Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich folgende amtliche Mitteilung bekanntgeben. Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen, Stand 27. November 1979, vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Bericht über das Ergebnis der Verhandlungen im Rat über ein mehrjähriges Forschungs- und Entwicklungsprogramm der EWG auf dem Gebiet der Rückgewinnung von Industrie- und Hausmüll ({0}) - Drucksache 8/3406 zuständig:
Ausschuß für Forschung und Technologie ({1}) Haushaltsausschuß
Überplanmäßige Ausgaben bei Kap. 0502 Tit. 68612 für sofortige Hilfsmaßnahmen zugunsten der Bevölkerung von Kambodscha - Drucksache 8/3414 zuständig: Haushaltsausschuß
Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Es wird so verfahren.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll der abgesetzte Punkt 28 der Tagesordnung wieder in die Tagesordnung aufgenommen und heute ohne Aussprache behandelt werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat mit Schreiben vom 20. November 1979 einen Nachtrag zur Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten de Terra, Dr. Köhler ({2}), Dr. Möller, Pfeifer, Dr. Kreile, Niegel, Broll, Daweke, Dr. Sprung, Rühe, Voigt ({3}), Dr. Jenninger und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Regelung der Beteiligung bildender Künstler an öffentlichen Baumaßnahmen - Drucksachen 8/3130, 8/3168 übersandt. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/3424 verteilt.
Die in Drucksache 8/3339 unter Nr. 6 aufgeführte EG-Vorlage Mittei. lung über das Energieprogramm der Europäischen Gemeinschaft wird als Drucksache 8/3441 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 15. November 1979 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat:
Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für ein zweites Fünfjahres-Programm ({4}) für die Behandlung ({5}) und Lagerung radioaktiver Abfälle ({6}) - Drucksache 8/2847 Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 14. November 1979 mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EG-Vorlage zur Kenntnis genommen hat:
Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 78/25/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Stoffe, die Arzneimitteln zum Zwecke der Färbung hinzugefügt werden dürfen - Drucksache 8/3280 Nr. 12 Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 14. bis 27. November 1979 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/3452 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen.
Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 28 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jahn ({7}), Dr. Schneider, Blügel, Erpenbeck, Eymer ({8}), Francke ({9}), Kolb, Lintner, Dr. Möller, Niegel, Schmidt ({10}) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Dritten. Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften
- Drucksache 8/3357
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Rechtsausschuß ({11})
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
Das Wort wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt vor, daß dieser Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau überwiesen wird. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf:
a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Zweiten Wohnungsbaugesetzes ({12})
- Drucksache 8/1769 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({13})
- Drucksache 8/3403 Berichterstatter:
Abgeordnete Paterna, Francke ({14})
({15})
b) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Dr. Jahn ({16}), Dr. Schneider, Eymer ({17}), Francke ({18}), Kolb, Lintner, Dr. Möller, Niegel, Luster, Sauer ({19}),
Präsident Stücklen
Schmidt ({20}) und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes
- Drucksache 8/2386 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({21})
- Drucksache 8/3403 Berichterstatter:
Abgeordnete Paterna, Francke ({22})
({23})
Es ist eine verbundene Debatte vereinbart worden. Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Francke ({24}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Länge der Beratungen und insbesondere das Ihnen vorliegende Ergebnis rechtfertigen aus der Sicht der CDU/CSU-Fraktion die wertende Bemerkung: Der Berg kreißte und gebar eine Maus.
Wer immer sich in diesem Hause oder außerhalb mit den Problemen des sozialen Wohnungsbaus beschäftigt, stellt übereinstimmend ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit folgende Analyse auf.
Erstens. Der freifinanzierte Wohnungsbau stagniert.
Zweitens. Der öffentlich geförderte Wohnungsbau ist zum Preisführer im Wohnungsbau geworden.
Drittens. Eine angemessene Wirtschaftlichkeit des privaten Haus- und Grundeigentums ist vielfach nicht gewährleistet.
Viertens. Der sozial schwache Mitbürger erfährt heute nicht die gezielte Förderung, die die eigentliche Zielsetzung des sozialen Wohnungsbaus sein soll.
Fünftens. Mit unterschiedlicher Quotierung, aber im Grundsatz übereinstimmend, stellen wir fest, daß ein Teil der heutigen Mieter im sozialen Wohnungsbau - weder von Gesetzes wegen noch wirtschaftlich oder sozial gerechtfertigt - preiswerte Sozialwohnungen dem wirklich Anspruchsberechtigten vorenthalten bzw. noch nicht einmal eine angemessene Miete zahlen.
Sechstens. Die Zahl der Wohnungssuchenden nimmt gerade in den Ballungsgebieten wieder zu; besonders hart davon betroffen sind die jungen Familien.
Siebentens. Die Mittel des Bundes und der Länder für die zukünftige Finanzierung des sozialen Wohnungsbaues und die Verbesserung des Wohnumfeldes sind nicht ausreichend, können aber auch auf normalem Weg nicht wesentlich erhöht werden.
Achtens. Die Möglichkeiten zum Erwerb von Wohnungseigentum, auch als Geschoßeigentum,
sind nach wie vor nicht den Anforderungen des vorhandenen Markts entsprechend.
Ich habe an dieser Stelle schon einmal gesagt und wiederhole es: Die Lösung der Strukturprobleme im sozialen Wohnungsbau ist in ihrer Dimension der großen Rentenreform der 50er Jahre vergleichbar, und sie hat die gleiche Brisanz wie diese. Sie hat sie, weil ohne die behutsame, aber notwendige Aufhebung von Besitzständen keine Lösung möglich ist. Ich unterstütze daher in vollem Umfang die Äußerung des Geschäftsführers des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes auf der Mitgliederversammlung vom 12. September 1979 - ich zitiere -:
Politik mit dem Wohnungsbestand und im Wohnungsbestand ist bei weitem nicht alles. Aber ohne sie ist in der Wohnungsbaupolitik künftig alles nichts.
Wie in vielen anderen Bereichen der Politik standen sich bei der Beratung des vom Land Nordrhein-Westfalen vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes und des Zweiten Wohnungsbaugesetzes zwei grundsätzlich konträre Auffassungen im Ausschuß gegenüber: die - wie ich nicht zu Unrecht vermute - Mehrheitsmeinung in der SPD-Fraktion, die alles versucht hat, um zu verhindern, daß mit einem Mehr an Liberalität, einem Mehr an sozialer Marktwirtschaft eine Lösung der vorhandenen Strukturprobleme erreicht wird, und auf der anderen Seite die Überzeugung der CDU/ CSU-Fraktion, daß allein durch eine gezielte, nicht überstürzte Überführung der Wohnungswirtschaft in die Rahmenbedingungen der sozialen Marktwirtschaft die Strukturkrise des sozialen Wohnungsbaues behoben werden kann.
Ich verkenne dabei nicht, daß es einsichtige Sozialdemokraten gibt, die uns auf diesemWeg gern gefolgt wären, gerade in der Wohnungswirtschaft. Aber die dem Gedanken der sozialen Marktwirtschaft ablehnend gegenüberstehenden Kräfte in der Sozialdemokratie haben auch hier gewonnen.
Bezeichnend für die Gegensätze in der SPD-Fraktion sind zwei Äußerungen von Sozialdemokraten aus den letzten Tagen. So hat Herr Minister Dr. Haack nach dem „Hamburger Abendblatt" vom 27. November 1979 erklärt - ich zitiere -:
Minister Haack appellierte an die Wohnungsunternehmen, jetzt verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Sozialwohnungen an die bisherigen Mieter zu verkaufen, selbst wenn dadurch die Veräußerungen nicht so zügig vonstatten gehen.
Und das heißt doch: nicht so zügig an Dritte verkauft werden können.
Dagegen hat Herr Paterna am 28. November 1979 gegenüber der Zeitung „Die Welt" erklärt - ich zitiere -:
Die Chancen für Erwerber früherer Sozialwohnungen, einmal selbst in das gekaufte Heim einziehen zu können, werden immer schlechter. In Bonn sind die Weichen für eine zehnjährige Schutzfrist der Mieter gestellt.
Francke ({0})
Wie hat der Herr Dr. Haack kürzlich gesagt: Er
sitze zwischen allen Stühlen.
({1})
Wo ist bei diesem Ablauf der Beratungen die FDP geblieben? Nun, der diesen Beratungen zugrunde liegende Gesetzentwurf des Landes Nordrhein-Westfalen wurde im Haus des Landesministers Dr. Hirsch konzipiert. Daher war der Kollege Gattermann verpflichtet, für diesen Entwurf zu kämpfen. Wer jedoch die bescheidenen Ansätze einer Liberalisierung im Gesetzentwurf mit den Ergebnissen der Ausschußberatungen vergleicht, wird nicht umhinkönnen festzustellen, daß die Zielsetzung des Gesetzentwurfs nicht nur aufgegeben worden ist, sondern daß hier heute ein Gesetz ohne praktischen Wert beschlossen werden soll.
({2})
Sie, Herr Gattermann, haben selber in schöner Offenheit in den Medien erklärt, daß Ihre wohnungspolitischen Ansichten denen meiner Fraktion viel näher ständen als denen der SPD. Wenn dem so ist, frage ich Sie: Warum sind Sie dann nicht einmal bei Ihrem eigenen Gesetzentwurf bzw. dem des Herrn Dr. Hirsch standfest geblieben bzw. haben Sie sich nicht unseren weitergehenden Anträgen angeschlossen? Gilt denn bei Ihnen nur noch das Gebot der Machterhaltung und nicht auch noch bessere sachliche Überzeugung und Einsicht?
({3})
Die Zielsetzung des Gesetzentwurfs lautete in der Drucksache 8/1769 - ich zitiere -:
Auf Grund der gegenwärtigen wohnungswirtschaftlichen Verhältnisse ist es notwendig, die Bindungen für öffentlich geförderte Wohnungen aufzulockern. Insbesondere sollte es den Eigentümern der geförderten Wohnungen erleichtert werden, sich durch Rückzahlung der öffentlichen Mittel von den Belegungs- und Mietpreisbindungen zu befreien.
Bei dieser Zielsetzung stand meine Fraktion vor zwei grundsätzlichen Fragen. Erstens: Wird der Entwurf dem von unserer Fraktion immer praktizierten bzw. geförderten Gedanken einer breiteren Streuung von Eigentum auch und gerade in Arbeitnehmerhand gerecht, stellt er den Beginn einer notwendigen Liberalisierung dar, war der Gesetzentwurf ein Schritt in die richtige Richtung? Zweitens: Welche Wirkungen würden die Änderungsanträge der SPD-Fraktion, denen sich die FDP anschließen mußte, erzielen?
Zur ersten Frage: Ja, der Entwurf stellt einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar, aber er wird unsicher, halbherzig, in manchen Punkten nicht einmal konsequent zu Ende gegangen. Insbesondere fehlen ihm familienfreundliche Komponenten. Es mußte daher das Anliegen meiner Fraktion sein, durch Änderungs- und Ergänzungsanträge dem eigenen politischen Willen zum Durchbruch zu verhelfen, was gleichzeitig bedeutete, dem Grundanliegen der Verfasser eigentlich erst eine gesetzliche Basis zu geben.
Zur zweiten Frage: In logischer Konsequenz des zuvor Gesagten können wir keinen der von der SPD eingebrachten Änderungsanträge akzeptieren; denn damit gehen wir nicht einen Schritt vorwärts in Richtung Liberalisierung, sondern einen Schritt zurück.
Lassen Sie mich die gegensätzlichen Positionen an einer Reihe von Beispielen verdeutlichen. Das zu verabschiedende Gesetz soll nach dem Willen der Mehrheit entsprechend den Bestimmungen nach § 5 a in Verbindung mit § 16 Abs. 4 keine Anwendung finden in Gebieten mit erhöhtem Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen; wo derartige Gebiete liegen, soll die jeweilige Landesregierung durch Rechtsverordnung bestimmen können. Wenn auch heute in der zweiten und dritten Lesung so beschlossen wird, hat das folgende Wirkungen: Erstens, es stellt eine wesentliche Verschärfung gegenüber dem geltenden Recht dar. Zweitens, diese Bestimmungen stehen in krassem Gegensatz zur Ansicht der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Drittens, praktisch wird es dazu führen, daß in sozialdemokratischen Ländern keinerlei Liberalisierung stattfindet; dagegen findet in christlich demokratischen bzw. christlich-sozialen Ländern eine Liberalisierung statt, und der Bürger kann seinen Wunsch auf Schaffung von Wohnungseigentum verwirklichen.
Mit dieser Koppelung der Bestimmungen und ihrem Inhalt hebeln Sie die gesamte Zielsetzung des nordrhein-westfälischen Entwurfs aus den Angeln und gehen hinter die vorhandene Rechtsposition noch zurück; Sie verschärfen sie, und dies hat nach meiner Auffassung nichts mit Liberalisierung zu tun.
Daß hier im übrigen der politische Wille und nicht sachliche Einsicht im Vordergrund steht, wird auch dem deutlich, der den Versuch unternimmt, einmal festzustellen, wie denn eine Landesregierung objektiv feststellen soll, wo ein erhöhter Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen vorhanden ist. Weder die SPD-Fraktion hat hierzu klare, einleuchtende Argumente im Ausschuß vorgetragen, noch haben uns die Sachverständigen bei der Anhörung helfen können. Es heißt daher auch im Ausschußbericht wörtlich:
Im wesentlichen hat sich ergeben, daß es gegenwärtig keine hinreichend exakten Daten und nicht genügend unstrittige Kriterien gibt, um den künftigen Wohnungsbedarf exakt definieren und ihn zur regionalen Abgrenzung und zur Differenzierung nach der Angebotsstruktur ver- wenden zu können.
Die CDU/CSU-Fraktion ist dagegen nach wie vor der Auffassung, daß es bei der alten gesetzlichen Regelung als Minimallösung belassen werden sollte, d. h. daß das neue Gesetz generell im ganzen Bundesgebiet gelten sollte, es sei denn allenfalls, die zuständige Landesregierung würde Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf durch Rechtsverordnung zu Ausnahmegebieten bestimmen.
Francke ({4})
Da die SPD-Fraktion allein eine politische Begründung liefert, lassen Sie mich auch hierzu noch einiges sagen. Sie argumentieren mit der Notwendigkeit, den vorhandenen Sozialwohnungsbestand für die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung erhalten zu wollen. Nur, wie sieht die Praxis aus? Die Anhörung hat ergeben, daß die Fluktuationsrate im sozialen Wohnungsbestand jährlich zirka 3 bis 5% beträgt, also unbedeutend ist. Wir haben vor Jahren gemeinsam Kündigungsschutzgesetze beschlossen, die niemand ändern will. Von Lage, Zustand und Größe der Wohnungen sowie dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage her wird nur ein Teil der Sozialwohnungen über die Lockerung der Bindungen zur Umwandlung in Eigentumswohnungen kommen. Sie erhöhen also in gar keiner Weise die Zahl der angebotenen Wohnungen und werden Ihrem Anliegen damit in keinem Falle gerecht. Im Gegenteil, Sie verhindern zweierlei:
Erstens. Durch einen schnelleren vorzeitigen Rückfluß öffentlicher Gelder bestände die Möglichkeit, die derzeitigen Mittel für den sozialen Wohnungsbau zu erhöhen und gezielter einsetzen zu können.
Zweitens. Sie schreiben vorhandenes soziales Unrecht fest, das darin besteht, das Bedürftige schlechter oder gar nicht gefördert werden als zwischenzeitlich gut Verdienende, also Fehlbeleger, die weder einen Rechtsanspruch auf, noch eine Sozialbegründung für eine öffentliche Subventionierung ihrer Miete haben.
Es ist das Ziel der Änderungsanträge der CDU/ CSU-Fraktion, zu einer Erhöhung der Mittel im sozialen Wohnungsbau über die vorzeitige Rückzahlung der ausgeliehenen Gelder zu kommen und gleichzeitig einen Einstieg wirtschaftlicher Art in die Lösung des Fehlbelegerproblems zu erhalten, ohne Verdrängungstatbestände zu erzielen.
Wie erfolgreich eine derartige Mobilisierung öffentlicher Förderungsmittel sein kann, macht uns das Land Baden-Württemberg seit 1975 vor. In Baden-Württemberg wird Eigentümern von Mietwohnungen bei vorzeitiger Rückzahlung der öffentlichen Darlehen eine Prämie aus Landesmitteln gewährt, die derzeit 20 % beträgt. Bis zum 31. Dezember 1978 hatte die Mobilisierungsaktion folgendes Ergebnis: Die Einnahmen des Landes betrugen 244,7 Millionen DM, von denen nach Abzug von 66,3 Millionen DM für Prämien als Nettoeinnahme 178,4 Millionen DM verblieben.
Alle diese Rückflüsse müssen in Baden-Württemberg wieder für den Wohnungsbau eingesetzt werden. Natürlich hat der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg bei der Festlegung der jährlichen Mittel für den Wohnungsbau auch die Rückflüsse im Auge. Dennoch hat die Mobilisierungsaktion zu einer Ausweitung der Förderung für den sozialen Wohnungsbau geführt. Es wird niemand in diesem Hause ernsthaft behaupten wollen, daß es in Baden-Württemberg unerträgliche Versorgungsprobleme im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus gibt.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, wird man mit einem derartigen Vorgehen auch dem Wunsch weiter Bevölkerungskreise in der Bundesrepublik nach Schaffung von mehr Wohnungseigentum gerecht. „Der Wille, Eigentum an Wohnraum zu bilden, ist in unserer Bevölkerung ungebrochen. 80 Prozent der Mieterhaushalte wünschen sich Wohneigentum", so das wörtliche Zitat von Dr. Haack aus dem Bulletin der Bundesregierung Nr. 145 vom 27. November dieses Jahres.
Sie, die SPD-Fraktion - damit komme ich zu einer weiteren grundlegenden Differenz -, wollen im § 16 des Wohnungsbindungsgesetzes die Nachwirkungsfrist bei vorzeitiger Rückzahlung der öffentlichen Mittel auf zehn Jahre festschreiben und berufen sich dabei u. a. auf das geltende Recht. Wir dagegen beantragen, die Nachwirkungsfrist von zehn auf fünf Jahre zu reduzieren. Generell gilt auch hier, was ich bereits ausgeführt habe: Es kann nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, vorhandene ungerechte Besitzstände festzuschreiben, sondern es muß vielmehr seine Aufgabe sein, durch Änderung dieser Vorschrift auch dazu beizutragen, daß sowohl eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im Wohnungswesen erzielt wird wie auch die öffentliche Förderung nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgt, sondern gezielt dem wirklich Bedürftigen zugute kommt.
({5})
Auch durch diese Bestimmung zieht sich wie ein roter Faden der Grundgedanke der SPD, einen erkennbar vorhandenen Mangel nicht abzustellen, sondern vermeintlich besser zu verwalten, also nicht mehr Liberalisierung, nicht mehr Soziale Marktwirtschaft, sondern mehr Reglementierung, mehr Staat, mehr Verwaltung zu wollen.
Lassen Sie mich hier auf eine Diskussion eingehen, die Sie, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, draußen führen, die den Bürger nicht informiert, ihm also hilft, sondern ihn desinformiert und daher verunsichert. Besonders der Kollege Paterna wird nicht müde, zu behaupten, es gelte im Rahmen dieses Gesetzes zu verhindern, daß die heutigen Mieter schutzlos, von skrupellosen Geschäftemachern ausgenutzt und mit ihren Familien auf die Straße gesetzt würden. Ich finde eine derartige Diskussion nicht nur unsachlich, sondern im Hinblick auf die Gefühlslage der Menschen widerwärtig.
({6})
Welches sind die Fakten, die weder durch den ursprünglichen Gesetzentwurf noch durch irgendwelche Änderungsanträge der CDU/CSU-Fraktion geändert würden?
Erstens. Mieter, deren Wohnungen nicht mehr den Bindungen öffentlich geförderter Wohnungen unterliegen, genießen ohne Einschränkung die Bestimmungen der bestehenden Mieterschutzgesetze. Hier ändert sich absolut nichts.
Zweitens. Erwirbt ein Dritter mit Wohnberechtigungsschein nach § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes eine Sozialwohnung, so sieht die RechtsFrancke ({7})
lage wie folgt aus. Es gilt der doppelte Kündigungsschutz des BGB mit der Besonderheit, daß innerhalb einer Frist von drei Jahren nach Umwandlung der Wohnung wegen Eigenbedarfs nicht gekündigt werden kann. Nach Ablauf der drei Jahre kann sich der Erwerber auf Eigenbedarf berufen. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs setzt aber voraus, daß der Erwerber die Wohnung für sich oder seine Familienangehörigen benötigt. Hierzu bedarf es einer eigenen unzulänglichen Unterbringung. Der bloße Wunsch, die eigene Wohnung zu beziehen, rechtfertigt eine Kündigung nicht. Sollten im Einzelfall auf seiten des Erwerbers die Voraussetzungen für Eigenbedarf vorliegen, so hat er über die dreijährige Wartefrist hinaus die gesetzlichen Kündigungsfristen zu beachten. Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate, bei fünfjähriger Mietdauer sechs Monate, bei achtjähriger Mietdauer neun Monate und bei zehnjähriger oder längerer Mietdauer zwölf Monate. Darüber hinaus kann der Mieter nach der Sozialklausel des § 556a BGB einer Kündigung widersprechen, wenn der Auszug für ihn einen Härtefall bedeuten würde. Das würde sehr viele Sozialmieter treffen. Wer z.B. ein hohes Alter hat, wer pflegebedürftig ist, wer angemessenen Wohnraum zu gleichen Kosten nicht beschaffen kann oder wer auf bestimmte Versorgungseinrichtungen in der Nachbarschaft angewiesen ist, braucht überhaupt nicht auszuziehen, wenn er der Kündigung widerspricht.
Sollte der Dritterwerber nicht wohnberechtigt sein, so liegt folgende Rechtslage vor. Er kann die Wohnung auf keinen Fall kündigen, solange sie eine Sozialwohnung ist. Das ist sie, solange die planmäßige Tilgung läuft, im Falle der vorzeitigen Ablösung der öffentlichen Mittel so lange, wie die planmäßige Tilgung gelaufen wäre, nach unserer Auffassung jedoch längstens fünf Jahre, bezogen auf die Nachwirkungsfrist.
Hat die Wohnung ihre Eigenschaft als Sozialwohnung verloren - d. h. nach Ablauf der fünfjährigen Nachwirkungsfrist bzw. dem Ende der planmäßigen Tilgung -, so gilt der von mir eingangs beschriebene doppelte Kündigungsschutz des BGB.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Antwort der Bundesregierung auf meine Kleine Anfrage Drucksache 8/2250, in der die Bundesregierung klargemacht hat, daß der bestehende Mieterschutz ausreichend ist.
Ich habe das hier in aller Breite dargestellt, einerseits um aufklärend zu wirken, andererseits aber auch um deutlich zu machen, wie Sie wider besseres Wissen, aus vordergründig politisch-taktischen Gründen die Bürger verunsichern. Dabei muß hinzugefügt werden, daß Sie im übrigen von der völlig falschen Vorstellung ausgehen, der normale Haus- und Grundeigentümer trachte ständig danach, Kündigungen zu verschicken. Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Gegen eine spekulative Umwandlung von Sozialwohnungen in Eigentumswohnungen muß mit aller Härte des Gesetzes vorgegangen werden. Diese Gesetze sind aber auch vorhanden. Trotzdem und weil wir insbesondere die umgewandelten Sozialwohnungen den jetzigen Mietern zum Kauf anbieten wollen, haben wir Vorschläge für ein gesetzliches Vorkaufsrecht nach dem BGB gemacht.
Lassen Sie mich einen dritten grundsätzlichen Gegensatz aus den Diskussionen darstellen. Die SPD ist für die generelle Anhebung der Einkommensgrenzen nach § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Die mit Mehrheit beschlossene Anhebung ist eine gigantische Täuschung des Bürgers. Ihm wird eine Verbesserung seiner Position auf dem Felde der Wohnungssuche im öffentlich geförderten Wohnungsbau vorgegaukelt.
Die Anhebung ist aus unserer Sicht auch heute noch abzulehnen, und zwar aus folgenden Gründen. Die notwendige Neukonzeption der Wohnungsbaupolitik des Bundes wird erheblich erschwert. Sie bewirkt keine Änderung der derzeitigen verteilungspolitischen Ungerechtigkeiten des heutigen Wohnungsbaus und der heutigen Wohnungsbelegung. Sie verringert rechnerisch den Anteil der sogenannten Fehlbeleger, ohne das Problem zu lösen, vergrößert aber die Zahl der begünstigten Haushalte, die auf der Warteliste stehen, die im Ergebnis aber doch nicht in den Genuß der öffentlichen Förderung kommen können, verstärkt das Gießkannenprinzip, schafft einen zusätzlichen Neubaubedarf im sozialen Wohnungsbau durch Heraufsetzung der Eckwerte, die für breite Schichten der Bevölkerung Anspruchsvoraussetzung für eine angemessene Wohnungsversorgung sind, erfordert mittel- bzw. langfristig einen erheblichen zusätzlichen Finanzierungsbedarf aus öffentlichen Haushalten, den sie gar nicht in der Lage sind zu leisten.
Ich darf es noch einmal sagen: Sie erhöhen die Zahl der Anspruchsberechtigten, die Zahl derer, die schon heute vor den Zimmern der Wohnungsämter nach Wohnungen anstehen, ohne eine einzige Wohnung mehr zu schaffen. Hierbei bleiben die auf der sozialen Stufenleiter leider unten stehenden Bürger erst recht auf der Strecke, werden verdrängt von denen, die Sie durch die beabsichtigte Anhebung oben auf die Stufenleiter draufsetzen. Das heißt, Sie erhöhen den sozialen Druck nach unten. Außerdem verniedlichen Sie das Problem der Fehlbelegung, um anschließend mit biederer Miene zu verkünden, es gebe ja gar keine beachtliche Fehlbelegung. Nach Ihren Vorstellungen, meine Damen und Herren, würden 70 % der Bevölkerung eine öffentlich geförderte Wohnung beanspruchen können. Was ist das für ein Unsinn! Die CDU/CSU-Fraktion ist gegen diese Bürgertäuschung. Wir halten es allein aus familienpolitischen Gründen für angemessen, die Einkommensgrenzen in diesem Bereich anzuheben.
Meine Damen und Herren, eine Lösung der Strukturprobleme im sozialen Wohnungsbau ist nach unserer Überzeugung nur möglich, aber auch dringend geboten, wenn wir bereit sind, über Besitzstände offen zu sprechen, d. h., sie abzubauen. Dazu bedarf es einer schrittweisen Liberalisierung im Wohnungsbestand. Dazu bedarf es des Mutes, vom Bürger eine seinen individuellen Verhältnissen angepaßte Miete zu verlangen. Es ist nämlich nicht Auf14960
Francke ({8})
gabe des Staates, allen eine billige Wohnung zu liefern.
Genauso notwendig ist es jedoch, stärker als bisher in der Wohnungseigentumspolitik den Bestand zu fördern. Die Freisetzung heute noch gebundener öffentlicher Mittel durch vorzeitige Rückzahlung, um dann diese erneut, aber nach sozialen Gesichtspunkten gezielter, zusätzlich zu investieren, ist ein weiterer notwendiger Schritt. Wir sprechen uns daher auch für eine finanzielle Förderung derjenigen Mieter aus, die sich auf diesem Wege Wohnungseigentum schaffen wollen.
Ich habe von Mut gesprochen. Diesen Mut haben wir bewiesen und haben dem Hause entsprechende Vorschläge vorgelegt. Die SPD/FDP-Koalition hat die Chance leider nicht nur nicht genutzt, sondern sie will die Dinge in ihrem schlechten Zustand zementieren. Nach meiner Auffassung haben Sie eine klassische Vorlage zur Verwaltung des Mangels vorgelegt.
({9})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Paterna.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Francke hat dankenswerterweise in aller Breite die Mieterschutzgesetzgebung hier vorgetragen.
({0})
Ich finde das ja prima. Nur würde ich dann der Opposition doch empfehlen, Schluß zu machen mit dem Gerede draußen im Lande, bei interessierten Verbänden, die Mieterschutzgesetzgebung sei investitionshemmend. Irgendwo muß doch wohl mal eine einheitliche Sprachregelung her. Ich komme auf einige Ihrer Bemerkungen zurück.
Meine Ausführungen möchte ich in drei Teile gliedern. Der erste Teil ist der Zielsetzung des Gesetzentwurfs des Bundesrates gewidmet und dem, was die Koalitionsfraktionen daraus gemacht haben, im zweiten Teil werden ich mich mit den wesentlichen Argumenten der CDU/CSU auseinandersetzen und im dritten Teil Grundzüge einer Wohnungs- und Städtebaupolitik für die 80er Jahre aus sozialdemokratischer Sicht skizzieren.
({1})
Zum ersten Teil: In der Zielsetzung des vom Bundestag vorgelegten Gesetzentwurfs heißt es - ich zitiere den gleichen Satz, den auch der Kollege Francke schon zitiert hat -:
Auf Grund der gegenwärtigen wohnungswirtschaftlichen Verhältnisse ist es notwendig, die Bindungen für öffentlich geförderte Wohnungen aufzulockern.
Die SPD-Fraktion ist von Anfang an der Auffassung gewesen, daß eine solche Notwendigkeit weder in dem Entwurf begründet ist noch sachlich begründet werden kann, schon gar nicht in so pauschaler Form.
Ich habe das bereits in der ersten Lesung hier im Bundestag deutlich gemacht.
Ebenso deutlich hat sich die SPD von Anfang an gegen das erklärte Ziel des Gesetzentwurfs ausgesprochen - ich zitiere wieder wörtlich -, „den Bestand der Sozialwohnungen allmählich in marktwirtschaftliche Verhältnisse zu überführen". Wir halten nämlich die vielfach zu hörende Aussage, Wohnungsnachfrage und Wohnungsbestand seien in der Bundesrepublik ausgeglichen, man könne also von einer globalen Bedarfsdeckung reden, angesichts des ungenügenden statistischen Materials für eine nicht zu beweisende Behauptung. Die Schätzungen von Fachleuten über den tatsächlich vorhandenen Bestand weichen um bis zu zwei Millionen voneinander ab. Sicher ist: in Ballungsgebieten wird in letzter Zeit eine zunehmende Verschärfung der Lage auf dem Wohnungsmarkt beobachtet. Insofern, Herr Kollege Francke, stimmen wir zwar überein, nur in den Rezepten sind wir unterschiedlicher Auffassung.
Wir gehen von folgendem Grundsatz aus - ich zitiere die Aussage unseres Wohnungsbauministers Haack aus seiner Rede vor dem Deutschen Verband am 23. November dieses Jahres -:
Wohnen gehört neben der Arbeit, der Ernährung und der Ausbildung zu den zentralen Lebensbereichen, die des besonderen staatlichen Schutzes bedürfen.
({2})
Ich zitiere weiter:
Gerade beim Wohnraum ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums besonders ausgeprägt.
Das ist Meßlatte von Sozialdemokraten zur Bewertung wohnungspolitischer Änderungsvorschläge.
Wir haben deshalb eingeräumt, daß in einzelnen Gebieten der Bundesrepublik die Aufrechterhaltung der Sozialbindung im gegenwärtigen Umfang nicht mehr notwendig ist. Deshalb haben wir uns für eine Regelung eingesetzt, die grundsätzlich von der gegenwärtigen Rechtslage ausgeht und nur ausnahmsweise die „Liberalisierung" - ich setze das mal in Anführungsstriche - für Gebiete zuläßt, für die der Nachweis erbracht wird, daß ein Bedarf an sozialen Mietwohnungen zur Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum nicht mehr besteht.
Eine solche - wie wir das genannt haben - Umkehrung der Beweislast war in den Koalitionsgesprächen nicht einvernehmlich zu erreichen. Wir Sozialdemokraten erwarten deshalb von den Gemeinden, daß sie die Bedarfslage unverzüglich gründlich prüfen und gegebenenfalls die Landesregierungen auffordern, von der erweiterten Ermächtigung nach § 16 Gebrauch zu machen, weitere Gebiete mit erhöhtem Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen auszuweisen.
In diesem Zusammenhang verweisen wir darauf, daß es uns nicht allein um den Schutz der derzeitigen Mieter geht - da sind wir nämlich grundsätzlich auseinander sondern auch um den Schutz
des freiwerdenden Bestandes, um zukünftige Nachfragen befriedigen zu können.
({3})
Darüber hinaus wurde erst nach Vorlage des Gesetzentwurfes deutlich, daß ein erweiterter Mieterschutz vor der Verdrängung in den Fällen dringend geboten ist, in denen Sozialmietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Diesem Anliegen wird durch eine Koppelung von Mitteilungsverpflichtung, Vorkaufsrecht und Ausschluß der Eigenbedarfskündigung für die gesamte Dauer der Sozialbindung Rechnung getragen. Für die Notwendigkeit dieses so erweiterten Mieterschutzes hat es in der Koalition zu keinem Zeitpunkt Zweifel gegeben.
In einem weiteren wesentlichen Punkt, der Erhöhung der Einkommensgrenzen für den sozialen Wohnungsbau, sind die Koalitionsfraktionen über die Vorschläge des Bundesrates und diesbezügliche Einlassungen der Bundesregierung hinausgegangen. Insbesondere die SPD-Fraktion legt Wert darauf, die Einkommensgrenzen, die seit 1974 unverändert geblieben waren, der Einkommensentwicklung wenigstens annähernd anzupassen und sie um mindestens 20% zu erhöhen.
Einen besonderen familienpolitischen Akzent bekommt die neue Regelung - in diesem Falle sind wir zwischen den Fraktionen nicht auseinander - durch die Erhöhung des für jedes Kind anzurechnenden Betrages um 50 %.
Auch an dieser Stelle ist auf einen Kompromiß innerhalb der Koalition hinzuweisen. Die FDP stellte ihre Bedenken gegen die Erhöhung der Einkommensgrenzen insgesamt zurück, während die SPD- Fraktion dem Anliegen der FDP folgte, erstmalig eine gesetzliche Regelung für den Fall der sogenannten Fehlbelegungen innerhalb des Sozialwohnungsbestandes für Gebiete ohne erhöhten Wohnungsbedarf zu treffen.
Da diese sogenannten Fehlbeleger in der öffentlichen Diskussion immer wieder eine erhebliche Rolle spielen, möchte ich dazu aus unserer Sicht - auch an die Adresse der Opposition - noch folgende Anmerkungen machen. Zunächst: Der Begriff „Fehlbeleger" ist falsch.
({4})
Niemand will ja diejenigen, die beim Einzug sozialwohnungsberechtigt waren, inzwischen aber wesentlich über den Einkommensgrenzen liegen, aus ihren Wohnungen vertreiben; darin sind wir uns doch wohl einig. Aber sie sind heute Fehlsubventionierte, denen man eine erhöhte Miete zumuten könnte und nach unserer Meinung auch sollte, Herr Kollege Jahn. Dies sage ich hier in aller Klarheit.
({5})
- Ich komme sofort zu Ihnen. - Nur bedarf es dazu
- das ist immer unser Standpunkt gewesen - keiner bundesgesetzlichen Regelung. Hier kann jedes Bundesland nach eigenem Ermessen verfahren.
({6})
Es ist doch merkwürdig, meine Damen und Herren, daß die CDU/CSU hier immer laute Klagelieder über die sogenannten Fehlbeleger anstimmt, sich aber in keiner der von ihr geführten Landesregierungen bisher zu irgendeinem Vorschlag hat durchringen können.
({7})
Gehen Sie doch einmal nach Bremen
({8})
und gucken Sie sich an, wie eine sozialliberale bzw. jetzt ausschließlich sozialdemokratisch geführte Landesregierung das macht; da hätten Sie Beispiele. Wenn Sie sich dann in Zukunft doch noch zu einer solchen Landesregelung durchringen sollten - dort, wo Sie die Mehrheit haben -, dann empfehle ich Ihrer Aufmerksamkeit die Tatsache, daß unter denjenigen, die mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus gefördert worden sind, der Anteil an den Fehlsubventionierten bei den Eigentümern wesentlich größer ist als bei den Mietern.
({9})
Also, bitte schön keine einäugige Diskussion in diesem Punkte.
Ich komme zum zweiten Teil, in dem ich mich mit einigen Argumenten der Opposition auseinandersetzen möchte. Am härtesten hat Professor Biedenkopf die Haltung der Opposition
({10})
schon am 21. September 1978 hier im Bundestag formuliert. - Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, Herr Kollege Möller, wenn ich Ihren Kollegen Biedenkopf zitiere. ({11})
Er hat wörtlich gesagt:
Der soziale Wohnungsbau hat seit Jahren - das ist unter Fachleuten unbestritten - jede soziale Bedeutung verloren.
({12})
Da uns diese sogenannten Fachleute bisher verborgen geblieben sind - er hält sie in seinen Instituten offenbar in Klausur -, sollte er sie uns doch einmal namhaft machen. Die Anhörung jedenfalls, zu der wir ja Sachverständige eingeladen hatten, hat etwas ganz anderes ergeben.
Im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens forderte die CDU/CSU eine weitergehende „Liberalisierung" des sozialen Wohnungsbaus, als sie nach den Mehrheitsbeschlüssen im Ausschuß vorgesehen ist und als sie selbst der Entwurf des Bundesra14962
tes vorsah. Nun will ich Ihnen einmal vorrechnen, was dabei herauskommt, wenn man Politik so macht, wie Sie das wollen. Nimmt man nur einmal drei CDU-Forderungen, nämlich Wegfall der Bindungen für freie und frei werdende Wohnungen, Wegfall der Bindungen bei fehlbelegten Wohnungen ohne Einkommensgrenzenüberschreitung und Anhebung der Bagatellgrenze auf 5 000 DM Restschuld, so würde dies bei vorzeitiger Rückzahlung der öffentlichen Mittel den schlagartigen Verzicht auf mehr als die Hälfte des Sozialmietwohnungsbestandes bedeuten. Die CDU/CSU ist also bereit, auf zirka 2,5 Millionen sozialer Mietwohnungen zu verzichten.
({13})
Ich habe Ihnen diese Rechnung im Ausschuß aufgemacht. Bisher haben Sie sich nirgendwo bequemt, einmal mit Fakten aufzuwarten und Ihre Zahlen zu liefern. Denn wenn Sie solche Vorschläge in die Welt setzen, dann wird es ja wohl unser Recht sein, zu erfahren, welche konkreten Auswirkungen dies hat.
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Wenn Sie das einmal nachgerechnet hätten, dann hätten Sie, glaube ich, Angst vor der eigenen Courage bekommen, insbesondere dann, wenn man feststellt, daß eine solche Forderung durch nichts begründet ist, allenfalls durch ideologischen Qualm reiner marktwirtschaftlicher Theorien.
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Abgesehen davon vergessen Sie völlig die soziale Komponente dieser sogenannten freien Marktwirtschaft, „sogenannte" freie Marktwirtschaft deshalb, weil den privaten Erbauern sozialer Mietwohnungen - im Gegensatz zu den Erbauern freifinanzierter Wohnungen - von vornherein jedes Risiko abgenommen worden ist; denn vom ersten Tage an garantierte der Steuerzahler dafür, daß dem Erbauer sozialer Mietwohnungen sämtliche Aufwendungen erstattet werden. Ich finde, das ist eine sehr merkwürdige Form von Marktwirtschaft, in der nur die Verluste sozialisiert, die Gewinne aber privatisiert werden.
({16})
Und so soll dann dieser Markt nach Auffassung der CDU auch in Zukunft funktionieren. Bei den schlechten Risiken der teuren neueren Jahrgänge wird der Eigentümer die öffentlichen Mittel drinlassen und sich die Differenz zwischen Marktmiete und Kostenmiete vom Steuerzahler ersetzen lassen. Bei den guten Risiken - das sind überwiegend die zehn bis 25 Jahre alten Bestände - wird er sich durch Rückzahlung der öffentlichen Mittel von den Bindungen „befreien" - auch das sollte man wohl in Anführungsstriche setzen, weil dahinter ein etwas merkwürdiger Freiheitsbegriff steckt -, um nach Berechnungen der Haus- und Grundeigentümer - auch das habe ich Ihnen im Ausschuß und in der Anhoning vorgelegt - sofort ca. 50 % höhere Mieten kassieren zu können.
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Dem Vorwurf, unsozial zu sein, entzieht sich ein solcher Vermieter zu Lasten des Steuerzahlers mit dem Hinweis auf das Wohngeld.
Der Eigentümer wird dies um so schneller tun, je größer - insbesondere in Ballungsgebieten - die Nachfrage ist.
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Bei dieser Wirkungsweise den Markt als sozial blind zu bezeichnen ist noch geschmeichelt. Entlassung in den Markt, Herr Kollege Francke, erfolgt gerade da nicht, wo es sozial unschädlich wäre. Der Markt schlägt vielmehr verstärkt dort zu, wo die sozialen Folgen am verheerendsten sind.
Nun haben wir schon so viele Argumente miteinander ausgetauscht, daß ich meine, wir sollten hier in dieser Debatte nicht in sämtliche Details gehen. Wenn nachher zu den einzelnen Anträgen der Opposition geredet wird, wird dazu unsererseits noch ergänzend Gelegenheit sein. Im übrigen empfehle ich allen, die an Einzelheiten interessiert sind, die Lektüre des sehr ausführlichen Ausschußberichts. Er enthält die einzelnen Positionen unterschiedlicher Art von Koalition und CDU/CSU, auch die differenzierten Positionen der Koalitionsfraktionen.
Ich möchte insbesondere die Ländervertreter bitten, diesen Bericht sehr ausführlich zu studieren. In den Fällen, in denen wir dem Bundesrat nicht gefolgt sind, taten wir es mit Begründungen, die wir sehr ernst zu nehmen bitten.
Das heute vorgelegte Ergebnis eines Kompromisses in der Koalition hat - und dies unterstelle ich auch für die Kollegen der FDP-Fraktion - ein Maß an Kompromißbereitschaft untereinander und gegenüber der Bundesratsmehrheit zur Grundlage, das aus meiner Sicht keiner Belastung durch ein Vermittlungsverfahren ausgesetzt werden darf, ohne daß das Risiko entstünde, daß das gesamte Gesetzgebungsverfahren scheitert. Aus der Sicht der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurf es würde die SPD-Fraktion dies nicht für besonders schädlich halten. Im Hinblick auf die erheblich erweiterten Schutzbestimmungen für die Mieter gegen spekulative Umwandlungen, im Hinblick auf die Erhöhung der Einkommensgrenzen für die Bezugsberechtigung im sozialen Wohnungsbau und im Hinblick auf die trotz der kontroversen Diskussion hier festzustellenden zahlreichen zwischen den Bundestagsfraktionen und dem Bundesrat einvernehmlichen Punkte würden wir Sozialdemokraten ein solches Scheitern bedauern.
Wir hoffen, daß der Bundesrat bei seiner abschließenden Beratung die seit der Einbringung seines Gesetzentwurfes durch die drastisch gestiegenen Bau-, Boden- und Verkaufspreise sowie durch erhöhte Kapitalkosten veränderte Lage auf dem Wohnungsmarkt berücksichtigt, die eine Erhaltung des Bestandes an sozialen Mietwohnungen um so notPaterna
wendiger macht. Wir hoffen außerdem, daß die unsere Position stützenden Argumente aus der Sachverständigenanhörung und hier insbesondere die Aussagen der kommunalen Spitzenverbände, auf die auch Sie sich sonst gerne berufen, gebührend ernstgenommen werden.
Ich komme zum dritten Teil.
Erstens. Ziel sozialdemokratischer Wohnungs-und Städtebaupolitik bleibt die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum. An diesem Grundsatz werden wir festhalten.
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- Ja, dann wollen wir dieses Gesetz bitte auch ernst nehmen und wollen nicht statt vom Wohnungsbau für breite Schichten der Bevölkerung immer vom Rest- oder Zielgruppenwohnungsbau sprechen.
({20})
Angemessenheit heißt nach unserer Auffassung: Die Wohnung muß bezahlbar sein, sie muß nach Ausstattung und Größe zeitgemäß sein - das würde bedeuten: mindestens ein Raum pro Person, möglichst ein Raum mehr -, sie muß im Nahbereich durch ein befriedigendes Angebot an Spiel- und Erholungsflächen, Sozial- und Bildungseinrichtungen ergänzt sein, sie muß durch einen öffentlichen Personennahverkehr ausreichend erschlossen sein und muß vor Lärmbelästigung und Luftverschmutzung so weit wie möglich geschützt werden. Die besondere Fürsorge des Staates darf sich eben nicht in der Unterstützung besonders benachteiligter Personen erschöpfen.
Zweitens. Die Instrumente staatlicher Wohnungs- und Städtebaupolitik müssen zielgenauer gemacht werden. Das heißt, die Förderung des Mietwohnungsbaus einschließlich der Sanierung und Modernisierung muß wieder Vorrang erhalten, und zwar schwerpunktmäßig in Ballungsräumen. Die Eigentumsförderung muß auf breite Schichten der Bevölkerung konzentriert werden. Die unsozialen Mitnahmeeffekte steuerlicher Abschreibungen, die gegenwärtig den Spitzenverdienern die größten Vorteile bringen, müssen verschwinden. Junge Familien ohne nennenswertes Eigenkapital sind durch direkte Förderung besonders zu unterstützen.
Drittens. Erhaltung des Bestandes an sozialen Mietwohnungen zu Preisen, die deutlich unter den ortsüblichen Vergleichsmieten liegen. Entsprechend sind die besonders teuren Jahrgänge so nachzusubventionieren, daß die Kostenmieten nicht stärker als die Reallöhne steigen.
Viertens. Mietern, deren Einkommen deutlich über den Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaus liegen, ist stufenweise eine Mehrbelastung bis zur Vergleichsmiete zuzumuten.
Fünftens. Da vom frei finanzierten Mietwohnungsbau nur geringe Impulse zu erwarten sind, müssen Sozialwohnungen in Ballungsgebieten verstärkt neu gebaut werden.
Sechstens. Der Sanierung und der Modernisierung ist ein wesentlich erhöhter Stellenwert zuzumessen.
Siebtens. Die Gesetzgebung der von Sozialdemokraten geführten Bundesregierungen hat den Mieterschutz wesentlich verstärkt. Der Versuch konservativer Kreise, dieses Maß an Mieterschutz wieder abzubauen, ist entschlossen abzuwehren.
Achtens zur Ergänzung des Stichwortes „Mieterschutz": Wir müssen den Hinweis geben, daß zu wenige Mieter ihre Rechte kennen, und selbst wenn sie sie kennen, sind zu wenige bereit, sich diese Rechte notfalls vor Gericht zu erstreiten. Es wird also darauf ankommen, verstärkt über das Mietrecht aufzuklären und dazu zu ermuntern, unter Mietern Stärke durch Solidarität zu zeigen. Das ist nicht nur eine Aufgabe staatlicher Instanzen und Parteien, die sich für wesentlich verbesserte Aufklärung, Rechtsberatung und Ausweitung des Vergleichsmietenprinzips einsetzen sollten; dies ist auch als notwendige Aufgabe zu begreifen, die Position der Mieter durch Selbstorganisation zu stärken, sei es durch lokale Mieterinitiativen, sei es bundesweit durch den Deutschen Mieterbund. Solche Organisationen zur Wahrnehmung berechtigter Interessen können unserer Solidarität sicher sein.
Neuntens. Zur Verbesserung der Wohngeldgesetzgebung als einer ständigen Aufgabe braucht heute nichts gesagt zu werden; dazu werden wir hier in den nächsten Monaten noch Gelegenheit haben. Ich will mich auch nicht über die Probleme der Reform der Grunderwerbsteuer und der Grundsteuervergünstigungen auslassen; auch dazu wird möglicherweise noch in dieser Legislaturperiode Gelegenheit sein.
Zehntens will ich aber zum Bodenrecht allgemein sagen:
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Die planungsrechtlichen Beschlüsse der SPD sind durch das Bundesbaugesetz 1976 teilweise verwirklicht worden, die abgabenrechtlichen Beschlüsse dagegen wurden aus politischen Gründen bisher nicht realisiert. Auch wenn die Durchsetzungschancen angesichts unterschiedlicher Auffassungen in der Koalition und der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat auch in naher Zukunft gering sind, bekräftige ich erneut die Forderungen der SPD nach einem zeitnahen, gerechten Bewertungssystem und einer Abschöpfung der leistungslosen Wertzuwächse an Grund und Boden zugunsten der Gemeinden.
Ohne Beseitigung der schwerwiegenden Mängel der geltenden Bodenordnung, über die Sie, Herr Kollege Francke, der Sie sich soviel mit dem Markt beschäftigt haben, merkwürdigerweise überhaupt nichts gesagt haben, lassen sich viele Probleme der Stadtentwicklungs- und Raumordnungspolitik auch zukünftig nicht ausreichend lösen.
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Es muß möglich werden, daß knapper Boden so genutzt wird, wie es der Bürger wirklich braucht, und
nicht in erster Linie im Sinne der höchsten kauf14964
männischen Rendite, daß die Gemeinden wirksamere Instrumente erhalten, öffentliche Einrichtungen und städtebauliche Strukturen an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert zu gestalten, daß spekulative Preissteigerungen und damit leistungslose Gewinne gar nicht erst entstehen, daß Bausparer und Kleineigentümer unter erträglichen Bedingungen am Markt zu einer eigenen Wohnung oder einem Eigenheim kommen können. Diese werden nämlich gerade durch die Bodenpreise daran gehindert, das, was Sie hier auch immer im Munde führen, nämlich die Eigentumsbildung bei breiten Schichten der Bevölkerung, zu realisieren. Es wird darauf ankommen, daß die Zentren unserer Städte an Urbanität und Wohnwert wieder gewinnen und nicht weiter veröden.
Das Thema Bodenrecht bleibt also auf unserer Tagesordnung.
Elftens. Eine auch zukünftig tragende Säule unserer Wohnungs- und Städtebaupolitik sei hier nur mit einem Satz erwähnt. Für gemeinnützige Kräfte aller Rechtsformen muß die Möglichkeit erhalten bleiben, ihren Sozialauftrag als Korrektiv marktwirtschaftlicher Vorgänge zu erfüllen.
Ich schließe mit einem Appell an alle, die mit uns Sozialdemokraten darin einig sind, daß die Versorgung mit angemessenem Wohnraum zu erträglichen Preisen als Grundbedürfnis jedes Bürgers politischen Vorrang hat. Ich appelliere an alle, die aus Erfahrung wissen müßten, daß unsere Instrumente zur Durchsetzung einer bedarfsgerechten Raumordnungs-, Städtebau- und Wohnungspolitik nicht ausreichen.
Lassen Sie mich mit einem Satz an die Adresse der Opposition und auch an die Adresse der Vertreter des Bundesrates, die sich mit diesem Gesetzentwurf noch zu beschäftigen haben, schließen. Jeder von uns kann im Wahlkreis in seinen Dörfern und in seiner Stadt im Gespräch mit den Bürgern erfahren, wo der Markt im Bereich des Wohnungs- und Städtebaus nicht funktioniert. Wo er nicht funktioniert, sollte ihn die Opposition nicht ideologisch gesundbeten, sondern die Probleme mit uns gemeinsam in Bund, Ländern und Gemeinden in die öffentliche Hand nehmen und im Interesse unserer Bürger sachgerecht lösen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erpenbeck.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Namens der CDU/CSU-Fraktion möchte ich unsere Änderungsvorschläge zu den Nrn. 3 und 3 a des Art. 1 der zur Abstimmung vorliegenden Ausschußempfehlung begründen.
Mit diesen Vorschriften würde der in den Zielvorstellungen des Gesetzes erklärte Wille zum vorsichtigen Einstieg in eine Liberalisierung des sozialen Wohnungsbaus und seine schrittweise Überführung in sozial abgesicherte marktwirtschaftliche Verhältnisse geradezu ins Gegenteil verkehrt. Deswegen schlagen wir vor, die Nrn. 3 und 3 a des Art. 1 der
Vorlage schlicht und einfach ersatzlos zu streichen.
Die vorgeschlagene' Formulierung des § 5 a des Wohnungsbindungsgesetzes verschärft die ohnehin fraglichen Sondervorschriften für Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf" und produziert neue Provinzen der Wohnungszwangswirtschaft. Das wird besonders deutlich durch die Kopplung mit der vorgesehenen Neufassung des § 16 Abs. 4. Wir verzeichnen die Tatsache, daß sich die Koalition nicht von alten Ladenhütern aus Zeiten der Wohnraumbewirtschaftung trennen kann und nunmehr im Wohnungsbauänderungsgesetz eine wacklig gewordene Ideologie der Wohnungspolitik neu zementieren möchte.
In der sachverständigen Öffentlichkeit wird doch längst darüber diskutiert, daß die zu Zeiten eines unbestreitbaren Wohnungsmangels noch verständlichen Einschränkungen und Bindungen der Wohnraumbewirtschaftung heute ihre Berechtigung weithin verloren haben. Durch eigensinniges Festhalten daran werden nicht nur die Mechanismen von Angebot und Nachfrage außer Kraft gesetzt und empfindlich gestört, sondern die kontinuierliche Entwicklung eines Wohnungsmarktes wird verhindert. Es ist schon ernst zu nehmen, wenn das Deutsche Volksheimstättenwerk in seiner Stellungnahme bei der Anhörung am 7. Februar 1979 im Ausschuß die verfassungsrechtliche Problematik hervorgehoben und sinngemäß vorgetragen hat: Selbst wenn man glaube, eine öffentliche Aufgabe - in diesem Fall die Zurverfügungstellung und das Belegungsrecht für mietgünstige Wohnungen für Einkommenschwache - durch die uneingeschränkte und unbefristete Aufrechterhaltung von Bindungen leichter und kostengünstiger für die öffentlichen Haushalte lösen zu können, würde es nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht ausreichen, das zu Lasten einer verhältnismäßig kleinen Schicht von Wohnungseigentümern zu tun, denen aufgelastet würde, was in der Lehre von der Enteignung als Sonderopfer bezeichnet werde, und zwar deshalb nicht, weil ein solches Sonderopfer zum Wohl der Allgemeinheit unter heutigen Verhältnissen nicht mehr erforderlich sei.
Wenn schon der Begriff „erhöhter Bedarf" in der heute geltenden gesetzlichen Regelung höchst fraglich ist und in der Praxis Nachfrage mit Bedarf gleichgesetzt wird, muß doch die Formulierung „erhöhter Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen" geradezu Alpträume hervorrufen. Denkt man an die schon nach heutigen Festsetzungen im § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes rund 12 Millionen anspruchsberechtigten Haushalte oder, auf Mieterhaushalte beschränkt, 7,8 Millionen Wohnungsberechtigte für Sozialwohnungen und berücksichtigt gleichzeitig, daß dafür nur 4,2 Millionen echte Sozialwohnungen zur Verfügung stehen - von denen nach Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung noch dazu 1,7 Millionen Wohnungen von „glücklichen Fehlsubventionierten" blockiert sind -, ist dieser erhöhte Bedarf an Sozialwohnungen rein zahlenmäßig doch bunErpenbeck
desweit und öffnet Tür und Tor für zwangswirtschaftliche Bindungen.
Es ist erstaunlich, daß die Initiatorin dieser Formulierung, die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, bisher nicht einmal von der geltenden Regelung des § 5 a Gebrauch gemacht hat. Hierzu gibt es doch nur die Erklärung, daß diese Regelung offensichtlich als überflüssig angesehen wird und nunmehr eine Möglichkeit geschaffen werden soll, vielleicht doch dirigistisch einzugreifen. Oder sollte man vergessen haben, daß mit der ausgleichenden Funktion des Wohngeldes und auch mit dem sogenannten „Sickereffekt" marktgerechte und dazu ungleich. billigere Instrumente einer sozial vertretbaren Wohnungsversorgung vorhanden sind und damit die ohnehin viel zu knappen Mittel für den sozialen Wohnungsbau gezielt eingesetzt werden könnten?
Bei Annahme der vom Ausschuß vorgelegten Regelung muß befürchtet werden, daß sich die Gemeinden, weil sie annehmen müssen, daß die verfügbaren Mittel fast ausschließlich in die Gebiete mit erhöhtem Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen fließen, um die Aufnahme in eben diese vom Gesetz beschriebenen Gebiete bewerben und geradezu drängeln werden. Die staatliche Aufgabe; die uns alle in der Schaffung eines sozialen Miet- und Wohnrechtes verpflichtet, kann unter Nutzung der Möglichkeiten der Sozialen Marktwirtschaft und deren Förderung nachhaltiger und wirksamer erfüllt werden, als das durch dirigistische Instrumente möglich ist. Nicht weitere und vertiefte Spaltung des Wohnungsmarktes, sondern die schrittweise, aber konsequente Beseitigung des gespaltenen Wohnungsmarktes ist das Gebot der Stunde.
Kein Geringerer als der Bundeskanzler selbst hat bereits auf dem Deutschen Mietertag 1977 in Hamburg genau dieses, was ich sagte, gefordert. Tragen wir dem doch Rechnung und streichen wir die Nr. 3! Ebenso nachdrücklich ist die Nr. 3 a des Koalitionsbeschlusses im Ausschuß abzulehnen. Er stellt die verbal vorgegebene Zielsetzung, breit gestreutes Eigentum im Wohnungsbau zu fördern, auf den Kopf. Im vom Ausschuß neu beschlossenen Abs. 7 des § 6 des Wohnungsbindungsgesetzes wird zum Kauf von Wohnungseigentum gewillten Bewerbern im sozialen Wohnungsbau eine fast unüberwindliche Barriere aufgebaut, die zwangsläufig vom Kauf abschrecken muß, weil die Bestimmungen nicht nur wohnungswirtschaftlich unsinnig, sondern dazu noch sozial ungerecht und untragbar sind. Eine andere Wirkung kann die Vorschrift nicht haben, die bestimmt, daß der Erwerber einer Sozialwohnung während der gesamten Dauer der Nachwirkungsfrist von zehn Jahren Eigenbedarf nicht geltend machen kann, selbst wenn er Wohnberechtigter im öffentlich geförderten Wohnungsbau ist. Hier würde sich eine schreiende soziale Ungerechtigkeit auftun, wenn sich Wohnberechtigte das Geld zum Erwerb einer Sozialwohnung - ich möchte es so sagen - vom Munde absparen, um aus unzulänglichen Wohnverhältnissen herauszukommen, dann daran gehindert werden, ihre Eigentumswohnung selbst zu bewohnen, und darüber hinaus auch noch eventueller Steuervergünstigungen verlustig gehen, während der Mieter in der Wohnung über den allgemeinen Kündigungsschutz hinaus noch Weitere drei Jahre Schutzfrist und zusätzlich die Nachwirkungsfrist von bis zu zehn Jahren hat und die Wohnung blockieren kann. Das kann man nicht wollen. Herr Gattermann, wo bleiben denn da die vor wenigen Tagen von Ihnen verkündeten Thesen der Freien Demokraten?
({0})
Wird denen mit folgenden Sätzen nicht geradezu Hohn gesprochen? Hier ist zu lesen:
Die derzeitige Eigentumsquote ist deutlich zu erhöhen. Auf dieses Ziel hin orientierte Maßnahmen erstrecken sich nicht nur auf Neubauproduktion, sondern auch auf den Wohnungsbestand beider Mietmarktbereiche.
Sie haben es danach durchaus begriffen, worum es hier geht.
({1})
Bleiben Sie doch bei dieser Überzeugung! Oder können Sie das nicht?
({2})
Das sollte uns allerdings im Interesse der Betroffenen sehr leid tun. Also reden wir nicht nur von Eigentumsförderung im Wohnungsbestand, tun wir auch etwas dafür!
({3})
Hier haben Sie bereits heute morgen die Gelegenheit, etwas dafür zu tun: Streichen Sie mit uns auch die Nr. 3 a der Vorlage.
({4})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Möller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kernpunkt des Ihnen vorgelegten Gesetzentwurfes sollte ursprünglich die Neuregelung der sogenannten Nachwirkungsfrist sein. Die Koalition ist jedoch in der Neufassung des § 16 des Wohnungsbindungsgesetzes ganz wesentlich hinter dem zurückgeblieben, was die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen in dem ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen hatte. Es geht dabei um die Frage, wie lange eine Wohnung als öffentlich gefördert anerkannt bleiben muß, wenn öffentliche Mittel zurückgezahlt worden sind. Nach dem geltenden Recht bestehen die Belegungs- und Mietpreisbindungen grundsätzlich bis zur planmäßigen Tilgung der öffentlichen Mittel. Im übrigen entfallen sie erst nach Ablauf einer zehnjährigen Nachwirkungsfrist bei vorzeitiger vollständiger Rückzahlung. Davon abweichend enden die Bindungen bei eigengenutzten Wohnungen mit der Rückzahlung oder Ablösung der öffentlichen Mittel sofort.
Die jetzt vom Ausschuß vorgeschlagene Neufassung des § 16 bringt in keiner Weise weitergehende
Verbesserungen. Im Gegenteil. Sie ist erstens mehr als kompliziert und völlig unverständlich formuliert, und zweitens macht die Koalition nach dem Muster der umgekehrten Springprozession von Echternach einen Schritt vorwärts und zwei zurück.
({0})
Von den Vorschlägen der Landesregierung Nordrhein-Westfalens ist praktisch nichts geblieben. Es ist ein unpraktikables Gesetz geworden.
Deshalb lehnen wir diese Anträge ab und bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag zu Nr. 10, der den § 16 betrifft. Unser Antrag hat folgenden Inhalt:
Erstens. Die Nachwirkungsfrist soll von 10 auf 5 Jahre verkürzt werden. Diese Nachwirkungsfrist wurde 1965 eingeführt. Damals betrug sie fünf Jahre. Ihr eindeutiges Ziel war der Schutz bestehender Mietverhältnisse bei Rückzahlung der öffentlichen Mittel. Daß es dann dennoch zu einer starren Fünfjahresfrist kam, die nicht auf das Bestehen des Mietverhältnisses abstellte, hatte seinen Grund allein darin, daß es einen Bestandsschutz für Mietverhältnisse damals noch nicht gab. 1972 wurde die Nachwirkungsfrist, obwohl es durch das Erste Wohnraumkündigungsschutzgesetz mittlerweile den Bestandsschutz von Mietverhältnissen gab, auf zehn Jahre heraufgesetzt. Zielrichtung dieser Maßnahme war nicht mehr der Schutz bestehender Mietverhältnisse, sondern die Erhaltung des Sozialwohnungsbestands.
Das aber kann nicht der Sinn einer Nachwirkungsfrist sein. Da die Bindungen auf der Förderung mit öffentlichen Mitteln beruhen, sollten sie billigerweise nur so lange bestehenbleiben, wie der Eigentümer die öffentliche Förderung in Anspruch nimmt.
Zweitens wollen wir: Die Bindungen sollen bei frei gewordenen oder innerhalb der Nachwirkungsfrist frei werdenden Wohnungen wegfallen. Die Eigenschaft „öffentlich gefördert" soll entfallen, wenn die öffentlichen Mittel zurückgezahlt werden und die Wohnung frei ist, Mieter also nicht betroffen werden. Das soll auch für den Fall gelten, daß der Eigentümer das öffentliche Darlehen ablöst, d. h. das Darlehen vorzeitig unter Inanspruchnahme eines vorgesehenen Bonus zurückzahlt. Wir sind der Meinung, daß dadurch der Anreiz, öffentlich gewährte Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, vergrößert wird und somit schneller und besser Mittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehen können.
Drittens. Wir wollen, daß bei sogenannten fehlbelegten Wohnungen die Bindungen bei Rückzahlung oder Ablösung dann wegfallen, wenn der Mieter keinen Wohnungsberechtigungsschein vorweisen kann.
Dieser Vorschlag geht auf Überlegungen der FDP zurück, Herr Gattermann. Die FDP ist aber auf den Koalitionspfad zurückgezwungen worden. Das Fehlbeleger-Problem ist damit erneut auf der Strecke geblieben. Dieses Problem ist weder durch Erhöhung der Einkommensgrenzen noch durch Einführung von Toleranzgrenzen von 40 % wegzumanipulieren.
Wenn einerseits öffentliche Mittel zurückgezahlt oder abgelöst werden und andererseits der Mieter seine Wohnberechtigung nicht nachweisen kann, dann ist es gerechtfertigt, die Bindungen und die Nachwirkungen entfallen zu lassen; denn der Mieter behält gleichwohl alle seine Rechte des Mieterschutzes.
Viertens. Wir schlagen vor, die sogenannte Bagatellgrenze für Kleindarlehen auf 5 000 DM festzulegen, und zwar bezogen auf die Restschuld mit Stand vom 1. April 1979.
Mit dieser Anhebung der Bagatellgrenze folgen wir übrigens einem Vorschlag der SPD/FDP-Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Es ist überhaupt kein Grund dafür einzusehen, daß die Rückzahlung eines vor 25 Jahren gewährten Darlehens von weniger als 5 000 DM weiter dazu führen soll, daß die auf der Darlehensgewährung beruhenden Bindungen für weitere zehn Jahre bestehenbleiben müssen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird ständig verletzt. Schon aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sollte unser Antrag angenommen werden. Herr Paterna, die Zahlen, die Sie hier eben an die Wand gemalt haben, sind Horrorzahlen, die in keiner Weise belegbar sind.
Fünftens. Wir haben weiterhin einen Vorschlag unterbreitet, der aus der Wohnungswirtschaft kommt, nämlich daß auch für einzelne Wohnungen eines Gebäudes die Bindungen aufgehoben werden können, wenn die Darlehen zurückgezahlt werden.
Herr Abgeordneter Dr. Möller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ich bin gleich am Ende. Sie können dann gleich dazu Stellung nehmen, Herr Kollege.
({0})
Meine Damen und Herren, ich sagte eben, wir haben einen Vorschlag der Wohnungswirtschaft übernommen, nämlich daß auch bei einzelnen Wohnungen eines Gebäudes die Bindungen aufgehoben werden können. Auch die SPD-Kollegen haben ursprünglich diesen Antrag für erwägenswert gehalten, ihn jedoch aus Angst vor einer Beschleunigung der Umwandlung von Sozialmietwohnungen abgelehnt. Diese Angst ist überhaupt nicht begründet, Herr Kollege Henke; das wissen Sie so gut wie ich.
Wir sind der Meinung, daß die von uns gemachten Vorschläge eine wesentliche Verbesserung mit dem Ziel einer angemessenen Liberalisierung des Wohnungsbaus beinhalten. Die CDU/CSU-Fraktion ist der Meinung, daß die allseits bekannten und beklagten Strukturprobleme im sozialen Wohnungsbau nur durch eine konsequente Liberalisierung gelöst werden können. Wir haben dazu jetzt konkrete Schritte empfohlen. Wenn öffentliche Mittel vorzeitig zurückgezahlt werden, ist davon auszugehen, daß sie wiederum für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehen. Bei einer allgemeinen Liberalisierung des sozialen Wohnungsbaus wird sich dann verstärkt zusätzlich privates Kapital im Wohnungsbau engagieren. Die von uns gemachten VorDr. Möller
schläge zur Neuregelung tragen auch dazu bei, den Bestand an Sozialwohnungen allmählich in marktwirtschaftliche Verhältnisse zu überführen und dadurch zu mehr sozialer Gerechtigkeit im Wohnungsbereich zu kommen.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Durch die von uns vorgeschlagenen Änderungen wird kein Mieter in seinen Rechten auch nur im geringsten beeinträchtigt. Die Rechte des Mieters bleiben in vollem Umfange erhalten. Herr Kollege Francke hat das in dankenswerter Weise sehr klar und deutlich - selbst für Herrn Paterna - geschildert.
Ein Schlußwort, meine Damen und Herren. Als der Landesminister Dr. Hirsch am 5. Oktober 1978 seinen Entwurf zur Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes hier einbrachte, hat er von einer „maßvollen Liberalisierung" gesprochen. Das, was die Koalition jetzt ausgebrütet hat und was Ihnen als Vorschlag des Ausschusses vorliegt, bleibt weit hinter diesem Anspruch zurück. Von Liberalisierung im Sinne von Herrn Hirsch beim Wohnungsbau kann überhaupt nicht mehr gesprochen werden.
Aber ich möchte noch einen weiteren, zweiten Punkt herausgreifen. Minister Dr. Hirsch hat damals an uns alle die Forderung gestellt, die Gesetze etwas allgemeinverständlicher zu schreiben. Das vorliegende Ergebnis widerspricht dieser Forderung in allen Punkten. Was Ihnen jetzt vom Ausschuß vorgelegt worden ist, verstehen nicht einmal mehr die Fachleute. Damals hat Herr Minister Hirsch bei dieser Materie von einer Materie für Feinschmecker gesprochen. Das, was jetzt herausgekommen ist, ist ein kaum verdaulicher Brei.
({1})
Schon aus diesem Grunde muß der Entwurf der Koalition abgelehnt werden. Die von der CDU/CSU vorgelegten Änderungsvorschläge sind dagegen erstens in sich verständlich und zweitens ein erster Schritt zur Liberalisierung des Wohnungsbaues. Deswegen bitten wir, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kolb.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion hatte mit ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes einiges angestoßen, was in eine vernünftige Richtung gegangen ist. Durch eine sehr einvernehmliche Arbeit in der Ad-hoc-Kommission war es möglich, in der Berechnungsverordnung die bisherige Einbeziehung der ausgebauten Kellerräume in die Wohnflächenberechnung herauszunehmen, so daß jetzt - um mit der FAZ zu sprechen - „in der Waschküche getanzt werden darf. Ich möchte von meiner Seite für diese gute Arbeit allen damals Beteiligten danken.
Ebenso war die Änderung des § 82 eine gemeinsame Leistung. Dort finden wir unsere Initiative bestätigt. Die Finanzpolitiker haben uns vorgehalten,
wir hätten die „Steuersystematik" nicht eingehalten. Aber als Wohnungsbaupolitiker waren wir gemeinsam der Meinung, richtig zu handeln. Wenn wir wirklich einen Durchbruch geschafft haben, können wir sicher sein, daß die betroffenen Familien viel Verständnis für unser „systemwidriges Verhalten" haben werden.
Was die Änderungsanträge betrifft, so haben wir mit der Aufnahme des Vorkaufsrechts bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen versucht, mehr Wohnungseigentum zu schaffen. Diese Absicht ist im Ansatz enthalten, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, es ist noch ein Gerippe ohne Fleisch. Wer Eigentum schaffen will, muß dies auch mit Anreizen tun. Hier öffnet sich ein weites Feld.
Fest steht, daß Eigentümer von Wohnungen mehr Aufwendungen aus der eigenen Tasche für den Erhalt oder die Renovierung aufbringen und nicht unbedingt auf Sonderprogramme warten. Wir haben eine gute Einstiegsmöglichkeit geschaffen. Wir sollten sie nun nutzen.
Problematisch wird es werden, den zukünftigen Bedarf zu decken, Herr Paterna. Einmal besteht der Hang zum großzügigeren Wohnen, was wir mit einer Änderung des § 39 angesprochen haben. Zum anderen gibt es Probleme bezüglich der Preisentwicklung. Herr Kollege Paterna, ich glaube, dies haben Sie bei Ihren Gedanken zur Zukunftsentwicklung völlig übersehen. Man kann bei gleicher Baulandfläche ohne weiteres etwas großzügiger bauen, wobei der lachende Dritte im übrigen der Finanzminister ist. Wenn man weiß, daß von 100 DM Bausumme 45 DM in Form von Mehrwert-, Lohn- und Einkommensteuer in seine Taschen wandern, wird deutlich, was es brächte, wenn wir zu einem verstetigten Bauen kämen - übrigens ein lange von Ihnen gehegter Wunsch, Herr Minister, der aber bis heute noch nicht verwirklicht werden konnte. Handwerk und Industrie wären kontinuierlich ausgelastet, und der Finanzminister hätte einen konstant dukatenspuckenden, prächtigen Esel.
Ein anderes Problem sind die Baupreise. 39 DM für einen Facharbeiter, 35 DM für einen Bauhelfer sind die derzeitigen Stundenverrechnungssätze - die übrigens geringer als in der Kfz-Branche sind -, sie werden weiter steigen. Im Gegensatz zum letzten Konjunktureinbruch kann die Baubranche aber nicht noch einmal die Freisetzung von 400 000 Arbeitskräften verkraften, es sei denn, man wollte Bauen zum höchsten Luxusgut machen.
Da aber die Baupreise wesentlich vom Lohn beeinflußt werden und die Baubranche händeringend Arbeitskräfte wie Nachwuchs sucht, bleibt ihr nur die Chance, den Lohn etc. zu verbessern. Ergebnis: Baupreise, die schon jetzt eine Kostenmiete von 18 bis 20 DM pro Quadratmeter erfordern würden, alles mit steigender Tendenz. Damit können wir bei gleicher Entwicklung davon ausgehen, daß wir Ende der 80er Jahre beim Wohnungseigentum Quadratmeterpreise von 4 000 bis 4 500 DM haben werden.
Weshalb sage ich das? Die Mehrheit des Ausschusses hat in § 25 die Einkommensgrenzen noch höher gesetzt, als meine Fraktion es vorgeschlagen hat. Damit kann man sagen, daß heute mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Bundesrepublik berechtigt ist, als Suchende nach einer mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus geförderten Wohnung aufzutreten.
Herr Minister, ich weiß nicht, ob Sie sich in Ihrer Freizeit als Hobbykoch betätigen - wenn nicht, kann Ihnen sicher Ihre Frau hier helfen. Mit immer weniger Zutaten - sprich: Mitteln für den sozialen Wohnungsbau - ein immer besseres Gericht zu kochen, erscheint mir fast unmöglich.
({0})
- Mein lieber Freund Immer, wenn Sie glauben, daß das Diät ist, kann ich nur sagen: Dieser Kochversuch wird „falschen Hasen" zum Ergebnis haben, aber nicht das gute Gericht, wie Sie glauben.
({1})
Da es in Franken üblich ist, Herr Minister, Ludwig Thoma zu lesen, erlaube ich mir bei dieser Gelegenheit an den Bericht des Königlichen Abgeordneten Jozef Filser über seine „Reise auf den Kriegsschauplatz betreffs das Bier bei Wasserburg" zu erinnern. Dort versuchten die. Abgeordneten, mit Freibier die Volksseele zu befriedigen. Hier wird versucht, mit höheren Einkommensgrenzen den Kreis der Berechtigten auszuweiten. Dort kam nach dem Verbrauch des Freibiers die große Ernüchterung mit all ihren bekannten Folgen. Hier bei den Wohnungsuchenden muß ich die Frage stellen: Was nützt es, berechtigt zu sein, wenn es nichts gibt. Gemessen an den gestiegenen Baukosten sind die zur Zeit eingesetzten Mittel viel zu gering, so daß die Situation grotesk ist: Ich bin wohl berechtigt, aber an eine Wohnung ist nicht zu denken.
Herr Minister, ich werde das Gefühl nicht los, daß Sie an Stelle der jetzt in Berlin auf Ihrem Parteitag nicht zu verabschiedenden Anträge demnächst Ihrem Fraktionsvorsitzenden Wehner einen Bericht über die Nichterfüllung Ihres Auftrags schreiben müssen und dann, wie es ähnlich Jozef Filser tat, unterschreiben können:
fon eiern liben Dieter Haack
fier die SPD mid glohrie beidelt und gfozt
und bleubt aber in dreie fäst.
Herr Minister, es nützt nichts, zu sagen: Ich will es. Sie selbst haben gesagt: Ich sitze zwischen den Stühlen. Wenn Sie es nicht schaffen, bei Ihrem Herrn Finanzminister mehr Mittel zu mobilisieren, um die Steigerungen im sozialen Wohnungsbau aufzufangen, dann ist das schlecht. Es nützt auch nichts, daß Sie deswegen die Grenzen höher gesetzt haben.
Die Probleme sind jetzt mit Zudecken gelöst worden. Die kommenden Probleme sind nicht in Betracht gezogen bzw. gemeistert worden, nur weil man bewußt nicht wahrhaben will, daß man in den vergangenen Jahren in die falsche Richtung gegangen ist.
Herr Paterna - ich sehe ihn leider nicht - hat am Schluß eine hervorragende Aufgliederung dessen gebracht, was Sie alles tun wollen. Ich habe aber nirgends gehört, was Sie bei Ihrem Herrn Finanzminister an Mitteln lockermachen, um all die Ansprüche, die Sie hier verkünden, zu erfüllen. In der jetzigen Form wird das sicher nicht gehen. Ich kann nur sagen: Sie versuchen, mit den Mitteln von vorgestern die Schlachten von gestern zu schlagen in der Hoffnung, damit die Zukunft zu meistern. Das wird nicht gelingen.
Wohnungen werden erst wieder gebaut werden, wenn auch ein Ertrag möglich ist. Wohnungen wer- den ebenso ihre Kosten haben wie das liebste Spielzeug der Nation, das Auto, und Wohnungen müssen auch einem, wenn auch eingeschränkten Marktgesetz unterliegen, es sei denn, man flüchtet sich in die Versprechungen.
Ich darf Sie deshalb bitten, unseren Änderungsvorschlägen zuzustimmen. Wir haben versucht, hier etwas zu bessern. Wir wissen, daß nicht alles geht. Aber sie scheinen doch besser zu sein als die Ihrigen.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erpenbeck.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie brauchen mich nur wenige Minuten zu ertragen. Die CDU/ CSU-Fraktion beantragt mit ihrem Änderungsantrag zu § 65 die Aufnahme einer Bestimmung über Finanzhilfen für den Erwerb von Einzeleigentum für kinderreiche Familien in Form von Eigenkapitalhilfedarlehen.
Wir sind der Auffassung, daß den beständigen Beteuerungen von allen Seiten, besonders kinderreichen Familien in der Wohnungsversorgung und der Bildung von Wohnungseigentum helfen zu wollen, endlich konkret gesetzlich abgesicherte Taten folgen müssen. Staatliche Wohnungspolitik darf nicht in erster Linie Hilfe und Förderung für diejenigen sein, die sich mit einiger Anstrengung durchaus am Markt versorgen können, sondern sollte vornehmlich denen zugute kommen, die durch Familiengröße und Einkommensverhältnisse finanziell nur begrenzt belastbar sind.
Die Idee, Eigenkapitalhilfedarlehen zur Wohnungseigentumsbildung für kinderreiche Familien zu gewähren, ist nicht neu. Sie ist in diesem Hause bereits in früheren Legislaturperioden diskutiert worden, zuletzt noch durch die Vorlage unserer Fraktion Drucksache 8/1010.
Will man, wie immer wieder beteuert wird, den kinderreichen Familien, die eine bisher öffentlich geförderte Mietwohnung als Eigentum erwerben wollen, helfen, dann muß man ihnen durch zinslose und zinsverbilligte Darlehen für die Restfinanzierung eine tragbare Belastung ermöglichen. Bei größerer Kinderzahl im Zeitpunkt des Erwerbs sind solche Darlehen angemessen zu erhöhen. Eine solche Förderungsbestimmung, meine Damen und Herren,
wäre ein positiver, konkreter Beitrag zur Familienpolitik. Sie ist es durchaus wert, innerhalb der gesamten Wohnungsbauförderung eine höhere Priorität zu bekommen. Wir nehmen dabei aus familienpolitischen Erwägungen bewußt in Kauf, daß, soweit haushaltsmäßig keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden können, die Kosten aus dem für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus insgesamt verfügbaren Volumen gedeckt werden.
Allerdings wird auch an dieser Stelle deutlich, daß eine umfassende neue Konzeption der gesamten öffentlichen Förderung höchst dringlich ist. Dabei kann durchaus über die hier heute morgen von Herrn Kollegen Paterna vorgetragenen, wenn ich mich recht entsinne, elf Eckpunkte der Wohnungs-und Städtebaupolitik diskutiert werden. Aber wir messen der Energie und der Phantasie dieser Bundesregierung und der Koalition nicht allzu große Kraft zu. Wir überschätzen sie jedenfalls nicht. Deswegen wären wir fürs erste schon mit einem Zeichen guten Willens bei der von uns vorgeschlagenen Minimallösung zufrieden.
Ich bitte, dem Änderungsantrag zuzustimmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Waltemathe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier zu den ersten drei Anträgen der CDU/CSU-Fraktion Stellung nehmen. Eine textliche Veränderung und zwei Streichungen haben Sie zu Nr. 01, 3 und 3 a beantragt. Schon bei der Lektüre dieser Anträge wird überdeutlich, daß es Ihnen nicht um irgendwelche textlichen Veränderungen geht, sondern daß bei Ihnen die Eigentumsideologie und ein blindes Vertrauen in den Markt Vorrang vor einer anständigen Behandlung der Menschen haben.
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Ein Eigentümer ist nach Ihrer Auffassung offensichtlich auf jeden Fall ein besserer Mensch als ein Mieter, und deshalb muß man die Rechte dessen, der Eigentum will, stärken. Und der Mieter ist ein Eigentumsbildungshindernis; also braucht man seine Rechte nur am Rande zu erwähnen.
Wir Sozialdemokraten sehen das anders. Für uns gilt in der Wohnungspolitik, daß Eigentum, insbesondere vom Eigentümer selbst genutztes Eigentum, eine gute, eine förderungswürdige Sache ist. Aber es gilt doch wohl gleichzeitig, daß eine angemessene Wohnungsversorgung auch derer gewährleistet sein muß, die entweder kein Eigentum haben wollen oder sich ein Eigentum mangels finanzieller Masse nicht leisten können, ebenso, daß der Schutz der Menschen in den vorhandenen Wohnungen gesichert sein muß.
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- Ich komme darauf, Herr Möller. Nun seien Sie mal nicht so aufgeregt!
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Wir sollten hier nicht die Ausschußberatungen wiederholen, sondern die Punkte ansprechen, in denen wir uns politisch unterscheiden.
Ein sozialer Rechtsstaat, meine Damen und Herren, kann doch wohl nicht zulassen, daß die einen sich ihren Eigentumswunsch dadurch erfüllen, daß sie die anderen aus den Wohnungen hinauswerfen, hinausekeln oder auch hinauskaufen.
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- Das ist nicht falsch. Das Corbusier-Haus in Berlin und andere entsprechende Häuser sind doch nicht deshalb mit erheblichen staatlichen Geldern, mit dem Geld des Steuerzahlers, gefördert worden, damit diejenigen Mieter, die zwanzig Jahre lang treu und brav ihre Miete gezahlt haben, aber kein Interesse oder kein Geld zum Ankauf ihrer Wohnung haben, nun an die frische Luft gesetzt werden, weil andere ein Geschäft machen' wollen.
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- Herr Dr. Jahn, lassen Sie mich bitte zunächst ausreden. - Deshalb lautet unser oberster Grundsatz: Schutz desjenigen, der in der Wohnung ist, vor Verdrängung aus sogenannten marktwirtschaftlichen Gründen! Schutz bedeutet in diesem Zusammenhang zunächst einmal: Der Mieter soll entscheiden können, ob er als Mieter oder als künftiger Eigentümer in der Wohnung bleiben will. Entscheidet er sich für Eigentum, so wollen wir ihn nicht nur nicht an diesem Eigentumserwerb hindern, sondern ihn ermutigen und mit demjenigen rechtlich gleichstellen, der sich von vornherein eine Eigentumswohnung gekauft hat. Denn wir wollen nicht minderes Eigentum für diesen ehemaligen Mieter haben.
Jetzt, Herr Abgeordneter, wäre der Zeitpunkt, zu entscheiden, ob ja oder nein.
- Ja? - Bitte schön!
Herr Kollege Waltemathe, da Sie das jetzige System des sozialen Wohnungsbaus so verteidigen, frage ich Sie, wie Sie die Äußerung Ihres Parteikollegen Conradi im SPD-Pressedienst beurteilen, die lautet:
Der soziale Wohnungsbau ist heruntergekommen. Niemand bestreitet heute, daß der soziale Wohnungsbau in einer Krise steckt. Die Neubaumieten steigen rascher als die Einkommen der Mieter. Die Förderungssysteme sind ungerecht und stadtfeindlich.
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Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! Wenn Sie gefragt hätten, ob der Redner, Herr Abgeordneter Waltemathe, mit dieser Äußerung übereinstimmt, wäre die Frage zulässig gewesen. Da aber solche Fragen sicherlich unter Gleichen in der Fraktion durchaus behandelt werden können, überlasse ich es Herrn Waltemathe, darauf zu antworten oder nicht zu antworten.
Herr Kollege Jahn - abgesehen von dieser Dreieck-Fragestellung -, ich stimme in der Analyse meinem Kollegen Conradi durchaus zu. Im übrigen stimmen wir alle wohl darin überein, daß es Probleme im sozialen Wohnungsbau gibt. Deshalb kann man doch nicht eine Problemlösung anstreben, bei der man sagt: Eigentum geht auf jeden Fall vor, ohne Rücksicht auf die Sozialwohnungen, die vorhanden sind, und auf die Mieter, die in diesen Wohnungen sitzen.
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Deshalb fahre ich jetzt fort. Ich war dabei, zu sagen, der Mieter soll entscheiden können, und wenn er sich für Eigentum entscheidet, gut, dann soll er gleichwertiges Eigentum wie alle anderen haben, die sich von vornherein Eigentum gekauft haben. Entscheidet sich der Mieter aber dafür, Mieter zu bleiben, so wollen wir auch das unterstützen. Wir sagen nämlich: ein Dritter kann sich für einen langen Zeitraum nicht auf Eigenbedarf stützen. Das heißt doch: der Mieter bleibt so lange auf jeden Fall in der Wohnung, wie die Bindung als Sozialwohnung dies vorsieht, also auch nach Ablösung öffentlicher Mittel noch zehn Jahre.
Die CDU/CSU versucht nun mit ihrem Antrag zu § 2a des Gesetzentwurfs, zwar auch in dem Falle, daß sich der Eigentümer einer Sozialwohnung dafür entscheidet, diese Wohnung in eine Eigentumswohnung umzuwandeln und sie auch zu veräußern, eine Art Anbietungspflicht und eine Vorkaufsmöglichkeit zugunsten des in der Wohnung befindlichen Mieters zu installieren.
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Aber Sie betrachten das sozusagen als Privatangelegenheit. Denn weder werden Mieter und etwaige kaufwillige Dritte von neutraler öffentlicher Stelle über ihre Rechte aufgeklärt - nach Ihrem Vorschlag -, noch gibt es irgendwelche Konsequenzen, wenn der Verkäufer seiner Anbietungspflicht dem Mieter gegenüber nicht nachkommt. Wir lehnen eine solche Scheinregelung ab. Wir schützen sowohl den Mieter als auch den nicht aufgeklärten kaufwilligen Dritten vor einer Fehlentscheidung, indem wir die Wohnungsverwaltung einschalten und ein Bußgeld androhen, falls der Verkäufer das Gesetz umgeht. Das ist, glaube ich, ein besserer Schutz vor Spekulantentum.
Mit dem zweiten Antrag, zu dem ich hier Stellung zu nehmen habe, will die CDU/CSU nicht einmal das in das Gesetz aufnehmen, was uns der Bundesrat vorgeschlagen hat, daß nämlich in Gebieten, in denen ein erhöhter Bedarf an Sozialwohnungen besteht, also die Wohnversorgung breiter Schichten der Bevölkerung doch wohl nicht gewährleistet ist, durch Rechtsverordnung der Länder festgelegt werden kann, daß eine Entlassung der vorhandenen Sozialmietwohnungen in den freien Markt nicht erfolgen darf.
Schließlich will die CDU/CSU offensichtlich nicht, daß der Schutz von Sozialmietern vor Verdrängung eindeutig geregelt und ausgebaut wird. Sie möchte gestrichen wissen, was wir dazu vorschlagen. Wir schlagen vor:
Kein Käufer einer sozialen Mietwohnung, der nicht selbst Mieter dieser Wohnung war, soll einen Anspruch darauf haben, vor Ablauf der Bindungsfristen überhaupt Eigenbedarf geltend machen zu können.
Erst eine solche Vorschrift schützt nämlich vor Spekulantentum.
So wird z. B. niemand wirklich die Grunderwerbsteuerbefreiung erhalten können, weil es ihm nach unseren Vorstellungen gar nicht möglich sein wird, innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb die von ihm gekaufte Wohnung auch zu beziehen, was ja bekanntlich eine Voraussetzung für eine Grunderwerbsteuerbefreiung wäre. Das ist Vertrauensschutz zugunsten des Wohnungsinhabers. Denn schließlich ist die Wohnung nicht gefördert worden, um großen Gesellschaften oder gewerbsmäßigen Spekulanten die Vermögensbildung zu erleichtern, sondern deshalb, um für breite Schichten der Bevölkerung Wohnungen zu erträglichen Bedingungen zu ermöglichen.
Wir wiederholen darum: nichts gegen die Eigentumsbildung des kaufwilligen Mieters, aber wirksame Maßnahmen gegen die Verdrängung der Wohnbevölkerung und gegen die Spekulation von Geschäftemachern mit öffentlich gefördertem Wohnraum.
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Ich bitte Sie deshalb, die hierzu gestellten Anträge der CDU/CSU abzulehnen und damit den Menschen die Angst vor Verlust ihrer Wohnung zu nehmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Müntefering.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese etwas schwierige und ins Detail gehende Diskussion in der zweiten Beratung ist durch Ihre acht Anträge ausgelöst, die wir im wesentlichen schon im Ausschuß besprochen hatten. Aber sie verdienen natürlich hier auch noch einmal eine Antwort. Dabei müssen wir notwendigerweise ins Detail gehen. Ich will mich mit zwei Anträgen beschäftigen, mit denen Sie offensichtlich versuchen, Ihrer Konzeption einen gewissen familienfreundlichen Anstrich zu geben.
Es geht zum einen um die Änderung des § 39; da geht es um die Wohnflächengrenzen. Zum anderen geht es um eine Änderung des § 65; da geht es um Finanzhilfen für den Erwerb von Einzeleigentum. Sie schlagen also vor, daß bei Familienheimen mit einer Wohnung in Zukunft diese Wohnung 150 Quadratmeter groß sein soll
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und dann noch öffentlich gefördert werden kann. Geltendes Recht ist - das ist von uns so beschlossen und wird von Ihnen auch so mitgetragen -, daß bei Familienheimen mit zwei Wohnungen die erste Wohnung 130, die zweite Wohnung 70 Quadratmeter groß sein darf; das ergibt zusammen 200 Quadratmeter. Sie bringen hier also zunächst wieder eine Differenzierung hinein. Nach Ihren Vorstellungen wäre also ein Familienheim mit nur einer Wohnung maximal 150 Quadratmeter groß. Bei Familienheimen mit zwei Wohnungen wäre die erste Wohnung bis zu 130 Quadratmeter groß.
Sie schlagen außerdem vor, daß auch die Flächengrößen von Eigentumswohnungen und anderen Wohnungen um 20 Quadratmeter erhöht werden. Dies könnte man noch tolerieren. Wichtig ist aber die Auswirkung auf den steuerbegünstigten Wohnungsbau. Offensichtlich ist es Ihnen in der Hauptsache darum gegangen. Denn aus dieser Änderung betreffend den sozialen Wohnungsbau ergibt sich ja die Konsequenz, daß der steuerbegiinstigte Wohnungsbau in höherem Maße förderungsfähig ist.
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Das bedeutet, daß für eine Familie mit vier Personen, für die heute 156 Quadratmeter steuerbegünstigt sind, dann 180 Quadratmeter steuerbegünstigt sind, und daß für eine Familie mit fünf Personen 200 Quadratmeter steuerbegünstigt sind. Da kann man sagen: Gut.
Nur, wenn wir das mit der Realität vergleichen, dann stellen wir fest: Familien mit drei Kindern wohnen im Eigenheim durchschnittlich auf 115 Quadratmetern. Familien mit drei Kindern wohnen in Mietwohnungen durchschnittlich auf 90 Quadratmetern. Sie dagegen bieten jetzt 200 Quadratmeter an. Auch da kann man noch sagen: Gut. Nur, die Frage ist: Wer bezahlt denn das? Ist dies denn nun der Punkt, an dem wir unsere Familienfreundlichkeit und unser soziales Engagement zeigen können? Gibt es nicht wichtige andere Bereiche, in denen wir das knappe Geld einsetzen können, um den Familien zu helfen?
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Das Geld für die Steuerbegünstigung - das ist die Konsequenz, die sich aus Ihrer Änderung des § 39 ergibt - bezahlen nicht wir, sondern die Gemeinden. Auch das ist für uns ein Grund mit zu sagen: Wir verteilen hier keine Geschenke, die die anderen, nämlich die Gemeinden, bezahlen müssen.
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Zu § 65. Sie schlagen vor, daß Familien mit drei Kindern, die innerhalb der im Wohnungsbaugesetz festgelegten Einkommensgrenze liegen und eine umgewandelte Mietwohnung als Eigentum erwerben, ein Familienzusatzdarlehen bekommen sollten. Das hört sich zunächst schön an.
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Aber dann geht in Ihrem Antrag die Relativierung los. Denn diese Familien sollen das nur bekommen, wenn eine für sie nicht tragbare Belastung entsteht. Was ist eine „nicht tragbare Belastung"? Das ist von Ihnen klugerweise nicht präzisiert; da gibt es ein weites Feld. Wenn das nicht so schön und positiv aussieht, wie Sie sich das vorstellen, dann fällt das natürlich auf die zurück, die regieren. Ich frage daher noch einmal: Was ist denn eine „nicht tragbare Belastung"? Die weitere Frage: Weshalb entsteht eine „nicht tragbare Belastung"? Entsteht die „nicht tragbare Belastung" vielleicht deshalb, weil derjenige, der die Wohnung verkauft, weiß; daß es ein solches Darlehen gibt, und den Verkaufspreis gleich dementsprechend erhöht? Dies müssen wir dabei mit bedenken.
Weiter heißt es in Ihrem Änderungsantrag zu § 65, daß diese Mittel „nach Maßgabe der im Haushaltsplan ... zur Verfügung stehenden Mittel gewährt werden” sollen. In den Haushalt sind dafür keine Mittel eingestellt. Auch hat die CDU/CSU die Einstellung entsprechender Mittel in den Haushalt nicht beantragt. Wohl aber hat Herr Biedenkopf beantragt, die 3 bis 4 Milliarden DM für den. Wohnungsbau herauszunehmen, weil er das für die Konsolidierung des Haushalts brauche. Hier wird also erneut etwas gefordert, ohne daß Sie sagen, wie es bezahlt werden soll.
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Es könnte natürlich sein, daß Sie sagen: Wir bezahlen das aus den Mitteln zum sozialen Wohnungsbau. Dann müßten Sie aber ehrlicherweise sagen, daß es die Konsequenz Ihres Antrages ist, daß weniger Neubauwohnungen gefördert werden können.
Auch wir wollen den Familien helfen, und wir werden das über ein verändertes Wohngeld tun. Denn die Zahlen zeigen ja, daß das Wohngeld als Lastenzuschuß für Familien mit mehreren Kindern zunehmend Bedeutung gewinnt. Auch die Familien, die solche ehemaligen Mietwohnungen als Eigentumswohnungen kaufen, haben Anspruch auf Wohngeld, auf Lastenzuschuß. In zunehmendem Maße haben Familien mit mehreren Kindern ihre Vorteile von diesem Wohngeld. Wir sind dabei, die Wohngeldregelung in diesem Sinne zu novellieren. Das ist kein Geheimnis, helfen Sie uns dabei.
Noch eine ganz kurze Bemerkung zu § 69. Da geht es um die Rückzahlungsmodalitäten bei öffentlich geförderten Eigenheimen. Bisher ist es so, daß die Mittel, die für Eigenheime gegeben wurden, zwischen zwei Jahren und 20 Jahren nach Bezugsfertigkeit zurückgezahlt werden können, wobei dann ein Bonus, ein Schuldennachlaß gewährt wird. Sie möchten, daß das auf 35 Jahre verlängert wird. Das ist auch ein Anliegen des Bundesrates gewesen. Wir
haben bisher in dieser Angelegenheit noch keine zwingenden Argumente gehört und sind daher der Meinung, daß eine Veränderung in diesem Sinne nicht nötig ist und nicht hilfreich wäre. Es ist allerdings ein Punkt, der uns keinen großen Kummer macht.
Insgesamt muß ich sagen, Ihr Versuch, durch Änderungen des § 65 und des § 39 Ihren Vorschlägen einen familienfreundlichen Anstrich zu geben, ist mißlungen
({6})
und kann in der Form, wie er hier vorliegt, nicht akzeptiert werden. Er ist durch die besseren Vorschläge aus unseren Reihen überholt.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Henke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu zwei Anträgen der Opposition Stellung nehmen, und zwar zu den Anträgen zu § 16 Wohnungsbindungsgesetz und zu § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes.
Zu § 16, der sich mit Erleichterungen für die Entlassung aus der öffentlichen Bindung beschäftigt - ich halte den Begriff Liberalisierung, wenn er in diesem Zusammenhang gebraucht wird, für nicht ganz zutreffend -, darf ich sagen, daß wir Sozialdemokraten an solche Erleichterungen, wie schon in der Vergangenheit, prinzipielle Voraussetzungen knüpfen. Wir sind der Meinung, daß dies, damit es nicht zu sehr nachteiligen Folgen für die Beteiligten führt, nur möglich ist, wenn der Wohnungsmarkt ausgeglichen ist und wenn Regelungen für Härtefälle vorgesehen werden.
Meine Damen und Herren, die Lage ist nun aber wohl die, daß der Wohnungsmarkt insbesondere in den letzten zwei Jahren durch eine deutlich wachsende Nachfrage gekennzeichnet ist und daß wir in einigen Großstädten in den Ballungsräumen schon wieder von Wohnungsnot reden müssen. Deshalb möchten wir Sozialdemokraten an diese Neuregelungen mit großer Vorsicht herangehen. Das Ende der Bindungen im Sinne dessen, was wir in § 16 geregelt haben, kann unseres Erachtens nur unter gewissen Voraussetzungen in Betracht kommen. Wenn wir uns dafür aussprechen, daß Bindungserleichterungen bei unvermieteten und freiwerdenden Wohnungen eintreten können, wenn wir eine Bagatellgrenze von 3 000 DM akzeptieren und wenn wir den Wegfall der Wohnberechtigung für den öffentlich geförderten Wohnungsbau zuzüglich einer Grenze von 40 % in diesem Zusammenhang anerkennen, dann können wir das nur deshalb tun, weil wir in den Gebieten mit besonderem Bedarf, in den Ballungsräumen, in den Großstädten insofern eine Bremse einbauen, als wir den Ländern die Möglichkeit einräumen wollen, die Erleichterungen, die ich eben beschrieben habe, dort zu suspendieren, und zwar immer dann, wenn noch eine erhebliche Nachfrage nach Wohnungen besteht.
Zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren: Es überrascht uns, daß Sie die Regelungen für die von mir eben beschriebenen Bedarfsschwerpunkte, die Ihnen auch bekannt sein dürften, nicht akzeptieren wollen. Hier scheint uns eine bemerkenswerte Ignoranz bezüglich der Probleme des großstädtischen Raumes vorzuliegen. Sie praktizieren hier wie auch in vielen anderen Fällen die Nivellierung des Problems. Sie vergleichen die Situation im Bayerischen Wald mit der im Ruhrgebiet, und dies scheint uns völlig unmöglich zu sein.
({0})
Sie wollen zum zweiten die Nachwirkungsfrist für Wohnungen, bei denen die öffentlichen Mittel abgelöst sind, von zehn auf fünf Jahre reduzieren.
({1})
- Herr Kollege Dr. Möller, wir haben 1972 mit den Stimmen der CDU/CSU diese Bindungsfrist von fünf auf zehn Jahre verlängert. Wir haben das deshalb getan, weil zu erkennen war, daß eine fünfjährige Bindungsfrist nicht ausreichte, um den Bestand an Sozialwohnungen zu schützen. Wir sind der Meinung, daß die Situation heute nicht so grundsätzlich anders ist, daß wir wieder von 10 auf 5 Jahre zurückgehen könnten; wir müssen dies also ablehnen.
({2})
Drittens. Sie wollen die Bagatellgrenze von 3 000 DM - die wir vorsehen - auf 5 000 DM anheben. Das heißt, dort, wo Kleinstdarlehen gewährt worden sind, wollen Sie die Wohnungen sofort aus der Bindung entlassen, und zwar nicht nur, wie bei uns, bezogen auf den Ursprungsdarlehensbetrag, sondern Sie stellen sogar auf das Restdarlehen ab, so daß Sie de facto auf einen nicht unwesentlich höheren Betrag als 5 000 DM kommen.
Hinter dieser scheinbar harmlosen Differenz von gut 2 000 DM steckt Erhebliches, und ich muß Ihnen, meine Damen und Herren, das hier einmal verdeutlichen. Durch Rückfrage bei den Ländern - sechs haben geanwortet, einige andere haben sich damit schwergetan - haben wir festgestellt, daß von dieser Differenz allein in diesen sechs Ländern 850 000 Wohnungen betroffen sind, und wenn wir noch Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die die Frage nicht beantwortet haben, hinzurechnen, wird man von mindestens 1 Million Wohnungen ausgehen können, die dadurch unter erheblich gelockerten Bedingungen zusätzlich aus der Bindung herausfallen. Das sind etwa 20 bis 25 % des gesamten Bestandes an öffentlich geförderten Wohnungen, der uns heute zur Verfügung steht. Meine Damen und Herren, wenn man sich diese Zahl vor Augen führt, kann man, denke ich, nicht mehr nur von einer Anhebung der Bagatellgrenze von 3 000 auf 5 000 DM reden, sondern muß fast von einem Ausverkauf des Bestandes an öffentlich geförderten Wohnungen sprechen.
({3})
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, machen Sie viertens auch noch mit einer scheinbar relativ harmlosen Regelung, die der Laie überhaupt nicht
versteht, einen grundsätzlichen Schlenker, indem Sie künftig nicht mehr die Gesamtablösung des öffentlichen Darlehens fodern, sondern die Ablösung für die Einzelwohnung ermöglichen wollen.
Wenn ich Ihnen sage, daß pro Jahr etwa 5 bis 7 % öffentlich geförderte Wohnungen freiwerden, und wenn Sie die ganzen Erleichterungen, über die wir hier reden, in diese Diskussion mit einbeziehen, wird man mit Recht von einem völligen Ausverkauf des öffentlich geförderten Wohnungsbestandes sprechen können.
({4})
Ihr brisantes Bündel, das Sie uns hier vorgelegt haben - Herabsetzung der Nachwirkungsfrist auf 5 Jahre, Anhebung der Bagatellgrenze auf 5 000 DM, Einzelablösung, kein Schutz an Bedarfsschwerpunkten -, ist eine explosive Veränderung am Wohnungsmarkt zu Lasten der Mieter und zu Lasten der sozial schwächeren Sondergruppen.
({5})
Sie werden deshalb nicht überrascht darüber sein, daß wir Ihre Änderungsanträge zu § 16 des Wohnungsbindungsgesetzes ablehnen.
Meine Damen und Herren, nun zu § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Die letzte Anpassung der Einkommensgrenzen ist 1974 erfolgt. Sie alle wissen, daß wir seitdem erhebliche Einkommenssteigerungen gehabt haben, die aber wegen der Geldentwertungsrate in wesentlichen Teilen nur nominaler Art gewesen sind.
({6})
Sie wissen zum anderen, daß wir seitdem erhebliche Mietsteigerungen - insbesondere im Sektor des Wohnungsneubaus - zu verzeichnen gehabt haben. Es ist also notwendig, es ist geradezu zwingend, daß wir die bisherigen Grenzen anheben, wenn wir nicht größere bisher berechtigte Gruppen aus dem Berechtigungskreis herausfallen lassen wollen. Der Facharbeiter bei Ford und Klöckner-HumboldtDeutz oder der Bergarbeiter im Ruhrgebiet waren jahrelang berechtigt, der mittlere Angestellte war es auch. Sie sind es heute nicht mehr.
({7})
- Herr Kollege Kolb, lassen Sie mich das noch sagen: Die Folge war, daß die Lohnbüros, daß die wohnungsbesetzenden Stellen zu Manipulationen gegriffen haben.
({8})
Wenn Sie, Herr Kollege Francke, sich hier hinstellen und davon reden, hier würde der Berechtigtenkreis in einem unerhörten Maße ausgedehnt, will ich Ihnen Ihre Vaterstadt vorhalten: Hamburg hat seit Jahren eine 20%ige Überschreitung toleriert, und nichts anderes wollen wir; wir wollen diese Toleranzgrenze, die Sie in Hamburg akzeptiert haben, jetzt bundesweit anerkennen.
({9})
Wir wollen damit an die Entwicklungen, die in den letzten Jahren eingetreten sind, herankommen.
({10})
- Herr Francke, der Fehler Ihrer Anträge und Ihrer Vorstellungen ist der, daß Sie auch hier wieder in die bundesweite Gleichmacherei verfallen.
({11})
Es gibt erhebliche Einkommensunterschiede im Bundesgebiet, und es gibt erhebliche Unterschiede in der Höhe der Mieten. Sie unterstellen, daß der normative Anspruch, den wir hier regeln, gleichzusetzen ist mit dem Bedarf. Dies ist doch völliger Unsinn. Wir hätten ja eine revolutionäre Situation in diesem Lande, wenn das so wäre.
Wir passen uns lediglich an die Entwicklungen der letzten Jahre an.
({12})
Bisher berechtigte Bevölkerungsgruppen, die durch geldentwertungsbedingte Einkommenssteigerungen ihren Anspruch verloren haben, für die aber der freie Markt nach wie vor zu teuer ist, sollen wieder ihren früheren Anspruch erhalten.
({13})
Um nichts anderes geht es. Wir befinden uns dabei im Einklang mit dem gesetzlichen Auftrag für den sozialen Wohnungsbau, der nämlich die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung sicherstellen will.
({14})
„Breite Schichten der Bevölkerung" bedeutet mindestens 50 % der Bevölkerung. Wir landen mit unseren neuen Zahlen etwa bei 50 bis 55 % der Bevölkerung. Wir befinden uns also voll im Einklang mit diesem Gesetzesauftrag.
Ich bedaure, Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, deshalb sagen zu müssen, daß wir Ihren Änderungsanträgen nicht folgen können und daß wir die Anhebung auf die von uns vorgeschlagene Grenze für dringend erforderlich halten.
({15})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gattermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin in der bisheri14974
gen Debatte verschiedentlich angesprochen worden; deshalb einige wenige Vorbemerkungen.
Herr Francke, Sie haben mich gefragt, ob es mir um Machterhalt gehe. Ich will Ihnen darauf antworten. Zum einen ist Machterhalt oder umgekehrt Machterwerb ja wohl nichts Böses an sich. Fragen Sie einmal Ihren Kanzlerkandidaten; der hat das einmal einigermaßen ungebührlich in Sonthofen vordekliniert.
({0})
Wenn ich mir Ihre gesamtpolitische Alternative anschaue - wobei ich nicht ausschließen will, daß Sie in einzelnen Punkten einmal recht haben könnten -, scheint es mir doch für dieses Landganz unerläßlich zu sein, daß diese erfolgreiche Regierung auch nach 1980 weiterregiert.
({1})
Das zum Thema Machterhalt.
Meine Damen und Herren von der Opposition, lassen Sie doch dieses genüßliche Herausarbeiten von inhaltlich unterschiedlichen Positionen der beiden Koalitionsparteien sein; zumindest: entscheiden Sie sich!
({2})
Sie können nämlich nur eines: Entweder können Sie uns als Blockpartei beschimpfen, oder aber Sie können sich freuen, wenn Sie einmal einen Dissens in den Auffassungen zwischen den eigenständigen Parteien festgestellt haben. Beides zusammen geht nicht.
({3})
Lassen Sie mich zum Gesetz kommen. Das auf einer Initaitive des Landes Nordrhein-Westfalen beruhende Wohnungsbauänderungsgesetz 1978 ist in einer Zeit beraten worden, in der die öffentliche wohnungspolitische Diskussion sich mit zwei Fragestellungen befaßte: 1. Bedarf die Wohnungspolitik einer Neuorientierung? 2. Reicht der geltende Mieterschutz aus, wenn Sozialmietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und an Dritte veräußert werden?
({4})
Es ist deshalb manchmal ganz nützlich, wenn die Beratung eines Gesetzesvorhabens etwas länger dauert, so daß man Erkenntnisse aus solchen Diskussionen mit verwerten kann. Diese zumindest in der ersten Fragestellung längst nicht zu Ende geführte Diskussion ist nicht ohne Einfluß auf die Beratungen dieses Gesetzes geblieben. Das uns jetzt zur Beratung und Entscheidung in zweiter und dritter Lesung vorliegende Beratungsergebnis befriedigt zugegebenermaßen nicht in allen Einzelpunkten, aber insgesamt halten wir die gefundene Kompromißlösung für ausgewogen, und wir stimmen ihr zu.
Kernstück der Bundesratsinitiative war der vorsichtige Einstieg in die Lockerungen des Wohnungsbindungsrechts bei vorzeitiger Ablösung der öffentlichen Finanzierungsmittel. Für meine Fraktion ist das auch das Kernstück des zur Verabschiedung anstehenden Gesetzes geblieben. Warum das so ist, wird deutlich, wenn man die eben angesprochene grundsätzliche Fragestellung nach der Notwendigkeit einer Neuorientierung der Wohnungspolitik in die Überlegungen einbezieht.
Wir meinen in der Tat - wir stehen da ja nun nicht allein -, daß heute eine Neuorientierung der Gesamtwohnungspolitik notwendig ist, wobei ich ausdrücklich anmerke, daß das nicht mit einer Kritik an der bisherigen Wohnungspolitik identisch ist.
({5})
Diese bisherige Wohnungspolitik war notwendig, und sie war auch erfolgreich; denn niemand kann leugnen, daß wir zumindest einen global ausgeglichenen Wohnungsmarkt haben.
({6})
Das hindert uns dann aber nicht festzustellen, daß wir heute gewisse soziale, städtebauliche und regionale Verwerfungen am Wohnungsmarkt haben, die es notwendig machen, darüber nachzudenken, ob wir alles so unverändert weiter machen können wie bisher. Wir meinen, das geht in der Zukunft, im nächsten Jahrzehnt nicht. Wir werden uns dort etwas Neues einfallen lassen müssen.
({7})
Ich habe von regionalen Verwerfungen gesprochen und nenne dazu das Stichwort Wohnungsnot in München und leerstehende Wohnungen anderenorts. Für soziale Verwerfungen nenne ich die Stichworte Mietverzerrung und Fehlbelegung. Für städtebauliche Verwerfungen seien die Stichworte Innenstadtverödung und Stadtrandbebauung genannt. Und die erquickliche Zukunftsprognose möchte ich mit dem Hinweis auf durchgängigen Attentismus privater Investoren im Mietwohnungsbau, mit dem Hinweis auf stark rückläufige Produktionsziffern von Sozialmietwohnungen wegen der exorbitanten Steigerungen des Förderbedarfs pro Wohnung und mit dem Hinweis darauf belegen, daß die Kostenentwicklung für den Eigenheim- und Eigentumswohnungsbau inzwischen so weit fortgeschritten ist, daß die Leistungskraft vieler erreicht ist.
({8})
Bei dem Versuch, nun einen geeigneten Ansatzpunkt für die Neuorientierung der Wohnungspolitik zu finden, ist es sehr hilfreich - aber abschließend nicht tröstlich -, daß wir zwischenzeitlich über einen Bestand von über 6 Millionen Sozialmietwohnungen verfügen und daß bezüglich des sonstigen Bestandes die Bereitschaft der EigentüGattermann
mer zu Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen relativ groß ist.
({9})
Solche Bestandsmaßnahmen, solche Bestandspflege sind deshalb letztendlich nicht tröstlich, weil die Fluktuation im sozialen Wohnungsbestand gering ist - und auf diese Weise häufig die Falschen die preiswerten Wohnungen bewohnen - und weil mit Bestandsmaßnahmen regionale Verwerfungen nicht beseitigt werden können, darüber hinaus auch nicht der mit Sicherheit zu prognostizierende Mehrbedarf befriedigt werden kann.
Wohnungsbestandspolitik ist eminent wichtig. Sie ersetzt aber letztlich nicht die Neubaupolitik. Bei dem Versuch, einen Lösungsansatz zur Neuorientierung zu finden, stößt man wegen der Kostensituation schnell auf drei Erkenntnisse, um die niemand herumkommt, von welcher Ecke er sich dem Thema auch nähern mag.
Erste Erkenntnis: Das finanzielle Engagement des Staates - wie immer man das Wohnungsbudget in sich strukturieren will - kann unter keinen Umständen zurückgefahren werden. Ja, ich befürchte, es wird ausgeweitet werden müssen.
Zweite Erkenntnis, die Produktion eines sò langlebigen Wirtschaftsgutes, wie es eine Wohnung ist, bedingt - wiederum auf dem Hintergrund der Kostensituation - für eine ganze Reihe von Jahren notwendigerweise Verluste. Wenn Verluste bei einem Wirtschaftsgut steuerlich bei anderen Einkunftsarten auch zu Entlastungen führen, dann hat das bitte schön nichts mit Subventionen zu tun. Das sind Zahlen, die nicht in das sogenannte Wohnungsbudget gehören.
Die dritte Erkenntnis ist: Die Wohnungsversorgung von sozialen Zielgruppen bleibt staatliche Daueraufgabe; auch dies ist unerläßlich.
({10})
Der Lösungsansatz für uns Liberale lautet - das dürfte für Sie keine Überraschung sein -: Marktwirtschaft. Natürlich verkennen wir nicht, daß auch das derzeitig praktizierte Nebeneinander von sozialem Wohnungsbau und freifinanziertem Wohnungsbau insgesamt marktwirtschaftliche Denkansätze hat, daß auch im Bereich des sozialen Wohnungsbaus die letzte dezentrale Investitionsentscheidung der private oder der gemeinnützige Investor hat. Wir müssen aber erkennen, daß durch sehr viele Administrierungen dieses und auch des anderen Marktbereiches die Zweiteilung dieses Marktes inzwischen Ausmaße angenommen hat, die nur noch für eine Übergangszeit unter einer klaren Zieldefinition tolerierbar sind.
({11})
Es ist nach unserer Auffassung unerläßlich, die Wohnungsversorgung als Ganzes - daran haben sich in den letzen Jahren schon viele versucht, aber bisher ist es keinem überzeugend gelungen -, d. h. Wohnungsbau und Wohnungsbestandspolitik, in einen eindeutigen ordnungspolitischen Zusammenhang zu stellen, daß die Rolle des Staates in diesem Politikbereich neu definiert wird, so daß die Akzente der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmensetzungen ebenso wie alle Instrumente unmittelbarer Förderpolitik zu überprüfen sind.
Herr Paterna hat vorhin ein Bekenntnis dazu abgegeben, daß auch für die Zukunft der soziale Wohnungsbau für breite Schichten der Bevölkerung Aufgabe des Staates sei. Lassen Sie mich als Antwort darauf aus der Regierungserklärung zitieren, die diese sozialliberale Regierung zu Beginn der Legislaturperiode abgegeben hat.
({12}) Es heißt da:
Stadterneuerung ist nicht möglich ohne den Neubau von öffentlich geförderten Wohnungen. Wir haben heute zwar einen hohen Stand der Wohnungsversorgung erreicht; aber es gilt, den noch benachteiligten Gruppen - z. B. kinderreichen Familien, alten Menschen, behinderten Menschen -,für die bisher nicht genug nachgedacht und geschaffen worden ist, mit dem sozialen Wohnungsbau zu helfen.
Diese Aussage der Regierungserklärung unterstreiche ich für meine Fraktion ausdrücklich. Dies ist eine den haushaltsmäßigen Möglichkeiten angepaßte realistische Definition von breiten Schichten der Bevölkerung.
({13})
Für das hier zur Beratung anstehende Wohnungsbauänderungsgesetz 1978 lautet die Aufgabenstellung im Rahmen der Gesamtkonzeption: Marktstrukturbereinigung. Wir Freien Demokraten machen überhaupt keinen Hehl daraus, daß wir die Zweiteilung des Marktes in einem mittel- bis langfristigen Prozeß überwinden wollen. Das aber heißt, daß sozial abgefedert überall dort, wo es keine Friktionen gesellschaftlicher Art gibt, der Sozialwohnungsbestand vorsichtig und behutsam in den Markt überführt werden muß. Dies scheint uns langfristig überdies auch deshalb sinnvoll zu sein, weil der Sozialwohnungsbestand nach geltendem Recht ohnedies langfristig in den allgemeinen Markt hineinwachsen wird. Dann wird das aber jeweils gleichzeitig in großen Partien mit ganzen Förderjahrgängen geschehen, so daß auch von hierher eine gewisse zeitliche Entzerrung dieses Prozesses geboten und vernünftig ist.
Die Entwicklung eines neuen Konzepts und seine Realisierung haben wir unter das Motto gestellt: Radikal denken - man könnte auch sagen: außerhalb der eingefahrenen Denkschemata an die Probleme herangehen -, aber behutsam handeln. Dies betone ich nachdrücklich.
({14})
- Unter dieser Devise - Herr Kolb, da sind wir
schon beim Handeln - scheint uns das gefundene
Ergebnis in unserem Wohnungsbauänderungsgesetz 1978 ein geeigneter Einstieg zu sein,
({15})
selbst wenn durch einige flankierende Maßnahmen die rechtlichen Unterschiede in beiden Marktbereichen verstärkt worden sind.
Es erscheint uns vernünftig und sozial vertretbar, daß nach Rückzahlung der öffentlichen Finanzierungsmittel Sozialwohnungen dann sofort aus der Bindung entlassen werden, wenn die Wohnung leersteht oder während der Nachwirkungsfrist leer wird.
Mit der Überführung von Sozialwohnungen in den Markt löst sich das Fehlbeleger-Problem automatisch, indem der Fehlbeleger bei fortwirkendem Mieterschutz die Vergleichsmiete zu zahlen hat, was auch richtig ist. Deshalb haben wir es für richtig gehalten, insoweit über die Bundesratsvorlage hinauszugehen und die Bindungswirkungen auch bei einer belegten Wohnung entfallen zu lassen, wenn der Mieter Fehlbeleger ist.
({16})
- Wir sind nicht ganz glücklich darüber, Herr Dr. Jahn, daß nach der gefundenen Regelung Fehlbeleger nur der ist, der die Einkommensgrenzen des § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes um mehr als 40 % überschreitet. Wir halten .zwar eine Toleranzgrenze für erforderlich, hätten diese aber lieber bei 20 bis 25 % angesiedelt gesehen. Allerdings sollten die Toleranzgrenze für Eigentumsmaßnahmen und die Toleranzgrenze für Fehlbeleger-Regelungen identisch sein.
Wir hätten deswegen gern auch die Toleranzgrenze bei den Einkommensmaßnahmen im zweiten Förderungsweg abgesenkt, zumal da sie in der Förderungspraxis vieler Länder so gut wie ohne Bedeutung ist. Aber dieses in den letzten Beratungen aufgekommene Instrument hätte umfangreiche Rückfragen bei verschiedenen Ländern über die Auswirkungen erforderlich gemacht. Dies wäre eine unvertretbare Verzögerung gewesen. Möglicherweise nimmt uns der Bundesrat diese Bedenken.
Die weitergehenden Vorstellungen, die in Ihren Änderungsanträgen zum Ausdruck kommen, nämlich allgemeine Abkürzung der Nachbindungsfrist von zehn auf fünf Jahre, grundsätzlicher Verzicht auf eine Toleranzgrenze bei der Fehlbeleger-Regelung, Wegfall der Bindungen auch dann, wenn die Mittel nur für einzelne Wohnungen zurückgezahlt werden, sind zwar unter der Zielrichtung der Überführung eines Marktbereichs in den anderen instrumental richtig. Aber sie sind in ihrer Kumulationswirkung mit dem, was die Mehrheit im Ausschuß zu diesen Punkten beschlossen hat, ganz erheblich als gegen das von mir soeben herausgestellte Behutsamkeitsgebot verstoßend einzustufen. Wir werden deshalb diese Änderungsanträge ablehnen,
({17})
erklären diese Vorschläge aber für spätere Maßnahmen unter derselben Zielorientierung für durchaus diskussionswert.
({18})
Ähnliches gilt für Ihren Antrag, die Bagatellgrenzen für den Wegfall der Bindungswirkungen bei Ablösung von Kleinfinanzierungen statt auf 3000 auf 5000 DM festzusetzen, zumal da Sie dies nicht auf den ursprünglichen Darlehensbetrag, sondern auf die Restschuld bezogen sehen wollen. Dies würde Überführungsschübe auslösen, die unvermeidlich zu erheblichen sozialen Friktionen führen würden. Dies entspräche nicht der Behutsamkeit, von der ich gesprochen habe.
Überführung von Sozialmietwohnungen ist eine Sache; den freien Markt in Ordnung zu bringen, eine andere. Erst wenn der freie Markt die Wohnungsversorgung gewährleistet und ein geeignetes Subjektförderungsinstrument die Aufbringung der Wohnkosten durch weniger einkommensstarke Bürger sozial sichert, kann man etwas intensiver an die Überführungsmaßnahmen herangehen. Das eine kann nicht unabgestimmt mit dem anderen geschehen.
Die Koalitionsfraktionen haben es in Übereinstimmung mit der Bundesregierung und weithin auch mit den Bundesratsvorstellungen für richtig und unverzichtbar gehalten, den Ländern die Möglichkeit zu geben, in regionalen Problemgebieten den vorsichtigen Liberalisierungsprozeß auszusetzen. Wir meinen, daß dies in einigen Wohnungsnotgebieten unerläßlich ist. Allerdings bezieht sich diese Ermächtigung, wie Sie wissen, nur auf Sozialmietwohnungen, nicht auf öffentlich geförderte Eigenheime, öffentlich geförderte Eigentumswohnungen und auch nicht auf öffentlich geförderte gekorene Eigentumswohnungen dann, wenn sie der Mieter bewohnt. Meine Damen und Herren, dies führt dazu, daß wir Ihren Änderungsantrag zu Nr. 3 und 3 a - ich glaube, Herr Erpenbeck hat es begründet - ablehnen müssen.
Aber lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu diesem Ihrem Änderungsantrag und insbesondere zu dem machen, was Kollege Francke heute morgen dazu gesagt hat. Er hat gemeint, es sei völlig unvertretbar und eine Konterkarierung des Gesetzes, wenn man bei einer Regionalisierungsklausel an den erhöhten Bedarf für öffentlich geförderte Wohnungen anknüpfe und nicht wie im alten § 5 a an den erhöhten Bedarf für Wohnungen schlechthin. Ich weiß nicht, ob Ihnen und insbesondere dem Kollegen Francke als Berichterstatter entgangen ist, daß auch der Bundesrat an den erhöhten Bedarf für öffentlich geförderte Wohnungen und nicht an erhöhten Bedarf für Wohnungen allgemein anknüpft. Aber vielleicht ist das Herrn Francke ebenso entgangen, wie ihm vorbehalten blieb, die ganze Arbeitsgruppe dazu zu bringen, dieses heftig attakGattermann
kierte Gesetz durch ein positives Votum im Ausschuß für gut und richtig zu befinden.
({19})
Von besonderer Bedeutung in diesem Gesetzeswerk ist auch die Anhebung der Einkommensgrenzen. Die Koalitionsfraktionen und die Opposition haben eine deutliche Anhebung der Einkommensgrenzen insoweit für richtig gehalten, als es sich um die Zuschläge für Familienangehörige, sprich Kinder, handelt Hier besteht also Übereinstimmung. Die Koalitionsfraktionen haben darüber hinaus gemeint, auch die Einkommensgrenzen für den Haushaltungsvorstand und für die Ehefrau maßvoll anheben zu sollen.
Ich gestehe, daß wir auf der Grundlage unserer wohnungspolitischen Gesamtvorstellungen nur mit äußerster Skepsis an diese Erhöhung der Einkommensgrenzen herangetreten sind. Wir wissen, daß bereits heute nur ein Teil der Wohnberechtigten in sozialen Mietwohnungen wohnt, während sich andere Wohnberechtigte im freien Markt zurechtfinden müssen. Wir wissen, daß der Staat im Rahmen der Objektförderung kaum noch Sozialmietwohnungen für breite Schichten der Bevölkerung fördern kann. Wir wissen, daß Liberalisierung von Sozialmietwohnungen natürlich den Bestand reduziert. Dennoch machen wir durch diese Einkommensgrenzenverschiebung nicht mehr Wohnberechtigte wieder zu Wohnberechtigten. In einzelnen Fällen schaffen wir neue Wohnberechtigte.
Dennoch haben wir aus einer sehr politischen Überlegung heraus dieser Anhebung zugestimmt. Unser tragendes Motiv ist, daß man es sich als Politiker nicht so leicht machen darf, Politikinhaltsänderungen auf kaltem Wege dadurch zu erreichen, daß man „breite" Schichten der Bevölkerung durch bloße Währungsverschiebungen und durch bloßes Nichtstun „schmaler' werden läßt. Wir halten es nur für ehrlich und konsequent, auf der Grundlage der gültigen Aufgabendefinition wenigstens die Anpassungen vorzunehmen, die sich ohne Zuwachs am Real- einkommen allein aus nominellen Einkommenssteigerungen ergeben. In diesem Rahmen haben wir die Anhebung vorgenommen.
Soweit es sich dabei um die Anhebungen aus familienpolitischer Motivation handelt, haben wir dies aus voller Überzeugung getan.
Ich möchte auch noch anmerken, weil dies heute noch nicht gesagt worden ist, daß es einer unserer Initiativen zuzuschreiben ist, daß wir in Zukunft die zum Haushalt gehörenden Eltern und Schwiegereltern bei der Einkommensermittlung fürderhin nicht mehr wie Kinder, sondern wie die Ehefrauen behandeln wollen. Wir halten dies für sehr wichtig, um das Zusammenwohnen mehrerer Generationen in einer Wohnung oder in einem Eigenheim zu erleichtern, was nicht nur gesellschaftlich wünschenswert, sondern darüber hinaus auch den Sozialetat zu entlasten geeignet ist.
Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn ich Ihre Änderungsanträge richtig gelesen habe, verstehe ich überhaupt nicht, warum Sie dieses wieder aus dem Gesetz gestrichen sehen wollen.
Sie werfen uns doch vor, nach der Zerstörung der Großfamilie seien wir nun angetreten, auch die Kleinfamilie zu zerschlagen. Wenn wir nun etwas tun, um die Großfamilie wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken, sagen Sie nein dazu. Warum Sie dagegen sind, bleibt Ihr Geheimnis.
(Beifall bei der FDP und der SPD Dr. Möller [CDU/CSU]: Sie haben das offenbar
nicht verstanden»
Lassen Sie mich abschließend noch einige Bemerkungen dazu machen, daß wir es für richtig gehalten haben, die Frist für den allgemein gültigen Ausschluß der Geltendmachung von Eigenbedarf von drei Jahren für umgewandelte Sozialmietwohnungen auf zehn Jahre zu verlängern.. Wir sind uns darüber im klaren, daß mit dieser Maßnahme die rechtlichen Unterschiede beider Marktbereiche vermehrt werden. Wir sind uns auch darüber im klaren, daß diese Maßnahme den von uns gewünschten Pro-zeB der Marktstrukturbereinigung nicht gerade beschleunigt. Genauso sind wir uns darüber im klaren, daß dies namentlich in. Kreisen von Haus- und Grundeigentümern als eine weitere Beschränkung der Verfügungsrechte des Eigentümers heftig kritisiert wird. Wir hatten diese Bedenken, die wir ernst nehmen, gegen die schutzwürdigen Interessen der Mieter vor Verdrängung im Zusammenhang mit Umwandlungen abzuwägen. Diese Abwägung ist eindeutig zugunsten der Mieter ausgefallen.
Wir wissen zwar, daß der allgemeine Mieterschutz gut ist, wir wissen aber auch, daß der durch Umwandlung und Veräußerung an Dritte vielfach produzierte Eigenbedarf psychologische Verunsicherungen bei-den Mietern schafft, die die belegbare Gefahr heraufbeschwören, daß vielfach Mieter, insbesondere ältere Mieter am Ende eines langen Mieterlebens, nicht in der Lage oder bereit sind, ihre sonstigen Mieterschutzrechte wahrzunehmen. Durch den Ausschluß der Geltendmachung von Eigenbedarf durch Dritterwerber auf die Dauer von zehn Jahren wollen wir- da mich Herr Erpenbeck wegen. der Eigentumsmaßnahmen ganz gezielt angesprochen hat sage ich das speziell für ihn - erklärtermaßen erreichen, daß umgewandelte Sozialmietwohnungen in erster Linie von den Mietern gekauft werden.
({20})
Wir wollen mit dieser Maßnahme erreichen, daß sie in zweiter Linie durch bloße Kapitalanleger gekauft werden. Wir wollen erklärtermaßen nicht, daß sie von Dritten zur Verdrängung der darin wohnenden Mieter gekauft werden.
({21})
Um dies zu erreichen, halten wir diese Maßnahme nicht nur für durch das Sozialpflichtigkeitsgebot des Art. 14 des Grundgesetzes abgedeckt, sondern auch, darüber hinausgehend, für politisch richtig.
Meine Damen und Herren, es gibt weitere Punkte in diesem Gesetz, die es wert waren, im einzelnen bewertet zu werden. Ich will darauf verzichten.
Ich will zum Schluß ein Wort der Selbstkritik sagen.
({22})
Es ist uns auch bei diesem Gesetz nicht gelungen, es durchgängig zu vereinfachen. Es ist uns auch bei diesem Gesetz nicht gelungen, eine einfache, klare, von jedermann sofort verstandene Sprache zu finden.
({23})
Die Regelungsmaterie ist kompliziert Der politische Kompromiß,
({24})
ohne den eine Demokratie nicht leben kann, verkompliziert gelegentlich die Regelungsmaterien noch mehr. Insofern wird die Aufgabe, Gesetze lesbarer, klarer, kürzer, einfacher zu machen, eine Daueraufgabe bleiben.
(Kolb [CDU/CSU]: Eine ewige Aufgabe»
Diesmal, meine Damen und Herren, haben wir dieser Forderung noch nicht genügt Ich hoffe, daß es uns beim nächsten Mal gelingt.
({25})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Debatte.
Wir treten in die Einzelberatung ein.
Ich rufe Art. 1 Nr. 01 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 8/3454 unter I Ziffer 1 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wer Art. 1 Nr. 01 in der AusschuBfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen Stimmen der CDU/CSU so angenommen.
Ich rufe jetzt Art. 1 Nr. 1 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Art 1 Nr. 2 auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobel - Enthaltungen? Art. 1 Nr. 2 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 3 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 8/3454 unter I Ziffer 2 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -'Der Antrag ist abgelehnt
Wer Art. 1 Nr. 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 1 Nr. 3 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 3 a auf. Dazu liegt auf Drucksache 8/3454 unter I Ziffer 3 wiederum ein Änderungsantrag . der Fraktion der CDU/CSU vor. Ich lasse über diesen Antrag abstimmen. Wer dem Antrag der CDU/CSU zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt
Wir kommen zur Abstimmung über Art. 1 Nr. 3 a in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Bestimmung ist angenommen. .
Ich rufe Art. 1 Nr. 4 bis 8 in der Ausschußfassung auf. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Bestimmungen sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 1. Nr. 9 in der Ausschußfassung auf. Wer dieser Bestimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 10 auf. Hierzu liegt auf Drucksache 8/3454 unter I Ziffer 4 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.
Wer Art. 1 Nr. 10 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. 1 Nr. 10 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Ich rufe Art. 1 Nr. 11 bis 15a in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobel -- Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. '
Ich rufe Art. 1 Nr. 15b auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobel - Enthaltungen? - Art. 1 Nr. 15b ist mit Mehrheit angenommen. .
Ich rufe Art. 1 Nr. 16 bis 18 sowie Art. 2 Nr. 1 und 2 auf. Wer. den Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!
Enthaltungen? - Die Bestimmungen sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art.2 Nr. 3 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/3454 unter II 1 vor. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dieser Antrag ist abgelehnt.
Wer Art. 2 Nr. 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der CDU/CSU mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 2 Nr. 4 auf. Wer den Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein HandVizepräsident Frau Renger
zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 2 Nr. 4 a auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/3454 unter II Ziffer 2 vor. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.
Wer Art. 2 Nr. 4a in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Bestimmungen sind mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 2 Nr. 5 auf. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 2 Nr. 5 a auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 2 Nr. 6 bis 8 auf. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe die Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU auf der Drucksache 8/3454 unter II Ziffer 3 und Ziffer 4 auf. Es wird beantragt, nach Art. 2 Nr. 8 eine neue Nr. 8a und eine Nr. 9 einzufügen. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe Art. 2 Nr. 9 a bis 16 in der Ausschußfassung auf. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Bestimmungen sind einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 3 in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen! - Bei Enthaltung der CDU/CSU-Fraktion mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Art. 3 a und 4 sowie Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieses Gesetz ist in der zweiten Beratung einstimmig angenommen.
({0})
- Verzeihen Sie, ich hatte beides vorgelesen.
({1})
- Verzeihen Sie, wenn Sie darüber extra abgestimmt haben wollen, werde ich das wiederholen.
({2})
Ich darf noch einmal feststellen, daß das Gesetz in zweiter Lesung ohne Gegenstimmen angenommen worden ist.
({3})
- Bitte schön, wir wollen das klären. Ich habe das eindeutig vorgelesen, aber wenn Sie eine Wiederholung wünschen, können wir das tun. Aber das Ergebnis wird dann wohl nicht anders sein. Es scheint hier ein Mißverständnis vorzuliegen.
({4})
- Meine Damen und Herren, ich hatte Ihnen das ausdrücklich zu Abstimmung vorgelesen. Aber bitte: Art 3 a und 4! Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Art. 3 a und 4 sind mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe Einleitung und Überschrift auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! ({5})
Enthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Lesung gegen die Stimmen der CDU/CSU angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Bundesminister Dr. Haack.
Frau Präsidentin! Meine Damen .und Herren! Im Blick auf die mehrmals in der Debatte verwendeten Begriffe der Fehl- oder der Unterbelegung stelle ich zunächst fest, daß der Plenarsaal zweifellos unterbelegt ist, bei den klaren Mehrheitsverhältnissen der Koalitionsfraktionen ist er aber sicher nicht fehlbelegt.
In der heutigen wohnungspolitischen Debatte, die wir in der zweiten Lesung geführt haben, ist wieder einmal deutlich geworden, daß wir die Probleme, die wir haben und vor denen wir stehen, selbstverständlich nicht mit Schlagworten lösen können. Worauf es ankommt - das ist von mehreren Sprechern deutlich gesagt worden -, ist, daß wir unser vorhandenes Instrumentarium sowohl im Wohnungsbau als auch im Städtebau, das sich in der Vergangenheit durchaus bewährt hat, aber zum Teil unter anderen Voraussetzungen, mit Blick auf die jetzt geänderten Probleme und Rahmenbedingungen vernünftig fortentwickeln müssen.
Dabei darf aber nicht übersehen werden - ich unterstreiche das, was auch Herr Gattermann vorhin in der Diskussion gesagt hat -, daß wir- große Erfolge in der Wohnungsversorgung auch und gerade in den letzten Jahren verzeichnen können. Ich darf einige Beispiele nennen. So ist es in den letzten zehn Jahren möglich geworden, für nahezu jeden vierten Haushalt in der Bundesrepublik neuen Wohnraum zu schaffen. Die durchschnittliche Wohnfläche pro fertiggestellter Wohnung hat sich in den vergangenen zehn Jahren von 84 qm auf
102 qm erhöht. Das ist eine wesentliche Verbesserung in der qualitativen Wohnungsversorgung in unserem Land. 61 % aller neuen Wohnungen haben heute fünf und mehr Räume.
Die Subjektförderung über das Wohngeld - wichtiger Bestandteil unserer Wohnungspolitik - hat erheblich an Bedeutung gewonnen. Für einkommenschwächere Haushalte wurde darüber hinaus 1973 und auch jetzt wieder für die Heizungsperiode 1979 ein Heizkostenzuschuß gezahlt. Die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes wurden auf den Erwerb von Altbauten ausgedehnt.
Nun kommt ein ganz wichtiger Punkt, der uns auch in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Die Modernisierung und die Energieeinsparung wurden zu neuen, und zwar nicht nur kurzfristigen, sondern langfristigen Schwerpunkten unserer Wohnungspolitik. Das soziale Mietrecht wurde als Dauerrecht in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen. Mit den verschiedenen Konjunkturprogrammen der letzten Jahre haben wir zusätzliche Mittel für den Wohnungs- und Städtebau zur Verfügung gestellt. Das Programm für Zukunftsinvestitionen brachte erstmals eine Förderung des Ersatzwohnungsbaues in größerem Umfang.
Ich sage das auch deshalb, weil nach meiner Auffassung zu vordergründig über die sogenannte Krise der öffentlichen Wohnungsbauförderung diskutiert wird. Hier kommt es nämlich ganz entscheidend darauf an, wie diskutiert wird und mit welchen Absichten diskutiert wird. Es beteiligen sich nämlich Leute an der Diskussion, die nicht unser Förderungssystem im sozialen Wohnungsbau verbessern und auf die Probleme der Zukunft abstellen wollen, sondern mit der vordergründigen Diskussion über eine Krise und über eine Fehlleitung öffentlicher Mittel den sozialen Wohnungsbau und wesentliche Teile der öffentlichen Förderung überhaupt demontieren wollen. Das ist der entscheidende Punkt.
({0})
Deshalb müssen wir diese Diskussion sehr behutsam angehen.
Ich sage das im übrigen auch für die Diskussion über die Fehlbelegung oder Fehlsubventionierung, die heute früh eine Rolle gespielt hat. Auch das ist für manche nur ein vordergründiges Argument, um zu sagen, die öffentliche Förderung habe nicht funktioniert, weil es Probleme gebe, und müsse grundsätzlich abgestellt werden. Wenn wir von Fehlbelegung sprechen, dann wollen wir sozusagen auch aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit Mißstände abstellen. Wir wollen sie aber nicht als Vorwand benutzen, um überhaupt das Förderungssystem grundsätzlich einzustellen.
Jetzt einige Bemerkungen zu dem Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, der auf eine Bundesratsinitiative und vor allem auf das Land Nordrhein-Westfalen zurückgeht. Ich gehe davon aus, daß Herr Minister Hirsch in dieser dritten Runde nachher auch noch zu uns sprechen wird. Die Vorarbeiten zu dem vom Bundesrat eingebrachten Wohnungsbauänderungsgesetz 1978 reichen, wie Sie wissen, bis in das Jahr 1976 zurück. Die Wohnungsmärkte waren damals - anders als heute - durch ein Überangebot gekennzeichnet, und zwar gerade durch ein Überangebot an Geschoßwohnungen. Man sprach damals von einer Wohnungshalde und bezifferte sie auf etwa 300 000 Wohnungen. Nun sind aber Wohnungsmärkte keine statischen, keine für alle Zeit festliegenden, keine einheitlichen Größen. Wir wissen aus vielen Großstädten - vorhin ist mit Recht darauf hingewiesen worden -, daß es heute wieder Wohnungsengpässe gibt, daß sich die Zahl der nicht untergebrachten, der wohnungssuchenden Haushalte erhöht hat. Die Bundesregierung hält es deshalb für richtig, daß die Mietpreis- und Belegungsbindungen im sozialen Wohnungsbau überall dort aufrechterhalten bleiben, wo weiterhin ein erhöhter Bedarf an Sozialmietwohnungen besteht, und die Landesregierungen ermächtigt werden sollen, diese Gebiete entsprechend zu bestimmen. Die weitergehenden Vorschläge der Opposition zur Auflockerung von Bindungen scheinen mir dagegen - gerade wegen der sich in großen Städten abzeichnenden Nachfrageentwicklung - wohnungspolitisch nicht vertretbar zu sein.
Ich begrüße auch die Maßnahmen zum verbesserten Schutz der Mieter von Sozialwohnungen bei Umwandlungen. Die Bundesregierung hat sich mehrfach zu einer breiten Streuung von Wohnungseigentum - auch aus dem Bestand - bekannt. Sie hat aber von vornherein ebenso deutlich gemacht, daß sie eine Spekulation mit Sozialwohnungen zu Lasten der Mieter entschieden ablehnt. Wir haben uns auch frühzeitig bemüht, der Spekulation entgegenzuwirken. Bereits 1977 wurden - zusammen mit den Bundesländern - Grundsätze für die Umwandlung von Sozialwohnungen vorgelegt. Wir haben dann im vergangenen Jahr eine großangelegte Aktion „Information der Mieter über ihre Rechte" begonnen. Auch der Mieterbund ist hier besonders aktiv geworden. Ich meine, daß die durch das vorliegende Gesetz neu eingeführte Mitteilungspflicht des Vermieters, die Angleichung der Kündigungssperrfrist an die Nachwirkungsfrist sowie ein Vorkaufsrecht der Mieter für umgewandelte Wohnungen helfen werden - neben dem, was wir in unserem Mieterschutzsystem schon haben -, die Spekulation mit Sozialwohnungen einzudämmen und - wie wir hoffen - unmöglich zu machen.
Wir wissen alle, daß Wohnen neben der Arbeit, der Ernährung und der Ausbildung zu den zentralen Lebensbereichen gehört, die in einem Sozialstaat des besonderen staatlichen Schutzes bedürfen. Deshalb ist gerade beim Wohnen die Sozialpflichtigkeit des Eigentums von besonderer Bedeutung. Wenn wir davon ausgehen, daß dem Bestand an Sozialwohnungen für die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung weiterhin eine große Bedeutung zukommt und seine generelle Überführung in den Markt von daher nicht in Frage kommen kann, so ergibt sich für uns gleichzeitig die Verpflichtung, die entstandenen Strukturverzerrungen im Sozialwohnungsbestand abzubauen. Denn nur dann sind wir in dieser wohnungspolitischen Diskussion auch glaubwürdig.
Ich meine, daß das Wohnungsbauänderungsgesetz in der vom Ausschuß verabschiedeten Fassung den Einstieg in wichtigen Teilgebieten bringt: Die Einbeziehung weiterer Förderungsjahrgänge in die Zinsanhebung bis zu 4 % ermöglicht eine Entzerrung des Mietengefüges im Sozialwohnungsbestand. Bereits Anfang 1978 hat eine Bund-LänderArbeitsgruppe - unter maßgeblicher Mitarbeit des Bauministeriums - Lösungsansätze für wohnwertorientierte Mietentzerrungen vorgelegt. Die Länder haben jetzt Gelegenheit, von der Ermächtigung zur Zinsanhebung Gebrauch zu machen.
Ich meine auch, daß die Auflockerung von Bindungen, so wie sie jetzt in Fällen der Fehlsubventionierung vorgesehen ist, vernünftig ist. Ich würde mir wünschen, daß die Länder, die hier in erster Linie gefordert sind, für ihren Verantwortungsbereich weitere Schritte zur Verhinderung der Fehlsubventionierung unternehmen. Bremen und Nordrhein-Westfalen haben das bekanntlich getan. Die Beibehaltung des Belegungsvorbehalts für einkommensschwächere Personenkreise ermöglicht eine sozial gerechte Wiederbelegung bei den älteren, in der Regel preisgünstigeren Wohnungen.
Eine kurze Bemerkung zum Problem der Einkommensgrenzen. Die Bundesregierung hatte in ihrer Stellungnahme zum Bundesratsentwurf im Frühjahr vergangenen Jahres zunächst Bedenken gegen eine generelle Anhebung der Einkommensgrenzen erhoben. Ich glaube aber, daß wir mit dem heute vorliegenden Ergebnis einen vernünftigen Kompromiß in der gegenwärtigen Situation gefunden haben. Die generelle Anhebung berücksichtigt vor allem die Tatsache, daß viele Wohnberechtigte inzwischen aus der Berechtigung herausgewachsen sind - Herr Henke hat vorhin ausführlich darauf hingewiesen -, obwohl sie keinerlei reale Einkommensverbesserungen zu verzeichnen haben. Die deutliche Anhebung der Zuschläge für junge Ehepaare und Kinder werte ich als einen besonderen Erfolg.
Auch die maßgeblichen Wohnflächengrenzen für den sozialen und steuerbegünstigten Wohnungsbau werden mit diesem Gesetz noch familiengerechter gestaltet. Wichtig ist vor allem, daß es ein nachträgliches Hineinwachsen in die Steuerbegünstigung gibt, ein Modell, das bei der Überprüfung steuerlicher Förderungsmaßnahmen, die wir auch bei der Eigentumsbildung haben, durchaus auch in anderen Bereichen Nachahmung finden sollte.
({1})
- Jetzt wollte ich Sie gerade loben, Herr Kolb.
Bereits mit der Novelle zur Zweiten Berechnungsverordnung haben wir erreicht, daß Räume, die bauaufsichtsrechtlichen Bestimmungen nicht entsprechen - Sie haben vorhin gerade darauf hingewiesen und haben das dankenswerterweise auch anerkannt -, bei der Wohnflächenberechnung unberücksichtigt bleiben. Insofern sehe ich das als vernünftige Fortschreibung dieser Maßnahme an. Ich meine, daß wir uns gemeinsam bemühen müssen, daß sich die Wohnungspolitik künftig noch mehr an den Bedürfnissen von Familien mit Kindern ausrichtet.
Es kann keinen Zweifel geben - ich stimme allen zu, die dies vorhin schon gesagt haben -, daß vor uns die Aufgabe liegt, das bestehende Instrumentarium der Wohnungs- und Städtebaupolitik fortzuentwickeln. Es ist heute nicht der Anlaß, das im einzelnen darzulegen. Ich gehe davon aus, daß wir bei der Haushaltsdebatte in der übernächsten Woche eine Möglichkeit dazu haben und dann bei den Erörterungen im Jahre 1980 und danach.
Ich habe mich in den letzten Wochen mehrmals bemüht, auch öffentlich deutlich zu machen, worum es hier im wesentlichen gehen muß. Ich darf die sieben Punkte, um die es hier besonders geht, nochmals vortragen. Ich meine, es geht erstens um die Sicherung der sozialen Bezüge im gesamten Förderungssystem. Es geht dann um den Ausbau gerade familienpolitischer Belange innerhalb unseres Förderungssystems. Es geht um die Förderung der Eigentumsbildung sowohl unter vermögens- als auch familienpolitischen als auch verteilungspolitischen Gesichtspunkten. Es geht um die Stärkung der Instrumente der Stadterhaltung und der Stadterneuerung, aber bei noch stärkerer Abstimmung wohnungspolitischer und städtebaupolitischer Instrumente. Es geht - das ist ein wesentlicher Punkt der heutigen Beratungen - um die Sicherung der sozialen Aufgabe des angemessenen Sozialwohnungsbestands, der in Schwerpunkten gehalten werden muß. Es geht um die Beseitigung von Engpässen bei der Versorgung mit neuen öffentlich geförderten Mietwohnungen. Das ist ein Problem, mit dem sich gerade die großen Städte zur Zeit herumzuschlagen haben. Es geht schließlich um eine einfachere und effizientere Gestaltung des gesamten Fördersystems.
Einiges ist auch in der Vergangenheit schon auf den Weg gebracht worden. Ich erinnere an die gemeinsamen Bemühungen von Bund und Ländern um die Entbürokratisierung, um die Bereitstellung erheblicher Mittel für die Stadterhaltung, auch an Sonderprogramme einzelner Bundesländer, an die Wohnumfeldverbesserung, die mittlerweile - das ist nicht mehr bestritten - zu einem öffentlichen Anliegen gemacht worden ist. Ich denke auch an eine Analyse, die wir zum vorhandenen wohnungspolitischen Förderungsinstrumentarium vorgelegt haben und die Grundlage für die Erörterung sein kann, wo in Zukunft etwas geändert werden muß. Eine weitere Wohngeldnovelle ist in Vorbereitung. Mit dem heute zu verabschiedenden Wohnungsbauänderungsgesetz 1978 leisten wir schließlich einen Beitrag zur Sicherung des Sozialwohnungsbestandes.
Natürlich liegen schwierige Probleme vor uns. Ich habe mehrmals, auch schon von dieser Stelle aus, bei anderen Debatten, die wir geführt haben, darauf hingewiesen, daß wir diese Probleme nur gemeinsam lösen können. Mit „gemeinsam" meine ich nicht nur Bund und Land, sondern Bund, Länder und Gemeinden. Auch die Kommunen müssen einsehen, daß sie sich in diesem Bereich noch stärker als bisher engagieren müssen. Natürlich liegt weiterhin die Hauptverantwortung wie schon bisher, gerade auch für den Einsatz öffentlicher Mittel für den Wohnungsbau, bei den Ländern. Dennoch sind wir der Auffas14982
sung, daß Wohnungsbau nach wie vor eine gesamtstaatliche Aufgabe sein muß.
Wir wissen, daß der verengte Finanzierungsspielraum des Bundes auch in den kommenden Jahren keine massive Ausweitung der Förderung erlaubt. Ich halte es aber - auch das gehört zu den künftigen Überlegungen - auf die Dauer für unbefriedigend, daß wir bei der indirekten Förderung mit ihrer breiten Streuwirkung ständig eine Erhöhung des Subventionsvolumens haben, während die Mittel für die direkte Förderung nicht einmal in ihrem realen Subventionswert erhalten bleiben. Wenn wir mehr soziale Gerechtigkeit in der Wohnungspolitik wollen, dann müssen wir unserer Aufmerksamkeit auch auf dieses Problem konzentrieren. Daneben geht es dann um die Frage, in welcher Finanzierungsform die vorhandenen öffentlichen Mittel noch effektiver, noch sozial gerechter eingesetzt werden können.
Eine letzte Bemerkung: Die Bundesregierung wird den Prüfungsauftrag, den wir heute bekommen sollen, zur Mietermodernisierung nicht nur ernst nehmen, sondern, wie ich hoffe, auch bald erledigen. Wir können auf die Mitwirkung der Mieter in Zukunft nicht verzichten, wenn es darum geht, den Bestand von Millionen von Wohnungen auf einen wohnungs- und, wie man heute hinzufügen muß, energiepolitisch notwendigen Standard zu bringen. Ich hoffe, daß wir in der Zukunft auch hier zu einer befriedigenden Lösung kommen können.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Jahn ({0}).
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, den wir heute beraten, ist nach dem Muster gestrickt: § 1: für Liberalisierung; § 2: § 2 hebt § 1 auf.
({0})
Wir haben nach geltendem Recht eine Ermächtigung, für Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf die Liberalisierung außer Kraft zu setzen. Daraus wird jetzt etwas ganz anderes: Dort, wo ein Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen besteht, soll die Liberalisierung außer Kraft treten.
({1})
Ich darf daran erinnern, daß der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herr Hirsch, dies am 17. Februar 1978 im Bundesrat kritisiert und ausgeführt hat, daß die angestrebte Auflockerung der Belegungs- und Mietpreisbindungen dies alles abblocken kann; bei der Festlegung der Gebiete könne man eben nicht nur auf den Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen abstellen, sondern müsse den insgesamt bestehenden Wohnungsbedarf zur Grundlage nehmen.
Wenn Sie ehrlich miteinander sind, heißt das, daß in Gebieten mit hinreichender Wohnversorgung die Nachfrage nach billigeren Sozialwohnungen nicht aufhören wird, solange - und das ist die Wirklichkeit - nur ein Drittel der berechtigten Mieterhaushalte das Privileg einer solchen Wohnung genießt.
Herr Minister Hirsch, Ihre eigene Partei hat Sie mit Ihrer Kritik, die Sie im Bundesrat zu Recht vorgebracht haben, im Stich gelassen, und dies ist weder ideal noch liberal.
Sie, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, möchten am liebsten, so scheint uns, diese Ausnahmeregelung bundesweit zur Geltung bringen.
({2})
Ihre Parteibasis scheint schon gut informiert zu sein, und so gibt es für den bevorstehenden Bundesparteitag in Berlin auch schon die notwendigen Anträge. Als ersten nenne ich Antrag 386 des Bezirks Westliches Westfalen und zitiere:
Die Landtagsfraktionen und die Landesregierungen werden aufgefordert, umgehend und weitgehend von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Gebiete mit erhöhtem Bedarf festzustellen und zu bestimmen.
({3})
Noch weiter geht Antrag 391 des SPD-Unterbezirks Essen. Dort heißt es - und hier wird der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen sicher hellhörig werden -:
Der Bundesparteitag möge beschließen: 1. Die SPD-Politiker in Bund und Land werden aufgefordert, eine Senkung der Bindungsfrist im sozialen Wohnungsbau auf jeden Fall zu verhindern. Der Bundesparteitag verurteilt die Initiative der Landesregierung NRW zu einem Gesetzentwurf ... , der die Frist im sozialen Wohnungsbau ... senken soll.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wehner?
Bitte schön, Herr Wehner.
Darf ich Ihre Belesenheit als Fortsetzung dessen auslegen, was gestern dem Vizefeldwebel Zimmermann meinerseits angetragen worden ist, nämlich eine Einladung als Ehrengast zu diesem Parteitag zu bekommen, der Sie schon jetzt so bewegt, daß Sie ihn gern miterleben wollen?
({0})
Herr Kollege Wehner, es steht Ihnen zu, mir eine Einladung zukommen zu lassen, aber es muß erlaubt sein, einmal an Sie als den Vorsitzenden der SPD-Fraktion die Frage zu richten, ob Sie dieses Gesetz auch dann wollten, wenn Sie im Deutschen Bundestag die absolute Mehrheit hätten.
({0})
Dr. Jahn ({1})
Oder Sie sagen, daß Ihre Parteitagsbeschlüsse Makulatur sind, und Sie tun in Bonn doch etwas anderes. Hier haben Sie die Wahlmöglichkeit.
({2})
- Ich weiche der Antwort nicht aus, Herr Kollege Wehner. Wir stellen nur fest, daß die Sorge, die wir haben,
({3})
mit diesem Gesetzentwurf durch Ihre Parteifreunde unterlaufen wird, und die Beweise habe ich hier heute auf den Tisch gelegt.
({4})
Herr Kollege Wehner, wenn Sie nicht wollen, daß diese Anträge auf dem Parteitag durchkommen, dann stehen Sie doch auf dem Parteitag auf und sagen: Wir stimmen gegen diese Anträge.
({5})
- Herr Wehner, Sie brauchen keinen Regisseur. Aber eines dürfen wir doch feststellen:
({6})
daß von 26 Anträgen zur Wohnungsbaupolitik 25 Anträge nicht zur Abstimmung gestellt werden sollen, sondern die Antragskommission die Überweisung an den Parteivorstand empfiehlt mit der Aufforderung, im nächsten Jahr darüber zu sprechen.
Sie haben nicht den Mut, zu aktuellen Problemen der Politik Stellung zu nehmen. Sie schieben die aktuellen Fragen der Wohnungsbaupolitik vor sich her.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Conradi?
Bitte schön, Herr Kollege Conradi.
Herr Kollege Jahn, sind Sie bereit, aus dem Vorschlag der Antragskommission, damit einen besonderen Parteitag zu befassen, zu entnehmen, daß wir dem Problem „Wohnungsbaupolitik" eine größere Bedeutung beimessen als Ihr Fraktionsvorsitzender und sein Stellvertreter heute?
({0})
Herr Kollege Conradi, was die Präsenz angeht, gibt es auch Entschuldigungen, die Sie bitte respektieren wollen. Sie werden nicht allein auf Parteitagen zu diesen Fragen Stellung nehmen. Wir würden es nur begrüßen, wenn es vor der Bundestagswahl zum Schwur käme, nicht hinterher. Dann wollen wir einmal fragen, wie das im Hinblick auf den Koalitionspartner aussehen wird.
({0})
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann?
Herr Kollege Jahn, würden Sie mir zustimmen, daß, wenn der Herr Kollege Conradi meint, daß nur die Anwesenheit im Plenum dokumentiert, wie wichtig man die Wohnungsbaupolitik nimmt, mindestens zwei Drittel der gesamten Bundesregierung nicht das geringste Interesse an dieser Wohnungsbaupolitik haben?
({0})
Herr Kollege Reddemann, ich will auch dieses nicht werten. Nur wol- len wir uns auf diesem Feld die Sachkompetenz hier im Hause nicht absprechen lassen.
Herr Kollege Krockert, Sie haben im Zusammenhang mit diesem Gesetz in den letzten Tagen darüber philosophiert, wie denn das Verhältnis der SPD zur FDP aussieht. Sie haben im Pressedienst Ihrer Partei ausgeführt, daß Sie der auch von der FDP angestrebten Verdünnung der öffentlichen Wohnungsbauförderung zugunsten eines freien Marktgeschehens nicht Ihre Zustimmung geben. Es heißt wörtlich:
Grundsätze scheinen oft unvereinbar. Aber in der konkreten Bemühung um bessere Lebensverhältnisse war, wie die Erfahrung zeigt, noch immer ein gemeinsamer Weg zu finden.
Herr Kollege Krockert, genauer formuliert hätten Sie sagen dürfen: In der konkreten Bemühung, die Macht zu erhalten, war noch immer ein gemeinsamer Weg mit der FDP zu finden.
({0})
Wir würden es sehr begrüßen, wenn die Freunde von der FDP ihr Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag bezüglich der Wohnungsbaupolitik in Einklang brächten mit dem, was sie draußen publikumswirksam sagen.
({1})
Wir bedauern, daß Sie unsere Forderung, die Nachwirkungsfrist wieder - wie das von 1965 bis 1972 geltendes Recht war - auf fünf Jahre zu reduzieren, nicht akzeptieren.
Ich weiß nicht, ob sich die Kritiker dieses Vorschlags klar darüber sind, daß Sinn und Zweck der erstmalig 1965 eingeführten Nachwirkungsfrist von fünf Jahren lediglich war, den Mieter vor den Folgen einer vorzeitigen Rückzahlung der öffentlichen Mittel zu schützen. Zu einer starren Frist, die nicht auf das bestehende Mietverhältnis abstellt, kam es allein wegen des Fehlens des Bestandsschutzes für Mietverhältnisse.
Erstmalig bei der 1972 vorgenommenen Verlängerung der Nachwirkungsfrist auf zehn Jahre trat als vorherrschendes Motiv zu Tage, den Bestand an Sozialwohnungen zu erhalten. Dies aber kann nicht Sinn der Nachwirkungsfrist sein. Da die Bindungen auf der Förderung mit öffentlichen Mitteln beruhen, sollten sie billigerweise auch nur so lange bestehen, wie der Eigentümer die öffentliche Förderung in
Dr. Jahn ({2})
Anspruch nimmt. Ein Zurückgehen auf die 1965 eingeführte fünfjährige Nachwirkungsfrist ist für die CDU/CSU ein vordringliches Anliegen.
Meine Damen und Herren, es ist im Umgang miteinander richtig, daß wir auch zu den Gründen, die Sie heute auf den Tisch gelegt haben, Stellung nehmen. Zunächst einmal wird gesagt, daß der Sozialwohnungsbestand dringend benötigt. wird. Wir halten Ihnen entgegen, daß Sie völlig falsche Vorstellungen über die Leistungsfähigkeit des Sozialwohnungsbestands haben. Die Funktion der Versorgungsreserve erfüllt der Sozialwohnungsbestand schon längst nicht mehr. Sie wissen, daß von allen, die anspruchsberechtigt sind, lediglich ein Drittel die Chance hat, wirklich eine Sozialwohnung zu bekommen.
Deshalb lautet die Kernfrage: Ist das gegenwärtige System der Zweiteilung des Wohnungsmarktes auf Dauer noch gerechtfertigt? Sie wissen, daß selbst der Bundeskanzler diese Frage auf dem Deutschen Mietertag gestellt und gesagt hat: Ebensowenig wie es Sozialbutter und andere Butter gibt, muß die Frage erlaubt sein, ob diese Zweiteilung des Wohnungsmarktes auf Dauer bestehenbleiben soll.
({3})
Wir müssen insbesondere dafür sorgen, daß der sozial ungerechte soziale Wohnungsbau wieder eine richtige Markierung bekommt. Kollege Conradi, was Sie dazu im Pressedienst Ihrer Partei ausgeführt haben, wird von uns unterstrichen. Aber offensichtlich sind Sie auf diesem Gebiet in Ihrer eigenen Fraktion nicht mehrheitsfähig.
({4})
Aufgabe eines sozialen Wohnungsbaus ist es, zunächst denen zu helfen, die am Markt beim besten Willen keine Wohnung bekommen können. Das sind die Kinderreichen, die älteren Menschen, Herr Kollege Henke, die Schwerbehinderten und die Ausländer. Auf diese Ziele ist der soziale Wohnungsbau auszurichten, und es ist insoweit auch nach unserer Auffassung unverzichtbar.
Wer aber - da scheinen sich die Positionen zu trennen - am Markt eine Wohnung erhalten kann, sollte sie dort auch erwerben. Lassen es seine Einkommensverhältnisse nicht zu, eine marktgerechte Miete zu zahlen, wollen wir ihm - das ist unser Programm - über ein neu gestaltetes und wesentlich verbessertes Wohngeld helfen; denn Sie werden mir zugestehen: Es ist sicher billiger, die Mieten bedürftiger Personen als die Neubaukosten teurer Wohnungen zu subventionieren.
({5})
Der zweite Punkt. Es wird gesagt, wenn wir diesen Schritt in Richtung auf Liberalisierung gehen - so Herr Paterna -, haben wir große Mietsprünge zu verzeichnen. Herr Paterna, das Hearing hat gezeigt, die Verbandspolitiker haben es uns gesagt, daß das nicht der Fall ist; wohl aber, daß mit diesem Zeitpunkt die Vergleichsmiete erhoben werden darf.
Daß mit dem Wegfall der Bindungen die Vergleichsmieten in die Höhe getrieben werden, ist allerdings reine Polemik. Das kann doch nur dann stimmen, wenn die Vergleichsmiete nicht die Marktmiete widerspiegelt.
Ein dritter Gesichtspunkt ist heute wieder einmal von Herrn Kollegen Waltemathe sehr deutlich angesprochen worden. Es wird gesagt, wir müssen mit diesem Gesetz den Spekulanten das Handwerk legen. Den Spekulanten das Handwerk zu legen ist nicht minder auch unser eigenes Anliegen.
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Wir waren es, die an die Bundesregierung die Frage gerichtet haben, ob denn der geltende Mieterschutz ausreicht oder nicht. Wenn wir im Deutschen Bundestag sagten, der geltende Mieterschutz reiche aus, würden Sie uns antworten, das stimme nicht. Aber Sie wissen genau, daß Ihr eigener, für die Wohnungsbaupolitik in der Bundesrepublik Deutschland verantwortliche Minister diese Frage im Namen der Bundesregierung beantwortet hat, und zwar in der Drucksache 8/2250. Sie lautet:
Nach Auffassung der Bundesregierung gewährleistet das geltende Recht ... den Mietern einen nach den bisherigen Erfahrungen ausreichenden Schutz vor dem Verlust ihrer Wohnung.
Nun könnte man sagen - das ist zuzugestehen -, unsere Kleine Anfrage Drucksache 8/2226 liegt jetzt ein gutes Jahr zurück. Aber ich darf in Ihre Erinnerung rufen, daß Herr Minister Haack noch vor drei. Tagen, am 27. November 1979, zu diesem Problem im Pressedienst Ihrer Partei wiederum Stellung genommen und dort ausgeführt hat:
Worauf es in der gegenwärtigen Situation verstärkt ankommt, ist, Sozialmieter und auch Kaufinteressenten hinreichend über Rechte und Pflichten bei der Umwandlung zu informieren. Unser Kündigungsschutz und die gesetzlichen Bindungen, denen die Sozialwohnungen unterworfen sind, schützen den Mieter vor einer Verdrängung.
Das sagt Ihr verantwortlicher Minister und nicht wir. Und dann gehen Sie nicht hin und sagen nicht, wir müßten mit diesem Gesetz den Spekulanten das Handwerk legen! Den Spekulanten ist durch unsere Gesetzgebung das Handwerk gelegt. Nur wissen einige leider nicht, welche Rechte und Pflichten sie haben. Hier muß Aufklärung betrieben werden.
Es heißt in der Beantwortung unserer Kleinen Anfrage durch Ihren Minister, daß der Bundesregierung unseriöse Geschäftspraktiken, d. h. Spekulantentum, insbesondere in Hamburg und Berlin, aufgefallen seien. Wir fragen: Wer regiert dort eigentlich, wer hat dort die Verantwortung, wer sorgt dort dafür, daß die Bürger über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden? Ich habe den Eindruck, in Hamburg und Berlin geht das an Ihre Adresse.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Krockert?
Bitte schön.
Herr Kollege Jahn, können Sie mir nach allem, was Sie über den ausreichenden Schutz der Mieter gesagt haben, erklären, weshalb einer Ihrer Anträge zu diesem Gesetz die Bestimmung enthält, daß ein Vorkaufsrecht für Mieter eingeführt werden soll, das es bisher nicht gibt?
Herr Kollege Krockert, Sie kommen auf ein ganz anderes Feld zu sprechen.
({0})
Hier geht es um die Veräußerung an Dritte, d. h. um die Privatisierung von Sozialwohnungen.
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- Sie sollen eben nicht an Spekulanten verkauft werden, darauf kommen wir gleich noch zu sprechen. - Herr Kollege Krockert, dies ist unsere Gesetzesinitiative. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie darauf hingewiesen haben, daß wir die Frage des Vorkaufsrechts aufgegriffen haben. Dieses Vorkaufsrecht hat den Sinn, daß derjenige, der lange Jahre in der Wohnung war, sein soziales Umfeld nicht zu wechseln braucht, sondern den ersten Zugriff hat, um eine Wohnung zu kaufen. Das ist etwas völlig anders als Spekulantentum, Herr Kollege Krockert.
({2})
Zum Thema Verschärfung des Mieterschutzes: Was machen Sie eigentlich mit Ihrem Antrag? Sie erweitern den absoluten Kündigungsschutz auf zehn Jahre, wohlwissend, daß der besser Verdienende, der also wegen seines Einkommens im sozialen Wohnungsbau nicht berechtigt ist, ohnehin schon. nach geltendem Recht wegen der bestehenden Bindungen zehn Jahre lang am Bezug einer von ihm gekauften Sozialwohnung gehindert ist. Die Wirkung der Verlängerung des Kündigungsschutzes erstreckt sich also allein auf den einkommensschwachen und daher im sozialen Wohnungsbau wohnberechtigten Erwerber einer Sozialwohnung, der nun auch den Fehlbeleger zehn Jahre lang in seiner eigenen Wohnung dulden soll, obwohl er selbst Eigenbedarf hat, d. h. selbst unzureichend untergebracht ist.
Herr Kollege Krockert, mit anderen Worten heißt das: Der einkommensschwächere, im sozialen Wohnungsbau wohnberechtigte Eigentümer, der selbst ungenügend untergebracht ist, wird daran gehindert, mit Ablauf von drei bis vier Jahren nach Eigentumserwerb seinen Eigenbedarf geltend zu machen, und das auch noch gegenüber einem Fehlbeleger. Hier können wir für unsere Fraktion nur feststellen, daß das Sozialstaatsprinzip auf den Kopf gestellt wird.
({3})
Begünstigt wird der Besitzstand, der Fehlbeleger; benachteiligt wird der wirklich Bedürftige. Eine solche Politik ist für uns ein öffentliches Ärgernis. Dem zuständigen Minister fehlt der Mut, dagegen offen Stellung zu beziehen.
({4})
Lassen Sie mich noch ein Wort zu den erhöhten Einkommensgrenzen und zu der generellen Erhöhung sagen, die Sie anstreben. Ihr Beschluß führt zu einer Ausweitung der im ersten Förderungsweg Berechtigten um gut 11 %. Das entspricht einer Zunahme der berechtigten Haushalte um 2,5 Millionen. Diese 2,5 Millionen neuen Berechtigten nehmen den bereits heute 5 Millionen Berechtigten, die nicht das Glück haben, eine Sozialwohnung erhalten zu haben, jede Chance, einmal vielleicht doch noch eine Wohnung zu erhalten; denn dem Konkurrenzdruck der zahlungskräftigeren neuen Berechtigten sind sie nicht gewachsen. Das heißt, diesem Drittel, das sich ohnehin nicht publikumswirksam äußern kann oder dies nicht tut, werden die Chancen weiter erschwert, während demjenigen, der in der Öffentlichkeit als Fehlbeleger gilt, in unserem Staat auf Kosten der Ärmsten der Armen neue Möglichkeiten eröffnet werden. Dies ist eine verfehlte Sozialpolitik, dies hat mit „sozial" wenig zu tun.
({5})
Die Erhöhung der Einkommensgrenzen schafft keine neue Sozialwohnung, sie schafft neue Besitzstände und erschwert damit die längst überfällige Neuorientierung in der Wohnungsbaupolitik. Sie verschärft die derzeitigen verteilungspolitischen Ungerechtigkeiten, verringert rechnerisch die Zahl der Fehlbeleger, ohne das Problem zu lösen. Das sind Zitate aus dem Hause Ihres Wirtschaftsministers und nicht von uns, die aus Vorlagen stammen, die dort behandelt und beraten werden, wo dargestellt wird, daß diese Politik auch innerhalb der eigenen Regierung umstritten ist.
Ein letztes Wort zum Problem der Fehlbelegung. Sie wollen es lösen, allerdings eine Toleranzgrenze von 40 % hier allen aufnötigen. Ich kann nur noch einmal sagen: Erstmals hat Herr Kollege Paterna heute durchklingen lassen, daß man es durchaus auch seitens der SPD für richtig hielte, das Fehlbelegungs-Problem zu lösen; aber dafür sei nicht die Kompetenz des Bundestages gegeben, dies sollten die Länder in eigener Verantwortung tun. Herr Kollege Paterna, ich bin der Meinung, auch wir hier sind aufgerufen, an die Lösung dieses Problems heranzugehen.
({6})
- Die Vorschläge macht zunächst die Regierung.
({7})
Und die Regierung macht es nicht, weil sie ausgerechnet hat, daß 40 % Fehlbeleger soundso viele Wähler sind. Deshalb bringt sie nicht den Mut auf, dieses Problem hier auf den Tisch zu legen und zu lösen.
({8})
Wir wollen keinen aus seiner Wohnung verdrängen, Herr Kollege Waltemathe. Wir wollen auch keine sozialen Gettos. Aber wir haben wiederholt, auch in Presseveröffentlichungen der letzten Wochen, die Frage aufgeworfen, ob man von dem, der es vom Por14986
Dr. Jahn ({9})
temonnaie her kann, etwa manchem hohen Regierungsbeamten, der in einer Sozialwohnung wohnt, nicht verlangen kann - wir wollen es von ihm verlangen -, eine marktgerechte Miete zu zahlen. Denn wenn er keine marktgerechte Miete zahlt,
({10})
wird der Falsche subventioniert,
({11})
und das ist dem deutschen Steuerzahler nicht länger zuzumuten.
({12})
Lassen Sie mich folgende Schlußbemerkung machen.
Erstens. Eine optimale Wohnungsversorgung wird sich auf Dauer nur dann sicherstellen lassen, wenn von der staatlichen Reglementierung der Wohnungswirtschaft weitestgehend Abstand genommen wird. Bestimmendes Ordnungssystem - wir haben es wiederholt gesagt - muß die Soziale Marktwirtschaft werden. Die Wohnungswirtschaft ist daher unter gezielter individueller Absicherung der einkommensschwachen Bevölkerungskreise schrittweise in die Soziale Marktwirtschaft einzufinden.
Zweitens. Ein Schritt in diese Richtung ist die Aufhebung der Zweiteilung des Wohnungsmarkts durch Liberalisierung des Sozialwohnungsbestands. Der von Nordrhein-Westfalen eingebrachte Entwurf ist daher von uns als ein erster Schritt in Richtung Liberalisierung begrüßt worden. Leider ist er im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens derart verändert worden, daß die mit ihm verfolgten Absichten kaum noch zu erkennen sind.
Drittens. Mit dem Abstellen auf den Bedarf an öffentlich geförderten Wohnungen statt insgesamt auf den Wohnungsbedarf für Gebiete, in denen durch Rechtsverordnung die Lockerung der Bindungen unterbleiben kann, ist eine Hintertür geöffnet, durch die jeder Ansatz einer Liberalisierung umgangen werden kann. Wir merken es ja schon an dem, was draußen in der Öffentlichkeit von Ihrer Seite zu diesen Problemen gesagt wird.
Viertens. Die Verschärfung des Mieterschutzes, wie Sie sie heute hier vorlegen, sowie die generelle Anhebung der Einkommensgrenzen treffen allein die einkommensschwächeren und ohnehin schon benachteiligten Haushalte. Das Sozialstaatsprinzip - ich sage es noch einmal - wird hier auf den Kopf gestellt. Begünstigt wird von Ihnen der Besitzstand, der Fehlbeleger; benachteiligt der wirklich Bedürftige. Eine solche Politik ist dem Steuerzahler nicht länger zuzumuten.
({13})
Fünftens. Notwendig ist die Wiederherstellung sachgerechter marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen für die Wohnungsbaupolitik durch Anreize für private Investitionen. Hilfe zur Selbsthilfe
entlastet den Staat. Private Investitionsbereitschaft ist nach unserer Auffassung der alleinige Schlüssel zum Erfolg für künftige Wohnungsbaupolitik. Wir möchten Anreize zur vorzeitigen Rückzahlung der 70 Milliarden DM ausgeliehener Mittel geben. Deshalb erheben wir verstärkt die Forderung nach Liberalisierung. Wir möchten die Wohnungsversorgung grundsätzlich durch den Markt und die Konzentration des sozialen Wohnungsbaues auf jene Bürger, die am Markt keine Wohnung finden können. Das sind nämlich die, die wirklich der Hilfe bedürfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nahezu alle Anträge der CDU/CSU für mehr Marktwirtschaft und mehr soziale Gerechtigkeit sind von der SPD mit der FDP abgelehnt worden.
({14})
Der vorliegenden Fassung des Wohnungsbauänderungsgesetzes kann die CDU/CSU daher nicht zustimmen. Der Bundesrat hat die Chance, hier korrigierend einzugreifen, um damit ein Signal für eine sachgerechte und dem Bürger dienende Wohnungsbaupolitik der 80er Jahre zu setzen.
({15})
- Das heißt, Herr Kollege Wehner,
({16})
Marktwirtschaft, nicht Zwangswirtschaft, soziale Gerechtigkeit, nicht Fehlsubventionierung im Wohnungsbau. Die Steuerzahler, unsere Bürger würden uns für diese Politik ein Lob aussprechen,
({17})
nur werden wir daran gehindert, weil Sie den Bürgern nicht sagen wollen, was Sie tun wollen. Sie gehen darauf aus - und das zeigt die nächste Woche -, daß Sie mit Ihren Anträgen
({18})
alles vor sich herschieben, nicht den Mut haben und nicht willens sind, einen Neuanfang in der Wohnungsbaupolitik zu machen.
({19})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Krockert.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Jahn hat eben so unmißverständlich darauf hingewiesen, daß die Opposition diesen Gesetzentwurf in dritter Lesung abzulehnen gedenkt, daß nunmehr, so hoffe ich, kein Versehen mehr möglich ist.
({0})
Herrn Reddemann muß ich, was die Gegenwart der Bundesregierung betrifft,
({1})
sagen, seine diesbezügliche Frage wird wohl nicht etwa in Unkenntnis der Tatsache erfolgt sein, daß heute der Bundesrat tagt und ein Drittel der Bundesregierung dort zu sein hat
({2})
und ferner ein Teil unserer Regierung - und nicht der unwichtigste - in Dublin ist. Ich meine auch, daß sich Herr Reddemann, bevor er so etwas fragt, doch auch einmal im Saal umsehen müßte, ob nicht, was manchmal der Fall ist, Regierungsmitglieder nun gerade nicht auf der Regierungsbank sitzen; die können nämlich hier auch noch woanders an dieser Debatte teilnehmen.
({3})
Herr Kollege, fahren Sie doch in Ihren Ausführungen fort.
Es muß zum Abschluß dieser Debatte noch einmal daran erinnert werden, daß der Entwurf, der uns heute vorliegt, ein Gesetzentwurf der Länder ist. Die Länder waren der Auffassung, der Bestand an Sozialwohnungen könne jetzt - der Zeitpunkt dafür sei jetzt gekommen - allmählich in den freien Markt übergeführt werden. Wir geben heute dieses Gesetz in die Verantwortung der Länder zurück. Sie werden selber zu entscheiden haben, in welchem Umfange die von ihnen gewollte Entlassung von Sozialwohnungen aus der Bindung gerechtfertigt werden kann oder nicht. Das ist der wesentlichste Sinn einer Änderung, die wir an diesem Gesetz angebracht haben. Wir weisen ihnen die Verantwortung zu, das von ihnen Gewollte, in den entsprechenden Gebieten zu verantworten und die Gebiete zu bestimmen, in denen es nicht der Fall sein kann. Denn wir gehen davon aus, daß es Gebiete mit erhöhtem Bedarf an Sozialwohnungen gibt; in diesen wird diese vorzeitige Entlassung aus der Bindung nicht stattfinden können.
Sie haben völlig recht, Herr Kollege Jahn, dies ist in den Ländern schon jetzt bekannt. Es gibt Leute, die sich darauf vorbereiten. So soll es auch sein.
({0})
Wir sind auch ganz sicher, die Gemeinden werden den Weg in ihre Landeshauptstädte finden, um ihre Interessen in dieser Sache anzumelden. So haben wir das gemeint. Das ist völlig in Ordnung. So soll es nach Inkrafttreten des Gesetzes auch gleich wirksam werden können, daß die Kommunikation zwischen den Gemeinden und der Landesregierung, die von ihrer Ermächtigung Gebrauch machen kann, dann auch in dem Sinne funktioniert hat, wie wir es für nötig gehalten haben, und zwar deshalb, weil wir wirklich meinen, daß der Bestand an Sozialwohnungen auch in Zukunft ein wichtiges Instrument sozialer Wohnungsversorgung bleibt. Da mag sich einiges geändert haben. Das ist da alles nicht zu bestreiten. Aber schon die Anhörung, die wir in dieser Sache hatten, hat uns doch alle darauf aufmerksam gemacht, daß das, was der Herr Kollege Henke einmal in einem anderen Zusammenhang bundesweite Gleichschaltung genannt und abgelehnt hat, genauso für die Frage der Beurteilung des Bedarfs im sozialen Wohnungsbau zu gelten hat. Auch hier keine bundesweite Gleichschaltung. Wir sagen nicht: Kein so großer Bedarf mehr, nun mal los vom Bodensee bis an den Belt. Vielmehr müssen jetzt die Landesregierungen in dieser Sache in ihre Verantwortung eintreten, nachdem sie uns dieses Gesetz vorgelegt haben.
Meine Damen und Herren, ich muß noch etwas zu dem Problem der Fehlsubventionierung sagen, weil ich den Eindruck hatte, daß auch nach den Beiträgen in dieser Debatte eines noch immer nicht so ganz klargeworden ist. Der Kollege Paterna hatte am Anfang davor gewarnt, daß wir die Auseinandersetzung darüber unter dem Begriff „Fehlbeleger" führen. Seine Warnung ist offensichtlich nicht überall angekommen oder verstanden worden.
({1})
- Wir haben uns da alle - ich sage das jetzt nicht polemisch oder in parteipolitischem Sinne - ein wenig des Gebrauchs einer schludrigen Sprache schuldig gemacht. Es ist jetzt Zeit, sich mit Entschiedenheit dagegen zu wenden, daß dieser diskriminierende Etikettbegriff, mit dem Mieter belegt werden, weiter gebraucht wird.
({2})
Es ist doch nicht zu bestreiten, daß eine Förderung, wie es nun einmal Natur einer Subvention ist, auch Menschen begünstigt, die wegen ihrer zu begrüßenden Einkommensentwicklung - das können wir denen allen doch nur wünschen - inzwischen nicht mehr zu den Personen gehören, die mit dieser Förderung ursprünglich gemeint waren. Das schafft doch in der Tat ein Problem, über dessen Lösung wir zu beraten haben, aber bitte nicht mit dem Etikett: Da gibt es Fehlbeleger, und dem Steuerzahler ist nicht weiter zuzumuten, die weiterhin zu begünstigen. Herr Kollege Jahn, wie steht es denn bei denen, die mit Hilfe öffentlicher Förderung haben Eigentum bilden können? Wie wollen wir die denn nennen? Sind das vielleicht „Fehleigentümer"?
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Francke ({0})?
Wenn der Herr Kollege Francke sie jetzt noch stellen will, bitte sehr.
Herr Kollege Krockert, könnten Sie dem Hause vor dem Hintergrund dessen, was Sie gesagt haben, bitte erklären, warum der Kollege Paterna ausdrücklich Wert darauf gelegt hat, im Bericht zu sagen, daß es jetzt eine gesetzliche Definition des Fehibelegers gebe?
Ich bin nicht so ganz glücklich darüber, daß man über eine gesetzliche Definition in diesem Zusammenhang Genugtuung empfindet, es sei denn, Sie wären mit mir einverstanden, daß wir das auf die Eigentümer ausweiteten. Dann könnten wir wieder darüber reden.
({0})
Ich muß Ihnen aber ehrlich sagen: In bezug auf die Eigentümer habe ich diese Absicht nicht. Ich will gar nicht von „Fehleigentümern" reden. Das wollen wir gar nicht einführen. Aber was den Eigentümern recht ist, das wird doch den Mietern billig sein können.
({1})
Deshalb haben wir Maßnahmen, um der Fehlförderung auf diesem Gebiet zu begegnen, mit einem Begriff zu versehen, der besser paßt. Wir sollten hier nicht wieder, bloß weil es sich um Mieter handelt, eine negative Formulierung zulassen.
({2})
Herr Kollege Jahn, wenn Sie eine Rede von 25 Minuten Dauer gehalten haben, braucht man die doppelte Zeit, um all das wieder geradezurücken, was Sie schiefgemacht haben. Ich verzichte darauf. Das halten wir alle heute nicht mehr aus.
Ich begnüge mich deshalb mit diesen beiden Hinweisen: Wir haben unseren Beitrag bei der Bearbeitung dieses Gesetzentwurfs als einen Beitrag dazu verstanden, den Sozialwohnungsbestand, soweit er unentbehrlich ist, vor unguten Entwicklungen zu schützen und im übrigen den Mieter einer Sozialwohnung vor Tendenzen zu seiner Verdrängung zu bewahren. Ich meine, daß uns dies - auch in guter Kooperation mit dem Koalitionspartner - gelungen ist.
({3})
Das Wort hat der Herr Minister des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, Herr Dr. Hirsch.
({0})
Minister Dr. Hirsch ({1}): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man praktisch als letzter Redner zwischen Ihnen und einem wohlverdienten Wochenende steht, tut man sicherlich gut daran, sich auf wenige Bemerkungen zu beschränken.
Herr Kollege Krockert, trotz der freudigen Erwartung, die Sie in bezug auf die weiteren Diskussionen zu diesem Gesetz, das nun zwischen Gemeinden und Landesregierungen verwirklicht werden wird, angedeutet haben, möchte ich dem Hause und der Mehrheit dieses Hauses danken, dem Haus selber für die sorgfältige Beratung und der Mehrheit des Hauses dafür, daß sie sich entschließt, dieses Gesetz zu verabschieden.
({2})
Vieles von dem, was hier gesagt worden ist, wird die wohnungspolitische Diskussion der nächsten Jahre sicherlich weiter beschäftigen. Vieles von dem, was gesagt worden ist, wird aber den Bürger in diesem Lande überhaupt nicht interessieren.
Wichtig für den Bürger sind eigentlich wenige Eckwerte dieses Gesetzes. Dazu gehört, daß es möglich sein wird, Wohnungsbindungen aufzulockern und Belegungsbindungen zu lockern, ohne bestehene Mietverhältnisse zu beeinträchtigen. Wichtig für den Bürger ist, daß der Mieter von Wohnungen, die in Eigentuipswohnungen umgewandelt werden, ein Vorkaufsrecht bekommt.
({3})
- Herr Kollege, warum sollte Ihnen nicht auch einmal etwas Vernünftiges einfallen! Dem steht doch gar nichts entgegen. - Wichtig für den Bürger ist, daß dabei wirklich völlig ausgeschlossen ist, daß solche Umwandlungen mit spekulativer Absicht betrieben werden. Wichtig für viele Bürger ist, daß die Einkommensgrenzen für den sozialen Wohnungsbau angehoben werden. Daß man dagegen Bedenken haben kann, Herr Kollege Jahn, ist richtig, zumal die Mittel auch bei den jetzt niedrigen Grenzen abfließen. Man muß aber sehen, daß breite Teile der Bevölkerung, die man durchaus nicht zu den reichen Leuten rechnen kann, aus den Einkommensgrenzen herausgewachsen sind. Ich betrachte es schon als eine Aufgabe der sozialen Gerechtigkeit, dafür zu sorgen, daß diese Besitzstände nicht einfach durch die Preis- und Einkommensentwicklungen abgebaut werden. Warum eigentlich nicht?
({4})
Was mich an der Debatte sehr interessiert hat, sind die erheblichen Unterschiede in der Bewertung des Wohnungsmarkts überhaupt. Es ist wirklich kaum noch auf einen Nenner zu bringen, in welcher Weise die tatsächlichen Verhältnisse ganz verschieden bewertet werden.
Man muß zunächst einmal sagen, daß wir in den letzten Jahren auf dem Baumarkt, sowohl im Baugewerbe wie im Bauausbaugewerbe, eine ganz enorme Preissteigerung gehabt haben. Ich sage das betont auch für das Bauausbaugewerbe, weil die modernisierten Wohnungen in der Wirklichkeit in weitem Umfang in Konkurrenz zu Mietwohnungen oder Eigentumsmaßnahmen getreten sind. Man muß sehen, daß durch die weitere Zunahme öffentlicher Mittel, die in diesen Markt hineingegeben werden, nicht so sehr mehr Wohnungen entstehen werden, sondern daß die Baukosten überproportional wachsen werden, wenn wir nicht zu einer gewissen Beruhigung beitragen.
Nun muß man fragen: Wie wirkt sich das eigentlich auf den Wohnungsbestand und die Nachfrage aus? Wir haben in Nordrhein-Westfalen - ich nenne einfach mal die Zahlen dieses Landes; man kann sie auf andere Länder übertragen - einen Wohnungsbestand - ohne Zweitwohnungen - von 6,7 Millionen und wir haben 6,5 Millionen HaushalMinister Dr. Hirsch ({5})
te. Das heißt, es gibt einen Überhang von Wohnungen.
({6})
- Ich komme gleich darauf. Die Zahlen sind Durchschnittszahlen. - Wir haben einen Überhang von 200 000 Wohnungen. Das schließt nicht aus, daß es in erheblichem Umfang örtliche und nach dem Bedarf sektorale Disparitäten gibt.
Dann sehen wir uns aber einmal die Nachfrageseite an. Ende des vorigen Jahres gab es in Nordrhein-Westfalen etwas über 100 000 wohnungssuchende Bürger. Davon hatten aber mehr als 70 000 bereits eine Wohnung, es sind also keine Obdachlosen. Nur 15 % der Wohnungssuchenden, nämlich etwas über 17 000 Bürger in Nordrhein-Westfalen, suchen eine Wohnung, ohne bisher eine Wohnung zu haben, junge Menschen, die im Haushalt ihrer Eltern leben, aber natürlich auch Menschen in Obdachlosenasylen oder in Übergangsheimen; etwas mehr als 17 000. Allein das jährliche Neubauvolumen beträgt in Nordrhein-Westfalen zur Zeit 19 500 Wohnungen, die aus Landesmitteln, und weitere 11 000 Wohnungen, die aus Bundesmitteln gefördert werden. Für diese Leistungen werden in enormem Umfang öffentliche Mittel aufgebracht. In dieser Legislaturperiode sind das Verpflichtungen in Höhe von 12 Milliarden DM. Im nächsten Haushaltsjahr sind allein für den Neubau über 1,7 Milliarden DM vorgesehen. Das heißt, daß man bei den gegebenen Marktverhältnissen den Bau von öffentlich geförderten Wohnungen vernünftigerweise nicht weiter steigern kann. Daraus muß nun nicht etwa folgen, daß sich der Staat aus dem Wohnungsbau zurückziehen sollte, wohl aber, daß ein größeres Gewicht auf die Subjektförderung zu legen ist.
({7})
Das ist die zwingend notwendige Folge.
Ich begrüße es daher außerordentlich, daß die Koalitionsfraktionen dieses Hauses einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Wohngeldgesetzes entwickelt haben. Diese Novellierung ist dringend notwendig. Die Einkommensgrenzen müssen erhöht und die Miethöchstbeträge, die neben dem Familieneinkommen ein wesentlicher Faktor für die Bemessung des Wohngeldes sind, müssen angepaßt werden. Es sollte auch Leistungsverbesserungen für größere Familien geben. Das sind die Eckwerte, die den Bürger interessieren. Ich kann hier für die Landesregierung Nordrhein-Westfalens erklären, daß wir alles tun werden, um eine solche Wohngeldgesetzgebung dieses Hauses zu fördern, zu unterstützen,
({8})
auch dafür zu sorgen, daß sie nicht mit zuviel bürokratischen Schwierigkeiten belastet wird.
({9})
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Nachfrageseite am Wohnungsmarkt machen. Wir haben allein im Lande Nordrhein-Westfalen in den letzten vier Jahren 120 000 Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber aufnehmen müssen. 120 000 Menschen! Die Neubauwohnungen, die wir errichten, beziehen sich auf bestimmte Bedarfsgruppen: auf Altenwohnungen, auf Behindertenwohnungen, auf Wohnungen für kinderreiche Familien. Ich frage Sie, ob die wohnungsmäßige Versorgung des Zustroms von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Aussiedlern etwa zu Lasten der Problemgruppen gehen soll, die wir mit der Objektförderung weiterhin fördern müssen und fördern wollen. Das kann natürlich nicht sein. Aus dem Zustrom dieser Menschen kommen enorme finanzielle Belastungen, und ich nehme an, daß wenigstens dieses Haus darin einig ist, daß wir an dem Asylrecht auch nicht einen Fatz verringern wollen,
({10}) auch nicht administrativ.
Die Fürsorge für diese Menschen kann doch nicht an den Grenzen aufhören. Wir können auch nicht sagen: wir erbringen humanitäre Leistungen, aber innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik überlassen wir diese Leistungen allein den Ländern und Gemeinden. Das geht nicht. Meine Bitte an den Bund, an die Bundesregierung ist, daß sie sich entschließen möge, die Lasten, die für die Länder und Gemeinden aus dem Zustrom dieser Menschen entstehen, in etwas größerem Umfang mitzutragen. Das ist meine Bitte.
Meine Damen und Herren, ich begrüße es, daß dieses Gesetz heute in dritter Lesung verabschiedet wird. Meine Bitte richtet sich an die Opposition, sich wegen der wichtigen Eckwerte, die dieses Gesetz enthält, wegen der Ansätze zur Liberalisierung, die dieses Gesetz enthält,
({11})
mit darum zu bemühen - obwohl ihre Anträge keine Mehrheit gefunden haben -, daß es uns gelingt, dieses Gesetz nun auch ohne allzugroße Schwierigkeiten durch den Bundesrat zu bekommen.
({12})
Ich bin sicher, daß der Bürger dieses Landes die Absichten dieses Gesetzes auch ohne polemische Streitigkeiten verstehen und honorieren wird.
({13})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! ({0})
Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der CDU/ CSU in dritter Lesung angenommen.
Wir haben noch über einige Empfehlungen abzustimmen. Erstens. Der Ausschuß empfiehlt, den Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Jahn ({1}) und anderer und der Fraktion der CDU/CSU auf
Vizepräsident Frau Renger
Drucksache 8/2386 für erledigt zu erklären. Erhebt sich dagegen Widerspruch? ({2})
- Dann muß ich darüber abstimmen lassen, meine Damen und Herren, sonst sagen Sie nachher wieder, ich habe das nicht richtig gemacht. Also: Es erhebt sich kein Widerspruch, wie ich sehe.
({3})
Dann haben wir noch über die Empfehlung unter Ziffer 3 auf Drucksache 8/3403 abzustimmen, die
Eingaben und Petitionen für erledigt zu erklären. - Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Der Ausschuß empfiehlt unter Ziffer 4 die Annahme einer Entschließung. - Auch dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Keine Abstimmung darüber.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Beratungen angekommen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für den 11. Dezember 1979, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.