Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich einige Mitteilungen machen.
Im interfraktionellen Einvernehmen wird für die Sommerpause folgende Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde empfohlen. Jedes Mitglied des Bundestages ist berechtigt, in den Monaten Juli und August 1979 je vier Fragen an die Bundesregierung zu richten, die schriftlich beantwortet werden. Die Fragen für den Monat Juli müssen bis spätestens Freitag, den 27. Juli 1979, 12 Uhr, die für den Monat August bis spätestens Freitag, den 24. August 1979, 12 Uhr, im Parlamentssekretariat, Zimmer 23 A, eingehen.
Diese Abweichung von der Geschäftsordnung muß vom Bundestag nach § 127 der Geschäftsordnung mit der in diesem Paragraphen vorgesehenen Mehrheit beschlossen werden. Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist. Ich bitte um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist dies nach § 127 so beschlossen.
Eine weitere Mitteilung: Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Geltung der Regelung über die Führung der Aussprachen und damit insbesondere die Geltungsdauer der Bestimmungen über die Aussprache mit Kurzbeiträgen, die in der ersten Juliwoche abläuft, bis zum Ende dieser Legislaturperiode zu verlängern. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Im übrigen darf ich hinzufügen, daß sich die Kurzdebatte außerordentlich gut bewährt hat.
Es liegt Ihnen ein Überweisungsvorschlag zu einer Vorlage vor, die keiner Beschlußfassung bedarf und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden soll. Es handelt sich um folgende Vorlage:
Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1979 bis 1982 Sonderrahmenplan 1977 bis 1980
- Drucksache 8/2754 zuständig: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({0})
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Haushaltsausschuß
Erhebt sich Widerspruch gegen die vorgeschlagene Überweisung? - Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung
Der Vermittlungsausschuß hat zu dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen
Gesetz zur Einführung eines Mutterschaftsurlaubs und zu dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen
Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Mutterschutzgesetzes
das Verfahren ohne Einigungsvorschlag abgeschlossen.
Seine Schreiben werden als Drucksachen 8/2995 und 8/2996 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 13. Juni 1979 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung und in Abstimmung mit dem Bundesminister des Innern die Kleine Anfrage der Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Schulte ({1}), Spitzmüller und Genossen betr. Risiken bei der Verwendung von Strahlen - Drucksache 8/2905 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/2985 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 15. Juni 1979 in Abstimmung mit den Bundesministern des Innern, für Arbeit und Sozialordnung, für Wirtschaft, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie des Bundeskanzleramtes die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Becker ({2}), Dr. Wörner, Dr. Dregger, Franke, Frau Dr. Neumeister, Frau Geier, Frau Karwatzki, Dr. George, Dr. Hammans, Gerlach ({3}), Frau Verhülsdonk, Höpfinger, Horstmeier und der Fraktion der CDU/ CSU betr. Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung im Spannungs- und Verteidigungsfall - Drucksache 8/2906 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/2992 verteilt.
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 30. Mai bis 19. Juni 1979 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/3004 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen.
Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe als ersten Punkt den Tagesordnungspunkt 28 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
- Drucksache 8/2751 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Innenausschuß ({4})
Ausschuß für Wirtschaft
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
Das Wort hat der Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung bleibt bei ihrer zielstrebigen, langfristigen und konsequenten Politik der Vorsorge zur Sicherung unserer natürlichen Umwelt. Sie
wird sich weder von der Schwärmerei der „Grünen" noch von denjenigen beirren lassen, die unter der falschen Flagge der Energiesicherung eine Demontage des Umweltschutzes anstreben.
({0})
Erst in einer energiewirtschaftlich schwierigen Situation zeigt sich, ob wir es wirklich ernst meinen mit dem Umweltschutz. Wie immer sich die Lage auf dem Ölmarkt in der nächsten Zeit entwickeln wird und wie immer der Anteil der Kernenergie an der Energieversorgung der Bundesrepublik ausfallen wird, sicher muß jedenfalls mittelfristig verstärkt auf die heimischen fossilen Brennstoffe zurückgegriffen werden. Werden aber neue Kohlekraftwerke gebaut, so muß beachtet werden, daß konventionelle Kraftwerke, mit fossilen Brennstoffen betrieben, in erheblichem Maße zur Luftverunreinigung beitragen trotz ständiger Verbesserung der Feuerungstechnik. Nur bei Ausrüstung der Kohlekraftwerke nach neuestem Stand der Technik mit Umweltschutzanlagen kann ein Ansteigen der Belastungen vermieden werden. Nach den Forderungen der TA Luft werden allein in einem 700-MW-Kohlekraftwerk die Schwefeldioxidemissionen von 26 000 Tonnen Mittelwert 1975 auf 8 500 Tonnen herabgesetzt, bei Staub von 4 000 Tonnen 1975 auf 1 500 Tonnen. Die Entwicklung, also der Sprung, den man machen kann, ist doch erheblich; vorausgesetzt, daß man die neuen Werte und Vorschriften akzeptiert, über die wir heute reden, meine Damen und Herren.
Die Sanierungsklausel des neuen § 6 b BImSchG soll den Einbau neuer Techniken beschleunigen, die geplante Verordnung über Großfeuerungsanlagen die Luftverschmutzung durch Groß-Emittenten eindämmen. Erst mit diesen flankierenden Maßnahmen, zu denen auch Investitionshilfen und -anreize gehören, ist Nutzung der Kohle zur Lösung der Probleme des Noch-Ölzeitalters zu vertreten.
Ohne den Einsatz aller technischen Möglichkeiten zur Verminderung der bei Kohlekraftwerken entstehenden Schadstoffe werden neue Standorte für Kohlekraftwerke schwer zu finden sein. Andererseits zeigt die Genehmigungspraxis in Nordrhein-Westfalen, daß selbst in belasteten Gebieten neue Steinkohlekraftwerke mit einer Leistung von bisher über 9 000 MW errichtet werden können, ohne daß schädliche Umwelteinwirkungen in unzumutbarer Weise hervorgerufen werden. Erst diese durchgeführten Umweltschutzauflagen machen Investitionsentscheidungen der Kraftwerksunternehmen kalkulierbar.
Anlaß für die Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes war eine gerichtliche Entscheidung zum Bau des Steinkohlekraftwerks in Voerde. Diese Entscheidung hatte die Anwendbarkeit der TA Luft in Frage gestellt. Die dadurch entstandene Rechtsunsicherheit ist inzwischen durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar 1978 behoben worden. Diese Rechtsprechung will der Gesetzentwurf verfestigen.
Die Vermutungsklausel bindet jetzt alle Gerichte an die Immissionswerte der TA Luft. Das BundesImmissionsschutzgesetz schützt als Magna Charta der Luftreinhaltung nicht nur die Gesundheit des Menschen, sondern darüber hinaus seine Lebensgrundlagen. Das bedeutet Schutz von Tieren, Pflanzen und empfindlichen Sachgütern. Dieser weitreichende Schutz besteht im übrigen seit der Preußischen Gewerbeordnung von 1845. Es geht dabei heute nicht nur um den Schutz des Eigentums, sondern viel stärker auch um die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von ökologischen Systemen.
({1})
Wir werden in unserer Umweltpolitik viel stärker als bisher von der punktuellen Betrachtung einzelner Medien - Wasser, Luft - wegkommen müssen. Wir müssen vielmehr zu einer ökologischen Gesamtbetrachtung der verschiedenen Ökosysteme in unserem Lande kommen, also nicht mehr so sehr generelle Lösungen, sondern solche Lösungen anstreben, die auf die einzelnen Ökosysteme bezogen werden auf der Grundlage von genauen Erkenntnissen, die wir über die einzelnen Systeme gewinnen. Dies wird die Umweltpolitik der achtziger Jahre kennzeichnen.
Die Novellierung des heutigen Gesetzes ist eine Gesetzgebungsarbeit der Verfeinerung und der Anpassung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die wir jetzt vornehmen müssen. Im übrigen treten wir in eine Phase ein, die nicht so sehr durch Gesetzgebung gekennzeichnet sein wird, sondern durch die Umsetzung der Gesetze, die in diesem Hause - meistens von allen Parteien gemeinsam
- beschlossen worden sind.
({2})
- So ist es, Herr Kollege. Im übrigen werden wir uns dagegen wehren, daß die Gesetze, die wir hier gemeinsam beschlossen haben, von einigen Ländern in Frage gestellt werden. Ich denke an das Abwasserabgabengesetz.
({3})
Die Anhörung von Sachverständigen im Februar 1978 in Berlin hat ergeben, daß die Immissionswerte nicht in allen Fällen ausreichen, um den angestrebten Schutzzweck zu erfüllen. Die Bundesregierung muß hieraus Konsequenzen ziehen. Sie konnte nicht weite Bereiche des Bundesgebietes einer schleichenden Umweltzerstörung preisgeben.
Auf der anderen Seite sind die in den letzten 100 Jahren entstandenen hochindustrialisierten Regionen an Rhein, Ruhr und Saar ein Faktum, auf dem der hohe Leistungsstand unserer Wirtschaft weitgehend beruht. Von niemandem ist - bei allen Kontroversen im einzelnen - bestritten worden, daß immer und überall der Schutz der menschlichen Gesundheit gewährleistet sein muß. In Abwägung zwischen den klaren Schutzzielen des Gesetzes und den Erfordernissen von Beschäftigung und wirtschaftlichem Wachstum konnte die Bundesregierung auf keinen Fall jetzt auch die bisher wenig belasteten Räume der Verschmutzung preisgeben.
Die Novellierung bestätigt die über einhundertjährige Tradition des vorsorgenden Umweltschutzes. Sie schafft nicht, wie vielfach in der Öffentlichkeit behauptet, Bürger erster und zweiter Klasse. Es geht auch nicht um den Schutz von Lurchen und Mimosen um ihrer selbst willen. Ziel der Novellierung ist, dem Vorsorgegebot für die bisher wenig belasteten Gebiete ein verstärktes Verbesserungsgebot für belastete Gebiete an die Seite zu stellen. Ohne Umweltschutz wäre das Wirtschaftswachstum der Nachkriegszeit an Rhein, Ruhr und Saar gar nicht denkbar gewesen. Wir haben intensive Anstrengungen unternommen, auch unter Einsatz von Steuermitteln; denken Sie an das RheinBodensee-Programm. Wir haben Erfolge erzielt, aber auf einer ganzen Reihe von Gebieten den Durchbruch im Umweltschutz noch nicht erreicht. Wir haben einen Stillstand, ein Abstoppen der Zuwachsraten erreicht. Doch es muß noch vieles geschehen. Zur Selbstzufriedenheit ist kein Anlaß.
Man kann also sagen: Die weitere wirtschaftliche Entwicklung und das weitere Wirtschaftswachstum hängen ganz eng mit einem intensiven Umweltschutz zusammen. Ohne vorsorgenden Umweltschutz gibt es kein Wirtschaftswachstum.
Verbesserung wird auch weiterhin durch Luftreinhalteplanung und -sanierung erreicht werden, so daß die notwendige wirtschaftliche Weiterentwicklung auch in den Belastungsgebieten sichergestellt ist.
Eine Hochschornsteinpolitik ist allerdings keine Verbesserung. Sie würde nur dazu führen, daß der Schmutz bis in unsere Nachbarländer verteilt wird.
({4})
Im November wird eine Konferenz der Europäischen Wirtschaftskommission ({5}) eine Konvention verabschieden, die Vereinbarungen über die Kontrolle und Bekämpfung weiträumiger Luftverschmutzungen zum Inhalt hat. Im übrigen ist auch in der EG niemand bereit, die Hochschornsteinpolitik mitzutragen.
In der EG beraten wir im übrigen zur Zeit die 1. Richtlinie gegen Luftverschmutzung. Sie betrifft das Schwefeldioxid. In dieser Woche haben wir in Luxemburg einige wichtige Vorentscheidungen dazu getroffen, die unsere Meinung bestätigen.
Die Bundesregierung will nicht jegliche Ansiedlung von Gewerbebetrieben in wenig belasteten Gebieten verhindern. Im Normalfall ist die Umweltschutztechnik längst auf einem Leistungsstand, daß die schädlichen Auswirkungen in Grenzen gehalten werden können. Für die auftretenden Probleme sind differenzierte Regelungen im Gesetzentwurf vorgesehen, die in jedem Einzelfall ein Abwägen zwischen den Erfordernissen des Umweltschutzes und wirtschaftlichem Wachstum ermöglichen. Diese Entscheidungen müssen selbstverständlich vor Ort, also von den Ländern selbst getroffen werden. Nur auf diese Weise können örtliche und regionale Zielkonflikte sachgerecht, bürgernah und
entsprechend unserer föderativen Verfassungsordnung getroffen werden.
({6})
Der Bundesrat stellt nun die Konzeption der Bundesregierung geradezu auf den Kopf. Nach seinen Vorstellungen sollen überall nur jene Immissionswerte angewendet werden, die die menschliche Gesundheit schützen. Die Landesregierungen sollen ermächtigt werden, Gebiete besonderer Luftreinhaltung zu bestimmen. Nur in diesen „Naturschutzreservaten" - wie ich es einmal nennen möchte - würde der Schutzzweck des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in vollem Umfang erhalten bleiben. Die Ausnahme würde zum Regelfall. Das wäre - so möchte ich behaupten - eine Demontage der Umweltschutzziele, die wir hier für richtig halten und die wir auch dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zugrunde gelegt haben.
({7})
Die vom Bundesrat vorgeschlagene grundsätzliche Einengung des Umweltschutzes auf Gesundheitsschutz ist auch aus wirtschaftspolitischen Gründen nicht geboten, schon gar nicht aus Gründen einer gesicherten Energieversorgung. Nach wie vor können auf Grund von Ausnahmegenehmigungen der Landesregierungen Kohlekraftwerke in wenig belasteten Gebieten gebaut werden. Selbst in Belastungsgebieten wird der Bau von Kohlekraftwerken nicht zu einer Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung führen, wenn wir die Umweltschutzvorschriften und den Stand der Technik, der sich enorm entwickelt hat, strikt beachten. Notwendig ist allerdings, daß überalterte Anlagen, insbesondere die ersten Kohlekraftwerke der Nachkriegszeit, überall, vor allem in Ballungsgebieten, endlich durch umweltfreundliche Kraftwerke mit höherem Energienutzungsgrad - das kommt j a hinzu - ersetzt werden.
({8})
Die Kraftwerkswirtschaft und die Energieversorgungsunternehmen sind aufgerufen, gleichzeitig ihren Beitrag zur Verbesserung der energiewirtschaftlichen Lage und der Umweltsituation zu leisten.
({9})
- Und zwar in allen Bundesländern. Das ist ein wichtiger Hinweis, Herr Kollege.
Die Novellierung ist mit dem Ziel begonnen worden, mehr Rechtssicherheit für Investitionen zu schaffen. Es darf aber nicht dahin kommen, daß diese Bemühungen durch rechtlich gewagte. und umweltpolitisch nicht zu verantwortende Lösungen letztlich in Frage gestellt werden. Ich bin mir bewußt, daß das Problem des Pflanzenschutzes in einem so unterschiedlich strukturierten Land wie der Bundesrepublik Deutschland nicht leicht zu lösen ist. Hier verdienen die Bemühungen der für die Genehmigungspraxis verantwortlichen Fachgremien der Länder Anerkennung, schon auf der Grundlage des geltenden Rechts nach Lösungen zu suchen, die den Anliegen der Bundesregierung und des Bundesrats gleichermaßen gerecht werden, nämlich
Stärkung der Rechtssicherheit und Güterabwägung.
Angemessener Pflanzenschutz soll dadurch gewährleistet werden, daß in jedem Genehmigungsverfahren individuell, also nicht schematisiert, und unter Anwendung der von der Rechtsprechung zum Nachbarschutz entwickelten Grundsätze geprüft wird, ob Pflanzen und Ökosysteme ausreichend geschützt sind. Im Interesse der Rechtssicherheit werden den Genehmigungsbehörden klare Auslegungskriterien an die Hand gegeben. Ich meine, daß sich hier möglicherweise Ansätze zeigen könnten, um gemeinsam zu einer zufriedenstellenden Lösung zu kommen.
({10})
Die Bundesregierung legt Ihnen mit dieser Novellierung ein ausgewogenes Konzept zur Fortschreibung unserer Luftreinhaltepolitik vor. 1974 fand das Bundes-Immissionsschutzgesetz die Zustimmung aller Fraktionen. Nach wie vor ist dieses Gesetz eines der fortschrittlichsten Umweltgesetze der Welt und Kernstück des von uns allen in diesem Hohen Hause in den letzten Jahren erarbeiteten Gesetzgebungsprogramms im Umweltschutz. Wir stehen jetzt in der Tat an einer Wende: Wollen wir leichtfertig das Erreichte aufs Spiel setzen oder gemeinsam nach Wegen suchen, auch angesichts energiewirtschaftlicher Zwänge den geraden Kurs unserer Umweltpolitik kontinuierlich fortzusetzen?
Umweltschutz ist keine tagespolitische Schönwetteraufgabe, die heute so und morgen so betrieben werden kann. Sie braucht langen Atem und Festigkeit in der Abwehr von Interessenforderungen an allen Fronten, auch beim Zurückweisen des vorgeschobenen Vorwurfs der Überbürokratisierung durch Umweltgesetze, wie er jetzt beim Abwasserabgabengesetz erhoben wird. Ich habe schon darauf hingewiesen: Wir werden es nicht zulassen, daß dieses Gesetz, das von einigen ohnehin als unzureichend empfungen wird und das wir in der nächsten Legislaturperiode sicher noch einmal überprüfen müssen, durch den vorgeschobenen Vorwand in Frage gestellt werden soll, es führe zu einer Überbürokratisierung.
({11})
Es wäre verhängnisvoll, wenn wir hinter die Preußische Gewerbeordnung von 1845 zurückgingen. Wir sollten bei der Novellierung nicht vergessen, daß wir in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Umweltschutz brauchen, gerade wenn wir als Industrienation überleben wollen. Wir brauchen Umweltpolitik mit Augenmaß, eine kontinuierliche Umweltpolitik, auf die sich alle einstellen können. Es darf kein Auf und Ab geben, etwa nach den Gegebenheiten der Wirtschaftskonjunktur oder nach den Gegebenheiten der Energiesicherung. Wir brauchen den „Grünen" nicht nachzulaufen. Wir haben uns in einer kontinuierlichen Umweltpolitik nie beirren lassen.
Wir stehen jetzt vor der Frage, wie wir das vorhandene Umweltbewußtsein der Bevölkerung noch
stärker als bisher für die Ziele der Umweltpolitik einsetzen können. Wir stehen vor der Frage, wie die Umweltpolitik der 80er Jahre gestaltet sein soll. Sie wird nicht mehr allein eine Gesetzgebungspolitik sein können - Gesetz und Verordnung werden in den Hintergrund treten -, sondern es wird verstärkt um die Bewertung einzelner Ökosysteme gehen müssen, unter Einbeziehung verschiedenster Fachpolitiken, vor allem aber aller Elemente auch des Naturschutzes und der Landschaftspflege, und zwar in einer Gesamtbetrachtung. Wir müssen also von Reparaturen zu konsequenter Umweltvorsorge kommen.
Das Parlament, hoffe ich, wird zu gegebener Zeit Gelegenheit finden, diese ökologischen Perspektiven der zweiten Phase unserer Umweltpolitik zu diskutieren. Heute geht es darum, daß wir das 1974 gemeinsam Vereinbarte nicht in Frage stellen, sondern im Interesse des Schutzes unserer Umwelt gemeinsam fortentwickeln.
({12})
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Volmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu Beginn einige allgemeine Gedanken vorausschicken. Der bekannte britische Volkswirt David Ricardo erklärte im Jahre 1817, daß Wasser und Luft, obwohl schlechthin existenznotwendig, dennoch ohne jeden Marktwert seien, während doch zugleich das viel weniger wichtige Gold einen so unvergleichlichen Marktwert besitze.
Zu Ricardos Zeiten waren Wasser und Luft eben noch im Überfluß vorhanden; genauer gesagt: Es gab genügend unverschmutztes Wasser, und die Luft war so rein, wie man es sich nur wünschen konnte. Niemand wurde durch Mangel an diesen Dingen ernstlich bedrückt. Volkswirtschaftliche Kosten entstanden nicht. Kurz: Die Umwelt gehörte damals zum außerwirtschaftlichen Bereich; trotz ihres immensen Nutzens war diese Umwelt nichts wert.
Heute, meine Damen und Herren, ist das völlig anders geworden. Durch die unerhörte Ausweitung der industriellen Aktivität in den letzten 200 Jahren, die sprunghaft gestiegene Belastung der Umwelt mit Abfallstoffen und durch den Zwang, diese Umweltbelastung zu begrenzen, hat die Umwelt den außerwirtschaftlichen Bereich längst verlassen. Entscheidungen, die sich auf die Umwelt auswirken, sind damit zugleich auch ökonomische Entscheidungen geworden.
Umweltgüter gehören zu den knappsten Gütern überhaupt. Jede Beanspruchung der Umwelt verursacht ganz erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Wenn die Umweltbelastung nämlich schließlich zum Zusammenbruch des ökologischen Gleichgewichts und damit zur Vernichtung unserer Existenzgrundlage führen würde, so wären die volksVolmer
wirtschaftlichen Kosten umweltbelastender Aktivitäten ganz einfach unendlich.
Nun muß das Ausmaß der Gesamtbelastung irgendwie begrenzt werden. Aber gerade dadurch erhält das Problem seine ökonomische Dimension; denn durch politisch verfügte Beschränkungen der zulässigen Umweltbelastung entsteht Knappheit an erlaubten Umweltnutzungen.
Wer jetzt und heute eine dieser verknappten Nutzungen für sich beansprucht, entzieht sie einem anderen potentiellen Nutzer und verursacht infolgedessen volkswirtschaftliche Kosten. Ihre Höhe hängt davon ab, wie nachdrücklich die Beschränkung insgesamt geduldeter Umweltbelastung gehandhabt wird. Werden nur wenige Nutzungen gestattet, so muß auf weitere hochwertige Nutzungen verzichtet werden, was wiederum hohe volkswirtschaftliche Kosten bedeutet. Sind die Beschränkungen locker, so ergeben sich niedrigere volkswirtschaftliche Kosten, da die erforderlichen Nutzungsverzichte weniger schwerwiegend sind. Das ist natürlich nicht allein im Bereich des Umweltschutzes so, sondern ganz allgemein.
Wenn heute lautstark die Forderung erhoben wird: Ökologie vor Ökonomie - so las ich es kürzlich; dies soll der Staatssekretär Dr. Hartkopf gesagt haben -, kann ich diese Auffassung nicht teilen und nicht mit vertreten. Gerade wirksame Umweltpolitik macht den Umweltschutz zu einem ökonomischen Problem. Dieses außer acht zu lassen hieße nichts anderes, als ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Zusammenhänge vorzugehen. Das wäre extrem teuer und würde den Widerstand in der Bevölkerung gegen wirksamen Umweltschutz rasch anwachsen lassen. Ökologie vor Ökonomie ernstgenommen, bietet so die Gewähr für mangelhaften und weniger wirksamen Umweltschutz.
({0})
Solide Umweltpolitik muß mit den unvermeidlichen Knappheitsfolgen rechnen, um die Kasten des Umweltschutzes niedrig zu halten. Die Belange der Ökologie können wirksam nur mit Hilfe der Ökonomie wahrgenommen werden. Diese Zusammenhänge gilt es zu beachten, wenn wir an die Beratung dieses Gesetzes gehen. Man muß sich diese Zusammenhänge vor Augen halten, wenn man in vernünftiger und verantwortungsbewußter Weise Anforderungen zur Verringerung unerwünschter und schädlicher Umweltbelastungen festsetzen will.
Das Bundes-Immissionsschutzgesetz ist gerade gut fünf Jahre in Kraft und hat schon einige Veränderungen erfahren.
({1})
- Herr Konrad, wenn ich Ihre Veröffentlichung lese, halten Sie ja den vorliegenden Entwurf auch nicht für der Weisheit letzten Schluß. Von verschiedenen Ermächtigungen zum Erlaß von Verordnungen ist bisher noch nicht Gebrauch gemacht worden. So fehlt uns z. B. noch die Störfall-Verordnung. Gerade diese Verordnung wäre so notwendig, wenn eine bessere Vorbeugung gegen Störfälle der chemischen Industrie erreicht werden soll.
Auch im praktischen Vollzug sind die Möglichkeiten des Gesetzes noch gar nicht voll ausgeschöpft und ausgelotet worden. Ich meine, dazu gehört auch die Durchführung von Gerichtsverfahren.
Nun liegt uns der Entwurf eines Zweiten Änderungsgesetzes vor, mit dem erhebliche Änderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes herbeigeführt werden sollen. Wir hören von vielen Seiten, diese Änderung sei dringend erforderlich, um einmal die Rechtssicherheit zu erhöhen und zum anderen eine Güterabwägung zwischen den Erfordernissen des Umweltschutzes und den Erfordernissen von Beschäftigung und wirtschaftlichem Wachstum zu erleichtern. Der Deutsche Industrie- und Handelstag sagt dazu in einem Schreiben vom 16. Juni 1979 folgendes:
Der Regierungsentwurf verfolgt diese Zielsetzung nur in den von den Landesregierungen ausgewiesenen Belastungsgebieten, die, bezogen auf die Gesamtfläche des Bundesgebietes, noch nicht einmal 5 °/o ausmachen.
({2})
- Sie können es ja gleich gradestellen, Herr Konrad. Es heißt dort weiter:
Auf 95 °/o der Fläche und damit auch für den größten Teil der Förderungsgebiete nach der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur werden durch das sogenannte Verschlechterungsgebot die bestehende Rechtsunsicherheit durch Einführung neuer, unbestimmter Rechtsbegriffe verstärkt, Genehmigungsverfahren in diesen Gebieten also unkalkulierbar gemacht und die wirtschaftliche Weiterentwicklung im größten Teil des Bundesgebietes durch eine immissionsrechtliche Status-quo-Politik unterhalb des Niveaus der Immissionswerte der Technischen Anleitung Luft gebremst bzw. von Ausnahmeentscheidungen der Landesregierung abhängig gemacht. Der Gesetzentwurf, der vorliegt, kehrt
- so folgert der Industrie- und Handelstag damit die Zielsetzungen des Kabinettsbeschlusses vom 11. 11. 1977 in ihr Gegenteil um.
So weit der Deutsche Industrie- und Handelstag.
({3})
Gerade der Bundeskanzler und diejenigen, die am lebhaftesten diese Gesetzesänderung fordern, haben bisher häufig mit beredten Worten über die Flut immer neuer Gesetze und Vorschriften Klage geführt. Da auch wir für eine energische Eindämmung der Gesetzesflut eintreten, werden wir, wenn auch vieles für die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes spricht, die Notwendigkeit dieser Gesetzesänderung sehr sorgfältig prüfen.
Im Umweltgutachten, Herr Kollege Konrad, - wir haben neulich darüber gesprochen -, aus dem Jahre 1978 heißt es in Ziffer 707:
Es erscheint vielmehr geraten, das Abfallbeseitigungsrecht bereits sehr kritisch auf mögliche Überregelungen zu prüfen.
Wir sollten also sehr darauf achten, daß dieselbe Formulierung nicht in einem späteren Umweltgutachten bei der Luftreinhaltung zu finden ist.
Auch die Verrechtlichung der bisherigen Verwaltungsvorschriften der Technischen Anleitung Luft muß sehr kritisch gewürdigt werden.
Wer vom Umweltschutz redet, denkt natürlich an das stark belastete Ruhrgebiet, aus dem ich selbst komme. Hierzu schrieb jedoch der Kollege Reuschenbach am 3. April 1979 im „Sozialdemokratischen Pressedienst"
({4})
- eben; aber hören Sie einmal bis zum Ende zu, dann werden Ihre Zwischenrufe vielleicht ein bißchen leiser -, das offenbar unausrottbare Image eines verrußten und verdreckten Landstriches sei nicht nur ärgerlich und falsch, sondern vor allem der dringend erforderlichen Strukturverbesserung abträglich.
Die Wirklichkeit sei anders, denn nirgendwo sei der Kampf gegen Umweltbelastungen entschlossener aufgenommen worden als im Herzen Nordrhein-Westfalens.
({5})
- Sie stimmen mir alle zu; hoffentlich stimmen Sie gleich auch meiner Schlußfolgerung zu.
({6})
Dann zählt der Kollege Reuschenbach auf: Nordrhein-Westfalen erläßt Anfang der 60er Jahre als erstes Bundesland ein Landes-Immissionsschutzgesetz.
({7})
1963 richtet Nordrhein-Westfalen die Landesanstalt für Immissionsschutz ein, die die größte und modernste in Europa sei. Seit 1964, so schreibt der Kollege Reuschenbach, betreibe Nordrhein-Westfalen ein Smog-Warnsystem zur Gefahrenabwehr bei schlechten Wetterlagen. Seit 15 Jahren betreibe Nordrhein-Westfalen die umfassendste, flächendekkende Luftüberwachung, die ohne Parallele in der Welt sei.
({8})
Seit Mitte der 60er Jahre leitet Nordrhein-Westfalen ein Programm zur Beseitigung des braunen Rauches aus Thomas-Stahlkonvertern ein. Ab 1965 läßt Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland die häuslichen Ölfeuerungen überwachen und reduziert den Anteil schlecht eingestellter Anlagen von 60 auf 10 %. Wahrlich beachtenswerte Leistungen!
({9})
- Ich bestätige gern Ihren Beifall, Kollege Konrad, aber auch die Richtigkeit der vom Kollegen Reuschenbach in so superlativer Form vorgetragenen
Leistungen, und ergänze ganz schlicht und eindeutig: Dies alles wurde von der CDU-Regierung Meyers geleistet.
({10})
- Willy Brandt hat schon vieles versprochen und wenig gehalten. Dafür ist er bekannt.
Nun lassen Sie mich zum Gesetzentwurf der Bundesregierung und auch zur Stellungnahme des Bundesrats noch einige Worte sagen. Anlaß für diese Gesetzesinitiative der Bundesregierung war
- ich halte es einfach für notwendig, auch dies einmal ins Gedächtnis zurückzurufen - nicht etwa nur die Sorge um die weitere Verbesserung des Umweltschutzes, der Luftreinhaltung, sondern die Sorge über einen insbesondere Anfang dieses Jahres vielbeklagten Investitionsstau. Industrievorhaben in Milliardenhöhe sollen laut Angaben des Regierungssprechers Grünewald durch Hindernisse in den Genehmigungsverfahren und durch sonstige Widerstände gegen ihre Verwirklichung nicht realisiert worden sein. Für den Kraftwerksbereich nennt Grünewald alleine einen Investitionsstau von 9,4 Milliarden DM.
Durch den Gang der Diskussion sah sich Minister Baum im Mai 1978, damals noch Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, veranlaßt, öffentlich zu beteuern, die beabsichtigte Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes solle nicht zum Abbau des Umweltschutzes führen - er hat das vorhin ja wiederholt -, sondern im Gegenteil werde das bewährte Bundes-Immissionsschutzgesetz und die Technische Anleitung Luft zur Reinhaltung der Luft uneingeschränkt in Kraft bleiben und weiteren Schutz vor weiteren Schadstoffen bieten. Außerdem werde der Schutz tierischen und pflanzlichen Lebens in weiteren Gebieten der Bundesrepublik Deutschland erheblich verstärkt.
Wenn man die im Vorblatt des uns jetzt vorgelegten Gesetzentwurfes genannte Zielsetzung liest, fragt man sich, woher die von Herrn Baum propagierte Verschärfung der Umweltschutzanforderungen kommt.
Aber vielleicht ist Herr Baum nur Opfer seiner Rolle, in die er immer wieder allzu gerne schlüpft, und einer möglicherweise daraus abgeleiteten selbstverschuldeten Legendenbildung geworden, nämlich d e r Umweltschützer zu sein. Vielleicht ist er aus diesem Grund nicht in der Lage, die harte Notwendigkeit zu erkennen, Umweltschutz und Wirtschaftentwicklung in unserem Land in vernünftige Übereinstimmung zu bringen.
Nehme ich vor diesem Hintergrund einen wesentlichen Punkt der vom Bundesminister des Innern vorgeschlagenen Änderung der Technischen Anleitung Luft, beispielsweise die Vergrößerung der Beurteilungsfläche im Immissionsüberwachungsverfahren von 1 qkm auf 16 qkm, dann frage ich mich sehr ernsthaft: Wo sind die Ziele - ErVolmer
höhung der Rechtssicherheit und Verbesserung des Schutzes unserer Umwelt - geblieben?
Dazu rufe ich einen für uns unverdächtigen Zeugen auf, nämlich die von der gleichen Koalition wie in Bonn getragene Landesregierung Nordrhein-Westfalen. Sie hat in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage vom 13. März 1979 festgestellt - ich zitiere -:
... würden die Karten zur Darstellung der Immissionsbelastung auf diese
- ich ergänze: von der Bundesregierung vorgeschlagenen 16 qkm großen Beurteilungsflächen umgestellt, so ergäben sich bei der im Ruhrgebiet wesentlichen Luftverunreinigungskomponente Schwefeldioxid z. B. in den Jahren 1977 und 1978 keine Überschreitungsflächen mehr. Demgegenüber ergeben sich nach der bisherigen Methode Überschreitungen auf etwa 230 qkm oder 7 °/o des Meßgebietes.
Und ich zitiere weiter:
Wenn künftig auf 16 qkm große Beurteilungsflächen abgestellt wird, ist im Hinblick auf die Ermächtigungsgrundlage zur Festsetzung von Belastungsgebieten in § 44 Abs. 2. BImSchG bei der Aufstellung
- ich füge hinzu: von Luftreinhalteplänen mit Schwierigkeiten zu rechnen. Ferner würde die systematische Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in den Ballungsräumen beeinträchtigt werden.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen legt eingehend dar, daß bei einer größeren Beurteilungsfläche die Rechtssicherheit im Zusammenhang mit außergewöhnlich ungleichmäßiger Schadstoffverteilung geringer ist als bei einer kleineren Beurteilungsfläche.
({11})
Landesminister Zöpel hat dies, wenn Sie einmal das Protokoll nachlesen wollen, auch im Bundesrat deutlich gemacht, als er erklärte, daß sich die Landesregierung Nordrhein-Westfalen noch nicht in der Lage sehe, der Konzeption dieses Gesetzentwurfs voll zuzustimmen. Sobald abzusehen sei, so Herr Zöpfel, welche Fassung das Gesetz erhalte, werde seine Landesregierung die Auswirkungen der vorgesehenen Rechtsänderungen noch einmal sogfältig prüfen und dann eine endgültige Stellungnahme abgeben. Ich gehe davon aus, daß Herr Minister Baum die Landesregierung Nordrhein-Westfalen vorhin ausdrücklich einbezogen hat, als er das Verhalten des Bundesrates kritisiert hat.
Dieses Beispiel zeigt nicht nur, daß es der Bundesregierung wieder einmal gelungen ist, ein Gesetz vorzulegen, das nicht einmal die Zustimmung der eigenen Freunde findet. Es zeigt bei genauerem Hinsehen auch - wie so oft -, daß der Bundesinnenminister immer häufiger in erschütternder Weise sogar selbst gesteckte Ziele verfehlt und auch
selbst erhobene Ansprüche in keiner Weise erfüllen kann.
({12})
Dem für Umweltschutz zuständigen Minister fällt zum „Tag der Umwelt", wie im „Bulletin" der Bundesregierung vom 7. Juni nachzulesen ist, als praktischen Beitrag jedes einzelnen zum Umweltschutz nicht viel mehr zum Thema Gewässerschutz ein als der Aufruf - ich zitiere -:
Umweltpolitik verlangt Opfer, Umweltschutz ist nicht billig. Umweltschutz ist nicht nur Sache des Staates oder der Industrie, sondern Sache jedes einzelnen. Ich rufe daher jeden von uns auf, Tag für Tag praktischen Umweltschutz zu betreiben: Zu Hause wie am Arbeitsplatz. Möglichkeiten dazu gibt es genug, z. B.: Thema Wasser: Wasch- und Spülmittel sparsam gebrauchen, umweltfreundliches weißes statt farbiges Toilettenpapier kaufen, auch das kann jeder.
Dies, meine Damen und Herren, offenbart einen beängstigenden Zustand eines zu einer wirksamen Umweltschutzpolitik unfähigen Ministers.
Abschließend stellt sich für mich die Frage, ob es die Bundesregierung mit diesem Gesetz ernst meint und - wenn ja - wie ernst. Wenn die Bundesregierung dieses Gesetz genauso lasch behandelt wie das Verkehrslärmschutzgesetz, dann wird auch die Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes lediglich den Status eines Gesetzentwurfs erreichen und dann in der Schublade der nicht realisierten Absichten verschwinden.
({13})
Einiges - und damit komme ich zum Schluß, Herr Wolfram - spricht für die Richtigkeit dieser Sorge. Staatssekretär Dr. Hartkopf, der das Verhalten der Bundesratsmehrheit zum Bundes-Immissionsschutzgesetz vor wenigen Tagen in Berlin kritisiert haben soll, hat vor dem Bundesverband der Deutschen Industrie am 12. Juni in Bonn erklärt, heute sei das- Rechtssystem des reagierenden Umweltschutzes weitgehend vollständig; was noch ausstehe, seien im wesentlichen nur noch das Chemiekaliengesetz und die Störfallverordnung. Beide Rechtsetzungsaufgaben müßten von dieser Regierung noch gelöst werden. Dieser Zwang - so sagt Herr Hartkopf - bestehe nicht für die von außen betriebene Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.
({14})
Darum frage ich: Wenn im Innenministerium die Auffassung vertreten wird, daß für diese Regierung nicht der Zwang besteht, das Bundes-Immissionsschutzgesetz zu novellieren, dann bleibt die Frage offen, warum sie diesen Gesetzentwurf überhaupt vorgelegt hat.
({15})
Wenn es zutrifft, daß diese Novellierung von außen betrieben wird, stellt sich ebenso die Frage, wer die Regierung von außen beeinflußt hat,
({16})
einen Gesetzentwurf vorzulegen, von dessen Notwendigkeit sie selbst nicht überzeugt ist.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird diesen Gesetzentwurf sehr sorgfältig prüfen und darauf achten, daß ein ausgewogenes Gesetz verabschiedet wird, das der Ökologie und der Ökonomie Rechnung trägt.
({17})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Konrad.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An der Bundestagsdrucksache 8/2751, mit der der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vorgelegt wurde, fällt auf, daß der größere Teil der Vorlage - genau 30 Seiten - der Änderung einer Verwaltungsvorschrift, der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft, gewidmet ist. Die Bestimmungen der TA Luft, die geändert werden sollen, der Beschluß des Bundesrates und die vorläufige Stellungnahme der Bundesregierung hierzu sind dem Bundestag zugeleitet worden, obwohl er keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit auf die Technische Anleitung Luft hat. Doch stehen - wie der Bundesrat es ausdrückt - die Änderung des Gesetzes und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift wegen der engen Verzahnung „im parlamentarisch zu entscheidenden Gesamtzusammenhang", so daß es nicht nur gerechtfertigt, sondern geradezu geboten war, ein „Immissionsschutzpaket" zu schnüren.
Ich bin insofern schon erfreut, daß auch der wegen seiner sonst immer bevorzugten Sachlichkeit so hoch von mir geschätzte Kollege Volmer die TA Luft ebenfalls bereits in die Erörterungen hier einbezogen hat. Wir werden das in bewährter Kollegialität im Innenausschuß fortsetzen.
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Dieser anscheinend beispiellose Fall in der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland war zu Beginn meines Beitrags zur Aussprache zu erwähnen, um eine Besonderheit des Entwurfs zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu unterstreichen, auf die ich noch eingehen werde.
Zunächst aber noch ein Blick zurück - keineswegs im Zorn, sondern im Bemühen, aus früheren Zielvorgaben und Landmarken die Richtung wieder sichtbar zu machen, die der Deutsche Bundestag am 18. Januar 1974 bei der einstimmigen Verabschiedung des „Gesetzes gegen Schmutz und Lärm jeder Art und jeder Herkunft" eingeschlagen hatte:
Ich habe soeben eine Wendung des damaligen Bundesministers des Innern, Genscher, aufgegriffen, und ebenso wie Herr Bundesinnenminister Baum heute hat Herr Genscher damals von einer „Magna
Charta der Luftreinhaltung" gesprochen, die „zu den modernsten und weitestgehenden Gesetzgebungsvorhaben auf dem Gebiet des Umweltschutzes in der Welt" gehören. Richtungweisend in des Wortes strengster und bester Bedeutung war ein in der dritten Lesung vom damaligen Vorsitzenden des Innenausschusses, unserem Kollegen Prof. Dr. Friedrich Schäfer, vorgetragener Gedanke, den ich - mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten - wörtlich in einem längeren Zitat wiederholen will:
Der Umweltschutz ist ein Bereich, in dem sich das Bewußtsein unserer Bürger und der politisch Verantwortlichen dafür entwickelt hat, daß es Werte gibt, die planend zu gestalten und zu bewahren und zu fördern unser aller Pflicht und unser aller Interesse ist. Umweltschutz heißt nicht, einen einzelnen oder eine kleine Gruppe vor Gefahren, Nachteilen oder Belästigungen zu schützen; Umweltschutz heißt vielmehr, alle Vorgänge unseres Wirtschafts- und Verwaltungslebens so zu planen und zu gestalten, daß der Gemeinschaft bestmögliche Umweltbedingungen erhalten bleiben können oder wiederbeschafft werden ... Es ist dies ein Rechtsgedanke, der nicht nur in der modernen Entwicklung auf dem Gebiete des Umweltschutzes Platz greift, sondern insbesondere auf all den Gebieten, in denen Planungsmaßnahmen notwendig sind, beschlossen werden können und in denen es Vorsorgemaßnahmen gibt ... Die Ergänzung von § 1 des Regierungsentwurfs durch den Ausschuß, wonach dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen zur Pflicht gemacht wird, macht klar, welche Bedeutung dem Vorsorgecharakter als Rechtsverpflichtung beigemessen wird.
Das könnte ebenso gut heute und zu der uns jetzt bewegenden Problematik des Immissionsschutzes gesagt worden sein und beruht gewiß weniger auf Prophetengabe als auf umfassender Sachkenntnis und mehr als dreijähriger Beschäftigung als Vorsitzender des federführenden Ausschusses mit dem im Jahre 1974 verabschiedeten Gesetz; denn vor nunmehr acht Jahren hatte der Innenausschuß des Deutschen Bundestages zur Vorbereitung der Umweltgesetze, darunter auch eines „Gesetzes zum Schutze vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge" - so die vollständige Bezeichnung -, mehrere Sachverständigenanhörungen durchgeführt. Die zur Luftreinhaltung fand am 14. Juni 1971 statt. Das Protokoll ist lesenswert und heute noch aktuell. Ich werde darauf zurückkommen.
Wenn sich der Deutsche Bundestag nun mit einem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beschäftigen hat, drängt sich die Frage auf, ob und gegebenenfalls wo etwas an der Frucht langwieriger parlamentarischer, mit Unterstützung der Wissenschaft und des in der Bevölkerung erwachten Umweltbewußtseins vollbrachter Anstrengungen faul sein könnte. Im Kern ist sie es bestimmt nicht; denn die beiden Umweltgutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen
aus dem Jahre 1974 und dem Jahre 1978, der Umweltbericht 1976 der Bundesregierung und der Erste Immissionsschutzbericht der Bundesregierung auf Drucksache 8/2006 vom 24. Juli 1978 lassen erkennen, daß trotz zugegeben unterschiedlicher Entwicklungen „gute Fortschritte" und „erste Erfolge" bei der allgemeinen Entwicklung der Luftqualität festzustellen sind. Freilich sei das Belastungsniveau „gelegentlich unerwartet hoch", und zu einem befriedigenden Zustand könnten nur „weitere Anstrengungen" führen, meint der Rat der Sachverständigen.
Ohne auf Einzelheiten, für die hier die Zeit fehlt, einzugehen, darf gesagt werden, daß der Ausstoß bei den wichtigen Schadstoffen, also die Emissionen, rückläufig oder gleichbleibend ist und entsprechend vorausgeschätzt wird. Nur die Emission von Stickoxiden steigt leider noch an. Besonders der Immissionsschutzbericht erläutert eingehend die anlagen-, produkt- und gebietsbezogenen Maßnahmen der Gesetzgebung und im Vollzug, die dem Immissionsschutz dienen. Das Zahlenwerk, teilweise auf Schätzungen von Instituten, teilweise auf Angaben der Wirtschaft beruhend, bestätigt das Bemühen der Bundesregierung, die finanzielle Belastung der Wirtschaft, die durch Anforderungen des Umweltschutzes entsteht, in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Wir wären auch hier über Einzelheiten besser unterrichtet, wenn der Bundesverband der Deutschen Industrie das ihm schon seit langem vorliegende Gutachten zur Veröffentlichung früher freigegeben hätte.
Größte Aufmerksamkeit in den erwähnten Gutachten und Berichten verdienen die überzeugenden Hinweise auf die Notwendigkeit verstärkten Schutzes gegen die wichtigsten der bekannten Schadstoffe und die Ergebnisse der Wirkungsforschung. Auf die unterschiedlichen Anforderungen an den Schutz der verschiedenen Rechtsgüter - Mensch einerseits und Tiere, Pflanzen und Sachen andererseits - möchte ich schon an dieser Stelle ebenso hinweisen wie auf die Besonderheiten von Blei und Cadmium sowie einiger Stoffe, deren krebserregende Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, auch wenn der Immissionsschutzbericht zutreffend auf „neue Herausforderungen", die bei anderer Gelegenheit zu erörtern wären, aufmerksam macht, daß das Regelwerk des Gesetzes zu greifen und im Zusammenwirken mit den zum Vollzug berufenen Ländern, Kreisen, Städten und Gemeinden den von uns als Gesetzgeber bestimmten Zweck zu verwirklichen beginnt. Viele Durchführungsverordnungen sind erst kurze Zeit in Kraft. Einige gesetzliche Ermächtigungen konnten noch nicht ausgeschöpft werden, wie auch Herr Kollege Volmer mit sichtbarer Befriedigung erwähnt hat. Aber anknüpfend an den für meinen Rückblick angeführten Grund möchte ich sagen: Die Richtung, die Bundestag und Bundesregierung bei der Beratung und der Verabschiedung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eingeschlagen haben, stimmt.
Worauf ist dann die Vorlage des Entwurfs eines zweiten Änderungsgesetzes zurückzuführen? Im Zuge der Ölverknappung im Herbst 1973 und des
sich verlangsamenden Wirtschaftswachstums mit zunehmender Arbeitslosigkeit war von vielen vor allem dem Immissionsschutz wegen behaupteter und teilweise auch festgestellter Verzögerungen von Investitionen, ebenfalls wegen vermeintlicher Gefährdung von Arbeitsplätzen der Platz auf der Anklagebank zugedacht worden. Hinzu kamen gerichtliche Entscheidungen zum Bau des Steinkohlekraftwerks Voerde, die zu anfänglich nicht gänzlich unberechtigter Sorge bei der Industrie um die Rechtssicherheit der Investitionsplanungen für genehmigungsbedürftige Großanlagen führten. Die Bestrebungen, zusammen mit dem Gewinn von mehr Rechtssicherheit, gelegentlich in dem modischen Zauberwort „gerichtsfest" gipfelnd, auch gleich einige ungeliebte Belastungen des Immissionsschutzes abstoßen zu können, sind zwar verhaltener geworden, aber keineswegs ausgelaufen.
Andere Forderungen nach Novellierung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes beruhen auf den Ergebnissen der bereits erwähnten Forschung über die Wirkung von Schadstoffen. Sie veranlaßten den Bundesminister des Innern zu einer Sachverständigenanhörung im Februar 1978 in Berlin, die zwar die Immissionswerte der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft hinsichtlich des Schutzes der menschlichen Gesundheit bestätigte, aber gleichzeitig ergab, daß sie nicht immer ausreichen, um empfindliche Tiere, Pflanzen und sonstige Sachgüter zu schützen. Die Erkenntnisse der Sachverständigenanhörung, über die ein Wortprotokoll vorliegt, können nicht als sensationell oder überraschend abgetan werden. Denn kaum anders haben sich schon am 14. Juni 1971 drei Sachverständige auf der öffentlichen Informationssitzung des Innenausschusses geäußert. Zumindest haben sie gefordert, daß die Entwicklung beim Schutz für Tiere, Pflanzen und sonstige erhaltenswerte Güter sorgfältig beobachtet wird.
Der Entwurf der Bundesregierung wird den mit Kabinettsbeschluß vom 11. November 1978 gestellten Forderungen nach Verstärkung der Rechtssicherheit und nach einer Güterabwägung zwischen den Erfordernissen des Umweltschutzes und den Erfordernissen von Beschäftigung und wirtschaftlichem Wachstum gerecht. Daß er weder bei engagierten Umweltschützern noch in den Kreisen der Wirtschaft noch im Bundesrat vorbehaltslose Zustimmung gefunden hat, darf bei der Schwierigkeit der aufgetretenen Zweifelsfragen und bei den weit auseinanderklaffenden Grundansätzen nicht überraschen.
Das Kernstück der beabsichtigten Verstärkung der Rechtssicherheit ist die Vermutungsklausel des j 6 a, mit der die Immissionswerte nach Nr. 2.5 der TA Luft auch für die Gerichte verbindlich festgelegt werden und Gesetzesrang erhalten. Im Gesetzgebungsverfahren werden hier gründliche Prüfungen stattfinden müssen, in welche Rolle der Bundestag, der schon bei der Verabschiedung dieses Entwurfs und später immer wieder etwaige Änderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu sanktionieren hat, gebracht wird.
Ich will hier gleich auch noch die Kritik des Kollegen Volmer aufnehmen, soweit sie sich auf die TA
Luft und die beabsichtigte enge Verzahnung mit dem Gesetz bezieht. Wenn der Bundesrat z. B. vorschlägt, auch die Nr. 2.6 in die Vermutungsklausel aufzunehmen, dann endet die gesetzliche Vermutung bei den DIN-Normen. Damit wird schon auf den ersten Blick deutlich, wie die Vorschläge des Bundesrates gelegentlich gegen die auch von ihm selbst angestrebte Rechtssicherheit verstoßen.
Die aus der TA Luft in den Gesetzentwurf übernommenen Klauseln über die Sanierung belasteter Gebiete und Luftreinhaltepläne sollen und werden Investitionsvorhaben erleichtern.
Das Verschlechterungsverbot in belasteten Gebieten wird ergänzt durch ein Vorsorgegebot in bisher wenig belasteten Gebieten zum Schutz besonders empfindlicher Tiere, Pflanzen und anderer Sachen vor schädlichen Luftverunreinigungen. Diese ebenfalls in § 6 a des Entwurfs vorgesehene Regelung ist stark umstritten, obwohl Abwägungsklauseln eingebaut sind, die es den Landesregierungen ermöglichen, Ausnahmen aus dem Vorsorgegebot zuzulassen, wenn an der Industrialisierung eines bisher wenig belasteten Gebietes ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.
Ich kann mir hier zusätzliche Bemerkungen ersparen, da Herr Minister Baum diesen Problemkreis ausführlich dargestellt hat.
An diesem gewiß entscheidenden Punkt hat der Bundesrat mit Mehrheit und im allgemeinen dem Votum seines Wirtschaftsausschusses folgend eine andere Lösung vorgeschlagen, die zu harten Reaktionen im Bundesministerium des Innern geführt hat. Auch darauf ist Herr Kollege Volmer unter Namensnennung eingegangen. Da die Fronten zur Zeit noch verhärtet zu sein scheinen, den Bundesländern, die im Bundesrat die Mehrheit bei seiner Stellungnahme - unter Einschluß von Nordrhein-Westfalen - bildeten, auch nicht bestritten werden soll, daß ihr Konzept zur Ausweisung von Gebieten „besonderer Luftreinhaltung" in sich schlüssig ist, muß im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sorgsam ausgelotet werden, wie ein Weg zu einer Verständigung gefunden werden kann. Denn eine regional unterschiedliche Ausgestaltung des Immissionsschutzes für Tiere, Pflanzen und Sachgüter - natürlich keineswegs für Menschen - erlaubt nicht nur die wirtschaftliche Weiterentwicklung traditioneller Industriegebiete, sondern auch die - allerdings von den Umweltschutzverbänden mißbilligte - Herabsetzung der Luftreinhaltungserfordernisse zur wirtschaftlichen Entwicklung in Gebieten, die nach den Vorstellungen der Bundesregierung auf Grund des § 49 a des Entwurfs ausgewiesen werden sollen. Es zeichnet sich ab, daß der federführende Ausschuß gemeinsam mit den mitberatenden Ausschüssen auf ein Anhörverfahren zu den zwischen Bundesregierung und Bundesrat strittig gebliebenen Fragen angewiesen sein wird. Mir wird es wohl erlaubt sein, der Bundesregierung dafür zu danken, daß sie bis heute an ihrem Entwurf festgehalten hat.
Ohne von dieser Stelle aus zu den kurz geschilderten, aber tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten abschließend Stellung zu nehmen, liegt mir doch daran, § 3 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ausdrücklich zu erwähnen. In ihm sind die schädlichen Umwelteinwirkungen dahin umschrieben, daß es sich um Immissionen handelt, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen nicht nur für die Nachbarschaft, sondern auch für die Allgemeinheit herbeizuführen geeignet sind. Der Schutz der Allgemeinheit muß aber unter gesamtökologischen Gesichtspunkten erfolgen. Der Mensch kann nicht ohne einen umfassenden Artenbestand an Tieren und Pflanzen leben, der sich ohnehin beängstigend vermindert.
Vielleicht wirkt der Anfangsschwung der von außen gekommenen heftigen Anstöße zur Novellierung noch immer zu stark nach. Sonst wäre bei vielen zum Handeln berufenen Politikern und auch bei ihren Kritikern nicht so sehr verdrängt, daß es zur Milderung des gern und häufig beschworenen und meist schmerzhaften „Zielkonfliktes zwischen Ökologie und Ökonomie" wenigstens auf dem Gebiet des Immissionsschutzes nicht nur eine Radikalkur oder scharfe Arzneien, sondern vielleicht ein Rezept gibt, das sich als Naturheilmittel einordnen ließe, was wiederum zum Bild des Umweltschutzes gut passen könnte.
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- So ist es. Das ist eine Zier. Doch weiter kommt man - ({2})
Ministerialdirigent Dr. Feldhaus hat in einer Abhandlung über „Zumutbarkeitsgrenzen als Wege zur Konfliktlösung am Beispiel des Immissionsschutzrechtes" mit Recht darauf hingewiesen, daß nur unzumutbare Umwelteinwirkungen der Genehmigung einer Anlage entgegenstehen und daß die Bundesregierung nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bei der Festsetzung der Immissionswerte in der TA Luft die Frage der Zumutbarkeit mitentscheidet. Versteht man das Bundes-Immissionsschutzgesetz richtig dahin - da gehe ich eigentlich von völliger Übereinstimmung auch mit Ihnen aus, Kollege Volmer -, daß es abwägungserhebliche und nicht abwägungserhebliche wirtschaftliche Interessen auf der Seite der Betreiber von Anlagen anerkennt, so wird sich die Entscheidung daran ausrichten müssen, ob die wirtschaftlichen Interessen ein ähnliches Gewicht haben oder bekommen können wie die Interessen am Schutz des Lebensraumes, also die Interessen der Allgemeinheit. In diesem Zusammenhang hat Dr. Feldhaus dankenswerterweise an die zur Reichsgewerbeordnung erlassene preußische Technische Anleitung von 1895 erinnert, von der auch ich hier den entscheidenden Satz - mit Genehmigung des Herrn Präsidenten - im Wortlaut wiederholen will:
Es ist zu erwägen, ob jene Nachteile, Gefahren oder Belästigungen dasjenige Maß überschreiten, dessen Duldung der für die allgemeine Wohlfahrt unentbehrlichen Industrie angesonnen werden kann.
Das altertümliche Wort „angesonnen" steht hier für
den heutigen Ausdruck „zugemutet". - Nun mache
ich eine Anstandspause, um Ihnen, Herr Volmer, auch einmal Gelegenheit zum Übereinstimmungsbeifall mit mir zu geben. Sie gönnen mir den aber nicht, obwohl ich von der für die Wohlfahrt unentbehrlichen Industrie gesprochen habe.
({3})
- Es ehrt Sie natürlich als christlichen Gewerkschaftler, daß Sie mit Zustimmung zur Industrie sparsam umgehen. Aber hier wäre eine Gelegenheit gewesen.
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Es geht mir weder um ein Ablenkungsmanöver noch uni einen unnützen Griff in die Geschichte der Gesetzgebung, wenn ich diesen höchst interessanten und in meinen Augen für die Entschärfung des Problems hilfreichen Hinweis aufgreife. Denn die Grundwertentscheidung des § 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - ich erinnere an das Zitat von Professor Dr. Schäfer - bleibt unberührt.
Doch handelt es sich damals wie heute nicht um den Versuch, dem Umweltschutz einen unbedingten Vorrang zu sichern, sondern darum, eine vernünftige, der Allgemeinheit gerecht werdende Lösung eines Zielkonflikts durch Güterabwägung zu schaffen.
Der dem Haus vorliegende Entwurf, für den die SPD-Bundestagsfraktion der Bundesregierung dankt, bleibt, was ich wiederholen möchte, in der richtigen Richtung. Unser Bemühen muß dahin gehen, am Ende der Beratungen ein Gesetz vorzulegen, das den mit Recht anspruchsvollen Immissionsschutz in der Bundesrepublik Deutschland in seinem Kern unangetastet läßt, hinter den zu erwartenden Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft nicht zurückbleibt und dennoch der wirtschaftlichen Entwicklung und damit auch der Industrie keine unzumutbaren Grenzen zieht. Ein solches Gesetz liegt nicht zuletzt im Interesse aller arbeitenden Menschen und ihrer Gesundheit.
Die SPD-Bundestagsfraktion wird in den Ausschußberatungen ihren Beitrag leisten. Sie stimmt der vorgeschlagenen Ausschußüberweisung zu.
({5})
Das Wort hat
der Herr Abgeordnete Wolfgramm.
Herr Präsident! Ich freue mich, daß ich Sie unter Ihrem ersten Präsidium begrüßen darf.
Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich meine, wir betreiben mit der Vorlage dieses Gesetzes Schritt für Schritt die Verwirklichung des Umweltprogramms der Bundesregierung von 1971. Marksteine auf diesem Weg sind das Abfallbeseitigungsgesetz, das Waschmittelgesetz, das Benzinbleigesetz und das Abwasserabgabengesetz. Die Fortschreibung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist ein wichtiger weiterer Zielpunkt. Überhaupt
ist die Verbesserung der Situation in der Bekämpfung des Lärms, der Wasserverschmutzung und der Luftverunreinigung eine unserer tragenden politischen Säulen.
Herr Kollege Volmer, dabei darf ich gleich an. Sie appellieren. Sie haben hier für die CDU/CSU den Vollzug beklagt. Ich bitte Sie sehr herzlich, sich im Rahmen Ihrer Argumentation, die Sie hier hinsichtlich des Vollzugs vorgetragen haben, dafür einzusetzen, daß die Länder, und zwar gerade die, die von ihren politischen Freunden regiert oder von ihrer politischen Mehrheit getragen werden, sich um diesen Vollzug bemühen.
({0})
- Gerade zum Abwasserabgabengesetz, Herr Kollege Volmer, hören wir sehr unangenehme Nachrichten. Es geht da um die Entscheidung, die wir im Deutschen Bundestag nach langer und intensiver Beratung gemeinsam festgelegt haben. Auch Sie waren in dem Unterausschuß, der sich um die Verwirklichung dieses Gesetzes sehr viel Mühe gegeben hat. Aus Bayern und Baden-Württemberg kommen nun die ersten Querschüsse massiver Art, dieses Gesetz überhaupt nicht zu vollziehen.
({1})
Übrigens hat das Land, aus dem ich komme, Niedersachsen, ebenfalls noch keine Ausführungsbestimmungen beschlossen. Ich meine, wenn das Gesetz 1981 mit der Abgabe beginnen soll und 1980 in Kraft tritt, ist es wohl an der Zeit, daß wir alle uns hier dafür einsetzen. Auch Sie sind aufgerufen, das zu tun.
({2})
Ich möchte auch gleich noch auf eine Anmerkung eingehen, Herr Kollege Volmer. Sie haben gefragt: Wer ist eigentlich die treibende Kraft bei diesem Gesetz? Die treibende Kraft ist die Bundesregierung, die hier ihr Umweltprogramm vorgelegt hat. Die treibende Kraft sind der Bundesinnenminister
({3})
und die Koalition, die Liberalen und die Sozialdemokraten, und, wenn ich Ihrem Vortrag folge, ja auch Sie selbst, jedenfalls soweit ich das positiv hier registrieren konnte. Sie schießen dabei auf die falsche Scheibe, wenn ich das einmal im Schützenjargon sagen darf. Sie bauen sich hier einen Umweltminister auf, wie Sie ihn gerne hätten. Aber so ist er nicht, Gott sei Dank.
({4})
Er tritt nämlich ganz intensiv für die Umweltschutzposition ein.
Ziel dieser Novellierung ist die Verstärkung der Rechtssicherheit. Sie alle kennen das Urteil Voerde, das uns schon hier in der Debatte beschäftigt hat. Der Kollege Konrad hat auch auf die Entwicklung hingewiesen. Ziel ist die Verstärkung der Rechtssicherheit, speziell für die Genehmigung von Kohlekraftwerken, und die Güterabwägung zwischen den Erfordernissen des Umweltschutzes
Wolfgramm ({5})
und den Erfordernissen von Beschäftigung und wirtschaftlichem Wachstum.
Wenn ich das recht sehe, Herr Kollege Volmer, hat auch der beamtete Staatssekretär Herr Hartkopf nicht von einem Vorrang der Ökologie vor der Ökonomie gesprochen, sondern er hat sich klar für beide Zielvorstellungen ausgesprochen. Er hat ganz deutlich gemacht, daß wir beide Zielvorstellungen in einer optimalen Form verwirklichen wollen. Das ist überhaupt eine Position, die sicher sehr anspruchsvoll und mühevoll ist, die aber der Mühe der Edlen wert ist. Der Kollege Gruhl, der sich noch zu Wort gemeldet hat, wird uns nachher wahrscheinlich darstellen, wie man sich eine einseitige Position hier vorstellen muß. Wir sind der Meinung, daß der Weg der Vernunft, die Abwägung zwischen beiden, die Gratwanderung, die auch schwierige Gratwanderung, die manchmal nicht alle Zielvorgaben erfüllen kann, der richtige Weg ist.
Das Gesetz, dessen Entwurf wir vor uns liegen haben, enthält zu dieser Güterabwägung eine Menge von Möglichkeiten. Es enthält die Vermutungsklausel, die den Beweiswert der Immissionswerte der TA Luft auch für die Gerichte verbindlich festlegt, es enthält ein Vorsorgegebot, das in den bisher wenig belasteten Gebieten den Schutz besonders empfindlicher Tiere, Pflanzen und anderer Sachen vor schädlichen Umweltverunreinigungen festschreibt und es enthält spezielle Abwägungsklauseln, die es den Länderregierungen ermöglichen, Ausnahmen von diesem Vorsorgegebot zu erlassen. Auch hier sehen Sie das Bestreben, auch im Einzelfall zu vernünftigen Abwägungen zu kommen, wenn die Länder der Meinung sind, daß an einer Industrialisierung eines bisher wenig belasteten Gebiets ein fast unabweisbares, möchte ich sagen, öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt - das ist noch wichtiger - soll das Vorsorgegebot im Interesse einer besseren Luftqualität auch in bisher zu stark belasteten Gebieten zur Anwendung kommen.
Das Gesetz enthält eine Sanierungsklausel, die in belasteten Gebieten trotz Überschreitung der Immissionswerte eine Genehmigungserteilung ermöglicht. Wir alle wollen, daß neue Kohlekraftwerke entstehen können, mit besseren Filteranlagen gegenüber den alten. Ich erlaube mir, Ihnen Berechnungen der Braunschweiger Physikalisch-Technischen Bundesanstalt zu zitieren, die sich auf die Mengen der Schadstoffe des ja nicht alten Kohlekraftwerkes bei Verden beziehen. Die jährlich anfallenden Mengen, auf Verden bezogen, sind: 28 000 Zentner Asche, 200 Zentner Schwefelstoffe, 78 Zentner Zink, 66 Zentner Blei - ein Gift, das kumulativ wirkt, das nicht mehr abgebaut werden kann -, 13,8 Zentner hochgiftigen Arsens, 43 Kilo Uran - trotz der besten Filter, die im Augenblick vorhanden sind, also den Stand der Technik darstellen, wenn Sie so wollen. Ich meine, daß wir wirklich Anlaß haben, uns angesichts der Energiesituation so intensiv wie möglich zu bemühen - wir werden das in der Energie-Debatte, die noch vor der Sommerpause geführt werden wird, hier noch ausführlich behandeln -, auch die Alternative Kohle
in einen Stand zu versetzen, daß sie bei der permanenten Umweltbelastung so wenig wie möglich Risiken verbreitet.
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Die Luftreinhalteklausel ist schon eingehend behandelt und beschrieben worden; ich will sie der Vollständigkeit halber hier nur noch einmal aufführen. Sie ermöglicht in den belasteten Gebieten trotz Überschreitung der Immissionswerte eine Genehmigung, wenn ein Luftreinhalteplan vorgelegt wird.
Nun komme ich zur Verwaltungsvorschrift, zur Änderung der TA Luft, die ebenfalls Gegenstand der Beratung ist, bei der die Herabsetzung der Immissionen für Fluorverbindungen, für Stickstoffdioxyde und für Schwefelstaub, Schwefelschwebstoffe eine wichtige Beseitigungsposition bildet. Erstmalig werden auch hier Immissionswerte für Blei und Cadmium eingeführt, die ich eben auch als besonders gefährliche Gifte zitiert habe. Wir haben weiter eine Verpflichtung der Betreiber, die Emission krebserregender Stoffe so weit wie möglich zu verringern. Das ist eine sehr wichtige Position, bei der ich gleich die Kritik anbringen möchte, daß die Frage, ob es hier ausreichend ist, die Verpflichtung der Betreiber auf in keinem Falle mehr als fünf Milligramm pro Kubikmeter festzulegen, noch offen ist. Denn wir wissen alle, daß diese Stoffe eben schon in der geringsten Konzentration ein tatsächliches Gefährdungspotential für die menschliche Gesundheit darstellen.
Das Sachverständigengutachten, das sich auch mit der Frage beschäftigt hat, hat deutlich gemacht, daß die Abwägung zwischen der weiteren Verschärfung der Emissionswerte eben die wirtschaftliche Weiterentwicklung blockieren werde - jedenfalls die traditioneller Industriegebiete -, umgekehrt aber eine Preisgabe des Pflanzenschutzes für den Umweltschutz nicht vertretbar sei und ein Rückschritt wäre. Wir als Liberale würden einem solchen Rückschritt niemals unsere Zustimmung geben können.
Herr Volmer, die Position vier mal vier, d. h. die Beschränkung auf diese Meßfläche, hat sich ja nicht geändert.
({7})
Das, was Sie hier zitiert haben, ist nicht korrekt;
({8})
denn seit 1974 besteht diese Position. Sie ist fortgeschrieben worden. Sie hätten das vielleicht etwas deutlicher zum Ausdruck bringen müssen.
({9})
- Herr Kollege, wir behandeln hier die Probleme
aus der Bundessicht. Ich bin nicht zuständig - Sie
sicherlich auch nicht - für die Landesseite. Es ist
Wolfgramm ({10})
korrekt, wenn ich hier feststelle, daß es sich seit 1974 nicht geändert hat, und es ist nicht korrekt, wenn Sie feststellen, daß hier neue Werte und Verringerungen der Meßfläche eingetreten seien. Ich möchte das noch einmal ganz deutlich sagen.
({11})
Meine Damen und Herren, die Gratwanderung „alles oder nichts" wird in diesem Gesetzentwurf, meine ich, in einer zumutbaren Weise vorgenommen. Wir werden das in den Beratungen noch eingehend ausloten, und wir werden sicher hier und da Änderungen anbringen. Aber ich meine, daß im Grundsatz beide Zielvorgaben richtig gesehen worden sind und daß der Weg der Vernunft, sowohl die Ökonomie voranzutreiben als auch die Ökologie mit einem höchsten Maß an Verbesserung auszustatten, richtig gesehen worden ist.
Was ich als Problem sehe, ist einmal die Frage der Emissionsstoffe, die ich im Zusammenhang mit den krebserzeugenden Stoffen bereits darzustellen versucht habe, und ist die Frage der Genehmigungsverfahren, die sicher länger, komplizierter und bürokratischer werden, eben unter Einschluß all dieser vielen Klauseln, die wir hier vor uns haben. Ob wir damit eine klarere Position erreichen können, kann ich im Augenblick noch nicht übersehen. Der Bundesrat hat erhebliche Einsprüche erhoben. Er hat am 20. Oktober 1978 über die Novellierung des Immissionsschutzgesetzes beraten und im Grunde nur die Sanierungsklausel und die Luftreinhalteklausel akzeptiert. Das Vorsorgegebot und die damit zusammenhängende Abwägungsklausel sollen gestrichen werden, und die Landesregierungen sollen ermächtigt werden, Gebiete mit besonderer Luftreinhaltung auszuweisen. Das ist genau die Umkehrung dessen - der Bundesinnenminister hat es schon angesprochen -, was wir wollen. Ich sage Ihnen an dieser Stelle, wir werden in dieser Position nicht kompromißbereit sein, sondern werden diese Position, die wir hier als Zielvorstellung vorgegeben haben, vertreten. Die Mehrheit des Bundesrates, die diese Position noch vertritt, muß sich dann fragen lassen, ob sie wirklich reinere Luft haben will oder ob sie die Dinge möglicherweise wegen dieser Vorstellungen scheitern lassen will.
Dasselbe gilt für die Position des Bundesrates zur TA Luft. Wir werden hier nicht akzeptieren, daß die Länder lieber die schlechten Luftverhältnisse im Ruhrgebiet zur Norm für das ganze Bundesgebiet machen wollen, als im Einzelfall auf Grund der Klausel betreffend die Abwägung zwischen ökologischen und ökonomischen Belangen zu entscheiden. Das ist sicher ein mühsamerer Weg, und das ist sicher ein schwierigerer Weg. Aber wir bestehen auf dieser Position, weil wir eine wirkliche Verbesserung erreichen wollen und nicht die Fortschreibung des bisherigen Zustandes wünschen.
Meine Damen, meine Herren, die Störfallverordnung - Herr Kollege Volmer, das wissen Sie - ist seit über einem Jahr in der Beratung. Die Bundesregierung hat vor einem Jahr die Störfalliste vorgelegt. Sie wissen auch, weshalb die Beratungen sich bisher in Schwierigkeiten befunden haben. Es liegt daran, daß die von Ihren politischen Freunden vertretenen Länder hier immer wieder Störmanöver betrieben haben.
Was uns in dieser Situation positiv stimmt, ist die Haltung der Europäischen Gemeinschaft. Am 18./19. Juni hat es eine Grundsatzentscheidung gegeben, die die EG-Richtlinien für die Verbesserung der Luftqualität bei Schwefeldioxyd und bei Schwebeteilchen die Position der Bundesregierung eindeutig unterstrichen hat. Hier wird nämlich in Normalwertgebiete und in Reinluftgebiete geteilt. Ich meine, daß das für die Bundesratsmehrheit eine Motivierung sein könnte, sich ihre Position noch einmal zu überlegen.
Es reicht nicht aus, daß wir uns auf die Frage der Verbesserung der Luft beschränken. Wir müssen im Rahmen der Energiesituation versuchen, so wenig wie möglich Kohleanteile einzusetzen. Wir müssen versuchen, weitere Einsparmaßnahmen zu forcieren. Ich begrüße es, daß die Bundesregierung sich über ihr Einsparprogramm hinaus noch weitere Sparmaßnahmen vorstellt. Ich begrüße es, daß das Energiesparprogramm mit zusätzlichen Sparvorschlägen der Ministerien angereichert werden soll. Ich meine, daß die Förderung der Alternativenergien - Sonne, Abwärme, Kraft-Wärme-Koppelung - so intensiv vorangetrieben werden muß, daß wir wirklich den so wichtigen Rohstoff Kohle, den wir in der weiteren Zukunft noch für viele andere Dinge brauchen werden, nur dosiert und sparsam einsetzen.
Die Luftreinhaltung fügt sich in weitere Vorhaben der Bundesregierung, die noch vor uns stehen, nahtlos ein: Chemikaliengesetz, Lärmschutzgesetz und die Durchführung des Abwasserabgabengesetzes. Wir haben damit eine Umweltschutzpolitik der Vernunft, eine Umweltschutzpolitik, die sich ganz entschieden von dem abhebt, was der Bundesverband der Bürgerinitiativen Umweltschutz hier vor kurzem auf einer Pressekonferenz festgestellt hat. Wir sind uns klar darüber, daß die ökologische Wende noch nicht erreicht ist und daß die Anstrengungen zur Sicherung der Umwelt noch gesteigert werden müssen. Aber wir werden das mit den Steuerungsmechanismen der Marktwirtschaft, der Rahmenplanung, der Strukturpolitik und der Bürgermitsprache tun. Wir wenden uns entschieden dagegen - und kein Liberaler wird sich daran beteiligen, sondern es entschieden bekämpfen -, daß wir hier zu einer kafkaesken Kontrolle der Energiesituation bei jedem einzelnen Bürger kommen, daß wir versuchen, uns hier mit Zwangsmaßnahmen zu einer Art von Mikroagrarstaat zurückzuschrauben, während wir alle wissen, wovon diese Bundesrepublik lebt.
({12})
Wir begrüßen die Initiativen der Regierung bei diesen nicht leichten Vorarbeiten und das Zustandekommen des Regierungsentwurfs. Wir werden ihn in den Ausschüssen sorgfältig beraten.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister Dr. Graf Lambsdorff.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Vielleicht erinnert sich der eine oder andere von Ihnen noch an die Presseüberschriften an dem Tage, als der damalige Bundesinnenminister und ich gemeinsam diesen Kompromiß, der nun Inhalt der Novelle geworden ist, gefunden haben. Sie waren außerordentlich einleuchtend. Einige Zeitungen berichteten: „Umweltschutz massiv verschlechtert", andere schrieben: „Deutliche Verbesserung des Umweltschutzes" und lobten die Regierung für Umweltschutz und umweltpolitische Aktivitäten. Aber das damalige Echo schien mir schon zum Ausdruck zu bringen - ich will nicht darüber philosophieren, inwieweit die Kommentatoren das alles so schnell schon verstanden hatten; es ist auch schwierig genug -, daß wir uns, kritisiert von beiden Seiten, wahrscheinlich auf einer vernünftigen mittleren Linie gefunden hatten.
Derjenige, der erwartete, daß nun nach dem für den Umweltschutz verantwortlichen Innenminister der Wirtschaftsminister eine mehr oder weniger abweichende Ansicht zu dieser Gesetzesnovelle vertreten würde, muß enttäuscht werden. An diesem Gesetzentwurf haben die beiden hauptbeteiligten Ministerien und beide Minister in sehr intensiven Gesprächen sehr lange miteinander gearbeitet, so lange nämlich, bis die Lösung gefunden war, die nach der Ansicht beider zur bestmöglichen Abwägung der Erfordernisse des Umweltschutzes und unser aller Interesse an der Erhaltung von Beschäftigung und wirtschaftlichem Wachstum geeignet ist. Eine solche volle Einigung war nur möglich auf der Grundlage der Gleichrangigkeit beider Interessen. Es gibt weder einen absoluten Vorrang des Umweltschutzes vor der Sicherheit der Energieversorgung noch einen absoluten Vorrang der wirtschaftlichen Interessen vor dem Umweltschutz.
({0})
- Herr Kollege, Sie werden uns beide nicht für so töricht halten, daß wir nicht auch über das, was wir hier sagen werden, vorher gesprochen hätten.
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Meine Damen und Herren, aber der schönste Kompromiß ändert nichts an der Tatsache, daß die beiden involvierten Interessen ihrer Natur nach einander entgegenstehen und immer wieder aufeinanderprallen; und das wird auch so bleiben. An dieser Ausgangslage ändern wir alle miteinander überhaupt nichts.
Aber gerade weil es nach unserer Ansicht ein guter Kompromiß ist, obliegt es uns nun, die Notwendigkeit und Richtigkeit der gefundenen Lösung insbesondere denen zu erläutern, für die wir innerhalb der Regierung eine besondere Verantwortung tragen. Es ist in erster Linie sicher Sache des Innenministers und wird von ihm auch so verstanden, den am Umweltschutz Interessierten zu erläutern, warum es in Einzelfällen nötig und sogar zweckmäßig erscheint, selbst in Gebieten, wo die Höchstwerte der zulässigen Schadstoffkonzentration in der Luft überschritten sind, neue Anlagen zu genehmigen. Ich denke dabei an die beiden neugeschaffenen Ausnahmeklauseln, die Sanierungs-und die Luftreinhalteplanklausel. Es ist Sache des Innenministers, zu erläutern, daß es in den im Laufe der industriellen Entwicklung entstandenen Belastungsgebieten und in künftig auszuweisenden neuen Industrialisierungsgebieten nicht möglich ist, empfindliche Pflanzen, Tiere und Kunstdenkmäler zu schützen.
Meine Sache ist es hingegen, der Wirtschaft zu erläutern, warum die vorgesehenen Höchstwerte, die im wesentlichen den jetzt geltenden entprechen, nicht automatisch für das gesamte Bundesgebiet gültig sein sollen. Dies zu tun wird mir - ich will das gar nicht leugnen - dadurch etwas erschwert, daß sich der Bundesrat im ersten Durchgang - sicherlich auch nach eingehenden langen Diskussionen - genau für diese Lösung entschieden hat.
Ich glaube, wir müssen uns und vor allem die Wirtschaft muß sich die Ergebnisse der breit angelegten Anhörung von Sachverständigen in Berlin im Februar 1978 noch etwas deutlicher vor Augen führen, als das bisher geschehen ist. Den angenehmen Teil der Ergebnisse hat die Wirtschaft schnell zur Kenntnis genommen und verdaut. Die geltenden und in der Novelle zur TA Luft vorgesehenen Werte sichern die gesundheitliche Unversehrtheit im ganzen Bundesgebiet - sogar mit einem angemessenen Sicherheitsabstand. Das war wohl die große Enttäuschung vieler Umweltschützer, die nach einigen Gerichtsurteilen auf eine wesentliche Herabsetzung dieser Werte gehofft hatten.
Das für alle überraschende Ergebnis des Hearings war aber doch, daß eben diese für die Gesundheit der Menschen unschädlichen Werte einen größeren Kreis von Planzen und Tieren und auch Gebäude stärker schädigen, als man das bis dahin wußte. Nun entstand die Frage, inwieweit wir weitere schädliche Eingriffe in diese Güter einfach der künftigen Entwicklung unserer Industrie überlassen sollen, oder ob es angemessene, zumutbare Mittel gibt, die Entwicklung zu kontrollieren.
Wir meinen in der Tat, daß die jetzt vorgeschlagene Lösung angemessen und zumutbar ist; denn sie eröffnet dem Staat die Möglichkeit, Anlagen zu genehmigen, die auch nach Einbau angemessener Reinigungsanlagen noch erheblich emittieren, für deren Bau in einer bestimmten Region aber ein starkes Allgemeininteresse besteht. Ich sage mit Bedacht: erhebliche emittierende Anlagen, also große Kraftwerke, große Chemiefabriken, Metallhütten und ähnliches; denn die ganze Vielzahl sonstiger Industrieanlagen ist ohnehin weit entfernt davon, den Bestand an Pflanzen und Tieren wesentlich beeinträchtigen zu können. Bei Licht besehen verkleinert sich der Stein des Anstoßes also auf das Faktum, daß der Staat außerhalb von BelaBundesminister Dr. Graf Lambsdorff
stungs- und Industrialisierungsgebieten entscheiden muß, wo Anlagen der genannten Art gebaut werden dürfen und wo nicht.
Der Staat sind in diesem Falle naturgemäß die Länder, denen die Regionalplanung ohnehin obliegt. Damit weist der Entwurf den Landesregierungen eine weitreichende Entscheidungsbefugnis mit großen regionalwirtschaftlichen Auswirkungen zu. Die Landesregierungen setzen im Einzelfall fest, in welchen Regionen das öffentliche Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung Vorrang genießt. Aber bei den etwa 90 % des Bundesgebietes, die nicht Belastungs- oder Industrialisierungsgebiete sind, wäre es nun einmal nicht die beste Lösung, die Güterabwägung zwischen den Erfordernissen des Umweltschutzes und den Erfordernissen von Beschäftigung und wirtschaftlichem Wachstum a priori zu treffen. Mir scheint es vielmehr besser zu sein, diese Abwägung zu einer Frage des Einzelfalls zu machen; denn wir brauchen nun einmal beides: Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung.
Wenn wir den Streit auf seinen wahren Gehalt und auf seinen wahren Kern zurückführen, dann ist es im Grunde genommen die Auseinandersetzung darum, wem ich denn nun vielleicht die nicht ganz populäre Entscheidung auf den Tisch und zuschieben soll. Das sollte doch einmal gesagt werden, das wissen wir alle. Die Länder, die in diesen Fragen nun einmal näher an der Regionalplanung, näher an dieser Verantwortung sind, haben einen von mir durchaus verstandenen Drang dazu zu sagen: Daran wollen wir uns - im wahrsten Sinne des Wortes - die Finger nicht so gerne schmutzig machen; das soll der Bund erledigen.- Aber es liegt doch wohl in der klaren Linie des sonstigen berechtigten Zuständigkeitsbeharrens der Länder, daß sie die Entscheidung treffen müssen.
({2})
- Richtig.
Wir meinen, daß die vorgeschlagene Lösung auch praktikabel ist und daß die Länder den Widerstand der öffentlichen Meinung gegen derartige, wie gesagt, nur in Einzelfällen erforderliche Genehmigungen möglicherweise doch überschätzen. Angesichts einer jahrelangen und auch jetzt noch nicht ganz beseitigten strukturellen Arbeitslosigkeit und einer sich viel deutlicher als bisher am Horizont abzeichnenden Energieknappheit dürfte das Verständnis der Bevölkerung für den Wert neuer Arbeitsplätze und den Wert einer gesicherten Stromversorgung in letzter Zeit stärker gewachsen sein, als das Regierenden und Abgeordneten manchmal bewußt ist. Die Sicherheit der Stromversorgung rückt noch mehr ins Bewußtsein in einer Zeit, in der viele angesichts der hohen 01-preise dazu übergehen, an kühlen Abenden eben nicht die Zentralheizung anzustellen, sondern das Wohnzimmer mit einem elektrischen Heizgerät anzuwärmen und uns damit naturgemäß noch schneller an die Grenzen unserer Kraftwerkskapazität zu führen.
({3})
- Herr Konrad, wärmende Freiübungen sind sicherlich ein hilfreiches Mittel, aber nicht dauerhaft. Denn wir wollen ja gelegentlich auch noch anderen sinnvollen Beschäftigungen nachgehen können.
({4})
Ich verkenne aber, wie gesagt, keineswegs, daß hier politische Verantwortung auf die Bundesländer zukommt. Ich bitte darum, daß sie sich dieser Verantwortung nicht entziehen.
Nun hat der Kollege Volmer gesagt, die Bundesregierung könne nicht einmal die Zustimmung der eigenen Freunde finden. Herr Volmer, das ist - jedenfalls zur Zeit - ein etwas gefährliches Argument aus Ihrem Munde.
({5})
Ich habe mir heute einmal, was die Zustimmung eigener Freunde angeht, nur die erste Seite der drei großen Tageszeitungen angesehen und dort gelesen: „CDU-Abgeordnete: Die Last von zwei Ämtern ist für Kohl zu schwer" ; „Stoiber prophezeit einen Kampf mit harten Bandagen" ; „Unionsstreit auch über Schule" . Also, Zustimmung im eigenen Lager ist in vielen Fragen so leicht wohl nicht zu erreichen.
({6})
Was im übrigen, meine Damen und Herren, die Zustimmung der eigenen Freunde im Bundesrat anlangt, so erhält Ihre Bemerkung eine von Ihnen immer bestrittene Position, eine von uns geübte, von Ihnen getadelte Kritik am Verhalten des Bundesrates. Ist er nicht dazu da, so sagen Sie immer, Länderinteressen zu vertreten und dieselben wahrzunehmen? Darf denn dann von Ihnen unterstellt werden, daß eine abweichende Meinung der nordrhein-westfälischen Landesregierung in die Kategorie sozialliberale Meinungsverschiedenheiten einzuordnen ist?
({7})
Dies eröffnet, meine Damen und Herren, ein weites Feld von Diskussionsmöglichkeiten. Wir sind gerne bereit, diese Diskussion zu führen. Nur, Herr Volmer, hier sei völlig klar gesagt, daß die Bundesregierung, der Bundesinnenminister und ich in dieser Frage anderer Meinung sind als die nordrhein-westfälische Landesregierung.
({8})
Ist dies untersagt? Die nordrhein-westfälische Landesregierung - ich habe es vorhin gesagt - nimmt ihre Interessen wahr. Ich glaube, sie nimmt ihre Interessen auch deswegen wahr - ich wieder12914
hole es -, weil man die hier zu treffenden Entscheidungen nicht so gern trifft und weil man sagt, das sollten besser andere machen.
({9})
- Das ist auch ein Grund. - Wir werden im Bundesrat dafür zu sorgen haben, daß wir diese Meinungsverschiedenheiten austragen und Klarheit darüber schaffen, wo der Weg langgehen soll. Jedenfalls sollten uns diese Meinungsverschiedenheiten nicht daran hindern, diese Novelle so schnell wie möglich zu beraten und zu verabschieden.
Was den von Ihnen erwähnten Zwang anlangt, über den Sie mit Herrn Staatssekretär Hartkopf eine Diskussion begonnen haben: Umweltpolitisch, Herr Volmer, könnten wir mit den jetzigen Bestimmungen, was die Werte und die Durchsetzungsfähigkeit anlangt, sicherlich leben. Aber was die Rechtsprechung, die Klarheit der Bestimmungen, die Rechtssicherheit hinsichtlich des Umgangs mit diesem Gesetz anlangt, .so besteht aus dieser Richtung - nicht umweltpolitisch! - durchaus eine Notwendigkeit, zu dieser Novelle zu kommen. Das hat ja das von Ihnen erwähnte Stichwort Verrechtlichung der TA Luft, wobei ich große Zweifel habe, ob das ein sinnvoller Weg wäre, deutlich gemacht. Hier, wie gesagt, gibt es einen Zwang. Hinsichtlich des umweltpolitischen Bereichs hat der Staatssekretär des Bundesinnenministeriums recht, wenn er einen solchen Zwang nicht sieht.
Gerade die Gerichtsverfahren um Voerde und um die Aluminiumhütte in Hamburg haben deutlich gemacht, daß die unbedingt notwendige Kalkulierbarkeit von Investitionsentscheidungen klare Umweltnormen erfordert. Durch diese Novelle erhalten Wirtschaft, Verwaltung und Gerichte konkrete Fixpunkte für die umweltrechtliche Zulässigkeit von Neuanlagen. Sie bringt uns damit für den Bau neuer Kohlekraftwerke, dringend notwendiger neuer Kohlekraftwerke einen Schritt weiter. Meine Damen und Herren, ich erinnere auch in diesem Zusammenhang daran: Es ist ja gar nicht so, daß etwa nur die Investitionsvorhaben für Kernkraftwerke auf Eis gelegt oder sehr behindert werden. Es gibt ja auch keine wesentlich neuen Entscheidungen über den Baubeginn von Kohlekraftwerken. Eben deswegen brauchen wir für den Bau neuer Kohlekraftwerke, aber auch für andere große Industrieanlagen die notwendige Rechtssicherheit.
Wenn die Novelle nicht alle Wünsche der Wirtschaft und der Mehrheit des Bundesrates erfüllt, so liegt das an den neuen Erkenntnissen aus der Berliner Anhörung und an dem nötigen Interessenausgleich zwischen wirtschaftlichen Interessen einerseits und den Belangen des Umweltschutzes andererseits. Diese Wechselbeziehung zwischen Umweltpolitik und Wirtschaft sowie der sich daraus für die Wirtschaft ergebende Zwang zur Anpassung an sich verändernde Anforderungen sind unvermeidlich.
Worauf es ankommt, ist, daß wir in der Umweltpolitik stets mit großem wirtschaftlichen Verantwortungsbewußtsein vorgehen. Eine Überforderung
der Wirtschaft hat die Bundesregierung bei ihrer erfolgreichen und ausgewogenen Umweltpolitik bisher vermieden; sie wird sie auch in Zukunft vermeiden.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Laufs.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch diese Debatte demonstriert, wie heillos die Bundesregierung in die Zielkonflikte ihrer Energie- und Umweltpolitik verstrickt ist.
({0})
Sie fordert Vorrang für die Kohle, sie setzt auf Fernwärme und auf Kraft-Wärme-Koppelung. Sie will die Energievorräte schonen und Wirkungsgrade steigern.
({1})
Sie will mit anderen Worten den zügigen Ausbau der Kohlekraft verbrauchernah in den revierfernen Flächen und schlägt gleichzeitig eine Immissionsschutzgesetzgebung vor, die genau dieses unmöglich macht.
({2})
Im Konflikt, ob sie mutig Vorsorge treffen soll, damit die Lichter nicht irgendwann zu flackern beginnen, oder ob sie besser auf die Gegnerschaft der Grünen Rücksicht nimmt, findet sie keine klare Linie. Es ist eben noch einmal ein Kompromiß, Graf Lambsdorff, wie Sie meinen. Sie lassen die Dinge treiben - wie bisher. Das vermeintliche umweltpolitische Zugeständnis an das Ruhrgebiet wird weit überkompensiert durch eine drastische Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen für das ganze übrige Bundesgebiet.
Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll das Bundesgebiet in zwei verschiedenartige Bereiche aufgeteilt werden: in Gebiete mit besonderem Schutz für empfindliche Pflanzen, Tiere und Sachgüter und solche ohne diesen besonderen Schutz. In voraussichtlich 95 % der Fläche der Bundesrepublik Deutschland außerhalb der wenigen Belastungsgebiete wird dieser besondere Pflanzenschutz ausdrücklich verrechtlicht.
Zusammen mit der Novelle der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft wird außerhalb des Ruhrgebiets und des Saarlandes eine Rechtslage geschaffen, nach der Kohlekraftwerke und große Industrieanlagen überhaupt nicht mehr oder nur noch unter sehr erschwerten Bedingungen gebaut und in Betrieb genommen werden können.
({3})
Normale Genehmigungsvoraussetzung in den Reinhaltungsgebieten soll sein, daß keine wesentliche
Beeinträchtigung von Tieren, Pflanzen und anderen
Sachen hervorgerufen wird. In Baden-Wüttemberg gibt es z. B. keinen Kraftwerksstandort, in dessen Umkreis nicht empfindliche Blumen, Nadelhölzer und Lurche vorkommen, die selbstverständlich niemand ohne weiteres preisgeben will.
Im Gesetzentwurf der Bundesregierung werden für diese besonderen Schutzzwecke aber keine Zumutbarkeitsgrenzen genannt. Nur die neue TA Luft führt einige Fälle auf, bei denen in der Regel wesentliche Beeinträchtigungen nicht gegeben sind. Auch diese wenigen Anhaltspunkte sind wissenschaftlich nicht vollständig abgesichert.
In den künftigen Genehmigungsverfahren wird es deshalb naheliegen, daß die betroffenen Bürger, Behörden und Gerichte alle anderen Fälle als möglicherweise schädlich einschätzen werden. Dies gilt insbesondere für den Ausbau von Kohlekraftwerken mit einer Leistung über 150 Megawatt, deren Massenströme am Schornstein die Unbedenklichkeitswerte der TA Luft auch bei Rauchgasentschwefelung übertreffen, obwohl sie am Boden nur geringe, weit unter den Schwellenwerten der TA Luft liegende Immissionen hervorrufen.
Es ist vorauszusehen, daß in den Genehmigungsverfahren zur Klärung der außerordentlich strittigen Erkenntnisse über die Schädlichkeit geringer zusätzlicher Immissionen eine Vielzahl von biologischen und ökologischen Gutachten benötigt und eingeholt werden wird. Die Sachverständigenanhörung in Berlin zeigte aber, wie schwankend und widersprüchlich die Aussagen der Wissenschaft im Bereich geringer Immissionswerte derzeit sind. Die Schadensvermutung wird dann im allgemeinen nicht auszuschließen sein, und die Genehmigungsvoraussetzungen werden für die Behörden und Gerichte nicht vorliegen. Hier ist unsere Beurteilung absolut nicht die des Herrn Bundeswirtschaftsministers.
({4})
Im Regelfall wird also die erklärte Absicht des Regierungsvorhabens, die Rechtssicherheit der Genehmigungsverfahren zu verstärken, in das genaue Gegenteil verkehrt.
({5})
Der Bundesrat vertritt deshalb die Auffassung, daß die Vermutung der Unschädlichkeit von Immissionen bestimmter Grenzwerte grundsätzlich für das ganze Bundesgebiet gelten müsse.
Die Bundesregierung dagegen beharrt auf dem Verschlechterungsverbot. Sie versteht das übergeordnete Vorsorgegebot des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Weise, daß es nicht nur artengefährdende, sondern auch lediglich wachstumsverringernde Immissionswirkungen an besonders empfindlichen Pflanzen generell auszuschließen gelte.
Die Bundesregierung geht in der öffentlichen Diskussion sogar noch einen Schritt weiter. Obwohl sie betont, daß die Immissionswerte in der
von ihr beschlossenen Fassung der TA Luft mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schutz der menschlichen Gesundheit, gewissermaßen auf der sicheren Seite, gewährleisten, kommentierte der Bundesminister des Innern die Forderung des Bundesrates, sie überall anzuwenden, mit der Feststellung:
Die Rheinversalzung kann ich noch ein paar Jahre abwarten, aber daß die Leute Krebs kriegen, das ertrage ich nicht.
Auf Anfrage räumte die Bundesregierung ein, daß die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausreichen, für krebserregende Schadstoffe tolerierbare Immissionswerte festzulegen.
({6})
Solche Werte sind deshalb in der TA Luft auch nicht enthalten.
Aber sie besteht darauf, daß, solange die Zusammenhänge nicht genügend aufgeklärt sind, über die festgelegten Immissionswerte hinaus Vorsorge getroffen werden müsse. Die beabsichtigten Schutzmaßnahmen werden also unter anderem mit der Vermutung begründet, daß Schadstoffe, die in hoher Konzentration karzinogen sind, auch dann Gesundheitsschäden verursachen könnten, wenn sie in weit subakuter starker Verdünnung auf viele Menschen langfristig einwirken.
Wer sich eine auf diese Vermutung gestützte Umweltpolitik zu eigen macht und nach dem Grundsatz „Sicherheit geht vor Versorgung" konsequent ist, müßte dann allerdings die emittierenden Industrieanlagen, insbesondere die Kohlekraftwerke, abschalten.
Die Befolgung des vom Kollegen Wolfgramm ge- forderten und später etwas eingeschränkten Prinzips „So wenig Verschmutzung wie möglich" beendet alle Aktivität; denn „so wenig wie möglich" bedeutet Null.
Alle Maßnahmen des Umweltschutzes stellen Eingriffe in Grundrechte dar, wie das auf freier Entfaltung der Persönlichkeit, freie Berufsausübung, Eigentum und schließlich selbst das auf menschliche Gesundheit, wenn es um die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern geht. Jeder Eingriff in Grundrechte muß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen.
({7})
Extreme Forderungen des Umweltschutzes werden diesem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht.
Die Position der Bundesregierung ist, daß allgemein angewandte Immissionsgrenzwerte ihren Charakter als Schutzwerte verlören und zu Verschmutzungsrechten degenerierten.
Diese Auffassung steht in einem bemerkenswerten Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 1978, wonach nur solche Risiken mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein müssen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung, insbesondere nach dem gesicherten Stand der Wissenschaft, als solche er12916
kannt sind. Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts schließt sich die Bundesregierung in der Begründung ihres Änderungsentwurfs voll an.
Hier kommt also die ganze Widersprüchlichkeit einer im Bann der Grünen schillernden Umweltpolitik zum Vorschein. So kann man die ohnehin schon übermäßig emotional angeheizte Umweltdiskussion nicht versachlichen.
({8})
Niemand will die Luft in Duisburg zur Norm für das ganze Bundesgebiet machen. Nirgendwo in den Reinluftgebieten ist auch im entferntesten eine Region auszumachen, in der sich eine ähnliche industrielle Ballungsdichte wie im Ruhrgebiet entwikkeln könnte.
Wir werden der Frage der Regionalisierung gründlich nachgehen und prüfen, ob unterschiedliche Richtlinien für die zulässigen Immissionswerte verbindlich gemacht werden können. Es erscheint mir fraglich, ob die wissenschaftlichen Grundlagen gegenwärtig dafür genügen.
Die vorhandene Luftbelastung ist mit Ausnahme der wenigen Ballungsgebiete in der Bundesrepublik insgesamt so gering, daß der Betrieb einzelner neuer Großanlagen mit hohen Schornsteinen von der Emissionslage her auch bei regional verschärften Richtwerten unbedenklich erscheint. Problematisch wäre jedoch eine Verdichtung vieler kleiner Anlagen, deren Auswurf aus niedriger Quellhöhe die Umwelt belasten würde. Uns befriedigt deshalb nicht, daß die Bundesregierung die Vorsorgemaßnahmen zur Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik ohne Bewertung der verursachten Immissionen auf Großanlagen konzentriert.
Die Bestimmung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ließe auch eine, wie mir scheint, andere Interpretation zu. Volkswirtschaftliche Investitionen in Milliardenhöhe verbessern so die Luft praktisch überhaupt nicht. Die Luft in den Ballungsgebieten bleibt so schlecht, wie sie ist, und in den Reinluftgebieten so gut, wie sie ist. Wer die Luft für die Menschen dort, wo sie atmen, wirklich besser machen will, muß anders ansetzen. An erster Stelle stünde die Entgiftung der Autoabgase. Dann käme die Sanierung der vielen kleinen Feuerstellen, insbesondere des Hausbrands. Die Einführung von Gas-und Elektroheizungen - in welcher Form auch immer - sowie der Fernwärme würde den entscheidenden Durchbruch in den Ballungsgebieten bringen.
Eine optimale Umweltpolitik, die beschränkt vorhandene volkswirtschaftliche Mittel wirkungsvoll einsetzt, muß sorgfältig zwischen Kosten und Nutzen abwägen. Dies ist bisher nicht in ausreichendem Maß geschehen.
Wir verkennen nicht, Herr Bundesinnenminister, daß die langfristig andauernde Ablagerung von Schadstoffen aus der Luft ernst genommen werden muß. Während uns die Wirkungen freigesetzter radioaktiver Stoffe gut bekannt sind, bestehen noch große Unsicherheiten bei der Bewertung der Fernwirkung von Emissionen aus Kohlekraftwerken. Als Stichwort sei hier der „saure Regen" genannt, der zu Schäden in Wäldern führen kann. Dies ist zuerst auch ein länderübergreifendes Problem; denn wir erhalten von unseren Nachbarstaaten etwa die Mengen an Schadstoffen, die wir an sie abgeben. England beabsichtigt meines Wissens nicht, Rauchgasreinigungsanlagen zu installieren; denn sie sind wirkungslos. Italien verhält sich ähnlich. Frankreich, die Niederlande und Belgien waren auf diesem Gebiet bisher untätig; ihre zukünftige Position ist, soweit mir bekannt, unklar.
Ein 700-MW-Block auf Kohlebasis im Mittellastbereich erzeugt jährlich annähernd 3 Millionen t Kohlendioxid, etwa 25 000 t Schwefeldioxid, 2 000 t Chlorverbindungen und 300 t Fluorverbindungen.
Durch die Abgasendreinigung nach dem Stand der Technik, die mindestens 2 Pf je Kilowattstunde kostet und in Deutschland erst in wenigen, bescheidenen Ansätzen verwirklicht ist, können diese Emissionen mit Ausnahme des Kohlendioxids und auch vieler Stickoxide je nach Verfahren und Schadstoff um 50 bis 80% vermindert werden. Die freigesetzten Mengen sind aber auch dann noch sehr beträchtlich. Andere Umweltprobleme wie Schadstoffdeponierung und hohe Salzfrachten der Abwässer sind zusätzlich zu bewältigen.
Der Bundeskanzler hat wiederholt darauf hingewiesen, daß die Kohleverbrennung zu globalen Umweltveränderungen führt, die nicht mehr korrigierbar sind und deren Gefahren bald ebenso erregt diskutiert werden könnten wie die der Kernenergienutzung. Bleibt nur zu fragen, warum der Bundeskanzler dann die Kernenergie zur Restbedarfsenergie hinabstuft, obwohl nach vorherrschender Meinung der Fachleute die Reaktorsicherheit leichter zu handhaben ist als die Umweltveränderung durch Kohle.
Der Novellierungsentwurf der Bundesregierung sieht vor, daß das Verschlechterungsverbot in Ausnahmefällen durchbrochen werden kann, wenn dies bei Abwägung der Umweltbelastung gegen Gründe des Gemeinwohls, Verbesserung der Wirtschaftsstruktur oder Erfordernisse der Raumordnung angezeigt ist.
({9})
Die Bundesregierung mit ihrer energiepolitischen Verantwortung lädt aber die ganze politische Last dieser Entscheidung auf die ausführenden Länder ab.
({10})
Die Ausweisung besonders belastbarer wirtschaftlicher Entwicklungsgebiete durch die Landesregierungen als „Schlechtluftgebiete" - auch wenn dies faktisch gar nicht zuträfe - ist heute - machen wir uns doch nichts vor - politisch überhaupt nicht durchsetzbar.
({11})
Auch bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für einzelne Anlagen wird den Ländern die BeDr. Laufs
weislast für ein überwiegendes öffentliches Interesse aufgebürdet. So ist etwa der Nachweis des öffentlichen Energiebedarfs für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren im voraus - so lange dauert die Verwirklichung eines Bauvorhabens - nicht mit absoluter Sicherheit zu führen und deshalb ein leichtes Ziel der Kraftwerksgegner.
Neue unbestimmte Rechtsbegriffe haben in den Regierungsentwurf Eingang gefunden und werden die Rechtslage noch unsicherer machen als bisher.
Besondere Beachtung verdient der Umkehrschluß des Bundesrates, den Ländern die Ausweisung von Gebieten besonderer Luftreinhaltung zu ermöglichen, wenn der vorhandene Bestand von Tieren, Pflanzen und anderen Sachen wesentlich gefährdet werden kann. Dieser Weg scheint mir realistisch und gangbar zur Erhaltung besonders empfindlicher Biotope, falls dies nicht schon durch Ausweisung von Landschafts- und Naturschutzgebieten geschehen ist, und bei zunehmender Industrialisierung, falls man mit dieser überhaupt noch rechnen kann.
Bei den anstehenden Beratungen wird auch sorgfältig geprüft werden müssen, inwieweit die landesplanerisch bereits verbindlichen Standortvorsorgepläne der Bundesländer von der geplanten Neuregelung nach § 49 a des Entwurfes unterlaufen und Rechtsmittel und Normenkontrollen unterliegen würden.
Mit Sicherheit ist schon heute festzustellen: Wer glaubt, die speziellen Abwägungsklauseln dienten der Zielsetzung der verbesserten Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit immissionsschutzrechtlicher Entscheidungen, ist blauäugig und wirklichkeitsfremd. Der industrielle Investitionsstau läßt sich so nicht auflösen. Wir bedauern, daß der Bundeswirtschaftsminister zu dieser Problematik keine Stellungnahme abgegeben hat. Denn die schwierigen, in ihrem zeitlichen Ablauf nicht abschätzbaren und lang andauernden Genehmigungsverfahren wirken sich generell negativ auf die Investitionsneigung der Wirtschaft aus. Mit der Dynamik unserer kochindustrialisierten Wirtschaft im internationalen Wettbewerb verträgt sich nicht, daß Investitionsvorhaben jahrelang in der Schwebe sind, bis sich ihre rechtliche Zulässigkeit eindeutig herausstellt. Der Zeitfaktor ist von entscheidender Bedeutung. Er würde durch die vorgeschlagenen Regelungen noch unkalkulierbarer werden. Wir stellen deshalb fest: Die Bundesregierung ist für die zukünftigen Engpässe bei der Stromversorgung voll verantwortlich.
({12})
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine Bemerkung zur Entschädigungsregelung machen, die in der Stellungnahme des Bundesrates kommentarlos gestrichen wurde. Ob diese Streichung schlicht verfassungswidrig ist, wie die Bundesregierung meint, ist zumindest sehr umstritten. Soweit Verschulden des Betreibers oder ein enteignungsgleicher Eingriff durch einen rechtswidrigen Verwaltungsakt bei der Anlagengenehmigung vorliegt, ist die Entschädigung bei Schäden durch
Emissionen aus Industrieanlagen im allgemeinen Schadensersatzrecht ausreichend geregelt. Eine umfangreiche Rechtsprechung zeigt dies. Gleichwohl werden wir uns bei den Beratungen in den Ausschüssen mit der Entschädigungsfrage in den hypothetischen Fällen auseinandersetzen müssen,
({13})
in denen Schäden erst im nachhinein erkannt und nachgewiesen werden können. Betroffen werden davon eher Anlagen der Chemie oder Hüttenwerke, weniger die Kraftwerke sein.
Einen Objektschutz zur Erhaltung besonders schadstoffempfindlicher Objekte, wie z. B. Kunstdenkmäler, der durch Rauchgasentschwefelung, hohe Schornsteine oder Verschlechterungsverbot nicht möglich ist, kennt das Bundes-Immissionsschutzgesetz, auch der Änderungsentwurf, nicht. Hier kann ich die Auffassung des Bundeswirtschaftsministers nicht teilen. Die gefährlichen Schadstoffe stammen in der Regel nicht aus Großanlagen, sondern von den vielen kleinen Luftverschmutzern in den Innenstädten. Diese Problematik sollte ebenfalls einmal aufgegriffen werden.
Staatssekretär Hartkopf sagte vor der Technischen Universität Berlin zur Ablehnung der Änderungsnovelle durch den Bundesrat, ein ökologischer Morgenthaupaln für unser Land stehe vor der Tür. Dies ist ein böses Wort am Beginn eines schwierigen Gesetzgebungsvorhabens. Man könnte gegenfragen, ob gute Umweltpolitik unbedingt die Zurückführung unseres Industriestaates auf den Stand eines Agrarlandes bedeuten muß.
Wir werden sehen, ob der Regierungsentwurf mehr sein wird als ein Vehikel zur grüngetönten Selbstdarstellung der Bundesregierung.
({14})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gruhl.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundes-Immissionsschutzgesetz, also das Gesetz gegen Luftverunreinigungen und gegen Lärm, war im Jahre 1974 das letzte gemeinsam verabschiedete große Gesetz im Umweltbereich. Seitdem ging es mit der Umweltschutzgesetzgebung bergab. Ich habe eigentlich heute zu Beginn der Debatte gehofft zu erfahren, was denn die Novellierung dieses guten Gesetzes aus dem Jahre 1974 überhaupt bewirken solle. Ich habe aber zunächst über den Sinn dieser Novellierung kaum etwas gehört, auch nicht vom Bundesinnenminister. Nun hat zuletzt der Kollege Laufs eine Rede gehalten, aus der ich nur schließen kann, daß für die CDU/CSU der Umweltbereich total begraben worden ist.
({0})
Es wird uns sehr angenehm sein, Herr Laufs, endlich einmal für Klarheit zu sorgen. Wir werden in
unserem Bereich der Grünen und der Bürgerinitiativen für die Verbreitung gerade Ihrer Rede sorgen, denn diese sagt nun alles über die neueste Politik aus. Herr Volmer hatte sich wenigstens noch bemüht, eine etwas ausgleichende Stellungnahme zu dieser Gesetzgebung vorzutragen. Herrn Konrad fiel es gewiß etwas schwer - aber das beherrscht er geschickt -, mit einem gewissen Eiertanz Vorzüge und Nachteile dieser Novellierung noch einigermaßen zu kaschieren.
Der einzige, der sich sehr deutlich geäußert hat - außer Herrn Laufs natürlich -, ist der Herr Wirtschaftsminister gewesen. Er hat klargemacht, worauf es eigentlich ankommt. Es kommt darauf an, die „Rechtssicherheit" zu verstärken, wie er sagte und wie andere ja auch sagten. Die Rechtssicherheit aber für den Antragsteller, der eine neue Fabrik, ein neues Kraftwerk oder so etwas errichten will, soll verstärkt werden, nicht etwa die Rechtssicherheit der beteiligten Bürger, die dann davon betroffen sind.
({1})
Es ist auch verräterisch, wenn immer mit der Formulierung zugunsten eines neuen Betriebes gearbeitet wird, „wenn für dieses Vorhaben ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht".
Daß auch ein „überwiegendes öffentliches Interesse" zur Erhaltung der Umwelt vorhanden sein könnte, ist in der Sprachregelung der Bundesregierung und der deutschen Gesetzgebung noch gar nicht klargeworden. Da wird das öffentliche Interesse immer nur einseitig ausgelegt. Das öffentliche Interesse ändert sich aber im Verlauf der Geschichte. Mag in den 50er, 60er Jahren das öffentliche Interesse immer auf seiten der Neuansiedlung gelegen haben - in den letzten Jahren und künftig liegt das öffentliche Interesse immer weniger auf seiten der Betriebsansiedlung. Dadurch ändert sich auch die „Verhältnismäßigkeit" - ein Begriff, den Herr Laufs hier angewendet hat -; die Verhältnismäßigkeit bekommt ein ganz anderes Gewicht: Jetzt ist es bei einer Abwägung verhältnismäßig richtiger, Umwelt- und Lebensgrundlagen in jeder Richtung zu vertreten.
({2})
Die Anhörung von Fachleuten hat nicht nur damals in Berlin, sondern wiederholt das Ergebnis gehabt: Der Mensch verträgt offensichtlich mehr an Gift - in diesem Fall an Luftverunreinigung - als verschiedene empfindliche Pflanzen und Tiere, ja, sogar mehr als verschiedene empfindliche Sachgüter. Hier ist natürlich die Frage sehr offen, ob der Mensch nicht darum mehr verträgt, weil er sich der Medizin bedient und in jedem Fall zum Arzt gehen kann, wenn er irgendwelche Schäden an sich bemerkt. Eine Pflanze oder ein Tier können das ja nicht tun. Vielleicht hängt das damit zusammen. Ich weiß es nicht. Ich warne nur davor, hier immer zu unterstellen: Der Mensch verträgt ohnehin mehr als Pflanzen und Tiere.
Dies hat in der Novellierung eine beträchtliche Auswirkung. Man sagt nämlich - ich vereinfache etwas -: In den Ballungsgebieten ist für Pflanzen und Tiere ohnehin nichts mehr zu verderben; dort können wir noch höhere Belastungen zulassen; der Mensch verträgt ja noch mehr. Aber draußen auf dem Land, das noch nicht so industrialisiert ist, wollen wir Pflanzen und Tiere in höherem Maß schützen. Darum diese Zweiteilung des Bundesgebiets in bezug auf den Immissionsschutz, die eine Neuerung dieser Novellierung ist.
Nun hat der Bundesrat - und das kann man nicht scharf genug angreifen - die Folgerung gezogen: Machen wir es nicht so, wie es die Bundesregierung vorschlägt, nämlich nur in Ausnahmefällen auch für den ländlichen Bereich eine erhöhte Belastung zu gestatten, sondern genehmigen wir durchgehend in allen Bereichen die höhere Belastung, wobei die Landesregierung im Einzelfall über eine Verschärfung entscheiden soll. Das bedeutet: In der Bundesrepublik sollen gewisse Reservate offengehalten werden, wo Pflanzen und Tiere, in diesem Fall auch empfindliche Pflanzen und Tiere, noch leben können.
Damit ist dem Interessengesichtspunkt - das kam ja auch über den Wirtschaftsausschuß des Bundesrats - in einer schamlosen Weise Rechnung getragen worden. Das tun nicht nur CDU/ CSU-regierte Länder, sondern, wie hier schon mit Recht gesagt worden ist, auch SPD-regierte Länder.
Diese Entwicklung des Gesetzes, die hier stattgefunden hat, verheißt nichts Gutes für das Ergebnis, das vielleicht eines Tages herauskommt, womöglich - was unter Umständen ein Vorteil sein könnte - nicht mehr vor der nächsten Bundestagswahl.
Auf einen rechtlichen Gesichtspunkt möchte ich hinweisen, der von Professor Heinhard Steiger vorgebracht worden ist. Es geht darum, daß man hier einerseits eine Rechtsverordnung, die TA Luft
({3})
- eine Verwaltungsvorschrift, gut -, praktisch mit zum Gegenstand des Gesetzes macht, auf der anderen Seite aber für die Änderungen Bundesregierung und Bundesrat zuständig sind und auch weiterhin sein werden. Das heißt - nach den Worten von Professor Steiger -, daß der Bundesrat dann etwas tun könnte, was der Bundestag vorher nicht absehen konnte. Dies hält er in verfassungsrechtlicher Hinsicht für bedenklich.
({4})
- Ich kann es wörtlich zitieren:
.Es ist unklar, ob der Bundesrat seine Zustimmung womöglich erst nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag, also nach dem Gesetzesbeschluß, erteilen will. Das würde bedeuten, daß der Bundestag nicht einmal bei dem Gesetzesbeschluß wüßte, welchen Inhalt die Norm hat, die er verabschiedet.
Deutscher Bundestag - 8. Wahlperiode - 162. Sitzung. Bonn, Freitag, den 22 Juni 1979 12919
Denn deren Inhalt steht erst fest, wenn die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen mit der Zustimmung des Bundesrates gegeben sind. Hier soll sogar
- so sagt er weiter -
durch eine Verwaltungsvorschrift eine gesetzlich vertretene Norm geschaffen werden. Eine derartige Delegationsbefugnis steht dem Bundestag nicht zu. Er kann über seine Gesetzgebungsbefugnis nicht frei verfügen, sondern Delegationen nur im Rahmen des Grundgesetzes vornehmen. Somit wird das vorgesehene Verfahren auch nicht durch eine zusätzliche Teildelegation getragen.
Auf Grund seiner Erwägungen, die sicher eine ganze Menge für sich haben, sagt er, daß das Verfahren in diesem Fall deutlich macht, „was in Wirklichkeit vor Sicht geht: Der Bundestag nimmt Entscheidungen der Bundesregierung und des Bundesrates zur Grundlage seiner gesetzlichen Festlegungen. Seine Willensbestätigung ist also beschränkt." Dies hält Herr Steiger ganz schlicht und einfach für verfassungswidrig.
({5})
- Ich bin geneigt, mich dem anzuschließen.
({6})
Dies wird sicherlich auch bei den Beratungen über diese Novellierung eine wichtige Rolle spielen.
Ich schließe mich voll dem an, was Herr Volmer im Hinblick auf die andere Bewertung auf Grund der Prüfungen auf der Basis von 16 Quadratkilometern statt einem Quadratkilometer vorgetragen hat. Eindeutige Stellungnahmen liegen dazu vor - nicht nur von seiten der Landesregierung Nordrhein-Westfalen -, aus denen hervorgeht, daß dies eine beträchtliche Verschlechterung ergibt.
Es wäre also besser, wenn diese Novelle überhaupt wieder in der Versenkung verschwände. Ich halte es für bezeichnend, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister sich so warm für diese Novellierung eingesetzt hat. Wenn der Bundeswirtschaftsminister mit der Novellierung einverstanden ist und mit ihr sogar zufrieden ist, dann ist das der beste Beweis dafür, daß diese Novellierung nichts taugt. Zumindest taugt sie nichts unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Umwelt und der Sicherung der ökologischen Lebensgrundlagen in unserem ohnehin bereits völlig überlasteten Raum in Mitteleuropa. Ich hoffe, daß der Bundestag, wenn nicht dieser, dann vielleicht der nächste, daraus die Schlußfolgerung ziehen wird, andere grundsätzliche Maßstäbe an die gesamte Umweltpolitik anzulegen.
({7})
- Das wissen Sie doch noch gar nicht, Herr Konrad.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Cronenberg.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte lediglich noch einige kurze Bemerkungen zu den Ausführungen der Kollegen Laufs und Gruhl machen.
Herr Kollege Laufs, wenn Sie hier feststellen, daß es einen Zielkonflikt zwischen Sicherheit und Versorgung gebe, dann ist das eine der Selbstverständlichkeiten, die diese Debatte beherrschen. Nur die Schlußfolgerung, eine heillos zerstrittene Bundesregierung habe hier einen Gesetzestext vorgelegt, der weder dem einen noch dem anderen Anspruch Genüge tue, ist schlicht und ergreifend falsch.
({0})
Ich glaube, daß hier eine saubere Kompromißlösung genau zwischen diesen beiden Zielvorstellungen gefunden worden ist, die diese Diskussion selbstverständlich zu beherrschen haben.
Wenn Sie bedauern, daß Genehmigungsverfahren möglicherweise länger dauern würden,
({1})
dann kann ich Ihrem Bedauern nur insoweit beipflichten, als daß niemand von uns längere Genehmigungsverfahren wünscht, weil hier etwa bewußt verzögert werden soll.
({2})
Es ist vielmehr so, daß das Ergebnis der Sicherheitsbemühungen im einen oder anderen Fall gewissenhafte Prüfungen verlangen wird. Nur diese gewissenhaften Prüfungen können Ursache für solche von Ihnen mit mir gemeinsam beklagten Verlängerungen sein.
Ihre Feststellung, Herr Kollege Laufs, die Kernenergie sei sauber und sei die umweltfreundlichste Energieform, würde ich unbesehen unterschreiben. Dies ist genau meine Position; hier gibt es überhaupt keinen Zweifel. Aber wenn Sie in dieser Frage redlich diskutieren wollen, wäre es doch ungewöhnlich unaufrichtig, wenn Sie übersehen wollten, daß sich hier erhebliche Sicherheitsprobleme ergeben.
({3})
In der Abwägung zwischen Sicherheitsproblemen, Umweltschutzinteressen und Wettbewerbspositionen wird die richtige Lösung zu finden sein. Daß die einzelnen Positionen nicht rigoros allein Maßstab der Dinge sein können, sondern auch hier der Kompromiß zwischen den unterschiedlichen Positionen zu berücksichtigen ist, ist jedenfalls für uns selbstverständlich. Wir werden keine totale Sicherheit, keinen totalen Umweltschutz und nicht die Spitzenposition im internationalen Wettbewerb mit technologisch vergleichbaren Volkswirtschaften erreichen können, sondern wir werden uns jeweils darauf einzurichten haben, daß wir unter Berücksichtigung der
jeweiligen Positionen vernünftige Kompromisse, wie hier geschehen, zu finden haben.
({4})
Wenn der Herr Kollege Gruhl mit der ungewöhnlichen Feststellung, der Herr Bundeswirtschaftsminister würde deutlich sprechen, hier seine Position verdeutlicht, so kann ich nur feststellen: In der Tat, Graf Lambsdorff hat die angenehme Eigenschaft, die Dinge deutlich, klar und unmißverständlich darzustellen. Ich finde, das ist etwas Lobenswertes und Gutes, weil das auch die Diskussion vereinfacht.
({5})
- Auch vor dem Parteitag, jawohl!
Herr Gruhl, wenn Sie hier den Eindruck zu erwecken versuchen, die Rechtssicherheit für den Antragsteller - nebenbei: eine andere Position als die Sie, Herr Laufs, einnehmen - sei für uns das Primäre, dann muß hier folgende Feststellung getroffen werden: Selbstverständlich ist die oberste Zielprojektion der Umweltschutz. Damit er aber realisiert werden kann, bedarf es selbstverständlich auch für den Antragsteller einer Rechtssicherheit. Rechtsunsicherheiten verhindern Neuansiedlungen wie Umrüstungen von Betrieben. Ich möchte doch darauf aufmerksam machen, daß auch nach Ihren Vorstellungen, Zielen und Maßstäben, wenn ich Sie bisher richtig verstanden habe, Umrüstungen alter Betriebe in möglicherweise umweltfreundlichere Betriebe nicht abzulehnen sind. Wenn wir also erreichen wollen, daß neue Betriebe um dieser Volkswirtschaft und dieser Gesellschaft willen angesiedelt werden und daß schlechte, umweltfeindliche Betriebe durch umweltfreundliche Betriebe ersetzt werden, dann kann es doch gar nicht anders sein, als daß wir dafür zu sorgen haben, daß mehr Rechtssicherheit auch für den Antragsteller erreicht wird.
Welche Partei setzt sich mehr für die Interessen derjenigen ein, die möglicherweise im Interesse des Umweltschutzes klagen wollen? Wir z. B. überlegen ernsthaft, ob in diesem Zusammenhang nicht auch die Verbandsklage ein geeignetes Hilfsmittel sein kann. Wir lassen uns überhaupt nicht absprechen, daß die Interessenlage derjenigen, die möglicherweise durch die Umweltverschmutzung bedroht sind, für uns einen ganz hohen Stellenwert hat. Das steht aber überhaupt nicht in Widerspruch zu der Feststellung, daß wir für den Antragsteller mehr Rechtssicherheit wünschen und verlangen. Das Ziel des Gesetzes ist es, u a. die Bedingungen für die Neuansiedlung, die Bedingungen für Umrüstung so klarzumachen, so daß der Antragsteller die notwendige Rechtssicherheit hat. Der Formulierung, Lambsdorff setze sich für diese Novelle ein, deswegen sei sie schlecht - so die Kurzform in Ihren Schlußsätzen -, kann ich nun beim besten Willen und bei aller persönlichen Sympathie nicht beipflichten.
({6})
Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich
schließe die Aussprache. Der Ältestenrat empfiehlt, die Gesetzesvorlage an den Innenausschuß - federführend - und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Wirtschaft, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Jugend, Familie und Gesundheit zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ichrufe nun Tagesordnungspunkt 29 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Pfeffermann, Dr. Schulte ({0}), Sick, Dr. Jobst, Schröder ({1}), Dr. Stavenhagen, Weber ({2}), Lenzer, Straßmeir, Dr. Friedmann, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Riesenhuber, Wissmann, Dr. Langguth, Bühler ({3}), Dr. Stark ({4}) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU
Förderung des Einsatzes von Elektrofahrzeugen
- Drucksache 8/2691 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Wirtschaft ({5})
Innenausschuß
Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen
Interfraktionell ist ein Kurzbeitrag je Fraktion vereinbart. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Pfeffermann.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die gefährliche Abhängigkeit von knapper werdendem Mineralöl wird in diesen Tagen deutlicher den je zuvor empfunden. Es liegt in unserer Verantwortung, auch die Energieversorgung im Straßenverkehr zur Erhaltung der individuellen Mobilität langfristig sicherzustellen. Dabei muß jede Gelegenheit, Mineralöl zu substituieren, genutzt werden. Der Forschungsminister hat einmal gesagt, jede ausgelassene Möglichkeit, 01 zu sparen oder zu substituieren, bedeutet Inkaufnahme eines sonst vermeidbaren Versorgungsrisikos, das unsere soziale Sicherheit und schließlich auch unsere politische Stabilität gefährden könnte. Darin stimmen wir mit ihm voll überein.
Den Nahverkehrsbereich, den Verteiler- und Zustellverkehr durch Einführung der Elektrizität weniger abhängig zu machen, ist sicher eine uns alle verpflichtende Aufgabe, die jetzt schon aufgegriffen werden muß und nicht erst dann, wenn es noch bessere Batterien gibt.
({0})
Insoweit unterscheiden wir uns von den Wertungen, die die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage zum Thema Zukunftsaussichten des elektrischen Straßenverkehrs gegeben hat.
Der heutige technische Entwicklungsstand der Elektrotraktion reicht für viele Anwendungsfälle aus. Die Praxis beweist es. Jeder kann sich im Rahmen eines von der Industrie getragenen Elektrofahrzeugprogramms davon überzeugen. Die heuPfeffermann
tigen Anwendungsmöglichkeiten genügen, um einen ersten Markt schaffen zu können, der wiederum dafür sorgen wird, daß die Entwicklung in der Industrie weitergeht. Wenn wir - und vor allen Dingen die Regierung - hier nicht tätig werden, kommt diese Entwicklung ganz sicher wieder zum Erliegen. Dabei muß diese Entwicklung gleichzeitig und parallel auf allen Gebieten der Elektrotraktion vorangetrieben werden; denn für neue Technologien betragen die Entwicklungszeiten Jahrzehnte.
Seitens der Bundesregierung wird immer wieder auf die noch zu hohen Anschaffungskosten für Elektrofahrzeuge hingewiesen. Aber warum sind die Kosten denn so hoch? Doch nur, weil noch keine Serienfertigung besteht und bestehen kann. Und warum besteht keine Serienfertigung? Weil die neuen Technologien ohne Hilfe nicht mit eingeführten Technologien konkurrieren können. Gäbe es genug Mineralöl, brauchten wir uns um die Einführung 01 substituierender Techniken nicht zu bemühen. Dann könnten wir dies dem Markt allein überlassen. Die für die Zukunft erkennbare Situation aber läßt es nicht zu, daß wir tatenlos zuwarten.
Die von heutigen Elrktrofahrzeugen bekannten Nachteile, wie z. B. das Fehlen einer elektrofahrzeuggerechten Heizung oder der erhöhte Reifenverschleiß und das noch nicht voll befriedigende Fahrverhalten der Batterieanhängerbusse in den vorliegenden Versuchen auf winterglatten Straßen sind keine unlösbaren technischen Probleme, sondern ebenfalls die Folge zu geringer Stückzahlen. Heute muß man, auch wenn technische Lösungen nicht immer voll befriedigen, der Kosten wegen soviel wie möglich auf dem Markt vorhandene Serienkomponenten einsetzen, auch wenn diese den erkennbaren Notwendigkeiten nicht voll entsprechen. Nur für eine gewisse Serienfertigung lassen sich neue Komponenten entwickeln.
Herr Minister Hauff hat dazu auf der Internationalen Verkehrsausstellung in Hamburg erklärt -ich zitiere -:
Das Ziel der staatlichen Förderung des Verkehrswesens ist nicht das Einheitsverkehrsmittel für das Jahr 2 000, sondern die Bereitstellung von Bausteinen für ein Verkehrssystem der Zukunft, das den Anforderungen der unterschiedlichen Einsatzfälle individuell gerecht wird. Als Bausteine bezeichne ich dabei
- so sagte er neben den uns bekannten auch die neuen, in der Entwicklung befindlichen Verkehrsmittel. Manchem mag die eine oder andere neue Verkehrstechnik zunächst recht exotisch erscheinen. Aber täuschen wir uns nicht: auch beim Automobil war der Weg von der Tüftlerwerkstatt der Anfangsjahre zur modernen Autoindustrie relativ kurz. Niemand weiß, wie die Zukunft wirklich aussehen wird. Aber wir tun gut daran, auf Überraschungen vorbereitet zu sein. Mehr noch: wir tun gut daran, positive Überraschungen zu organisieren.
Sie, meine Damen und Herren, sollten solche Ausführungen nicht zu Sonntagsreden degradieren. Mit
der Zustimmung zu unserem Antrag haben Sie die Möglichkeit, nachzuweisen, daß Sie den Forschungsminister nicht nur verstehen, sondern auch in seinem Anliegen unterstützen.
({1})
Wenn ich bedenke, daß er ja als einer der wenigen aussichtsreichen zukünftigen Hoffnungen im Personalangebot der SPD gilt, dann ist dies ja noch mit besonderem Nachdruck hier vorzutragen.
({2})
- Da kann man sicherlich unterschiedlicher Auffassung sein, Herr Kollege Pieroth, aber Hoffnungen darf man ja noch mit Aufmerksamkeit sich entwickeln sehen. Ob es dann später dazu kommt, wird die politische Entwicklung noch mit sich bringen.
Wir halten es für an der Zeit, einmal darüber nachzudenken, ob auch der Postminister als Betreiber von mehr als 80 000 Nahverkehrsfahrzeugen eine volkswirtschaftliche Verantwortung im Hinblick auf das Energieprogramm der Bundesregierung hat. Ich nenne deswegen die Post, weil bei ihr schon früher in verstärktem Maße Elektrofahrzeuge im Einsatz waren. Wäre nur ein Promille dieses Fahrzeugparks elektrifiziert, brauchten wir diesen Antrag hier nicht zu stellen, sondern die Markteinführung und Markterprobung wären bereits gegeben. Ich bin sicher, daß die betriebswirtschaftliche Kalkulation der Post bei einem solchen Elektrofahrzeuganteil - gemessen am Gesamtbedarf -selbst dann nicht durcheinandergeraten würde, wenn die Elektrofahrzeuge im Anfang das Doppelte vergleichbarer anderer Fahrzeuge kosteten. Alternativ hierzu wäre ein Programm zur Förderung elektrifizierter Fahrzeugparks der öffentlichen Hand, wie z. B. die der großen Städte, denkbar.
Der Bundeskanzler hat in den letzten Tagen den Eindruck erweckt, daß zumindest er sich noch immer am Energieprogramm der Bundesregierung orientiert.
({3})
Danach fällt der Elektrizität in den nächsten Jahren die größte Aufgabe zur Substitution von Mineralöl zu. So soll der Elektrizitätsbedarf allein im Verkehrssektor von 8,9 Milliarden Kilowattstunden des Jahres 1975 auf 17 Milliarden Kilowattstunden im Jahre 1990 ansteigen. Wie soll dieses Programm denn erfüllt werden, wenn nicht jeder Verbraucher, der der Elektrizität zugänglich gemacht werden kann, auch für sie erschlossen wird? Energie sparen kann doch nicht nur Strom sparen bedeuten, sondern heißt doch auch, in erster Linie durch Strom andere und besonders die wertvollsten Primärenergien zu schonen.
Elektrizität läßt sich bekanntlich als solche nicht speichern, und deshalb ist nicht Verbraucher gleich Verbraucher, Wärmepumpe nicht gleich Elektrofahrzeug zu setzen. Ganzjahresschwachlastverbraucher wie Elektrofahrzeuge führen zu einer höheren Benutzungsdauer für Kraftwerke und Infrastrukturen. Die Benutzungsdauer ist neben dem
Preis der Primärenergie ein entscheidendes Kriterium für die Strompreisbildung und deshalb volkswirtschaftlich nicht außer acht zu lassen.
Man muß sich darüber klar sein, daß die heute für den Straßenverkehr zur Diskussion stehenden Alternativen wie Methanol, synthetisches Benzin oder gar Wasserstoff Sekundärenergien sind, die sicher für die meisten Verkehrsaufgaben benötigt werden, aber in der Anwendung gegenüber der Elektrizität zu einem höheren Primärenergieverbrauch führen. Das erfordert bei Außer-acht-Lassen der Elektrotraktion noch mehr Erzeugungsanlagen und zusätzliche Standorte. Was davon zu halten ist, haben wir in der gerade vorher stattgefundenen Debatte gehört. Das dient nicht nur der betont sparsamen Handhabung mit Energie, die der Forschungsminister so gern in den Vordergrund stellt, ja sogar als Schicksalsfrage unserer Generation bezeichnet.
Wir haben den Eindruck, daß man den energiewirtschaftlichen Zusammenhängen keine ausreichende Bedeutung beimißt. Wir möchten hier einen - ich räume gerne ein: bescheidenen - Beitrag zur Koordination der verschiedenen Aktivitäten in den unterschiedlichen Ministerien zur Erfüllung des Energieprogramms leisten.
Selbst wenn sich später einmal herausstellen sollte, daß die Elektrizität nur einen geringeren Beitrag zur Mineralölsubstitution im Straßenverkehr leisten kann, als heute von Experten angenommen wird, so können wir an dieser Aufgabenstellung für Forschung und Technologie heute ebensowenig vorbeigehen, wie wir die Sparmaßnahmen oder die Nutzung regenerativer Energiequellen wie Wind und Sonne unbeachtet lassen können, obwohl wir wissen, daß sie nur wenige Prozente zur Deckung des Energiebedarfs beitragen können.
Ich selbst bin in bezug auf die Einsatzmöglichkeiten der Elektrotraktion durchaus optimistisch. Ich konnte mich persönlich vom Entwicklungsstand der Natrium-Schwefel-Batterie überzeugen und rechne damit, daß in den nächsten Jahren die ersten Prototypen in Elektrotransportern erprobt werden können. Im Vergleich zu den heutigen Batterien sollte man bei halbem Gewicht die doppelte Reichweite ohne Nachladen erreichen können. Ein so wichtiges Teilgebiet wie die Förderung dieser leistungsfähigen Batterie wird von der Bundesregierung immerhin - allerdings auch nur - mit 3 Millionen DM im Jahr unterstützt. Aber trotz dieser im Vergleich zu anderen Energiebereichen geringen Forschungsmittel wurde Beachtliches erreicht. Selbstverständlich gibt es auch hier noch Nachteile, die nicht verschwiegen werden sollen. Die Betriebstemperatur der Batterie, besonders bei abgestellten Fahrzeugen, und die Sicherheitsfragen den Einsatz von Natrium betreffend sind solche Fragen.
Aus Amerika kommen die Nachrichten über die Entwicklung der Aluminium-Luft-Batterie, deren Stand ich nicht mit gleicher Sicherheit beschreiben kann, wie das für die deutsche Parallelentwicklung gilt.
Allen Entwicklungen gemeinsam aber ist die Frage, ob ihnen der Einsatz unter Betriebsbedingungen ermöglicht wird. Förderungen dürfen sich eben nicht nur auf die Forschung und Entwicklung beschränken, sondern müssen die ersten Schritte zur Markteinführung beinhalten.
Herr Kollege, es ist Kurzbeitrag vereinbart. Sie müssen zum Schluß kommen.
Frau Präsident, ich bin im Moment fertig.
Das hat überhaupt nichts mit staatlichem Dirigismus zu tun, sondern hängt ausschließlich mit der Tatsache zusammen, daß die Notwendigkeit der 01-substitution erkannt ist und darum heute Vorleistungen für das Auto von morgen erbracht werden können.
Nun wird mancher sicherlich einwenden, wir würden mit dem Antrag offene Türen einrennen. Die Praxis sieht leider anders aus.
Frau Präsident, lassen Sie mich zum Verfahren einen Hinweis geben. In der Tagesordnung ist ausgewiesen, daß dieser Antrag an den Ausschuß für Wirtschaft - federführend - und an den Verkehrsausschuß - mitberatend - überwiesen werden soll. Ich empfehle dem Hohen Hause, das umzukehren, weil es der Aufgabenstellung besser entspricht.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfram.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat, Herr Kollege Pfeffermann, ich fange mit der Bemerkung an: Ihr Antrag rennt offene Türen ein. Sie haben dem ja auch nicht widersprochen. Sie wußten sehr wohl, daß diese Feststellung berechtigt ist.
Wenn dem so ist, fragt man sich: Erfüllt der Antrag nur eine Alibifunktion, um nach draußen den Eindruck zu erwecken, Sie wären auf dem Gebiete alternativer Energien besonders aktiv? Denn vieles, was diese Bundesregierung getan hat und tut, hätte ja auch schon zu Ihren Regierungszeiten geschehen können.
Sie haben die Kohle eine lange Zeit im Stich gelassen und einseitig auf das 01 gesetzt.
({0})
Sie singen einseitig das hohe Lied der Kernenergie. Jetzt suchen Sie krampfhaft nach Alternativen, um eine Alibifunktion in einer Frage zu haben, in der wir in der Sache alle einer Meinung sind.
({1})
- Nun hören Sie sich doch erst einmal an, was ich zum Thema sagen möchte.
Wolfram ({2})
Es besteht sicherlich grundsätzliche Übereinstimmung darüber, daß elektrische Batteriefahrzeuge im flächenorientierten Straßenverkehr prinzipiell eine der Alternativen zu den heute fast ausschließlich mit Kraftstoffen aus Erdöl betriebenen Kraftfahrzeugen sein können. Sie konkurrieren mit Lösungen, die im wesentlichen eine Beibehaltung der Antriebssysteme und die Verwendung alternativer Kraftstoffe zum Ziele haben.
Die „Zukunftsaussichten des elektrischen Straßenverkehrs" sind von der Bundesregierung in der Antwort zu der Kleinen Anfrage der CDU/CSU in der Drucksache 8/2455 vom 8. Januar 1979 ausführlich dargelegt worden. Wenn Ihnen diese Antworten nicht genügen, dann hätte man dieses Thema in den Fachausschüssen für Verkehr, für Forschung und Technologie und für Wirtschaft ohne weiteres vertiefen können. Dazu bedurfte es dieses Antrages nicht, dazu sind wir ja jederzeit bereit.
Sie wissen, daß besonders die Antworten zu den Fragen 6 bis 15 die Vor- und Nachteile der Elektrofahrzeuge aufgezeigt haben. Sie wissen auch, daß sich bis heute keine neuen, zusätzlichen Erkenntnisse ergeben haben, die eine grundsätzliche Änderung der Politik erfordern.
Beim heutigen Entwicklungsstand - das wissen wir alle - ist das elektrische Batteriefahrzeug noch nicht konkurrenzfähig; wir wollen dies ändern. Es gibt noch eine Reihe ungelöster Probleme, z. B. die noch unzureichende Energie- und Leistungsdichte der Batterien, hohes Leer- und geringes Zuladegewicht, geringe Reichweite, Probleme bei der Heizung und energieaufwendige Nebenaggregate. Das alles sind noch zu lösende Probleme. Im übrigen wissen Sie doch - Sie haben hier die Energieeinsparung angesprochen - genauso gut wie ich - wenn nicht, sollten Sie es nachlesen -, daß der Primärenergieaufwand insgesamt zur Zeit bei Elektrofahrzeugen dem Aufwand für herkömmliche Kraftfahrzeuge vergleichbar ist. Wir können nur hoffen, daß das besser wird.
({3})
Die Bundesregierung, meine Damen und Herren, hat in mehreren Studien die Einsatzmöglichkeiten von batterieelektrischen Straßenfahrzeugen - auch unter Berücksichtigung ausländischer Erkenntnisse' - untersuchen lassen. Sie fördert schwerpunktmäßig die Entwicklung leistungsfähiger Batterien. Gefördert wird vor allem die Entwicklung der Natrium-Schwefel-Batterie und die Verbesserung der Bleibatterie. Darüber hinaus fördert die Bundesregierung die Erprobung und den Linieneinsatz von Hybrid-Elektrobussen: batterieelektrisch in Ballungsgebieten, dieselelektrisch in Außenbezirken. Die Nachladung erfolgt aus der Steckdose bzw. über Batterie-Schnellwechseltechnik. Das geschieht doch alles; dazu bedurfte es doch nicht des Antrags der CDU/CSU.
Es ist auch bekannt, daß die Bundesregierung neuartige Antriebssysteme aus Dieselmotor, Elektroantrieb und Schwungradkomponente für den Einsatz in Bussen fördert. Ebenso wird gefördert
die Entwicklung und der Einsatz von Duo-Bussen - Oberleitung in Innenstädten, direkter Fahrdiesel-, Batterie-Elektroantrieb in Außenbezirken bzw. in oberleitungsfreien Abschnitten. Besonders gefördert wird der Einsatz von Elektrotransportern im Projektbereich „Alternative Energien für den Straßenverkehr" mit Demonstrationsschwerpunkt Berlin. Das alles wissen Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, doch. Warum erwecken Sie dann hier den Eindruck, Sie müßten der Bundesregierung einen Schubs geben, damit sie tätig wird? Das ist doch überflüssig. Hier kann es doch nur darum gehen, daß man sachlich prüft: Ist genügend an Förderung geschehen? Müssen noch einige zusätzliche Maßnahmen gefördert werden? Gibt es weitere Schwerpunkte, über die wir uns unterhalten können?
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Pfeffermann?
Bitte schön, gern.
Herr Kollege, haben Sie für mich Verständnis, wenn ich den Eindruck habe, daß Sie meinem eigentlichen Anliegen, nämlich der verstärkten Markteinführung und der Unterstützung auf diesem Sektor, mit Ihrem Beitrag konstant ausweichen?
Herr Kollege Pfeffermann, wenn Sie die Gabe hätten, einem Diskussionsbeitrag bis zu Ende zu folgen, dann könnten Sie am Ende auch feststellen,
({0})
daß ich sicherlich auch auf diese Frage eingegangen bin. Nur bin ich es gewohnt, den ersten Schritt vor dem zweiten zu tun und ein Argument nach dem anderen zu verwenden. Sie müssen also Ihre Ungeduld noch wenige Minuten zügeln; ich spreche erst knapp fünf Minuten.
({1})
- Schön, vielleicht komme ich auch mit weniger aus.
In den projektvorbereitenden Verhandlungen über die Teilbereiche Elektrotraktion und Hybrid-Technologie wurde von den Projektbeteiligten die Auffassung vertreten, daß ein gezielter Einsatz in speziellen Anwendungsfällen ausreicht, um die notwendigen Erkenntnisse zum Vergleich mit konkurrierenden Alternativen zu gewinnen. Auch mit
- damit komme ich zu Ihrer Frage - größeren Stückzahlen
({2})
dürfte eine entscheidende Kostendegression nicht
zu erreichen sein, da, wie Sie selbst anerkannt haben, die Batterie im Grunde genommen das entscheidende Element und auch der wesentliche Kostenfaktor ist.
Wolfram ({3})
Auf diesem Gebiet müssen die Forschungen sicher verstärkt werden. Auch ich meine, hier sollten noch zusätzliche Forschungsmittel aufgewandt werden. Aber das hängt nicht von der Stückzahl der laufenden Fahrzeuge ab.
Was Ihre Anregung in Richtung auf die Bundespost betrifft, so wissen Sie sicher auch, daß die Deutsche Bundespost zur Zeit die Möglichkeiten zur Einrichtung eines Versuchsbetriebes mit Elektrofahrzeugen im Bereich der Paketzustellung prüft, wobei die Realisierung dieser Absicht vor allem von der Lieferung geeigneter Fahrzeuge abhängt.
({4})
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang weise ich nur kurz darauf hin, daß es im Falle eines hohen Fahrleistungsanteils der Elektrofahrzeuge notwendig ist, beachtliche zusätzliche Kraftwerkskapazitäten bereitzustellen. Denn die Annahme, daß man mit vorhandenen „Lasttälern" in der Stromerzeugung die Aufladung vornehmen könnte, trifft nur zu, wenn man von einem geringen Anteil ausgeht. Wenn man aber will - und wir wollen es auch -, daß der Anteil der Elektrofahrzeuge mittelfristig steigt, und zwar aus vielen guten Gründen, dann muß man wissen, daß man dafür zusätzliche Kraftwerkskapazitäten benötigt.
Es ist ausgerechnet worden - ich gehe davon aus, daß die Zahlen stimmen -, daß bei einem Anteil von Elektrofahrzeugen in Höhe von 20 % an der derzeitigen Kraftfahrzeugfahrleistung eine Kraftwerkskapazität von 5 600 Megawatt - Sie wissen, das ist die Leistung mehrerer Großkraftwerke vom Typ Voerde oder Biblis - erforderlich wäre. Über die Problematik, wie wir die künftige Stromversorgung in diesem Zusammenhang sichern können, werden wir gewiß im Wirtschaftsausschuß und in den Fachausschüssen mit Ihnen noch reden müssen.
Zusammenfassend stelle ich für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion fest:
Erstens. Die Bundesregierung ist längst tätig. Es bedürfte eigentlich gar nicht des Antrages der CDU/CSU.
Zweitens. Wir sind uns einig, daß der 01- und Benzinverbrauch reduziert und substituiert werden muß.
Drittens. Das Elektrofahrzeug kann eine Alternative zum herkömmlichen Kraftfahrzeug werden.
Viertens. Forschung und Entwicklung sind zu forcieren. Ein gezielter Einsatz von Elektrofahrzeugen reicht aus, um Vergleiche zu ziehen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Fünftens. Im Verkehrsausschuß - wir sind bereit, zuzustimmen, daß dieser federführend wird - sowie im Ausschuß für Wirtschaft, im Innenausschuß und im Ausschuß für Forschung und Technologie werden wir uns über das weitere Vorgehen sachlich auseinandersetzen.
({5})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Laermann.
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die beiden Vorredner zu dem anstehenden Thema haben es schon zum Ausdruck gebracht; lassen Sie es mich dennoch wiederholen: die Notwendigkeit nämlich, sich mit der Substitution und der Einsparung von nicht erneuerbaren Energiequellen zu befassen.
Die Entwicklung und die Schwierigkeiten am 01-markt, insbesondere die Preissteigerungen für Diesel- und Vergaserkraftstoff, die zweifellos zu erwartenden Verknappungserscheinungen in der Ölversorgung, aber auch wachsende Umweltprobleme, hervorgerufen durch Lärm- und Abgasimmissionen vor allem in den großen Städten und in den Ballungszentren, müssen Anlaß sein, sich mit alternativen Technologien auch im Verkehrsbereich intensiver zu beschäftigen.
Aus den genannten Gründen ist es dringend geboten, im Verkehrsbereich wirkungsvolle Möglichkeiten der Einsparung von Energie und Möglichkeiten der Substitution von 01 bzw. von Ölderivaten zu nutzen. Der Verkehr hat heute insgesamt einen Anteil von rund 18 °/o am gesamten Nutzenergiebedarf. Aber mehr als 80 °/o der eingesetzten Nutzenergie werden nicht genutzt, sondern gehen verloren, was die Umwelt erheblich belastet. Diese wenigen Zahlen mögen deutlich machen, welches Einsparpotential sich auf dem Verkehrssektor ergibt.
Es zeichnen sich inzwischen eine Reihe von Möglichkeiten ab - und ich sage ausdrücklich: nicht nur im Bereich des Elektroautos -, die nach dem Stand der Technik zum Teil bereits kurzfristig realisierbar sind. Ich glaube, wir müssen aber davon ausgehen, daß sie weitgehend erst längerfristig nennenswert in bezug auf Einsparungen von Energie wirksam werden können.
Zu nennen ist hier z. B. die Möglichkeit der Methanol-Beimischung, die heute schon in einem Umfang von bis zu 3 % bei angepaßtem Grundkraftstoff möglich ist. Zu nennen ist auch die Möglichkeit einer Beimischung von Methanol in höherem Umfang bis zu 15 °/o. Es ist erfreulich, zu hören - wenn diese Informationen stimmen; ich habe daran keinen Zweifel -, daß die Automobilindustrie ab sofort bereit ist, methanolresistente Werkstoffe zu verwenden, insbesondere auch Kunststoffe. Ich glaube, daß das ein erster und wichtiger Schritt zur Einsparung von Öl bzw. Ölderivaten ist.
Wir müssen uns aber darüber im klaren sein, daß die Anpassung sicher nur längerfristig möglich ist. Acht bis zehn Jahre scheinen hier ein realistischer Zeitraum zu sein.
Eine weitere Möglichkeit besteht zweifellos in der verstärkten Umstellung auf Flüssiggasantriebe, vor allen Dingen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs. Es ist auch möglich und notwendig, Kraftfahrzeuge und Motoren zu entwickeln, die einen im Durchschnitt wesentlich geringeren Kraftstoffverbrauch haben als bisher. Die Beispiele aus dem benachbarten Ausland, insbesondere aus FrankDr. Ing. Laermann
reich, zeigen, welche Möglichkeiten hier gegeben sind.
Nun zum Antrag: Die Einführung elektrisch betriebener Straßenfahrzeuge als Personenkraftwagen, aber wohl schwerpunktmäßig als Transporter und auch als Elektrobusse im Nahverkehrsbereich, kann durchaus als eine weitere Möglichkeit zur Lösung der eingangs angesprochenen Probleme angesehen werden.
Der Anwendungsnutzungsgrad solcher Antriebe, ungefähr 50 °/o, liegt zwar wesentlich höher als der aller anderen derzeit bekannten Antriebsarten, vergleichbar mit bisher höchstens 45 °/o bei Methanol-Beimischung, jedoch dürfen die auch im Bereich des Elektroautos vorhandenen Schwierigkeiten, die einer stärkeren Nutzung entgegenstehen, nicht verkannt werden. Ich nenne nur beispielhaft:
Erstens. Reichen die Lasttäler in der Elektrizitätserzeugung aus, um den Strombedarf zu decken?
Zweitens. Wie läßt sich unter Berücksichtigung der Netzkapazitäten die notwendige Versorgungsinfrastruktur verwirklichen?
Drittens. Wann kann erwartet werden, daß Batterien mit höherer Speicherdichte, geringerem Gewicht und größerer Unfallsicherheit verfügbar sind?
Herr Pfeffermann, der Hinweis auf die NatriumSchwefel-Batterien scheint mir zwar wichtig zu sein, weil diese Batterieart eine doppelt so hohe Energiespeicherdichte aufweist wie die bisherigen Bleibatterien, aber sie haben den Nachteil, daß sie bisher erst im Labormaßstab entwickelt sind. Es ist zu erwarten - und wir sollten solche Entwicklungen auch nach Kräften fördern -, daß wir diese NatriumSchwefel-Batterien zunächst erst einmal im stationären Bereich einsetzen können.
Auf dem Batteriesektor gibt es eine Reihe von Entwicklungen. Aber allen haftet derzeit noch der Nachteil an, daß sie über ein zu hohes Gewicht verfügen und dieses Gewicht natürlich mitgeschleppt werden muß. Wenn Sie heute einen Mittelklassewagen mit Elektroantrieb versehen, dann schleppen Sie rund 300 kg zusätzliche Last mit. Das müssen wir bei diesen Überlegungen doch mit berücksichtigen.
Ich habe nur einige der Fragen, die zu behandeln sind, ansprechen können und wollte auch nur einige ansprechen. Ich meine, daß wir uns mit diesen Fragen auseinanderzusetzen haben, bevor wir zu dem Problem der verstärkten Markteinführung von Elektrofahrzeugen kommen.
Hier ist schon darauf hingewiesen worden - und ich möchte dies wiederholen -, daß die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Opposition im Januar dieses Jahres sehr umfassend, wie ich meine, die Möglichkeiten, die erkennbaren Entwicklungen und ihre politisch-administrativen Bemühungen und Maßnahmen auf dem Gebiet der alternativen Verkehrstechnologien dargestellt hat, insbesondere mit Bezug auf das batteriebetriebene Elektrofahrzeug. Ich möchte hier noch einmal ausdrücklich begrüßen, daß diese Bemühungen eingeleitet worden sind und laufen und daß
sich in vielen Bereichen Erfolge abzeichnen. Ich bin auch der Meinung - da stimme ich den Vorrednern zu -, daß diese Bemühungen zu intensivieren sind.
Wir werden abzuwarten haben, wie sich im Berlin-Programm und in anderen Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs Elektrobusse und Hybridbusse, also Busse mit einer Art dieselelektrischem Verbundantrieb, bewähren werden. Von der Bewährung wird es abhängen, inwieweit diese Busse schließlich auch kommerziell in verstärktem Maß eingesetzt werden.
Parlament und Regierung können und sollten unter Berücksichtigung der energiepolitischen Entwicklungen und Notwendigkeiten die Rahmenbedingungen für die verstärkte Einführung alternativer Verkehrstechnologien auch im individuellen Straßenverkehr und unter Einbeziehung aller Möglichkeiten - nicht nur des Elektrofahrzeugs - schaffen. Im übrigen aber müssen die marktwirtschaftlichen Mechanismen ausreichen, um die Produktion insbesondere von Elektrofahrzeugen in der Industrie einzuleiten.
Herr Kollege Pfeffermann, Sie haben in Ihren Forderungen konkrete Vorschläge vermissen lassen. Ich war sehr gespannt darauf, zu hören, welche Forderung Sie haben, wenn Sie ebenfalls Dirigismus und Subventionspolitik ablehnen. Aber darauf sind Sie die Antwort leider schuldig geblieben.
({0})
- Ich würde mich mit diesen Vorschlägen gern noch einmal auseinandersetzen. Aber mir scheint, daß diese Vorschläge allein nicht genügen, um das angestrebte Ziel zu erreichen und hier vor allen Dingen, Herr Kollege Pfeffermann, keinen Dirigismus einreißen zu lassen. Denn, ich glaube, Sie sind der letzte, der diesem Dirigismus das Wort reden würde; Sie haben das ja ausgeführt. Aber auf was sonst läuft es hinaus, wenn Sie die Regierung veranlassen wollen, das Elektrofahrzeug einzuführen? Zweifellos mag es da Möglichkeiten im Bereich der öffentlichen Hand geben. Ich komme darauf noch zurück. Aber das ist wohl nicht ausreichend.
Ich meine, die öffentliche Hand sollte hier beispielhaft vorangehen, allerdings unter kostenorientierten Bedingungen. Wir wollen nicht verkennen, daß wir die Kostenfrage mit im Auge behalten müssen. Was Punkt 2 Ihres Antrags betrifft, sollte geprüft werden, ob z. B. die Deutsche Bundespost verstärkt Elektrofahrzeuge im Verteilerdienst, d. h. im Nahbereich, einsetzen kann. Aber Sie wissen - und es war auch zu hören -, daß die Bundespost diese Frage unter Berücksichtigung der Kostenorientierung bereits prüft; das ist sie dem Bürger wohl auch schuldig, der schließlich über Porto und Telefongebühren durch die Kosten der Post belastet wird.
In Anbetracht der Bedeutung der Frage, wie und unter welchen technischen, wirtschaftlichen und zeit12926
Dr. Ing. Laermann
lichen Bedingungen alternative Antriebsarten im Verkehr eingesetzt werden können, begrüßt die FDP-Fraktion den Überweisungsvorschlag ; sie stimmt ihm zu. Wegen der zahlreichen im Forschungsbereich liegenden Fragen .beantrage ich hier gleichzeitig die Überweisung des Antrags an den Ausschuß für Forschung und Technologie zur Mitberatung.
({1})
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache.
Abweichend von dem Überweisungsvorschlag des Ältestenrats ist nunmehr folgende Überweisung beantragt: an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen - federführend - sowie an den Auschuß für Wirtschaft, den Innenausschuß und den Ausschuß für Forschung und Technologie zur Mitberatung. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 30 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Verbesserung und Ergänzung sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft ({0})
- Drucksache 8/2844
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({1}) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Es ist wieder ein Kurzbeitrag je Fraktion interfraktionell vereinbart. Das Wort zur Begründung hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Buschfort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Entwurf eines Zweiten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes ist ein weiterer Schritt zum Ausbau des sozialen Sicherungssystems in der Bundesrepublik. Unser Ziel ist es, die soziale Sicherung der Hinterbliebenen landwirtschaftlicher Unternehmer, der Fluß- und Seenfischer sowie der Imker und der Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft zu verbessern.
In der Vergangenheit hat es sich gezeigt, daß jüngere hinterbliebene Ehegatten es oft sehr schwer haben, ihr landwirtschaftliches Unternehmen nach dem Tode des anderen Ehegatten aus eigener Kraft weiter zu leiten. Dem konnte auch durch Nachbarschaftshilfe oder teilweise Verpachtung nicht angemessen begegnet werden. Insbesondere für hinterbliebene Ehegatten, die noch Kinder zu erziehen haben, ergaben sich oft Schwierigkeiten bei der Weiterführung ihres landwirtschaftlichen Unternehmens.
Die Bundesregierung hat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einen praktikablen Weg zur Lösung dieses Problems aufgezeigt. Jüngeren Witwen und Witwern landwirtschaftlicher Unternehmen werden in der Altershilfe für Landwirte vorrangig Fachkräfte, die für die Weiterführung des Hofes notwendig sind, bereitgestellt. Wird das Unternehmen nicht weitergeführt, wird eine Grundsicherung gewährt, wenn wegen Kindererziehung oder aus Altersgründen eine ausreichende Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Soll der Hinterbliebene in ein abhängiges Arbeitsverhältnis eingegliedert werden, sieht der Entwurf eine befristete Übergangshilfe vor.
Die Unternehmer der Fluß- und Seenfischerei sowie der Imkerei sollen in die Altershilfe der Landwirte einbezogen werden. Außerdem werden die Ausgleichsleistungen für ältere Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft angehoben.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf stellt nicht die Rente in den Vordergrund, er hat vielmehr zum Ziel, der Familie das landwirtschaftliche Unternehmen als Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen und ihrer Existenzgrundlage zu erhalten. Das Grundanliegen des Regierungsentwurfs ist, durch Bereitstellung von Fachkräften die Erhaltung des Hofes für den hinterbliebenen Ehegatten und dessen Kinder sicherzustellen. Wir tun dies sowohl im wohlverstandenen Sinne und der Sorge um die Hinterbliebenen als auch aus arbeitsmarktpolitischen Erfordernissen. Deswegen sieht unser Gesetzentwurf in erster Linie die notwendigen Hilfen im Betrieb und Haushalt vor.
Natürlich gibt es den Fall, daß der hinterbliebene Ehegatte trotz dieser Fachhilfen glaubt, das Unternehmen nicht weiterführen zu können, und deshalb diesen Betrieb abgibt. Dann soll er ein Hinterbliebenengeld erhalten, sofern er wegen der Kindererziehung oder aus Altersgründen eine sonstige ausreichende Erwerbstätigkeit nicht wahrnehmen kann. Eine mögliche Eingliederung in den Arbeitsmarkt wird durch eine vorübergehende Geldleistung erleichtert.
Der hinterbliebene Ehegatte erhält somit die notwendige Unterstützung für die Startchancen in einen neuen Lebensabschnitt. Die soziale Absicherung wird noch dadurch abgerundet, daß die Empfänger von Hinterbliebenengeld zu Lasten des Bundes in die Krankenversicherung der Landwirte einbezogen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe gewiß Verständnis dafür, daß - wie der erste Durchgang im Bundesrat gezeigt hat - trotz Zustimmung zur Grundkonzeption versucht wird, dem Regierungsentwurf zusätzliche Leistungen aufzupacken. Ich will aber auch sehr deutlich sagen, daß ich keine Notwendigkeit sehe, Personen im erwerbsfähigen Alter, die nicht durch besondere Umstände an einer Arbeitsaufnahme gehindert sind, Rente zu zahlen. Vielmehr ist es unser vorrangiges Ziel, die Möglichkeiten des Arbeitsmarkts und des Arbeitsförderungsgesetzes auch für die jüngeren Hinterbliebenen in der Landwirtschaft zu nutzen.
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Auch müßte jeder Verzicht auf die Hofabgabe als Leistungsvoraussetzung in der Altershilfe für Landwirte, wie es beispielsweise der Deutsche Bauernverband gefordert hat, unabdingbar Rückwirkungen auf die Finanzierung des Sicherungssystems haben; denn sozialpolitische Entscheidungen müssen jeweils die Interessen aller berücksichtigen und den finanziellen Notwendigkeiten Rechnung tragen. Man muß schließlich berücksichtigen, daß z. B. die Belastung der Arbeitnehmer für ihre Altersversorgung fast fünfmal so hoch ist wie die der landwirtschaftlichen Unternehmer. Ich habe deshalb Verständnis für die auch aus den Reihen meiner Fraktion erhobene Forderung nach mehr Beitragsgerechtigkeit in der Altershilfe für Landwirte. Es ist ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, daß die vom Bund finanzierte Ausgleichsleistung für die Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft kräftig angehoben wird. Dadurch vermindern wir die negative Auswirkung, die sich für ältere Arbeitnehmer aus den bestehenden Lohndisparitäten zur gewerblichen Wirtschaft ergeben.
Meine Damen und Herren, in den letzten Jahren wurde die soziale Sicherung im landwirtschaftlichen Bereich wesentlich ausgebaut und verbessert. Ich darf hier kurz an folgende Veränderungen noch einmal erinnern: die Einführung der Dynamisierung der Geldleistungen, die Einführung des Waisengeldes und die Landabgaberente. Alle diese Maßnahmen haben allerdings nicht nur eine sozialpolitische, sondern auch eine agrarstrukturelle Zielrichtung, nämlich die Heranbildung von jungen, den Anforderungen einer modernen Betriebsführung gewachsenen landwirtschaftlichen Unternehmen.
Dieser Erfolg war allerdings mit sehr erheblichen finanziellen Aufwendungen des Bundes verbunden. So wurden in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung von 1969 bis 1978 19,5 Milliarden DM an Bundesmitteln aufgewendet. Für 1979 sind allein für die Altershilfe für Landwirte rund 1,9 Milliarden DM an Bundesmitteln vorgesehen worden.
Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ergänzt das soziale Sicherungssystem im Agrarbereich vornehmlich zugunsten der in der Landwirtschaft tätigen Frauen und Hinterbliebenen. Deshalb bitte ich um Ihre Unterstützung und um eine zügige Beratung in den Ausschüssen, damit wir alsbald hier die zweite und dritte Lesung durchführen können.
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Damit ist die Regierungsvorlage begründet.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Horstmeier. Ich darf noch einmal daran erinnern, daß wir uns auf Kurzdebatte geeinigt haben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf mit dem Kernstück „Witwenregelung im Rahmen der Altershilfe für Landwirte" kommt keinen Tag zu früh. Sehr lange ist das Problem der Hinterbliebenenversorgung in der Landwirtschaft bekannt. Lange ist bei allen sich bietenden Gelegenheiten darüber geredet worden, aber Taten folgten leider nicht.
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Daher hat die CDU/CSU-Fraktion vor eineinhalb Jahren die Initiative ergriffen und einen Gesetzentwurf eingebracht, der aber im Ausschuß nicht beraten werden konnte, weil die Vorstellungen der Regierung in dieser Frage nicht bekannt waren. Bis heute hat es nun gedauert, daß die Regierung nach einem schwierigen Einigungsprozeß in der Koalition, bei dem man die Entscheidung immer wieder vor sich herschob, endlich einen Entwurf auf den Tisch gelegt hat. Ich bin sicher, wenn die Regie- rung nicht durch die Opposition in Zugzwang gebracht worden wäre, würden wir immer noch warten.
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Über die Höhe der zu gewährenden Hilfen und den zu erfassenden Personenkreis gibt es in beiden Entwürfen kaum einen Unterschied. Der neuralgische Punkt des Regierungsentwurfes ist die Forderung nach der Hofabgabe als Leistungsvoraussetzung für das Witwengeld. Da sich die Auseinandersetzung in dem vorliegenden Entwurf eines Zweiten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes auf die Bedingungen für das Hinterbliebenengeld konzentriert, möchte ich dazu wie folgt Stellung nehmen.
Erstens. Wenn man wirklich helfen will, muß man auf die Hofabgabe als Leistungsvoraussetzung verzichten,
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wie es die CDU/CSU erst nach gründlicher Diskussion getan hat. Anderenfalls entzieht man den Betroffenen doch die Existenzgrundlage.
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Meine Damen und Herren, Witwengeld ist nicht gleich Witwenversorgung. Es entspricht auch gar nicht der Zielsetzung des Altershilfegesetzes, das bei den zu versorgenden Altenteilern auch von bestimmten Hofleistungen ausgeht. Erst beides zusammen bildet dann die Versorgung. Die Frage ist: Woher sollen denn die Hofleistungen für jüngere Witwen eigentlich kommen, wenn die Ländereien an Fremde verpachtet werden müssen, weil die möglichen Hofnachfolger noch Kinder sind? Ich frage weiter: Wer trägt die Reallasten, die eventuell auf einem Betrieb ruhen, wenn das verfügbare Einkommen der Witwe nach der Hofabgabe in den meisten Fällen unter dem Sozialhilfeniveau liegt? Denn das zu gewährende Witwengeld von monatlich 288,70 DM im Jahr 1980 kann keine Versorgung darstellen, auch wenn man die Pachteinnahmen hinzunimmt. Besonders kleinere und mittlere Betriebe, bei denen die Pachteinnahmen naturgemäß gering ausfallen, können dieses neue Gesetz, wenn es in der vorliegenden Form verabschiedet wird, überhaupt nicht in Anspruch nehmen. Und
denen sollte doch in erster Linie geholfen werden. Oder für wen wird dieses Gesetz eigentlich gemacht?
Zweitens. Ist es nicht im Zusammenhang mit der Hofabgabeforderung ein Widerspruch, wenn man bis zu einem eigenen Einkommen von drei Zehnteln der Beitragsbemessungsgrenze der RVO -1979 monatlich 1 200 DM - das Witwengeld zusätzlich gewähren will, aber Einkommen aus selbständiger Tätigkeit bei Weiterbewirtschaftung des Hofs nicht zuläßt? Diese Logik verstehe ich überhaupt nicht. Die müssen Sie mir noch eingehend erläutern.
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Daß das Einkommen aus einer eventuellen Weiterbewirtschaftung anders als außerbetriebliche Einnahmen bewertet werden soll, dafür habe ich ein- fach kein Verständnis. Das ist für mich eine Diskriminierung von selbständiger Tätigkeit, die so einfach nicht stehen bleiben kann.
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Drittens. Es gibt eine weitere Vorschrift, daß der verstorbene Ehegatte den Unterhalt seiner Familie überwiegend 'bestritten haben muß. Dies hat mit praxisnaher Politik nichts zu tun, weil landwirtschaftliche Unternehmen in der Regel gemeinsam bewirtschaftet werden und es eine Bestreitung des Lebensunterhalts überwiegend durch den einen oder den anderen Ehegatten gar nicht gibt. Auch die Rechtsprechung hat diesen Standpunkt schon öfters untermauert.
Viertens. Die Altersbegrenzung der zu versorgenden Kinder auf 15 Jahre als Leistungsvoraussetzung findet im Sozialrecht keine Parallele. Da kennt man nur die Grenze von 18 Jahren.
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Weshalb das bei Landwirtsfamilien anders geregelt werden soll, ist mir unerfindlich.
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Ist die Schul- und Ausbildungszeit im ländlichen Bereich etwa kürzer als anderswo? Die Unterhaltspflicht des überlebenden Elternteils für Kinder endet auch in der Landwirtschaft nicht mit 15 Jahren. Warum diese Sonderregelung?
Fünftens. Ich muß in diesem Zusammenhang der Diskussion um das Ja oder Nein zur Hofabgabe ein Wort zur Einbringungsrede von Herrn Staatssekretär Dr. Strehlke im Bundesrat sagen. Es ist der Sache sicher nicht dienlich, ja, meine ich, sogar unzulässig, zu drohen: Wenn zusätzliche Forderungen gestellt würden, müßte mit Rückwirkungen auf die Finanzierung des Systems der Altershilfe im ganzen gerechnet werden. Hier wird versucht, ein Junktim herzustellen, obwohl überhaupt kein Zusammenhang besteht. Die Finanzierungsgrundlage der Altershilfe für Landwirte hat doch nichts mit der Schließung einer Soziallücke in diesem System zu tun, wie Sie das selbst nennen. Allenfalls geht es - auch das muß ich hier herausstellen - um die Finanzierung dieser zusätzlichen Leistung.
Aber dafür hat Ihnen die Opposition wiederholt im Rahmen der Haushaltsberatung konkrete Vorschläge gemacht, auf die Sie leider nicht eingegangen sind.
Das waren fünf Anmerkungen, die ich zu dieser Hinterbliebenenregelung machen wollte.
Über die vorgeschlagenen flankierenden Maßnahmen: die Haushalts- und Betriebshilfe sowie die Überbrückungshilfe, ist durchaus zu sprechen. Beides sind gute Ansätze. Aber sie müssen so formuliert und gestaltet werden, daß sie greifen. Hauptanliegen dieses Gesetzentwurfs muß es sein, daß das landwirtschaftliche Unternehmen trotz der durch den Tod eingetretenen Belastungen dem Hofnachfolger erhalten bleibt.
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Dafür ist eben ein Jahr Überbrückungshilfe zu wenig. Auch die Haushalts- und Betriebshilfe, die jetzt auf zwei Jahre erweitert werden soll, wirft finanzielle Belastungsprobleme auf, da sie nur für ein halbes Jahr unentgeltlich gestellt werden soll und danach selbst mitfinanziert werden muß.
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- Auch das kommt hinzu.
Der Einsatzzeitraum von zwei Jahren ist ebenfalls zu kurz bemessen, um den einzelbetrieblichen Gegebenheiten in allen Fällen gerecht zu werden. Über beide Leistungen muß noch einmal intensiv beraten werden.
Die weiteren Inhalte dieses zweiten agrarsozialen Ergänzungsgesetzes, einmal die Einbeziehung der Binnenfischer und der Imker in die Altershilfe und die landwirtschaftliche Krankenversicherung, werden ebenso von der Opposition begrüßt wie die vorgesehenen Änderungen der Landabgaberentebestimmungen. Auch die Verbesserung der Zusatzversorgung für landwirtschaftliche Arbeitnehmer findet unsere volle Zustimmung.
Zusammenfassend darf ich folgendes feststellen. Für diesen Entwurf gilt wohl nicht der Spruch: Was lange währt, wird endlich gut. Ich glaube auch nicht, daß es am Wissen um die tatsächliche Lage des betroffenen Personenkreises liegt. Vielmehr neige ich zu der Meinung, daß es mehr am Wollen liegt, eine praxisnahe, sozial gerechte Lösung für die Hinterbliebenen in der Landwirtschaft zu finden.
In diesen Entwurf jedenfalls ist, soweit es die Witwenregelung betrifft, gleich eine Bremse für die Inanspruchnahme mit eingebaut. Ich hoffe, daß wir diese Bremse im Ausschuß etwas lockern können und daß am Ende doch noch ein praktikables Gesetz verabschiedet werden kann.
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Das
Wort hat der Abgeordnete Kirschner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf will, wie sein Titel sagt, soziale Maßnahmen in der Landwirtschaft verbessern und ergänzen. Ein solches Anliegen wird von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion grundsätzlich begrüßt. Dort, wo im System unserer sozialen Sicherung noch Lücken bestehen, sollen sie geschlossen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muß eine Vielfalt von Aufgaben in einer Vielzahl von verschiedenen Versorgungssystemen angepackt werden. Dabei sollen Prioritäten beachtet werden.
Ob mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfes heute die richtige Priorität gesetzt worden ist, will ich hier nicht untersuchen. Der vorliegende Gesetzentwurf geht der Opposition, wie wir gehört haben, nicht weit genug. Sie fordert ein unbedingtes Hinterbliebenengeld für die jüngere Landwirtswitwe, und zwar ohne die Verpflichtung zur Hofabgabe. Damit will die Opposition, wie ihr entsprechend vorgelegter Gesetzentwurf zeigt, die Zielsetzung des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte tiefgreifend verändern. Wenn die agrarstrukturelle Komponente dieses Gesetzes nach Auffassung der Opposition nicht mehr gelten soll, dann erwarten wir, daß die Opposition sich unserer Forderung anschließt, die Beitragsgestaltung in der Altershilfe für Landwirte neu zu regeln.
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Hofabgabe und Zahlung eines Hinterbliebenengeldes stehen keineswegs im Vordergrund dieses Gesetzes. Entsprechend auch der agrarstrukturellen Zielsetzung der Altershilfe für Landwirte werden für den Hinterbliebenenfall in erster Linie Betriebshilfe und Übergangshilfe angeboten. Dies ist auch sozialpolitisch zu begrüßen. Das Angebot einer Dienstleistung in Fällen sozialer Hilfsbedürftigkeit wird der sozialpolitischen Aufgabe oftmals weit mehr gerecht als die Auszahlung eines Geldbetrages. Die Inanspruchnahme der Betriebshilfe wird sechs Monate lang kostenlos gewährt. Ab dem siebten Monat kann eine Selbstbeteiligung in Höhe von höchstens 50 v. H. der entstehenden Kosten verlangt werden. Dies ist sinnvoll, um gerade jene, die hohe Einkünfte aus der Weiterführung ihres Betriebes haben, an dieser Leistung der Solidargemeinschaft der Versicherten, der Altershilfe für Landwirte, zu beteiligen. Auf die Selbstbeteiligung wird in der Regel dann zu verzichten sein, wenn es sich um einen Kleinbetrieb mit ohnehin nur geringem Einkommen für die hinterbliebenen Landwirte handelt. Für den Fall, daß die oder der Hinterbliebene sich nicht in der Lage sieht, den Betrieb weiterzuführen, ist die Leistung eines Hinterbliebenengeldes vorgesehen. Diese ist allerdings an die Hofabgabe gebunden analog der gesetzlichen Regelung als Voraussetzung zur Gewährung von Altersgeld für Landwirte. Im übrigen kann eine jüngere Hinterbliebene, die nach diesem Gesetzentwurf Hinterbliebenengeld erhalten soll, nicht anders gestellt werden als jene Witwe, die mit 60 Jahren oder wegen Erwerbsunfähigkeit Hinterbliebenengeld dann erhält, wenn sie den Betrieb abgibt.
Dabei darf auch nicht unterschlagen werden, daß die oder der Hinterbliebene ein Viertel der Mindestfläche nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte trotz Hofabgabe für sich zurückbehalten kann. Außerdem werden bei Hofabgabe in der Regel Einkünfte aus Pacht erzielt. Diese Einkünfte können so beträchtlich sein, daß sie die Frage aufwerfen, ob es vertretbar ist, sie bei der Prüfung der Bedarfssituation für Hinterbliebenengeld nicht zu berücksichtigen. Hier wird der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung eine eingehende Prüfung vorzunehmen haben.
Für den Anspruch auf Hinterbliebenengeld sieht der Gesetzentwurf zwei Voraussetzungen vor. Die eine ist: Die oder der Hinterbliebene muß das 45. Lebensjahr vollendet haben, und es muß zu erwarten sein, daß sie keine Beschäftigung mehr ausüben können, die drei Zehntel der Beitragsbemessungsgrenze nach der RVO übersteigt.
Die andere Voraussetzung stellt auf die Erziehung eines Kindes ab, das das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Auch hier darf das zusätzlich erzielte Arbeitseinkommen drei Zehntel der genannten Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen.
Diese Regelung ist in gewisser Weise ein Vorgriff auf das Vorhaben, bis 1984 eine Neuregelung der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung vorzunehmen. Auch der Vorschlag der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission zur Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung sieht eine entsprechende Regelung für Hinterbliebene vor, die Kinder erziehen. Nach diesem Vorschlag soll sonstiges Arbeitseinkommen auf die Hinterbliebenenrente angerechnet werden. Im Unterschied zu dem vor uns liegenden Gesetzentwurf ist jedoch für den Leistungsbezug wegen Kindererziehung nach dem Kommissionsvorschlag eine Altersgrenze von 45 Jahren vorgesehen. Ob es sehr glücklich und sinnvoll ist, mit diesem Gesetzentwurf für landwirtschaftliche Witwen bereits heute eine Regelung im Vorgriff auf die Neuregelung der Hinterbliebenenversorgung 1984 zu treffen, braucht in diesem Stadium nicht geklärt zu werden.
Hervorzuheben und ausdrücklich zu begrüßen ist jedoch, daß die Bundesregierung in der Begründung zu diesem Gesetzentwurf ihre Auffassung verdeutlicht: Diese für die landwirtschaftlichen Witwen jetzt vorgesehene Regelung muß im Rahmen der Neuregelung der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung 1984 mit einbezogen und überprüft werden. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird während der weiteren parlamentarischen Beratungen dieses Gesetzentwurfs prüfen, ob dieses Gesetz in diesem Teil nur befristet bis zur Neuregelung der Hinterbliebenenversorgung 1984 in Kraft zu setzen ist.
Die gesetzliche Altershilfe für Landwirte ist ein eigenes, ganz eigentümliches Finanzierungssystem. Der Bund zahlt hier 87,6 % der für Altersgelder anfallenden Kosten. Zu begrüßen ist daher einerseits, daß die Leistungen für neu in die Altershilfe für Landwirte aufzunehmende Fluß- und Seenfischer
sowie Imker allein über Beiträge finanziert werden. Ausschließlich von der Solidargemeinschaft der Versicherten werden auch die Kosten getragen, die für Übergangshilfen und Betriebshilfen entstehen.
Im weiteren Verlauf der parlamentarischen Beratungen muß daher zur Diskussion stehen, daß auch die Hinterbliebenengeldzahlungen allein aus den Beiträgen der Versicherten finanziert werden. Dies würde eine Beitragserhöhung um ca. 3 DM monatlich gegenüber der jetzt vorgeschlagenen Erhöhung des Beitragssatzes bedeuten. Würde es dabei bleiben, daß auch die Hinterbliebenengelder zu 87,6 % vom Bund finanziert werden, so würden sich das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und das Recht der gesetzlichen Altershilfe für Landwirte weiter auseinanderentwickeln. Es würde ein neues ungerechtfertigtes Privileg geschaffen. Ziel muß es sein, solche ungerechtfertigten Privilegien in der Finanzierung der Altershilfe für Landwirte selbstverständlich aber auch in anderen Versicherungszweigen abzubauen.
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Eine verstärkte Beitragsfinanzierung der gesamten Altershilfe für Landwirte ist gerade auch angesichts der den Rentnern der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Konsolidierung des 20. und 21. Rentenanpassungsgesetzes zugemuteten, nicht unbeträchtlichen Lasten zur Sicherung des Generationenvertrages notwendig, ja überfällig.
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Eine neue Beitragsgestaltung in der gesetzlichen Altershilfe für Landwirte wird auch die Frage einzubeziehen haben, ob es bei dem bisher geltenden Einheitsbetrag für alle Versicherten in der Altershilfe für Landwirte bleiben kann. In der Beitragsgestaltung sollte mehr Beitragsgerechtigkeit durch einen höheren Anteil aller Versicherten am Beitragsaufkommen der Altershilfe für Landwirte, aber auch durch mehr Beitragsgerechtigkeit unter den versicherten Landwirten geschaffen werden. Eine konsequentere Besteuerung der Landwirtschaft, die noch in dieser Legislaturperiode in Angriff genommen werden soll, wird daraufhin zu überprüfen sein, wie eine Beitragsneugestaltung unter Beitragsbemessung am Wirtschaftswert des landwirtschaftlichen Betriebes sich verwirklichen läßt.
Ganz aktuell in diesem Zusammenhang aber ist, daß der Beitragsanteil der Versicherten in der Altershilfe für Landwirte ab 1. 1. 1981 erhöht werden muß. Zu diesem Zeitpunkt steigt der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung um 0,5 °/o. Daher muß auch in der Alterssicherung für Landwirte eine Beitragssatzerhöhung zu Lasten der Versicherten mindestens in gleichem Umfang erfolgen.
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Der Gesetzentwurf weitet den Personenkreis der Berechtigten nach der Altershilfe für Landwirte aus. Mit der Einbeziehung der Imker sowie der Fluß- und Seenfischer sollte jedoch eine Grenze erreicht sein. Es dürfen keine neuen Türen in der Altershilfe für Landwirte geöffnet werden für weitere Kreise, die zwar eine als landwirtschaftlich zu beurteilende Tätigkeit ausüben, aber nicht, wie es eigentlich Voraussetzung für die Berechtigung nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte ist, eine Bodenbewirtschaftung durchführen. Wer als Selbständiger sich eine Altersversicherung aufbauen will, der hat die Möglichkeit zur Pflichtversicherung auf Antrag in der gesetzlichen Rentenversicherung, und er hatte in den Jahren 1972 bis 1975 die Möglichkeit, sich in der gesetzlichen Rentenversicherung freiwillig zu versichern.
Es gibt eine weitere Verbesserung in dem Gesetzentwurf, die in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit leider zu kurz kommt. Dies ist die Aufstockung der Ausgleichsleistung für ältere landwirtschaftliche Arbeitnehmer. Diese Ausgleichsleistung zu der vertraglich vereinbarten Zusatzversorgung ist seit 1973/74 noch nicht wieder angehoben worden. Deshalb begrüßen wir es ganz besonders, daß vorgesehen ist, im Hinblick auf die veränderten Verhältnisse diese Ausgleichsleistung von 50 DM auf 70 DM monatlich zu erhöhen.
Der vorliegende Gesetzentwurf wird in der Ausschußarbeit intensiv zu prüfen sein. Dabei geht es neben den konkreten Regelungen auch um Grundsatzfragen. Sie dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden, sie müssen anläßlich dieses Gesetzentwurfs behandelt werden.
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Das Wort hat der Abgeordnete Paintner.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der FDP-Fraktion begrüße ich die Vorlage des Zweiten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes durch die Bundesregierung. Die Zielsetzung dieses Entwurfs ist die Verbesserung der sozialen Lage für Witwen und Witwer von Landwirten, die Einbeziehung der Berufsfischer an Flüssen und Seen sowie der Imker in die Alters- und Krankenversicherung der Landwirte und die Aufbesserung der Zusatzaltersversorgung der älteren Landarbeiter.
Hier gleich ein Wort zu meinem Vorredner von der CDU. Auch uns und im besonderen mir als praktizierendem Landwirt wäre es sehr angenehm, wenn wir beides anbieten könnten, ein Hinterbliebenengeld und einen Betriebshelfer. Aber Politik ist halt immer noch die Kunst des Möglichen, und man kann nicht alles haben. Man kann auch nicht alles fordern, auf der einen Seite eine Konsolidierung des Haushalts und auf der anderen Seite hier noch hohe Beträge im besonderen.
Wir von der FDP und diese Bundesregierung sind maßgeblich davon geleitet, daß wir Eigentum und viele bäuerliche Existenzen erhalten wollen, ganz besonders dann, wenn ein Schicksalsfall eintritt. Ich glaube, jeder, der die Praxis kennt und der aus der Praxis kommt, weiß, was ein Schicksalsschlag für eine Familie, für eine Witwe oder einen Witwer bedeutet, der weiß, daß manchmal und sogar meistens ein paar Pfennige Rente an der Sache nichts ändern würden, aber ein BetriebshelPaintner
fer vom ersten Tag an sehr gut gebraucht werden kann, daß man dadurch den Notstand kurzerhand überwinden kann.
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Wir begrüßen es, daß das Schwergewicht der Verbesserung der sozialen Lage der jüngeren Hinterbliebenen eindeutig auf den Maßnahmen liegt, die dem hinterbliebenen Ehegatten - meist wird es sich um die Bäuerin handeln - die Weiterführung des landwirtschaftlichen Unternehmens sichern. Die Betriebshelfergestellung und eine Übergangshilfe halten wir hierbei für wesentlich wirksamer als die Gewährung einer Rente - das habe ich eben erwähnt -, die auch nach dem entscheidenden Ausbau des agrarsozialen Sicherungssystems durch die sozialliberale Koalition nach wie vor von dem Konzept der Grundsicherung ausgeht.
Wir halten es auch nicht für zumutbar - so ist es in dem seinerzeit von der Opposition vorgelegten Gesetzentwurf vorgesehen -, dem hinterbliebenen Ehegatten eine Rente zu bieten und gleichzeitig zu erwarten, daß er von dieser Rente alle sozialen Abgaben eines Landwirts trägt.
Wir halten es weiter nicht für vertretbar - auch das ist nach dem Gesetzentwurf der Opposition möglich -, daß der selbst gutverdienende Witwer oder die Landwirtin eine Rente erhalten soll, die aus den Beiträgen der Landwirte und aus den Mitteln finanziert wird, die aus agrarpolitischen Gründen von der Allgemeinheit für die Altershilfe der Landwirte zur Verfügung gestellt werden.
Wir begrüßen es daher, daß der Regierungsentwurf des Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes vorsieht, unter Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Mann und Frau das Hinterbliebenengeld und die beitragsfreie Krankenversicherung nur in den Fällen bereitzustellen, in denen die Weiterbewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht möglich ist und wegen der Betreuung eines Kindes unterhalb des Volljährigkeitsalters ein bestimmtes Arbeitseinkommen nicht erzielt werden kann.
Damit nimmt der Gesetzentwurf in ausgewogener Form Rücksicht auf die in der nächsten Legislaturperiode notwendige Neugestaltung des Hinterbliebenenrechts. Trotzdem kann der hier vorliegende Entwurf keine abschließende Regelung der Hinterbliebenenversicherung der Altershilfe für Landwirte enthalten. Dieses Hohe Haus wird in der nächsten Legislaturperiode Beschlüsse über die soziale Sicherung der Frau und der Hinterbliebenen zu fassen haben, die möglicherweise die soziale Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich verändern werden. Hiervon kann auch die Altershilfe für Landwirte nicht unberührt bleiben.
Die Bäuerinnen erwarten von uns vor allem, daß ihre Mitarbeit in Betrieb und Haushalt endlich auch in der Alterssicherung anerkannt wird. Wir
Freien Demokraten werden uns dieser Aufgabe stellen.
Unter Wahrung des eigenständigen Systems der Alterssicherung der Landwirte werden wir uns dafür einsetzen, die Alterssicherung der Landwirte und Landwirtinnen in der für sie gemäßen Form weiterzuentwickeln. Der Regierungsentwurf des Zweiten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes ist ein richtiger Schritt auf dem richtigen Weg zum Ziel. Er enthält - das sollten alle bedenken, die andere Vorstellungen verfolgen - ausschließlich Verbesserungen des geltenden Rechts der Alterssicherung der Landwirte. Dort, wo es sozialpolitisch unerläßlich ist, wird geholfen, ohne die grundsätzliche Reform der Hinterbliebenensicherung zu erschweren. Die Kosten der neuen Leistungen werden in fairer Weise zwischen den Beitragszahlern und der öffentlichen Hand geteilt.
Die Grundtendenz des Gesetzentwurfs steht für uns nicht zur Disposition. Verbesserungsvorschläge in Einzelfragen werden wir unvoreingenommen in den Ausschußberatungen prüfen. So halte ich es z. B. für etwas lebensfremd, die Gewährung des Hinterbliebenengeldes von dem Nachweis abhängig zu machen, daß der verstorbene Landwirt den Unterhalt seiner Familie überwiegend bestritten hat. Das Betriebsergebnis eines landwirtschaftlichen Unternehmens, sein Gewinn, wird heute in aller Regel durch beide Eheleute partnerschaftlich erarbeitet.
Prüfenswert erscheint mir auch die Anregung des Bundesrates, die soziale Lage der älteren mitarbeitenden Familienangehörigen zu verbessern; denn hier handelt es sich um einen kleinen Personenkreis, für dessen Alterssicherung sich keine Lobby stark gemacht hat. Nach dem, was wir wissen, haben diese Menschen wohl die schlechteste Alterssicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Das ist nicht unbedingt ein Vorwurf gegen die Landwirte, auf deren Höfen diese Menschen arbeiten oder gearbeitet haben. Die Vorstellungen über eine angemessene soziale Sicherung haben sich auch in der Landwirtschaft geändert. Heute werden schon deshalb kaum noch Familienangehörige nur für Unterhalt und Taschengeld ihre Arbeitskraft ihr Leben lang dem Hof zur Verfügung stellen. Wir können davon ausgehen, daß nur noch einige tausend ältere mitarbeitende Familienangehörige eine völlig unzureichende Alterssicherung besitzen. Diesen Menschen sollte im Rahmen der Alterssicherung geholfen werden.
Eines möchte ich hier noch deutlich sagen. Anträge, die auf eine Änderung der im Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte und der in dem uns vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Finanzregelung hinauslaufen, werden wir Freien Demokraten nicht unterstützen. Wir halten das Bundesengagement in der Altershilfe für Landwirte aus sozial-und agrarpolitischen Gründen für erforderlich, nicht zuletzt um Wettbewerbsverfälschungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu mildern. Auf der anderen Seite meinen wir jedoch, daß derjenige, der weitere Leistungsverbesserungen in der Altershilfe fordert, sich darüber im klaren sein
muß, daß diese Leistungsverbesserungen durch die Landwirtschaft finanziert werden.
Die FDP-Fraktion stimmt der Überweisung dieses Gesetzentwurfes an die zuständigen Ausschüse dieses Hohen Hauses zu.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlage dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - federführend -, dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - und dem Haushaltsausschuß - mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung - zu überweisen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf:
Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({0}) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Häfele, Windelen, Dr. Jobst, Frau Hoffmann ({1}), Dr. Möller, Dr. Friedmann und der Fraktion der CDU/CSU
Senkung von Fernmeldegebühren - Drucksachen 8/2311, 8/2849 - Berichterstatter: Abgeordneter Wuttke
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob eine Ergänzung des Berichts gewünscht wird. - Das ist nicht der Fall. Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sick.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Vorlage, die wir zu behandeln haben, haben wir es mit viel Geld zu tun. Trotzdem ist, so muß ich sagen, die Art und Weise, wie diese Sache behandelt wurde, vielleicht eher als Posse zu bezeichnen. Wenn man aber die Folgen dieser Behandlung betrachtet, muß man das für ein Trauerspiel halten; denn Sie, Herr Bundespostminister, ziehen dem Bürger seit Jahren Geld aus der Tasche, das Ihnen nicht zusteht. Sie wissen, daß Sie es tun, Sie tun es vorsätzlich. Es geht uns um nichts anderes, als hier dafür zu sorgen, daß der Bürger für seine Leistung auch die Gegenleistung erhält, und zwar die, die angemessen ist.
Herr Minister Gscheidle, ich will einmal kurz den Weg aufzeigen, den dieser unser Antrag gegangen ist, der darauf ausgerichtet war, dieses Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wieder einigermaßen vernünftig zu gestalten. Der Oppositionsantrag wurde am 23. November 1978 vorgelegt. Er wurde am 15. Februar 1979 fast pflichtgemäß von der Regierung abgelehnt. Er kam dann zu uns, meine Kollegen, am 14. März in den Ausschuß und wurde natürlich auch dort abgelehnt. Nun beginnt es, interessant zu werden. Als der Antrag am 9. Mai
dem Haushaltsausschuß vorgelegt wurde, ließ der Herr Staatssekretär Elias, der heute ebenfalls hier bei uns ist, bereits durchblicken, daß man an Senkungen der Gebühren durchaus denke. Das heißt, das war schon die Hinwendung zu unserem Antrag, der ursprünglich abgelehnt worden war. Wie wurde er abgelehnt? Mit dem ganzen Ritual dessen, was dazu gehört. Herr Kollege Wuttke damals: Propagandaantrag der Union. Herr Kollege Hoffie damals - man konnte förmlich spüren, wie er sein Gewissen strapazierte -: Gefährdung solider Geschäftspolitik der Deutschen Bundespost - eines Unternehmens mit mehr als 5 Milliarden DM Rücklagen und Rückstellungen -, das Haushaltsvolumen ist noch nicht klar. - Na ja! Also, auch hier wurde unser Antrag abgelehnt.
Meine Damen und Herren, in der Auseinandersetzung um diese Dinge ist, insbesondere von der Bundesregierung, oft das Wort „Kontinuität" gebraucht worden; die einzelnen Anlässe will ich hier gar nicht nennen. In einer Kontinuität, Herr Bundespostminister, befinden Sie sich in der Tat: in der Kontinuität, den Bürger zu schröpfen, ihm mehr abzunehmen, als es erforderlich ist.
({0})
Damit wecken Sie eine andere Kontinuität, die Kontinuität der Begehrlichkeit. Denn anstatt daß nun Ihre Kollegen im Kabinett Ihnen gesagt hätten: Fahre die Gebühren nun zurück, fiel dem Herrn Bundesfinanzminister nichts Besseres ein, als zu sagen: Nun gib mir aus dem Überschuß einmal schnell 1,5 Milliarden DM - mit dem blauäugigen Zusatz: Aber das soll nur einmal geschehen. Bereits kurz darauf, in der Kabinettssitzung vom 28. Mai, wurde gesagt: Na ja, aber nächstes Jahr auch noch einmal.
({1})
- Sie können es ja bestreiten, Herr Hoffie, und sagen: Es war alles ganz anders. - Ich will hier nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, aber ich will für die CDU/CSU-Fraktion doch eines in allem Ernst hier zu Protokoll geben: Wenn der Trend bestehen sollte, durch die Einführung einer Übung auf diesem Gebiet eine Gebühr zu einer Steuer zu machen, dann ist das eindeutig verfassungswidrig. Wir als Union werden dann das Erforderliche unternehmen.
({2})
Dazu nur dieser Hinweis.
Herr Minister Gscheidle, wir, die Union, aber auch die Öffentlichkeit, die betroffene Öffentlichkeit verlangen von Ihnen, daß Sie heute klipp und klar sagen, was Sie in puncto Senkung von Fernmeldegebühren vorhaben. In der „Bild-Zeitung" und in anderen Medien haben Sie bereits zu erkennen gegeben, daß Sie unser Grundanliegen anerkennen. Sagen Sie hier bitte klipp und klar, was Sie vorhaben, zu welchem Zeitpunkt Sie es vorhaben, und sagen Sie auch einmal ein Wort darüber, ob Sie bereit sind, sich mit Ihrem Kollegen Finanzminister zugunsten Ihrer Kunden auseinanderzusetzen und ihm zu sagen, er solle seinen maroden Haushalt lieber durch eine ordentliche Haushaltsführung in OrdSick
nung bringen und nicht dadurch, daß er sich das Geld woanders herholt.
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Wir lehnen jedenfalls die Fortführung der gegenwärtigen Übung und die Art und Weise, wie es
bisher gemacht wird, entschieden ab, Herr Minister.
Ich möchte zum Schluß noch ein Wort an uns alle - da nehme ich uns natürlich nicht aus - richten. Auch hier wieder, meine Damen und Herren, stellen wir eines fest: Es werden zwar dieselben Ausdrücke gebraucht, aber offensichtlich meint jeder etwas anderes damit. Wir sind ja nicht im Zustand der Unschuld; reden wir also nicht aneinander vorbei. Daß Sie die Bundestagswahl mit im Auge haben, dafür habe ich sogar noch ein gewisses Verständnis. Aber gewöhnen wir uns doch wieder daran, daß wir auch sagen, was wir meinen. Verhalten wir uns nicht so wie Jochen und der Pastor. Sagt der Pastor zu Jochen: „Du, Jochen, dir traue ich nicht." Darauf Jochen: „Das macht nichts, Herr Pastor. Ich heirate sowieso nicht."
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wuttke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einwände meiner Fraktion gegen den vorliegenden Antrag der CDU/CSU-Opposition kann ich auf die in diesem Hause schon lange bekannte Kurzformel bringen: So nicht und jetzt nicht. Über die Gründe haben wir uns in den Ausschüssen hinreichend unterhalten. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, machen mit diesem Antrag den Versuch, die Diskussion über die Nahbereiche erneut zu eröffnen - ungeachtet der positiven Stellungnahmen, die Gremien unseres Hauses zu der nunmehr von der Deutschen Bundespost einzuführenden Regelung bereits abgegeben haben. Wenn man aber insbesondere die ländlichen Gemeinden möglichst bald in den Genuß dieser Nahbereichsregelung kommen lassen will, dann kann man nicht in kurzer Folge immer neue Regelungen treffen und damit stets von neuem die Umgestaltung des gesamten technischen Apparats in Gang setzen.
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Das leuchtet selbst dem technischen Laien ein.
Nur Sie von der CDU/CSU wollen es nicht einsehen, weil Sie Ihre Forderungen für publikumswirksamer halten, als sie sind, und eine Opposition ja stets den Vorteil hat, keine Verantwortung für die Folgen der von ihr geforderten Maßnahmen übernehmen zu müssen. Nur so kann man doch Ihre Vorschläge werten, wenn man weiß, daß die Deutsche Bundespost mit Einführung des Nahdienstes insgesamt auf Einnahmen in Höhe von 1,4 Milliarden DM verzichten wird und daß die vorgesehenen Nahbereichstarife voraussichtlich nicht kostendeckend sein werden.
Alle diese Daten stehen auch Ihnen zur Verfügung. Die Fachleute des Bundespostministeriums
sprechen mit Ihnen ebenso darüber wie mit mir. Aber Sie verfahren ja lieber nach dem Manager-Grundsatz: Denken hindert am Reden.
An den genannten Tatsachen führt kein noch so hoher Gewinn der Deutschen Bundespost - den sie für 1979 erst noch erwirtschaften soll -, führt keine noch so hohe Forderung des Bundesfinanzministers - über die ja erst im Kabinett beschlossen werden muß - vorbei.
Die Deutsche Bundespost erwartet für 1979 einen Gewinn von rund 2 Milliarden DM. Ich halte es für müßig, hier ein Seminar über die betriebswirtschaftliche Frage abzuhalten, was noch zum Gewinn zu zählen ist und was nicht. Der zuständige Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost hat mit eingehender Begründung den Voranschlag der Post mit einem Gewinn in der eben genannten Höhe gebilligt - mit einem Gewinn, den die Deutsche Bundespost dank des Einfallsreichtums ihrer Leitung und des Engagements ihrer Mitarbeiter, die zur Verbesserung der Dienste auch Erschwernisse in Kauf nehmen, erwirtschaften wird. Das möchte ich seitens der SPD-Fraktion hier klar herausstellen.
Die Gewinnerwartung der Deutschen Bundespost ist allerdings mit hohen Risiken verbunden, da die außerordentliche Steigerung der Energiekosten bei Aufstellung des Voranschlags für dieses Jahr noch nicht vorauszusehen war. Wir alle wissen - das ist doch eine praktische Erfahrung aus zurückliegenden Krisenzeiten -: Wenn die deutschen Bürger und die deutsche Wirtschaft auf Sparkurs gehen, dann werden von all denen, die schon Telefonbesitzer sind, weniger Gespräche geführt, und von denen, die noch kein Telefon haben, wird die Ansçhaffung eines Telefons zunächst zurückgestellt, weil es etwa im Vergleich zu den unbedingt erforderlichen Heizstoffen wieder mehr als Luxus angesehen wird.
An diesem Beispiel rechtfertigt sich die Vorsicht, zunächst genauere Daten zu erhalten
({1})
und das Fell des Bären erst dann zu verteilen, wenn man ihn hat. Ich bedaure, daß die CDU/CSU-Fraktion das nicht einsehen will; man hätte ja sonst zu einem gemeinsamen Beschluß kommen können.
({2})
Die SPD-Fraktion muß deshalb entsprechend dem Beschlußvorschlag des Ausschusses für - Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen diesen Antrag ablehnen.
Die Deutsche Bundespost ist ein öffentliches Unternehmen. Ihre Aufgabe ist die optimale Deckung des Bedarfs unserer Bürger und unserer Wirtschaft, nicht Gewinnmaximierung.
({3})
Deshalb sollten die Überschüsse aus dem Fernsprechwesen, soweit sie nicht für Investitionen
oder für den Ausgleich der Kostenunterdeckungen
in anderen Unternehmenszweigen wie im Postwesen benötigt werden, an die Kunden zurückgegeben werden.
({4})
Die SPD-Fraktion erwartet deshalb von dem Postminister, wie auch im Ausschuß erläutert, im Herbst dieses Jahres, wenn größere Sicherheit besteht, welcher Betrag für Gebührensenkungen diskutabel sein wird, einen Bericht darüber, welche Maßnahmen er dem Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost zur Gebührensenkung vorzuschlagen gedenkt. Bis dahin müssen wir allerdings noch abwarten.
({5})
Das
Wort hat der Herr Abgeordnete Hoffie.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es hat nicht allzuviel Sinn, wenn die Opposition heute hier noch einmal ein Scheingefecht in Sachen Postgebührenpolitik führt; denn in der Sache selbst, der Forderung nach spürbarer Absenkung der Fernmeldegebühren, sind sich alle Fraktionen dieses Hauses einig. Dies ist auch in den Ausschußberatungen sehr deutlich geworden.
In Übereinstimmung befinden sich die Politiker dabei auch mit dem Bundespostminister, der schon heftig - und auch heute wieder - dafür kritisiert worden ist, daß er sich etwas früher als erwartet zur Frage der Gebührenabsenkung öffentlich Gedanken gemacht hat.
Unterschiedliche Auffassungen zwischen Koalitionsfraktionen und Opposition gibt es lediglich noch in der Frage des Zeitpunkts und der Art der Gebührenermäßigungen. Aber gerade das sollte hier noch einmal Anlaß sein, darauf hinzuweisen, daß die Bundesregierung, daß der Bundespostminister, daß das Unternehmen Deutsche Bundespost und die Koalitionsfraktionen seit Jahren eine vor den Bürgern bejahte, von vielen unerwartete und deshalb auch bestaunte solide und erfolgreiche Unternehmenspolitik eingeleitet und gesteuert haben. Darüber, meine Damen und Herren, können auch die gelegentlichen Auseinandersetzungen in Detailfragen nicht hinwegtäuschen, die auf Grund von Anträgen und Anfragen der Oppositionsparteien in diesem Hause angezettelt wurden, um auch in diesem Bereich, dem Post- und Fernmeldewesen, den Versuch zu machen, das gute Zeugnis, das der Deutschen Bundespost ausgestellt wird, am Ende doch noch, wo immer möglich, abzuqualifizieren.
Daß sich die Deutsche Bundespost unter sozialliberaler Verantwortung nach wie vor in besseren Händen befindet, beweist einmal mehr der Antrag, den die Opposition zur Problematik der Fernmeldegebühren eingebracht hat und der heute hier zur Abstimmung steht.
Ich wiederhole, Herr Kollege Sick, was ich beim Einbringen des Antrags gesagt habe, damit es deutlich wird: Die solide Geschäftspolitik der Deutschen Bundespost würde durch die Verwirklichung Ihres Antrags empfindlich gestört,
({0})
da Ihre Forderungen unrealistisch, in sich widersprüchlich und auch gefährlich für die Prosperität des Unternehmens sind. Sie werden deshalb - mit Ihrem Antrag gestellt - von der FDP-Fraktion entschieden abgelehnt. Insoweit erübrigt sich sicher ein Eingehen auf Detailfragen und genügt ein Hinweis auf die Protokolle der bisherigen Plenums-und Ausschußberatungen.
Die FDP-Fraktion nimmt für sich in Anspruch, demgegenüber sehr konkrete, maßgeschneiderte Vorstellungen entwickelt zu haben, die zu einer gerechten und für die Fernmeldekunden auch sehr spürbaren Gebührenabsenkung führen würden. Wir sind ganz sicher, daß bei den etwa 200 Möglichkeiten, im Gebührenbereich etwas Spürbares zu tun, auch unsere Vorschläge am Ende nicht unberücksichtigt bleiben werden. Aber diese Anzahl der Modelle ist nun einmal durchzuspielen. Man kann nicht einfach unausgegoren einen Antrag schreiben, mit dem man publikumswirksam das eine oder andere herausgreift, um die bisher eingeleitete solide und vernünftige Gebührenpolitik zu stören.
Meine Damen und Herren, wir von der FDP legen Wert auf die Beseitigung sogenannter Bagatellgebühren. Dazu gehören Gebühren für Fernsprechapparate mit zwei Leitungen, eingebaute Gebührenanzeiger, Anschlußdosen, Wechselschalter oder Wecker. Dies alles sind Gebühren, die teilweise erheblich überhöht sind und einen unnötigen Verwaltungsaufwand darstellen, die Nachfrage drosseln und für das breite Publikum in der Tat ein Ärgernis sind.
Unsere Überlegungen konzentrieren sich aber insbesondere auf den Preis für die Gebühreneinheit, auf die Anschluß- und Grundgebühr und auf die Einräumung einer bestimmten monatlichen Anzahl freier Gesprächseinheiten pro Anschluß. Die Dosierung entsprechender Maßnahmen muß von der Nachfrageentwicklung abhängig gemacht werden. Allein von daher wäre es leichtfertig, sich heute und hier für das eine oder andere schon im vorhinein zu entscheiden, ehe man die Entwicklungen genau beurteilen, kann.
Insbesondere stellt sich heute die Frage, wie der Rückgang der Nachfrage nach Telefonhauptanschlüssen allein im Monat Mai - vielleicht nur als Reaktion auf den Ölschock - zu bewerten ist. Es muß sehr genau beobachtet werden, ob es sich nur um einen vorübergehenden Einbruch handelt oder ob sich bereits das Ende der Sonderkonjunktur im Fernmeldebereich abzeichnet. Sollte dies allerdings der Fall sein, wäre die Finanzmasse, die zur Senkung von Telefongebühren zur Verfügung stehen könnte, erheblich eingeschränkt. In diesem Fall wäre es sicher richtig, den Akzent stärker auf solche Maßnahmen zu legen, die die Nachfrage stützen und anregen.
Zur Verstärkung der sozialen Komponente hat die Gewährung einer gewissen Anzahl freier GeHoffie
bühreneinheiten als erster Schritt für die FDP nach wie vor hohe Attraktivität.
Meine Damen und Herren, ich will mich abschließend aber auch nicht vor einer, wie ich hoffe, klaren Stellungnahme zur Frage der Sonderablieferung der Deutschen Bundespost an den Bundeshaushalt drücken, die Sie - Herr Dollinger hatte das bereits öffentlich eingeleitet - in den Mittelpunkt der heutigen Debatte gestellt haben. Es ist unbestreitbar, daß alle Fraktionen des Hauses und die Bundesregierung, aber auch alle Vertreter im Postverwaltungsrat die Sonderablieferung an den diesjährigen Bundeshaushalt als eine einmalige und nicht wiederholbare Maßnahme betrachtet hatten. Darin sind wir uns einig.
Dabei muß aber hier und heute noch einmal der Hinweis erlaubt sein, daß dabei die Begehrlichkeit der Bundesländer, insbesondere des Landes Baden-Württemberg, wie Sie wissen, sehr viel größer und intensiver war als die des Bundesfinanzministers oder unserer Haushaltsexperten. Eine solche Entwicklung zeichnet sich jetzt erneut ab. Die Länder sind nach wie vor sehr viel stärker daran interessiert, aus den projizierten 2 Milliarden DM Gewinn der Deutschen Bundespost auch im Haushaltsjahr 1980 den größten Teil ganz elegant an den Taschen der Fernmeldekunden vorbei direkt in den Staatssäckel fließen zu lassen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie sollten nicht so tun, als ginge es hier nur um eine Auseinandersetzung zwischen Bundesfinanz-und Bundespostminister, der sich ja dieser Begehrlichkeit mit voller Unterstützung der FDP widersetzt. Ich meine, der Bundespostminister ist hier schon deshalb ausdrücklich zu unterstützen, weil die Deutsche Bundespost, die es geschafft hat, seit 1975 etwa 41/2 Milliarden DM in die Rücklagen zu stellen, der es gelungen ist, im Fernmeldebereich 1978 rund 6,6 Milliarden DM Überschuß zu erwirtschaften, und der es erfreulicherweise auch gelungen ist, das Eigenkapital auf nahezu 40 %aufzustocken, inzwischen an die Grenze des auch verfassungsrechtlich Haltbaren - insofern gebe ich Ihnen recht, Herr Kollege Sick - gestoßen ist, wenn sie aus den Überschüssen des Fernmeldebereichs die Defizite des Postbereichs in dieser Form und in diesem Umfang weiter abdecken will.
Mit der gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtablieferung der Deutschen Bundespost von immerhin 62/3 % an den Bundeshaushalt ist inzwischen auch eine Verzinsung erreicht worden, wie sie so leicht wohl kaum in der Privatwirtschaft und schon gar nicht in anderen öffentlichen Bereichen zu finden ist; sie macht etwa 17 °/o aus.
Für meine eigene und sehr persönliche Position in dieser Frage möchte ich anfügen, daß ich ebenso wie alle anderen Mitglieder des Postverwaltungsrates, aber auch als für das Post- und Fernmeldewesen in der Bundestagsfraktion der FDP Zuständiger nicht bereit bin, eine erneute Begehrlichkeit der Finanzexperten des Bundes hinzunehmen. Ich glaube aber, jede voreilige Aufregung und alle Scheingefechte - auch in dieser Frage - sind verfrüht, da das Bundeskabinett ja erst Anfang des kommenden Monats eine Entscheidung in dieser Frage treffen wird. Dabei werden wir gleichzeitig mit großer Sorgfalt beobachten, ob und inwieweit die Vertreter der Bundesländer bereit sind, auf eine Politik einzuschwenken, die eine klare Absage an jede indirekte Steuer zu Lasten der Fernmeldekunden und ein klares Ja zu spürbaren Gebührensenkungen im kommenden Jahr bedeutet.
Bei der Gebührenpolitik ist klares Augenmaß und eine langfristige Fortsetzung der soliden, vernünftigen und auch auf wirtschaftlichen Erfolg gerichteten Unternehmenspolitik der Deutsche Bundespost gefordert, die durch leichtfertiges Herumoperieren am Tarifgefüge im Fernmeldebereich eines Tages wieder in die Schräglage geraten könnte. Daher sollten wir uns als Abgeordnete des Deutschen Bundestages alle gemeinsam dafür einsetzen, daß das Unternehmen Deutsche Bundespost nicht in stürmische Turbulenzen hineinmanövriert wird, denn unter dem Strich wäre niemandem - schon gar nicht dem Fernmeldekunden - gedient, wenn wir kurzfristigen oder unüberlegten Gebührenabsenkungen eines Tages um so kräftigere Gebührensteigerungen entgegensetzen müßten.
Meine Damen und Herren, wenn wir Gebührensenkungen durchsetzen wollen, müssen sich diese schon als sinnvoll und in das Gesamtkonzept eingepaßt darstellen. Deswegen ist der Antrag der Oppositionsparteien, so wie er gestellt ist, eindeutig abzulehnen.
({1})
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf Drucksache 8/2849. Wer ihr zu folgen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die Beschlußempfehlung ist angenommen.
Damit ist der Punkt 31 der heutigen Tagesordnung abgeschlossen.
Meine Damen und Herren, gemäß einer Vereinbarung im Ältestenrat unterbreche ich jetzt die Sitzung. Der Zeitpunkt des Wiederbeginns der Sitzung wird den Fraktionen mitgeteilt. Außerdem werden die Kolleginnen und Kollegen über die Hausrufanlage und durch die Signalanlage unterrichtet. Ich hoffe, das funktioniert. Ich gehe davon aus, daß wir etwa um 14 Uhr wieder beginnen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
({0})
Die unterbrochene Sitzung wird wieder aufgenommen.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll die heutige Tagesordnung um die Beratungspunkte er12936
Vizepräsident Frau Renger
gänzt werden, die in der vorliegenden Liste „Zusatzpunkte zur Tagesordnung" aufgeführt sind.
Ich darf schon jetzt darauf aufmerksam machen, daß wir zwei namentliche Abstimmungen haben werden. Ich bitte also auch dann im Raum zu bleiben, wenn die erste Abstimmung erfolgt ist.
Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 1 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP auf Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films ({0})
- Drucksachen 8/2997, 8/3002 Wird das Wort zur Abgabe einer Erklärung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung. Es wird namentliche Abstimmung verlangt. Der Antrag ist ausreichend unterstützt.
Der Bundesrat hat den Einspruch mit der Mehrheit seiner Stimmen beschlossen. Der Einspruch kann deshalb nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes mit der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Hauses - das sind 249 Stimmen - zurückgewiesen werden. Wer also den Einspruch des Bundesrates zurückweisen will, muß mit Ja abstimmen.
Ich bitte, mit der Abstimmung zu beginnen.
Ich mache nochmals darauf aufmerksam, daß Sie den Raum nicht zu verlassen brauchen. Es folgt eine weitere amtliche Abstimmung.
Meine Damen und Herren, haben alle ihre Stimmkarte abgegeben? - Dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Die namentliche Abstimmung über den Antrag auf Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates auf Drucksache 8/3002 hat folgendes Ergebnis gehabt. Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 446 ihre Stimme abgegeben. Davon haben 250 Mitglieder des Hauses mit Ja gestimmt;
({1})
mit Nein haben 196 Mitglieder des Hauses gestimmt.
18 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimme abgegeben. Davon haben 10 Abgeordnete mit Ja und 8 Abgeordnete mit Nein gestimmt.
Ergebnis
Abgegebene Stimmen 446 und 18 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 250 und 10 Berliner Abgeordnete,
nein: 196 und 8 Berliner Abgeordnete.
Ja Amling
Dr. Apel
SPD Arendt
Augstein
Adams Baack
Ahlers Bahr
Dr. Ahrens Dr. Bardens
Batz
Dr. Bayerl
Becker ({2}) Biermann
Bindig
Frau von Bothmer Brandt
Brandt ({3}) Brück
Buchstaller Büchler ({4})
Büchner ({5})
Dr. von Bülow
Dr. Bußmann
Collet
Conradi
Coppik
Dr. Corterier Curdt
Frau Dr. Czempiel
Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer
Frau Eilers ({6}) Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters
Ewen
Fellermaier Fiebig
Dr. Fischer Flämig
Frau Dr. Focke
Franke ({7}) Friedrich ({8}) Gansel
Gerstl ({9})
Gertzen
Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar
Haase ({10})
Haehser
Hansen
Frau Dr. Hartenstein Hauck
Dr. Hauff Henke
Heyenn
Hoffmann ({11}) Hofmann ({12})
Dr. Holtz Horn
Frau Huber Huonker Ibrügger
Immer ({13}) Jahn ({14})
Jaunich
Dr. Jens
Junghans Jungmann Junker
Kaffka
Klein ({15})
Kratz
Kretkowski
Dr. Kreutzmann
Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lange
Lattmann
Dr. Lauritzen
Leber
Lemp
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Liedtke
Dr. Linde Lutz
Mahne
Marquardt Marschall
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Dr. Meinecke ({16}) Meinike ({17}) Meininghaus
Menzel
Möhring
Müller ({18})
Müller ({19})
Müller ({20})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({21}) Neumann ({22})
Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo
Paterna
Pawelczyk Peiter
Dr. Penner Pensky
Peter
Polkehn
Porzner
Rapp ({23})
Rappe ({24})
Reuschenbach
Rohde
Rosenthal Roth
Sander
Saxowski
Dr. Schachtschabel Schäfer ({25})
Dr. Schäfer ({26}) Scheffler
Schirmer Schlaga
Schluckebier
Dr. Schmidt ({27}) Schmidt ({28}) Schmidt ({29}) Schmidt' ({30}) Schmidt ({31}) Schmidt ({32})
Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Dr. Schöfberger
Schreiber Schulte ({33})
Dr. Schwencke ({34}) Dr. Schwenk ({35}) Seefeld
Sieler
Frau Simonis Simpfendörfer
Dr. Sperling
Dr. Spöri
Stahl ({36})
Vizepräsident Frau Renger Dr. Steger
Frau Steinhauer Stockleben
Stöckl
Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm
Tönjes Topmann Frau Traupe
Ueberhorst
Urbaniak
Dr. Vogel ({37}) Vogelsang
Voigt ({38}) Walkhoff Waltemathe
Walther
Dr. Weber ({39})
Wehner
Weisskirchen ({40}) Wendt
Dr. Wernitz
Westphal Wiefel Wilhelm
Wimmer ({41}) Wischnewski
Dr. de With
Wittmann ({42}) Wolfram ({43}) Wrede
Würtz
Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Diederich ({44})
Dr. Dübber
Egert
Löffler Männing Mattick
Schulze ({45}) Sieglerschmidt
FDP
Angermeyer
Dr. Bangemann
Cronenberg
Eimer ({46})
Engelhard
Ertl
Gärtner Gallus
Gattermann
Genscher Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann
Hölscher Hof fie
Jung
Kleinert
Dr. Graf Lambsdorff Ludewig
Dr. Dr. h. c. Maihofer
Frau Matthäus-Maier Merker
Mischnick
Möllemann
Paintner Schäfer ({47})
Schmidt ({48})
von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller
Dr. Vohrer
Dr. Wendig Wolfgramm ({49}) Wurbs
Dr. Zumpfort Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
Nein
CDU/CSU
Dr. van Aerssen Alber
Dr. Althammer Dr. Barzel
Bayha
Dr. Becher ({50})
Dr. Becker ({51}) Benz
Berger ({52}) Biechele
Biehle
Dr. Blüm
Böhm ({53})
Dr. Bötsch
Braun
Breidbach
Broll
Bühler ({54})
Burger
Carstens ({55})
Conrad ({56})
Dr. Czaja
Damm
Daweke
Dreyer
Engelsberger
Erhard ({57}) Ernesti
Ey
Eymer ({58}) Feinendegen Frau Fischer
Francke ({59}) Franke
Dr. Friedmann Dr. Früh
Dr. Fuchs
Geisenhofer
Dr. von Geldern Dr. George Gerlach ({60}) Gerstein
Gerster ({61}) Gierenstein Glos
Haase ({62}) Haberl
Dr. Hammans Hanz
Hartmann
Hasinger
von Hassel Hauser ({63})
Hauser ({64}) Helmrich
Dr. Hennig
von der Heydt Freiherr
von Massenbach Höffkes
Höpfinger
Dr. Hoffacker
Frau Hoffmann ({65})
Dr. Hornhues Horstmeier
Dr. Hubrig Frau Hürland
Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger
Dr. Jahn ({66}) Dr. Jahn ({67})
Dr. Jenninger
Dr. Jentsch ({68}) Dr. Jobst
Josten
Frau Karwatzki
Kiechle
Dr. Klein ({69}) Klein ({70})
Klinker
Dr. Köhler ({71}) Krampe
Dr. Kraske Kraus
Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kunz ({72}) Lagershausen Lampersbach
Landré
Dr. Langguth
Dr. Laufs Lemmrich
Dr. Lenz ({73}) Lenzer
Link
Lintner
Löher
Dr. Luda
Dr. Mende
Dr. Mertes ({74}) Metz
Dr. Meyer zu Bentrup
Dr. Mikat Dr. Miltner Milz
Dr. Möller Dr. Müller Müller ({75})
Frau Dr. Neumeister Niegel
Nordlohne Frau Pack Petersen
Pfeffermann Pfeifer
Picard
Pieroth
Dr. Pinger Prangenberg Dr. Probst Rainer
Rawe
Reddemann Dr. Reimers Dr. Riesenhuber
Dr. Ritz
Dr. Rose
Rühe
Russe
Sauer '({76})
Sauter ({77})
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Dr. Schäuble Schartz ({78})
Schetter
Frau Schleicher
Schmidt ({79}) Schmitz ({80}) Schmöle
Dr. Schneider
Dr. Schröder ({81}) Schröder ({82}) Schröder ({83}) Dr. Schulte ({84})
Dr. Schwörer Seiters
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spranger
Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({85})
Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken Stommel
Stutzer
Susset
de Terra
Tillmann
Dr. Todenhöfer
Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk
Vogel ({86})
Vogt ({87}) Voigt ({88})
Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel Wawrzik
Weber ({89}) Weiskirch ({90})
Dr. von Weizsäcker Werner
Frau Dr. Wex Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wimmer
({91}) Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann
Dr. Wittmann ({92}) Dr. Wörner
Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Wulff Zeyer
Ziegler
Zink
Berliner Abgeordnete
Frau Berger ({93}) Kittelmann
Kunz ({94}) Luster
Müller ({95})
Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir
fraktionslos Dr. Gruhl
Die nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes erforderliche Mehrheit von 249 Stimmen ist mit 250 Stimmen erreicht. Der Einspruch des Bundesrates ist damit zurückgewiesen.
({96})
Meine Damen und Herren, ich darf noch bekanntgeben, daß wegen europäischer Verpflichtungen 22 Abgeordnete, wegen Krankheit 9 Abgeordnete und wegen Dienstreisen 2 Abgeordnete fehlen mußten. Insgesamt 33 Abgeordnete konnten an der Abstimmung nicht teilnehmen.
Erlauben Sie mir, vor der nächsten Abstimmung noch schnell bekanntzugeben: Für die Damen und Herren, die die Mitfluggelegenheit mit der Bundeswehr nach Hannover, Hamburg, Nürnberg, Stuttgart und München in Anspruch nehmen müssen, stehen Busse auf dem Parkdeck des Neuen Hochhauses nach der Abstimmung bereit.
Meine Damen und Herren, ich rufe nun den Zusatzpunkt 2 zur Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP auf Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates gegen das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge
- Drucksachen 8/2998, 8/3003 Erklärungen werden nicht gewünscht. Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung verlangt.
Der Bundestag hat den Einspruch mit der Mehrheit seiner Stimmen beschlossen. Der Einspruch kann deshalb nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes mit der Mehrheit der Mitglieder des Hauses - das sind 249 Stimmen - zurückgewiesen werden.
Wer also den Einspruch des Bundesrats zurückweisen will, muß mit Ja stimmen. Ich bitte, mit der Abstimmung zu beginnen. Meine Damen und Herren, ich darf das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag auf Zurückweisung des Einspruchs des Bundesrates auf Drucksache 8/3003 bekanntgeben. Von den voll stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 447 ihre Stimme abgegeben. Davon haben 250 Mitglieder des Hauses mit Ja gestimmt. 197 Mitglieder des Hauses haben mit Nein gestimmt. Berliner Stimmen: 18 Berliner Abgeordnete haben ihre Stimme abgegeben. Davon haben 10 Abgeordnete des Hauses mit Ja gestimmt; mit Nein haben 8 Abgeordnete des Hauses gestimmt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 446 und 18 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 250 und 10 Berliner Abgeordnete,
nein: 196 und 8 Berliner Abgeordnete.
Ja Bahr
Dr. Bardens
SPD Batz
Dr. Bayerl
Adams Becker ({97})
Ahlers Biermann
Dr. Ahrens Bindig
Amling Frau von Bothmer
Dr. Apel Brandt
Arendt Brandt ({98})
Augstein Brück
Baack Buchstaller
Büchler ({99})
Büchner ({100})
Dr. von Bülow
Dr. Bußmann Collet
Conradi
Coppik
Dr. Corterier Curdt
Frau Dr. Czempiel
Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer
Frau Eilers ({101}) Dr. Emmerlich
Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters
Ewen
Fellermaier Fiebig
Dr. Fischer Flämig
Frau Dr. Focke
Franke ({102}) Friedrich ({103}) Gansel
Gerstl ({104})
Gertzen
Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar
Haase ({105})
Haehser Hansen
Frau Dr. Hartenstein Hauck
Dr. Hauff Henke
Heyenn
Hoffmann ({106}) Hofmann ({107})
Dr. Holtz Horn
Frau Huber Huonker Ibrügger
Immer ({108}) Jahn ({109})
Jaunich
Dr. Jens Junghans Jungmann Junker
Kaffka
Klein ({110})
Kratz
Kretkowski
Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus
Lange
Lattmann
Dr. Lauritzen
Leber
Lemp
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Liedtke
Dr. Linde Lutz
Mahne
Marquardt Marschall
Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer
Dr. Meinecke ({111}) Meinike ({112}) Meininghaus
Menzel
Möhring
Müller ({113})
Müller ({114})
Müller ({115})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Nagel
Nehm
Neumann ({116}) Neumann ({117})
Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo
Paterna
Pawelczyk Peiter
Dr. Penner Pensky
Peter
Polkehn
Porzner
Rapp ({118})
Rappe ({119})
Frau Renger Reuschenbach
Rohde
Rosenthal Roth
Sander
Saxowski
Dr. Schachtschabel Schäfer ({120})
Dr. Schäfer ({121}) Scheffler
Schirmer Schlaga
Schluckebier
Dr. Schmidt ({122}) Schmidt ({123}) Schmidt ({124}) Schmidt ({125}) Schmidt ({126}) Schmidt ({127})
Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Dr. Schöfberger
Schreiber Schulte ({128})
Dr. Schwencke ({129}) Dr. Schwenk ({130}) Seefeld
Sieler
Frau Simonis Simpfendörfer
Dr. Sperling Dr. Spöri
Stahl ({131})
Dr. Steger
Frau Steinhauer Stockleben Stöckl
Sybertz
Thüsing
Frau Dr. Timm
Tönjes
Topmann Frau Traupe
Ueberhorst Urbaniak
Dr. Vogel ({132}) Vogelsang
Voigt ({133}) Walkhoff
Waltemathe
Walther
Dr. Weber ({134})
Wehner
Weisskirchen ({135}) Wendt
Dr. Wernitz
Westphal
Wiefel Wilhelm
Wimmer ({136}) Wischnewski
Dr. de With
Wittmann ({137}) Wolfram ({138}) Wrede
Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler
Berliner Abgeordnete Bühling
Dr. Diederich ({139}) Dr. Dübber
Egert
Löffler
Manning
Mattick
Schulze ({140}) Sieglerschmidt
FDP
Angermeyer Dr. Bangemann
Cronenberg Eimer ({141}) Engelhard Ertl
Frau Funcke Gärtner
Gallus
Gattermann Genscher
Grüner
Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann
Hölscher
Jung
Kleinert
Dr. Graf Lambsdorff Ludewig
Dr. Dr. h. c. Maihofer
Frau Matthäus-Maier Merker
Mischnick Möllemann Paintner
Schäfer ({142})
Schmidt ({143})
von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller
Dr. Vohrer Dr. Wendig
Wolfgramm ({144}) Wurbs
Dr. Zumpfort Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
Nein CDU/CSU
Dr. van Aerssen Alber
Dr. Althammer Dr. Barzel
Bayha
Dr. Becher ({145}) Dr. Becker ({146}) Benz
Berger ({147}) Biechele
Biehle
Dr. Blüm
Böhm ({148}) Dr. Bötsch
Braun
Breidbach
Broll
Bühler ({149}) Burger
Carstens ({150}) Conrad ({151})
Dr. Czaja
Damm
Daweke
Dreyer
Engelsberger
Erhard ({152}) Ernesti
Ey
Eymer ({153}) Feinendegen
Frau Fischer
Francke ({154}) Franke
Dr. Friedmann Dr. Früh
Dr. Fuchs
Geisenhofer
Dr. von Geldern Dr. George
Gerlach ({155}) Gerstein
Gerster ({156}) Gierenstein
Glos
Haase ({157}) Haberl
Dr. Hammans Hanz
Hartmann
Hasinger
von Hassel
Hauser ({158}) Hauser ({159}) Helmrich
Dr. Hennig
von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes
Höpfinger
Dr. Hoffacker
Frau Hoffmann ({160}) Dr. Hornhues Horstmeier
Dr. Hubrig
Frau Hürland Dr. Hüsch
Dr. Hupka
Graf Huyn
Dr. Jaeger
Dr. Jahn ({161}) Dr. Jahn ({162})
Dr. Jenninger
Dr. Jentsch ({163}) Dr. Jobst
Josten
Frau Karwatzki Kiechle
Dr. Klein ({164}) Klein ({165})
Klinker
Dr. Köhler ({166}) Krampe
Dr. Kraske
Kraus
Krey
Kroll-Schlüter
Frau Krone-Appuhn
Dr. Kunz ({167}) Lagershausen Lampersbach
Landré
Dr. Langguth
Dr. Laufs Lemmrich
Dr. Lenz ({168}) Lenzer
Link
Lintner Löher
Dr. Luda Dr. Mende
Dr. Mertes ({169}) Metz
Dr. Meyer zu Bentrup
Dr. Mikat
Dr. Miltner
Milz
Dr. Möller
Dr. Müller
Müller ({170})
Frau Dr. Neumeister Niegel
Nordlohne
Frau Pack
Petersen Pfeffermann
Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger
Prangenberg
Dr. Probst
Rainer Rawe
Reddemann
Dr. Reimers
Dr. Riesenhuber
Dr. Ritz Dr. Rose Rühe
Russe
Sauer ({171})
Sauter ({172})
Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein
Dr. Schäuble
Schartz ({173})
Schetter
Frau Schleicher
Schmidt ({174}) Schmitz ({175}) Schmöle
Dr. Schneider
Dr. Schröder ({176}) Schröder ({177}) Schröder ({178}) Dr. Schulte
({179})
Dr. Schwörer Seiters
Dr. Freiherr Spies von Büllesheim
Spranger
Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({180})
Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Dr. Stercken Stommel
Stutzer
Susset
de Terra
Tillmann
Dr. Todenhöfer
Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk
Vogel ({181})
Vogt ({182}) Voigt ({183})
Dr. Voss
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel Wawrzik
Weber ({184}) Weiskirch ({185})
Dr. von Weizsäcker Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Frau Dr. Wilms
Wimmer
({186}) Windelen
Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann
Dr. Wittmann ({187}) Dr. Wörner
Baron von Wrangel Würzbach
Dr. Wulff Zeyer
Ziegler
Zink
Berliner Abgeordnete Frau Berger ({188}) Kittelmann
Kunz ({189}) Luster
Müller ({190})
Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir
fraktionslos Dr. Gruhl
Die nach Art. 77 Abs. 4 des Grundgesetzes erforderliche Mehrheit von 249 Stimmen ist erreicht. Der Einspruch des Bundesrates ist damit zurückgewiesen.
({191})
Wir sind damit amEnde unserer Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 27. Juni 1979, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.