Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/21/1979

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die Sitzung ist eröffnet. Zur Tagesordnung folgende Feststellung: Interfraktionell ist vereinbart worden, daß die Reihenfolge der zu behandelnden Tagesordnungspunkte geändert werden soll. Zunächst behandeln wir Tagesordnungspunkt 6, dann die Tagesordnungspunkte 8 und 7. - Das Haus ist damit einverstanden; es wird so verfahren. Es ist ebenfalls interfraktionell vereinbart worden, daß eine Kurzdebatte stattfinden soll, jeweils eine Runde. Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften ({0}) - Drucksache 8/819 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/2822 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl ({2}) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({3}) - Drucksachen 8/2793, 8/2904 Berichterstatter: Abgeordneter Berger ({4}), Bühling ({5}) Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Berger als Berichterstatter.

Ulrich Berger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000151, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter möchte ich darauf hinweisen, daß der Deutsche Bundestag am 31. Mai ein Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften beschlossen hat, das die flexible Altersgrenze für Schwerbehinderte Beamte und Richter betrifft. Bei der Beschlußfassung über das Angehörige des öffentlichen Dienstes in Landesparlamenten betreffende Gesetz, das jetzt vorliegt, war dies nicht vorauszusehen. Da es auch die Überschrift „Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften" trägt, müßte es aus Gründen der Rechtsklarheit heißen „Zweites Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften". Ich bitte um diese Änderung. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch darauf hinweisen, daß im Bericht versehentlich ein falscher Klammerzusatz enthalten ist. Auf Seite 10 muß in der linken Spalte oben der Klammerzusatz richtig heißen „und zwar der jeweiligen Parlamentsrechtsgesetzgeber" . Herr Präsident, darf ich gleich meine Ausführungen in der Aussprache anschließen?

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Dann sind also Ihre Ausführungen als Berichterstatter abgeschlossen. Jetzt möchten Sie als Debattenredner sprechen. Ich eröffne die Aussprache. Bitte schön.

Ulrich Berger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000151, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages am Ende der 7. Wahlperiode forderte der Bundestag die Bundesregierung auf, bis zum 15. Mai 1977 den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, der es den Ländern ermöglicht, für die Mitglieder der Landesparlamente den Grundsätzen des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages entsprechende Regelungen zu treffen. Dabei sollte auch der besonderen Stellung der Parlamente der Stadtstaaten und ihrer Mitglieder Rechnung getragen werden. Der Entwurf sollte zugleich die dienstrechtliche Stellung der in ein Landesparlament gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes des Bundes neu regeln. Die Bundesregierung hat dem Ersuchen des Deutschen Bundestages rechtzeitig entsprochen, indem sie im Mai 1977 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vorlegte, der den Namen „Angehörige des öffentlichen Dienstes in Berger ({0}) Landesparlamenten und kommunalen Vertretungen" trug. Wenn Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Gesetzentwurf mit dem Beschlußvorschlag des Innenausschusses vergleichen, werden Sie feststellen, daß in der Gesetzesüberschrift nicht mehr von kommunalen Vertretungen die Rede ist. Die Fraktion der CDU/CSU im Deutschen Bundestag hat von Anfang an erklärt, daß sie die von der Bundesregierung vorgeschlagene Änderung des § 89 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes nicht für richtig halte und daher ablehne. Ich bin froh, feststellen zu können, daß auch die Koalitionsfraktionen in diesem Punkt der Regierungsmeinung nicht gefolgt sind. Worum ging es in dieser Frage? Anders als das geltende Recht sah der Gesetzentwurf zur Ausübung eines kommunalen Mandats eine stundenweise Freistellung vom Dienst mit Bezügen oder eine Beurlaubung ohne Besoldung für volle Tage vor. Die bezahlte Freistellung der Beamten vom Dienst sollte auf die Hälfte der Arbeitszeit des Tages beschränkt werden, da eine kürzere Arbeitszeit für die Verwaltung zu wenig effezient wäre. Benötigte der Beamte zur Ausübung des Mandats eine längere Abwesenheit vom Dienst, so sollte ihm nur die Möglichkeit bleiben, seine volle Beurlaubung ohne Bezüge für einzelne Tage oder auch einen längeren Zeitraum zu beantragen. Die Bundesregierung führte in der Begründung ihres Entwurfs an, daß ihre Vorschläge insoweit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in dem Diätenurteil vom 5. November 1975 entsprächen. Die bezahlte Freistellung vom Dienst sollte daher auf höchstens 30 Stunden im Monat beschränkt werden. Der Ausschuß schlägt Ihnen statt dessen vor, es insoweit bei der alten Regelung zu belassen, diese aber so zu präzisieren, daß Rechtsstreitigkeiten über ihre Auslegung nach Möglichkeit vermieden werden. Künftig soll für die Tätigkeit als Mitglied einer kommunalen Vertretung, eines nach Kommunalverfassungsrecht gebildeten Ausschusses oder vergleichbarer Einrichtungen in Gemeindebezirken den Beamten der erforderliche Urlaub unter Belassung der Besoldung gewährt werden. Dies soll auch für die von einer kommunalen Vertretung gewählten ehrenamtlichen Mitglieder von Ausschüssen gelten, die auf Grund eines Gesetzes gebildet worden sind. Im Ausschuß herrscht Einvernehmen darüber, daß die Freistellungsvorschrift nicht dazu führen soll, daß Bundesbeamte für ihre Tätigkeit in kommunalen Vertretungen vom Dienst gänzlich freigestellt werden. Der Ausschuß ist vielmehr einvernehmlich der Auffassung, daß die Tätigkeit für eine Kommunalvertretung ein Ehrenamt ist, das nicht dazu führen darf, daß für den regulären Beruf keine Zeit mehr verbleibt. Die Freistellung vom Dienst darf nur in dem erforderlichen Umfang erfolgen, und das Maß der Erforderlichkeit ist immer unter dem Gesichtspunkt der ehrenamtlichen Tätigkeit zu sehen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, daß der Ausschuß bei der von ihm vorgeschlagenen Fassung des Gesetzentwurfs von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenorganisationen beraten worden ist. Ich merke dies deshalb an, weil es Zeugnis dafür ablegt, daß die in der 7. Wahlperiode beschlossene Ergänzung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages um einen § 73 Abs. 3 a auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Der Innenausschuß ist nicht nur dem Rat der kommunalen Spitzenorganisationen gefolgt, er hat sich im Gegensatz zur Bundesregierung auch der Auffassung des Bundesrates angeschlossen, der in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf vorgeschlagen hatte, die vorgesehene Neufassung des § 89 Abs. 3 des Bundesbeamtengesetzes zu streichen. Der Bundesrat begründete seinen Streichungsvorschlag damit, daß das ehrenamtliche Engagement der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst unterstützt werden sollte. Gegen die vorgeschlagene Regelung spreche auch, daß sie zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei den Dienstherren geführt hätte, bei denen mandatsbedingte Abwesenheit des Beamten oder Soldaten nach Stunden hätte erfaßt werden müssen und bei jeder Beurlaubung ohne Besoldung über die Ruhegehaltsfähigkeit dieser Dienstzeit hätte entschieden und die entsprechenden Konsequenzen für den Betreffenden hätten gezogen werden müssen. Außerdem würden sich die Kosten der Kommunen gegenüber der bisherigen Rechtslage erhöht haben, weil der Beamte für die Zeit, in der er ohne Besoldung beurlaubt wäre, einen entsprechenden Entschädigungsanspruch gegenüber den Kommunen gehabt hätte. Deshalb sei es irreführend gewesen, wenn die Bundesregierung in ihrer Begründung davon ausgegangen sei, daß durch die Verwirklichung des Gesetzentwurfs keine zusätzlichen Kosten entstünden. Der Ausschuß hat sich also nicht der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen, daß das Diätenurteil zur Änderung der bisherigen Rechtslage zwinge. Dieses Urteil befaßt sich mit der Alimentation eines Abgeordneten, der in den Landtag oder in den Bundestag gewählt worden ist, nicht aber mit Problemen eines Beamten, der ein kommunales Mandat übernomen hat. Hierauf wird mit keiner Silbe in diesem Urteil Bezug genommen, was ja auch deshalb nicht zu erwarten gewesen war, weil eine Inkompatibilität die seltene und vom jeweiligen Landesgesetzgeber im jeweiligen Kommunalwahlgesetz geregelte Ausnahme bildet. Der von der Bundesregierung in diesem Zusamenhang gemachte Hinweis, daß die Gemeindevertretungen es in der Hand hätten, ihre Sitzungen so anzusetzen, daß sie möglichst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit stattfinden, offenbart nur die wirklichkeitsfremde Vorstellung über die zeitliche Inanspruchnahme kommumunaler Mandatsträger, wenn diese ihr Mandat wirklich ernst nehmen, dies vor allem dann, wenn sie Funktionen übernehmen, die über die Pflichten eines einfachen Ratsmitgliedes hinausgehen. Lassen Sie mich im zweiten Teil meiner Ausführungen auf einige grundsätzliche Probleme des Gesetzentwurfs eingehen, wie der Innenausschuß ihn nunmehr zur Verabschiedung vorgeschlagen hat. Hierzu möchte ich eine Vorbemerkung machen. Eine hochgestellte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die in Fragen des Verfassungs- und Dienstrechts über ein Großmaß an Kenntnissen und Erfahrungen Berger ({1}) verfügt, hat den Vorsitzenden des Innenausschusses darauf aufmerksam gemacht, daß sie sich frage, ob es überhaupt notwendig sei, daß der Bund sich dieser Materie in der vorgesehenen Weise annehme, und ob man es nicht den Länderparlamenten überlassen könne, jeweils für ihre Bereiche zu regeln, welche Rechte Länderbeamte haben sollen, die in Länderparlamente gewählt werden. Es war in der Tat nicht nur die große Belastung des Innenausschusses mit sonstigen Themen, sondern gerade auch die Prüfung dieser Frage, die dazu geführt hat, daß zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs und seiner Verabschiedung fast zwei Jahre vergangen sind. Die Generalaussprache im Innenausschuß wie auch die Erörterungen der Problematik in der vom Ausschuß eingesetzten Arbeitsgruppe führten in Verbindung mit den Stellungnahmen des Ältestenrates des Deutschen Bundestages und der Konferenz der Präsidenten der deutschen Landesparlamente dazu, daß der Bundesminister des Innern dem Ausschuß zwei Formulierungshilfen als Alternativentwurf 1 und 2 zur Entscheidung vorlegte. Im Kern ging es bei den Ausschußberatungen um die Frage, was alles dem Parlamentsrecht zuzuordnen sei und damit den Gesetzgebern der einzelnen Länder überlassen werden könne und was andererseits dem Dienstrecht zugeordnet werden müsse und deshalb zum Teil vom Bund und zum anderen Teil von den Dienstherren der jeweiligen Abgeordneten entschieden werden könne. Im Ausschuß bestand zunächst die Neigung, auch die Regelung der statusrechtlichen Folgen der Wahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in einen Landtag, d. h. bei Inkompatibilität das Ruhen der Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis und bei Kompatibilität die Ermäßigung der Arbeitszeit oder Beurlaubung ohne Bezüge, dem Parlamentsrecht zuzuordnen und sie dem jeweiligen Parlamentsrechtsgesetzgeber zu überlassen. Danach hätte beispielsweise ein Landesparlament zu bestimmen gehabt, auf welche Weise die Rechte und Pflichten der in den Landtag gewählten Bundesbeamten, Beamten anderer Länder und Soldaten ruhen oder wie weit ihre Arbeitszeit zu ermäßigen sei. Der Bundesminister des Innern hat gegen diese Absicht verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, denen sich der Ausschuß schließlich nicht verschlossen hat. Deshalb stimmte der Innenausschuß dem ersten Alternativentwurf des Bundesministers des Innern zu, nachdem auch die Präsidenten der Landtage sich dafür ausgesprochen hatten, diese Regelung so schnell wie möglich zu beschließen. Sie bedeutet im einzelnen, daß den Ländern folgende Regelungen überlassen bleiben: Erstens. Ein Beförderungsverbot für inkompatible Beamte, die in das Parlament eines anderen Landes gewählt worden sind. Zuständig hierfür ist der Gesetzgeber des Dienstherrn. Zweitens. Status der in das Parlament eines anderen Landes gewählten Beamten, Richter und Angestellten des öffentlichen Dienstes bei Inkompatibilität und bei Kompatibilität. Auch insoweit sind die Gesetzgeber des Dienstherrn zuständig. Drittens. Ruhensregelung beim Zusammentreffen einer Abgeordnetenentschädigung mit Versorgungsbezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Amt oder Dienstverhältnis. Die Regelung eines Landes kann als Parlamentsrecht nicht die Versorgungsbezüge, die dem Parlamentsmitglied von einem anderen Dienstherrn gewährt werden, zum Ruhen bringen, sondern nur eine entsprechende Kürzung der Abgeordnetenentschädigung vorsehen. Für den Betroffenen führt dies zum gleichen Ergebnis. Zuständig ist also der Parlamentsrechtsgesetzgeber. Wenn angesichts der Höhe der Abgeordnetenentschädigung ein Ausgleichsbetrag für Angehörige des öffentlichen Dienstes mit inkompatiblem Amt für vertretbar gehalten wird und ein Parlament alle seine Mitglieder in dieser Beziehung gleichbehandeln will, muß es künftig prüfen, ob es den Ausgleichsbetrag auch den stets inkompatiblen Richtern anderer Dienstherren, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit gewähren will. Auch insoweit besteht also eine Zuständigkeit des Parlamentsrechtsgesetzgebers. Für den besonderen Fall, der für Mitglieder der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg gegeben ist, hat der Ausschuß eine Sonderregelung beschlossen. Gut Ding braucht Zeit, heißt es in einem alten Sprichwort. Nachdem der Ausschußbeschluß einstimmig ergangen ist, hoffe ich, daß auch der Deutsche Bundestag dem Gesetzentwurf in der Ihnen zur Abstimmung vorliegenden Fassung seine Zustimmung erteilt und daß es im Sinne des vorstehend genannten Sprichworts zu einem guten Gesetz geworden ist, was dann auch die lange Beratungsdauer erklären und rechtfertigen dürfte. ({2})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat Herr Abgeordneter Bühling.

Reinhard Bühling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000298, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn auch Herr Berger schon mit Recht ausgeführt hat, daß das Gesetz zwischen uns nicht kontrovers ist, so hat es doch zwischen verschiedenen Staatsgewalten, zwischen Bund und Ländern, auch in der Öffentlichkeit verschiedene Auffassungen gegeben und wird es vielleicht auch noch geben. Deswegen lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zu diesem Gesetzentwurf machen. Es schadet dabei auch nicht, wenn vielleicht zum Ausdruck kommt, daß bestimmte wichtige Probleme in diesem Hause gleich gesehen werden. Wir gehen bei dem vorliegenden Gesetzentwurf davon aus, daß der Deutsche Bundestag den Landtagen und den kommunalen Vertretungen soviel Eigenverantwortung und soviel Gestaltungsmöglichkeiten wie nur irgend möglich lassen sollte. Das gilt für alle Fragen, die für die Funktionsweise der Landtage von Bedeutung sind. Dazu gehört nun einmal in der Verfassungswirklichkeit der ganze Problemkreis, ob, unter welchen Voraussetzungen und unter welchen Bedingungen die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den Volksvertretungen der Länder und Kommunen mitarbeiten können und dürfen. Der Entwurf, den die Bundesregierung vorgelegt hat, regelt alle größeren und kleineren Fragen, die überhaupt nur denkbar sind. Er schreibt den Landtagen sehr viele Bestimmungen vor und greift auch erheblich in das Recht der Kommunalvertretungen ein. Dies ist mit dem Grundsatz, den wir uns zur Richtschnur gemacht haben und den ich eingangs dargelegt habe, nicht vereinbar. Deswegen haben wir bei jeder Vorschrift eingehend geprüft, wieweit sie unbedingt nötig ist. Am liebsten wäre es uns sogar gewesen, wir hätten das Gesetz vollständig ablehnen können. Dann wäre die Gestaltungsfreiheit der Landtage in vollem Umfang erhalten geblieben. Aber - Herr Berger hat dazu schon einiges gesagt - es ging dies leider nicht. In einigen Punkten ist die Verantwortung des Bundesgesetzgebers unabweisbar, aber zu einem großen Teil konnte der Entwurf doch zusammengestrichen werden. Ich meine, daß - dem materiellen Gehalt nach gerechnet - der überwiegende Teil der Vorlage entfällt, wenn das Haus den Vorschlägen des Innenausschusses folgt. Damit haben wir einen konkreten, sozusagen prophylaktischen Beitrag zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung geleistet. Von Rechtsvereinfachung redet heute zwar jeder, in der Praxis aber werden die aufgestellten hohen Grundsätze der Einfachheit nicht immer befolgt. Aber die beste Rechtsund Verwaltungsvereinfachung ist immer noch die, die schon das Entstehen neuer Vorschriften verhindert, die sonst erst wieder mühselig abgeschafft werden müssen. Dazu haben wir einen, wie ich glaube, guten Beitrag geliefert. Die wesentlichsten Punkte darf ich nun kurz aufführen. Alle Reglementierungen von Beamten in kommunalen Wahlfunktionen haben wir voll gestrichen. Nach dem Entwurf sollten die Mandatare von Städten, Kreisen und Gemeinden durchschnittlich nur sieben Stunden wöchentlich - das sind 30 Stunden im Monat - freigestellt werden. Das reicht in vielen Fällen nicht aus. Was geschähe nun, wenn ein Beamter 31 oder 32 Stunden für sein kommunales Mandat braucht? Dann müßte eine komplizierte Buchführungs- und Verrechnungsmaschinerie in Gang gesetzt werden. Das wäre eine unnötige Gängelung gewählter Volksvertreter, deren Bedeutung an der breiten Basis der demokratischen Pyramide schließlich nicht unterschätzt werden sollte. Außerdem wäre das ein verwaltungsmäßiger Leerlauf, der das berühmte Parkinsonsche Gesetz um ein ganzes Kapitel erweitern würde. Nun will ich allerdings noch einen Umstand erwähnen - er ist auch schon von Herrn Berger mit Recht hier angeführt worden -, der erst während der Gesetzesberatungen zutage gefördert worden ist und der auch an das Licht der Öffentlichkeit gehört, weil er nämlich einen Mißbrauch darstellt. Dies ist die Tatsache, daß einige Beamte behaupten, sie seien durch kommunale Mandate so beansprucht, daß sie überhaupt keine einzige Stunde mehr Dienst leisten könnten; sie beziehen aber weiterhin das volle Gehalt. Oft werden dazu mehrere kommunale Mandate kombiniert. Dies ist in der Tat ein Übermaß, das nicht mehr zu verantworten ist. Es gibt schließlich auch sehr gute Beispiele von Beamten, so von Oberbürgermeistern nordrhein-westfälischen Rechts, die immer noch einen erheblichen Teil ihrer Arbeitskraft ihrem Beruf widmen. Gleichwohl glaubten wir, daß wir dieses Problem nicht gleich gesetzlich regeln müssen, zumal entsprechende Bestimmungen nicht einfach wären und auch mit den Ländern abgestimmt werden müßten. Wir hoffen aber vor allem, daß die Erwähnung dieses Mißstandes in der Öffentlichkeit wenigstens dazu führt, daß gänzlich oder weitgehend Abhilfe geschaffen wird. Dies ist gleichermaßen Sache der betroffenen Beamten, der Dienstherren, aber auch aller politischen Parteien und Fraktionen. Sie alle müssen daran interessiert sein, daß der Charakter der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht vollständig aufgehoben wird und in der Bürgerschaft in Mißkredit gerät. Neben dieser Hoffnung auf die politische Vernunft, die ausdrücklich auch im schriftlichen Bericht festgehalten wird, haben wir auch hier daran denken müssen, daß die Verwaltung möglichst nicht unnötig belastet wird. Es gibt nach eingehenden Umfragen im ganzen Bundesgebiet - einschließlich der Bundesbahn und der Bundespost - insgesamt 71 Fälle von Beamten, die bei vollem Gehalt gar keinen Dienst mehr tun. Wenn man für diese 71 Personen, deren Zahl hoffentlich bald zurückgehen wird, Gesetze und Verwaltungsvorschriften erlassen, durchsetzen und kontrollieren würde, um sie wenigstens in einem bestimmten Umfang zur beruflichen Arbeit zu zwingen, würde man möglicherweise auch wieder 71 Beamte - vielleicht auch 72 oder mehr - für diese Aufgabe brauchen, die sich dann in vollem Umfang ihren nicht mehr tätigen Kollegen widmen müßten. Trotzdem möchte ich keinen Zweifel daran lassen, daß der Gesetzgeber bei passender Gelegenheit einschreiten müßte und würde, wenn der Appell an die Einsicht der Beteiligten nichts nützt und sich der geschilderte Mißstand gar noch ausweiten sollte. Ich darf nun zu den Vorschriften kommen, die die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den Volksvertretungen der Länder betreffen. Hier gehen wir von einer grundsätzlichen Wertentscheidung aus. Die Landesparlamente vertreten das ganze Volk ihres Hoheitsgebietes. Demnach geht das Parlamentsrecht dem Statusrecht einzelner Berufe, auch dem der Beamten, vor. Es steht demnach jedem Landtag grundsätzlich frei, zu regeln, welcher Beamte unter welchen Bedingungen in der jeweiligen Volksvertretung mitwirken kann. Hierbei sind politische Entscheidungen zu treffen, die der Deutsche Bundestag den Volksvertretungen der Länder nicht wegnehmen will noch darf. Hinzu kommt auch hier der in jüngster Zeit immer berühmter werdende Sachzwang; denn man kann in den Parlamenten der Stadtstaaten nicht ebenso verfahren wie in denen der größeren Flächenstaaten. Dabei darf ich mit Genugtuung darauf hinweisen, daß hierüber eine volle Einigung mit den Präsidenten aller Landtage erzielt werden konnte. Es war gleichermaßen erfreulich, daß durch die Zusammenarbeit mit den Landtagen im Gesetzgebungsprozeß die Meinungen und Erfahrungen der Landtagspräsidenten und der von ihnen vertretenen Kollegen ihrer Landesparlamente voll berücksichtigt werden konnten. Damit sind die meisten Vorschriften des Gesetzentwurfs über die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den Volksvertretungen der Länder obsolet geworden. Jeder Landtag kann nunmehr selbständig tätig werden. Soweit die Landtage schon einschlägige Bestimmungen erlassen haben, können diese bestehenbleiben. Die Länder werden dadurch der unerwünschten Notwendigkeit enthoben, ihre Gesetze noch einmal nachträglich aufzuheben und dem Bundesrecht anzupassen. Die Landtage übernehmen allerdings - das muß betont werden -, wo auch immer sie in eigener Verantwortung tätig werden, alle die Verpflichtungen, die das sogenannte Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts dem Gesetzgeber auferlegt. Dieses zwingenden Zusammenhanges zwischen Rechten und Pflichten sind sich die Landesgesetzgeber auch durchaus bewußt. Bei den verbleibenden Bestimmungen, die auch bei großzügigster Ausschöpfung aller verfassungsmäßigen Möglichkeiten zugunsten der Länder Bundesrecht werden müssen, handelt es sich vor allem um die Vorschriften für Bundesbeamte, deren Amt das jeweilige Land für unvereinbar mit einem Landtagsmandat erklärt hat. Hier erscheint es recht und billig, daß der Bundesgesetzgeber die gleichen Folgen statuiert wie für die Beamten, die in den Deutschen Bundestag gewählt worden sind und deren Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis demgemäß nach unserem Abgeordnetengesetz ruhen. Dies sind vor allem das Beförderungsverbot und der Wegfall des Gehaltsanspruchs für die Zeit der Zugehörigkeit zum Parlament. Es erschien weiterhin geboten, eine einheitliche Regelung für den sogenannten Teilzeitparlamentarier zu schaffen. Dies sind die Beamten, deren Amt nach Landesrecht mit einem Landtagsmandat zu vereinbaren ist, die aber wegen dieses Mandats ihren Beruf nicht voll ausüben können und bei denen demgemäß auch der Gehaltsanspruch entsprechend gekürzt werden muß. Die Festlegung des Berufes des sogenannten Teilzeitparlamentariers ist für alle Beteiligten die vernünftigste Regelung. Es erscheint weder sinnvoll, alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes aus allen Volksvertretungen der Länder auszuschließen, noch allen Beamten, die in die Volksvertretung eines Landes gewählt worden sind, das volle Gehalt zu zahlen, dem keine volle Arbeitsleistung mehr gegenüberstehen kann. Theoretisch wäre es sicher wünschenswert, wenn für alle Beamten, die zum Abgeordneten eines Landtags gewählt worden sind, der gleiche Prozentsatz an Arbeitsleistung und Gehaltsanspruch festgesetzt würde. Praktisch geht dies nicht. Die Arbeitsbelastung ist in den einzelnen Bundesländern verschieden. Sie hängt z. B. von der Zahl der Bevölkerung bzw. der Wahlberechtigten, von der Anzahl der Abgeordneten und nicht zuletzt von dem Zahlenverhältnis zwischen Wählern und Gewählten ab. Auch innerhalb der einzelnen Parlamente ist der Zeitaufwand der einzelnen Abgeordneten so verschieden wie ihre jeweilige Arbeit. Dies hängt nicht nur davon ab, ob ein Abgeordneter, vom Präsidenten des jeweiligen Parlaments angefangen, besondere Ämter bekleidet. Es ist auch gleichermaßen bedeutsam, in welchem Ausschuß bzw. in wie vielen Ausschüssen ein Abgeordneter sitzt. Deswegen halten wir den Mindestsatz von 50 °/o der regelmäßigen Arbeitszeit, wie ihn die Regierungsvorlage vorschlägt, für zu hoch. Er würde eine ganze Reihe von Abgeordneten, die diese Zeit nicht ganz erreichen können, dazu zwingen, um volle Beurlaubung nachzusuchen. Dies wäre ein Übermaß von Zwang. Der Abgeordnete verlöre dann den Kontakt zu seinen Mitbürgern und seinen Bezug zum praktischen Leben. Demnach sollte der Deutsche Bundestag der Meinung der Länder folgen und es bei einer Mindestgrenze von 30 % der Arbeitszeit belassen - dies auch deshalb, weil ein Mißbrauch dieser Bestimmung ausgeschlossen ist. Schließlich verliert ein Beamter, der seine Arbeitszeit auf den Mindestsatz heruntersetzen läßt, auch 70 % seines Gehalts. Von der Erörterung einzelner Vorschriften, die oft nur wenige Personen betreffen, möchte ich absehen. Ich möchte auch die bunten Flicken, die mit der Rechtsstellung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den Landtagen gar nichts zu tun haben, nicht weiter erwähnen. Sie sind dem Gesetzentwurf nur angeheftet worden, um sie überhaupt - wie die Umgangssprache so schön sagt - vom Tisch zu bringen. Demgemäß bitte ich um Zustimmung zum Gesetz so, wie es Ihnen jetzt vorliegt. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002477, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir beraten heute abschließend einen Gesetzentwurf, der sich nach meiner Auffassung sehr gut in die Reihe derjenigen Gesetzentwürfe einordnen ließe, die der scheidende Bundestagspräsident in seiner Abschiedsrede vor dem Plenum als Beispiel dafür genannt hat, welch großen Einfluß der Gesetzgeber trotz des oftmals anderen Eindrucks in der Öffentlichkeit auf die Ausgestaltung und Abänderung von Gesetzentwürfen der Bundesregierung hat und auch nimmt. Die relativ lange Beratungsdauer des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu den dienstrechtlichen Folgen der Wahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes des Bundes in die gesetzgebenden Körperschaften der Länder und Kommunen zeigt, daß es sich bei den hier zu lösenden Problemen um sehr spezielle Rechtsfragen handelt, die aber von erheblicher Tragweite für den einzelnen Beamten bzw. Abgeordneten sind. Die Schwierigkeiten der Beratungen wurden noch dadurch vergrößert, daß die Einzelprobleme, die der Gesetzentwurf zu lösen sucht, erhebliche Folgewirkungen auf die Entwicklung des gesamten Parlamentarismus haben können. Nach den Ausführungen meiner beiden Vorredner möchte ich nicht zu sehr auf einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs eingehen - hier besteht Einstimmigkeit -, sondern mich vielmehr bewußt und gezielt auf einige grundsätzliche Ausführungen beschränken. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 1975 zur Rechtsstellung der Abgeordneten in den parlamentarischen Vertretungen, in der Öffentlichkeit besser bekannt unter dem Begriff Diätenurteil, war Anlaß für den Deutschen Bundestag, die Rechtsverhältnisse seiner Mitglieder mit Gesetz vom 18. Februar 1977 neu zu regeln. Nicht geregelt in diesem Gesetz sind dagegen die dienstrechtlichen Folgen der Wahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes des Bundes in die gesetzgebenden Körperschaften eines Landes und von Beamten und Arbeitnehmern der Länder und Gemeinden in die gesetzgebenden Körperschaften eines anderen Landes. Ich möchte nochmals betonen, daß hier dem Gesetzgeber ein sehr schwieriger Auftrag erteilt worden war. Dies ist im einzelnen von meinen beiden Kollegen Vorrednern ausgeführt worden. Die Schwierigkeiten lagen insbesondere in dem Konflikt begründet, inwieweit die zu regelnden Fragen primär dem Bereich des öffentlichen Dienstrechts zuzuordnen sind oder vielmehr die Materie des Parlamentsrechts betreffen. Hier ging es uns als Bundesgesetzgeber darum, wirklich nur ein Mindestmaß zu regeln, das, was vom Bundesgesetzgeber unbedingt geregelt werden muß. Der Innenausschuß hat sich seine Entscheidungen nicht leicht gemacht. Ihm lagen umfangreiche Stellungnahmen der Landtagspräsidenten und der kommunalen Spitzenverbände vor. Zusätzlich wurden in der Generalaussprache im Ausschuß der Präsident des Landtages von Rheinland-Pfalz sowie der Direktor des Landtages von Baden-Württemberg gehört. Das Ergebnis der Beratungen, wie es in der vorliegenden Beschlußempfehlung und im Bericht des Innenausschusses zum Ausdruck kommt, läßt sich vereinfachend dahin zusammenfassen: Die rechtlichen Folgen der Wahl von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in ein Landesparlament sollen sobald wie möglich von den jeweiligen Landsgesetzgebern geregelt werden. Der Gesetzentwurf enthält daher folgerichtig nur solche Regelungen, die vom Bundesgesetzgeber den Ländern auf Grund der Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern nicht überlassen werden können: hie Parlamentsrecht, hie Dienstrecht. Beispielhaft für Regelungen dieses Gesetzes möchte ich erwähnen: das Beförderungsverbot für inkompatible Bundesbeamte, Richter des Bundes, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit in Landesparlamenten, die Statusregelungen für die Angehörigen dieser Gruppe, die in ein Landesparlament gewählt werden, die Verringerung der Dienstbezüge der Beamten aller Dienstherren bei Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit in einem kompatiblen Amt und schwierige Fragen des Versorgungsrechts. Hinzu kommen Fragen der Alimentation für die inkompatiblen Richter des Bundes, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, denen, wie etwa in der Hamburger Bürgerschaft, aus dem Mandat eine Entschädigung mit Alimentationscharakter nicht zusteht. Eine Reihe von anderen Regelungen bleibt dagegen den jeweiligen Landesgesetzgebern selbst überlassen. Wir haben in diesem Zusammenhang bei den Beratungen im Innenausschuß bewußt von bundesrechtlichen Rahmenvorschriften abgesehen, um dem Landesgesetzgeber die von ihm als notwendig erkannte Gestaltungsfreiheit zu belassen. Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit wird allerdings dadurch eingeschränkt, daß die Gesetzgeber in den Ländern die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Diätenurteil berücksichtigen müssen. Meine Damen und Herren, damit komme ich zum Schluß. Lassen Sie mich noch zu einer einzigen speziellen Frage des Gesetzentwurfs Stellung nehmen. Ich denke hierbei an die Frage der Freistellung von Beamten zur Wahrnehmung ihrer mandatsbedingten Tätigkeiten, unter anderem auch in kommunalen Parlamenten. Der Umfang dieser Freistellung wurde sehr lange, sehr weit und unter den verschiedensten Aspekten diskutiert. Wir haben uns schließlich darauf geeinigt, daß zur Ausübung des Mandats einem Beamten auf Antrag die Arbeitszeit bis auf 30 % der regelmäßigen Arbeitszeit ermäßigt werden kann. Gerade diese weitgehende Freistellung der Beamten hat in der öffentlichen Diskussion zu manchem Vorurteil gegenüber den Beamten generell, aber auch speziell gegenüber den Beamten in den parlamentarischen Vertretungen geführt. Das muß man ganz offen sagen. Hinzu kommt, daß gerade die jüngsten - wie ich meine: zum Teil beträchtlichen - Erhöhungen der Aufwandsentschädigungen in den kommunalen Parlamenten von der Öffentlichkeit sehr kritisch beurteilt werden. Ich begrüße es daher für meine Fraktion ausdrücklich, daß der Innenausschuß klar und deutlich zum Ausdruck gebracht hat, daß von der Ausnahmegenehmigung der Freistellung mit vollen Dienstbezügen für ehrenamtliche Tätigkeit nur in einem beschränkten Umfang Gebrauch gemacht werden sollte. Eine extensive Ausnutzung dieser Freistellungmöglichkeiten ist sicher nicht dem Ansehen des Berufsbeamtentums, aber auch nicht dem Ansehen des gesamten Parlamentarismus dienlich. Ich verkenne dabei keineswegs, daß auch die Aufgaben der kommunalen Parlamente einen erheblichen Zeitaufwand erfordern. Aber hier gilt es, den richtigen Mittelweg zu finden. Die Beratungen im Innenausschuß haben zu einem einstimmigen Ergebnis der drei Fraktionen geführt. Deswegen kann ich zum Abschluß kurz sagen: Auch die Fraktion der Freien Demokraten stimmt diesem Entwurf in der vorliegenden Fassung zu. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Einzelberatung und Beschlußfassung in zweiter Lesung. Ich rufe Art. 1 bis 10, 10 a, 11 und 12, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Zu Art. 10 a und Art. 12 liegt ein Nachtrag zur Beschlußempfehlung des Innenausschusses auf der Drucksache 8/2904 vor. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Beratung mit den von den Berichterstattern gewünschten Änderungen einstimmig angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. Gegenprobe! - Enthaltungen. - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Es liegt noch eine Beschlußempfehlung des Ausschusses vor. Der Ausschuß empfiehlt auf der Drucksache 8/2793 unter Nr. 2, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen und Eingaben für erledigt zu erklären. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1979 ({0}) - Drucksache 8/2873 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 8/2989 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl ({2}) b) Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses ({3}) - Drucksache 8/2968 Berichterstatter: Abgeordnete Regenspurger, Liedtke ({4}) Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Interfraktionell ist Kurzdebatte vereinbart. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Regenspurger.

Otto Regenspurger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001793, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der dritten Lesung des 7. Bundesbesoldungserhöhungsgesetzes mußte ich angesichts der quälend langen Beratung dieses Gesetzes am 30. November 1978 in diesem Hohen Haus noch die betrübliche Feststellung treffen, daß, was lange währt, auch nicht gut ist. Heute kann ich zum Bundesbesoldungs- und -versorgungserhöhungsgesetz 1979, das zur Abstimmung steht, meine Ausführungen mit der erfreulichen Bemerkung beginnen: Frisch gewagt ist halb gewonnen. Im Gegensatz zu der althergebrachten Unsitte der vergangenen Jahre haben in diesem Jahr alle Beteiligten eine erfreuliche Bereitschaft gezeigt, den Gesetzentwurf zügig zu beraten und zu verabschieden und die Erörterungen nicht durch Befrachtung mit strukturellem Ballast zu verzögern. ({0}) So ist es möglich, bereits im Juli 1979 die lineare Gehaltserhöhung des Jahres 1979 für Beamte und Versorgungsempfänger auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Dies ist sicher ein neuer Rekord bei der Beratung eines Bundesbesoldungsanpassungsgesetzes. Mit dem Gesetz werden in erster Linie Grundgehälter, Amtszulagen, Zuschüsse zum Grundgehalt für Professoren an Hochschulen, Ortszuschläge und Anwärterbezüge ab 1. März 1979 um 4 % erhöht. Das jährliche Urlaubsgeld wird um 150 DM auf 300 DM aufgestockt. Außerdem enthält der Gesetzentwurf strukturelle Verbesserungen für Versorgungsempfänger der Stufe 2 des Ortszuschlags. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt diese lineare Erhöhung und hält sie für angemessen. Darüber hinaus meinen wir allerdings, daß die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichend sind. Bundesregierung und Koalitionsfraktionen haben wieder einmal, wie so oft, die berechtigten Interessen der Familien mit mehreren Kindern und der Versorgungsempfänger vernachlässigt. ({1}) Meine Fraktion hatte bei der Beratung des Gesetzentwurfes im Innenausschuß die Einführung einer familienpolitischen Komponente zum Urlaubsgeld beantragt. Danach wäre für Verheiratete und jedes Kind ein Zuschlag von 50 DM gewährt worden. Dieser Antrag wurde von SPD und FDP kalt abgeschmettert, ebenso wie der weitere Antrag meiner Fraktion, das Urlaubsgeld für Beamte so zu staffeln, daß Beamte mit Kindern ein höheres Urlaubsgeld erhalten als ledige und kinderlos verheiratete Beamte. Ich weise an dieser Stelle mit allem Nachdruck darauf hin, daß ein solcher Antrag bereits vom Bundesrat gestellt worden ist, aber auch daß erneut das Gebot des Bundesverfassungsgerichts nicht erfüllt worden ist. Dieses höchste Verfassungsorgan hatte in seinem Beschluß vom 30. März 1977 die Forderung nach voller besoldungsmäßiger Gleichstellung der Beamten mit drei und mehr Kindern aufgestellt. Sie wissen, daß das hier bestehende Defizit noch lange nicht ausgeglichen ist. Trotzdem weigern Sie sich seit dem Jahre 1977 beharrlich, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. In gleicher Weise haben die Koalitionsfraktionen den Antrag der CDU/CSU abgelehnt, den Sockelbetrag für die Mindestversorgung von 45 DM auf 58 DM anzuheben. Auch hier haben SPD und FDP erneut bewiesen, wie sehr ihnen die Belange der Alten am Herzen liegen. Schließlich ist auch der Antrag meiner Fraktion, die Stellenzulagen in die lineare Besoldungserhöhung einzubeziehen, von den Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Bei den Beratungen im Innenausschuß und auch in der Öffentlichkeit ist von der Bundesregierung und von SPD und FDP der Eindruck erweckt worden, als ob diese Probleme in einem Strukturgesetz, das demnächst vorgelegt wird, gelöst werden. Hierzu kann ich nur aus trauriger Erfahrung bemerken: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." ({2}) Bereits seit Anfang dieses Jahres wird in regelmäßigen Abständen von der Bundesregierung und der Koalition die umgehende Vorlage des Strukturgesetzes angekündigt, in dem angeblich die anstehenden Strukturprobleme gelöst werden sollen. Bis jetzt haben die Verantwortlichen jedoch nur den Mund gespitzt; gepfiffen haben sie noch nicht. Auf eine Kleine Anfrage meiner Fraktion zu den vorgesehenen strukturellen Maßnahmen und zu der Vorlage des Gesetzentwurfes hat die Bundesregierung völlig unzulänglich und ausweichend geantwortet. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion war es satt, sich noch länger mit leicht durchschaubaren Ausreden hinhalten zu lassen. Sie hat deshalb im Mai dieses Jahres einen Gesetzentwurf eingebracht, mit dem die Besoldungsgruppe A 9 plus Zulage für den gesamten mittleren Dienst eingeführt werden soll. ({3}) Wir fordern SPD und FDP auf, der Beratung dieses Gesetzentwurfes keine Steine in den Weg zu legen. Außerdem ist es jetzt endlich an der Zeit, die anderen noch offenen strukturellen Probleme in einem Gesetz, das umgehend vorzulegen ist, zu regeln. ({4}) Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmt dem Entwurf des Bundesbesoldungs- und -versorgungserhöhungsgesetzes 1979 zu. Sie wird aber darauf achten, daß die im Innenausschuß erfolgten Ankündigungen, nämlich die von meiner Fraktion zu diesem Gesetzentwurf gestellten Anträge alsbald in einem Strukturgesetz zu regeln, in die Tat umgesetzt werden. SPD und FDP können sich daher auf ihren Lorbeeren, die sie ohnehin nicht erworben haben, nicht ausruhen. ({5})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Liedtke.

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Getroffen hat mich die Feststellung des von mir sehr geschätzten Kollegen Regenspurger: „Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Ich werde mich in ein paar Worten bemühen, Sie näher an den Glauben, der Ihnen verlorengegangen ist, wieder heranzuführen. ({0}) Herr Regenspurger, ich sage einmal blanko und generell, ich stimme Ihren Ausführungen zu. Sie sind mir ein bißchen behilflich, in welcher der Richtungen, die Sie vorgetragen haben, ich zustimmen soll. Sie haben begrüßt - das begrüßen wir auch -, daß wir die Erbsünde der Vergangenheit vermieden haben, nämlich Besoldungserhöhung und Regelung von Strukturfragen zu vermischen. ({1}) - Herr Erhard, ich gefiel Ihnen schon gestern nicht. Es wäre merkwürdig, wenn sich das von gestern auf heute verändert hätte. Herr Regenspurger, wir sind darin einig, daß wir gut daran getan haben, nur die Besoldungserhöhung zu regeln, H. h. die Tarifergebnisse auf den gesetzgeberischen Bereich zu übertragen. Das haben Sie begrüßt. Ich folge Ihnen. Dann haben Sie uns ein bißchen geschlagen, indem Sie gesagt haben: Die SPD und die FDP waren aber nicht gut beraten, als sie das Urlaubsgeld nicht familienbezogen angereichert haben. Nach Tarif bekommt der Angestellte, der Arbeitnehmer 300 DM. Sie haben den Antrag gestellt: das reicht nicht für Beamte, da muß noch etwas oben drauf. Das ist eine reine Strukturmaßnahme. Wenn ich Ihren Glauben festigen soll: Loben wir, daß wir so sauber gehandelt haben - wir haben übernommen, was die Tarifseite hat -, oder tadeln wir, daß wir den Beamten nicht noch einmal zusätzlich etwas darauf getan haben? Eines kann man nur machen. Lob und Tadel in einer Richtung geht nicht. - Herr Berger, das bringt auch die Zwischenfrage nicht viel weiter.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Kollege, einen Moment! Wollen wir das ein bißchen in der Ordnung halten? Also: Herr Abgeordneter Berger, bitte.

Ulrich Berger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000151, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Liedtke, ist Ihnen denn nicht bekannt, daß das Urlaubsgeld ein Teil der Besoldung geworden ist und insofern nicht in das Strukturgesetz, sondern tatsächlich in das Besoldungsgesetz gehört?

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, aber in dem Augenblick, wo wir einen Teil der Besoldung für Beamte meßbar höher ansetzen, also ihnen mehr geben als Angestellten und Arbeitnehmern, ist das für mich Struktur. ({0}) - Natürlich. Sehen Sie: öffentliche Gelder erwecken oft den Eindruck, sie gehörten niemandem, sie lösen aber bei jedem den unwiderstehlichen Reiz aus, sie anderen zu schenken. So benehmen Sie sich oft im Innenausschuß. Zweite Bemerkung! 1971, wenn ich das recht sehe, haben wir die Besoldung gesetzlich für Bund, Länder und Gemeinden auf den Bund übernommen. Damals haben wir in das Gesetz einen § 14 hineingesetzt, demzufolge die Beamten an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilzunehmen haben. Das heißt, der Gesetzgeber hat sich selber durch ein eigenes Gesetz fürsorglich für die ihm Anvertrauten verpflichtet. Heute darf ich feststellen: in allen diesen Jahren - einschließlich dem heutigen - haben wir Besoldungsgesetze in diesem Hause immer einstimmig verabschiedet. Das erlaubt für alle die Feststellung - ich vereinnahme es nicht für meine Fraktion -, daß wir uns an diese selbstgesetzte Verpflichtung gehalten haben. Dritte Bemerkung! Diese Einstimmigkeit geht auch „zu Lasten" des Innenministers Baum. Ich sage „zu Lasten", ich setze es in Anführungszeichen. Gestern wurde dem gleichen Mann von der Opposition eine Mißbilligung ausgesprochen, ({1}) heute wird der gleiche Mann in seinem Bereich einstimmig mit getragen. So schnell geht, wenn eine Nacht dazwischen liegt, in der Politik das Licht an und aus. Sagen darf ich noch, daß im Herbst ein Strukturgesetz kommen wird. ({2}) - Ja, Herr Berger, ich sage Ihnen nicht „1. September" oder „ 1. Oktober" ; so klug bin ich auch nicht. Aber es kommt.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Berger?

Ulrich Berger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000151, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hatte der Herr Bundesinnenminister nicht fest zugesagt, bis Ende Mai den Entwurf des Strukturgesetzes vorzulegen? ({0})

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Davon ist mir nichts bekannt. Aber mir ist bekannt, daß die Bundesregierung, das will ich Ihnen gerne zugeben, in einem Anfall von Courage sogar einmal gesagt hat: es kommt im April. Es war nicht der Innenminister, aber die Regierung. Das weiß ich auch noch. Aber es kommt nun nach der Sommerpause. Diese vielbeschäftigte Bundesregierung - das sehen wir ja alle - verpaßt auch schon mal einen selbstgesetzten Termin.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Regenspurger? - Bitte schön.

Otto Regenspurger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001793, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Liedtke, stimmen Sie mit mir überein darin, daß wir aus den leidigen Erfahrungen des vergangenen Jahres im letzten Jahr bereits sagten: das nächste Besoldungserhöhungsgesetz, das ja eigentlich besser „Besoldungsanpassung 1979" lauten müßte, wird nicht befrachtet? Stimmen Sie mit mir ferner darin überein, daß dies bereits im letzten Jahr war und daß die Bundesregierung durchaus die Gelegenheit gehabt hätte, gleichzeitig mit dem Besoldungserhöhungsgesetz das Strukturgesetz so, wie es angekündigt war, im Mai und nicht erst nach der Sommerpause vorzulegen, wodurch wiederum eine unzulässige Verzögerung entstanden ist?

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie werden sich wundern: ich stimme Ihnen zu. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, ich nehme an, daß Sie sich nicht wundern, wenn das von Ihrer Redezeit abgeht. ({0})

Karl Liedtke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001340, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin gleich fertig. - Natürlich kann man ein Strukturgesetz am 1. Januar, am 2. Januar, am 1. Februar, am 1. Mai, am 1. Juni, am 1. September vorlegen. Entscheidend ist aber, daß diese Regierung und auch wir - das habe ich ja gesagt - eines machen. Das ist wichtig für die Beschäftigten. Ich schließe; sonst kommt mir hier der Herr Präsident in den Nacken. Die Lampe ist noch in Ordnung, Herr Präsident. Ich darf also sagen, daß ich es begrüße, daß wir seit 1971, seit wir auch die Verantwortung für die Bezahlung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben, im gesamten Haus - das zeigten Ihre Zwischenfragen - nicht immer ohne sachliche Disparität, aber am Schluß immer einstimmig das beschlossen haben, von dem wir glauben, daß es richtig ist, daß die Beschäftigten es verdienen. Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß das auch so bleibt. Ein Kampffeld der Auseinandersetzung ist dieser Bereich Einkünfte für Menschen, die uns anvertraut sind, nicht. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wendig.

Dr. Friedrich Wendig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002477, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich darf zunächst meiner Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß wir das Bundesbesoldungs- und -versorgungserhöhungsgesetz 1979 schon Mitte des Jahres abschließend beraten können. Nach den leidvollen Erfahrungen mit dem Besoldungserhöhungsgesetz des vergangenen Jahres bestand ja wohl bei allen Fraktionen und auch beim Bundesminister des Innern die feste Absicht, eine mögliche Neuauflage des traurigen Beratungsvorganges beim Besoldungserhöhungsgesetz des vergangenen Jahres zu vermeiden. Zu den schnellen Beratungen hat sicherlich wesentlich der Umstand beigetragen, daß die Bundesregierung von vornherein darauf verzichtet hat, das Besoldungserhöhungsgesetz 1979 mit strukturellen Maßnahmen zu befrachten. Ich möchte dies nochmals ausdrücklich begrüßen, zumal sich meine Fraktion in der Vergangenheit wiederholt dafür ausgesprochen hat, strukturelle Verbesserungen schon wegen der Übersichtlichkeit in eigenen Gesetzen vorzunehmen. Die regelmäßigen jährlichen Besoldungserhöhungsgesetze dienen allein der Anpassung der Bezüge der Beamten, Richter und Soldaten sowie der Versorgungsempfänger des Bundes, der Länder und der Gemeinden an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse. So besagt es der volle Name des Gesetzes, und ich meine, daß der Inhalt des Gesetzes dem auch entsprechen sollte. Meine Damen und Herren, die Beamten haben nach Gesetz und höchstrichterlicher Rechtsprechung Anspruch auf Beteiligung an der allgemeinen Einkommensentwicklung; ihre Gehälter sind an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse anzupassen. Dem trägt der vorliegende Gesetzentwurf vollauf Rechnung, wenn er mit Wirkung vom 1. März 1979 alle Dienst- und Versorgungsbezüge linear um 4 v. H. erhöht. Das jährliche Urlaubsgeld wird zusätzlich um 150 DM aufgestockt. Nun kommen einige Änderungsvorschläge der Opposition und die Bitte des Bundesrates an die Bundesregierung, im weiteren Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob innerhalb des im Gesetzentwurf dafür vorgesehenen Finanzvolumens der Betrag des Urlaubsgeldes für Beamte so gestaffelt werden kann, daß Beamte mit Kindern ein höheres Urlaubsgeld erhalten als ledige und kinderlos verheiratete Beamte. Dieses Anliegen ist, wie vorgetragen, von der Opposition in den Ausschußberatungen aufgegriffen und in die Diskussion gebracht worden. Herr Kollege Regenspurger, Sie haben gesagt, wir hätten dies kalt abgeschmettert. Also, so schlimm war das, glaube ich, nicht. Die familienpolitische Komponente zum Urlaubsgeld ist auch nach Auffassung meiner Fraktion durchaus überlegenswert und sollte bei den künftigen Beratungen ausgiebig erörtert werden; nur gehen wir davon aus, daß dieses familienpolitische Anliegen zunächst einmal bei der nächsten Tarif- und dann auch Besoldungsrunde geprüft wird. Ein entsprechendes Ersuchen hat der Innenausschuß auf Antrag aller drei Berichterstatter an den Bundesinnenminister gerichtet.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Regenspurger?

Dr. Friedrich Wendig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002477, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte.

Otto Regenspurger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001793, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wendig, sind Sie mit mir darin einig, daß dieses Hohe Haus nicht an die Verträge der Tarifpartner gebunden ist, sondern durchaus ohne Augenmerk auf die Tarifpartner auch allein etwas beschließen kann?

Dr. Friedrich Wendig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002477, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Regenspurger, Sie haben natürlich Recht. Ich habe das schon in einem anderen Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, nämlich bei der Besoldungsrunde des vergangenen Jahres; wie gesagt, in einem anderen Zusammenhang. Dies gilt, was den rechtlichen Zusammenhang angeht. Daß natürlich gewisse faktische Zusammenhänge bestehen, läßt sich, meine ich, gleichwohl nicht leugnen. Erlauben Sie mir noch einige wenige Ausführungen zu den im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen für Versorgungsempfänger. Dieser Personenkreis nimmt voll an den linearen Anpassungen der Bezüge teil. Außerdem enthält der Gesetzentwurf einige strukturelle Verbesserungen für Versorgungsempfänger der Stufe 2 des Ortszuschlags. Weitergehende Anträge der Opposition mußten dagegen von meiner Fraktion abgelehnt werden, da es sich auch hierbei nach unserer Auffassung um Probleme handelt, die sachgerecht - damit komme ich zum letzten Thema - nur in einem Besoldungsstrukturgesetz gelöst werden sollten. Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, daß sie zur Regelung der dringlichen, in dieser Legislaturperiode lösbaren Strukturfragen einen entsprechenden Gesetzentwurf in Zusammenarbeit mit den Ländern und den Spitzenorganisationen vorbereitet. Herr Kollege Regenspurger, ich bin ein gläubiger Mensch, und daher muß ich sagen, ich begrüße diese Absicht der Bundesregierung. ({0}) Ich bin überzeugt davon - das ist nicht nur eine Frage des Glaubens -, daß die entsprechenden Abstimmungen so bald abgeschlossen werden können, daß uns diese Materie schon im Herbst im Innenausschuß beschäftigen wird, d. h. uns für die Beratung dieser sicherlich sehr schwierigen Materie in dieser Legislaturperiode ausreichend Zeit verbleiben wird. Erlauben Sie mir abschließend noch folgende allgemeine Bemerkung. Die Fraktion der FDP hält an dem im Grundgesetz verankerten Berufsbeamtentum fest. Der öffentliche Dienst in der Bundesrepublik Deutschland ist leistungsfähig und muß auch leistungsgerecht bezahlt werden. Dafür hat sich die FDP in der Vergangenheit stets ausgesprochen und wird das auch in Zukunft tun. Wir wehren uns gegen einseitige Belastungen der Beamten durch irgendwelche - oftmals ideologisch begründete - Sonderopfer; wir meinen allerdings auch, daß es keine einseitigen Bevorzugungen der Beamten geben darf. Dem trägt der vorliegende Gesetzentwurf in dem Rahmen, den er auszufüllen hat, voll Rechnung. Für meine Fraktion stimme ich dem Entwurf in zweiter Lesung zu. ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär von Schoeler. von Schoeler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorParl. Staatssekretär von Schoeler liegende Gesetzentwurf soll sicherstellen, daß die Beamten, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger angemessen an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen. Die Bundesregierung hat dieses Erhöhungsgesetz - das von den Vertretern aller Fraktionen begrüßt worden ist - bewußt nicht mit Strukturregelungen belastet. Das ist bei den Beratungen auch förderlich gewesen und hat geholfen, den Zeitplan beschleunigen zu können; Herr Kollege Regenspurger hat auf den zeitlichen Rekord hingewiesen, den diese Beratung dieses Entwurfs darstellt. Zur Regelung der dringlichen und in dieser Legislaturperiode lösbaren Strukturfragen bereitet mein Haus in Zusammenarbeit mit den Bundesressorts, den Ländern und den Spitzenorganisationen einen eigenen Gesetzentwurf vor. Die Bundesregierung wird diesen Entwurf voraussichtlich noch im Herbst vorlegen. Meine Damen und Herren von der Opposition, ein anderer Termin als noch in diesem Jahr ist niemals genannt worden, auch wenn Sie das behauptet haben. Wir streben eine ausgewogene Gesamtlösung der anstehenden besoldungs- und versorgungsrechtlichen Fragen an. In diesem Zusammenhang wird nach unserer Auffassung zumindest auch über die Erstreckung des seit Anfang dieses Jahres für die Polizei eingeführten neuen Spitzenamtes auf vergleichbare Bereiche der übrigen Verwaltung mit zu entscheiden sein. Hinsichtlich des Problems des Eingangsamtes für den gehobenen Dienst beschränke ich mich auf den Hinweis, daß im September die neu errichtete Fachhochschule des Bundes mit der Ausbildung beginnt und damit, wie gesetzlich vorgesehen, die Fachhochschulausbildung bundesweit eingeführt ist, d. h. im Bund und in allen Ländern. Das gesonderte Strukturvorhaben macht damit den Weg frei für eine diesmal möglichst schnelle und einvernehmliche Verabschiedung der diesjährigen Besoldungs- und Versorgungsanpassung. Die Bundesregierung begrüßt es, wenn der vorliegende Entwurf die Zustimmung des Deutschen Bundestages findet. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung in der zweiten Lesung. Ich rufe auf die Artikel I bis V mit den vom Ausschuß beschlossenen Änderungen, Einleitung und Überschrift. Wer dem beizutreten wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig in zweiter Lesung angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein. Wortmeldungen liegen nicht vor; das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Dieses Gesetz ist in dritter Lesung einstimmig angenommen. Meine Damen und Herren, es liegt noch eine Beschlußempfehlung des Ausschusses vor. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/2968 unter Ziffer 2, die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen und Eingaben für erledigt zu erklären. - Das Haus ist damit einverstanden. Es ist so beschlossen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin - Drucksache 8/2544 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({0}) - Drucksache 8/2893 Berichterstatter: Abgeordnete Krockert, Luster ({1}) Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Auch hier ist interfraktionell eine Aussprache mit Kurzbeiträgen von höchstens zehn Minuten vereinbart worden. Das Wort hat Herr Abgeordneter Luster.

Rudolf Luster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001397, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion, die CDU/CSU-Fraktion, trägt dieses Gesetz, das Ihnen vorliegt, mit und empfiehlt seine Annahme ebenso, wie sie die Initiative zu diesem Gesetz mit den beiden anderen Fraktionen gemeinsam beschlossen hat. Wir haben uns von der Notwendigkeit einer weiteren, wenn auch letztmaligen Verlängerung der Mietpreisbindung in Berlin überzeugt. 1975 hat der Deutsche Bundestag in gleicher Angelegenheit ein Gesetz beschlossen, bei dem er von der Annahme ausging, daß damals bereits die letztmalige Verlängerung erfolge. Im zuständigen Ausschuß war dazu ausgeführt worden: ... hält der Ausschuß die nunmehr noch einmal beschlossene Verlängerung für ausreichend, um dann auch für das Land Berlin endgültig die für das Bundesgebiet geltenden mietrechtlichen und mietpreisrechtlichen Vorschriften einzuführen und damit die auch vom Rechtsausschuß begrüßte Vereinheitlichung auf diesem Rechtsgebiet herzustellen. Die Annahme des Bundestages von damals hat sich nicht erfüllt. Die Voraussetzungen, die an die Abschaffung der Mietpreisbindung zum vorgesehenen Zeitpunkt geknüpft wurden, konnten vom Senat von Berlin nicht geschaffen werden. Als Begründung für das hier in Rede stehende Gesetz hat der Senat von Berlin die mangelhafte Situation bezüglich der Wohnungsversorgung in Berlin vorgetragen. Diese Mangelhaftigkeit muß meine Fraktion allerdings anerkennen. Sie drückt sich kurz in folgenden Zahlen aus: rund 1 Million Wohnungen in Berlin, davon 500 000 ofenbeheizte Wohnungen, da12826 von 150 000 Wohnungen ohne Bad und weitere 100 000 Wohnungen ohne Bad und Innentoilette. Das ist in der Teit ein desolater Wohnungsbestand. Ich beziehe mich bezüglich dieser Zahlen auf den Bericht der Enquete-Kommission, die eigens zur Untersuchung der in Rede stehenden Fragen eingesetzt worden ist. Der Bericht ist relativ jung; er datiert vom März 1978. Wenn die Hauptursache für das heute zur Beratung vorliegende Gesetz dieser beschriebene desolate Wohnungsbestand ist, dann müßte logisch die Hauptgegenmaßnahme eine nachhaltige Verbesserung der Wohnungsversorgung in Berlin sein. Dazu kontrastiert allerdings das wohnungspolitische Verhalten des Senats von Berlin erheblich. Es müßte ja in den drei Bereichen Neubau, Modernisierung und Sanierung Entscheidendes in Berlin geschehen. Was den Neubau anlangt, so hatten wir in den Jahren 1954 bis 1974 jeweils etwa 20 000 neugebaute Wohnungseinheiten. Diese Zahl ist von diesem Zeitpunkt an gesunken. Im Jahre 1978 hat es einen minimalen Fertigstellungsstand von unter 8 000 Wohnungen gegeben. Im Bereich der Sanierung ist es fast noch schlimmer. Wir haben zwei Stadterneuerungsprogramme vom Senat von Berlin vorliegen, die sich jeweils auf 50 000 Sanierungseinheiten beziehen. Das erste dieser beiden Wohnungssanierungsprogramme, das bis 1975 abgeschlossen sein sollte, ist heute, im Jahre 1979, nicht einmal zur Hälfte erfüllt. Es ist nicht des Aperçus wegen gesagt: Ohne prophetische Gabe zu haben, muß ich leider annehmen, daß wir bei dem Schneckentempo der Sanierung, das der Senat eingeschlagen hat, mit der Erfüllung der Senatsvorstellungen in das nächste Jahrtausend geraten. Der Regierende Bürgermeister Stobbe hat jüngst in seiner Regierungserklärung vom 31. Mai 1979 ebenfalls einräumen müssen, daß es „Engpässe auf Wohnungsmärkten" gebe, die es zu beseitigen gelte. Er schlägt in diesem Zusammenhang vor, die vom Senat projektierte Anzahl von 27 500 zu bauenden Wohnungen für die jetzt begonnene Legislaturperiode auf 29 500 zu erhöhen. Das bedeutet also einen Durchschnitt von etwa 7 400 Wohnungen jährlich. Das ist angesichts der beschriebenen Situation unserer Vorstellung nach völlig unzureichend. Die Neubautätigkeit in Berlin ist, so eindrucksvoll sie sich dem Besucher der Stadt manchmal darstellt, auch im Städtevergleich relativ gering. Wir haben ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung vom Jahre 1976. Danach lag die Neubautätigkeit pro 1 000 Einwohner in den Städten Hamburg, München, Bremen, Köln und Frankfurt in den Jahren 1949 bis 1973 bei etwa 260, in Berlin bei 210 Einheiten. Zu der Baumisere tritt die Mietmisere, die abgekürzt in einem jüngst vorgelegten Bericht der Landeszentralbank in Berlin so beschrieben ist - ich darf zitieren, Herr Präsident -: Eine der Wurzeln des Problems ist die Mietenpolitik. Zwischen den preisregulierten Mieten für die rund 600 000 Altbauwohnungen, die erheblich unter dem Niveau der Mieten für entsprechende Wohnungen in westdeutschen Großstädten liegen, den Sozialmieten und den Mieten für frei finanzierte Wohnungen besteht ein auf die Dauer für einen gesunden Wohnungsmarkt abträgliches und durch den hohen Wert nicht gerechtfertigtes Gefälle. Die Notwendigkeit einer Entzerrung des Mietengefüges, das zur Unterbelegung größerer Wohnungen geführt hat, wird von allen Beteiligten eingesehen. Die praktischen Schlußfolgerungen aus dieser Einsicht werden aber in homöopathischen Dosen gezogen. Das alles - Mietensituation, Wohnungssituation - wollen Sie sich bitte vor dem Hintergrund der beängstigend absinkenden Einwohnerzahl dieser Stadt, vor der Tatsache ihrer schrumpfenden Bevölkerungszahl vorstellen. Dieser Schrumpfung muß entgegengewirkt werden. Das ist die feste Überzeugung von CDU und CSU. Das kann nur geschehen, wenn die Bereiche Arbeitsplätze und Wohnungen gut ausgestattet sind. Darum haben wir die Runde der Parteivorsitzenden beim Bundespräsidenten dankbar begrüßt, auf der u. a. auch beschlossen wurde, 500 zusätzliche Wohnungen für zuziehende Fachkräfte zu bauen. Wir erkennen das dankbar an. Aber was ist das für so viele? Deshalb ergeht im Zusammenhang mit der empfohlenen Verabschiedung dieses Gesetzes von uns der dringende Appell an den Senat von Berlin, seine Pflicht im Wohnungsbau zu erfüllen. Er kann sich nicht auf die Behauptung zurückziehen, er habe kein Geld. Natürlich ist in Berlin das Geld knapp. Wer aber ein Monstrum wie das Kongreßzentrum im Milliardenwert baut, geplant zum gleichen Zeitpunkt wie das in Hamburg, wo vor fünf, sechs Jahren ein ähnliches Objekt - nicht so gigantisch, aber zweckgerecht wie das in Berlin - für 140 Millionen DM gebaut wurde, wer die Prioritäten so setzt, muß sich gefallen lassen, daß er angesichts der beschriebenen Wohnungsbaumisere der Kritik unterliegt. Lassen Sie mich das Fazit ziehen. Die CDU/CSU-Fraktion ist sich angesichts der beschriebenen Situation der Notwendigkeit, allerdings auch des Kompromißcharakters des vorliegenden Gesetzes zur Verlängerung der Mietpreisbindung voll bewußt. Weder Mieter noch Vermieter werden über das Gesetz entzückt sein. Es haben uns von beiden Seiten viele, viele Zuschriften vorgelegen. Wir haben uns bemüht, sie nicht nur zu lesen, sondern wir haben Verständnis für die Sorgen beider Gruppen aufgebracht und glauben, daß der Deutsche Bundestag mit dem hier vorgelegten Gesetzentwurf das Beste aus der verfahrenen Wohnungsbau- und Mietpreissituation in Berlin gemacht hat, um den Interessen sowohl der Mieter wie der Vermieter ausgewogen zu dienen. Ich darf an dieser Stelle ein Wort des herzlichen Dankes - was vielleicht nicht üblich ist - an alle Beteiligten richten, an die Gesprächspartner von SPD und FDP und auch an den Senat von Berlin. Hier ist eine für das Haus nicht umwerfende, aber für die Berliner Situation sehr wichtige Frage in sehr gutem Einvernehmen geregelt worden. ({0}) - Danke. Zwei Dinge sind notwendig - wenn ich das am Schluß sagen darf -: Erstens: Zur Erhaltung der Lebensfähigkeit Berlins müssen Neubau, Modernisierung und Sanierung erheblich verstärkt werden. Und das andere: Die unerträgliche Verzerrung des Gefüges der Mieten bei Altbauwohnungen, bei Sozialwohnungen und bei frei finanzierten Wohnungen muß zur Gesundung des Wohnungsmarktes, zur Erhöhung des Wohnwertes und zur Beseitigung teilweise schreiender Ungerechtigkeiten schnellstens beendet werden. ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Diederich.

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Luster, Sie betätigen sich wieder als die ja schon bekannte Kassandra in bezug auf Berlin. Aber ich glaube, daß heute als Thema hier nicht die Wohnungspolitik und die Stadterneuerungspolitik in Berlin vorgesehen ist, sondern ganz speziell dieses Gesetz. Lassen Sie mich kurz zu dem vorliegenden Gesetzentwurf sagen, daß er auf der einen Seite den besonderen Bedingungen des Wohnungsmarktes in Berlin Rechnung tragen und auf der anderen Seite die gesetzlichen Bestimmungen in Berlin soweit wie möglich den gesetzlichen Gegebenheiten im Bund anpassen soll. Wir gehen davon aus, daß diese Anpassungsprozesse schrittweise zu erfolgen haben. Wir sehen durchaus, Herr Luster - darauf sind Sie eigentlich gar nicht eingegangen, das hätte ich gern gerade von Ihnen gehört -, die positive Funktion, die auch der Wohnungsmarkt im Bereich der Wohnungswirtschaft haben kann. Denn gerade über den Markt soll ja eine Vergleichbarkeit auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage hergestellt werden. Der Markt stellt ein Meldesystem dar, wo die wirklichen Mangellagen sind. Ich glaube, in dieser Frage sind wir uns einig. Ich möchte aber gleich hier sagen und dies sehr eindeutig unterstreichen, daß für uns die Wohnung ein Gut ist, das mit keiner anderen Ware vergleichbar ist, weil sie eben ein unverzichtbares Grundbedürfnis ist, das auch nicht substituierbar ist. Wohnungen sind nicht beliebig und nicht schnell vermehrbar. Sie haben hier den Senat gescholten. Ich komme darauf gleich noch einmal zu sprechen. Aber Sie wissen auch ganz genau, daß es hier ganz bestimmte Engpässe gibt, daß man Wohnungen nicht wie Autos oder andere Waren produzieren kann. Vor allen Dingen Bauland in günstigen Lagen ist knapp. Gerade Sie, Herr Luster, wissen, daß in Berlin günstiges und gutes Bauland kaum noch vorhanden ist. Sie wissen auch, daß Wohnungen immer in eine bestimmte Umgebung eingepaßt werden müssen, insbesondere wenn man in einer so dicht bebauten Stadt wie Berlin bauen will, und daß man die Struktur, die eine solche Stadt hat, daher nur sehr langfristig verändern kann. Dies sind alles Punkte, die man abwägen muß gegenüber der Frage der Funktion des Marktes, für die Sie ja offensichtlich hier auch gesprochen haben. Allerdings habe ich Ihren Ausführungen eher entnommen, daß Sie für eine weitere Verlängerung der Mietpreisbindung in Berlin sein müßten. Jedenfalls klangen Ihre Argumente alle in diese Richtung. Dann frage ich mich, warum Sie nicht von Anfang an unserer Auffassung gefolgt sind, die sich an die Auffassung des Berliner Senats angelehnt hat, daß hier eine Verlängerung der Mietpreisbindung noch einmal um fünf Jahre stattfinden sollte. Ich möchte nur darauf hinweisen, Herr Luster, da Sie gerade diesen Dissens aufgebracht haben, daß wir ursprünglich für eine Verlängerung um fünf Jahre gewesen sind und daß wir uns dann hier gerade den Argumenten gebeugt haben, ({0}) daß eine Angleichung an die Rechtslage im Bund vorgesehen werden muß und wir die Funktion des Marktes in Berlin mit einführen wollen. Herr Luster, Sie lasten dem Berliner Senat an, daß die Voraussetzungen für die Aufhebung der Mietpreisbindung in Berlin nicht geschaffen werden konnten, und Sie weisen auf den desolaten Wohnungsbestand in Berlin hin.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jahn?

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte.

Dr. Friedrich Adolf Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Diederich, darf ich aus der Tatsache, daß Sie dem interfraktionellen Gesetzentwurf Ihre Zustimmung geben wollen und nicht der ursprünglichen Fassung, die vom Berliner Senat kommt, entnehmen, daß Sie unserem gemeinsam zusammengetragenen Ergebnis den Vorzug geben?

Dr. Nils Diederich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000382, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie können meinen Ausführungen entnehmen, daß wir in Rede und Widerrede, in sachlicher Argumentation versucht haben, zwischen widerstreitenden Interessen eine optimale Lösung zu finden. Herr Luster hat auf die vielen Petitionen hingewiesen. Wir haben mehrere tausend Petitionen von Hausbesitzern, die eine sofortige Aufhebung der Mietpreisbindung verlangt haben. Das wissen Sie auch. Das ist uns allen bekannt. Wir haben über 6 000 Einzelpetitionen und Sammelpetitionen von Mietern, die eine fristlose Verlängerung der Mietpreisbindung verlangt haben. Unsere gemeinsame interfraktionelle Aufgabe - darüber besteht auch gar kein Dissens - war es, eine Lösung zu finden, die der Berliner Situation angepaßt ist und gleichzeitig den Interessen der Rechtseinheitlichkeit Rechnung trägt. Ich glau12828 Dr. Diederich ({0}) be - das möchte ich gern auf Ihre Frage bestätigen -, daß wir eine Lösung gefunden haben, die erträglich ist. Ich sage sehr bewußt „erträglich ist". Unter diesem Gesichtspunkt stimmen wir dieser Lösung zu. Ich möchte mich mit dem auseinandersetzen, was Herr Luster in die Debatte eingeführt hat. Er wirft dem Senat vor, nicht genügend neu zu bauen, nicht zu modernisieren, nicht zu sanieren. Da darf ich zunächst einmal feststellen, Herr Luster: Dies ist ein Irrtum. Sie haben selber darauf hingewiesen, daß der Senat in seiner letzten Regierungserklärung die Zahl der geplanten Neubauten erhöht hat. Dies ist eben eine besonders schwierige Sache unter dem Gesichtspunkt, daß in Berlin nur schwer und ungünstig Bauland bereitzustellen ist. Herr Luster, wir dürfen auch nicht die Leistungsfähigkeit der Bauwirtschaft in Berlin vergessen. ({1}) Wer in Berlin überhaupt nur einmal den Versuch gemacht hat zu bauen oder wer etwas mit der Bauwirtschaft zu tun hat, der weiß, daß dort die Preise um ein Erhebliches über denen des Bundes liegen. Ich will jetzt nicht philosophieren, woher das kommt, aber dies erlegt natürlich auch der staatlichen Seite ein vorsichtiges Vorgehen auf. Außerdem wissen Sie ganz genau, daß durch verstärkte staatliche Bautätigkeit die private Bautätigkeit mehr und mehr eingeschränkt wird. Ich muß gerade hier den Ball zurückgeben und sagen: In Berlin stellen wir nun eben ein eklatantes Versagen der privaten Bautätigkeit fest. Wir wünschen uns, daß zu angemessenen Preisen von privater Seite besser und mehr gebaut wird. Zudem wissen Sie auch, daß gerade in Berlin der Senat seit einigen Jahren und mit der Regierungserklärung erneut den Schwerpunkt auf die Innenstadtsanierung gelegt hat, auf die Modernisierung. Jetzt komme ich noch einmal auf Ihre Statistik zurück, wo Sie die desolate Lage beschreiben. Diese 108 000 Wohnungen ohne Bad und ohne Innentoilette - man muß sich das vorstellen; das sind also Wohnungen, bei denen die Toiletten irgendwo im Treppenhaus noch von acht oder zehn Mietparteien gemeinsam benutzt werden - machen 10 % des Berliner Wohnungsbestandes aus. Sie sind doch nach einem durchschnittlichen, gar nicht einmal überhöhten Anspruch, den wir heute an Wohnungen stellen, eigentlich nicht mehr zumutbar. Ich glaube, daß es richtig ist, wenn sich der Berliner Senat, auch mit Unterstützung der Bundesregierung, auf die Erneuerung der Innenstadtgebiete konzentriert. Es kommt noch etwas hinzu. Wir können uns nicht über die Stadtgrenzen hinaus ausdehnen. Unsere Berliner Bürger können auch nicht ins Umland ausweichen. Wir müssen also dafür sorgen, daß die Innenstadtgebiete - im Interesse der Erhaltung der Lebensfähigkeit und Attraktivität Berlins - auf den Stand gebracht werden, der von zuziehenden oder auch in Berlin verbleibenden jungen Leuten hinsichtlich einer menschenwürdigen Wohung heute gefordert wird. Herr Luster, lassen Sie mich hier noch einen letzten Gedanken einfügen. Wir wissen alle genau, daß bei Aufhebung der Mietpreisbindung, die in einigen Jahren ins Haus steht, erhebliche Preissprünge zu erwarten sind. Diese Sprünge, Herr Luster, sind gerade bei den Wohnungen zu erwarten, die am Rande der Standards liegen, gerade bei den Wohnungen, in denen Ofenheizung vorhanden ist, bei den Wohnungen, von denen Sie gesagt haben, sie seien im Vergleich zu Neubauten viel zu billig. In diesen Wohnungen in Berlin wohnen sehr, sehr viele alte Menschen, die mit diesen Wohnungen verwurzelt sind, für die soziale Unsicherheit geschaffen wird. In diesen Wohnungen wohnen sehr viele junge Menschen mit Familien, die eben sonst keine angemessen große Wohnungen bekommen. Denn Sie wissen auch, daß wir in Berlin einen Fehlbestand von Wohnungen mit fünf und sechs Räumen haben. Wir werden also alle gemeinsam den Berliner Markt, die Berliner Entwicklung sehr sorgfältig zu beobachten haben und den Senat und die Bundesregierung ermuntern müssen, entsprechende Maßnahmen und Programme zu ergreifen bzw. aufzulegen, falls sich hier Verwerfungen ergeben. Unter diesen Bedingungen stimmen wir dem Gesetz zu. ({2}) - Bedingungen heißt: unter diesen politischen Gesichtspunkten. ({3})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abordnete Gattermann.

Hans H. Gattermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000637, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege Diederich, Sie haben mich ein bißchen verwirrt, indem Sie davon gesprochen haben, daß die Regelung, die wir hier heute interfraktionell eingebracht haben und nun beraten und beschließen wollen, nur erträglich sei. Ich war davon ausgegangen, diese Regelung sei gut. ({0}) Meine Damen und Herren, als der Deutsche Bundestag im Jahre 1975 die Fortdauer im Bundesgebiet inzwischen überholter Mietgesetze bis zum 31. Dezember 1980 beschloß, war es der übereinstimmende Wille dieses ganzen Hauses, daß dies eine letztmalige Verlängerung der mietrechtlichen und mietpreisrechtlichen Sonderregelungen für das Land Berlin sein solle. Mit dem heute in zweiter und dritter Lesung anstehenden Zweiten Gesetz zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin wird von dem damals allseits bekundeten Willen abgewichen. Wenn ich deshalb heute wiederum betone, daß mit dem Auslaufen des heute zu beschließenden Gesetzes die mietrechtlichen und mietpreisrechtlichen RegelunGattermann gen Berlins nunmehr endgültig denen des Bundesgebietes angepaßt sein werden, dann muß diese wiederholte Ankündigung desselben Inhalts besonders belegt und begründet werden. Meine Damen und Herren, der ursprünglich aus Berlin an uns herangetragene Wunsch ging dahin, die besonderen mietrechtlichen Bestimmungen schlicht um fünf Jahre zu verlängern. Die Fraktionen des Deutschen Bundestages sind diesem Wunsch nicht in vollem Umfang gefolgt. Die Regelungen des vorliegenden Gesetzentwurfs erstrecken sich insgesamt nur auf einen Zeitraum von vier Jahren. Ein- und Zweifamilienhäuser werden von der Verlängerung überhaupt nicht erfaßt. Deren Mietpreisbindung läuft, wie vorgesehen, mit dem 31. Dezember 1980 aus. Die allgemeine Verlängerung der Sonderregelungen selbst umfaßt nur einen Zeitraum von zwei Jahren. Die sich anschließenden weiteren zwei Jahre der Gesetzesdauer beinhalten nach dem bewährten Vorbild der Überleitungsvorschrift des Art. 6 des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes Überleitungsvorschriften, die eine reibungslose, konfliktminimierende Geltung der mietrechtlichen Normen des Bundesgebietes auch in Berlin bringen sollen. Durch diese Gestaltung des Zweiten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher und mietpreisrechtlicher Vorschriften im Land Berlin ist die übereinstimmende Absicht, mit Ende des Jahres 1984 den Rechtszustand anzugleichen, zu Teilen bereits so weit ausgeführt, daß hier nichts mehr zurückgedreht werden kann. In diesem Rahmen - bis 1984 - war das Abweichen von den früheren Willensbekundungen allerdings notwendig und gerechtfertigt. Die Wohnungsmarktsituation Berlins hat sich seit 1975 nicht so entwickelt, wie wir alle es damals angenommen hatten. Der Ausschuß hat sich vor Ort ein Bild von dieser Wohnungsmarktsituation gemacht. Er hat über die Wohnungsmarktsituation mit den Fachkollegen des Berliner Abgeordnetenhauses diskutiert. Wir haben zu konstatieren, daß die Marktlage trotz beachtlicher Präferenzen für private Investitionen und trotz beachtlichen finanziellen Engagements der öffentlichen Hände noch nicht so positiv verändert worden ist, daß die mietrechtliche Situation in Berlin ohne eine gewisse Verlängerung und ohne angemessene Überleitungsregelungen von heute auf morgen der des Bundesgebietes angepaßt werden konnte und kann. Wir haben aber auch die Erkenntnis gewonnen, daß diese Wohnungsmarktsituation auf Dauer nicht dadurch nachhaltig verbessert werden kann, daß der Sonderstatus Berlins hier durch immer neue Verlängerungen fortgeschrieben wird. Der Angebotsverbesserung durch Neu- und Zubau auf der einen Seite steht auf der anderen Seite gegenüber, daß eine durchgreifende Sanierung und Modernisierung des Althausbestandes Voraussetzung dafür ist, die Bevölkerung Berlins angemessen mit Wohnungen zu versorgen. Durchgreifende Modernisierung und Sanierung des Altbaubestandes - getragen von Privatinitiative sowie erleichtert und gefördert durch öffentliche finanzielle Hilfen - funktioniert, wie wir auf Grund unserer eigenen Erfahrungen hier im Bundesgebiet wissen, am besten auf der Grundlage des Zweiten Wohnraumkündigungsschutzgesetzes oder - besser gesagt - auf der Grundlage des Miethöhengesetzes. Ohne dieses Gesetz dort zur Anwendung zu bringen, wird in diesem Bereich aus privater Initiative heraus sehr wenig erreicht werden. Während der Beratungen des vorliegenden Gesetzentwurfes - darauf ist hingewiesen worden - sind wir alle mit einer Vielzahl von Eingaben bedient worden. Einerseits haben uns Haus- und Grundeigentümer beschworen, keine neuerliche Verlängerung der abweichenden Vorschriften zu beschließen. Andererseits haben uns Mieter in großer Zahl für den Fall der Nichtverlängerung das Gespenst sozialer Konflikte größten Ausmaßes aufgezeigt. Wir wissen natürlich, daß solche Eingaben von der jeweiligen Interessenlage aus verständlich sind, von daher motiviert sind. Wir glauben - in Übereinstimmung mit dem Berliner Senat, allen Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses und mit allen Fraktionen dieses Hauses -, daß wir mit dem vorliegenden Gesetz einen gerechten Interessenausgleich gefunden haben, der die marktpolitischen Weichen zugleich aber auch richtig so stellt, daß ab 1984 die Wohnungsversorgung der Berliner Bevölkerung auf den Grundlagen des Bundesrechtes gewährleistet werden kann. Wenn es dabei finanzieller Hilfen bedarf, so wird dieses Haus - wie ich es kenne - sie den Berlinern nicht versagen. ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe die Art. 1 bis 9 mit den im Ausschuß beschlossenen Änderungen sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in dritter Beratung einstimmig angenommen. Es liegt noch eine Beschlußempfehlung des Ausschusses vor. Der Ausschuß empfiehlt in seinem Antrag auf Drucksache 8/2893 unter Ziffer 2, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen und Eingaben für erledigt zu erklären. - Das Haus ist damit einverstanden. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf: a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. von Geldern, Dreyer, Sick, Dr. Narjes, Nord12830 Präsident Stücklen lohne, Dr. Köhler ({0}), Schröder ({1}), Dr. Jobst, Pfeffermann, Feinendegen, Hanz, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Reimers, Damm, Metz, Blumenfeld und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU Maßnahmen zur Verhinderung von Tankerunfällen und zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen der Meere und Küsten - Drucksache 8/2692 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({2}) Innenausschuß Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß b) Beratung der Entschließung des Europäischen Parlaments zu I. den wirksamsten Maßnahmen zur Verhinderung von Schiffsunglücken und zur Vermeidung der darauf zurückzuführenden Meeres- und Küstenverschmutzung und II. der Regelung des Seeverkehrs - Drucksache 8/2617 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({3}) Innenausschhuß Es ist interfraktionell eine verbundene Aussprache mit Kurzdebatte vereinbart worden. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr von Geldern.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 1967 wurde die englische Kanalküste durch das Unglück der „Torrey Canon" verpestet, 1975 die westspanische Küste durch den Tanker „La Coruna", 1977 traf der Unfall der Bohrinsel „Bravo" Norwegen, 1978 die „Amoco Cadiz" die Bretagne und die „Betelgeuse" Irland. Diese Aufzählung von spektakulären Unglücksfällen ist keineswegs vollständig. Zur Zeit ist die griechische Insel Kreta betroffen, auch die mexikanische Küste ist schwer betroffen. All diese Unfälle haben nicht nur das Leben der Besatzungen bedroht, betroffen waren jeweils auch Hunderttausende von Bewohnern großer Küstenabschnitte. Unübersehbare ökologische Schäden, Vernichtung der Fischfanggründe, Verwüstung von Ferien- und Erholungsgebieten waren die Folgen dieser Ölkatastrophen. Auffällig ist die immer kürzer werdende Zeitspanne zwischen den einzelnen Unfällen und - lassen Sie es mich hinzufügen - auch Beinahe-Unfällen. Wie lange noch wird die deutsche Küste von einem Ölunglück verschont bleiben? Die Aussage der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 14. April 1978 - ich zitiere -: Nach bisherigen Erkenntnissen kann eine Katastrophe des Ausmaßes des Amoco-Cadiz-Unfalles an der deutschen Nordseeküste wegen der anderen geographischen und geologisch-morphologischen Verhältnisse nicht eintreten ... ist blanke Augenwischerei. In der Jade vor Wilhelmshaven lief in schöner Regelmäßigkeit ungefähr alle sechs Monate ein Tanker auf Grund. Es ist nur eine Frage der Wahrscheinlichkeitsrechnung, wann das einmal nicht mehr glimpflich abgeht. Die große Zahl ungehobener Wracks und der starke Seeverkehr auf den Schiffahrtsstraßen der deutschen Bucht bedeuten eine ständige Gefahrenquelle. Die Gefahr wird weiter durch Substandard-schiffe erhöht, die dem internationalen Sicherheitsstandard nicht genügen, oft von einer nicht ausreichend qualifizierten Besatzung geführt werden und in der Regel unter billigen Flaggen fahren. Gefährliche Sände, oft auftretende schwierigste Wetterverhältnisse, das jederzeit mögliche Versagen von Menschen und Technik müssen uns Veranlassung sein, die konkrete Gefahr zu sehen und deshalb endlich entschlossen zu handeln. Das punktuelle Problembewußtsein der Öffentlichkeit, das- immer erst dann aufflackert, wenn ein Unglücksfall eingetreten ist, reicht für verantwortliches politisches Handeln nicht aus. Die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion hat vor mehr als Jahresfrist eine ständige Arbeitsgruppe „Schutz der Küsten" einberufen, als deren Sprecher ich hier kritisieren muß, daß die Bundesregierung immer dann, wenn die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung gerade wieder einmal gegeben ist, einen ungeheuren verbalen Aktivismus an den Tag legt und es doch bisher an effektivem Handeln hat fehlen lassen. Meine Fraktion hat auf zwei parlamentarische Anfragen nach konkreten Maßnahmen unbefriedigende Antworten erhalten. Deshalb haben wir jetzt den Antrag auf Aufstellung und Durchführung von Maßnahmen eingebracht, die kurz- und mittelfristig verwirklicht werden können und geeignet sind, ein Höchstmaß an Vorsorge und Vorbereitung auf den Ernstfall zu gewährleisten. Der Schwerpunkt dieses Programms liegt auf dem nationalen Sektor. Dabei verkennen wir nicht, welche Bedeutung gerade auf diesem Gebiet die Zusammenarbeit in der Europäischen Gemeinschaft und darüber hinaus hat. Die Seeschiffahrt ist ihrem Wesen nach ein internationales Betätigungsfeld. Aber die Auswirkungen eines Tankerunfalls betreffen in der Regel ein einzelnes Land. Angesichts der Wattenmeerbedingungen an unseren deutschen Küsten würde uns zudem eine Ölpest, von welchem Schiff, welcher Nationalität auch immer ausgelöst, besonders katastrophal treffen. Es kommt hinzu, daß, wie der Ausschuß für Regionalpolitik, Raumordnung und Verkehr des Europäischen Parlaments in seinem Bericht vom 15. Januar 1979 festgestellt hat, die wichtigsten internationalen Übereinkommen, weil sie bisher nicht ratifiziert wurden oder jedenfalls nicht angewandt werden, kaum mehr wert sind als das Papier, auf dem sie gedruckt sind. Aus diesen Gründen fordern wir ein nationales Vorsorgeprogramm und unterstützen zugleich die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 5. März 1979, die hier gemeinsam mit unserem Antrag beraten wird und die zu Recht feststellt, daß nur durch eine koordinierte Aktion und die wirksame Anwendung der internationalen Übereinkommen die Sicherheit der Seeschifffahrt in den Gemeinschaftsgewässern verbessert werden kann. In unseren nationalen Überlegungen müssen wir davon ausgehen, daß wie stets auch hier Vorsorge besser ist als Heilung und daher dem präventiven Bereich, den Schutzmaßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit des Seeverkehrs, Vorrang zukommt, und wir müssen uns doch zugleich darüber im klaren sein, daß es eine perfekte Lösung nicht geben kann, daß ein mehr oder minder hoch zu veranschlagendes Restrisiko bleibt und daher von ebenso großem Gewicht die Maßnahmen sind, die einer möglichst effektiven Bekämpfung trotzdem eingetretener Ölkatastrophen dienen. Es darf auch nicht übersehen werden, daß das heute hier zu diskutierende Thema Ölkatastrophenschutz nur ein Teilaspekt des weltweiten Problems „Meeresumweltschutz" ist. Die Expertenzahlen schwanken, stimmen aber tendenziell darin überein, daß der Anteil von Öltankern an der Verpestung der Meere weit unter 50 % liegt, daß starke Verschmutzungen, auch durch Öl, durch landseitige Einleitungen ins Meer geschehen, daß manche Gedankenlosigkeit eines Bürgers, der das Grundwasser oder Flußwasser beim eigenhändigen AutoÖlwechsel verunreinigt, und vieles andere in der Summe höher zu veranschlagen sind als die spektakuläre Gefahr, von der hier die Rede ist. Was die Tanker betrifft, so haben wiederum schleichende Einleitungen von Ölresten bei Tankreinigungen und dergleichen einen höheren Anteil an der Meeresverunreinigung als die großen Unfälle. Dennoch ist es richtig, daß wir das Augenmerk auf den Unfall im Hafen, auf der Bohrinsel oder an Bord eines Tankers auf See richten. Denn der Katastrophenfall betrifft die Küste so heftig und nachhaltig, daß der ökologische und ökonomische Schaden unerträglich ist für einen Küstenraum, der einerseits als eine der wenigen noch relativ unzerstörten Landschaften für Einwohner wie Erholungssuchende von größter Bedeutung ist und andererseits ohnehin in einer schweren wirtschaftlichen Strukturkrise steckt. Wir fordern durch unseren Antrag die Bundesregierung auf, unverzüglich ein Programm zur Beseitigung der gefährlichen Schiffswracks in den und am Rande der Zu- und Abfahrtswege von Großtankern durchzuführen. Dies gebietet die Gefahr von Havarien in den Schiffahrtswegen vor der deutschen Küste. Wir regen an, die Einführung einer Seeverkehrsüberwachung analog den bestehenden Flugsicherheitssystemen für Schiffe mit gefährlicher Ladung zu prüfen, die den permanenten Funkkontakt ab Ärmelkanal zu den Küstenstellen vorsieht. Diese Anregung geht auf die Erfahrungen besonders des Amoco-Cadiz-Unfalls zurück, bei dem ganz besonders deutlich wurde, daß wertvolle Zeit zwischen der Manövrierunfähigkeit des Tankers und dem Einsatz von Schleppern dadurch verlorenging, daß der Tankerkapitän allein die Entscheidung über die Anforderung von Hilfe treffen konnte und dieser Entscheidung zu lange ausgewichen ist. Dieser für das Unglück letztlich ausschlaggebende Zeitraum kann entscheidend verkürzt werden durch die Anordnung von Schlepperhilfe durch Küstenstellen. In diesen Bereich gehören auch die Möglichkeit der Einführung einer Vorrichtung, der sogenannten „black box", an Bord von Schiffen mit gefährlicher Ladung, die vom Eintritt eines Schiffes in die der Seeverkehrsüberwachung unterliegenden Zone bis zum Verlassen dieser Zone alle Funksprüche aufzeichnet, und schließlich die Lotsenannahmepflicht für Schiffe aller Art, nicht nur für solche mit gefährlicher Ladung, weil die Kollisionsgefahr ganz unabhängig von der Ladung ist. Es muß abgestellt werden, daß Schiffe, deren Besatzung und technischer Zustand unseren Normen nicht entsprechen, aus Kostengründen auf Lotsenbegleitung verzichten. Wir erwarten einen Bericht der Bundesregierung über die hier angeregten präventiven Maßnahmen bis zum Jahresende und empfehlen bei dieser Gelegenheit, auch zu überprüfen, ob die sogenannten keel-clearance-Bestimmungen über die vorgeschriebene Wassertiefe unter dem Kiel von Schiffen mit gefährlicher Ladung als ausreichend angesehen werden können. Was die Bekämpfung dennoch eintretender Ölkatastrophen betrifft, lassen Sie mich bitte die sehr bedauerliche und eigentlich unverständliche Tatsache vorweg herausstellen, daß nach übereinstimmenden Aussagen der auf diesem Sektor tätigen privaten Firmen - wir haben dazu zahlreiche Anhörungen in den letzten zwölf Monaten durchgeführt - die Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Stellen und der Wirtschaft höchst mangelhaft ist. Diese Zusammenarbeit ist verbesserungsbedürftig und ohne weiteres verbesserungsfähig. Dem Ölunfallausschuß See/Küste, der den Meldekopf in Cuxhaven unterhält, stehen zahlreiche Spezialfirmen und auch eine Arbeitsgemeinschaft Ölkatastrophenschutz privater Firmen bis heute allzu beziehungslos gegenüber. Die Bundesregierung rühmt das Meldesystem, verschweigt aber, daß über die Feststellung der Katastrophe hinaus kaum Möglichkeiten geschaffen wurden, ihr rasch zu begegnen. Es gibt Spezialschiffe zur Bekämpfung von eingetretenen Ölverschmutzungen einschließlich Ölabschöpfungssystemen. Es gibt mechanische Ölsperren, die ein Ausbreiten oder unkontrolliertes Abdriften von Ölteppichen verhindern. Aber es gibt bis heute kein einziges sofort abrufbereites Schiff, geschweige denn die notwendige Spezialschiffflotte, die erprobt und einsatzbereit wäre, wenn ich von dem einen Katamaran in Cuxhaven absehe, der in diesen Stunden heute endlich in Dienst gestellt werden soll. Die Bundesregierung hat an eine Hamburger Großwerft einen großen Forschungsauftrag vergeben, der das nach Meinung zahlreicher Fachleute fragwürdige Ergebnis erbracht hat, es gebe keine wirklich geeignete Entwicklung. Die Bundesregierung träumt offenbar von einer aufwendigen Neuentwicklung in der Zukunft und hat sich bisher nicht bereit gezeigt, das in der einschlägigen mittelständischen Wirtschaft vorhandene Know-how zu nutzen. Auch Auslandserfahrungen, insbesondere in Skandinavien, liegen für die deutsche Küste brach, weil der entscheidende Schritt bisher nicht getan wurde, nämlich die Indienststellung und Erprobung vorhandenen Geräts. Es gibt eine Reihe von offenen Fragen der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Wirtschaft, Fragen der Finanzierung vorsorglich bereitgehaltenen Geräts, Fragen der Weiterentwicklung und Forschung, Fragen der Haftung und der praktischen Zusammenarbeit von Behörden und Unternehmen. Alle diese Fragen sind lösbar und müssen schleunigst gelöst werden. Ich rege deshalb abschließend an, daß der Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages entsprechende Anhörungen durchführt und sich von Fachleuten aus der Wirtschaft ein Bild über die vorhandenen Möglichkeiten der Schadensbekämpfung und denkbarer technischer Entwicklungen, die gefördert und erprobt werden müssen, vermitteln läßt. Zu den Sicherheitsfragen sollten auch Experten der Seeleute und ihrer Gewerkschaften und der Seefahrtsschulen gehört werden. Im übrigen sollten auch die deutschen Pläne für das sogenannte Schiff der Zukunft unter Sicherheitsgesichtspunkten einmal beleuchtet werden. Was wir nicht länger hinnehmen werden, ist das Ausweichen in internationale Konferenzen und Absichtserklärungen, das Träumen von Zukunftstechnologien bei mangelnder praktischer Vorsorge für die Gegenwart, die hier und jetzt entscheidend verbessert werden kann und muß. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Paterna.

Peter Paterna (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001679, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Geldern, Sie sprachen von verbalem Aktivismus. Treffender kann ich das, was Sie hier inszenieren, nicht beschreiben. ({0}) Ich muß sehr deutlich die Kritik zurückweisen, die Sie an der Bundesregierung geübt haben. Wir stimmen den Überweisungsvorschlägen zu. Ich will zu der . Entschließung des Europäischen Parlaments hier nur feststellen, daß Bundesregierung und Bundestag durch diese Entschließung nicht direkt angesprochen sind, wir aber der Entschließung inhaltlich zustimmen und sie als hilfreiche Unterlage für die Ausschußberatungen betrachten. Lassen Sie mich, weil Sie ja auch nur von sich gesprochen haben, nun etwas näher mit dem CDU/ CSU-Antrag beschäftigen. Die europäischen Meere und insbesondere die Ökologie unserer Küsten sind bedroht. Darüber gibt es keinen Dissens. Alle Kollegen in der Opposition, die sich über diese Bedrohung ernsthafte Sorgen machen, werden in uns konstruktive Gesprächspartner haben. Um in der Sache möglichst rasch und wirksam weiterzukommen, möchte ich an die Opposition allerdings die Bitte richten, in Zukunft der Versuchung zu widerstehen, originell zu wirken und den Eindruck zu erwecken, als bedürfe es des Drängens der CDU/CSU, die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung auf die Probleme aufmerksam zu machen und zu raschem Handeln zu drängen. ({1}) - Aber Herr Kollege, ich will zwei Dinge herausgreifen. Sie haben selbst Ihre Anfrage vom vorigen Jahr erwähnt. Da hat Ihnen die Bundesregierung klargemacht, in welchem Bereich die Küstenländer zuständig sind, was die Ölbekämpfung anlangt. Dann können Sie sich heute nicht wieder hierherstellen und so tun, als sei dies allein Sache der Bundesregierung. ({2}) Die Bundesregierung hat Ihnen außerdem schon vor einem halben Jahr unaufgefordert zugesichert, daß Sie die Forschungsmittel für die Entwicklung neuer Technologien erhöhen wird, wenn entsprechende Entwicklungslinien konstruktions- und produktionsreif sind. Dann tun Sie doch nicht ein halbes Jahr später durch Ihren Antrag so, als müßten wir erst aufgefordert werden, eine solche Zusage zu geben! Diese Zusage haben Sie. Wenn Sie allerdings entweder die Antworten, die man Ihnen gibt, überhaupt nicht lesen oder glauben, Parlament und Öffentlichkeit seien derart vergeßlich, daß Sie Ihre Forderungen alle halbe Jahre nur zu wiederholen brauchten, um sie uns jeweils als Neuheiten anzubieten, dann ist das eine Art Beschäftigungstherapie, die der Ernsthaftigkeit dieser Probleme weiß Gott nicht angemessen ist. ({3}) Gucken wir uns einmal Ihre sieben Forderungen an, die Sie uns hier präsentieren! Erst sagen Sie: Schiffahrt ist international, Beschlußlage zu „mehr Verkehrssicherheit" auf unabsehbare Zeit unbefriedigend, also besondere Anstrengungen der Bundesregierung. Dann kommen Sie mit sieben Vorschlägen. Von denen sind vier wiederum nur international zu lösen. Bei einem ist die Notwendigkeit nicht offensichtlich. Bezüglich des nächsten warne ich mal Neugierige: Was meinen Sie, was Ihre niedersächsische Landesregierung Ihnen erzählen wird bezüglich des keel-clearance im Jade-Fahrwasser. Das hat erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen für die Region. Das mag notwendig sein. Aber tun Sie nicht so, als sei hier einfach mit einem Ärmelschlenkern ein solches Problem zu lösen. Ein Problem - auf das habe ich eben gerade hingewiesen - ist bereits Gegenstand einer Kleinen Anfrage von Ihnen gewesen, und darauf haben Sie auch eine Antwort bekommen. Was den Vorwurf anlangt, die Bundesregierung würde, wenn mal wieder etwas passiert sei, sich wortreich äußern, aber im übrigen nichts tun, muß ich Sie darauf hinweisen, daß der Verkehrsausschuß, der für dieses Problem zuständig ist, regelmäßig von der Bundesregierung informiert wird, nicht nur über das, was gesprochen, sondern auch über das, was inzwischen getan worden ist. Daß Sie nun nicht Mitglied des federführenden Ausschusses sind und offenbar von .Ihren Kollegen nicht hinreichend informiert werden - als Vorsitzender dieser Arbeitsgruppe der CDU, die' ja offenbar so groß auch nicht sein kann -, dafür können wir nichts. ({4}) Ich erinnere daran, daß die Bundesregierung am 20. April 1978 ein sehr umfangreiches Memorandum ({5}) an den Präsidenten des Rates der Europäischen Gemeinschaften gegeben hat, daß im gleichen Monat die SPD-Fraktion einen 14seitigen Forderungskatalog veröffentlicht hat, der in die gleiche Richtung wie das Memorandum der Bundesregierung geht. In einem entscheidenden Punkt geht er allerdings darüber hinaus. Sie haben, heute zum erstenmal, Herr von Geldern, auf diesen Punkt ebenfalls hingewiesen. Dafür bin ich dankbar. Sie weisen nämlich zu Recht darauf hin, daß der größte Teil der Meeresverschmutzungen nicht durch die spektakulären Tankerunfälle entsteht, sondern durch das, was man im Schiffsbetrieb für „normal" hält. Nun, dies hat natürlich auch wirtschaftliche Konsequenzen, denn Sicherheit und Umweltschutz kosten Geld. Wenn wir den Beteiligten gemeinsam klarmachen, daß dafür kein Preis zu hoch sein kann, wenn die Wettbewerbsfähigkeit unserer Häfen und unserer Reedereien gegenüber den internationalen Konkurrenten dabei beachtet wird, dann sind wir uns in diesem Punkte einig. Ich darf noch auf etwas anderes hinweisen, das bei Ihnen bisher keine Rolle gespielt hat. Die Untersuchungen über Tankerunglücke haben nämlich zu dem Ergebnis geführt, daß es keineswegs immer nur ein Problem einer unternormigen technischen Ausrüstung der Schiffe ist, sondern daß es sehr wohl auch darauf ankommt, der Qualifikation der Besatzung ein entscheidendes Augenmerk zu widmen. Wir werden uns diesbezüglich - das Ratifikationsverfahren ist, soweit ich weiß, bereits im Gange - mit dem ILO-Übereinkommen Nr. 147 zu beschäftigen haben, das sich auch in diesem Punkte mit mehr Sicherheit beschäftigt. Ich möchte jetzt nicht anfangen, technische Details zu erörtern - wie blackbox usw. -; das gehört in den Fachausschuß. Man kann damit natürlich schön um sich werfen und den Eindruck unheimlicher Sachkunde vermitteln. Aber ich glaube, das ist nicht Sache des Plenums des Deutschen Bundestages. Ich will nur die Grundsätze deutlich machen, die wir bei dem weiteren Verfahren zu beachten bitten. Erstens. Die Mißachtung von Sicherheitsstandards beruht auf der schlichten Tatsache, daß Sicherheit für Reeder und Verlader Geld kostet. Kontrollen und Sanktionen gegen Mißachtung sind deshalb so wirksam und teuer zu gestalten, daß die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften grundsätzlich für die Beteiligten die billigere Lösung ist. Zweitens. Zwischen Reedern und Verladern findet ein scharfer Wettbewerb statt. Nationale Regierungen werden durch Überkapazität an Schiffsraum, Frachtratenverfall und Werftenkrise dazu verleitet, durch Subventionen und andere Methoden ihren Gesellschaften und ihren Häfen Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Nationen zu verschaffen. Deswegen ist jeder internationalen Regelung und deren Kontrolle der Vorzug vor nationalen Alleingängen zu geben. Ich glaube, daß wir uns darin einig sein und nicht so tun sollten, als würde die Bundesregierung, wenn sie mit unserer vollen Zustimmung diesen Grundsatz verfolgt, hier nur Verantwortung vor sich herschieben und sich hinter anderen verstecken. Jeder Reeder, jeder Mann auf der Werft, jeder aus der Hafenwirtschaft wird Ihnen bestätigen, was ich hier sage. Drittens. Es ist sicherzustellen, daß internationale Vereinbarungen von der Bundesrepublik Deutschland beispielhaft zügig ratifiziert werden. Das ist in der Vergangenheit nicht immer so gewesen. Wo möglich ein abgestimmtes Verhalten der EG, das die übrigen Nationen zu konformem Verhalten zwingt; wo möglich nationale Maßnahmen, die geeignet sind, die EG zu raschem einheitlichem Vorgehen zu veranlassen. Viertens. Die Nutzung aller modernen technischen Möglichkeiten ist den Reedern wie den Küstenstaaten zur Auflage zu machen, sowohl die Ausstattung der Schiffe betreffend wie auch zur Sicherung und Kontrolle der Schiffahrtswege wie schließlich zur Bekämpfung im Katastrophenfall. Gleichzeitig sind die Seeverkehrsregeln der Entwicklung immer größerer und immer schnellerer Schiffe anzupassen. Fünftens. Der Qualifikation der Besatzungen ist ein verstärktes Augenmerk zu widmen, und die Zugriffsmöglichkeiten für die Hafenbehörden sind entsprechend zu verstärken. Sie haben selbst das Problem der Billigflaggen angesprochen. Ich teile Ihre Besorgnis; aber ich warne da Neugierige. Es muß immerhin zur Kenntnis genommen werden, daß das Bemühen, ein wirklich vernünftiges Flaggenrecht zustande zu bringen, schon 1958 in Genf auf der Tagesordnung stand und bis heute aus den auch Ihnen bekannten Gründen zu keinem greifbaren Ergebnis geführt hat und daß die multinationalen Konzerne ihre Tankschiffe ganz überwiegend auch unter Gefälligkeitsflaggen fahren lassen. Mit gutgemeinten Appellen an das freie Spiel der Kräfte in der sogenannten freien Marktwirtschaft werden wir dabei jedenfalls nicht weiterkommen. Ich fasse zusammen. Hüten wir uns davor, unseren Bürgern vorzugaukeln, mit ein paar technischen Maßnahmen sei es getan. Schnell wirksame Einzelmaßnahmen sollten selbstverständlich ergriffen werden. Wir müssen uns aber dessen bewußt bleiben, daß wir es mit einem komplexen Geflecht wirtschaftlicher Interessen zu tun haben, in das international abgestimmtes staatliches Handeln im Interesse des Umweltschutzes verstärkt eingreifen muß. Wenn Sie Ihre Bemühungen so verstehen, werden Sie in uns konstruktive Gesprächspartner behalten. ({6})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat Herr Abgeordneter Merker.

Rolf Merker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001479, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die FDP begrüßt es, daß durch die Vorlage des Europäischen Parlaments die Fragen der Tankersicherheit sowie der die Bekämpfungen von Ölverschmutzungen und der Katastrophenschutz mit diesem Tagesordnungspunkt in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt werden. Wir meinen, es ist höchste Zeit, endlich Konsequenzen aus der veränderten Situation zu ziehen, die sich auf unseren Weltmeeren in den letzten Jahren ergeben hat. Die zunehmende Größe der Tanker - inzwischen erreicht die Ladefähigkeit über 500 000 Tonnen - bringt es mit sich, daß die Folgen von Tankerunfällen immer größere Dimensionen annehmen. Uns allen ist der folgenschwere Tankerunfall in Erinnerung, der sich vor etwas mehr als einem Jahr an der bretonischen Küste mit der „Amoco Cadiz" ereignet hat. Auch ein Jahr nach dieser bisher größten Ölkatastrophe in der Geschichte, bei der rund 200 000 t Öl ins Meer geflossen sind, sind die Folgen noch nicht überwunden. 200 000 t Öl vernichteten in einem Gebiet, das 1 000 qkm See und 200 km Küste umfaßt, alles, was im Meer und vom Meer lebt, Vögel, Fische, Schalentiere, Pflanzen. Wenn man weiß, daß die Pariser Regierung alleine 220 Millionen DM aufgewendet hat, um die Folgen dieses Unglücks zu mildern, dann weiß man auch, daß das Öl noch einen anderen Preis hat als den, den wir gemeinhin als den Ölpreis bezeichnen. Es kann ganze Landstriche verwüsten, es kann Tiergenerationen ausrotten und nicht zuletzt die berufliche Existenz vieler Menschen auf Jahre hinaus vernichten. 2 000 solcher Großtanker tummeln sich inzwischen auf unseren Weltmeeren. Das erfordert natürliche strengere Maßstäbe zur Erhöhung der Sicherheit, als wir das in der Vergangenheit praktiziert haben. Aber es gibt kaum ein anderes Problem, das so deutlich macht, daß nationale Alleingänge nicht weiterführen. Die deutsche Tankerschiffahrt hat große Anstrengungen unternommen, um die Gefahr, die von Tankschiffen ausgeht, so gering wie möglich zu halten. Sie hat durch die vorzeitige Übernahme von internationalen, noch nicht in Kraft getretenen Bau- und Betriebsstandards einen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit auf den Meeren erbracht, der unserer aller Anerkennung verdient. Aber die Anstrengungen einzelner Staaten nützen nichts, solange es Länder gibt, die die von den Seeschiffahrtsnationen in zahlreichen Konferenzen erarbeiteten Sicherheitsbestimmungen nicht beachten. Vor allem die Billigflaggenländer - die Vorredner haben darauf hingewiesen - setzen sich über alle Vereinbarungen hinweg und schicken weiterhin ihre Schiffe als „Geisterschiffe" über die Meere und an Europas Küsten. So wundert man sich auch nicht, wenn man liest, daß die Hitliste derjeniger Länder, die im Jahre 1977 den prozentual größten Schiffsraum durch Unfälle verloren haben, von den sogenannten Billigflaggenländern angeführt wird. Zypern und Panama stehen hier an der Spitze. Dabei fehlt es nicht an Bestimmungen und Übereinkommen auf internationaler Ebene, die Sicherheitsauflagen im Seeverkehr zu erhöhen. Seit Februar 1978 existiert ein von der IMCO verabschiedetes Protokoll zur Verschärfung der Bau- und Betriebsstandards von Tankern. Aber es wird noch Jahre dauern, bis den in diesem Protokoll geforderten Sicherheitsstandards, mit denen die Entwicklung von explosiven Gas-Sauerstoffverbindungen in den leeren Tanks verhindert werden sollen, auf allen Schiffen entsprochen worden ist. Die Bundesregierung hat Vorschläge der Europäischen Gemeinschaft unterbreitet, die hier aufgegriffen worden sind. Es handelt sich dabei im wesentlichen um folgende Vorschläge. Erstens: Alle EG-Länder werden die Ausbildung und die Qualifikation der Seeleute verbessern. Zweitens: Für die Fahrt von Schiffen durch die Nordsee und den Ärmelkanal werden gut ausgebildete Überseelotsen zur Verfügung gestellt. Drittens: Für das Ein- und Auslaufen von Tankern über 1 600 t werden neue Sicherheitsvorschriften eingeführt. Nach diesen neuen Sicherheitsvorschriften werden z. B. die Schiffseigner verpflichtet, eine Checkliste zu führen; Lotsen und Küstenstationen können danach die notwendigen Maßnahmen treffen und, sofern es notwendig ist, ein Einlauf- und Auslaufverbot für Schiffe an unseren Küsten verhängen, wenn sie den Vorschriften nicht entsprechen. Das wird seit Anfang April dieses Jahres mit Erfolg praktiziert. Zu den Vorschlägen der Europäischen Gemeinschaft gehört aber auch die Einführung eines Systems der Seeverkehrsüberwachung in den betreffenden Gemeinschaftsgewässern. Hierbei kann es allerdings nicht genügen, wie die CDU/CSU das vorschlägt, das aus der Flugsicherung bekannte System zu übernehmen; denn in der Seefahrt fehlt nun einmal die dritte Dimension. Im Flugverkehr ist es möglich und üblich, die Flugzeuge, in 3 000 Meter Höhe eine Zeitlang kreisen zu lassen. So etwas ist im Schiffsverkehr nicht möglich. All das, was ich aufgezeigt habe, macht deutlich, daß wir nicht etwa ein Defizit an Beschlüssen und Verordnungen haben. Wir haben ein Defizit an Ratifizierung und Inkraftsetzen all dieser Verordnungen und Beschlüsse, die auf internationaler Ebene bereits bestehen. Nun hat die CDU/CSU all diese Dinge, die auf europäischer Ebene schon zu Papier gebracht worden sind, noch einmal abgeschrieben und sie dem Bundestag als Antrag vorgelegt. ({0}) Ich möchte an dieser Stelle davor warnen, die Aufgaben der Tankersicherheit und die Bekämpfung der Ölverschmutzung als eine nationale Aufgabe zu betrachten. ({1}) - Herr Dr. von Geldern, ich komme gleich noch einmal auf das zurück, was Sie zu diesem Thema gesagt haben. Sie haben nämlich, wenn ich das recht verstanden habe, darauf hingewiesen, daß die Schiffahrt von ihrem Wesen her ein internationales Betätigungsfeld ist, auch dann, so haben Sie gesagt, wenn die Auswirkungen von Schiffsunfällen ein einzelnes Land betreffen. Nur ziehe ich daraus eine andere Konsequenz als Sie. Ich halte nationale Alleingänge nicht nur für wirkungslos, sondern auch für gefährlich. Eine unterschiedlich ausgeübte Praxis bei den Sicherheitskontrollen und eine schärfere Überprüfung der Sicherheitsstandards der Schiffe, die deutsche Häfen anlaufen wollen, würde die deutschen Häfen in einen nicht wiedergutzumachenden Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen europäischen Häfen bringen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. von Geldern?

Rolf Merker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001479, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, bitte.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Feststellung des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments vom Januar dieses Jahres, daß die bisherigen internationalen Abkommen das Papier, auf dem sie stehen, nicht wert seien, weil sie eben nicht ratifiziert worden seien? Ich glaube, wir stimmen doch überein, daß nationale und internationale Maßnahmen notwendig sind.

Rolf Merker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001479, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege von Geldern, ich habe ausdrücklich davor gewarnt, nationale Alleingänge insoweit zu machen, als wir für unsere Häfen andere Sicherheitsvorschriften erlassen, als dies in den anderen europäischen Häfen der Fall ist, weil dies einen Wettbewerbsnachteil für unsere Häfen bringen würde. Ich glaube, daß hier nationale Alleingänge dieses Problem überhaupt nicht lösen können. Wir werden, ähnlich wie dies die Amerikaner - übrigens mit großem Erfolg - praktiziert haben, ein übereinstimmendes Vorgehen aller europäischen Häfen anstreben müssen. Uns hilft hier wirklich nur die Einigkeit aller europäischen Häfen weiter. Ich habe eben darauf hingewiesen. Ich habe eben auch gesagt - Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben ein klein wenig unwillig darauf reagiert -, daß Sie den europäischen Antrag eigentlich nur abgeschrieben haben. Ich möchte deshalb zum Schluß meiner Ausführungen noch ein Wort zu dem Antrag sagen, den Sie vorgelegt haben. Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, gebührt sicherlich das Verdienst, den, wie ich meine, fürchterlichen Stil, in dem diese Unterrichtung durch das Europäische Parlament abgefaßt ist, einigermaßen lesbar gestaltet zu haben. Zur Sache haben Sie allerdings nichts Neues hinzugefügt. Wir werden bei den weiteren Beratungen im Ausschuß sehen, ob Sie neben dieser stilistischen Fleißarbeit intellektuell auch noch in der Lage sein werden, die Vorlagen substantiell zu verbessern. Wir von der FDP jedenfalls werden dazu unseren Beitrag leisten. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache und komme zu den Ausschußüberweisungen. Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag auf Drucksache 8/2692 an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen - federführend - sowie zur Mitberatung an den Innenausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaft und an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Der Ältestenrat schlägt weiter vor, die Entschließung des Europäischen Parlaments auf Drucksache 8/2617 an den Ausschuß für Verkehr und für das Post-, und Fernmeldewesen - federführend - sowie zur Mitberatung an den Innenausschuß zu überweisen. Wer mit diesen Überweisungsanträgen einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Es gibt keine gegenteilige Meinung. Es ist so beschlossen. Es ist interfraktionell vereinbart worden, daß abweichend von der eingangs festgelegten Reihenfolge jetzt der Tagesordnungspunkt 22 aufgerufen werden soll. Ich rufe also den Punkt 22 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Dollinger, Dr. Friedmann, Dr. Stavenhagen, Dr. Schäuble, Biehle, Dr. George, Neuhaus, Dr. Langner, Niegel, Biechele, Dr. Kunz ({0}), Müller ({1}), Dr. Schulte ({2}), Ernesti, Dr. Jenninger und der Fraktion der CDU/CSU Postversorgung auf dem Lande - Drucksache 8/2738 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({3}) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Auch hierzu ist wieder Kurzdebatte vereinbart worden. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Hanz.

August Hanz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000809, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon seit etlichen Jahren schließt die Deutsche Bundespost im Zuge von sogenannten Rentabilitätsmaßnahmen Poststellen auf dem Lande. Diese Maßnahmen haben inzwischen ein Ausmaß erreicht, das eine völlige postalische Verödung des flachen Landes befürchten läßt. ({0}) Von 19 400 Poststellen des Jahres 1970 bestehen heute nur noch 12 500. ({1}) Nach den Plänen der Deutschen Bundespost sollen aber noch weitere 3 500 Poststellen aufgelöst werden. Insbesondere die kleinen Teilzeitpoststellen II und die Poststellen 2/3 der ersten Kategorie sollen völlig wegfallen. ({2}) Diese Einschränkung der Postversorgung auf dem Lande wurde mit wachsendem Unmut in der Bevölkerung aufgenommen und führte schon mehrmals in diesem Hause zu Anfragen an die Bundesregierung. Allerdings: Alles was getan wurde, war die Einrichtung einer Arbeitsgruppe der Postpräsidenten die die 'Auswirkungen der Postmaßnahmen auf dem flachen Land überprüfen und ein Konzept für die künftige Gestaltung erarbeiten sollte. Diese Arbeitsgruppe ist leider bis jetzt zu keinem Ergebnis gekommen. Gleichzeitig ging die Schließung der Poststellen weiter. 1978 wurden rund 500 Poststellen geschlossen. Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, kann so nicht weitergehen. ({3}) Daher hat die CDU/CSU-Fraktion den Ihnen vorliegenden Antrag eingebracht, der die nunmehr drängende Frage einer Lösung zuführen soll, wie dieser totalen Einschränkung der Postversorgung auf dem Lande entgegenzuwirken ist. Die Post begründet ihre Maßnahmen stets mit der Notwendigkeit, den Postbetrieb zu rationalisieren; Rentabilitätserwägungen zwängen sie zur Kosteneinsparung. In der Tat ist die Post der ertragsschwächere und personalintensivere Bereich des Post- und Fernmeldewesens. Jedoch hat die Post auch eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung, wie wir meinen. Der Rückzug der Post aus der Fläche bedeutet für die Bevölkerung eine Einschränkung der Lebensqualität. Das eigene Postamt ist eine bürgernahe Einrichtung und ein wichtiger Kommunikationsort. Sein Wegfall verstärkt die Anonymität des modernen Lebens. Aus diesem Grunde können nicht immer formale Rentabilitätserwägungen wie die Unterschreitung einer bestimmten Zahl von Geschäftsvorfällen die Auflösung einer Teilzeitpoststelle rechtfertigen. Die weitere wirtschaftliche Erschließung und Entwicklung des ländlichen Raums wird durch den Verlust der Poststellen erschwert, wenn nicht zurückgedrängt. Der Wegfall der Arbeitsplätze, insbesondere der Teilarbeitsplätze, verstärkt das Pendlerunwesen und vermehrt die Arbeitslosigkeit. ({4}) Welchen Anlaß, meine Damen und Herren, soll es auch für Unternehmen geben, sich noch im ländlichen Raum anzusiedeln, wenn sich neben der Bundesbahn auch die Post aus diesem Raum zurückzieht? ({5}) Die Menschen sind gezwungen, dort zu arbeiten, wo Bahn und Post noch bestehen und wo sie an das Wirtschaftsleben angeschlossen sind. Die ständige Verödung des Landes wird dadurch nur noch weiter I verstärkt. Wenn die Post bemerkt, daß der Postverkehr in ländlichen Gemeinden zurückgeht, weil die Kunden ihre Post in der Nähe ihres Arbeitsplatzes in den größeren Städten erledigen und dadurch die Rentabilität der Poststellen zurückgeht, so verschleiert dies das rechte Verhältnis von Ursache und Folge. ({6}) Weil sich öffentliche Dienstleistungsunternehmen immer mehr aus dem ländlichen Bereich zurückziehen, werden die Arbeitsplätze dort knapper, und damit wird auch das Postaufkommen geringer. Fahrbare Postämter und Landzustellung sind für die festen örtlichen Poststellen kein Ersatz. Ihre relativ kurzen Anhaltezeiten und der Zwang zum Warten bei Wind und Wetter sind das Gegenteil von Bürgernähe; von den Erschwerungen für ältere und schwächere Menschen gar nicht zu reden. ({7}) Außerdem widerspricht sich die Post selbst, wenn sie sich als Unternehmen mit 26 000 Servicestellen anpreist und diese ständig vermindert. Auch trägt diese Politik nicht gerade dazu bei, die Attraktivität der Postsparkassendienste zu erhöhen. Denn Banken und Sparkassen haben ihre Filialen im ländlichen Raum in den letzten Jahren außerordentlich stark und erfolgreich ausgeweitet. ({8}) Warum soll dies nicht auch einem staatlichen Unternehmen möglich sein? Daher fordern wir mit unserer Anfrage die Bundesregierung auf, unverzüglich ein Konzept für die künftige Postversorgung auf dem Lande vorzulegen. Wir fragen die Bundesregierung erstens, welche Grundsätze für den Betrieb einer Poststelle I und II maßgeblich sind, ob es volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, strukturpolitische Grundsätze oder ähnliches sind, zweitens, welche Poststellen I und II möglicherweise aufgehoben werden und welche Ersatzdienstleistungen an ihre Stellen treten sollen, möglichst mit zeitlichen Dimensionen, und drittens, an welchen Orten künftig neue Poststellen I oder II errichtet werden sollen, mit zeitlichen Dimensionen. Überdies sind wir der Meinung, daß die Deutsche Bundespost in Ortschaften mit mehr als 200 Einwohnern eine Poststelle belassen soll. Bei der seit Jahren anhaltenden hohen Arbeitslosigkeit können wir uns einfach nicht vorstellen, daß für die Bedienung solcher Poststellen keine Posthalter gefunden werden können, insbesondere auch im Nebenberuf. Eventuell wäre daran zu denken, wieder Posthilfsstellen einzurichten, mit deren Inhabern möglicherweise besondere Tarife ausgehandelt werden können. Auch wäre nach unserer Meinung zu überlegen, ob bei der Einrichtung von Poststellen bzw. Posthilfsstellen keine Kooperation zwischen der Post und den zuständigen Gemeinden möglich wäre, und zwar sowohl im Hinblick auf die zu übernehmenden Aufgaben als auch deren Finanzierung. Nun zum Schluß. Der Rückgang von Bahn und Post aus der Fläche schafft eine weitere Minderung von Lebensqualitiät im ländlichen Raum. Meine Bitte: versuchen wir gemeinsam, diese unheilvolle Entwicklung zu beenden. ({9})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wuttke.

Günther Wuttke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002578, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Den Herren von der Opposition muß ich heute ein Kompliment machen. Dies ist der erste Antrag seit langer Zeit, den Sie vorlegen, ohne damit auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens unerfüllbare Forderungen zu verbinden. Typisch erscheint mir andererseits, daß Sie für den Antrag einen Zeitpunkt wählen, zu dem die Erstellung eines Konzepts der Postversorgung durch das Bundespostministerium weitgehend abgeschlossen ist. Die Fachleute aus Ihren Reihen wissen genauso wie ich, daß das von Ihnen in der Begründung erwähnte Gutachten der Präsidenten nicht zur abschließenden Beurteilung eines so schwierigen Problems wie der künftigen Postversorgung auf dem Lande ausreichen kann. In derart schwierigen Fällen, in denen regionale Unterschiede von den Alpen bis zur Ostsee zu berücksichtigen sind, müssen alle Direktionen in den Meinungsbildungsprozeß einbezogen werden. Ihre Fachleute sind genauso gut darüber informiert wie ich, daß die Direktionen in der allernächsten Zeit ihre Berichte abliefern werden und damit alle Voraussetzungen für eine endgültige Entscheidung des Ministeriums gegeben sein werden. Ebenso greifen Sie wieder einmal mit viel, ich möchte sagen, Reklamerummel eine populäre Frage auf, deren Lösung durch den zuständigen Minister unmittelbar bevorsteht. Ich verkenne aber nicht, daß die Postversorgung des flachen Landes uns Abgeordnete alle angeht. Fast jeder von uns wird in seiner Wahlkreisarbeit mit diesem Problem konfrontiert. Viele haben auch schon Beschwerden dieser Art entgegennehmen müssen. Wir sollten jedoch, das meine ich, in die bisweiligen äußerst emotional und polemisch geführte Debatte Ruhe und Sachlichkeit hineintragen. Von welchen Fakten müssen wir bei unserer Beurteilung des Problems ausgehen? Erstens. Das seit etwa einem Jahrhundert bestehende System der Poststellen auf dem Lande entsprach zur Zeit seiner Einrichtung voll den betrieblichen Bedürfnissen der Post und einer kundengerechten Versorgung der Landbevölkerung. Zweitens. In den letzten Jahrzehnten haben sich einschneidende Veränderungen in der Struktur, den Lebensgewohnheiten und der Lebensqualität im ländlichen Bereich vollzogen. So zum Beispiel: die Bevölkerungszahlen im ländlichen Bereich gingen zurück; die Verkehrsverhältnisse im ländlichen Raum wurden verbessert, auch die Landbevölkerung wurde durch die Motorisierung beweglicher. Drittens. Die kommunale Neuordnung, die auch in den CDU-regierten Ländern unter dem Stichwort der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durchgeführt wurde, hat bereits die Schlußfolgerungen aus dieser Entwicklung gezogen. Viertens. Während die Ansprüche der Posthalter im Arbeits- und Sozialbereich - ich möchte betonen - absolut berechtigt und im Einklang mit der allgemeinen Entwicklung gestiegen sind, hat die Nachfrage nach postalischen Dienstleistungen im ländlichen Raum rapide abgenommen. Man kann auch nicht ausschließlich der Post den Vorwurf machen, daß sie sich vom Lande zurückzieht, sondern es ist auch herauszustellen, daß die Landbevölkerung die Dienste der Post nicht mehr so häufig wie früher an Ort und Stelle in Anspruch nimmt. Deshalb zieht die Deutsche Bundespost mit ihren Überlegungen zur künftigen Landversorgung als eine der letzten Institutionen die Schlußfolgerung aus dieser Entwicklung. Die SPD-Fraktion hält sich an eine Zusage des Bundespostministers, daß es keinen Rückzug der Deutschen Bundespost aus der Fläche geben werde. Als Sozialdemokraten orientieren wir uns am gesellschaftlichen Bedarf, ohne das Prinzip der Kostenminimierung zu vernachlässigen. Das gilt eben auch für Zeiten, in denen die Deutsche Bundespost Gewinn macht. Wir lehnen es ab, mit den Gebührenüberschüssen aus dem Fernmeldewesen zu Lasten der Telefonkunden Strukturpolitik zu betreiben. ({0}) Sie fordern ja im anderen Rahmen immer wieder, die Telefonkunden dürften nicht die Lasten im Postsektor tragen, sondern sollten an den Gewinnen im Fernsprechbereich ihren Anteil haben. Dann können Sie jetzt nicht umgekehrt fordern, daß defizitäre Dienstleistungen über einen bestimmten Grad hinaus künftig weiter erbracht werden. Es wird also die Frage zu stellen sein, wie eine optimale Versorgung der Landbevölkerung, die sich an dem vorhandenen Bedarf orientiert, in unserer Zeit aussehen kann. Die Deutsche Bundespost möchte künftig in der Landversorgung drei Organisationsmittel einsetzen: den Landbriefträger, den fahrbaren Postschalter, die ortsfeste Poststelle. Neu ist nur der fahrbare Postschalter, der den bekannten fahrbaren Zahlstellen - das ist schon angeklungen - von Sparkassen ähnelt. Er ist in den Diskussionen der letzten Zeit scharf kritisiert, aber auch hoch gelobt worden. Ich gebe zu: Kritik haben überwiegend die Abgeordneten erfahren, das Lob ist aus dem Bericht der Präsidentenkommission zu ersehen. Wir meinen, der fahrbare Postschalter ist nicht von vornherein abzulehnen. Es wird darauf ankommen, seinen Aufgabenbereich - z. B. unter Berücksichtigung der vorhandenen Nachfrage nach postalischen Dienstleistungen, der Entfernungen, die für den einzelnen Postkunden entstehen, der Siedlungs- und Verkehrsstrukturen - sinnvoll zu definieren. In den einzelnen Regionen muß eine vernünftige Aufteilung der postalischen Versorgungs12838 aufgaben auf die drei genannten Organisationsmittel vorgenommen werden. Die sozialdemokratische Fraktion geht davon aus, daß der Bundespostminister den Direktionen mit dieser Aufgabenteilung sinnvollerweise einen Ermessensrahmen vorgibt, damit die vielfältigen regionalen Besonderheiten gebührend berücksichtigt werden können, und dabei die soziale Sicherung der vorhandenen Posthalter besonders im Auge behält. Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, sind wir deshalb der Meinung, daß es völlig sinnlos wäre, in diesem Hohen Hause eine Diskussion über einzelne Poststellen zu führen. Einzelentscheidungen können nicht hier in Bonn am grünen Tisch gefällt werden. Vielmehr müssen sie vor Ort von den mit den lokalen Verhältnissen vertrauten Am-tern und Direktionen getroffen werden. Mit dieser Einschränkung spricht sich die sozialdemokratische Fraktion dafür aus, den Antrag an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen - federführend - sowie an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen und dort in sachlicher Debatte das vom Bundespostminister beabsichtigte Konzept zu erörtern. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hoffie.

Klaus Jürgen Hoffie (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000935, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sehr bedauerlich, daß die CDU/CSU hier heute, was die Postversorgung auf dem Lande betrifft, erneut den Versuch macht - das geschieht auch in vielen Wahlkampfveranstaltungen, draußen auf dem flachen Lande -, Besorgnisse zu schüren, die auch in einigen Schreiben zu erkennen sind, die Abgeordnete bekommen. ({0})) Ich bedaure das deshalb, Herr Kollege Sick, weil man in der Tat nicht erkennen kann, daß diese Besorgnisse ernsthaft und nachhaltig begründet sind. ({1}) Ich kann auch nicht erkennen, daß der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen für die öffentliche Debatte, die durch Einseitigkeiten - wie auch heute, Herr Kollege Hanz - gekennzeichnet ist, verantwortlich zu machen wäre. Im Gegenteil! Wir möchten dem Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen ausdrücklich bescheinigen, daß er an die Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebots auf dem flachen Lande mit großer Umsicht und Sorgfalt herangegangen ist. Dies kann von anderen jedenfalls nicht gesagt werden. Auch die berechtigte Wahrnehmung eigener Interessen sollte nicht als Legitimation dafür empfunden werden, durch eine oft unsachgemäße und emotionale Kampagne Besorgnisse in der Bevölkerung hervorzurufen. Mitbestimmung, die ich hier anspreche, ist stets auch Mitverantwortung. Ich glaube, ich habe mich, was dies betrifft, klar genug ausgedrückt. Worum geht es? Die Deutsche Bundespost steht - wie auf anderen Gebieten so auch auf dem Gebiet der Postversorgung des flachen Landes - vor der schwierigen Aufgabe, einen neuen Kompromiß zwischen ihrem öffentlichen Versorgungsauftrag und dem Erfordernis der Wirtschaftlichkeit zu finden - unter Rahmenbedingungen, meine Damen und Herren, die sie nicht selbst in der Hand hat, denen sie sich vielmehr anpassen muß. Dabei hat sie sich insbesondere auf folgende Entwicklungen einzustellen. Erstens. Sie muß die Gebietsreformen berücksichtigen, die in allen Bundesländern zu einer Zentralisierung des Zustelldienstes geführt haben. Dadurch haben die Gebietsreformen kleinen Postämtern und Poststellen wichtige Funktionen genommen und deren Wirtschaftlichkeit gemindert. Zweitens. Die Mobilität der Bevölkerung, die in anhaltender Motorisierung und steigenden Pendlerströmen zum Ausdruck kommt, ist mit der Konsequenz verbunden, daß die Poststellen auf dem Lande immer weniger in Anspruch genommen werden. Statt dessen werden die Ämter der Post in der Nähe des Arbeitsplatzes in der Stadt benutzt. Drittens. Das Vordringen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs - z. B. bei den Rentenzahlungen - sowie die Substitution von Postleistungen durch Fernmeldeleistungen - also Fernsprechverkehr statt Postkarten- und Briefverkehr - sind ebenfalls Entwicklungen, die bei den Poststellen auf dem Lande zu Umsatzrückgängen führen. Alle diese Trends haben übereinstimmend eine Wirkung: Sie vermindern die Aufgaben der Poststellen auf dem Lande und beeinträchtigen ihre Wirtschaftlichkeit. Ich will einen vierten Punkt nennen. Gleichzeitig steigen die Personalkosten weiter kontinuierlich an. Das hat zur Folge, daß die Postversorgung auf dem Lande zu einer Verlustquelle von wachsendem Gewicht geworden ist - und dies in einem Dienstleistungsbereich, der ohnehin durch chronische Kostenunterdeckung charakterisiert ist. Auf diesem Hintergrund ist es nicht nur wünschenswert, sondern auch sehr notwendig, daß das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen kontinuierlich überprüft, wie das Netz der rund 12 000 Poststellen den veränderten Bedingungen angepaßt und auch wirtschaftlicher gestaltet werden kann. Wir gehen davon aus, daß der Versorgungsauftrag der Bundespost für die ländlichen Gebiete aufrechterhalten bleiben muß. Diese Versorgung ist in zunehmendem Maße auch eine soziale Aufgabe geworden, der sich die Bundespost uneingeschränkt stellen muß, weil es zu ihr keine Alternative gibt. Ein Rückzug der Bundespost aus der Fläche kommt für die FDP daher ebensowenig in Frage wie eine Beschränkung der Dienstleistungspalette. Herr Kollege Hanz, von einer völligen postalischen Verödung mit der Folge, daß Industriebetriebe und andere Gewerbetreibende sich dann auf dem flachen Lande nicht mehr ansiedeln würden, zu sprechen, ist ja wohl eine Unterstellung und Panikmache, die durch überhaupt nichts gerechtfertigt ist. Sehen Sie sich einmal an, wie heute moderne und auch weniger moderne Betriebe ihre Kommunikationsbedürfnisse erfüllen. Doch sicher nicht durch Inanspruchnahme eines Landzustellers oder einer Posthalterstelle II. Sie dürfen die Ängste also nicht in diese Richtung lenken. Wir begrüßen es, daß der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen den Standpunkt teilt, keine Beschränkungen der Dienstleistungen in der Fläche zuzulassen. Nach unserer Auffassung bilden die Empfehlungen der Präsidentenkonferenz zunächst eine gute Grundlage, um auf pragmatische Weise zu einem Kompromiß zwischen einem optimalen Service und einem kostenorientierten Handeln in der Versorgung des Landes zu gelangen. In jedem örtlichen Einzelfall sollte deshalb geprüft werden, ob die feste Poststelle, der fahrbare Postschalter oder der Landzusteller mit erweiterten Funktionen das geeignetere Angebot darstellt. Dabei gehen wir davon aus, daß notwendig werdende Umstellungen für die davon betroffenen Posthalter und Bediensteten der Deutschen Bundespost natürlich auf eine sozial vertretbare Weise vorgenommen werden. Ein Hauptproblem der Umstellungen, die keine neue Entwicklung einleiten, sondern die Politik der zurückliegenden Jahre lediglich kontinuierlich fortführen, scheint uns darin zu bestehen, daß durch die Auseinandersetzungen in der letzten Zeit psychologische Widerstände aufgebaut worden sind, die die sachliche Erörterung und Umstellung erschweren. Herr Kollege Hanz, Sie haben dafür heute ja wieder ein gutes Beispiel geliefert. Deshalb sollte auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen werden. Erstens. Die heutigen Poststellen, insbesondere die Poststellen des Typs II, haben häufig keinen besonders günstigen Standort, wie Sie sicher einräumen werden. Dies hängt zum Teil mit der Siedlungsentwicklung zusammen, zum Teil aber auch mit dem Wohnsitz des Posthalters. Durch fahrbare Postschalter können dagegen die jeweils günstigsten Standorte gewählt werden. Dies bedeutet, daß die Wege kürzer werden, so daß sich die Dienstleistungsqualität erhöht. Zweitens. Es kann davon ausgegangen werden, daß für die fahrbaren Postschalter besonders qualifiziertes Personal zur Verfügung steht. Auch dies erhöht für den Bürger die Dienstleistungsqualität - eben durch bessere Beratung, besseren Service. Drittens. Bei Verwendung fahrbarer Postschalter entfällt z. B. die Raummiete, die für feste Poststellen aufgebracht werden müßte, und dadurch kann die Postversorgung wirtschaftlicher gestaltet werden. Ob diese und andere Argumente im Einzelfall entscheidend sind, kann nur vor Ort und in jedem Einzelfall geprüft werden. Dies gilt für jede einzelne Organisationsentscheidung. Man sollte daher den Oberpostdirektionen und den ihnen nachgeordneten Ämtern die Gelegenheit geben, in sehr gründlicher und sachlicher Zusammenarbeit mit jeder einzelnen Gemeinde alle Entscheidungen vorzubereiten. Dabei geht es nicht darum - und es darf nicht darum gehen; ich kann das hier nur wiederholen -, daß sich die Bundespost aus der Fläche zurückzieht. Das Wort „Rückzug aus der Fläche" ist, meine Damen und Herren, ein Schlagwort, das am Kern der Sache völlig vorbeigeht. Es geht um veränderte und um zusätzliche Formen der Präsenz der Deutschen Bundespost in der Fläche bei Aufrechterhaltung des uneingeschränkten Leistungsangebots. Diese Weiterentwicklung, diese Umstellung des Angebots sollte sich in einer Atmosphäre der Sachlichkeit vollziehen. Ich würde mich freuen, wenn zumindest die Beratungen im Ausschuß einen Beitrag dazu leisteten, das, was so an Parolen und Slogans in die Welt gesetzt wurde - wie Rückzug aus der Fläche -, in einer etwas fundierteren Diskussion unter uns zu behandeln, Herr Kollege Hanz - wobei Sie sehr schnell zu neuen und besseren Einsichten kommen werden. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Der Ältestenrat empfiehlt, den Antrag an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Interfraktionell ist vereinbart worden, jetzt den Punkt 17 der Tagesordnung aufzurufen und dann in der Reihenfolge fortzufahren. Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Altölgesetzes - Drucksache 8/1423 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({0}) - Drucksache 8/2945 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ({1}) Auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung ist ein Kurzbeitrag je Fraktion vorgesehen. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Spies von Büllesheim.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Altölgesetz aus dem Jahre 1968 hat sich in den elf Jahren seines Bestehens sehr bewährt. Damals standen die Probleme des Umweltschutzes noch nicht so im Vordergrund wie heute. Rückschauend kann man sagen, daß damals die Bundesrepublik Deutschland ein bahnbrechendes Gesetz auf diesem Gebiete erlassen hat, und zwar ein gutes Gesetz, was sich schon daran erweist, daß das Gesetz - und das ist heutzutage selten - über elf Jahre hinweg nicht novelliert werden mußte, ob-. wohl es einen sehr komplizierten Tatbestand regelt. Das Altölgesetz hat sich voll bewährt. Es hat sich wohl auch deswegen bewährt, weil es eine gesunde Mischung zwischen privater Initiative, privatem Unternehmerstreben und gesetzlichen Vorschriften, deren Anwendung mit einem minimalen Verwaltungsaufwand erfolgen konnte, beinhaltet. Dennoch muß das Gesetz novelliert werden, und zwar aus mehreren Gründen. Einmal müssen wir uns an die Richtlinie der EG anpassen, die allerdings unserem Altölgesetz sehr weitgehend entspricht. Man darf bei dieser Gelegenheit sagen, daß unser Altölgesetz für eine Reihe von europäischen Staaten Vorbild gewesen ist und daß auch die EG-Richtlinie sehr weitgehend auf unserer Regelung aufbaut. Zum zweiten sollen bei diesem Anlaß auch die gewonnenen Vollzugserfahrungen in die Neuregelung eingebracht werden. Schließlich reichen auch die Mittel des Rückstellungsfonds für die Zuschüsse zu den ungedeckten Kosten der Altölbeseitigung nicht mehr aus. Sie müssen angehoben werden. Es liegt auf der Hand, daß bei der ersten grundsätzlichen Novellierung eines Gesetzes nach elf Jahren auch die beteiligten Wirtschaftskreise ihre Stunde gekommen sehen und eine Reihe von Wünschen vortragen. So ist dem federführenden Wirtschaftsausschuß eine Fülle von Eingaben und Wünschen in jeglicher Form zugegangen. Der Wirtschaftsausschuß hat sich in drei Sitzungen mit dem Gesetzentwurf befaßt. Wir haben ein öffentliches Hearing durchgeführt. Außerdem hat sich eine kleine interfraktionelle Arbeitsgruppe in zwei Sitzungen mit den Problemen des Gesetzes auch unter Einbeziehung der beteiligten Wirtschaftskreise befaßt. Der Ihnen vorliegende Entwurf hält an den bewährten Prinzipien des Altölgesetzes fest. Er geht davon aus, daß jeder Altölbesitzer sein Altöl zur Abholung zur Verfügung zu halten hat und daß bestimmte Unternehmen, die bestimmte Pflichtgebiete haben, verpflichtet sind, das Altöl abzuholen. Diese Unternehmen können ihre Kosten nicht voll decken. Der Durchschnitt der ungedeckten Kosten aller Unternehmen ist die Grundlage für den Zuschuß, den alle Unternehmen erhalten. Auf diese Weise ist auch eine Konkurrenz zwischen den Unternehmern im Sinne größter Wirtschaftlichkeit sichergestellt. Es ist im Rahmen eines kurzen Beitrages nicht möglich und sicher auch nicht notwendig, auf alle Aspekte dieses etwas komplizierten Gesetzentwurfs einzugehen. Aber ich möchte auf einige wesentlich Aspekte hinweisen. Zunächst gab es den Gedanken, die Ausgleichsabgabe sollen nicht wie bisher auf die mineralölsteuerpflichtigen Schmieröle, sondern auf alle Schmieröle erhoben werden. Dieser Gedanke ist im Ansatz berechtigt, weil nicht nur die mineralölsteuerpflichtigen Schmieröle, sondern alle Schmieröle Kosten bei der Beseitigung verursachen. So haben sich auch der Finanzausschuß und der Innenausschuß des Deutschen Bundestages mit der Frage befaßt. Sie haben es für richtig gehalten, die Ausgleichspflicht auszudehnen. Aber auch der Finanzausschuß hat schließlich auf einen konkreten Vorschlag in dieser Richtung verzichtet, weil dann, wenn man die Erhebung der Ausgleichsabgabe nicht mehr wie bisher an die Mineralölsteuer anhängt, sehr große verwaltunsmäßige Probleme bei der Erhebung dieser Abgabe entstehen. Dies war auch das Ergebnis des Wirtschaftsausschusses. Wir nehmen also lieber eine kleine Ungerechtigkeit hin, als hier eine neue Bürokratie zu gründen, die zur Folge hätte, daß das Mehraufkommen zu einem wesentlichen Teil durch Verwaltungskosten aufgesogen würde. Ein zweiter Aspekt, der erörtert wurde, war die vom Innenausschuß aufgebrachte Frage, ob es richtig sei, in dieser Zeit im Sinn des allgemein angestrebten Recycling der Aufbereitung des Altöls den Vorrang vor dessen Verbrennung zu geben. Wir haben diesem Vorschlag nicht folgen können. Die Entwicklung des letzten Jahrzehnts ergibt ohnehin, daß der Anteil des verbrannten Altöls immer geringer geworden ist. Er beträgt heute weniger als 10 °/o der erfaßten Mengen. Wir glauben, daß sich dieses Problem von selbst regelt. Jedenfalls sollte man es den Kräften des Marktes überlassen, weil kein einleuchtender Grund zu finden ist, dem Recycling gesetzlich den Vorrang zu geben. Schließlich hat die beteiligte Wirtschaft gewünscht, daß nicht mehr die anderweitig nicht zu deckenden Kosten, sondern die nicht gedeckten Kosten in Zukunft ausgeglichen werden. Diesem Vorschlag konnte nicht gefolgt werden. Denn das wäre ein Freibrief gewesen. Das hätte praktisch bedeutet, daß wir einen allgemeinen Verlustausgleich für alle mit der Beseitigung befaßten Unternehmen gesetzlich konstituiert hätten. Wir konnten diesen Wünschen nicht folgen. Ein weiterer Aspekt war die Frage, ob Pflichtgebiete änderbar sein sollten. Die Pflichtgebiete bestehen jedenfalls zum größeren Teil schon seit zehn Jahren. Die Unternehmen haben sich darauf eingestellt, Geschäftsbeziehungen begründet, Verteilerorganisationen organisiert, Kapazitäten aufgebaut. Der Regierungsentwurf sah vor, daß diese Pflichtgebiete ohne Grund geändert werden können sollten; jedenfalls war ein solcher Grund im Regierungsentwurf nicht genannt. Die beteiligten Unternehmen haben das als einen Eingriff in ihren Gewerbebetrieb angesehen und auch Verfassungsbeschwerde angedroht. Wir sind nicht der Meinung, daß dieser Rechtsstandpunkt richtig ist. Wohl aber sind wir der Meinung, daß an der Begründung etwas dran ist. Wir haben daher im Ausschuß einen Kompromiß dahin gefunden, daß Pflichtgebiete nur bei Unternehmen verändert werden können, die besonders hohe ungedeckte Kosten haben. Außerdem ist für den Fall einer notwendigen Veränderung statt einer einjähDr. Freiherr Spies von Büllesheim rigen nunmehr eine dreijährige Übergangsfrist vorgesehen. Wo Zuschüsse zu anderwärts nicht zu deckenden Kosten gewährt werden, ist es auch notwendig zu prüfen. Man kann das nicht auf Treu und Glauben aufbauen. Die Prüfungsmöglichkeiten sind vertieft worden, allerdings nicht ganz so weit, wie im Regierungsentwurf vorgesehen. Wir haben das etwas beschränkt und haben vor allen Dingen gesagt, daß die Prüfung der Unternehmen dort ihre Grenze haben muß, wo sie nicht mehr notwendig ist, um die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen nachweisen zu können. Ein wesentlicher Punkt war im übrigen die Anerkennung der Entgeltzahlungen für Altöl. Auch hier haben wir den Vorschlägen der beteiligten Wirtschaft nicht folgen können. Ich will den komplizierten Tatbestand hier nicht im einzelnen darlegen. Als Kompromiß haben wir eine Formulierung in das Gesetz aufgenommen, daß die für das Altöl gezahlten Entgelte als Kosten anerkannt werden können, wenn die Unternemen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Dies war nämlich die Hauptargumentation der Unternehmen. Sie haben gefürchtet, wenn diese Entgeltzahlungen nicht anerkannt würden, wenn sie also aus ihrem Gewinn bezahlt werden müßten, daß sie dann in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würden. Ein kurzes Wort zu den notwendigen Mitteln. Der Rückstellungsfonds reicht heute nicht aus, um die gesetzlichen Ansprüche erfüllen zu können. Tatsächlich ist der Rückstellungsfonds um mehr als einen Monatsbetrag mit seinen Zahlungen im Rückstand. Auch dies war ein Grund für die Notwendigkeit, das Gesetz zu novellieren. Wir haben mit 7,50 DM pro 100 kg im Jahre 1968 begonnen. Seit 1976 haben wir 9 DM. Wir haben uns davon überzeugen müssen, daß jetzt 11 DM erhoben werden müssen, um den gesetzlichen Ansprüchen folgen zu können. Frau Präsidentin, ich habe als Berichterstatter gesprochen. Darf ich noch zwei Sitze für meine Fraktion anfügen? Meine Fraktion, die Fraktion der CDU/CSU, stimmt diesem im übrigen im Wirtschaftsausschuß einmütig verabschiedeten Gesetzentwurf zu. Das Gesetz erfüllt zwei Voraussetzungen, die uns besonders am Herzen liegen, nämlich erstens die Einschaltung der privaten Hand, der privaten Initiative des privaten Unternehmers in die Erfüllung einer notwendigen staatlichen Aufgabe; zweitens das Grundprinzip, daß wir nicht bei jeder Frage die Lösung mit sehr viel Verwaltungsaufwand und Bürokratie belasten wollen. Beides ist uns sympathisch. Beide Voraussetzungen erfüllt dieses Gesetz. Wir stimmen dieser Novellierung zu, weil sie diesen Grundsätzen Rechnung trägt. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfram.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir sprechen heute über das Altölgesetz. Wir wissen, daß auch dieses Gesetz im Zusammenhang mit der Energiepolitik steht, mit der Lage auf den Energiemärkten, insbesondere auf dem Mineralölmarkt. Wir kennen die Lage und wissen, daß wir die Pflicht haben, dafür zu sorgen, daß die Versorgung mit Mineralöl insbesondere auch mit Zweitraffinaten, mit Mittelprodukten gesichert bleibt. In diesem Zusammenhang leistet das Gesetz einen wertvollen Beitrag. Wir werden morgen die erste Lesung der Novelle zum Bundes-Immissionsschutzgesetz haben. Auch zum Umweltschutz steht dieses Gesetz mit seinen erwarteten Auswirkungen in einer engen Beziehung, weil es dazu beitragen wird, die Umweltqualität dadurch zu verbessern, daß Altöle nicht gedankenlos verbrannt oder gelagert, sondern wieder aufbereitet werden. Hier bin ich bei dem ersten Grundsatz, der für die Sozialdemokraten in diesem Hause gilt: Für uns hat die Wiederaufbereitung Vorrang vor der Verbrennung. Es darf überhaupt keinen Zweifel geben: in Zukunft muß das Prinzip „Vorrang der Wiederaufbereitung, Recycling vor Verbrennung" volle Gültigkeit haben. Für uns ist also dieses Gesetz auch ein Teil einer vielseitigen modernen Umweltschutzgesetzgebung. Eine dritte Bemerkung gleich vorweg: Für uns hat dieses Gesetz auch einen mittelstandspolitischen Aspekt. Uns geht es mit dem Gesetz auch darum, kleine und mittlere selbständige Unternehmen zu erhalten, Unternehmen, die für die Marktstruktur auf diesem Gebiete von Bedeutung sind, die nicht verdrängt werden dürfen, die ihre Wettbewerbsfunktion gegenüber den großen Mineralölkonzernen erfüllen müssen. Der verehrte Kollege Spies von Büllesheim hat bereits ausgeführt, daß diese Novelle erstens erforderlich war, weil eine EG-Richtlinie über unser geltendes Recht hinausgeht und wir uns anpassen müssen, zweitens, weil wir unsere seit 1969 gesammelten Erfahrungen in das neue Gesetz einarbeiten wollten und drittens weil wir die Kontrolle über den Verbleib des Altöls verschärfen wollten. Die Zielsetzungen des Gesetzes - umweltunschädliche Altölbeseitigung, wirtschaftliche sinnvolle Altölnutzung sowie Mittelstandsförderung, Erhaltung mittelständischer Strukturen - sind für uns von Bedeutung. Wir wissen, daß die wiederaufbereiteten Schmierstoffe aus der Zweitraffination einen bedeutenden Marktanteil haben. Sie sind ein wichtiger Wettbewerbsfaktor und ein Wettbewerbsregulativ, das es zu erhalten und auszubauen gilt. Während der Beratungen hat sich herausgestellt, daß die Mittel des Rückstellungsfonds zur Sicherung der Altölbeseitigung nicht mehr ausreichten. Deshalb haben wir beschlossen, die Ausgleichsabgabe um 2 DM, nämlich von 9 auf 11 DM je 100 Kilogramm Schmieröl zu erhöhen. Die Belastung der Autofahrer je Ölwechsel wird sich in einer Grö12842 Wolfram ({0}) ßenordnung von etwa 5 Pf bewegen. Das ist eine zumutbare Belastung. Die Novelle war, wie der Berichterstatter gesagt hat, in wesentlichen Teilen unstreitig, so beim Vermischungsverbot, so bei der Verschärfung der Überwachung des Altölverbleibs, um die Dunkelziffer unkontrolliert beseitigter Altöle weiter zu reduzieren, und so bei der Erweiterung der Prüfungsmöglichkeiten zur Feststellung der ungedeckten Kosten bei den Beseitigungsunternehmen. Die offenen Fragen, die letztlich auf von der Regierungsvorlage abweichende Vorstellungen der Aufbereitungsunternehmen zurückzuführen waren, konnten in einer besonderen Arbeitsgruppe des Ausschusses für Wirtschaft gelöst werden. Herr Kollege Spies von Büllesheim, ich möchte Ihnen besonders dafür danken, daß Sie in einer sehr, sehr kollegialen und sachlichen Art und Weise mit uns gemeinsam einen Kompromiß gefunden haben, mit dem alle Beteiligten leben können. ({1}) - Wenn es überall so wäre und immer so wäre, wäre das sicherlich für das Klima dieses Hauses gut. ({2}) - Ich habe ja keine Fraktion genannt, auch wenn ich Sie besonders angeguckt habe. ({3}) Ich will zu diesen strittigen Punkten einige Bemerkungen machen. Bei der Möglichkeit der Änderung von Gebieten, in denen die Beseitigungsunternehmen Altöl abholen müssen, den sogenannten Pflichtgebieten, haben wir festgestellt, daß eine Änderung nicht ohne Grund und ohne Begründung erfolgen darf. Wir haben gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Jahresfrist eine Übergangsfrist von drei Jahren geschaffen. Herr Staatssekretär, wir erwarten natürlich, daß das Wirtschaftsministerium, wenn es die Absicht hat, ein Pflichtgebiet zu verändern, dies rechtzeitig vorher mit den Betroffenen bespricht. Zweitens: Das Prüfungsrecht der Behörden im Hinblick auf die Kosten- und Ertragslage der Beseitigungsunternehmen wird auf das eigene und solche Unternehmen beschränkt, an denen die Unternehmen beteiligt sind. Drittens: Um entsprechend dem Gesetzeszweck eine umweltunschädliche und wirtschaftlich sinnvolle Altölbeseitigung sicherzustellen, werden Entgeltzahlungen an Altölbesitzer nicht aus dem Altölfonds finanziert. Dabei haben wir hinsichtlich der Entgeltzahlungen für die Überlassung von Altöl festgelegt, daß es die Möglichkeit gibt, einen Teil als Beseitigungskosten anzuerkennen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens dies erfordert und die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nur auf diese Weise sichergestellt werden kann. Das ist, glaube ich, der einzige Punkt, der nicht die volle Zustimmung aller Beteiligten gefunden hat. Wir müssen den zuständigen Verband um Verständnis dafür bitten, daß wir seinen weitergehenden Vorstellungen aus den vom Berichterstatter genannten Gründen nicht folgen konnten. Im übrigen - und damit schließe ich - gehe ich davon aus, daß die Entwicklung der Preise für Mineralölprodukte in den letzten Monaten wahrscheinlich dazu führt, daß in den nächsten Jahren die Altölaufbereitung zu Zweitraffinaten auch ohne Hilfe von Kostenzuschüssen aus dem Altölfonds möglich wird. Deshalb bin ich überzeugt, daß wir ein gutes Gesetz gemacht haben, das seine Ziele erfüllen wird. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird dem Gesetz zustimmen. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zywietz:

Werner Zywietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002612, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute vormittag schon unter einem anderen Tagesordnungspunkt eine Maßnahme beraten, mit der noch stärker als bisher vermieden werden soll, daß durch Tankerunfälle Umweltbelastungen entstehen, wenn sich Öl mit Wasser mischt. Derartige Umweltbelastungen sind mittlerweile in ihrer Wirkung in der Bevölkerung bekannt. Was grundsätzlich für das Mineralöl anzumerken ist, gilt speziell auch für das Altöl. Das Gesetz, dessen Novellierung wir beraten, hat die Zielsetzung, solches zu vermeiden. Das Gesetz ist vor zehn Jahren mit dem Ziele des Gewässerschutzes konzipiert worden. Auf der anderen Seite ist es aber auch - und das hat in dieser Entwicklung jetzt erhöhte Aktualität gewonnen - von der Methodik her ein Modellgesetz, so möchte ich sagen, das dem Gedanken der Nutzung von Abfallstoffen, dem Gedanken des Recycling Raum gibt. Als Liberale möchten wir beide Grundsätze, die in diesem Gesetz zum Ausdruck kommen, sehr nachdrücklich unterstützen, also sowohl den Gesichtspunkt des Umweltschutzes als auch den Gedanken des Recyclings. Aber wie immer in solchen Fällen muß auch in diesem Spezialfall einer besonderen Abfall-, um nicht zu sagen, Müllbeseitigung, auch auf die Kostenseite geachtet werden. Das ist schon im einzelnen von den Vorrednern dargestellt worden. Aus der Sicht der FDP möchte auch ich unterstreichen, daß sich die Praxis des Recycling in den vergangenen zehn Jahren in diesem Bereich einen breiten Raum verschafft hat und daß diese Aufgabe im wesentlichen von den mittelständischen Unternehmen realisiert wird, was wir aus unserer Sicht ausgesprochen begrüßen. Die Relation zwischen der Verwertung durch Verbrennen von Altöl und der Verwertung in einer Wiederaufbereitung beträgt mittlerweile, grob gesprochen, eins zu zehn. Man kann eigentlich recht sicher sein, daß sich diese Entwicklung angesichts der sich abzeichnenden Preissituation im Mineralölbereich, auf Sicht gesehen, auch ohne besonderes Herausstreichen im Gesetz aus marktwirtschaftlichen Gründen noch verstärken wird. Mit der Novellierung dieses Gesetzes, der wir, wie bereits dargelegt, zustimmen und die in sehr sorgfältiger und kooperativer Weise durch eine Arbeitsgruppe des Wirtschaftsausschusses mit einem Verbandshearing und durch ein einstimmiges Votum vorbereitet worden ist, werden letztlich die Folgerungen aus den praktischen Erfahrungen von zehn Jahren gezogen und die Grundsätze einer EG-Richtlinie realisiert. Was einzelne Themenschwerpunkte anbelangt, so begrüßen auch wir, daß die Abänderung der Pflichtgebiete nach dem gefundenen Kompromiß zeitlich gestreckt und an Kostenbedingungen geknüpft wird. Die Diskussion um das Entgelt ist in einen Kompromiß eingemündet, aber ich möchte eines in diesem Zusammenhang nicht verhehlen. Wenn im Grundsatz keine Entgeltleistung geleistet werden soll - aber das war nach meiner Auffassung keineswegs bereits ein totaler, abschließender Endpunkt dieser Diskussion -, dann muß man allerdings erwarten, daß von den staatlichen Stellen, die Altöl anbieten, mit gutem Beispiel vorangegangen wird und daß nicht von denen, die eine Preisstellung ablehnen, in der Praxis selbst Entgelte gefordert und erzielt werden. Ich möchte das an dieser Stelle ausdrücklich einmal hervorheben. Ich bitte darum, daß eigene Verhalten im öffentlichen Bereich in diesem Sinne zu überprüfen. Wir sind der Auffassung, daß dieses Gesetz in einer Zeit, in der unser Hauptbemühen gewiß der Mineralölversorgung insgesamt gilt, in der aber auch trotz aller Bemühungen, Mineralöl rationell zu verwenden, dem Gesichtspunkt des Recycling ein hoher Stellenwert beigemessen werden muß, so etwas wie eine Modellösung in diesem Bereich darstellt. Zum anderen begrüßen wir, daß die Kette unserer Bemühungen im Bereich des Umweltschutzes durch dieses Gesetz vervollkommnet wird, Nicht zuletzt handelt es sich um ein Gesetz, das die mittelständischen Belange in fairer Weise berücksichtigt. In der Zusammenschau kommt die FDP daher zu dem Ergebnis, daß diesem Gesetz zuzustimmen ist. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wortmeldungen liegen nicht mehr vor? - Dann schließe ich die allgemeine Aussprache. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung in zweiter Beratung. Wer Art. 1 bis 5, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich eröffne die dritte Beratung. Wortmeldungen liegen nicht vor. - Ich schließe die Aussprache. Wer dem Gesetz als Ganzes in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Wir haben jetzt noch über zwei Beschlußempfehlungen abzustimmen. Zunächst wird unter Ziffer 2 auf der Drucksache 8/2945 empfohlen, den Altölbericht der Bundesregierung - Drucksache 8/1676 - zur Kenntnis zu nehmen, sodann wird empfohlen, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; dann sind beide Beschlußempfehlungen angenommen. Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 20. Juli 1978 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über verschiedene Fragen der Sozialen Sicherheit - Drucksache 8/2645 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({0}) - Drucksache 8/2924 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. George ({1}) Wünscht der Berichterstatter das Wort! - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? - Das ist ebenfalls nicht der Fall. Dann kommen wir zur Einzelberatung in zweiter Lesung, verbunden mit der Schlußabstimmung. Wer Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe - Enthaltungen? Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Erhard ({2}), Dr. Langner, Hartmann und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten -- Drucksache 8/2950 Überweisung des Ältestenrates: Rechtsausschuß Es ist interfraktionell vereinbart worden, je Fraktion einen Diskussionsbeitrag vorzusehen. Das Wort in der allgemeinen Aussprache hat der Abgeordnete Langner.

Dr. Manfred Langner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Verehrte Damen! Liebe Kollegen! Mit der Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Gesetzes über die Ordnungswidrigkeiten - hier speziell der Verlängerung der einwöchigen Einspruchsfrist gegen Bußgeldbescheide - setzen wir die heute morgen recht technische und prosaisch klingende Tagesordnung fort. Aber in der Praxis handelt es sich dabei durchaus um Dinge, die für die Bürger draußen, jedoch auch im Hinblick auf die Praxis unserer Behörden und Gerichte sehr wichtig sind; denn in der industriellen Massengesellschaft kommen wir heute offenbar ohne ein breitgefächertes Ordnungswidrigkeitsrecht gar nicht mehr aus. Vielfältig sind die Möglichkeiten des Verstoßes gegen das ordnende Recht. Ein rechtspolitischer Fortschritt war es immerhin, daß diese mannigfachen alltäglichen und oft gar nicht oder nur bei großer Sorgfalt zu vermeidenden Rechtsverstöße entkriminalisiert worden sind. Wie schnell übersieht da ein Kraftfahrer ein Überholverbot, und wie nahe liegt es, den Gartenabfall oder das trokkene Holz mal eben hier oder da zu verbrennen? In Parenthese angemerkt: Hier hat sich die Umweltschutzgesetzgebung vielleicht überhaupt etwas überschlagen. Wer als kleiner Selbständiger oder Gewerbetreibender heute tätig ist, kann die Vielzahl der Vorschriften, gegen die er verstoßen kann, oft gar nicht mehr übersehen. Insbesondere auf dem Gebiet der Umweltschutzgesetzgebung drohen doch heute Bußgeldbescheide in erheblicher Höhe. Auch gegen den Privatmann, der etwa gegen Abfallbeseitigungsgesetze oder Wasserschutzgesetze verstößt, sind hohe Bußen von eintausend, zweitausend und mehreren tausend Mark in der Praxis oft keine Seltenheit. Es ist keine Frage, daß sie sehr oft berechtigt sind, oft aber auch - das kann ich aus anwaltlicher Praxis sagen - sind die Tat- und Rechtsfragen hierbei doch sehr strittig. Bußgeldbescheide gegen Verkehrssünder, heute genau nach Katalog gewichtet, haben Eintragungen in der Flensburger Kartei zur Folge. Bei einigen Punkten droht die Verkehrserziehung oder gar der Entzug des Führerscheins. Wer mit einem Bußgeld belegt wird, wer einen Bescheid ins Haus bekommt, der muß einfach Zeit haben, zu überlegen und sich beraten zu lassen, ob er dagegen vorgeht oder ob er es dabei bewenden läßt. Die Frist von einer Woche für den Einspruch ist dabei heute in aller Regel zu kurz. Wer zu Hause ist, wenn der Bescheid kommt, und wer wild entschlossen ist, sich dagegen mit Klauen und Zähnen zu verteidigen, der wird Einspruch einlegen. Dem reicht die Frist von einer Woche. Aber gerade der nachdenklichere Bürger, der, der sich erst einmal beraten lassen will, der, der keinen unsinnigen Einspruch einlegen will, der sich aber beschwert fühlt, der kann oft innerhalb der Frist von einer Woche nicht rechtzeitig Rat einholen und den Einspruch noch rechtzeitig absenden oder absenden lassen. Dies gilt gerade auch für diejenigen Mitbürger, die als Pendler nicht am Wohnort arbeiten. Jedermann weiß, daß bei den heutigen Postlaufzeiten eine große Unsicherheit herrscht. Es mag statistisch und insbesondere durchschnittlich statistisch richtig sein, wenn die Post stolz verkündet, daß 80 bis 90 °/o ihrer Briefsendungen am nächsten Tag am Bestimmungsort seien. Ich muß allerdings sagen, daß meine Erfahrungen, die ich bei Briefsendungen zwischen meinem Wahlkreis und Bonn und umgekehrt gemacht habe, oft andere sind. Laufzeiten von zwei oder drei Tagen sind da manchmal keine Seltenheit. Auch bei den Ordnungswidrigkeitsbehörden, bei denen ich nachgefragt habe, waren Postlaufzeiten von Einsprüchen von zwei und drei Tagen keine Seltenheit. Viele Einsprüche kamen verspätet an. Die Richter bis hin zu den Bundesverfassungsrichtern haben den Abgeordneten dieses Problem in der letzten Zeit verstärkt vorgetragen. Bei so massenhaft auftretenden Verspätungen ist es dann natürlich keine Lösung, wenn in aller Regel bei zu langer Postlaufzeit die sogenannte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt wird. Nur eine angemessene Fristverlängerung für den Einspruch von ein auf zwei Wochen scheint mir eine sachgerechte Lösung des Problems zu sein. Auch dann wird natürlich bei einem verlängerten Postweg und dadurch bedingter Fristüberschreitung die Wiedereinsetzung notwendig bleiben. Das Problem wird aber mengenmäßig von vornherein reduziert, weil der Einspruchsführer es gar nicht mehr nötig hat, auch noch mit dem letzten Tag der Einspruchsfrist zu rechnen. Ich glaube, daß auch ein rechtssystematischer Überblick über die Einspruchsfristen nicht gegen eine Verlängerung von einer auf zwei Wochen spricht, auch nicht die einwöchige Revisionsfrist des § 341 der Strafprozeßordnung. Sie ist insoweit schon keine Parallele, als es sich hier um ein Rechtsmittel, beim Einspruch nur um. einen Rechtsbehelf handelt, vor allen Dingen auch deswegen nicht, weil in aller Regel mindestens eine Instanz vorausgegangen ist, in der der Betroffene, der Beschuldigte, der Angeschuldigte und sein Verteidiger mit der Sache befaßt waren, wo man sich direkt nach der Entscheidung zusammensetzen und beraten kann, während ein Bußgeld oft ganz unerwartet ins Haus flattert. Eine gewisse Parallelität könnte man bei der einwöchigen Einspruchsfrist gegen Strafbefehle sehen. Es wird in den Ausschußberatungen zu überlegen sein, inwieweit eine Ergänzung unseres Anliegens notwendig ist. Aus diesen und aus den Überlegungen heraus, die wir in der schriftlichen Begründung des Gesetzentwurfs dargelegt haben, bittet meine Fraktion in den nun folgenden Ausschußberatungen um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzesantrag. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schöfberger.

Dr. Rudolf Schöfberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002054, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag entspricht in der Tat einem praktischen Bedürfnis. Das kann ich als praktizierender Anwalt bestätigen. Die Anwälte müssen meist in der Art eines Notarztes reagieren. Wenn ein Arbeitnehmer abends nach Hause kommt, ist meist schon ein Tag seit der Zustellung vorbei. Wenn Samstage und Sonntage nicht am Ende der Frist liegen, verringert sich die Möglichkeit auch wieder um zwei Tage, und schließlich muß man bei der Zustellung mit zwei bis drei Tagen rechnen, so daß die eigentliche Möglichkeit einen Anwalt zu konsultieren, bei der eigenen Rechtsschutzversicherung zurückzufragen, auf einen bis zwei Tage zusammenschmilzt. Bei Pendlern wird die Situation noch dadurch verschlechtert, daß sie nur am Wochenende nach Hause kommen und dann oft bis montags früh entscheiden müssen oder sich beraten lassen müssen. Von dieser Überlegung her findet Ihr Antrag sicher Sympathie, wenn wir auch meinen, daß er nicht ausgegoren ist. Im Ordnungswidrigkeitengesetz gibt es auch die Rechtsbeschwerde, da beträgt die Einlegungsfrist nur eine Woche. Der Einspruch gegen einen Kostenbescheid kann auch nur innerhalb einer Woche erfolgen. Es ist auch nicht einzusehen, warum man gegen einen Strafbefehl nur eine Woche Einspruchsfrist haben soll, aber gegen einen Bußgeldbescheid zwei Wochen. Hier müssen wir in der Tat prüfen, wie man das harmonisiert. Sie sagten, Rechtsmittelfristen seien etwas anderes. Aber es fällt doch auf, wenn man dann hinterher bei der Zustellung eines Urteils unter Umständen auf lebenslange Freiheitsstrafe eine Woche Revisionsfrist hat, aber bei einem Bußgeldbescheid über 10 DM zwei Wochen. Das paßt wohl nicht ganz zusammen. Auch bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 235 StPO beträgt die Frist nur eine Woche. Wir wissen, daß es nach Einspruch gegen Strafbefehle bei Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung und bei nachträglich vorgetragenen Verhinderungsgründen die Wiedereinsetzung gibt. Da ist eine Woche ebenfalls zu wenig. Ich hätte mir gewünscht, daß Sie diese Problematik von Anfang an bei der Abfassung Ihres Antrags bedacht und sich vielleicht auch hätten beraten lassen. Schlußbemerkung: Höchst unterschiedliche Fristen bei Einsprüchen, bei Rechtsmitteln, führen auf diesem Felde zu einem bürgerunfreundlichen Recht. Es wäre bürgerfreundlicher, wenn die Rechtsgenossen möglichst einheitliche Fristen, und zwar in allen Rechtsgebieten, vorfänden. Wir müssen also auch auf die Fristenregelungen in der Zivilprozeßordnung achten, wo wir bei der sofortigen Beschwerde beispielsweise eine Notfrist von zwei Wochen haben. Wir sollten auch auf den Verwaltungsprozeß schauen, wo wir in Musterungs- und Wehrpflichtsachen zwei Wochen, aber in allgemeinen Verwaltungssachen vier Wochen Frist für den Widerspruch haben. Lassen Sie uns also im Rechtsausschuß prüfen, was in Ihrem Antrag Richtiges und Begründetes steckt und was wir daraus machen können. Lassen Sie uns die Mühe darauf verschwenden, zu prüfen, ob wir nicht die Fristen ganz allgemein vereinheitlichen sollten. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kleinert.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir möchten dem Gesetz aus den genannten Gründen und mit den von Herrn Schöfberger schon dargestellten weiteren Überlegungen zur Harmonisierung der in Frage stehenden Vorschriften auch in anderen Bereichen zustimmen. Dazu noch vier Bemerkungen. Erstens. Es ist hier die Schwäche in der Postzustellung sowie im zeitlichen Ablauf und in der Zuverlässigkeit des Postweges angesprochen worden. In den Ausschußberatungen könnte man überlegen, ob nicht wie in einigen anderen Fällen schon die Aufgabe zur Post das entscheidende Datum sein soll und nicht mehr wie bisher der Zugang. Dann würde sich der insofern erhebliche Teil der Verzögerung durch eine Objektivierung zugunsten des Staatsbürgers erledigen. Zweitens möchte ich darauf hinweisen, daß die Behörden sich wegen ihrer allgemein bekannten enormen Überlastung und der großen Mühe, die sie mit diesen Verfahren haben, vor längerer Zeit eine Verdoppelung der Verjährungsfrist vom Parlament haben genehmigen lassen und daß ein gewisser Gleichheitsgrundsatz dafür spricht, dem Bürger für das, was er hier zu überlegen hat, mindestens in etlichen Fällen, auch etwas mehr Zeit zu lassen, wenn die Behörde mehr Zeit für ihren Teil an der Bearbeitung des Vorganges schon seit längerem bewilligt bekommen hat. Drittens möchte ich darauf hinweisen, daß in weitesten Kreisen der Bevölkerung ein Bußgeld für Ordnungswidrigkeiten als Strafe wie jede andere Strafe angesehen wird und es der Arbeit aller Beteiligten bedarf, den Unterschied zwischen Strafe und Ordnungswidrigkeit, so wie er vom Gesetzgeber einmal gemeint und gewollt war, immer weiter bekanntzumachen, damit diese Einschätzung sich etwas relativiert. Damit würden vielleicht auch einige Einsprüche gelegentlich entfallen. Viertens gilt dieses ganz besonders in dem die meisten Bürger betreffenden Bereich des Straßenverkehrs. Wenn wir zu einer vernünftigeren, will sagen, großzügigeren Regelung hinsichtlich der Eintragungen nach dem Punktesystem in Flensburg kommen, wird sich eine erhebliche Zahl von Einsprüchen erledigen, die nur wegen dieser Eintragung und nicht wegen der Höhe der ausgeworfenen Buße eingelegt werden. Da, wo sich der Einspruch erledigt, erledigt sich natürlich auch die Überlegung über die Frist für denselben. Mit diesen Bemerkungen möchte ich schließen. Ich danke Ihnen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat empfiehlt Überweisung des Gesetzentwurfs an den Rechtsausschuß. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen - Drucksache 8/2662 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Finanzausschuß ({0}) Ausschuß für Wirtschaft Es ist interfraktionell ein Kurzbeitrag je Fraktion vereinbart. Das Wort hat Herr Abgeordneter Sauter.

Franz Sauter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001926, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kreditwesengesetz, das vom letzten Bundestag unter dem Einfluß von Bankkonkursen verabschiedet wurde, hat bei den kleineren Genossenschaften zu erheblichen Konzentrationen geführt. Dieser Prozeß ist zwar nicht durch die Novelle zum Kreditwesengesetz eingeleitet worden. Aber das Gesetz von 1976, dessen generelle Notwendigkeit kaum zu bestreiten war, hat diesen Prozeß zur Konzentration und Fusion gefördert und beschleunigt, da das Vier-Augen-Prinzip auch für die kleineren Kreditgenossenschaften vorgeschrieben ist. Die kleinen Genossenschaften sind überfordert. Dafür gibt es einschlägige Zahlen und Daten. In zahlreichen Gesprächen auch zwischen den Fraktionen wurde darüber beraten, welche Möglichkeiten zu ergreifen seien, um dieser bedenklichen Entwicklung entgegenzusteuern. Die nächstliegende und sauberste Lösung ist die Novellierung des Gesetzes. Unser Vorschlag sieht deshalb vor, kleine Kreditinstitute in der Rechtsform eingetragener Genossenschaften bis zu einer Bilanzsumme von 20 Millionen DM von der Pflicht zu entbinden, zwei hauptamtliche Geschäftsführer zu beschäftigen. Diese kleinen Institute finden wir besonders im dünnbesiedelten ländlichen Raum. Nun kann man darüber diskutieren, ob man nach so kurzer Zeit eine Novellierung des Kreditwesengesetzes angehen soll. Nur, meine Damen und Herren, in diesem Fall sticht dieses Argument nicht; wir haben ja zwischenzeitlich Erfahrungen sammeln können. Wenn wir nichts tun, sind die kleinen Genossenschaften in Bälde alle fusioniert. Ich will auch anfügen, daß unter Vorsitz von Frau Kollegin Funcke ein Gespräch stattfand, in dem die Möglichkeiten der extensiven Auslegung des Gesetzes ausgelotet wurden. Dies ist immer unbefriedigend. Deshalb hat unsere Fraktion dem Hohen Hause die Novelle vorgelegt. Ich möchte die Koalition bitten, in ihren Reihen noch einmal zu bedenken, ob sie uns nicht unter Zurückstellung mancher Bedenken folgen kann. Lassen Sie mich aber noch eine Bemerkung vorausschicken. Für uns hat auch, wenn wir diese Änderung beantragen, der Schutz der Einleger Priorität. Dieser wird durch die Gesetzesinitiative nicht gemindert. Wir hatten, soweit es einen Gesamtüberblick gibt, auch vor der Änderung des Kreditwesengesetzes im Bereich der kleinen Genossenschaften keine nennenswerten Konkurse. Außerdem verfügen die in Rede stehenden Einrichtungen über ein Sicherungssystem, das den Ausfall für Einleger verhindert. Mir ist auch nicht bekannt, Herr Kollege Rapp, daß sich die kleinen Banken in besonderer Weise an Devisenspekulationen beteiligt hätten. Ich gebe zu, eine absolute Gewähr gibt es nie, auch nicht bei zwei hauptamtlichen Geschäftsführern. Auch dort können Konkurse passieren. Was uns bewogen hat, diese Initiative zu ergreifen, ist folgendes. Wir wollen bei den kleinen Kreditinstituten erreichen, daß sie selbst entscheiden können, wie sie ihre Zukunft gestalten. Kleine Genossenschaften sollten mit einem hauptamtlichen Geschäftsführer weiterarbeiten können. Die Besetzung mit einem hauptamtlichen und einem ehrenamtlichen Vorstand bietet nach allen bisherigen Erfahrungen ausreichend Gewähr für eine geordnete Leitung dieser Banken. Gesetzlicher Zwang sollte nach unserer Auffassung nur dort ausgeübt werden, wo dies unabdingbar notwendig ist. Meine Damen und Herren, dies wäre auch ein Beitrag zum Thema Entbürokratisierung. Das Ermessen des Bundesaufsichtsamtes sollte nicht sehr strapaziert werden. Dieser Spielraum ist, wie die Genossenschaften selbst sagen, sehr eng. Der Vorschlag, den zweiten Mann über einen Lehrgang zum quasi hauptamtlichen Geschäftsführer avancieren zu lassen, ist problematisch. Deshalb ist eine saubere und klare Lösung die Änderung des Gesetzes. Wir alle im Bundestag vertretenen Parteien legen ja großen Wert, wenn ich das richtig sehe, auf das ehrenamtliche Engagement. Wenn ich mir so diese zahllosen Sonntags- und Feiertagsreden vor Augen halte, die im Verlauf eines Jahres gehalten werden, dann kann und muß ich feststellen, daß hier oftmals erhebliche Lücken klaffen zwischen dieser zu Recht erhobenen Forderung nach Übernahme von Verantwortung im Ehrenamt und den vorhandenen Möglichkeiten. Mit dieser Novelle, die auf den zweiten hauptamtlichen Mann verzichtet, lassen wir vielen ehrenamtlich Tätigen draußen im Lande die Möglichkeit, sich zu engagieren. Herr Staatssekretär Gallus, den ich leider nicht sehe, hat sich im November letzten Jahres vor Vertretern spanischer und deutscher Genossenschaften in Münster dazu positiv geäußert. Wenn hier Reden und Taten in Einklang kommen sollen, ist es notwendig, unserer Initiative zuzustimmen, sonst fehlt solchen Reden die Glaubwürdigkeit. Hier ist in der Tat die Möglichkeit gegeben, ein Stück der vielbeschworenen Selbstverantwortung und Selbstverwaltung zu retten. Sauter ({0}) Der Konzentrationsprozeß der Genossenschaften im ländlichen Bereich hat, wie ich meine, ein atemberaubendes Tempo angenommen. Wie die Präsidenten der Genossenschaften bei ihrer letzten Tagung einräumten, war eine der Hauptursachen dafür das Vier-Augen-Prinzip. Ich habe schon erwähnt, daß es nicht Sache des Bundestages ist, sich in genossenschaftliche Vorgänge einzuschalten. Unsere Aufgabe ist es, den gesetzlichen Druck zu beseitigen. Für die CDU/CSU-Fraktion ist das gewichtigste Argument für diese Initiative jedoch ein strukturpolitisches. Hier schließen wir eigentlich nahtlos an die Debatte vom heutigen Vormittag über die Postversorgung auf dem Lande an. Meine Damen und Herren, in den letzten Jahren haben wir in der Bundesrepublik Deutschland einen besorgniserregenden Konzentrations- und Erosionsprozeß in den ländlichen Räumen erlebt. Zahlreiche öffentliche Einrichtungen wurden aus den Dörfern abgezogen. Es wäre jetzt zwar interessant, hier nach den Schuldigen zu suchen, aber ich möchte mir dies ersparen. Wir müssen auch feststellen, daß die Tendenzen zur Entleerung der ländlichen Räume durch die Bevölkerungsentwicklung noch verschärft werden. Darüber werden wir uns bei anderer Gelegenheit zu unterhalten haben. Das, was wir heute zu besprechen haben, ist ein wichtiger Teilaspekt der Problematik der Struktur des ländlichen Raums. Ich meine, wir sollten vom Bund aus diese Tendenzen nicht noch zusätzlich verstärken. Denn es ist hier - ich habe darauf hingewiesen - in der letzten Zeit schon viel verlorengegangen. Wir sind dabei, den Versuch zu unternehmen, im postalischen Bereich - das war der Sinn der Debatte, die heute vormittag stattgefunden hat - zu retten, was zu retten ist. Die stärkere Konzentration der Genossenschaften wäre ein weiterer Substanzverlust für den ländlichen Raum und für unsere Dörfer. Der Hinweis auf eine EG-Richtlinie ist für uns, meine Damen und Herren, kein durchschlagendes Argument. Ich möchte zum Schluß an die Koalition die Bitte richten, sich für eine unvoreingenommene Diskussion offenzuhalten. Vertreter der SPD-Fraktion hatten schon einmal signalisiert, sie würden diese Initiative mittragen; Abgeordnete der FDP haten sich ähnlich geäußert. Vielleicht gibt es doch noch ein Einvernehmen zwischen den Fraktionen. Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Finanzausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft - mitberatend - vor. Da es sich um ein wichtiges Problem des ländlichen Raumes handelt, möchte ich beantragen, daß auch der Ernährungsausschuß diesen Entwurf mitberät. Das bringt nach allen Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, sicher keine Verzögerung. Lassen Sie mich schließen mit der Bitte um zügige Beratung, verbunden mit dem Wunsch, dieser Änderung des Gesetzes im Interesse des ländlichen Raums die Zustimmung nicht zu versagen. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rapp.

Heinz Rapp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001774, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am Ende dieser ersten Lesung steht selbstverständlich die Überweisung des Gesetzentwurfs der CDU/CSU-Fraktion an die Ausschüsse; federführend ist der Finanzausschuß. Es versteht sich, daß der Gesetzentwurf dort eine sorgfältige Prüfung und Beratung erfahren wird. Dazu wird wahrscheinlich gehören, daß wir erst einmal eine Bestandsaufnahme werden machen müssen. Ich vermute, daß wir alle nicht - noch nicht - die nötigen Informationen haben, um endgültig über den Entwurf befinden zu können. Von meinem jetzigen Kenntnisstand aus muß ich in bezug auf den Gesetzentwurf allerdings Skepsis zum Ausdruck bringen. Sollten nicht noch durchschlagende Argumente und Daten zugunsten des Entwurfs beigebracht werden können, würde ich meinen Freunden wohl eher die Ablehnung empfehlen müssen. Ich möchte dies kurz begründen. Erstens. Berücksichtigt man, in welchem Umfang Kreditgenossenschaften mit einer Bilanzsumme von weniger als 20 Millionen DM schon jetzt zwei hauptamtliche Geschäftsleiter haben, zählt man die Zahl der erteilten Ausnahmegenehmigungen hinzu, die ja durch konkrete Planungen zur Realisierung des Prinzips belegt sein müssen, berücksichtigt man des weiteren die Vorkehrungen der zuständigen Verbände, um das Prinzip alsbald allgemein durchzusetzen, dann wird man sagen können - die Zahl habe ich vorgestern in Berlin, wo meine Fraktion eine Sitzung hatte, mit dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen abgestimmt -, daß am Ende der Übergangszeit, Mai 1981, noch ganze 100 bis 150 kritische Fälle übrigbleiben werden. Ende 1982 aber tritt die erste Richtlinie des Rates der EG - Sie haben es angesprochen, Herr Sauter - zur Koordinierung der Vorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute in Kraft, eine Richtlinie, die das Vier-Augen-Prinzip europaweit obligatorisch macht. Ganz sicher werden spätestens dann deutsche Kreditgenossenschaften nicht die letzten sein wollen, die von dieser Europanorm noch abweichen. Dabei räume ich ein, daß man im Ausschuß nochmals zu prüfen haben wird, ob das EG-Recht vom Begriffspaar „hauptamtlich - ehrenamtlich" ausgeht oder ob die einschlägigen Vorschriften, die ein bißchen schwierig formuliert sind, auch die Ausdeutung im Sinne von „nebenamtlich" zulassen. Dies muß man noch einmal prüfen. Für die Zeit von Mai 1981 bis Ende 1982 - also vom Auslaufen der deutschen Übergangsregelung bis zum Inkrafttreten der EG-Richtlinie - wird das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die Vorschriften so zu handhaben wissen, daß Schaden von solchen Instituten abgewandt wird, die nach 1982 dem Europarecht werden genügen können. Insofern bietet der Gesetzentwurf der CDU/CSU- Fraktion eine Lösung, die sich ihr Problem erst noch suchen muß. Möglicherweise erledigt sich diese Sache schon deshalb von selber, weil natürlich immer mehr Kreditgenossenschaften auch über die 20-Millionen-Grenze hinauswachsen. Rapp ({0}) Zweitens. Das Vier-Augen-Prinzip - zwei hauptamtliche Geschäftsleiter - stärkt die Marktposition der kleinen Kreditgenossenschaften. Dies gilt sowohl für den dispositiven Bereich als auch in bezug auf die interne Kontrolle. Im Kreditgeschäft ist in den letzten Jahren das Angebot von Beratungsdiensten - auf der Aktiv- wie auch auf der Passivseite - immer mehr in den Vordergrund getreten. Die dazu nötigen Qualifikationen wollen erworben sein; sie lassen sich nicht en passant und um vier Hausecken herum wahrnehmen. Man kann heute schon in Prozeßschwierigkeiten geraten, wenn man nur das Einfachste falsch macht, was im Kreditgeschäft anfällt: Es ist heute schon nicht einfach, auch nur einen Kunden kompetent zu beraten, der ein Sparbuch anlegen möchte. Schon hier kann eine falsche Beratung zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Die Auffassung, daß das Erfordernis, zwei hauptamtliche Geschäftsleiter zu haben, letztlich im Interesse der kleinen Kreditgenossenschaften selbst liegt, teilt wohl auch der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken, der der CDU/CSU-Fraktion ja empfohlen hat, den Gesetzentwurf nicht weiter zu verfolgen. Herr Sauter, Sie wissen das. Ich bin Ihnen nicht böse, daß Sie das nicht erwähnt haben; Sie verstehen, daß ich es tue. Noch im letzten Dorf ist die Raiffeisenkasse heute einem harten Wettbewerb ausgesetzt. Nochmals: Das dient der Stärkung der Marktposition sowohl im dispositiven als auch im Kontrollbereich, wenn auch die kleine Kreditgenossenschaft zwei hauptamtliche Geschäftsleiter hat. Drittens. Dem Rat des Verbandes, den Gesetzentwurf nicht weiter zu verfolgen, dürfte auch die Überlegung zugrunde liegen, daß es dem Genossenschaftswesen insgesamt nicht förderlich sein kann, in bezug auf das Vier-Augen-Prinzip unter Sonderrecht zu stehen. Sie wissen, daß Sie das mit Ihrem Gesetzentwurf nur für die Kreditgenossenschaften beanspruchen. Die Privatbanken wollen das Vier-Augen-Prinzip wahren, sie legen keinen Wert auf eine Änderung des Gesetzes. Ich will hier nicht in Abrede stellen, daß es da noch verbandspolitische Interessen in Richtung auf Fusionen gibt, hinter die sich der Gesetzgeber nicht zu stellen braucht und hinter die er sich auch nicht stellen sollte. Das ist richtig. Ich sage aber noch einmal: Meines Erachtens ist es das Wirksamste zur Art und Weise, Fusionen zu vermeiden, wenn auch die kleinen Einheiten leistungsfähig sind. Dazu gehört regelmäßig eben auch das Vorhandensein von zwei hauptamtlichen Geschäftsführern. Viertens. Das Vier-Augen-Prinzip ist auch nicht gegen das ehrenamtliche Element gerichtet. Keine Kreditgenossenschaft ist gehindert, eine beliebige Zahl von ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern zu bestellen, soweit nur zwei hauptamtliche Geschäftsleiter, wie vom Gesetz gefordert, vorhanden sind. Im übrigen, Herr Sauter, gehört nach dem deutschen Unternehmensrecht das ehrenamtliche Element eher in den Aufsichtsrat und weniger in den Vorstand. Die Erfahrungen der Bankenaufsicht gehen dahin, daß allzuhäufig Aufsichtsräte dem Anspruch nicht gerecht werden, den der Begriff Aufsichtsrat an sich postuliert. Fünftens. Es ist nicht zu bestreiten, daß das Fehlen des zweiten hauptamtlichen Geschäftsleiters z. B. bei Kreditüberziehungen immer wieder zu Schwierigkeiten führt. Nach dem Gesetz sollen die nachträglichen Genehmigungen von Kreditüberziehungen die Ausnahme sein. Der Vorgang selber ist dem Bundesaufsichtsamt bekanntlich anzuzeigen. Aber allszuhäufig ist es gerade bei den kleinen Kreditgenossenschaften so, daß die nachträgliche Genehmigung zur Regel wird. Der Aufsicht sind Fälle bekannt, in denen das ehrenamtliche Vorstandsmitglied die nachträgliche Genehmigung versagte mit der Folge, daß der eine hauptamtliche Geschäftsleiter der Aufsicht gegenüber allein für den Kredit geradezustehen hatte. Wir sollten uns im Finanzausschuß über die Erfahrungen .der Betroffenen ebenso berichten lassen wie über die Erfahrungen der Aufsicht. Wir werden - davon bin ich überzeugt - zu einem Ergebnis kommen, durch das den einzelnen kleinen Gemeinden die eigene Kreditgenossenschaft erhalten bleibt. Dies ist wichtig, und niemand will etwas anderes haben. Dazu wird es förderlich sein, wenn die Institute sowohl - ich sagte es schon - im dispositiven als auch im Kontrollbereich gestärkt werden, wozu in der Regel zwei Geschäftsleiter gehören. Auch nach der Anpassung des deutschen Rechts an das europäische Recht wird die Möglichkeit gegeben sein, auftretenden Schwierigkeiten zeitbegrenzt mit Übergangsregelungen zu begegnen. Ich denke, daß wir in diesem Sinne und ohne vorzeitige Festlegungen sowie mit der nötigen Skepsis und mit dem Willen, uns erst einmal die nötigen Informationen zu besorgen, in die Beratungen in den Ausschüssen gehen sollten. Der Überweisung des Gesetzentwurfs an die Ausschüsse stimmen wir zu. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Frau Abgeordnete Matthäus.

Ingrid Matthäus-Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001436, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, die bisherige Debatte hat gezeigt, daß es in dieser Frage keine unüberwindbaren Hindernisse zwischen den Fraktionen gibt. Einerseits gibt es gewisse Probleme, wie Sie, Herr Kollege Sauter, hier zu Recht vorgetragen haben, andererseits sind wir aber auch der Ansicht, daß die skeptischen Gegenargumente von Herrn Kollegen Rapp ausführlich und, wie wir meinen, doch wohl zutreffend vorgetragen worden sind. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Was die Einführung des Vier-Augen-Prinzips im Jahre 1976 angeht, Herr Kollege Sauter, darf ich nur noch darauf verweisen, daß Ihre Fraktion damals dieses mitgetragen hat. Der Kollege Sprung hatte in der ersten Lesung am 5. Juni 1975 vorgetragen: Gute Gründe sprechen auch für die Einführung des sogenannten Vier-Augen-Prinzips, wonach Kreditinstitute künftig zwei Geschäftsleiter ohne Einzelvertretungsmacht haben müssen. Ich glaube, daß hauptsächlich vier Gründe gegen die von Ihnen vorgeschlagene Novellierung sprechen. Ich will es kürz machen, da Herr Rapp sie im einzelnen dargelegt hat. Der erste ist der mit dem Vier-Augen-Prinzip beabsichtigte Schutz der Anleger. Der zweite ist, daß auf diese Weise auch die Konkurrenzfähigkeit der kleinen Kreditgenossenschaften gestärkt und gefördert wird. Drittens scheinen uns doch wohl erhebliche Schwierigkeiten, die in der entsprechenden EG-Bankrechtsrichtlinie begründet sind, gegen eine solche Novellierung zu sprechen. Dies sollten wir im Finanzausschuß in Ruhe prüfen. Viertens haben wir den Eindruck, daß die Probleme durch ein flexibles Verhalten des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen sehr viel geringer geworden sind, als sie sich ursprünglich abgezeichnet haben. Ich meine daher, daß wir dieses in Ruhe, ergebnisoffen und unvoreingenommen von allen Seiten prüfen sollten. Ich halte Ihre Anregung, diesen Gesetzentwurf auch dem Ernährungsausschuß zu überweisen, für richtig. Meine Fraktion stimmt dem zu. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt eine Überweisung an den Finanzausschuß - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - vor. Herr Kollege Sauter hat empfohlen, den Gesetzentwurf auch dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - zu überweisen. Ich glaube, wir können gemeinsam darüber abstimmen, - Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 147 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 29. Oktober 1976 über Mindestnormen auf Handelsschiffen - Drucksache 8/2898 Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Aussprache wird ebenfalls nicht begehrt. ---Der Ältestenrat empfiehlt, die Vorlage an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - federführend - und an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen - mitberatend - zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes - Drucksache 8/2956 Zur Begründung wird das Wort nicht gewünscht, zur Aussprache ebenfalls nicht. Der Ältestenrat empfiehlt, die Vorlage an den Finanzausschuß - federführend -, an den Ausschuß für Wirtschaft - mitberatend - und gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf: Beratung der Sammelübersicht 48 des Petitionsausschusses ({0}) über Anträge zu Petitionen mit Statistik über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 14. Dezember 1976 bis 31. Mai 1979 eingegangenen Petitionen - Drucksache 8/2931 Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 8/2931, die in der Sammelübersicht 48 enthaltenen Anträge anzunehmen, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 26 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses ({1}) zu dem Antrag des Bundesministers der Finanzen Bundeseigene Liegenschaft in Wertheim-Bestenheid - Drucksachen 8/2775, 8/2933 Berichterstatter: Abgeordneter Kühbacher Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses auf Drucksache 8/2933, nämlich dem Antrag des Bundesministers der Finanzen gemäß § 64 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung entsprechend der Vorlage auf Drucksache 8/2775 zuzustimmen, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie ({2}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für einen Beschluß des Rates zur Festlegung eines Forschungsprogramms für die Europäische Atomgemeinschaft auf dem Gebiet der Codes und Normen Schneller Re12850 aktoren ({3}) - Drucksachen 8/2498, 8/2907 - Berichterstatter: Abgeordnete Lenze, Flaming Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschusses auf Drucksache 8/2907, nämlich den Vorschlag auf Drucksache 8/2498 mit der Maßgabe zur Kenntnis zu nehmen, daß die Bundesregierung ersucht wird, sich im Ministerrat gegen den Kommissionsvorschlag auszusprechen, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ebenfalls einstimmig angenommen. Wir treten in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird um 14 Uhr mit der Fragestunde fortgesetzt. Die Sitzung ist unterbrochen. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Die Sitzung ist wieder eröffnet. Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde - Drucksachen 8/2969, 8/2982 Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung ist Herr Staatsminister von Dohnanyi anwesend. Ich rufe zunächst die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf: Ist der Bundesregierung bekannt, ob - wie die chinesische Presseagentur XINHUA gemeldet hat - der Vertreter Vietnams auf einer Konferenz der Vereinten Nationen in Jakarta erklärt hat, „daß seine Regierung jeden Monat 10 000 Flüchtlinge exportieren werde", und wie beurteilt sie gegebenenfalls eine derartige als Vertreibung zu bezeichnende Politik Vietnams?

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Herr Kollege, die Bundesregierung übt scharfe Kritik an der Tatsache und bedauert, daß sich eine so große Zahl von Vietnamesen veranlaßt sieht bzw. gezwungen ist, die Heimat zu verlassen. Die neun Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft haben auf ihrer Ministerratstagung in Paris am 18. Juni 1979 u. a. beschlossen, zu allen Aspekten des Flüchtlingsproblems im Raum Indochina eine Demarche bei der vietnamesischen Regierung durchzuführen. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der vietnamesische Delegierte am Rande der Konferenz in Jakarta über die Errichtung eines Transitlagers für Indochinaflüchtlinge gegenüber Pressevertretern erklärt, seine Regierun sei in der Lage, in Zusammenarbeit mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen künftig bis zu 10 000 Personen monatlich eine „ordentliche Ausreise" zu ermöglichen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage, Herr Hupka. Dr. Hupka ({0}) : Herr Staatsminister, wären Sie bereit, diese - Sie haben zitiert - sogenannte ordentliche Ausreise von etwa 10 000 Chinesen aus Vietnam als Vertreibung zu bezeichnen und diese Vertreibung genauso zu verurteilen wie die Vertreibung von Millionen Deutscher aus ihrer Heimat 1945/46?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe eben deutlich gesagt, daß die Bundesregierung scharfe Kritik an der Tatsache übt, daß eine so große Zahl von Vietnamesen gezwungen ist, ihre Heimat zu verlassen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da Sie offenbar den Begriff Vertreibung nicht übernehmen, stelle ich die Frage: In welcher Weise ist die Bundesregierung in der Lage, auf die Regierung von Vietnam nicht nur in der Gemeinschaft der Neun, sondern durch unsere Vertretung in Hanoi Einfluß dergestalt auszuüben, daß diese Vertreibung sofort unterbrochen wird und aufhört, weil das ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist?

Not found (Gast)

Wir werden jede Möglichkeit der Einflußnahme nutzen, Herr Kollege: auf bilateraler Ebene, über die Gemeinschaft und auch auf dem Umweg über Verbündete der Volksrepublik Vietnam.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Todenhöfer.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß diese Flüchtlingsströme durch eine gezielte Vertreibung durch das jetzige vietnamesische Regime verursacht werden?

Not found (Gast)

Die bisher erkennbaren Tatsachen sprechen dafür.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, daß unbeschadet der moralischen und ethischen Beurteilung dieser Maßnahme der vietnamesischen Regierung im Interesse unserer Bemühungen, dort Erleichterungen zu schaffen, eine Aussprache über die Möglichkeiten der Bundesregierung, auf diese Regierung einzuwirken, im Rahmen einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses besser und diskreter ist als das öffentliche Anklagen, da es anscheinend auch zu Trotzreaktionen führen kann, die den Betreffenden nicht helfen würden?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, Bewertungen sind in einer solchen Frage nicht zulässig. ({0}) Eine Frage des Herrn Abgeordneten Althammer.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben auf andere Mächte abgehoben. Ist die Bundesregierung bereit, die Sowjetunion von der Auffassung abzubringen, die deren Sprecher bei den Verhandlungen in Wien dort geäußert hat, daß hier nämlich ein Flüchtlingsproblem überhaupt nicht vorliege?

Not found (Gast)

Herr Kollege Althammer, die Bundesregierung - ich werde darauf nachher noch zurückkommen - hat Gespräche mit Vertretern der sowjetischen Botschaft über dieses Problem in Bonn gehabt und auf die Probleme hingewiesen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wird die Bundesregierung angesichts der Tatsachen über die 10 000 Menschen, die Sie bekanntgegeben haben, bemüht sein, daß wenigstens in diesem Bereich diejenigen Familienangehörigen, die von der Bundesrepublik bereits die Genehmigung zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland haben, auch hierher reisen dürfen, was bisher leider nicht der Fall war?

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Wir sind darum bemüht, Herr Kollege.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zu' satzfrage. Dann rufe ich jetzt die Dringliche Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx auf: Welche politischen Initiativen wird die Bundesregierung ab sofort unternehmen, um dem schrecklichen, offenbar täglich wachsenden Elend der immer zahlreicher werdenden Vietnamflüchtlinge abzuhelfen? Bitte, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Die Bundesregierung hat sich auf der Ministerratssitzung in Paris am 18. Juni für die umgehende Einberufung einer Sonderkonferenz der Vereinten Nationen eingesetzt, auf der nach praktischen Lösungen für das Problem der Indochinaflüchtlinge gesucht werden soll. Gleichzeitig wurde beschlossen, eine Demarche zu allen Aspekten des Problems bei der vietnamesischen Regierung durchzuführen. Ich habe das bereits gesagt. Die Bundesregierung hat den Fragenkomplex bilateral gegenüber der vietnamesischen Regierung zur Sprache gebracht und wird dies auch weiterhin tun. Mit den Mitgliedstaaten der ASEAN steht sie in der Flüchtlingsfrage in laufendem Kontakt. Schließlich versucht die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten, unmittelbar oder über internationale Organisationen finanziell und durch die Aufnahme von Flüchtlingen zu helfen. Was die Aufnahme von Flüchtlingen angeht, so ist dies in erster Linie Angelegenheit der Länder, in deren Zuständigkeit diese Entscheidungen fallen. Der Bundeskanzler wird bei seinem nächsten Gespräch mit den Ministerpräsidenten am 6. Juli die Angelegenheit mit den Ministerpräsidenten der Länder aufnehmen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, können Sie uns schon etwas über erste Ergebnisse und Reaktionen der vietnamesischen Seite auf Grund dieser bilateralen Initiativen mitteilen, die die Bundesregierung, wie Sie sagen, unternommen hat?

Not found (Gast)

Wir haben nicht den Eindruck, daß durch die von uns geführten Gespräche die Politik, die zu den Flüchtlingen geführt hat, verändert wird. ({0}) - .Ich wiederhole, Herr Kollege: Wir haben nicht den Eindruck, daß durch unsere Gespräche mit der vietnamesischen Regierung die Politik, die zu dem Flüchtlingsstrom geführt hat, tatsächlich verändert werden wird.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Heißt dies dann, Herr Staatsminister, daß man offenbar bei den noch nicht ausreichenden Initiativen - wobei ich nicht nur unsere Seite meine, sondern auch an die anderen westlichen Staaten appellieren möchte, die auf die vietnamesische Regierung Einfluß haben können - damit rechnen muß, diese Ausweisungen einer vor allem chinesischstämmigen Minderheit würden in wachsendem Strome weitergehen und somit das Elend noch immer mehr erhöhen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, es gibt nicht unbegründete Befürchtungen, die dafür sprechen, daß der Flüchtlingsbestand in der Region von jetzt etwa 350 000 Flüchtlingen bis September auf über 500 000 anschwellen wird. Es gibt Äußerungen, in denen noch sehr viel größere Zahlen für die darauf folgenden Monate genannt worden sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, die Bundesregierung ist sich also im klaren darüber - und danach möchte ich fragen -, daß die auch von der Opposition gewünschten internationalen Initiativen nur dann international ihre Le12852 Dr. Meinecke ({0}) gitimation beweisbar erhalten, wenn im Inland hier die entsprechenden Maßnahmen als Beweis für unser eigenes Verhalten zugrunde zu legen sind?

Not found (Gast)

Herr Kollege, daran besteht überhaupt gar kein Zweifel. Es hat ja bereits eine nicht unerhebliche Aufnahme von Flüchtlingen aus der Region in der Bundesrepublik gegeben. Aber wir werden darüber hinausgehen müssen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hoffacker.

Dr. Paul Hoffacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000934, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung aus Anlaß der Demarche der EG vorwärts-drängen, und worauf wird sie ihr besonderes Augenmerk richten?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Frage richtig verstanden habe. Im Rahmen der Demarche werden wir uns darum bemühen, die vietnamesische Regierung davon zu überzeugen, daß eine Politik, die gegenwärtig zu großen Flüchtlingsströmen führt, geändert wird. Und wir werden auf der anderen Seite natürlich auch dafür Sorge tragen müssen, daß diejenigen, die aus Vietnam ausreisen wollen, diese Möglichkeit der Ausreise bzw. des Verlassens des Landes weiterhin haben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Todenhöfer.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben die europäische Demarche angesprochen. Sind Sie mit mir der Auffassung, daß europäische Entwicklungshilfe an Vietnam so lange nicht möglich ist, wie Vietnam seine Vertreibungspolitik fortsetzt?

Not found (Gast)

Herr Kollege Todenhöfer, wir werden diese Überlegungen ganz bestimmt in unsere Entscheidungen einbeziehen, müssen uns aber insgesamt am möglichen Erfolg einer solchen Politik orientieren.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Gerster.

Dr. h. c. Johannes Gerster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000671, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie soll denn die Politik in Vietnam und für Vietnam aussehen, die sicherstellen soll, daß diese Vertreibung aufhört?

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Herr Kollege, ich kann hier nicht die Politik für Vietnam formulieren, ich kann nur versuchen, unsere Ziele zu beschreiben. Das Ergebnis sollte nach unserer Überzeugung sein, daß nicht mehr eine so große Zahl von Vietnamesen sich veranlaßt sieht oder gezwungen ist, das Land zu verlassen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben erschreckende Zahlen genannt, als Sie davon sprachen, was Vietnam mit den Chinesen vorhat. Können Sie uns sagen, was Vietnam mit dieser Vertreibung der Chinesen überhaupt vorhat?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich will wiederholen, was ich eben gesagt habe. Ich glaube nicht, daß es meine Aufgabe hier ist, vietnamesische Politik zu interpretieren; aber unser Ziel muß es sein, dafür Sorge zu tragen, daß in Indochina nicht weiterhin Flüchtlingsströme mit dem damit verbundenen Elend entstehen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des .Herrn Abgeordneten Möller.

Dr. Franz Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001522, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, worauf führt die Bundesregierung die erschreckend hohe Zahl der Flüchtlinge in Vietnam zurück?

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Auf eine Vielzahl von Tatbeständen, zu denen u. a. auch veränderte wirtschaftliche Bedingungen in Teilen Vietnams gehören; aber ich kann die einzelnen Punkte hier wohl nicht aufführen. Es ist auf jeden Fall eine Politik, die darauf gerichtet ist, eine Minderheit zum Verlassen des Landes zu veranlassen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Althammer.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben davon gesprochen, es bestehe die Befürchtung, daß die Zahlen noch sehr viel höher werden. Haben Sie damit die Äußerung des australischen Einwanderungsministers gemeint, der davon gesprochen hat, daß man mit insgesamt noch weiteren 1,8 Millionen Flüchtlingen rechnen muß?

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Herr Kollege Althammer, ich würde es nicht für klug halten, jetzt das zukünftige Problem zu quantifizieren. Das könnte ja sogar als eine Ermunterung verstanden werden. Mir liegt daran, hier deutlich zu machen, daß wir noch mit schwierigen und tragischen Entwicklungen zu rechnen haben und daß die Bundesregierung und die Europäische Gemeinschaft den Versuch machen, sich auf solche Entwicklungen einzustellen und Hilfe zu leisten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, da die Bundesregierung, wie wir jetzt erfahren, schon eine Reihe von Maßnamen ergriffen hat, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, ob ein Bundesland oder mehrere Bundesländer auch schon Initiativen ergriffen haben, um das Flüchtlingselend zu bekämpfen.

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Die Bundesländer, Herr Kollege Holtz, haben eine Anzahl Flüchtlinge aus dem Raum Vietnam aufgenommen. Seit 1975 wurden 5 258 Aufnahmeplätze angeboten. Eingereist sind bisher zirka 4 000. Es besteht nun die Möglichkeit und die Notwendigkeit, zu überlegen, inwieweit man über die Zahl der bisher zur Verfügung gestellten Aufnahmeplätze hinausgehen kann.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Voss.

Dr. Friedrich Voss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002396, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, nachdem Sie eben dargelegt haben, daß es Ihr Ziel sei, den Flüchtlingsstrom zu verringern, möchte ich Sie fragen, welche konkreten Maßnahmen Sie denn vorhaben, wenn Sie sagen, Sie würden lediglich in Ihre Überlegungen einbeziehen, ob unsere Entwicklungshilfe mit in das Konzept übernommen werden könnte.

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Herr Kollege, Maßnahmen zur Linderung des Flüchtlingselends bestehen sicherlich auch im Einsatz von Mitteln der Entwicklungshilfe. Was den Einfluß auf Vietnam angeht, so wird es darauf ankommen, Mittel zu wählen, die so erfolgversprechend wie möglich sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hüsch.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, nachdem Sie eingangs Ihrer Ausführungen erklärt hatten, daß die Bundesregierung die Entwicklung bedaure, und nachdem Sie weitere Gründe für die Vertreibung genannt hatten: Sind Sie nun auch bereit, eindeutig zu erklären, daß die Bundesregierung die Vertreibung dieser Vietnamesen verurteilt?

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Herr Kollege, ich kann - wenn ich das so sagen darf - diese Art von Wortfetischismus nicht mitmachen. Ich habe ganz deutlich gesagt, worum es uns hier geht. Es geht um ein Bedauern und um eine deutliche Kritik daran, daß eine Politik verfolgt wird, deren Ursache ein solcher Flüchtlingsstrom ist. Ich wäre dankbar, wenn Sie mir die Möglichkeit gäben, mich auf diese deutliche Erklärung zu beschränken. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich lasse jetzt noch drei Zusatzfragen zu, bevor wir zur nächsten Frage übergehen. Herr Abgeordneter Hoffacker.

Dr. Paul Hoffacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000934, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wenn Sie sich nicht näher äußern können, sind Sie dann bereit, zu erklären, sich mit derselben Akribie und mit demselben Eifer um eine Korrektur der Ursachen dieser Vertreibung aus Vietnam zu bemühen, wie die Bundesregierung versucht hat, die Politik von Chile und Südafrika zu korrigieren? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich wollte unterstreichen: Die Bundesregierung versucht, eine Menschenrechtspolitik zu machen, die sich nicht in Worten erschöpft, sondern den einzelnen Menschen hilft. ({0}) Das verlangt, Herr Kollege, je nach dem Land und je nach dem Partner, mit dem man es zu tun hat, unterschiedliche Instrumente. Glauben Sie mir: Die Bundesregierung denkt in jedem Falle darüber nach, wie sie dafür sorgen kann, daß Menschen, die ihr Land verlassen müssen oder verlassen wollen, Wege finden, das zu tun, und wie dafür Sorge getragen werden kann, Ländern, die eine Politik betreiben, die den Menschen ihre Heimat nimmt, deutlich zu machen, daß man hier Änderungen anstrebt. Aber es hat keinen Sinn, so scheint mir, hier in erster Linie mit Worten und Schlagworten Politik zu formulieren. Wir müssen Politik konkret für die Menschen formulieren, und das versucht die Bundesregierung zu tun. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, da Sie einerseits zu Recht darauf hingewiesen haben, daß man wegen der damit verbundenen Erwartungen keine zu großen Zahlen nennen sollte, wir aber andererseits doch gezwungen sind, dem gesamten Umfang des Problems in die Augen zu sehen, möchte ich Sie fragen, ob die in der seriösen „Neuen Zürcher Zeitung" vom 28. Mai 1979 genannten Zahlen auf Grund von UN-Untersuchungen zutreffen, daß 2,24 Millionen Menschen aus Vietnam heimatlos geworden und entwurzelt worden sind, und beabsichtigt die Bundesregierung nicht, die Massenvertreibung, die 1978 über Vietnam hinaus nach UN-Zahlen insgesamt 12,5 Millionen Menschen umfaßte, auf einer internationalen Konferenz dahin gehend zu behandeln, daß man versucht, die Ursachen der Massenvertreibung international einzudämmen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe ja erwähnt, daß die Bundesregierung mit dazu beigetragen hat, daß die Außenminister der Europäischen Gemeinschaft am vergangenen Montag einen Beschluß gefaßt haben, eine Konferenz zur Behandlung des Flüchtlingsproblems in Indochina einzuberufen. Es hätte doch wenig Sinn, wenn ich jetzt auf Umwegen Zahlen bestätigen oder differenzieren würde, die man nur auf dem Hintergrund der Gesamtberichterstattung verstehen kann. Glauben Sie mir, meine Damen und Herren von der Opposition, die Bundesregierung unterschätzt das Problem der Flüchtlinge im Bereich Vietnam nicht. Wir werden versuchen, zu tun, was wir können. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine letzte Frage des Herrn Abgeordneten Kiechle.

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ausgehend von Ihrer Bemerkung, daß es darauf ankomme, konkret den Menschen zu helfen, frage ich Sie angesichts von Tausenden von Flüchtlingen, die dem Tode geweiht auf Schiffen im Meer schwimmen, welche Maßnahmen über die von Ihnen angekündigten, nämlich dem Gespräch' des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten hinsichtlich der Frage, was die tun wollen, und den internationalen, von Ihnen nicht näher verifizierten, nur angedeuteten Gesprächen mit Missionen und Organisationen, hinaus die Bundesregierung konkret zu ergreifen gedenkt, und zwar schnell, und ob dazu eventuell auch gehört, aufnahmewilligen, aber aus finanziellen Gründen nicht fähigen Ländern eine entsprechende Unterstützung zur Eingliederung solcher Flüchtlinge zu geben.

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung richtet von dieser Stelle aus den Appell an das Land, aus dem die Flüchtlinge kommen, jene Politik, die zu diesem Flüchtlingsstrom führt, zu korrigieren. Sie richtet von dieser Stelle aus den Appell an die Nachbarstaaten, soweit dies möglich ist, die Flüchtlingsströme aufzunehmen. Und sie richtet an die Bürger dieses Landes, unseres eigenen Landes, den Appell in den Ländern hilfreich zu sein durch die Zurverfügungstellung von Aufnahmeplätzen. Die Bundesregierung selbst wird, es an Mitteln, auch an finanziellen Mitteln, nicht fehlen lassen, um dort, wo wir helfen können, konkret zu helfen, z. B. auch durch Unterstützung der Aufnahme von Flüchtlingen in den Nachbarländern Vietnams.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich hatte keine Zusatzfrage mehr zugelassen, Herr Köster. Aber das nimmt Ihnen das Fragerecht nicht. Ich möchte jetzt die Dringliche Frage 2 von Herrn Kollegen Dr. Althammer aufrufen: Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um der Fortsetzung der Vertreibung in Vietnam entgegenzuwirken?

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Die Bundesregierung hofft, daß die bevorstehende Demarche der Neun dazu beitragen wird, die vietnamesische Regierung zu einer Politik zu veranlassen, die es den chinesischen Minderheiten möglich macht, nach ihrem Willen im Lande zu bleiben. Sie selbst, die Bundesregierung, hat das Thema bilateral gegenüber der vietnamesischen Regierung bereits zur Sprache gebracht. Angesichts des allgemeinen Standes unserer Beziehungen sind die deutschen Einwirkungsmöglichkeiten allerdings begrenzt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, besteht nicht Veranlassung, nachdem nach glaubwürdigen Mitteilungen bereits rund 200 000 Menschen ertrunken oder sonst umgekommen sind und bereits 350 000 vertrieben sind und weitere Vertreibungen in wesentlich höherer Zahl zu befürchten sind, nachdem schätzungsweise 230 Millionen DM durch die Behörden Vietnams von den Vertriebenen erpreßt worden sind, an das Weltgewissen, an die Weltöffentlichkeit zu appellieren, damit diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufhören?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe ja eben den Appell an alle, die die Flüchtlingsströme mit verursachen und die helfen können, noch einmal wiederholt und damit die Position der Bundesregierung, so scheint mir, deutlich wiedergegeben. Ich kann dem nichts hinzufügen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, hat die Bundesregierung etwas unternommen, um wenigstens zu verhindern, daß Schießbefehle gegen die im Meer treibenden oder an Land gehenden Flüchtlinge durchgeführt werden, und hat die Bundesregierung etwas dagegen unternommen, daß solche Flüchtlinge wieder auf das offene Meer hinausgebracht werden?

Not found (Gast)

Herr Kollege Althammer, wir haben - ich sagte das vorhin in meinen einleitenden Bemerkungen - mit allen betroffenen Regierungen Kontakt in dieser Frage. Aber wir haben auch auf Länder, die in der Nachbarschaft Flüchtlinge aufnehmen müßten, weil sie eben die Nachbarn Vietnams sind, in diesen Fragen natürlich nur einen begrenzten Einfluß. Ich bin sicher, daß es keinen - ich zitiere Sie - „Schießbefehl" dort gibt. Aber die Möglichkeit, die Nachbarländer für diesen ungeheuren Flüchtlingsstrom weiter zu öffnen, ist begrenzt, auch wegen der Lage der Nachbarländer selbst.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hüsch.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist die Bundesregierung auch bereit, die 89 Millionen DM zugesagte Entwicklungshilfe aufzukündigen und die 3 Millionen DM im Rahmenplan 1979 vorgesehene Entwicklungshilfe zu unterlassen und die Summe den Ländern zuzuwenden, die Flüchtlinge aufnehmen? ({0})

Not found (Gast)

Herr Kollege Hüsch, die Bundesregierung ist bereit, jeden Schritt zu tun, der erfolgversprechend ist, um den Menschen zu helfen. ({0}) Ich habe die Frage mit mehr als mit Ja oder Nein beantwortet; ich habe sie nämlich konkret beantwortet, Herr Kollege! ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Köster.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, welche konkrete gezielte Maßnahme hat die Bundesregierung veranlaßt, um Bootsflüchtlinge aus unmittelbarer Todesgefahr zu befreien?

Not found (Gast)

Wir haben deutsche Schiffe in der Region aufgefordert, Flüchtlinge; die sich in Not befinden und aufgenommen werden können, aufzunehmen. Wir stehen gerade in diesen Tagen vor der Entscheidung, über die bisher zur Verfügung stehenden Plätze hinaus Flüchtlinge, die auf ein deutsches Schiff - allerdings unter fremder Flagge - gelangt sind, aufzunehmen und nicht zurückzuweisen. Wir sind bemüht zu helfen. Ich wiederhole das.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Todenhöfer.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben auf die Frage des Abgeordneten Hüsch eine mir nicht präzise erscheinende Antwort gegeben. Glauben Sie nicht, daß jetzt der Augenblick gekommen ist, um der deutschen Bevölkerung sehr präzise zu sagen, daß wir die für Vietnam nach Zeitungsberichten in der Rahmenplanung vorgesehene Entwicklungshilfe von 3 Millionen DM in der nächsten Zeit und die 89 Millionen DM, die Vietnam aus der Vergangenheit noch fordert, jetzt demonstrativ jenen Ländern zur Verfügung stellen sollten, die bereit sind, den Flüchtlingsstrom aufzunehmen und den Flüchtlingen wirklich zu helfen?

Not found (Gast)

Herr Kollege Todenhöfer, die Tatsache, daß Sie das Wort „demonstrativ" verwenden, unterschiedet eben Ihre Politik von der der Bundesregierung. ({0}) Wir können nicht verantwortungsvoll Dinge tun, die in erster Linie demonstrativ sind. Das mag für Sie genügen; für die Bundesregierung kommt es auf konkrete Ergebnisse für die einzelnen Menschen an. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich lasse noch drei Zusatzfragen zu dieser Frage zu. Es geht ja dann mit ähnlichen Fragen weiter. Herr Hoffacker, bitte.

Dr. Paul Hoffacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000934, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, was hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang getan, um die Ansiedlung im südostasiatischen Bereich zu erleichtern, und was hat sie an Mitteln dafür aufgewandt?

Not found (Gast)

Die Bundesregierung hat zu diesem Zweck Mittel auf multilateralem Weg in erster Linie an den Hohen Kommissar für das Flüchtlingswesen gegeben. Wenn ich die Zahl jetzt richtig im Kopf habe, wurden insgesamt etwas über 13 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Wir werden in den allernächsten Tagen anläßlich eines Gesprächs, das der Bundesaußenminister in der Region zu. führen hat, erneut einen deutlichen Betrag hinzufügen. Erlauben Sie mir hier aber die Feststellung: Ich bin sicher, die Bürger dieses Landes werden in dieser Frage noch mehr Mittel zur Verfügung stellen müssen, wenn wir helfen wollen, wo wir helfen müssen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, sind Schwierigkeiten für eine direkte rasche Hilfe an die Nachbarstaaten der Region nicht darin begründet, daß es an ganz konkreten Projektvorstellungen auch des UN-Flüchtlingskommissars fehlt?

Not found (Gast)

Herr Kollege, angesichts des großen Elends muß ich dann allerdings sagen: Es mögen ja Projekte fehlen, aber dann laßt uns welche machen! Wir können diese Menschen nicht im Meer schwimmen lassen, ({0}) nur weil wir bisher nicht in der Lage sind, Projekte zu formulieren. Hier brauchen wir alle mehr Tatkraft. Ich schließe von dieser Aufforderung übrigens auch die Bundesregierung nicht aus. Wir alle müssen angesichts des anschwellenden Elends noch mehr tun.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Gerster.

Dr. h. c. Johannes Gerster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000671, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, würden Sie mir zustimmen, daß die weltweite Verurteilung der Vertreibung aus Vietnam die einzige moralisch vertretbare Reaktion sein kann und daß Sie vor diesem Hintergrund den Begriff Wortfetischismus, den Sie vorhin gebraucht haben, noch einmal überdenken sollten?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe zu Beginn gesagt - ich zitiere mich selbst -: Wir kritisieren eine Politik, die zu dieser Entwicklung führt, und wir versuchen, auf diese Politik Einfluß zu nehmen. Aber, Herr Kollege, wir müssen uns auch darüber im klaren sein, daß es Flüchtlingsströme in vielen Teilen dieser Erde gibt; übrigens auch als Ausfluß der späten Folgen des Kolonialismus. Kluge Leute haben im 19. Jahrhundert vorausgesehen, was im 20. Jahrhundert durch den Kolonialismus der europäischen Staaten schließlich mit verursacht worden ist. ({0}) - Ja sicher, Herr Kollege. Ich versuche doch nur, unser aller Verantwortung deutlich zu machen. Wir können doch jetzt nicht bei einer Lage, wie sie sich entwickelt, die Verantwortung an einem Punkt abschneiden und so tun, als ob vorher dort nichts gewesen wäre. Gerade weil wir diese Mitverantwortung sehen, müssen wir auch versuchen mitzuhelfen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe die Dringlichkeitsfrage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Todenhöfer auf: Ist die Bundesregierung bereit, die Initiative dafür zu ergreifen, daß sich die UN-Vollversammlung so schnell wie möglich mit dem Problem der Vietnamflüchtlinge befaßt?

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Die Antwort lautet: ja, und dies ist bereits geschehen. Die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft haben in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der politischen Zusammenarbeit in Paris am 18. Juni beschlossen, die Forderung nach umgehender Einberufung einer Sonderkonferenz der Vereinten Nationen über Indochina-Flüchtlinge zu unterstützen. Die Bundesregierung war an dieser Entscheidung beteiligt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich glaube, Sie haben meine schriftliche Frage nicht richtig verstanden. Ich habe nicht nach der begrüßenswerten UN-Sonderkonferenz gefragt, sondern nach der UN-Vollversammlung. Deswegen frage ich Sie noch einmal: Ist die Bundesregierung bereit, dafür einzutreten, daß in der UNO nicht nur über die Symptome der Politik Vietnams diskutiert wird, sondern daß auch über die Ursache des eigentlichen Problems der Vertreibung diskutiert wird? Hier wäre die UN-Vollversammlung das richtige Gremium.

Not found (Gast)

Herr Kollege Todenhöfer, diejenigen, die unmittelbar mit den Flüchtlingsströmen in Indochina zu tun haben, legen begründeten Wert darauf, daß das, was dort getan werden kann, nicht unnötig politisiert wird. Sie fürchten, daß sie sonst schwerer mit den Problemen fertig werden. Darüber hinaus gibt es die Frage, an welcher Stelle in den Vereinten Nationen eine erfolgversprechende allgemeine und politische Diskussion über dieses Problem geführt werden kann. Ich habe vorhin darauf hingewiesen, daß es Flüchtlingsströme nicht nur in Indochina gibt. Wenn eine solche Konferenz einberufen wird, müssen wir auch sicherstellen, daß sie die notwendigen Erfolge haben kann.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wenn Sie im Augenblick noch nicht entschlossen sind, einer Sitzung der UN-Vollversammlung zuzustimmen, frage ich Sie, ob Sie nicht der Auffassung sind, daß der Sicherheitsrat unverzüglich mit der Frage befaßt werden sollte und daß die Bundesregierung ihre Möglichkeiten nutzen sollte, um zu einer Verurteilung der Vertreibungspolitik Vietnams durch die Vereinten Nationen zu kommen.

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe nicht gesagt, daß die Bundesregierung einer solchen Konferenz der Vollversammlung zu diesem Thema nicht zustimmen würde. Ich habe nur gesagt, daß diejenigen, die diese Frage mit zu entscheiden haben, auch die möglichen Ergebnisse einer solchen Konferenz im Auge haben werden. Die Bundesregierung würde - um Mißverständnisse auszuräumen - durchaus zustimmen können. Die zweite Frage ist noch einmal, an welcher Stelle die Diskussion zweckmäßigerweise geführt wird. Hier könnte der Sicherheitsrat ein geeignetes Forum sein. Mit welchen Beschlüssen dort eventuell zu rechnen wäre, kann man bei der Zusammensetzung des Sicherheitsrats vielleicht voraussehen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Oostergetelo.

Jan Oostergetelo (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001650, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Her Staatsminister, ich habe mit Freude zur Kenntnis genommen, daß Sie der Meinung sind, daß jetzt nicht die Frage der Verurteilung, sondern die Frage der konkreten Hilfe auf allen Ebenen an erster Stelle zu stehen hat. Ich frage daher die Bundesregierung, ob sie die Anrainerstaaten hat wissen lassen, daß sie bereit ist, ihnen Hilfestellung zu leisten, soweit sie bereit sind, Menschen zu übernehmen. Könnten Sie uns sagen, wie das Ergebnis dieser Anfragen aussieht?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich muß offen sagen, ich habe die Frage jetzt wirklich nicht richtig verstanden. Soll ich Ihnen darüber Auskunft geben, wie die Anrainerstaaten bereit waren und bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen? - Ich könnte Ihnen die Zahlen vortragen, aber ich möchte eigentlich nicht für die verschiedenen anrainenden Länder einzelne Zahlen nennen. Doch ich weise darauf hin, daß in allen Nachbarstaaten Vietnams die Frage weiterer Aufnahme von Flüchtlingen sehr kritisch gesehen wird - aus Gründen, die, wie ich vorhin sagte, auf die innere Struktur dieser Länder zurückzuführen sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, sind Sie bereit und ist die Bundesregierung in der Lage, die Überlegung anzustellen, daß in Anbetracht von im vergangenen Jahr in der Welt insgesamt zu verzeichnenden 12,6 Millionen Flüchtlingen in allen Regionen die Erörterung der theoretischen Lösungen und der Unmenschlichkeit in der UN-Vollversammlung die eine Seite der Angelegenheit ist und die Überwindung der aktuellen Situation Indochinas das zweite Thema einer mehr praktisch angelegten, lokal orientierten Konferenz?

Not found (Gast)

Herr Kollege, dies ist die Position der Bundesregierung; ich versuche, sie so zu beschreiben. Genau diesen Weg versuchen wir zu gehen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Gerster!

Dr. h. c. Johannes Gerster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000671, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, nachdem die bilateralen Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und Vietnam, sicherlich auch zwischen anderen Staaten und Vietnam, nicht zu einem Ende der Vertreibung geführt haben, im Gegenteil die Zahlen weiter zunehmen, frage ich Sie: Glauben Sie nicht, daß angesichts der drohenden Lebensgefahr für viele Menschen in diesem Raum der Zeitpunkt gekommen ist, daß die UN, und zwar möglichst mit einheitlicher Stimme, nun in eindeutiger Form das Handeln dort verurteilen muß und daß die Empörung, die viele Menschen in der Welt empfinden, auch in offiziellen Erklärungen der UN, aller Staaten und speziell auch der Bundesrepublik Deutschland ihren Ausdruck finden muß?

Not found (Gast)

Herr Kollege Gerster, ich habe vorhin darauf hingewiesen, daß eine Vollkonferenz der Vereinten Nationen wenn irgend möglich den richtigen Erfolg im Sinne unserer Anliegen und im Interesse der Flüchtlinge haben muß. Wenn Sie sich die Gesamtlage in den Vereinten Nationen ansehen, dann werden Sie sehen, daß man eine solche Konferenz mindestens sehr sorgfältig vorbereiten muß, um zu einem Ergebnis zu kommen, das in etwa unserer Position entsprechen würde.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Köhler.

Dr. Volkmar Köhler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001154, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, stimmen Sie mit mir darin überein, daß die Bundesregierung jede erdenkliche politische Initiative nachdrücklich unterstützen sollte, die geeignet ist, die Politik Vietnams zu beeinflussen und damit der Wurzel des Übels zu steuern, weil die alleinige Beschränkung auf humanitäre oder entwicklungspolitische Maßnahmen eben gerade den Zynismus dieser Vertreibungspolitik noch begünstigen müßte?

Not found (Gast)

Ich stimme mit Ihnen darin überein, Herr Kollege, daß es darauf ankommt, die Ursachen der Flüchtlingsströme anzugehen und den Flüchtlingen, die es heute schon gibt, zu helfen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, ich rufe noch vier Abgeordnete auf, die sich jetzt gemeldet haben, möchte aber gleich ankündigen, daß ich mit Rücksicht auf die Kollegen, die andere Fragen gestellt haben, bei den folgenden Fragen die Zahl der Wortmeldungen neben dem Fragesteller auf je drei begrenzen werde. Ich glaube, damit werden wir allen Notwendigkeiten gerecht. Eine Frage des Herrn Abgeordneten Marx.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Obwohl ich, Herr Staatsminister, Ihre Skepsis hinsichtlich einer mutmaßlichen Beschlußfassung im Sicherheitsrat teile, möchte ich gern fragen, ob Sie nicht glauben, daß bei viel geringfügigeren Anlässen der Sicherheitsrat schon zu Nachtsitzungen zusammengekommen ist, und ob es nicht auch wegen der Debatte und der öffentlichen Wirkungen, die diese haben könnte, wichtig wäre, daß sich die Bundesregierung mit anderen Regierungen zusammentäte, um eine solche, sehr baldige Behandlung dieses Problembereichs im Sicherheitsrat zu beantragen.

Not found (Gast)

Wir sind mit anderen bemüht, Einigkeit über eine solche Debatte herzustellen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Kittelmann.

Peter Kittelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001106, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, können Sie bestätigen oder eine Aussage darüber machen, ob bei der Welthandelskonferenz UNCTAD V in Manila die beiden Vertreter der Bundesregierung, die Herren Minister Lambsdorff und Offergeld, die Gelegenheit benutzt haben, sich unmittelbar vor Ort über die Lage der Flüchtlinge zu informieren, und können Sie sagen, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergriffen hat, die sie im Hinblick auf die in der UN zu behandelnden Themen den dort anwesenden Entwicklungsländern in Diskussionen anbieten kann?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe das zwar nicht in den Protokollen der Gespräche nachgelesen, aber ich gehe davon aus - das scheint mir selbstverständlich zu sein -, daß diese Gespräche bei gegebener Gelegenheit geführt worden sind. So wie der Bundesaußenminister auf seinem Wege nach Tokio in der Region Station machen wird, um das Problem vor Ort zu beraten. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Althammer.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, würden Ihrer Skepsis hinsichtlich der Möglichkeiten in den Vereinten Nationen nicht die verschiedenen, sehr dringlichen Appelle der Staatschefs der ASEAN-Staaten entgegenstehen, die darauf hingewiesen haben, daß durch die Entwicklung dieses Vertriebenenproblems in Südostasien eine höchst explosive Lage entstehen kann?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wir beziehen alle Informationen ein.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hoffacker.

Dr. Paul Hoffacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000934, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, unterstützen Sie die internationale Flüchtlingskonferenz, die anberaumt werden soll, und welche Stellungnahme beziehen Sie zu dem dort zu verhandelnden Sieben-Punkte-Programm, das allen betroffenen Ländern besonders gut helfen soll?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Bundesregierung - ich wiederhole das - unterstützt die Einberufung der Konferenz über die Flüchtlingsprobleme in Indochina. Wir haben das auf der Ministerratskonferenz am 18. Juni ausdrücklich getan. Wir unterstützen alle praktischen Vorschläge, die den Flüchtlingen helfen können.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Dringlichkeitsfrage 4 des Herrn Abgeordneten Dr. Hüsch auf: Ist die Bundesregierung bereit, durch sofortigen Einsatz zusätzlicher Mittel zu den materiellen Voraussetzungen einer schnellen humanitären Lösung des Problems der Vietnamflüchtlinge beizutragen?

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Die Bundesregierung wird auch künftig über die für diesen Problemkreis eingerichtete und erfolgreich arbeitende Organisation der Vereinten Nationen, den Hohen Flüchtlingskommissar, zur Erleichterung des Loses der Indochinaflüchtlinge beitragen. Insgesamt hat sie seit 1975 die Indochina-Programme des Hohen Flüchtlingskommissars mit 13,9 Millionen DM unterstützt. 1979 wares es bisher aus Mitteln der humanitären Hilfe 3 Millionen DM. In Kürze wird dem Hohen Flüchtlingskommissar ein weiterer Betrag für die Programme zur Verfügung gestellt werden können. Herr Genscher wird an Ort und Stelle über die Summe und ihre Anwendung beraten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, sind Sie in der Lage, etwas näher anzudeuten, worauf sich die Zusicherung von Herrn Genscher anläßlich seiner örtlichen Besuche erstrecken wird und welches Finanzvolumen die Zusagen beinhalten werden?

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Die Zusicherungen werden sich in erster Linie auf finanzielle Hilfe erstrecken. Aber ich will dem Bundesaußenminister jetzt nicht vorgreifen, der den Betrag von seiner Verwendung und der Lage der Dinge vor Ort abhängig machen möchte.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Halten sich diese Zusagen im Rahmen des Haushalts, oder ziehen Sie in Erwägung, außerordentliche Mittel heranzuziehen?

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Die Bundesregierung hat für Aufwendungen im Rahmen der humanitären Hilfe immer wieder die Möglichkeit, auf den Einzelplan 60 zurückzugreifen. Ich gehe davon aus, daß dies im Rahmen des gegenwärtigen Haushalts möglich sein wird.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, an welche Art von humanitären Leistungen ist gedacht, und was wurde mit den 14 Millionen DM in der Vergangenheit getan?

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Herr Kollege, ich müßte Ihnen hier, wenn ich das berichten würde, die Arbeit des Hohen Flüchtlingskommissars im einzelnen darlegen. Denn das - die Mittel für die Organisation - sind Mittel, die wir nicht bilateral gegeben haben. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen eine Auflistung der Aktivitäten des Hohen Flüchtlingskommissars zu übersenden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, da die reale Zahl für 1979, wenn ich es recht verstanden habe, 3 Millionen DM beträgt, frage ich, ob der Herr Bundesaußenminister eine Zuwendung zusätzlicher Mittel etwa in der gleichen Höhe in Aussicht nimmt.

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Herr Kollege Czaja, ich bin zwar bereit, jede Auskunft zu geben, aber erlauben Sie mir, zu wiederholen: Ich möchte dem Bundesaußenminister in dieser Frage nicht vorgreifen, weil er sich vor Ort informieren und dann entscheiden möchte.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage mehr. Ich rufe dann die Dringlichkeitsfrage 5 des Herrn Abgeordneten Köster auf:. Mit welchen Sofortmaßnahmen wird die Bundesregierung die humanitäre Hilfe für Vietnamflüchtlinge leisten, und in welchem Umfang wird die Bundesregierung diese Hilfe gegenwärtig und in der nahen Zukunft erweitern?

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Die Bundesregierung wird auch künftig über die für diesen Problemkreis eingerichtete und erfolgreich arbeitende VN-Organisation arbeiten. Ich wiederhole im Grunde genommen für Sie, Herr Kollege, die Antwort, die ich Ihrem Kollegen Hüsch eben gegeben habe.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist es richtig, daß Ihre Antwort auf meine Zusatzfrage, deutschen Schiffen die Erlaubnis zur Rettung zu erteilen, deutlich macht, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, die Rettung von Bootsflüchtlingen aus unmittelbarer Todesgefahr selbst zu organisieren?

Not found (Gast)

Herr Kollege, diese Schlußfolgerung ist sicherlich völlig unbegründet. Wir können aber nur versprechen und auf uns nehmen, was wir auch halten und durchhalten können. ({0})

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, sind Sie bereit, zu erwägen, die in Aussicht genommene Entwicklungshilfe für Vietnam in humanitäre Hilfe umzuwidmen, die doch jetzt augenscheinlich dringend erforderlich ist?

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Frage ist mehrfach gestellt worden. Ich habe sie zuvor beantwortet. Wir werden jeden Weg gehen, der uns in den Stand versetzt, zu helfen und Einfluß zu üben, daß die Flüchtlingsströme, wenn irgend möglich, versiegen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Marx.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege von Dohnanyi, gibt es im Rahmen Ihrer und der Bundesregierung Überlegungen außer der Möglichkeit, daß deutsche Schiffe, die durch das betreffende Seegebiet fahren, in Seenot Befindliche aufnehmen, noch andere Möglichkeiten? Wird z. B. daran gedacht, ein weiteres Schiff dorthin zu entsenden, das nicht nur zufällig jemanden findet, sondern sich gezielt um Schiffbrüchige bemüht?

Not found (Gast)

Herr Kollege, es werden alle Überlegungen angestellt, die hilfreich sein können, und zu diesen Überlegungen gehört sicherlich auch die, die Sie hier eben geäußert haben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Oostergetelo.

Jan Oostergetelo (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001650, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, wir haben uns vor Ort überzeugen können, daß die Zusammenarbeit der Bundesregierung z. B. mit dem Roten Kreuz und der Caritas auf der Insel Bidong gut organisiert war und jetzt schon erste Früchte getragen hat. Ist daran gedacht, eine solche Zusammenarbeit auch im Blick auf andere Inseln herbeizuführen, und sind die Beziehungen zu den einzelnen Verbänden auch in anderen Fällen so gut, wie sie in dem genannten Falle sind?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wir berücksichtigen diese Erfolge, von denen Sie gesprochen haben, und werden versuchen, in dieser Richtung weiterzuarbeiten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Dringliche Frage 6 des Herrn Abgeordneten Hoffacker auf: Was wird die Bundesregierung 5n Zukunft unternehmen, um im Rahmen einer Familienzusammenführung in Vietnam noch ansässigen, aber in die Bundesrepublik Deutschland ausreisewilligen Familienangehörigen die Einreise nach hier zu ermöglichen und deren zugespitzte und unerträgliche Lage so schnell wie möglich zu beenden?

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Die für die humanitäre Aktion der Bundesregierung zur Aufnahme von Indochinaflüchtlingen bisher zur Verfügung stehenden Plätze sind für Fälle der Familienzusammenführung aus den Flüchtlingslagern in Südostasien und für Bootsflüchtlinge bestimmt. Sie werden hierfür auch dringend benötigt. Ich füge hinzu: Es besteht kein Zweifel daran, daß wir die Zahl der zur Verfügung gestellten Plätze werden erhöhen müssen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Paul Hoffacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000934, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, stimmt es, daß lediglich 150 Plätze - dies wäre eine blamable Zahl - zur Verfügung stehen?

Not found (Gast)

Nein, Herr Kollege, das stimmt natürlich nicht. Ich hatte vorhin darauf hingewiesen, daß wir insgesamt 5 228 Plätze zur Verfügung gestellt haben. Die Zahl der Plätze ist jetzt aber für weitere Anträge und weitere Notwendigkeiten sehr knapp geworden. Herr Kollege, deswegen wiederhole ich: Es wird die Notwendigkeit gegeben sein, die Zahl der Plätze noch einmal deutlich zu erhöhen. Der Bundeskanzler wird auf diesen Punkt am 6. Juli mit den Ministerpräsidenten der Länder zu sprechen kommen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Oostergetelo.

Jan Oostergetelo (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001650, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsminister, wir sind erfreut darüber, daß der Bundeskanzler mit den Ministerpräsidenten über dieses Thema sprechen wird. Meine Frage: Ist auch daran gedacht, das meiner Meinung nach unselige Quotensystem, das sich in Zahlen für die einzelnen Länder ausdrückt, zu ändern und sich an den Notwendigkeiten und nicht nur an den Zahlen zu orientieren?

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Herr Kollege, wir müssen versuchen, einer Vielzahl von Ansprüchen gleichzeitig gerecht zu werden. Das ist unser Problem. Angesichts des großen Flüchtlingsstroms aus Vietnam müssen wir unsere Leistungskraft erkennen und diese dann allerdings auch wirklich einsetzen und ausschöpfen. Wir müssen aber auch sehen, daß wir menschliche Mitverantwortung für die Flüchtlinge aus dieser Region nicht allein tragen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Kittelmann.

Peter Kittelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001106, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß die Aufnahme von Vietnamflüchtlingen im Rahmen der Familienzusammenführung teilweise unerträglich lange dauert und von anscheinend hohen bürokratischen Schwierigkeiten behindert wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege, es gibt sicherlich solche Fälle, obwohl ich sagen muß, daß wir bei Flüchtlingen aus anderen Ländern manchmal noch größere bürokratische Schwierigkeiten gehabt haben. Bei den Vietnam-Flüchtlingen ging manches sogar etwas schneller als in anderen Fällen. Aber wir werden auch über die Abwicklung dieser Fragen erneut mit den Ländern sprechen; denn dort liegt die Verantwortung für das, was Sie bürokratische Hindernisse nennen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hüsch.

Dr. Heinz Günther Hüsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000977, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, nachdem mir bei einem Besuch im Flüchtlingslager Manila erklärt worden war, daß eine dort lebende Familie auf die Genehmigung für die Ausreise in die Bundesrepublik warte, weil auf deutscher Seite die Voraussetzungen nicht geschaffen seien, frage ich: Können Sie zusagen, daß die Bundesregierung ihre Bemühungen auch darauf richtet, die Hemmnisse auf deutscher Seite abzubauen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wir sind ständig darum bemüht. Die Länder sind in dieser Frage unsere Partner. Wir haben dort - ich sage das hier - nicht nur bei Flüchtlingen aus Vietnam, sondern insbesondere auch bei politischen Flüchtlingen aus anderen Regionen häufig mehr Schwierigkeiten mit den Bürokratien, als, gemessen an dem dringenden Bedarf der Flüchtlinge, eigentlich angemessen wäre.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Die letzte Frage hierzu hat Herr Abgeordneter Hoffacker als seine zweite Zusatzfrage.

Dr. Paul Hoffacker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000934, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, auf die Zahlen zurückkommend, möchte ich Sie bitten, mir Aufklärung zu geben, wie es kommt, daß uns heute morgen im Ausschuß gesagt worden ist, 4 000 Plätze seien hier belegt, 1 000 von Flüchtlingen, die noch nicht hier, aber namentlich bekannt seien, und das freie Kontingent - und danach hatte ich gefragt - betrage 150 Plätze.

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich habe darauf doch hingewiesen. Das sind die Zahlen, die ich auch hier genannt habe. Ich habe gesagt: Wir haben 5 258 Aufnahmeplätze zur Verfügung gestellt. Etwa 4 000 davon sind ausgeschöpft. Dann gibt es Zusagen, insbesondere im Bereich der Familienzusammenführung. Sie haben recht, daß die Zahl der noch freien Plätze knapp ist. Ich wiederhole deswegen den Appell an Länder und Bürger dieses Landes, zu helfen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen - auch wenn wir den gesamten Strom der Flüchtlinge von dort selbstverständlich nicht auf unsere Schultern nehmen können und das Problem nicht allein werden bewältigen können.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe die Dringliche Frage 7 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx auf: Wird die Bundesregierung ihre diplomatischen Beziehungen zur sowjetischen Regierung, dem engen Verbündeten von Vietnam, unverzüglich nutzen, um dem Flüchtlingselend in Südostasien an der Wurzel entgegenzuwirken?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das Thema ist bereits im Gespräch mit der sowjetischen Botschaft in Bonn behandelt worden. Ich hatte darauf schon hingewiesen. Andere Regierungen sind bei entsprechenden Demarchen von sowjetischer Seite allerdings darauf hingewiesen worden, daß Vietnam eine souveräne Nation sei und sich die Sowjetunion nicht in deren Angelegenheiten einmischen werde. Es ist bereits die negative Äußerung des sowjetischen Pressesprechers in Wien zitiert worden. Wenn man das alles zusammenfaßt, wird man die Möglichkeiten der indirekten Einflußnahme auf diesem Wege nicht zu hoch veranschlagen können.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege von Dohnanyi, gibt es bei Kenntnis dieser sowjetischen Formel, die Sowjetunion wolle sich nicht einmischen, nicht die Möglichkeit, die guten Dienste der Sowjetregierung zu beanspruchen, zu erbitten, zu verlangen, in diesem Falle jenen humanitären Gesetzen zu folgen, die wir aus dem Munde der sowjetischen Führer so oft vernehmen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, das ist der Versuch, den wir machen. Auch hier sage ich wieder: Wir werden die Wege gehen, von denen wir uns unter den gegebenen Bedingungen den meisten Erfolg versprechen. Sie können versichert sein, daß das Gespräch mit der Sowjetunion über die Ursachen des Flüchtlingsstroms in Indochina nicht abreißen wird.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Roth.

Wolfgang Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001891, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es ist bekannt, daß die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen chinesischer Volkszugehörigkeit ist. Ist Ihnen bekannt, daß sich irgendwelche Politiker aus Europa, die besondere Beziehungen zur Volksrepublik China zu unterhalten vorgeben, bemüht haben, auf die Volksrepublik China einzuwirken, sich an der Lösung der Problematik zu beteiligen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, auch mit der Volksrepublik China werden Gespräche über diese Fragen geführt. Die Volksrepublik China hat auch einige Flüchtlinge aufgenommen. Allerdings gelangt auch eine erhebliche Zahl von Personen wieder aus der Volksrepublik China in die benachbarte Region. Aber es ist sicherlich richtig, daß jeder den ihm zur Verfügung stehenden Einfluß geltend machen sollte, um auch an dieser Stelle für Hilfe und Linderung zu sorgen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Die zweite Zusatzfrage des Fragestellers, Herr Dr. Marx, bitte.

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, treffen Informationen zu, daß erstens die Volksrepublik China selber in den vorigen etwa dreieinhalb Jahren sehr viele, weit über die Zahl von einhunderttausend hinausgehende Flüchtlinge aufgenommen hat, die über die Grenzen gejagt worden sind, und daß zweitens die Volksrepublik China kein Interesse daran hat, laut genannt zu werden, weil sie nicht als der Steuermann einer sogenannten chinesischen Fünften Kolonne in südostasiatischen Ländern angesehen werden will?

Not found (Gast)

Herr Kollege! Zum ersten Teil Ihrer Frage: Es ist richtig, daß deutlich mehr als einhunderttausend Flüchtlinge aus Vietnam in der Volksrepublik China aufgenommen wurden. Zum zweiten Punkt bitte ich Sie, die chinesische Regierung selbst zu fragen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, da Sie sich in dieser Fragestunde über den Kolonialismus geäußert haben, habe ich die Frage: Ist die Vertreibung der Chinesen aus Vietnam nicht eine grausame Spielart des Neokolonialismus?

Not found (Gast)

Herr Kollege! Noch einmal: Der Versuch, Worte und vorgestanzte Begriffe für politische Zusammenhänge zu verwenden, die wir hier, so scheint mir doch, im Einklang miteinander beschrieben haben, führt uns wirklich nicht weiter. Wir kritisieren scharf eine Politik, die den Flüchtlingsstrom verursacht, und bekämpfen diese Politik mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Aber mit Worten und Begriffen werden wir hier wohl nicht sehr viel weiterkommen. ({0}) - Frau Präsidentin, darf ich darauf ein Wort sagen? Erlauben Sie mir das ausnahmsweise? - Ich habe das nicht gesagt, Herr Kollege Hupka. Ich habe darauf hingewiesen, daß eine lange Kolonialgeschichte in der Welt eine der Mitursachen für die heutigen Flüchtlingsströme in der Welt ist, ({1}) nämlich z. B. dadurch, daß in der Welt von den Kolonialmächten Grenzen gezogen worden sind, die in keiner Weise den Grenzen entsprechen, die sich nach Sprache, Kultur, Volksstämmen usw. gebildet hätten. ({2}) Wer das nicht erkennt, Herr Kollege Hupka, sieht nicht unsere Mitverantwortung für die Probleme, die ja in dieser Welt erst begonnen haben und mit denen wir in den vor uns liegenden Jahren fertig werden müssen. ({3})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Todenhöfer.

Dr. Jürgen Todenhöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002333, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, gestatten Sie, daß ich auf die Ursprungsfrage des Herrn Kollegen Dr. Marx zurückkomme und Sie frage, ob Sie mit mir der Auffassung sind, daß das Regime von Vietnam, falls es zu einem verstärkten westlichen Druck auf Vietnam kommt, seine Vertreibungspolitik nur dann fortsetzen kann, wenn diese Politik von der Sowjetunion abgedeckt wird, und daß es schon deswegen erforderlich wäre, auf die Sowjetunion stärker einzuwirken, als es bisher geschehen ist?

Not found (Gast)

Aber, Herr Kollege, wir haben doch mit der Sowjetunion darüber gesprochen. Das haben wir getan, weil wir der Meinung waren, daß dies ein möglicher Weg ist, um Einfluß auf die Politik zu nehmen. Wir werden das Gespräch nicht abreißen lassen, wie ich dem Kollegen Marx soeben gesagt habe, wobei er mir zustimmend zugenickt hat. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Damit sind die Dringlichen Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärti12862 Vizepräsident Frau Funcke gen beantwortet. Vorläufig darf ich Ihnen danken, Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi. Wir kommen gleich zu den übrigen Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich. Zunächst rufe ich den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Zander zur Verfügung. Ich rufe die Frage 40 des Herrn Abgeordneten Glos auf: Ist die Bundesregierung bereit, in ihr Forschungsprogramm Untersuchungen aufzunehmen, die Klarheit darüber schaffen, ob h und inwieweit der Verzehr hochungesättigter Fettsäuren krankheitsverursachend ist?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Glos, bei Vorliegen qualifizierter Anträge ist die Bundesregierung grundsätzlich bereit, im Rahmen des Programms zur Förderung von Forschung und Entwicklung im Dienste der Gesundheit entsprechende Untersuchungen zu fördern.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage. Glos ({0}) : Herr Staatssekretär, warum wird die Bundesregierung hier nicht von sich aus im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit tätig?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Glos, das Programm, von dem ich gesprochen habe, hat bestimmte Schwerpunkte, die sich an Herz- und Kreislauferkrankungen orientieren, und ist überwiegend anwendungsorientiert. Aber das Programm ist nicht darauf beschränkt. Die Bundesregierung kann jedoch nur ihre Bereitschaft zur Förderung bekunden. Sie kann nicht von sich aus die wissenschaftlichen Fragestellungen vorgeben. Deshalb kann ich nur wiederholen: Bei entsprechend qualifizierten Anträgen könnte eine Förderung erfolgen. Es ist im übrigen ja nicht so, daß auf diesem Gebiet nicht intensivst geforscht würde. Die gestrige Fragestunde hat ja gezeigt, daß auch auf europäischer Ebene große Anstrengungen unternommen werden, um diese Zusammenhänge zu klären.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Michael Glos (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000691, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Presseveröffentlichungen zeigen, daß dieses Kapitel doch sehr die Öffentlichkeit bewegt. Würden Sie für die Zukunft veranlassen, daß sich auch das Bundesgesundheitsamt in Berlin mit dieser Frage beschäftigt?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Es ist keineswegs so, daß diese Frage dort keine Aufmerksamkeit findet. Selbstverständlich ist das ein Thema, das auch dort Beachtung findet.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Kiechle.

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, eine Reihe von Wissenschaftlern - der Zeit halber will ich sie hier nicht aufführen; aber es sind mindestens zehn - hat in den letzten sechs, acht Jahren festgestellt, daß eine gewisse Gefahr besteht, daß durch den zu hohen Genuß von ungesättigten Fettsäuren auch Krebserkrankungen gefördert werden. Sind Sie nicht der Auffassung, daß es angesichts dieser Tatsache der Bundesregierung im Hinblick auf ihre Verpflichtung, über die Volksgesundheit zu wachen, obliegt, von sich aus solche Forschungen anzustellen und nicht nur auf Antrag irgendwelcher Bereiche?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Kiechle, ich kann nur wiederholen, was ich bereits gestern gesagt habe. Diese Frage ist wissenschaftlich nicht abschließend und ausreichend geklärt. Es gibt unterschiedliche Standpunkte. Die Bundesregierung denkt nicht daran, in dieser Frage Partei zu ergreifen, bevor eine gründliche Klärung erzielt worden ist.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage der Frau Abgeordneten Martiny-Glotz.

Dr. Anke Riedel-Martiny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001428, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Einschätzung, daß die Frage deshalb als so bedeutsam stilisiert wird, weil beachtliche Industriekapazitäten dahinterstehen, die im einen Fall nachzuweisen versuchen, daß die Margarine gesund ist, und im anderen Fall nachzuweisen versuchen, daß die Butter gesund ist? Würden Sie nicht auch dazu neigen, diese Haltung dadurch zu entkräften, daß Sie generell zu weniger Fettkonsum ermuntern?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Was Sie zuletzt in Ihrer Frage ausgedrückt haben, entspricht auch den Ratschlägen, die für eine gesunde Ernährung immer wieder gegeben werden. Zum ersten Teil Ihrer Frage: Auch ich vermag im Hintergrund dieses Themas durchaus Auseinandersetzungen um Marktanteile zu erkennen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 41 der Frau Abgeordneten Martiny-Glotz auf: Wie beurteilt die Bundesregierung Untersuchungsergebnisse des TÜV-Bayern, der auf Spielplätzen bei 129 von 182 Spielgeräten schwere Sicherheitsmängel festgestellt hat, und hält sie eventuell Regelungen für die Zulassung und regelmäßige Prüfungen z. B. von Kinder-Karussells, -Rutschen, -Schaukeln und -Seilbahnen für notwendig? . Zander, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, die Bundesregierung bedauert, daß auf Kinderspielplätzen immer wieder technische Mängel an den Spielgeräten festgestellt werden. Die technische Sicherheit dieser Geräte ist um so wichtiger, weil sich Kinder auf Kinderspielplätzen nicht der Gefahr bewußt sind, die von technisch unsicheren Spielgeräten ausgeht. Nach dem Gesetz über technische Arbeitsmittel dürfen Spielplatzgeräte von Herstellern und Importeuren nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn sie sicher sind, das heißt letztlich, wenn sie den einschlägigen Sicherheitsnormen entsprechen. Die sicherheitstechnischen Anforderungen an Kinderspielgeräte werden insbesondere in DIN 7926 Teil 1 und Teil 3 festgelegt. Zwei weitere Spezialnormen für Schaukeln und Seilbahnen sind in Vorbereitung. Die Ergebnisse der TÜV-Kontrollen haben gezeigt, daß die eigentlichen Probleme bei Kinderspielplätzen besonders da auftreten, wo die Kinderspielplätze vor Erscheinen der DIN-Norm errichtet worden sind. Die Träger und Errichter von Kinderspielplätzen sollten daher verstärkt auf die Notwendigkeit hingewiesen werden, bei der Beschaffung von Kinderspielgeräten darauf zu achten, daß diese von einer vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung bezeichneten Prüfstelle einer Baumusterprüfung unterzogen worden sind und somit das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit tragen. Dann kann davon ausgegangen werden, daß diese Spielgeräte den sicherheitstechnischen Anforderungen entsprechen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das Gerätesicherheitsgesetz, die Sicherheitsbestimmungen und Vorschriften aus den fachlichen Weisungen, die Sicherheitsbestimmungen des Gemeindeunfallverbandes und die baupolizeilichen Anordnungen ausreichend sein müßten, um die Sicherheit der Kinder auf Spielplätzen zu gewährleisten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Anke Riedel-Martiny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001428, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie haben einen Teil meiner Frage noch nicht hinreichend angesprochen, nämlich was die Bundesregierung zu unternehmen gedenkt, um die gegenwärtigen technischen Mängel, die, wie Sie ausgeführt haben, auf überholte oder noch nicht vorhandene Normen zurückzuführen sind, zu bekämpfen und hier für eine größere Sicherheit zu sorgen.

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Frau Kollegin, es hat sich gezeigt, daß die Mängel an Kinderspielplätzen - gerade die von Ihnen genannte Untersuchung hat das zutage gefördert - bei weitem nicht immer, ja noch nicht einmal überwiegend auf die dort befindlichen Geräte zurückzuführen sind, sondern auf eine ganze Reihe anderer Fragen, die die Gesamtanlage der Spielplätze berühren. Die Bundesregierung hat hier nur begrenzte Möglichkeiten, die Einhaltung der genannten Normen sicherzustellen. Aber sie versucht natürlich mit den Mitteln, die sie zur Verfügung hat, etwa durch Demonstrationsvorhaben, Demonstrationsspielplätze, darauf hinzuwirken, daß sich der Charakter der Spielplätze und die Sicherheit dort verbessert.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Anke Riedel-Martiny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001428, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie die Diskussion im Internationalen Jahr des Kindes für eine geeignete Transportmöglichkeit halten, um darauf hinzuweisen, daß verstärkt Normen erstellt, modernisiert werden müssen und sich die Spielplatzbauer auch daran halten müssen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Das ist ohne Zweifel eine geeignete Gelegenheit. Ich weiß aus den Erfahrungen bisher schon, daß gerade auf kommunaler Ebene, wo ja solche Dinge eine besondere Rolle spielen, viel unternommen wird, um die Aufmerksamkeit auf diesen Teil zu lenken. Aber das muß sicher noch verstärkt werden; da gebe ich Ihnen recht.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Holtz.

Prof. Dr. Uwe Holtz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000948, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, in bezug auf die Kinderspielplätze daran zu denken, eventuell eine TÜV-Pflicht einzuführen, so daß Kinderspielplätze alle zwei oder drei Jahre überprüft werden?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege, ich meine, daß die Bestimmungen ausreichen, die für Hersteller und Importeure gelten. Ich habe deutlich gemacht, daß ein Teil der Probleme darin besteht, daß Geräte auf Spielplätzen sind, die dort errichtet wurden, bevor diese Normen geschaffen wurden. Die Rechtslage scheint mir ausreichend zu sein. Es muß nur modernisiert werden, und es muß darauf geachtet werden, daß künftig diese entsprechenden Prüfungen erfolgen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Dann danke ich Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Wir kommen nun wieder zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes, Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi. Die Fragen 68 und 69 des Herrn Abgeordneten Picard sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe Frage 70 des Herrn Abgeordneten Voss auf: Trifft es zu, daß die Bundesregierung die in Rhodesien lebenden Bundesbürger mit Miniatur-Flaggen und -Abzeichen ausstatten will, um sie und ihren Besitz vor terroristischen Übergriffen zu schützen? Bitte, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege, die Feststellung, die Sie in Ihrer Frage getroffen haben, trifft zu.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Voss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002396, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß sie sich durch derartige Überlegungen oder gar Maßnahmen bei allen Afrikakennern dem Ruf aussetzt, die Probleme in Afrika nicht richtig einzuschätzen?

Not found (Gast)

Ich glaube nicht, daß Ihr Urteil hier richtig ist, Herr Kollege. Unsere Maßnahme ist ein möglicher Weg, um im Notfall vielleicht zu helfen. Niemand verspricht sich davon eine Lösung der Probleme.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Voss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002396, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie vermögen Sie es sich denn zu erklären, daß diese Maßnahme nicht nur bei den in Rhodesien lebenden Deutschen, sondern auch von offiziellen Stellen in Rhodesien mit Achselzucken, Kopfschütteln und Lachen aufgenommen worden ist?

Not found (Gast)

Herr Kollege, mir ist das so nicht bekannt. Ich bin gerne bereit, dem noch einmal nachzugehen. Nach den mir vorliegenden Informationen ist das ein möglicher Weg, um im Notfall Hilfestellung geben zu können.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Frage. Dann rufe ich Frage 71 des Herrn Abgeordneten Voss auf: Hat die Bundesregierung gegebenenfalls die in Rhodesien lebenden Deutschen über die Erfolgsaussichten ihrer Pläne befragt, und hat sie verläßliche Erkenntnisse darüber, ob in der Vergangenheit weiße Bevölkerungsgruppen wegen ihrer Nationalität von Terrormaßnahmen im afrikanischen Raum ausgenommen worden sind? Bitte, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Die Antwort lautet: nein. Denn es handelt sich bei der Verteilung von Schutzscheinen um eine routinemäßige Vorsorgemaßnahme, die im Rahmen des allgemeinen Krisenplans für Spannungsgebiete vorgesehen ist. Selbstverständlich stützen sich solche und andere Maßnahmen der Krisenvorsorge auch auf vorangegangene Erfahrungen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Voss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002396, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, hat sich die Bundesregierung im Rahmen dieser Maßnahmen einmal darüber in Kenntnis gesetzt, wie bei Rebellenaktionen die Weißen überhaupt behandelt worden sind? Ist ihr dabei nicht aufgestoßen, daß sie gemeinhin alle über einen Kamm geschoren und keine Ausnahmen gegenüber irgendeiner Nationalität gemacht worden sind?

Not found (Gast)

Herr Kollege, zunächst kommt es uns ja darauf an, die Chancen für eine Hilfe im Notfall zu verbessern. Ich muß offen sagen, ich verstehe nicht ganz, warum Sie die Bundesregierung dahin drängen wollen, eine solche mögliche Chance nicht wahrzunehmen. Ich habe ausdrücklich gesagt, daß es keine Lösung der Probleme ist. Aber es ist eine mögliche Hilfe in einer Notsituation.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Voss (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002396, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, vermögen Sie mir denn zu sagen, wann die Bundesregierung bereit sein wird, durch Anerkennung der durch demokratische Wahlen zustande gekommenen Regierung dazu beizutragen, terroristische Aktionen wirksamer zu bekämpfen, als es durch diese Maßnahmen je der Fall sein dürfte?

Not found (Gast)

Herr Kollege Voss, ich bin sicher, Sie wissen so gut wie ich, daß hier in erster Linie nicht die Bundesregierung, sondern die britische Regierung gefragt ist. Sodann ist in gemeinsamen Entscheidungen zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage Stellung zu nehmen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Frage. Dann rufe ich die Frage 73 - des Herrn Abgeordneten Hupka - auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß deutsche Reiseunternehmen von ihren Kunden bei der Ausfüllung von Visa-Anträgen Orts- und Staatsbezeichnungen verlangen, die im Widerspruch zu den Geburtsurkunden stehen, weil sich sonst keine Einreisemöglichkeit in die Staaten des Ostblocks eröffnet, und was gedenkt sie dagegen zu tun, daß derartige Angaben von den Staaten des Ostblocks verlangt werden? Bitte, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Der Bundesregierung ist von einer derartigen, generellen Praxis weder bei deutschen Reiseunternehmen noch bei osteuropäischen Staaten etwas bekannt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, sind Ihnen aber Einzelfälle bekannt - wenn Sie die Praxis generell abstreiten?

Not found (Gast)

Nein, ich kann auch solche Einzelfälle, Herr Kollege, hier nicht bestätigen. Uns sind Merkblätter von einzelnen Reiseunternehmen zur Kenntnis gelangt, in denen für Reisen nach Polen bei Geburt vor dem 8. Mai 1945 empfohlen wird, die polnische Bezeichnung des Geburtsortes in den Visumsantrag einzusetzen. Aber Ihre Frage war ja anders.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, wie beurteilen Sie dann ein Formular, auf dem man ein Visum für die Tschechoslowakei beantragen kann, wenn es darin heißt: bei Geburtsland ist die heutige Bezeichnung anzugeben, z. B. Thüringen, Sachsen gleich DDR, Sudetenland gleich CSSR, Schlesien gleich Polen, Litauen, Lettland gleich UdSSR? Hier werden die Antragsteller doch zur Urkundenfälschung angeregt und verleitet.

Not found (Gast)

Herr Kollege Hupka, ich habe zu dieser Frage doch wiederholt Auskunft gegeben und versucht, Ihnen mit viel Geduld deutlich zu machen, daß es sich in diesen FälStaatsminister Dr. von Dohnanyi len natürlich nicht um Urkundenfälschung handelt und daß Staaten befugt sind, die für Visen und andere offiziellen Vorgänge auszufüllenden Formulare auf Grund der staatlichen Hoheit zu gestalten und zu formulieren. Dies habe ich hier aber ganz bestimmt heute zum zehnten Mal festgestellt, Herr Kollege Hupka. Ich bin aber bereit, es noch einmal zu wiederholen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weiteren Fragen. Ich rufe die Fragen 74 und 75 des Herrn Abgeordneten Klepsch auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Seine Fragen 74 und 75 werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf: Wird die Bundesregierung in der sorgfältigen Vorbereitung des Madrider Treffens ({0}) den verbündeten NATO-Staaten das gesamte Material über die menschenrechtliche Lage der Deutschen und die Verweigerung von Grundfreiheiten für sie im Ostblock darlegen sowie gemeinsame Forderungen auch für die Verbesserung der Lage der Deutschen im Bereich aller Menschenrechte ({1}) betreiben?

Not found (Gast)

Herr Kollege Czaja, die Antwort lautet: Ja.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird die Bundesregierung rechtzeitig alles Material, das diesbezüglich verfügbar ist, der Vorbereitungskommission der NATO-Staaten vorlegen und zu diesem Zweck von allen Institutionen, die Belegmaterial zur Verfügung stellen können, dieses einfordern?

Not found (Gast)

Wir werden wie in der Vorbereitung für Belgrad rechtzeitig und umfassend informieren.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, ich habe ja gefragt, ob Sie bei der nächsten Folgekonferenz der besonders erfolgreichen Vorbereitungskommission der NATO-Staaten ein solches Material, das die Menschenrechtsverletzung an Deutschen betrifft, rechtzeitig zuleiten werden. Bezieht sich Ihre Antwort auf dieses Material?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wir werden wie beim letzten Mal rechtzeitig und umfassend informieren. Dazu gehören alle Gremien, in denen entsprechende Vorbereitungen stattfinden. Das ist doch selbstverständlich.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Czaja auf: Ist es den Deutschen östlich von Oder und Neiße möglich, Vereine zu gründen, die ähnliche Ziele wie mehrere polnische Verbände in der Bundesrepublik Deutschland haben, und wenn nein, wird sich die Bundesregierung darum bemühen, daß gemäß ihrer Zusage im Bundesrat auf der Grundlage des Gegenseitigkeitsprinzips und der Verpflichtungen des politischen Menschenrechtspaktes die Gründung solcher Vereinigungen von deutschen Staatsangehörigen im jetzigen Zuständigkeitsbereich polnischer Behörden gewährleistet wird?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wie Ihnen bekannt ist, sind Anfang der fünziger Jahre eine Reihe deutscher kultureller Vereinigungen gegründet worden, deren Zahl und Aktivitäten in der Zwischenzeit jedoch - nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit der Ausreiseentwicklung - zurückgegangen sind. Es gibt solche Gesellschaften noch in Breslau, Waldenburg und Liegnitz. Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer Gespräche mit der polnischen Regierung über die sprachlichen und kulturellen Rechte für die Deutsche in Polen unter Hinweis auf die weit umfang- . reichere Tätigkeit polnischer Vereinigungen im Bundesgebiet deutlich gemacht, daß sie einen vergleichbaren Ausbau der Tätigkeiten der Vereinigungen in Polen für wünschenswert hält.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, da Sie zum ersten Mal - gegenüber allen bisherigen Auskünften in Ausschüssen und sonst - darauf hingewiesen haben, daß es solche Vereinigungen gebe und nach 1950 vermehrt gegeben habe, obwohl dies nach den damals geltenden polnischen Gesetzen unzulässig war, möchte ich Sie fragen, ob Sie uns die Namen der Vereinigungen und die Orte, in denen solche Vereinigungen heute noch bestehen, bekanntgeben können?

Not found (Gast)

Herr Kollege, diese Auskunft kann sicherlich im Rahmen dessen gegeben werden, was ich hier soeben in meiner Antwort bereits festgestellt habe.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Weitere Zusatzfrage.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, Sie haben noch nicht zum Gegenseitigkeitsprinzip Stellung genommen. Werden Sie mit dem reichen Material, mit dem Sie das Bundesministerium des Innern über die umfassende Tätigkeit polnischer Organisationen und über deren Satzungszweck in der Bundesrepublik Deutschland versorgt, um die Durchsetzung des Gegenseitigkeitsprinzips ringen, auch im Zusammenhang mit den großen Bürgschaften, die jetzt für Polen in Aussicht gestellt sind, wie es die Bundesregierung im Bundesrat zugesagt hat?

Not found (Gast)

Herr Kollege Czaja, ich dachte, ich hätte Ihre Frage in diesem Punkt beantwortet. Wir haben gegenüber der Volksrepublik Polen darauf hingewiesen, daß - anders als für die polnischen Gruppierungen bei uns im Lande - für deutsche kulturelle Vereinigungen in Polen größere Schwierigkeiten bestehen. Wir versuchen, hier das Gleichgewicht herzustellen - mit all den Schwierigkeiten und Problemen, die uns bekannt sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hupka.

Dr. Herbert Hupka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000982, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, zeichnen sich auf Grund der Bemühungen, von denen Sie gerade berichtet haben, irgendwelche Aussichten auf Gründungen von Vereinen und deutschen Kulturgruppen im Herrschaftsbereich der Volksrepublik Polen ab?

Not found (Gast)

Herr Kollege, man muß die besondere Lage und die historisch gegebenen Bedingungen im Hinblick auf eine solche Entwicklung in Polen erkennen. Wenn man das tut, wird man mit Prognosen vorsichtig sein. Aber wir werden das Gespräch fortführen. Wenn es uns gelingt, im Rahmen der Entspannungspolitik Ausgleich und Versöhnung schrittweise zu festigen, wird eines Tages auch die Möglichkeit bestehen - dessen bin ich sicher -, solchen Vereinigungen eine größere Wirkungsmöglichkeit zu geben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Weitere Zusatzfrage? - Dann danke ich Ihnen, Herr Staatsminister. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Mahne zur Verfügung. Ich rufe die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Roth auf: Gibt es Pläne beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen, mit den entsprechenden Ministerien der EG-Staaten, Osterreichs und der Schweiz dahin gehend Verhandlungen aufzunehmen, daß die Rabatte, die die Bundesbahn den Inhabern der Seniorenpässe auf den Inlandsstrecken gewährt, auch für Fahrten in die oben genannten Staaten in Anspruch genommen werden können, und, wenn ja, wieweit sind diese Pläne bereits konkretisiert worden?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege Roth, derartige Pläne gibt es nicht, da bereits heute Inhaber von Seniorenpässen unter gewissen Voraussetzungen Fahrpreisermäßigungen bei Fahrten in bestimmte EG-Staaten sowie nach Osterreich und in die Schweiz in Anspruch nehmen können.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage? Dann rufe ich die Frage 43 des Abgeordneten Merker auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal, so daß diese Frage wie auch die Frage 44 des Abgeordneten Merker schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 45 der Abgeordneten Frau Dr. Hartenstein auf: Ist die Bundesregierung bereit, als Beitrag zur Bekämpfung des Verkehrslärms die Hubraumbegrenzung auf 50 ccm für Klein-Krafträder aufzuheben und statt dessen eine neue Definition des Kleinkraftrads einzuführen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Frau Kollegin Hartenstein, die Antwort lautet: Ja. Es ist vorgesehen, das Kleinkraftrad durch ein sogenanntes Leichtkraftrad abzulösen, das einen Hubraum von mehr als 50 ccm und nicht mehr als 80 ccm, eine Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 80 km/h und eine Nennleistungsdrehzahl von nicht mehr als 6 000 Umdrehungen in der Minute haben wird. Infolge dieser technischen Bedingungen wird die zulässige Geräuschentwicklung beim Leichtkraftrad etwa um 4 dB niedriger sein als beim Kleinkraftrad. Wegen der Drehzahlbeschränkung wird das Leichtkraftrad auch nicht die als so unangenehm empfundenen hohen Geräuschfrequenzen entwickeln. Das Leichtkraftrad wird deshalb umweltfreundlicher sein als das bisherige Kleinkraftrad. Ein entsprechender Verordnungsentwurf liegt dem Bundesrat bereits vor

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Liesel Hartenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000815, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, in welchem Zeitraum es der Industrie voraussichtlich möglich sein wird, diese Umstellung vorzunehmen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Ich kann Ihnen darüber keine genaue Auskunft geben. Aber ich gehe davon aus, daß das Fahrzeug am 1. Oktober 1980 zur Verfügung steht.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage? Dann rufe ich die Frage 46 der Abgeordneten Frau Hartenstein auf: Hält die Bundesregierung es angesichts der hohen Verkehrsdichte und der alarmierenden Unfallzahlen in unserem Land für vertretbar, Motorräder mit über 1000 ccm Hubraum und einer Höchstgeschwindigkeit von über 200 km/h zuzulassen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Frau Kollegin, es gibt derzeit nur wenige derartiger Kraftradtypen. Erkenntnisse, daß gerade diese Maschinen eine stärkere Beteiligung am Unfallgeschehen aufweisen als Krafträder der darunter liegenden Hubraum- bzw. Leistungsklasse, liegen der Bundesregierung nicht vor. Sie hat daher zur Zeit nicht die Absicht, die Leistung, die Höchstgeschwindigkeit und/oder den Hubraum von Krafträdern gesetzlich zu begrenzen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Liesel Hartenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000815, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ausgehend von der Tatsache, daß nachweislich die Mehrzahl der im Straßenverkehr vorkommenden Unfälle auf überhöhte Geschwindigkeiten zurückzuführen sind und die Hälfte der Unfallopfer Fußgänger, Radfahrer oder Motorradfahrer sind, möchte ich sie fragen: Sehen Sie nicht doch einen Zusammenhang zwischen diesen Unfällen und diesen motorisierten Zweirädern, die sehr hohe Geschwindigkeiten möglich machen, und sind Sie nicht eventuell bereit, entsprechende Untersuchungen anstellen zu lassen, um zu klären, ob ein solcher Zusammenhang besteht?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Frau Kollegin, ich würde gern erst auf den ersten Teil Ihrer Frage eingehen und etwas zu der Darstellung der Unfallentwicklung sagen. Die Unfallentwicklung ist wegen ihres Ausmaßes durchaus besorgniserregend, aber nicht wegen ihrer jüngsten Entwicklung. So hat die Anzahl der Sachschadensunfälle im Jahre 1978 zwar um mehr als 8 % zugenommen, die der Personenschadensunfälle ist jedoch nicht angestiegen. Zu dem zweiten Teil Ihrer Frage: Die Bundesregierung wird bemüht sein, auf internationaler Ebene Gespräche zu führen - solche Gespräche sind bereits angelaufen -, die sich mit den besonderen Problemen von Krafträdern mit hoher Leistung und einem hohen Gewicht auseinandersetzen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Liesel Hartenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000815, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, in welchen Ländern außer der Bundesrepublik solche Motorräder mit über 1 000 ccm Hubraum noch zugelassen sind?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Nach den mir vorliegenden Unterlagen gibt es keine Länder, in denen diese Motorräder verboten sind. Aber es gibt einmal die Beschränkung der deutschen Kraftfahrzeugindustrie, die nur noch Motorräder mit nicht mehr als 75 kw, also mit nicht mehr als 100 PS, bauen will. In Japan gibt es für Krafträder mit einem hohen Hubraum eine freiwillige Selbstbeschränkung. Die Erschwerung der Führerscheinprüfungen für Kraftfahrzeugführer in diesem Bereich wird dort mit angestrebt. Ich könnte mir vorstellen, daß die europäischen Gespräche mit einer gleichen Zielrichtung geführt werden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 47 des Herrn Abgeordneten Klein ({0}) auf: Trifft es zu, daß mit der Einführung des Sommerfahrplans und damit des ,,Ein-Stunden-Taktes" bei Intercity-Zügen seit dem 28. Mai u. a. im Rhein-Main-Gebiet zahlreiche Nahverkehrs- und Berufszüge der Deutschen Bundesbahn mit geringerem Platzangebot, erheblichen Verspätungen und verschlechterten Umsteigemöglichkeiten verkehren?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Frau Präsidentin, wenn der Herr Abgeordnete Klein einverstanden ist, möchte ich wegen des Sachzusammenhanges seine beiden Fragen gemeinsam beantworten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Gut. Dann rufe ich auch die Frage 48 auf : Wird die Bundesregierung gegebenenfalls auf die Deutsche Bundesbahn einwirken mit dem Ziel, die derzeitige Bevorzugung des Fernverkehrs und Benachteiligung des Nah- und Berufsverkehrs mit Beginn des Winterfahrplans wieder zurückzunehmen und für eine gerechtere Berücksichtigung des Pendlerverkehrs zu sorgen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege Klein, zunächst muß festgestellt werden, daß die Bundesregierung nach wie vor dem öffentlichen Personennahverkehr eine hohe Bedeutung beimißt. Mit dem seit dem 27. Mai 1979 eingeführten IC- Verkehr im Ein-Stunden-Takt soll der Fernverkehr attraktiver gestaltet werden. Die Deutsche Bundesbahn hat sich jedoch auch zum Ziel gesetzt, den Nahverkehr in dieses Angebot einzubeziehen und besser mit dem Fernverkehr zu verknüpfen. Es kann leider nicht ausgeschlossen werden, daß es bei einer derart tiefgreifenden Fahrplanumstellung zu Anfangsschwierigkeiten kommen muß. So hat uns die für die Fahrplangestaltung eigenverantwortlich zuständige Deutsche Bundesbahn bestätigt, daß unmittelbar nach dem Fahrplanwechsel Überbesetzungen in den von Ihnen genannten Zügen zu verzeichnen waren. Hierzu hat aber auch beigetragen, daß infolge der zusätzlichen Anforderungen im Verkehr zu Pfingsten die erforderlichen Zusatzwagen nur mit Verzögerung bereitgestellt werden konnten. Dieser Zustand ist jedoch inzwischen weitestgehend behoben worden. Zum Pünktlichkeitsgrad der Nahverkehrszüge hat die Deutsche Bundesbahn darauf hingewiesen, daß nach der Überwindung von Anlaufschwierigkeiten die Nahverkehrszüge bereits in der Woche vom 11. bis 16. Juni 1979 in Frankfurt/Main Hauptbahnhof zu 93 % pünktlich oder nur mit geringfügigen Verspätungen bis zu fünf Minuten verkehrten. Damit wurde nahezu der Stand wie vor dem Fahrplanwechsel erreicht, als dieser Anteil 95 % betrug. Nach den Vorgaben des Frankfurter Verkehrsverbunds - hierauf möchte ich besonders hinweisen - für eine Ausweitung des Nah- und Bezirksverkehrsangebotes um 7 % ab 27. Mai 1979 war es in dem relativ kurzen Planungszeitraum auch aus den vorgenannten Gründen nicht in allen Fällen möglich, das Fahrplangefüge in bezug auf Zuganschlüsse optimal zu gestalten. Die Deutsche Bundesbahn wird jedoch die festgestellten Mängel zum Winterfahrplan 1979/80 als dem nächstmöglichen Zeitpunkt beheben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage?

Heinrich Klein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001116, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja. Wenn ich Ihre Antwort richtig werte, Herr Staatssekretär, dann gibt es doch in bestimmten Situationen eine Präferenz für den Fernverkehr zum Nachteil des Berufs- und des Nahverkehrs. Ist diese Annahme richtig?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Ich habe darauf hingewiesen, daß es diese Präferenz nicht gibt, sondern daß die Bundesbahn im Gegenteil versucht hat, mit der Ausweitung des Fernverkehrsangebots in gleicher Weise auch den Nahverkehr besser zu verknüpfen und anzubinden. Ich habe aber in meiner Antwort auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen. Ich darf Ihnen noch einmal ausdrücklich versichern, daß die Bundesregierung sehr daran interessiert ist, daß die Bundesbahn die von Ihnen und anderen aufgezeigten Mängel abstellt, spätestens mit dem Winterfahrplan.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Weitere Zusatzfrage.

Heinrich Klein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001116, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wie vereinbart sich mit dieser Antwort die Tatsache, daß es eine Betriebsanweisung der Deutschen Bundesbahn gibt, immer dann den Nah- und Berufsverkehr warten zu lassen, wenn Intercity- und TEE-Züge auf der Schiene sind?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Diese Betriebsanweisung besteht, und sie ist sicherlich notwendig, damit die Fernverkehrsverbindungen einen höchstmöglichen Grad an Pünktlichkeit haben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Noch eine Zusatzfrage.

Heinrich Klein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001116, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie bemüht sind, zu Beginn des Winterfahrplans wieder an bestimmten Stellen durchgehende Verbindungen aus dem Rhein-Main-Gebiet nach den Zentren dieses Bereichs, nämlich nach Frankfurt und Wiesbaden, sicherzustellen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Herr Kollege, ich habe Ihnen das Bemühen der Deutschen Bundesbahn dargestellt - die Bundesregierung unterstützt dieses Bemühen nachdrücklich -, die Leistungen der Bundesbahn dort, wo sie durch die Verbesserungen im Fernverkehr im Nahverkehr verschlechtert wurden, in Zukunft in entsprechender Weise wieder anzuheben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Letzte Zusatzfrage.

Heinrich Klein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001116, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Läßt es das Netz der Deutschen Bundesbahn im Nahbereich der großen Zentren zu, daß in den Verkehrsspitzen der Fernverkehr und der Berufs- und Nahverkehr zeitgleich gut und pünktlich abgewickelt werden, oder müssen nicht beim Netz in der nächsten Zeit bestimmte Ausweitungen erfolgen?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Die Bundesbahn hat dieses bejaht. Zum anderen darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung in ganz erheblicher Weise Investitionen der Bundesbahn im Schienennetz unterstützt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Lenz.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Quellen der Unpünktlichkeit nicht im Nahverkehr, sondern im allgemeinen im Fernverkehr zu finden sind, und ist sie bereit, den Ursachen nachzugehen und diese abzustellen, weil dadurch immer wieder die Anschlußzüg verpaßt werden?

Erhard Mahne (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11001409

Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich diese Frage nicht beantworten kann. Das ist eine Frage, die an die Deutsche Bundesbahn gestellt werden muß. Ich werde sie weitergeben. Herr Kollege, ich werde Ihnen eine Nachricht zukommen lassen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Die Fragen 49 und 50 des Herrn Abgeordneten Kolb werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Die Fragen 53 und 54 des Herrn Abgeordneten Dr. Jentsch sind zurückgezogen. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Mahne. Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Kreutzmann zur Verfügung. Die Fragen 55 und 56 des Herrn Abgeordneten Lintner sind zurückgezogen. Die Fragen 57 und 58 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Wir kommen zu den Fragen 59 und 60 des Herrn Abgeordneten Niegel. Ist der Abgeordnete Niegel im Saal? - Das ist nicht der Fall. Dann werden die beiden Fragen schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Staatssekretär Kreutzmann. Ich rufe noch einige Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Stahl zur Verfügung. Die Fragen 61 und 62 des Herrn Abgeordneten Lenzer werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf: Ist der Bundesminister für Forschung und Technologie bereit, sich persönlich vor Ort vom derzeitigen Stand der Uran-Prospektion im Raum Baden-Baden/Gernsbach, die offensichtlich mehr und mehr in einen Uran-Abbau übergeht, ein Bild zu verschaffen und dabei den Gemeinderäten der Städte Baden-Baden und Gernsbach sowie deren Oberbürgermeister bzw. Bürgermeister Gelegenheit zu geben, die mit dem Projekt verbundenen Probleme und Gefahren darzustellen? Ist der Herr Abgeordnete im Saal? - Bitte schön.

Erwin Stahl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002212

Herr Kollege Friedmann, Ihre Frage beantworte ich wie folgt. Ich bin selbstverständlich gern bereit, mit den Repräsentanten der Städte Baden-Baden und Gernsbach über die Arbeiten zur Uranprospektion zu sprechen. Meine Mitarbeiter werden demnächst den Stand der Arbeiten an Ort und Stelle mit den Beteiligten erörtern. Ich hoffe, dies kann dann bereits zur Klärung offener Fragen beitragen. Bei den vom Bund unterstützten Prospektionsarbeiten geht es nur um die Untersuchung der Geeignetheit der Lagerstätte. Eine Entscheidung über den Abbau ist damit nicht verbunden. Dies ist Sache der zuständigen Genehmigungsbehörden des Landes, wenn ein Antrag der Industrie gestellt werden sollte.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Friedmann, bitte.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, heißt dies, daß Sie oder Herr Minister Hauff oder beide Herren kommen werden? Stahl, Parl Staatssekretär: Herr Friedmann, ich sagte, ich bin gern bereit, dort nach Gernsbach zu kommen, zumal da ich, wie Sie wissen, von Hause aus Bergingenieur bin und mich dies auch darüber hinaus sehr interessiert.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Frage.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie bitten, für Ihren Besuch die Frage vorzubereiten, bis wann die Erschließungsarbeiten beendet werden können.

Erwin Stahl (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002212

Herr Kollege Friedmann, ich kann über den Zeitpunkt nichts sagen. Aber es ist natürlich so, daß die Prospektion und der Aufschluß derartiger Lagerstätten eine immense Vorarbeit erfordern. Dazu ist es notwendig, z. B. die Stollen zu treiben und viele Bohrungen vorzunehmen. Dies nimmt eben Jahre in Anspruch.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Es tut mir leid, Herr Kollege Friedmann; Ihre weitere Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Die Fragen 65 und 66 sind vom Herrn Abgeordneten Dr. Meyer zu Bentrup eingebracht. Der Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind wir an Ende der Fragestunde. Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge - Drucksache 8/2958 Berichterstatter: Minister Schmidhuber Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Bitte, Herr Staatsminister Schmidhuber. Staatsminister Schmidhuber ({1}) : Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner 151. Sitzung am 10. Mai 1973 das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge angenommen. Der Bundesrat hat in seiner 473. Sitzung am 1. Juni 1979 wegen dieses Gesetzes den Vermittlungsausschuß angerufen. Er hat in sein Anrufungsbegehren insgesamt 17 Änderungsvorschläge aufgenommen, von denen ich die wichtigsten kurz nennen möchte: 1. Änderung des § 1618 a BGB dahin gehend, daß Eltern und Kinder einander auch zu gegenseitiger Achtung verpflichtet sind, dafür Streichung des § 1631 Abs. 2 BGB, das Verbot entwürdigender Erziehungsmaßnahmen, 2. Ersetzung des § 1626 Abs. 2 BGB durch einen neuen § 1627 Abs. 2 BGB, der an Stelle der zwingenden Fassung des § 1626 Abs. 2 eine Soll-Vorschrift enthält und auf die Elternverantwortung verweist; außerdem Aufnahme des Grundsatzes, daß die Eltern die Ziele der Erziehung bestimmen, in § 1627 Abs. 1 BGB, 3. Klarstellung, daß sich Auflagen und Beschränkungen, die das Gericht nach § 1628 Abs. 1 Satz 2 BGB trifft, im Rahmen der Vorschläge der Eltern halten müssen, 4. Streichung des § 1631 a BGB, der sich mit der Berufswahl befaßt, 5. Änderung des § 1666 BGB dahin, daß an Stelle des Verhaltens Dritter die Vernachlässigung des Kindes als Voraussetzung für ein Eingreifen des Vormundschaftsgerichts nach § 1666 BGB genannt wird. Im Zusammenhang damit steht ein Vorschlag zur Ergänzung des § 1631 Abs. 3 BGB, wonach dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden sollte, auf Antrag der Eltern auch Maßnahmen gegen einen Dritten zu treffen, soweit dieser in das Erziehungsrecht der Eltern unbefugt eingreift. Die übrigen Vorschläge des Bundesrates sind mehr rechtstechnischer Natur und betreffen insbesondere auch das Verfahrensrecht. Sie brauchen hier nicht nochmals genannt zu werden. Der Vermittlungsausschuß hat keines der von mir ausdrücklich genannten Anrufungsbegehren angenommen, sondern lediglich die Vorschläge Nr. 13 und 17 der Bundestagsdrucksache 8/2936 übernommen. Der eine Vorschlag betrifft eine redaktionelle Berichtigung in Art. 2 Nr. 4 und bezieht sich auf § 48 c des Jugendwohlfahrtsgesetzes.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Staatsminister, ich möchte Ihnen gerne ein bißchen mehr Gehör verschaffen. - Meine Damen und Herren, ich bitte, Platz zu nehmen und die Gespräche untereinander einzustellen. Es ist sehr schwer für den Redner, sich verständlich zu machen. ({0}) Bitte sehr, Herr Staatsminister. Staatsminister Schmidhuber ({1}) : Danke sehr. - Der andere Punkt ist eine Ergänzung des Art. 5 Nr. 9. Dort soll in § 64 f FGG ein Abs. 3 aufgenommen werden, wonach eine Entscheidung, die im Wege der einstweiligen Anordnung eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung genehmigt, mit ihrem Erlaß wirksam wird. Staatsminister Schmidhuber ({2}) Meine Damen und Herren, der Vermittlungsausschuß empfiehlt, den Gesetzesbeschluß entsprechend zu ändern. ({3})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort zu einer Erklärung hat Herr Abgeordneter Stark.

Dr. Anton Stark (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002217, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf im Namen der CDU/CSU-Fraktion zu dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses folgende Erklärung abgeben. Zunächst gilt unser Dank dem Bundesrat dafür, daß er mit seinen zahlreichen Änderungsanträgen zu dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge den Versuch gemacht hat, das mit Mehrheit von SPD und FDP im Bundestag beschlossene Gesetz zur Neuregelung des Rechts zur elterlichen Sorge dahin gehend zu ändern, daß durch dieses Gesetz lediglich der Schutz gefährdeter Kinder verbessert und das Gesetz nicht dazu mißbraucht wird, 20 Millionen Eltern mit rund 15 Millionen Kindern staatliche Rahmenerziehungsrichtlinien vorzuschreiben, die Eltern zu bevormunden und ihnen durch das Vorschreiben von Erziehungsstilen die Erziehung schwerer zu machen. ({0}) Mit Bedauern und Enttäuschung stellt die CDU/ CSU-Fraktion fest, daß die Vertreter von SPD und FDP im Vermittlungsausschuß auf keinen einzigen der sachlich begründeten und im Interesse der Stärkung der Erziehungsfunktion und Erziehungsbereitschaft der Eltern notwendigen Verbesserungsvorschläge des Bundesrates eingegangen sind. Die Ablehnung sämtlicher Vorschläge des Bundesrates durch SPD und FDP zeigt, daß es der Koalition nicht darum geht, wie sie im Laufe der Beratung immer wieder vorgegeben hat, ein so grundlegendes und für das Eltern-Kind-Verhältnis entscheidendes und wichtiges Gesetz auf breiter Grundlage zu verabschieden. Es geht der SPD/FDPKoalition in Wahrheit darum, ihre falschen familienpolitischen, erziehungspolitischen und jugendpolitischen Vorstellungen durchzusetzen, solange sie dazu noch die Mehrheit hat. ({1}) Festzuhalten bleibt, daß die Koalition es im Vermittlungsausschuß abgelehnt hat, Herr Wehner, eine Vorschrift in das Gesetz aufzunehmen, wonach die Eltern die Ziele der Erziehung zu bestimmen haben. Die Ablehnung einer solchen Vorschrift durch SPD und FDP kann nur dahin gehend verstanden werden, daß sie die Einflußnahme auf die Ziele der Erziehung für den Staat und außerfamiliäre Einrichtungen offenhalten und ermöglichen will, so wie es der Zweite Familienbericht der Bundesregierung aus dem Jahre 1975 fordert. ({2}) - Tatsachen sind das, sehr verehrter Herr Wehner. - Festzuhalten bleibt, daß der Staat mit diesem Gesetz allen Eltern einen bestimmten Erziehungsstil vorschreibt und allen Eltern das Verbot entwürdigender Erziehungsmaßnahmen glaubt entgegenhalten zu müssen, ohne daß der Gesetzgeber allerdings weiß, was damit gemeint ist. ({3}) Beides ist unter erzieherischen Gesichtspunkten fragwürdig, unter verfassungsrechtlichen und rechtspolitischen Gesichtspunkten höchst bedenklich. Festgehalten werden muß schließlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß ein Staat und ein Gesetzgeber, der nicht in der Lage ist, allen jungen Menschen einen angemessenen Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplatz zur Verfügung zu stellen, sich anmaßt, in bestimmten Fällen den Eltern vorzuschreiben, welche Ausbildung oder welcher Beruf für ihre Kinder richtig sein soll. Die Haftung für eventuelle Fehlentscheidungen der staatlichen Behörden bleibt selbstverständlich bei den Eltern. Allein diese drei von mir hervorgehobenen bedauerlichen gesetzlichen Fehlentscheidungen machen es der CDU/CSU-Fraktion - neben ihren grundsätzlichen Einwendungen gegen die Beweggründe, die Ziele und den erforderlichen Umfang einer Neuregelung des geltenden Rechts zwischen Eltern und Kindern - unmöglich, dem Ergebnis des Vermittlungsausschusses und damit dem Gesetz zum Recht der elterlichen Sorge zuzustimmen. Da wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, der festen Überzeugung sind, daß dieses Gesetz kein Gesetz für das Kind, sondern ein Gesetz gegen die Familie ist und damit nicht dem Wohl unserer Kinder und Jugendlichen dienen kann, lehnt die CDU/ CSU-Fraktion diesen Gesetzentwurf geschlossen ab. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schwenk.

Dr. Wolfgang Schwenk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002133, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vermittlungsausschuß hat, wie Minister Schmidhuber soeben vorgetragen hat, zwei formelle Berichtigungen beschlossen - ich brauche auf sie nicht näher einzugehen -, die sachlichen Gesichtspunkte dagegen abgelehnt. Sie haben nichts Neues gebracht. Alles, was seitens des Bundesrates an Sachvorschlägen gemacht worden war, ist sowohl im Ausschuß als auch, soweit dies zeitlich möglich war, im Plenum diskutiert und von uns mit guten Gründen widerlegt worden. Ich möchte aber einmal das hervorheben, was Herr Kollege Stark eingangs und in der Mitte seiner Ausführungen gesagt hat. Er hat gesagt, es fehle an der Befugnis der Eltern, die Ziele der Erziehung festzulegen. Dies ist grob unrichtig. ({0}) Ich empfehle denen, die das immer wieder hervorzerren und unrichtigerweise behaupten, den § 1631 Dr. Schwenk ({1}) BGB zu lesen. Dort steht, daß zur elterlichen Sorge auch die Erziehung der Kinder gehört; dies umfaßt alles. Ich würde dem Kollegen Stark auch empfehlen, die von ihm mitunterzeichnete Begründung des Beschlußantrages des Rechtsausschusses zu lesen. Auch dort ist das mit genügender Deutlichkeit wiederholt worden. Außerhalb dieses Hauses ist die Verabschiedung des Gesetzes vom Bundestag am 10. Mai dieses Jahres nicht nur von denen positiv aufgenommen worden, die diese Reform seit langem gefordert haben, sondern - mit verhaltener Zustimmung - auch von vielen anderen, die dem seinerzeitigen Entwurf kritisch bis ablehnend gegenüberstanden. Es ist der Opposition in diesem Hause vorbehalten geblieben - es bleibt ihr offensichtlich auch vorbehalten -, gegen diesen gelungenen Gesetzentwurf weiterhin mit Verdächtigungen und Unterstellungen vorzugehen. ({2}) Wir haben die positive Einschätzung unserer, von den Interessen der Kinder, Jugendlichen und ebenso der vernünftigen Eltern geleiteten Politik bei dem großen Hearing zum Entwurf des Jugendhilferechts am 12. Juni dieses Jahres deutlich empfunden. Das hat uns Mut gemacht, auf unserem Weg in der Familien- und Jugendpolitik fortzuschreiten. Bei aller Besorgnis, die die jeweils in der Verantwortung stehende Generation für die Zukunft der nachwachsenden Generation bewegen muß, wurde uns bei diesem Hearing der Fachleute nicht vorgehalten, wir hätten die Familie staatlicher Bevormundung ausgeliefert. Wer dies immer noch behauptet, wird außerhalb dieses Hauses - innerhalb schon lange - ins Leere laufen; er berauscht sich lediglich am eigenen Feindbild. ({3}) Die Orientierung der Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge am Grundgesetz und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere zu Art. 6 des Grundgesetzes, hat die vorschnelle und mit bestimmter Absicht vorgetragene Behauptung seitens der Opposition, das Gesetz sei verfassungsrechtlich bedenklich, zum Verstummen gebracht. Der Vorwurf, das Gesetz sei unausgewogen, geht fehl. Die öffentliche Diskussion hat das nicht bestätigt. Wir haben vielmehr sowohl die Interessen der Eltern als auch der Kinder im Auge gehabt und zur Geltung gebracht, allerdings die Interessen der Eltern als fürsorgliche Eltern, nicht als autoritär sich gebärdende Gewaltinhaber. Wer da meint, sagen zu müssen, Eltern würden durch dieses Gesetz verunsichert, verkennt, daß wohlwollende Eltern sich in dem Gesetz bestätigt fühlen. In voller Wahrung wohlverstandenen elterlichen Erziehungsrechts bringt das Gesetz dem Kind beachtliche Verbesserungen seiner persönlichen Stellung in der Familie und vor Gericht. Seine persönliche Eignung, sein Schutz, seine Anhörung vor Gericht wurden verbessert. Auch wenn der Arbeitsaufwand vor den Gerichten größer sein wird - dies und gerade auch dies dient dem besseren Wohl des Kindes. Die sachliche Würdigung des beschlossenen Gesetzes mußte zu dem Ergebnis führen, daß die vom Bundesrat mit Mehrheit vorgeschlagenen Änderungen inhaltlicher Art keine Verbesserung bringen würden. Die Darstellung der Position der Koalitionsfraktionen hat den Willen zur partnerschaftlichen, sich selbst bestimmenden Familie deutlich gemacht, einer Familie, die die Menschenwürde und Entwicklungschance auch des Schwächsten zu wahren und zu stärken weiß, einer Familie aber auch, bei der der Stärkere staatliches Wächteramt dulden muß, wenn er seine Sorgfaltspflicht verletzt, Zukunftschancen nachhaltig und schwer gefährdet oder Elternrecht mißbraucht.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Einen Augenblick, Herr Kollege. - Meine Damen und Herren, der Gesundheitsschutz in diesem Hause ist nicht groß. Der Herr Kollege hat Mühe, sich bei dieser Geräuschkulisse verständlich zu machen. Können wir nicht alle miteinander dafür sorgen, daß er sich nicht so anstrengen muß? ({0})

Dr. Wolfgang Schwenk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002133, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke schön, Frau Präsidentin. Ich bin das Opfer einer Sommergrippe geworden. Das ausgewogene neue elterliche Sorgerecht bedarf deshalb keiner inhaltlichen Korrektur und weder einer Umformulierung noch einer Abschwächung noch einer Verschärfung. Wir haben dieses Gesetz gegen feindselige Verdächtigungen zu schützen. Ich wiederhole: Es ist ein Gesetz für die Kinder, nicht gegen die Eltern. Ich bitte die Praxis, von dem Gesetz auch in diesem Sinne Gebrauch zu machen. Ich wünsche und hoffe, daß sich unsere Gesellschaft verstärkt dem Kindeswohl zuwendet. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelhard.

Hans A. Engelhard (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000472, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der Freien Demokraten möchte ich folgende kurze Erklärung abgeben. Wir begrüßen es ausdrücklich, daß der Vermittlungsausschuß nicht der allerdings von der Sache her auch nur sehr schwachen Versuchung erlegen ist, etwas an dem zu korrigieren, was wir in zweiter und dritter Lesung hier im Bundestag am 10. Mai beschlossen haben. Wir haben über dieses Gesetz seit dem Frühjahr 1973 im Deutschen Bundestag - mit einer etwas längeren Pause - beraten. Ich habe bei der zweiten Lesung darauf hingewiesen, daß dies ganz sicherlich der Qualität, insbesondere der Ausgewogenheit unseres Beratungsergebnisses förderlich und dienlich war. Wir haben bei den Beratungen auch immer Anregungen der Opposition sehr aufmerksam aufgenommen und haben uns in den sehr ausführlichen Beratungen stets bemüht, zu besseren Ergebnissen zu kommen. Was uns vorliegt, ist ein ausgewogenes Ergebnis. Wer hier glaubt, die Posaune der erneuten Kon12872 frontation und des Kampfes mit Erfolg blasen zu können, der irrt, weil er draußen in der Öffentlichkeit nicht gehört wird. Wenn wir uns das, was von der Mehrheit des Bundesrates verlangt worden ist, im einzelnen ansehen, so stellen wir fest, daß an vielen Stellen das Verlangte dem von uns Beschlossenen so nahekommt, daß sich hier eine tiefe Divergenz zwischen dem lauten Geschrei und der Nähe dessen, was ist und was nach Meinung der Mehrheit des Bundesrates sein sollte, auftut. Ich will abschließend lediglich auf eine Bestimmung eingehen, um deutlich zu machen, daß es der Qualität nicht gedient hätte, wenn man sich die Auffassung der Mehrheit del Bundesrates zu eigen gemacht hätte, die in dem Verlangen zum Ausdruck kommt, Eingriffe des Vormundschaftsgerichts zugunsten gefährdeter Kinder davon abhängig zu machen, daß, entgegen dem geltenden wie dem künftigen Recht, eine erhebliche Gefährdung gegeben ist. Das wäre ein entscheidender Rückschritt gewesen. Was soll man eigentlich von einer Politik halten, die in zwei Schritten zugunsten der Schwächsten voranzugehen bereit ist, um anschließend alsbald diese Schritte wieder zurück zu tun? Hier wäre für die Rechtsprechung ein deutliches Signal gesetzt gewesen, daß der Gesetzgeber eine Wende vollzogen hat, und den Rahmen für Eingriffe des Vormundschaftsgerichts enger zu ziehen gedenkt. Wenn man solchen Versuchen nicht stattgibt, dient man dem, was wir alle - und hier beziehe ich Ihre Erklärungen, meine Damen und Herren von der Opposition, während der Beratungen voll mit ein - wollten. Wenn Sie diesen Weg nicht weiter zu gehen gewillt sind, ist dies Ihre Sache. Wir werden diesen Weg weiter gehen. Wir begrüßen, daß der Vermittlungsausschuß, abgesehen von zwei kleinen mehr technischen Änderungen, bei dem geblieben ist, was wir hier am 10. Mai beschlossen haben. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung. Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Damit ist dem Antrag stattgegeben. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfalleistungen ({1}) (Drucksache 8/2959 Berichterstatter: Abgeordneter Kleinert Wünscht der Herr Berichterstatter Kleinert das Wort? - Bitte.

Detlef Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001121, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der Vermittlungsausschuß hat sich auf das Ihnen gedruckt vorliegende Ergebnis geeinigt. Nachdem man sich bei Nr. 1 des Anrufungsbegehrens für Nichtaufnahme entschieden hatte, ist man wegen des inneren Zusammenhangs zwischen Nr. 1 und Nr. 2 des Anrufungsbegehrens auch bei Nr. 2 zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Nr. 3 bleibt den ewig währenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die beiderseitige Beteiligung an den Kosten vorbehalten. Deshalb bleibt es bei der vorgeschlagenen Änderung zu Nr. 4. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort zu einer Erklärung hat Frau Abgeordnete Karwatzki.

Irmgard Karwatzki (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001068, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen der zweiten und dritten Lesung des Unterhaltsvorschußgesetzes hatte sich die CDU/CSU-Fraktion am 10. Mai dahin gehend geäußert, daß wir trotz erheblicher Kritik dem Entwurf zustimmen wollten, damit die Regelung zum 1. Juli im Interesse der Betroffenen in Kraft treten könne. ({0}) An dieser Haltung hat sich bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nichts geändert. Bedauert werden muß jedoch, daß zwischen Bund und Ländern ein Einvernehmen über die Kostenverteilung nicht erzielt werden konnte. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der Bund zu 70 % für die entstehenden Kosten aufgekommen wäre. ({1}) Als Kompromiß wäre ein Verhältnis von etwa 65 :35 denkbar gewesen, so wie es die bestehende Kostenverteilung für das Bundesausbildungsförderungsgesetz vorsieht. Wir wollen und wir werden eine von uns gegebene Zusage nicht zurücknehmen, sondern auch in der heutigen Abstimmung aufrechterhalten. Wichtig wird es sein, daß die Hilfestellung ab dem 1. Juli von den Hilfsbedürftigen in Anspruch genommen werden kann. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Frau Abgeordnete Eilers.

Elfriede Eilers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat am 10. Mai 1979 das Gesetz zur Sicherung Frau Eilers ({0}) des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen ({1}) beschlossen. Dieses Gesetz wurde von den Koalitionsfraktionen der SPD und der FDP eingebracht. Es sieht vor, daß Unterhaltsleistungen für Kinder alleinsorgeberechtigter Mütter und Väter dann aus öffentlichen Mitteln bevorschußt werden sollen, wenn der außerhalb des Haushalts lebende unterhaltsverpflichtete Elternteil seinen Zahlungsverpflichtungen entweder gar nicht oder nur unregelmäßig nachkommt. Es handelt sich hierbei um eine neue soziale Leistung für Familien, die ihre Kinder unter besonders erschwerten Bedingungen betreuen und erziehen. Der Bundesrat hat am 1. Juni 1979 zu diesem Unterhaltsvorschußgesetz den Vermittlungsausschuß angerufen. Dabei ging es im einzelnen um vier Änderungen, die der Bundesrat wünschte. Nach den Vorstellungen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sollte die Frage der Unterhaltsvorschüsse für die Kinder alleinstehender Elternteile bundeseinheitlich geregelt werden, damit der Kindesunterhalt z. B. in Hamburg nicht etwa leichter oder schwerer durchsetzbar ist als in irgendeinem anderen Bundesland. Die von einzelnen Bundesländern gesammelten Erfahrungen über Unterhaltsvorschußleistungen haben wir bei der Ausgestaltung des Unterhaltsvorschußgesetzes berücksichtigt. So wurde der Anfang in Hamburg gemacht. Rheinland-Pfalz folgte. Auch in einem Landkreis Niedersachsens wird schon nach Unterhaltsvorschußkassen diese Hilfe gewährt. Es gibt sicherlich gute Gründe, dem Anrufungsbegehren auf Streichung des sogenannten Titelerfordernisses zu folgen. Das ist eine Frage, die von den Familien- und Rechtspolitikern der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion als auch den Freien Demokraten durchaus unterschiedlich gesehen wird. Der Vermittlungsausschuß hat dieses Anrufungsbegehren nicht aufgenommen. Keine Gründe lassen sich allerdings dafür anführen, die finanzielle Beteiligungsquote des Bundes für das Unterhaltsvorschußgesetz von 50 auf 70% anzuheben. Das Unterhaltsvorschußgesetz ist von den Ländern auszuführen. Es ist also schon die Ausnahme, daß sich der Bund überhaupt bereit erklärt hat, sich an diesen Leistungen zu beteiligen, wie es im Unterhaltsvorschußgesetz mit 50 % vorgesehen ist. Der zu erwartenden Kostenbelastung halte ich jene Einsparung entgegen, die den Ländern und Gemeinden aus der Entlastung der Sozialhilfe erwachsen wird. Ich meine, hier haben die Bundesländer es sich mit ihrer finanziellen Verantwortung ein wenig leicht gemacht, wenn sie einerseits Unterhaltsvorschußleistungen positiv bewerten, andererseits aber die Kosten hierfür überwiegend dem Bund anzulasten versuchen. Meine Fraktion hat aus fiskalpolitischen wie aus grundsätzlichen Erwägungen Bedenken, dieses Anrufungsbegehren des Bundesrats aufzunehmen. Die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses liegt Ihnen mit Drucksache 8/2959 vor. Es handelt sich dabei um den Vorschlag des Bundesrats, daß diejenigen Behörden, die die Unterhaltsvorschußleistungen gewähren, zugleich auch für das Bußgeld zuständig sein sollen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion stimmt diesem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zu. Zugleich appelliere ich namens der SPD-Bundestagsfraktion an den Bundesrat, dem Unterhaltsvorschußgesetz in der jetzigen Fassung zuzustimmen, um einmal der Verwaltung die für die Gesetzesdurchführung erforderliche Zeit nicht noch weiter zu schmälern, insbesondere aber um jene rund 156 000 allein erziehende Mütter und 17 000 allein erziehende Väter mit Kindern unter 6 Jahren, von denen viele auf die baldige Verabschiedung dieses Gesetzes warten, nicht zu enttäuschen. Ich bin zuversichtlich, daß der Bundesrat seine Verpflichtungen in der Familienpolitik für besonders hilfsbedürftige Gruppen, wie für die Kinder alleinstehender Väter und Mütter, ernst nimmt, so wie sie dieses Haus hier ernst nimmt. Ich möchte nur noch eines korrigieren. Die Kollegin Karwatzki hat von dem Inkrafttreten am 1. Juli 1979 gesprochen. Dieses Gesetz soll aber am 1. Januar 1980 Rechtskraft erhalten. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 8/2959 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen. Ich rufe nun Punkt 12 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films ({1}) - Drucksache 8/2963 - . Berichterstatter: Abgeordneter Russe Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist der Fall. Herr Abgeordneter Russe, bitte.

Hermann Josef Russe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001907, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Dieses Hohe Haus hat in seiner 152. Sitzung am 11. Mai dieses Jahres auf Grund der Beschlußempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Wirtschaft, letzter überreicht in der Drucksache 8/2792, den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films in dritter Lesung verabschiedet. Der Bundesrat hat in seiner 473. Sitzung am 1. Juni beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Gesetz zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Dieser Beschluß wurde in Drucksache 226/79 vorgelegt. Der Bundesrat brachte insgesamt 25 Änderungsbegehren gegen den Gesetzesbeschluß des Deut12874 Deutscher Bundestag -.8. Wahlperiode Russe schen Bundestages vor. Seine Einwendungen beruhten dabei vor allem auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Aber in einer Reihe von Fällen ist nach Auffassung des Bundesrates auch der Gesetzeszweck verfehlt, denn es träten Wirtschaftsförderungsgesichtspunkte in einem ungerechtfertigten Umfange hinter kulturpolitischen Aspekten zurück. Das Gesetz dürfe aber seinen Charakter als Wirtschaftsförderungsgesetz nicht verlieren. Nach dem Beschluß des Bundesrates sind 17 Begehren nach Befassung des Vermittlungsausschusses als selbstständige Einwendungen zu beurteilen. Die acht weiteren sind Folgeänderungen, vorausgesetzt, daß man den Grundeinwendungen des Bundesrates folgen würde oder aber gefolgt wäre. Aus der relativ großen Anzahl von Änderungsbegehren des Bundesrates nenne ich hier die folgenden, weil gewichtigsten: Erstens. Der Bundesrat erhebt verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 2 Abs. 3 des Gesetzes. Diese Norm räumt der Filmförderungsanstalt die Befugnisse ein, zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit Einwilligung des Bundesministers für Wirtschaft Einrichtungen des privaten Rechts zu gründen bzw. sich an solchen Gründungen zu beteiligen. Wenn so etwas möglich sein solle, so müßten nach Auffassung des Bundesrates derartige Einrichtungen durch Gesetz konkret bezeichnet werden. Zweitens. Der Bundesrat wendet sich gegen die vom Bundestag vorgenommene Reduzierung des Verwaltungsrates von 33 auf 23 Mitglieder. Drittens. Gegen den Abstimmungsmodus bei der Vergabekommission bringt der Bundesrat ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken vor. Eine Beschlußfassung mit einfacher Mehrheit, wie vorgesehen, könne zu einer Minderheitenposition der Filmtheaterbesitzer führen. Dies aber widerspräche dem Gesetzeszweck „Wirtschaftsförderung". Statt dessen schlägt der Bundesrat das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln vor, mindestens aber der Mehrheit der Mitglieder in der Vergabekommission. Viertens. Schließlich will der Bundesrat die Projektfilmförderung an die Vorlage eines Drehbuches knüpfen. Auf eine Einzeldarstellung der übrigen Begehren darf ich verzichten. Der Vermittlungsausschuß hat am 12. Juni alle Begehren des Bundesrates im einzelnen behandelt. Er empfiehlt Ihnen allerdings nur die folgenden Änderungen zum Filmförderungsgesetz. Erstens. Der § 12 Abs. 3 wird gestrichen. Dies war im Begehren Nr. 1 empfohlen. Den diesbezüglichen konkreten Bedenken des Bundesrates wurde also im Vermittlungsausschuß Rechnung getragen. Zweitens. Das Begehren Nr. 5, nach dem der Bundesrat die Übernahme der Bundeshaushaltsordnung für die Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie die Rechnungslegung der Anstalt für unzweckmäßig hält, wurde vom Vermittlungsausschuß ebenfalls als gerechtfertigt angesehen. Um u. a. eine Aufblähung der Verwaltung zu vermeiden, schlägt der Bundesrat statt dessen in dem §§ 11 und 12 vereinfachte Haushaltsbestimmungen vor. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, auf der Drucksache 8/2963 unter Ziffer 2 die Neufassung der §§ 11 und 12 des Filmförderungsgesetzes nachzulesen. Alle übrigen Begehren wurden abgelehnt. Ich muß Sie abschließend wissen lassen, daß gemäß § 10 Abs. 3 seiner Geschäftsordnung der Vermittlungsausschuß beschlossen hat, daß über die Änderungen gemeinsam abgestimmt werden soll. In der Unterstützung dieser Empfehlung schlage ich Ihnen vor, die auf Drucksache 8/2963 des Bundestages dargestellten Änderungen zum Filmförderungsgesetz anzunehmen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Zur Abgabe einer Erklärung der Abgeordnete Waigel.

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Als zu diesem Gesetz der Kollege Dr. Meinecke in der dritten Lesung am 11. Mai mit einer betont sachlich und versöhnlich gehaltenen Rede schloß, konnte die Filmwirtschaft und konnten die Beteiligten noch die Hoffnung auf eine einvernehmliche Lösung durch ein Vermittlungsverfahren im Bundesrat hegen. ({0}) Denn trotz persönlicher und auch sachlicher Gegensätze bestand bisher bei den Politikern und bei den Betroffenen die große Bereitschaft, in diesem Bereich zu einer gemeinsamen Regelung zu kommen. Die düstere Lage der deutschen Filmwirtschaft hätte es verdient, daß Produzenten, Verleiher, Theaterbesitzer, und zwar junge und alte, Chancengleichheit im Wettbewerb und eine sinnvolle wirtschaftliche Unterstützung erhalten hätten. Einseitige Bevorzugung, Cliquen- und Gremienwirtschaft sowie eine betonte Mißachtung des Publikumsgeschmacks führen jedoch die Filmförderung ins Abseits. Ein Gesetz gegen die Hauptbetroffenen und gegen die Abgabeaufbringer verfehlt seinen Gesetzeszweck und verliert seine innere Legitimität. Ein Gesetz, in dem verfassungsrechtliche Grenzen leichtfertig überschritten und aus dem Recht der Wirtschaft unzulässig Kulturkompetenzen abgeleitet werden, trägt den Makel der Verfassungswidrigkeit, bevor es formal rechtswirksam wird. Während Opposition und Bundesrat in dieser Frage um Sachlichkeit und korrekte Beratung bemüht waren, ({1}) verweigerten sich Regierung und Koalition den berechtigten Anliegen der Betroffenen und den begründeten Argumenten der Fachleute. Geradezu wie Hohn klingen die Worte der Kollegin Dr. GlotzMartiny in der ersten Lesung, man werde bei der Einzelberatung auf die qualifizierten Einwendungen des Bundesrates eingehen. ({2}) In keinem einzigen Punkt waren Sie zum Kompromiß bereit, obwohl eine Einigung greifbar nahe schien. Zugunsten einer Filmminderheit verabschieden Sie ein Gesetz gegen die Mehrheit der Filmschaffenden und gegen die Mehrheit der Kinobesucher. Gegen den Rat Ihrer Gremienexperten, die hier leider nicht zu Wort kommen, erliegen Sie dem Druck von Filmideologen und einiger Feuilletonisten. Dieses Gesetz führt zu Dirigismus, zu Bevormundung und zu Nivellierung und Subventionsmentalität. Es verändert einseitig die Pluralität im Verwaltungsrat, macht Unterkommissionen zu Selbstbedienungsläden und zerstört den unabdingbar notwendigen Konsens in der Vergabepraxis. Den Kirchen haben Sie nicht einmal je einen Vertreter zugebilligt. Sie sind dieser Frage nur in einer unmöglichen Kombination nähergetreten, obwohl sonst Ihre Politiker auf Kirchentagen durchaus große Reden halten. Da für die Projektförderung künftig kein Drehbuch erforderlich ist, entfallen die notwendigen Bewertungskriterien, wohingegen sich die künftig unterstützte Motivforschung der Kalkulation und der objektiven Prüfung entzieht. Den Abgabepflichtigen wird nicht einmal die Möglichkeit der Wahl zwischen Festabgabe und Prozentualabgabe gestattet. Blind für die Realitäten der Filmwirtschaft vollziehen SPD und FDP, was ihnen Kluge und Co. aufgesetzt haben, ohne zu erkennen, daß nicht alles klug ist, was Kluge heißt. SPD und FDP hatten im Vermittlungsausschuß nicht den Mut, von diesem falschen und verhängnisvollen Kurs abzugehen. Sie tragen die Verantwortung für Polarisierung und Konfrontation beim Vollzug dieses Gesetzes. Sie haben alle verfassungsrechtlichen, ordnungspolitischen und wirtschaftlichen Argumente beiseite gewischt. Dieses Gesetz verschlechtert die Situation und erhöht das Risiko des deutschen Films. Wir lehnen daher dieses Gesetz mit den nur unerheblichen Veränderungen gegenüber der ursprünglichen Fassung ab. Nutzen Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die letzte Chance für ein einvernehmliches und tragfähiges Gesetz bei der nächsten Beratung im Bundesrat. ({3})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort zu einer Erklärung hat Frau Abgeordnete Martiny-Glotz.

Dr. Anke Riedel-Martiny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001428, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, was besser ist, eine Sachdebatte vor nahezu leerem Haus oder der Austausch von Erklärungen vor vollem Haus, das aber so laut ist, daß man sich nicht verständlich machen kann. ({0}) Ich hoffe, daß doch der eine oder andere, der bei der Sachdebatte nicht anwesend sein konnte, jetzt zuhört, damit er ein bißchen weiß, worum es geht. Wir Sozialdemokraten stimmen dem Vermittlungsvorschlag zu, nicht, weil wir der Meinung wären, daß hier der große Wurf gelungen wäre - denn das Verfahren ist ein bißchen irrational abgelaufen, soweit man vernehmen konnte -, sondern weil wir den erzielten Kompromiß für vernünftig und tragbar halten. Das Vermittlungsergebnis liegt in zwei, eher marginalen Punkten vor. Hier sind wir den Anregungen des Bundesrates wortwörtlich gefolgt. Herr Waigel, es trifft nicht zu, daß bei der Beratung des Gesetzes auf die Einwendungen des Bundesrates im ersten Durchgang nicht eingegangen worden wäre. Wir haben bei einer ganzen Reihe von Punkten - ich werde Ihnen die Liste noch einmal nachreichen - dem Rechnung getragen, was der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Wir hätten auch im Vermittlungsverfahren bei der Zusammensetzung des Verwaltungsrates - Sie haben den Punkt der Kirchen angesprochen - und bei den Filmtheatern und bei der Abgabeform gern einen Kompromiß erzielt. Dies ist uns leider nicht geglückt, weil die Kompromißbereitschaft auf der Gegenseite an diesem Punkt nicht vorlag, sondern es an diesen Punkten nach der Devise „entweder alles oder gar nichts" gegangen ist. Das kann man dann ja wohl nicht Kompromiß nennen. Ich gestatte mir im übrigen den Hinweis darauf, daß der Freistaat Bayern die treibende Kraft im Bundesrat gewesen ist. Ich begrüße Herrn Schmidhuber - er war eben noch da -, dessen Anwesenheit auch deutlich macht, welches große Interesse der Freistaat Bayern gerade an diesem Gesetz hat. Der Freistaat Bayern hat ein Länderförderungsprogramm zur Filmförderung aufgelegt. Ich rate allen Interessierten, sich doch mal anzugucken, wie dort die Kontrolle über die Vergabe der Gelder vor sich geht. Da herrscht die totale Staatskontrolle über die Kreativität der Filmwirtschaft. Dies hätte wohl auch das Ziel eines Vermittlungsergebnisses sein sollen, wenn es nach der CDU/CSU im Bundesrat gegangen wäre. Ich bin sehr froh, daß es dazu nicht gekommen ist. ({1}) Im übrigen bedauern wir Sozialdemokraten ausdrücklich, daß der Bundesrat zu den EG-bedeutsamen Punkten der Novelle nicht Stellung genommen hat. Eine Rückenstärkung für die nationale Aufgabe Deutsche Filmwirtschaft auch von der Länderseite her wäre uns äußerst willkommen gewesen. Es geht schließlich auch um die Arbeitsplätze der Filmtechniker, der Cutterinnen, der Synchronstudios, um die Existenz deutscher Schauspieler und um einen wichtigen Zweig nationaler Medienkultur, den wir wirtschaftlich am Leben halten wollen. Das Vermittlungsergebnis verdient zwar nicht die Goldene Palme, wie sie Schlöndorffs „Die Blechtrommel" gerade als erster deutscher Film der Nachkriegszeit erzielt hat. Es ist aber akzeptabel. Wir stimmen ihm zu. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort zu einer weiteren Erklärung hat der Herr Abgeordnete Haussmann.

Prof. Dr. Helmut Haussmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000836, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! ({0}) - Das vorliegende Ergebnis veranlaßt mich, drei kurze Bemerkungen zu machen, Herr Wohlrabe. Erstens. Dieses Wirtschaftsförderungsgesetz wird nicht in der Lage sein, die strukturellen Probleme des deutschen Filmes zu beseitigen. Zweitens. Dieses Gesetz hat durch ein Hearing im Ausschuß und durch das betroffene Ministerium eine sehr sorgfältige Beratung erfahren. Es war beim besten Willen nicht möglich, 25 Änderungsentwürfe des Bundesrates zu berücksichtigen. Trotzdem ist es ein sehr ausgewogenes Ergebnis. Drittens. Der strukturpolitische Ansatz dieses Wirtschaftsgesetzes ist verstärkt worden. Die sozialliberale Koalition hat die mittelstandsfreundliche prozentuale Abgabe durchgesetzt, was für die kleinen und mittleren Theater eine wesentliche Erleichterung ist. Das sind die Gründe, warum die Fraktion der Freien Demokraten das Ergebnis begrüßt. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wir kommen zur Abstimmung. Der Vermittlungsausschuß hat nach § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die Vorschläge gemeinsam abgestimmt wird. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag des Vermittlungsausschusses angenommen. Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Gesetz über das Verfahren bei Volksentscheid, Volksbegehren und Volksbefragung nach Artikel 29 Abs. 6 des Grundgesetzes ({1}) - Drucksache 8/2964 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schäfer ({2}) Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner 473. Sitzung am 1. Juni 1979 den Vermittlungsausschuß wegen des Gesetzes zur Ausführung des Art. 29 Abs. 6 des Grundgesetzes angerufen. Der Vermittlungsausschuß hat in seiner Sitzung vom 12. Juni 1979 darüber beraten. Der Bundesrat ist der Auffassung, daß dieses Gesetz gemäß Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes seiner Zustimmung bedarf. Über diese Frage ist im Bundestag nicht zu entscheiden. Über diese Frage wurde auch in dem Vermittlungsausschuß nicht beraten. Aber da der Bundesrat von dieser Auffassung ausgeht, hat das Auswirkungen auf einige Bestimmungen in diesem Gesetz. Der Vermittlungsauschuß ist der Anregung des Bundesrates gefolgt. Ich darf auf die Ihnen vorliegende Drucksache 8/2964 hinweisen. Das, was ich soeben sagte, bezieht sich auf die Ziffern 1 und 2. Der Bundesrat ist darüber hinaus der Auffassung, daß die Durchführung dieses Gesetzes eine eigene Angelegenheit der Länder nach Art. 83, 84 des Grundgesetzes sei. Der Vermittlungsausschuß ist auch dieser Auffassung gefolgt, was zur Folge hat, daß § 41, der die Kostentragung des Bundes vorsieht, gestrichen wird, weil dann die Länder die Kosten zu tragen hätten. Ich beziehe mich auf die Ziffer 4 des Ihnen vorliegenden Antrages. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt, entsprechend der Drucksache 8/2964 zu beschließen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, wird das Wort zu einer Erklärung gewünscht? - Herr Abgeordneter Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf für die SPD-Bundestagsfraktion und die FDP-Bundestagsfraktion folgende Erklärung abgeben: Die Stellungnahme des Bundesrates und die Empfehlung des Vermittlungsausschusses beruhen auf der Auffassung, daß das Gesetz von den Ländern als eigene Angelegenheit nach Artikel 83 und Artikel 84 des Grundgesetzes ausgeführt werde. Im Gegensatz dazu waren der Bundestag zu allen Legislaturperioden und die Bundesregierung stets der Auffassung gewesen, daß es sich bei dem Gesetz nach Artikel 29 Abs. 6 des Grundgesetzes seinem Gegenstand nach um eine Angelegenheit der Selbstorganisation des Bundes handelt. Die Länder sind zwar am Verfahren der Neugliederung beteiligt, aber nur als Betroffene, nicht als selbst Mitgestaltende. Deshalb wird das Neugliederungsverfahrensgesetz nicht von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Vielmehr werden die Behörden der Länder bei der Ausführung des Gesetzes kraft Verfassung in Organleihe für den Bund tätig. An dieser schon unter der früheren Rechtslage gebildeten Beurteilung hat sich auch nach der Neufassung des Artikels 29 im Jahre 1976 nichts geändert. Neugliederung und Neugliederungsverfahren sind Sache des Bundes. Die Länder haben beim Verfahrensgesetz nach Artikel 29 Abs. 6 über den Bundesrat zwar das gleiche Mitspracherecht wie bei einem Bundesgesetz, also das Einspruchsrecht; ein besonderes Mitspracherecht in der Form des Zustimmungserfordernisses hat der Bundesrat jedoch Dr. Schäfer ({0}) nicht. Aus diesem Grunde ist in Artikel 29 Abs. 6 im Gegensatz zu Artikel 29 Abs. 7 die Zustimmung des Bundesrates zum Verfahrensgesetz in der Verfassung nicht vorgesehen. Dementsprechend ist der Hinweis des Bundesrates auf Artikel 80 Abs. 2 und auf Artikel 84 verfehlt. Wenn dem Begehren des Bundesrates jetzt nachgegeben würde, so setzte sich der Bundestag damit in Gegensatz zu der früher von ihm und von der Bundesregierung zur gleichen Frage vertretenen Rechtsauffassung, und zwar in der bisher geübten Praxis. In beiden früher entschiedenen Fällen, beim Gesetz von 1955 und beim Änderungsgesetz von 1970, sind die Bundesregierung und mit ihr der Bundestag von der Auffassung ausgegangen, daß die Ausführung den Ländern nicht nach Artikel 83/84 obliegt, sondern daß die Länder bei der Gesetzesausführung als Organe des Bundes tätig werden. Daraus ergab sich, daß die Zustimmung des Bundesrates zu Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht vorgesehen war und daß dem Bund die Kosten auferlegt wurden. Dementsprechend wurden die Gesetze auch mit der für Einspruchsgesetze vorgesehenen Eingangsformel verkündet. Gerade bei der Kostenbestimmung wird übrigens deutlich, daß die Länder selbst früher eine andere Auffassung vertreten haben, als sie sie jetzt im Bundestag vertreten; denn sie haben sich die Kosten für Volksbegehren und Volksentscheide stets vom Bund erstatten lassen: 1955 und 1970. Demgemäß muß nach unserem Dafürhalten der Vorschlag des Vermittlungsausschusses abgelehnt werden und muß sich der Bundestag damit zu seinem Gesetzesbeschluß vom 26. April 1979 bestätigend bekennen. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Erhard ({0}).

Benno Erhard (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000485, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vermittlungsausschuß hat in einer Frage, die in aller Regel der Bundestag nicht entschieden hat, seine Auffassung dargestellt; der Vermittlungsausschuß hat ein Vermittlungsergebnis herbeigeführt, und wir stimmen diesem Vermittlungsergebnis zu. Wenn ein Mitglied des Vermittlungsausschusses bei der Abstimmung unterliegt, ist es nicht der beste Stil, wenn er dann im Plenum des Bundestages die gegenteilige Auffassung noch einmal zur Abstimmung stellt. ({0}) Es kann nicht Zweck und Sinn des heutigen Abstimmungsverfahrens sein, ob es wirklich im Streit der Zuständigkeit von Bund und Ländern richtig oder falsch sein kann, ob der Bundesminister des Innern allein ein Muster für die Eintragung in die Wählerlisten erfindet und bekanntmacht, oder ob er das nur mit Zustimmung des Bundesrates soll tun dürfen. Wir sind der Meinung: Man sollte dem Vermittlungsergebnis zustimmen. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Auch hier hat der Vermittlungsausschuß gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß gemeinsam abgestimmt wird. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. Der Antrag des Vermittlungsausschusses ist damit abgelehnt. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 14 auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Gesetz über das Verfahren bei sonstigen Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes ({1}) - Drucksache 8/2965 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schäfer ({2}) Ich gebe das Wort dem Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Anrufung des Bundesrats hat der Vermittlungsausschuß sich am 12. Juni mit diesem Gesetz befaßt. § 29 Abs. 7 des Ausführungsgesetzes zur Änderung des Gebietsstands der Länder bestimmt: „Die erforderlichen Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrats." Diese Ausführung der Gesetze obliegt hier tatsächlich nach Art. 83 und 84 des Grundgesetzes den Ländern. Der Bundesrat ist nun der Auffassung, daß das im Gesetz vorgesehene Verfahren der Befragung der gesamten Bevölkerung nicht angemessen sei, sondern daß es genügen müsse, die Gemeindeverwaltungen zu hören. Der Vermittlungsausschuß ist diesem Begehren gefolgt. Aus der Tatsache, daß die Anhörungsverfahren der Bevölkerung wegfallen, ergibt sich dann auch, daß § 6, der die Kostentragung dafür regelt, nicht mehr notwendig ist. Auch er soll gestrichen werden. Der Vermittlungsausschuß schlägt die Ihnen auf Drucksache 8/2965 vorliegende Beschlußempfehlung vor.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort zur Abgabe von Erklärungen gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Auch hier hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, nach § 10 Abs. 3 Satz 1 gemeinsam abzustimmen. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegen18878 Vizepräsident Frau Funcke probe! - Enthaltungen? - Dann ist der Antrag einstimmig angenommen. Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zum Tagesordnungspunkt 15: Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kohl.

Dr. Helmut Kohl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001165, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/CSU schlage ich für die Wahl zum Vizepräsidenten dieses Hauses unseren Kollegen Dr. Richard von Weizsäcker vor. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, Sie haben den Vorschlag gehört, Herrn von Weizsäcker zum Vizepräsident dieses Hauses zu wählen. Gibt es andere Vorschläge? - Das ist nicht der Fall. Das Wort hat Herr Abgeordneter Collet.

Hugo Collet (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000331, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe hier, auch wenn das bei solchen Anlässen nicht üblich ist, das Wort genommen, um zunächst eine Erklärung abzugeben. Hier im Hause wird gesagt, und in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" war zu lesen, ich hätte während der Stimmabgabe für Präsident Stücklen in der SPD-Fraktion Unterschriften gegen Herrn von Weizsäcker gesammelt. Dies ist falsch. Ich darf zunächst klären, wie die Vorgänge waren. Hier vor den Bänken der Abgeordneten haben diejenigen, die dazu beauftragt waren, also Oppositionsführer und parlamentarische Geschäftsführer, in einer Diskussion darüber gestanden, ob man mit Mehrheit den Punkt „Wahl eines Vizepräsidenten" absetzen kann oder nicht. Ich habe mich ohne Auftrag an diesem Gespräch beteiligt, konnte in jenen Minuten aber niemand überzeugen, daß man absetzen kann. Ich sah voraus, daß sich hier erstmalig - wir hatten zwar schon einmal zwei Kandidaten gegeneinander aus der gleichen Fraktion hier im Haus - eine Mehrheit zu einem Nein entscheidet. Ich meine, daß man sich in einem solchen Haus, gerade hier in diesem Bundestag vorher überlegen sollte, wie man zu einem gemeinsamen Ergebnis kommt, wenn dem auch nicht alle Rechnung tragen. Ich wollte durch einen Antrag auf Unterbrechung - ich sah sonst keinen formalen Weg mehr, obwohl ich selbst zu diesem Zeitpunkt bereits wußte, daß man absetzen kann - ein solch zu erwartendes Ergebnis vermeiden. Aus diesem Grunde habe ich damals hier Unterschriften für diesen Antrag gesammelt. Ich wäre heute dankbar, wenn Herr von Weizsäcker - wir hören von anderen Informationen - hier vor diesem Haus sagen würde, was er tun will. Für mein Parlamentsverständnis ist eine solche-({0}): Ist das eine Erklärung, Frau Präsidentin?) - Ich bitte um Entschuldigung, ich habe mich nicht zur Abgabe einer Erklärung zu Wort gemeldet, Herr Kollege Jenninger. Ich wäre dankbar, wenn Herr von Weizsäcker sich dazu entschließen könnte, hier zu erklären, was er zu tun beabsichtigt. ({1}) Jeder, auch in der Oppositionsfraktion, der mich lange genug kennt, weiß, daß ich eine solche Bitte nicht vortrage, weil es mir um politisch-taktische Überlegungen geht. Vielmehr bin ich der Meinung, daß man, wenn man eine solche Aufgabe übernimmt, auch sagen muß, wie man sie übernehmen will. Es steht Ihnen frei, sich hier zu erklären. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, wird das Wort noch gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Wahlakt. Wir wählen nach der Geschäftsordnung mit verdeckten Stimmkarten. Die Stimmkarten bekommen Sie bei den Schriftführern an den links und rechts stehenden Tischen. Ich darf den Ablauf in Erinnerung rufen: Die Stimmkarten müssen in der Wahlzelle gekennzeichnet und auch dort in den Wahlumschlag gelegt werden. Wer diese Regelung des § 54 a der Geschäftsordnung nicht beachtet, muß von den Schriftführern zurückgewiesen werden. Er kann die Wahl aber ordnungsgemäß wiederholen. Ungültig sind jedoch Stimmen auf nichtamtlichen Stimmkarten sowie auf Stimmkarten, die mehr als e i n Kreuz, andere Namen oder sonstige Zusätze aufweisen. Wer sich der Stimme enthalten will, kann die Stimmkarte unverändert, also ohne ein Kreuz bei Ja oder Nein, abgeben. Ich mache noch darauf aufmerksam, daß das Abhaken Ihres Namens auf der Namensliste durch die Schriftführer neben den Urnen als Nachweis für Ihre Beteiligung an der Wahl gilt und eine Eintragung in die Anwesenheitsliste ersetzt. Ich bitte die Kollegen und Kolleginnen, die für die Wahl als Schriftführer eingeteilt sind, jetzt ihre Plätze einzunehmen. Herr von Weizsäcker ist als Kandidat für den Stellvertreter des Präsidenten des Deutschen Bundestages benannt worden. Er ist gewählt, wenn er die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages, also mindestens 260 Stimmen, erhält. Ich eröffne nun die Wahl und bitte die Schriftführer, mit der Verlesung der Namen zu beginnen. ({0}) ({1}) ({2})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme abgeben möchte? - Das scheint nicht der Fall zu sein. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, die Stimmen auszuzählen. Präsident Stücklen Meine Damen und Herren, sind Sie damit einverstanden, daß wir die Sitzung für 20 Minuten unterbrechen? - Danke schön. ({0})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Meine Damen und Herren, ich bitte, Platz zu nehmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis der Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten des Deutschen Bundestages bekannt. Abgegeben wurden 489 Stimmen, davon 486 gültige. Mit Ja und damit für Herrn von Weizsäcker haben 272 Mitglieder gestimmt, mit Nein 177; enthalten haben sich 37; ungültig waren 3 Stimmen. Damit hat Herr Abgeordneter Richard von Weizsäcker die Mehrheit der Stimmen auf sich vereint. Ich frage ihn, ob er die Wahl annimmt. ({0}) Ich beglückwünsche Sie im Namen des ganzen Hauses zu Ihrem Amt und hoffe auf eine gute und kollegiale Zusammenarbeit. ({1}) Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1979 ({2}) - Drucksache 8/2241 Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({3}) - Drucksache 8/2896 Bericherstatter: Abgeordnete Roth, Dr. Warnke ({4}) Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Das Wort zur allgemeinen Aussprache hat Herr Abgeordneter Warnke.

Dr. Jürgen Warnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002428, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ERP-Wirtschaftsplan 1979 trägt in der Grundstruktur und in Einzelheiten die Handschrift des Parlaments. Dazu war es allerdings auch höchste Zeit. Seit langen Jahren haben alle Parteien im Wirtschaftsausschuß und im Plenum gefordert, den ERP-Wirtschaftsplan auf die Schwerpunkte Mittelstandsförderung, Umweltschutz und Berlin-Hilfe zu konzentrieren. Die Bundesregierung hat die Verwirklichung dieser Forderung auf die lange Bank geschoben. Mit diesem Entwurf 1979 hat sich das Parlament durchgesetzt, Zersplitterung ist eliminiert, Doppelförderung beseitigt worden. Nachdem wir das Fundament in Ordnung gebracht haben, haben wir gleich noch die Gelegenheit genommen, in diesen Beratungen das Gebälk tragfähig zu machen. Eine Dreiviertelmilliarde - das ist fast ein Viertel des Gesamtvolumens des ERP-Wirtschaftsplans - ist in den Beratungen des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages zusätzlich für die Mittelstandsförderung bereitgestellt worden. Diese gewaltige Summe kam durch die Ausschöpfung aller verfügbaren Möglichkeiten zustande, dadurch, daß wir Reste umgewidmet, Ansätze der Bundesregierung umgeschichtet, Verpflichtungsermächtigungen zusätzlich eingesetzt haben. ({0}) Auch hierbei haben wir wieder Schwerpunkte gebildet, Schwerpunkte insbesondere bei der Gründung neuer mittelständischer Existenzen ({1}) und bei der Neuschaffung von Arbeitsplätzen in den Fördergebieten. ({2}) Wir erfüllen damit, meine Damen und Herren, einen Bedarf, der dringender ist denn je. Die mittelständische Wirtschaft braucht maßgeschneiderten Kredit, die Nachfrage - für Neugründungen ebenso wie für die Neuschaffung von Arbeitsplätzen in den strukturschwachen Gebieten - ist übergroß. ({3}) Aber, meine Damen und Herren von der Koalition und der Bundesregierung, lassen Sie es nicht bei Halbheiten bewenden! Sorgen Sie dafür, daß wir Neugründungen nicht nur durch Kredite, die ja alle einmal zurückgezahlt werden müssen, erleichtern, sondern sie durch die Bereitstellung von echtem Eigenkapital überhaupt erst ermöglichen! Erst dann, wenn die Vorschläge der CDU/CSU-Fraktion, insbesondere unseres Kollegen Pieroth, angenommen worden sind, Eigenkapital in Zukunft steuerbegünstigt ansparen zu können, ist für junge mittelständische Existenzen jenes zweite Bein gegeben - neben den Krediten aus dem ERP-Wirtschaftsplan -, auf dem allein man bekanntlich erst sicher stehen kann. Diese Umschichtung des Haushaltes ist interfraktionell herbeigeführt worden. Sie ist zum großen Teil gegen den Willen der Bundesregierung durchgesetzt worden. Die CDU/CSU-Fraktion nimmt das mit Genugtuung zur Kenntnis. Hier ist es gelungen, mit der Eigenständigkeit des Parlaments auch seine eigentliche Aufgabe zu wahren, nämlich selbst politische Schwerpunkte zu setzen ({4}) und die Verwaltung zu ihrem Vollzug anzuhalten ({5}) und sich - umgekehrt - nicht zum Vollzug von Entscheidungen der Ministerialbürokratie degradieren zu lassen. Das war in den vergangenen Jahren, meine Damen und Herren von der Koalition, nicht immer der Fall. ({6}) Durch den Stil, in dem die Beratungen dieses ERP-Haushalts im Wirtschaftsausschuß durchgeführt worden sind, kann das Ansehen des Parlaments nur gewinnen. Wenn sich Koalitionsmehrheiten jedoch der Abstimmungsguillotine zur Durchsetzung von Entscheidungen der Ministerialbürokratie bedienen, verliert das Parlament mit seiner Entscheidungskraft zugleich seine Würde. ({7}) Der sachliche Gehalt der diesjährigen Beratungen des ERP-Wirtschaftsplanes war jedoch von einem neuen Akt der Tragödie DIAG überschattet. Für dieses bundeseigene Unternehmen waren in den vergangenen Jahren - teilweise hinter dem Rücken des Parlaments - bereits Zuschüsse in Höhe von 1 Milliarde DM geleistet worden. ({8}) 1979 forderte die Bundesregierung erneut die Bereitstellung von 180 Millionen DM für die DIAG. Nur durch Befragung der verantwortlichen Unternehmensspitze konnte das Parlament die Information erzwingen, daß damit keineswegs ein Ende der Verluste bei DIAG gewährleistet ist. Der Schaden, der bereits entstanden ist, ist gewaltig. Mittelständische Unternehmen hatten und haben unter der Subventionierung ihrer Konkurrenz in Milliarden-Größenordnung zu leiden. Entlassungen sind für einen erheblichen Teil der 2 500 Beschäftigten der DIAG in Berlin unvermeidlich geworden, denen - bei richtiger Politik und richtiger Beaufsichtigung dieses Unternehmens - mit einem Bruchteil dieser Unsumme von 1,2 Milliarden DM Zuschüsse sichere Arbeitsplätze hätten gewährleistet werden können. ({9}) Das strukturpolitische Instrument des ERP-Wirtschaftsplans ist weniger wirkungskräftig geworden, da mit den 1,2 Milliarden DM fast ein Zehntel seines Kapitalstocks verschleudert worden ist. Schaden aber, meine Damen und Herren, ist vor allem den Arbeitnehmern und den Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt entstanden, denen für dieses Geld, verwendet nach den allgemeinen Fördergrundsätzen, 60 000 neue Arbeits- und Ausbildungsplätze hätten geschaffen werden können. Mit anderen Worten: Für die Neuschaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen stellt der Bundeshaushalt im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" jährlich 288 Millionen DM zur Verfügung. Allein für ein einziges Bundesunternehmen wurde hier der Gegenwert der für die Fördergebiete der Bundesrepublik Deutschland zusammen in vier Jahren zur Verfügung stehenden Arbeitsplatzförderung aufgebracht. Die CDU/CSU hat der Fortführung dieses Subventionsskandals ihre Zustimmung verweigert. Der Bundesrechnungshof hat seine Stellungnahme zu diesem Punkt so überschrieben: Fehlentwicklung infolge unzureichender Einflußnahme der Bundesregierung. Die Union fordert unverzüglich Rechenschaft von der Bundesregierung. Im Gleichrang mit der Feststellung der Verantwortlichkeit kommt es uns aber darauf an, Lehren für die Zukunft zu ziehen. 1,2 Milliarden DM und kein Ende abzusehen - das kann nicht auf sich beruhen bleiben. Das eigentlich Erschreckende an dem Vorgang aber ist die Hilflosigkeit, mit der die Verwaltung einem Unternehmen, wenn es sich nur im Eigentum der öffentlichen Hand befindet, Verlustausgleich nun in die zweite Milliarde hinein gewährt. Die Marktwirtschaft insgesamt nimmt durch die Züchtung von Subventionsmentalität auf Kosten von Leistungsbereitschaft und Wettbewerb Schaden. Der Bundeswirtschaftsminister, der hier ja anwesend ist, wird gern in der Rolle eines Ritters sonder Furcht und Tadel für eine liberale Wirtschaftsordnung präsentiert. Mit eingelegter Lanze sprengt Graf Lambsdorff gegen Altmarxisten und Jungsozialisten, gegen Jungdemokraten und was es sonst noch alles an Erschröcklichem in den eigenen Reihen zu finden gibt. Nun sitzt ein Flecken auf dem Schild des Recken. Es hilft nicht, ihn schamhaft zu verhüllen. Wir müssen ihn wieder wegputzen. Wir müssen diesen Schild wieder blankkriegen. Dieser Vergeudung von öffentlichen Mitteln für Unternehmen im Eigentum der öffentlichen Hand muß ein Riegel vorgeschoben werden. Sonst brauchen wir in diesem Hause von Sozialer Marktwirtschaft überhaupt nicht mehr zu sprechen. ({10})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Roth.

Wolfgang Roth (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001891, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fange beim erfreulichen Abschnitt der Rede meines Vorredners an, nämlich bei der Tatsache, daß es im Rahmen der Beratungen des Wirtschaftsausschusses und der Unterkommission für das ERP-Programm gelungen ist, eine Konzentration der Mittel auf die Schwerpunkte durchzusetzen. Dies sind erstens die mittleren und kleinen Unternehmen, zweitens die Umweltverbesserung und drittens Berlin. Lassen Sie mich zur Umweltverbesserung ein paar Bemerkungen machen. Zur Zeit ist in der Bundesrepublik ja eine große Debatte darüber im Gange, ob mehr ökologische, mehr umweltorientierte Politik möglich und durchsetzbar sei. Ich finde, diese öffentliche Debatte ist ein bißchen ungerecht. Wer das ERP-Wirtschaftsvermögen und seinen Einsatz anschaut, wird feststellen, daß schon in den letzten Jahren Erhebliches geleistet wurde, beispielsweise in der Abwässerreinigung, in der Luftreinigung und in der Abfallbeseitigung. Er könnte feststellen, daß wir die Mittel für das laufende Jahr von 365 Millionen DM auf 530 Millionen DM aufstocken. Dies ist ein entscheidender Fortschritt, der erfreulicherweise - dies sage ich jetzt ganz bewußt - einmütig, mit Vorgabe der Regierung, realisiert wurde und der zeigt, daß dieses Parlament eben nicht, wie manche behaupten, gegenRoth über ökologischen Fragen verschlossen und pflichtvergessen sei. Zu Berlin ist festzustellen: Die Problematik in Berlin liegt bei der Investitionstätigkeit. Wir erhöhen die Ansätze für Investitionsdarlehen in Berlin von 374 Millionen DM auf 415 Millionen DM - auch hier ein Fortschritt. Aber die entscheidende Veränderung ist uns bei diesen Beratungen, bei denen die Regierung uns nicht, wie mein Vorredner behauptet hat, Widerstände entgegengesetzt, sondern uns durch ihre Beamten, aber auch den Minister und seinen Parlamentarischen Staatssekretär unterstützt hat, im Zusammenhang mit dem Thema kleine und mittlere Unternehmen gelungen. Wir werden bei den Mitteln für Existenzgründungen zusätzlich 210 Millionen DM aufwenden können, die im Etat nunmehr vorgesehen sind. Insgesamt werden wir Kreditzusagen in Höhe von nahezu 1 Milliarde DM für kleine und mittlere Unternehmen im Rahmen des ERPWirtschaftsplans im Jahre 1979 geben können. Ich halte das für einen großen Erfolg und für eine sinnvolle Maßnahme im Hinblick auf die Verbesserung der Struktur der Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland. ({0}) Ich erinnere mich an die vielen Debatten über die Situation der Wirtschaft der Bundesrepublik in den letzten paar Jahren und bin erstaunt, daß Herr Dr. Warnke es nicht fertiggebracht hat, der Bundesregierung für ihre Arbeit im Zusammenhang mit dem Fragenkreis kleine und mittlere Unternehmen den Respekt zu zollen. ({1}) - Zum erstenmal seit Mitte der 50er Jahre, verehrter Herr Zwischenrufer, haben wir jeweils am Ende der Jahre 1977 und 1978 in der Bundesrepublik Deutschland mehr Betriebe als im Jahr zuvor am Markt gehabt - zum erstenmal seit Mitte der 50er Jahre. ({2}) Dies sollte anerkannt werden, weil es Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen der Wirtschaftsförderung von Bund und Ländern gewesen ist. ({3}) 1977 hatten wir 14 000 mehr Selbständige, 1978 6 000 mehr Selbständige, also insgesamt 20 000 kleine und mittlere Unternehmen im gewerblichen, im Handelsbereich, im Dienstleistungsbereich mehr in den letzten zwei Jahren. ({4}) - Ich weiß sehr wohl, daß manche von Ihnen das nicht akzeptieren wollen. Der Zwischenrufer wird das dann vielleicht im nächsten Jahr endgültig akzeptieren: Wir haben eine Trendwende bei den kleinen und mittleren Unternehmen. Das ist erfreulich. Dieses positive Zeichen in der nationalen Wirtschaft sollten wir nicht wegreden, Krisensymptome gibt es international genug. ({5}) - Herr Dr. Warnke, Ihre Verwüstungen kann man Ende der 50er und in den 60er Jahren feststellen. Damals gab es einen jährlichen Rückgang der Zahl der Selbständigen um mehr als 20 000. Wenn Sie auf diese polemische Weise auf diese nüchterne Ausführung reagieren, muß ich Ihnen sagen: Sie haben sich die Daten nicht angeschaut. Sie sind nicht einmal über das informiert, was am Markte geschieht. ({6}) Mancher yon Ihnen behauptet nun, das sei gar kein wirklicher Zuwachs, denn es handle sich nur um Dienstleistungsbetriebe. Meine verehrten Damen und Herren, daß neue Arbeitsplätze und neue Betriebe insbesondere im Dienstleistungsbereich geschaffen werden, ist ein Zeichen eines vernünftigen, eines positiven Strukturwandels. ({7}) Die Bundesrepublik Deutschland war im Vergleich zu anderen Industriestaaten im industriellen Sektor immer relativ überbesetzt und im Dienstleistungsbereich relativ unterbesetzt. Ich halte gerade den Trend bei den Neugründungen für sehr positiv im Hinblick auf den notwendigen Strukturwandel in unserer Wirtschaft. Wir sollten dies begrüßen. Wir haben dies nicht nur begrüßt, sondern die entsprechenden Schlußfolgerungen gezogen. Wir haben durch Aufstockung der Mittel für kleine und mittlere Unternehmen um etwa eine dreiviertel Milliarde DM die notwendigen Möglichkeiten geschaffen, die Chancen für die Zukunft eröffnen. ({8}) Meine verehrten Damen und Herren, mein Vorredner hat nun das leidige, ja, ich sage: schreckliche Thema DIAG angesprochen und gemeint, er könne die Auseinandersetzung über die DIAG gegen den heutigen Minister, gegen die Bundesregierung des Jahres 1979 wenden. Ich will am Anfang meiner Ausführungen zum Thema DIAG eines sagen. Da ich nicht immer in allem zu den Anbetern des heutigen Wirtschaftministers gehöre, wird der eine oder andere aufmerken, wenn ich es sage. Graf Lambsdorff hat ab seiner Amtsübernahme entschlossen dafür gesorgt, daß wir bei DIAG Klarheit bekamen und daß wir bei DIAG sehen konnten, wo es hinläuft. ({9}) Es ist sehr traurig, daß Dr. Warnke, obgleich er so viel über das gute Verhältnis im Ausschuß gesprochen hat, es nicht über sich gebracht hat, diese schlichte Tatsache der Änderung des Verhaltens der Wirtschaftministeriums gegenüber dem Unterausschuß ERP-Sondervermögen zu erwähnen. Ich bedaure dies. ({10}) Herr Graf Lambsdorff ({11}) kann nicht zurückholen, was in früheren Jahren versäumt wurde. Wenn ich über die DIAG zu reden habe, muß ich über den Beginn von DIAG reden. ({12}) Der Minister, der diesen Konzern zusammengebastelt hat, sitzt noch heute in Ihrer Fraktion. Die Konzeption dieser Gründung und dieser Zusammenfassung von Betrieben war von Anfang an verfehlt. In den Jahren darauf wollten Geschäftsführung und Aufsichtsrat im internationalen Anlagenbau das große Rad drehen. Dies ist gründlich mißlungen. Aber diese Entscheidungen liegen lange zurück. Seit Graf Lambsdorff die Kontrolle mit übernommen hat und seit wir einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden haben - dem ich namens meiner Fraktion für seine Anstrengungen ausdrücklich danke -, gelang es, die zu erwartenden Verluste von 90 Millionen auf 50 Millionen und nun auf vermutlich 38 Millionen DM im Jahr 1979 zurückzudrängen. Dies ist eine Sanierungsleistung, die sich sehen lassen kann. Sie zeigt aber noch nicht, wie es mit der DIAG endgültig weitergehen wird. Bei der Sachlage und bei dem Rechenwerk, das uns heute vorliegt, kann ich über die Notwendigkeiten bei DIAG noch nichts Endgültiges sagen. Auch ist es nicht unsere Aufgabe als Parlamentarier, Nebenaufsichtsrat zu spielen. Eines muß ich allerdings ganz deutlich sagen. Ich zitiere dazu aus dem Bericht, den wir dem Plenum erstattet haben: Der Ausschuß bringt einheitlich und betont zum Ausdruck, daß die Empfehlung seiner Mehrheit - der Koalitionsfraktion zur Bereitstellung dieser Mittel - 180 Millionen DM, von denen 60 Millionen gesperrt sind in keiner denkbaren Weise als Präjudiz dafür gelten kann, daß er auch künftigen Zuschüssen zustimmen wird. An diese Äußerung des Berichts fühlen wir uns gebunden. Wie ich sehe, hat auf der Bundesratsbank der Senator für Wirtschaft von Berlin, Herr Lüder, Platz genommen. Er sollte in bezug auf die Erörterungen in Berlin die Ernsthaftigkeit des Ausschusses und, nehme ich an, auch des Plenums in dieser Frage zur Kenntnis nehmen. Wir erwarten, daß die erforderlichen weiteren Sanierungsmaßnahmen ohne irgendwelche Verzögerungen stattfinden. Wir sind andererseits bereit, jene Arbeitsplätze in Berlin mit zu erhalten, deren Erhaltung möglich ist. Darin werden sich der Senat von Berlin und die Berliner Öffentlichkeit auf den Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestags, jedenfalls auf seine Mehrheit, verlassen können. ({13}) Ich verstehe nicht, warum sich die CDU/CSUFraktion im Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestags nicht dazu verstanden hat, die für die Bilanzierung notwendigen 120 Millionen DM zu entsperren. Die Minderheit hat sich versagt. ({14}) Sie muß sich daher beschuldigen lassen, daß sie für die zu diesem Zeitpunkt notwendigen Maßnahmen für die Erhaltung der Arbeitsplätze in Berlin nicht gesorgt hat. ({15}) Sie hat versucht, sich eine Hintertür offen zu lassen, um polemische Auseinandersetzungen zu starten. Die erste haben wir heute erlebt, weitere werden kommen. Ich kann nur sagen, wir von der sozialdemokratischen Fraktion werden mithelfen, zwischen der Problematik „Sicherung des Bestandes des ERPSondervermögens" und der Problematik „Sicherung der Arbeitsplätze in Berlin im Rahmen des DIAGKonzerns" mit aller Entschlossenheit eine Lösung innerhalb des nächsten Jahres durchzusetzen. ({16})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Angermeyer.

Joachim Angermeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000039, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ersparen Sie mir, daß ich im einzelnen noch auf den ERP-Wirtschaftsplan und das vorgelegte Zahlenwerk eingehe. Ich befinde mich insoweit in Übereinstimmung mit den Kollegen Roth und Warnke, als die Konzentration - im wesentlichen auf drei Bereichen - auch die volle, besondere Zustimmung auch meiner Fraktion erfährt. Insbesondere die für mittelständische und kleinere leistungsfähige Unternehmen vorgesehenen Hilfen erfreuen uns. Wir sehen, daß wir damit auf dem richtigen Wege sind. Das jetzt zum 1. Juli anlaufende Programm wird uns dabei weitere Hilfestellung leisten. Soweit zu diesem Teil des Haushaltsplans, der unsere volle Zustimmung findet. Nun - ich muß es sagen - bleibt es auch mir nicht erspart, das leidige Kapitel DIAG wenigstens mit einigen Worten zu streifen. Es ist nicht richtig, daß alles hinter dem Rücken des Parlaments abgelaufen sei. Ich habe mir, Herr Kollege Warnke, aus dem Hause eine kurze Übersicht geben lassen, was dort alles gemacht worden ist, wie eingewirkt worden ist. Allerdings sollten wir dabei nicht übersehen, was die Aufgabe des Eigentümers ist. Es gibt einen Aufsichtsrat, es gibt eine Geschäftsleitung. Sie haben in erster Linie zu wirken. Mit dem, was hier gelegentlich anklingt, geht man so weit, die BunAngermeyer desregierung hätte noch Marketingkonzepte usw. entwickeln sollen. Das ist doch Utopie. ({0}) - Der Bund ist Eigentümer. Ich bin gelegentlich auch noch Eigentümer an einigen Unternehmen. Aber ich weiß auch, wie weit meine Berechtigung als Eigentümer dabei geht. Gelegentlich bin ich auch in der Geschäftsführung; da habe ich andere Aufgaben. ({1}) - Das ist durchaus so. Hier wird jetzt von einem Subventionsskandal gesprochen. 10 0/o des ERP-Vermögens seien verschleudert worden. Lieber Herr Warnke, wir wissen doch, daß beim „Verschleudern" eine gewisse Absicht gegeben sein muß. Wir wollen uns über die Zahlen nicht streiten. Ich bedaure zutiefst, daß eine solche Schmälerung des ERP-Vermögens eingetreten ist. Aber die Vokabel enthält mir zuviel Polemik. Die Ausschußberatungen, die wir gemeinsam geführt haben, noch mehr die Beratungen, die wir in der Gruppe geführt haben, waren doch im wesentlichen von dem Bemühen getragen, zu vernünftigen Lösungen zu kommen, das sogenannte Sanierungskonzept in die Tat umzusetzen. Es zeigten sich Ansatzpunkte, daß dies möglich sei. Dann traten allerdings die Ereignisse ein, die weder Geschäftsleitung noch Aufsichtsrat voraussehen konnten und für die wir sie letztlich auch nicht verantwortlich machen können. Damit ist auch die von uns mit eingeplante Hilfe aus dem in Westdeutschland gelegenen Betrieb nicht mehr möglich. Das hat jetzt zu dem hinlänglich bekannten Verfahren geführt, zu dem wir uns gezwungen sahen. Ich betone mit Nachdruck, dies haben wir getan, weil dieses Unternehmen sonst nicht hätte gehalten werden können. Wir können auch nicht davon sprechen, daß da eine, wie Sie sagen, hilflose Verwaltung sitzt. Herr Warnke, das ist doch einfach nicht wahr. Diese Verwaltung bemüht sich mit Fleiß, ein Unternehmenskonzept zu entwickeln. Das hat sie mit Hilfe des Aufsichtsratsvorsitzenden getan, dem wir unseren Dank schulden. Dann sind die Ereignisse gekommen, die dieses Unternehmenskonzept, dieses Sanierungskonzept in Frage gestellt haben. Jetzt sind wir aufgerufen. Wir sind bereit, etwas zu tun. Allerdings - hier schließe ich mich dem Kollegen Roth an - werden wir dies nicht ins Unendliche fortsetzen können, sondern hier erwarten wir, daß die Maßnahmen, zu denen wir Hilfestellung geleistet haben, nunmehr auch zu einem sichtbaren, greifbaren Erfolg kommen. Sie sprechen von dem Ritter sonder Furcht und Tadel. Auch der ist im Grunde genommen Garantie dafür, daß das funktioniert, neben dem Aufsichtsratsvorsitzenden. Jetzt heften wir uns den Orden auch noch an die eigene Brust, Herr Kollege Warnke: Wir werden im übrigen unseren Teil dazu beitragen, daß das heute vorliegende und weiter zu entwickelnde Konzept letztlich zur Verbesserung der Situation führt. Dabei legen wir - dies möchte ich am Schluß ausdrücklich sagen - in höchstem Maße Wert darauf, daß das, was an Arbeitsplätzen in Berlin irgend gehalten werden kann, auch gehalten wird. Im übrigen stimmen wir - ich darf das für meine Fraktion sagen - der Vorlage zu. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Einzelberatung und Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe die §§ 1 bis 14, Einleitung und Überschrift auf. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig in zweiter Beratung angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({0}) zu dem Antrag der Abgeordneten Hasinger, Frau Hürland, Müller ({1}), Dr. Hornhues, Dr. George, Neuhaus, Löher, Müller ({2}), Landré, Daweke, Braun, Kroll-Schlüter, Dr. Meyer zu Bentrup, Krey, Frau Verhülsdonk, Zink, Breidbach, Höpfinger, Dr. Laufs, Sauer ({3}) und der Fraktion der CDU/CSU Arbeitserlaubnis für die Kinder ausländischer Arbeitnehmer zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und FDP Arbeitserlaubnis für Ehegatten und Kinder ausländischer Arbeitnehmer - Drucksachen 8/2369, 8/2538, 8/2875 -Berichterstatter: Abgeordneter Höpfinger Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hasinger.

Albrecht Hasinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000823, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Zum drittenmal innerhalb eines Jahres beschäftigt sich der Deutsche Bundestag mit Problemen ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familien. Ich halte dies für ein gutes Zeichen. Das Parlament macht sich ein Thema zu eigen, das wir alle miteinander allzu lange vernachlässigt haben. Immer noch haben wir zu wenig im öffentlichen Bewußtsein realisiert, daß fast 4 Millionen ausländische Mitbürger in unserem Lande leben. Immer noch glauben viele, daß es sich hier in erster Linie um Arbeitnehmer handelt, während es in Wirklichkeit vielfach ausländische Familien sind. Kamen 1973 noch zwei erwerbstätige Ausländer auf einen nicht erwerbstätigen, so betrug das Verhältnis 1978 etwa eins zu eins. Damit entspricht die ausländische Wohnbevölkerung in ihrer Struktur mehr und mehr der deutschen. Die CDU/CSU sagt ja zur Zusammenführung der Familien. Denn es gehört nach unserer Auffassung zu den fundamentalen Menschenrechten, daß Familien nicht auf Dauer getrennt leben müssen. Es kann keine Familienpolitik für die Deutschen und eine Nichtfamilienpolitik für die Ausländer geben. Wer die Familie als eine natürliche, dem Staat vorgegebene Lebensordnung anerkennt, muß daraus für unsere Politik gegenüber den ausländischen Arbeitnehmern Konsequenzen ziehen. Diese Politik kann und darf heute nicht mehr ausschließlich eine Ausländerbeschäftigungspolitik sein. Die CDU/CSU-Fraktion hat in ihrem Antrag zur Verbesserung der Zukunftschancen der Kinder ausländischer Arbeitnehmer, über die der Bundestag noch debattieren wird, die soziale Integration als politisches Ziel bezeichnet. In der Sachverständigenanhörung, die der Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit umfangreich, Herr Kollege Hauck, durchgeführt hat, hat diese Zielsetzung einhellige Zustimmung erfahren. Es besteht breite politische Übereinstimmung darüber, daß den bei uns lebenden ausländischen Arbeitnehmern und ihren Familien ein gesicherter rechtlicher und sozialer Status eingeräumt werden muß. Diejenigen ausländischen Arbeitnehmerfamilien, die hierbleiben wollen, sollten dies in Zukunft auch rechtlich ermöglicht erhalten. Deshalb ist das in diesen Tagen erneut in der Diskussion aufgetauchte Wort von der „Rotation" geeignet, Verwirrung zu stiften. Wir jedenfalls denken weder an eine Zwangsrotation durch rechtliche Mittel - etwa befristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse - noch an eine gewillkürte Rotation durch besondere öffentliche Anreize. Auch die Aufhebung der Stichtagsregelung für die Familienangehörigen ausländischer Arbeitnehmer ist ein Beispiel dafür, daß Ausländerpolitik bei uns nicht nur Arbeitsmarktpolitik sein darf, sondern in erster Linie auch Familien- und Jugendpolitik ist. Schon 1976 haben sich die Präsidenten des Deutschen Caritasverbandes und des Diakonischen Werkes beim Bundeskanzler für die Abschaffung des Stichtages eingesetzt. Die CDU/CSU-Fraktion hat in ihrem Antrag vom Dezember vergangenen Jahres, der dieses Verfahren in Gang gebracht hat - die Koalitionsfraktionen haben später mit einem eigenen Antrag nachgezogen -, auf den Widerspruch zwischen einer Aufenthaltsregelung, die den Familiennachzug gestattet, und einer Arbeitserlaubnisregelung, die die Arbeitserlaubnis auf Dauer verweigert; hingewiesen. Wir freuen uns, daß der federführende Ausschuß des Deutschen Bundestages diesen unseren Standpunkt in seinen Bericht übernommen und das Ziel formuliert hat, die bisher geltende Stichtagsregelung aufzuheben. Insoweit besteht Einigkeit zwischen allen Seiten dieses Hauses und der Bundesregierung. Die heutige Debatte gibt nun Gelegenheit, nochmals über die von der Bundesregierung nunmehr an Stelle des Stichtags eingeführten Wartefristen von zwei Jahren für Jugendliche und von vier Jahren für Ehegatten zu sprechen. Meine Fraktion hat in den Ausschußberatungen versucht, die von der Bundesregierung vorgesehenen starren Wartefristen für Ehegatten durch eine differenzierte Regelung zu mildern. Auch die Fraktion der FDP hat eine Verkürzung oder Unterbrechung der Wartezeit für Ehegatten befürwortet. Wir sollten darüber nachdenken, ob die von der Regierung daraufhin eingeräumten Abkürzungen der Wartefristen ausreichend sind. Nach unserer Auffassung ist dies nicht der Fall. Es ist ein Widerspruch, wenn die Bundesregierung die Wartezeit gegenüber Jugendlichen bei Teilnahme an Bildungsmaßnahmen von halbjähriger Dauer abkürzt, es aber halbjährige Bildungsangebote für ausländische Jugendliche praktisch nicht gibt. Die von der Bundesregierung selbst aus Haushaltsmitteln geförderten Maßnahmen zur sprachlichen und beruflichen Eingliederung haben eine Dauer von rund einem Jahr. Das gleiche gilt für schulische Maßnahmen zur Vorbereitung auf den Hauptschulabschluß, für ein Berufsgrundbildungsjahr usw. Die Bundesregierung mußte im Zuge der Beratungen auch einräumen, daß es vor allem auf dem flachen Land - und die Ausländer leben nun nicht nur in Ballungsgebieten - überhaupt keine derartigen speziellen Bildungsangebote gibt. Hier führt die Regelung der Regierung dazu, daß die Jugendlichen gezwungen werden, in Großstädte umzuziehen, und daß damit der Tendenz zur Zusammenballung Vorschub geleistet wird. Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche bezeichnet die Wartezeiten als willkürlich. In der Tat ist kein in der Sache liegender Grund ersichtlich, warum gerade Fristen von zwei und vier Jahren gewählt wurden. Die Bundesregierung konnte in den Beratungen auch die Frage nicht eindeutig beantworten, ob sich eine derartige gegriffene Regelung überhaupt auf das Arbeitsförderungsgesetz stützen kann. Es ist daher zu befürchten, daß die von den Sozialgerichten anhängigen Prozesse auf Erteilung der Arbeitserlaubnis auch künftig weitergehen werden und die Regierung aus rechtlichen Gründen gezwungen sein wird, von der Wartezeitregelung abzurücken. Schon bei der Debatte im Juni vergangenen Jahres habe ich erklärt, daß nach unserer Auffassung der Anwerbestopp aufrechterhalten bleiben müsse, weil uns sonst die Probleme der sozialen Integration über den Kopf wachsen würden. Wir müssen heute sehen, daß der Druck auf eine partielle Aufhebung des Anwerbestopps größer geworden ist; vor allem in Wirtschaftsbereichen wie der Gastronomie, der Bauindustrie, der Konservenindustrie und der Landwirtschaft gibt es Bemühungen, den Anwerbestopp zu lockern, weil dort Arbeitsplätze nicht besetzt werden können. Wir sollten diese Sorgen im Interesse der Produktivkraft unserer Wirtschaft ernst nehmen. Nach unserer Auffassung wäre es aber besser, den in unserem Land lebenden ausländischen Familienangehörigen die Aufnahme einer Arbeit zu gestatten, als neue ausländische Arbeitskräfte in unser Land zu holen, sei es auch als Saisonarbeiter, wie es jetzt ein Modellvorschlag des Landes Baden-Württemberg in Anlehnung an eine Schweizer Regelung vorsieht. Gerade in der Schweiz haben sich erhebliche Probleme ergeben, weil viele Saisonarbeiter ihre Familien sozusagen heimlich nachholen; eigentlich ein schreckliches Wort, denn es ist ja das Recht eines jeden Menschen, mit seiner Familie zusammenzuleben. Die Saisonarbeiter sind auch nicht alle bereit, nach Ablauf der Saison wieder in ihr Heimatland zurückzukehren, so daß sich dann unangenehme Abschiebungsprobleme ergeben. ({0}) Ich finde es geradezu schizophren - Herr Hölscher, ich glaube, Sie haben dazu gerade eine Bemerkung gemacht -, daß durch die Wartezeitenregelung der Regierung hier lebende Ausländer zur Untätigkeit verurteilt sind, während gleichzeitig Landesregierungen gezwungen werden, im Interesse der Wirtschaft Überlegungen über die Anwerbung weiterer Ausländer anzustellen. ({1}) In diesem Zusammenhang möchte ich - vielleicht etwas am Rande des Themas - auch noch einmal ein Wort über die asiatischen Krankenschwestern in deutschen Krankenhäusern sagen. Die Bundesregierung hat sich erfreulicherweise der Auffassung angeschlossen, daß eine Abschiebung dieser Schwestern, deren Hilfe uns in der Zeit besonderen Personalmangels in den deutschen Krankenhäusern gerade recht war, nicht in Betracht kommen kann. Ich möchte diesen Schwestern, die ihren Dienst freundlich und still verrichten, an dieser Stelle ein herzliches Wort des Dankes sagen. ({2}) Es wäre gut, wenn es ihnen ermöglicht würde - ich möchte in Klammern bemerken, daß es sich um eine sehr begrenzte Zahl von Fällen handelt, die besonders gelagert sind, so daß Berufungen nicht zu befürchten sind -, auch ihre Familienangehörigen hier zu haben. Lassen Sie mich zusammenfassen: Durch die Beratungen des Deutschen Bundestages ist in einem für die ausländischen Familien wichtigen Punkt eine konkrete Regelung herbeigeführt worden. Das Parlament hat damit ein Sachgebiet in die Hand genommen, bei dem wir vor großen sozialen Herausforderungen stehen. Im konkreten Fall möchte ich sagen: Es befriedigt uns, daß die Regierung den Stichtag aufgehoben hat. Die Aufhebung der Wartezeitenregelung sollte folgen. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Urbaniak.

Hans Eberhard Urbaniak (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hasinger, soweit es um die praktische Integrationsarbeit im Rahmen der Politik der Regierung geht, wäre es gut, wenn Sie sich mit der Haushaltsvorlage 685 01 beschäftigen würden, die in der nächsten Woche im Haushaltsausschuß erörtert wird. Dann werden Sie sehen, in welch umfassender Weise die praktischen Maßnahmen der Regierung konzentriert sind, die auf Integration, auf berufsbezogene Hilfen für ausländische Jugendliche, auf Deutschkenntnisse, auf Qualifikation der Lehrer, auf Motivation der Teilnehmer, auf die Verbesserung der beruflichen Eingliederungschancen zielen. Ich sage Ihnen: Die Bundesregierung hat einen schweren Gang gehen müssen, um das Bund-Länder-Programm unter Dach und Fach zu bringen, das ja in der Bundesrepublik Deutschland Handlungsrichtschnur zu sein hat, um dieses Problem zu bewältigen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hasinger?

Hans Eberhard Urbaniak (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte.

Albrecht Hasinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000823, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Urbaniak, können Sie mir sagen, ob in der Vorlage des Arbeitsministeriums für den Haushaltsausschuß auch halbjährige Kurse vorgesehen sind, die der Wartezeitenregelung entsprächen?

Hans Eberhard Urbaniak (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002360, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Diese Dinge sind bei dem Sprachenverband in Mainz konzentriert - das müßten Sie wissen, da Sie sich ja mit dieser Frage breitflächig beschäftigen -, der diese vorbereitenden Maßnahmen plant. Gerade bei der Ausschußarbeit spielten diese Dinge eine Rolle: ob denn die Verkürzung der Wartezeit durch praktische Einrichtungen auch tatsächlich gegeben sei. Die Bundesregierung konnte das unter Hinweis auf den Haushaltstitel und die Arbeit des Sprachenverbandes in Mainz begründen. ({0}) Ich sage das, Herr Hasinger, aus dem Grunde, weil Sie doch nicht verheimlichen dürfen, daß es um diese Wartefristen eine große Auseinandersetzung gegeben hat: ob die Stichtagsregelung aufgehoben werden sollte. Sie kennen doch die Position von zwei Landesregierungen Ihrer Couleur, die eine ganz andere Auffassung in dieser Debatte geäußert haben. Es bedurfte wohl Ihrer Initiative, ({1}) um dekorative Werke zustande zu bringen, durch die diese Positionen verschleiert worden sind. ({2}) . Ich sage das doch nur aus dem Grunde, weil die Problematik viel zu schwierig ist, als daß man sich hier hinstellen und sagen könnte: jetzt macht mal schön dieses und jenes. Wir haben das mit dem Bund-Länder-Programm erreichen können. Wir haben das mit der Kleinen Anfrage, die wir ja Anfang des Jahres eingebracht haben, noch einmal dokumentiert und kennen die großen Schwierigkeiten auf diesem Felde. Sie wissen, daß die Bundesregierung sehr schnell gehandelt hat, um die Stichtagsregelung aufzuheben. Unsere Beratungen sind im März durchgeführt worden. Minister Ehrenbergs Weisungen sind bereits am 1. April in Kraft getreten. Die Koalitionsfraktionen sind über den Antrag weit hinausgegangen, sie haben nämlich Kinder und Eheleute mit einbezogen. Ich glaube, daß wir durch die Möglichkeit der Abkürzung der Wartefrist einen guten Weg gehen, der die Integration auch tatsächlich ermöglicht. Wenn Sie sich aber die Weisung von Minister Ehrenberg genau ansehen, dann finden Sie die ganze Differenzierung, die auch den Ehegatten zugute kommt, und zwar dadurch, daß dort, wo in den Arbeitsamtsbereichen genügend Arbeit vorhanden ist, die Beschäftigung auch schon nach drei Jahren möglich wird. ({3}) - Wenn Sie sich das genau ansehen, Herr Kollege Hasinger, dann werden Sie feststellen müssen, daß bei den ausländischen Jugendlichen, die den Schulabschluß erreichen - wir wollen da ja alle helfen -, bei der Erreichung eines Ausbildungsverhältnisses überhaupt keine Schranken mehr aufgebaut sind, denn der § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes zieht hier nicht mehr. Ich sage das aus dem Grunde, weil sich der Ausschuß, bezogen auf die Problematik draußen im Lande, die Dinge sehr gründlich angesehen hat und seit einigen Jahren sehr konstruktiv darauf hinwirkt, zu einer tatsächlichen Integration der ausländischen Mitbürger und vor allen Dingen der Jugendlichen der zweiten Generation zu kommen. Ich sage das auch deshalb, da zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch aktuell ist, daß Ministerpräsident Späth den Saisonarbeitnehmer einführen will, der hier eine Saison beschäftigt wird ({4}) so stellt er sich das vor - und der danach wieder sein Heimatland aufzusuchen hat. Die Sozialdemokraten haben sich das vor einigen Jahren in der Schweiz angesehen. Herr Hasinger, ich will das einmal Ihrer Fraktion sagen, weil Sie auf diesem Felde sehr flink mit den Worten sind. Der zuständige Polizeikommissar in Bern war ganz stolz darauf, welch eine Administration und Technik er aufgebaut hatte. Er sagte uns: Der Meier oder Müller - wie diese Leute in abgewandelten Worten auch heißen mögen - sind raus, und wenn das nicht der Fall ist, dann sorgen wir dafür, daß das in den nächsten zwölf Stunden durch polizeilichen Einsatz erfolgt. ({5}) - Doch, aber Sie können da Herrn Späth nicht in Schutz nehmen; Sie müssen ihm sagen, was dies bedeutet: daß das dann polizeilich sichergestellt werden müßte. Sie würden sich hier in die Bundesrepublik ein unterprivilegiertes Proletariat hereinholen. Das ist unmenschlich, so etwas muß man ablehnen und immer wieder ablehnen. ({6}) Im Ansatz ist also diese Politik, die aus Ländern mit Regierungen Ihrer Couleur unterstützt wird, abzulehnen. ({7}) Was wir heute mit unserer Zustimmung versehen werden, ist das, was der Ausschuß beschlossen hat. Sie haben sich interfraktionell angeschlossen. Ansonsten hoffe ich, daß wir im Parlament und in geeigneter Weise mit der Bundesregierung einen guten Akkord bekommen, um die große Problematik zu lösen und um die sozialen Konflikte nicht erst entstehen lassen zu müssen, die sich möglicherweise auftun. Wir stimmen der Vorlage des Ausschusses zu. ({8})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hölscher.

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns trotz der zeitlich angespannten Geschäftslage dieser Sitzungswoche auf Grund eines einsamen Wunschen eines einzelnen Kollegen der CDU/CSU-Fraktion mit der längst vollzogenen Aufhebung der Stichtagsregelung beschäftigen müssen, kann das nur den Sinn haben, der Bundesregierung einen sehr herzlichen Dank dafür abzustatten, daß sie auf die Initiative der sozialliberalen Koalition so schnell reagiert hat. ({0}) Wir haben am 16. Februar in einer sehr ausführlichen Debatte dargelegt, warum die Erteilung der Arbeitserlaubnis für die nach dem Anwerbestopp eingereisten Familienangehörigen erleichtert werden soll. Der Arbeits- und Sozialausschuß hat sich am 7. März dieses Jahres mit den Vorlagen, auch mit der der Opposition, die sich nur auf die Kinder bezog, beschäftigt. Bereits am 21. März hat die Bundesregierung reagiert und die Stichtagsregelung im Einvernehmen mit den Ländern aufgehoben. ({1}) Damit hat die Bundesregierung bereits nach gut einem Monat auf eine parlamentarische Initiative reagiert; das halte ich im Vergleich zu anderen Zeiträumen, die wir manchmal in Kauf nehmen müssen, für beispielhaft. Ich nehme an, daß auch Kollege Hasinger dieses Vorgehen gebührend würdigen wollte und daß er deshalb den Ältestenrat dazu gebracht hat, daß wir heute hierzu reden; intern ist diese Aussprache sogar als eine Einstundendebatte angesetzt. Ich freue mich, daß uns Kollege Hasinger mit diesem Wunsch Gelegenheit gibt, es ganz positiv zu bewerten, daß die Regierung einer parlamentarischen Initiative so schnell nachgekommen ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Höpfinger?

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Gern, Herr Kollege Höpfinger.

Stefan Höpfinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000926, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hölscher, würden Sie so liebenswürdig sein, dem Hohen Hause zu erklären, wie Sie dazu kommen, dem Kollegen Hasinger etwas zu unterstellen, was ihm wirklich nicht unterstellt werden kann?

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Höpfinger, unter Kollegen ist es nicht üblich, im Plenum das wiederzugeben, was sich aus den Recherchen der letzten anderthalb Tage ergeben hat: wer eigentlich dafür verantwortlich ist, daß wir hier über ein Thema, das seit März abgeschlossen ist, eine Debatte führen müssen. Es hieß dann einmal, die SPD wolle es. Nur, ich konnte feststellen, daß sie es nicht wollte. Die FDP wollte es auch nicht. Herr Dr. George hielt es ebenfalls nicht für notwendig. Dann individualisierte sich das. ({0}) Ich halte es für ein legitimes Recht. Man sollte keinem Kollegen den Wunsch verweigern, in diesem Hause eine Debatte zu führen. ({1}) - Herr Kollege Hasinger, ich bestreite Ihnen nicht das Recht, auf einer solchen Debatte zu bestehen. ({2}) Da wir hier nun zu sprechen haben, möchte ich in Erinnerung rufen, worum es geht. Jugendliche Ausländer aus Nicht-EG-Staaten, die nach dem 31. Dezember 1976 zu ihren Eltern nachgereist sind, erhalten in Zukunft die Erlaubnis zur Beschäftigung und Ausbildung, wenn sie eine zweijährige Wartezeit absolviert bzw. wenn sie durch Eigeninitiative, also durch Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme, selbst zur Verkürzung der Wartezeit beigetragen haben, auch früher. In diesem Zusammenhang weise ich auf ein Problem hin. Man kann nicht von einer wirklichen Gleichstellung dieser Menschen mit ihren deutschen Altersgenossen reden; denn nach § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes wird die Erlaubnis auch für einen Ausbildungsplatz nur dann erteilt, wenn keine deutschen Bewerber vorhanden sind. Ich habe mir erlaubt, auf diese Tatsache, die in meinen Augen eine Diskriminierung ausländischer Jugendlicher darstellt, den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesarbeitsminister, Hermann Buschfort, hinzuweisen. Für eine Gastarbeiterfamilie ist es bitter, wenn sie trotz der Aufhebung der Stichtagsregelung keinen Ausbildungsplatz für ihren Sohn findet, weil die Arbeitsverwaltung in den meisten Fällen das Prioritätsprinzip für deutsche Bewerber ganz konsequent anwendet. Ich könnte Ihnen Beispiele dafür nennen; Sie könnten es sicher auch tun. Beispielsweise hat ein Jugoslawe für seinen Sohn im südwestdeutschen Raum selbst einen Ausbildungsplatz besorgt. Nur braucht er dann die Genehmigung des Arbeitsamtes, und das Arbeitsamt teilt ihm mit: „Nein, wir haben deutsche Bewerber. Ihr Sohn kann nicht mit diesem Ausbildungsplatz rechnen." Der Herr Statssekretär Buschfort hat mir nunmehr mitgeteilt, daß er den Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit gebeten habe, die im Arbeitsförderungsgesetz vorgesehene. Härteregelung verstärkt dann anzuwenden, wenn jugendlichen Ausbildungsbewerbern die Arbeitserlaubnis an sich wegen der Bevorzugung deutscher Bewerber und einer unzureichenden Aufenthaltsdauer nicht erteilt werden darf. Ich möchte mich an dieser Stelle und in dieser Form sehr herzlich bei Herrn Staatssekretär Buschfort bedanken, der sicher im Einvernehmen mit dem anwesenden Herrn Bundesminister gehandelt hat. Ich hoffe nur - und dies wäre zu kontrollieren -, daß die Arbeitsverwaltung auch entsprechend verfährt. Wir sollten uns alle gemeinsam, auch auf regionaler Ebene, da wo wir Einsicht haben, hierum bemühen. Meine Damen und Herren, auch bei der Arbeitserlaubnis für nach dem 30. November 1974 nachgereiste Ehegatten von ausländischen Arbeitnehmern sollte großzügig verfahren werden. Wir haben zwar gebilligt, daß Ehegatten erst eine Arbeitserlaubnis nach einer vierjährigen Wartezeit erteilt werden soll, doch waren wir uns eigentlich im Ausschuß auch darin einig, daß je nach regionalem und sektoralem Arbeitskräftebedarf Ausnahmen möglich sein müssen, Eine solche flexible Handhabung ist nämlich nicht zuletzt auch ein Beitrag zum Abbau der illegalen Beschäftigung, sichert Steuereinnahmen, sichert Sozialabgaben. ({3}) Im übrigen sollte die Arbeitsverwaltung immer dort den nötigen Spielraum für die Erteilung von Arbeitserlaubnissen erhalten, wo nachweislich der Arbeitsmarkt keine geeigneten Arbeitskräfte anbieten kann. Dies - das hat dankenswerterweise der Kollege Hasinger angesprochen; ich möchte ihm zustimmen - betrifft die Krankenschwestern. Hier ist auf dem deutschen Arbeitsmarkt auch aus dem Bereich der bereits mit Arbeitserlaubnis ausgestatteten ausländischen Kräfte nichts aufzufüllen. Lassen Sie mich einen vielleicht etwas saloppen, aber, wie ich finde, auch durchschlagenden Hinweis geben. Ein schwäbischer Koch wird sich letztlich doch sehr schwer tun, über seine Qualifikation in der Zubereitung von Spätzle und Rostbraten hinaus noch den letzten Pfiff asiatischer Küche in einem China12888 I restaurant sich anzueignen. Da ist irgendwo eine Grenze, wo der Abwerbestopp zwar nicht unterlaufen werden darf, wo er aber ad absurdum geführt wird. Ich erinnere Sie an den großen Bereich der Gastronomie, wo manches an Arbeitskräften nicht gedeckt werden kann. Nur darf keinesfalls der zweifellos gerade im Bereich der Gastronomie vorhandene Arbeitskräftemangel nach den Vorschlägen des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg angegangen werden. Das, was Sie mit Recht hier kritisiert haben, müssen wir auch mit dem Namen des Urhebers, Herr Kollege Hasinger, versehen: Es ist der Herr Späth, der Ihrer Partei angehört, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, ({4}) der vorgeschlagen hat, man sollte, um den Arbeitsplatzmangel im Bereich der Gastronomie BadenWürttembergs zu beseitigen, etwa 1 000 Saisonarbeiter einführen und wieder ausführen. Ich wähle bewußt diese harte Definition. Denn wie müssen diese Leute sich vorkommen? Als Wanderarbeiter oder als Tagelöhner, die man dann wieder abschiebt, wenn man sie nicht braucht! Der DGB hat mit Recht gesagt: „Sie müssen dann sofort bei der Einreise einen Polizisten hinter diesen Mann stellen, weil er in der Regel nicht ohne weiteres bereit sein wird, auf den guten Verdienst hier zu verzichten und wieder nach Hause zu gehen." ({5}) Wir würden hier polizeistaatliche Methoden anwenden müssen, Herr Kollege Hasinger, und ich glaube nicht, daß Sie das wollen. Sie haben dies auch mit Recht kritisiert. Aber nennen wir Roß und Reiter. Ich finde es schon ein bißchen komisch, wenn ausgerechnet aus diesem Land Baden-Württemberg, dem ich auch angehöre, die Sozialministerin uns erhebliche Schwierigkeiten bei der Verabschiedung der Stichtagsregelung macht, indem sie sagt: Wir dürfen in der Liberalisierung so weit nicht gehen, wir müssen an die Integration der zweiten Arbeitnehmergeneration denken. Und dann öffnet Ihr Chef, der Ministerpräsident, die Tore weit für ein Tagelöhnersystem, das meines Erachtens in dieser Gesellschaftsordnung nichts mehr zu suchen hat. So geht es nicht. Hier hat er Filbingersche Politik fortgesetzt, die - so meint Herr Späth doch hoffentlich in seinem eigenen Selbstverständnis - er nicht fortsetzen wollte. Möglicherweise kommt er demnächst mit dem Rotationsprinzip, das auch Herr Filbinger schon mal vorgeschlagen hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hasinger?

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte schön.

Albrecht Hasinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000823, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hölscher, nach dieser Ihrer Abschweifung in die baden-württembergische Politik möchte ich Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, daß gerade auf Antrag des Landes Baden-Württemberg in der Arbeitsministerkonferenz vom 5. bis 7. Juni dieses Jahres, die in Homburg/Saar stattgefunden hat, beschlossen worden ist, daß die Bundesregierung darauf hinwirken soll, daß die Arbeitserlaubnis für nachgezogene Ehegatten ausländischer Arbeitnehmer weiter verkürzt wird?

Friedrich Hölscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000922, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja sicher, mir ist das zwar nicht bekannt, aber ich halte dies eigentlich für die notwendige Konsequenz, die Frau Griesinger aus den vielen Vorwürfen, die sie sich hat gefallen lassen müssen, ziehen mußte. Ich bedanke mich für diese Reaktion, für die Einsicht nach dem, was wir und sicher auch Sie ihr gesagt haben. ({0}) Die Probleme in der Gastronomie müssen wir auf einem anderen Weg lösen. Wir haben einen Weg aufgezeigt: die Aufhebung der Stichtagsregelung. Hier wird manches an Lücken zu schließen sein. Aber verschweigen wir auch nicht, daß es sich letzten Endes auch um die Probleme der Attraktion eines Arbeitsplatzes handelt. Ich glaube, die Gastronomie wäre in vielen Bereichen in geringeren Schwierigkeiten, wenn sie eben auch Arbeitsplätze anbieten könnte, die gegenüber anderen Arbeitsplatzangeboten konkurrenzfähig sind. Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend noch einmal betonen, wie sehr wir die schnelle Reaktion der Bundesregierung auf unsere Initiative begrüßen. Die Aufhebung der Stichtagsregelung war auch deshalb notwendig, weil uns bis jetzt, zum Teil mit Recht, der Vorwurf gemacht werden konnte, einerseits großartige Integrationsprogramme zu verkünden, andererseits aber unseren ausländischen Mitbürgern ein fundamentales Recht, nämlich das praktische Recht auf Arbeit, zu verweigern. Hier haben wir eben auch im Grunde genommen etwas, was als Sonntagsrede verstanden werden mußte, in praktische, konkrete Politik umgesetzt. Lassen Sie mich abschließend abweichend von meinen Überlegungen noch einiges würdigen. Ich habe zufällig gesehen, daß das III. Programm des WDR - die Redaktion für türkische Arbeitnehmerfragen - unsere erste Debatte, die wir heute auf Initiative von Herrn Hasinger wiederholen durften, gefilmt - ich wußte dies gar nicht - und in einer Spezialsendung für die türkischen Arbeitnehmer das, was wir in Änderung der Stichtagsregelung wollen, dargelegt hat. Ich möchte an dieser Stelle einmal sagen - denn das ist keine Medienpolitik, die uns Politikern nutzt -, wie hervorragend ich so etwas finde. Ich sage das auch deshalb, weil gerade die dort arbeitende türkische Redaktion beim WDR so stark unter dem Beschuß faschistischer türkischer Kräfte steht. ({1}) Hier ist deutlich gemacht, was Informationspolitik für Türken durch Türken im Grunde genommen bedeutet. Ich beglückwünsche die Redakteurin, die dies so erkannt und unseren türkischen Mitbürgern im Zusammenhang mit der Stichtagsregelung auch einen Einblick in die Arbeitsweise dieser parlamentarischen Demokratie verschafft hat. ({2})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Das Wort hat Herr Bundesminister Ehrenberg.

Dr. Herbert Ehrenberg (Minister:in)

Politiker ID: 11000445

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf für die Bundesregierung allen drei Fraktionen dieses Hauses für ihr Engagement zugunsten eines besseren Zugangs der Familienangehörigen ausländischer Arbeitnehmer ausdrücklich Dank sagen. Wie schon von den Sprechern der Regierungsfraktionen betont wurde, haben wir diese Initiative sofort aufgegriffen und entsprechende Regelungen beschlossen. Ich brauche sie nach den Ausführungen und Darstellungen der Kollegen Urbaniak und Hölscher nicht im einzelnen zu wiederholen. Ich möchte aber gern ein paar Bemerkungen zu der Kritik von Herrn Hasinger und den anderen Vorstellungen, denen diese Regelung nicht weit genug geht, machen. Ich glaube, wir sollten bei diesem behutsamen, richtig angesetzten Schritt nicht vergessen, welch große Entwicklung gerade durch die starken Schulabgangsjahrgänge auf den deutschen Arbeitsmarkt noch zukommt. Wir müssen bis zur Mitte der 80er Jahre rund 900 000 Erwerbspersonen zusätzlich in unser Beschäftigungssystem eingliedern, darunter allein 250 000 ausländische Jugendliche, die hier aufgewachsen sind und sowieso ungehinderten Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Das ist der Hintergrund, meine Damen und Herren, für die Einführung der Wartefristen, die einen behutsamen Schritt, um Erfahrungen zu sammeln, darstellen. Ich glaube nicht, daß es gegenüber den Ausländern, die hier sind, und gegenüber den deutschen Arbeitnehmern und vor allen Dingen den heute 14-, 15- und 16jährigen, die auf den Arbeitsmarkt von morgen kommen, zu verantworten gewesen wäre, ohne dazwischengeschaltete Wartefristen einen Gesamtschritt zu machen. Ich will hier gern das wiederholen, was ich auch auf der Arbeitsministerkonferenz der Länder gesagt habe: Wir werden die Entwicklung sehr sorgfältig beobachten. Bleibt die wirtschaftliche Entwicklung generell so gut, wie sie heute aussieht - aber niemand wird das, wenn er einen Blick auf den Weltmarkt und erst recht auf den Energiemarkt wirft, mit Sicherheit voraussagen können -, kommt der Zugang der hier ansässigen, von der Wartefrist unterschiedlich betroffenen ausländischen Familienangehörigen kontinuierlich und nicht stoßweise, wie wir es erwarten, und sind die Arbeitsmärkte noch ein bißchen besser geworden, dann steht einer schrittweisen Verkürzung der vorhandenen Fristen nichts entgegen. Aber ich glaube, es ist im Interesse der ausländischen und der deutschen Arbeitnehmer, wenn wir diese Schritte behutsam und nicht überstürzt vornehmen. Das gleiche, Herr Hasinger, gilt für die Vorschrift betreffend eine halbjährige berufsorientierte Maßnahme für junge Ausländer; das ist eine Mindestfrist. Wenn mit den Mitteln der Bundesanstalt und der Bundesregierung geförderte Sprachenlehrgänge ein dreiviertel Jahr umfassen, so deshalb, weil das nach den bisherigen Erfahrungen ein Zeitraum ist, der notwendig ist, um diesen jungen Menschen beim Bewerben um eine Ausbildungsstelle Chancengleichheit zu vermitteln. Die Mindestfrist von einem halben Jahr steht dem nicht entgegen. Auch wollen wir nicht nur unsere eigenen Lehrgänge gelten lassen, sondern auch andere. Ich gebe noch immer die Hoffnung nicht auf, daß sich auch die Bundesländer hier stärker als bisher engagieren, deren originäre Aufgabe nach der Verfassung es wäre, dies zu tun. ({0}) Herr Hasinger, Sie haben gesagt, daß die Landesregierung von Baden-Württemberg gezwungen sei, solche Initiativen zu entwickeln, wie Herr Späth sie ins Leben gerufen habe, die aber von Ihnen selber nicht gutgeheißen werden. Niemand zwingt Herrn Späth, so etwas zu tun. Ich hätte es angemessener gefunden, wenn der Landesvater eines so schönen Landes erst einmal den klagenden Gastwirten ins Gewissen geredet hätte, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, bevor wir über Saisonarbeitnehmer reden. ({1}) Dort liegt nämlich sehr vieles, was die Situation verbessern und es auch für deutsche Arbeitnehmer attraktiver machen würde, in diesem Gewerbe - mehr als bisher - ihre Beschäftigung und ihr Auskommen zu suchen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten George?

Dr. Herbert Ehrenberg (Minister:in)

Politiker ID: 11000445

Bitte sehr.

Dr. Haimo George (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000662, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß auch Lothar Späth denken kann und daß er versucht, dem Arbeitskräftemangel in Bereichen, die weniger als 2 % Arbeitslosigkeit haben, auf diese Weise einmal mit einer modellhaften versuchsweisen Regelung zu begegnen?

Dr. Herbert Ehrenberg (Minister:in)

Politiker ID: 11000445

Ich habe ein großes Interesse an Modellen, aber nicht an Modellen, die auf einem nackten Ausbeutungstatbestand beruhen, wie dieses Modell es würde. Die Vorstellung, Arbeitnehmer saisonweise zuzulassen, die Rückfahrkarte gleich von vornherein auszuhändigen und die Arbeitserlaubnis ausschließlich an einen Arbeitgeber und an keinen anderen zu binden, macht diese fremden, mit unseren Verhältnissen nicht vertrauten Menschen von diesem einzelnen Arbeitgeber doch völlig abhängig. ({0}) Das ist ein Zustand, den zuzulassen ich - die Mehrzahl des Hauses hier ja auch nicht - nicht bereit bin. Ich hoffe, daß sich das auch bis Baden-Württemberg herumsprechen wird. ({1}) - Ich nehme nicht an, daß meine Kollegen glauben, sie seien gemeint gewesen. Aber sie können alle dabei mithelfen, es dem Ministerpräsidenten ihres Landes zur Kenntnis zu bringen. ({2}) - Nein, der Arbeitsminister wird die Wartefristen gut beobachten und sie - je nachdem, wie das Ergebnis dieser Beobachtung ausfällt - dann aufheben, wenn es notwendig ist. Vorläufig gibt die Arbeitslosenstatistik uns diesen Anlaß nicht. Lassen Sie uns, Herr Hasinger, erst abwarten, wie dieses neue Angebot genutzt wird. In diesem Jahr werden durch die Einführung der Wartefristen und die Aufhebung der Stichtagsregelung mindestens rund 50 000 zusätzliche Familienangehörige hier einen Arbeitsplatz bekommen können. Das ist so wenig nicht, denn die Mehrzahl dieser ausländischen Kollegen wohnt ja eben doch in den Ballungsgebieten oder unmittelbar daneben. ({3})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hasinger?

Dr. Herbert Ehrenberg (Minister:in)

Politiker ID: 11000445

Bitte.

Albrecht Hasinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000823, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nach der jetzigen Regelung ist ja bei Ehegatten mindestens eine dreijährige Wartezeit zu absolvieren. Könnten Sie sich denn wenigstens vorstellen, daß diese dreijährige Wartezeit in Branchen oder in Arbeitsamtsbezirken, in denen eine unterdurchschnittliche Arbeitslosigkeit vorhanden ist, verkürzt - am besten bis hin auf Null - wird?

Dr. Herbert Ehrenberg (Minister:in)

Politiker ID: 11000445

Vorstellen kann ich mir das schon, aber ich werde das heute nicht als Programm verkünden, weil die neue Regelung erst am 1. April in Kraft getreten ist. Lassen Sie der Arbeitsverwaltung und uns die Zeit, die Wirkungsweise zu überprüfen. Dann werden wir sehen, wie sich Konjunktur, Wirtschaft und Verhalten der davon Betroffenen entwickeln. Dann werden wir sehen, was weiter zu tun ist. Ich halte es für sehr verfrüht, zwei Monate nach Inkrafttreten der neuen Regelung schon wieder nach einer Veränderung zu rufen. Ich glaube, wir haben auch allen Anlaß, im Interesse der ausländischen Arbeitnehmer, die hier sind, so zu verfahren. Ich möchte gern noch darauf hinweisen, daß der Koordinierungskreis „Ausländische Arbeitnehmer", an dem die Tarifparteien, die Verbände, die Bundesländer beteiligt sind, zur Zeit umfassende und detaillierte Vorschläge für die Integration der ausländischen Kinder und Jugendlichen in Vorschule, Schule und Berufsleben erarbeitet. Dieses Konzept wird - so hoffe ich zumindest - voraussichtlich noch im Herbst dieses Jahres verabschiedet werden können. Dann wird auch Gelegenheit gegeben sein, wenn nötig und möglich, über weitere Maßnahmen zu reden. Ich glaube, daß wir von diesem Konzept nachhaltige Anstöße für alle Beteiligten zur Fortentwicklung der integrationspolitischen Bemühungen bekommen werden. Wir werden dann sicher Gelegenheit haben, uns in den Ausschüssen und im Plenum des Deutschen Bundestages damit zu befassen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/2875 unter Ziffer 1, den Antrag des Abgeordneten Hasinger und der Fraktion der CDU/CSU betreffend Arbeitserlaubnis für die Kinder ausländischer Arbeitnehmer auf Drucksache 8/2369 für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/2875 unter Ziffer 2, den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP betreffend Arbeitserlaubnis für Ehegatten und Kinder ausländischer Arbeitnehmer auf Drucksache 8/2538 für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll die heutige Tagesordnung um den Beratungspunkt ergänzt werden, der in der vorliegenden Liste „Zusatzpunkt zur Tagesordnung" aufgeführt ist. Ich rufe diesen Zusatzpunkt nunmehr auf: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Forschung und Technologie ({0}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat betreffend ein zweites Vierjahresprogramm Forschung und Entwicklung im Energiebereich - Drucksachen 8/2156, 8/2978 - Berichterstatter: Abgeordnete Lenzer, Stockleben, Dr.-Ing. Laermann Vizepräsident Frau Renger Wünschen die Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wird sonst das Wort gewünscht? - Das ist auch nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/2978 unter Ziffer 1, den Kommissionsvorschlag auf Drucksache 8/2156 zur Kenntnis zu nehmen. Der Ausschuß empfiehlt außerdem auf Drucksache 8/2978 unter Ziffer 2 die Annahme der dort formulierten Entschließung. Wird dem widersprochen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen. Wir stehen damit am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Freitag, 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.