, sollten als Produzenten von Energie und Rohstoffen in Zukunft wieder eine stärkere Beachtung finden, auch in Europa. Abfallstoffe in der Land- und Forstwirtschaft sollten weitgehend zur Energieerzeugung genutzt werden. Die Rückgewinnung der Abwärme im agrarischen Bereich ist weit mehr als bisher zu nutzen. Hier steht die Agrarpolitik vor einer neuen Herausforderung. Den Bereichen, die ich hier erwähnt und angesprochen habe, sind aber in dem sehr umfassenden Grünen Bericht von rund 350 Seiten nur einige wenige Zeilen gewidmet. Dies ist mir zu wenig. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Geldern.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bitte lassen Sie mich in der verbliebenen kurzen Zeit einige Sätze, die im Augenblick sehr notwendig sind, zur Lage der Fischerei sagen. Die Kutterfischerei in Nord- und Ostsee ist in den vergangenen vier Jahren in ihren Möglichkeiten derart durch politische Entwicklungen beschränkt worden, daß sie heute ohne jeden Zweifel in der Existenzkrise steht. Unsere Warnungen sind bei der Bundesregierung nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, und der schlimme Prozeß, den Herr Kollege Grunenberg von der SPD, der heute nicht da ist, und andere als Gesundschrumpfung bezeichnet haben, ist mit wachsender Heftigkeit weitergegangen. Nur sind die betroffenen Familienbetriebe, die zum großen Teil in generationenlanger Tradition ihrem Gewerbe nachgegangen sind, dabei nicht gesund, sondern notleidend geworden. Viele mußten aufgeben. Nicht einmal das begrenzte Problem der Energiekostenverteuerung ist von der Bundesregierung so gelöst worden, daß die Weiterexistenz der verbliebenen Betriebe als gesichert angesehen werden könnte. Vor zwei Tagen haben 150 Beschäftigte der Hochseefischerei aus Cuxhaven und Bremerhaven vor dem Bundesernährungsministerium in Bonn demonstrativ auf ihre. Lage hingewiesen. Der Arbeitskreis der See- und Landbetriebsräte der Reedereien der Hochseefischerei hat vor wenigen Tagen eine Resolution gefaßt, die er selbst als einen Aufschrei bezeichnete. Die Betriebsräte weisen zu Recht darauf hin, daß ihre Kollegen in den letzten vier Jahren 1 300 Arbeitsplätze auf See verloren haben. Hinzu kommen weitere 300 Arbeitsplätze in den Reedereien-Landbetrieben und eine mindestens ebenso große Anzahl weiterer Arbeitsplätze in anderen Branchen an der Küste, die auf die Hochseefischerei angewiesen sind. Die Arbeitnehmer der Fischerei erklärten wörtlich: Die derzeitige Situation erscheint uns wie ein Sterben auf Raten. Wir fordern daher eine klare Zukunftskonzeption für die deutsche Hochseefischerei. In der Anhörung des Bundestagsausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Juni letzten Jahres hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund in seiner Stellungnahme bereits deutlich genug von einer verfehlten Fischereipolitik der Bundesregierung gesprochen und, ebenfalls wörtlich, offiziell zu Protokoll gegeben: „Die Interessen der Arbeitneh16770 mer der deutschen Fischwirtschaft werden von der Bundesregierung nicht berücksichtigt. ({0}) Was unternimmt die Bundesregierung in dieser Lage? Zur Fischwirtschaft ist im Agrarbericht 1980 so wenig wie in seinen Vorgängern in den letzten vier Jahren zu lesen. Herr Bundesminister Ertl hat hier vor zwei Tagen in seiner Einbringungsrede den angesichts der wirklichen Lage für die Betroffenen wohl eher zynisch klingenden Satz gesagt: „Die Bundesregierung wird sich auch in Zukunft bereithalten, um unzumutbare Härten von unseren Kutter- und Hochseefischern abzuwenden." Dies ist einer Situation vergleichbar, in der einem Ertrinkenden zugerufen wird: Wir kennen deine Sorgen, sei schön vorsichtig! Die Fischereipolitik dieser Bundesregierung steht vor einem Scherbenhaufen. Dies wurde schlaglichtartig für alle Betroffenen an der Küste durch die Reaktion der Bundesregierung auf die jüngsten Vorfälle unter Grönland klar. Hier hat nicht die Fischerei, sondern die deutsche Fischereipolitik ihr Waterloo erlebt. ({1}) Bevor noch eine deutsche Untersuchung hatte stattfinden können, erklärten Herr Ertl und Herr Gallus, man werde die Schuldigen doppelt bestrafen. Von einem notwendigen Schutz der zu drakonischen Strafen Verurteilten, an denen offenbar ein Exempel dänisch-grönländischer Beziehungen statuiert werden sollte, war keine Rede. Der Höhepunkt der unbesonnenen Reaktionen derer, deren Fischereipolitik plötzlich vor aller Augen als gescheitert dastand, war die des Sprechers der SPD-Fraktion, wiederum Herr Grunenberg, der erklärte: „Die Bonner Politiker aber werden es langsam leid, die Reparaturkolonne der Hochseefischerei im internationalen politischen Bereich zu spielen. Herr Grunenberg war es auch, der die Fangquotenregelung verteidigte, obwohl selbst dem Minister inzwischen Zweifel gekommen sind, ob nicht die Praktiker draußen mehr über die Fischbestände wissen als die Wissenschaftler, die auf ihren wenigen Besuchsreisen mit beschränktem Forschungsetat offenbar auch nur beschränkt brauchbare Ergebnisse hervorgebracht haben. Ich möchte mir zum Schluß ausdrücklich die Forderungen der See- und Landbetriebsräte der Hochseefischerei für die Union zu eigen machen. Wir brauchen realitätsgerechte Fangquoten im Nordatlantik unter Berücksichtigung von ökologischen und biologischen Erkenntnissen, wir brauchen eine intensivere Fischereiforschung in Fanggebieten, die auch von deutschen Hochseefischern befischt werden können, und statt unrealistischer Beifangbeschränkungen einen wirksamen Bestandsschutz durch Mindestmaschengrößen und Schutzgebiete. Ich fordere die Bundesregierung jedenfalls auf, unverzüglich zu handeln. Es ist überhaupt keine Zeitreserve mehr vorhanden. Was jetzt nicht geschieht, wird zu spät kommen. Es geht um die Existenz von Tausenden von Arbeitsplätzen, für die es an der Küste keine Alternative gibt. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eickmeyer.

Karl Arnold Eickmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz der knappen Zeit: Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Ich hoffe nicht, daß die Bedeutung, die die CDU-Fraktion den Fischereifragen zuerkennt, darin zum Ausdruck kommt, daß sie ihren Debattenbeitrag dazu immer am Schluß der Agrardebatte bringt. Oder sollte darin Methode liegen, damit wir hier kaum Zeit zur Erwiderung haben? ({0}) Betrachtet man die Zahlenauflistung im Agrarbericht 1979 sowie die dort gegebene nüchterne Darstellung der Lage der deutschen Fischwirtschaft seitens der Bundesregierung, so bleibt nur der Schluß, daß sich die Gesamtsituation gegenüber dem Vorjahr verschlechtert hat. Lassen Sie mich hinzufügen: Sie hat sich sogar dramatisch verschlechtert durch Ereignisse, die im vorliegenden Agrarbericht noch nicht mit aufgenommen wurden. Ich denke an die Ölpreisexplosion, und ich denke vor allen Dingen an die Ereignisse vor Grönland, die die deutsche Fischerei wie ein Schock getroffen haben. Lassen Sie mich aber gleichzeitig hervorheben: Die Opposition macht es sich zu einfach, wenn sie für die Entwicklung, die zu dieser Lage geführt hat, immer nur die Bundesregierung verantwortlich macht und ihr Konzeptlosigkeit vorwirft. ({1}) Die Opposition vergißt, daß die verhängnisvolle Entwicklung durch die Seerechtsentwicklung entstanden ist. Die Opposition vergißt, daß die interne Quotenregelung im EG-Meer immer noch nicht zustande gekommen ist, weil England dies blockiert. Die Opposition vergißt auch, daß die Verhandlungen mit den Drittländern immer wieder auf Schwierigkeiten stoßen. Diese Rahmenbedingungen, auf die wir kaum bzw. nur indirekt Einfluß haben, sind es, die zu der Lage geführt haben, nicht aber die Versäumnisse der Bundesregierung. Die ewigen Vorwürfe der Opposition veranlassen mich zu fragen: Was soll denn nach Ihrer Meinung geschehen? Bitte nicht bloß reden, sondern tun Sie „Butter bei die Fische"! Machen Sie doch im Landwirtschaftsausschuß Vorschläge zu diesen Fragen. ({2}) Der mehrfach vorgebrachte Gedanke Ihres Fischereiexperten, die Bundesregierung solle doch einfach in dieser Frage aus der EG ausscheren, mutet wie ein selbsmörderischer politischer Witz an, wird durch Wiederholung nicht besser und zeugt von wenig Sachkenntnis. ({3}) Meine Damen und Herren, ich muß es mir ersparen, Ihnen Zahlen über den Rückgang der deutschen Fischerei bis hin zum Verlust von 1 300 Arbeitsplätzen erneut darzulegen. Ich muß mir auch eine Darstellung der Misere an der Küste ersparen. Lassen Sie mich aber auf zwei Dinge hinweisen, die ich als unabwendbare Gefahrenpunkte heraufziehen sehe, wenn es zu keiner Änderung der Rahmenbedingungen kommt. Zum einen droht der Verlust vieler qualifizierter Arbeitsplätze in einer sowieso strukturschwachen Region. Zum anderen: Nach der Erholung der Fischereibestände im EG-Meer, mit der die Fachleute fest rechnen, wird die Bundesrepublik nicht mehr in der Lage sein, die ihr zustehenden Quoten zu nutzen, wenn die dazu notwendige Flotte nicht mehr existiert. Wir stehen vor der Situation, daß dann, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht kurzfristig ändern, die Flotte stillgelegt oder so reduziert werden muß, daß man von einer nationalen Fischereiflotte nicht mehr sprechen kann. ({4}) Sind die Strukturen aber erst einmal zerstört, wird es schwer sein, wenn nicht gar unmöglich, sie wieder zu erstellen. Es wird dann keine Kapitäne und Mannschaften mehr geben, und es wird auch die notwendigen Landbetriebe nicht mehr geben, und es wird auch am Know-how fehlen. ({5}) Darüber hinaus werden wir uns die Preise für Rohware von außen diktieren lassen müssen. Wir werden überhaupt keinen Einfluß mehr auf die Marktversorgung haben, die heute immerhin noch 40 beträgt. ({6}) Was bleibt zu tun? Zunächst gilt das Wort unseres Ministers Ertl: Unser Staat und unsere Gesellschaft lassen niemanden im Stich, der Hilfe braucht. Dazu rufe ich in Erinnerung, was die Industrie- und Handelskammer Bremerhaven kürzlich festgestellt hat: Ohne die Hilfe des Bundes für die Neuausrichtung auf neue Fischarten und neue Fanggebiete - Stichwort: 100-Millionen-Sofortprogramm - wäre es der deutschen Hochseefischerei nicht möglich gewesen, das Jahr 1979 zu überstehen. Ähnliches gilt auch für die Kutterfischerei. ({7}) Aber das ist Schnee von gestern. Wir müssen die Zukunft meistern. Dazu schlage ich folgendes vor. Erstens: Die Bundesregierung bleibt in der Pflicht, sowohl den Einigungsprozeß in der EG einschließlich besserer Quoten im EG-Meer voranzutreiben, als auch gegenüber Drittländern als kraftvoller Verhandlungspartner aufzutreten. Wir müssen weiterhin unsere geballte wirtschaftliche und politische Macht einsetzen, um zu veränderten Rahmenbedingungen zu kommen. Zweitens: Drittländer sollten mit ihren Fischereiprodukten Zutritt zu unserem Markt nur dann bekommen, wenn sie uns als Gegenleistung angemessene Fangquoten gewähren. Drittens: Ich weise erneut auf die Diskrepanz zwischen den Aussagen von Praktikern und Forschern über die Kabeljaubestände unter Grönland hin und bitte die Bundesregierung, die Fischwirtschaft und -forschung an einen Tisch zu bringen, damit das Problem geklärt wird. Es muß aus der Gerüchteküche heraus! Sind die Bestände größer, als vermutet wird, muß eine angemessene Kabeljauquote unter Grönland ausgehandelt werden. Darüber hinaus ist die Forschung im EG-Meer zu verbessern. Viertens und letztens: Es sind schnellstens die Gegebenheiten zu überprüfen, ob die Beifangbeschränkungen unter Grönland nicht unrealistisch sind und ob es nicht besser wäre, diese Beifangbeschränkungen durch Mindestmaschengrößen und Schutzgebiete zu ersetzen. Da bin ich mit Ihnen einer Meinung, Kabeljau über Bord ist keine Lösung. ({8}) Ein letztes Wort noch zu den Vorkommnissen unter Grönland. Erstens: Das Verhalten deutscher Kapitäne mag menschlich verständlich sein, es erschwert aber die Verhandlungsposition der Bundesregierung gegenüber Dänemark und den anderen EG-Partnern. Es untergräbt unsere Glaubwürdigkeit. ({9}) Zweitens: Die Vorkommnisse unter Grönland sind Wasser auf die Mühlen derjenigen in Grönland, die den Austritt aus der EG anstreben. Stichwort: Referendum 1982. Sollte es aber zum EG-Austritt Grönlands kommen, dann ist der Ofen für die deutsche Hochseefischerei aus. Drittens: Die veröffentlichte Meinung des Fischereiexperten der Union zu dieser Frage an der Küste, die in der Aussage gipfelt - ich zitiere -, die in Grönland durchgeführten Verfahren genügten nicht rechtsstaatlichen Anforderungen, ({10}) beinhaltet eine ungeheuerliche Unterstellung und beeinträchtigt, wie mir aus Dänemark bekanntgeworden ist, das partnerschaftliche und gutnachbarliche Verhältnis. ({11}) Solche Aussagen sind, was ihre Wirkung betrifft, schädlich für die Küstenregion, schädlich für die Bundesrepublik und schädlich für die EG. ({12}) Ich weise diese Äußerungen namens der SPD-Fraktion auf das schärfste zurück und appelliere an die CDU/CSU-Fraktion, in solch diffizilen Fragen Vorsicht walten zu lassen und Gemeinsamkeiten zu suchen. ({13})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Herr Ertl.

Josef Ertl (Minister:in)

Politiker ID: 11000493

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich bei allen Rednern sehr herzlich bedanken. Es ist mir allerdings auf Grund der mir zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich, auf alle Bemerkungen, die gemacht worden sind, einzugehen. Ich bitte daher um Nachsicht, wenn ich den Versuch mache, wesentliche Punkte zusammenzufassen. Ich möchte mich zunächst einmal für das Kompliment bedanken, das dem Agrarbericht gilt. Solche Komplimente hat es ja nicht immer gegeben. Als wir im letzten Jahr ein Plus von 10,3 % zu verzeichnen hatten, wurde von der Opposition behauptet, die Zàhl stimme nicht. Weil wir für 1978/79 nur von plus 2,9 % ausgehen - möglicherweise werden es in diesem Jahr minus 4 % -, stimmt die Zahl ganz exakt. Ich hoffe, wir bleiben in der Zukunft bei „exakt", damit wir nicht immer so fadenscheinig argumentieren. Wer nicht glaubt, was ich berichte, braucht nur das Protokoll der letztjährigen Debatte nachzulesen. Der erste Redner damals, der Kollege Ritz, hatte alle Zahlen - sehr einseitig - in Frage gestellt. Allerdings waren es damals plus 10,3 %. Das war eben Wunschdenken. Die Vorhersage stimmte jedoch auf ein Hundertstel. Ich möchte Sie daher wirklich bitten, daß wir in Zukunft seriöser miteinander umgehen. Jedenfalls freue ich mich, daß wir dieses Mal keinen Streit über die Zahlen und die Methoden führen. Herzlichen Dank. Darüber hinaus freue ich mich außerordentlich über all das, was kritisch gesagt wurde. Es wäre ja eine schlechte Opposition, wenn sie angesichts der gegebenen Situation im Zusammenhang mit dem Agrarbericht nicht alle Ansätze nutzen würde, um Kritik zu üben. Ich nehme auch gerne die Benotung „genügend" für den Agrarbericht hin. Allerdings muß ich sagen: Die Opposition bekommt bezüglich der Alternativen ein „Mangelhaft". Dann sind wir, was die Benotung angeht, wieder einig. ({0}) - Herr Glos, Sie können sich ja jederzeit zu einer Zwischenfrage melden. Mit Ihnen will ich gerne diskutieren.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Glos?

Josef Ertl (Minister:in)

Politiker ID: 11000493

Ja, bitte, ich freue mich sogar darauf.

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Treten Sie denn für die Methode ein, daß dann, wenn die Regierung versagt, die Opposition zurücktreten soll? ({0})

Josef Ertl (Minister:in)

Politiker ID: 11000493

Nein, Herr Glos, ich werde Ihnen das noch sehr eindeutig beantworten. Ich kann Ihnen nur sagen, ich habe sehr aufmerksam zugehört. Der einzige Alternativvorschlag kam vom Kollegen Kiechle. Sonst ist Zero, und das ist für eine Opposition zu wenig. - Sie deuten auf Herrn von Geldern. Das war, so muß ich sagen, die Wiederholung unwahrer Behauptungen, die durch mehrfache Wiederholungen nicht wahrer werden. ({0}) Das ist schlichtweg eine Verleumdung, eine Verbreitung von Lügen. ({1}) - Nein, das ist mir gar nicht unangenehm. Herr von Geldern, von einem seriösen Politiker erwarte ich, daß er bei der Wahrheit bleibt. Sie bleiben nicht bei der Wahrheit, ({2}) denn wenn Sie hier behaupten, an den Vorfällen vor Grönland - ({3}) - Lassen Sie mich jetzt reden, ich habe Ihnen auch zugehört! ({4}) - Ja, das behaupte ich auch! Denn Sie haben das öffentlich - in der Presse - und hier wieder behauptet. Wenn Sie sagen, an den Vorfällen vor Grönland sei die Fischereipolitik schuld, so ist das unwahr, und wer Unwahres behauptet, lügt. Das ist das Faktum! ({5}) - Sie waren ja bei dem Gespräch dabei. Selbst die Kapitäne haben mir gegenüber zugegeben, daß es dafür keine Entschuldigung gibt. Trotzdem behaupBundesminister Ertl ten Sie das, und daraufhin sage ich: Sie behaupten Unwahres. ({6}) - Nein, nein, machen Sie jetzt keinen Rückzieher! Ich muß sagen, von einem christlichen Politiker würde ich mehr Seriosität erwarten. Das sage ich Ihnen sehr deutlich. ({7}) Sie sind der einzige Negativpunkt dieser Debatte, weil Sie ununterbrochen und wiederholt Unwahres behaupten. ({8}) - Ach, wissen Sie, ich habe ein gutes Gewissen! Das müßten Sie Ihrem Franz Josef sagen; der hat demnach permanent ein schlechtes Gewissen. ({9}) Meine Freunde, ich bin sehr dankbar für diese Art von Zwischenrufen. Aber eines gebe ich zu: Ich bin sehr empfindsam, wenn man es mit dem Achten Gebot nicht genau nimmt. Und zu denen, die das betrifft, gehört der Kollege von Geldern. ({10}) - Ja, Sie können mich ja verklagen, weil Sie das auch in der Öffentlichkeit - vor der Presse - behauptet haben. Und Sie waren Zeuge der Unterhaltung mit den Kapitänen, in der die Kapitäne sich bei mir entschuldigten ({11}) und sagten: Hier, Herr Minister, sind Sie nicht verantwortlich. ({12}) Trotzdem behaupten Sie das im Bundestag wieder. Ich finde das unerhört! ({13}) - Das ist ganz typisch für Sie! Sie behaupten ununterbrochen Unwahres! Nun kommen wir wieder zu dem anderen, zur Sache. Die Unwahrheit haben wir ja beseitigt. ({14}) - Ja, ich mußte dies tun, damit die Leute einmal lesen, was ich von Ihnen halte. ({15}) - Doch, ich habe sogar Betriebsräte als Zeugen. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Auswirkungen der Energieverteuerung auf die allgemeine Einkommensentwicklung wurden in Zweifel gezogen. Ich habe mir das durch meine Mitarbeiter ausrechnen lassen. ({16}) - Ja, eine Milliarde, das steht im Bericht. Das macht ungefähr 3 bis 5 % aus. Sie können ohne weiteres erkennen, was für ein Rückschlag das in der Tat ist. Ich verhehle nicht, daß diese Herausforderung bei der Energie unsere größte Sorge ist. Ich verhehle in gar keiner Weise, daß diese Verteuerung, die sich zunächst in einem enormen Kostenschub bemerkbar gemacht und natürlich die Ertragslage der deutschen Landwirtschaft geschmälert hat, eine der größten Herausforderungen ist. Nur glaube ich, der Ehrlichkeit halber muß ich das unterstreichen, was auch andere Kollegen in dieser Debatte gesagt haben. Ich sage das ganz allgemein. Diese Herausforderung ist nur dadurch zu bewältigen, daß alle die nötige Disziplin wahren. Das heißt auch, daß es in meinen Augen in der vor uns liegenden Wahlkampfzeit gilt, jedermann ganz klar zu sagen: Wir müssen froh sein, wenn wir den Lebensstandard - möglicherweise minus Mehrausgaben für Energie - halten können. ({17}) - Das gilt auch für Herrn Kluncker, aber weil ich manchmal den Eindruck habe, daß die Opposition offensichtlich das Verfassungsrecht nicht kennt, möchte ich Herrn Glos gleich folgendes sagen. Die Landwirtschaft ist nicht Tarifpartner der deutschen Bundesregierung, damit wir uns hier richtig verstehen. Das ist auch nicht mein Verständnis von liberaler Agrarpolitik. In meiner liberalen Agrarpolitik gibt es vielmehr eine eigenverantwortliche selbständige deutsche Landwirtschaft und nicht einen Tarifpartner „Landwirtschaft" ({18}) - damit wir uns hier nicht mißverstehen -, sonst macht sich nämlich die gesamte Agrarpolitik von vornherein unglaubwürdig. Der Kollege Zumpfort hat hier einen ganz klugen Beitrag geleistet. Das kann ihm niemand abstreiten. ({19}) Ich würde auch mit ihm darüber gern diskutieren. Eines muß ich ganz allgemein und grundsätzlich sagen, verehrter Kollege Schröder: Was der Kollege Zumpfort sagt - ich sage das den Herren Vertretern des Bauernverbandes in diesem Saale -, sagen in Diskussionen sehr viele Bürger in diesem Lande. ({20}) Bundesminister Ertl Ich warne sehr davor, ({21}) unsere Landwirtschaft in dieser Gesellschaft durch Nichtglaubwürdigkeit zu isolieren. ({22}) Dies ist nicht Schuld des Ministers, sondern die Schuld von Leuten, die nicht den Mut haben, Situationen so differenziert zu behandeln, wie es notwendig ist. ({23}) - Ja, er hat das zum Teil gemacht. Er hat das sehr differenziert gemacht. ({24}) - Er hat z. B. von brutto und netto gesprochen. Ich möchte dieses Thema auch nicht vertiefen, denn es kommt der Landwirtschaft nicht zugute, wenn man dieses Thema bringt. Ich warne nur. Ich bin bereit, wenn Sie wollen, in den Ernährungsausschuß zu kommen und dort darüber zu reden - wir nehmen es zu Protokoll und verschicken es an alle Bauern -, was bei brutto-netto alles zustande kommt. ({25}) - Verehrter Freund, ich habe lange genug Betriebswirtschaft unterrichtet, schon zu einer Zeit, als andere noch in der Schule waren. Ich kenne mich auch ein bißchen aus. Ich bin also bereit, darüber zu diskutieren. Ich möchte mich neben der Situation, die ich eingangs mit wenigen Bemerkungen angeschnitten habe, bei dieser Problematik auf zwei Punkte beschränken, erstens auf das Thema, was mit diesen 100 000 Betrieben geschieht, und zum zweiten das Thema EG und Milch. Wenn Sie unsere Landwirtschaft strukturell durchleuchten, werden Sie feststellen - das habe ich voriges Jahr auch schon gesagt -, daß das Problem bei diesen 100 000 Betrieben darin liegt, daß es sich grosso modo um Betriebe der unteren Größenordnung handelt. Diesen Problembetrieben können Sie pauschaliert sicherlich nicht helfen. Sie brauchen hier vielmehr differenzierte Hilfen. Damit komme ich eigentlich mit wenigen Sätzen zum Grundkonzept einer gezielten Agrarförderungspolitik. Diese gezielte Agrarförderungspolitik kann nur in eine allgemeine Raumordnungs-, Infrastruktur- und Wirtschaftsstrukturpolitik eingebettet sein, denn Infrastruktur-, Wirtschafts- und regionale Raumordnungspolitik sind die Voraussetzung, daß überhaupt eine gezielte Agrarstrukturpolitik betrieben werden kann. Nun habe ich mir aus meinen Unterlagen die Zahlenangaben mitgebracht, meine verehrten Freunde. Es gibt dafür eine Gemeinschaftsaufgabe, und diese möchte ich hier gerne einmal anhand von Zahlen darstellen. Im Rahmen dieser Gemeinschaftsaufgabe wurden von 1972 bis einschließlich 1979 610 000 Arbeitsplätze neu gefördert und 837 000 gefährdete Arbeitsplätze gesichert. Die Gesamtzahl der Investitionsvorhaben lag über 31 000, das Gesamtinvestitionsvolumen betrug 77,5 Milliarden DM. Mir soll angesichts dieser Zahlen niemand sagen, daß die Länder - und die sind hier im Rahmen unserer föderativen Struktur, die ich bejahe, ausschließlich verantwortlich - nicht die Möglichkeit haben, in den strukturschwachen Gebieten außerlandwirtschaftliche Arbeitsplätze zu fördern. Die Debatte dazu müssen Sie aber auch in Ihren Landtagen führen, meine Freunde, ({26}) und insbesondere in den Ländern, wo die CDU/CSU die absolute Mehrheit hat. Ich denke an meinen Besuch im Wahlkreis Schwäbisch-Hall. Da wird von der baden-württembergischen Regierung seit Jahren versprochen: Wir verbessern die Wirtschaftsstruktur. Aber vier Jahre lang ist nichts geschehen. ({27}) Deshalb unterliegt die Landwirtschaft einem Strukturwandel. Das haben mir die Leute selber gesagt, Herr Jenninger. Selbst Ihre CDU-Freunde haben sich beschwert. ({28}) - Ich habe CDU gesagt; Sie müssen nur richtig aufpassen. ({29}) - Natürlich! Wer ist denn verantwortlich für die Schwerpunktprogramme? ({30})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Glos?

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, wie können Sie es sich erklären, daß die Gemeinschaftsaufgabe, nachdem sie so viel positive Wirkung gehabt hat, in diesem Jahr auch mit den Stimmen Ihrer Kollegen von der FDP um 50 Millionen DM gekürzt worden ist? ({0})

Josef Ertl (Minister:in)

Politiker ID: 11000493

In dem Sinne stimme ich ja nur Ihrem Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß zu, der gesagt hat: Wir müssen mehr kürzen. ({0}) - Natürlich ist das so. Sie kriegen noch weitere Beispiele. Ich habe noch einiges im Köcher, Freunde. Sie können sich darauf verlassen: Ich kann Ihnen noch einiges Marschgepäck mitgeben, damit heute wenigstens am Schluß für Klarheit und Wahrheit gesorgt wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Müller ({0})?

Rudolf Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001565, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, wie vereinbart sich dies mit der Forderung des bayerischen Kabinetts, die Gemeinschaftsaufgabe überhaupt abzuschaffen?

Josef Ertl (Minister:in)

Politiker ID: 11000493

Das vereinbart sich natürlich mit der Stellungnahme der FDP, als sie in der Person Ertl dagegen gesprochen hatte. Nur muß man sagen: Der Verantwortliche dafür ist der jetzige Ministerpräsident in Bayern, Franz Josef Strauß. Er trug die Verantwortung damals als Finanzminister. ({0}) - Nein, nein, verehrter Herr Jenninger. Wollen Sie bestreiten, daß die Gemeinschaftsaufgabe in der Großen Koalition unter dem Finanzminister Franz Josef Strauß mit Ihren Stimmen verabschiedet wurde? ({1}) - Hierzu habe ich gesagt: Mit den bewilligten Mitteln - ganz gleich, ob sie gekürzt oder nicht gekürzt sind - sind letzten Endes 610 000 Arbeitsplätze gefördert worden. Der Schwerpunkt und die Ausführung liegen bei den Ländern. Das ist die klare Antwort, Herr Rawe. Da können Sie mich nicht mit Dialektik auseinanderbringen. ({2}) - Das müssen Sie erst einmal nachweisen. Bekanntermaßen ist die Steuerlastquote unter dieser Regie- rung niedriger als zu der Zeit, zu der Franz Josef Strauß Finanzminister war. ({3}) - Doch, das ist ein Faktum. ({4}) - Wenn Sie bessere Zahlen haben, dann nennen Sie sie doch. Damit komme ich gleich zu einem anderen Punkt, der in diesem Zusammenhang wieder zu erwähnen ist. Ich bin immer noch bei den 100 000 Betrieben. Der Ansatz muß in der Tat bei den außerlandwirtschaftlichen Arbeitsplätzen liegen, ganz gleich, ob diese in der Industrie, im Gewerbe, im `Handwerk oder im Tourismus entstehen. Aber ohne kombinierte Einkommensform werden Sie einen Großteil dieser 100 000 Betriebe nicht aktiv sanieren und das Eigentum auf dem Land erhalten können; das geht nicht. Ich sage ganz deutlich: Es besteht eine noch größere Notwendigkeit, das Freizeitangebot auf dem Land zu verstärken. Das Bedürfnis und die Notwendigkeit dazu sind da. Hier appelliere ich an alle Verantwortlichen einschließlich derjenigen, die sich immer so gern zum Fürsprecher einer intakten Natur machen: Wenn Sie haben wollen, daß unsere Natur intakt bleibt, müssen Sie auch bereit sein, Dörfer und entsprechende Siedlungsdichten auf dem Land zu erhalten; denn ohne Menschen wird auch die Landschaft öde. ({5}) Dann müssen Sie auch etwas dafür tun, daß diese Menschen ihre Bleibe haben. Deshalb sage ich ganz offen: Das geht nicht ohne Skilift. ({6}) - Jawohl. Das geht nicht ohne Reiten auf dem Lande, nicht ohne Golfplätze, Tennishallen und Schwimmbäder auf dem Land. ({7}) - Ohne Bundesbahn geht es, solange man Auto fahren kann. Ach, wissen Sie, manchmal könnte man glauben, Sie lebten in einer anderen Welt. Sonst würden Sie nicht einen solchen Zwischenruf machen. Schauen Sie sich mal am Wochenende an, was auf den Straßen los ist! ({8}) - Für einen Teil der Betriebe brauchen Sie eine gezielte Förderung, damit diese auf Grund der Betriebsorganisation und Betriebsstruktur langfristig Vollerwerbsbetriebe werden. Das geht ohne Förderschwelle nicht. Da sind Sie mir die Antwort schuldig geblieben, was Sie als Kriterium einsetzen wollen. - Für mich ist das keine heilige Kuh; das habe ich schon einmal gesagt - Sie müssen mir nur sachgerechte Kriterien vorschlagen. Mit dem Kapital allein greift das, betriebswirtschaftlich gesehen, nicht. Das sagt Ihnen jeder Sachkundige. ({9}) - Bitte sehr, jetzt lassen Sie mich aus dem Spiel, verehrter Kollege Ritz. Reden Sie mit unserem verehrten Freund und Kollegen Glup. Der wird Ihnen das sehr deutlich klarlegen. ({10}) - Ich bin im Bilde, was bei eurem CDU-Kongreß darüber gesprochen worden ist. Wir brauchen uns nichts vorzuhalten. Ich halte Ihnen auch gar nichts vor. Mir geht es vielmehr um eine sachliche Bewertung dieser Materie. Ich will Ihnen das sehr deutlich sagen, um das Beispiel von Herrn Kiechle aufzunehmen. Wenn dieser als Beispiel genannte 17-, 18- oder 20-ha-Betrieb auf dem Veredelungssektor leistungsfähig bleiben will und auch kommenden Generationen Einkommen vorwiegend aus der Landwirtschaft bieten soll - da muß ich Herrn Schröder sagen; eine Superabgabe verträgt sich nicht mit einem einzelbetrieblichen Förderungsprogramm; da stimme ich Ihnen voll zu; das habe ich auch in Brüssel so gesagt; darauf komme ich noch zurück -, dann müssen Sie diesen Betrieb mindestens so fördern, daß er 30 bis 35 Kühe halten kann. Dann haben Sie es mit Investitionen von 250 000 bis 300 000 DM zu tun. Das Problem können Sie mit dem Agrarkreditprogramm der bayerischen Staatsregierung überhaupt nicht lösen, sondern da müssen Sie passen. Was Sie aber mit dem Agrarkreditprogramm der bayerischen Staatsregierung und auch der baden-württembergischen Regierung tun können - ich habe nichts dagegen; Sie wissen, ich habe mich noch nie dagegen ausgesprochen -, ist, daß Sie Nebenerwerbsbetrieben Kredite geben können, damit sie sich Schlepper und Ladewagen kaufen können. Dazu reichen 80 000 DM genau aus. ({11}) Da gehen Sie aber genau den falschen Weg. Sie treiben Nebenerwerbsbetriebe zu Kapitalausgaben, über Schulden, und zur Intensivierung - was genau falsch ist. ({12}) - Das ist der Irrweg eines Agrarkredits, so, wie er jetzt beschlossen ist. Das sagen Ihnen alle jungen Landwirte. ({13}) - Darüber streite ich doch gar nicht. Da muß ich das Konzept verwirklichen. Dazu gibt es den Nebenerwerbskredit. Daran hätten sich die Länder besser beteiligen sollen. Auch beim Überbrückungskredit hätten sie sich beteiligen können. ({14}) Optisch läßt sich das gut - ({15}) - Darf ich reden, oder darf ich nicht reden?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Meine Damen und Herren, es ist gleich halb zwei. Ich muß Sie doch sehr bitten, daß Sie etwas weniger stören.

Josef Ertl (Minister:in)

Politiker ID: 11000493

Nein, ich frage, ob ich die Erlaubnis der Opposition habe, reden zu dürfen. Wenn ich die von seiten der Opposition nicht mehr habe, dann schließe ich hier ab. Ich habe nämlich heute nachmittag noch eine Veranstaltung bei der Landjugend in Niederbayern. Bei mir kann sich doch jeder zu Wort melden. Ich liebe den Dialog. Wenn Sie mir sagen, daß Sie Betriebe mit 18 oder 20 ha mit einem Agrarkredit in dieser Höhe und zu diesen Konditionen zu leistungsfähigen Vollerwerbsbetrieben machen wollen, dann müssen Sie mich davon erst überzeugen. Ich sage Ihnen: Das geht nicht. Hier brauchen Sie eine gezielte Förderung. Das ist das, was man hier verschleiert. Man sollte den Leuten niemals eine Fata Morgana vormachen. Es gibt am Ende nur zwei Entscheidungsalternativen: die Entwicklung zum Vollerwerbsbetrieb oder die Umstellung zum Nebenerwerbsbetrieb. Der Zuerwerb kann nur eine Zufallserscheinung sein. Er kann nicht die Zielsetzung sein. Der Nebenerwerb kann auf die Dauer, über Generationen, nur erfolgreich betrieben werden, wenn es gelingt, die Frau von demÜbermaß an Arbeitslast zu befreien. Sonst stirbt diese Betriebsform. ({0}) Nachdem ich das gesagt habe, darf ich in dem Zusammenhang hinzufügen: Über die Vorsteuerpauschale gibt es das Geschäftsordnungsverfahren der Bundesregierung. Es ist eingeleitet und wird betrieben. ({1}) Zweiter Punkt: Zum Tierschutz stehen Ihnen alle Informationen im Ausschuß zur Verfügung, auch über meine Aktivitäten in Brüssel und die eingeleiteten Schritte. Ich komme nun zur EG und damit auch zur Milch; denn dazu bin ich eigens aufgefordert worden. Wenn die Frau Präsidentin es bei der fortgeschrittenen Zeit noch gestattet, darf ich mit einem Zitat beginnen: Aber Sie wissen ja auch, welche Bedenken dagegen erhoben werden, und Sie wissen, daß mit Recht verlangt wird, Europa dürfe nicht nur aus Butterbergen, Milchseen, Getreideschwemmen und dergleichen bestehen. Leider hat man ja den Vorschlag der europäischen Finanzminister vor zehn Jahren nicht mehr weiterverfolgt - aus welchen Gründen, das würde hier den Rahmen des Vortrags überschreiten -, nämlich die europäische Argrarproduktion, jedenfalls der einer Marktordnung unterliegenden Produkte, auf einem bestimmten Niveau einzufrieren, eine jährliche Zuwachsrate noch in die Gemeinschaftsfinanzierung aufzunehmen, aber alles, was über die Zuwachsrate hinausgeht, dann nicht in die Gemeinschaftsfinanzierung einzubeziehen, sondern die Finanzierung dieses Teils der Überschüsse jeweils aus den nationalen Kassen vornehmen zu lassen ... Dies entnehme ich - Sie brauchen nicht zu rätseln - aus einem Vortrag von Dr. h. c. Franz Josef Strauß vor dem Kuratorium des Deutschen Groß- und Außenhandels. ({2}) Es wäre interessant, in diesem Bundestag auch einmal darüber zu reden, welche Vorstellungen sich dahinter verstecken. Dahinter versteckt sich viel mehr als das Festhalten an einem Prozent Mehrwertsteuer, viel mehr! Ich muß Ihnen sagen: Mich wundert es, daß Sie hier immer so argumentieren und so tun, als würden Sie segensreich handeln, geradezu ein Milcheuter - so hätte ich beinahe gesagt - über die deutsche Landwirtschaft ausleeren. Bei anderen Gremien höre ich das aber ganz anders. Man muß bei unterschiedlichem Publikum gleichwohl mit derselben Zunge reden. Das gehört, meine ich, auch zur Politik. ({3}) Ich sage das nur, weil ich z. B. sehr stolz bin, daß ich mich in der Bundesregierung in diesem Punkt - daß es zu keiner Plafondierung der Garantie kommt - durchgesetzt habe, vor zehn Jahren schon. Auch habe ich ja z. B. die Steuer für die gewerbliche Geflügelhaltung eingeführt und vieles andere - immer in offener Zusammenarbeit. Das war am Anfang manchmal kontrovers, aber wir haben uns dann zusammengerauft. Und ich muß auch sagen: Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat mich da sehr oft tatkräftig unterstützt. Sie können mir aber nicht nachsagen, daß ich jemals vor unterschiedlichem Publikum mit verschiedenen Zungen gesprochen habe. Ich habe immer mit derselben Zunge gesprochen. ({4}) Das spielt doch eine große Rolle. Man kann doch nicht hergehen und gegenüber der Öffentlichkeit einen seriösen Eindruck erwecken wollen und sagen: Sie müssen sich an dem einen Prozent orientieren. Mir macht das doch Kopfzerbrechen genug. Sie wissen, ich habe voriges Jahr schon gesagt: Beim Beitritt können Sie mit dem einen Prozent Mehrwertsteuer nicht leben. ({5}) Dann beschließt der Bundestag hier anders, und anschließend tut man so, als habe man das alles gar nicht beschlossen. Dann, Kollege Früh, weist man in Brüssel den Haushalt zurück, und mich prügelt man dafür, daß das geschehen ist. So geht es doch wohl nicht. Dann sagt man, wir tun zuwenig für Europa. Aber ich werde gescholten, wenn ich dann einen Kompromiß eingehe. Da soll ich z. B. bei den Fischregelungen - Herr von Geldern ist jetzt gegangen; das tut mir leid - Quoten durchsetzen, wahrscheinlich mit der Maschinenpistole. Da muß ich wohl zuerst die anderen erschießen und sagen: Die Quote, die ich will, muß realisiert werden. Und das nennt sich dann europäische Verständigung! ({6}) Ich habe das jetzt überspitzt. Aber so geht es nicht, liebe Freunde. Man muß doch politische Realitäten und Fakten ein kleines bißchen in die Betrachtung einbeziehen. Trotzdem kann man dann als Opposition hart kritisieren. Man muß aber die Realitäten anerkennen. Damit komme ich zum letzten Punkt, der Milch. Ich will gleich sagen, womit ich überhaupt nicht einverstanden bin. Der Kollege Schröder hat ja gesagt, da gebe es ein Konzept des Bauernverbandes. Darauf komme ich noch zurück. Ich habe hier eine Fotokopie aus dem „Spiegel''. Da wird der Präsident des Deutschen Bauernverbandes gefragt, wie er sich das mit der Überschußproduktion denkt. Dazu sagt er: Da muß man richtig rangehen; für die echte Überproduktion müßte der Preis halbiert werden. Ich sage Ihnen: Das will ich nicht, das geht mir zu weit. Sie sehen, ich will da mehr als der Präsident des Bauernverbandes. Aber dann darf man auch in Briefen nicht so tun, als habe man das im „Spiegel" nicht so gesagt. ({7}) Auch das gehört mit zu dem Thema intellektuelle Redlichkeit. Sie haben gesagt, ich hätte mich nie geäußert. Im Gegenteil: Ich habe mich klar genug geäußert. Ich sage immer: Am Ende muß ich einen Kompromiß machen. Bergbauerngebiete bleiben frei. Der Vorschlag der Kommission für benachteiligte Gebiete, bei den ersten 60 000 kg weniger zu machen, findet meine Zustimmung, beispielsweise 1 % bis 1,5 %. Darüber hinaus meinetwegen Anhebung bis zu 2,5 %, wobei ich immer wieder sage: das läßt sich dann immer noch um Zehntel ausbalancieren. Dann habe ich folgendes ganz neu in die Diskussion hineingebracht, meine Freunde; das nehme ich für mich in Anspruch. Wer mehr als 12 000 kg pro Hektar abliefert, muß meinetwegen 4 oder 5 % zahlen. Das ist nämlich die einzige Waffe gegen die Ausuferung der bodenunabhängigen Milchproduktion; nur dadurch kann man bremsen. ({8}) Wenn ich Bauernverbandspräsident wäre - was ich nicht bin und was ich nicht werden will; damit ich hier nicht mißverstanden werde -, dann würde ich meinen Landwirten die Empfehlung geben: Verfüttert in der nächsten Zeit 5 % weniger Kraftfutter! Das wäre die einfachste, die unbürokratischste, aber die hilfreichste Methode. Dann wird der Milchpreis viel flexibler im Interesse der Erzeuger. ({9}) Das sage ich, damit Sie sehen, ich denke auch über einfache Methoden nach. Aber ich gebe zu, das Leistungsstreben in der Landwirtschaft läßt das oft nicht zu. Ich will mich auch nicht einmischen. Aber ich möchte sagen: hier würde eine solche Bremse sehr schnell helfen. Das ist ein ganz ernstes Problem. Deshalb ist es auch für mich sehr wichtig. Natürlich muß ich hinzufügen - bei dieser Wichtigkeit -, daß die Holländer und Briten total dagegen sind. Dabei will ich mich noch gar nicht exakt an die 12 000 binden, da bin ich sehr flexibel; ich gebe immer nur Orientierungsdaten. ({10}) Ich sage, das halte ich für eine ganz wichtige Sache, wenn das gelänge. Dann würde ich sagen, hier sei eine vernünftige Lösung gefunden worden. In dem Zusammenhang muß ich folgendes sagen. Ich schicke Ihnen gern einmal einen Wochenbericht aus meinem Ministerium über die Molkereien, weil so oft gesagt wurde: All das, was gemacht worden ist, hat ja nichts bewirkt. Dem ist nicht so. Daß z. B. ein Land wie Schleswig-Holstein eine geringere Milchanlieferung gegenüber dem Vorjahr hat, ist kein Zufallsprodukt. Denn dort machen sich die strukturellen Veränderungen und die Abschlachtprämien, der Rückzug aus der Milch - strukturbedingt - frühzeitig bemerkbar. Ähnliches gilt für Nordrhein-Westfalen. Es ist auch nicht so, daß die Hauptproduzenten der Überschußmilchmenge im Norden liegen. Das spricht übrigens gegen die Superabgabe. Denn wenn die Superabgabe, so wie die Kommission sie vorgeschlagen hat, Wirklichkeit würde, müßten die Schleswig-Holsteiner keine Abgabe zahlen, aber Baden-Württemberger und Bayern müßten sie zahlen. Ich will das hier aber nicht vertiefen. Ich kann den Ausführungen des Kollegen Bayha voll zustimmen. Vieles war identisch mit meiner Rede, auch mit meinem Programm auf diesem Sektor. Zwei oder drei wichtige Faktoren der 80er Jahre werden für die gesamte Gesellschaft - unabhängig von der Erhaltung des Friedens -, aber auch für die Orientierung der Menschheit von großer Bedeutung sein, auch für die Aufrechterhaltung der Freiheit. Das ist erstens, daß wir durch die Energieverteuerung nicht in ein totales wirtschaftliches Ungleichgewicht und somit natürlich gezwungenermaßen in einen weltweiten Protektionismus zurückfallen. Das wäre das Gefährlichste, was eintreten könnte. Zweitens ist es der Umstand, daß wir durch die Energieverteuerung allein - ich spreche gar nicht von den politischen Auswirkungen von Afghanistan und Iran - in die Lage versetzt werden, unsere Volkswirtschaften leistungsfähig und stabil zu erhalten, daß wir nicht der weltweiten Inflation und somit der Arbeitslosigkeit zum Opfer fallen. ({11}) Das liegt auch im Interesse der Landwirte. Drittens stimmen sicherlich alle Angaben - ich habe mir dieses Wort sehr wohl überlegt - von der Welternährungsstrategie in meiner Rede. Das Wort wurde übrigens zum erstenmal bei der OECD vorgebracht. Die Agrarproduktivität wird weltweit rückläufig sein, und zwar unterschiedlich von der Energieabhängigkeit. Dann wurde die Frage gestellt, welche Konzepte es gibt. In meinem Haus gibt es nicht nur ein ganzes Konzept, sondern wir haben auch eine Reihe von Pilotprojekten angelegt. Wir können uns glücklich schätzen, daß wir ein so stabiles Land sind, daß wir noch unverändert die härteste Währung haben, obwohl der Dollar angezogen hat. Ich bin darüber gar nicht so traurig. ({12}) Ich bin sehr traurig über die Prime Rate in den Vereinigten Staaten. - Gar nicht traurig bin ich über die Entwicklung der Leistungsbilanz, Herr Glos, weil damit natürlich die Forderungen an uns geringer werden. Wir kamen bei unserer positiven Leistungsbilanz ja geradezu in einen permanenten Druck. Der wird jetzt etwas abnehmen. Mich wundert im übrigen, wie die Leute alle ihr Schiffchen herumwerfen. Da kann man manchmal gar nicht schnell genug lachen. Vor vier Wochen hat man über den Dollarverfall geklagt und gesagt, das sei ganz schlimm. ({13}) Jetzt zieht der Dollar an, und auch das ist wieder ganz schlimm. Da kann ich nur sagen: Diese Leute haben doch offensichtlich eine sehr schnell wechselnde Vernunft. ({14}) - Ich spreche allgemein. Warum fühlen Sie sich betroffen? Ich darf doch wohl zu dieser wichtigen Frage noch etwas sagen, nämlich zu der Frage, ob sich der Dollar weltweit stabilisiert. Das ist eine wichtige Frage für die Weltagrarproduktion, für die Weltwirtschaft und für den Weltagrarhandel. Deshalb darf ich doch hier wohl darüber reden. ({15}) Oder darf ich hier nur über den Hühnerkot reden? ({16}) - Ich habe Ihnen doch gar nichts vorgeworfen. Ich sage nur: Ich lese und höre das. Aus der Bemerkung von Herrn Glos - um es sehr genau zu nehmen - zu dem Leistungsbilanzdefizit habe ich geschlossen, daß er die Stabilisierung des Dollars bedauert. Weil der Dollar höher bewertet wird, werden unsere Ausgaben für Importe steigen. Die Importpreise werden höher werden, was negativ zu bewerten ist. Aber alles kann man nicht haben; jede Medaille hat zwei Seiten. Ich habe also aus dem Zwischenruf von Herrn Glos geschlossen, daß er die Stabilisierung des Dollars bedauert. Wenn er das nicht meint, dann habe ich ihn falsch verstanden. Aber sein Zuruf muß von einem wirtschaftlichen Kenner so gedeutet werden. Wenn wir also wissen, daß die Agrarproduktivität in der Welt eher nachläßt, als daß sie gesteigert werden kann, werden wir in der Tat weltweite Anstrengungen mit folgenden Zielen unternehmen müssen. Erstens. Wir dürfen den Hunger in der Welt nicht zu einem zentralen politischen Konfliktstoff werden lassen. Zweitens. Wir werden alles tun müssen, daß unsere Ressourcen weltweit gesichert bleiben und wir nicht zu noch größeren Umweltzerstörungen in der Dritten Welt kommen, etwa durch Raubbau im Urwald und ähnliches mehr. Drittens. Wir werden unser Agrarkonzept langfristig möglicherweise korrigieren müssen. Hier bin ich durchaus der Meinung, daß die Europäische Gemeinschaft möglicherweise verpflichtet ist, sich langfristig an einer internationalen Getreidehilfe mehr und aktiv zu beteiligen. Das wird sicherlich eine zentrale politische Aufgabe sein. Grenzen bestehen allerdings in der Nahrungsmittelhilfe, vor allem, soweit es um Butter geht. Bei Magermilchpulver ist es zwar etwas leichter, aber nicht so leicht, wie manche Leute es sich machen. Ich habe versucht, es wegen der fortgeschrittenen Zeit so kurz wie möglich zu machen. Ansonsten wäre ich gern noch auf andere Dinge eingegangen. - Ich darf mich sehr herzlich bedanken. ({17})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Früh.

Dr. Isidor Früh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000609, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mir vorstellen, mit welchem Unmut Sie registrieren, daß hier noch einige Minuten angehängt werden sollen. Aber ich werde Sie nur mit einigen ganz kurzen Anmerkungen aufhalten, jetzt nach Hause zu fahren. Zunächst, Herr Minister - das gestatten Sie mir -, zu dem Schlenker betreffend Baden-Württemberg, zu dem ländlichen Regionalprogramm und der Crailsheimer Ecke: Sie waren vielleicht vor zwei Jahrzehnten in dieser Ecke, aber wenn Sie jetzt dorthin kommen, so stellen Sie fest: Baden-Württemberg ist das Land mit den meisten Industriearbeitsplätzen und der wohl besten Regionalstruktur. Wenn es nicht so wäre, wäre es sicherlich nicht das Land, das beim Finanzausgleich in der Bundesrepublik am meisten zahlt. Damit, glaube ich, können wir dies abhaken. Es ist hier nicht meine Aufgabe, nachzuhaken, sondern ich habe, glaube ich, etwas sehr Wichtiges zu tun, was vielleicht in den nächsten Wochen eine Rolle spielen wird, nämlich die Rolle des Europäischen Parlaments in dieser Agrarpolitik noch einmal hervorzuheben. Es ist gesagt worden - das muß ich hier richtig stellen -, dieses Parlament hätte den Haushalt wegen der Agrarpolitik zurückgewiesen. Ich will hier keine Legendenbildung, daher muß eines klargestellt werden: Dieser Haushalt ist - vielleicht haben einige Leute, die von diesem Parlament bisher eine andere Meinung hatten, plötzlich gemerkt, daß man dort auch Einfluß hat, insbesondere was die Finanzen angeht - aus viererlei Gründen zurückgewiesen worden, jedenfalls nicht wegen der Agrarpolitik allein. Herr Lange als Chef des Haushaltsausschusses würde das, wenn er hier wäre, sofort bestätigen. Der Haushalt ist u. a. wegen der ungerechtfertigten Kürzung der nicht obligatorischen Mittel durch den Rat zurückgewiesen worden. Der Herr Minister weiß ganz gut, daß der Rat mit diesem Parlament mehr als bisher rechnen muß. Ich glaube, wenn man in der letzten Nacht besser aufeinanderzugegangen wäre - Sie nicken mir zu, Herr Minister; ich bedanke mich dafür -, hätten wir im letzten Jahr einen Haushalt bekommen und hätten viele Schwierigkeiten nicht. Das Zweite: Der Entwicklungsfonds der Europäischen Gemeinschaft wird in diesen Haushalt einbezogen. Das ist doch eine Sache, die geregelt werden muß. Das Dritte: Die Anleihen und Darlehensoperationen der Europäischen Investitionsbank müssen einbezogen werden. Jetzt kommt der vierte Punkt: auch die Agrarkosten. Es ist aber nicht so, wie es Herr Zumpfort hier dargelegt hat, nämlich daß man gesagt habe: Da muß dringend etwas geschehen; die Agrarpolitik muß geköpft werden; sonst führt das zum finanziellen Desaster. Nein. Der Herr Minister und seine guten Leute sind viel klüger. Er hat in seiner Einführungsrede gesagt - und das ist richtig -, daß das Europäische Parlament gefordert hat, den Kostenanstieg in der Agrarpolitik zu dämpfen. Das ist kein finanzpolitisches Desaster der Agrarpolitik. Das muß zur Rechtfertigung dieser Agrarpolitik deutlich gesagt werden. Wer hier das Parlament anklagen will, der soll ihm eher danken, daß es, direkt gewählt - das ist eine gefährliche Sache; das wissen Sie -, den Mut besessen hat, hierauf einmal den Finger zu legen und richtig zu tippen in dem Willen den Kostenanstieg zu dämpfen. Warum ist mir das so wichtig? Aus folgendem Grund. Es wird jetzt eine neue Debatte losbrechen. Dieses Europäische Parlament hat ja in seinem agrarpolitischen Ausschuß unlängst einen Beschluß gefaßt, der, wie so manche sagen, meilenweit von den Realitäten entfernt ist und das Parlament unglaubwürdig macht. Im Dezember - sagen die Leute - beschließen die, daß der Haushalt wegen der Agrarkosten zurückgewiesen wird; jetzt macht die Kommission einen Vorschlag über durchschnittlich 2,4 %; und die empfehlen der Vollversammlung für die Sondersitzung in der nächsten Woche, 7,9% anzuvisieren. Sind die denn von allen guten Geistern verlassen? Dazu muß man doch etwas sagen. Ich hätte es sehr begrüßt, wenn hier von der Regierungsseite etwas mehr gekommen wäre, um diesen Widerspruch aufzulösen. Denn mit diesem Widerspruch gehen viele in den Landen herum und wollen damit auch die Agrarpolitik der Opposition mit Preisen ad absurdum führen, die sich an der objektiven Methode, also der Kostensituation, orientieren. Deshalb ist es wichtig, eines hinzuzufügen: Wieviel macht ein Prozent aus? Ich weiß, das sind fixe Zahlen: 150 Millionen Rechnungseinheiten. Dann rechnet man. Dann ist man schnell bei einer Milliarde. Es ist nicht wahr. Wir haben die Kommission im Agrarausschuß gelöchert. Da sind sie von 150 Millionen auf 140 gegangen. Dann haben sie gesagt: Wenn die Preise erhöht werden, wird auch etwas eingenommen. Dann waren sie bei 90. Dann haben sie gesagt: Für das Haushaltsjahr 1980 bleiben noch 32 Millionen übrig, weil ja viele Beschlüsse erst ein halbes Jahr oder ein Vierteljahr später anlaufen. Das ist die reale Zahl, mit der hier zu rechnen ist: 32 Millionen pro Prozent für das Haushaltsjahr 1980. Jetzt brauche ich das ja nicht weiterzuführen. Das kann man sehr gut ausrechnen. Herr Immer, in der Gesamtschule lernt man das ja sehr gut; da kann man das wissen. Herr Staatssekretär, lieber Kollege Gallus: Wenn wir durch die Lande ziehen, sind wir uns manchmal in vielen Dingen einig. ({0}) Da wundern sich manche Leute. Aber auch das muß ich Ihnen sagen: Im Landtagswahlkampf - ich war nicht dort; ich kann nicht in Ihre Versammlungen gehen ({1}) - Nein. Ich habe gelesen - das sollten Sie wissen; das muß man ja lesen; das steht ja darüber-, daß Sie in Kirchen in meinem Wahlkreis - deshalb muß ich ja darauf eingehen - gesagt haben: 2,5 % wären rea16780 listisch; die Opposition solle den Leuten keinen Sand in die Augen streuen; man sei an der oberen Finanzgrenze; das eine Prozent - - Das ist alles hier schon gesagt worden. Im Hinblick auf die vorgerückte Zeit zitiere ich nur. Das sollten Sie wirklich wissen. ({2}) - Na bitte 1 ({3}) - Herr Wehner, Sie dürfen sicher sein: Das werden wir vielleicht heute noch tun, in Baden-Württemberg ganz bestimmt. Mir geht es nur darum, die politisch nicht ganz kluge Haltung des Herrn Staatssekretärs darzulegen, die er einnahm, als er sagte, das sei die äußerstmögliche Grenze, weil der Finanzrahmen - ({4}) Ja, gut; natürlich. Aber Sie haben 2,5 % als politisch möglich dargestellt. Jetzt muß ich Sie loben. Sie haben hinterher etwas sehr Kluges gesagt. ({5}) - Ja, hinterher. Wir sind uns völlig einig, wenn Sie ausführen, daß diese Agrarpolitik viele andere zusätzliche Kosten zu tragen habe. Dann haben Sie von AKP-Zucker, von Neuseeland-Butter, von der Nahrungsmittel-Hilfe und vom Währungsausgleich, den wir nicht zu tragen haben, gesprochen. Jetzt kommt mein entscheidendes Wort. Hierin sind wir uns völlig einig, nur habe ich im Europäischen Parlament gefordert, das alles vom Agrartitel abzuziehen. Dann sind wir bei den Agrarausgaben bei einem Anteil von 42 % am Europäischen Haushalt und nicht bei 70 %. Aber das Bezeichnende ist: Während mir die CD-Fraktion im Europäischen Parlament dabei voll zustimmt, ist fast die gesamte Sozialistische Fraktion gegen die Wahrheit und Klarheit im Haushalt. Sie sind gespalten. So ging dieser Antrag unter. Das ist doch die Realität der Agrarpolitik im europäischen Rahmen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, nach unserer Geschäftsordnung soll der Redner, nachdem die Regierung geredet hat, noch einmal die abweichende Meinung hier darstellen. Angesichts der Kürze der Zeit darf ich Sie im Interesse des Hauses herzlich darum bitten, zum Schluß zu kommen.

Dr. Isidor Früh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000609, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin, ich bedanke mich sehr. Ich bin voll mit dem einverstanden, was Sie sagen. Ich hoffe, Sie verstehen meine schlimme Situation, am Ende einer solchen Debatte noch etwas zu sagen. Ich bedaure, daß Herr Dr. Schmidt ({0}) nicht hier sein kann, weil er krank ist. Aber ich richte die große Bitte an ihn - ich verlasse dieses Haus am Ende dieser Legislaturperiode -, das zu verwirklichen, was ich für dringend notwendig halte, nämlich die Bitte, darauf hinzuwirken, daß das nationale Parlament, das europäische Parlament und die Ausschüsse mehr miteinander kooperieren und mehr Kontakt miteinander halten. Ich habe den Eindruck - ich bedaure das -, daß viele auf der sozialistischen Seite des Parlaments die Vorstellung haben, Agrarpolitik sei eine unanständige Veranstaltung zur Ausbeutung der Verbraucher. So stellt sich das manchmal dar. Ich würde es begrüßen, wenn ich wieder einen solchen Kollegen wie Herrn Frehsee hätte, mit dem ich jahrelang gut zusammengearbeitet habe. Jetzt habe ich viele kommen und gehen sehen, ohne daß sie sich auch nur eingearbeitet hatten. Ich bitte darum, daß diese enge Zusammenarbeit zwischen den Instrumenten, den Parlamenten und den Ausschüssen zum Wohle der deutschen und der europäischen Landwirtschaft und auch der Menschen in der Welt, die Hunger leiden, verbessert wird. ({1})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung des Agrarberichts 1980 auf den Drucksachen 8/3635 und 8/3636 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Haushaltsausschuß - mitberatend - vor. - Dem wird nicht widersprochen. Uns liegt noch ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf der Drucksache 8/3822 vor. Auch er soll an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen werden. - Auch hiermit ist das Haus einverstanden. Meine Damen und Herren, ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 16. April 1980, 13 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.