Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
- Drucksachen 8/3158, 8/3173 Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen mit den Fragen des Herrn Abgeordneten Milz gemäß IV Nr. 19 der Richtlinien für die Fragestunde. Es handelt sich um die Fragen 3 und 4 aus Drucksache 8/3158, deren Text zusammen mit der Mitteilung über den Ablauf der heutigen Fragestunde an die Mitglieder des Hauses verteilt worden ist.
Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi zur Verfügung. Ich rufe zunächst Frage 3 aus Drucksache 8/3158 auf:
Trifft es zu, daß die Aufnahme vietnamesischer Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland sich dadurch so langsam vollzieht, weil deutsche Auslandsvertretungen in Südostasien und ebenso das Auswärtige Amt lange untätig geblieben sind und die organisatorische Abwicklung zu bürokratisch gehandhabt wird?
Herr Präsident, ich bin nicht sicher, ob ich Sie richtig verstanden habe, daß der Text verteilt worden ist. Ich kann den Text dieser Antwort natürlich noch einmal verlesen. Oder handelt es sich um den Text der Frage, der verteilt worden ist?
Jawohl, der Text der Frage.
Ich bitte um Entschuldigung, ich habe das mißverstanden:
Herr Kollege, ich beanworte Ihre Frage wie folgt:
Die Ihrer Anfrage zugrunde liegende Annahme trifft nicht zu. In Abstimmung mit den Bundesländern wurden alle notwendigen und möglichen Schritte schon vor der Genfer Flüchtlingskonferenz vom 20./21. Juli 1979 eingeleitet, um die zugesagte Aufnahme von inzwischen über 13 000 Flüchtlingen rasch zu realisieren.
Die betroffenen Vertretungen und Referate im Inland wurden verstärkt. Dem Hohen Kommissar
für Flüchtlinge der Vereinten Nationen wurden Hilfskräfte des Deutschen Roten Kreuzes, des Deutschen Caritasverbandes und des Diakonischen Werks beigeordnet, um die Auswahl, Registrierung und medizinische Untersuchung der Flüchtlinge zu beschleunigen. Auf die Einhaltung üblicher ausländerrechtlicher Verfahren wurde bei gruppenweiser Aufnahme im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten im Einvernehmen mit den Innenministern und -senatoren der Länder verzichtet.
Zusammen mit der auf diesem Gebiet sehr erfahrenen internationalen Organisation ICEM, die seit den 50er Jahren die Auswanderung größerer Bevölkerungsgruppen betreut, wurden so rasch wie möglich die Flüge organisiert. Die Abfolge dieser Flüge hängt aber ganz entscheidend von den Aufnahmekapazitäten der Bundesländer ab, die in manchen Fällen an ihrer aktuellen Grenze angelangt zu sein glauben und deshalb die Aufnahme weiterer Großgruppen in kürzerem Abstand nicht erlauben.
Bis zum 7. September sind im Rahmen von Großgruppentransporten zirka 3700 Flüchtlinge in die Bundesrepublik Deutschland aufgenommen worden. Die Aufnahme von weiteren zirka 1700 Flüchtlingen ist fest geplant. Ihre Ankunft steht zeitlich fest. Daneben kamen im Rahmen von Kleingruppen und der Familienzusammenführung zirka 3200 Flüchtlinge in das Bundesgebiet, so daß nunmehr über 6900 Flüchtlinge in das Bundesgebiet eingereist sind.
Die Bundesregierung bleibt weiter bemüht, im engen Zusammenwirken mit den Bundesländern die Zahlen weiterhin zu steigern.
Meine Damen und Herren, haben Sie rein akustisch alles mitbekommen? Für mich war es etwas schwierig. Herr Staatsminister, vielleicht könnten Sie ein bißchen lauter sprechen.
Es tut mir leid, Herr Präsident, ich leide unter einer akuten Erkältung. Ich bitte um menschliches Verständnis.
Sie haben trotzdem die gesamte Aufmerksamkeit des Hauses.
Zusatzfrage? - Bitte schön!
Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, wenn ich feststelle, daß zwischen der verzögerlichen Beantwortung meiner Frage, die ja schon in der vergangenen Woche hätte beantwortet werden müssen, und dem Eindruck, den Sie bei der Behandlung dieser Flüchtlingsschicksale erwecken, merkwürdige Gleichheiten zu erkennen sind?
Herr Kollege, ich kann das nicht so erkennen. Ich bin aber selbstverständlich bereit, mich noch einmal dafür zu entschuldigen, daß das Amt auf Grund eines inneren Versehens den Brief einige Tage zu spät abgeschickt hat.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatsminister, ist vielleicht diese verzögerliche Behandlung der fürchterlichen Flüchtlingsschicksale darauf zurückzuführen, daß es der Bundesregierung schwerer fiel, sich mit Flüchtlingen aus einem kommunistischen Land zu beschäftigen als z. B. mit Flüchtlingen aus südamerikanischen Ländern?
Herr Kollege, da ich nicht unterstelle, daß Sie selber dieses für richtig erachten, halte ich die Unterstellung, die sicherlich irgendwo geübt werden könnte, schlicht für Unsinn.
Eine Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter Hoffacker.
Herr Staatsminister, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um der großen Bereitschaft in der Bevölkerung, zur Aufnahme von Flüchtlingen über das staatlich vorgesehene Kontingent hinaus etwas zu tun, gerecht zu werden?
Herr Kollege, wir haben auf die Probleme, die hier bestehen, vielfältig hingewiesen. Nicht nur die Bundesregierung, auch die Regierungen der Länder haben sich bemüht, freiwilliges Engagement zu stärken, im Einzelfall, indem wir bei bestimmten Maßnahmen Unterstützung gewährt haben, die private Initiative in Gang gesetzt haben und, im allgemeinen, indem wir hierzu aufgerufen haben. Nur müssen auch die Grenzen, die gegenwärtig von den Bundesländern, den Innenministern und anderen dort verantwortlichen Ministern sowie den Kabinetten gesehen werden, müssen natürlich auch mit in Betracht gezogen werden. Die Bundesregierung kann über diese Grenzen, die durch die Aufnahmebereitschaft der Länder gezogen werden, ihrerseits nicht hinweggehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatsminister, wie erklären Sie sich den sehr unterschiedlichen Beginn der Aktivitäten der Länder zur Behebung dieses Notstandes, und wie erklären Sie sich die in der Frage behauptete verzögerte Behandlung dieses Problems?
Herr Kollege, ich glaube, man kann diejenigen in der Bevölkerung verstehen, die durch die Medien auf die große Not der Flüchtlinge aufmerksam gemacht worden sind und dann erkennen, daß es offenbar doch sehr viel schwieriger und langwieriger ist, die notwendigen Hilfsmaßnahmen, die hier erforderlich waren, einzuleiten. Das Übernehmen von vielen tausend Flüchtlingen in die Bundesrepublik Deutschland wie auch in andere Staaten der Welt ist eben, leider, auch ein administratives Problem. Wir haben versucht, auch die Bevölkerung hierüber aufzuklären und deutlich zu machen, daß die Bundesregierung wie die Regierungen aller Bundesländer in dem Versuch engagiert sind, den Flüchtlingen unbürokratisch und schnell zu helfen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker ({0}).
Herr
Staatsminister, da ich unterstelle, daß die Bundesregierung Vorstellungen über den weiteren Ablauf hat, frage ich Sie: Wann rechnen Sie - in Verbindung mit den Ländern - mit dem Eintreffen weiterer Flüchtlinge aus diesen Lagern?
Herr Kollege, ich kann hier nicht aus dem Stegreif einzelne Flugtermine auflisten, ich kann aber auf den Teil der Antwort, die ich zunächst gegeben hatte, zurückkommen, in dem es hieß, daß die Aufnahme von weiteren ca. 1700 Flüchtlingen fest geplant sei und die Ankunft zeitlich feststehe. Ich bin gerne bereit, Ihnen auch noch die genauen Ankunftstermine der Flugzeuge mitzuteilen. Die stehen mir hier im Augenblick nicht zur Verfügung. Aber es scheint sich um einen sehr kurzen Zeitraum zu handeln.
Weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker ({0}).
Herr Staatsminister, können Sie für die Bundesregierung erklären, daß die Aufnahmequoten, die von den einzelnen Bundesländern gewünscht werden, von der Bundesregierung auch akzeptiert werden?
Herr Kollege, ich möchte einen Schritt weitergehen: Die Bundesregierung hat die Bundesländer gebeten, ihre Aufnahmequoten zu erhöhen. Das heißt, wir akzepStaatsminister Dr. von Dohnanyi
tieren nicht nur diese Quoten, sondern wir bitten die Bundesländer, erneut darüber nachzudenken, ob sie nicht höhere Quoten festsetzen wollen, weil wir eben das große Elend und die damit verbundenen Probleme sehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Josten.
Herr Staatsminister, kann man auf Grund Ihrer Äußerungen davon ausgehen, daß die Zusammenarbeit von Bund und Ländern unbürokratisch abgewickelt wird und daß daher die Befürchtungen, die man in der Bevölkerung hört, nicht zutreffen?
Herr Kollege, wir bemühen uns darum. Niemand kann garantieren, daß nicht an der einen oder anderen Stelle in einem solchen Ablauf auch wieder bürokratische Hindernisse eintreten. Aber nach meinem eigenen Eindruck - ich habe versucht, mir auch einen eigenen unmittelbaren Eindruck in dieser Frage zu verschaffen - möchte ich doch sagen, daß die Zusammenarbeit von Bund und Ländern hier und in Indochina selbst unbürokratisch funktioniert.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen. - Dann rufe ich Frage 4 des Herrn Abgeordneten Milz auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Luftwaffe und die Marine für die Rettungsaktionen vietnamesischer Flüchtlinge in der Weise zu beteiligen, wie dies bisher von der US- bzw. italienischen Marine beispielsweise in Form von mobilen Spitälern unternommen worden ist?
Bitte, Herr Staatsminister.
Der Strom der Bootsflüchtlinge aus Vietnam ist seit der Genfer Flüchtlingskonferenz vom 21./22. Juli 1979 stark zurückgegangen. Vietnam hat in Genf seine Bereitschaft erklärt, in Zusammenarbeit mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen eine geordnete Ausreise derjenigen, die das Land verlassen wollen, zu ermöglichen.
Die Bundesregierung hofft, daß dieses Programm voll praktiziert und ausgebaut wird und zu einer Fortsetzung bzw. Verstärkung des derzeitigen Trends beiträgt.
Die Bundesmarine wäre zwar technisch in der Lage, Rettungsunternehmen durchzuführen. Sie hat jedoch einen im Rahmen der Atlantischen Allianz festgelegten klaren Verteidigungsauftrag, der die Freistellung von Einsatzfahrzeugen für den südostasiatischen Raum nur schwer zuläßt.
Davon unabhängig würde die Bundesmarine bei Auslandsausbildungsfahrten aber jede Hilfeleistung und Unterstützung im Rahmen internationaler Gepflogenheiten anbieten, wenn sie vor diese Notwendigkeit gestellt würde, wie übrigens, wenn ich hinzufügen darf, jedes andere deutsche Schiff natürlich den Auftrag hat, Bootsflüchtlinge aufzunehmen.
Ich darf darauf hinweisen, daß das Schiff des Deutschen Roten Kreuzes, Flora, das von der Bundesregierung finanziell und diplomatisch unterstützt wird, in wenigen Wochen seine Tätigkeit in den betreffenden Gewässern aufnehmen wird. Außerdem will die Bundesregierung bei Bedarf wie bisher Flugzeuge der Bundeswehr einsetzen, um Indochina-Flüchtlinge in die Bundesrepublik Deutschland zu befördern.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatsminister, im Text Ihrer Antwort heißt es wörtlich - ich zitiere -:
Davon unabhängig würde die -Bundesmarine bei Auslandsausbildungsfahrten aber jede Hilfeleistung und Unterstützung im Rahmen internationaler Gepflogenheiten anbieten,
- dann kommt es wenn sie vor diese Notwendigkeit gestellt würde.
Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß im wahrsten Sinne des Wortes die „Notwendigkeit" eingetreten war, diese Not zu wenden, und daß es deshalb in der Tat früh überlegenswert gewesen wäre, auch die technischen Möglichkeiten unserer Bundesmarine einzusetzen?
Herr Kollege, ich will noch einmal versuchen, zu wiederholen; ich will auch versuchen, über die Wiederholung meiner Antwort hinaus noch einmal zu antworten: Ja, die Schiffe, die einen Einsatzauftrag haben, können nicht für eine andere Region abgestellt werden. Die Boote, die im Zusammenhang mit dem Ausbildungsauftrag vor Ort tätig sind, haben selbstverständlich den Auftrag, Schiffsflüchtlingen zu helfen.
Eine andere Frage ist, ob diese Boote für die Suche eingesetzt werden sollen. Aber dabei wissen Sie j a auch, daß derartige Suchboote, also Boote, die diesen Suchauftrag hatten, nur in geringem Umfange in der Lage waren, sich wirklich erfolgreich zu helfen. Ich glaube also schon, daß die Bundesregierung hier den richtigen Weg eingeschlagen hat.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatsminister, wie erklären Sie sich, daß die italienische Marine - im Gegensatz zur Bundesmarine - an der Bergung von Flüchtlingen beteiligt war, die ja auch einen Auftrag im Rahmen des Atlantischen Verteidigungsbündnisses hat?
Herr Kollege, dort waren, wenn meine Erinnerung mich jetzt nicht trügt, entsprechende Schiffe in der Region anwesend. Das ist der entscheidende Punkt. Ich wiederhole diesen Teil meiner Antwort noch ein13608
mal, um es vielleicht doch ganz verständlich zu machen: Wenn Boote der Bundesrepublik Deutschland in dieser Region anwesend sind, haben sie selbstverständlich den Auftrag, zu helfen. Darin unterscheiden sie sich um nichts von dem Auftrag, der den italienischen Schiffen gegeben wurde.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Würtz.
Herr Staatsminister, können Sie bestätigen, daß die Schiffe, die im Ausbildungsauftrag der Bundesmarine in diesem Raum operieren, in der letzten Zeit Schiffbrüchige aufgenommen haben?
Das kann ich im Augenblick nicht auswendig tun; aber ich bin gern bereit, der Sache nachzugehen. Sicher ist, daß, wenn sich der Fall stellen würde, diese Boote selbstverständlich dem Auftrag folgen würden.
Ich will vielleicht, Herr Präsident, wenn ich das darf, bei dieser Gelegenheit anfügen, daß ich es bedauere, wenn hier gelegentlich offenbar durchklingt, als sei die Bundesregierung von der Sache her nicht bemüht, den Flüchtlingen zu helfen. Ich halte das eigentlich für bedauerliche Unterstellungen, die angesichts des Engagements der Bundesregierung in dieser Frage und der tätigen Hilfe, die geleistet worden ist, nicht gerecht sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatsminister, hält es die Bundesregierung für nicht angebracht, in der Frage des möglichen Einsatzes von Bundesluftwaffe und -marine zur Behebung des Notstandes in diesem außerordentlich sensiblen geographischen Bereich Zurückhaltung zu üben?
Herr Kollege, ich glaube, unsere Position ist eigentlich klar. Wenn die Möglichkeit besteht, eine bestimmte Gruppe von Flüchtlingen zu transportieren, werden wir jedes zur Verfügung stehende Transportmittel einsetzen. Wir haben ja auch Flugzeuge - allerdings dann gecharterte Flugzeuge - eingesetzt, um in Großtransporten Flüchtlinge herüberzubringen. Wir würden es jederzeit wieder tun, solange die Aufnahmequote dies möglich macht. Wenn sich ein Schiff der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines entsprechenden Auftrages in der Nähe befinden würde, würden wir dieses Schiff natürlich bitten, Hilfestellung zu geben. Ob es zweckmäßig ist - das ist wohl Ihre Frage -, mit Bundesluftwaffe und Bundesmarine dort unten vor Ort ständig präsent zu sein, darüber ist auch in anderem Rahmen innerhalb der Neun bereits gesprochen worden. Darüber mag man differenzierter Auffassung sein.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Dr. Hoffacker auf:
Trifft es zu, daß nach einem offenen Brief des von der Bundesregierung geförderten Vereins „Pro-Familia-Deutsche-Gesellschaft e. V. Bremen" ({0}) als soziale Indikation für eine Abtreibung alles das gilt, was gegen die Bedürfnisse und Lebensperspektive der Frauen gerichtet ist und sie gefährdet und was einer gesicherten Zukunft und emotional schützenden Erziehung von Kindern entgegensteht, und halt sie dies für verfassungskonform?
Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen hat sich Pro Familia, Bremen, in einem „offenen Brief" vom 4. Juli 1979 an den Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. med. Karsten Vilmar, in der Tat in der von Ihnen aufgegriffenen Weise geäußert.
Der Gesetzgeber hat in § 218 a Abs. 2 Nr. 3 des Strafgesetzbuches die sogenannte Notlagenindikation als Unterfall der medizinischen Indikation im Sinne des § 218 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches geregelt. Die Voraussetzungen der medizinischen Indikation gelten auch dann als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis der Abbruch der Schwangerschaft angezeigt ist, um von der Schwangeren die Gefahr einer Notlage abzuwenden, die so schwer wiegt, daß von der Schwangeren die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann, und die nicht auf eine andere für die Schwangere zumutbare Weise abgewendet werden kann.
Die Fassung des Gesetzes bringt somit - namentlich durch die Verweisung auf die in § 218 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches umschriebene medizinische Indikation - zum Ausdruck, daß hier - unter den weiter vorgesehenen einschränkenden Voraussetzungen - Notlagen in Betracht kommen, die bei Berücksichtigung der gesamten persönlichen und sozialen Verhältnisse der Schwangeren in ihrer Schwere den anderen Indikationsfällen gleichkommen.
Das Gesetz trägt damit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 1975 Rechnung, in dem ausgeführt ist, der straffreie Tatbestand müsse so umschrieben werden, daß die Schwere des sozialen Konflikts deutlich erkennbar werde und - unter dem Gesichtspunkt der Unzumutbarkeit - die Kongruenz der sozialen Indikation mit den anderen Indikationsfällen gewahrt bleibe.
Die eine Notlagenindikation begründenden Belastungen müssen danach erheblich über die bei einer Schwangerschaft üblichen hinausgehen.
Die in der Frage zitierten Sätze des in Rede stehenden Schreibens scheinen mir hiermit, für sich betrachtet, nicht in Einklang zu stehen. Ich kann sie mir deshalb so nicht zu eigen machen.
Zusatzfrage. Bitte schön.
Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um diesem Bremer Konzept entgegenzuwirken, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das ungeborene Leben als eigenständiges Rechtsgut unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 2 GG steht, also dem geborenen Leben grundsätzlich gleichzuachten ist und der Schwangerschaftsabbruch daher eine Tötungshandlung ist?
Herr Kollege, Ihre Frage enthält eine ganze Menge von Einzelfragen. Ich will versuchen, die zu beantworten. Was den ersten Punkt anlangt, darf ich mir gestatten, darauf zu verweisen, daß diese Frage wohl Ihrer zweiten Frage entspricht und hierauf Herr Kollege Zander vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eine Antwort erteilen wird. Im übrigen hat die Bundesregierung immer klargemacht, und ich meine, das ist die Auffassung des gesamten Hauses gewesen und hat Niederschlag in einem Antrag gefunden und in den Begründungen der Anträge, die hier Gegenstand der Beratungen waren, daß oberstes Prinzip der Abortregelung der Schutz des werdenden Lebens ist und daß es im Grund genommen nur darum geht, wie der Schutz auszugestalten ist, nicht um die Frage des Ob. Das sage ich mit allem Nachdruck.
Eine weitere Zusatzfrage. Bitte.
Herr Staatssekretär, gibt es Anhaltspunkte dafür, daß außer Pro Familia Bremen, das ja als Einrichtung für Familienplanung und Schwangerschaftsabbruch firmiert, weitere Beratungsstellen den Schwangerschaftsabbruch für eine Methode der Geburtenkontrolle halten und sich deshalb, wie mir scheint, weniger um Präventivmaßnahmen zum Schutz des menschlichen Lebens mühen und die Tötung menschlichen Lebens als Lösung von sozialen Problemen einschätzen?
Nach meiner Erinnerung kann ich die Unterstellung gegenüber dem offenen Schreiben der Stelle Pro Familia Bremen, daß es sich hier um eine Möglichkeit der Geburtenregelung handelt, nicht unterschreiben. Ich meine, daß der Text etwas anderes hergibt. Mir ist nicht bekannt, daß irgendwelche Stellen der Bundesrepublik, die offizielle Beratungsfunktionen ausüben, Ihre Unterstellung, daß es sich hier um Formen der Geburtenregelung handle, entsprechen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, ob Pro Familia in Bremen die von Ihnen soeben als mit dem Gesetz nicht in Einklang stehend charakterisierte Auffassung über die Interpretation der sogenannten sozialen Indikation bei den bisher in dieser Stelle durchgeführten Indikationen in die Wirklichkeit umgesetzt hat und dadurch Abtreibungen erfolgt sind, die nach der Auffassung der Bundesregierung, die wir soeben gehört haben, nicht mit dem Gesetz in Einklang stehen?
Dies ist der Bundesregierung nicht bekannt. Ihr ist lediglich der Brief bekannt, aus dem hier eine Stelle zitiert wurde, zu der ich mich geäußert habe.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Höpfinger.
Herr Staatssekretär, sehen Sie auf Grund des hohen Prozentsatzes der sozialen Indikation eine Veranlassung, von Ihrem Haus aus alle Beratungsstellen darauf hinzuweisen, daß die Beratung der werdenden Mutter eine Beratung zum Schutz des werdenden Lebens sein muß? Halten Sie das nicht für notwendig und erforderlich?
Die Bundesregierung hat in allen diesbezüglichen Äußerungen stets mit Nachdruck auf die Funktion hingewiesen, die Sie andeuteten und die sich klar im Gesetz und in der Begründung der Gesetzesvorlage befindet und zu der sich alle Parteien, die im Bundestag vertreten sind, bekannt haben. Uns ist nicht geläufig, daß es hiervon Abweichungen gibt, die es erforderlich machen, noch auf eine besondere Art die Stellen darüber zu informieren.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hüsch.
Herr Staatssekretär, können Sie zusichern, daß es sich bei der Auffassung von Pro Familia Bremen um ein örtlich orientiertes Verhalten einer Stelle handelt, oder müssen Sie nicht doch einräumen, daß in Wirklichkeit dahinter die Absicht steht, diese auch von Bremen ausgehende, von Ihnen ja als nicht rechtmäßig interpretierte Anwendung jenes Paragraphen bundesweit anzustreben?
Ich habe nichts einzuräumen. Ich habe klargemacht, daß der Bundesregierung ähnliche Äußerungen nicht bekannt sind, und habe meine Meinung zu der Darstellung der Pro-Familia-Stelle Bremen durch meine Antwort hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, halten Sie den Anteil der genehmigten Abtreibungsfälle in Höhe von 67 % - zu dem Bereich der sozialen Indikation gehörend - für die übrigen Lebensverhältnisse im Bundesgebiet angemessen? Oder wie ist Ihre Meinung?
Darauf kann man keine klare Antwort geben. Der Prozentsatz von 67, der sich wohl erst in letzter Zeit ergeben hat, kann nicht von vornherein als das Ausmaß der Notlagenindikationen angesehen werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich darunter auch Fälle der medizinischen Indikation befinden. Deswegen kann hier dazu keine generelle Erklärung abgegeben werden. Sie dürfen jedenfalls sicher sein, daß die Bundesregierung mit großer Sorgfalt die jeweiligen statistischen Meldungen beobachtet.
Zu einer weiteren Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Becker ({0}).
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß ein Schwangerschaftsabbruch eine Tötungshandlung ist?
Die Bundesregierung hält sich hier an den Gesetzeswortlaut, der ganz klar und eindeutig ist.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller ({0}).
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in dem hier in Rede stehenden Brief dazu aufgefordert wird, alle Landesverbände mögen überprüfen, ob diese Konzeption bundesweit zu verwirklichen ist?
Herr Kollege, ich bitte um Nachsicht. Ich habe Ihre Anfangsworte akustisch nicht klar verstanden.
Ich wollte Sie fragen, ob Sie bestätigen können, daß der Pro-Familia-Brief, von dem hier die Rede ist, dazu auffordert, alle Landesverbände dieser Organisation mögen durch Beschluß prüfen, ob diese Konzeption bundesweit verwirklicht werden kann.
Das ist mir im Moment nicht geläufig. Ich bin aber gern bereit, es sorgfältig nachzulesen.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Zur Beantwortung steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Kreutzmann zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 80 des Abgeordneten Graf Stauffenberg auf:
Womit begründet die Bundesregierung, daß in der zweiten Auflage des von Bundesminister Franke herausgegebenen „DDR"-Handbuchs der Verlauf der Demarkationslinie im Bereich der Elbe ({0}) im Gegensatz zur ersten Auflage von 1975 nicht mehr eingezeichnet ist?
Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage wie folgt.
Die Arbeiten der Grenzkommission zur Feststellung, Markierung und Dokumentation des Verlaufs der Grenze und hinsichtlich der Regelung sonstiger mit dem Grenzverlauf im Zusammenhang stehender Probleme sind für die Grenzabschnitte 7 bis 9 - Elbe - nach dem Protokoll vom 29. November 1978 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik r noch nicht abgeschlossen. Beide Seiten haben erklärt, daß sie die Arbeiten fortsetzen werden.
Die Skizze auf Seite 920 der 2. Auflage des DDR-Handbuchs gibt diesen Sachverhalt zutreffend wieder. Sie zeigt in diesem Abschnitt keine Grenze, sondern ein offenes Problem.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, wie verhält sich Ihre Aussage zu derjenigen auf Seite 1258 dieses Handbuchs, wo von dem erfolgreichen Abschluß der Arbeit der Grenzkommission die Rede ist?
Herr Kollege Graf Stauffenberg, ich bin der Meinung, daß die Grenzkommission eine sehr erfolgreiche Arbeit geleistet hat. Sie hat in einer Vielzahl strittiger Fälle Regelungen erzielt. Ich denke beispielsweise an die Frage der Eckertalsperre, an die Frage der Fischerei in der Lübecker Bucht sowie an eine ganze Reihe weiterer neuralgischer Punkte, die erledigt werden konnten. Ich bin der Meinung, daß die Arbeit der Grenzkommission ein voller Erfolg gewesen ist, der unsere Anerkennung verdient hat. Man kann die Arbeit der Grenzkommission nicht allein an dieser offenen Frage ablesen. Das Offenhalten dieser Frage hat zumindest dazu beigetragen, daß sich die Situation in diesem Elbabschnitt, die vorher manche Sorgen bereitet hatte, mittlerweile entspannen konnte.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da dies .alles andere als eine Antwort auf meine Frage war, die sich auf den Ausdruck „Abschluß" bezog, eine weitere Frage: Können Sie dem Hohen Hause sagen, wo entlang des fraglichen Elbabschnitts zwischen Schnackenburg und Lauenburg die Grenze tatsächlich verläuft?
Der Verlauf der Grenze, Herr Kollege Graf Stauffenberg, ist seinerzeit von den alliierten Besatzungsmächten festgelegt worden. Sie wissen, daß es hinsichtlich des Verlaufs dieser Grenze durchaus sehr schwierige Fragen gibt, da die Grenze ursprünglich zwiParl. Staatssekretär Dr. Kreutzmann
schen Mecklenburg und Hannover über den Fluß hinüber- und herübersprang, und daß eine Grenzregelung somit sehr schwierig ist. Die Kommission hat sich an den Tatbestand der Regelung durch die Alliierten gehalten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schröder ({0}).
Herr Staatssekretär, wer hat die Anweisung gegeben, die entsprechenden Einzeichnungen in dieser Dokumentation so vorzunehmen, wie sie vom Kollegen Graf Stauffenberg hier nachgefragt worden sind, und beabsichtigt die Bundesregierung, von nun an in anderen offiziellen Publikationen ähnlich zu verfahren?
Diese Publikation gibt den tatsächlichen Zustand und die gegenwärtige Situation wieder. Ich glaube, daß das eine durchaus gerechtfertigte Anweisung gewesen ist. Die Darstellung in diesem Handbuch ist die des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen.
({0})
Moment, Herr Abgeordneter. - Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, können Sie den merkwürdigen Umstand aufklären, daß die Bundesregierung, so wie Sie es soeben beschrieben haben, die Grenzeinzeichnung auf der Karte im Handbuch 1979 weggelassen hat, während die gleiche Bundesregierung im von ihr herausgegebenen Handbuch des Jahres 1975, also nach Inkrafttreten des Grundlagenvertrages und ebenfalls zu einem Zeitpunkt, als noch kein Einvernehmen mit der DDR erzielt war, die Grenze an der Elbe - eindeutig sichtbar - östlich, nordöstlich der Elbe auf dem entsprechenden Kärtchen einzeichnen ließ?
Herr Kollege Jäger, damals hatten noch keine Verhandlungen der Grenzkommissionen stattgefunden. Es lag also ein anderer Tatbestand vor. Die Neuauflage des Handbuchs mußte den in dem Schlußprotokoll getroffenen Abmachungen Rechnung tragen.
räsident Stücklen: Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller ({0}).
Herr Staatssekretär, ich darf die Frage des Kollegen Graf Stauffenberg wiederholen: Warum ist auf Seite 1258 dieses Handbuchs vom „erfolgreichen Abschluß der Arbeit der Grenzkommission" die Rede?
Herr Kollege Müller, dieses Handbuch ist kein Handbuch über die Elbgrenze, sondern es ist ein Handbuch, in dem Fragen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR allgemein behandelt werden. Die Arbeit der Grenzkommission ist mit dem Schlußprotokoll weitestgehend abgeschlossen, aber unter Offenhaltung dieser Frage, in der keine Übereinstimmung erzielt werden konnte.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Graf Stauffenberg auf:
Sieht sich die für die Herausgabe verantwortliche Bundesregierung mit der Nichtmarkierung der Zonengrenze im genannten Bereich im Widerspruch zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Februar 1977, in dem es in der Begründung heißt, daß „.. nach der geschichtlichen Entwicklung seit 1945 die Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR am Ostufer der Elbe ... verläuft", und im Gegensatz zur bisherigen Rechtsauffassung der Bundesrepublik Deutschland, die sich mit diesem Urteilsspruch in Übereinstimmung befand?
Herr Kollege Graf Stauffenberg, die in Ihrer zweiten Frage zitierte Aussage findet sich in dem verfahrensleitenden Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 2. Februar 1977. Diesem 'Beschluß kommt Bedeutung ausschließlich für die Bestimmung des strafprozessualen Gerichtsstandes zu.
Für den Verlauf der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bilden die alliierten Vereinbarungen über den Verlauf der Demarkationslinie zwischen den ehemaligen britischen und amerikanischen Zonen und der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands die einzige Rechtsgrundlage.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, dem Hohen Hause zu erklären, daß der Verlauf der Grenze, wie er auf Seite 737 der ersten Auflage des Handbuchs 1975 abgebildet ist, dem tatsächlichen Verlauf der Grenze auch heute noch entspricht?
Herr Kollege Graf Stauffenberg, ich darf noch einmal wiederholen, daß sich bei den Verhandlungen in der Grenzkommission gezeigt hat, daß in dieser Frage keine Übereinstimmung zu erzielen war. Daher wird diese Frage auch in den Publikationen der Bundesregierung entsprechend behandelt, die Frage wird als offen angesehen, und der endgültige Verlauf der Grenze wird weiteren Verhandlungen überlassen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Graf Stauffenberg, bitte.
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Aussage, daß über die Festlegung des Verlaufs der Grenze entlang des Elbabschnitts noch zu verhandeln ist oder darüber überhaupt verhandelt werden soll?
Ich glaube, daß die Erfahrungen, die man auf diesem Elbabschnitt lange Zeit gemacht hat, deutlich gemacht haben, daß über diese Grenze noch verhandelt werden muß und daß hier offene Probleme bestehen, die gelöst werden müssen. Ich glaube, das ist hier deutlich erkennbar.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schröder ({0}).
Herr Staatssekretär, da Sie vorhin darauf hingewiesen haben, daß eine Regelung über den Elbabschnitt zwischen Lauenburg und Schnackenburg noch nicht herbeigeführt worden ist, frage ich Sie, was sich an der Rechtslage geändert hat und warum die Bundesregierung die Chance nicht nutzt, ihre Rechtsposition bis zu einer endgültigen Vereinbarung mit der DDR auch in solchen Dokumentationen zum Ausdruck zu bringen.
({0})
Herr Kollege, ich meine, daß durch die Art der Behandlung des Problems in der Grenzkommission die Voraussetzungen dafür geschaffen worden sind, daß sich die Linenschiffahrt und die Sportschiffahrt auf der Elbe in Ruhe abwickeln können; denn in den letzten Jahren sind Zwischenfälle sehr selten geworden. Deshalb sollten wir diese Fragen nicht dauernd in den Diskussionen auf die Spitze treiben. Das führt uns nicht weiter.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, muß ich aus Ihrer Äußerung, daß die Bundesregierung jetzt nach Abschluß des Grenzprotokolls entsprechend dieser neuen Rechtslage handle, indem sie den Grenzverlauf nicht mehr in eine amtliche Karte einzeichne, den Schluß ziehen, daß die Bundesregierung ihre Rechtsposition durch diese Grenzabmachung verschlechtert hat, weil sie diese Grenze früher, als mit der DDR auch Zwist über den Verlauf der Grenze bestand, dennoch zugunsten der Bundesrepublik Deutschland eingezeichnet hat?
Herr Kollege Jäger, ich glaube nicht, daß sich die DDR in ihrer Einstellung zum Grenzverlauf durch irgendwelche Karten oder Zeichnungen beeinflussen läßt. Sie hat ihren Standpunkt in der Frage erklärt, und wir haben unseren Standpunkt. Die Bundesregierung wird in Verhandlungen versuchen, das Bestmögliche zu erreichen. Das ist in meinen Augen eine ganz logische Sache. Auf keiner Karte in der zweiten Ausgabe des Handbuchs ist eine Grenze eingezeichnet, und es ist dokumentiert worden, daß bei den Verhandlungen der Grenzkommission keine Übereinstimmung erzielt werden konnte. Die Bundesregierung wird ihren Standpunkt bei den weiteren Verhandlungen, deren Ergebnis durchaus noch offen ist, mit Nachdruck vertreten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Möhring.
Herr Staatssekretär, können Sie mir zustimmen, daß man die Betonung, die in der Frage liegt, auch auf die leider in der Frage nicht enthaltene erste Hälfte des Begründungssatzes aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs legen kann, die lautet: Bei Elbkilometer 540,5 verläuft nach der geschichtlichen Entwicklung die Grenze am Ostufer? Muß man nicht davon ableiten, daß sich der Bundesgerichtshof als unzuständig ansah und sich vielleicht auch außerstande sah, von dieser punktuellen Aussage auf den gesamten Grenzverlauf zu schließen? Kann man also davon ausgehen, daß man wegen der 1945 erfolgten gesonderten Abtretung des gesamten Amtes Neuhaus - dort liegt dieser besagte Elbkilometer einschließlich seiner Westgrenze - diesen Abschnitt unter Berücksichtigung geschichtlicher Entwicklungen rechtlich anders betrachten kann als den übrigen Elbgrenzabschnitt?
Herr Kollege Möhring, ich weiß, daß Sie ein profunder Kenner des ganzen Problems sind, und ich nehme Ihnen das weitestgehend ab. Auch ich bin der Meinung, daß der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil und seiner Urteilsfindung politische Entscheidungen in keiner Weise präjudizieren wollte.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die neuerlichen Berichte des Bundesgrenzschutzes bekannt, die ich beispielsweise vor drei Wochen an Ort und Stelle entgegennehmen konnte, nach denen auf dieser besagten Grenze zwischen Lauenburg und Schnackenburg der Schiffsverkehr absolut reibungslos verläuft, ebenso die Abfertigung, ein betont konziliantes Verhalten der Behörden der DDR festzustellen ist, beispielsweise dann, wenn - was früher schon mal zum Eklat geführt hat - Sportschiffer, Floß fahrende oder Schlauchboot fahrende Sporttreibende, auf die andere Seite abtreiben, sie nur höflichst erinnert werden und ihnen auch geholfen wird, wieder zurückzufahren?
({0})
Herr Kollege, ich kann dazu nur sagen, daß auch ich den Eindruck habe, daß sich die Entwicklung in dem dortigen Elberaum seit den Verhandlungen der Grenzkommission erheblich beruhigt hat. Zwar ist noch der eine oder andere Zwischenfall gewesen, aber gegenüber dem, was sich früher dort vielfach abgespielt hat, kann niemand bestreiten, daß auf diesem Abschnitt eine weitestgehende Beruhigung eingetreten ist.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kunz ({0}).
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihr Bezug auf erfolgte Verhandlungen und die Erfahrungen, die in diesen Verhandlungen gewonnen worden seien und die eine gewisse Beweglichkeit im Hinblick auf künftige Verhandlungen gezeigt hätten, im Zusammenhang mit der hier vielfach zum Ausdruck gekommenen Abwertung des Urteils des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage, daß sich die Bundesregierung vorbehält, doch eine Abweichung von der jahrelang eingenommenen Rechtsposition zu erstreben?
Herr Kollege Kunz, das können Sie aus diesen Ausführungen nicht schließen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von Wrangel.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß offizielle Publikationen der Bundesregierung Nachgiebigkeit oder auch Standfestigkeit signalisieren können? Und aus diesem Grunde möchte ich Sie fragen: Ist die Bundesregierung der Rechtsauffassung, daß in diesem Elbabschnitt die Grenze östlich der Buhnenköpfe verläuft?
Herr Kollege von Wrangel, ich habe vorhin schon gesagt, daß die Grenzfrage dort sehr schwierig ist. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Grenze zwischen Mecklenburg und Hannover auf diesem Abschnitt ursprünglich ständig von einem Ufer zum anderen gesprungen ist, und daß die Regelungen, die die Alliierten getroffen haben, zum Teil nur sehr schwer auf einen Nenner zu bringen sind. Die Bundesregierung muß von dieser Tatsache ausgehen; sie wird sich aber unter allen Umständen bemühen, die für die Bundesrepublik bestmögliche Regelung zu erzielen.
Zu einer letzten Zusatzfrage der Herr Abgeordnete Dreyer.
Herr Staatssekretär, wie verträgt sich beispielsweise die Festnahme eines vom Weg abgekommenen Sportbootfahrenden mit der nach den Verhandlungen angeblich so freundlichen Behandlung in diesem Elbabschnitt?
Herr Kollege Dreyer, ich habe nicht behauptet, daß es dort zu keinen Zwischenfällen mehr gekommen ist. Ich kann Zwischenfälle auch für die Zukunft nicht ausschließen. Das wird man niemals können; keiner von uns kann das. Ich möchte aber sagen: Gegenüber den vielen Schwierigkeiten, Scherereien und Reibereien, die sich dort früher am laufenden Band abgespielt haben und die ich bei Besuchen dort oben teilweise selber beobachten konnte, hat sich
die Lage wesentlich entspannt. Es kommt nur noch ganz, ganz selten zu solchen Zwischenfällen.
({0})
Keine Zusatzfrage mehr.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Frage 7 des Abgeordneten Thüsing und Frage 8 des Abgeordneten Hansen werden gemäß Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinien für unzulässig erklärt; siehe Tagesordnungspunkt 18.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung steht uns Herr Staatssekretär Dr. Fröhlich zur Verfügung. Die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Laufs wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Dr. Emmerlich auf:
Ist bei Stellenausschreibungen von Bundesbehörden sichergestellt, daß sich aus dem Text der Ausschreibung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, die Stelle stehe sowohl männlichen als auch weiblichen Bewerbern offen?
Herr Abgeordneter, Stellenausschreibungen und Einstellungen werden in der Regel von den Ressorts in eigener Zuständigkeit durchgeführt. Der Bundesminister des Innern hat in einem Rundschreiben im Jahre 1975 an alle obersten Bundesbehörden die dringende Bitte gerichtet, bei der Handhabung dienstrechtlicher Vorschriften jeden Anschein einer Zurücksetzung weiblicher Bewerber zu vermeiden. In einem Rundschreiben vom Frühjahr dieses Jahres sind die obersten Bundesbehörden ferner ausdrücklich gebeten worden, Stellenanzeigen so zu formulieren, daß Bewerberinnen und Bewerber gleichermaßen angesprochen werden. Ich gehe davon aus, daß allseits so verfahren wird.
Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, haben Sie konkrete Informationen darüber, daß sich die Ressorts und die obersten Bundesbehörden entsprechend Ihren Empfehlungen verhalten?
Herr Abgeordneter, ich habe keine konkreten Informationen darüber, daß sie sich nicht diesen Empfehlungen entsprechend verhalten. Wenn Sie Hinweise geben können, wären die betreffenden Ressorts sicher sehr dankbar, den Hinweisen nachgehen zu können.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß Sie es von sich aus für notwendig halten, zu beobachten, ob diesen Empfehlungen entsprochen wird?
Herr Abgeordneter, wir können nur in dem Rahmen darauf achten, als uns dies das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit eines jeden Ressorts gestattet. Eine Art von Dienstaufsicht über andere Ressorts steht uns nicht zu. Es würde uns auch schlecht bekommen, eine solche in Anspruch zu nehmen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Weisskirchen ({0}) auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bei der Herstellung von Zement festgestellten Vergiftungserscheinungen durch thalliumhaltiges Eisenoxyd?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat sofort nach Bekanntwerden der Thalliumvorfälle bei verschiedenen Zementwerken mit den betreffenden Landesministerien Verbindung aufgenommen und um detaillierte Sachinformationen gebeten. Wegen der noch laufenden Ermittlungen sind diese Informationen noch nicht vollständig. Dementsprechend kann ich Ihnen heute noch keine endgültige Antwort auf Ihre Frage geben.
Aus der verfassungsmäßigen Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern ergibt sich für den Umweltschutz ein ständiger Rückkopplungsprozeß zwischen Erlaß und Fortentwicklung bundesrechtlicher Vorschriften einerseits und den Erfahrungen andererseits, die von den Landesbehörden bei deren Anwendung vor Ort gemacht werden. Diese Rückkopplung führte in der Vergangenheit zu einer ständigen Verschärfung der Vorschriften zur Luftreinhaltung. Falls sich aus den Untersuchungen der Landesbehörden der Thalliumvorfälle Erkenntnisse ergeben, die weitere oder erweiterte bundesrechtliche Regelungen notwendig machen, wird die Bundesregierung diese unverzüglich einleiten.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Herr Minister Dr. Farthmann im nordrhein-westfälischen Landtag darauf hingewiesen hat, daß im Umweltschutz keine Gefährdungshaftung, sondern eine Verschuldenshaftung vorliege und daß an diesem Punkte zu überprüfen sei bei diesen Vorfällen, ob nicht eine Änderung in der Zielrichtung der Umweltschutzgesetze zu erfolgen habe?
Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, daß die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen Anregungen dieser Art an uns in der dafür üblichen Weise herantragen wird, wenn sie solche bei uns geprüft wissen möchte.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Weisskirchen ({0}) auf:
Durch welche Maßnahmen sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, bei der Neufassung der Technischen Anleitung zur
Reinhaltung der Luft sicherzustellen, daß durch die Verwendung von Schwermetallen derartige Umweltschäden künftig vermieden werden können?
Die Thalliumvorfälle unterscheiden sich von anderen in der Öffentlichkeit diskutierten Fällen dadurch, daß die Umweltgefährdung nicht durch eine Betriebsstörung - wie etwa im Falle Seveso -, sondern durch nicht vorhergesehene Umstände beim Normalbetrieb der Anlagen hervorgerufen wurde.
In der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft ({0}) aus dem Jahre 1974 sind die Thalliumemissionen im Rahmen eines Summengrenzwerts für schädliche Stoffe der Klasse I begrenzt. Das heißt, daß in dieser Klasse verschiedene, gleichermaßen gefährliche Stoffe zusammengefaßt sind, für die ein Grenzwert festgelegt ist, der sich aus der Addition der einzelnen Schadstoffwerte ergibt. Ob die zulässigen Thalliumemissionen im Falle des Zementwerks Lengerich überschritten worden sind, läßt sich deshalb erst sagen, wenn im emittierten Staub auch die anderen in der Klasse I zusammengefaßten Schadstoffe quantitativ analysiert worden sind. Das ist zur Zeit noch im Gange.
Sollte sich herausstellen, daß die Umweltschäden trotz Einhaltung der Vorschriften der TA Luft eingetreten sind, werden diese zu überprüfen sein. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Vorschriften der TA Luft auf dem jeweils neuesten Stand der Technik zur Begrenzung der Emissionen und den letzten wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Begrenzung der Immissionen beruhen.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß möglicherweise Schäden bei Fötenbildung eintreten können, und ist die Bundesregierung unter Umständen bereit, in diesem Punkte eine zusätzliche Verschärfung der TA Luft vorzunehmen?
Wir werden diese Anregung in die Prüfung aufnehmen, die im Gange ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 12 - Frau Abgeordnete Dr. Hartenstein - auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Vorfällen in Hamburg ({0}) und Lengerich ({1}), wo jeweils eine gefährliche Umweltverseuchung durch chemische Produkte eingetreten ist, obwohl die gesetzlich vorgeschriebenen Normen nicht verletzt wurden?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Dr. Fröhlich, Staatssekretär, Frau Abgeordnete, nach § 5 Nr. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist der Betreiber verpflichtet, die Anlagen so zu betreiben, daß keine schädlichen Umwelteinwirkungen eintreten können. Darüber hinaus hat er gemäß § 5 Nr. 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Vorsorge gegen schädliche UmwelteinwirkunStaatssekretär Dr. Fröhlich
gen zu treffen, insbesondere durch Emissionsbegrenzungen nach dem Stand der Technik.
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hat die zuständige Behörde durch Auflagen sicherzustellen, daß nach Inbetriebnahme der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen auftreten können. Dies ist unter Umständen durch Einzelgutachten festzustellen. Insbesondere gilt dies in den Fällen, in denen noch keine Immissionswerte festgelegt werden können.
Für die beiden genannten gefährlichen Stoffe sind in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft Emissionsgrenzwerte festgelegt. Damit auch baldmöglichst Immissionswerte festgelegt werden können, führt die Bundesregierung seit Jahren umfangreiche Forschungsvorhaben durch. Erfolge dieser Programme zeigten sich bisher schon bei bestimmten kanzerogenen Stoffen und bei Blei und Cadmium, für die Emissionsgrenzwerte bzw. Immissionswerte von der Bundesregierung vorgeschlagen werden konnten.
Die Bundesregierung, Frau Abgeordnete, wird die zu erwartenden Berichte der Landesregierungen sorgfältig daraufhin überprüfen, ob die aus den Vorfällen gewonnenen Erfahrungen ausreichen, um gegebenenfalls die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft zu ergänzen.
Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Ihrer Meinung nach die Forschung bereits ausreichend mit der Wirkung giftiger Stoffe beschäftigt ist, um gesicherte Daten dafür liefern zu können, wann eine Dosierung gefährlich werden könnte?
Frau Abgeordnete, es dreht sich hier um wissenschaftlich außerordentlich schwierige Untersuchungen. Es sind sehr viel Sachverstand und ein erheblicher Aufwand auf die Klärung dieser Fragen verwandt worden. Wenn man auf dem Standpunkt steht, daß nie genug geschehen kann, muß man immer über weitere Verbesserungen nachdenken.
Noch eine Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, ist eventuell beabsichtigt, nachdem nunmehr trotz Einhaltung der festgelegten Grenzwerte Umweltschädigungen eingetreten sind, auch prophylaktisch die Grenzwerte der Technischen Anleitung Luft und der Höchstmengenverordnung bei Schadstoffen und vor allen Dingen bei persistenten Schadstoffen so drastisch zu senken, daß auch eine Anreicherung im Boden der Umgebung vermieden werden kann?
Frau Abgeordnete, diese Frage wird sicherlich erst geprüft werden können, wenn die Auswertungsergebnisse, die zur Zeit noch nicht vollständig sind, vorliegen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 13 - Frau Abgeordnete Dr. Hartenstein - auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß das jetzt vorhandene Instrumentarium genügt, um eine Anreicherung langlebiger Schadstoffe in der Umgebung von Industrieanlagen zu verhindern?
Mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft hat die Bundesregierung das notwendige Instrumentarium geschaffen. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß die in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft als Konzentrationswerte festgesetzten Emissionsbegrenzungen nicht jeden einzelnen der denkbaren vielschichtigen Fälle abdecken können. Sie geht dieser Problematik schon seit Jahren - auch im Rahmen umfangreicher Forschungs- und Entwicklungsvorhaben - nach. Ziel dieser Arbeiten ist es, möglichst allgemein anwendbare Immissionswerte in den dazu notwendigen Überwachungsverfahren anzugeben. Das Problem besteht darin, daß die Zusammenhänge zwischen den Emissionen und der Anreicherung der langlebigen Schadstoffe im Boden sowie ihr Übergang in Pflanzen und Tiere noch nicht hinreichend bekannt sind. Damit knüpfe ich an Ihre vorher gestellte Ergänzungsfrage an.
({0})
Frau Kollegin, einen Moment. Wenn Sie mir das Zeichen geben, auch nur das kleinste Zeichen, bekommen Sie sofort das Wort zu einer Zusatzfrage. - Bitte schön.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wann denn voraussichtlich die nötigen Daten vorliegen könnten, die dann die Grundlage dafür bieten, daß sie in entsprechende Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben umgesetzt werden?
Frau Abgeordnete, ich möchte Ihnen dazu aus dem Handgelenk keine Daten nennen, aber ich werde mich gern noch informieren und Sie dann persönlich unterrichten.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte schön.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie als letztes fragen, ob sichergestellt werden kann, daß bei einer vorzusehenden Neuregelung die zulässige Gesamtmenge des Ausstoßes auf jeden Fall so festgelegt werden wird, daß in der betroffenen Fläche nicht wieder gefährliche Kontaminationen auftreten können? Zur Erklärung darf ich sagen, daß die heutigen Werte ja nur davon ausgehen, daß keine Gefährdungen auftreten,
wenn das in der Luft vorhandene Thallium eingeatmet wird.
Ich bin sicher, Frau Abgeordnete, daß diese Frage erörtert wird, wenn die etwaigen Ergänzungen der Vorschriften behandelt werden.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner.
Herr Staatssekretär, unter dem Eindruck der Ereignisse in Hamburg - Stellingen, Eidelstedt, Lurup - vermag ich nicht von der Frage loszukommen, ob es sich nicht Iohnte, hier - statt, sagen wir einmal, sehr eng umgrenzte Mitteilungen über das, was man vorhat, zu machen - im Zusammenhang damit einiges zu diesen beunruhigenden Ereignissen zu sagen, ohne den Untersuchungen vorzugreifen.
({0})
Herr Abgeordneter, es ist im Rahmen einer Fragestunde nur sehr schwer möglich, auf wissenschaftlich komplizierte Fragen und Zusatzfragen in einer Weise Auskunft zu geben, die Ihnen als zureichend erscheinen mag.
Die Vorgänge in Hamburg-Eidelstedt, die jetzt in der aktuellen Diskussion sind, beschäftigen, wie Sie wissen, im Augenblick das dafür zuständige Hamburger Landesparlament. Die zuständigen Hamburger Behörden, die sich in den letzten Tagen sehr nachdrücklich mit der Aufklärung der Vorfälle befassen, haben sich bisher nicht in der Lage gesehen, uns ein umfassendes Bild von ihren bisherigen Feststellungen zu vermitteln.
Ich vermute, daß die Hamburger Behörden - und ich habe dafür volles Verständnis - davon ausgehen, daß nunmehr im Vordergrund steht, daß das zuständige Hamburger Landesparlament die Frage prüft, ob beim Vollzug der Gesetze, die hier einschlägig sind, Fehler und Versäumnisse gemacht worden sind. Ich darf darauf hinweisen, daß praktisch alle Gesetze, die hier möglicherweise herangezogen werden könnten, solche sind, die nach der verfassungsmäßigen Zuständigkeitsregelung von den Ländern in eigener Verantwortung als eigene Aufgabe - und damit auch unter der parlamentarischen Kontrolle der Landesparlamente - durchgeführt werden.
Ich habe bisher nach allem, was wir erfahren haben - das ist also keine abschließende Feststellung -, nicht den Eindruck gewinnen können,. daß im Zusammenhang mit den Hamburger Vorfällen bei den vom Bundesgesetzgeber zu treffenden Regelungen, also z. B. im Bundes-Immissionsschutzgesetz, im Abfallbeseitigungsgesetz, im Kriegswaffenkontrollgesetz, in den Arbeitsschutzgesetzen und dergleichen, Lücken bestehen.
Selbstverständlich aber werden die jetzige Diskussion in der Bürgerschaft und der von uns erwartete Bericht, den uns Hamburg über seine Feststellungen geben wird, Anlaß dafür sein, daß die Bundesregierung prüft, ob sie in ihrer Verantwortung, also insbesondere in der Gesetzgebung, tätig werden muß. Derzeit haben wir dafür noch keinen Anhaltspunkt, Herr Abgeordneter.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Becker ({0}).
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, eine umfassende Darstellung dessen, was sich in Hamburg ereignet hat, und dessen, was sich in Lengerich und in einigen anderen Zementwerken ereignet hat, einmal den Mitgliedern des Parlaments zur Verfügung zu stellen und dabei auch im einzelnen die Zuständigkeiten klarzustellen?
Ich bin sicher, daß die Bundesregierung dazu bereit ist. Sie wissen, es ist hier eine Reihe von Ressorts betroffen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 14 des Herrn Abgeordneten Hoffmann ({0}) auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet, und die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 15 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Wie ist die neueste Beurteilung über die Benutzung von Rheinwasser als Trinkwasser?
Herr Abgeordneter, ich bitte um Ihre Zustimmung, daß ich Ihre beiden Fragen im Zusammenhang beantworte.
({0})
Ich rufe auch noch die Frage 16 des Abgeordneten Josten auf:
Was wird von seiten der Bundesregierung in Verbindung mit den angrenzenden Ländern z. Z. getan, um zu einer echten Verbesserung des Zustands des Rheinwassers zu kommen?
Die Regierungen der Anliegerstaaten des Rheins arbeiten in der Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung mit dem Ziel zusammen, eine weitere Verunreinigung des Rheins zu verhindern und seinen derzeitigen Zustand zu verbessern. Rechtsgrundlage dieser Zusammenarbeit ist die am 29. April 1963 geschlossene Berner Vereinbarung über die Internationale Kommission, der 1976 auch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft beigetreten ist.
Die enge Zusammenarbeit der Vertragsparteien fand ihren sichtbaren Ausdruck in der Unterzeichnung des Übereinkommens zum Schutze des Rheins gegen die chemische Verunreinigung und des Übereinkommens zum Schutz des Rheins gegen Verunreinigungen durch Chloride am 3. Dezember 1976 in Bonn. Das Chemieübereinkommen ist seit
1. Februar 1979 in Kraft; das Chloridübereinkommen ist noch nicht in Kraft, weil es bisher von Frankreich noch nicht ratifiziert worden ist.
Wesentliche Schwerpunkte der Arbeit der Internationalen Kommission liegen, nachdem die Kommission unmittelbar nach der Zeichnung des Chemieübereinkommens mit den Vorarbeiten für dessen Durchführung begonnen hat, derzeit bei der Ausarbeitung von Grenzwerten für Ableitungen gefährlicher Stoffe in den Rhein und seine Zuflüsse, von Zielvorstellungen über die durch Sanierungsmaßnahmen der Anliegerstaaten zu erreichende Gewässergüte des Rheins sowie in der Ausarbeitung eines Übereinkommens zur Begrenzung der Wärmebelastung des Rheins.
Diese internationalen Regelungen lassen in Verbindung mit den nationalen Anstrengungen bei der Durchführung des neuen Wasserrechts und des Rhein-Bodensee-Sanierungsprogramms entscheidende Verbesserungen des Zustandes des Rheinwassers erwarten.
Schon jetzt, Herr Abgeordneter, zeichnen sich erste Erfolge in der Gewässerschutzpolitik der Bundesregierung ab. Noch vor dem eigentlichen Vollzug der neuen Regelungen auf nationaler und internationaler Basis beweisen die Messungen, daß sich die Wasserqualität in den letzten Jahren spürbar verbessert hat.
Im einzelnen zeichnete sich eine deutliche Verbesserung sowohl bei den Sauerstoffkonzentrationen wie auch bei dem Summenparameter der gesamten organischen Belastung ab. Als erfreulich wird auch die Verbesserung der Ammoniumwerte bezeichnet. Bei den Schwermetallwerten ist eine leichte Verbesserung festzustellen. Die Konzentration bestimmter toxischer Stoffe weist eine fallende Tendenz auf. Die Salzbelastung hat sich allerdings in den letzten acht Jahren nicht spürbar verändert. Eine uneinheitliche Entwicklung zeigen noch die Werte der chlorierten Kohlenwasserstoffe und der Nährstoffbelastung mit Phosphaten und Nitraten auf.
Insgesamt hat sich die kritische Situation, die in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts zu beobachten war, entschärft. Hierin stimmen die Aussagen der Wasserwerke sowie der Internationalen Rheinschutzkommission überein. Diese Verbesserungen reichen allerdings noch nicht aus. Der Rhein ist noch immer stark, zu stark belastet. Die Bundesregierung setzt daher zusammen mit den Ländern ihre Anstrengungen fort, weitere Fortschritte in der Rheinsanierung auch im Interesse der Sicherheit der Trinkwasserversorgung zu erreichen.
Herr Abgeordneter Josten, aus der Antwort haben Sie erkannt, daß nur ganz robuste Naturen es wagen können, das Rheinwasser als Trinkwasser zu verwenden. - Sie haben eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da bekannt ist, daß zirka 18 Millionen Menschen bei der Trinkwassergewinnung auf Rhein- und Bodenseewasser angewiesen sind, darf ich Sie fragen: Wird
die Bundesregierung mit den angrenzenden Staaten bzw. Bundesländern besonders darauf hinwirken, daß Schadstoffe, welche eine Bedrohung der menschlichen Gesundheit darstellen, dem Rheinwasser nicht mehr zugeführt werden dürfen?
Die Bundesregierung hält das für notwendig und wird darauf hinwirken, Herr Abgeordneter.
Eine weitere Zusatzfrage?
Ja, bitte sehr, Herr Präsident. Ich darf die vier Fragen ausnutzen, Herr Präsident, auch wenn die beiden Fragen vom Herrn Staatssekretär gemeinsam beantwortet wurden.
Nur wird die Worterteilung von hier durchgeführt, und da muß ich immer ein kleines Zeichen haben.
Herr Staatssekretär, kann man Ihre Aussagen über den Zustand des Rheinwassers trotz der Verbesserung der Wasserqualität, die Sie angaben, so zusammenfassen: „Rein ist der Rhein noch lange nicht"?
Das ist eine etwas poetische Umschreibung dessen, was ich gesagt habe.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Bevölkerung am Rhein die Wasserreinhaltung nicht nur aus gesundheitlichen Gründen wünscht, sondern daß auch andere Gesichtspunkte eine Rolle spielen? Z. B. greift das versalzene Rheinwasser, von dem Sie sprachen, auch die Wasserleitungen an.
Das ist bekannt, Herr Abgeordneter. Sie dürfen überhaupt davon ausgehen, daß die ganzen Probleme des Rheinwassers in der Rheinschutzkommission und in den einschlägigen Arbeitsgemeinschaften gründlich und umfassend diskutiert werden.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem ich dieses Thema in den vergangenen Jahren schon mehrfach angeschnitten habe, möchte ich Sie fragen: Teilen Sie die Meinung des Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Dr. Vogel, der bei einem Appell an Europaparlamentarier sagte, er hoffe, daß im Rhein in absehbarer Zeit nicht nur Fische, sondern auch Menschen wieder schwimmen könnten, und wird die Bundesregierung in dieser Hinsicht ihre Bemühungen weiter verstärken, damit es schneller geht, als es bisher möglich war?
Die Bundesregierung stimmt mit diesem Wunsch von Herrn Ministerpräsident Vogel überein.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller ({0}).
Herr Staatssekretär, angesichts Ihrer Bemerkung von eben, daß sich die Salzbelastung des Rheins nicht wesentlich verringert habe: Trifft es zu, daß sich von dem fünf Anliegerstaaten des Rheins nur Frankreich der gemeinsamen Regelung widersetzt, in der es darum geht, die Belastung des Rheins mit Salzen aus den Bergwerken abzubauen?
Ich habe, das Problem andeutend, darauf hingewiesen, daß hier offenbar noch ein Bedürfnis zur Diskussion mit den Franzosen besteht.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiechle.
Herr Staatssekretär, in welcher konkreten Form und mit welchen Mitteln wird die Bundesregierung dafür sorgen, daß Schadstoffe aus dem Rhein herausbleiben?
Herr Abgeordneter, als Nichtwasserfachmann und Nichtchemiker würde ich Ihnen diese Antwort gern schriftlich geben lassen. Ich fürchte, eine Antwort nach meinem Vermögen wäre zu laienhaft, um Sie zu befriedigen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 17 und 18 des Herrn Abgeordneten Heyenn werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Milz auf. - Er ist nicht mehr im Saal. Die Frage wird demgemäß schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Böhme zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Kiechle auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bestimmung, wonach die Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen durch Landwirte, deren Gewinne nach §4 Abs. 3 EStG und § 13 a EStG ermittelt werden, durch die Finanzbehörden als Entnahme gewertet werden kann ({0}), zu einer beträchtlichen Beunruhigung unter den Landwirten geführt und zu einer weitgehenden Stagnation des landwirtschaftlichen Pachtmarkts beigetragen hat, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus?
Ich bitte, die Fragen 1 und 2 wegen des Zusammenhangs gemeinsam beantworten zu dürfen.
Ich bitte um getrennte Beantwortung.
Bitte schön, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß sich durch die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die steuerliche Behandlung des sogenannten gewillkürten Betriebsvermögens geändert hat. Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nicht durch Betriebsvermögensvergleich, sondern durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes oder nach Durchschnittssätzen gemäß § 13 a des Einkommensteuergesetzes ermitteln, können kein sogenanntes gewillkürtes Betriebsvermögen haben. Sie müssen Wirtschaftsgüter, z. B. Grundstücke, die ihre Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen verlieren, mit gewinnrealisierender Wirkung entnehmen. Die Finanzverwaltung hat jedoch durch eine bis zum 30. Juni 1979 befristete Übergangsregelung auf eine Gewinnrealisierung verzichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt hat daher auch die Verpachtung landwirtschaftlicher Nutzflächen bei Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht zu einer höheren Steuerbelastung geführt.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Sehr verehrter Herr Staatssekretär, da ich Sie nicht nach einer Erläuterung der Angelegenheit gefragt habe, sondern danach, welche Folgerungen die Bundesregierung aus dem jetzt geltenden Recht zieht, möchte ich Sie hiermit mündlich noch einmal bitten, diese Frage zu beantworten.
Herr Kollege, dies war der Hintergrund meiner Bitte, die Fragen gemeinsam beantworten zu dürfen. Aus der Antwort auf die Frage 2 ergibt sich nämlich, daß die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Neuregelung der Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft auch die Frage mit regelt und in der Kabinettsitzung am 15. August dieses Jahres einen entsprechenden Grundsatzbeschluß gefaßt hat.
Ich darf Ihnen diesen Beschluß vorlesen:
In das Einkommensteuergesetz soll eine Vorschrift eingeführt werden, mit der die auf Grund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entstandenen Schwierigkeiten vermieden werden. Der Bundesminister der Finanzen wird beauftragt, unverzüglich eine entsprechende Formulierung vorzubereiten. Der zu erarbeitende Gesetzesvorschlag soll sich nicht nur auf die Land- und Forstwirtschaft, sondern auch auf die gewerbliche Wirtschaft erstrecken.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Herr Staatssekretär, da ich Ihrer Antwort entnehme, daß die Bundesregierung offensichtlich doch nicht mit den entstandenen Folgen gerechnet hat, frage ich Sie, bis wann diese Regelung Gesetzeskraft erhalten wird und ob die Bundesregierung anstrebt, eine positive Regelung im Sinne des alten Rechtszustandes herbeizuführen?
({0})
Wie ich soeben ausführte, soll diese Regelung als Anschlußregelung in das Einkommensteuergesetz hineinkommen, und zwar so, daß nachteilige Folgen, die aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entstanden sind, vermieden werden.
Frau Abgeordnete Riede, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist damit zu rechnen, daß eine Regelung gefunden wird, die rückwirkenden Charakter haben wird, um weitere Ungerechtigkeiten zu vermeiden?
Wie ich Ihnen schon sagte, hat die Finanzverwaltung eine Übergangsregelung bis zum 30. Juni 1979 bereits vorgeschlagen. Die Neuregelung soll an diese Übergangsregelung ab 1. Juli 1979 anschließen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung notfalls bereit, die Übergangsregelung zu verlängern, wenn sich zeigen sollte, daß der Gang des Gesetzgebungsverfahrens nicht ausreicht, da die Steuerverwaltung, die ja eine Richtlinie braucht, weil sie ja auf Grund geltenden Rechts arbeiten muß, andernfalls in die Lage käme, nun die Rechtsprechung anwenden und die Entnahmen als gegeben ansehen zu müssen?
Dies halte ich
für möglich, weil in der Kabinettsitzung und auch im Wortlaut der Kabinettentscheidung völlig klar war, daß nachteilige Folgen aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - es war ja keine Gesetzesänderung, die das bewirkt hat - vermieden werden sollen.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Kiechle auf:
Kann die Bundesregierung im Interesse der Schaffung von Rechtssicherheit und einheitlicher Rechtsanwendung in der Bundesrepublik Deutschland verbindlich erklären, daß die
Verpachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen ab 1. Juli 1979 durch den in der vorhergehenden Frage erwähnten Personenkreis von den Finanzbehörden nicht als Entnahme gewertet wird und somit nicht zu einer fiktiven Gewinnrealisierung und der damit verbundenen Zahlung hoher Einkommensteuerbeträge führt?
Die Bundesregierung hat, wie ich bereits vorhin auf die Zusatzfragen ausführte, in ihrer Kabinettsitzung am 15. August 1979 einen Grundsatzbeschluß gefaßt, nach dein die Auswirkungen der geänderten Rechtsprechung durch eine Änderung des Einkommensteuergesetzes behoben werden sollen. Im Bundesministerium der Finanzen wird eine entsprechende Formulierung vorbereitet.
Die vorgesehene Gesetzesänderung soll sicherstellen, daß auch die Verpachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen nach dem 30. Juni 1979 nicht zur Gewinnrealisierung führt. Ich darf hinzufügen, daß es eben dies war, was ich vorhin in den Zusatzfragen ausführte.
Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, unterliegen nach dem, was Sie jetzt sagen, derzeit abgeschlossene Pachtfälle also nicht dem seit dem 1. Juli 1939 in Kraft getretenen Recht, sondern werden sie behandelt wie vor diesem Datum?
Wie ich vorhin ausführte, sollen alle Änderungen, die durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes entstanden sind, hinsichtlich des gewillkürten Betriebsvermögens so geregelt werden, daß keine Nachteile entstehen. Diese Antwort ist umfassend.
Eine weitere Zusatzfrage.
Können Sie mir hier gemäß meiner Frage auch verbindlich erklären, daß Pachtfälle, die derzeit abgeschlossen werden, nicht so behandelt werden, wie ursprünglich befürchtet, nämlich als Entnahme, sondern daß sie als Nichtentnahme behandelt werden und damit einkommensteuerfrei bleiben?
Herr Kollege, ich bitte um Verständnis, daß ich hier nicht auf Einzelfälle eingehen kann, sondern mich hier auf die allgemeine, durch die Beschlüsse des Kabinetts abgesicherte Position festlege, daß allgemein nachteilige Folgen, die durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entstanden sind, durch gesetzliche Neuregelungen vermieden werden sollen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kühbacher.
Herr Staatssekretär, gehen Sie davon aus, daß der von der Bundesregierung geäußerte Wille von den Länderfinanzverwaltungen auch entsprechend exekutiert wird?
Davon gehe ich aus.
Keine weitere Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 29 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Hält die Bundesregierung es für richtig, daß die Gasölbeihilfe für die Landwirtschaft, die in Wahrheit eine Steuerrückvergütung darstellt, im Subventionsbericht der Bundesregierung aufgeführt wird, und wenn ja, wie begründet sie das?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Gasölverbilligung für die Landwirtschaft im Subventionsbericht der Bundesregierung aufzuführen ist, denn es wird in diesen Fällen nicht zuviel bezahlte Steuer rückvergütet, sondern die Landwirtschaft wird von einem betrieblichen Kostenfaktor entlastet.
Die Auffassung der Bundesregierung wird von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt. Nach dieser Rechtsprechung - z. B. im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juni 1959 oder vom 1. August 1958, jeweils veröffentlicht in der „Monatsschrift für Deutsches Recht", 1958, Seite 868 - handelt es sich bei Gasölverbilligungen nicht um Steuervergütungen, sondern um Subventionen.
Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, entspricht die Höhe der augenblicklichen Verbilligung dem Steueranteil am Dieselpreis?
Die gegenwärtige Finanzhilfe erreicht eine Höhe von 570 Millionen DM im Jahre 1979. Ich kann jetzt aus dem Stand Ihre Frage nicht hinreichend beantworten, sondern nur diese Zahl nennen, in welcher Höhe die Landwirte 1979 die Finanzhilfe erhalten. Ich wäre dankbar, wenn ich die Vergleichszahl nachreichen dürfte.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nach dem Gesetz über die Verwendung von Gasöl in der Landwirtschaft erhalten die Betriebe für versteuertes Gasöl, das zum Betrieb von Ackerschleppern oder auch Ackermaschinen verwendet wird, ihre Beihilfe. Kann man das als Subvention deklarieren?
Die Formulierung erfolgt nach den Maßstäben und der Begriffsbildung des Subventionsberichts der Bundesregierung. Nur daran orientiert sich auch dieser Ausdruck „Subvention". Daß die Hilfe somit als Subvention aufzufassen ist und nicht als Steuerrückerstattung, darauf habe ich hingewiesen. Dies ist auch durch die Rechtsprechung abgesichert.
Keine weiteren Zusatzfragen?
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Die Fragen 21 und 22 sind von dem Herrn Abgeordneten Rapp gestellt. - Er ist nicht im Saal. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 23 ist von dem Herrn Abgeordneten Paintner gestellt. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 24 und 25 des Herrn Abgeordneten Wolfram ({0}) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf.
Die Fragen 26, 27, 28 und 30 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht uns Frau Staatssekretär Fuchs zur Verfügung.
Die Fragen 19, 33, 34, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 54, 55, 56 und 57 werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Dr. Linde auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung in Anbetracht der Bedeutung der Rettungsflugwacht für den Transport kranker Menschen aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland gesetzgeberische Maßnahmen im Hinblick auf die von der Rechtsprechung verneinte Kostenübernahmepflicht der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung?
Der Bundesregierung sind die Probleme bekannt, die sich ergeben können, wenn eine durch die gesetzliche Krankenversicherung geschützte Person im Ausland, insbesondere während des Urlaubs, so schwer erkrankt, daß sie auf schnellstem Wege in die Bundesrepublik zurückgebracht werden muß, weil eine ausreichende medizinische Versorgung am Urlaubsort nicht gewährleistet ist. Diese Probleme werden dadurch, daß die Reiseveranstalter immer weiter entfernte Gebiete in ihr Programm einbeziehen, an Gewicht gewinnen. Die Bundesregierung ist sich auch der Bedeutung bewußt, die im Hinblick auf diese Entwicklung Rettungsflugdienste haben.
Bei Urlaubsreisen gehören Aufwendungen für einen Rücktransport im Krankheitsfall meiner Auffassung nach zu den Urlaubskosten und damit in den Verantwortungsbereich des einzelnen. Zahlreiche private Versicherungsunternehmen und auch
Automobilclubs tragen diesen Sicherungsbedürfnissen bereits Rechnung und bieten kombinierte Versicherungen an, die bei Auslandsreisen u. a. auch die Kosten einer Rückführung in die Bundesrepublik übernehmen. Auch für Reiseveranstalter dürften sich solche Versicherungen als zusätzlicher Urlaubsservice empfehlen, soweit sie ihn nicht heute schon anbieten.
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, das geltende Recht dahin zu ändern, daß die Aufwendungen für den Rücktransport von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden. Sie geht dabei von der Überlegung aus, daß die gerade bei Rettungsflügen sehr hohen Kosten nicht den Beitragszahlern der gesetzlichen Krankenversicherung aufgebürdet werden können.
Zusatzfrage, bitte schön.
Frau Staatssekretär, welche Bedeutung hat die hier speziell angesprochene Rettungsflugwacht für das Rettungswesen? Ich meine dabei insbesondere: Ist sie eigentlich privatwirtschaftlich organisiert, oder gibt es hier auch Zusammenarbeit mit den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung oder sogar mit dem öffentlich organisierten Rettungswesen?
Frau Fuchs, Staatssekretär. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Rettungsflugdienste natürlich auch hier zunehmend an Bedeutung gewinnen. Sie sind zur Zeit privatrechtlich organisiert. Es gibt auch Anfänge von Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenversicherungen. Ich nehme an, daß auf diesem Weg auch dort weitergearbeitet wird.
Weitere Zusatzfrage. Bitte.
Frau Staatssekretärin, würden Sie es für richtig halten, wenn die Bundesregierung ihre hier vertretene Auffassung so nachdrücklich auch den Reiseveranstaltern mitteilt, daß diese Rechtslage auch den Teilnehmern an Reiseveranstaltungen deutlich gemacht wird?
Ich bin Ihrer Auffassung, daß wir noch mehr als bisher dazu beitragen müssen, daß die Reisenden wissen, wer welche Risiken trägt, und daß wir insbesondere deutliche Hinweise darauf geben müssen, daß eigentlich die Reiseveranstalter die Verantwortung auch dafür tragen, daß in solchen Fällen eine Rückflugmöglichkeit besteht.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Erhard ({0}) auf:
Welche Ergebnisse hat ein Modellversuch des Bundesarbeitsministeriums zur Anwendung einer computerverwendbaren Scheckkarte anstelle des Krankenscheins erbracht, und welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus dem Versuch zu ziehen?
Die Bundesregierung hat einen Modellversuch unternommen und dabei herauszubekommen versucht, wieweit der bisherige Krankenschein durch eine Scheckkarte ersetzt werden kann. Der Modellversuch ist abgeschlossen. Über die Erfahrungen und Ergebnisse sind von den beteiligten Krankenkassen, Ärzten und Apothekern Berichte erstellt worden. Ferner sind der technische Bericht und das wissenschaftliche Gutachten abgeschlossen. Aus den Berichten ist allgemein zu erkennen, daß sich das Verfahren als organisatorisch und technisch durchführbar erwiesen hat und aufgetretene Mängel behoben werden können. Auch die Versicherten scheinen mit großer Mehrheit die Verwendung eines derartigen Versichertenausweises-positiv zu beurteilen.
Keine Zusatzfrage?
Zu dieser Frage habe ich noch keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 36 des Herrn Abgeordneten Erhard ({0}) auf:
In welcher Weise ist sichergestellt, daß bei einer Verwendung der Scheckkarte die Grundsätze des Datenschutzes beachtet werden, insbesondere daß kein Mißbrauch mit den persönlichen Daten des Patienten ({1}) und der Kassennummer auf der Scheckkarte betrieben werden kann und die unbefugte Weitergabe dieser Daten ausgeschlossen wird?
Es ist natürlich davon auszugehen, daß die datenschutzrechtlichen Vorschriften auch bei einer etwaigen Einführung des Versicherungsausweises beachtet werden.
Eine Zusatzfrage. Bitte.
Wird durch die einheitliche Versicherungskarte, die jetzt von Ihnen eingeführt werden könnte oder soll, nicht in Wirklichkeit praktisch eine einheitliche Versicherungsnummer eingeführt?
Ich darf auf meine Beantwortung der Frage von vorhin zurückkommen. Wir haben bisher nicht vorgesehen, eine derartige einheitliche Scheckkarte für die ganze Krankenversicherung einzuführen. Ich habe deutlich gemacht, daß es zunächst einmal darauf ankommt, die Erfahrungen aus dem Versuch noch auszuwerten und eine zusammenfassende Darstellung der Erfahrungsberichte zu veröffentlichen. Ich weiß, was Sie mit Ihrer Frage sagen wollen: daß wir hier auf nichtöffentlichem oder nichttransparentem Weg eine Versicherungsnummer einführen. Dies möchte ich so nicht beantworten. Wir sind dabei, die Erfahrungen auszuwerten. Welche weiteren Folgerungen sich daraus ergeben, ist noch nicht abzusehen.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller ({0}).
Frau Staatssekretärin, ist das Ergebnis des Modellversuchs auch dem Bundesbeauftragten für Datenschutz vorgelegt, damit er feststellt, ob kein Mißbrauch damit getrieben werden kann?
Ich habe soeben gesagt, daß die datenschutzrechtlichen Vorschriften natürlich beachtet werden müssen. Andererseits sollten wir, meine ich, diesen Versuch insgesamt positiv werten. Man sollte sich nicht dadurch schrecken lassen, daß dort vielleicht Daten gespeichert werden. Ich glaube, mit einem vernünftigen Datenschutz und einem weiteren Ausbau dieses gesamten Vorhabens werden wir unser Sozialversicherungssystem eher transparenter und glaubwürdiger machen, als wenn wir davor schrecken, solche Wege weiterzugehen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
({0})
- Die erste Frage war abgeschlossen. Die Fragen 35 und 36 waren nicht zusammengefaßt. Tut mir leid.
Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Braun auf:
In welcher Weise wird im Referentenentwurf einer Werkstättenverordnung der Forderung Rechnung getragen, daß die Höhe des Entgelts im Arbeitsbereich mindestens der des im Trainingsbereich gezahlten Ausbildungsentgelts entspricht?
Herr Abgeordneter, ich würde die Fragen 50 und 51 gern zusammen beantworten.
Gern.
'
Dann rufe ich auch die Frage 51 auf:
Ist eine Regelung vorgesehen, daß der Trager der Sozialhilfe auf die Kostenerstattung aus den Nettoerlösen der Werkstätten verzichten kann, um ein angemessenes Entgelt im Arbeitsbereich zu gewährleisten?
Der Referentenentwurf der Werkstättenverordnung sieht vor, daß, den im Bereich der Werkstatt beschäftigten Behinderten ein Arbeitsentgeld folgendermaßen gezahlt werden soll. Es soll sich aus einem Grundbetrag und, soweit der zur Auszahlung zur Verfügung stehende Betrag die Zahlung eines weiteren Betrags zuläßt, einem leistungsbezogenen Steigerungsbetrag zusammensetzen. Dieser Steigerungsbetrag soll nach dem individuellen Leistungsvermögen des Behinderten bemessen werden, wie es sich in der tatsächlichen Arbeitsleistung niederschlägt. Hierbei sind insbesondere Arbeitsmenge und Arbeitsgüte zu berücksichtigen.
Der Grundbetrag soll einheitlich sein. Er soll der Höhe nach die Leistung nicht unterschreiten, die die Bundesanstalt für Arbeit Behinderten im Arbeitstrainingsbereich - das war Ihre gesonderte Frage - nach den für sie geltenden Leistungsvorschriften zuletzt gewährt. Diese Regelung über den Grundbetrag zielt darauf ab, daß die Höhe des Arbeitsentgelts im Arbeitsbereich mindestens derjenigen des im Trainingsbereich gezahlten Ausbildungsgeldes der Bundesanstalt für Arbeit entspricht.
Die Höhe des Arbeitsentgelts, das die Werkstatt im Einzelfall zahlen kann, hängt von dem Arbeitsergebnis, das sie erwirtschaftet, und den Leistungen ab, die der zuständige überörtliche Träger der Sozialhilfe zur Abdeckung der Kosten des laufenden Betriebs gewährt. In der Werkstättenverordnung kann nicht geregelt werden, daß die überörtlichen Träger der Sozialhilfe keinen Eigenbeitrag aus dem Arbeitsergebnis der Werkstatt verlangen. Die Gewährung von Rehabilitationsleistungen zur Eingliederung in die Werkstatt ist in §§ 39 ff. des Bundessozialhilfegesetzes geregelt. Die Werkstättenverordnung kann in dieses Gesetzesrecht nicht eingreifen.
Dessen ungeachtet hält die Bundesregierung die Sicherstellung einer angemessenen Entlohnung der in Werkstätten beschäftigten Behinderten für eine berechtigte sozialpolitische Forderung. Die Anhebung des Lohnniveaus von Behinderten in den Werkstätten muß schrittweise erreicht werden.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Frau Staatssekretär, haben diese vorgesehenen Regelungen auch die Zustimmung der betroffenen Träger gefunden?
Soweit mir bekannt ist, ist die gesamte neue Verordnung mit allen Beteiligten so weit durchdiskutiert worden, daß ich glaube, man hat einen weitgehenden Konsens erreicht.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Wenn ich richtig unterrichtet bin, stammt der Referentenentwurf vom Juli dieses Jahres. Ist beabsichtigt, nach Fertigstellung dieses Referentenentwurfs noch einmal mit den Beteiligten zu sprechen?
Wir haben den Referentenentwurf mit den Beteiligten diskutiert und auch deren Stellungnahmen angefordert. Ich gehe davon aus, daß man mit den Beteiligten auch über diesen Referentenentwurf selbstverständlich noch berät.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Fragen 52 und 53 des Abgeordneten Burger auf:
Ist durch die nunmehr erarbeitete Vorlage der Werkstättenverordnung hinreichend gewährleistet, daß insbesondere die Gestaltungs- und Organisationsfreiheit der freien Träger von Werkstätten für Behinderte erhalten bleibt?
Ist im Referentenentwurf sichergestellt, daß die wirtschaftliche Seite nicht gegenüber der notwendigen sozialpolitischen Komponente überbetont wird?
Durch die vorgesehene Werkstättenverordnung ist gewährleistet, daß die Gestaltungs- und Organisationsfreiheit der Träger von Werkstätten für Behinderte erhalten bleibt. Die Träger der Werkstätten sind, wie ich eben schon sagte, auch an der Vorbereitung dieser Verordnung sehr eingehend beteiligt worden. Der Entwurf wird von den Erfahrungen der Werkstattträger und ihren Vorstellungen über die Gestaltung und Organisation der Werkstatt ausgehen.
Die Verordnung hat die Werkstattkonzeption des Schwerbehindertengesetzes zugrunde zu legen. Diese Konzeption ist vom Gesetzgeber so angelegt worden, daß die wirtschaftliche Seite nicht gegenüber der sozialpolitischen Komponente überbetont wird. Die Werkstatt für Behinderte Ist nach dem Gesetz eine Einrichtung zur Eingliederung in das Arbeitsleben, also zur beruflichen Rehabilitation, die begleitend Aufgaben der sozialen Rehabilitation erfüllt.
Eine Zusatzfrage, bitte.
,Frau Staatssekretär, insbesondere Caritas und Diakonisches Werk beurteilen die Detailvorschriften des § 15 etwas kritisch und skeptisch. Wie ist die Meinung der Bundesregierung? Greifen diese Detailvorschriften nicht sehr stark in die Gestaltungsfreiheit der Träger ein?
Das mag von einzelnen Trägern anders beurteilt werden. Aber bei der Konzeption, wie sie jetzt vorliegt, ist versucht worden, mit den Trägern einen Konsens zu erreichen. Daher kann ich mir nicht vorstellen, daß noch immer behauptet werden könnte, die Organisationsfreiheit der Träger werde in Mitleidenschaft gezogen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Es gibt noch weitere Bedenken, die aus den Kreisen der Betroffenen und der Behinderten vorgetragen werden. Insbesondere hat man den Eindruck, daß durch diese Rechtsverordnung sehr stark wirtschaftliche und arbeitsmarktorientierte Gesichtspunkte gegenüber den anderen sozialen Aufträgen dieser Werkstätten in den Vordergrund gerückt werden.
Das ist ein Eindruck, den ich nicht teilen kann. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, daß das Schwerbehindertengesetz davon ausgeht, daß die wirtschaftliche Komponente nicht überbetont werden darf. Andererseits müssen wir wissen, daß wir uns, wenn dort Mittel der Bundesanstalt für Arbeit hineinfließen, ein bißchen auch nach arbeitsmarktpolitischen Kriterien zu richten haben. Aber ich kann auch nach den vielen Gesprächen mit den Trägern Ihre Einschätzung nicht teilen, daß diese Bedenken, die einmal sehr massiv vorhanden gewesen sind, auch heute noch zuträfen. Daß wir ein paar Kriterien anbringen müssen, steht sicherlich außer Frage.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ist sichergestellt, Frau Staatssekretärin, daß alle gemeinschaftsfähigen Behinderten aufgenommen werden können?
Soweit dies im Rahmen der Konzeption liegt, ja.
Letzte Zusatzfrage.
Wann wird die Rechtsverordnung in Kraft treten können?
Es wurde vorhin schon gefragt, ob wir den Referentenentwurf mit den Trägern nun noch einmal beraten. Da wir dies eingehend tun wollen, wird es noch etwas Zeit kosten. Aber ich gehe davon aus, daß wir Ende dieses bzw. Anfang nächsten Jahres damit über die Runden sind.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich komme nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung der Fragen steht uns der Herr Parlamentarische Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Die Fragen 31 und 61 werden auf Wunsch der Fragesteller, des Abgeordneten Niegel und des Abgeordneten Kroll-Schlüter, schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Vogelsang auf:
Welche Meinung vertritt die Bundesregierung zu dem Vorschlag des Präsidenten des Deutschen Kinderschutzbunds, Prof.
' Dr. med. Nitsch, einen Kinderbeauftragten zu berufen, der bei Behörden als Berater in Kinderangelegenheiten tätig wird?
Da wir fast am Ende der Fragestunde sind, bitte ich um eine kurze Beantwortung.
Herr Kollege Vogelsang, zur besseren Vertretung der Interessen von Kindern fordert der Deutsche Kinderschutzbund die Einsetzung eines Kinderbeauftragten, der - im Unterschied zu einem Ombudsmann - nicht als Mittler zwischen Kindern und Eltern oder zwischen Kindern und Schule im Einzelfall auftreten, sondern vielmehr auf der Ebene des Bundes, der Länder, der Kreise und kreisfreien Städte als Berater der Verwaltung und Politik fungieren soll. In allen Fällen, in denen Kinder von öffentlichen Maßnahmen betroffen sind, soll zwingend vorgeschrieben sein, daß der Rat des Kinderbeauftragten eingeholt wird. Damit ist ein Aufgabenfeld umrissen, das alle Lebensbereiche eines Kinder erfassen würde.
Bei aller Notwendigkeit eines besseren Kinderschutzes sind doch erhebliche Zweifel angebracht, ob eine einzelne Person, die nach Auffassung des Deutschen Kinderschutzbundes nebenamtlich und
ohne bürokratischen Apparat tätig sein soll, die Position eines Kinderbeauftragten ausfüllen kann. Das vorgesehene Hinzuziehen von Sachverständigen aus den verschiedenen kinderkundlichen Bereichen wäre ohne einen eigenen technisch organisatorischen und finanziellen Rahmen nicht möglich.
Die Bundesregierung ist daher der Auffassung, daß die Interessenvertretung der Kinder durch die Schaffung einer neuen Institution nicht wesentlich verbessert werden kann. Es bestünde die Gefahr, daß ein solcher Kinderschutzbeauftragter mehr zu einer Alibiinstitution werden könnte. Zur besseren Sicherung der Voraussetzungen für eine freie Entfaltung und Entwicklung des Kindes in allen Lebensbereichen könnte vorrangig die Arbeit der Träger der Jugendhilfe, der Jugendwohlfahrtsausschüsse gestärkt werden. Auch im Rahmen einer Fachdiskussion bei der zentralen Auftaktveranstaltung zum „Internationalen Jahr des Kindes" im Januar haben sich die Teilnehmer nicht für die Einsetzung eines Kinderschutzbeauftragten ausgesprochen.
Herr Abgeordneter, ich bezweifle keinesfalls, daß Ihnen bei dieser langen Antwort all das erschöpfend dargelegt worden ist, was überhaupt möglich war, und schließe entsprechend der Geschäftsordnung - die Zeit für die Fragestunde ist bereits abgelaufen - die Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.