Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Ich eröffne die Sitzung nach Art. 56 des Grundgesetzes und begrüße namens des Deutschen Bundestages und des Bundesrates alle Ehrengäste aus dem In- und Ausland auf das herzlichste.
Meine Herren Präsidenten! Exzellenzen! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Bundestag und Bundesrat sind zu einer gemeinsamen Sitzung zusammengetreten, um gemäß unserer Verfassung bei der Eidesleistung des Bundespräsidenten Karl Carstens, der heute sein Amt antritt, Zeuge zu sein. Damit kommt zum fünften Male in der Geschichte der Bundesrepublik diese so besonders repräsentative Versammlung zusammen, die unser Gemeinwesen zugleich in seiner auf den souveränen Volkswillen gegründeten Einheit als auch in seiner bundesstaatlichen, föderativen Gliederung symbolisiert.
Es gehört nicht nur zur Tradition dieses Staatsaktes, sondern entspricht auch einem inneren Bedürfnis, zu dieser Stunde zunächst der Männer zu gedenken, die in den zurückliegenden Jahrzehnten dieses höchste Staatsamt innegehabt haben. Lassen Sie mich an die drei ersten Bundespräsidenten erinnern, die leider nicht mehr unter uns weilen, denen gegenüber wir uns aber zu dankbarer Erinnerung verpflichtet wissen: Theodor Heuss, Heinrich Lübke und Gustav Heinemann. Ihr Wirken für unseren Staat, für unser Volk bleibt unvergessen. Jeder von ihnen hat auf seine Weise, seinem Charakter und seinem Temperament entsprechend, dieses Amt ausgeübt. Jeder hat dabei auch unseren Staat mitgeprägt und dessen Ansehen im Inland und im Ausland gefestigt.
Alle Bundespräsidenten haben unseren Staat in einem betont demokratischen Sinne repräsentiert und ihn in seinem Bemühen um Frieden, in dem Geist der Freiheit und in seiner Verpflichtung zur sozialen Tat glaubwürdig dargestellt.
Wir erinnern uns mit besonderer Dankbarkeit daran, daß sie in ihrem Amt nicht nur für unseren Staat, sondern unermüdlich auch für unsere ganze deutsche Nation gewirkt haben, für die Nation, die zwar politisch geteilt ist, aber fortlebt in dem geschichtlich-kulturellen Erbe, in den vielen persönlichen, zwischenmenschlichen Bindungen zwischen hüben und drüben und in dem Willen, trotz der bestehenden Teilung in zwei Staaten an dem Ziel der Einheit unverrückbar festzuhalten.
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So leben unsere Bundespräsidenten in unserer Erinnerung als hervorragende Repräsentanten unserer ganzen Nation, unseres ganzen deutschen Volkes fort.
Es gehört aber nach meiner Überzeugung noch eine weiterer Name in diese Aufzählung derer, denen wir zu dieser dem höchsten Staatsamt gewidmeten Stunde ein Wort des Gedenkens schulden. Ich meine den ersten Reichspräsidenten der Weimarer Republik, Friedrich Ebert, der zu seinen Lebzeiten viel bittere Kränkung erfuhr, der jedoch als ein großes Vorbild für eine würdige Selbstdarstellung unserer deutschen Nation im Geiste der Freiheit und der Demokratie in unserer Erinnerung fortlebt.
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Ich darf mich nun aber Ihnen, unserem scheidenden Bundespräsidenten Walter Scheel, zuwenden.
Sie nehmen Abschied von einem Amt, dem Sie fünf Jahre alle Ihre Fähigkeiten und Kräfte gewidmet haben. Sie sind ab heute Altbundespräsident, was glücklicherweise nichts mit Ihrem Lebensalter zu tun hat, trotz der Jubiläumszahl Ihres nahen Geburtstags.
Als Sie vor fünf Jahren Ihr Amt antraten, konnten Sie auf ein mehr als zwanzigjähriges Wirken im Deutschen Bundestag zurückblicken. Sie kamen somit aus unseren Reihen, wo Sie es verstanden hatten, über Fraktionsgrenzen hinweg Bande der Freundschaft, des Verstehens und des Verständnisses zu knüpfen.
Sie besitzen nämlich die leider sehr rare Fähigkeit, politische Entschiedenheit und kämpferischen Einsatz mit menschlich-persönlicher Offenheit für den anderen, auch für den politischen Gegner, zu verbinden. Der Ernst und die leidenschaftliche Auseinandersetzung mit dem politisch Andersdenkenden verboten Ihnen zu keiner Zeit Brückenschläge des Verstehens und des Vertrauens von Mensch zu
Präsident Stücklen
Mensch. Dies gilt sowohl für Ihre Zeit hier im Parlament, wo Sie zeitweilig Vizepräsident waren, als auch natürlich für Ihre Zeit als Minister unter den Bundeskanzlern Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Willy Brandt.
Die so erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen und die in Ihrer Persönlichkeit begründeten Fähigkeiten boten somit hervorragende Voraussetzungen für die Übernahme der Aufgaben, die Sie in Ihrem Amt als Bundespräsident erwarteten.
Eine Ihnen sicher bekannte Geschichte erzählt, daß einmal ein Kind in der wartenden Menge anläßlich eines Ihrer Besuche irgendwo im Lande an seine Mutter die Frage gerichtet hat: „Was ist eigentlich ein Bundespräsident?" Eine solche Frage ist, das muß man zugeben, gar nicht mit wenigen Worten so einleuchtend zu beantworten, daß auch ein Kind oder ein junger Mensch sich eine zutreffende Vorstellung bilden kann. Die Mutter hat sich, wie es heißt, auf das Drängen Ihres Kindes hin, schließlich in die Antwort gerettet: „Ein Bundespräsident, das ist so ein bißchen was wie ein König!" - eine gewiß kindgemäße, aber aus der Situation heraus keineswegs unzutreffende Charakterisierung.
Theodor Heuss sagte einmal, demokratische Herrschaft sei - eben im Unterschied zu Monarchie und Aristokratie - befristete Herrschaft - wobei man fragen muß, ob man heute - sowohl in dem einen als auch in dem andern Fall - überhaupt noch diesen Begriff der Herrschaft anwenden darf.
Der wesentliche Unterschied scheint mir aber nicht in der Befristung zu liegen, sondern in der Art, wie das Amt ausgestaltet ist.
Die Rolle des Bundespräsidenten ist keineswegs wie bei einem König durch lange, bilderreiche Traditionen und Gewohnheiten vorgeschrieben. Gewiß, der Präsident hat die ihm vom Grundgesetz auferlegten Rechte wahrzunehmen und Pflichten zu erfüllen. Wir alle aber wissen, daß sich die Väter unserer Verfassung hinsichtlich des Umfangs der Präsidentenmacht einer - verglichen mit der Ausstattung des Amts des Reichspräsidenten der Weimarer Republik - auffälligen Zurückhaltung befleißigten. Somit kommt es entscheidend darauf an, was der Bundespräsident aus seinem Amte macht, was er also über die Erfüllung seiner verfassungsmäßig verankerten Aufgaben hinaus unternimmt, um den ihm verbleibenden Freiraum mit seiner Persönlichkeit, mit seinen Wertvorstellungen und mit seiner Autorität auszufüllen.
Ein Kommentator, der Ihr Wirken plastisch zu beschreiben versuchte, hat einmal geäußert, daß das Amt und seine Aufgaben Ihnen wie ein maßgeschneiderter Anzug paßten. 'Ich finde, daß dieses Bild zu einer zu oberflächlichen Vorstellung verleitet. Richtig scheint mir vielmehr zu sein, daß Sie diesem Amt die Ihnen gemäße Form, den Ihnen gemäßen Stil gegeben haben, der dann von den Bürgern, von der breiten Öffentlichkeit als eine gültige Weise der Selbstdarstellung unseres Staates empfunden wurde.
Sie haben unsere Bundesrepublik auf zahlreichen Auslandsbesuchen in fast allen Kontinenten repräsentiert. Dabei kam Ihnen gewiß Ihre jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Außen- und Entwicklungspolitik sehr zugute. Sie haben in unmittelbaren Nachbarländern wie Frankreich, der Schweiz und Osterreich ebenso wie in den weit entfernten wie Australien und Neuseeland viel zum gegenseitigen Verständnis beigetragen und sind dabei mit großer Überzeugungskraft sowohl als ein überparteilicher Interpret der deutschen Politik als auch als ein Sprecher Europas aufgetreten. Sie haben die Aufgabe der Repräsentanz nach außen mit Würde und Glaubwürdigkeit wahrgenommen und dadurch viel für unser Ansehen in der Welt getan.
Nicht minder wirkungsvoll aber war gewiß auch Ihre Repräsentanz nach innen. Sie haben mit sehr vielen Menschen aus allen Schichten unseres Volkes und mit Vertretern vieler Gruppen und Berufe Gespräche geführt, die Ihnen einen Eindruck von den drängenden Fragen und Problemen zu vermitteln vermochten. Sie haben das verbreitete Gefühl der Zukunftsunsicherheit und des Unbehagens angesichts der durch Sachzwänge, durch wirtschaftliche, industrielle und administrative Entwicklungen bedrohten Freiheitsräume des Menschen erkannt und so zur Sprache gebracht, daß die Bürger das Gefühl haben konnten, sich in vielen Fragen, die sie bewegen, mit ihrem Staatsoberhaupt identifizieren zu können.
Dabei haben Sie niemals versucht, den Bürgern von sich aus oder etwa gar von oben herab Antworten und Lösungen aufzudrängen. Vielmehr haben Sie, wie Sie selbst einmal sagten, Ihre Aufgabe darin gesehen, die Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um Fragen und Sorgen der Bürger auszusprechen. Es waren dies Fragen und Sorgen, die der Bürger zwar irgendwie fühlt, die aber oft von der Politik und der öffentlichen Meinung nicht in ihrer vollen Bedeutung für die Zukunft gesehen werden.
Sie wollten den einzelnen Menschen ermutigen, seine Möglichkeiten selbst zu finden, seine eigenen Kräfte zu entfalten und zu nutzen. Ich bin sicher, daß Ihnen sehr viel Sympathie zugeströmt ist, weil Sie dort, wo andere ihren Zeigefinger heben und ein Ausrufungszeichen setzen, statt dessen Fragezeichen anbrachten und dadurch zum eigenen Mit-und Nachdenken anregten. Zuweilen prasselte eine ganze Kaskade von Fragen auf Ihre Zuhörer hernieder. Es kam vor, daß 19 Sätze hintereinander in einem Absatz Ihrer Rede mit einem Fragezeichen endeten - Herr Bundespräsident, ich habe die Fragezeichen nachgezählt.
Man würde sich aber irren, wenn man glaubte, daß solche Fragen bloß einen rhetorischen Charakter hätten. Es sind vielmehr echte, weiterführende Fragen, wie sie sich aus den Problemen unserer Zeit ergeben und Stoff zum Weiterdenken und zum Forschen enthalten.
Nicht selten haben Sie Ihren Zuhörern auch unbequeme Fragen gestellt. Doch ist festzuhalten, daß
Präsident Stücklen
diese nie so gestellt waren, daß dadurch das Selbstvertrauen der Mitbürger erschüttert werden konnte oder daß sich diese in ihren grundlegenden Überzeugungen in Frage gestellt sehen mußten. Im Gegenteil, Sie haben es immer verstanden, Zuversicht, Vertrauen in sich selbst und Lebensmut zu verbreiten, und Sie haben selbst bewiesen, wie man mit Lebensmut und Lebensfreude, gepaart mit einer ganzen Portion Tapferkeit, den Schmerz, die Krankheit oder besonders schwierige Situationen zu meistern vermag.
In dieser Ihrer zupackenden, für die berechtigten Sorgen der Mitbürger offenen, die Zeitprobleme erkennenden Art stand und steht Ihnen Ihre Gattin zur Seite, der wir in dieser Stunde ebenfalls ganz besonders herzlich zu danken haben.
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Es gibt wohl kaum jemanden in unserem Lande, dem man erklären müßte, wer Frau Dr. Mildred Scheel ist und mit welcher großen Aufgabe sich ihr Name verbindet. Aber es gibt sicher eine Menge Bürger und Bürgerinnen, die sich fragen, wie Sie, sehr verehrte Frau Scheel, es zustande gebracht haben, so souverän Ihre verschiedenen Aufgaben und Funktionen zugleich zu erfüllen, wie man dies beobachten konnte: als Gattin, Mutter und Hausfrau, als „First Lady" und als treibende Kraft in der Deutschen Krebshilfe, die Sie mit Ihrem rastlosen Einsatz weit vorangebracht haben. Sie haben mit Ihrem Einsatz einen unschätzbaren Beitrag für das allgemeine Wohl geleistet, zugleich aber auch einen Beitrag in der Selbstdarstellung unseres Volkes in seiner Hilfsbereitschaft und in seiner Fähigkeit, gute und notwendige Abwehrkräfte gegen drohende Gefahren zu entwickeln. Sie haben nicht nur guten Willen, sondern auch Erfolg gehabt mit Ihrem Aufruf zur Solidarität und Barmherzigkeit im Kampf gegen diese so heimtückische Krankheit und gegen ihre sozialen und psychischen Folgen.
Sie scheiden heute nicht aus Ihren Ämtern. Dennoch ist dies der Augenblick, Ihnen vor aller Öffentlichkeit Dank für alles zu sagen, was Sie im Dienste der Menschheit geleistet haben, und Dank zu sagen dafür, daß Sie Ihrem Gatten in ,seiner Amtszeit mit Ihrer Energie und Ihrem Temperament so erfolgreich zur Seite gestanden haben.
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Sehr geehrter, lieber Herr Altbundespräsident Scheel! Sie haben einmal sehr entschieden gegenüber ganz und gar ungerechtfertigten Mäkeleien an unseren politischen Verhältnissen und unserer inneren Ordnung festgestellt: „Wir sind Demokraten - wir haben uns dazu entwickelt - und haben uns auch einigen Anspruch darauf erworben, daß man uns das glaubt." Daß man uns das glaubt - daran haben Sie in der Wahrnehmung des höchsten Amtes unseres Staates in hervorragender Weise mitgewirkt. So haben Sie - in Erfüllung Ihres vor fünf Jahren abgelegten Amtseides - Ihre ganze Kraft dem Wohl des deutschen Volkes gewidmet. Dafür bekunden wir Ihnen unseren tiefen Dank und unser aller Anerkennung. Zu Ihren Ehren erheben sich die Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften, um vor der Offentlichkeit im Namen des deutschen Volkes zu bezeugen: Walter Scheel hat sich um unser Vaterland verdient gemacht.
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Nun darf ich Ihnen, Herr Bundespräsident Karl Carstens, ein herzliches Willkommen sagen. Mit Ihnen tritt ein Mann in dieses höchste Staatsamt ein, der seit 1949, also seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, wichtige und verantwortungsvolle Funktionen im öffentlichen und politischen Leben wahrgenommen hat. Vor 30 Jahren, also unmittelbar nach der Gründung unseres Staates, übertrug Ihnen der damalige erste Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen, Wilhelm Kaisen, das Amt eines Bevollmächtigten dieses Stadtstaates bei der Bundesregierung. Dies war für den Anfang sicher keine leichte Aufgabe. Fünf Jahre später holte Sie Konrad Adenauer, der damals auch das Auswärtige Amt leitete, in den auswärtigen Dienst und gab Ihnen wiederum einen schwierigen Auftrag: Sie wurden Vertreter der Bundesrepublik beim Europarat in Straßburg.
Sieben Jahre lang, von 1960 bis 1967, waren Sie dann Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, wurden danach Staatssekretär des Verteidigungsministeriums und schließlich - in der Großen Koalition unter Bundeskanzler Kiesinger - Chef des Bundeskanzleramtes.
Sie haben sich dann entschieden, auch die andere Seite der Politik kennenzulernen, den Sprung von der Seite der Exekutive auf die Seite der Legislative, in die Arena des politischen Kampfes, des Ringens um Wählerstimmen und der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner zu wagen. Im November 1972 zogen Sie als Abgeordneter in den Deutschen Bundestag ein. Fünf Monate später, am 17. Mai 1973, wählte Ihre Fraktion Sie zum Vorsitzenden. Schließlich wurden Sie nach der letzten Bundestagswahl 1976 in das Amt des Bundestagspräsidenten gewählt.
Ich habe diese wichtigsten Stationen Ihres politischen Werdeganges in den drei Jahrzehnten der Existenz unseres Staates hier noch einmal aufgezählt, weil sie mehr als Worte darlegen können, welche Erfahrungen, welche intime Kenntnis unseres Staates, seines Funktionierens und der politischen Bedingungen, unter denen er funktioniert, Sie in dieses Amt mitbringen.
Sie kennen die Praxis, Sie kennen aber auch die rechtlichen Ordnungsgrundlagen und die geistigen Prinzipien, die unsere Ordnung tragen, wie kaum ein zweiter. Denn Sie haben, gewissermaßen ganz nebenbei, den Weg einer akademischen Laufbahn beschritten. Nach einem für Sie, wie Sie selbst bekannt haben, sehr entscheidenden Studienaufenthalt in den Vereinigten Staaten haben Sie 23 Jahre lang eine Lehrtätigkeit an der Juristischen Fakultät der Universität Köln ausgeübt, davon 13 Jahre als ordentlicher Professor. So ist Ihnen also der ständige und unmittelbare Kontakt zu den jungen und um geistige Orientierung bemühten Menschen ebenso vertraut wie die Welt der auswärtigen Beziehungen, der Diplomatie, der Staatsverwaltung oder auch der parlamentarischen Repräsentanz.
Präsident Stücklen
So bleibt mir nur noch übrig, Ihnen Herr Bundespräsident Karl Carstens - ich schließe Ihre verehrte Gattin mit ein, die Sie auf Ihrem ganzen Werdegang begleitet hat -, das zu wünschen, dessen jeder bedarf, über welche eigenen Kräfte, Kenntnisse und Fähigkeiten er auch immer verfügen mag: Glück, Gesundheit und Gottes Segen.
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Das Wort hat der scheidende Bundespräsident Walter Scheel.
Walter Scheel ({6}) : Herr Bundespräsident! Herr Bundestagspräsident! Herr Bundesratspräsident! Herr Bundeskanzler! Herr Präsident des Bundesverfassungsgerichts! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mit dem heutigen Tag geht auf Grund der Wahlentscheidung des dafür zuständigen Verfassungsorgans, der Bundesversammlung, das Amt des Bundespräsidenten von einer Person auf eine andere über.
Es ist allgemein bekannt, daß mein Amtsnachfolger einer anderen Partei angehört als ich. Auch in dieser Tatsache zeigt sich das Wesen unserer Demokratie, die sich auf die politischen Parteien stützt. Jedes politische Amt in der Demokratie ist ein Amt auf Zeit. So zeigen wir heute mit der feierlichen Amtsübergabe unseren Bürgern die verfassungsmäßig geordneten Formen unseres Staates und die Würde dieser Formen. Ich meine, ein guter Demokrat erweist sich daran, daß er die demokratischen Formen nicht nur hinnimmt, sondern daß er sie mit ganzem Herzen bejaht.
Es hat um diesen Amtswechsel Auseinandersetzungen gegeben, die auch zu kritischen Bemerkungen in der Öffentlichkeit geführt haben. Eine solche Auseinandersetzung hat es auch bei früheren Wahlen gegeben. Sie ist nicht nur erlaubt, sondern geboten. Doch hat der Bürger ein feines Gespür für die Würde demokratischer Formen, die er dabei gewahrt wissen will. Dies zeigt, daß das Amt des Bundespräsidenten im Bewußtsein und in den Herzen der Bürger den Rang einnimmt, der ihm in unserem Verfassungsgefüge zukommt.
Ohne diese geistige und seelische Verbindung der Bürger zu Amt und Person kann der Bundespräsident seine Aufgaben nicht erfüllen. Amt und Person sind im Falle des Bundespräsidenten mehr als bei jedem anderen Verfassungsorgan eine Einheit. So ist es die erste Pflicht des Bundespräsidenten, den hohen Ansprüchen, die das Amt an ihn stellt, durch seine Person zu genügen. Vor dieser Aufgabe wird man sich durchaus zuweilen seiner eigenen Schwächen bewußt. Allein kann der Bundespräsident diese Aufgabe nicht lösen, und so ist es für mich jetzt beim Abschied von diesem Amt zunächst Anlaß zu danken: Ich danke meinen Mitarbeitern, ich danke den Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates, ich danke der Bundesregierung, den politischen Parteien, und ich danke den Vertretern der gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen. Vielen Mitbürgern danke ich sehr für Rat, Beistand und Ermutigung, die ich in meiner Amtszeit erfahren habe. Sie werden mir diese persönliche Bemerkung
erlauben: Ich danke meiner Frau nicht nur für das, was sie getan hat, sondern auch dafür, daß sie vieles klaglos entbehrt hat.
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Die vergangenen fünf Jahre waren für mich eine schöne, erfüllte Zeit. Doch ich möchte heute meinen Blick nicht auf die Vergangenheit richten, sondern, wie ich es auch in diesen fünf Jahren gehalten habe, in die Zukunft. Wir sprechen zuwenig von der Zukunft. Alle einschlägigen Untersuchungen belegen: Die Menschen fühlen sich in der Gegenwart meist wohl, aber die Zukunft erscheint ihnen dunkel. Das ist seltsam. Früher wurden die Menschen von der Gegenwart bedrängt, und sie sehnten sich in eine bessere Zukunft. Heute scheint es die Zukunft zu sein, die die Menschen bedrängt, und sie sehnen sich - jetzt einmal überspitzt ausgedrückt - nach der Gegenwart.
Was einen bedrängt, darüber spricht man nicht gern. So ziehen wir uns in die Gegenwart wie in eine Festung zurück, die wir gegen die Zukunft verteidigen. Unser Wunsch wird immer mehr: Alles soll so bleiben, wie es ist. So sieht das Bild der Zukunft, das uns Politik und Massenmedien zeichnen, auch meistens aus. Dieses Zukunftsbild ist im Grunde. nichts anderes als eine Verlängerung, eine Fortschreibung der Gegenwart. Zur Begründung dieses Zukunftsbildes wird alles angeführt, was das Leben heute angenehm und lebenswert macht. Wir haben ja einen freiheitlichen Rechtsstaat, wir haben ein' funktionierendes Sozialsystem, eine starke Wirtschaft, wir leben sicher und in Frieden, und wir leben im Wohlstand. Wir brauchen kaum etwas zu wünschen, weil wir fast alles haben.
Im scharfen Kontrast dazu steht ein anderes Zukunftsbild, das hie und da ebenfalls anzutreffen ist. Es malt uns düstere Weltuntergangsvisionen. Es will uns glauben machen, .daß wir unausweichlich auf eine Weltkatastrophe zutreiben: Bevölkerungsexplosion, Hungersnöte, steigende Rüstungsausgaben, Ö1- und Rohstoffknappheit, Verteilungskämpfe, Krieg, Terrorismus, Umweltzerstörung, Harrisburg, Seveso.
Wie nun wirken sich diese beiden gegensätzlichen Zukunftsbilder auf das Bewußtsein der Menschen aus? Wenn die Zukunft nur eine Verlängerung der Gegenwart ist, dann wird von dem einzelnen keine andere Anstrengung erwartet, als sich seinen Platz in der Gegenwart zu erobern. Für das übrige sorgen dann schon die Regierung und andere zuständige Stellen, und wenn etwas schiefgeht, dann werden diese es schon, reparieren.
Aber wie soll sich die Jugend für einen Staat und eine Gesellschaft engagieren, die kein anderes Ziel kennt als eine Verlängerung der Gegenwart? Ist es nicht auch dieses allzu einfache Zukunftsbild, das große Teile der Jugend dem Staat und der Gesellschaft entfremdet? Die Katastrophenvisionen auf der anderen Seite verführen zu Resignation. Wenn der Untergang unausweichlich ist, dann braucht man nichts, dann kann man gar nichts tun.
Kurz, ich meine, diese beiden Zukunftsbilder lähmen den Willen zur Veränderung, ja, den Willen,
Scheel
überhaupt etwas zur Bewältigung der Zukunft zu tun. Beide Zukunftsbilder beschreiben zwei völlig verschiedene Aspekte der Wirklichkeit. Jedes hat nur eine bestimmte Optik, jedes nimmt nur einen bestimmten Teil der Wirklichkeit wahr. Dabei verkennen die, die die düsteren Visionen malen, die Apokalyptiker, die geschichtsverändernde Kraft der Freiheit und der Vernunft; und die, die die Zukunft nur als Fortschreibung sehen, verkennen, daß gerade ihr Wille, ihre Absicht, es so zu lassen, wie es ist, die Entfaltung von Freiheit und Vernunft immer mehr erschwert.
Ich möchte, was ich meine, an dem Beispiel der Energiekrise von 1973 erläutern. Mit dieser Energiekrise war ein bedeutendes Zukunftsproblem schockartig in unser Blickfeld getreten. Für ein paar Sonntage beschloß damals die Regierung ein Fahrverbot. Nun kann die Menge des durch Sonntagsfahrverbote eingesparten Benzins sicher nicht die Probleme unserer Energieversorgung lösen. Nein, viel wichtiger als die eingesparte Energiemenge damals ist mir eine Erfahrung aus jener Zeit. Zum erstenmal nach langer Zeit, nach Jahrzehnten wurden den Bürgern aus ihnen einsichtigen Gründen Beschränkungen auferlegt. Sind sie damals deswegen in Panik ausgebrochen? Nein. Sie machten aus diesen Beschränkungen das Beste. Ja, wenn ich mich recht erinnere, so machte der autofreie Sonntag vielen von ihnen sogar Spaß. Man holte die Fahrräder aus dem Keller und fuhr, von Autos unbehelligt, mit der Familie in die Landschaft, die plötzlich merkwürdig still und friedlich vor einem lag. Den Bürgern war ein Stück ernster Zukunft sichtbar geworden, und sie reagierten darauf völlig richtig und völlig vernünftig.
Ich glaube, das ist ein Vorgang, der in seiner exemplarischen politischen Bedeutung noch nicht richtig erfaßt worden ist. Die Bürger sind bereit, Einschränkungen hinzunehmen, wenn ihnen die Gründe dafür einsichtig sind. Sie sind auch bereit, ihr Verhalten zu ändern und damit neugewonnene Möglichkeiten zu nutzen und zu genießen.
Mir fällt auf, daß in der gegenwärtigen Debatte um die Energiepolitik diese Bereitschaft des Bürgers unterschätzt, 'wenn nicht überhaupt in Frage gestellt wird. Wir wollen, wenn ich das richtig sehe, so sparen, daß der Bürger möglichst gar nichts davon merkt. Das wird nicht gehen, meine verehrten Damen und Herren.
Jeder ölverbrauchende Bürger hat heute die Pflicht und Schuldigkeit, so meine ich, seinen Verbrauch an Mineralölprodukten, auch wenn er sie zehnmal bezahlen kann, soweit es nur irgend geht, einzuschränken. Dies muß man den' Bürgern immer wieder sagen, und zwar so deutlich - eben so einsichtig - wie möglich. Denn es kommt nicht so sehr darauf an, wie der Energiemarkt im nächsten Winter aussieht, sondern darauf, daß wir auch in fünf, in zehn Jahren noch heizen und Auto fahren können.
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Wir können es uns nicht leisten, unser Verhalten nach einem Zukunftshorizont von nur einem halben Jahr einzurichten.
Kurz: Ich glaube, wir werden die Energieprobleme nur lösen können, wenn alle Bürger ihre Einstellung zum Energieverbrauch ändern. Wir werden die Umweltproblematik nur lösen, wenn wir unser Verhalten zur Umwelt ändern. Wir werden die Probleme der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung nur bewältigen, wenn wir unser Verhalten ihr gegenüber ändern. Und das gilt für alle Zukunftsprobleme. Die Bürger werden ihr Verhalten freiwillig nur dann auf künftige Entwicklungen einstellen, wenn man sie umfassend informiert.
Ich bin - meine Damen und Herren, Sie wissen das - trotz erheblicher Bedenken klar für die Nutzung der Kernenergie eingetreten, weil ich der Überzeugung bin, daß wir als ein wichtiges Ölverbraucherland aus Verantwortung für den Frieden die Pflicht haben, alles zu tun, um unseren Ölverbrauch so schnell wie möglich einzuschränken. Aber wie soll sich der Bürger von einem solchen Argument überzeugen lassen, wenn ihm von verschiedenen Seiten gleichzeitig immer wieder gesagt wird, daß es sein Freiheitsrecht sei, so viel Benzin zu verbrauchen, wie er nur wolle !
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Das wichtigste Freiheitsrecht jedes demokratischen Bürgers scheint mir zu sein, daß er sich verantwortlich und vernünftig verhalten kann. Diese wichtigste Freiheit gilt es zunächst zu erhalten und zu aktivieren, indem wir ihm z. B. seine Verantwortung als Energieverbraucher immer wieder bewußtmachen. Wir 'tun der Freiheit des Bürgers nichts Gutes, wenn wir ihm das Denken zu ersparen versuchen. Der Bürger hat ein elementares Recht darauf, daß ihm die grundlegenden Informationen über die Probleme umfassend, klar, verständlich und ungeschminkt geliefert werden; denn nur dann kann er von seiner Freiheit vernünftigen Gebrauch machen. Das heißt, wir müssen ihm die Wirklichkeit so darstellen, wie sie ist: mit ihren vielen guten Seiten, aber auch mit ihren Gefahren.
Wie ist die Wirklichkeit? Es ist eine elementare Erfahrung meines Lebens, meines Politikerlebens, daß sich das Bild der Wirklichkeit nach den Interessen formt, die der einzelne oder eine Gruppe vertritt. Nur müssen wir uns alle darum bemühen, daß wir uns den Blick auf die Wirklichkeit nicht durch die eigenen Interessen, die wir vertreten, verstellen lassen. Natürlich ist das schwer.
Ich habe in der Vergangenheit, um mich selbst kundig zu machen, häufig bedeutende Wissenschaftler unseres Landes - zuweilen auch Ausländer - zu Gesprächen hierher eingeladen. Mir ist dabei immer aufgefallen, daß diese klugen und sehr sachkundigen Frauen und Männer ganz andere als die in der politischen Öffentlichkeit diskutierten Probleme für wichtig hielten. Diese Diskrepanz hat mich nachdenklich gemacht. Fast kein einzger der Gesprächspartner glaubte, daß die Probleme der wissenschaftlich-technischen Zivilisation durch administrative Maßnahmen allein zu lösen seien. Fast alle waren der Auffassung, daß ein Umdenken aller Bürger, nicht nur der Politiker, der Medien und der gesellschaftlichen Gruppen, nötig sei.
Scheel
Aber es gibt neben der Wissenschaft, meine Damen und Herren, andere Möglichkeiten, sich der Wirklichkeit zu versichern. Ich meine die Literatur und die Kunst. Darum möchte ich Politiker und Öffentlichkeit heute bitten - das liegt mir sehr am Herzen -, sich mehr, als es bisher geschehen ist, mit dem Bild der Wirklichkeit auseinanderzusetzen, das uns im Spiegel der zeitgenössischen Literatur und in der Kunst entgegentritt. Denn das ist die Funktion der Kunst in einer freien Gesellschaft: daß sie uns einen Spiegel unserer Wirklichkeit vorhält. Wahrscheinlich ist es der klarste und daher der unbequemste, den jede Zeit zur Verfügung hat. Der Schriftsteller, der Künstler begründet seine Sicht auf unser Leben nicht wissenschaftlich, sondern er fühlt sich nur der Wahrhaftigkeit seiner Wahrnehmungen verpflichtet. Doch seine Optik ist häufig feiner, häufig empfindlicher, und sie ist auch weniger durch Interessen beeinflußt.
Wenn ich nun meinen Eindruck über das Bild unserer Gesellschaft in der Literatur und der Kunst zusammenfasse, so läuft es auf einen Generalnenner hinaus: Es scheint bei uns schwer zu sein, menschlich zu sein. Fast jede Figur in der Literatur und auch in der bildenden Kunst versucht, menschlich zu sein, und meist scheitert sie dabei. Das ist nach 30 Jahren Demokratie ein trauriges Ergebnis.
Wir sollten das, was wir hier in Literatur und Kunst erkennen, nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das Bild, das die Politik von unserer Wirklichkeit entwirft, unterscheidet sich natürlich sehr von dem, das die Kunst von unserer Wirklichkeit entwirft. Dabei geht es doch beiden um die Humanität unserer freiheitlichen Lebensform. Aber vielleicht ist der Abstand zwischen dem Anspruch, den die Demokratie an uns stellt, und der Wirklichkeit, die wir erreicht haben, nicht geringer als der Abstand zwischen dem Bild, das die Politik auf der einen Seite und die Kunst auf der anderen Seite von eben dieser Wirklichkeit zeichnen. Und vielleicht hängt beides miteinander zusammen.
Auch Literatur und Kunst allerdings fordern uns wie die Wissenschaft zum Umdenken auf. Was heißt das nun, umdenken? Sollen wir jetzt in Sack und Asche umhergehen und wieder den Kienspan entzünden, auf Technik und Wissenschaft verzichten, und sollen wir gemeinsam unseren Wohlstand verdammen? Nichts von alledem. Ich plädiere für nichts anderes als für einen richtigen und den Problemen angemessenen Gebrauch der Freiheit, einer Freiheit, die darauf insistiert, daß unsere Zukunft, unsere gemeinsame Zukunft, das Ergebnis unseres freiwilligen Verhaltens und unserer freien Entscheidungen zu sein hat, daß wir uns also nicht anonymen Zwängen unterwerfen.
Nun sagen manche, daß es das noch nie gegeben habe, daß Menschen umdenken: Menschen denken nicht um. Doch, ich hoffe darauf. Ich meine, daß es zynisch ist, dies zu vermuten. Wenn dem nämlich so wäre, daß sie nicht umdenken könnten oder wollten, dann wäre die Freiheit am Ende eine Illusion und die Demokratie auch. Aber es ist nicht wahr, daß sie nicht umdenken wollen. Man vergleiche das Umweltbewußtsein der Menschen heute mit dem
vor zehn Jahren. Hier hat sich ein ganz erstaunlicher Wandel vollzogen. Vor zehn Jahren nämlich noch glaubten manche unserer Politiker, sie würden ihre eigenen Wahlchancen mindern, wenn sie das Wort „Umwelt" auch nur in den Mund nähmen. Heute brauchen sie sich gar nicht erst zu einer Wahl zu stellen, wenn sie es nicht in den Mund nehmen.
Unsere Demokratie, unsere Wirtschaft, unsere Freiheit und unser Sozialsystem haben, so meine ich rückblickend feststellen zu können, durch diesen Wandel keinerlei Schaden genommen. Die bestehenden Umweltgesetze mögen noch zu wünschen übriglassen; aber das wird sich von Jahr zu Jahr bessern, einfach aus dem Grunde, weil die Bürger den entsprechenden Druck auf Parlamente und Regierungen und auf die Politik ausüben werden.
Meine Bitte, mein Appell an die Parteien geht dahin, in dem ganzen weiten Feld der Zukunftsprobleme einen solchen Druck von seiten der Parteien zu produzieren, was ja nichts anderes heißt, als diese Probleme zum Gegenstand der innerparteilichen Diskussion und zum Gegenstand auch der Wahlkämpfe zu machen. Wir dürfen nicht mit den falschen Problemen Wahlkämpfe führen. Wie sich unsere Städte entwickeln, wie die Welt unserer Kinder aussieht, wie die Energieprobleme, wie die Rohstoffprobleme zu bewältigen sind, wie die Notwendigkeit der Entwicklungshilfe deutlich zu machen ist, wie die Gefahren der Datentechnik für Arbeitsplätze und für die Privatsphäre der Bürger, wie die Gefahren neuer Fernsehtechniken zu bannen sind - zu all dem und zu noch viel mehr muß sich ein neues Bewußtsein entwickeln: in den Parlamenten, in den Parteien, in der Öffentlichkeit, bei den Bürgern. Erst wenn es ein solches Bewußtsein gibt, werden wir richtige, vernünftige, zukunftsweisende politische Entscheidungen zu diesen Problemen treffen können.
Hier liegt die besondere Verantwortung der politischen Parteien. Nach unserem Grundgesetz wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Das ist nicht nur eine angenehme Möglichkeit der Parteien, die sie wahrnehmen können oder auch nicht; das ist ihre grundgesetzliche Pflicht. Dazu vor allem sind sie da.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wir können zuversichtlich in die Zukunft schauen. Die Probleme, die vor uns liegen, sind lösbar. Die Demokratie, die Freiheit, sie werden uns die Kräfte geben, mit diesen Problemen fertig zu werden. Freilich müssen wir etwas tun. Wir müssen die Grenzen der Zukunft zur Kenntnis nehmen, und wir müssen uns in Freiheit in diesen erkennbaren Grenzen einrichten. Nur dann werden wir nicht an die Grenzen der Zukunft stoßen. Aber wir werden an diese Grenzen stoßen, mit allen Folgen, die sich für Freiheit und Demokratie daraus ergeben würden, wenn wir die Zukunft nur als eine Fortschreibung der Gegenwart verstehen. Wir müssen den Bürgern zumuten, in manchen Bereichen ihr Verhalten zu ändern.
Da wird dann häufig von „Opfern" gesprochen. Aber was will dieses Wort heißen? Erkaufen wir nicht auch unseren jetzigen Lebensstil mit Opfern:
Scheel
Opfern an Lebensfreude, Opfern auch an Zukunftshoffnungen? Nein, es geht nicht darum, den Bürgern irgend etwas wegzunehmen; es geht darum, daß sie, daß wir alle die Zukunft in Freiheit gewinnen.
Nun, Herr Bundespräsident, möchte ich noch einen Augenblick aus der Zukunft wieder in die Gegenwart zurückkehren, um Ihnen meine Wünsche zu sagen. Herr Bundespräsident, ich wünsche Ihnen Kraft und Gottes Segen bei der Erfüllung Ihrer Aufgabe, die politischen Kräfte unseres Landes zusammenzuführen und den demokratischen Grundkonsens zu festigen.
Aber ich wünsche Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin auch die Freude und Befriedigung, die dieses hohe Amt im Dienst unseres Volkes seinen Trägern gewähren kann.
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Meine Damen und Herren, Sie haben dem bisherigen Bundespräsidenten Walter Scheel für seine Ausführungen und auch für seine Amtsführung mit starkem Beifall gedankt. Es ist nicht üblich, daß sich der amtierende Präsident diesem Beifall sichtbar anschließt. Ich möchte das gleichwohl ausdrücklich tun: Herzlichen Dank und alles Gute!
Meine Damen und Herren, am 23. Mai dieses Jahres hat die Bundesversammlung Herrn Karl Carstens zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Herr Carstens hat die Wahl vor der Bundesversammlung angenommen und mit dem heutigen Tage das Amt des Bundespräsidenten angetreten.
Nach Artikel 56 des Grundgesetzes leistet der Bundespräsident bei seinem Amtsantritt vor den versammelten Mitgliedern des Deutschen Bundestages und des Bundesrates den vorgeschriebenen Eid. Herr Bundespräsident, ich darf Sie bitten, zur
Eidesleistung
zu mir zu kommen.
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Herr Bundespräsident, ich übergebe Ihnen die Urschrift des Grundgesetzes, verkündet am 23. Mai 1949, und bitte Sie, die Eidesformel zu sprechen.
Karl Carstens, Bundespräsident: Ich schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Bundespräsident Carstens hat den vorgeschriebenen Amtseid geleistet. Ich beglückwünsche ihn und wünsche ihm zu seiner Amtsführung nochmals Gottes Segen.
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Herr Bundespräsident, Sie haben das Wort.
Karl Carstens, Bundespräsident: Herr Präsident des Deutschen Bundestages! Herr Präsident des Bundesrates! Herr Bundespräsident Scheel! Verehrte Frau Dr. Scheel! Herr Bundeskanzler! Herr Präsident des Bundesverfassungsgerichts! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei Ihnen, Herr Präsident des Deutschen Bundestages, und bei Ihnen, Herr Bundespräsident Scheel, sehr herzlich für die Glückwünsche und die guten Wünsche bedanken, die Sie mir heute bei Antritt meines neuen Amtes ausgesprochen haben.
Die Vereidigung des Bundespräsidenten findet, so will es das Grundgesetz, bei einer gemeinsamen Sitzung des Bundestages und des Bundesrates statt. Darin kommt die große Bedeutung zum Ausdruck, die unser Grundgesetz dem föderativen Aufbau unseres Staates beimißt. In der Tat erkennen wir immer deutlicher, daß diese bundesstaatliche Gliederung ungeachtet mancher Schwierigkeiten, die sie gewiß auch mit sich bringt, letzten Endes ein Vorzug unseres Gemeinwesens ist. Sie schafft ein Gegengewicht gegen eine ihrer Natur nach zu mehr Kompetenzen tendierenden. Zentralgewalt, und sie ist zugleich die Quelle einer kulturellen, wirtschaftlichen, landsmannschaftlichen und politischen Vielfalt und damit die Quelle eines geistigen Reichtums, um den uns viele unserer europäischen Nachbarstaaten beneiden.
Bevor ich meinen Blick auf die Gegenwart und die Zukunft lenke, drängt es mich, einige Worte des Dankes an die vier Bundespräsidenten zu richten, die mir im Amte vorausgegangen sind.
Theodor Heuss hat in seiner zehnjährigen Amtszeit während der Gründungsjahre unser Verständnis von unserem Staat entscheidend mitgeformt. Zu den Schrecken der Vernichtungslager, zum Verhältnis zwischen Deutschen und Juden, über die Rolle der Bundeswehr, über die Freiheit der Bürger hat Heuss grundlegende, bis heute weiter wirkende Aussagen getan. Er knüpfte durch seine Auslandsreisen viele internationale Beziehungen nach dem Kriege wieder an, er hatte einen wichtigen Anteil an der erfolgreichen Entwicklung, die unser Staatswesen genommen hat.
Heinrich Lübke war der treue und redliche Sachwalter der Nation in den folgenden zehn Jahren. Er hat in vorbildlicher Weise unser Bewußtsein für die Not der Menschen in der Dritten Welt geschärft. Seine Reisen in zahlreiche Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas sind dort unvergessen. Zugleich hat er durch die häufigen Besuche, die er Berlin abstattete, einen wichtigen Beitrag zur Festigung der Bindungen zwischen Berlin und dem Bund geleistet.
Gustav Heinemann, an Lebensjahren der älteste aller bisherigen Bundespräsidenten, war von der Notwendigkeit der Reform unseres staatlichen und gesellschaftlichen Lebens durchdrungen und hat dazu zahlreiche, wichtige Anstöße gegeben. Als ein aufrechter, integrer Demokrat, als ein unerbittlicher Mahner, den Freiheitsraum zu nutzen, den unser Grundgesetz garantiert, steht er uns bleibend vor Augen.
Bundespräsident Carstens
Sie, Herr Bundespräsident Scheel, haben durch Form und Inhalt Ihrer Amtsführung eine ständig wachsende Zustimmung der Bürger unseres Landes gefunden. Weltoffen und den Menschen Liebenswürdig zugewandt, waren Sie ein vorbildlicher Repräsentant unseres Staates. In zahlreichen Reden haben Sie über Grundfragen unseres Zusammenlebens gesprochen, besonders über die Notwendigkeit der Bewahrung der Freiheit in einer immer mehr technisierten Welt. Sie sind auch heute noch einmal auf diese Frage eingegangen. In den Tagen, als die Nation, erschüttert über die Untaten einer kleinen Gruppe fanatischer Terroristen, den Atem anhielt, haben Sie tiefbewegende Wort der Trauer, des Trostes und der Zuversicht gefunden. Ich sehe es als meine gern übernommene Pflicht an, als meine erste Amtshandlung, Ihnen, Herr Scheel, den aufrichtigen und herzlichen Dank für all das auszusprechen, was Sie im Dienste unseres Landes geleistet haben.
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Der Dank schließt Ihre verehrte Gattin ein, die, anknüpfend -- das darf ich wohl sagen - an die soziale und karitative Tätigkeit ihrer drei Vorgängerinnen, Frau Elly Heuss-Knapp, Frau Wilhelmine Lübke, Frau Hilda Heinemann, mit der Deutschen Krebshilfe eine höchst bedeutende Aktion zum besseren Erkennen und zur Verhütung dieser die Menschen bedrohenden Krankheit ins Leben gerufen hat. Herzlichen Dank dafür, Frau Dr. Mildred Scheel, und zugleich herzlichen Dank für die Erfüllung der vielen anderen Aufgaben, denen Sie sich an der Seite Ihres Gatten zum Wohle unseres Landes unterzogen haben!
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Wir feiern in diesem Jahr den 30. Geburtstag unserer Bundesrepublik Deutschland. In diesen 30 Jahren haben die in diesem Staat lebenden Deutschen ein Maß an Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand genossen wie niemals zuvor in einer gleich langen Epoche der jüngeren deutschen Geschichte. Wenn wir das sagen, verkennen wir nicht, daß auch in unserer Gesellschaft Not herrscht, daß es vom Schicksal benachteiligte Gruppen gibt, die unserer Fürsorge bedürfen. Der Appell an die Bereitschaft, denen zu helfen, die in Not sind, darf daher auch bei den Feiern der 30. Wiederkehr des Jahrestages der Gründung unseres Staates nicht
fehlen. ({3})
Die wichtigste Folgerung, die wir aus dem historischen Rückblick ziehen sollten, ist unsere Entschlossenheit und Bereitschaft, die freiheitliche Ordnung, auf der diese Entwicklung beruht hat, zu erhalten. Dazu zählt das verfassungsgemäße Funktionieren der obersten Organe ebenso wie die Verwirklichung der Prinzipien der Menschenrechte und der Menschenwürde, wie sie in unserem Grundgesetz garantiert werden. Auch das Ordnungsprinzip der Sozialen Marktwirtschaft, das Ende der 40er und Anfang der 50er Jahre bei uns eingeführt wurde, hat sich trotz sicherlich auch ihm anhaftender Mängel als ein Instrument zur Verwirklichung von Freiheit, Wohlstand und sozialer Sicherheit bewährt.
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Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ist inzwischen gesicherter Bestandteil dieser Wirtschaftsordnung geworden.
Wenn wir diese durchaus positive Bilanz ziehen, dürfen und wollen wir doch unsere Augen nicht vor den Problemen verschließen, mit denen wir konfrontiert sind. Ich nenne drei.
Einmal müssen wir uns mit Zweifeln und Einwendungen befassen, die gegenüber der auf jährliche Zuwachsraten gerichtete Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik erhoben werden. Viele unserer Mitbürger sehen mit Sorge einen Konflikt zwischen dem ökonomischen Ziel des Wachstums einerseits und dem Bedürfnis nach Erhaltung einer gesunden Umwelt und nach einer sparsamen Verwendung der Rohstoffreserven andererseits. Die aktuelle weltweite Verknappung des Erdöls verschärft diese Problematik.
In besonderer Weise entzündet sich die Auseinandersetzung' an der Frage des Baus von Kernkraftwerken und Autobahnen. Es kann nicht die Aufgabe des Bundespräsidenten sein, diese Fragen entscheiden zu wollen, aber ich meine, daß alle Beteiligten in der Diskussion stärker als bisher auf die Argumente der jeweils anderen Seite hören sollten, wie ich es denn überhaupt als ein entscheidendes Merkmal unserer Demokratie ansehe, daß wir einerseits in einer, wie man zu sagen pflegt, pluralistischen Gesellschaft unsere jeweiligen Standpunkte und Interessen nach Kräften zu vertreten suchen, wobei die politischen Parteien in ihrem Wettbewerb miteinander bestrebt sind, die Konturen ihrer Unterschiede so klar wie möglich herauszuarbeiten, aber andererseits für das Funktionieren eines freiheitlichen und demokratischen Gemeinwesens auch die Bereitschaft zum Gespräch - und das heißt: zum Anhören der Argumente des anderen - sowie schließlich die Bereitschaft zur Zusammenarbeit in den Lebensfragen der Nation unverzichtbar gehören.
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Ich meine aber, daß wir trotz aller Sorge um die Erhaltung der Umwelt und die Bewahrung der natürlichen Lebensbedingungen doch nicht übersehen sollten, welche Fülle landschaftlicher und kultureller Schönheiten diese Bundesrepublik Deutschland uns immer noch bietet. Wie ich mit Freude feststelle, nimmt die Wanderbewegung bei uns wieder zu. Mehr und mehr Bürger, auch junge Bürger, entschließen sich, die Schönheiten der deutschen Landschaft ebenso wie die Schönheiten der großen Zeugnisse deutscher Kunst und Architektur sich als Wanderer zu erschließen. Ich möchte diese Bewegung auf das wärmste unterstützen. Meine Frau und ich haben uns vorgenommen, wenn unsere Kräfte dazu reichen, Deutschland vom Norden bis zum Süden, von der Ostsee bis an den Alpenrand zu Fuß zu durchwandern.
({6}) - In Etappen, versteht sich!
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Das zweite Problem, das uns in dieser Zeit beschäftigt und über das wir miteinander diskutieren,
Bundespräsident Carstens
betrifft wichtige Fragen der Schul- und der Bildungspolitik. Es beginnt mit dem Streit um die Frage „Gesamtschule oder herkömmliches, in Hauptschule, Realschule, Oberschule gegliedertes Schulsystem?", setzt sich in der Diskussion über den an den Schulen zu vermittelnden Lehrstoff fort und endet bei der Frage, ob die Schule die jungen Bürger erziehen soll und, wenn ja, welches die Ziele dieser Erziehung sein sollen. Ich möchte dazu nur ganz wenige Anmerkungen machen.
Meines Erachtens sollte stärker als bisher an den Schulen die deutsche Kultur und namentlich die deutsche Geschichte behandelt werden,
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die deutsche Geschichte mit ihren Höhen und Tiefen und mit dem Ziel, zu zeigen, wie die deutsche Geschichte seit 30 Jahren mehr und mehr in eine gemeinsame europäische Geschichte einzumünden beginnt.
Ich plädiere dafür, daß an den Schulen unsere Verfassung, das Grundgesetz, eingehender behandelt wird und die Chancen aufgezeigt werden, die es den jungen Menschen für ihre Selbstentfaltung in Freiheit gibt. Zugleich sollten die freiheitlichen Ursprünge unseres Grundgesetzes: die Weimarer Verfassung und die Frankfurter Verfassung von 1849, aufgezeigt werden. Die großen Namen der wichtigsten Mitgestalter dieser Verfassungen sollten der jungen Generation vorgestellt werden, ebenso wie jedem jungen Amerikaner die Gründungsväter seines Landes bekanntgemacht werden.
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Ziel der Erziehung sollte die Heranbildung von Staatsbürgern sein, die in eigener Verantwortung demnächst die Geschicke dieses Landes bestimmen werden. Dazu gehört auch die Vermittlung bestimmter Wertüberzeugungen wie Achtung vor der Menschenwürde, Toleranz, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit und Frieden, ohne die kein freies Gemeinwesen gedeihen kann. Und dazu gehört, so meine ich, unabweisbar die Vermittlung der Einsicht, daß Freiheit ihr Gegenstück in der Verantwortung finden muß, in der Verantwortung jedes einzelnen für sich selbst und die Gestaltung seines eigenen Lebens, in der Verantwortung für die nächsten Mitmenschen in Familie, Nachbarschaft und Beruf, in der Verantwortung jedes Bürgers für das Ganze, für den Staat, die Nation, das Gemeinwesen und für die notleidenden Menschen in aller Welt.
Unser Grundgesetz spricht darüber hinaus von unserer Verantwortung vor Gott. Sie ist für viele unserer Mitbürger die höchste und letztlich entscheidende. Theodor Heuss hat in seiner Ansprache nach seiner Vereidigung vor 30 Jahren von dieser Stelle aus darauf verwiesen und seine Rede mit Worten geschlossen, die ich wiederholen möchte und die ich mir zu eigen mache. Er sagte:
Im Bewußtsein meiner Verantwortung vor Gott trete ich dieses Amt an. Indem ich es übernehme, stelle ich dieses Amt und unsere gemeinsame Arbeit unter das Wort des Psalmisten: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk."
Das dritte Problem, auf das ich eingehen möchte und das mit dem zweiten in engem Zusammenhang steht, betrifft die Entwicklung der Familie, die uns Sorge bereitet. Wir müssen feststellen, daß vor allem Familien mit mehreren Kindern große wirtschaftliche und finanzielle Lasten auf sich nehmen müssen. Immer wieder wird gesagt, daß die Umwelt in der Bundesrepublik Deutschland nicht kinderfreundlich, ja daß sie kinderfeindlich sei. Es kann sein, daß dies eine der Ursachen für das starke Zurückgehen der Geburtenrate ist, die derzeit die niedrigste auf der Welt ist und die nicht ausreicht, um die Bevölkerungszahl unseres Landes auf die Dauer zu erhalten. Das Bewußtsein für die Notwendigkeit einer Lösung dieses Problems ist in den letzten Jahren zweifellos gewachsen. Immer mehr politisch verantwortliche Kräfte unternehmen ernsthafte Anstrengungen, um die Familie materiell und ideell zu stärken.
Lassen Sie uns noch einen Blick über die Grenzen der Bundesrepublik hinaus tun. Es ist klar, daß dieser Blick sich zunächst unseren deutschen Landsleuten zuwendet. Ich grüße die Deutschen in aller Welt, auch und besonders die Deutschen im anderen Teil Deutschlands.
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Dieser Gruß ist der Ausdruck brüderlicher Verbundenheit, die viele Millionen Menschen in den getrennten Teilen unseres Landes und ungeachtet der schmerzhaften Trennung füreinander empfinden und gewiß auch weiterhin füreinander empfinden werden.
Uns hier in der Bundesrepublik verpflichtet unser Grundgesetz, das uns Mögliche zu tun, um in Frieden die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Darauf habe ich soeben den Eid geleistet. Wir sind uns einig, daß dieses Ziel untrennbar mit einer Friedenslösung für Europa verbunden ist - und jeder weiß, daß es bis dahin noch ein weiter Weg sein wird. In der Zwischenzeit gilt es, die Folgen der Teilung, soweit wir können, zu erleichtern.
Der Vorsitzende des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik war unter den ersten, die mir ihre Glückwünsche zu meiner Wahl zum Bundespräsidenten ausgesprochen haben. Ich habe ihm meinen besten Dank dafür gesagt. Möge darin, trotz aller noch bestehenden Schwierigkeiten, ein ermutigendes Zeichen für die weitere Entwicklung der Beziehungen im Interesse des Friedens und zum Wohle der Menschen liegen.
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Die letzten zehn Jahre haben nicht nur eine Veränderung in den Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten mit sich gebracht, sondern haben im Zuge der Entspannungspolitik auch ein vielfältiges Netz bilateraler und multilateraler Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den osteuropäischen Staaten entstehen lassen. Auch diese Entwicklung ist zu begrüßen. Sie hat ihre Wurzeln in der Zeit vor 1969, aber sie ist seitdem bedeutend verstärkt worden. Die Besuche und Kontakte, die dadurch mit den Regierungen, mit den Parlamenten, mit einzelnen
Bundespräsident Carstens
Menschen in der Sowjetunion, in Polen, in Ungarn, in Bulgarien, in Rumänien und in der Tschechoslowakei möglich geworden sind, ebenso wie der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen, stellen einen begrüßenswerten Fortschritt dar.
Diese Feststellung mindert allerdings nicht unsere Sorge um die Spannungen, die besonders als Folge der Rüstungsentwicklung fortbestehen, eine Sorge, die durch die Unterzeichnung des SALT-IIAbkommens in Wien hoffentlich gemindert, aber sicher nicht beseitigt wird.
Die freiheitliche Entwicklung und die ökonomische Stabilität in unserem Lande beruhen zu einem wesentlichen Teil auf den festen Bindungen, die wir mit unseren Partnern innerhalb der Europäischen Gemeinschaft eingegangen sind, mit Frankreich, Großbritannien, Italien, mit Belgien, den Niederlanden und Luxemburg, mit Dänemark und Irland. Trotz erheblicher Schwierigkeiten, die sich der Lösung einzelner Fragen entgegenstellen, wachsen diese Staaten mehr und mehr zusammen. Ihre Politik ist schon jetzt in wichtigen Bereichen gleichgerichtet.
Mir liegt daran, an dieser Stelle ein besonders herzliches Wort des Grußes an unsere große westliche Nachbarnation, an Frankreich, zu richten, mit der wir vor 29 Jahren den Prozeß der europäischen Einigung begonnen haben und zu der heute vielfältige enge wirtschaftliche, politische und persönliche Verbindungen bestehen.
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Unsere militärische Sicherheit beruht nach wie vor auf dem Atlantischen Bündnis, das die europäischen Staaten mit den USA und Kanada verbindet. Die enge Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten von Amerika war von Anfang an ein wesentliches Merkmal der Politik unseres Landes. Die Vereinigten Staaten tragen auch heute noch die schwerste Bürde bei der Abwehr von Gefahren für Frieden und Sicherheit. Ich möchte ihnen dafür auch ein herzliches Wort des Dankes sagen.
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Ihnen, den Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien danke ich zugleich für ihr beständiges Eintreten für Berlin.
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Wenn wir den Blick über die Grenzen unseres Landes in die Welt richten, so erschrecken wir über das Ausmaß an Leid, das in vielen Ländern herrscht. Nicht nur leiden Hunderte Millionen von Menschen Hunger und bitterste Not, viele werden verfolgt, gepeinigt und ihrer Menschenwürde und ihrer Menschenrechte beraubt. Massenvertreibungen ganzer Bevölkerungsgruppen - wir erleben das gerade wieder in diesen Tagen - sind ebenso an der Tagesordnung wie das willkürliche Töten von Menschen. Wir lesen von summarischen Gerichtsverfahren und Exekutionen, ohne daß die Mindesterfordernisse des Rechts beachtet werden. Diskriminierung aus rassischen Gründen wird weiter praktiziert. In vielen Staaten werden Selbstbestimmungsrecht und Meinungsfreiheit unterdrückt. Die Menschheit ist von der Verwirklichung der hohen Ziele, die sie sich selbst in der UNO-Charta und in den Menschenrechtskonventionen gesetzt hat, weit entfernt.
Wir dürfen gegenüber diesem Unrecht und Leid nicht resignieren. Wo wir helfen können, müssen wir es nach besten Kräften tun; wo wir dazu keine Möglichkeit haben, sollten wir unsere Stimme erheben, die Leidenden unseres Mitgefühls versichern und die Verantwortlichen an ihre feierlich in internationalen Pakten übernommenen Verpflichtungen erinnern.
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Unser Engagement für Freiheit und Menschenrechte sollte universell sein und um so stärker, je schwerer die Beeinträchtigung ist.
Mir sind in den letzten Wochen viele Tausende von Briefen zugegangen, einige kritische, die ich ebenfalls sorgfältig gelesen habe, aber in ihrer großen Mehrheit ermutigende Briefe, für die ich herzlich danke. Auch diese Briefe haben mir gezeigt, wieviel menschliche und materielle Not noch immer bei uns herrscht. Zugleich aber habe ich einen starken Eindruck von der Intensität des moralischen und staatsbürgerlichen Engagements vieler unserer Mitbürger gewonnen. Sicher gibt es hemmungsloses Streben nach materiellem Genuß, gibt es Alkohol- und Drogenmißbrauch, gibt es Gewalttätigkeit, Haß und Ablehnung, die wir oft in den Medien sehen, auch in der Wirklichkeit. Die Frage ist, ob diese Szenen repräsentativ sind. Ich bezweifle das. Ich bin überzeugt, daß in unserem Volk starke Kräfte der Zuversicht, der positiven Hinwendung zum Leben, der Hilfsbereitschaft, auch der redlichen Bereitschaft - wenn es nötig ist -, Opfer zu bringen, vorhanden sind.
Auch die Jugend unseres Landes hat ebenso Ideale und ist ebenso bereit, Schwierigkeiten auf sich zu nehmen, Nachteile zu tragen, Opfer zu bringen, um anderen Menschen zu helfen, wie die Jugend früherer Generationen. Man könnte denken, daß ihre Lage heute leichter sei. Die meisten von ihnen leiden keine materielle Not, anders als die Jugend vor 35 Jahren, die nach Krieg und Zusammenbruch mit nichts anfing. Aber für die heutige Jugend stellen sich neue Probleme. Mehr noch als die Erwachsenen fragt sich die junge Generation, wie es weitergehen soll. Sie sucht nach einem Ausweg aus der Zwangslage, die sich als Folge einer weltweiten rapiden Bevölkerungszunahme, eines schnellen und weithin unkontrollierten technischen Fortschritts, abnehmender Ressourcen und politischer Spannungen zu entwickeln scheint.
Mit diesen Fragen müssen wir uns alle auseinandersetzen. Die Älteren möchte ich bitten, auf die Jüngeren zuzugehen. Den Jungen möchte ich sagen: Haltet an euren Idealen fest! Mit Klugheit, Verantwortungsgefühl, Mut, Solidarität und Geduld wird es möglich sein, gemeinsam die Lage zu meistern.
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Zum Schluß grüße ich Berlin, diese tapfere und lebendige Stadt, für die unser Herz schlägt.
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Bundespräsident Carstens
Ich werde alles tun, um die Bindungen zwischen Berlin und dem Bund im Rahmen der geltenden Vereinbarungen zu stärken und der Stadt jede nur mögliche Unterstützung zu geben.
In diesem Sinne bitte ich Sie, mir zu helfen, die Aufgaben, die mir für die nächsten fünf Jahre übertragen worden sind, so gut wie möglich zu erfüllen. Im Maße meiner' Kräfte will ich allen Bürgern dienen: zum Wohle unseres Landes, unseres - trotz der schweren Bürden, die es trägt - geliebten Vaterlandes.
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Herr Bundespräsident, die Mitglieder des Deutschen Bundestages und des Bundesrates haben sich durch Erheben und durch den Beifall für Ihre Ausführungen herzlich bedankt. Herzlich Dank!
Das Wort hat der Präsident des Bundesrates, Herr Regierender Bürgermeister Stobbe ({0}).
Meine Herren Präsidenten! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind hier versammelt, um zum vierten Male in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland den Wechsel im höchsten Amt unseres Staates zu vollziehen und zu feiern. Es ist eine Feier - lassen Sie' mich das so formulieren - ohne Prunk und Purpur. Die gemeinsame Sitzung von Bundestag und Bundesrat, die das Grundgesetz für die Vereidigung des Bundespräsidenten vorschreibt, ist schmucklos und nüchtern. Sie spiegelt wider, daß der höchste Repräsentant unseres Staates das Oberhaupt einer Republik, einer - wir sollten es nicht vergessen - jungen Republik ist.
Die Eidesleistung vor den versammelten Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates verdeutlicht zugleich jenes andere Wesensmerkmal unseres Staates, das von den Vätern des Grundgesetzes mit hohem Verfassungsrang ausgestattet und mit großem Ernst für unabänderlich erkärt worden ist. Ich meine das Prinzip der bundesstaatlichen Ordnung, die uns das Leitbild der „Einheit aus der Vielfalt" zu verwirklichen und zu bewahren gebietet.
Die Stunde, in der ein neugewählter Präsident der Bundesrepublik Deutschland sein Amt antritt, markiert zweifellos in besonders ausgeprägter, ja, exemplarischer Weise eine Stunde der Einheit. Die für jedes föderativ verfaßte Gemeinwesen so kennzeichnende und lebensnotwendige Vielfalt tritt ih diesem Augenblick zurück, um den Blick auf das Ganze zu richten, auf den Gesamtstaat und die Idee der in ihm dauerhaft eingebundenen freien Gemeinschaft.
Gleichwohl erscheint es mir angemessen, daß sich der Präsident des Bundesrates auch - oder sollte ich sagen: gerade - in einer solchen Stunde zu den Fragen des Nebeneinanders und des Miteinanders äußert, die den Bundesstaat bestimmen und deren Lösung uns täglich abverlangt wird. Vor wenigen Wochen haben wir die 30. Wiederkehr des Verfassungstages gefeiert. Gewiß signalisieren „runde" historische Daten selten oder nie eine Zäsur, weder im Leben der Menschen noch in der Entwicklung der Staaten. Dennoch schärft ein solches Datum unser Bewußtsein und gibt Anlaß, sich auf Ursprünge zu besinnen, deren Kenntnis hilft oder helfen kann, Klarheit zu gewinnen über den Weg, den wir zurückgelegt haben und den wir vor uns haben.
In den Verhandlungen des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates ist bemerkenswert lange darüber gestritten worden, ob und in welcher Form die Länderregierungen an der Wahl des Bundespräsidenten mitwirken sollten. Eine solche Mitwirkung, so läßt es sich in dem Protokoll dieser Verhandlungen nachlesen; könne „für die ganze Tätigkeit und das Ansehen des Bundespräsidenten nur wertvoll sein". In einem anderen Redebeitrag wird aus der Staatsform der „föderalen Demokratie" die Notwendigkeit gefolgert, „bei der Wahl der höchsten Spitze des Staates Volk und Länder sprechen zu lassen".
„Volk und Länder" : Das war und das ist auch im Bundesstaat ein, wie ich finde, höchst problematischer Dualismus. Denn die Paarung dieser Begriffe unterstellt, daß die Länder als etwas vom Gesamtvolk Abgehobenes, von ihm Getrenntes oder doch Trennbares existierten. So können, so wollen, so dürfen sich die Länder nicht verstehen. Eben deshalb hat es seinen guten Sinn, wenn das Verfassungsorgan Bundesrat weder, wie damals gefordert, in der Bundesversammlung Sitz und Stimme hat noch, wie ebenfalls gefordert, das Wirksamwerden der Wahl des Bundespräsidenten an die formelle Zustimmung des Bundesrates geknüpft wird.
Die Zusammensetzung der Bundesversammlung gemäß Art. 54 Abs. 3 des Grundgesetzes ist - lassen Sie das den Präsidenten des Bundesrates so sagen - nicht nur aus der Sicht der gesamtstaatlichen Einheit, sondern auch unter Berücksichtigung der föderativen Vielfalt sinnvoll und systemgerecht. Die Länder wissen sich durch die von ihren Volksvertretungen gewählten Frauen und Männer, die den Bundespräsidenten zusammen mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages wählen, in einer die bundesstaatlichen Gewichte korrekt wägenden und verteilenden Weise repräsentiert.
Im übrigen es es ja - das hat schon Max Weber treffend bemerkt - „irrig, daß jeder tatsächliche Einfluß auf die Politik sich in formellen Stimmrechten ausdrücke". Das war keine aktuelle Bemerkung. Um die Richtigkeit dieser Einsicht zu belegen, brauchen wir nicht allein an den Einfluß der Länder auf die Geschicke der Bundesrepublik Deutschland zu denken. Wir wissen, daß auch Amt und Auftrag des Bundespräsidenten zu einem nicht geringen Teil von der Wahrheit dieses Satzes leben. Wenn ich anfüge, daß Gemeinsamkeiten verbinden, soll damit nicht mehr und nicht weniger ausgedrückt werden als die Erfahrung, daß der Bundesrat, daß die Länder nie wirklich Anlaß hatten, über ein mangelndes Verständnis des Staatsoberhauptes für die spezifisch bundesstaatlichen Interessen und Erfordernisse Klage zu führen. Ich bin mir sicher, bei diesen guten Erfahrungen wird es auch in Zukunft bleiben - zum Wohle des Bundes und der Länder.
Präsident Stobbe
Der Bundespräsident ist der Präsident aller Bürger, der Schleswig-Holsteiner ebenso wie der Bayern, der Berliner ebenso wie der Saarländer, derjenigen, die ihn gewählt haben, und auch derjenigen, die ihn nicht gewählt haben. Er ist das Symbol des gesamtstaatlichen Bürgerbewußtseins, ohne das eine Demokratie, ohne das die Bundesrepublik Deutschland nicht sein und nicht vorwärtskommen könnte.
Diese Feststellung schließt nicht aus - und daran möchte ich doch gerade als Berliner erinnern dürfen -, daß es über dieses bundesrepublikanische Bürgerbewußtsein hinaus ein von gemeinsamer Geschichte und Kultur geprägtes Bewußtsein aller Deutschen gibt, das die Dimension der Bundesrepublik klar überschreitet
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und uns ins Gedächtnis bringt, daß Deutschland mehr ist.
Sehr geehrter Herr Scheel, es ist mir zugefallen, Ihnen am Ende Ihrer fünfjährigen Amtszeit den, Dank des Bundesrates für all das auszusprechen, was Sie bewirkt und bewegt haben. Wir alle wissen, daß vieles davon bleiben wird und weiterwirken wird. Sie waren ein erfolgreicher Bundespräsident. Es war Ihnen gegeben, Ihren Bemühungen um einen menschlichen Staat Nachdruck zu verleihen. Vor fünf Jahren haben Sie in Ihrer Antrittsrede die parteipolitische Neutralität des Bundespräsidenten als Bindung beschrieben, die nicht Ferne, sondern Nähe schaffe. Die persönliche Autorität, die Sie überall genießen, und die offene Sympathie, die Ihnen ,die Bürger entgegenbringen, machen deutlich, daß Sie den Menschen in unserem Land mit ihren Problemen und Sorgen tatsächlich nahe waren.
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In unseren Dank, den ich hiermit ausspreche, schließe ich Sie, sehr verehrte Frau Dr. Scheel, ein. Das Leben an der Seite eines Bundespräsidenten legt viele Pflichten auf. Sie haben sich mit Ihrem Engagement für die Krebsbekämpfung zusätzlichen Aufgaben verschrieben. Auch die Länder schulden Ihnen Dank und Anerkennung.
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Sehr geehrter Herr Bundespräsident Professor Carstens, Ihnen möchte ich heute nach Ihrer Vereidigung noch einmal die Glückwünsche des Bundesrates aussprechen. Sie haben nach langer verantwortlicher Tätigkeit im Dienst der Allgemeinheit nunmehr das höchste Amt inne, das unser Staat zu vergeben hat. Ihre politische Erfahrung, die Sie zunächst im Dienste eines Landes, dann in der Bundesregierung und schließlich als Präsident des Deutschen Bundestages gewinnen konnten, ermöglicht es Ihnen, sich den Aufgaben Ihres neuen Amtes mit besonderer Umsicht zu stellen.
Die vor uns liegenden 80er Jahre werden - das ist abzusehen - neue Fragen aufwerfen. Ich gehöre zu denen, die glauben, daß es brachiale Fragen und große Herausforderungen sein werden, die auf uns zukommen. Es gilt z. B., den Frieden in einem Land zu sichern, das mit zwei unterschiedlichen Gesellschaftssystemen leben muß und das wir von den Gefahren der Konfrontation wegführen müssen hin zu den Chancen, die in der Kooperation liegen. Es gilt, Ökonomie und Ökologie gewissermaßen in ein neues Gleichgewicht zu bringen. Wir wissen alle, daß dies schwere Konflikte bedeuten wird. Es gilt, soziale Gerechtigkeit vor dem Hintergrund internationaler Verteilungskämpfe um knapper werdende Ressourcen zu sichern. Es gilt, eine gewiß schwierige Jugend, die vieles anders sieht als wir und die schließlich und endlich ein Recht darauf hat, ihren Weg zu gehen, an unseren Staat, an unsere Demokratie zu binden.
Das alles und mehr steht vor uns. Ich gehöre zu denen, die glauben, daß nichts fertig ist in unserem Land, in unserem Staat, in unserer Gesellschaft, in unserem Volk, soviel auch erreicht wurde. Die Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland werden sich bei der Lösung dieser Aufgaben in ihrem Zusammenspiel erneut zu bewähren haben.
Als eine gemeinsame Aufgabe aller politischen Kräfte unseres Landes haben Sie, Herr Bundespräsident, nach Ihrer Wahl die Festigung und den Ausbau des sozialen und freiheitlichen Rechtsstaats herausgehoben. Ja, das ist die Aufgabe, vor der wir alle stehen.
Ich wünsche Ihnen, zugleich auch Ihrer Gattin, namens des Bundesrats bei Ihrer Amtsführung Glück und Erfolg.
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Ich danke dem Herrn Präsidenten des Bundesrats sehr herzlich für seine Ausführungen.
Meine sehr verehrten Damen,. meine Herren, damit sind wir am Ende der gemeinsamen Sitzung der Mitglieder des Deutschen Bundestages und des Bundesrats angekommen.
Ich schließe die Sitzung.