Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Wir treten ein in die
Fragestunde
- Drucksache 8/3573 Die Fragen i und 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und
Wissenschaft. Ich begrüße dazu den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Engholm.
Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Lattmann auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherigen Erfahrungen mit den Modellversuchen für Künstler an Schulen, insbesondere im Bereich der darstellenden und bildenden Künste, und welche Projekte sind entsprechend für Schriftsteller an Schulen vorgesehen?
Herr Kollege Lattmann, seit Februar 1977 wird das Modellversuchsprogramm „Künstler und Schüler" in Schulen von mehr als 20 Orten in den Ländern Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Nach Ablauf der ersten Versuchsphase lassen sich folgende Erfahrungen und Ergebnisse formulieren:
Die Modellversuchsarbeit ist insgesamt als Beitrag zur inhaltlichen Bereicherung der Schule zu werten. Die beteiligten Künstler haben spontan Zugang zu den Schülern gefunden. Das Angebot der Künstler und ihrer Methoden ist von den Schülern positiv aufgenommen worden. Das Sozialverhalten der beteiligten Schüler ist besser geworden. Die Integration von Außenseitern in der Schule wurde erleichtert. Die. Kooperationsfähigkeit hat sich verstärkt. Die Schüler sind motiviert. Sie beteiligen sich stärker am Unterricht und entwickeln neue Interessen, und dies auch außerhalb der Schule. Zugleich wird mit dem Modellversuchsprogramm ein neues Tätigkeitsfeld für Künstler erschlossen.
Nach den positiven Erfahrungen sind jetzt auch Modellversuche denkbar, die die Zusammenarbeit von Schriftstellern und Schülern fördern. Es gibt hierzu bereits vereinzelte Ansätze, z. B. in Nordrhein-Westfalen, aber auch darüber hinaus. Die Bundesregierung wird eine entsprechende Anregung in die Verhandlungen mit den Ländern über eine zweite Phase eines solchen Modellversuchs einbringen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lattmann.
Herr Staatssekretär, ich bedanke mich für diese Information und frage Sie, ob Sie speziell über die Ansätze der Modellversuche im Bundesland Nordrhein-Westfalen noch eine ergänzende Information geben können.
Es wäre nötig, darauf hinzuweisen, daß es sehr lobenswerte Bemühungen der „Landesarbeitsgemeinschaft Jugend und Kultur” in Nordrhein-Westfalen. gibt, ebenso entsprechende Ansatzpunkte bei dem Förderzentrum mit dem Titel „Jugend schreibt". Es gibt aber auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen einige allerdings bescheidene Ansätze, so etwa im FriedrichBödecker-Kreis in Hannover. Aber hier wäre in der Aufzählung auch das zu berücksichtigen, was in den Schulen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels passiert.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lattmann.
Herr Staatssekretär, ich habe gehört, daß es auch spezielle Überlegungen und Modellversuche im Bereich Schriftsteller und Bildungsplanung gibt. Können Sie dazu ergänzend noch eine Information geben?
Ja, es gibt eine sehr konkrete Grundlage für die Möglichkeit, daß Schriftsteller im Bildungs- und damit auch im Schulbereich arbeiten, im Ergänzungsplan zum Bildungsgesamtplan unter dem Titel „Musisch-kulturelle Bildung". Dies ist auch die Grundlage, auf der wir mit den Ländern über weitere Möglichkeiten reden und verhandeln werden.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, gibt es über diese Erfahrungen, über die Sie uns berichtet haben, Berichte der Länder, und könnten Sie uns die gegebenenfalls zur Verfügung stellen, damit man etwas mehr über die Detailfragen erfahren kann?
Es gibt eine Reihe von ausführlichen Berichten. Der Bildungsminister hier in Bonn selber hat eine sogenannte Werkstattstudie darüber veröffentlicht. Ich glaube, daß die Zustimmung der Länder nach den positiven Erfahrungen, die gemacht worden sind, völlig unzweifelhaft ist. Interessenten hier im Hause können wir jederzeit entsprechendes Material zur Verfügung stellen.
Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Die Frage ist beantwortet.
Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Lattmann auf:
Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung vor, wie öffentliche Bibliotheken aller Bereiche stärker als bisher für verhältnismäßig bildungsferne Bevölkerungsgruppen benutzt werden können, insbesondere auch für ausländische Arbeitnehmer und ihre heranwachsenden Kinder?
Herr Kollege Lattmann, auf Grund seiner Projektförderung über das deutsche Bibliotheksinstitut konnte das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft eine Reihe von Erfahrungen darüber sammeln, wie bildungs-und leseungewohnte Bevölkerungsgruppen stärker als bisher an die öffentlichen Bibliotheken herangeführt werden können. So wissen wir zum Beispiel, daß die Ausstattung der Bibliotheken entscheidend dafür ist, ob diese Bevölkerungsgruppen ihre Schwellenangst überwinden; daß deshalb insbesondere auch die Buch- und Medienbestände, die traditionell immer noch weitgehend auf den Bedarf bildungsgewohnter Mittelschichten zugeschnitten waren, mehr auf die Bedürfnisse der Bibliotheksungewohnten zugeschnitten werden müssen; daß sachkundige und engagierte Beratung und Information durch ein entsprechend ausgebildetes Personal ebenfalls Voraussetzung für einen verstärkten Zugang sind.
Dies ist in den letzten Jahren in zunehmendem Maße erkannt und auch umgesetzt worden. Wir wissen inzwischen, daß der Einsatz mobiler Fahrbibliotheken besonders geeignet ist, bibliotheksungewohnte Zielgruppen zu erreichen und anzusprechen. So wurde u. a. in der Stadt Duisburg untersucht, inwieweit ausländische Arbeitnehmer durch den Einsatz von Fahrbibliotheken gewonnen werden können, das Bibliotheksangebot stärker als bisher zu nutzen. Ausländer haben dies in der Vergangenheit fast gar nicht genutzt. Das Modell hat sich als außerordentlich erfolgreich erwiesen und gilt bundesweit als Vorbild. Die Erfahrungen aus den Ausländerprojekten zeigen allerdings, daß sprachkundige und fachlich besonders vorbereitete Mitarbeiter für die Durchführung dieser neuen Aufgabe der Bibliothek unerläßlich sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lattmann.
Herr Staatssekretär, könnten Sie diese Information noch etwas differenzieren, was die Ausländerprojekte anlangt, und gibt es dabei auch unterschiedliche Erfahrungen in unterschiedlichen Bundesländern?
Ich sollte vielleicht ganz kurz auf drei Projekte hinweisen, die das Bildungsministerium in Bonn gemacht hat.
Erstens der Versuch einer Literaturversorgung für ausländische Arbeitnehmer. Dieser Versuch ist 1979 abgeschlossen worden. In diesem Projekt ist versucht worden, durch Information und Werbung in fünf unterschiedlichen Muttersprachen an unterschiedlichen Orten die völlig bibliotheksferne Gruppe der Ausländer zu erreichen und ihnen durch eine muttersprachliche Ausstattung der Bibliotheken den Zugang zu ermöglichen.
Zweitens wäre noch einmal auf das zu verweisen, was ich bereits erwähnt habe: die mobile Bibliotheksversorgung, etwa am Beispiel der Stadt Duisburg.
Wir entwickeln aus diesen beiden ersten Ansätzen zur Zeit ein neues Modell, das den Arbeitstitel „Mobiles Informationszentrum" trägt und im Unterschied zu der mobilen Fahrbibliothek künftig nicht nur Bücher, sondern auch weitere Medien vorrätig hält. Wir werden mit diesem mobilen Informationszentrum auch vor Ort Informationsveranstaltungen in mehreren Muttersprachen der ausländischen Arbeitnehmer machen. Die Erfahrungen sind unabhängig davon, wo diese Versuche stattfinden, außerordentlich gut, weil überall erkannt wird, daß dies der einzige Weg ist, gerade Ausländern den Schritt zur Benutzung unserer Bibliotheken zu erleichtern.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Kollege Lattmann.
Herr Staatssekretär, gibt es, ergänzend zu diesen Projekten, speziell für Ausländer noch weitere Projekte, die die Bundesregierung betreibt, um im Bibliotheksbereich anderen benachteiligten Gruppen zu helfen?
Auch diese Frage kann man bejahen. Es ist eine wesentliche Aufgabe auch der Bibliotheksfachdiskussion der letzten Jahre, Wege zu finden, Bevölkerungsgruppen, die traditionell den Weg in die Bibliothek nicht finden konnten, diesen Weg zu erleichtern. Ich verweise in diesem Zusammenhang der Kürze wegen nur auf das Projekt unter dem Titel „soziale Bibliotheksarbeit", in dem es gelungen ist, ein umfassendes Konzept für Behinderte, die erhebliche Schwierigkeiten haben, sowie für hausgebundene und alte Menschen zu entwickeln. Wir werden auf diesem Gebiet weiterarbeiten, etwa in Projekten zum Bibliotheksbau, zur Öffentlichkeitsarbeit, zur Präsentation der Bibliotheken, weil es ein ganz traditionelles Anliegen des Bildungsministers ist, gerade jenen zu helfen, die bisher aus unterschiedlichen Gründen diese Chance nicht haben nutzen können.
Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Dazu begrüße ich den Parlamentarischen Staatssekretär Grüner.
Die Fragen 4 und 5 des Abgeordneten Wolfram ({0}) und die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Immer ({1}) werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Dr. Voss auf:
Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung in den Jahren 1978 und 1979 ergriffen, um eine Umstellung vom Energieträger Öl auf den Energieträger Kohle zu beschleunigen?
Der Kohleverbrauch in der Bundesrepublik ist nach einem erheblichen Rückgang im Jahre 1975 gegenüber 1974 seit 1976 laufend und 1979 stark gestiegen. Konjunktur und Witterung im letzten Jahr, aber auch die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der Kohle im Vergleich zum 01 waren für diese Entwicklung maßgebend. Die Kohlepolitik der Bundesregierung ist schon seit Jahren darauf gerichtet, soweit möglich eine Substitution des Mineralöls durch Kohle zu bewirken.
Das wichtigste Instrument hierzu waren und sind die Verstromungsgesetze, insbesondere das Dritte Verstromungsgesetz. Durch diese Verstromungsregelung ist es gelungen, den Ölanteil im Bereich der Kraftwirtschaft auf unter 9 % zurückzudrängen. Für den Bereich der Stahlindustrie hat die Kokskohlenbeihilfe auch die Funktion, den Ölanteil im Hochofen möglichst gering zu halten.
Auch im Bereich der übrigen Industrie und im Sektor Haushalt und Kleinverbrauch ist die Kohle nach den Entwicklungen auf dem Ölmarkt im Verlauf des letzten Jahres wieder attraktiver geworden. Um diesen Prozeß insbesondere in den energieintensiven Branchen zu fördern, hat die Bundesregierung im September 1979 das Importkontingent für Drittlandskohle um 1,1 Millionen Tonnen per annum für die Jahre 1977 bis 1981, d. h. bis zum Ende der derzeit geltenden Kohleimportregelung, ausschließlich für die .Ölsubstitution in Industrie und Kleingewerbe erhöht. Die Bundesregierung sieht darin einen wichtigen Anreiz zur Umstellung von 01 auf Kohle. Die Entscheidung selber muß selbstverständlich den Unternehmen überlassen bleiben.
Von besonderer Bedeutung für die längerfristige Verdrängung von 01 durch Kohle ist die Entwicklung neuer Verwendungstechnologien. Hier fördert die Bundesregierung unter Einsatz öffentlicher Mittel Pilotanlagen sowohl für die Wirbelschichtfeuerung als auch für die Kohlevergasung und -verflüssigung. Ein Programm zur großtechnischen Produktion von 01 und Gas aus Kohle hat der Bundeskanzler am 4. Juli 1979 angekündigt. Die Bundesregierung wird nach eingehenden Beratungen in Kürze über ein entsprechendes Programm entscheiden.
Viezpräsident Leber: Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Voss.
Herr Staatssekretär, vermögen Sie mir zu sagen, welche der Maßnahmen, die die Bundesregierung jetzt in Angriff genommen hat, auf den Anregungen und Forderungen beruhen, die bereits im Jahre 1973 anläßlich der damaligen Energiekrise in diesem Hause gemacht bzw. aufgestellt worden sind, beispielsweise in den Reden des jetzigen Kanzlerkandidaten Strauß?
Herr Kollege, die dargestellten Maßnahmen stellen in groben Zügen das Gesamtpaket seit 1973 dar, das ja mit voller Unterstützung des ganzen Bundestages verabschiedet worden ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Voss.
Herr Staatssekretär, da ich das gerne etwas spezieller wissen möchte, darf ich Sie fragen: Wie werden Anregungen und Forderungen, die in diesem Hause immer wieder gemacht bzw. aufgestellt worden sind, von Ihrem Ressort bzw. von der Bundesregierung insgesamt aufgenommen? Geschieht wirklich etwas auf Grund dieser Anregungen und Forderungen oder werden sie, nachdem man sie sich freundlich angehört hat, ad acta gelegt?
Nein, wir nehmen jede Anregung mit außerordentlichem Interesse auf. Ich bin auch gerne bereit, zu Anregungen Stellung zu nehmen, die Sie im Auge haben, die Sie aber nicht konkret bezeichnet haben, falls sie nicht aufgegriffen worden sein sollten.
Viezepräsident Leber: Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, denkt Ihr Haus, was den Kohlebedarf der Privathaushalte anbelangt, auch daran, Maßnahmen zu ergreifen, um Preisentwicklungen in diesem Bereich gegenzusteuern und eine verbesserte Versorgung sicherzustellen?
Herr Kollege, die entsprechenden Fragen zu diesem Thema sind mehrfach Gegenstand der Fragestunde gewesen und beantwortet worden. Es ist ja nicht Sache der Bundesregierung - das liegt auch nicht in ihrer Zuständigkeit -, für die Kohleversorgung der Privathaushalte in der Marktwirtschaft Sorge zu tragen. Wir haben aber mit unserer Gesamtpolitik dafür Sorge getragen, daß Kohle auch für den Privathaushalt zur Verfügung steht, indem wir die Erhaltung der deutschen Kohleproduktion seit vielen Jahren mit Milliarden-Aufwand ermöglicht haben. Das ist der entscheidende Beitrag zur Sicherheit unserer Versorgung durch Kohle.
Herr Kollege Engelsberger, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, verfügt denn die Bundesrepublik überhaupt über ge15796
nügend heimische Kohle, um den Bedarf - bei der Versorgung mit elektrischer Energie, bei der Hydrierung und der Vergasung der Kohle - zu befriedigen? Nach Aussagen der Bundesregierung stehen in der Bundesrepublik pro Jahr maximal nur 100 Millionen Tonnen Steinkohle zur Verfügung.
Herr Kollege, man muß sagen, daß wir kurzfristig ausreichend Kohle zur Verfügung haben. Sie wissen, daß auch heute noch eine beträchtliche Kohlehalde in der Bundesrepublik Deutschland verhanden ist.
Wenn wir mittel- und langfristig einen wesentlich höheren Einsatz von Kohleins Auge fassen, dann allerdings reichen die heimischen Kohlevorräte nicht aus. Wir sind aber glücklich darüber, daß sich die in der Vergangenheit häufig hart umkämpfte Kohlepolitik heute als richtig erweist; denn die Subventionen, die wir in der Vergangenheit zahlen mußten, um unsere Kohleförderung aufrechtzuerhalten, waren vielfacher Kritik ausgesetzt.'
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir überein, daß ein naheliegendes Ziel darin bestehen müßte - noch bevor man Kohle in besonderen Anlagen verflüssigt -, das in Kraftwerken verbrannte Schweröl zu veredeln?
Herr Kollege, grundsätzlich stimme ich mit Ihnen darin überein. Unsere Politik der Verdrängung von 01 speziell in Kraftwerken ist ja, wie ich dargelegt habe, erfolgreich gewesen. Leider läßt sich das nicht überall ermöglichen. Sonst wäre diese Politik noch nachdrücklicher verfolgt worden. Aber schutzwürdige Interessen stehen in dem einen oder anderen Fall entgegen.
Keine weitere Zusatzfrage mehr.
Dann rufe ich Frage 9 - des Herrn Abgeordneten Lenzer - auf:
Wann wird die Bundesregierung das bereits mehrfach angekündigte Kohleveredlungsprogramm vorlegen?
Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär.
Wie in der Regierungserklärung vom 17. Januar 1980 dargelegt, wird die Bundesregierung das Kohleveredelungsprogramm in Kürze beraten und verabschieden. Vorgesehen ist noch ein Termin im Januar.
Nach den Projektvorschlägen der Industrie für das Kohleveredelungsprogramm sollen erste Anlagen zur Vergasung und Verflüssigung etwa Mitte der 80er Jahre in Betrieb gehen. Von diesem Zeitpunkt an können Gas- und Flüssigprodukte aus Kohle einen ersten Versorgungsbeitrag leisten. Dieser Beitrag wird mit der Inbetriebnahme zusätzlicher Anlagen bzw. einzelner Straßen von Großanlagen weiter anwachsen.
Man darf jedoch von der Kohleveredelung keine spektakulären Versorgungsbeiträge erwarten. Bis Ende der 80er Jahre werden Erdgas und Erdöl nur
zu einem geringen Teil durch Kohleveredelungsprodukte ersetzt werden können. Dieser Anteil dürfte rund 3 % des heutigen Verbrauchs nicht übersteigen. Längerfristig wird vor allem auch die Erzeugung von Kohleöl auf billigen Lagerstätten im Ausland mit deutschem Know-how und deutschem Kapital einen spürbaren Beitrag zur Verminderung unserer Erdölabhängigkeit leisten können.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lenzer?
Herr Präsident, ich weiß jetzt nicht, ob der Herr Staatssekretär die Fragen, wie mir scheint, im Zusammenhang beantwortet hat, oder ob sich die Antwort nur auf die Frage 9 bezog.
Ja, entschuldigen Sie, ich habe die Fragen 9 und 10 gemeinsam beantwortet.
Das kam mir nämlich so vor. Ich möchte dann zu Frage 9 zurückkommen, nämlich dem Programm.
Sie haben eine Zusatzfrage.
Ja, Herr Präsident, ich erlaubte mir eben den Hinweis, daß der Herr Staatssekretär die Fragen im Zusammenhang beantwortet hat. Das war mir am Anfang nicht klar.
Ich bitte um Entschuldigung, ich habe versäumt, es vorher anzusagen.
Es war nicht vorgesehen. Ich habe nur die Frage 9 aufgerufen.
Zu Frage 9, Herr Staatssekretär, frage ich folgendes: Können Sie mitteilen, wie die einzelnen Programmschwerpunkte kompetenzmäßig den einzelnen Ressorts der Bundesregierung zugeordnet sein werden?
Herr Kollege, ich möchte vor der Beratung im Bundeskabinett dazu verständlicherweise nicht Stellung nehmen.
Ich möchte Sie trotzdem noch einmal fragen - Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis, zu Frage 9 -, ob Sie bestätigen oder dementieren können, daß das Programm nicht einem einzigen Bundesressort zur Federführung zugeordnet sein wird, z. B. dem Bundesminister für Wirtschaft oder aber dem Bundesminister für Forschung und Technologie.
Herr Kollege, es ist selbstverständlich, daß angesichts der unterschiedlichen Zuständigkeit der beiden Häuser es einen Unterschied macht, ob ich Grundlagenforschung in diesem Bereich betreiben möchte oder ob es z. B. darum geht, angewandte Wirtschaftsforschung in Großprojekte oder Pilotprojekte umzusetzen. Dementsprechend werden die Zuständigkeiten bei diesen Programmen auch unterschiedlich sein.
Keine Zusatzfragen mehr zu Frage 9.
Ich rufe jetzt die Frage 10 auf:
Welcher quantitative Beitrag zur Energieversorgung unseres Landes ist ab Mitte der 80er Jahre zu erwarten, wie dies der Bundeskanzler am 17. Januar 1980 vor dem Deutschen Bundestag erklärt hat?
Ist sie schon mitbeantwortet worden?
({0})
- Sie hatten das allerdings vorher nicht gesagt. - Die Frage ist mitbeantwortet worden.
Herr Kollege Lenzer, Sie haben 'demnach noch zwei Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, im Anschluß an das, was durch die Frage eines anderen Kollegen dieses Hauses zum Ausdruck gekommen war, möchte ich folgendes fragen. Welche Kohlemengen stehen für dieses Programm zur Verfügung, und auf welche Weise sollen sie möglicherweise beschafft werden?
Herr Kollege, dazu ist im Augenblick eine Aussage nicht möglich, da angesichts des riesigen Subventionsbedarfs zur Finanzierung solcher Pilotprojekte und solcher Großprojekte die Entscheidung des Kabinetts Voraussetzung dafür ist, zu den mengenmäßigen Dimensionen eine Aussage zu machen. .
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Lenzer.
Herr Staatssekretär, ich möchte Sie bitten, noch einige Angaben dazu zu machen, welche Rolle der Hochtemperaturreaktor beispielsweise als Erzeuger nuklearer Prozeßwärme in diesem Programm spielen wird.
Herr Kollege, die Bedeutung des Hochtemperaturreaktors für derartige Projekte hat die Bundesregierung immer wieder betont. Sie wird auch in der Kabinettsberatung als eine generelle Entwicklungslinie eine Rolle spielen, aber nicht der zentrale Gegenstand der Beratungen sein können, weil der Hochtemperaturreaktor nicht zur Verfügung steht.
Zu einer Zusatzfrage der Herr Kollege Engelsberger.
Herr Staatssekretär, steht nach Meinung der Bundesregierung genügend Kohle zur Verfügung, so daß man auf den entsprechenden Anteil an Kernenergie verzichten könnte, oder ist nach Meinung der Bundesregierung die Kernenergie unverzichtbar, weil alternative Lösungen - inklusive Kohle - nicht ausreichen, um den Bedarf an elektrischem Strom zu decken?
Die Bundesregierung hat immer wieder deutlich gemacht, daß sie Kernenergie für unverzichtbar hält, aber in der Bundesrepublik Deutschland den Schwerpunkt der Energiepolitik auf die Kohle legt. An dieser Aussage hat sich nichts geändert. In einer mittel- und langfristigen Betrachtung sind die heimischen Kohlevorräte
für das, was in Aussicht genommen ist, nicht ausreichend.
Keine weiteren Zusatzfragen; damit ist Frage 10 beantwortet.
Ich rufe Frage 11 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf:
Haben nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die Handelsbeziehungen zur UdSSR oder zu den RGW-Staaten insgesamt ein Ausmaß erreicht, das eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland von diesen Staaten herbeigeführt hat oder herbeizuführen droht dergestalt, daß im Fall einer Krise z. B. durch Sperrung von Rohöl-und Erdgaslieferungen durch die Sowjetunion die Versorgung der Bevölkerung mit Heizmaterial beeinträchtigt wäre?
Der Anteil der RGW-Staaten an den Primärenergieimporten der Bundesrepublik Deutschland liegt bei etwa 11 %. Die Anteile am Verbrauch liegen für Erdöl bei ca. 2 %, für Erdgas bei 15 % und für Kohle bei 3 %. Ein Ausfall der Lieferungen von 01 und Gas würde - wie jeder entsprechende Ausfall von Lieferungen aus anderen Staaten - nachteilige Folgen für die Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland haben. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß die erwähnten Anteile unterhalb kritischer Abhängigkeitsschwellen bleiben. Beim Gas bestehen darüber hinaus Möglichkeiten, Ausfälle aus der UdSSR durch verstärkte inländische Förderung, durch verstärkten Bezug aus den Niederlanden und durch die Umstellung von Kraftwerken auf andere Energieträger abzufangen. Im übrigen liegt bei der vorhandenen großen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland von ausländischen Energielieferungen eine geographische Streuung des Risikos im Interesse der Versorgungssicherheit.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatssekretär, beabsichtigt die Bundesregierung, die Importe insbesondere an Erdgas, das ja nach Ihrer Darstellung die weitaus bedeutendste Primärenergiequelle ist, wesentlich zu erhöhen, oder wird es in etwa bei diesem Anteil von 15 % bleiben?
Soweit zusätzliche Verträge mit der UdSSR in Frage kommen, handelt es sich um Lieferungen nach 1985. In dieser Zeit wird der Anteil der UdSSR insbesondere wegen neuer Gaslieferungen aus anderen Quellen, z. B. aus Algerien und, wie wir hoffen, aus Norwegen, ohnehin zurückgehen. Konkrete Angebote für zusätzliche Erdgaslieferungen aus der UdSSR werden zu gegebener Zeit im Rahmen des dann vorhandenen Gesamtbildes zu beurteilen sein.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatssekretär, können Sie auch die Gefahr ausschließen oder weitgehend ausschließen, daß in diesem Bereich unter Ausnutzung von Abhängigkeiten dadurch politischer Druck ausgeübt wird, daß konkurrierende Lieferanten in einen gegebenenfalls möglichen Liefer15798
Jäger ({0})
stopp mit einbezogen werden könnten? Ich nenne nur das Stichwort „Algerien".
Herr Kollege, wir haben nach den bisherigen Erfahrungen keinerlei Anlaß, an der Vertragstreue der Sowjetunion zu zweifeln. Das ist auch in schwierigen Situationen immer wieder unter Beweis gestellt worden. Allerdings könnten Wirtschaftsboykottmaßnahmen, wenn sie zum Gegenstand der politischen Auseinandersetzung werden sollten, keine der von Ihnen angedeuteten Gefahren ausschließen.
Keine Zusatzfrage mehr?
Dann rufe ich Frage 12 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf:
Welche für die deutsche Wirtschaft anderswo nicht oder nur schwer beziehbaren Rohstoffe, insbesondere welche Erze und Metalle, werden aus der UdSSR bezogen, und welcher Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist nach Auffassung der Bundesregierung hierdurch gegenüber der UdSSR entstanden?
Für die fünf sensibelsten Rohstoffe mit hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung und Bezugsrisiken, nämlich Mangan, Chrom, Vanadium, Kobalt und Asbest, bereitet die Bundesregierung gegenwärtig ein Programm zur Unterstützung der Rohstoffbevorratung der deutschen Wirtschaft vor.
Von den vier Metallen dieses Programms wird in nennenswertem Umfang lediglich Chrom auch aus der Sowjetunion bezogen, und zwar in Form von Chromerzen - der Lieferanteil beträgt etwa 5 % - und von Ferrochrom einer bestimmten Qualität, wobei der Lieferanteil bei 23,3 % liegt. Dabei ist anzumerken, daß Ferrochrom für die deutsche Wirtschaft nicht zu den anderswo schwer beziehbaren Rohstoffen gehört.
Als anderswo als aus der UdSSR nur schwer beziehbares Metall ist lediglich Palladium anzusehen. Hier entfallen 43 % der deutschen Direktbezüge auf die UdSSR. Die Sowjetunion ist im Weltmaßstab nach Industrieangaben mit etwa 70% auch der wichtigste Produzent. Bei diesem Produkt besteht sicherlich eine gewisse Abhängigkeit, auch wenn in Teilbereichen zumindest längerfristig Umstellungsmöglichkeiten zu sehen sind.
Bei Platin, dem Hauptmetall dieser Gruppe, ist die Abhängigkeit wesentlich geringer. Auf die Sowjetunion entfallen nach Indistrieangaben hier nur 30% der Weltproduktion. Die deutschen Direktbezüge aus der UdSSR beliefen sich auf 12 % der deutschen Gesamteinfuhren. Die Einfuhrabhängigkeit wird bei Platinmetallen aber durch hohe Rückgewinnung gemindert.
Generell sind bei Erzen und Metallen die deutschen Bezüge stark gestreut. Die Lieferanteile der UdSSR betrugen 1979 bis einschließlich Oktober im Regelfall bis 10% oder lagen knapp darüber. Eine stärkere Einfuhrabhängigkeit aus der UdSSR besteht lediglich noch bei Titan, roh ({0}), und bei Molybdän, roh ({1}) ({2}). Es liegen aber keine Anzeichen dafür vor, daß es sich bei diesen Metallen um anderswo schwer beziehbare Rohstoffe handelt. Unbeschadet dessen gilt allerdings, daß auch bei Bezugsanteilen in den vorgenannten Größenordnungen ein plötzlicher Ausfall von Lieferungen Anpassungsschwierigkeiten mit sich bringen würde, die zu Preissteigerungen führen könnten.
Bei Asbest, dem einzigen Nichtmetall des Bevorratungsprogramms, ist der Lieferanteil der UdSSR bei bestimmten Gradierungen 10%. Kurzfristig ist hier weder eine Substitution der Bezugsquellen noch des Rohstoffs bei der Verwendung möglich.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatssekretär, für welchen Zeitraum ist nach dem heutigen Stand des Bevorratungsprogramms der Bundesregierung mit einer Absicherung der deutschen Wirtschaft mit diesen Metallen im Durchschnitt etwa zu rechnen?
Das wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen, Herr Kollege. Es wird vor dem Hintergrund Ihrer Frage eine volle Sicherung überhaupt nicht geben können.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Verfügt die Bundesregierung nicht über Unterlagen, die es Ihnen erlauben würden, mir zu sagen, ähnlich wie Sie das vor einiger Zeit einmal in bezug auf die Erdölbevorratung getan haben: „Wir haben in der Bundesrepublik beispielsweise von dem von Ihnen genannten Palladium Bevorratung für ein halbes Jahr oder ein Jahr betrieben"?
Herr Kollege, das ist sicher möglich, daß wir eine solche Frage, wenn Sie sie stellen, beantworten. Wir müßten dann entsprechende Unterlagen der Industrie mit heranziehen. Ich kann im Augenblick aus dem Stand nicht beurteilen, inwieweit wir darüber zuverlässig informieren können. Ich bin aber gerne bereit, auf die Frage zurückzukommen.
Keine weiteren Zusatzfragen mehr? - Frage 12 ist damit beantwortet.
Frage 13 des Abgeordneten Kuhlwein sowie die Frage 14 des Abgeordneten Menzel werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Ich begrüße dazu den Parlamentarischen Staatssekretär, Herrn von Schoeler.
Ich rufe Frage 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Miltner auf:
Welches sind im einzelnen die Anzeichen, die nach einer Mitteilung der Bundesregierung dafür sprechen, daß orthodox-kommunistisch orientierte „türkische Extremisten sich auch bei den anstehenden Landtags- und Bundestagswahlen unter dem Vorwand der gemeinsamen Front gegen den Faschismus' betätigen wollen"?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Miltner, ich wäre wegen des Sachzusammenhanges dankbar, wenn ich Ihre beiden Fragen zusammen beantworten könnte.
Der Fragesteller ist einverstanden. Die Fragen 15 und 16 werden zusammen beantwortet. Ich rufe demgemäß auch noch Frage 16 auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung diese Entwicklung unter dem Gesichtspunkt des Ausländerrechts, und welche Vorstellungen hat sie, wie sie einer solchen Entwicklung zu begegnen gedenkt?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Bundesregierung hat bereits mehrfach, zuletzt in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 18. Januar 1980, darauf hingewiesen, daß sich offenbar im Zusammenhang mit den innenpolitischen Auseinandersetzungen in der Türkei die Aktivitäten extremistischer türkischer Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland verstärkt haben. Sie hat die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden türkischen Gruppierungen und deren zunehmende Agitation erneut zum Anlaß genommen, die Länder auf die Notwendigkeit einer verstärkten Beobachtung dieser Aktivitäten hinzuweisen. Ob weitergehende Maßnahmen des Ausländerrechts, des Strafrechts oder des Polizeirechts getroffen werden müssen, unterliegt der alleinigen Entscheidung der hier zuständigen Landesbehörden.
Ein Teil dieser gestiegenen Aktivitäten türkischer extremistischer Organisationen ist auch die Kampagne linksextremistischer türkischer Gruppen gegen einen angeblichen Faschismus in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Aktionen besonders der orthodox-kommunistischen Türken lassen Parallelen zu der sogenannten „Antifaschismuskampagne" der DKP erkennen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Miltner.
Herr Staatssekretär, angesichts der öffentlichen Diskussion um Verbotsverfügungen gegen gewisse türkische Extremistenorganisationen frage ich: Stellt die Bundesregierung selbst auch solche Verbotsüberlegungen an, und ist ihr vielleicht bekannt, ob der Senat von Berlin das tut?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Miltner, Sie wissen, daß es einer ständigen Übung der Bundesregierung entspricht, aus wohlerwogenen Gründen zu Verbotsmaßnahmen in der Öffentlichkeit nicht Stellung zu nehmen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Miltner.
Wenn die Bundesregierung dazu nicht Stellung nehmen will, aber vielleicht doch solche Überlegungen anstellt, frage ich: Beziehen sich solche Überlegungen auf rechtsextreme und kommunistische Organisationen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Miltner, daß sich die Bundesregierung in der Öffentlichkeit zu diesen Fragen nicht äußert, beinhaltet auch, daß sie es ablehnt, öffentlich dazu Stellung zu nehmen, ob sie in diesem Bereich etwas überlegt. Dies schließt selbstverständlich ein, daß sie es ablehnt, sich dazu zu äußern, gegen wen sie gegebenenfalls etwas überlegt.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Miltner.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung, wenn Anzeichen dafür sprechen, daß sich die türkischen Extremisten bei Landtags- und Bundestagswahlen betätigen wollen, vorbeugend zu tun bzw. mit den Ländern abzusprechen? Ich denke da unter Umständen z. B. auch an ein eventuelles Verbot politischer Betätigung.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Miltner, die Bundesregierung wird alles tun, was ihr möglich ist und was rechtsstaatlich zulässig ist, damit die Auseinandersetzungen in der Türkei nicht auf den Boden der Bundesrepublik Deutschland überschwappen.
Für die Durchführung des Ausländerrechts, des Polizeirechts und des Strafrechts sind, wie Sie wissen, Länderbehörden zuständig. Wir haben einen engen Kontakt mit den Ländern. Wir werden uns in der jeweiligen Situation - sie kann sich ja ändern - mit den Ländern über das abstimmen, was notwendig ist, so wie es auch in den letzten Monaten geschehen ist.
Keine Zusatzfragen mehr.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Engelsberger auf:
Ist die Bundesregierung bereit, im Falle eines westlichen Boykotts der Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau dem NOK der Bundesrepublik Deutschland zu empfehlen, ebenfalls auf die Teilnahme zu verzichten, oder vertritt die Bundesregierung die Meinung einzelner Sportfunktionäre, die Spiele hätten nichts mit Politik zu tun, obwohl erfahrungsgemäß die Machthaber diktatorischer Systeme bevorzugt diese Gelegenheit einer weltweiten Sympathiewerbung nutzen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, die Bundesregierung ist davon unterrichtet worden, daß Präsident Carter das Nationale Olympische Komitee der Vereinigten Staaten von Amerika auffordert, sich beim Internationalen Olympischen Komitee dafür einzusetzen, daß die Olympischen Sommerspiele in Moskau verlegt, vertagt oder abgesagt werden sollen, wenn die sowjetischen Truppen nicht innerhalb des nächsten Monats aus Afghanistan abgezogen würden.
Die Bundesregierung wurde gebeten, eine Initiative im gleichen Sinne gegenüber dem Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland zu ergreifen. Entsprechende Mitteilungen sind auch an die Regierungen anderer Länder ergangen.
Die Bundesregierung hat großes Verständnis für die Initiative des amerikanischen Präsidenten und hat an kritischen Tagen wiederholt Solidarität mit den USA bewiesen. Über die Teilnahme an den Olympischen Spielen entscheiden in der Bundesrepublik Deutschland ebenso wie in den USA die
Parl. Staatssekretär von Schoeler Sportorganisationen in eigener Verantwortung. Die Bundesregierung wird die Frage eines solidarischen Verhaltens mit den europäischen Partnern und den deutschen Sportorganisationen unverzüglich erörtern. Wie Sie wissen, haben diese Erörterungen bereits begonnen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Engelsberger?
Herr Staatssekretär, bis wann können die deutschen Sportler und die deutsche Öffentlichkeit hier mit einer Entscheidung der Bundesregierung rechnen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Engelsberger, diese Frage ist auch in den Vereinigten Staaten von Amerika vor dem Entschluß des amerikanischen Präsidenten eingehend und sorgfältig erörtert worden. Das wird auch in der Bundesrepublik Deutschland geschehen. Es liegt in der Natur der Sache, daß hier kein Termin zu nennen ist; das ist auch gar nicht notwendig.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Engelsberger.
Herr Staatssekretär, kann es sich die Bundesregierung vorstellen, daß die deutschen Sportler für den Fall des amerikanischen Boykotts an der Olympiade in Moskau teilnehmen? Und wäre es angesichts des Mottos der Olympiade. „Olympia im Namen des Friedens und zur Ehre des Sports" nicht geradezu ein Hohn, vor dem Hintergrund der Vergewaltigung Afghanistans durch die Sowjetunion an der Olympiade teilzunehmen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Engelsberger, all die Fragen, die Sie eben angesprochen haben, werden in die Erörterungen mit den europäischen Staaten, den Verbündeten und auch den nationalen Sportorganisationen einbezogen werden. Diesen Erörterungen möchte ich im Augenblick nicht vorgreifen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Althammer.
Herr Staatssekretär, würden Sie oder würde es die Bundesregierung denn für wünschenswert halten, daß die Sportler der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen, wenn die Sportler der Vereinigten Staaten von Amerika nicht teilnehmen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß in den Vereinigten Staaten von Amerika, bevor Präsident Carter seine Empfehlung ausgesprochen hat, eine sorgfältige und umfangreiche Prüfung stattgefunden hat. Es ist sicherlich richtig und notwendig, daß dies auch in der Bundesrepublik Deutschland geschieht. Von daher sehe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anlaß, Einzelheiten der Überlegungen, die jetzt angestellt werden, in der Öffentlichkeit auszubreiten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Voss.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß die Bundesregierung trotz der Entscheidungsunabhängigkeit des Nationalen Olympischen Komitees eine Aufgabe darin sieht, auf diese Sportfunktionäre und auf das Komitee einzuwirken und hier zu einer Willensbildung zu kommen, die der Solidarität entspricht, die wir mit den USA an sich üben sollten?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung die Fragen, die sich jetzt stellen, mit den Verbündeten und den Sportorganisationen erörtern wird. Ich habe weiter darauf hingewiesen, daß es keinen Sinn hat, zu Beginn solcher Erörterungen in der Öffentlichkeit Mutmaßungen, Vorstellungen und Wünsche für ein mögliches Ergebnis darzulegen. Ich habe außerdem darauf hingewiesen, daß jedem möglichen Schritt eine umfangreiche Prüfung und eine sehr sorgfältige Überlegung vorangestellt sein müssen. Ich glaube, der derzeitige Meinungsbildungsstand ist damit ausreichend umschrieben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung bei ihren Überlegungen auch die geschichtlichen Erfahrungen mit einbeziehen, die die Weltöffentlichkeit bei den Olympischen Spielen des Jahres 1936 in Berlin gemacht hat, wo die Teilnahme der freien Welt an diesen Spielen zu einer, zwar unbeabsichtigten, aber gleichwohl wirkungsvollen Aufwertung des Nazi-Regimes durch die Weltöffentlichkeit geführt hat?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Jäger, alle geschichtlichen Vergleiche sind problematisch. Das gilt auch für diesen. Absolut vergleichbare Tatbestände gibt es in der Geschichte nicht, wie Sie sehr wohl wissen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Klein..
Trifft es zu, daß die Bundesregierung eine Zusammenkunft der Sportminister im Rahmen der EG erwägt, um nach diesem Meinungsbildungsprozeß eine Empfehlung zu geben?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Klein, ich habe bereits darauf hingewiesen, daß wir die Situation sowohl mit den europäischen Partnern als auch mit den Sportorganisationen erörtern wollen. Was die Erörterung mit den europäischen Partnern betrifft, so hat sich Bundesinnenminister Baum an die Sportminister der Mitgliedstaaten des Europarates mit der Bitte gewandt, eine Sitzung durchzuführen, die sich mit dieser Frage beschäftigt.
Keine weitere Zusatzfrage mehr. Die Frage 19 ist damit beantwortet.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Laufs auf:
Vizepräsident Leber
Trifft es zu, daß der Bundesinnenminister beim Entwurf der Richtlinie zu § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung administrative Maßnahmen gegen Ingestion auszuschließen beabsichtigt, und falls ja, in welchem Verhältnis steht nach Auffassung der Bundesregierung der praktische Gewinn an Sicherheit zum technischen Aufwand an den kerntechnischen Anlagen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, es trifft zu, daß im Entwurf der Leitlinien zu § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung administrative Maßnahme zur Einhaltung der Ingestionsdosiswerte nicht vorgesehen sind.
Wie ich Ihnen in meiner Antwort zum gleichen Thema bereits am 4. September 1979 mitgeteilt habe, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß bei der Vorbereitung entsprechender Leitlinien den anlageinternen technischen Schutzmaßnahmen ein deutlicher Vorrang gegenüber administrativen Maßnahmen in der Umgebung eines Kernkraftwerks beizumessen ist. Dabei läßt sich die Bundesregierung von dem Grundgedanken leiten, daß der Schutz gegen Folgen von sogenannten Auslegungsstörfällen, d. h. also nach ingenieur- und vernunftmäßigem Ermessen nicht ausschließbaren Störfallereignissen, von einer Art sein muß, die großräumige zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für die Bevölkerung in der Umgebung möglichst überflüssig macht. Maßnahmen letzter Art gehören eindeutig in die Kategorien des Notfallschutzes.
Unabhängig hiervon gilt der Grundsatz des § 28 Abs. 1 der Strahlenschutzverordnung auch für den Auslegungsstörfall, d. h. die Strahlenbelastung der Bevölkerung ist auch hier unterhalb der für den Auslegungsstörfall festgelegten Dosisgrenzwerte so niedrig wie möglich zu halten. Zur Erreichung dieses Zieles können zusätzliche administrative Maßnahmen je nach Störfall eine sinnvolle und notwendige Ergänzung zur Anlagensicherheit darstellen.
Den bereits am 9. November 1979 zu den erwähnten Richtlinien einmal angehörten Verbänden wurde als Termin für die Abgabe ihrer Änderungsvorschläge zu den Leitlinien der 28. Februar 1980 eingeräumt. Es erscheint zweckmäßig, erst nach Vorliegen dieser Stellungnahme zu entscheiden, unter welchen Umständen und in welchem Umfang flankierend zu den technischen Maßnahmen auch administrative Maßnahmen zur Einhaltung der Dosisgrenzwerte zugelassen werden sollten.
Im übrigen liegt es der Bundesregierung fern, die Gewährleistung der Sicherheit der Bürger in der Umgebung kerntechnischer Einrichtungen nach Maßgabe eines Vergleichs des Aufwands im Verhältnis zum praktischen Gewinn an Sicherheit zu bemessen und festzulegen. Sicherheit hat auch hier absoluten Vorrang. Unbeschadet davon gilt - wie überall, so auch hier - der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß es im internationalen Vergleich ein absolutes Novum bedeutete, administrative Maßnahmen zur Vermeidung der Ingestion, etwa durch Milchkontrollen und Milchaufkauf in begrenzten Bereichen und für eine begrenzte Zeit, nicht mehr vorzusehen, und wie ließe sich dies mit dem Bemühen der Bundesregierung um die Harmonisierung der Reaktorsicherheitsstandards mit unseren Nachbarstaaten vereinbaren?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland, Herr Kollege Laufs, entsprechen insgesamt besonders hohen Sicherheitsanforderungen. Die von Ihnen gestellte Frage ließe sich für viele Teilbereiche unserer Sicherungssysteme stellen. Sie kann aber in keinem Fall ein Grund sein, auf für notwendig erkannte Sicherheitsmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland zu verzichten.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Laufs.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, davon auszugehen, daß es wegen der bei uns geltenden äußerst konservativen theoretischen Methoden zur Berechnung radioaktiver Emissionen und Immissionen überhaupt nicht möglich sein wird, bei einer Vielzahl von Auslegungsstörfällen die Dosisgrenzwerte des § 28 Abs. 3 der Strahlenschutzverordnung unter Einbeziehung der Ingestion und ohne administrative Maßnahmen einzuhalten?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Nein, Herr Kollege Laufs, diese Auffassung teile ich nicht.
Keine weiteren Zusatzfragen? - Die Frage ist beantwortet.
Die Fragen 21 und 22 des Herrn Abgeordneten Reuschenbach sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 23 der Frau Abgeordneten Männle auf:
Sind die Ankündigungen des Bundesinnenministers in bezug auf seine Vorstellungen zur Verwirklichung der Gleichberechtigung so zu verstehen, daß die Bundesregierung beabsichtigt, den Anteil der weiblichen Beschäftigten zunächst im Bundesinnenministerium, seinem nachgeordneten Geschäftsbereich und generell im öffentlichen Dienst zu erhöhen und die Aufstiegsmöglichkeiten der Frauen dort zu verbessern, und wenn ja, welche mittel- und langfristige Zielsetzung ({0}) verfolgt die Bundesregierung dabei?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Die Ankündigungen des Bundesministers des Innern über seine Vorstellungen zur Verwirklichung des Gleichberechtigungsgebotes des Grundgesetzes sind in der Tat so zu verstehen, daß er Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst für unbedingt erforderlich hält.
Eine Reihe von Maßnahmen wurde im Bundesinnenministerium bereits eingeleitet. Dazu gehören erstens die Einrichtung einer Kommission, die die Personalwirtschaft im Bundesministerium des Innern unter Gleichberechtigungsaspekten beobachtet; zweitens die Anhebung der Altersgrenze für den Eintritt in den Vorbereitungsdienst für Personen, die für die Betreuung von Kindern ihre Ausbildung unterbrochen haben; drittens: Weil bereits der Frauenanteil bei den Bewerbungen sehr
Parl. Staatssekretär von Schoeler
gering ist, werden Stellenangebote so formuliert, daß sie Frauen gezielter als bisher ansprechen; viertens: Durch eine empirische Untersuchung soll der Frage nach den möglichen Ursachen für die Unterrepräsentierung der Frauen im öffentlichen Dienst nachgegangen werden.
Diese Maßnahmen - mit Ausnahme der Anhebung der Altersgrenze, die für den gesamten Bundesdienst wirken wird - werden zunächst nur für den Bereich des Bundesinnenministeriums gelten. Ich erwarte jedoch, daß sie Signalwirkung - nicht nur für die übrigen Bundesressorts, sondern auch für die Länder und Gemeinden - haben werden. Ziel der geschilderten Maßnahmen ist es, wie bereits erwähnt, den Anteil der Frauen im öffentlichen Dienst, der jetzt für den Bereich des Bundes bei 15,5% liegt, deutlich zu erhöhen, wobei es mir für das Ziel dieser ganzen Überlegungen relativ unwichtig zu sein scheint, nun etwa eine konkrete Quote zu nennen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Staatssekretär, Sie haben die Personalkommission angesprochen. Könnten Sie mir bitte sagen, wie diese Personalkommission funktioniert und nach welchen Kriterien sie ihre Kontrollfunktion unter Gleichberechtigungsgesichtspunkten ausübt? Denn ich kann mir das schwer vorstellen.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin Männle, diese Personalkommission soll z. B. die Funktion haben, den Bundesminister des Innern bei personalwirtschaftlichen Fragen zu beraten. Sie soll darüber hinaus Maßnahmen vorschlagen, wie der Frauenanteil - beispielsweise durch Veränderung bei der Stellenausschreibung - angehoben werden kann. Sie soll außerdem Vorschläge machen, wie die Arbeit im öffentlichen Dienst - hier speziell beim Bundesminister des Innern - für Frauen attraktiver gestaltet werden kann, und sie soll beispielsweise auch Vorschläge für eine Öffentlichkeitsarbeit machen, die speziell Frauen mehr als bisher zu Bewerbungen im öffentlichen Dienst führt.
Das sind nur einige wenige Beispiele. Ich bin gerne bereit, Sie über die Vorstellungen im einzelnen auch noch nach dieser Fragestunde schriftlich zu unterrichten.
Noch eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Männle.
Nachdem Sie das Angebot gemacht haben: Ich wäre besonders interessiert, zu erfahren, wie die Kontrollfunktion ausgeübt werden kann, wie die Kriterien für diese Kontrolle im Hinblick auf Gleichberechtigung lauten. Sie haben hier zwar einige Antworten gegeben, aber ich glaube, dies ist schwer festzulegen. Wir wollen jetzt aber keine Diskussion führen.
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Ich werde Sie über das Gesamtkonzept gern unterrichten, Frau Kollegin.
Eine weitere Frage dazu? - Bitte sehr.
Herr Staatssekretär, würden Sie es für sinnvoll halten und haben Sie es eventuell in Ihre Maßnahmen eingeschlossen, zeitweilig einen überproportionalen Anteil von Frauen insbesondere bei der Besetzung von Eingangspositionen einzustellen, um so schneller zu einem ausgewogenen Verhältnis zu kommen?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, als wir uns mit der Frage beschäftigten, wie der Anteil der Frauen an den Beschäftigten im öffentlichen Dienst erhöht werden kann, haben wir festgestellt, daß Frauen schon bei den Bewerbungen unterrepräsentiert sind. Dort scheint eine der Hauptschwierigkeiten zu liegen. Daraus ergibt sich, daß das von Ihnen angestrebte oder als wünschenswert bezeichnete Ziel, in dem ich mit Ihnen übereinstimme, sehr schwierig zu erreichen ist, denn wenn Sie zu wenig Bewerbungen haben, können Sie bei der Einstellungspraxis eben nicht so verfahren, daß Sie mehr Frauen einstellen. Letzteres wäre wünschbar, ist aber eben schwierig. Deswegen ist es ein Ziel unserer Überlegungen, die Frage zu klären, wie wir eine erhöhte Zahl von Bewerbungen erreichen können.
Keine weiteren Zusatzfragen. Die Frage 23 ist damit beantwortet.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Klein ({0}) auf:
Weshalb sind in dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher und versorgungsrechtlicher Vorschriften 1980 ({1}) besoldungsmäßige Vorstellungen des Bundes Deutscher Rechtspfleger, besonders die unmittelbare Zuweisung des Eingangsamts A 10 ohne Vorschaltung einer Probezeit in A 9, nicht berücksichtigt worden, obwohl alle Bundestagsfraktionen und die Bundesregierung bei der ersten Lesung des Rechtspflegergesetzes am 23. Oktober 1968 entsprechende Zusagen machten?
In der Zeit nach Erlaß des Rechtspflegergesetzes am 5. November 1969 sind erhebliche Besoldungsverbesserungen zugunsten der Rechtspfleger vorgenommen worden. Durch das 1. Bundesbesoldungsneuregelungs- und -vereinheitlichungsgesetz vom 18. März 1971 wurde auch im gehobenen Dienst eine Verbesserung der Beförderungsverhältnisse ermöglicht. Die sogenannte Funktionsgruppen-Verordnung vom 23. Dezember 1971 ließ für Rechtspfleger, die überwiegend in Zwangsversteigerungs-, Zwangsverwaltungs-, Konkurs-, Vergleichs-, Grundbuch-, Register- und Familienrechtssachen tätig sind, erhebliche Überschreitungen der allgemeinen Stellenobergrenzen zu und ermöglichte damit eine weitere beträchtliche Verbesserung der Beförderungsverhältnisse.
Das Zweite Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes vom 18. August 1976, mit dem die Ausbildung der Rechtspfleger - wie auch für den übrigen gehobenen nichttechnischen Dienst - auf Fachhochschulniveau angehoben worden ist, hat den einheitlichen Befähigungs- und Bewertungsrahmen für den gesamten gehobenen nichttechnischen Dienst beibehalten.
In dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung besoldungsrechtlicher und versorgungsrechtlicher
Parl. Staatssekretär von Schoeler
Vorschriften 1980 sollen nach Auffassung der Bundesregierung die besonders dringlichen, noch in dieser Legislaturperiode lösbaren strukturellen Besoldungsprobleme aufgegriffen werden. Einer der Schwerpunkte des Regierungsentwurfs ist die Anhebung des Eingangsamtes für den gehobenen nichttechnischen Dienst, also auch für die Rechtspfleger, von Besoldungsgruppe A 9 nach Besoldungsgruppe A 10 unter gleichzeitiger Verlängerung der laufbahnrechtlichen Probezeit in A 9. Diesen Vorschlag hat der Bundesrat am 21. Dezember 1979 abgelehnt.
Die Bundesregierung beschäftigt sich in der heutigen Kabinettssitzung mit der Gegenäußerung der Bundesregierung zu diesem Vorschlag des Bundesrates. Anschließend wird das Gesetz in die parlamentarischen Beratungen hier im Deutschen Bundestag kommen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Klein.
Sind Sie trotz der geschilderten Verbesserungen nicht doch der Auffassung, daß im gehobenen Dienst mit seiner großen Bandbreite die Rechtspfleger bzw. die Beamten der Justizverwaltung des gehobenen Dienstes am Ende der ganzen Entwicklungslinie stehen und damit besoldungsmäßig eine nachteilige Entwicklung hatten?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege Klein, der Bundesminister des Innern hat sich für die Lösung, wie sie jetzt in dem Entwurf eines Besoldungsstrukturgesetzes der Bundesregierung vorgeschlagen worden ist, eingesetzt. Ich kann Ihnen im Augenblick nicht mehr sagen, als daß dieses Gesetz nunmehr in die parlamentarischen Beratungen gelangt und es damit in der Hand des Deutschen Bundestages liegt, welches Schicksal es im Gesetzgebungsverfahren haben wird.
Keine weiteren Zusatzfragen. Die Frage ist beantwortet.
Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Klein ({0}) auf:
Wie groß ist die Zahl der Rechtspfleger, die von einem Eingangsamt nach A 10 einen Vorteil hätten, und wie groß ist die Zahl der Rechtspfleger, die einkommensmäßig begünstigt würden, wenn die Rechtspflegerzulage auf 145 DM angehoben würde?
von Schoeler, Parl. Staatssekretär: Nach einer zuletzt 1972 vom Statistischen Bundesamt vorgenommenen Erhebung waren im Bereich der Länder 10022 und im Bereich des Bundes 141 Rechtspfleger tätig. Der Bundesregierung liegen keine Angaben darüber vor, wie groß die Zahl der Rechtspfleger ist, die schon als Rechtspfleger eingestellt, aber noch in A 9 eingruppiert sind und wie viele Rechtspfleger demnächst von den Ländern eingestellt werden. Wie groß die Zahl der Begünstigten bei einer Anhebung des Eingangsamts wäre, kann ich Ihnen daher nicht sagen. Von einer Anhebung der Rechtspflegerzulage von 100 DM auf 145 DM ware die Gesamtzahl der Rechtspfleger begünstigt.
Keine Zusatzfrage. Damit ist die Frage 25 beantwortet. Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern sind beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Ich begrüße zur Beantwortung Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Böhme. Die Fragen 26 und 27 des Herrn Abgeordneten Cronenberg werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Dr. Schäuble wird auf Wunsch des Fragestellers ebenfalls schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Wüster auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Jaunich auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Präsident der Oberfinanzdirektion Münster ({0}) eine Fragebogenaktion von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten unter Androhung dienstrechtlicher Konsequenzen verboten hat, mit denen sich diese - nach zahlreichen Beschwerden von Beschäftigten der OFD - nach gesundheitlichen Schädigungen durch den Betrieb der Klimaanlage in den Gebäuden der OFD Münster erkundigen wollten?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Ich bitte, die Fragen 30 und 31 zusammen beantworten zu dürfen.
Der Antragsteller ist einverstanden. Ich rufe daher auch die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Jaunich auf:
Billigt die Bundesregierung das Vorgehen des Präsidenten der OFD Münster, das im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Fragen der Informations- und Werbearbeit der Gewerkschaft in Betrieben steht?
Am 26. Juni 1979 haben Mitglieder des Kreisverbands Münster der Gewerkschaft ÖTV ohne Vorankündigung im Dienstgebäude der OFD Münster ein Flugblatt mit Fragebogen verteilt, mit dem die Beschäftigten nach gesundheitlichen Auswirkungen der Klimaanlage befragt wurden. Der Oberfinanzpräsident hat die Verteilung untersagt. Die Personalvertretungen haben das Verhalten des Oberfinanzpräsidenten gebilligt. Bis zum Abbruch der Aktion sind etwa die Hälfte der Flugblätter verteilt worden. Bei der Untersagung der Aktion sind keine dienstrechtlichen Konsequenzen angedroht oder auch verhängt worden.
Der Bundesregierung ist der Sachverhalt erst durch Ihre Anfrage, Herr Abgeordneter, bekanntgeworden. Der Oberfinanzpräsident hat sich auf die Unterrichtung des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen beschränkt. Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen hat seine Entscheidung ausdrücklich gebilligt.
Die Entscheidung des Oberfinanzpräsidenten war rechtmäßig. Nach § 2 Abs. 2 des Bundespersonalver15804
tretungsgesetzes steht den Gewerkschaften nur nach Unterrichtung des Behördenleiters ein Recht auf Zugang zur Dienststelle zu. Das Recht ist außerdem begrenzt auf bestimmte Aufgaben und Befugnisse im Zusammenhang mit der Arbeit der Personalvertretung. Die Informations- und Werbearbeit der Gewerkschaft ist durch diese Begrenzung nicht berührt worden und wird auch im vorliegenden Fall nicht beeinträchtigt, zumal die Personalvertretungen selbst das Verhalten des Oberfinanzpräsidenten gebilligt haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jaunich.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß die Leitung der OFD Münster zum Ausdruck bringt, daß sie über das Vorhaben der Gewerkschaft ÖTV vorab nicht informiert gewesen sei?
So lautet der Bericht, der an uns gegangen ist.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jaunich.
Wären Sie bereit, dies noch einmal zu überprüfen, zumal mir Informationen vorliegen, wonach der Inhalt des Flugblatts der Leitung der OFD Münster vorher zur Kenntnis gebracht wurde?
Ich bin gern bereit, der Frage noch einmal nachzugehen.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jaunich.
Wie beurteilt die Bundesregierung die Ablehnung einer solchen Aktion unter Berücksichtigung des von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Übereinkommens Nr. 135 der Internationalen Arbeitsorganisation?
Es ist schwierig, Herr Abgeordneter, aus der Distanz eine solche Entscheidung vor Ort in ihrer Gänze zu qualifizieren. In meiner Antwort habe ich mich darauf beschränkt - ich muß das tun -, auszuführen, daß das Verhalten des Oberfinanzpräsidenten rechtmäßig war.
Keine Zusatzfragen mehr. Damit sind die Fragen 30 und 31 beantwortet. Es sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen insgesamt beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich begrüße Herrn Staatssekretär Buschfort.
Die Fragen 32 und 33 des Herrn Abgeordneten Hasinger werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 34 der Frau Abgeordneten Männle auf:
Treffen Meldungen zu, wonach die Bundesregierung einen Modellversuch im ganzen Bundesgebiet beabsichtigt, die Ladenschlußzeiten zu verlängern, und wenn ja, wann und unter welchen konkreten Bedingungen ist mit dessen Start zu rechnen?
Frau Kollegin, die Meldungen treffen nicht zu. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, Modellversuche über die Verlängerung der Ladenschlußzeiten durchzuführen. Sie hätte hierfür auch keine gesetzliche Grundlage. Die Bundesregierung beobachtet jedoch sorgfältig die Diskussion über den Ladenschluß. Dabei zeigt sich, daß zum Thema Ladenschluß sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten und eine Reihe verschiedener Vorschläge gemacht werden. Die Bundesregierung kann nur immer wieder darauf hinweisen, daß der geltende Ladenschluß ein Kompromiß zwischen den unterschiedlichen Interessen des Einzelhandels, der dort beschäftigten Arbeitnehmer und der Verbraucher ist. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, dem Deutschen Bundestag eine Änderung des Ladenschlußgesetzes vorzuschlagen.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Männle.
Wie erklären Sie es sich, Herr Staatssekretär, daß sich die Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit für kompetent erklärt, hier einen derartigen Modellversuch anzukündigen, wenn es sich nicht um eine Ente handelt? Ich bin doch richtig informiert, daß es in Ihren Geschäftsbereich gehört?
Es ist richtig, das Ladenschlußgesetz ressortiert im Bundesarbeitsministerium. Mir ist nicht bekannt, daß Frau Huber für die Bundesregierung einen Modellversuch angekündigt hat.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus der neueren Untersuchung des EMNID-Instituts zu ziehen, die belegt, daß über die Hälfte der im Einzelhandel beschäftigten Arbeitnehmer bereit wären, unter bestimmten Bedingungen und Umständen an sogenannten Kaufabenden zu arbeiten?
Frau Kollegin, ich kann zu der Umfrage keine Stellung beziehen, da mir die näheren Einzelheiten nicht bekannt sind; aber ich möchte darauf hinweisen, daß es auch andere Umfragen gibt, die mit über 90% zu dem Ergebnis kommen, daß sich das derzeitige Ladenschlußgesetz bewährt hat und eine Veränderung des Ladenschlußgesetzes abgelehnt wird.
Die Frage ist beantwortet. Es wird keine weitere Zusatzfrage gewünscht.
Die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Amling und die Fragen 43 und 44 der Abgeordneten Frau Si-
Vizepräsident Leber
monis können in dieser Woche nicht behandelt werden.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Ich begrüße den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär von Bülow.
Ich komme zur Frage 37 des Herrn Abgeordneten Graf Huyn. Der Fragesteller ist nicht im Saal.*)
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Voigt ({0}) auf:
Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, zur Verbesserung der Unteroffizierausbildung schrittweise die Schüleretatstellen so anzuheben, daß dadurch die Truppe wirksam entlastet wird?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege, die Bundesregierung beabsichtigt, die Unteroffizierausbildung zu verbessern. Das Bundesministerium der Verteidigung hat im Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages am 16. Januar 1980 Modelle dieser verbesserten Unteroffizierausbildung vorgetragen, und heute ist im Verteidigungsausschuß erneut darüber verhandelt und beschlossen worden. Auf Grund des derzeitigen Bestandes an längerdienenden Soldaten ist das für die Streitkräfte verfügbare Planstellenvolumen noch nicht ausgeschöpft. Dieser Zustand wird sich auch in absehbarer Zeit nicht verändern. Das bedeutet, daß der durch die Verbesserung der Unteroffizierausbildung entstandene Mehrbedarf an Soldaten in den nächsten Jahren durch die verfügbaren, aber nicht genutzten Planstellen aufgefangen werden kann. Darüber hinaus hält die Bundesregierung zur Zeit eine Vermehrung der Schüleretatstellen nicht für realisierbar.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Voigt ({0}) auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß Generalmajor Bastian seine Pflichten nach § 10 des Soldatengesetzes verletzt hat, und beabsichtigt sie deshalb, ein förmliches Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten?
Das Verhalten des Generalmajors Bastian ist, falls Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung vorliegen, von dem nächsten Disziplinarvorgesetzten zu prüfen. Dieser entscheidet alleinverantwortlich. Jede Einflußnahme durch höhere Vorgesetzte ist unzulässig. Die Entscheidung des Disziplinarvorgesetzten kann vom Bundesminister der Verteidigung nur daraufhin überprüft werden, ob die Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens erforderlich ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Voigt.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Auffassung, daß Herr General Bastian mit seinen Äußerungen über den NATO-Nachrüstungsbeschluß im Grunde genommen unter
1 Erneuter Aufruf und Beantwortung der Frage 37 siehe Seite 15805 D
Außerachtlassung der nötigen Sorgfaltspflicht gemäß § 10 des Soldatengesetzes auch seine Pflichten als Vorgesetzter verletzt hat, in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben, und daß damit zumindest der Verdacht eines Dienstvergehens im Raume steht?
Ich sagte bereits, daß sich das Bundesministerium der Verteidigung nicht an die Stelle des nächsten Disziplinarvorgesetzten stellen darf. Daher verbietet sich auch eine Bewertung in der jetzigen Situation.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Voigt.
Herr Staatssekretär, inwieweit ist Herr Generalmajor Bastian mit seiner Auffassung über diesen NATO-Nachrüstungsbeschluß, den die Bundesregierung voll mitträgt, in einen Loyalitätskonflikt gegenüber der Bundesregierung geraten - gemäß § 7 des Soldatengesetzes hat er die Pflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen -, und ist möglicherweise auch ein Ausscheiden aus der Bundeswehr erforderlich?
Ich glaube, wie gesagt, unter der Zurückhaltung, die wir uns in der disziplinaren Würdigung dieses Falles auferlegt haben, das Verhalten des Generalmajors Bastian - Schreiben eines Briefes an den Minister - schließt nicht aus, auch wenn er von einer Meinung abweicht, die die Bundesregierung anläßlich des NATO-Nachrüstungsbeschlusses mitgetragen hat, daß dieser Generalmajor weiter seinen Dienst in der Bundeswehr tun kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Frage 40 des Herrn Abgeordneten Berger ({0}). - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Damit werden seine Fragen 40 und 41 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe noch einmal die Frage 37 des Herrn Abgeordneten Graf Huyn auf, der vorhin nicht im Saal war:
Treffen Pressemeldungen über der Bundesregierung vorliegende Studien zu, die u. a. zu alarmierenden Ergebnissen über die langfristigen strategischen Zielsetzungen der Sowjets im Nahen/Mittleren Osten und auf dem afrikanischen Kontinent gelangen, und warum werden gegebenenfalls derart wichtige, die freiheitliche Zukunft unseres Landes entscheidende Erkenntnisse nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Die Abteilung Rüstung des Bundesministeriums der Verteidigung hat eine Studie zu Fragen der deutschen Rohstoffversorgung - u. a. auch aus Afrika - unter besonderer Berücksichtigung der Materialplanung und der technischen Ausstattung der Bundeswehr in Auftrag gegeben. Das in der Studie verwendete Material stammt größtenteils aus Untersuchungen, die im Auftrage des Bundesministers für Wirtschaft für Zwecke des interministeriellen Staatssekretärausschusses für Rohstofffragen erarbeitet wurden. Zugleich wurden Informationen und Beurteilungen des Bundesministeriums der Verteidigung über mi15806
litärische und militärpolitische Aktivitäten der Sowjetunion in der Studie berücksichtigt. Bisher liegen nur Teilergebnisse vor. Nach Fertigstellung der Gesamtstudie wird die Bundesregierung zu gegebener Zeit Bericht erstatten.
Die bisherigen Teilergebnisse stellen keine Prognosen über künftige Rohstoffimportausfälle nach Zeit und Menge dar, sondern sind ein Versuch, die Möglichkeit der Entstehung regionaler Rohstoffkrisen mit bestimmten extremen Ereignissen zu verknüpfen, die bisher nicht eingetreten sind. Das Bundesministerium der Verteidigung analysiert laufend militärische, militärpolitische und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betreffende Vorgänge und Entwicklungen in allen Teilen der Welt. Eine zusammenfassende Wertung der Ergebnisse solcher Analysen hat die Bundesregierung z. B. im Weißbuch 1979 veröffentlicht. Das Bundesministerium der Verteidigung fertigt Einzelstudien für bestimmte Bereiche - z. B. technische, logistische, militärische, militärpolitische - unter Annahme bestimmter Bedingungen und Fragestellungen, in denen oft nachrichtendienstliche Erkenntnisse verarbeitet werden und die daher der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden können. Die Ergebnisse solcher Studien beschreiben nicht eine mit Notwendigkeit eintretende Entwicklung. Es handelt sich zum Teil um sogenannte „worst-case"-Betrachtungen, also Betrachtungen über das Eintreten des schlimmsten Falles.
Abschließend, Herr Kollege, darf ich darauf hinweisen, daß den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages die vom Amt für Studien und Übungen der Bundeswehr erarbeiteten Teile der Studie zugeleitet werden.
Eine Zusatzfrage, Graf Huyn.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung in dieser Frage auch die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in der Bundesrepublik Deutschland mit berücksichtigt?
Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich nur unseren Teilbereich überschaue. Das Ganze ist Bestandteil einer Studie des Bundeswirtschaftsministers für diesen interministeriellen Staatssekretärsausschuß, so daß ich Ihnen darüber keine Auskunft geben könnte. Das müßte dann mein Kollege vom Wirtschaftsministerium tun.
Noch eine Zusatzfrage, Graf Huyn.
Herr Staatssekretär, wird diese Studie, von der Sie sagten, sie sei noch nicht endgültig fertiggestellt, auch die gegenwärtige Situation im Mittleren Osten, den Energiebedarf der Bundesrepublik Deutschland und die Bedrohung der Energielieferungen für die Bundesrepublik Deutschland beinhalten, und ist die Bundesregierung bereit, über den Verteidigungsausschuß hinaus auch die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses hierüber zu informieren?
Sicher ist die Bundesregierung bereit, die entsprechenden Ausschüsse dieses Parlaments über die Ergebnisse ihrer Studien zu unterrichten, und dazu gehört natürlich auch die Ölsituation.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kunz.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, in dem von Ihnen in Aussicht gestellten Bericht auch darzulegen, inwieweit sich die DDR an den der Frage des Kollegen Graf Huyn zugrunde liegenden Entwicklungen engagiert?
Dies ist mit Bestandteil der Überlegungen, festzustellen, in welchem Umfange sich die Sowjetunion und ihre Verbündeten an entsprechenden Aktivitäten beteiligen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Voss.
Herr Staatssekretär, ist es zutreffend, daß es bereits aus dem Jahre 1973 derartige Studien gibt, die, wie Sie eben sagten, worstcase-Betrachtungen enthalten, und können Sie mir sagen, welche Folgerungen die Bundesregierung aus diesen Studien, die schon einige Jahre alt sind und sich gar nicht von dem unterscheiden, was neuere Studien beinhalten könnten, gezogen hat?
Es gibt sicher unter allen Bundesregierungen entsprechende Studien über mögliche Abläufe von gefährlichen Situationen und über die Folgerungen für die Bundesrepublik. Und damit muß je nach Ort, wo diese Komplikationen auftreten, entsprechend gegengehalten werden. Sie werden sehen, daß die Bundesrepublik in einer ganzen Reihe von Fällen versucht hat, stabilisierend einzugreifen. Ich nenne als Beispiel in einem ganz weiten Rahmen nur das Türkei-Hilfeprogramm, das mosaiksteinartig in den Versuch einzubeziehen ist, in bestimmten Regionen Stabilität herbeizuführen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Jäger.
Herr Staatssekretär, ist die Studie des Wirtschaftsministeriums, die den Erwägungen, von denen Sie vorhin gesprochen haben, zugrunde liegt, identisch mit jener Studie, über die in dieser Woche ein bekanntes Magazin berichtet hat, und ist das auf diese Art und Weise in die Öffentlichkeit gelangte Material dann eigentlich in dem Sinne noch vertraulich?
Die Geheimhaltungsbedürftigkeit bezieht sich meines Wissens nur auf bestimmte Anlagen eines Teils dieser Studie, nicht auf das, was das Wirtschaftsministerium im allgemeinen erarbeitet hat. Dies ist von geringerer Geheimhaltungsbedürftigkeit und ist aus allgemeinen Quellen, die jedermann zugänglich sind.
Keine weitere Zusatzfrage mehr. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung abschließend beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf und begrüße dazu Herrn Staatssekretär Dr. Wolters. Zunächst die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Peiter:
Ist die Bundesregierung bereit, nochmals auf die Industrie einzuwirken, damit sie die Ablehnung der Empfehlung des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, die von der Weltgesundheitsorganisation ausgearbeiteten Dosierungsempfehlungen für Süßstoffe auf die Packungen zu drucken, erneut überprüft?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Peiter, Überlegungen des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit, Angaben über eine tägliche Höchstmenge der Süßstoffe Saccharin und Cyclamat auf den Pakkungen vorzuschreiben, sind nicht weiterverfolgt worden - auch nicht vom Bundesgesundheitsamt -, insbesondere wegen der von der Weltgesundheitsorganisation bei ihren Berechnungen der akzeptablen täglichen Dosis verwendeten sehr hohen Sicherheitsfaktoren. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat deshalb der Industrie nicht empfohlen, auf den Süßstoffpackungen die von der WHO vorgeschlagenen Tagesdosen anzugeben. Es wird - auch im Hinblick auf die Bevölkerungsgruppe mit dem höchsten Süßstoffverzehr, die Diabetiker - nicht für notwendig erachtet, eine solche Empfehlung vorzuschreiben oder anzuregen.
Keine Zusatzfrage, Herr Kollege Peiter? - Die Frage ist beantwortet.
Dann rufe ich die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, im Zusammenhang mit den Pflichtreihenuntersuchungen zur Tbc freiwillige Vorsorgeuntersuchungen anzubieten, die in einem sogenannten Risikofaktorenfahndungsprogramm, bei dem Größe, Gewicht, Blutdruck, Blutzukker, Blutfette, Harnsäure und Urin der zu Untersuchenden routinemäßig erfaßt werden, um damit die Risikofaktoren zur Entstehung von Blutzuckererkrankung ({0}) und Bluthochdruckleiden an denen in der Bundesrepublik Deutschland derzeit schätzungsweise 8 Millionen Bluthochdruckkranke, 1,2 Millionen Diabetiker und jährlich 250 000 Infarktkranke leiden, möglichst frühzeitig zu erkennen und entsprechende ärztliche Behandlungsmaßnahmen vorzuschlagen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter Kirschner, die Teilnahme an Röntgenreihenuntersuchungen auf Tuberkulose haben vier Bundesländer durch Gesetz zur Pflicht gemacht. Die anderen bieten ihren Bürgern solche Untersuchungen in größeren Abständen zur freiwilligen Teilnahme an. Ob diese Untersuchungen um den in der Frage genannten Katalog erweitert werden sollten und könnten, muß den einzelnen Bundesländern überlassen bleiben.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kirschner.
Herr Staatssekretär, sehen Sie in solchen Vorsorgeuntersuchungen die Möglichkeit,
im Rahmen der Prävention Krankheiten wie Diabetes oder Hochdruck so früh wie möglich zu erfassen?
Im Prinzip ja. Im Einzelfall wird zu entscheiden sein, ob die zur Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden erstens zuverlässig genug sind, eine entsprechende Krankheit früh genug erkennen und dann behandeln zu können, und ob zweitens die Untersuchungen mit einem vertretbaren Aufwand durchgeführt werden können. An diesen Kriterien würde sich die Einführung weiterer Früherkennungsuntersuchungen - im übrigen unabhängig von Ihrer Fragestellung, die ja auf den öffentlichen Gesundheitsdienst abstellt - auch in bezug auf die gesetzliche Krankenversicherung ausrichten müssen.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kirschner.
Herr Staatssekretär, sehen Sie, nachdem in der Bundesrepublik - ich habe dies ja in meiner Frage ausgewiesen - ca. acht Millionen Menschen an Bluthochdruck und 1,2 Millionen Menschen an Diabetes leiden, eine andere Möglichkeit, die von solchen Krankheiten befallenen Menschen möglichst frühzeitig zu erfassen und dementsprechend dann auch medizinische Vorsorge betreiben zu können - ähnlich wie wir es von anders gelagerten Gebieten in der Medizin kennen, von denen ich weiß, daß die Früherkennung dort sehr stark von Ihnen gefördert wird?
Es gibt eine Reihe von anderen Möglichkeiten, wobei ich jetzt nicht qualifizieren will, wie sich deren Wirksamkeit zur Ausdehnung eines systematischen Früherkennungsuntersuchungsprogramms verhält. Diese anderen Möglichkeiten liegen einmal darin, daß Ärzte bei der Patientenversorgung noch mehr Wert als bisher auf Frühsymptome beispielsweise der von Ihnen genannten Erkrankungen legen, Blutdruckmessungen also unabhängig von dem eigentlichen Anliegen des Patienten routinemäßig durchführen.
Eine zweite grundsätzliche Möglichkeit ist natürlich, im Rahmen der Gesundheitsaufklärung, die ja keineswegs nur von der Bundesregierung, sondern auch von den Länder und den freien Verbänden betrieben wird, auf diese besonders verbreiteten Erkrankungen und ihre Frühsymptome noch mehr hinzuweisen.
Keine weitere Zusatzfrage. - Dann rufe ich die Frage 46 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf:
Hält die Bundesregierung die derzeitige Versorgungsdichte mit Zahnärzten in der Bundesrepublik Deutschland für medizinisch ausreichend, und welche zukünftige Entwicklung zeichnet sich hier ab?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Herr Kollege Kirschner, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft beantworte ich Ihre Frage wie folgt. Die im Auftrag des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft 1976 erarbeitete Stu15808
die zur „Voraussichtlichen Entwicklung von Angebot und Bedarf von Zahnärzten bis zum Jahr 2000" geht davon aus, daß unter den gegenwärtigen Verhältnissen als gehobene zahnärztliche Versorgung eine Dichte von 1 700 Einwohnern je behandelnd tätigen Zahnarzt bezeichnet werden kann. Diese Werte lagen auch den Beratungen der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen zugrunde, die sich in der Sitzung am 10. Oktober 1978 mit Fragen der zahnärztlichen Versorgung befaßt hat.
Im Jahre 1978 lag die Dichteziffer der zahnärztlichen Versorgung bei einem Zahnarzt auf 1 888 Einwohnern, also etwas über der vorher genannten Zahl.
In Übereinstimmung mit der Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen zum „Zahnärzteangebot bis zum Jahr 2000" kann das Versorgungsniveau in der Zahnmedizin jedoch nicht als durchweg befriedigend angesehen werden. Es bestehen nicht nur regionale Engpässe in der Versorgung. An den Zahnkliniken der Hochschulen können Stellen für Lehrpersonal wegen der zu geringen Nachfrage von jungen Zahnärzten in erheblichem Umfang nicht besetzt werden. Auch bei der Bundeswehr und im öffentlichen Gesundheitsdienst besteht noch ein erheblicher Mangel an Zahnärzten.
Ob mit einer Verbesserung der Versorgungslage in den kommenden Jahren gerechnet werden kann, ist fraglich. Trotz des starken Anstiegs der Zahl der Studienanfänger in der Zahnmedizin in den vergangenen Jahren ist ihre Zahl 1978 mit ca. 1650 deutlich unter der vom Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen aus dem Jahre 1973 mit 1 800 vorgesehenen Zielzahl bereits für das Jahr 1977 zurückgeblieben.
Um eine Verbesserung der zahnärztlichen Versorgung zu erreichen, sind höhere Studienanfängerzahlen in der Zahnmedizin anzustreben. Voraussetzung dafür ist, daß die erforderlichen zusätzlichen Ausbildungskapazitäten geschaffen werden. Insbesondere ist es erforderlich, für die bestehenden und für die im Ausbau befindlichen zahnmedizinischen Ausbildungsstätten eine hinreichende Zahl von qualifizierten Lehrkräften zu gewinnen. Maßnahmen für eine Verbesserung der Situation von Forschung und Lehre in der Zahnmedizin sind . daher dringlich. Unter Federführung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft werden Verbesserungsvorschläge, die sich vor allem an die insoweit zuständigen Länder richten, erarbeitet.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kirschner.
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß das größte Problem derzeit der Mangel an qualifizierten Ausbildungsstellen bzw. qualifizierten Lehrkräften ist, und welches sind die Gründe dafür, daß ein solcher Mangel vorhanden ist?
Das ist in erster Linie ein Mangel an qualifiziertem Ausbildungspersonal. Einer der Gründe liegt u. a. - aber wohl in erster Linie - in einem ganz beträchtlichen Gefälle in den Einkommenserwartungen bezüglich der Tätigkeit
als Hochschullehrer in der Zahnmedizin einerseits und als niedergelassener Zahnarzt andererseits. Eine Konsequenz daraus ist, daß die zur Zeit tätigen Hochschullehrer in der Zahnmedizin praktisch ausschließlich oder nahezu ausschließlich mit Ausbildungsaufgaben beschäftigt sind, d. h. sehr wenig Zeit für eigene Forschungstätigkeit zur Verfügung haben, was die Situation dort natürlich noch weniger attraktiv macht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kirschner.
Herr Staatssekretär, können Sie feststellen, ob in der zahnmedizinischen Versorgung der Krankenkassenpatienten zusätzlich ein besonderes Gefälle zwischen Stadt und Land besteht?
Ich habe - bezogen auf die Zahnärzte - keine präzisen Zahlen im Moment zur Hand. Aber es ist anzunehmen, daß es ein Gefälle in der Dichte der Versorgung zwischen Ballungsgebieten und ländlichen Gebieten gibt. Ich will die Frage aber gern noch einmal nachprüfen und Ihnen präziser beantworten.
({0})
Keine Zusatzfrage mehr.
Frage 47 wird auf Bitte des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Dann sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Ich begrüße dazu Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Mahne.
Die Frage 35 kann in dieser Woche nicht gestellt werden.
Ich rufe Frage 48 - der Frau Kollegin Dr. Balser - auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß es als ausreichende Sicherung für Kinder im Straßenverkehr angesehen werden kann, wenn „Kinderfahrräder" - entsprechend § 16 Abs. 2 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung - keine Beleuchtung brauchen?
Frau Kollegin Dr. Balser, die Bundesregierung beantwortet Ihre Frage mit Ja. Denn Kinderfahrräder sind keine Fahrzeuge im Sinne der Straßenverkehrsordnung, § 24 Abs. 1 StVO. Mit ihnen darf daher nicht auf den Fahrbahnen gefahren werden. Sie gehören auf den Gehweg. Schon aus diesem Grunde ist eine Beleuchtung entbehrlich.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Balser.
Ist der Bundesregierung bekannt, Herr Staatssekretär, daß - wahrscheinlich aus den von Ihnen soeben dargelegten ÜberlegunFrau Dr. Balser
gen - die Fahrradgeschäfte auch niemals Beleuchtungen für Kinderfahrräder verkaufen und daß gleichwohl Unfälle auf diese Weise entstehen?
Mahne, Pari. Staatssekretär: Mir ist nicht bekannt, Frau Kollegin, daß die Fahrradgeschäfte keine Beleuchtung verkaufen. Die Bundesregierung hat auch in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage betr. Unfälle von Kindern und Jugendlichen im Straßenverkehr darauf hingewiesen, daß die Frage des Radfahrens auf Gehwegen noch einmal von den zuständigen Landesbehörden und den interessierten Verbänden geprüft werden muß. Denn selbstverständlich gehen wir davon aus, daß Fahrräder, die nicht den Gehweg benutzen, auch beleuchtet sein müssen. Dies ist eindeutig in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung geregelt.
Noch eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Balser.
Darf ich Ihrer jetzigen Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung bereit wäre, diese Angelegenheit im Sinne des besseren Schutzes für Kinder gleichwohl doch noch einmal zu durchdenken?
Ich habe darauf hingewiesen, Frau Kollegin - in der Antwort auf Ihre vorige Frage -, daß es Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern gegeben hat. In diesen Gesprächen ist mit den Ländern dahin gehend Einigkeit erreicht worden, daß die radfahrenden Kinder im Alter bis zu sechs Jahren Gehwege benutzen müssen und bis zum vollendeten 10. Lebensjahr die Fahrbahn benutzen dürfen. Daraus ergibt sich auch zwangsläufig die notwendige Einrichtung von Beleuchtungen.
Keine Zusatzfragen mehr.
Ich rufe Frage 49 der Frau Abgeordneten Dr. Balser - auf:
Ist die Bundesregierung bereit zu überprüfen, ob ein psychologisch besser motiviertes und vorsichtigeres Autofahrerverhalten erreicht werden könnte, wenn - im Gegensatz zu den in der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen Verkehrswarnschildern - die Schilder Kinder im Laufen zeigen, so wie das in einigen anderen Ländern der Fall ist?
Die Bundesregierung ist zu dieser von Ihnen geforderten Oberprüfung bereit. Von dem Ergebnis werden wir Sie gern unterrichten.
Keine Zusatzfragen mehr. Frage 50 - Herr Abgeordneter Dr. Meyer zu Bentrup Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorwurf verschiedener Umweltschutzverbände, daß ihr Beschluß, mehrere tausend Autobahnkilometer zu streichen, „reine Augenwischerei" sei insofern, als es sich hierbei einerseits lediglich um eine Streichung von Bauten der Dringlichkeitsstufe II ({0}) gehandelt habe und andererseits nur eine .Umetikettierung" stattgefunden habe in der Form, daß die ehemals geplanten Autobahnen jetzt bei gleicher Trassenführung als vierspurige Bundesstraßen ({1}) deklariert würden, so daß die Folgen für die Umwelt ({2}) nahezu die gleichen blieben?
Herr Kollege Dr. Bentrup, der Verzicht auf zirka 7 000 km ursprünglich als erforderlich angesehener Autobahnplanung ist - zumal etliche Maßnahmen der Dringlichkeitsstufe I b und auch vereinzelte Maßnahmen der Dringlichkeitsstufe I a davon betroffen sind - ein deutliches Zeichen dafür, daß der Entwurf des neuen Bedarfsplanes auch den veränderten Wertvorstellungen der Bürger mit ihrem intensiveren Umweltbewußtsein Rechnung trägt.
Die Umstellung eines geringen Teils dieser Autobahnplanung auf die Bundesstraßenplanung ist keine „Umetikettierung". Sie bedeutet eine geringere Inanspruchnahme des Straßenumfeldes, weil Bundesstraßen sich im Gegensatz zu Bundesautobahnen den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten besser anpassen lassen.
Die Bundesregierung ist der Meinung, daß ihre Sorge um eine bestmögliche Schonung der Umwelt von den Bürgern grundsätzlich verstanden wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Meyer zu Bentrup.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie also dahin gehend recht verstanden, daß der Vorwurf der Umweltschutzverbände, die Straßen, von denen draußen laut verkündet worden sei, sie würden nicht gebaut, kämen durch den Gesetzentwurf doch wieder in die Planungen und in die Bauvorbereitungsmaßnahmen hinein, unberechtigt ist?
Herr Kollege, bei der Fortschreibung des Ausbauplans Bundesfernstraßen und der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans sind Planungen für insgesamt 7 000 km Autobahnen, die im bisherigen Ausbauplan Bundesfernstraßen als Maßnahmen der ersten oder der zweiten Dringlichkeitsstufe oder als Maßnahmen des möglichen weiteren Bedarfs ausgewiesen waren, fallengelassen worden. Dabei sind Planungen für 2 000 km Autobahn durch Planungen für Bundesstraßen ersetzt worden, und auf 5 000 km Autobahn wurde ersatzlos verzichtet. Ich glaube, dies ist ein sehr deutlicher Beweis dafür, daß sich die Bundesregierung im Straßenbau auch an der Wertvorstellung der Bürger, so wenig wie möglich die Landschaft in Anspruch zu nehmen, orientiert.
Noch eine Zusatzfrage.
Teilen Sie die Sorge der Verbände, die sagen, daß die Planung von Bundesstraßen später wieder zu einer Ausweitung auf die Form, die Größe und das Ausmaß von Autobahnen führen könnte und daß damit dieselben Umweltbelastungen und dieselben Umweltgefahren entstehen könnten?
Herr Kollege, die Bundesstraßen haben von ihren Konstruktionselementen her einen sehr viel geringeren Flächenbedarf, als das bei Bundesautobahnen der Fall ist, und gerade diese Reduzierung der Autobahnplanungen mit der Umwandlung von bisher geplanten 2 000 km in Bundesfernstraßen wird einfach dazu führen, daß
wir einen geringeren Bedarf an Land und Boden haben und von daher unsere Umwelt schützen.
Ich möchte aber gern noch eine generelle Feststellung machen. Die Bundesregierung ist natürlich bei ihrer Bundesfernstraßenplanung auch daran gehalten, eine angemessene Verkehrswegeinfrastruktur für eine sich stetig weiterentwickelnde Wirtschaft vorzuhalten, die Mobilität der Bürger und der Wirtschaft zu erhalten und zu fördern und letztlich auch die Freiheit der Bürger bei der Wahl der Verkehrsmittel auch in Zukunft sicherzustellen. Auch dies muß natürlich in die Fortschreibung einfließen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, können Sie dem Kollegen Dr. Meyer zu Bentrup seine Befürçhtungen dadurch nehmen, daß Sie ihn darauf hinweisen, daß eine Ausweitung von jetzt als zweispurig ausgewiesenen Bundesstraßen zu vierspurigen Autobahnen später selbstverständlich der neuen Beschlußfassung dieses Hauses bedarf?
Danke, Herr Kollege Merker, auch das ist richtig.
Keine Zusatzfragen mehr. Dann rufe ich Frage 51 des Herrn Kollegen Dr. Meyer zu Bentrup auf:
Teilt die Bundesregierung die Sorge der Verbände, daß derartige „Manipulationen" geeignet sind, das Vertrauen des Bürgers in die staatliche Verkehrsplanung zu erschüttern?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär.
Mahne, Parl. Staatsserkretär: Die Antwort ist eindeutig: Nein. Sie ergibt sich, Herr Kollege, auch aus meinen vorherigen Antworten.
Keine Zusatzfragen. Dann rufe ich Frage 52 des Herrn Abgeordneten Merker auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß von der Industrie eine druckknopfgesteuerte Fußgängersignalanlage entwickelt worden ist, die durch den Einbau einer Induktionsschleife gleichzeitig zu einer Reduzierung überhöhter Geschwindigkeiten in Wohnraumsammelstraßen beiträgt, indem sie vor zu schnell fahrenden Autos auf Rotlicht umschaltet?
Herr Kollege Merker, der Bundesregierung ist eine Entwicklung einer Ampel der von Ihnen beschriebenen Art nicht bekannt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie vie-leicht bitten, die Veröffentlichungen der Tagespresse in Ihrem Wahlkreis aus den letzten Wochen daraufhin noch einmal zu überprüfen? Vielleicht wird Ihnen dann die Entwicklung einer solchen Anlage, wie ich sie in meiner Frage beschrieben habe, deutlich, und vielleicht könnten Sie mir dann die Stellungnahme der Bundesregierung gelegentlich nachliefern.
Ich bin gern dazu bereit, Herr Kollege.
Keine Zusatzfrage mehr. Dann folgt die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Merker:
Wie beurteilt die Bundesregierung diese Anlage im Hinblick auf die Verkehrssicherheit und den Verkehrsfluß?
Herr Kollege, durch eine derartige Anlage, die den Verkehrsfluß zum Teil erheblich vermindern kann, ist nach Auffassung der Bundesregierung eine Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht zu erreichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Merker.
Ich hatte in meiner Frage nicht nur nach der Verkehrssicherheit, sondern auch nach dem Verkehrsfluß gefragt, und eine solche Anlage, wie sie von mir beschrieben worden ist, hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf den Verkehrsfluß. Darf ich Sie bitten, meine Frage auch insoweit noch zu beantworten.
Sie hemmt den Verkehrsfluß natürlich, und deshalb sind wir zu der Auffassung gekommen, daß sie nicht der Verkehrssicherheit dient.
({0})
Keine Zusatzfragen mehr. Dann rufe ich Frage 54 des Herrn Abgeordneten Dr. Bötsch auf:
Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und in den zuständigen Gremien die Anregung der Gewerkschaft der Deutschen Bundesbahnbeamten und Anwärter, Bezirk Nürnberg, aufzugreifen, eine Umtauschaktion „Führerscheine gegen Seniorenpaß" mit finanziellen Vergünstigungen für Senioren durchzuführen?
Herr Kollege Dr. Bötsch, die Gestaltung der Tarife und der Sonderangebote wie z. B. des Seniorenpasses fällt nach dem Bundesbahngesetz in die Eigenverantwortung der Deutschen Bundesbahn. Bei dem Seniorenpaß der Deutschen Bundesbahn handelt es sich um ein kaufmännisch kalkuliertes Sonderangebot, bei dem der Paßpreis und die Halbpreisfahrkarten die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg bilden. Bei einem Verzicht auf den Paßpreis würde künftig nicht nur ein wesentlicher Einnahmeanteil entfallen, sondern es müßten auch bereits erworbene Pässe vergütet werden, zumal jetzt schon zahlreiche Führerscheininhaber das ohnehin sehr vorteilhafte Angebot des Seniorenpasses nutzen.
Im übrigen würden gezielte finanzielle Vergünstigungen für Führerscheininhaber den Gleichheitsgrundsatz des § 6 Abs. 1 der Eisenbahnverkehrsordnung, wonach die Tarife gegenüber jedermann in gleicher Weise angewendet werden müssen, verletzen. Zielgruppenorientierte Ermäßigungen dürfen deshalb nur an objektiven Unterscheidungsmerkmalen wie z. B. Lebensalter, Gruppe, Reisezweck und nicht an subjektiven Unterscheidungsmerkmalen wie z. B. Besitz eines Führerscheins ausgerichtet sein.
Die Bundesregierung sieht daher keine Möglichkeit für eine Verwirklichung der von Ihnen auch
dem Vorstand der DB vorgeschlagenen Umtauschaktion.
Keine Zusatzfrage. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Ich begrüße den Herrn Parlamentarischen Staatssekretär Stahl.
Ich rufe Frage 57 des Herrn Abgeordneten Dr. Probst auf. - Er ist nicht im Saal. Die Frage wird ebenso wie die von ihm gestellte Frage 58 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 59 des Herrn Abgeordneten Möhring auf:
Liegen dem Bundesforschungsminister Erfahrungen zur Technologie der Tritiumverpressung vor?
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen zusammen beantworten?
Der Fragesteller ist einverstanden. Die Fragen 59 und 60 werden zusammen beantwortet. Ich rufe auch noch die Frage 60 auf:
Ist eine solche Technologie in Woltersdorf, Landkreis Lüchow-Dannenberg, beabsichtigt?
Herr Kollege Möhring, die Verpressung von wäßrigen Flüssigkeiten in tiefe geologische Formationen ist seit Jahren Stand der Technik. Die Erdölindustrie verpreßt z. B. für die Bohrspülung verwendete Salzlaugen in den Untergrund.
Zur Entsorgung des Kernforschungszentrums und der Pilot-Wiederaufarbeitungsanlage WAK bei Karlsruhe von tritiumhaltigen Abwässern wurde seit 1971 die Verpressung in eine Erdöllinse bei Leopoldshafen, die nicht mehr förderwürdig war, vorbereitet. Die Projektierung des Vorhabens ist abgeschlossen. Die Genehmigungsunterlagen liegen bei den zuständigen Landesbehörden vor. Der nächste Schritt im Genehmigungsverfahren ist die Erörterung der Einsprüche. Eine Verpressung von Tritiumwasser in den Untergrund ist in der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht erfolgt.
Auf dem Bundespostgelände bei Woltersdorf, Kreis Lüchow-Dannenberg, wurde ein ca. 20 ha großes Teilstück ausgewiesen, um zu erkunden, ob der tiefe geologische Untergrund an dieser Stelle für eine Verpressung von Tritiumwasser aus dem Entsorgungszentrum geeignet ist. Eine solche Erkundungsbohrung ist dort zur Zeit jedoch nicht geplant, da die niedersächsische Landesregierung das Genehmigungsverfahren für das nukleare Entsorgungszentrum aus politischen Gründen nicht fortführt.
Zusatzfrage, Herr Kollege Möhring.
Herr Staatssekretär, können Sie die in der „Elbe-Jeetzel-Zeitung", das ist die zuständige Regionalzeitung, vom 8. Dezember 1979 getroffenen Feststellungen bestätigen, daß die Bundesregierung ihre Informationspflicht vernachlässige und sowohl zuständige Organe des Landes, des Landkreises wie auch der Bürger über die Absicht einer Tritiumverpressung im unklaren gelassen habe?
Herr Kollege, die in der „Elbe-Jeetzel-Zeitung" vom 8. Dezember 1979 getroffenen Feststellungen unter dem Titel „Verkauf Woltersdorf ist ein unerhörter Vorgang", die unter anderem der Bundesregierung vorwerfen, sie habe ihre Informationspflicht vernachlässigt, weil sie die zuständigen Organe des Landes Niedersachsen und des Landkreises Lüchow-Dannenberg über die Absicht von Versuchen zur Tritiumverpressung im unklaren gelassen habe, treffen sachlich nicht zu und sind auch an die falsche Adresse gerichtet. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt ({0}) hatte am 26. März 1979 bei der zuständigen niedersächsischen Bergbehörde, beim Bergamt Celle, Anträge auf Genehmigung von Lokationsbetriebsplänen zur Durchführung von Untersuchungsbohrungen auf einem ca. 20 ha großen Stück des Bundespostgeländes bei Woltersdorf gestellt. Die Pflicht zur Information über die Bohranträge gegenüber der Landesregierung, dem Landkreis und weiteren Körperschaften obliegt weder der PTB noch der Bundesregierung, sondern nach § 68 Abs. 2 des niedersächsischen Berggesetzes der zuständigen Genehmigungsbehörde, hier das Bergamt Celle. Diese Behörde ist demnach verpflichtet, alle Behörden und Körperschaften, die von dem Vorhaben berührt sein könnten, vor Erteilung einer Genehmigung zu informieren.
Der Bundesregierung kann daher kein Versäumnis vorgeworfen werden.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Möhring.
Haben Sie, Herr Staatssekretär, eine Erklärung dafür, warum sogar der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, wie behauptet wurde, uninformiert geblieben sein soll?
Herr Kollege Möhring, aus meiner Antwort auf die erste Zusatzfrage ist zu ersehen, daß der Bundesregierung keine Erklärung dafür zusteht, falls der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen von seinen Behörden keine Information erhalten hat.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Möhring.
Sind demnach Meldungen in dieser Richtung als irreführend und falsch zu bezeichnen?
Herr Kollege Möhring, aus dem eben Gesagten geht unmißverständlich hervor, daß die in Rede stehende Pressemeldung nicht zutreffend ist. Ich möchte dazu feststellen, daß gerade im Hinblick auf Probebohrungen der Bund bzw. die ihm nachgeordnete Behörde, hier die PTB,
die Öffentlichkeit stets sehr offen und umfassend informiert haben und dies auch in Zukunft so halten werden.
Zu einer vierten Zusatzfrage Herr Kollege Möhring.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß der im Zusammenhang mit einer damals beabsichtigt gewesenen Tritiumverpressung genannte Landbedarf auf dem Gelände der ÜFEST richtig widergegeben ist? Oder wie sind die tatsächlichen Überlegungen der Bundesregierung zur Verwendung der dort im Bundesbesitz befindlichen Landflächen?
Herr Kollege Möhring, der in der hier in Rede stehenden Pressemitteilung genannte Geländebedarf von 280 ha für TritiumErderkundungsbohrungen ist falsch. Richtig ist vielmehr folgendes. Das Gesamtgelände der Bundespost umfaßt ca. 600 ha. Davon werden 300 ha für die eigentliche Überseefunkeinrichtung der Post verwendet, auf denen jetzt Einheiten des BGS untergebracht sind. Das für Erkundungsbohrungen vorgesehene Stück umfaßt ca. 20 und nicht 280 ha. Der Rest ist seit vielen Jahren an Landwirte zur Nutzung ver- pachtet.
Im übrigen stehen die Bohrungen zur Untersuchung der eventuellen späteren Möglichkeit einer Tritiumwasserverpressung im tiefen Untergrund zur Zeit nicht mehr zur Debatte, da die entsprechenden Anträge der PTB mit Rücksicht auf die Entscheidung der niedersächsischen Landesregierung zum Entsorgungszentrum auf Weisung des BMI zurückgezogen wurden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Meine Damen und Herren, die Zeit für die Fragestunde ist abgelaufen. Die übrigen Fragen werden morgen beantwortet.
Ich schließe die Sitzung und berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 24. Januar 1980, 9 Uhr ein.