Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 12/14/1978

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet. Ich möchte zunächst eine Erklärung abgeben. Am 10. Dezember dieses Jahres jährte sich zum 30. Mal die Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Mit dieser Deklaration wurden erstmalig in der Geschichte vor-und überstaatliche Freiheitsrechte des einzelnen weltweit postuliert. Wir wissen heute, daß die großen Hoffnungen, die sich mit dieser Erklärung verbanden, nicht voll in Erfüllung gingen. Die Menschenrechte sind noch immer nicht allgemein verwirklicht. Ihre Gefährdung ist weiterhin groß. Er gibt leider Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen alltäglich sind. Trotzdem kommt der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen ein hoher Rang zu. Ihre Bedeutung liegt vor allem in der unübersehbaren Anstoßwirkung, die von ihr ausging. Sie bildete die Grundlage für die 1966 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Konventionen über bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Erheblich früher, schon zu Beginn der 50er Jahre, schufen die im Europarat zusammengeschlossenen freiheitlichen Demokratien Europas mit der vorbildlichen Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten international kodifiziertes Recht, das die Bürger der Mitgliedstaaten vor europäischen Organen einklagen können. Auch das Schlußdokument der KSZE-Verhandlungen von Helsinki enthält einen Katalog der Menschenrechte. Die Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen beruht auf der Überzeugung, daß der Mensch unveräußerliche und unentziehbare Rechte besitzt. Sie werden ihm nicht vom Staat verliehen, sie bestehen v o r jeder staatlichen Ordnung. Der Staat hat aber die Pflicht, diese Rechte zu schützen. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Menschenrechte in ihrem Grundgesetz verankert. Dort heißt es: Das deutsche Volk bekennt sich ... zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Am 30. Jahrestag der Verkündung der Menschenrechtsdeklaration erkennen wir die besondere Verpflichtung, uns für eine Verwirklichung der Menschenrechte in aller Welt einzusetzen. Meine Damen und Herren, ich habe sodann eine Reihe von Mitteilungen bekanntzugeben. Der Bundesminister des Auswärtigen hat mir mit Schreiben vom 4. Dezember mitgeteilt, daß die Bundesregierung erneut Herrn Abgeordneten Jahn ({0}) als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen benannt hat. Als Nachfolger für den ausgeschiedenen Abgeordneten Schmidhuber hat mit Wirkung vom 8. Dezember 1978 der Abgeordnete Voigt ({1}) die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben. Ich begrüße den neuen Kollegen herzlich und wünsche eine gute Zusammenarbeit im Deutschen Bundestag. ({2}) Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen - Stand 5. Dezember 1978 - vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen: Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik Deutschland ({3}) ({4}) zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Haushaltsführung 1978; hier: Einwilligung in überplanmäßige Haushaltsausgaben bei Kap. 11 12 - Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz und gleichartige Leistungen - ({5}) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch den Bundesminister der Finanzen Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1978 bei Kap. 1412 Tit. 698 02 - Entschädigungen auf Grund des Fluglärmgesetzes - ({6}) zuständig: Haushaltsaussdiuß Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um die in der Ihnen vorliegenden Liste ,,Zusatzpunkte zur Tagesordnung" aufgeführten Beratungspunkte ergänzt werden: Präsident Carstens 1. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({7}) zum Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften ({8}) Berichterstatter: Abgeordneter Dürr 2. Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nadi Artikel 77 des Grundgesetzes ({9}) zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen ({10}) Berichterstatter: Minister Dr. Schwarz Ist das Haus damit einverstanden? - Auch das ist der Fall. Dann ist die Erweiterung der Tagesordnung so beschlossen. Die Zusatzpunkte werden nach der Fragestunde aufgerufen werden. Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung Der Präsident des Deutschen Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Deutschen Bundestages am 15. Dezember 1977 die in der Zeit vom 29. November bis 5. Dezember 1978 eingegangenen EG-Vorlagen an die aus Drucksache 8/2364 ersichtlichen Ausschüsse überwiesen. Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 8. Dezember 1978 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister für Wirtschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Breidbach, Dr. Narjes, Dr. van Aerssen, Krey, Bühler ({11}), Dr. Köhler ({12}) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Schnell-Brüter-Kraftwerk SNR-300 bei Kalkar - Drucksache 8/2302 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 8/2372 verteilt. Nunmehr rufe ich Tagesordnungspunkt 10 auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Neumeister, Dr. Reimers, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Hasinger, Frau Dr. Wisniewski, Dr. George, Frau Schleicher, Neuhaus, Burger, Dr. Hammans, Frau Hürland, Kroll-Schlüter, Pfeifer, Dr. Unland, Tillmann, Dr. Schäuble und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung - Drucksache 8/2329 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit ({13}) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die allgemeine Aussprache und erteile das Wort der Frau Abgeordneten Dr. Neumeister.

Dr. Hanna Neumeister (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001600, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, als erste Debattenrednerin erlaube ich mir, Ihnen sehr herzlich zu Ihrem heutigen Geburtstag zu gratulieren, ({0}) verbunden mit den besten Wünschen für das neue Lebensjahr. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit Jahren ist die Ausbildung der Ärzte im Gerede, es geschieht jedoch nichts. 1970 wurde die Approbationsordnung für Ärzte mit dem durchaus begrüßenswerten Ziel erlassen, die Ausbildung zum Arzt praxisnäher zu gestalten. Dieses Ziel ist jedoch nach einhelliger Auffassung bis heute nicht erreicht worden. Das sogenannte praktische Jahr am Ende des sechsjährigen Medizinstudiums hat die Erwartungen nicht erfüllen können. Dies ist weder die Schuld der Hochschulen noch gar der Studenten, sondern in erste Linie Folge einer seit 1970 nicht vorhersehbaren Vervielfachung der Zahl der Studienanfänger in der Medizin, von etwa 3 500 auf jetzt knapp 12 000 pro Jahr. Allein seit 1973 sind aus den Reihen der Opposition im Deutschen Bundestag nicht weniger als neun Initiativen zur Verbesserung der Ausbildung zum Arzt gestartet worden; eine zehnte kam vom Kollegen Egert aus der SPD hinzu. Das magere Resultat waren zwei Novellierungen der Approbationsordnung, die den Kern der Ausbildungsmisere vollständig umgangen und die sich in geringfügigen Änderungen mehr oder weniger peripherer Ausbildungsprobleme erschöpft haben. Es herrscht zwischen allen Beteiligten Einigkeit darüber, daß es nicht nur- darauf ankommen kann, das Medizinstudium der geänderten Situation und der verschärften Notwendigkeit, mehr Praxis zu vermitteln, anzupassen, sondern daß es - vorher noch und in erster Linie - darauf ankommt, die Kriterien für die Zulassung zum Medizinstudium aus ihrer derzeitigen, geradezu abenteuerlichen Handhabung so schnell wie möglich herauszuführen. Es handelt sich hier um eine Frage, die in der Kompetenz der Länder liegt. Durch Staatsverträge ist es bisher noch nicht gelungen, bundeseinheitliche Zulassungskriterien für das Medizinstudium zu finden, die nicht nur auf eine Studieneignung des Bewerbers, sondern vor allem auf seine künftige Eignung als Arzt abstellen. Nach wie vor wird eine theoretisch-abstrakte Begabung bei der Zulassung überbewertet, während praktische und von sozialem Engagement zeugende Fähigkeiten kaum Berücksichtigung finden. Wir appellieren auch an dieser Stelle an die Länder, sich nicht mit einer weiteren Präzisierung der bisherigen Zulassungskriterien zufrieden zu geben, sondern nach neuen Wegen zu suchen, die z. B. die Bewährung des Bewerbers in einer praktischen Tätigkeit am kranken Menschen vor Aufnahme des Medizinstudiums voraussetzen. Ergebnisse bereits durchgeführter Modellversuche sind dabei zu berücksichtigen. Sicher erscheint mir, meine Damen und Herren, daß die zur Zeit in der Kultusministerkonferenz diskutierten Testverfahren nicht die erwünschte Lösung bringen können. Denn auch der Test stellt letztlich wieder auf das Abstraktionsvermögen des Bewerbers und nicht auf seine praktischen und kreativen Fähigkeiten sowie auf seine Bereitschaft zum sozialen Engagement ab. ({1}) Der Bundesgesetzgeber hat nun - in diesem Fall: leider - lediglich die Kompetenz, die Bundesärzteordnung als das Rahmengesetz des Bundes, der insoweit für die Ausbildung zuständig ist, zu ändern. Ziel unserer Ihnen vorliegenden Initiative ist es daher, durch eine solche Änderung der Bundesärzteordnung den notwendigen Anstoß zu einer durchgreifenden Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte durch das zuständige Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit zu geben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es handelt sich hierbei nicht um eine auch nur unter irgendeinem Teilaspekt parteipolitisch zu qualifizierende Initiative. ({2}) - Nein, ganz und gar nicht, Herr Jaunich. Die für die ärztliche Versorgung unserer Bevölkerung zentrale Frage nach der Qualität der Ausbildung der Ärzte ist - dies gilt überhaupt für weite Bereiche der Gesundheitspolitik - für parteipolitische Streitigkeiten völlig ungeeignet. Deswegen sollten wir hier durchaus gemeinsam an diese Lösung herangehen. ({3}) Ich bin daher ausgesprochen glücklich, daß die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, der alle auf diesem weiten Feld relevanten Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland angehören, in ihrer letzten Sitzung am 10. Oktober 1978 einstimmig unter anderem folgende Feststellungen getroffen hat - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wörtlich zitieren -: Die Qualität der praktischen Unterweisung von Medizinstudenten ist zu verbessern. Daher sollte geprüft werden, inwieweit Lehrkrankenhäuser in verstärktem Maße in die Ausbildung einbezogen werden können. Die Zahl der Studienplätze sollte eine Größenordnung nicht überschreiten, die den Kapazitäten für eine praxisbezogene Ausbildung entspricht. Es heißt weiterhin wörtlich: Die Ausbildung muß verstärkt auf das Ziel ausgerichtet werden, Ärzte zu einer eigenverantwortlichen Tätigkeit zu befähigen. Die dafür notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen müssen den Medizinstudenten im Rahmen ihrer Ausbildung vermittelt werden. Die Bemühungen aller Beteiligten um eine entsprechende Durchführung der Approbationsordnung sollten intensiviert werden. Dabei ist zu prüfen, inwieweit eine Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte notwendig ist. Diese Fragen werden von einer Kommission der Bundesregierung aufgegriffen. So weit das wörtliche Zitat aus der Konzertierten Aktion. Von diesen, wie gesagt, unstreitigen Feststellungen sind die Verfasser des vorliegenden Gesetzentwurfes ausgegangen, übrigens eine in neuerer Zeit nicht gerade übliche Ausgangslage in der Politik. Ich will Sie jetzt nicht damit langweilen, Ihnen aus unserem Entwurf und. seiner ausführlichen Begründung noch einmal alle Einzelheiten vorzutragen. Mir kommt es vielmehr darauf an, folgende drei Schwerpunkte unserer Initiative, die ausdrücklich auch die beiden anderen Fraktionen dieses Hauses zur Mitarbeit einladen sollen, abschließend kurz zu skizzieren. Erstens. Die Prüfungen während des Medizinstudiums sollen aus ihrer derzeitigen ausschließlich schriftlichen, nach dem Multiple-Choice-System gestalteten Form herausgehoben werden und durch zusätzliche mündlich-praktische Prüfungen nicht nur die praktischen Fähigkeiten des Studenten zur Ausübung des ärztlichen Berufs feststellen helfen, sondern auch wieder den persönlichen Kontakt zwischen Lehrer und Student in dieser wichtigen Studienphase herstellen. Das derzeitige Prüfungssystem hat nach nahezu einmütiger Auffassung der Sachverständigen sowohl ein unerwünschtes Lernverhalten der Studenten als auch ein zunehmend unerwünschtes Lehrverhalten der Lehrenden zur Folge. Medizinstudenten lernen nicht, in Zusammenhängen zu denken. Professoren und andere Ärzte, die bei den Prüfungen mitarbeiten, verlieren die Motivation. Ihnen fehlen das persönliche Erfolgserlebnis und auch die Wissenskontrolle durch die mündliche Prüfungspraxis. Insbesondere fehlt aber auch die rechtliche Grundlage für eine effizientere Ausgestaltung der praktischen Ausbildung z. B. durch einen vorgeschalteten Prüfungsabschnitt, der mehr Eigenverantwortlichkeit des Studenten schon während seiner praktischen Ausbildung ermöglicht. ({4}) Daher ist zweitens der praktische Teil des Medizinstudiums nicht nur zu verlängern, sondern vor allen Dingen wesentlich zu intensivieren. Angesichts der heutigen Studentenzahlen ist eine solche praktische Ausbildung, in der der Student den Patienten nicht nur von weitem ab und zu einmal zu sehen bekommt, nicht allein in akademischen Lehrkrankenhäusern, sondern auch in allen anderen Krankenanstalten und vor allem in Praxen niedergelassener Ärzte durchzuführen. Wir können nicht die Patienten in Lehrkrankenhäusern beliebig vermehren, um den künftigen Ärzten eine einigermaßen praxisbezogene Ausbildung zu geben. ({5}) - Das wollen wir auch gar nicht, Herr Jaunich. - Deshalb sollte der Student am Ende seines Studiums auch in anderen Krankenanstalten und Praxen niedergelassener Ärzte mit einem gewissen Maß an Eigenverantwortlichkeit - ähnlich den heutigen Medizinalassistenten - seine praktische Ausbildungsphase absolvieren können. Wie auch an andern Stellen des Entwurfs erheben meine politischen Freunde und ich nicht den Anspruch, in allen Punkten den Stein des Weisen gefunden zu haben. ({6}) - Wir sind sehr bescheiden bei solchen Sachen und hoffen, daß Sie uns helfen, endlich den Stein des Weisen hier zu finden. ({7}) - Nein, ganz sicherlich nicht. Uns ging und geht .es lediglich darum, endlich einen praktischen Anstoß zur Behebung der Ausbildungsmisere zu geben, über die bisher immer nur geredet worden ist. ({8}) Wir kleben also nicht an der Gesamtdauer des Medizinstudiums von sechs Jahren. Ich persönlich meine sogar, daß wir sie auf jeden Fall auf sieben Jahre verlängern müssen, wenn wir die praktische Zeit in der vorgesehenen Form ausweiten. Wir haben diese Zeitspanne als Mindestdauer in Anlehnung an das EG-Recht bezeichnet. Dabei erscheint mir wesentlich, daß es gerade das EG-Recht ist, das davon ausgeht, daß mit dem Abschluß des Medizinstudiums, mit der Erteilung der Approbation, auch die praktische Ausbildung abgeschlossen zu sein hat, also hinterher keine weiteren praktischen Tätigkeiten zwangsweise zu absolvieren sind, bevor der approbierte Arzt in voller Eigenverantwortlichkeit tätig werden und sich z. B. in einer eigenen Praxis niederlassen kann. ({9}) Dies wird die Situation ab 1980 sein. Wir müssen erkennen, daß da Gefahren auf die gesundheitliche Versorgung unserer Bevölkerung zukommen, wenn wir jetzt nicht schnell handeln. Mit der Approbation als Arzt muß daher in jedem Fall die Ausbildung zum Arzt abgeschlossen bleiben. Es schließen sich dann Weiter- und Fortbildung an. Drittens. Schließlich schlagen wir eine Definition des Ausbildungsziels vor. Auch hier sind wir für eine Diskussion durchaus offen. Das gilt auch für die Frage, ob eine solche Ausbildungszieldefinition in die Rechtsverordnung „Approbationsordnung" gehört oder sogar in dem Gesetz selber, nämlich der Bundesärzteordnung, verankert sein muß. Wir meinen, daß eigentlich ein allgemeiner Konsens darüber bestehen sollte, daß das Ziel der Ausbildung zum Arzt eine unabhängige und verantwortliche Persönlichkeit sein muß, die die notwendigen Kenntnisse, die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten und nicht zuletzt auch eine den Patienten und der Allgemeinheit verpflichtete ärztliche Haltung besitzen muß. Innerhalb der praktischen Ausbildung zum Arzt und der ärztlichen Prüfung muß daher erheblich mehr Gewicht auf den eigenständigen Erwerb praktischer Erfahrungen und Fähigkeiten sowie auf die eigene Übung problem-bewußten ärztlichen Verhaltens gelegt werden. Gerade der Arzt muß es auch gelernt haben, seine Grenzen jederzeit deutlich zu erkennen. ({10}) Den Überweisungsvorschlägen an die zuständigen Ausschüsse stimmt meine Fraktion zu. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, daß wir in den Ausschüssen dieses Problem gemeinsam lösen werden. ({11})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kuhlwein.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frau Kollegin Neumeister hat angemerkt, daß der Gesetzentwurf, der heute zur Beratung steht, nicht in allen Punkten den „Stein des Weisen" gefunden habe. Ich kann das nur unterstreichen. Man muß nämlich folgendes ergänzen. Mit ihrem vorliegenden Gesetzentwurf bringt die CDU/CSU-Fraktion das seltene Kunststück fertig, sich selbst zu überholen. Seit über einem Jahr beraten wir im Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit auf der Grundlage eines Antrags der Union über die Verbesserung der Medizinerausbildung. Die Schlußfolgerungen aus einer Anhörung von Vertretern aus Wissenschaft und Praxis haben wir gemeinsam bereits gezogen, und ein Resolutionsentwurf für den Ausschuß ist auch bereits gemeinsam erarbeitet worden. Jetzt kommt die Union und zieht ein Patentrezept aus der Tasche - jedenfalls hatten wir bis gestern den Eindruck, daß das so gemeint war -, das Sie uns, möglicherweise auch vielen eigenen Kollegen, dann ja wohl zwölf Monate vorher vorenthalten hatten. Ich will mich jetzt nicht lange über Stilfragen verbreiten. Aber, Frau Kollegin Neumeister, Sie hätten uns viel Arbeit erspart, wenn Sie uns schon früher in den Genuß Ihrer Eingebungen hätten kommen lassen. Dann hätte man das Ei des Kolumbus vielleicht schneller ausbrüten lassen können. ({0}) - Als Ei des Kolumbus wurde der Vorschlag ja bis jetzt dargestellt. Die Medizinerausbildung ist eine viel zu ernste Angelegenheit, als daß man im Hauruck-Verfahren neue Konzeptionen beschließen dürfte. Ich warne Sie davor, mit solchen oder ähnlichen Initiativen mit uns oder mit der Regierung in einen Wettbewerb um die schnellste Lösung einzutreten. Wissen Sie: Schnelles Brüten gewährleistet nicht unbedingt mehr Sicherheit. ({1}) Und manchmal schadet Eifer auch, vor allem, wenn er kurzsichtig ist. Die Union hat im Juni 1977, wie es hieß, im Hinblick auf die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Durchführung des praktischen Jahrs eine Änderung der Approbationsordnung gefordert. Aufhänger dieses Antrags waren damals vor allem ein Defizit an Ausbildungsplätzen in Lehrkrankenhäusern, die Uneinheitlichkeit der Ausbildungspläne und die soziale Lage der Medizinstudenten im praktischen Jahr. Die Anhörung im Ausschuß machte uns allen mehr oder weniger deutlich, daß die sechsjährige Ausbildung nach der Approbationsordnung nicht ausreicht, um den approbierten Arzt vollverantwortlich und uneingeschränkt tätig werden zu lassen, und daß die Medizinstudenten, deren Zahl schnell steigt, in der praktischen Ausbildung zu kurz kommen würden. Eine abschließende Beurteilung kann man sicher noch nicht vornehmen, weil, wie wir ja alle wissen, die ersten, die nach der neuen Approbationsordnung ausgebildet worden sind, ihre sechs Jahre 1977 durchlaufen hatten, so daß man noch nicht mit großen Zahlen operieren kann, wenn man die Qualität der erreichten Ausbildung wirklich feststellen will. Aber das Problem insgesamt ist sicher vorhanden. Wir haben diese Probleme und eine Reihe von Lösungsmöglichkeiten in unserem Resolutionsentwurf formuliert. In der letzten Sitzung der Konzertierten Aktion hat die Bundesregierung die Bildung einer Kommission zugesagt, die sich bis Ende 1979 mit Fragen der ärztlichen Ausbildung und Fragen der künftigen Entwicklung im Bereich des ärztlichen Berufsstandes beschäftigen soll. Ergebnisse dieser Kommission sollen für den Bereich Ausbildung schon im Sommer 1979 vorliegen. Meine Fraktion hält das für den richtigen Weg. Für das komplexe Problem der Medizinerausbildung bietet Ihr Gesetzentwurf höchstens einen zusätzlichen Denkanstoß, aber keine Lösung. Ich bin etwas verwundert, daß Sie sich das so leicht gemacht haben. Noch mehr wundert mich allerdings, daß Sie im Vorblatt Ihres Entwurfs erklären, daß Sie dazu keine Alternative sehen und daß die öffentlichen Haushalte nicht durch Mehrkosten belastet würden. Frau Kollegin Neumeister, da streuen Sie sich ja doch wohl etwas Sand in die Augen.. Zum Inhalt. Sie wollen erstens eine Verbesserung der praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten der künftigen Ärzte durch eine Verlängerung der praktischen Ausbildung im Rahmen eines mindestens sechsjährigen Medizinstudiums. Im Ziel stimmen wir überein. Das steht auch in unserem Resolutionsentwurf, wie Sie wissen, wenn Sie ihn gelesen haben. Wie die Zahl der Ausbildungsplätze vor allem in der Nähe des Hochschulstandorts vermehrt werden kann, dafür liefern Sie jedoch keine ,Rezepte. ({2}) - Ich komme gleich zu den anderen Vorschlägen! - Wir wissen nur, daß wir 1980 und in den folgenden Jahren schon für ein einziges praktisches Jahr kaum ausreichend qualifizierte Plätze zur Verfügung haben werden. Immerhin war das ja der Ausgangspunkt Ihres besorgten Antrags von 1977 zum praktischen Jahr. Das Problem löst man auch nicht über die Bundesärzteordnung. Genauso wenig lösen Sie dort das Problem der Einbeziehung von Arztpraxen in die Ausbildung; ({3}) Sie sagen auch nichts über die Kosten für das Ausbildungspersonal in Krankenhäusern oder Praxen. Sie sagen nichts über eine weitere Verschlechterung der sozialen Lage der Medizinstudenten, die nun vielleicht auch während der Semesterferien außerhalb des Studienorts praktizieren müssen, um ihre 24 Monate vollzubekommen. Ich darf Sie daran erinnern, Frau Kollegin Neumeister, daß Sie diese Belastung schon für ein 12 Monate dauerndes praktisches Jahr in Ihrem Antrag von 1977 für unerträglich hielten. Daher kann ich mir nicht den Reim machen - der Kollege Reimers, der den Antrag im vorigen Jahr stellte, ist nicht da -, wie denn das nun zusammenpassen soll. Entweder gilt das nicht mehr. Oder Sie wollen es über BAföG finanzieren. Aber dann sagen Sie doch bitte nicht, es entständen keine Kosten. Und wie stellen Sie eigentlich sicher, daß ein Teil der Hochschulausbildung in Praxen niedergelassener Ärzte - doch wohl nach einheitlichen Ausbildungsplänen - stattfindet, und wer koordiniert das, und wer bezahlt die Koordinatoren an den Hochschulen? ({4}) - Ich bin gar nicht dagegen! - Es sind nur viele Fragen. Aber wir finden in Ihrem Entwurf keine Antwort darauf. Deswegen ist er nicht besonders hilfreich. Sie wollen zweitens eine Definition des Ausbildungsziels in der Approbationsordnung erreichen. Auch dagegen haben wir keine grundsätzlichen Einwendungen. Wir fürchten nur, daß eine solche Ermächtigung in der Bundesärzteordnung außer Kompetenzstreit mit den Ländern wenig einbringt. Der beste Lernzielkatalog oder das beste Anforderungsprofil für die Approbation nützen wenig, wenn die quantitativen Voraussetzungen nicht stimmen. Sie wollen drittens den Anteil der mündlich-praktischen Prüfungen auf Kosten der schriftlichen Prüfung verstärken. Auch dieses Ziel ist uns sympathisch. Aber ob das unbedingt in der Bundesärzteordnung verankert werden muß, ist zweifelhaft. Noch zweifelhafter ist es, Frau Kollegin, ob die Prüferkapazitäten bei den erreichten Studentenzahlen ausreichen werden, um gründliche und sachgerechte Prüfungen mündlich-praktisch durchzuführen. Multiple choice ist sicherlich eine problematische, wenn auch in bezug auf Lernwissen gerechte Angelegenheit. Mündliche Drei-Minuten-Prüfungen sind sicherlich nicht weniger problematisch. ({5}) Ihr Gesetzentwurf trägt auch in diesem Punkt wenig zur Problemlösung bei. Leider ist jetzt hier nicht die Zeit, den gesamten Komplex der Medizinerausbildung darzustellen, weil wir eine Kurzdebatte haben. Das Parlament muß sicherlich seinen Beitrag zur Lösung leisten. Einen Weg dazu sehen wir in der dem Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit vorliegenden Resolution. Wir werden auch Ihren Gesetzentwurf, soweit er über Zielformulierungen hinausgeht und konkret wird, als Prüfungsauftrag an die Kommission dort einarbeiten. Aber wir halten es für richtig, daß wir der Bundesregierung Gelegenheit geben, mit den Ländern, die ja die Hauptlast der Ausbildung zu tragen haben, abgestimmte Vorschläge zu erarbeiten, und daß wir uns erst dann mit konkreten Gesetzesvorhaben beschäftigen. Punktuelle Ansätze wie Ihr Gesetzentwurf bringen uns im Augenblick jedenfalls nicht weiter. ({6})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eimer.

Norbert Eimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000458, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Änderung' der Bundesärzte9742 Eimer ({0}) ordnung vom 2. Oktober 1961 und der Änderung der Approbationsordnung für Ärzte vom 28. Oktober 1970 hat sich der Bundestag immer wieder mit dem Problem der Ausbildung der Ärzte beschäftigen müssen. Die Frist zur Einführung des praktischen Jahres mußte verlängert werden, obwohl die Länder genügend Zeit hatten, dieses praktische Jahr einzuführen. Diese Schwierigkeiten entstanden, weil sich die Länder zuviel Zeit ließen, die Verträge mit den Krankenhäusern nicht abgeschlossen wurden und objektive Schwierigkeiten auftauchten, wie Frau Dr. Neumeister schon sagte, weil es nicht voraussehbar war, daß sich die Zahl der Studenten so stark entwickeln würde. Die Reaktion der betroffenen Studenten, die sich schließlich an die Öffentlichkeit und an das Parlament wandten, führte zu einer Anhörung zum praktischen Jahr am 6. März dieses Jahres vor dem Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit des Deutschen Bundestages. Das Thema dieser Anhörung - das praktische Jahr, nicht ausreichende Arbeitsplätze, Fragen der Haftung, Statusfragen - wurde bald gesprengt. Es ging allgemein um die Qualität der Ausbildung. Das Ergebnis der Anhörung zeigt weit über die ursprüngliche Aufgabenstellung hinaus aufgetretene Schwierigkeiten bei der Ausbildung der Ärzte auf. Die Opposition hat mit der Drucksache 8/2329 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung vorgelegt. Dieser Gesetzentwurf beginnt auf dem Deckblatt mit den Worten - ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten -: Die Ausbildung zum Arzt aufgrund der Bundesärzteordnung vom 2. Oktober 1961 und der Approbationsordnung für Ärzte vom 28. Oktober 1970 weist zur Zeit nicht die Qualität auf, die zur Erhaltung des Versorgungsniveaus der Patienten erforderlich ist. Der Medizinstudent wird insbesondere nicht in dem notwendigen Ausmaß praxisnah ausgebildet. Dem können wir nur zustimmen. Das Problem ist also erkannt. Es wird von allen Beteiligten, von Parlament und Regierung gleichermaßen, gesehen. Hauptziel des Entwurfs ist es, die praktische Ausbildung des Medizinstudenten zu verlängern und zu vertiefen und auch die Prüfungen mehr auf praktische Fertigkeiten abzustellen. Im einzelnen sieht der Entwurf folgendes vor. Innerhalb der vorgeschriebenen sechs Jahre Medizinstudium wird die praktische Ausbildung von heute 12 Monaten auf 24 Monate ausgedehnt. Die Ableistung der praktischen Ausbildung soll nicht mehr nur in Krankenanstalten wie bisher, sondern auch in Praxen niedergelassener Ärzte vorgenommen werden. Das Ausbildungsziel soll in einer Rechtsverordnung festgelegt werden. Während die bisherigen Prüfungen weitgehend von schriftlichen multiple-choice-Fragebögen bestimmt werden, sollen die Prüfungen in Zukunft so gestaltet werden, daß mündlich-praktische Prüfungsabschnitte vorgesehen werden. Der Oppositionsentwurf steht auch im Zusammenhang mit dem Oppositionsantrag vom Juli 1977 und mit der Anhörung vom 6. März dieses Jahres. Dem Antrag entsprechend hatte sich die Anhörung nicht nur mit der Ausbildungskapazität, sondern auch mit qualitativen Problemen der Ausbildung beschäftigt, auch mit der sozialen Absicherung der Studenten im praktischen Jahr. Es fällt auf, daß der jetzige Antrag der Opposition die Frage des Status der Medizinstudenten im praktischen Teil der Ausbildung nicht erwähnt. ({1}) Nach meiner Auffassung sollten Bund und Länder die Frage einer gewissen wirtschaftlichen Absicherung der Medizinstudenten während ihres letzten praktischen Jahres an den Krankenhäusern erneut prüfen, und zwar aus zwei Gründen. Im großen und ganzen ist die praktische Ausbildung des jungen Mediziners von der alten Medizinalassistentenzeit in das praktische Jahr vorverlegt worden. Jene Tätigkeit wurde bezahlt, diese nicht. Der Unterschied der beiden Tätigkeiten ist praktisch gering. Der Medizinalassistent hatte zwar sein Abschlußexamen abgelegt, aber auch der Student im praktischen Jahr hat bereits den zweiten Teil seines Staatsexamens bestanden.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hasinger?

Norbert Eimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000458, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja.

Albrecht Hasinger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000823, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Eimer, wären Sie dann bereit, diese Punkte der vorhin erwähnten gemeinsamen Entschließung jetzt vorweg zu verabschieden und nicht nur der Kommission, sondern dem Deutschen Bundestag zuzuleiten?

Norbert Eimer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000458, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Hasinger, Sie werden im weiteren Verlauf meiner Rede hören, daß ich etwas Ähnliches vorschlagen werde. Der zweite Grund, warum wir uns diesen Teil der Ausbildung noch einmal überlegen sollten, ist folgender. Die Approbationsordnungen für Ärzte und für Apotheker regeln beide Ausbildungsgänge weitgehend parallel; insbesondere sehen beide jene praktische Ausbildung vor, die jeweils nach dem zweiten und dritten Prüfungsabschnitt abzuleisten ist. In beiden Ordnungen wird betont, daß es sich um Ausbildung handelt. Nur ist bei den Medizinern das praktische Jahr formal in das Studium einbezogen, bei den Apothekern dagegen nicht. Der springende Punkt jedoch ist: Der Medizinstudent erhält im praktischen Jahr keine Vergütung, der Pharmaziepraktikant dagegen eine monatliche Ausbildungsbeihilfe. Aber auch die einzelnen Punkte, die durch den CDU/CSU-Entwurf geregelt werden sollen und die ich bereits aufgezählt habe, lassen mehr Fragen offen, als sie regeln. Eimer ({0}) Eine Verdoppelung der Zeit der praktischen Ausbildung ist sicher zweckmäßig, bedeutet aber auch, daß selbst bei Verdoppelung der Ausbildungsplätze die Situation in der praktischen Ausbildung für die einzelnen Studenten nicht besser werden kann. Wichtig ist deshalb, daß alle geeigneten Krankenhäuser - und zwar nicht nur die Universitätskrankenhäuser, also auch Krankenhäuser der Grund-und Regelversorgung und Belegarztkrankenhäuser - zur allgemeinen Ausbildung zugelassen werden. Das heißt, wir müssen beides tun: Wir müssen die Ausbildungszeit verlängern, aber vor allem wesentlich mehr Ausbildungsplätze anbieten. Auch die Ableistung der praktischen Ausbildung in den Praxen niedergelassener Ärzte halten wir für notwendig. ({1}) Therapie und Diagnostik in Krankenhäusern und in Praxen sind unterschiedlich. Deshalb würde eine praktische Ausbildung auf beiden Gebieten die Qualität der Ärzte - im Gegensatz zu allen bisheririgen Ausbildungen - wesentlich verbessern; denn heute werden Ärzte nur in Kliniken ausgebildet. Einen Schnupfen, den ein normaler niedergelassener Arzt behandeln muß, bekäme er im Krankenhaus nie zur Behandlung vorgelegt. Soweit sind wir also mit den Antragstellern des Gesetzentwurfs einig. Ein weitere Mangel ist aber auch, daß über die Eignung der heranzuziehenden niedergelassenen Ärzte nichts gesagt wurde. ({2}) - Aber ich glaube, das gehört zumindest mit in die Begründung, Frau Kollegin. - Hier liegen eine Rahmenbestimmung des Gesetzes und eine Ausfüllung dieses Rahmens durch die Selbstverwaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Ärztekammern nahe. Ungeklärt ist im vorliegenden Entwurf und seiner Begründung auch, wer die Kosten der Ausbildung in den Praxen niedergelassener Ärzte tragen soll. Auch das müßte entsprechend den für die Lehrkrankenhäuser im KHG getroffenen Regelungen in der Bundesärzteordnung geregelt werden. In Frage kommt entweder eine Kostentragung durch den Staat wie bei den Investitionskosten für die Ausbildung in den Lehrkrankenhäusern oder eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen wie bei den laufenden Kosten der Ausbildung im stationären Bereich. Weiter muß darüber nachgedacht werden, ob unter Umständen für den ausbildenden Kassenarzt ein Zuschlag zu seiner Honorarvergütung vorgesehen werden muß, der von der Kassenärztlichen Vereinigung im Rahmen der Gesamtvergütung zu geben wäre, um auf diese Weise sicherzustellen, daß genügend Praxen für die Ausbildung zur Verfügung gestellt werden. Es genügt meiner Meinung nach nicht, daß wir hier die Öffnung schaffen, damit Praxen zur Verfügung gestellt werden können, sondern wir müssen auch dafür sorgen, daß ein entsprechender Anreiz dazu geschaffen wird, daß diese Öffnung der Praxen auch geschieht. ({3}) Die Reihe dieser ungelösten Einzelfragen zeigt, daß der Gesetzentwurf der Opposition zuwenig ins einzelne geht und insbesondere ein Konzept für die notwendigerweise anschließende Änderung der Approbationsordnung nicht vorgelegt worden ist. Als letztes ist noch ein Hinweis auf die Kommission zur Reform der Medizinerausbildung notwendig. Frau Kollegin Dr. Neumeister, Sie haben das bereits angesprochen. Diese Kommission wurde auf Grund des letzten Beschlusses der konzertierten Aktion im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit eingerichtet. Diese Kommission sollte dem Vernehmen nach zum Herbst des nächsten Jahres zumindest einen Zwischenbericht vorlegen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Novellierung der Bundesärzteordnung und daran anschließend der Approbationsordnung für Ärzte bis zum Vorliegen dieses Ergebnisses zurückgestellt werden kann und soll. Möglicherweise könnte auch die Einbeziehung von Lehrpraxen - da möchte ich auf Ihre Frage zurückkommen, Herr Kollege - im ambulanten Bereich sofort und jede Form des medizinischen Prüfungswesens einschließlich des Status-und Vergütungsproblems im praktischen Jahr später geregelt werden. ({4}) Trotz aller Kritik in den einzelnen Punkten an dem vorliegenden Gesetzentwurf der Opposition muß ich feststellen, daß das Problem von Ihnen genauso gesehen wird wie von uns. Ich muß feststellen, daß sich in der Zielrichtung Koalition und Opposition einig sind. Was offen ist, ist die Frage, wie wir dieses Ziel erreichen wollen. Ich habe hier einige Vorschläge vorgebracht. Da wir hier in der Sache wohl alle am gleichen Strang ziehen, meine ich, daß die Beratungen in den Ausschüssen zu einer vernünftigen Lösung führen werden. ({5})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf auf Drucksache 8/2329 - federführend - an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit sowie mitberatend - an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe nunmehr den Tagungsordnungspunkt 11 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Geset9744 Präsident Carstens zes zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes - Drucksache 8/2356 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Verteidigungsausschuß ({0}) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löher.

Paul Löher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001361, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Der zur Beratung anstehende Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes, mit dem die Leistungen des Bundes für verheiratete Grundwehrdienstleistende, für grundwehrdienstleistende Sanitätsoffiziere und für Wehrübende der wirtschaftlichen Entwicklung angepaßt werden sollen, ist von denen, die sich auch in der Vergangenheit dem Problem zum Wehrdienst Herangezogenen in besonderem Maße angenommen haben, nur zu begrüßen. Letztlich müssen ja alle unsere Bemühungen darauf gerichtet sein, die Verteidigungsbereitschaft und auch die Verteidigungsfähigkeit unserer Bundeswehr zu erhalten. In diesem Zusammenhang sieht die CDU/CSU-Fraktion auch das Unterhaltssicherungsgesetz, das bekanntlich den Zweck erfüllen soll, den Lebensunterhalt der Wehrpflichtigen und deren Angehöriger für die Dauer des Wehrdienstes sicherzustellen. Die Leistungen nach diesem Gesetz, soweit sie sich in Mark und Pfennig ausdrücken, sind so gestaltet, daß sie der jeweiligen wirtschaftlichen Entwicklung angepaßt werden müssen. Das gilt in besonderem Maße für die Leistungen, die der verheiratete Grundwehrdienstleistende beanspruchen kann, aber auch für die Höchst- und Mindestsätze, die für Wehrübende vorgesehen sind. In beiden Fällen ist eine Anpassung dringend geboten, die nunmehr durch diesen Gesetzentwurf erreicht werden soll. Bei dieser Gelegenheit möchte ich besonders auf ein Problem aufmerksam machen, das sich uns im Rahmen des Unterhaltssicherungsgesetzes schon seit Jahren stellt und das nach Möglichkeit im Zuge der jetzt anstehenden Beratung gelöst werden sollte. Ich meine die Mietbeihilfe für die Wehrpflichtigen, die vor ihrer Einberufung eine eigene Wohnung gemietet haben. Die derzeitigen Schwierigkeiten beruhen offenbar darauf, daß die Mietbeihilfe nach dem jetzt gültigen Recht von einem unbestimmten Rechtsbegriff abhängig ist, über dessen Anwendung durchaus kontroverse Auffassungen vertreten werden können. Es handelt sich nämlich hierbei um die Frage: Ist es dem Wehrpflichtigen zuzumuten, ein von ihm vor der Einberufung eingegangenes Mietverhältnis zu lösen, oder soll der Bund in jedem Fall die Mietbeihilfe leisten? Der Bundesrat hat bereits einen Lösungsvorschlag vorgelegt. Es bleibt also abzuwarten, ob auch die Bundesregierung mit weiteren Vorschlägen kommt. Auf jeden Fall ist der Grundsatz beizubehalten, daß alle Wehrpflichtigen gleichbehandelt werden. Für die CDU/CSU-Fraktion möchte ich nur noch den Wunsch nach einer schnellen und trotzdem intensiven Beratung in den Ausschüssen äußern, damit das Gesetz zum 1. Januar 1979 in Kraft tritt und auch noch die Soldaten Vorteile dieses Gesetzes für sich in Anspruch nehmen können, deren Dienstzeit am 31. März 1979 endet. Hoffen wir, daß das Hohe Haus recht bald, spätestens aber in der ersten Märzwoche nächsten Jahres, die zweite und dritte Beratung dieses Gesetzentwurfes durchführen kann. Dem Überweisungsvorschlag stimmen wir zu. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gerstl ({0}).

Friedrich Gerstl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000672, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Leistungen für verheiratete Grundwehrdienstleistende wurden 1973, die für grundwehrdienstleistende Sanitätsoffiziere 1975 und der Unterhalt, für Wehrübende 1971 letztmals festgesetzt. Mittlerweile haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert. Es war also an der Zeit, daß das zur Regelung dieser Fragen geschaffene Gesetz, nämlich das Unterhaltssicherungsgesetz, novelliert wird. Der Regierungsentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes, der der heutigen ersten Lesung zugrunde liegt, beschäftigt sich vorwiegend mit den eingangs erwähnten Fragen. Zur Karstellung werden dann noch einzelne Formulierungen des Gesetzes verbessert, und im Interesse der Vereinheitlichung und Zusammenfassung der Bestimmungen über die Altersversorgung der Wehrpflichtigen wird dieser Teil aus dem Unterhaltssicherungsgesetz in das Arbeitsplatzschutzgesetz übertragen. In den Ausschußberatungen wird zu klären sein, ob die bisherigen grundlegenden Regeln der Leistungen weitergelten sollen. So wird man immer darüber streiten können, ob es richtig ist, daß die Bezieher höherer Einkommen, die keine Kinder haben, nur eine Unterhaltsleistung von 53 °/o ihres Nettoeinkommens aus dem Vorjahr bekommen können, während die Unterhaltsleistung bei weniger Verdienenden mit drei und mehr Kindern bis zu 90 °/o geht. Wenn man aber bedenkt, daß die Tabellensätze den Lebensbedarf in jedem Fall sicherstellen sollen und dem Wehrpflichtigen mit höheren Einkommen ein größeres finanzielles Opfer zugemutet werden kann, so ist, glaube ich, die in, der Vorlage enthaltene Tabelle vom Ansatz her zu akzeptieren. Zu berücksichtigen ist dabei, daß zu dieser einkommensbezogenen Leistungstabelle noch Sonderleistungen für Krankenhilfe, Versicherungen, Aufwendungen für den Bau oder Kauf von Eigenheimen und zur Sparförderung kommen können. Wie der Herr Kollege Löher schon angesprochen hat, ist ein sehr schwieriges Thema die Frage der Mietbeihilfen für Wehrpflichtige. Bei der jetzigen Gerstl ({0}) Fassung des Gesetzes für diesen Bereich muß man feststellen, daß die Regelung ungenügend ist. Gerichte, die sich mit diesem Thema schon mehrmals befassen mußten, haben sehr unterschiedliche Urteile gefällt, und dem entspricht, daß die Meinungen in dieser Frage weit auseinandergehen. Die extremen Positionen sehen so aus: Ein lediger Wehrpflichtiger lebt grundsätzlich bei seinen Eltern oder bei seinen Angehörigen und hat keinerlei Anspruch auf eine Mietbeihilfe. Die Gegenposition lautet: Der Wehrpflichtige ist volljährig, kann seinen Aufenthalt frei bestimmen und hat immer - wann und wo immer er sich eine Wohnung während seiner Wehrdienstzeit leistet - Anspruch auf Mietbeihilfe. Im Gesetz ist zur Zeit die Voraussetzung für die Gewährung der Mietbeihilfe so beschrieben, daß sie zu gewähren ist, wenn dem Wehrpflichtigen nicht zugemutet werden kann, das Mietverhältnis zu lösen. Der Bundesrat hat die Frage der Mietbeihilfe im Zusammenhang mit dieser Novelle aufgegriffen und einen Vorschlag zur Verbesserung der Bestimmungen vorgelegt. Das Bundesministerium der Verteidigung, dem die Probleme selbstverständlich aus der Praxis bekannt sind, hat bei 25 000 Wehrpflichtigen eine Befragungsaktion durchgeführt. Aus der angefertigten Studie wurden vier Vorschläge entwickelt. Die Abstimmung der Vorschläge mit den Landesfachministern als den Vertretern der ausführenden Behörden ist im Gange. Weil aber befürchtet werden muß, daß diese Abstimmung noch einige Zeit in Anspruch nimmt, die Leistungsverbesserungen aber zum 1. Januar 1979 in Kraft treten sollen, hat die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zum Ausdruck gebracht, daß der Vorschlag des Bundesrates abzulehnen ist, weil er noch nicht entscheidungsreif ist. Er stellt eben nur einen Vorschlag von mehreren Lösungen dar. In diesem Zusammenhang kann ich die Bundesregierung nur dringend bitten, die Abstimmungsgespräche mit den Ländern zu intensivieren, damit möglichst bald eine Klarstellung erfolgen kann. Die neugefaßte klare Bestimmung für die Wirtschaftshilfe, die an die Stelle der bisherigen Sonderleistungen für Selbständige tritt, ist zu begrüßen. Desgleichen kann schon jetzt gesagt werden, daß die Neuregelungen der Leistungen für die grundwehrdienstleistenden Sanitätsoffiziere, die für Ledige von 1 470 DM auf 1 600 DM und für Verheiratete von 1 900 DM auf 2 050 DM angehoben werden sollen, zu akzeptieren sind. Diese Bezüge liegen wegen der besonderen Stellung und Funktion der Betreffenden mit Recht in der Höhe von denen vergleichbarer Zeitsoldaten; Wehrsold und der Wert der freien Verpflegung werden allerdings angerechnet. Der mitberatende Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung wird sich sehr intensiv damit zu beschäftigen haben, ob sich die Vorschläge der Regierung im Entwurf in bezug auf die Leistungen für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung der grundwehrdienstleistenden Sanitätsoffiziere in die sonst üblichen Versicherungs- und Versorgungsregeln einpassen lassen. Wir müssen darauf achten, daß nicht ein neues Vorzugsrecht zu Berufungen im übrigen Sozialbereich führt. Hier wird der Sachverstand unserer Kollegen gefordert sein. Im übrigen werden diese Regelungen, wie schon erwähnt, wegen der Übersichtlichkeit, der Zusammenfassung aller einschlägigen Bestimmungen und der notwendigen einheitlichen Abwicklung über die Bundeswehrverwaltung aus dem Unterhaltssicherungsgesetz in das Arbeitsplatzschutzgesetz überführt. Die Bundeswehr ist darauf angewiesen, daß sich jährlich viele qualifizierte Wehrübende bei der Truppe einfinden. Damit wirtschaftliche Überlegungen nicht dazu führen, daß sich Dienstwillige abwenden, und damit die durch das Gesetz Befohlenen nicht unzumutbaren finanziellen Schaden leiden, wird es notwendig sein, die Höchstsätze für Ledige von 2 100 auf 2 820 DM und für Verheiratete von 2 700 auf 3 600 DM anzuheben. Die Mindestsätze sollen den Bezügen der Berufs- und Zeitsoldaten der gleichen Dienstgrade entsprechen, wobei auch hier Wehrsold und der Wert der freien Verpflegung angerechnet werden. Zusammenfassend darf ich für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion feststellen, daß die vorgeschlagenen Verbesserungen begrüßt werden. In den Ausschußberatungen werden wir dazu beitragen, daß die 5. Novelle zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes möglichst bald Gesetz wird. Mit der Überweisung des Entwurfs an den Verteidigungsausschuß - federführend - sowie zur Mitberatung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß sind wir einverstanden. ({1})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Möllemann.

Jürgen W. Möllemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001520, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der FDP begrüßt grundsätzlich die Absicht der Bundesregierung, durch die Vorlage eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes einer von unserer Fraktion bereits seit längerem erhobenen Forderung nachzukommen, die Unterhaltssicherungssätze, d. h. die sozialen Leistungen aus dem Gesetz der allgemeinen wirtschaftlichen und Einkommensentwicklung anzupassen. Diese Verbesserungen kommen den verheirateten Grundwehrdienstleistenden, den grundwehrdienstleistenden Sanitätsoffizieren und den Wehrübenden zugute. Die Leistungsverbesserungen sind auch der entscheidende Kern des Gesetzes. Am Rande sei allerdings auch erwähnt, daß manche Änderungen die Anwendung des Gesetzes erleichtern. Das ist eine wichtige Aufgabe, die wir mit aufzunehmen haben. Am Beispiel der Wehrübenden möchte ich eine praktische Auswirkung des Gesetzes verdeutlichen. Die Anhebung der Höchstbeträge der Verdienstausfallentschädigung gleicht nämlich beispielsweise jetzt die Unterschiede aus, die hinsichtlich der finanziellen Absicherung, die zwischen wehrpflichti9746 gen Wehrübenden des öffentlichen Dienstes und denen, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören, bestehen. Aus der täglichen Praxis wissen wir um das Ärgernis, das die Besserstellung der Wehrübenden des öffentlichen Dienstes - sie erhalten nämlich bei Wehrübungen ihre Bezüge weiter - hervorruft. Bei unserer Forderung nach einer Anpassung der Unterhaltssicherungssätze ließen wir uns daher von der Überlegung leiten, daß wehrpflichtige Wehrübende - Unteroffiziere und Offiziere - au§ gehobenen zivilen Positionen für ihren Einsatz bei der Bundeswehr, für ihr Engagement, ihr Können und ihre Erfahrung, die sie einbringen, nicht auch noch finanziell bestraft werden sollten. Andererseits war aber auch klar, daß die Grenzen des finanziell Möglichen und Machbaren zu beachten waren, daß also Höchstverdiener nicht voll abgefunden werden können. Wir haben es daher als vernünftig angesehen, die Obergrenze, die übrigens immer ein Nettobetrag ist, etwa auf dem Niveau eines durchschnittlichen A-16-Gehalts anzusiedeln, um den Vergleich zum öffentlichen Dienst zu haben. Dies erfüllt der vorliegende Entwurf. Unbefriedigend gelöst ist bis jetzt das Problem der Mietbeihilfen. Der neue § 7 a enthält faktisch die alte, seit 20 Jahren bestehende Regelung, die - verkürzt - die Gewährung einer Mietbeihilfe von der Frage abhängig macht, ob einem Wehrpflichtigen zuzumuten ist, ein bestehendes Mietverhältnis zu lösen, oder nicht. Nun haben sich die sozialen Verhältnisse und auch die Verhaltensweisen der jungen Menschen zwischenzeitlich erheblich geändert. Die Wohnungsknappheit hat sich zwischenzeitlich zu einem normalen Wohnungsmarkt gewandelt. Der Drang der jüngeren Menschen zur Verselbständigung, der Drang weg von zu Hause ist gewachsen, nicht zuletzt natürlich auch bedingt durch die Senkung des Volljährigkeitsalters auf 18 Jahre. Dies führt dazu, daß die Frage der Zumutbarkeit nicht mehr an objektiven Kriterien meßbar wird und daß daher auch die obergerichtliche Rechtsprechung in dieser Frage uneinheitlich ist. Der Bundesrat hat hier in seiner Stellungnahme eingehakt. Aber abgesehen davon, daß seine Stellungnahme eine von mehreren im. Bundesministerium der Verteidigung hausintern erarbeiteten Lösungsmöglichkeiten darstellt, befriedigt diese Stellungnahme des Bundesrates inhaltlich nicht. In der Stellungnahme des Bundesrates steht z. B. in § 7 a, daß das Mietverhältnis mindestens 12 Monate vorher bestanden haben - warum gerade 12 Monate, wo liegt da der besondere Sinn? - oder ein dringender Wohnbedarf des Wehrpflichtigen gegeben sein muß. Was ist das, ein dringender Wohnbedarf eines Wehrpflichtigen? Präziser wird das durch diese Formulierungen also auch nicht. Die Kollegen Löher und Gerstl haben schon darauf hingewiesen. Wir möchten die Bundesregierung daher auffordern, baldmöglichst ihre in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates angekündigten neuen Vorstellungen vorzulegen. Hierbei möchte ich darauf hinweisen, daß beabsichtigt war, die Novelle zum 1. Januar 1979 in Kraft zu setzen, damit die sozialen Verbesserungen den Empfängerkreis möglichst früh erreichen, z. B. auch noch diejenigen Wehrpflichtigen, die im Frühjahr ausscheiden. Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen, und zwar zur Regelung der Übernahme von Beiträgen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung für wehr- und zivildienstleistende Mitglieder berufständischer Versorgungswerke im Sinne des § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes. Die Regelungen in der vorliegenden Novelle beinhalten nämlich bestimmte Verschlechterungen für den betroffenen Personenkreis gegenüber der bisherigen Regelung. Dies ist nach unserer Auffassung nicht gerechtfertigt. Vielmehr meinen wir, daß hier nicht nur der Status quo aufrechterhalten werden sollte, sondern darüber hinaus noch gewisse Verbesserungen notwendig sind. Bei dem betroffenen Personenkreis handelt es sich um grundwehrdienstleistende Sanitätsoffiziere, bei denen die Beitragsübernahme jetzt von einer entsprechenden vorherigen zivilen Berufstätigkeit abhängig gemacht werden soll. Die FDP-Fraktion geht davon aus, daß der Gesetzentwurf in diesem Punkt nach dem Vorbild der 5. AFG-Novelle in den Ausschußberatungen noch verbessert wird, um die Gleichstellung von Mitgliedern der Versorgungswerke mit Mitgliedern der gesetzlichen Rentenversicherung sicherzustellen. Ansonsten, meine Damen und Herren, stimmen wir der vorgeschlagenen Überweisung an die Ausschüsse zu. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache. Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 8/2356 an den Verteidigungsausschuß - federführend -, an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - mitberatend - und an den Haushaltsauschuß - mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung - zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen. Ich rufe nunmehr die Punkte 12 bis 15 der Tagesordnung auf: 12. Beratung der Ersten Beschlußempfehlung und des Ersten Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({0}) zu der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung - Drucksache 8/1357, 8/2370 Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram ({1}) 13. Beratung des Antrags der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Dr. Narjes und der Fraktion der CDU/CSU Schnellbrüter-Prototyp-Kernkraftwerk SNR 300 bei Kalkar - Drucksache 8/2375 Präsident Carstens 14. Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und FDP Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" - Drucksache 8/2353 15. Beratung ' des Antrags der Abgeordneten Lenzer, Pfeifer, Dr. Probst, Benz, Engelsberger, Gerstein, Dr. Hubrig, Dr. Riesenhuber, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Laufs, Pfeffermann, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz, Dr. Narjes und der Fraktion der CDU/CSU Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" - Drucksache 8/2374 Meine Damen und Herren, es ist im Ältestenrat eine verbundene Debatte zu den Tagesordnungspunkten 12 bis 15 vereinbart worden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; dann wird so verfahren werden. Wünscht einer der Berichterstatter als Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lenzer.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag berät heute wichtige Fragen der Energiepolitik. Besonders geht es dabei um die friedliche Nutzung der Kernenergie im allgemeinen und um den Weiterbau des Schnellbrüterkraftwerks SNR 300 bei Kalkar im besonderen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat diese Debatte zum jetzigen Zeitpunkt nicht gewollt. Sie hätte es begrüßt, wenn in den zuständigen parlamentrischen Gremien, z. B. den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, ohne Hektik, mit aller Sachlichkeit und mit der dafür auch notwendigen Beratungszeit über dieses wichtige Feld der Politik diskutiert worden wäre. Sie hat das auch in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Freitag der vergangenen Woche hinreichend deutlich gemacht. ({0}) Die SPD/FDP-Koalition hat jedoch in eben dieser Wirtschaftsausschußsitzung. in der letzten Woche mit dem Holzhammer ihrer Mehrheit die heutige Beratung erzwungen. Sie hat dann schnell noch Ihnen, meine Damen und Herren Kollegen, ein dikkes Konvolut auf die Tische gelegt. Die Antwort zu finden, warum dies so geschehen ist, fällt eigentlich nicht schwer. Man kann es folgendermaßen umschreiben: Garniert mit großen Sprüchen von wirtschaftlichem Wachstum, sicherer Energieversorgung und begleitet von dem üblichen verhaltenen Jubel über die angeblich so segensreiche Tätigkeit der Bundesregierung auch in diesem Bereich, verborgen in Luftreinhaltungs-, Vermutungs-, Sanierungs- und anderen Klauseln, gewürzt mit Appellen zur rationellen und sparsamen Energieverwendung, bietet sich den Koalitionsfraktionen in ihrer Haltung zur friedlichen Nutzung der Kernenergie doch schon seit geraumer Zeit eine für sie immer unverdaulicher werdende Speise dar. ({1}) - Herr Kollege Wehner, ich habe überhaupt nicht gefrühstückt. ({2}) - Mir ist Ihr Kernenergieprogramm auf den Magen geschlagen, muß ich ehrlich sagen. Weder deutsche Kohle noch internationales Öl - das sind so die Termini in diesem Bericht -, weder der Hinweis auf Optionen, die man sich angeblich offenhalten müsse, noch die Flucht in schwammige Formulierungen, aus denen sich jeder von Ihnen, wie es gerade schmeckt, das Passende heraussuchen kann, führen an der folgenden Tatsache vorbei: Diese Bundesregierung ist in der Energiepolitik, insbesondere in Sachen Kernenergie, wie in manchen anderen Bereichen nicht mehr handlungsfähig, weil sie die Mehrheit in den eigenen Reihen verloren hat. ({3}) Stichworte: Saarbrücken, Hamburg, Kiel, Mainz - man muß sagen, daß die Koalitionsfraktionen von Parteitag zu Parteitag in der Energiepolitik von einer Verlegenheit in die andere taumeln. ({4}) Da hilft es auch nicht, wenn der hochverehrte Herr Bundeskanzler, der uns heute nicht die Ehre seiner Anwesenheit schenkt, ({5}) ab und zu mal melodisch mit den Zähnen knirscht und einige scharf ansieht. ({6}) Auf die Dauer können noch so gewagte Interpretationskünste den mangelnden Konsens und die damit verbundene innere Zerrissenheit der Koalitionsparteien nicht verbergen. ({7}) Dabei hatte die Bundesregierung noch vor kurzem auf dem sogenannten Bonner Wirtschaftsgipfel in Sachen Energiepolitik eine heile Welt vorgegaukelt. Hat dort nicht etwa der Bundeskanzler für die Bundesregierung in Sachen Kernenergie mit bekräftigt, man müsse die zur Zeit in vielen Ländern bestehende negative Entwicklung im Interesse einer sicheren Energieversorgung gerade im Bereich der Kernenergie umkehren? Man muß doch den Herrn Bundeskanzler einmal fragen, was er unternommen hat, um in den Koalitionsfraktionen für diese Politik, ({8}) die von der CDU/CSU-Fraktion grundsätzlich unterstützt und begrüßt wird, auch eine entsprechende Mehrheit zu finden. Wo bleibt denn z. B. die klare Absage an alle diese Restbedarfs-Philosophen und anderen Traumtänzer, die uns glauben machen wollen, die Energieprobleme seien allein mit Sparen, etwas Konsumverzicht und mit dem Rückgriff auf die liebe Sonne zu lösen? Vielleicht sind Sie auch der Auffassung, daß man sich im Zweifelsfalle in Sachen Kernenergie immer noch auf die CDU/CSU-Opposition verlassen könne. Ich muß an dieser Stelle einmal sagen: Ohne die konsequente und verantwortungsbewußte Haltung der CDU/CSU einerseits ({9}) und ohne - auch das möchte ich in aller Deutlichkeit lobend herausstellen - die eindrucksvolle Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes andererseits - ich darf das Kompliment insbesondere an Sie, Herr Kollege Adolf Schmidt, richten, der Sie sich um das Zustandekommen dieser Veranstaltung große Mühe gegeben haben -, ({10}) ohne diese beiden festen Punkte in der Energiedebatte der letzten Zeit, wären Sie doch noch nicht einmal in der Lage gewesen, die zweite Fortschreibung des Energieprogramms vorzulegen. ({11}) - Herr Kollege Wolfram, Sie sollten sich zum ersten etwas schonen. Zum zweiten ist es für alle Betrachter sonnenklar, daß jemand, der während der Zeit des Sonntagsfahrverbots einen Dienstwagen zum Kuchenholen wegschickt, einen völlig anderen Zugang zur Energiepolitik hat. ({12}) Meine Damen und Herren, an dem Antrag ist eigentlich nur die Textziffer 6 interessant.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfram?

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, der Herr Abgeordnete Wolfram wird sicherlich gleich das Wort ergreifen, ({0}) da er auf sein Berichterstattungsrecht ausdrücklich verzichtet hat. Dann hat er ja Gelegenheit, zu allen diesen Dingen Stellung zu nehmen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reuschenbach?

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein! - Sie soll der Bundesregierung eine Handhabe liefern, die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen doch noch zur Erteilung der dritten Teilerrichtungsgenehmigung zu bewegen. Dazu soll dann eine Enquete-Kommission gebildet werden, weil auf diese Weise angeblich eine bessere Entscheidungsbasis gefunden werden kann. Vor einer Inbetriebnahme des SNR 300 soll sich dann der Deutsche Bundestag nach den Wünschen der Koalition mit diesen Fragen erneut befassen. Nun, grundsätzlich ist gegen Enquete-Kommissionen überhaupt nichts einzuwenden, wenn sie nicht vom eigentlichen Thema abgehalten werden, ({0}) wenn sie sich auch wirklich den Fragen widmen können, um die es geht. Nach unserer Auffassung ist eine solche Kommission - deswegen ja auch unser Antrag - sinnvoll, wenn sie zusätzlichen Sachverstand mobilisiert und der Politik bei der Entscheidungsfindung Hilfestellung leistet. ({1}) Wir sind jedoch nicht bereit, einigen linken Phantasten hier eine Spielwiese zum Abreagieren ihrer Profilierungskomplexe zu liefern. ({2}) Deshalb müssen wir darauf bestehen, daß diese Enquete-Kommission ihre Arbeit in einer angemessenen Zeit abschließen kann. Sie darf kein faktisches Energie-Moratorium durch die Hintertür bedeuten. ({3}) Ich kann mir an dieser Stelle auch eine andere spitze Bemerkung nicht verkneifen: ({4}) Die gleiche Mehrheit, die in diesem Hause seit Jahren die Bemühungen der CDU/CSU um Einrichtung einer Technologiebewertung, einer Prognose- und Bewertungskapazität zur Technologiefolgenabschätzung blockiert, verlangt auf einmal in einem so wichtigen Punkt, bei dem man die Probe aufs Exempel hätte machen können, eine Enquete-Kommission. Nun, wir sind ja unbegrenzt lernfähig. Vielleicht wird uns im Laufe der Beratungen das eine oder andere noch deutlich. Erinnern wir uns, meine Damen und Herren: Noch auf dem Mainzer Parteitag der FDP lautete der Beschluß, daß erst nach Vorlage der Arbeit einer solchen Enquete-Kommission der Weiterbau des SNR 300 betrieben werden sollte. Ich muß heute fragen, ob hier wieder einmal jemand umgefallen ist oder ob die Enquete-Kommission tatsächlich nur ein Alibi, eine Art ersten Einstieg in eine Gesamtstrategie bedeutete - ich darf in diesem Zusammenhang einmal einige Zitate aus der Presse zum besten geben; sie lauten: „Riemers Plutoniumvernichtungsanlage", „Hirschs Bauerntheater" -, ({5}) die nur dem Ziel dient, das Projekt kaputtzumachen. ({6}) Diese Frage muß erlaubt sein.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Möllemann?

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Selbstverständlich, gern!

Jürgen W. Möllemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001520, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege, Sie hatten die Freundlichkeit, unseren Parteitagsbeschluß - ich kann nicht sagen: wie gewohnt, weil ich Sie sonst zu selten hier höre - auszugsweise zu zitieren. Wären Sie so freundlich, ihn ganz zu zitieren, auch mit den Klauseln, die das, was Sie hier gesagt haben, stark relativieren, insbesondere im Blick auf die Verfahrensweise innerhalb der Koalition? ({0}) Ich stelle diese Frage deswegen, weil es ja wohl erlaubt sein wird, danach zu fragen, wenn Sie diese Fraktion ansprechen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, Sie dürfen zwar eine Frage stellen, aber Sie dürfen Ihre Frage nicht kommentieren. - Bitte schön, Herr Kollege Lenzer.

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Möllemann, selbstverständlich können wir das alles zitieren, obwohl die übrigen Beschlüsse ja für sich selbst sprechen, wenn man sie einmal beiseite nimmt. Hier geht es aber um den SNR 300. Hier liegen Sie ja heute noch, ie persönlich - das habe ich doch der Presse entnehmen dürfen; aber vielleicht hat sich Ihre Meinung in der Zwischenzeit geändert -, auf der Linie, daß Ihr Beschluß quasi einem Moratorium gleichkommt, daß erst dann weitergebaut werden darf, daß erst dann die dritte Teilerrichtungsgenehmigung ausgesprochen werden soll, wenn die Arbeit dieser Enquete-Kommission abgeschlossen vorliegt. Hier ist Vorsicht am Platze. Die CDU/CSU-Fraktion hat einfach zu allen diesen Bekenntnissen kein Vertrauen mehr. Zu oft haben FDP und SPD . gerade im Bereich der Energiepolitik sowohl diesem Haus als auch der deutschen Öffentlichkeit hinsichtlich ihrer wahren Absichten keinen reinen Wein eingeschenkt. Vielleicht nehmen sie jedoch einmal die Chance der heutigen Debatte wahr, um nun wirklich klarzustellen, was sie zum Thema „Kernenergie" oder aber im besonderen zum Thema „SNR 300" zu sagen haben. Ich muß in diesem Zusammenhang noch etwas anderes ansprechen. Es ist ein für uns alle sicherlich besonders unwürdiges Schauspiel - ich möchte es als einen politischen Amoklauf bezeichnen -, was sich der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Hirsch, in der Debatte im Düsseldorfer Landtag geleistet hat. Da wurde doch tatsächlich dem staunenden Hohen Hause in Düsseldorf erzählt, daß zwei Schulkinder in Essen Teile des Sicherheitsberichtes dieses SNR 300-Reaktors gefunden hätten. Donnerwetter, so muß man sagen, das ist endlich einmal eine Meldung vom Kaliber „Mann beißt Hund", die wieder einmal die finsteren Machenschaften der Brüterlobby dort entlarven kann. ({0}) Man muß doch fragen, ob der Minister tatsächlich nicht wußte, daß der sieben Jahre alte Bericht bereits zu jedermanns Einsicht offengelegen hatte - ein völlig normaler Vorgang im Rahmen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Wenn ja, ist so viel Unwissenheit und Leichtfertigkeit für ein Regierungsmitglied unentschuldbar. ({1}) Wenn nein, dann zeigte sich doch, daß Herrn Hirsch, wenn es darum geht, seine eigene Meinung durchzusetzen, offensichtlich fast jedes Mittel recht ist. ({2}) Er sollte in beiden Fällen schleunigst auf die politische Weide geschickt werden. ({3})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Möllemann?

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich möchte das nicht. Ich bin nämlich der Meinung, der Abgeordnete Möllemann muß sich jetzt schonen, um sich auf die namentliche Abstimmung vorzubereiten. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, es genügt, wenn Sie auf meine Frage mit Ja oder Nein antworten. ({0})

Christian Lenzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001327, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, man sollte eigentlich auch einmal den Parteivorsitzenden der Freien Demokraten, Herrn Bundesminister Genscher, fragen. ({0}) Oder was sagt eigentlich der zuständige Ressortchef, den ich hier nicht sehe? Nicht daß ich etwas gegen seinen Parlamentarischen Staatssekretär hätte! Ihn schätze ich außerordentlich. Herzlich willkommen, Herr Kollege Grüner! Es wäre doch interessant gewesen, einmal den Herrn Bundeswirtschaftsminister, der sich gelegentlich in der Zeitung zu diesen Themen äußert und dies ja auch heute wieder getan hat, zu fragen. Von ihm konnten wir nur erfahren, daß er sich - so berichtete die Presse jedenfalls - bei diesen Beschlüssen in Mainz wie auf einer Karnevalssitzung fühlte. Ich stütze mich hierbei, wie ge sagt, auf Presseberichte; das alles sind ja keine Erfindungen der „bösen" Opposition. ({1}) Es verwundert andererseits auch nicht, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister zu einer solchen Wertung gekommen ist, wenn man hört, daß die FDP nach einer pauschalen Ablehnung der Technologie des Schnellen Brüters im internationalen Bereich - ich zitiere - sich für die Durchsetzung des Verzichts auf die kommerzielle Nutzung der Technologie des Schnellen Brüters einsetzen wolle. Den Industriestaaten, die sich mit der weiteren Verfolgung dieser Technologie beschäftigen, wird natürlich ein gewaltiger Schreck in die Knochen gefahren sein, als sie das vernommen haben. Ich meine, Sie, meine Damen und Herren von der FDP, sind dabei, sich politisch zu übernehmen. Sie können mit diesen Punkten niemanden beeindrucken, wenn es Ihnen nicht gelingt, erst einmal in Ihren eigenen Reihen und bei Ihrer eigenen Basis für alle diese Dinge, die Sie hier vorlegen, eine Mehrheit zu finden. Seit dem letzten Wochenende ist in der Kernenergiepolitik die Welt nicht mehr so, wie sie einmal war. Seit dem 8. Dezember 1978 hat nämlich das Bundesverfassungsgericht durch sein Urteil zum sogenannten Vorlagebeschluß des Oberverwaltungsgerichtes Münster einiges verändert. Die Haltung der CDU/CSU, die das Atomgesetz bisher selbstverständlich immer als mit den Normen des Grundgesetzes voll kompatibel betrachtet hat, ist durch dieses Urteil eigentlich glänzend bestätigt worden. Im ersten Leitsatz des Urteils heißt es: Aus dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie darf nicht ein Vorrang des Parlaments und seiner Entscheidungen gegenüber den anderen Gewalten als ein allen konkreten Kompetenzen zuzuordnender überspielender Auslegungsgrundsatz hergeleitet werden. Der § 7 Abs: 1 und Abs. 2 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie ist mit dem Grundgesetz voll vereinbar. Nach dieser Entscheidung - das ist doch ganz deutlich geworden - besteht für den Bundestag kein Anlaß mehr, für den Weiterbau des SNR 300 einen Beschluß zu fassen. Es wäre allein Sache der Bundesregierung bzw. des zuständigen Ministers, im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung das Notwendige gegenüber der Genehmigungsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen zu unternehmen. ({2}) - So ist es. - Die dritte Teilerrichtungsgenehmigung könnte nur dann wirklich begründet versagt werden, wenn die Genehmigungsbehörde die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 des Atomgesetzes im konkreten Fall nicht für gegeben hielte. Dies würde jedoch in Widerspruch zu allem stehen, was bisher beschlossen worden ist. Meine Damen und Herren von der Koalition, und insbesondere richte ich den Appell an die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung: damit sollte eigentlich auch der letzte Vorwand für die Untätigkeit der Bundesregierung in Sachen SNR 300 verschwunden sein. Ich weiß, daß es auch da andere Auffassungen gibt. Das will ich durchaus bekennen. Ich will auch nicht alles über einen Leisten schlagen. Ich hoffe, daß z. B. der Bundesminister für Forschung und Technologie immer noch der Meinung ist, die er ja mehrfach bekundet hat, daß dieser Reaktor gebaut werden muß. ({3}) Dabei hat er unsere Unterstützung. Aber jetzt muß man fragen - auf dem Hintergrund dieses Urteils und der Diskussion der letzten Zeit -: welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung nun aus dieser veränderten Situation? Werden Sie jetzt die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen anweisen - darauf hätten wir gern eine Antwort -, die dritte Teilerrichtungsgenehmigung auszusprechen? Und zwar - damit hier nicht etwa Hintertüren offenbleiben -: heißt das auch inklusive sofortiger Vollziehbarkeit? Das muß man wissen. Werden Sie auch jetzt - wie immer man ja mal wieder in die Versuchung geraten kann - auf andere Tricks wie z. B. Vorschaltgesetze und ähnliche Dinge verzichten? Werden Sie endlich auch darauf verzichten, dem Deutschen Bundestag immer wieder Erklärungen abzuverlangen in einem Punkt, damit der Exekutive nur die Flucht aus der Verantwortung ermöglicht werden soll? Die Haltung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich in Sachen Kernenergie einschließlich der Stellungnahme zum Schnellen Brüter stets durch Sachlichkeit und Konsequenz ausgezeichnet. ({4}) - Ich bin dankbar für die Bestätigung. ({5}) Bei voller Respektierung des Vorrangs der Sicherheit vor anderen Überlegungen sind wir nach wie vor der Überzeugung, daß die friedliche Nutzung der Kernenergie sicherheitstechnisch beherrschbar, gesamtwirtschaftlich notwendig, energiepolitisch unverzichtbar und somit gesellschaftlich zumutbar ist Deshalb erwarten wir auch auf klare Fragen ebenso präzise Antworten. Der Bürger muß jetzt endlich einmal wissen, woran er dabei ist. Mit einer Politik des Hinhaltens und der Ausflüchte und des Taktierens gegenüber den eigenen Reihen werden Sie die Probleme der Daseinsvorsorge im Bereich der Energiepolitik - die gehört ja untrennbar mit dazu - nicht lösen können. ({6}) Um allen Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich noch einmal die Haltung der CDU/CSU in Sachen Schnellbrütertechnologie präzisieren. ({7}) - Ich fühle mich, Herr Kollege Wehner, durch Ihre Zwischenrufe immer sehr geehrt. Erstens. Der Schnelle Brüter stellt das prinzipielle Potential für die langfristige Energieversorgung unseres Landes dar. Wer die Fertigstellung und den Betrieb des Prototyps SNR 300 und die Weiterentwicklung der Schnellbrütertechnologie verhindert, unterbindet damit die notwendigen Voraussetzungen für eine verantwortungsbewußte Entscheidung über die kommerzielle Einführung in großem Maßstab. ({8}) - Es ist auch nicht unsere Aufgabe, jeden Tag uns etwas Neues einfallen zu lassen. Ich wäre ja schon dankbar, wenn die Bundesregierung - Herr Staatssekretär, darf ich mal so sagen - schon das durchführen würde, was bekannt ist und was auch von einigen Mitgliedern der Regierung als richtig erkannt wird. ({9}): Hier große Töne spucken und auf dem Parteitag schweigen! - Heiterkeit bei der CDU/CSU) Zweitens. Falls der Parteitagsbeschluß der FDP verwirklicht werden sollte, wäre die bereits vorhandene Zusammenarbeit der Partner aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Belgien und den Niederlanden gefährdet, da die deutsche Seite keine Perspektive für eine Nach-SNR-300-Phase mehr bieten könnte. Die beiden Partner Belgien und Niederlande haben im Hinblick auf die bisherige Politik der Bundesregierung beträchtliche Mittel in die Entwicklung des SNR 300 investiert. Diesen Ländern gegenüber steht doch auch die Bundesregierung im Wort. Drittens. Ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland ist in sehr hohem Maß auf funktionierende außenwirtschaftliche Beziehungen angewiesen. Es kann sich daher auf keinen Fall auch nur geringste Zweifel an seiner Verläßlichkeit als internationaler Vertragspartner leisten. Wenn dies nicht noch Auswirkungen auf andere Bereiche der Außenwirtschaftsbeziehungen haben soll, muß das bedacht werden. Darüber hinaus darf die Bundesrepublik ihre Position als hochqualifiziertes Industrieland nicht leichtfertig verspielen. Sie muß in der Lage sein, technologisch hochwertige Güter anzubieten, um so mehr, als in vergleichbaren Industriestaaten die friedliche Nutzung der Kernenergie inklusive Brütertechnologie mit großem Aufwand zügig weiter vorangetrieben wird. Viertens. Bei einer kurzfristigen Einstellung der Schnellbrüter-Entwicklung belaufen sich nach Schätzungen die unvermeidlichen Restabwicklungskosten bei Einstellung von SNR 300, KNK II sowie der weiterführenden Arbeiten auf rund 1,2 Milliarden DM, ohne Berücksichtigung der eventuell notwendigen - dann sicher anfallenden - Kosten für das Wegräumen der Bauruine. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß von den gesamten Kosten bereits 1,2 Milliarden DM ausgegeben worden sind und für ungefähr 700 Millionen DM feste Bestellungen vorliegen, dann kann man sich zusammenrechnen: Schon heute wäre es überhaupt nicht mehr möglich, auch nur eine einzige müde Mark einzusparen, selbst wenn das Projekt auf der Stelle abgebrochen würde. Darüber hinaus muß man wissen, daß ein Abbruch eines solchen Projekts auch enorme Schadensersatzforderungen nach sich ziehen würde. Fünftens. Lassen Sie mich einen für mich und für uns alle besonders wichtigen Punkt anführen: die Konsequenz für die Beschäftigungslage gerade in einem Gebiet, das weiß Gott seine Schwierigkeiten hat. Bei kurzfristiger Einstellung der SchnellbrüterEntwicklung sind insgesamt über 10 000 Arbeitsplätze betroffen, genau gesagt 10 625. Davon entfallen auf den SNR 300 allein 8 530. In der Bundesrepublik Deutschland sind 8 805 Arbeitnehmer bei SNR 300, KNK und baubegleitender weiterführender Forschung und Entwicklung beschäftigt. Es versteht sich am Rande, daß die Bundesrepublik Deutschland auf Dauer selbstverständlich keine Technologien exportieren kann, die sich nicht auch bei uns auf dem eigenen Markt bewährt haben und hier ihre Chance erhalten. Wie will man einem Kunden überhaupt begreiflich machen, daß er uns eine Industrieanlage abnehmen soll, der hier bei uns die Genehmigung nicht mehr erteilt wird? Dies hätte - das muß man ganz deutlich sehen - Konsequenzen für den gesamten Energiebereich, für alle anderen Energietechnologien bis hin auch zum Kohlekraftwerk und würde Hunderttausende von Arbeitsplätzen direkt und auch indirekt gefährden. Die CDU/CSU hat bisher der Versuchung widerstanden, die Kernenergiedebatte in den politischen Tageskampf zu zerren, um daraus billiges politisches Kapital zu schlagen. ({10}) - Dazu gibt es übrigens auch Zitate. Ich empfehle, gelegentlich mal Zeitungen zu lesen. ({11}) Wir haben diese Positition schon vertreten, als Sie sich noch in Saarbrücken mit Moratorium oder in Hamburg mit salvatorischen Klauseln zur Kernenergienutzung herumschlagen mußten. Das weiß doch jeder, der sich damit beschäftigt. Und wer sich nicht damit beschäftigt, sollte hier nicht darüber reden. ({12}) Wir werden auch in Zukunft unsere wohlüberlegte und auf Fakten gegründete Kernenergiepolitik fortsetzen. Wir sind uns aber als Nothelfer für eine Regierung zu schade, der die eigenen Bataillone zunehmend davonlaufen. ({13}) Für die CDU/CSU ist, wie bereits gesagt, die Kernenergie technisch beherrschbar und daher politisch verantwortbar. Dies sagen wir deutlich dem Bürger und bitten dafür um seine Zustimmung. Wir würden es begrüßen, wenn SPD und FDP sich die9752 ser Haltung anschließen könnten, weil wir glauben, daß sie sachlich richtig und andererseits im Interesse unseres Volkes dringend geboten ist. ({14}) Die Regierung kann sich nicht nach Lust und Laune ihrer Verantwortung entziehen. Deswegen fordern wir sie auf, die dringend notwendigen Entscheidungen zu fällen, in eigener Verantwortung mit eigener Mehrheit durchzusetzen und vor dem Bürger zu vertreten. Ich wiederhole: Bitte stützen Sie sich bei diesen Entscheidungen gefälligst zunächst einmal auf die eigene Mehrheit. Und wenn das nicht klappt, weil diese Mehrheit nicht mehr besteht, dann machen Sie bitte den Weg frei für eine bessere Politik im Energiebereich! ({15})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfram.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Lenzer, man hätte Ihnen gewünscht, daß Sie ausgeschlafen und mit einem guten Frühstück versehen ins Plenum gekommen wären; ({0}) dann wäre vielleicht die Qualität Ihrer Rede etwas besser geworden. Darf ich Sie nachträglich zum Frühstück einladen? ({1}) - Was sind Sie doch nervös! ({2}) Ich würde Ihnen dann bei einem verspäteten. zweiten Frühstück, Herr Lenzer, ({3}) gern persönlich auch die Art, wie Sie einen Kollegen im Plenum beleidigen, entgegenhalten. Ich müßte Sie eigentlich mit einer bestimmten Bezeichnung versehen, aber das würde mir einen Ordnungsruf eintragen. ({4}) Bitte lesen Sie nach, was zu früheren Bemerkungen dieser Art im Protokoll steht. Sie sollten zur Sache sprechen, aber nicht Kollegen beleidigen. ({5}) Ich hatte bislang eine bessere Meinung von Ihnen. ({6}) Wenn jemand die Unwahrheit sagt und das festgestellt wird, wenn er es wiederholt und erneut festgestellt wird, daß das unwahr ist, und wenn dann Dritte das aufgreifen, obwohl sie es besser wissen müßten, spricht das nicht für die Qualität, in diesem Fall des Herrn Lenzer, ({7}) Herr Lenzer, Sie haben behauptet, Sie wollten diese Debatte nicht; das ist bezeichnend. ({8}) Wir sind der Meinung, daß die Energiepolitik ein Thema ist, das ständig auf der Tagesordnung steht, und daß es diesem Parlament gut ansteht, wenn es sich regelmäßig in angemessenen Fristen mit der aktuellen energiewirtschaftlichen Lage befaßt. Was die Beratung über die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung anbetrifft - das ist das Thema des heutigen Morgens, das Sie zu verengen versuchen -, ({9}) so werden wir dazu im einzelnen noch Ausführungen machen. Sie versuchen es auf eine Schnelle Brüter- und Kalkar-Debatte zu verengen. Das ist Ihr Recht. Wir werden uns nicht beirren lassen; wir werden die gesamte Energiepolitik hier und heute behandeln. Nur, Herr Lenzer, Sie sollten sich untereinander besser abstimmen. In der ersten Beratung der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung am 20. April dieses Jahres hat Ihr Kollege Dr. Narjes als damaliger erster energiepolitischer Sprecher der Opposition Stellung genommen. ({10}) - Ja, man weiß gar nicht, wer bei denen in der Energiepolitik das Sagen hat, aber es ist bezeichnend. Das gilt ja für andere Fragen auch. ({11}) - Herr Gerstein, ich wünschte Ihnen, daß Sie auf Ihre Fraktion ein bißchen mehr energiepolitischen Einfluß hätten; es bekäme dem Ruhrgebiet und dem Bergbau sicherlich gut. Herr Dr, Narjes hat u. a. gesagt, die Diskussion über die Zweite Fortschreibung wäre schon vor zwölf Monaten fällig gewesen. Er hat kritisiert, daß die Zweite Fortschreibung, die im Dezember 1977 vorgelegt worden ist, erst im April in erster Lesung behandelt worden ist. Es war also damals die Kritik und der Wunsch der Opposition, diese Fortschreibung zügig zu beraten. Herr Narjes hat damals weiter ausgeführt - ich zitiere wörtlich -: Wir wollen uns auch nicht an durchsichtigen Verschleppungsmanövern beteiligen, wie etwa dem der Einsetzung einer Enquete-Kommission über die Kernenergie. Das ist bezeichnend. Herr Dr. Narjes hat zu dem damals schon zur Diskussion stehenden Thema „Soll eine Enquete-Kommission gebildet werden?" gesagt, das sei ein „sozialliberales Verschleppungsmanöver" . ({12}) Wolfram ({13}) Heute legen Sie uns einen Antrag vor, in dem Sie besagte Enquete-Kommission zur Kernenergie ebenfalls fordern. ({14}) . Das ist die Logik Ihrer Energiepolitik. Das kann uns aber nicht beirren. ({15}) - Lieber, verehrter Kollege Spies von Büllesheim, Sie wissen, wie sehr ich Sie schätze. ({16}) - Nein, durch solche Zwischenrufe bestimmt nicht. Sie haben ja inzwischen erfahren, Sie neuer, von uns begrüßter Herr im Wirtschaftsausschuß, daß wir sachlichen Argumenten jederzeit zugänglich sind. Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt, daß es heute in diesem Hause eine Debatte zur Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung gibt. Die Bundesregierung hatte dieses Programm am 19. Dezember 1977 vorgelegt. Der Bundestag hat es am 20. April 1978 in erster Lesung behandelt. Wir haben uns damit im Wirtschaftsausschuß am 18. Oktober und am 8. Dezember 1978 befaßt. Der Haushaltsausschuß hat am 14. Juni 1978 davon Kenntnis genommen, die Ausschüsse für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau und Forschung und Technologie haben es am 7. Juni 1978 und der Innenausschuß am 4. Oktober 1978 behandelt. Allein dieser zeitliche Ablauf zeigt, daß der federführende und die mitberatenden Ausschüsse die Zweite Fortschreibung in einem zeitlichen Zusammenhang beraten haben. Wir müssen selbstverständlich auch zu Ergebnissen kommen. Wenn der Wirtschaftsausschuß knapp zwei Monate nach seiner ersten eine zweite Beratung durchfühlte - die mit Ihnen abgestimmt war -, dann ist das logisch. Wir leugnen gar nicht, daß die zweite Beratung und die heutige Behandlung im Plenum darüber hinaus aktuelle Gründe haben. Wer wollte bestreiten, daß die Erklärung des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Dr. Riemer und die Beschlüsse des Mainzer FDP-Parteitages einem Teil der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms, nämlich der Kernenergie und insbesondere der Frage, wie es mit dem Schnellen Brüter in Kalkar weitergehen soll, zu einer besonderen Aktualität verholfen haben? ({17}) - Was sind Sie nervös. Lassen Sie mich doch einmal in Ruhe aussprechen. Es besteht doch gar kein Anlaß für diese Nervosität. ({18}) - Ich bedanke mich für Ihr Lob. Wir Sozialdemokraten erkennen solche Fakten an. Wir können mit gutem Gewissen darauf hinweisen, ({19}) daß sich die heute von uns und der FDP vorgelegte Entschließung bezüglich des Weiterbaus des SNR 300 mit der von uns bereits am 17. Oktober 1978 vorgelegten und abgestimmten Entschließung deckt. Wir Sozialdemokraten können mit gutem Gewissen darauf hinweisen, daß wir schon vor einem Jahr einen einstimmigen Fraktionsbeschluß herbeigeführt haben, der klipp und klar aussagt, daß es erstens mit Kalkar weitergehen, daß weitergebaut werden soll ({20}) und daß sich zweitens dieses Parlament vorbehält, die Angelegenheit vor Erteilung der endgültigen Betriebsgenehmigung noch einmal zu beraten. ({21}) Sie haben also überhaupt keinen Anlaß, an uns Kritik zu üben. Ich brauche die Bundesregierung nicht zu verteidigen. Sowohl der Forschungsminister wie der Wirtschaftsminister werden Ihnen sagen, daß das auch die Haltung der Bundesregierung ist. Daran besteht kein Zweifel. ({22}) Wir Sozialdemokraten haben eine klare energiepolitische Konzeption. Wir haben im Gegensatz zur CDU/CSU, die mangels eigener alternativer energiepolitischer Vorstellungen heute glaubt, ({23}) ein energiepolitisches Süppchen kochen zu können, klare Aussagen gemacht. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie werden heute auch Ihre Kalkar-Debatte bekommen. Wir weichen ihr nicht aus. Wir werden Ihnen keine Antwort schuldig bleiben. Ich brauche mich damit in meinem Diskussionsbeitrag im einzelnen nicht zu befassen, weil meine Kollegen Ueberhorst und Schäfer darauf noch eingehen werden. Ich will dazu nur eines vorab sagen. Wenn Sie sich in den Fragen der Kernenergie ausnahmsweise als „Einheitspartei" präsentieren und wenn Sie nur jubeln, dann beweist das, daß Sie wie so oft in einer anderen Welt leben, daß Sie unfähig sind, sich selbstkritisch Fragen zu stellen, daß Sie unfähig sind, kritischen, besorgten Bürgern auf diese Fragen ehrliche Antworten zu geben. ({24}) Die Sozialdemokraten und die Liberalen machen es sich nicht leicht. Sie sind dazu fähig, den Dialog mit den Bürgern zu führen - Sie nicht. Deshalb sind Sie auch auf diesem Gebiet keine Alternative. Meine Damen und Herren, wenn Sie heute einer Generaldebatte über die Zweite Fortschreibung der Energiepolitik ausweichen, dann liegt doch wohl Wolfram ({25}) die Vermutung nahe, daß Sie das tun, weil Sie auch in der Energiepolitik uneins sind. Wir werden ja nachher noch bei der Behandlung der Ausgleichsabgabe zur Kohleverstromung feststellen, daß recht unterschiedliche Auffassungen in Ihren Reihen zu aktuellen energiepolitischen Fragen bestehen. ({26}) Ich hatte bereits erwähnt, daß wir bereit waren, der CDU/CSU in der Sache entgegenzukommen. Herr Dr. Waigel, es ist eigentlich unbegreiflich, daß Sie und Ihre Kollegen aus dem Wirtschaftsausschuß ausgezogen sind, daß Sie Enthaltsamkeit geübt haben, obwohl wir Ihnen doch zugesichert hatten, daß wir die Zweite Fortschreibung nicht abschließend beraten wollen und daß wir nur einen ersten Bericht zur Zweiten Fortschreibung vorlegen. ({27}) - Aber nein, aber nein. Schauen Sie, das war ein faires Angebot. Sie sahen sich nicht in der Lage, am 8. Dezember abschließend zur Zweiten Fortschreibung Stellung zu nehmen, aus welchen Gründen auch immer. Wir waren bereit, Ihnen entgegenzukommen. Wir wollen den Dialog mit ihnen weiterführen. Wir warten auf Ihre Vorschläge. ({28}) Deshalb legen wir auch einen Ersten Bericht zur Zweiten Fortschreibung vor, obwohl wir zum Energieprogramm abschließend hätten Stellung nehmen können. Wenn Sie unser faires Angebot nicht annehmen, dann ist das Ihr Problem. Ich schlußfolgere daraus, daß Sie einmal mehr einen energiepolitischen Offenbarungseid leisten. ({29})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Spies von Büllesheim?

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Aber gern, im Gegensatz zu Herrn Kollegen Lenzer, der mir keine Zwischenfrage gestattet hat.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, ich muß auch Sie darauf hinweisen, daß Sie bitte meine Frage nur mit ja oder nein zu beantworten haben.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Antwort ist ja.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wolfram, können Sie mir einen anderen Grund für die plötzliche und überraschende Beratung des Energieprogamms angeben als denjenigen, der für Sie so brisanten Kernenergiefrage eine weihnachtliche, verstecken de Verpackung zu geben?

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, ich hatte Ihnen zwei Erklärungen gegeben. Die erste Erklärung war die, daß wir es für richtig halten, daß die Beratungen zur Zweiten Fortschreibung kontinuierlich geführt werden und irgendwann auch zu einem Abschluß kommen müssen. Die zweite Erklärung ist, daß keiner von uns leugnet, daß es auch aktuelle Gründe gibt, warum dieses Haus zur Frage des Weiterbaus in Kalkar Stellung nimmt. Unsere Stellungnahme bekommen Sie. Darauf können Sie sich verlassen. ({0}) Meine Damen und Herren, wie ich bereits in der ersten Lesung zur Zweiten Fortschreibung ausgeführt habe, begrüßen wir die Zweite Fortschreibung und stellen fest, daß es die konsequente und kontinuierliche Fortsetzung des energiepolitischen Programms der sozialliberalen Bundesregierung ist. Wir sind der Bundesregierung dankbar, daß inzwischen fast alle der in der Zweiten Fortschreibung angekündigten energiepolitischen Maßnahmen verwirklicht sind. Ich empfehle Ihnen, vor allem den Damen und Herren von der Opposition, das Studium der dem Bericht beigelegten Übersicht. Das ist wahrlich eine positive Bilanz, die diese Bundesregierung vorlegen kann und der Sie nichts entgegenzusetzen haben. Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen eine umfassende Entschließung mit der Bitte um Annahme vorgelegt, der die CDU/CSU einen zum Teil von uns abgekupferten Antrag entgegenstellt. ({1}) Im übrigen wird dann von CDU/CSU im Stil eines Generalisten gefordert, die Bundesregierung solle unverzüglich die Landesregierung Nordrhein-Westfalens anweisen, dies und jenes zu tun. ({2}) Das sind zwei interessante Dokumente, meine Damen und Herren, die diesem Haus vorliegen: einerseits eine sachlich ausgewogene, alle aktuellen energiepolitischen Probleme ansprechende Stellungnahme von SPD und FDP und andererseits ein Marschbefehl aus Oppositionsfeder, der Ihre Einstellung zum föderativen Staatsgebilde offenbart. ({3}) Wo wir eine kooperative Lösung -anstreben und finden werden - das gilt auch in Richtung 'Niedersachsen und Gorleben, meine Damen und Herren von der Opposition -, verlangt die Opposition Befehle. ({4}) Die von uns vorgelegte Entschließung spiegelt unseren energiepolitischen Willen wider. Wir verweisen auf die Risiken der zukünftigen Energieversorgung. Wir bitten die Bundesregierung, die Entwicklung vor allem im Iran aufmerksam zu verfolWolfram ({5}) gen und Vorsorge für den Fall zu treffen, daß es zu Lieferausfällen kommt. Eines ist sicher: Die Tatsache, daß der Iran das größte Öllieferland für die Bundesrepublik Deutschland ist, wird uns und unserer Versorgung noch manchen Kummer bereiten. Es ist sicherlich unstrittig, daß zumindest beachtliche Preissteigerungen die Folge sein werden. ({6}) Wir wissen auch, daß der Iran als Erdgaslieferant von Bedeutung ist, und wir können nur hoffen, daß es in dieser Region zu einer vernünftigen Lösung kommt und daß international die Energieversorgung nicht empfindlich gestört wird. Einmal mehr sprechen wir uns für eine europäische und international abgestimmte Energiepolitik aus, und wir danken der Bundesregierung für ihre energiepolitischen Initiativen während ihrer derzeitigen EG-Präsidentschaft. Wir sind nicht zufrieden darüber, daß in Brüssel auf energiepolitischem Gebiet immer nur große Worte fallen. Wir sind nicht damit zufrieden, daß aus Brüssel zu hören ist, daß der Kohle ein höherer Rang eingeräumt werden soll, während man gleichzeitig zu einem gemeinsamen Handeln unfähig ist. Wir ermuntern alle Bürger in unserem Lande, den rationellen und sparsamen Umgang mit Energie noch zu verstärken. Wir weisen in diesem Zusammenhang auf den Wert des Programms zur Förderung heizenergiesparender Investitionen hin. Das Programm, das Sie monatelang verschleppt haben, hat sich inzwischen auch wirtschafts- und konjunkturpolitisch bewährt. ({7}) Mit besonderem Nachdruck unterstreichen wir Sozialdemokraten die Bedeutung und den Vorrang der heimischen Kohle. Die Zeit wird schneller kommen, als viele heute wahrhaben wollen, daß der Kohle ein höherer Stellenwert eingeräumt werden muß. Wir Sozialdemokraten können nachweisen, daß unser Kampf gegen Marktverdrängung und planlose Zechenstillegungen zu CDU/CSU-Regierungszeiten, unser Einsatz für Stabilisierung und Gesundung des deutschen Steinkohlebergbaus nach der Regierungsübernahme, für Erhaltung der Förderkapazitäten heute und für Priorität der Kohle bei der zukünftigen Energieversorgung eine konsequente und die einzig richtige Energiepolitik ist. ({8}) Die CDU/CSU hat seit eh und je ein gestörtes Verhältnis zur Kohle, obwohl diese doch so schwarz ist wie Teile der Opposition. ({9}) Wir sind für die Aufrechterhaltung der derzeitigen Förderkapazität mit der Möglichkeit einer späteren Ausweitung. ({10}) - Das war doch ein Kompliment, aber das haben Sie gar nicht begriffen. ({11}) Wir sind für die Kohleverstromung. Der Bau neuer Kohlekraftwerke als Ersatz für alte und der Zubau neuer Kapazitäten sind überfällig. Verehrter Herr Oppositionsführer, der Sie gerade das Plenum betreten haben: Wir reden über Kohle, andere reden über Herrn Kohl. ({12}) - Sie sind doch ganz andere Sachen gewohnt, und Sie werden noch manches einstecken müssen. Da ist meine Bemerkung doch freundlich. ({13}) Neben der Kohleverstromung ist darauf hinzuweisen, daß die deutsche und europäische Stahlindustrie auch in Zukunft unsere hochwertige Kokskohle benötigen wird. ({14}) - Es sieht so aus, als hätten Sie heute nacht gekokst, denn so_ ist die Qualität Ihrer Zwischenrufe. ({15})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Meine Damen und Herren, ich möchte doch alle - den Herrn Redner und die anderen Kollegen - darum bitten, zum Thema zurückzukehren.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir sind Herrn Minister Dr. Hauff dafür dankbar, daß er vor allem die Kohleforschung, die nichtnukleare Energieforschung und die Forschung nach alternativen Energiequellen stärkstens ausgebaut hat, und wir bitten Sie, Herr Wirtschaftsminister, zur Kenntnis zu nehmen, ({0}) daß wir Sozialdemokraten für die Aufrechterhaltung des Kohleimportkontingents sind, solange deutsche Kohle auf Halde liegt und der Kohlebedarf aus heimischer Förderung einerseits und genehmigten Importmengen andererseits gedeckt werden kann. Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten haben nach fairem Ringen und ständigem Dialog mit den Bürgern eine klare Position zur Kernenergie. Wir sind vor allem die Partei, in der der Umweltschutz in besten Händen ist. Wir haben die Umweltschutzpolitik in die allgemeine Politik ein9756 Wolfram ({1}) geführt, und wir garantieren dafür, daß das, was auf diesem Gebiet nötig und möglich ist, zur Sicherung unseres Daseins auch geschehen wird. ({2}) Meine Damen und Herren, unsere Energiepolitik ist vorausschauend. Wir wissen, daß wir mit der Energiepolitik der Bundesregierung die Weichen für das nächste und für die folgenden Jahrzehnte stellen, um die Energieversorgung in unserem Lande zu sichern. Deshalb befürworten wir die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms, deshalb haben wir Ihnen einen ersten Bericht des Wirtschaftsausschusses mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt, deshalb bitten wir auch um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. Die Bundesregierung ermuntern wir, ihre Energiepolitik konsequent fortzusetzen. Wir bitten sie, mit den Kohleländern Nordrhein-Westfalen und Saarland engstens zusammenzuarbeiten. Wir ermuntern sie in ihrem Bemühen, kooperative. Lösungen mit allen Bundesländern, auch mit Niedersachsen, zu finden. ({3}) Wir machen auf die Entwicklung auf den Weltenergiemärkten aufmerksam und erwarten, daß konsequent reagiert wird, wenn von dort Störungen zu erwarten sind. Wir bitten sie vor allem darum, weiterhin für eine europäische und internationale Koordinierung zu sorgen. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung einerseits und die Bürger in unserem Lande andererseits können sich auf den Weitblick und die Zuverlässigkeit der Sozialdemokraten auch in der Energiepolitik verlassen. ({4})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr' Abgeordneter Laermann. ({0})

Prof. Dr. - Ing. Karl Hans Laermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001266, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! ({0}) - Darauf gebe ich Ihnen gleich Antwort, Herr Kollege Spies von Büllesheim! Seien Sie doch nicht so ungeduldig! ({1}) - Sie fragen- immer nur Zu Beginn möchte ich doch auf einige Bemerkungen des Herrn Kollegen Lenzer eingehen. Ich bitte sehr um Verständnis, Herr Kollege Lenzer, wenn ich Sie hier in einigen Punkten Ihrer Ausführungen, die nicht zur Sache erfolgt sind, kritisieren muß. Zunächst einmal darf ich feststellen, daß der Bundeswirtschaftsminister mit Kenntnis Ihrer Fraktion heute an einer wichtigen Sitzung der Bundesbank, genauer gesagt: des Zentralbankrates, zur Behandlung der Frage des Geldmengenziels teilnimmt. Dies ist seit langem festgelegt. Auch nach der Änderung des Geschäftsablaufs hier war dieser Termin nicht zu verhindern. Ihre Fraktion ist darüber informiert, ({2}) und ich hätte es fair gefunden, wenn man dies auch entsprechend berücksichtigt hätte. Der Minister wird hier so bald wie möglich an der Debatte teilnehmen. Der zweite Punkt, Herr Kollege Lenzer, ist der, daß ich es für außerordentlich unfair halte, daß Sie, nachdem sich der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen nach meinen Informationen gestern im Landtag für sein Vorgehen im Zusammenhang mit der Sicherheitsakte entschuldigt hat, im nachhinein diese Entschuldigung nicht akzeptieren und hier noch einmal kritisieren. Ich halte das nicht für fair! ({3}) Es spricht auch nicht unbedingt für Sie, Herr Kollege Lenzer, daß Sie sich in der wichtigen Frage der Energiepolitik dahin gehend äußern, daß Sie sagen, eigentlich sei für Sie ja nur Ziffer 6 des Entschließungsentwurfs interessant. Ich meine, daß wir Ziffer 6 nur im Zusammenhang mit der gesamten Energiepolitik und im Gesamtkonzept sehen müssen und auch nur in dem Zusammenhang beraten dürfen. ({4}) Ich bin aber gerne bereit, Herr Kollege Lenzer, auf diese Ihre Einwendungen einzugehen und mich schwerpunktmäßig auch mit den Ausführungen auseinanderzusetzen, die Sie hier gemacht haben, und zwar zu dem Problem Schneller Brüter und Entwicklung fortgeschrittener Reaktorlinien. Ich meine, daß im Hinblick auf die Begrenztheit der Ressourcen an fossilen und mineralischen Primärenergieträgern wie Kohle, Öl, Erdgas und Uranerz unser langfristiges Interesse der Entwicklung und Erschließung neuer Energiequellen gelten muß. Unabhängig davon, ob der Energiebedarf in den hochentwickelten Industrieländern, also auch in unserem Lande, langsamer ansteigt als bisher angenommen oder gar in Zukunft stagniert, wird zweifellos weltweit der Energiebedarf zunehmen. Wir können, annehmen, daß sich diese Zunahme um so rascher vollzieht, je rascher die wirtschaftliche Entwicklung in den Schwellen- und Entwicklungsländern erfolgt. Es scheint daher unerläßlich - ich glaube, daß dies auch in allen energiepolitischen und forschungspolitischen Ansätzen der Bundesregierung deutlich zum Ausdruck kommt -, Strategien und alternaDr.-Ing. Laermann tive Konzepte für eine langfristige Sicherung dieses weltweit zunehmenden Energiebedarf zu entwickeln. Dies ist eine Lebensfrage insbesondere für die Staaten, die wie die Bundesrepublik nicht über ausreichende eigene Energieressourcen verfügen. Es ist aber andererseits auch eine Verpflichtung der hochentwickelten Industriestaaten, die bisher im wesentlichen die Energie- und Rohstoffressourcen genutzt haben, dafür Sorge zu tragen, daß für die Entwicklungsländer immer die notwendigen Energiemengen verfügbar sind, die sie zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und zur Entwicklung ihres Lebensstandards dringend brauchen. Wer für die Entwicklungshilfe eintritt, ohne die eigene Existenz in Frage stellen zu wollen, muß sich deshalb nachdrücklichst für die Erschließung, Erforschung und Entwicklung aller - ich betone: aller - derzeit erkennbaren Möglichkeiten zur zukünftigen Deckung des weltweiten Energiebedarfs einsetzen. ({5}) Deshalb kommt der Energieforschung eine so enorm hohe Bedeutung zu, wie dies ausdrücklich in dem vorliegenden Entschließungsentwurf betont wird, in dem Teil nämlich, auf den Sie sich beziehen, Herr Kollege Lenzer, im' Teil 6. Daher sind die Technologien, insbesondere die fortgeschrittenen Technologien, auf der Grundlage der Kernspaltung weiter zu erforschen. Es soll hier nicht verschwiegen werden, daß mit dieser Technologie eine Reihe von Problemen verbunden ist, Probleme technischer wie politischer Art, die noch zu lösen sind, bevor - und hier stehe ich durchaus im Gegensatz zu Ihren Ausführungen, Herr Kollege Lenzer - die ungehinderte kommerzielle Nutzung verantwortet werden kann. Die wichtigsten Lösungen können aber nicht von einzelnen Staaten allein, sondern nur in multinationaler Zusammenarbeit gefunden werden, was besonders die Bereiche von Sicherheitsnormen, Brennstoffkreisläufen, Endlagerung radioaktiver Abfälle und die Proliferationsproblematik betrifft. Die Ergebnisse der internationalen Konferenz zur Bewertung nuklearer Brennstoffkreisläufe werden auch von der Bundesrepublik beachtet werden müssen und ihr Energieprogramm beeinflussen, und zwar sowohl in bezug auf den, Brennstoffkreislauf, also Anreicherung von Uran - Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente und die Endlagerung der verbleibenden radioaktiven Abfälle - als auch in bezug auf die Entwicklung der Technologie des natriumgekühlten Schnellen Brüters. Der Kernpunkt der Diskussion und der politischen Vorbehalte liegt offenbar in der sogenannten Plutoniumwirtschaft. Diese aber wird nicht erst durch die Entwicklung der Technologie der Schnellen Brüter begründet, ({6}) vielmehr entsteht Plutonium bereits beim Kernspaltungsprozeß in den in Betrieb befindlichen Leichtwasserreaktoren und wird in den Wiederaufarbeitungsanlagen vom Resturan und von den Spaltprodukten abgetrennt werden müssen und kann zur Zeit nur zu einem Teil in Reaktoren zurückgeführt werden. ({7}) Das Plutonium, ein. hochgiftiger, intensiver Alphastrahler mit großer Halbwertzeit, ist nun leider Gottes isotopenrein zur Herstellung von Atomwaffen geeignet und wirft daher die gleiche Proliferationsproblematik auf wie die spaltbaren Isotope des Urans. In Schnellbrutreaktoren soll nun mehr Plutonium erbrütet werden, als zu deren eigenem Betrieb erforderlich ist. Damit sollen nach theoretischen Berechnungen die bekannten bzw. geschätzten Uranvorräte der Welt, die bisher nur zu knapp ein Prozent ausgenutzt werden können, um den Faktor 60 gestreckt werden können, was allerdings - dies muß hier angemerkt werden - praktisch noch nicht eindeutig belegt ist. Damit - so die Befürworter dieser Technologie - sei der Energiebedarf für etwa 1 000 Jahre gedeckt. Bedenkt man aber, daß das Prinzip der Dampfmaschine erst vor rund 200 Jahre entwickelt wurde, daß nahezu die Hälfte aller physikalischen Erkenntnisse in den letzten zehn Jahren gefunden und formuliert wurde, so erscheint es nicht vertretbar, eine so weit in die Zukunft reichende Abstützung einer Energiekonzeption auf eine derzeit noch nicht einmal technisch ausgereifte und umstrittene Technologie vorzunehmen. Dies könnte mit der gleichen Berechtigung für die Deckung des Energiebedarfs z. B. über orbitale Sonnenkraftwerke oder auch die Kernfusion geschehen. Sicher ist der Erkenntnisstand bezüglich dieser Technologien noch weit hinter dem der Brütertechnologie zurück, aber was bedeutet dies hinsichtlich der in die Diskussion eingebrachten Zeiträume! Andererseits kann gerade die Technologie des Schnellen Brüters eine Möglichkeit eröffnen, die Risiken einer Plutoniumwirtschaft dadurch zu minimieren, daß nach der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren das dort anfallende Plutonium rezykliert und als Brennelement verbraucht wird bzw. im Schnellen Brüter zur Ergänzung der für den Betrieb dieser Reaktoren erforderlichen Plutoniummenge aus dem angereicherten Uran 238 bzw. Natururan konvertiert. Der gegenwärtig nicht geschlossene nukleare Brennstoffkreislauf stellt im Hinblick auf die Kumulierung des aus der Wiederaufbereitung anfallenden Plutoniums ein weitaus größeres Risikopotential dar. Ein Reaktor vom Typ eines Schnellen Brüters stellt - dies müßte hier einmal angemerkt werden - auch kein größeres Sicherheits- oder Sicherungsproblem dar als etwa eine Wiederaufarbeitungsanlage oder eine Brennelementfabrik. Erst recht trifft dies für eine Versuchsanlage zu, in der und an der die Technologie schließlich, wenn auch im großtechnischen Maßstab, erst noch erforscht werden soll. Es ergeben sich auch keine grundsätzlich neuen oder andersgearteten Transport- und Lagerungsprobleme als bei bereits bestehenden kerntechnischen Anlagen. Eine verantwortungsbewußte Energiepolitik muß die jeweils gegebenen technischen Möglichkeiten verfolgen und in die Überlegungen einbeziehen, wiewohl unter gleichzeitiger Berücksichtigung aller ökonomischen, ökologischen und gesellschaftspolitischen Folgen. Es ist daher auch erforderlich, die Optionen auf die Kernspaltungstechnologien zu erhalten, fortzuentwickeln und in weltweitem Bemühen alle politischen und technischen Risiken zu minimieren. Ohne hier im einzelnen auf die Gründe eingehen zu können, ist festzustellen, daß dazu praktische Erfahrungen zur Fortentwicklung auf diesem Gebiet unerläßlich sind. Dies gilt gleichermaßen für fortgeschrittene Reaktorlinien, zu denen auch der Schnelle Brüter gehört. Die Bau- und Entwicklungsarbeiten an der Versuchsanlage SNR 300 sollten 'daher nach der vorliegenden Entschließung fortgesetzt werden. Bei den begleitenden Forschungsarbeiten müssen aber auch Modifizierungen und alternative Konzeptionen mit untersucht und durchdacht werden. Deshalb sollten auch Überlegungen, wie sie jüngst vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Riemer bekanntgegeben wurden, den im Bau befindlichen SNR 300 technisch so zu modifizieren, daß er neben der Stromerzeugung zur Reduzierung des in deutschen Kernkraftwerken anfallenden Plutonium und möglicherweise als Thorium-Brüter zur Verringerung des Proliferationsrisikos genutzt werden kann, nicht voreilig abgetan werden. Es geht nicht darum, die Brüter-Entwicklung abzubrechen, sondern darum, sie mit Sicherheitsaspekten dienenden Zielvorstellungen zu ergänzen. Sollten diese Überlegungen technisch realisierbar sein - und dies objektiv zu prüfen, statt gleich zu kritisieren sollte für verantwortungsbewußte Wissenschaftler und Techniker auf dem Gebiet der Kernenergie eine Verpflichtung sein, zumal ähnliche Vorschläge auch bereits in die schon erwähnte INFCE-Konferenz eingebracht wurden -, wäre eine alternative Konzeption des Entwicklungsprojektes SNR 300 sinnvoll, um die wirtschaftlichen, rechtlichen und auch politischen Probleme aus einer Einstellung oder grundsätzlichen Änderung des Projektes zu vermeiden. Nur auf Grund konkreter Erfahrungen an Hand präziser Kriterien und fundiert auf einer besseren, abgesicherten Wissensbasis, die mit den fortschreitenden Entwicklungsarbeiten an der Versuchsanlage gewonnen werden, können schließlich endgültige Entscheidungen über den Betrieb der Versuchsanlage und über Einführung oder Nichteinführung des entwickelten Reaktortyps oder der gesamten Technologie getroffen werden. Diese Entscheidung behält sich der Deutsche Bundestag vor - in Erkennung der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Bedeutung dieser Technologie. Soll dies nicht nur eine die Glaubwürdigkeit des Parlaments in Frage stellende, für die Öffentlichkeit, für den Bürger im Lande eine höchst bedenkliche Phrase sein, muß damit auch die Möglichkeit eingeschlossen sein, daß diese Anlage nicht oder nicht in der bisher geplanten Weise in Betrieb geht. Nach der jetzigen Core-Konzeption, dem Core-Mark IA, wird die Versuchsanlage SNR 300 nicht brüten. Sie wird bei einer Auslegung von 0,9 mehr Brennstoff, also mehr spaltbares Material verbrauchen, als sie erbrütet. Sie soll also zunächst als Hochkonverteranlage betrieben werden. Und erst nach Abbrand des ersten Cores steht eine Entscheidung darüber an, ob die Brutrate über 1,16 gesteigert werden kann und soll. Erst dann ist von einem Brutprozeß zu sprechen. Wegen der Bedeutung auch dieser Entscheidung behält sich das Parlament diese ebenfalls gemäß dem vorliegenden Entschließungsentwurf vor. Die Koalitionsfraktionen sind gemeinsam der Meinung, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt beim derzeitigen Stand der Erkenntnisse ein Abbruch der Forschungsarbeiten und damit ein Stopp der Bauarbeiten am Prototyp SNR 300 nicht verantwortet werden kann, weil die Ablehnungsgründe für das Projekt derzeit nur emotionaler Art sind und es vorwiegend auch nur sein können. ({8}) - Ich komme gleich noch darauf zurück, Herr Kollege Gerstein, was die Frage der Emotionen und der Ängste bei den Bürgern und damit auch bei den Parteimitgliedern und den Delegierten eines Parteitages betrifft. Die dritte Teilerrichtungsgenehmigung, die zur Zeit ansteht, umfaßt einen gewissen Teil der maschinentechnischen Ausstattung. Sie wird nur einen Zeitraum von knapp sieben Monaten abdecken, dann steht eine Entscheidung über die vierte Teilerrichtungsgenehmigung an und nach weiteren fünf Monaten eine weitere Entscheidung, die über die fünfte Teilerrichtungsgenehmigung. Dann tritt allerdings das Projekt wieder in eine entscheidende Phase; denn die Durchführung der Baumaßnahmen, auf die sich die fünfte Teilerrichtungsgenehmigung erstreckt, wird drei Jahre dauern, und erst dann steht die nächste Entscheidung an. Es ist nun die Frage gestellt worden - hier komme ich auf Beschlüsse des Parteitags zurück; ich möchte darauf hinweisen, daß der Parteitag der Fraktion empfohlen hat, im Sinne dieser Beschlüsse zu verhandeln -, ob die dritte Teilerrichtungsgenehmigung von der Arbeit einer Enquete-Kommission abhängig gemacht werden könne. Man muß einer Enquete-Kommission, wenn ihre Arbeit zu einem erfolgreichen Ergebnis kommen soll, eine gewisse Bearbeitungszeit für die Prüfung der ihr gestellten Fragen zubilligen. Es stellt sich dann die Frage, ob mit einer Kopplung der dritten Teilerrichtungsgenehmigung an ein solches Ergebnis der Enquete-Kommission nicht gleichzeitig und de facto ein längerer Baustopp für die Anlage SNR 300 verbunden wäre. Über diese Folgen muß man sich Klarheit verschaffen. Es ist zu fragen, ob über einen Zeitraum hinweg, der - im Gegensatz zum Antrag der Opposition - nicht auf ein Jahr befristet werden kann - ich glaube, dazu ist der Umfang der Arbeiten viel zu groß -, ob über einen Zeitraum von zwei, zweieinhalb Jahren hinweg die personelle Forschungs-und Entwicklungskapazität und das in den Hirnen der Mitarbeiter gespeicherte Know-how erhalten werden können. Ich glaube, man kann das nicht einfach auf Datenträger übertragen und nach zwei, drei Jahren wieder abrufen. ({9}) Es ist auch zu überlegen, welche Auswirkungen ein solcher Stopp, eine solche Unterbrechung der Arbeiten auf andere großtechnische Entwicklungen haben müßte. Hier beschränke ich mich nicht nur auf die Entwicklung des Hochtemperaturreaktors, sondern beziehe mich auf alle großtechnischen Entwicklungen im Energiebereich. Diese Folgen scheinen mir, im Hinblick auf das, was uns an Entscheidungsgrundlagen heute vorliegt, nicht vertretbar. Deswegen scheint es vernünftig zu sein, mit dem Bau fortzufahren und in der zur Verfügung stehenden Zeit - so lange, bis endgültige Entscheidungen anstehen; dies sind mehrere Jahre - die Enquete-Kommission arbeiten zu lassen. Wenn Sie allerdings, Herr Kollege Lenzer, in Ihrer Argumentation auf die Kosten abheben - zugegeben: ein derzeitiger Abbruch würde wahrscheinlich, grob geschätzt, grob gerechnet, 50 °/o teurer werden als die Fertigstellung der Anlage -, so ist das sicherlich ein gravierendes Argument, aber es kann nicht ein ausschließliches Argument sein. Vielmehr müssen, wenn wir über Weiterbau oder Nichtweiterbau, über Fortsetzung oder Nichtfortsetzung der Arbeiten entscheiden, alle relevanten Argumente und Gründe mit in Erwägung gezogen werden. Ich vermag nicht auszuschließen, daß es Gründe geben kann, die über die rein wirtschaftlichen, finanziellen hinweg zu einer anderen Entscheidung führen können. Bei der Entscheidung über die Fortsetzung der Entwicklungsarbeiten an dem Prototyp sind aber auch die internationalen Verpflichtungen und die vertraglichen Vereinbarungen zu bedenken. Belgien und die Niederlande sind an dem Projekt beteiligt. Es ist auch in die französisch-deutschen Abmachungen über die Brüterentwicklungen mit einbezogen und ist Grundlage der daraus resultierenden Verträge. Ein Abbruch der Weiterentwicklung zu diesem Zeitpunkt würde große Zweifel an der Vertragstreue der Bundesrepublik und an unserer Zuverlässigkeit als Partner im Bereich gemeinsamer Forschung und Entwicklung in der europäischen wie internationalen Kooperation hervorbringen ({10}) - ich bedanke mich - und angesichts der Notwendigkeit zu verstärkter Zusammenarbeit auf großtechnologischem Gebiet zu unabsehbaren nachteiligen Folgewirkungen auf die zukünftige wissenschaftliche Arbeit in unserem Lande führen. ({11}) Die Koalitionsfraktionen haben nun beschlossen - ein ähnlicher Antrag liegt auch seitens der Opposition vor -, eine Enquete-Kommission zur Vorbereitung dieser von mir vorhin angesprochenen und anderer zukünftig anstehender Entscheidungen über die weitere Nutzung der Kernenergie zur Sicherung der Energieversorgung einzusetzen. Diese Enquete-Kommission soll unter dem Titel „Zukünftige Energie-Politik" arbeiten. Im Gegensatz zu dem Antrag der Opposition soll diese Kommission nicht nur die Entscheidungsnotwendigkeiten, sondern auch die Entscheidungsmöglichkeiten des Parlaments - unter Berücksichtigung aller ökologischen, ökonomischen und gesellschaftspolitischen Gesichtspunkte im nationalen wie im weltweiten Zusammenhang - darstellen. Dabei kann sich diese Kommission naturgemäß nicht isoliert - also ohne die systemanalytisch bedingten Zusammenhänge zu erfassen und aufzuzeigen - nur mit der Technologie des Schnellen Brüters befassen, sondern sie muß aus globaler Betrachtung heraus diesen Teilaspekt unter Einbeziehung auch der Ergebnisse der internationalen Konferenz zur Beurteilung der Brennstoffkreisläufe untersuchen und bewerten. ({12}) Im Hinblick auf die Abwendung der Proliferationsgefahr werden dabei weniger naturwissenschaftlich-technische Lösungen als vielmehr in erster Linie politische und auch administrativ-organisatorische Lösungen in Frage kommen müssen. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, daß die regionale Zusammenfassung von kerntechnischen Anlagen des sensitiven Bereichs - also der Anreicherung, der Wiederaufarbeitung, der Endlagerung - unter internationaler Kontrolle ein durchaus ernst zu nehmender Vorschlag ist. Für Europa bietet sich hier Euratom als Koordinierungsorgan an. In dem Antrag der Koalitionsfraktionen auf Einsetzung der Enquete-Kommission werden deren Aufgaben konkret beschrieben. Ich verweise insbesondere darauf, daß sich diese Enquete-Kommission mit Fragen der Kriterien und Maßstäbe für die Akzeptanz von Kernenergie befassen soll, daß sie Möglichkeiten und Notwendigkeiten alternativer Brennstoffkreisläufe berücksichtigen und in ihre Überlegungen einbeziehen soll und daß sie auch - dies ist für die öffentliche Diskussion sehr wichtig - Möglichkeiten und Konsequenzen einer Option darzustellen und zu bewerten hat, die einen zukünftigen Verzicht auf Kernenergie vorsieht. Damit wird, wie ich meine, gleichzeitig deutlich gemacht, daß der seit langem und von allen Fraktionen dieses Hauses für notwendig angesehene Einstieg in eine Diskussion über die Technologiefolgenbewertung vollzogen werden könnte. Ich weiß nicht, wie ich die Ausführungen des Kollegen Lenzer bewerten soll, der hier darauf abgehoben hat, daß die Technologiefolgenabschätzung allein ein Anliegen der Opposition gewesen sei. Ich bin bisher - auch bei den Diskussionen im Ausschuß für Forschung und Technologie - davon ausgegangen, daß dies das gemeinsame Anliegen aller Fraktionen ist. Ich hoffe, Herr Kollege Lenzer, Sie wollen das mit Ihren Ausführungen hier und heute nicht in Frage stellen. ({13}) - Sollte ich Sie mißverstanden haben, so bitte ich um Nachsicht und um Entschuldigung. Es stand, wie ich glaube, bisher doch außer Zweifel, daß wir uns auf diesem Gebiet gemeinsam weiter bemühen wollen, um zu Lösungen zu kommen. Ich sehe in dieser Enquete-Kommission durchaus die Möglichkeit zu einem Einstieg in den ganzen Komplex der Technologiefolgenabschätzung und -bewertung. Ich bedaure, Herr Kollege Lenzer, daß Sie nun hier versuchen, dies als eine Spielwiese von einigen Ideologen oder haben Sie gesagt „Idioten" ?; ich habe es vorhin notiert - abzuqualifizieren. ({14}) Ich hoffe,' das entspricht nicht Ihrer eigentlichen Meinung und Einstellung zu einer solchen Kommission. ({15}) - Ich stimme Ihnen zu, frage Sie allerdings, ob es dann, wenn Sie selbst, wie ich annehme, an dieser Kommissionsarbeit beteiligt sein werden, nicht auch bei Ihnen liegt, dieser Gefahr in der konkreten Kommissionsarbeit zu begegnen. Lassen Sie mich abschließend noch ein kurzes Wort zu den Fragen des Schnellen Brüters sagen. Wir haben noch erhebliche Entwicklungszeiten vor uns. Bis zur anstehenden Entscheidung über eine vorläufige Betriebsgenehmigung der Versuchsanlage werden noch einige Jahre - etwa vier bis fünf Jahre - vergehen. Es ist davon auszugehen, daß nach ersten Betriebserfahrungen eine weitere Demonstrationsanlage in die Diskussion gebracht wird. Erst nach den Betriebserfahrungen mit der Versuchsanlage SNR 300 stünden dann weitere Entscheidungen an. Bis zum kommerziellen Einsatz eines Schnellen Brüters mit einer Technologie, die sich heute noch nicht konkret abzeichnet, wird noch sehr viel Zeit vergehen. Optimisten gehen wohl davon aus, daß solche wirtschaftlichen Wirkungen, auch Auswirkungen auf die Energieversorgung, erst ab dem Jahre 2050 oder 2080 anstehen. ({16}) Im Hinblick darauf wird also bis zum kommerziellen Einsatz des Schnellen Brüters noch sehr viel Zeit vergehen. Außerdem sind die Uranvorräte der Welt wesentlich größer, als bisher angenommen. Der Ausbau der Kernenergie vollzieht sich weltweit langsamer als bisher und auch als bisher von einigen angestrebt. ({17}) - Ich sagte, daß es langsamer geht, als manche sich das vorgestellt haben. Ich glaube, man sollte sich auch hier nach den wirtschaftlichen Notwendigkeiten richten. Dies zeigt doch die Situation. Die Antragssituation, die Planungssituation, die Verbrauchsentwicklung auf dem Energiesektor zeigen doch sehr deutlich, daß die noch vor wenigen Jahren prognostizierten Zuwachsraten bei weitem nicht erreicht werden ({18}) und daß daher auch die Zielvorstellungen und die Zielplanungen durchaus noch Entscheidungsfreiheit und Entscheidungszeiträume lassen. ({19}) Die Entwicklung des Thorium-Kreislaufs in Verbindung mit dem Hochtemperaturreaktor zur Kohlevergasung bzw. zur Kohleverflüssigung sollte weiter und mit Nachdruck betrieben werden. ({20}) Damit eröffnen sich in vielen energieverbrauchenden Bereichen überhaupt erst durchgreifende Möglichkeiten zur Substitution von Erdöl. Denn dieses und seine Derivate können wir nicht allein durch elektrische Energie ersetzen. Ich darf darauf hinweisen, daß die Situation in der Stahlindustrie es ebenfalls erforderlich macht, daß wir mit der Entwicklung auf dem Gebiet der Prozeßwärme schneller und zügiger als bisher vorankommen. Hier gilt es in einem industriellen Bereich, der einseitig auf den hauptsächlichen Nachfrager von kerntechnischen 'Anlagen orientiert wird, Einfluß zu nehmen, um die einseitige Orientierung auf diesen "hauptsächlichen Nachfrager abzubauen. Ich meine, daß dies ein gemeinsames politisches Ziel sein sollte, dem wir uns mit Nachdruck zuwenden müßten. ({21}) - Dies hat, Herr Kollege Hubrig, nichts mit Investitionslenkung zu tun. Ich glaube, daß wir im gesamten Bereich der staatlichen Forschungsförderung, insbesondere auf dem Gebiet der großtechnologischen Entwicklungen, auf die Förderung durch den Staat nicht verzichten können. Die Industrie will auch nicht darauf verzichten und soll auch nicht darauf verzichten, weit es hier um große Riskobereiche geht. Hier gehört einfach - das sollte unstreitig sein - auch das Engagement des Staates, auch das Engagement der öffentlichen Hand dazu. Wir sollten uns allerdings bemühen, gewisse Zielvorstellungen politisch zu" motivieren und politisch durchzusetzen, um daran mitzuwirken, die Aktivität und die Initiative der Industrie zu strukturieren und sie von Monopolsituationen, die wir in vielen Fällen haben - dies kann nicht unser Interesse sein -, wegzubringen, von Situationen, die unserem politischen Anliegen nicht in der vollen und gebotenen Weise entsprechen. Bedauerlicherweise ist meine Redezeit abgelaufen. Ich darf zum Schluß kommen. Ich meine, daß unter diesen Gesichtspunkten dem Entschließungsentwurf, der von den Koalitionsfraktionen vorgelegt worden ist, zugestimmt werden sollte. Gleichzeitig bitte ich, auch dem Antrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission mit dem vorgezeichneten Aufgabenbereich zuzustimmen. Dabei weise ich darauf hin, daß mir im Gegensatz zum Oppositionsantrag eine zeitliche Limitierung nicht opportun erscheint, da es darauf ) ankommen wird, die Ergebnisse der internationalen Konferenz mit aufzugreifen und mit zu verarbeiten. Der Kommission sollte es unbenommen sein, Zwischenergebnisse und zwischendurch Empfehlungen zu erarbeiten und vorzulegen. Ich halte dies für eine vernünftige und sinnvolle Arbeitsweise im Hinblick auf die Komplexität des Aufgabenkatalogs, den diese Kommission zu bewältigen hat. ({22})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Herr Bundesminister Hauff.

Dr. Volker Hauff (Minister:in)

Politiker ID: 11000828

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle miteinander tragen heute eine große Verantwortung, ein sehr wichtiges und zukunftentscheidendes Thema, das zu vieler Gewalttätigkeit und zu viel Auseinandersetzung in unserem Lande Anlaß war, in einer Form zu behandeln, daß die Bürger wissen: dieses Thema wird im Deutschen Bundestag ernsthaft behandelt. ({0}) Die Bürger in unserem Lande wissen, zu keiner Zeit ging es uns - jedenfalls im großen und ganzen gesehen - so gut wie heute. Aber dennoch stellen nicht nur fremde Beobachter unserer Gesellschaft ein tiefsitzendes Gefühl wachsender Unsicherheit, ja teilweise der Angst vor der Zukunft fest. Diese merkwürdige Mischung von materiellem Wohlstand und existentieller Angst, die unsere Zeit prägt, hat, wie ich meine, auch mit dem zu tun, was Gegenstand der heutigen Debatte zur Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms ist, nämlich Forschung, Entwicklung der Wissenschaft und Nutzung neuer Technologien. Wissenschaftstechnik und neue Technologien haben den Menschen die Mittel an die Hand gegeben für eine geradezu atemberaubende wirtschaftliche Entwicklung in den letzten hundert Jahren: sie haben aber auch Gefahrenpotentiale geschaffen, die erstmals die Vernichtung der Menschheit und die Zerstörung jeglichen Lebens auf der Erde in den Rahmen des Vorstellbaren rücken lassen, die zu einer ernsten Bedrohung auch des einzelnen menschlichen Lebens werden können. Seveso und Contergan sind nur zwei Namen, die nachdenklich stimmen. Dieser. Grundwiderspruch betrifft uns alle; da gibt es kein Entrinnen. Das gilt mehr oder weniger für jede technische Entwicklung. Chancen und Risiken, Schaden und Nutzen sind oft untrennbar miteinander verknüpft. Deswegen müssen wir als politisch Verantwortliche im demokratischen Staat sorgfältig abwägen, gründlich nachdenken, bevor wir entscheiden. Niemandem ist mit naßforschen Parolen und Kraftmeierei gedient. ({1}) Wer wollte dies leugnen, wenn wir an Probleme denken wie Bevölkerungsexplosion, Umweltverschmutzung, moderne Waffentechnik, Zivilisationskrankheiten und unwürdige Arbeitsplätze! Doch, wer glaubt - und dies möchte ich gleich hinzufügen -, wir könnten durch radikale Abwendung von technischen Entwicklungsprozessen weiterkommen, der verkennt oder verschweigt, daß wir Schutz vor Umweltverschmutzung und Humanisierung des Arbeitslebens und eine sichere Energieversorgung und Vollbeschäftigung nur mit Hilfe von neuen Technologien erzielen können und nicht ohne sie. ({2}) Wissenschaft, Forschung, Entwicklung und Einsatz neuer Technologien werden in wachsendem Maße zur Überlebensvoraussetzung für unsere Gesellschaft. ({3}) - Aber eben nur dann, Herr Kollege Lenzer, wenn wir einen verantwortlichen Gebrauch davon machen. Ich möchte dazu einige Beispiele anführen: z. B. in der pharmazeutischen Forschung im Hinblick auf den Schutz der Rechte anderer, insbesondere des Lebens und der Gesundheit, z. B. bei der Anwendung der Datenverarbeitung im Hinblick auf die Sicherung verfassungsrechtlicher Grundwerte wie der Würde des Menschen und der Freiheitlichkeit, ({4}) z. B. bei den zunehmend brisanter werdenden Problemen von neuen Technologien für militärische Zwecke im Hinblick auf die Erhaltung der internationalen Friedensordnung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, an der heutigen Debatte über Energiepolitik und Energieforschung zeigt sich, wie schwierig im demokratischen Staat dieses Thema zwischen Parlament und Regierung, zwischen Politikern und Bürgern, zwischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen sachlich und mit Anstand zu behandeln ist. Es geht um sachlich sehr, sehr schwierige und zeitlich, fast wäre ich geneigt zu sagen, ungeheuer langfristige Entwicklungsprozesse. Deswegen brauchen wir auch klare Prioritäten. Die Forschungspolitik auf dem Energiesektor hat klare Prioritäten und orientiert sich an den Prinzipien der Energiepolitik der Bundesregierung. Erstens. Neue Versorgungssysteme, neue Verfahren und, Materialien sollen dafür sorgen, daß die verfügbare Energie rationeller genutzt wird, daß also bei der Anwendung von Energie im Haushalt, in der Industrie und im Verkehr der gleiche Zweck mit einem verminderten Verbrauch an Primärenergie erreicht werden kann. Dies ist die große Herausforderung, vor der nicht nur die Ingenieure stehen und die nicht nur Bonn betrifft, meine Damen und Herren. Die Debatte über die rationelle Energieverwendung müssen wir in stärkerem Maße auch in die anderen Ebenen der Politik hinaustragen. Dies ist eine Aufforderung an die Landespolitik und an die Kommunalpolitik, die hier aufgerufen ist, echte Beiträge zu liefern. ({5}) Zweitens. Neue Technologien sollen dazu beitragen, daß die heimische Kohle besser und effizienter genutzt wird. Dazu ist es erforderlich, die Arbeitsbedingungen der Bergleute zu verbessern, die Verbrennung der Kohle in Kraftwerken umweltfreundlicher zu machen und durch Technologien zur Kohlevergasung und Kohleverflüssigung das Einsatzspektrum der Kohle selbst zu erweitern. Drittens. Neue, vor allem regenerative Energiequellen sollen durch technische Entwicklungen erschlossen werden. Das gilt nach unserem heutigen Kenntnisstand für die Bundesrepublik insbesondere im Hinblick auf die Solarenergie. Nur sollte sich davon auch niemand Wunder erwarten. Aber wir sollten auch keinen Glaubenskrieg darum führen, wie eigentlich Ende der 80er Jahre der Anteil der Solarenergie aussieht, denn keiner von uns weiß, wie hoch dann das Preisniveau für das Erdöl ist. Dies können wir ja miteinander in Ruhe abwarten und versuchen, die Entwicklung rational insofern zu beeinflussen, als wir entsprechende technische Angebote durch staatliche Förderung in Gang setzen. Viertens. Die Option der Kernenergienutzung soll offengehalten werden. Dazu zählen die Bemühungen, die Sicherheit des Reaktorbetriebes und des Kernbrennstoffkreislaufes weiter zu erhöhen und das Potential der Kernenergie zur PrOzeßwärme durch den Hochtemperaturreaktor und zur Stromerzeugung durch den Schnellen Brutreaktor zu erschließen. Meine Damen und Herren, wir wissen heute noch nicht, welche Technologien sich aus dieser Vielfalt später bewähren werden und welche dann einen nennenswerten Beitrag zu unserer Energiebedarfsdeckung übernehmen können. Dafür sind andere Bedingungen als heute maßgeblich: die künftige Verfügbarkeit der Energie, das künftige Preisniveau von Energie, die künftigen Umweltanforderungen und nicht zuletzt - das füge ich als Forschungsminister hinzu - der Erfolg der wissenschaftlichen Entwicklungsarbeiten in unserem eigenen Lande. Wenn wir auch noch nicht wissen, auf welche Energietechnologien wir uns künftig zusätzlich stützen können, noch weniger wissen wir jedoch heute, auf welche wir vollständig verzichten können. Die Ernsthaftigkeit, mit der wir die Probleme bei diesen neuen Technologien bearbeiten, läßt sich daran messen, ob wir jedem sachlichen und ehrlichen Argument eine faire Chance in der Diskussion geben, vor allem dann, wenn wir es nicht teilen, wenn wir anderer Meinung sind. Denn wenn wir dies nicht tun, dann landen wir bei den allzu einfachen Formeln, die derzeit noch in einem verhängnisvollen Maß die öffentliche Diskussion beherrschen. Die einen sagen: Kernenergie, nein danke! und die anderen: Steinzeit, nein danke! Als ob das eine angemessene Antwort auf die Probleme wäre, vor denen wir stehen! ({6}) Das gilt vor allem auch für die Entscheidung im Zusammenhang mit dem Schnellen Brüter. Wenn wir heute über die Entwicklung schneller Brutreaktoren im Zusammenhang mit der Energiepolitik reden, so hat das seinen guten Grund. Es ist die Sorge um die Energieversorgung der Zukunft, die uns heute zu technischen und auch enormen finanziellen Anstrengungen dieser Art bewegt. Der Schnelle Brüter zählt zu den potentiell wirksamsten Instrumenten, die die Forschung von heute der Wirtschaft von morgen zur Verfügung stellen kann. ({7}) Eine Technologie, die den sonst nicht nutzbaren geringen deutschen Uranreserven den Energieinhalt der deutschen Steinkohlenvorräte oder libyscher Erdölfelder verleiht, verdient große Aufmerksamkeit in ihren Chancen, aber sie hat eben auch ihre enormen Risiken. Bei diesem Reaktortyp, der ins Rampenlicht der forschungspolitischen Diskussion gerückt ist, stehen wir frühestens in 20 Jahren vor der Frage der kommerziellen Nutzung. Der Einstieg in die von manchem etwas plakativ benannte Plutoniumökonomie steht hier und heute nicht zur Entscheidung an. ({8}) Die Bundesregierung hat dies schon vor über einem Jahr gesagt. Meine Damen und Herren, wer sich die Mühe gemacht hat - und ich füge hinzu: wer sich bitte die Mühe macht -, einmal das Buch „Schneller Brüter - Pro und Contra" zu lesen, das wir - Hans Matthöfer und ich - vor weit über einem Jahr veröffentlicht haben, der wird feststellen, daß dies damals bereits die Position des Bundesforschungsministeriums war. Damals hat mein Vorgänger sinngemäß ausgeführt - ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren -: Der SNR 300 wird erst 1982 ans Netz gehen und voraussichtlich - nach einer Anlaufzeit - 300 MWe liefern. Dann werden wir ein Jahr Betriebserfahrung sammeln, bevor wir uns entscheiden, ob wir dann den SNR II - also den Nachfolgereaktor - bauen oder nicht, oder ob wir einen anderen bauen wollen. Das ist noch ganz offen. - Im Mai 1977 von der Bundesregierung als ihre Position vertreten! ({9}) - Bitte, Herr Spies von Büllesheim, seien Sie doch nicht nur selbstgerecht, fragen Sie sich doch einmal, wie Ihre Position zur Enquete-Kommission aussieht. Wir sollten doch, was Energiepolitik angeht, nun wirklich jeder zunächst vor seiner eigenen Türe kehren. Da haben wir alle miteinander Probleme gehabt. ({10}) Falls wir zu einer positiven Entscheidung kommen, was den eventuellen nächsten schnellen Brutreaktor angeht, wäre eine Bauzeit von mindestens zehn Jahren zu veranschlagen. Er könnte also frühestens 1995. in Betrieb, ans Netz gehen. Erst danach stellt sich die Frage der breiten Nutzung dieses Reaktors und damit die Frage seiner Kommerzialisierung. So langfristig - das läßt sich nicht ändern - sind die Entscheidungsprozesse, vor denen wir stehen. Ich meine, wenn wir diesen zeitlichen Ablauf der möglichen Entwicklung und des Einsatzes dieser neuen Technologie ehrlich, fair und ernsthaft sehen, dann sollten wir uns zumindest darauf verständigen können, daß ein Weiterbau des SNR 300 in Kalkar bis zu seiner Fertigstellung und ohne die Beladung mit Brennelementen noch keinen Einstieg in die sogenannte Plutoniumökonomie bedeutet. Ich stehe deshalb auch zu dem Ergebnis der Diskussion, die der Deutsche Bundestag in seinem Haushaltsausschuß und im Ausschuß für Forschung und Technologie im vergangenen Jahr begonnen und die zu der jetzt vorliegenden Form einer Entschließung des Deutschen Bundestags geführt hat. Mit dieser Entschließung nimmt sich das Parlament das Recht, über die spätere Nutzung der Brütertechnologie zu einem geeigneten Zeitpunkt zu befinden, befürwortet aber gleichzeitig die Fortsetzung der Forschung, der internationalen Kooperation und die Fertigstellung des SNR 300. Selbstverständlich sollte man in dieser Zeit auch Alternativen sehr gründlich überlegen, die in die Diskussion gekommen sind, teils auch in die internationale Diskussion. Wenn ich dabei einen Wusch äußern darf: Vielleicht ist das auf etwas weniger spektakulärem Wege möglich, als das in den letzten Wochen geschehen ist. Das würde dem Ansehen der Forschungspolitik auf diesem Gebiet nur nutzen. Ich zähle mich nicht zu denen, die glauben, schon heute die Antworten auf alle Fragen, die zur Kernenergie, speziell zur Brütertechnologie gestellt werden, zu haben, weder positiv noch negativ. Aber für mich ist das auch kein Grund, mit der Erforschung und Entwicklung einer aussichtsreichen Technik aufzuhören. Es ist vielmehr eine Verpflichtung, diese Antworten zu erarbeiten. Niemand soll diese Bereitschaft zum Gespräch und zur Offenheit im Gespräch mit Meinungslosigkeit oder mit Entscheidungsschwäche verwechseln. Ich persönlich hielte es gegenüber kommenden Generationen für unverantwortlich, heute auf Forschung und Technik im Zusammenhang mit dem Brutreaktor zu verzichten. Aber ich füge sofort hinzu: Eine verantwortliche demokratische Politik erfordert in meinen Augen von uns allen zunächst die Bereitschaft zu einer klaren Analyse der Sachlage und der anstehenden Entscheidungen. ({11}) Ich meine, daß über zwei Grundfeststellungen ein breiter Konsens zu erreichen sein müßte: Wir stehen in der Frage der künftigen Energieversorgung unseres Landes im allgemeinen und der Bewertung der Technologien der fortgeschrittenen Reaktoren im besonderen mitten in einem noch nicht abgeschlossenen, in einem komplizierten und schwierigen Erkenntnisprozeß. Niemand von uns kann heute behaupten, die Techniken und wirtschaftlichen Risiken und Probleme der neuen Reaktortechnologie mit all ihren gesellschaftlichen Folgewirkungen schon mit hinreichender Sicherheit überschauen und abschätzen zu können. ({12}) Niemand kann aber auch von sich behaupten, er habe angesichts der sich immer deutlicher abzeichnenden Grenzen der verfügbaren fossilen Energiequellen die Lösung für die Energieversorgung der Zukunft gefunden. Weil dies so ist, ist es vernünftig, eine Enquete-Kommission einzusetzen. Andererseits können wir es uns aber auch nicht leisten, einfach untätig abzuwarten in der Hoffnung, daß sich diese Probleme schon irgendwann einmal irgendwie lösten. Dazu steht zuviel auf dem Spiel: ({13}) nicht nur zahlreiche Arbeitsplätze von Arbeitern, Technikern und Wissenschaftlern, nicht nur die Konkurrenzfähigkeit technisch anspruchsvoller Industriezweige, sondern möglicherweise auch die sichere Energieversorgung unseres Landes für künftige Generationen und die Erhaltung unserer Umwelt. Auch bloßes Abwarten würde in einer Situation raschen technisch-wirtschaftlichen Wandels eine Entscheidung bedeuten, die Entscheidung nämlich, den Anschluß an die Entwicklungen in anderen Ländern zu verpassen und sich damit zukünftig eigene Optionen möglicherweise endgültig zu verbauen. ({14}) Damit, meine Damen und Herren, ist die Frage nach der politischen Handlungsfähigkeit unserer demokratischen Institutionen aufgeworfen: in Bonn, Düsseldorf und auch in Hannover. Konkret geht es darum, ob wir zu demokratischem politischem Handeln in einer Lage fähig sind, bei der die Folgen dieses Handelns im einzelnen nur bis zu genau definierten Zwischenschritten abgeschätzt werden können. Ich sehe in dieser Situation nur einen vernünftigen und verantwortbaren Weg: Wir müssen versuchen, die Unsicherheiten schrittweise zu verringern. Das bedeutet, die Wahlmöglichkeiten zwischen einem Für und Wider solange offenzuhalten, bis eine abschließende Bewertung der Chancen, der Risiken und der Alternativen möglich erscheint. ({15}) Dies setzt voraus, daß wir den Entscheidungsprozeß in einzelne Teilschritte untergliedern und uns darüber einig sind, daß keine dieser Teilentscheidungen die spätere Endentscheidung endgültig präjudizieren darf. ({16}) Man kann diesen Weg auch als den Versuch ansehen, bei diesen äußerst komplexen Technologien technologische Entscheidungsprozesse in ihrem Ablauf der Lern- und Urteilsfähigkeit des Menschen anzupassen. Es ist der Versuch, der angeblichen Eigendynamik und den Sachzwängen technisch-wirtschaftlicher Entwicklungen Widerstand entgegenzusetzen, indem man Entscheidungspunkte definiert, indem man technologische Prozesse unter demokratische, öffentliche Kontrolle bringt und sich an jedem Entscheidungspunkt Umkehrmöglichkeiten offenhält. Dies heißt auf der anderen Seite auch - ich bitte jeden, der sich zu diesem Weg bekennt, dies auch selbst ehrlich zu bedenken -, daß wir das Risiko einzukalkulieren haben, später einmal einen Irrtum eingestehen zu müssen, einen Irrtum jedoch, der - darin sehe ich eben die besondere Chance und den Vorteil dieses Verfahrens - reversibel ist. Nur könnte der Irrtum unabsehbar viel größer sein, wenn wir diesen Weg überhaupt nicht einschlügen, wenn wir uns heute schon aus Angst vor den möglichen Folgen zurückzögen und wenn wir Entwicklungen einfach ihren freien Lauf ließen. Nein, meine Damen und Herren, wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen. Wir müssen die Ärmel hochkrempeln. Die Wissenschaftler, die Techniker und die Ingenieure müssen die Ärmel hochkrempeln, damit wir auch über Fragen der Sicherheit und der Umweltverträglichkeit in der Zukunft besser als heute Bescheid wissen. ({17}) Wer von uns weiß wirklich, wie die 90er Jahre tatsächlich aussehen? Ich sehe in einem solchen Verfahren, wie es hier von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagen wird und wie es von der Bundesregierung geteilt wird, die Chance, Politik in neuer Weise gegenüber dem Bürger glaubwürdig zu machen. Voraussetzung dafür ist, 'daß es gelingt, den Bürger zu überzeugen, daß es sich um ein ehrliches, um ein faires Angebot handelt. Wir treffen zwar Entscheidungen und führen damit Entwicklungen, die noch nicht abschließend überschaubar sind, ein Stück fort. Doch wir bemühen uns gleichzeitig, jeden einzelnen Schritt und den Entscheidungsprozeß in seinem Gesamtablauf so durchsichtig wie nur irgend möglich zu machen. Indem wir dies tun, geben wir dem Bürger die Möglichkeit, an diesem Such-, Bewertungs- und Entscheidungsprozeß, bei dem .wir alle selbst letztlich keine Experten sind, aktiv teilnehmen zu können. Anders ausgedrückt: Diese Politik ist der Versuch, technologiepolitische Probleme, deren Tragweite weit über die Technik im engeren Sinne hinausreichen, zum Gegenstand öffentlicher kontroverser Diskussionen zu machen, ohne dabei die Handlungsfähigkeit zu verlieren. Lassen Sie mich zum Schluß feststellen: Ich halte den hier skizzierten Weg für einen Weg der Vernunft und der Bereitschaft zu verantwortlichem politischem Handeln. Wir sollten diesen Weg gehen, meine ich, und zwar ruhig und behutsam und, wenn irgend möglich, auch gemeinsam. Das wäre kein Schaden für unser Land. ({18})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Waigel.

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihrer Forderung, Herr Bundesforschungsminister, daß dieses Thema hier im Plenum des Deutschen Bundestages ernsthaft behandelt werden müsse, stimmen wir voll zu; ({0}) aber die Bürger dieses Landes haben genauso Anrecht darauf, daß dieses Thema in den Parteien und auf den Parteitagen nicht minder ernst behandelt wird, ({1}) und sie haben auch ein Anrecht darauf, daß man auf Parteitagen, um Mehrheiten zu bekommen oder weniger ungeschoren aus Parteitagen hervorgehen zu können, nicht anders als hier in diesem Haus oder in Verlautbarungen redet, die den Mitgliedern dieses Hauses zugehen. ({2}) Wenn Sie Ihre Antwort, Herr Bundesforschungsminister, auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU bereits dem Parteitag der FDP hätten mitteilen können, dann wären die FDP-Minister in Mainz zum Tempel hinausgejagt worden; denn das ist eine schallende Ohrfeige gegenüber denen, die in diesem Punkt eine andere Meinung vertreten, als sie bisher von den offiziellen Rednern der Koalition vorgetragen wurde. ({3}) Herr Kollege Dr. Laermann, Sie haben einen zwar zurückhaltenden, aber doch verkrampften Versuch unternommen, das Dilemma der FDP zu beschreiben, und es wird noch interessant sein zu erfahren, wie die FDP denkt. Ich habe soeben erfahren, daß ihr Generalsekretär Verheugen gestern in München gesagt haben soll, man halte selbstverständlich weiter an dem Beschluß von Mainz fest. Wie Sie da heute bei einer Diskussion über die Runden kommen wollen, ist mir eigentlich unerklärlich. Herr Kollege Wolfram, zum Verfahren im Wirtschaftsausschuß: Es kann unmöglich ihr Ernst gewesen sein, im Brustton der Überzeugung darzutun, daß es sich um ein übliches und korrektes Verfahren gehandelt habe; denn es war Ihnen selber unwohl, als Sie in der vergangenen Woche am Mittwoch beantragten, dieses wichtige Thema für den Freitag auf die Tagesordnung zu setzen. Sie wollten an einem Freitagvormittag in einer oder höchstens zwei Stunden ein so wichtiges Thema abhandeln, mit dem sich der Wirtschaftsausschuß ursprünglich mehrere Tage beschäftigen wollte. Sie hatten selber ein miserables Gewissen und haben das zugegeben. Das jetzt zu verschleiern und ein Verfahren, das seit Jahren im Wirtschaftsausschuß nicht mehr angewandt wurde, als normal, üblich, sogar als großartig darzustellen, ist schon ein starkes Stück, über das auch das dünne Repertoire Ihrer Witzchen nicht hinweggeholfen hat. ({4}) Herr Bundesforschungsminister, hier ist zum Schluß nur noch zu sagen, daß Ihre Aussage über die rechtlichen und auch verfassungsrechtlichen Konsequenzen, die Sie in der Beantwortung auf die Kleine Anfrage gemacht haben, nicht mit dem übereinstimmt, was in der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms enthalten war. Das Bundesverfassungsgericht hat Ihnen klar gesagt: Sie haben die Kompetenz, Sie können entscheiden. Sie können natürlich eine politische Entscheidung des Parlaments haben. Nur, Ihre ursprüngliche, Ihre originäre Aufgabe wäre es, als politische Exekutive zu handeln. Ihr langes Suchen, Ihr Drängen und Ihr „Sowohl-als-auch" täuschen nicht darüber hinweg, daß Sie als Exekutive nicht den Mut zur notwendigen politischen Entscheidung haben. ({5}) Es ist kein gutes Verfahren, wenn man eigene Entscheidungsunfreudigkeit, Entscheidungsmüdigkeit durch ein Votum des Parlaments kaschieren will, wobei ja diese Debatte im Grunde eine Debatte gegen Sie selbst ist, denn gegen uns brauchen Sie diese Debatte nicht zu führen. ({6}) Wir haben uns eingehend geprüft und nehmen die gleiche Gewissensanspannung, die Sie bemühen, für uns in Anspruch. ({7}) Wir sind zu einem Ergebnis gekommen, auf Grund dessen Sie mit der Opposition eine vernünftige Energiepolitik, eine vernünftige Kernenergiepolitik und eine Option durchsetzen können. ({8}) Daß dieses Parlament als Vehikel unausgetragener Parteiauseinandersetzungen gebraucht wird, ist schon ein merkwürdiges Politik- und Parlamentsverständnis. ({9})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reuschenbach?

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dem Kollegen Reuschenbach gern.

Peter W. Reuschenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Dr. Waigel, können Sie sich vorstellen, daß es nicht nur Debatten dafür oder dagegen zwischen den Fraktionen dieses Hauses geben kann, sondern auch Debatten geben kann und geben muß, ({0}) die zur Meinungsbildung der Menschen in diesem Lande beitragen? ({1})

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Solche Debatten soll und muß es geben, und wir sind gern bereit, sie zu führen. Nur wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie .das sorgfältiger machen würden, wenn Sie die Dinge wahrheitsgemäßer ansprechen würden ({0}) und sie nicht in eine zweite Fortschreibung eines ersten Berichts über eine zweite Fortschreibung verpacken würden, sondern ihnen - auch im zeitlichen Ablauf - das Gewicht gäben, das sie von der Sache her wirklich verdienten. Das haben Sie nicht getan. ({1}) Es ist bedrückend, daß die Bundesregierung in der Energiepolitik in immer stärkerem Maße dem massiven Druck der linken Parteiflügel von SPD und FDP ausgesetzt ist. ({2}) Eine erste Annäherung in diese Richtung haben wir ja bereits bei der zweiten Fortschreibung ihres Energieprogramms vermerkt, wo Hilflosigkeit und Handlungsunfähigkeit verspürbar ist, die durch die Parteitagsbeschlüsse von Freiburg, Kiel und Hamburg entstanden war. Hier haben Sie auch erstmals die, wie ich meine, verhängnisvolle Philosophie vom Restbedarf in die Energiepolitik eingebracht. Aber es blieb natürlich der FDP vorbehalten, nach dem Wahlfiasko von Hamburg und Niedersachsen in der Energiedebatte und vor allen Dingen in der Kernenergiepolitik endgültig auf das Konzept der Kernenergiegegner einzuschwenken, und Mainz hat gezeigt, wie es einer kleinen, aber überaus aktiven linken Minderheit gelingen kann, mit dem politischen Opportunismus der Würdenträger eine unheilige Allianz zu schließen. (Beifall bei der CDU/CSU - Zuruf von der SPD: Haben Sie auch etwas zur Sache zu sagen? Meine Damen und Herren, mit dieser Politik des Hinhaltens, des Ausflüchtens, des Nichtentscheidens, des Lahmlegens eines mit Milliardensummen mühsam aufgebauten Wirtschaftszweiges gefährden Sie über 100 000 Arbeitsplätze in einer hochqualifizierten Beschäftigungsart, und Sie gefährden die wirtschaftliche und die soziale Zukunft unserer ganzen Gesellschaft. Diese Situation wird vor allem dann makaber, wenn eine solche Politik eigentlich wider besseres Wissen betrieben wird. Es wäre jetzt reizvoll, sich all das zu vergegenwärtigen, was Bundeskanzler Schmidt, was der frühere Bundeswirtschaftsminister Friderichs, was der jetzige Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff in den letzten Jahren zu diesem Thema gesagt haben. Wer das gesagt hat, ({3}) kann doch heute nicht plötzlich eine so zögerliche und versteckte Politik betreiben; er muß dann klarstellen, ob er seine Politik geändert hat oder zu dem steht, was er vor einigen Jahren gesagt hat. ({4}) - Ich stehe, Herr Wehner, auf dieser Seite; Sie standen schon auf verschiedenen Seiten! ({5}) - Nein, aber eines ist ganz sicher, Herr Wehner, von Ihnen lassen wir uns den Ton in diesem Lande nicht vorschreiben. ({6}) Sie sind weder politisch noch parlamentarisch für mich ein Lehrmeister. ({7}) Meine Damen und Herren, Kernenergie ist für unsere volkswirtschaftliche und soziale Zukunft unentbehrlich wegen der hohen Abhängigkeit unserer Energieversorgung von den Ölimporten, wegen der Fraglichkeit neuer Energieträger, wegen der Problematik in der Energieeinsparung, die nur langsam und langfristig wirksam wird, wegen der Problematik der Kernfusion als Energiequelle in absehbarer Zeit. Wir brauchen in dem Zusammenhang Kohle und Kernenergie als Alternativen, weil nur dann in den 80er Jahren die Energien ausreichend sichergestellt werden können. Die Bundesregierung weiß, daß unsere eigenen Kohlenreserven zur Deckung des Energiebedarf auch nicht annähernd ausreichen. Sie weiß, daß gerade für die Kohlepolitik der Verbund zur Kernenergie notwendig ist, um sie später optimal ausnutzen zu können. ({8}) Es ist eigentlich schwer verständlich, wie man im Energieprogramm jetzt einen starken Vorrang der Kohle betont und wie andererseits der zuständige Bundeswirtschaftsminister erklärt, man sei angesichts einer finanzpolitischen Belastung von über 5 Milliarden DM im Jahr an den absoluten Grenzen der Kohleförderung angelangt. Da sollten Sie, Herr Kollege Wolfram, nicht uns den Vorwurf machen, sondern in Ihren eigenen Reihen eine klare Linie zur Energie-, auch zur Kohlepolitik herbeiführen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfram?

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön!

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Dr. Waigel, wollen Sie erklären, wie dann die Haltung der Bayerischen Landesregierung zur Kohlepolitik zu verstehen ist?

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bin sehr dankbar für diese Frage. Ich kann Ihnen sagen, daß sich die bayerische SPD gestern in einer Abstimmung im Landtag gegen die Erhöhung des Kohlepfennigs ausgesprochen hat. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine zweite Frage des Herrn Abgeordneten Wolfram?

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Zur Aufklärung immer bereit.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie haben nichts Neues gesagt. Das ist uns bekannt, und ich werde dazu noch Stellung nehmen. ({0}) Ich hatte Sie gefragt, wie Sie die Haltung der bayerischen Landesregierung zur Kohlepolitik erklären wollen.

Dr. Theodor Waigel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002412, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Die Bayerische Staatsregierung hat sich nie gegen die Kohlepolitik gewandt, die Bayerische Staatsregierung hat sich aber dafür eingesetzt, daß Energiepolitik auch regionale Beziehungen aufnimmt, daß vor allen Dingen die Vorsorge in der Energiepolitik nicht nur zentral erfolgen kann. Wie ich meine, hat das die Debatte vor wenigen Wochen in diesem Hause durchaus als berechtigt erscheinen lassen. ({0}) Meine Damen und Herren, wir brauchen eine konsequente Energiepolitik und vor allen Dingen eine konsequente Kernenergiepolitik, weil die Themen Arbeitslosigkeit, Erhaltung der sozialen Sicherheit, Strukturänderungen in der Wirtschaft, Umweltschutz, Rohstoffpolitik und Entwicklungspolitik nur mit Wachstum und mit der hierfür erforderlichen Energie erfolgen können. Selbst die Bundesregierung hat in der zweiten Fortschreibung ihres Energieprogramms eine Wachstumsrate von 4 °/o für den Zeitraum von 1978 bis 1985 für notwendig erachtet. Wie will sie denn dieses ehrgeizige Ziel angesichts der verschwommenen Energiepolitik von SPD und FDP, vor allen Dingen aber der FDP, erreichen? Wie sollen denn angesichts der Strukturprobleme der nächsten Jahre die zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen werden? Wie sollen vor allen Dingen Arbeitsplätze für die geburtenstarken Jahrgänge in den 80er Jahrgängen geschaffen werden, wenn wir kein Wachstum und nicht die für das Wachstum erforderliche Energie haben? Die Bundesregierung leistet auch durch ihre halbherzige Energiepolitik einen unguten Beitrag in unseren Außenhandelsbeziehungen, vor allen Dingen zum Problem des Exports in der Kernenergieindustrie. Die Verteufelung der Kernenergie trägt dazu bei, daß einer der exportträchtigsten Wirtschaftszweige unserer Volkswirtschaft zusehends in Schwierigkeiten gerät. Wer die Entwicklung der Brütertechnologie mit der demagogischen Formel von der Plutoniumwirtschaft leichtfertig aufs Spiel setzt - ich schließe mich hier Ihrer Warnung, Herr Hauff, ausdrücklich an -, der macht uns in der Energieversorgung auf unabsehbare Zeit international abhängig und sieht nicht die Konsequenzen, die auf ihn zukommen. Diese Politik ist realitätsfern. Sie ist nicht an dem orientiert, was bei uns auch an hervorragenden Sicherheitsbestimmungen gegeben ist. Lassen Sie mich eine Schlußbemerkung machen. Vom Bundeswirtschaftsminister geht die Mär, er verDr. Waigel nehme sogar Stimmen aus dem politischen Jenseits. Er hingegen ist in seiner eigenen Partei längst zu einem politischen „Geisterfahrer" geworden. Angesichts seiner bisherigen Äußerungen zur Energiepolitik und zur Kernenergie im besonderen bedarf es schon eines gerüttelten Maßes an Opportunismus, um mit dem Parteitagsbeschluß der FDP politisch leben zu können, wie er es erklärt hat. ({1}) Mir scheint auch, daß der Mut zur politischen Aussage mit dem zeitlichen und örtlichen Abstand zu Parteitagen wächst und daß die Gewissenslast einiger FDP-Abgeordneter rheinabwärts - von Mainz nach Bonn - abnimmt. Wir wissen ja noch gar nicht, wie die unendlichen Verhandlungen zwischen Herrn Mischnick und den sechs anderen gelaufen sind. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben hier eine Debatte gegen sich selbst inszeniert. Sie brauchen die Opposition, weil Sie von Parteifreunden gehindert werden, das Notwendige zu tun. Unsere Anträge sind klar. Wir brauchen keine politischen Verrenkungen zu machen. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ueberhorst.

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die heute vorgelegten Anträge zum Bereich der Energiepolitik, zur Enquete-Kommission und speziell auch die Formulierungen zum Schnellen Brüter wie die bisher geleisteten Beiträge der Kollegen und auch von Minister Hauff machen deutlich, daß hier nicht nur über unterschiedliche energiepolitische Ansätze gesprochen wird, sondern über zwei unterschiedliche grundsätzliche politische Ansätze, was das Parlamentsverständnis, die parlamentarische Demokratie, was die Aufgaben der politischen Parteien und ihr Verhältnis zum Bürger angeht. ({0}) Wir legen hier als Koalitionsfraktionen heute einen Beschlußvorschlag für die gesamte Energiepolitik vor. Darin finden die aktuellen Aussagen zu Kalkar ihren Platz in dem notwendigen Zusammenhang mit der gesamten Energiepolitik. Sie hatten bereits im Ausschuß mit Ihrer Flucht aus der Ausschußsitzung angedeutet, was Ihr Leitmotiv in der Arbeit ist: Flucht! ({1}) Die heutige Vorlage Ihres Antrags ist die Fortsetzung Ihrer Flucht .aus der Ausschußarbeit. Das gilt für Ihre gesamte Aussage zur Brüter-Problematik. ({2}) - Da mögen Sie lachen; die Problematik ist ernst genug. ({3}) Ihre Aussage zur Brüter-Problematik reduziert sich auf den Begriff „anweisen". ({4}) - Ich sage Ihnen, lieber Herr Hubrig, - ({5}) - Herr Breidbach, ich habe Ihren Zwischenruf gehört; ich gehe nicht auf ihn ein. ({6}) - Herr Hubrig, ich habe Ihnen - wir haben im Ausschuß darüber gesprochen - von Anfang an gesagt: Ihr Weg der Anweisung ist der falsche Weg. Ich werde dies noch ausführen. Herr Lenzer, Sie sprachen vom politischen Tageskampf und leisteten dann einen entsprechenden Beitrag. ({7}) Meine Befürchtung ist eben, daß wir hier heute leider nicht nur, wie von Ihnen eben in einem oberflächlichen Sinne angedeutet, über unterschiedliche Energiepolitiken sprechen, sondern daß wir hier ein unterschiedliches Politikverständnis haben. Das wird auch deutlich, wenn der Herr Waigel hier zum Kollegen Wehner Bemerkungen macht. Wie wollen Sie mit dem Bürger sprechen, wenn Sie nicht einmal hier im Hause mit Kollegen kollegial umgehen können, die zwar nicht Ihre Meinung haben, die aber schließlich gewählt sind? ({8}) Wir Sozialdemokraten sagen Ihnen: Wir nehmen das, was die Bürger uns zur Energiepolitik sagen, sehr ernst, und wir verstehen ups hier im Parlament auch so, daß wir das aufnehmen müssen. ({9}) Wenn z. B. das Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Vorstandes, der Kollege Alois Pfeiffer, sagt - das sagte er im November dieses Jahres -, man müsse auch über Alternativen, über die rückholbare Endlagerung der abgebrannten Kernbrennelemente, nachdenken, also überlegen, ob man eventuell ohne Wiederaufarbeitung arbeiten könnte, dann müssen wir hier fragen: Hat er so unrecht, oder hat er ein Recht darauf, daß sein Anliegen hier im Parlament geprüft und beschieden wird? ({10}) Wenn die Bürger im Lande fragen: „Kann es nicht auch grundsätzliche Alternativen der sanften Energie, die einen Verzicht auf Kernenergie möglich machen, geben?", dann müssen wir fragen: Haben die so unrecht, oben haben sie ein Recht darauf, daß das hier geprüft und beschieden wird? ({11}) Wenn die Bürger, die nach unserem Verfassungsverständnis über die Mitarbeit in politischen Parteien an der staatlichen Willensbildung mitwirken „sollen" - nicht nur: „können" - fordern und wenn wir auf Parteitagen - Respekt vor Parteitagen! - durchsetzen, daß man auch eine nichtnukleare Option gleichberechtigt untersuchen und anstreben sollte, dann haben sie ein Recht darauf, daß das hier geprüft wird. ({12}) Wenn die Bürger in unserem Lande in bezug auf die Sicherheit des Schnellen Brüters Sorgen haben, dann muß man fragen: Haben die so unrecht, oder haben sie ein Recht darauf, daß das hier geprüft und beschieden wird? ({13}) Wenn sich die Bürger über die Arbeit unserer Großforschungszentren Gedanken machen und fragen: „Haben wir als Gesellschaft wirklich genügend betreiberunabhängige und industrieunabhängige Beurteilungskapazität?", dann wird man wieder fragen können: Haben die so unrecht, oder haben sie ein Recht darauf, daß das hier im Parlament geprüft und beschieden wird? Das gilt auch für das Leitthema , der heutigen Debatte. Im übrigen hängen alle Fragen, die ich eben gestellt habe, mit dem Schnellen Brüter zusammen. Das gilt auch für die zwei letzten Fragen, die ich in diesem Sinne äußern möchte. Haben die Bürger eigentlich kein Recht darauf, daß wir uns hier auch im Zusammenhang mit dem Brüter Gedanken machen, ob es proliferationssichere Reaktortypen gibt oder nicht und wo da die Unterschiede liegen? ({14}) Haben die Bürger kein Recht darauf, daß die Fragen nach den Auswirkungen der Großtechnologien auf die Arbeits- und die sonstige Freiheitsrechte untersucht und dargestellt werden und daß wir uns über Fehlentwicklungen Gedanken machen? ({15})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Spies von Büllesheim?

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sofort. Ich meine - um dies abzuschließen -: Dies sind für uns nicht nur, wie man sagt, berechtigte Fragen, die man mal erörtert, sondern das sind Fragen, die ins Parlament müssen und die hier bearbeitet und glaubhaft behandelt werden müssen. ({0}) Bitte schön.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Ueberhorst, nachdem Sie hier mehrere rhetorische Fragen zum Prüfungsrecht, zum Diskussionsrecht, zur ernsthaften Prüfung der schweren Fragen, die auch der Herr Bundesforschungsminister gerade angesprochen hat, gestellt haben, darf ich Sie fragen: Gegen wen richten sich eigentlich Ihre rhetorischen Fragen und Ihre Argumentation? ({0}) Wollen Sie etwa unterstellen, daß die Kollegen der CDU/CSU-Fraktion in der Vergangenheit' und heute etwa weniger ernsthaft und von weniger Gewissen getragen als die Mitglieder Ihrer Fraktion diese Fragen geprüft hätten? Soll das die Behauptung sein, die Sie hier in diesem Hause vor aller Öffentlichkeit aufstellen wollen? Wenn Sie das wollen, dann - ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, Sie dürfen Fragen stellen, aber keine Ausführungen machen.

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verehrter Herr Spies von Büllesheim, ich hatte bei meinen bisherigen Ausführungen sehr wohl die Möglichkeit, zu beobachten, welche Zwischenrufe und welche Zustimmung aus Ihren Reihen zu diesen Fragen gekommen sind. Ich habe vorhin beobachten können, daß Sie - das hat mich erfreut - bei den Ausführungen von Minister Hauff mehrfach geklatscht haben. Das begrüße ich ausdrücklich. ({0}) - Ich freue mich zwar über Ihre Zwischenrufe, aber wenn Sie mich hier zu Ende reden lassen, wenn ich Ihnen meine Bemerkungen hier im Zusammenhang vortragen darf, dann werden Sie merken - ich komme darauf zurück -: Mir liegt sehr daran, daß wir diese Fragen gemeinsam stellen. Ich werde überhaupt nichts tun, Ihnen zu unterstellen, als könnten Sie diese Fragen nie stellen. ({1}) Ich hoffe da durchaus; es kommen ja auch noch Beiträge. ({2}) Nun, ich fahre fort und sage Ihnen nach diesen Fragen: Die SPD-Fraktion hat heute hier eine Beschlußvorlage eingebracht, die wir einstimmig verabschiedet haben. Nun ist es kein Geheimnis - das weiß jeder -, daß wir in der SPD - wie in unserem Lande in der Bevölkerung - durchaus viele Stimmen haben, die der Nutzung der PlutoniumBrutreaktor-Technologie wie dem Ausbau der Kernenergie überhaupt skeptisch und kritisch gegenüberstehen. Ich sage Ihnen auch ganz freimütig, Herr Kollege Kohl: Es muß eine absurde Volkspartei sein, wenn eine Partei eine Volkspartei sein will und - im Parlament mit einer großen Fraktion vertreten - so spricht, als gäbe es zur Kernenergie und zur Brutreaktortechnologie nur eine Meinung. ({3}) Ich sage zur SPD-Fraktion: Wir als SPD-Fraktion haben den einstimmigen Beschluß nicht gefaßt, obUeberhorst wohl wir Kritiker und Skeptiker der Brutreaktortechnologie haben, sondern wir haben den einstimmigen Beschluß gefaßt, weil wir solche Kritiker und Skeptiker haben und weil wir niemanden haben, der die Bedenken, die Fragen, die Skepsis hier im Parlament nicht ernsthaft behandeln will. „Ernsthaft behandeln" heißt glaubhaft behandeln. „Glaubhaft" heißt, daß in der Sache die notwendige Offenheit besteht, daß die Sachzwänge abgebaut werden, daß wir hinreichend Zeit haben, die Fragen zu behandeln, und daß wir für unsere Arbeit hinreichend Kompetenz mobilisieren können. ({4}) Dies ist, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, unser Beschluß. Er kennt nicht nur einfach ein Wort: „anweisen!" Unser Beschluß besteht aus einem Katalog von Prüf- und Untersuchungsaufträgen: a) aus klar formulierten Parlamentsvorbehalten hinsichtlich derer sich das Parlament die Entscheidung vorbehält, b) und c) ({5}) aus einem in diesem Sinne bedingten Ja zum Weiterbau des Prototyps in Kalkar. Im einzelnen: Wir haben die Prüf- und Untersuchungsaufträge in den Auftrag der Enquete-Kommission deutlich hineingeschrieben. Vier Aufträge möchte ich hier noch einmal ansprechen. Erstens. Es müssen Kriterien und Maßstäbe für die in der Zukunft anstehenden und auch zu gewinnenden Handlungsmöglichkeiten und Entscheidungen bestimmt werden. Zweitens. Wir müssen uns intensiv mit der Frage befassen: Kann und/oder soll man das Konzept des SNR 300 modifizieren, gegebenenfalls wie? Drittens. Wir müssen uns intensiv, wie es in unserem Vorschlag zur Einsetzung einer Enquete-Kommission unter Punkt 4 heißt, mit den möglichen „Auswirkungen der Kernernergienutzung auf das gesellschaftliche Leben" befassen, indem wir die Auswirkungen darstellen und „Vorschläge zur Verhinderung von Fehlentwicklungen" machen. Viertens. Es soll untersucht werden, wie die Option aussieht, die auf einen zukünftigen Verzicht auf Kernenergie angelegt ist. Warum haben wir nun gesagt, daß diese vier Prüfaufträge hier jetzt endlich zur Bearbeitung kommen müssen?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Hassel?

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte, gern. von Hassel ({0}) : Herr Kollege, Sie sprechen von prüfen, von abwägen, von entscheiden danach. Wie vereinbart sich das mit der Erklärung Ihres Landesvorsitzenden in Schleswig-Holstein und des dortigen Ministerpräsidentenkandidaten, daß die SPD-Regierung dafür Sorge tragen werde, daß z. B. Brokdorf nicht gebaut werde? Bevor also Ihre Prüfung erfolgt ist, wird diese Entscheidung bereits draußen bekanntgegeben. ({1})

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verehrter Herr Kollege von Hassel, es ist jedem unbenommen, Fragen zu stellen, die nicht in den Zusammenhang der Anlage ({0}) - Ja, es paßt, weil ich aus Schleswig-Holstein komme. Ich werde Ihnen auch gleich etwas dazu sagen. ({1}) Ich will Ihnen erst einmal sagen, daß bisher noch nicht bekannt ist, daß Herr Stoltenberg einen Schnellen Brüter bauen will. ({2}) Ich will Ihnen weiterhin sagen: Es ist und es bleibt - wenn Sie es ändern wollen, sollten Sie es sagen - nach unserem Recht und unserer Wirtschaftspolitik das Recht und die Pflicht der Länder, über die Standorte und den Bau von bestimmten konkreten Kraftwerkstypen zu entscheiden. Sie werden weder mich von der Bundestagsfraktion noch die Bundesregierung dahin bringen - auch wenn Sie dies aus Gründen der Wahlkampfstrategie möchten -, daß wir hier in Bonn Stoltenberg sagen, welche Kraftwerke er bauen soll und wo. ({3}) Im übrigen, Herr von Hassel, bleibe ich hier bei der Enquete-Kommission. Ich war gerade dabei, hier folgendes zu erläutern - ich hoffe, dies in dem Sinne, wie Herr von Büllesheim es sagte, mit Ihrer Zustimmung erläutern zu können. Die Polarisierung in der Nukleardiskussion, das sich immer mehr verfestigende Ja oder Nein in der Kernenergiediskussion, muß von uns beseitigt werden. Dazu sollten wir einen parlamentarischen Beitrag leisten; deshalb reden wir heute über die Enquete-Kommission. Wir müssen aus der Ja-oder-nein-Diskussion heraus. ({4}) Wir müssen hin zu einer Diskussion in dieser Form: Diejenigen, die ja sagen ({5}) - bitte, jetzt nicht -, ({6}) bitten wir zu sagen: Wir sagen ja, wenn die und die Bedingungen erfüllt sind; diejenigen, die nein sagen, sollten sagen: Wir sagen nein, es sei denn, es könnten die und die Bedingungen erfüllt werden. Nehmen Sie die Entsorgungsfrage als Beispiel. In dieser Frage haben wir - und das war sehr richtig - gesagt: Wenn die Entsorgung nicht gesichert ist, darf kein neues Kernkraftwerk gebaut werden. - Das hat der Bürger verstanden, und das schätzt er auch, zu Recht. In diesem Sinne müssen wir weiterarbeiten. Es muß doch wohl unser aller Anliegen sein, in diesen Fragen andere als „Zwentendorfer Mehrheiten" in unserem Lande zu haben, ({7}) wobei es egal ist, ob die Zwentendorfer Mehrheit so oder so ist. Mit 51 % kann man das hier nicht machen. Deshalb schlagen wir vor, daß wir uns im Zusammenhang mit der Enquete-Kommission in diesem Sinne Gedanken machen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kohl?

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin, hier leuchtet schon das rote Licht - ich weiß nicht, worauf ich das zurückführen soll -, und die Zwischenfragen reihen sich. ({0}) Ich komme zur nächsten Frage, die die Enquete-Kommission prüfen soll. Ich bitte Sie, sich diese Frage mit uns gemeinsam ernsthaft zu stellen, weil wir in dieser Enquete-Kommission zusammenarbeiten wollen. Die Frage lautet: Kann man den Brüter modifizieren? Dazu sagen wir als SPD-Fraktion: Die Vorschläge, die aus dem Lande Nordrhein-Westfalen gemacht worden sind, nehmen wir sehr ernst. Wir sind aber weder als Fraktion noch als Parlament in der Lage, solche Vorschläge aus dem Stand heraus endgültig zu bewerten, geschweige denn, sie aus dem Stand heraus umzusetzen. Wir, bitten die Bundesregierung, die Vorschläge aus dem Lande Nordrhein-Westfalen ernsthaft zu prüfen und uns die Prüfungsergebnisse mitzuteilen. Wir wollen uns auch selber vornehmen, die Vorschläge in der zu gründenden Enquete-Kommission unsererseits gründlich zu prüfen. Dabei werden wir Vor- und Nachteile erörtern. In diesen Zusammenhang gehört insbesondere die Frage: Was ist proliferationssicherer? Hier sehen wir durchaus die Problematik mit dem Uran 233, die wir hier beim Plutonium 239 im Zusammenhang mit dem Brüter haben. Wir wollen auch diese Fragen technischer Natur sehr intensiv prüfen Nun zur nächsten Frage, Im Zusammenhang mit dem Brüter erklären wir klar: Es muß im Parlament geprüft werden, ob die Inbetriebnahme eines Schnellen Brüters in Kalkar verantwortbar ist. Dabei sagen wir ganz deutlich: das Parlament kann den Genehmigungsbehörden nicht die Arbeit abnehmen. Das Parlament kann auch nicht den Versuch unternehmen, in die wissenschaftliche Kontroverse seinerseits mit wissenschaftlichen Stellungnahmen einzugreifen. Aber das Parlament kann und muß die grundsätzlichen Probleme bei dieser Reaktortechnologie identifizieren und behandeln. Denn die grundsätzlichen Probleme sind letztendlich nicht im Sinne ihrer „Notwendigkeiten" berechenbar, sondern dabei läuft es auf Fragen zu, bei denen man sich zum Risiko äußern muß, die also politischer Natur sind. Hier sind wir gefordert. ({1}) Beim Brüter geht es um die Grundsatzfrage: ist diese Reaktortechnologie im Unterschied zu anderen Reaktortypen inhärent sicher, oder kann es bei bestimmten reaktorphysikalischen Abläufen in diesen Brütern zu, wie die Experten sagen, Rekritikalitätsunfällen kommen, bei denen ein Explosionspotential entsteht, für das dieser Brüter möglicherweise mit seinem Schutzsystem nicht hinreichend gesichert ist? Die Experten sagen uns dazu: Ein solcher Unfall ist nicht auszuschließen. Man kann weder beweisen noch demonstrieren, daß er unmöglich ist. Man sagt, er sei extrem unwahrscheinlich, ohne aber bis heute das Wahrscheinlichkeitsrisiko quantitativ angeben zu können. Weiter sagen wir: wir unterstellen, daß solche Unfälle möglich sind, aber wir sichern uns gegen solche Unfälle. Wir betrachten sie, wie es heißt, als „Auslegungsstörfall". Das heißt, die Anlage muß so gebaut sein,. daß sie ihm standhält. Aber dann ist die Frage: ist das Containment bei dem SNR 300 in Kalkar stark genug, um der maximal möglichen nuklearen Explosion bei diesem Reaktortyp zu widerstehen? Hier gibt es wiederum wissenschaftliche Antworten. Ausgelegt ist der Reaktor auf ein .Explosionspotential von 370 Megawattsekunden. Es gibt in der Wissenschaft Experten, die Berechnungen angestellt haben, nach denen das Explosionspotential um ein Vielfaches höher liegt. Nun sage ich wieder: keiner von uns sollte jetzt den Versuch machen, das irgendwie gegenrechnen zu wollen. Aber was wir brauchen und was ja die Bundesregierung auch macht, ist eine umfangreiche Sicherheitsforschung und eine ganz klare experimentelle Verifizierung oder Falsifizierung dieser in der Wissenschaft kontroversen Berechnungen. Wir begrüßen deshalb als SPD-Fraktion das Angebot von Minister Hauff, in diesem Sachbereich, wenn erforderlich - und wir halten es für erforderlich -, ein spezielles Gutachten in Auftrag zu geben, damit wir auch hier wieder die Diskussion versachlichen können und aus der emotionalen Diskussion herauskommen. ({2}) Ich hatte bereits gesagt und will das noch kurz andeuten: es ist weiter nötig, daß in der Enquete-Kommission die Auswirkungen der Kernenergienutzung auf das gesellschaftliche Leben dargestellt und bewertet werden. Denn dazu ist folgendes zu sagen. Wir haben weiß Gott keinen Mangel an technischen Zukunftsbildern, an Beschreibungen, wie es aussieht, wenn wir in der Bundesrepublik im Jahre 2025 über 100 Schnelle Brüter haben. Solche Szenarien, Kraftwerksszenarien gibt es. Aber woran wir einen Mangel haben und wo wir aufholen wollen, das ist: das gleiche zu tun in der Fortschreibung und in der Beschreibung der gesellschaftlichen Entwicklung, die mit solchen technologischen Entwicklungen verbunden ist; nur damit wird die Entwicklung diskutierbar. Hier ist ein Defizit, das aufgearbeitet werden muß. ({3}) Ich habe sozusagen in Abteilung a) die Untersuchungsaufträge dargelegt. Zum zweiten haben wir in unserer Beschlußvorlage klare Vorbehalte formuliert. Wir haben gesagt, die Enquete-Kommission muß sich spätestens zur Inbetriebnahme äußern. Das heißt, bis jetzt ist die Inbetriebnahme für uns offen. Nur wenn die Bedenken widerlegt werden können, wird die Mehrheit des Parlaments einer Inbetriebnahme zustimmen. ({4}) Dasselbe gilt für die Vermehrung spaltbaren Materials. Auch hier haben wir gesagt: es soll kein Brutprozeß stattfinden, es sei denn, das Parlament wird der Vermehrung von Plutonium zustimmen. Wiederum dasselbe gilt für einen möglichen weiteren Schnellbrutreaktor in weiter Ferne. Dies wird auch nicht ohne eine entsprechende parlamentarische Beschlußfassung stattfinden können. Hier haben wir die notwendige Entscheidungsfreiheit geschaffen. In diesem Sinne legen wir uns hier fest. Meine Damen und Herren, bitte, erlauben Sie mir noch ein Wort zum Zusammenhang der Beschlußvorlage, einerseits Energiepolitik, andererseits Einsetzung der Enquete-Kommission. Ich möchte hier unterstreichen,. daß das Ganze als eine Einheit gesehen werden muß. ({5}) Wer nämlich sagt, ich verzichte auf diese Parlamentsvorbehalte - aus welchen Gründen auch immer - und mache eine frei schwebende Enquete-Kommission, die einmal untersuchen soll - und dann noch nicht einmal die Entscheidungsmöglichkeiten, sondern nur die Notwendigkeiten -, der macht deutlich, auf welche schwachen Füße er die Enquete-Kommission stellen will. Ich sage ganz deutlich, die Einsetzung der Enquete-Kommission ist nur so glaubwürdig, wie die Beschlußvorlage zur Energiepolitik in ihrem Arbeitsbereich glaubwürdig ist, d. h. wie die Beschlußlandschaft Raum für prägende Arbeit hier im Parlament läßt. Insofern ist Ihr Vorschlag, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, eben wenig hilfreich. Ich muß mich zum Abschluß meiner Ausführungen jetzt noch ein bißchen mit Ihnen auseinandersetzen, mit den Gegenpositionen zu unserer Vorlage hier. Wir machen deutlich, es geht uns heute hier um die Notwendigkeit, um die Möglichkeit und um die Wirklichkeit der parlamentarischen Verantwortung, der parlamentarischen Entscheidungsbereitschaft und der parlamentarischen Entscheidungsfähigkeit in der Gestaltung der Großtechnologie, über die wir hier sprechen. ({6}) Da gibt es jetzt zwei Gegenpositionen, mit denen ich mich zum Abschluß so auseinandersetzen möchte, daß ich hoffen darf, daß wir uns verständigen können. Sie haben zu diesem Komplex gesagt - und in diese beiden Begriffe läßt sich Ihre Position zusammenfassen -: erstens anweisen, zweitens Notwendigkeiten zusammentragen. Da sage ich - das klingt etwas unfreundlich, aber es ist mir ein Bedürfnis, das zu sagen -: so ein Kommandoton und so eine Technokratengläubigkeit sind kein Ersatz für die Politik, die das Parlament hier machen muß. ({7}) Ihr „Beitrag" besteht zum größten Teil aus Nichtbeiträgen. ({8}) Nehmen Sie eigentlich gar nicht wahr, was in der Fachwelt untersucht wird? Ich verweise Sie auf die Argonne Laboratory-Studien oder andere Konferenzen. Nehmen Sie gar nicht wahr, daß weltweit eine große internationale Brennstoffkreislaufbewertungskonferenz eben deshalb organisiert wird, weil wir hier praktisch nach besseren Lösungen suchen, die profilerationssicherer sind? ({9}) Nehmen Sie gar nicht wahr, wie wir, wie dieses Haus Hunderte von Millionen in die Reaktorsicherheitsforschung steckt? Das geschieht doch nicht deshalb, weil die Fragen so sind, daß man sagen kann: „anweisen!" ({10}) Ich sage Ihnen, ich errege mich, und ich - ({11}) - Herr Hubrig, ich sage Ihnen das deshalb so deutlich, weil ich im Anschluß an das, was Herr Spies von Büllesheim vorhin gefragt hat, hier darauf hinaus will, daß wir einmal erkennen, daß es gar nicht um die zweit- oder drittbeste Energiepolitik geht. ({12}) Ich rege mich hier nicht darüber auf, daß Sie die Kürzung der Mittel für die nichtnukleare Energieforschung beantragen, oder solche Dinge; das ist ernst genug. Aber hier geht es um etwas anderes. Hier geht es doch darum, ob Sie mit uns bereit sind, in einem Grundkonsens der demokratischen Technologiepolitik zu sagen: ({13}) wir müssen diese Fragen eben nicht nur von technokratischen Notwendigkeiten her, sondern von politischen Handlungsmöglichkeiten her beurteilen, wir müssen die Handlungsmöglichkeiten so weit wie möglich ausweiten und ausnutzen. Es ist für uns überhaupt kein Grund zur Freude, daß Sie das nicht mit uns tun, im Gegenteil! So wie wir, wenn wir für mehr praktische Liberalität in bestimmten Fragen oder für mehr Sozialpolitik in anderen Fragen sind, Ihnen zurufen: wir brauchen den Grundkonsens der Demokraten zu Rechtsstaatlichkeit und Liberalität, und so wie wir Ihnen zurufen: wir brauchen den Grundkonsens der Demokraten zum Sozialstaat, so rufen wir Ihnen heute zu: wir brauchen den Grundkonsens im Willen zur politischen Gestaltung der technologischen Entwicklung. ({14}) Wenn Sie diesen Zuruf aufnehmen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu! Wir heften uns das gar nicht als unsere Feder an den Hut. Es stört uns auch gar nicht, daß Sie ein Jahr lang beredt dagegen waren. Im Gegenteil, wir freuen uns, wenn wir das gemeinsam einsetzen können. ({15}) - Herr von Hassel, lassen Sie mich das bitte zu Ende bringen. Ich nehme an, daß Sie als Energiepolitiker gleich noch Gelegenheit haben, einen Redebeitrag zu leisten. ({16})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe. Herr Abgeordneter Wehner, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Bitte, Herr Ueberhorst, fahren Sie in Ihrer Rede fort. ({0})

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Ruhe. Es ist erst meine zweite Rede hier im Haus, und ich muß doch etwas Ruhe haben, wenn ich das vortrage. ({0}) Ich sage Ihnen zum Abschluß dieses Kapitels: Es war für Konservative bestimmt einmal ein Leitmotiv, wenn sie gesagt haben: Politik ist die Kunst des Möglichen. In diesem Sinne bitte ich Sie noch einmal: Stimmen Sie unseren Formulierungen, Vorschlägen und Anregungen zur Maximierung und zur Wiedergewinnung der Handlungsmöglichkeiten und zur Ausnutzung derselben zu. In diesem Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Abschnitt Enquete-Kommission. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich bitte Sie, jetzt zum Abschluß zu kommen, Herr Ueberhorst.

Reinhard Ueberhorst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002349, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Zum Abschluß will ich mich zu den Kollegen äußern, die angekündigt haben, man müsse hier unseren Beschlußvorschlag in Frage stellen das ist eine sehr ernsthafte Frage, in die man sich ernsthaft hineindenken sollte -: Können wir, wenn wir diesen Beschluß nun so verabschieden, wie ich ihn skizziert habe, wirklich als Parlament noch prägend Einfluß nehmen? Werden wir wirklich Herr des Verfahrens? In der Tat, die technologische Entwicklungslogik, das Sich-Verselbständigen der Sachen, ist kaum irgendwo so deutlich darzustellen und kaum irgendwo so ernsthaft zu befürchten, wie in der Energietechnik. Der Weg von der Leichtwasserreaktortechnologie zur Wiederaufarbeitung - heißt Plutonium-Gewinnung - und dann zur Nutzung in Brutreaktoren scheint entwicklungslogisch vorgezeichnet. Hier reicht es dann auch sicherlich nicht, wenn wir etwa in dem Stil reden: Räsoniert nicht, glaubt uns das; wir werden jetzt hier als Bundestag schon eingreifen. In der Tat, Appelle reichen nicht, sondern wir werden zu Recht daran gemessen werden, ob wir das, was Minister Hauff für die Regierung und ich jetzt für die SPD-Fraktion hier skizziere, tatsächlich in der kommenden Arbeit glaubhaft umsetzen werden. Was wir tun, ist entscheidend. Es wird andeuten, ob wir hier parlamentarische Entscheidungsfähigkeit gewonnen haben. Zusammengefaßt: Mit dem heutigen Beschluß wird erstens keine abschließende Entscheidung über die Brutreaktortechnologie getroffen. ({0}) Zweitens. Wir wollen heraus aus einem festgefahrenen Pro oder Kontra. Wir wissen, daß wir als Parlament für das ganze Land einen Prozeß organisieren müssen, bei dem die berechtigten Fragen auf den parlamentarischen Prüfstand kommen, bei dem wir die notwendigen parlamentarischen Vorbehalte formulieren, das heißt uns selber in die Pflicht nehmen, entscheiden zu können, und bei dem wir unter diesen Uniständen den wesentlich undramatischeren Weiterbau in Kalkar vertreten können. Die Enquete-Kommission darf und soll keine Hinterstubenkommission des Parlaments werden, sondern sie soll Beiträge für die notwendige gesellschaftliche Diskussion leisten. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Zywietz.

Werner Zywietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002612, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nach diesen unterstreichenswerten Ausführungen des Kollegen Ueberhorst als etwa Jahrgangs vergleichbarer auch für mich die Ruhe in Anspruch nehmen, um die er gebeten hat. Ich meine, man muß hinzufügen: Die Sache, um die es geht, erfordert - unabhängig davon, wer gerade am Rednerpult steht, was wohl bei jedem den Pulsschlag etwas erhöht - in der Tat Ruhe und Konzentration. ({0}) Es ist doch nicht zu bestreiten, daß das Stichwort Energiepolitik - wir befinden uns ja in einer aktualisierten Debatte zur Zweiten Fortschreibung - für die Wirtschaft, für die Gesellschaft, für unsere Gesellschaftsordnung - das möchte ich betonen - ein zentrales Thema umreißt. Dabei ist die Behandlung dieses Themas so besonders schwer, weil es so komplex ist, weil es einen ungeheuren wissenschaftlichen Tiefgang hat, der in der Kürze der Zeit und in solchen Foren schwer zu behandeln ist. Nichtsdestoweniger müssen wir uns dem Thema stellen. Ich glaube, der Ansatz, den die Debattenredner der Opposition einzuführen versucht haben, wird diesem Stichwort und der Situation nicht gerecht. ({1}) Herr Kollege Lenzer, wir können ein immer aktuelles und bedeutsames Thema - dazu gehört auch die Aussprache über die Zweite Fortschreibung - nicht in dieser intensiven Weise nur auf das Stichwort Schneller Brüter verengen. Man spürte förmlich den Drang, nach ein paar Einleitungsfloskeln gleich zu diesem Thema zu kommen. Das war keine Energiepolitik, das war das Streben, von Anfang an Machtpolitik zu zelebrieren, wobei die einleitenden Bemerkungen nur ein Vorwand dafür waren. ({2}) Aber es war nicht das Bemühen, in das Thema einzusteigen. Dieser schlechte Versuch - das muß ich leider sagen - wurde in anderer Weise vom Kollegen Waigel fortgesetzt, nämlich mit der Hervorhebung von Verfahrenshinweisen; unzureichende Zeit und dergleichen mehr. ({3}) Auch das stimmt nicht. Herr Kollege Narjes - wenn ich einmal zu ihm hinüberschauen darf - hat in der Debatte am 20. April 1978 und in vielen anderen Diskussionen gesagt, das Thema sei immer aktuell, es sei wichtig, wir hätten keine Zeit zu verlieren. Bitte, nutzen Sie die Zeit zu der umfassenden und tiefgehenden Diskussion und verengen Sie das Thema nicht auf eine Scheingenauigkeit, die der Gesamtproblematik nicht gerecht wird! ({4}) Von meinem Sitz aus und auch auf dem Weg zu diesem Pult habe ich den Vorwurf gehört, die Regierung, die sie tragenden Fraktionen prüften immer nur. Wir haben die Sachlage in der Vergangenheit - darauf werde ich gleich noch mit einigen Sätzen eingehen -, nämlich 1973 unter energiepolitischen Gesichtspunkten in diesem Hause geprüft und dann konsequent, Schritt für Schritt gehandelt. Da könnten wir vieles aufzählen. ({5}) In dieser Weise werden wir weitermachen. Aber was wir nicht wollen, ist - da nehme ich das Stichwort vom Kasernenhof auf, obwohl ich mich dort nur für 18 Monate als Wehrpflichtiger aufgehalten habe -, einfach zu handeln und das zur Maxime der Strategie zu erheben. Hauptsache ein Entschluß, und sei es auch der verkehrte - das kann nicht für ein so zentrales Thema mit solchen Langfristwirkungen gelten. ({6}) Das kann für das praktische Leben gelten, für Dinge, die man heute tut und morgen vergißt. Das kann aber nicht für ein solches Thema mit diesen Langfristwirkungen his in die Jahrtausendwende hinein gelten, die alle Bürger betreffen. Da muß man erst einmal feststellen, was richtig ist, was dem Gemeinwohl dient, und dann können wir uns auf das Handeln, auch auf das zügige und gemeinsame Handeln verständigen; aber nicht umgekehrt. ({7}) Dem möchte ich entgegentreten. In einer solchen Aussprache können wir uns gegenseitig messen, unsere Vorstellungen gegenüberstellen. Wir können die Energiepolitik, die die Koalition, die FDP und die SPD, betrieben haben, und das erste Energieprogramm an Ihren Vorschlägen messen, die Sie in den letzten fünf Jahren vorgebracht haben. Ende November 1973 ist dazu vom damaligen Bundeskanzler unter dem unmittelbaren Eindruck der damaligen Ölkrise, die erste umfassende Regierungserklärung abgegeben worden. Ist denn das alles vergessen? Das ist auf den Tag fast fünf Jahre her. Messen wir doch einmal daran, wer der bessere Ratgeber für das Gemeinwohl und für eine gute Energiepolitik gewesen ist, Sie von der Opposition oder die Regierungskoalition! ({8}) Wenn wir nicht diesen Fünfjahreszeitraum nehmen wollen, dann messen wir es doch einmal an der Zweiten Fortschreibung - die erste Lesung haben wir hier vor einem dreiviertel Jahr gehabt -, ob Sie dazu weitergehende; bessere, förderliche Vorschläge gemacht haben, ja oder nein. Oder wir könnten Sie auch ein klein wenig nach dem in die Pflicht nehmen, was Sie hier und heute als Oppositionsredner gesagt haben. Da möchte ich mir das eine oder andere schon herausgreifen; denn wir sollten dieses Thema diskutieren wo wir können, und nicht so verächtlich zu jemandem sagen: Ihr diskutiert das auf Parteitagen, Ihr solltet hier mit geschlossenen Meinungen kommen. Ist denn nicht gerade dieses Thema wert, überall diskutiert zu werden? Es wird in der Bevölkerung diskutiert, es wird auf Parteitagen diskutiert, und auch hier muß es diskutiert werden. Wir, Herr Kollege Waigel, sind stolz darauf, daß wir als FDP dieses Thema in der Tat intensiv diskutieren. ({9}) Sie machen energiepolitische Kongresse. Sie machen Kongresse mit Festreden verschiedener Art in Hannover und haben auf dem Hauptausschuß dann schlankweg etwas verabschiedet, was ich nur mit Mühe als Energieprogramm bezeichnen kann. Es kam fünf Jahre zu spät, und es ist ein dünner Abklatsch dessen, was wir 1973 konzipiert und schon längst verwirklicht haben. Mehr war es nicht. ({10}) Dann sollte man sich nicht so selbstgerecht hinstellen und so tun, als wüßte man, was für das Wohl unserer Bevölkerung in diesem Bereich das Richtige ist. Dann sollte man sich den einen oder anderen Satz etwas vorsichtiger auf der Zunge - ({11}) - Wie bitte? ({12}) - Wir haben für das Gemeinwohl 'eine ganze Menge verwirklicht. Die Richtung stimmt. Die ein oder zwei Fragen, die wir uns selbst stellen, die die Bürger stellen, diskutieren wir aus und werden sie auch zur rechten Zeit in eigener Handlungsmehrheit auch hier in diesem Haus verwirklichen. Da brauchen Sie gar keine Angst zu haben. ({13}) Sie brauchen nicht den Nothelfer der Regierung zu spielen oder spielen zu wollen, wie es hier gesagt worden ist. ({14}) - Diese hohlen Worte helfen doch überhaupt nicht weiter. Es klingt doch etwas makaber, wenn von einem Sprecher Ihrer Seite gesagt wird, die Kernenergie sei faktisch beherrschbar. Das geht hier so schlankweg übers Pult, als brauchte' man so etwas überhaupt nicht zu reflektieren. ({15}) - Das geht doch alles an der Sache vorbei, was Sie da im Moment sagen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Werner Zywietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002612, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Nein, das geht an der Sache vorbei. Ich nehme auch das Wort „anweisen" auf. Seien Sie nicht so heuchlerisch! Sollen wir auch in Gorleben anweisen? ({0}) Wie hat Herr Albrecht hier an diesem Pult laviert, als es darum ging, die Bedingungen, die wir von der FDP diskutiert haben, für den Leichtwasserreaktorenbau zu konkretisieren. Da hat er sich wie ein Aal gewunden; er hat mit aller diplomatischen Finesse hier flach und seitlich gebohrt. Da kommen Sie nicht zum Punkt. Soll da auch angewiesen werden? ({1}) Da reden Sie sich heraus, und auf der anderen Seite wollen Sie genau das gleiche. Das stimmt doch hinten und vorne nicht. Das müssen Sie sich doch einmal entgegenhalten lassen. Sie werden der Oppositionsrolle wirklich nur im Sinne des .Opportunismus in diesem Bereich gerecht, aber nicht im Faktischen. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, das Wort „heuchlerisch" wollen wir bitte nicht verwenden. ({0})

Werner Zywietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002612, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Dann sage ich: doppelgesichtig. Ich glaube, das ist ein deutliches Wort. Aber das, was ich gemeint habe, drücke ich damit parlamentsgerecht aus. ({0}) Es ist jedenfalls widersprüchlich. Da muß man auch die innere Konsistenz haben und die Maxime - Sie lesen doch sicherlich auch Kant; das ist doch so populär - des eigenen Handelns in dem einen Fall, was Sie für Gorleben in Anspruch nehmen, auch für die zweite Situation in NRW gelten lassen. Das muß wirklich zum Gebot der Fairneß und des Anstandes in der Politik gehören. ({1}) - Halten Sie das meiner Jugend zugute, Herr Kollege Wehner, daß mir noch die Erfahrung fehlt, um das alles hier so rasch einzuordnen. ({2}) Aber ich bin für den hilfreichen Einwand dankbar. Wir lassen uns nicht davon abbringen, auch wenn Sie jetzt hier die Debatte auf den Kopf stellen wollen und in eine bestimmte Richtung zielen, fernab einer verantwortlichen Energiepolitik. ({3}) - Das wollen Sie nicht hören, weil Sie da wenig vorzuweisen haben. ({4}) Ich möchte hier drei, vier Minuten darauf verwenden, zu verdeutlichen, daß unser energiepolitisches Konzept und auch das, was in der Zweiten Fortschreibung zum Ausdruck kommt, die -richtige Konzeption ist und die richtige Aktualisierung darstellt. In ein, zwei Fragen sind wir bereit, weiter nachzudenken und auch zur rechten Zeit zu handeln; aber das Konzept hat gestimmt. Haben Sie denn vergessen, was sich 1973 ereignet hat? Das erste Energieprogramm in der Geschichte dieser Republik ist von dieser Koalition konzipiert worden. Ich füge hinzu; Die Stichworte, die Akzente, die gesetzt worden sind, Technologie, rationelle Energieverwendung, sind für heute und für die Zukunft genau die zentralen Stichworte. Ich bin persönlich bereit, einzugestehen, daß wir unter dem Eindruck der damaligen Krise von 1973 bis 1974 vermutlich in einem Reflex etwas zu stark die Politik „Weg vom 01" betrieben und das 01 vom Gesamtenergiebedarf abgebucht haben und an Stelle dessen Nuklearenergie eingebucht haben, ohne das hinsichtlich der Bedingungen und Verwirklichungen hinreichend durchzuspielen und zu überprüfen. Aber in den letzten drei Jahren haben wir das getan, nicht nur hier im Hause. Auch der Bürger stellt diese Fragen, und es ist deutlich geworden, daß es noch eine ganze Menge von Fragen in diesem Bereich gibt, die der Überprüfung unterzogen werden müssen. Warum äußern Sie sich so verächtlich über Restbedarfsphilosophie? Warum? ({5}) Wir wollen eine Politik machen - und haben sie auch bisher gemacht -, bei der keine Lichter ausgegangen sind, und jeder, der Energie durch unsere Politik brauchte, hat sie bisher zu vernünftigen Konditionen bekommen. Hören Sie doch auf mit diesen Monsterbildern! ({6}) - Ich hätte Ihnen auch einen etwas gescheiteren Zuruf zugebilligt. Das möchte ich gern zurückgeben. ({7}) Diese Monsterbilder haben nicht gezogen. Erst wurde immer mit den Schlagworten operiert: Die Lichter gehen aus, der Volkswirtschaft wird Schaden zugefügt. Jetzt werden Bilder an die Wand gemalt: Wenn es nicht sofort und unmittelbar so stramm und strikt mit dem Brüter vorangeht, wird riesiger Schaden entstehen. Sicher wollen wir die Option offenhalten; das ist von den Vorrednern gesagt worden. Das ist alles in Ordnung. Aber Sorgfalt wollen wir nicht unter den Wagen kommen lassen, indem wir hier nur zur hastigen Eile mahnen. Das wird der Sache nicht gerecht. ({8}) Wir wollen eine Nuklearentwicklung mit Bedingungen im Sicherheitsbereich, und wir wollen sie in einem fairen Dialog in der Aufklärung und Annahme auch von. Vorstellungen und Anregungen mit der Bevölkerung realisieren. Und was die Bedingungen und die Restmengenphilosophie anbelangt: Wir verringern die Risiken, die mit der Kernenergie verbunden sind, wenn wir wirklich nicht mehr davon realisieren, als wir für unsere wirtschaftliche Entwicklung brauchen. Das halte ich, so einfach es auch klingen mag, für richtig.- Deswegen hat in der Zweiten Fortschreibung, in der Entschließung zu diesem aktualisierten Bericht die rationelle Energieverwendung, die Entkoppelung des Energiebedarfs vom Wirtschaftswachstum den zentralen Stellenwert. Wir unterstreichen diese Passagen der Entschließung voll und ganz. Wir möchten sie noch härter, noch dynamischer interpretiert wissen; denn hier stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung; in der noch manches in der weiteren Zukunft getan werden muß, damit wir aus einem übertriebenen Nukleardruck bei den Leichtwasserreaktoren herauskommen. ({9}) - Das sind überhaupt keine Ausflüchte, das ist die Verquickung der Mengenkomponente im Nuklearbereich mit dem Sicherheitsverlangen, das wir haben. ({10}) Ein zweiter Bereich ist natürlich der Wunsch, die Betriebssicherheit zu erhöhen. Ich habe hier von Herrn von Hassel gehört, der auch einmal in diesem Haus zugegen ist und der sich zu Problemen des Wahlkreises en passant geäußert hat - denn Brokdorf liegt in seinem Wahlkreis -, daß die Betriebssicherheit ein elementares Anliegen ist. - Da schütteln Sie den Kopf. ({11}) Aber deswegen können wir nicht nonchalant darüber hinweggehen. Alles, was zur Betriebssicherheit, die zweifelsohne ein hohes Niveau hat, gesagt worden ist, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß wir dieses Niveau noch erhöhen können und müssen; denn das, was in Brunsbüttel geschehen ist, daß alle. noch so technischen Regelmechanismen der Sicherheit manuell außer Kraft gesetzt werden und der Unsicherheitsfaktor Mensch hineingekommen ist, dürfen wir nicht einfach übergehen. Daraus müssen wir doch auch Konsequenzen ziehen! ({12}) Der dritte Punkt, den wir doch auch ernst nehmen müssen, ist die Entsorgung. Jawohl, Restbedarf, das, was nötig ist, zur rechten Zeit - unter der Bedingung der Entsorgung! Da habe ich ja schon auf Gorleben abgestellt. Dabei kann es- für die Parlamentarier - zumindest für uns von der liberalen Fraktion - nicht so sein, daß wir Bedingungen stellen und verlangen, daß die Entsorgung auch von der Seite der- Regierung her gesichert sein muß, daß dann aber Mitglieder dieses Hohen Hauses nicht die Möglichkeit bekommen, in die Verträge Einsicht zu nehmen und sich davon zu überzeugen, ob die Entsorgung wirklich gesichert ist. Das ist doch ein Unding, das ist doch hanebüchen! ({13}) Wo sind wir denn? Das muß doch jedem Parlamentarier zentral treffen. Wer als Parlamentarier für Bedingungen ist, muß auch die Chance haben, diese Bedingungen im konkreten Fall zu überprüfen. ({14}) Sonst kann man anderen Operateuren diese Verantwortung nicht übertragen. Das ist eine ganz einfache Schlußfolgerung. ({15}) - Da würde ich Ihnen mit dem Volksmund antworten: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dieses Ziel der parlamentarischen Verantwortung - das Recht, die Bedingungen zu konzipieren und zu überprüfen - hat Vorrang, und wer das will, wird auch den Weg finden, das zu realisieren. Da hat alles andere zurückzustehen. ({16}) - Ich bin da mehr für die zivile Haltung. ({17}) Was das demokratische Verfahren anlangt, so wird doch an vielen Stellen in der Bevölkerung gesagt, „die da oben" - und damit sind Parteien, sind Parlamentarier, Mandatsträger gemeint - nehmen nicht mehr das auf, was wesentliche, was beachtliche Teile der Bevölkerung denken. Deswegen sind wir, glaube ich, alle miteinander gut beraten, hier etwas sensitiver zu sein. Auch wenn es nicht in unserem Lande ist, auch wenn es eine spezielle Fragestellung hat: Beispielsweise eine Umfrage wie die in Osterreich bin ich als Demokrat sehr ernst zu nehmen bereit, auch wenn wir modifizierte Schlußfolgerungen daraus zu ziehen haben. ({18}) Aber die Fragestellung ist in der Bevölkerung gegeben, und deswegen -.mit diesem Gedanken möchte ich die Schlußbemerkungen einleiten - sind wir von der FDP voll dafür, ({19}) daß solche zentralen Entscheidungen in diesem Bereich hier im Parlament - wie heute beginnend - diskutiert und auch getroffen werden. Ich bin nicht der Meinung eines Vorredners, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe ja zum Ausdruck gebracht, das Genehmigungsverfahren sei soweit in Ordnung. Es ist gut, festzustellen, daß es formal in Ordnung ist. Aber das Verfassungsgericht hat, soweit ich sein Urteil in Passagen kenne, auch zum Ausdruck gebracht, daß der Entscheidungsfreiraum, hier tätig zu werden, für das Parlament gegeben ist. Es liegt jetzt an uns - an jedem, je nachdem, wo er politisch steht -, das zu nutzen oder nicht zu nutzen. Wir in der FDP sind der Meinung, wir haben das zu nutzen, um unserem parlamentarischen Auftrag bei diesen Zukunftsfragen gerecht zu werden. ({20}) - Wir sind ja nicht immer ganz so stürmisch beim Brüten wie Sie, Herr Kollege Lenzer, und darum ist es zunächst einmal folgerichtig, daß wir diese Enquete-Kommission einsetzen, daß wir im Parlament Herr des Verfahrens werden, aber - ({21}) - Ach, Wiedervorlage 1984! Wir können alle halbe Jahre eine Energiedebatte darüber führen, und wir werden Stück für Stück - ({22}) Wir werden in diesem Bereich und in dieser Fragestellung keiner Versäumnisse schuldig werden. Darauf können Sie sich verlassen. ({23}) - Es ist ja gut, daß die Stimmung vor der Mittagspause hier so ansteigt! Wir sind für diese Enquete-Kommission, weil sie geeignet ist, dieser komplexen Problematik im Hinblick auf die anstehenden Entscheidungen besser gerecht zu werden, weil sie auch geeignet ist, uns für die Entscheidungen die Datenaufbereitung und die Entscheidungsmuster an die Hand zu geben, damit nicht viele Kollegen mehr nach Gefühl als aus Kenntnis von Fakten, aus Einsichten und Bewertungen entscheiden müssen, sondern die Fakten, die Entscheidungsmuster und die Alternativen mit ihren Pro- und Contra-Aspekten besser vor Augen haben und zum Zwecke der Entscheidung besser nachvollziehen können. Damit werden wir auch der Würde dieses Hauses und der Komplexität des gesamten Themenbereichs besser gerecht. In diesem Sinne sehen wir diesen aktualisierten Bericht und die Fortschreibung, und in diesem Sinne werden wir auch der Entschließung zustimmen. ({24})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Ich möchte noc bekanntgeben, daß der Ältestenrat heute erst um 13.30 Uhr zusammentritt, und zwar im: Herrenruheraum. Die Sitzung ist bis 14 Uhr unterbrochen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die Sitzung ist wieder eröffnet. Meine Damen und Herren, wir fahren in der Behandlung des Punktes 1-der Tagesordnung fort: Fragestunde - Drucksache 8/2365 Zunächst der Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Uns steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Grüner zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Spöri auf: Kann nach Auffassung der Bundesregierung das von Friedrich Karl Flick auf der gleichen Pressekonferenz hervorgehobene Umstrukturierungsziel der Flick-Gruppe im Fall der Beteiligung am Gerling-Konzern vor dem Hintergrund des von Flick bestätigten Steuerbegünstigungsantrags nach § 6 b des Einkommensteuergesetzes grundsätzlich einen „volkswirtschaftlich besonders förderungswürdigen" Vorteil darstellen?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Die Bundesregierung hat bereits auf Ihre Anfrage in der Fragestunde vom 20. April 1978 unter Hinweis auf eine Mitteilung der Firma Flick an die Presse bestätigt' daß ein Antrag nach § 6 b Einkommensteuergesetz für eine Beteiligung am Gerling-Konzern vorliegt. Die Bundesregierung ist dabei auf die strukturpolitischen Beurteilungskriterien eingegangen, die dem Prüfungsverfahren, das noch nicht abgeschlossen ist und ebenfalls im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister erfolgt, nach der gesetzlichen Bestimmung zugrunde gelegt werden. müssen. Nähere Einzelheiten zum Stand der Beurteilung des konkreten Antrags können ohne Verstoß gegen das Steuergeheimnis nicht mitgeteilt werden. Die Bundesregierung ist nicht berechtigt, bei der Beantwortung parlamentarischer Anfragen das gerade erst wieder in der neuen Abgabenordnung 1977 vom Parlament verankerte Steuergeheimnis zu verletzen. Dazu sollte sie auch nicht indirekt von Mitgliedern der' Legislative aufgefordert werden. Diese Bindung an das Gesetz hat Parlamentarischer Staatssekretär Böhme 'auf Ihre Anfrage in der Fragestunde vom 10. Mai 1978 ja sehr klar und ausführlich begründet und dargelegt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Spöri.

Dr. Dieter Spöri (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002203, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir zumindest Auskunft darüber geben, bis wann die Bundesregierung im Rahmen der gegebenen. gesetznchen Bestimmungen - § 6 b des Einkommensteuergesetzes - verpflichtet ist, eine Entscheidung über den Förderantrag von Flick zum Anlagefall Gerling herbeizuführen?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Ich kann Ihnen dazu keine Auskunft geben. Es gibt meines Wissens keine zeitliche Begrenzung, aber selbstverständlich ist die Bundesregierung verpflichtet, unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, derartige Anträge zu bearbeiten und zu entscheiden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte. ,Dr. Spöri ({0}) : Herr Staatssekretär, halten Sie es eingedenk Ihrer Kritik an meiner Fragestellung, die an das Steuergeheimnis rühren soll, eigentlich für sinnvoll, wenn über Milliardenprojekte entschieden wird - mit der Folgewirkung von Steuernachlaß im Umfang von Hunderten von Millionen DM -, ohne daß das Parlament hier irgendwie .von seiten der Exekutive rückgekoppelt wird? Mir ist bewußt, daß dies natürlich auf gesetzlicher Basis erfolgt. Halten Sie dieses Phänomen aber nicht für reformbedürftig?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, ich habe schon in der gestrigen Fragestunde zum Ausdruck gebracht, daß ich volles Verständnis für das Informationsbedürfnis des Parlaments habe, insbesondere angesichts der Größe und Bedeutung der hier zur Wiederanlage anstehenden Beträge. Ich habe aber auch um Verständnis dafür gebeten, daß die Regierung an die Entscheidung des Parlaments gebunden ist und das Steuergeheimnis wahren muß. Ich verweise hier auf Ihre Diskussion mit dem Kollegen Dr. Böhme in dieser Frage, in der Ihnen in der Fragestunde dargestellt worden ist, wie die Rechtslage ist und welche Möglichkeiten das Parlament hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kühbacher. Kühbacher ({0}) Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Befürchtung, daß angesichts der offenliegenden Besteuerung der Arbeitnehmer - die Einkommensteuertabellen sind im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, und jeder kann nachrechnen, wieviel er an Steuern zu bezahlen hat und wieviel sein Nachbar zu bezahlen hat - die Vorgänge, die sich um den Fall Flick hinter dem Grauschleier des Steuergeheimnisses vollziehen, geeignet sind, das Vertrauen des Bürgers in die Steuergerechtigkeit in diesem Staat zu erschüttern?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Ich teile diese Befürchtung nicht; denn auch die Arbeitnehmereinkommen unterliegen dem Steuergeheimnis. Sie fragen mich jetzt aber hier nicht konkret nach einem Arbeitnehmereinkommen. Ich bitte noch einmal, darauf hinweisen zu dürfen, daß das Informationsbedürfnis von mir voll gesehen wird, daß aber Sie als Legislative aus wohl.Parl. Staatssekretär Grüner erwogenen Gründen das Steuergeheimnis so definiert haben, wie das die Bundesregierung auf die Anfragen, die in dieser Sache an uns gerichtet werden, immer wieder darlegt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Ab-' geordneter Bindig.

Rudolf Bindig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000181, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da Sie sagen, daß. Sie aus Steuergeheimnisgründen nicht die Möglichkeit haben, zum konkreten Fall etwas mehr auszuführen, frage ich Sie: Können Sie uns vielleicht einmal umreißen, wann eine Großtransaktion nicht volkswirtschaftlich besonders förderungswürdig ist, können Sie dafür einige Kriterien vorlegen? Grüner, Parl: Staatssekretär: Herr Kollege, wir haben die Kriterien mehrfach schriftlich und mündlich erörtert. Es würde uns nicht weiterführen, hier abstrakt diese Darlegungen zu wiederholen. Ich bitte dafür um Verständnis.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf: Trifft es zu, daß der Bundeswirtschaftsminister seine kürzlich auf dem Mainzer FDP-Parteitag geäußerte Auffassung, wonach sich die Deutsche Bundespost darauf konzentrieren solle, die öffentlichen Fernmeldenetze zu errichten und zu betreiben, aber aus ordnungspolitischen Gründen darauf verzichten müsse, als Anbieter von neuartigen Fernmeldegerten tätig zu werden, revidiert hat, und welches sind zutreffendenfalls die Grande dafür?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, der Bundesminister für Wirtschaft ist nach wie vor der Meinung, daß die Deutsche Bundespost sich grundsätzlich darauf konzentrieren sollte, die öffentlichen Fernmeldenetze zu errichten und zu betreiben, nicht aber als Anbieter von Fernmeldegeräten tätig zu werden. Im Fall Telefax hat die Deutsche Bundespost jedoch dargelegt, daß sie die für den weiteren Ausbau des Dienstes notwendige Betriebserfahrung nur über eine Beteiligung am Endgerätemarkt erhalten könne. Der Bundesminister für Wirtschaft hat sein nach § 14 des Postverwaltungsgesetzes erforderliches Einverständnis erteilt, nachdem mit der Deutschen Bundespost Einigkeit darüber erzielt werden konnte, daß sie ihren Marktanteil nur so weit ausdehnen wird, wie dies zur Erzielung dieser Betriebserfahrung notwendig ist, ohne daß eine marktbeherrschende Position entsteht, keine Alleinvertriebsrechte für Telefax-Endgeräte zum Gegenstand vertraglicher Bindungen machen und die Betriebsergebnisse dieses Dienstes in einer gesonderten Leistungs- und Kostenrechnung ausweisen wird. Der Bundesminister für Wirtschaft hat erklärt, daß die Entscheidung über den Telefax-Gerätemarkt für ihn kein Präjudiz für künftige Entscheidungen im Telekommunikationsbereich ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, heißt dies, daß ein Dissens zwischen dem Bundeswirtschaftsminister und dem Bundespostminister hinsichtlich der grundsätzlichen Haltung zum sogenannten Endstellengeschäft vorliegt und daß sich dies künftig. auch in der Haltung des Postverwaltungsrats bemerkbar machen wird?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Nein, das heißt das nicht, sondern das heißt, daß unterschiedliche Positionen - auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten - mit dem Bundespostminister diskutiert worden sind und in der Frage Telefax zu der hier vorgetragenen Meinung geführt haben, die selbstverständlich mit dem Bundespostminister abgestimmt ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte, Herr Kollege.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, daß die Handhabung des sogenannten Endstellengeschäftes durch die Bundespost auch im Sinne der Wirtschaft bestmöglich geregelt ist, oder sind nach Ihrer Meinung hier Änderungen, auch gesetzlicher Art, notwendig?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Wir sehen keine Veranlassung für gesetzliche Regelungen, wenn man einmal davon absieht, daß wir ein scharf greifendes Kartellrecht haben. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Meinungen in dieser Frage auch innerhalb der Wirtschaft sehr geteilt waren. Wir glauben, daß wit mit dem Bundespostminister in der Telefax-Frage eine Lösung gefunden haben, die den beiderseitigen und aus der Ressortverantwortung verständlichen Standpunkten Rechnung trägt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wird die Bundespost Erfahrungen, die sie auf dem Wege, den Sie beschrieben haben, gewinnen wird, der Öffentlichkeit und interessierten Firmen bekanntgeben, oder wird sie sie zur eigenen. wirtschaftlichen Nutzung behalten?

Martin Grüner (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000738

Herr Kollege, ich kann Ihnen dazu keine Auskunft geben, einfach wegen mangelnder Zuständigkeit nicht.. Ich bitte Sie, diese Frage an den zuständigen Minister zu richten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär: Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Die dort eingereichten Fragen 96 und 97 des Herrn Abgeordneten 'Gerster ({0}) werden auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. . Wir kommen' nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen.- Zur .BeantworVizepräsident Frau Renger tung der Fragen steht Herr Staatsminister Dr. von Dohnanyi zur Verfügung. Ich rufe die Frage 98 des Herrn Abgeordneten Dr. von Geldern auf: Teilt die Bundesregierung die in der Zeitschrift „Zeitlupe" Nr. 8/1978 der Bundeszentrale für politische Bildung vertretene Auffassung, daß zwar in vielen Teilen Asiens und Afrikas, in fast ganz Lateinamerika sowie in Mexico „schwere Menschenrechtsverletzungen" festzustellen seien, im gesamten Ostblock, einschließlich Sowjetunion, Kuba, China und der DDR jedoch nur „Menschenrechtsverletzungen", die auf einer Weltkarte als weniger gravierend gekennzeichnet sind? Bitte, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege, Ihre Frage gibt die Darstellung in der Zeitschrift „Zeitlupe" nach meinem Eindruck nicht vollständig wieder. Die Herausgeber selbst haben im erläuternden Text darauf hingewiesen, daß die Einordnung der Staaten in Gruppen wegen des fließenden Übergangs von einer Gruppe zur anderen schwierig sei.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, stimmen Sie mir denn darin zu, daß die in der genannten Zeitschrift abgedruckte Weltkarte, die für den Grad von Menschenrechtsverletzungen dreierlei Farben vorsieht und die Länder entsprechend einzeichnet, unzutreffend ist?

Not found (Gast)

Nein, Herr Kollege, ich kann Ihnen darin nicht zustimmen. Auf der Karte wird der Versuch gemacht - mit den Einschränkungen der Herausgeber, auf die ich soeben auch hingewiesen habe -, zwischen schweren Menschenrechtsverletzungen wie Folterungen, politischen Morden usw. und solchen Menschenrechtsverletzungen zu unterscheiden, die hier als willkürliche Verhaftung, Verfolgung Andersdenkender, Umerziehungslager, politische Gefangene, längere Haft ohne Richterspruch usw. bezeichnet werden. Diese beiden Stufen werden unterschieden. So fragwürdig es ist, dies mit scharf umrissenen Grenzen und mit unterschiedlichen Farben darzustellen, kann ich Ihnen nicht bestätigen, daß diese Darstellung völlig falsch )sei.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage; bitte.

Dr. Wolfgang Geldern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000656, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, dann darf ich Ihrer Antwort entnehmen - ich frage Sie, ob ich das entnehmen darf -, daß die Menschenrechtsverletzungen in der UdSSR, in der DDR, in Kuba, in anderen Ländern des Ostblocks auch von Ihnen für weniger gravierend erachtet werden als die Menschenrechtsverletzungen etwa in Mexiko und in anderen Ländern Lateinamerikas?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich bedauere, ich muß noch einmal wiederholen: Die Zeitschrift, die mir vorliegt und auf die Sie sich in Ihrer Frage beziehen, versucht, zwei Typen von Menschenrechtsverletzungen zu unterscheiden: Folterungen, politische Morde und ähnliches auf der einen .sowie, wie ich bereits zitierte, willkürliche Verhaftungen, Verfolgung Andersdenkender usw. auf der anderen Seite. Diese Unterscheidung - so problematisch sie ist, wenn man sie mit so fest umrissenen Grenzen einzeichnet - ist nicht völlig unrichtig.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, teilen Sie dann wenigstens meine Auffassung, daß die Einordnung der Sowjetunion in die von dieser Zeitschrift gewählte Kategorie schon deswegen falsch ist, weil sogar durch höchstrichterliches Urteil eines deutschen Gerichts politische Morde - von der obersten Führung angeordnet - festgestellt worden sind und weil wir aus zahlreichen Zeugenaussagen wissen, daß in psychiatrischen Anstalten auch gefoltert wird, so daß eine Einordnung der Sowjetunion unter die Staaten, in denen nicht gefoltert wird, schon deswegen unzutreffend sein muß?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich kann Ihren Versuch, hier eine so scharfe Trennung darzustellen, nicht teilen. Ich will noch einmal auf das mir vorliegende Exemplar zurückkommen, in dem ja vier Länder hervorgehoben bzw. vier Fälle dargestellt worden sind. Es handelt sich um einen Fall in Guinea, um einen Fall in Syrien, um einen Fall in der UdSSR und um einen Fall in El Salvador. Ich kann also der Behauptung nicht zustimmen, es handele sich hier um eine Verzerrung der Lage in der Welt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Broll.

Werner Broll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000271, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, halten Sie den Schießbefehl und seine Anwendung für eine einfache Menschenrechtsverletzung im Sinne der blauen Färbung oder für eine schwere Menschenrechtsverletzung im Sinne der schwarzen Färbung dieser Karte?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich komme auf das zurück, was ich soeben gesagt habe: Es ist problematisch - es ist auch von den Herausgebern der Zeitschrift selbst als problematisch angesehen worden -, dies mit scharf umrissenen Grenzen darzustellen. Es geht den Herausgebern offenbar um die Darstellung typischer Formen von Menschenrechtsverletzungen. In diesem Sinne scheint mit. der Versuch, der mit dieser Karte gemacht wird, nicht völlig verfehlt zu sein. Aber ich gebe durchaus zu, daß es ein fragwürdiger Versuch . ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauer.

Helmut Sauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001921, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, halten Sie die kommunistischen Nervenkliniken für nicht so bedeutsam, daß auch im Bereich des Ostblocks, speziell in dem der Sowjetunion, die schwarze Farbe hätte eingetragen werden müssen?

Not found (Gast)

Herr Kollege, durch das erneute Wiederholen derselben Frage können Sie mich nicht zu einer anderen Antwort bringen. Es ist in der Tat so, wie ich gesagt habe: Hier wird der Versuch gemacht, typische Formen von Menschenrechtsverletzungen bestimmten Regionen auf der Erde zuzuordnen. Ich sehe, daß dies ein fragwürdiger Versuch ist, aber er ist nicht völlig unzutreffend.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 101 des Herrn Abgeordneten Schäfer ({0}) auf: Stehen nach Kenntnis der Bundesregierung die Ausweisung eines weiteren katholischen Priesters durch den südafrikanischen Generaladministrator in Namibia so wie auch frühere Ausweisungen von Missionaren verschiedener Kirchen in Zusammenhang mit deren Erfahrungen über Folterungen, Tötungen und Einschüchterungen von Anhängern der SWAPO durch südafrikanisches Militär und die Polizei?

Not found (Gast)

Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß sich der erste Teil Ihrer Frage auf die am 27. November dieses Jahres verfügte Ausweisung des Leiters der Missionsstation Tsumeb/Namibia, des deutschen Paters Hermann Klein-Hitpass, bezieht. Die Bundesregierung glaubt nicht, daß diese Ausweisung aus den von Ihnen angenommenen Gründen erfolgt ist. Sie ist vielmehr der Auffassung, daß Anlaß der Ausweisung ein von Pater Klein-Hitpass an seine Gemeinde versandter Rundbrief war, der die Feststellung enthielt, daß eine Enthaltung bei den von Südafrika durchgeführten internen Wahlen möglich und mit dem Gewissen vereinbar sei. Hingegen geht die Bundesregierung davon aus, daß z. B. die am 14. Juli 1978 erfolgte Ausweisung des Provinzials des Vikariats Windhuk, des deut-. schen Paters Heinz Hunke, mit dessen Veröffentlichungen über Praktiken südafrikanischer Sicherheitskräfte bei Verhören politischer Gefangener oder Verdächtiger zusammenhängt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schäfer.

Helmut Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001932, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatsminister, ist der Bundesregierung in diesem Zusammenhang Näheres über das Schicksal der vor kurzem in Windhuk nach unseren rechtlichen Vorstellungen widerrechtlich verhafteten Mitglieder der internen SWAPO, insbesondere des im kirchlichen Dienst arbeitenden und vielen Mitgliedern dieses Hauses persönlich durch Gespräche bekannten Herrn Daniel Tjongarero bekannt?

Not found (Gast)

Ja, das ist richtig.

Helmut Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001932, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wissen Sie Näheres über das, was passiert ist?

Not found (Gast)

Ich kann hier im Augenblick Näheres dazu nicht sagen. Der Vorgang ist aber bekannt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragen 99 und 100 werden auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Jungmann, schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe jetzt die Frage 102 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf: Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Verletzung der Religionsfreiheit und über Unterdrückungsmaßnahmen insbesondere gegen Geistliche der katholischen Kirche in der Tschechoslowakei, und was hat die Bundesregierung im Rahmen der Vereinten Nationen oder der KSZE gegen diese Menschenrechtsverletzung unternommen? Bitte, Herr Staatsminister.

Not found (Gast)

Herr Kollege Jäger, nach der Bundesregierung zur Verfügung stehenden Informationen gibt es - wie in anderen osteuropäischen Ländern - nach wie vor auch in der CSSR Maßnahmen, die die Lage der Kirche und der Gläubigen erheblich erschweren. Die Bundesregierung hofft, daß die Gespräche zwischen dem Vatikan und der CSSR, die in diesem Jahr u. a. die Inthronisierung von Kardinal Tomašek als Erzbischof von Prag möglich gemacht haben, fortgesetzt werden und zu konkreten Verbesserungen führen. Die Bundesregierung mißt der Behandlung von Fragen der Religionsfreiheit große Bedeutung zu. Sie hat deswegen in den Vereinten Nationen an den Beratungen über einen Erklärungsentwurf zur „Beseitigung jeglicher Form von religiöser Intoleranz" aktiv mitgearbeitet.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, hat die Bundesregierung über die von Ihnen eben erwähnte Initiative hinaus im bilateralen Verhältnis zur Tschechoslowakei Maßnahmen ergriffen, um die Regierung der Tschechoslowakei zu veranlassen, auf ihre Behörden im Sinne einer Unterlassung solcher menschenrechtswidriger Handlungen einzuwirken?

Not found (Gast)

Herr Kollege, wir haben natürlich in erster Linie die Beratungen im Rahmen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, also die Beratungen in Belgrad für derartige Hinweise genutzt. Sie wissen aber, daß die Bundesregierung keine Gelegenheit ausläßt, um bei Gesprächen mit Partnern aus der CSSR auch auf solche Probleme hinzuweisen und dabei im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten Hilfe zu geben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, bitte.

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist der Bundesregierung bekannt, daß gerade in jüngster Zeit vor allem in der Slowakei eine massive Verschärfung nicht nur der atheistischen Propaganda, sondern vor allem des Drucks auf katholische Gläubige festzustellen ist, denen z. B., wenn sie an Krankenhäusern als Ärzte oder Pfleger tätig sind, untersagt wird, an Gottesdiensten teilzunehmen, oder die unter massiven Druck gesetzt werden, wenn sie um die Erlaubnis nachsuchen, die Kinder zum Religionsunterricht zu senden?

Not found (Gast)

Ich kann nicht pauschal bestätigen, was Sie hier relativ pauschal gefragt haben. Nach den mir vorliegenden Berichten aus dem Sommer dieses Jahres gibt es auch in kirchlichen Kreisen in der CSSR einen gewissen Optimismus für eine Verbesserung der Lage. Aber es mag durchaus in dem einen oder dem anderen Teil der CSSR zu Schwierigkeiten gekommen sein, wie Sie beschrieben haben. Jedoch die Gesamtentwicklung als eine negative Entwicklung darzustellen, würde nach unserer Auffassung der Lage in der CSSR nicht entsprechen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sauer.

Helmut Sauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001921, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsminister, war das Schicksal katholischer Geistlicher, insbesondere Ordensleute und Ordensschwestern, Gesprächsthema der Bundesregierung mit dem tschechoslowakischen Staats- und Parteichef Husak anläßlich seines Besuches hier in Bonn, vor allem deswegen, weil im Namen der Katholischen Bischofskonferenz Eminenz Kardinal Döpfner zu dem Besuch ein Papier mit den gravierendsten Maßnahmen des Staates gegen die katholische Kirche in der CSSR-veröffentlicht hat?

Not found (Gast)

Ich sagte Ihnen eben gerade, Herr Kollege, daß die Bundesregierung die Gelegenheit wahrnimmt, um im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten über diese Probleme zu sprechen. Ich bin im Augenblick nicht sicher, an welcher Stelle der Punkt in den Gesprächen aufgegriffen worden ist, und kann Ihnen das daher im Augenblick nicht bestätigen. Aber ich bin gerne bereit, der Sache noch einmal nachzugehen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister. Die Frage 103 - des Abgeordneten Spranger - wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gallus steht zur Beantwortung zur Verfügung. Frage 38 - des Herrn Abgeordneten Simpfendörfer -: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit den Fragestunden am 19. Oktober und 8. November 1978 ergriffen, um der deutschen Geflügelwirtschaft durch Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen in der Produktion von Eiern und Geflügel nachhaltig zu helfen, und ist die Bundesregierung bereit, falls es keine anderen Möglichkeiten gibt, ebenfalls nationale Beihilfen auf den Ankauf von Junghennen zu gewähren?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege Simpfendörfer, die Bundesregierung hat die augenblicklich schwierige Lage des gemeinsamen Marktes für Eier und Geflügel wiederholt auf nationaler und gemeinschaftlicher Ebene angesprochen. Sie hat dabei insbesondere die möglichen Auswirkungen des niederländischen Investitionsberechnungsgesetzes, des sogenannten WIR-Gesetzes, vom 24. Mai 1978 anläßlich des informellen Treffens der EG-Agrarminister in Bad Wiessee am 20./ 21. Oktober 1978 und in der Sitzung der EG-Agrarminister am 20./21. November 1978 verdeutlicht. Zugleich hat sie die Kommission der EG Anfang November 1978 mit Nachdruck schriftlich um Überprüfung ihrer Entscheidung nach Art. 93 Abs. 2 des EWG-Vertrages gebeten. Die Kommission der EG hat eine umgehende und detaillierte Überprüfung aller Umstände, die zu der augenblicklich schwierigen Lage auf dem gemeinsamen Markt für Eier und Geflügel, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland, beigetragen haben, zugesagt. Zugleich hat die Bundesregierung bei der Kommission der EG mit Nachdruck eine Erhöhung der Exporterstattungen im Eiersektor beantragt und von dieser zugesagt erhalten. Zu einer Entlastung vor allem des deutschen Marktes dürften im übrigen die von der CMA zugesagte gezielte Sonderaktion zugunsten des Absatzes deutscher Eier sowie die von den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zugesicherten verstärkten Grenzkontrollen bei der Einfuhr von Eiern aus den Niederlanden beitragen. Die Bundesregierung hat darüber hinaus die betroffenen Spitzenverbände der deutschen und der niederländischen Geflügelwirtschaft zu einer bilateralen Erörterung der augenblicklichen Lage und der Ausarbeitung von Lösungsmöglichkeiten aufgefordert. Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, nationale Beihilfen für den Ankauf von Junghennen zu gewähren. Sie ist vielmehr der Auffassung, daß die Bezuschussung des Ankaufs von Junghennen mit dem EG-Wettbewerbsrecht nicht zu vereinbaren ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Abgeordneter Simpfendörfer.

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten der offensichtlich umfassenden Aktivitäten der Bundesregierung in dem Sinne, daß sich die Lage am Eiermarkt und im Interesse der eierproduzierenden Betriebe entspannt?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, die Situation kann ich nur dahin gehend beurteilen, daß in jedem Jahr zwangsläufig vor Weihnachten eine etwas günstigere Situation für die Eierwirtschaft insgesamt entsteht. Schlimm dagegen wird es danach, weil schon während der Weihnachtsfeiertage ein gewisser Stau in bezug auf den Absatz von Eiern entstehen wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Abgeordneter Simpfendörfer.

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich teile Ihre Auffassung, daß nationale Beihilfen nicht zweckmäßig wären. Aber dies hätte zur Voraussetzung, daß die Wettbewerbsverzerrungen auf EG-Ebene unterbunden würden. Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten Ihrer Bemühungen in dieser Richtung?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, ich kann der Entscheidung der Kommission nicht vorgreifen. Aber von der Bundesregierung ist alles unternommen worden, um die Maßnahme der Investitionshilfen z. B. zur Aufstallung von Legehennen in Holland zu unterbinden, weil wir das als wettbewerbsverzerrend nach dem EWG-Vertrag ansehen. Wir hoffen, daß die EG unserer Auslegung folgt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Ritz.

Dr. Burkhard Ritz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001859, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß sich die durch die Investitionshilfen gewährten Zuschüsse in einer Größenordnung von rund 1 DM pro Legehenne bewegen und daß damit doch ein Kostenvorteil entsteht, der mit einem gemeinsamen Agrarmarkt nichts zu tun hat, und daß eben hier doch schnellstens Abhilfe geschaffen werden muß?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, ich kann Ihnen nicht widersprechen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Susset.

Egon Susset (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn Sie hier namens der Bundesregierung die holländischen Maßnahmen als Wettbewerbsverzerrung bezeichnen, was gedenkt dann die Bundesregierung konkret zu tun, um diese Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, die Bundesregierung ist nicht die EG-Kommission, bei der wir deutlich interveniert haben. Die Kommission muß entscheiden. Ich hoffe aber, daß sie in unserem Sinne entscheidet.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Überlegungen angestellt, um den durch die Wettbewerbsverzerrung in Existenznot geratenen Betrieben der Bundesrepublik eventuell Hilfen zuteil werden zu lassen?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, falls Ihre Frage darauf abzielen sollte, daß wir das gleiche tun, was die Holländer nach unserer Auffassung als wettbewerbsverzerrende Maßnahme getan haben, muß ich Ihnen sagen, daß wir dies nicht beabsichtigen. Wir wollen vielmehr versuchen, daß wieder gleiche Wettbewerbsverhältnisse hergestellt werden. Wir wollen nicht dadurch, daß auch wir Finanzhilfen gewähren, die Situation langfristig auf dem gesamten Eier- und Geflügelsektor noch mehr erschweren.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, halten Sie es für denkbar, daß eine Entscheidung über den Weiterbau des Schnellen Brüters nationale Beihilfen für den Ankauf von Junghennen überflüssig machen könnte?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege, wir wollen doch die Fragestunde nicht zur Witzstunde machen. Ich rufe die Frage 39 des Herrn Abgeordneten Susset auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß große Keksfabriken verbilligte EG-Butter beziehen und daß dies den mittelständischen Betrieben, wie den Bäckereien, nicht möglich ist, und ist sie bereit, auf die EG-Behörden in Brüssel einzuwirken, diesem Zustand abzuhelfen?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege Susset, im Rahmen der von Ihnen angesprochenen EG-Verbilligungsaktion wird Butter aus Interventionsbeständen verbilligt zur Herstellung bestimmter Backwaren abgegeben. Betriebe, die in einem Monat mindestens 5 t Butter verarbeiten können, erhalten die Butter in natura. Die Verarbeitung erfolgt unter Zollaufsicht und erfordert bei den Betrieben erheblichen Aufwand für getrennte Lagerung und Verarbeitung sowie getrennte Buchführung. Die übrigen Betriebe erhalten mit einem Kennzeichnungsmittel versehenes Butterreinfett und können dieses ohne die angeführten Auflagen verarbeiten. Die Kosten für das Herstellen des Butterreinfettes werden durch Gewährung einer zusätzlichen Vergütung ausgeglichen. Das Bäcker- und Konditorenhandwerk der Bundesrepublik Deutschland fühlt sich durch diese Regelung diskriminiert, weil seiner Ansicht nach Butterreinfett nicht gleichermaßen .wie Butter zur Herstellung von Backwaren geeignet sei. Eine Einbeziehung der 35 000 Bäckereien und Konditoreien in der Bundesrepublik mit ihren relativ kleinen Verarbeitungsmengen in die Verarbeitung von Butter unter Zollaufsicht 'scheitert jedoch an den Kontrollproblemen. Im übrigen haben die Kommission der EG sowie die anderen Mitgliedstaaten bisher eine Änderung der EG-Verordnung in dieser Richtung abgelehnt. Die Bundesregierung prüft, ob man dem Anliegen der Bäcker und Konditoren durch Zusatz eines Indikators zur Butter Rechnung tragen kann, womit auch das Kontrollproblem gelöst werden könnte. Um einen geeigneten Indikator zu finden, werden zur Zeit Lager- und Backversuche unternommen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Susset.

Egon Susset (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Fachleute der Bäckereiwirtschaft festgestellt haben, daß Gebäck, das aus frischer Butter hergestellt ist, geschmacklich besser ist, und könnte die Bundesregierung auf Grund dieses Wissens nicht nochmals bei der EG-Kommission vorstellig werden, um auch den Bäckereien den Verbrauch von frischer verbilligter Butter in ihren Betrieben zu ermöglichen?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege Susset, der Bundesregierung ist sehr wohl bekannt, daß Gebäck, das aus Butter hergestellt ist, etwas anderes darstellt als das aus Butterreinfett. Nur, wir müssen, um bei der Kommission Erfolg zu haben, wegen der Kontrollmöglichkeiten bei den Bäckern und Konditoren einen Indikator finden, damit einerseits verhindert wird, daß diese Butter zu anderen Zwecken mißbraucht wird, und gleichzeitig erreicht wird, daß die Butter den Bäckern immer noch als frische Butter zur Verfügung steht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage.

Egon Susset (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß unter Umständen das Forschen und Suchen nach einem Indikator sehr viel teurer wird, als wenn sich der Bäckerlehrling oder die Bäckersfrau das eine oder andere Mal - dann allerdings rechtswidrig - mit dieser Butter ein Butterbrot streicht? ({0})

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, die Erfahrung mit den EWG-Marktordnungen und deren Handhabungen insbesondere auch im VerbraucherBereich lehrt leider, daß so einfach die Dinge in bezug auf mögliche Kontrollen nicht liegen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, müssen wir in der Bundesrepublik die EG-Richtlinien so streng handhaben, wie Sie eben ausgeführt haben?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, ich bin der Auffassung, daß sich alle Länder der EG bemühen, das, was die Kommission verordnet, entsprechend durchzuführen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe Frage 40 des Herrn Abgeordneten Susset auf: Hält es die Bundesregierung für richtig, verbilligte EG-Butter an Ostblockländer zu so niedrigen Preisen abzugeben, daß die EG-Kasse 200 Millionen DM Verlust hinnehmen muß, anstatt diese Butter zu vernünftigen kleinen Preisen auf den europäischen Markt zu bringen?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege Susset, mit dieser Frage hat sich der Agrarministerrat der EG befaßt. Hierbei wurde von den Mitgliedstaaten festgestellt, daß die EG auf Grund der Lage auf dem Milchmarkt jetzt und in Zukunft auf Butterexporte in Drittländer angewiesen ist und daß dabei auch Exporte in Ostblockländer nicht ausgeschlossen werden können. Dies allerdings unter der Voraussetzung, daß hier dieselben Konditionen, d. h. auch dieselben Exporterstattungen gewährt werden, wie sie bei der Ausfuhr in jedes andere Drittland erforderlich sind. Dieser Grundsatz wurde im vorliegenden Fall beachtet. Die Haltung des EG-Agrarministerrates berücksichtigt, daß verschiedene Länder der Gemeinschaft traditionell Ausfuhren bei Milchprodukten tätigen und daß man ihnen den Export aus Gründen ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und ihrer Zahlungsbilanz nicht verwehren kann. Im übrigen wird schon seit langem Butter auf dem Binnenmarkt im Rahmen verschiedener Verbilligungsmaßnahmen abgegeben, so z. B. Molkereibutter aus Interventionsbeständen und Butterreinfett an alle Verbraucher sowie für gemeinnützige Einrichtungen, Streitkräfte und die Herstellung von Backwaren. Von deutscher Seite wurde im Ministerrat bei den Diskussionen über die bevorstehenden Exporte erneut betont, daß im Interesse der Verbraucher in der EG ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Exportförderung und Sonderabsatzmaßnahmen auf dem inneren Markt der Gemeinschaft angestrebt werden muß und hierzu zusätzliche Verbilligungsmaßnahmen innerhalb der Gemeinschaft ergriffen werden müssen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Susset.

Egon Susset (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, uns ist bekannt, daß das nicht die erste Butterlieferung ist. Aber uns ist auch bekannt, daß alle Verbilligungsaktionen, die für die Verbraucher der EG durchgeführt wurden, bisher meistens wegen der zu geringen Menge nicht genügend durchschlagskräftig waren. Ich frage Sie deshalb: Wäre es 'der Bundesregierung nicht möglich gewesen, die der Bundesrepublik zur Verfügung gestellte Menge von 35 500 Tonnen Butter so zu erhöhen, daß alle Verbraucher in den Genuß von verbilligter Butter kommen?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, für uns steht für Ende 1978 ein Kontingent von 35 700 Tonnen verbilligter Butter zur Verfügung. Es gibt bis jetzt keine Anzeichen dafür, daß die gleiche Situation wie im letzten Jahr entstanden wäre, daß die Butter am Markt nicht ausreiche. Im übrigen, Herr Kollege, war die Bundesrepublik Deutschland diejenige, die bei der Kommission stets darauf hingewiesen hat, daß wir großes Interesse daran haben, das ganze Jahr über eine verbilligte Buttersorte dem Verbraucher anbieten zu können. Wir haben bisher aber bei den übrigen EG-Partnern in der Kommission damit nicht durchdringen können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage.

Egon Susset (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, uns ist bekannt, daß Sie auf unser Drängen hin immer wieder auch in Brüssel vorstellig wurden, verbilligte Butter für die Verbraucher auch in der Bundesrepublik zur Verfügung zu stellen. Aber könnten Sie die von mir nun präzisierte Frage nicht doch dahin gehend beantworten, daß die 35 700 Tonnen auch diesmal nicht ausreichen werden?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, ich muß doch einmal darauf hinweisen, daß uns bis jetzt I keine Anzeichen dafür vorliegen, daß diese Menge nicht ausreicht. Sollte das der Fall sein, werden wir - wie im letzten Jahr - den Versuch unternehmen, weiterhin Butter freigestellt zu bekommen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Simpfendörfer.

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, besteht nicht die ernst zu nehmende Gefahr, daß beim Absatz verbilligter Butter nicht verbilligte Butter vom Markt verdrängt wird, mit der Folge, daß dann der Interventionsmechanismus erneut in Gang gesetzt wird?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege, diese Gefahr besteht bei den Mengen, die hier angeboten werden, zunächst einmal nicht. Hier hat man ungefähr die gleichen Aufwendungen in bezug auf die Verbilligung wie für die Nachlässe in bezug auf die Drittlandsexporte.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, entspricht die Meldung eines Nachrichtendienstes der Wahrheit, daß die Förderung des Butterexports in Ostblockländer hinsichtlich der Förderungsmittel zur Finanzierung kommunistischer politischer Ziele mitverwendet worden ist?

Georg Gallus (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000628

Herr Kollege Ey, ich habe hier eindeutig darauf hingewiesen, daß die Butter grundsätzlich von der EWG-Kommission für Drittländer ausgeschrieben wird, und zwar für alle Länder zu gleichen Konditionen. Es sind keine Sondervorteile für irgend jemanden eingeräumt worden. Die Bundesregierung hat allerdings keinen Einfluß darauf, welche Händler diese Geschäfte tätigen und was dann mit den Geldern geschieht, die als Erlös oder Gewinn aus diesen Geschäften resultieren.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).

Claus Jäger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001002, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, ob die Bewohner der Ostblockländer, die diese, verbilligte Butter erhalten, wenigstens darüber informiert sind, daß sie hier preisgünstige Butter aus den Überschüssen des Kapitalismus erhalten, nachdem die Mangelwirtschaft des Sozialismus nicht in der Lage ist, ihnen diese zu liefern?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Verehrter Herr Kollege Jäger, hat Ihre Frage wirklich etwas mit der Fiagestellung zu tun? Die von Ihnen. gestellte Frage steht nun wirklich nicht im Zusammenhang mit der eingereichten Frage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Die Fragen 41 und 42 des Herrn Abgeordneten Kiechle sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Buschfort steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Frage 43 des Herrn Abgeordneten Pfeffermann soll auf Wunsch des 'Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Die Fragen 44 und 45 des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein sind vom Fragesteller zurückgezogen worden. Frage 46 des Herrn Abgeordneten Hölscher soll auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe Frage 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Schöfberger auf: Trifft es zu, daß drei Wochen nach Beginn eines Streiks oder einer Aussperrung die streikenden oder ausgesperrten Arbeitnehmer keinen Krankenversicherungsschutz, insbesondere keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, keinen fortlaufenden Rentenanspruch, etwa in. Form von Ausfallzeiten, aber auch keinen Arbeitslosenversicherungsschutz mehr haben?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Darf ich die Fragen 47 und 48 zusammenhängend beantworten?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ja, ich rufe auch die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Dr. Schöfberger auf: Hält die Bundesregierung die genannten Folgen - insbesondere weil der Arbeitnehmer die Aussperrung nicht zu vertreten hat - für sozial gerechtfertigt, oder strebt sie eine Änderung der Rechtslage an?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Dr. Schöfberger, in der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt die Mitgliedschaft während eines Arbeitskampfes für längstens drei Wochen' bestehen. Das ergibt sich aus § 311 Satz 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung. Nach Beendigung der Mitgliedschaft - also wenn der Arbeitskampf länger als drei Wochen dauert - besteht im Regelfalle für weitere drei Wochen Versicherungsschutz, in denen auch die bislang mitversicherten Angehörigen einbezogen sind. Hierzu weise ich auf § 214 RVO hin. Der Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle entspricht dem normalen Lohnanspruch und teilt somit dessen Schicksal im Arbeitskampf. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ruht der Lohnfortzahlungsanspruch wie der Lohnanspruch, solange der Arbeitnehmer streikt oder ausgesperrt ist. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Zeit einer Teilnahme an einem Streik oder einer Aussperrung weder Beitrags- noch Ausfallzeit. Dies wirkt sich auf die Anzahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre allerdings nur dann aus, wenn die Zeit des Streiks oder der Aussperrung mindestens einen ganzen Kalendermonat umfaßt; andernfalls werden die teilweise mit Beiträgen belegten Kalendermonate bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre als volle Kalendermonate berücksichtigt. Die Auswirkungen auf die Rentenhöhe, die sich aus der Verringerung des versicherten Entgelts ergeben können, sind jedenfalls bei kurzen Zeiten eines Streiks oder einer Aussperrung nur sehr gering. Die vorstehend dargestellte Rechtslage ergibt sich aus den Vorschriften über die Anrechnung von Versicherungszeiten und beitragslosen Zeiten sowie über die Rentenberechnung. In der Arbeitslosenversicherung wird der Versicherungsschutz durch die Teilnahme an einem Streik oder durch eine Aussperrung im Regelfall nicht beeinträchtigt. Die Höchstdauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld von einem Jahr steht einem Arbeitnehmer bereits dann zu, wenn er in den letzten drei Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zwei Jahre beitragspflichtig beschäftigt war. Das ergibt sich aus §§ 104 und 106 des Arbeitsförderungsgesetzes. Unterbrechungen der Beschäftigung bis zu einem Jahr wirken sich deshalb im Regelfall nicht nachteilig aus. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine Änderung der dargestellten Rechtslage vorzuschlagen. Auf dem Gebiet des Arbeitskampfrechts und der insoweit berührten sozialen Sicherheit bestehen derzeit - von Randbereichen abgesehen - keine gesetzlichen Regelungen. Die Praxis richtet sich im allgemeinen nach den von der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Rechtsregeln für die Führung von Arbeitskämpfen und deren Folgen. Hinzu kommt für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung noch folgendes: Grundsätzlich können sich alle Arbeitnehmer im Anschluß an ihre Kassenmitgliedschaft freiwillig weiter versichern, _so daß ihr Schutz im Krankheitsfalle in vollem Umfange sichergestellt werden kann. Eine Änderung der Rechtslage in der Rentenversicherung erscheint mit Rücksicht auf die in der Regel nur geringfügigen arbeitskampfbedingten Auswirken in diesem Bereich ebenfalls nicht notwendig.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schöfberger.

Dr. Rudolf Schöfberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002054, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie ist denn die Rechtslage, wenn der Arbeitnehmer bereits vor Beginn des Arbeitskampfes arbeitsunfähig, z. B. krank, war? Verliert er dann auch den Versicherungsschutz?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Dr. Schöfberger, in diesem Fall kann es schwierig sein festzustellen, ob sich der Arbeitnehmer am Streik beteiligt hätte. Der Arbeitgeber wird im Regelfall wohl dann Lohnfortzahlung zu leisten haben, wenn sich der kranke Arbeitnehmer nicht tatsächlich am Streik beteiligt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schöfberger.

Dr. Rudolf Schöfberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002054, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß ausgesperrte Arbeitnehmer während der Aussperrung, an der sie ja keine Schuld trifft, kein Arbeitslosengeld erhalten?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Dr. Schöfberger, das Arbeitsförderungsgesetz verpflichtet die Bundesanstalt für Arbeit bei allen Arbeitskämpfen zur Neutralität. Am Arbeitskampf beteiligte Arbeitnehmer, also streikende und ausgesperrte, erhalten daher keine Leistungen der Bundesanstalt. Dagegen haben die von einem Arbeitskampf mittelbar betroffenen Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld. Nur wenn der Arbeitskampf eindeutig auch um die Änderung der Arbeitsbedingungen der mittelbar Betroffenen geführt wird, werden ihnen keine Leistungen gewährt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine weitere Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.

Dr. Rudolf Schöfberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002054, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich also mehr provokatorisch fragen, ob im Falle eines Streiks der Arbeitgeber und sogar seine Familienangehörigen oder die Anteilseigner des Arbeitgebers Rechte auf Krankenversicherungsschutz, Rechte auf Alterssicherung einbüßen? Wenn Sie, wie ich vermute, diese Frage verneinen: Steht dann nicht fest, daß die Aussperrung weit mehr in die existentielle Situation des Arbeitnehmers und seiner Familienangehörigen, was den Krankenversicherungsschutz betrifft, eingreift als der Streik? Und die abschließende Frage dazu: Kann man unter diesen Umständen, vor allem was die Wirkungen der Waffen betrifft, noch von einer Waffengleichheit zwischen Streik und Aussperrung sprechen?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Dr. Schöfberger, über die Waffengleichheit haben wir hier häufiger gesprochen. Ich will meine persönliche Meinung dazu jetzt nicht kundtun. Es ist aber darauf hinzuweisen, daß es bei uns kein geschriebenes Arbeitskampfrecht gibt. Also müssen wir uns derzeit an die Regelungen halten, die durch die Rechtsprechung erarbeitet worden sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß durch die Praxis der Aussperrung die Arbeitskämpfe nicht etwa leichter, sondern eher schwerer und härter geworden sind?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

'Wenn man die letzten Arbeitskämpfe einmal untersucht, wird man wohl zu diesem Ergebnis kommen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, gibt es Überlegungen bei der Bundesregierung, im Zuge der Novellierung des Arbeitsförderungsgesetzes eventuell § 116 zu ändern.

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, ob der Kabinettsentwurf konkret auch eine Änderung des § 116 vorsieht. Ich will Ihnen aber gerne eine Antwort nachreichen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Simonis.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es möglich, daß die Krankenkasse bei einem mitversicherten Familienmitglied, das vor Beginn des Arbeitskampfes krank geworden ist, bei dreiwöchiger Dauer des Arbeitskampfes die Leistungen gegenüber diesem Mitglied einstellt? Buschfort, Pari. Staatssekretär: Ja, das wäre unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Nur: Der Versicherte hat die Möglichkeit der freiwilligen Weiterversicherung. Das setzt allerdings voraus, daß er dann auch die Beiträge allein zu zahlen hat. Ich weiß allerdings aus der Praxis, daß diese Fragen meistens durch die zuständige Gewerkschaft geregelt werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die Fragen 49 und 50 des Herrn Abgeordneten Lampersbach werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Braun auf: Trifft es zu, daß bei Zerbrechen der sogenannten Glitzerlampen tödliche Vergiftungen möglich sind, und was hat die Bundesregierung gegebenenfalls unternommen, den Verkauf dieser Lampen zu unterbinden?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Braun, es trifft zu, daß im Handel angebotene Flüssigkeitszierleuchten gefährliche Stoffe enthalten. Beim Zerbrechen der Leuchten können die verdampfenden Flüssigkeiten zu schweren, auch zu tödlichen Unfällen führen. Nach dem geltenden Recht kann der Vertrieb gefährlicher Leuchten von der Gewerbeaufsicht nur dem Hersteller oder dem Einführer untersagt werden. Den Weiterverkauf bereits im Handel befindlicher unsicherer Leuchten können die Behörden dagegen nach dem Maschinenschutzgesetz nicht verbieten. Es bleibt abzuwarten, ob der Deutsche Bundestag die zur Beratung vorliegende Änderung des Maschinenschutzgesetzes - Bundestagsdrucksache 8/856 - beschließt, damit der Weiterverkauf. unsicherer Geräte auch beim Handel unterbunden werden kann.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Braun.

Gerhard Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich davon ausgehen, daß es sich bei diesen sogenannten Glitzerlampen um ein ausländisches Erzeugnis handelt, und warum konnte die Einfuhr nicht eingeschränkt bzw. verboten werden?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, ich kann im Augenblick nicht bestätigen, daß es sich nur um ausländische Lampen handelt. Ich bin auf die Frage nicht vorbereitet, ob diese Lampen nicht auch in der Bundesrepublik hergestellt werden. Sie haben aber recht: Bei Einfuhr der Lampen wäre sicher eine Eingriffsmöglichkeit gegeben, aber, wie ich bereits sagte, nicht mehr, wenn sie bereits im Handel sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte.

Gerhard Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000251, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn Sie eben bestätigten, daß beim Zerbrechen dieser Lampen unter Umständen sogar tödliche Folgen auftreten .können, ist es dann nicht notwendig, daß auch die Regierung den Deutschen Bundestag ganz dringlich darauf hinweist, daß die Verabschiedung des Maschinenschutzgesetzes unbedingt erforderlich ist?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Braun, das Maschinenschutzgesetz befindet sich zur Dr. Schäfer ({0}) Zeit in der Ausschußberatung. Ich gehe davon aus, daß eine zügige Beratung erfolgen wird. Ich bin auch der Auffassung, daß wir, wenn sich herausstellen sollte, daß auch in der Bundesrepublik Unfälle in einem beachtlichen Umfang oder ernsthafte Unfälle auftreten, alle Veranlassung haben, alle Hersteller, Vertreiber und auch die Länder darauf aufmerksam zu machen, daß hier Gefahr im Verzug ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Ihnen bisher tödliche Unfälle durch die Explosion dieser Glitzerlampen bekanntgeworden?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege Dr. Jens, uns ist bekannt, daß es in Belgien einen tödlichen Unfall gegeben hat. Daraufhin hat man in Belgien diese Leuchten verboten. Ich darf wiederholen: Bei uns wäre es nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht möglich, den Verkauf bereits im Handel befindlicher Leuchten so ohne weiteres zu verbieten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf: Trifft es zu, wie die Deutsche Forschungsgesellschaft in einem Bericht feststellt, daß die Zahl der krebserzeugenden Arbeitsstoffe steigt, so daß heute 38 dieser Stoffe, deren Einwirkungen eindeutig eine Krebsgefährdung bedeuten, in die MAK-Liste aufgenommen wurden, und wenn ja, welche arbeitsschutzrechtlichen Konsequenzen zieht daraus die Bundesregierung?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Wenn es gestattet ist, möchte ich auch hier gern die Fragen 68 und 69 zusammenhängend beantworten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dann rufe ich auch die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Kirschner auf: Liegen der Bundesregierung darüber hinaus Berichte oder Erkenntnisse vor, die auf eine weitere Zunahme dieser Zahl an gesundheitsgefährdenden Arbeitsstoffen hindeuten?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Es trifft zu, daß die von Ihnen genannte MAK-Werte-Liste 1978 in ihrem Abschnitt III „Krebserzeugende Arbeitsstoffe" 38 potentiell krebserzeugende Stoffe enthält. 14 dieser Stoffe - sogenannte A-1-Stoffe - vermögen erfahrensgemäß bösartige Geschwulste zu verursachen. Weitere 24 Stoffe - sogenannte A-2-Stoffe - haben sich bislang nur in Tierversuchen als krebserzeugend erwiesen. Es besteht der Verdacht, daß sie unter entsprechenden Bedingungen auch für den Menschen krebserzeugend werden können. Die Bundesregierung bereitet zur Zeit eine Verordnung zur Erweiterung der Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe vor. Sie soll spezielle Bestimmungen über den Umgang mit krebserzeugenden Stoffen beinhalten. Bei den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine ergänzende Unfallverhütungsvorschrift über technische Schutzmaßnahmen beim Umgang mit krebserzeugenden Stoffen in Vorbereitung. Zu Ihrer zweiten Frage beziehe ich mich auf neuere Informationen, die insbesondere der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft vorliegen. Danach ist nicht auszuschließen, daß infolge der weiterentwickelten tierexperimentellen toxikologischen Forschungsmethoden sowie der arbeitsmedizinischen Erfahrungen und Erkenntnisse weitere Arbeitsstoffe als möglicherweise krebserzeugend erkannt werden. Natürlich müßten dann entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kirschner.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, gibt es Zahlen über an Krebs erkrankte Arbeitnehmer, die mit solchen Arbeitsstoffen, die in der MAK-Liste aufgeführt wurden, in Berührung kamen?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, ich weiß, daß es über diesen Fragenkomplex Zahlen gibt; d. h. über die Unfälle, auch über die mit tödlichem Ausgang. Ich kann Ihnen allerdings im Moment nicht sagen, ob es sich um umfassende Zahlen handelt. Ich bin gern bereit, Ihnen das uns vorliegende Material zu übermitteln.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, bitte.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, gibt es bei der Bundesregierung Überlegungen, die darauf abzielen, generell solche Arbeitsstoffe zu verbieten, die nach den Erkenntnissen tatsächlich krebsauslösende Substanzen beinhalten?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, natürlich müssen wir solche Überlegungen anstellen, und wir haben solche Überlegungen angestellt. Zunächst einmal wird es immer darum gehen, diese Stoffe abzulösen und durch ungefährliche Stoffe zu ersetzen. Hinzu kommt aber auch die Vorbeugung, also Vorsorgeuntersuchungen, Beschäftigungsbeschränkungen, z. B. für werdende Mütter oder für Jugendliche. Aber auch Arbeitszeitregelungen sowie Genehmigungs- und Anzeigepflichten können dabei in Frage kommen. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß wir alle Veranlassung haben, alles Mögliche zu tun, damit als krebserzeugend erkannte Stoffe nicht zu Beeinträchtigungen bei den Arbeitnehmern führen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter.

Klaus Kirschner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001102, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wo sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Ursachen dieser krebserzeugenden Substanzen zu suchen, und ist die Bundesregierung bereit, noch mehr Gewicht auf die Ursachenerforschung zu legen?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Ich möchte nur die zweite Hälfte der Frage beantworten. Wir legen großes Gewicht darauf, und wir vergeben nicht nur in unserem Haus in beachtlichem Umfang Forschungsaufträge. Wo die Ursachen liegen, kann ich als Nichtmediziner leider nicht beantworten, Ich bin aber gern bereit, den ersten Teil Ihrer Frage durch Fachleute einmal prüfen zu lassen und Ihnen eine entsprechende Antwort zuzuleiten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jens.

Prof. Dr. Uwe Jens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001026, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wird sich Ihr Haus dafür einsetzen, daß sich die bisher bekannten krebserregenden Stoffe alle in die gerade zur Novellierung anstehende technische Anleitung zur Luftreinhaltung aufgenommen werden?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Ich kann auf diese Frage jetzt nicht antworten. Diese Materie muß wohl dem Innenministerium zugeordnet werden. Jedenfalls werden wir dafür eintreten, daß eine Öffentlichkeitsarbeit stattfindet, damit auch auf diese Weise einer Beeinträchtigung der Arbeitnehmer vorgebeugt wird. Das ist eine Aufgabe, die mit dem Auftrag zur Humanisierung der Arbeitswelt zusammenhängt. Hier liegt natürlich auch ein wichtiges Anliegen der Arbeitsmedizin. Für diese Bereiche sind wir im Ministerium zuständig, und ich bin der Auffassung, daß wir den von Ihnen vorgetragenen Gesichtspunkt berücksichtigen müssen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sieler.

Wolfgang Sieler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002173, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, welche Schwierigkeiten sieht die Bundesregierung, solche krebsfördernde oder krebserzeugende gefährliche Arbeitsstoffe generell zu verbieten?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Herr Kollege, sehr häufig befinden sich die Werte im Streit, und auch die Art der Verarbeitung ist häufig von Industrieunternehmen zu Industrieunternehmen unterschiedlich. Wir dürfen uns hier, glaube ich, im Interesse der Menschen, aber auch im Interesse der Arbeitsplätze wohl nur auf gesicherte Erkenntnisse verlassen. Sobald wir über gesicherte Erkenntnisse verfügen, ist es selbstverständlich, daß wir entweder die zulässigen Werte verändern oder aber - bei Beeinträchtigungen in Beachtlichem Umfang - an ein Verbot zu denken haben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.

Richard Ey (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich habe nur eine Aufklärungsfrage. Sind nicht durch karzinogene Stoffe sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer gefährdet?

Hermann Buschfort (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000315

Alle können gefährdet sein, nicht nur die im Betrieb Beschäftigten, sondern möglicherweise auch Personen, die nichts mit dem Betrieb zu tun haben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Schönen Dank, Herr Staatssekretär! Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Bülow steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Frage 17 des Herrn Abgeordneten Gansel wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe Frage 51 der Abgeordneten Frau Simonis auf: Treffen Presseberichte zu, daß der als Träger für das System AWACS vorgesehene Flugzeugtyp auf Grund technischer Defekte in den Vereinigten Staaten mit Startverbot belegt worden ist, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Bundesregierung in bezug auf die Einführung des Frühwarnsystems? Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Gestatten Sie, daß ich beide Fragen im Zusammenhang beantworte?

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Bitte sehr! Dann rufe ich zusätzlich Frage 52 der Abgeordneten Frau Simonis auf: Wann und auf welchem Wege hat die Bundesregierung gegebenenfalls erstmals von den Schwierigkeiten mit dem Trägerflugzeugtyp Kenntnis erhalten?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Frau Kollegin Simonis, am 24. November 1978 ergab die Routineinspektion einer bei der US-Air Force bereits im Einsatz befindlichen E-3A einen Schaden an dem Treibstoffsystem, und zwar an der Pumpe. Der Kommandeur der 552. Airborne Warning & Control Wing, Tinker Air Force Base, Oklahoma, ordnete daraufhin eine dieses System betreffende Überprüfung aller bisher an die Truppe ausgelieferten.Maschinen dieses Typs an. Eine solche Vorsorgemaßnahme entspricht den nationalen und internationalen Flugsicherheitsbestimmungen. Nach Abschluß der Überprüfung wurde die E-3A für den begrenzten Flugbetrieb, d. h. für unbedingt erforderliche Einsätze freigegeben. Seitdem werden die Untersuchungen unter Einschluß von Flugerprobungen weitergeführt; eine Auswechslung der fraglichen Treibstoffpumpen wird erwogen. Die US-Air Force stellt eine Aufhebung der Einsatzbeschränkung bis Mitte Dezember dieses Jahres in Aussicht. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die Ergebnisse der eingeleiteten Untersuchungen bei der erst 1980 anlaufenden Produktion der NATOE-3A Berücksichtigung finden werden. Darüber hinausgehende Folgerungen für das NATO-Beschaffungsprogramm ergeben sich für die Bundesregierung nicht. Zu Ihrer zweiten Frage, Frau Kollegin, darf ich erklären: Die Bundesregierung hat von dem Vorfall erstmalig am 1. Dezember 1978 erfahren. Ihre sofortigen Bemühungen um detaillierte Unterrichtung wurden sowohl von der US-Air Force wie auch von der Firma Boeing unterstützt. Eine Informationspflicht seitens der US-Regierung gegenüber den Bündnispartnern war nicht gegeben, da das Vorkommnis keinerlei Auswirkungen auf die gemeinsame Beschaffung der NATO-E-3A-Flotte erkennen läßt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Simonis.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist sichergestellt, daß die Bundesregierung laufend über die Ergebnisse dieser Überprüfung unterrichtet wird?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Ich gehe davon aus, daß bis Anfang nächsten Jahres Klarheit darüber besteht, ob die Treibstoffpumpe repariert werden kann oder ausgewechselt werden muß. Wir werden sicher vom Abschluß der Untersuchungen erfahren und werden die Ergebnisse in unsere .Beratungen mit einbeziehen können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie unter Umständen jetzt schon abschätzen, welche Mehrkosten durch das Auswechseln bestimmter technischer Teile entstehen können?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Da das Programm erst 1980 aufgelegt wird bzw. zur Fertigung kommt, handelt es sich hier um Pumpen, die nicht bereits in das NATO-Beschaffungsprogramm eingebaut sind, sondern erst ab 1980 im Zulauf sein werden. Dann ist die Frage geklärt, ob die vorgesehene Pumpe die richtige ist oder nicht.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Noch eine Zusatzfrage.

Heide Simonis (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002178, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, erlauben Sie mir dann heute schon, daß ich Sie 1980 noch einmal nach diesen Mehrkosten fragen werde?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Ich werde mich darauf einrichten, Frau Kollegin, gesondert auf die Pumpen und deren Preiserhöhungsrate angesprochen zu werden. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Wie ich sehe, werden keine weiteren Zusatzfragen gewünscht. Frage 53 des Herrn Abgeordneten Gansel wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Dasselbe gilt für Frage 54 des Herrn Abgeordneten Biehle, Ich rufe Frage 55 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf: Werden in den südlichen Bundesländern im Vergleich zum Bevölkerungsaufkommen und zu dem Anteil der berufsausübenden Ärzte im überdurchschnittlichen Maß die Ärzte zum Bundeswehrdienst herangezogen, und was sind gegebenenfalls die Gründe dafür? Bitte, Herr Staatssekretär.

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Herr Kollege Jobst, Sie hatten eine inhaltlich gleiche Frage für die Fragestunde des Deutschen Bundestages am 6./7. Dezember 1978 eingebracht. Mit meinem Schreiben vom 7. Dezember 1978 habe ich darauf geantwortet. Herr Kollege Jobst, ich habe meinem Schreiben nichts hinzuzufügen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? - Bitte.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, weil Sie in Ihrer schriftlichen Antwort auf die Gründe nicht eingegangen sind, habe ich die Frage jetzt erneut mündlich eingebracht. Ich möchte Sie fragen: Trifft es zu, daß junge Ärzte in den west- und norddeutschen Bundesländern eine größere Chance haben, nicht als Stabsärzte zum Bundeswehrdienst herangezogen zu werden, als Ärzte im süddeutschen Bereich?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Nein.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Die zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Eindruck, der bei süddeutschen Ärzten besteht, zutreffend, daß sie im Vergleich zu ihren norddeutschen Kollegen, was die Einberufung zum Bundeswehrdienst anlangt, benachteiligt werden?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Der Eindruck ist falsch.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Simpfendörfer.

Hansmartin Simpfendörfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002179, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, gibt es überhaupt ausreichendes statistisches Material, das es erlaubt, derartige Fragen mit ausreichender Sicherheit mit einem Ja oder einem Nein zu beantworten?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Sie können davon ausgehen, daß meiner Beantwortung der Fragen des Kollegen Dr. Jobst ein ausreichendes statistisches Material zugrunde liegt. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein, bitte.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie denn die Auffassung des Kollegen Jobst, daß es ) eine Benachteiligung ist, zum Dienst in der Bundeswehr eingezogen zu werden?

Dr. Andreas Bülow (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11000299

Herr Kollege, wenn der Prozentsatz der Ärzte, die von den zur Einberufung anstehenden Ärzten tatsächlich eingezogen werden, regional, zwischen Nord und Süd, unterschiedlich wäre, könnte man davon ausgehen, daß da eine Ungerechtigkeit vorhanden ist. Die ist aber nicht gegeben.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 56 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf. - Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Zander zur Verfügung. Zunächst Frage 36 des Herrn Abgeordneten Kolb: Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den Verkauf von ausländischen Bieren zu verhindern, die Enzyme bzw. Rohfrucht im Bier enthalten, die nach dem deutschen Reinheitsgebot nicht zulässig sind bzw. gegen das Lebensmittelschutzgesetz verstoßen und wo diese beinhaltenden Zusätze nicht kenntlich gemacht worden sind?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Kolb, Biere, die unter Zusatz von Rohfrucht oder Enzympräparaten hergestellt wurden, sind nach dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Reinheitsgebot für Bier nicht verkehrsfähig. Die Einhaltung des Reinheitsgebots wird von den zuständigen Länderbehörden im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Biere, die gegen die Vorschriften des Reinheitsgebots verstoßen, werden beanstandet und aus dem Verkehr gezogen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kolb.

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Ihnen Falle bekannt, in denen diese Biere aus dem Verkehr gezogen wurden bzw. in denen es den Firmen nicht mehr gestattet ist, diese Biere einzuführen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Ja, es sind uns gerade aus jüngster Zeit Fälle bekanntgeworden, in denen solche Biere auf Grund dieser Vorschriften aus dem Verkehr gezogen worden sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage, bitte.

Elmar Kolb (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001170, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, könnten Sie mir hierüber bitte Unterlagen zukommen lassen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Ich bin dazu gern ' bereit. Ich kann Ihnen nicht zusagen, vollständige Unterlagen zur Verfügung zu stellen, weil das natürlich Sache der Länder ist. Aber das, was mir bekannt ist, werde ich Ihnen gern zur Verfügung stellen. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe Frage 37 des Herrn Abgeordneten Kolb auf: Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, welche schädliche Wirkung Papain zur Folge hat, da dies in deutschen Bieren verboten ist, nachweislich aber bei Importbieren verwendet wird, und was wurde bei positivem Befund gegen diese Verstöße unternommen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Kolb, nach Auskunft des Bundesgesundheitsamtes besteht bei Erfüllung der notwendigen Reinheitsanforderungen kein Hinweis auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch die Anwendung papainhaltiger Enzympräparate bei der Bierherstellung. Der Bundesregierung ist bekannt, daß Importbiere, in denen Papain nachgewiesen wurde, wegen Verstoßes gegen das deutsche Reinheitsgebot aus dem Verkehr gezogen worden sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 57 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker ({0}) auf: Besitzt die Bundesregierung Erfahrungsberichte über die Komplikationsraten bei den in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführten legalen Schwangerschaftsabbrüchen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Dr. Becker, im Rahmen der Meldepflicht bei indizierten Schwangerschaftsabbrüchen ist von dem Arzt, der den Abbruch vornimmt, auch Auskunft über die als Folgen des Eingriffs auftretenden Komplikationen zu geben. Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes verläuft der weitaus überwiegende Teil der Eingriffe ohne Komplikationen. Die Komplikationsrate ist seit Beginn der -Bundesstatistik im zweiten Halbjahr 1976 rückläufig. Sie betrug 1976 noch 5,8%, 1977 bereits nur noch 3,95 % und im ersten Halbjahr 1978 nur noch 3,3 °/o. Das Komplikationsrisiko steigt deutlich mit der Dauer der Schwangerschaft. Während der Anteil der Komplikationen bei Abbrüchen bis zur achten Woche nur 2,8 % beträgt, steigt er nach der zwölften Woche auf 10,7 %. Weitergehende Informationen wird möglicherweise der Bericht der Sachverständigenkommission enthalten, der Ende 1979 vorgelegt werden soll.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Becker.

Dr. Karl Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, beziehen sich Ihre Angaben nur auf die sogenannten Frühkomplikationen oder sind darin auch solche Komplikationen enthalten, die erst nach einer gewissen Zeit eintreten?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Dr. Becker, ich kann Ihnen nicht sagen, welche Kriterien bei dieser Statistik zugrunde gelegt werden. Ich bin gern bereit, Ihnen schriftlich mitzuteilen, welcher Zeitraum erfaßt wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Karl Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000129, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hat sich die Bundesregierung bereits Gedanken gemacht, ob es Fälle von Spätkomplikationen gibt, die sich bei folgenden Schwangerschaften nachteilig auswirken?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Ich würde auch hier abwarten, welche Ergebnisse der Bericht der Sachverständigenkommission für die Beurteilung dieses nicht sehr einfachen Sachverhalts bringt. Der Zeitraum, der hier statistisch erfaßt wird - seit Mitte 1976 -, ist ja relativ kurz, so daß schon deshalb die jetzt vorliegenden Ergebnisse sicher noch nicht eine gesicherte Grundlage für irgendwelche Konsequenzen darstellen können.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Friedmann.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, treffen Pressemeldungen dieser Woche zu, daß Schwangerschaftsabbrüche, die in der 16. Woche vorgenommen werden, in 25 % der Fälle zu Komplikationen führen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Diese Pressemeldungen treffen nicht zu. Sie enthalten weit überhöhte Komplikationsraten.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Becker ({0}) auf: Besitzt die Bundesregierung Erkenntnisse über mehrmaligen legalen Schwangerschaftsabbruch bei derselben Frau innerhalb eines kurzen Zeitraums?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Dr. Becker, von den in der Bundesstatistik entsprechend erfaßten Frauen hatten 6,6 % bereits einen Abbruch, 0,5 % hatten zwei Abbrüche. Aus welchen Gründen die Abbrüche vorgenommen wurden, geht aus den statistischen Unterlagen nicht hervor. Ebensowenig sind Aussagen darüber möglich, wann und in welchem zeitlichen Abstand Schwangerschaften aufgetreten sind.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Dr. Holtz auf: Wie gewichtet die Bundesregierung das Für und Wider der Einführung eines „Zivildienstes" für Frauen analog zum Wehrund Ersatzdienst für Männer?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Dr. Holtz, die Einführung eines Zivildienstes für Frauen, der analog zum Wehr- und Ersatzdienst der Männer als Pflichtdienst ausgestaltet wäre, ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht mit dem .Grundgesetz vereinbar. Nach Art. 12 Abs. 2 des Grundgesetzes darf niemand zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht. Im Gegensatz zu der Wehrpflicht der jungen Männer entspräche ein Zivildienst für Frauen nicht diesen Voraussetzungen. Die Einführung eines solchen .Zivildienstes könnte daher nur durch eine Änderung des Grundgesetzes erreicht werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 60 des Herrn Abgeordneten Kuhlwein auf: Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Anwendung des am 1. Januar 1975 in Kraft getretenen Heimgesetzes, insbesondere in privat-gewerblichen Einrichtungen, vor, und wie beurteilt sie diese?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Kuhlwein, der Bundesregierung liegen auf Grund regelmäßiger Informationen der für die Durchführung des Heimgesetzes zuständigen Länder sowie der beteiligten Träger- und Interessenverbände Erkenntnisse über die Anwendung des Heimgesetzes vor. Danach haben sich das Heimgesetz und die inzwischen hierzu erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften trotz relativ kurzer Anwendungszeit schon jetzt positiv ausgewirkt. Die Situation der Heimbewohner, insbesondere der Schutz vor Beeinträchtigungen ihrer Interessen und Bedürfnisse, konnte auf Grund dieser Bestimmungen spürbar verbessert werden. Dies gilt auch für Bewohner privatgewerblicher Einrichtungen. Allerdings sind noch nicht alle Ziele der durch das Heimgesetz eingeleiteten Neuordnung des Heimwesens erreicht. Die bisher gewonnenen Erfahrungen rechtfertigen jedoch die Erwartung, daß in absehbarer Zeit Vorfälle, wie sie letztlich zum Erlaß des Heimgesetzes geführt haben, weitgehend ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang möchte ich besonders auf den Erfahrungsbericht der Bundesregierung über die Mitwirkung der Heimbewohner in Angelegenheiten des Heimbetriebs hinweisen. Der Bericht wird dem Deutschen Bundestag in den nächsten Tagen vorgelegt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kuhlwein.

Eckart Kuhlwein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung des Heimgesetzes in privatgewerblichen Alten- und Pflegeheimen signifikante Unterschiede zwischen der Beachtung des Gesetzes und der Verordnungen in dem BPA angeschlossenen Altenheimen und in anderen Altenheimen feststellen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Die positiven Bewertungen, die ich hier vorgetragen habe, beziehen sich auf Heime, die dem Verband angeschlossen sind. Ich kann keine Aussage über Heime machen, die dem Verband nicht angeschlossen sind. Ich kann auch keine Vermutungen aussprechen, sondern kann nur sagen: Die Heime, die dem Verband angehören, weisen eine positive Entwicklung auf.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. Die Fragen 61 und 62 des Herrn Abgeordneten Dr. Linde werden auf seinen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Auch die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Wittmann ({0}) wird auf dessen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Haase ({1}) auf: Würde die Verwirklichung der Vorstellungen des Ausschusses für Berufe des Gesundheitswesens der Arbeitsgemeinschaft leitender Medizinalbeamter der Länder, die „Kurierfreiheit" im Bereich der Heilbehandlungsberufe herzustellen, nicht eine große Gefahr für Scharlatanerie mit sich bringen und damit zu einer Beeinträchtigung des Gesundheitswesens führen, und wenn ja, wird die Bundesregierung es ablehnen, diese Vorstellungen in einer gesetzgeberischen Initiative aufzugreifen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Haase, der Vorschlag des Ausschusses für Berufe des Gesundheitswesens der Arbeitsgemeinschaft Leitender Medizinalbeamter der Länder sieht keine uneingeschränkte Kurierfreiheit vor, da bestimmte heilkundliche Tätigkeiten nach wie vor Angehörigen bestimmter Heilberufe vorbehalten sein sollen. Die Bundesregierung prüft alle Vorschläge, die die Ausübung der Heilkunde betreffen, mit besonderer Sorgfalt darauf hin, ob sie zu einer Beeinträchtigung des Gesundheitswesens führen könnten. Sie sieht derzeit, auch unter Berücksichtigung der von Ihnen angeführten Vorschläge, keine Notwendigkeit zu einer entsprechenden gesetzgeberischen Initiative.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Haase.

Horst Haase (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000764, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, kennen Sie die Veröffentlichung der „Süddeutschen Zeitung" zu dieser Frage, und würden Sie mir darin zustimmen, daß die Aussagen auf der Tagung der Ländermedizinalbeamten dort anders dargestellt werden, als Sie das jetzt hier im Plenum tun?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Mir ist die Veröffentlichung im einzelnen nicht bekannt. Ich kann Ihnen nur das darstellen, was sich für uns auf Grund unserer ständigen Kontakte mit den leitenden Medizinalbeamten der Länder ergibt. Dies ist so, wie ich es Ihnen vorgetragen habe.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege? - Bitte.

Horst Haase (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000764, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie präzisieren, in welchen Fällen Ihr Ministerium meint, daß eine Verminderung der Sachverständigkeit von Heilpraktikern seitens der Bundesregierung in Kauf genommen würde?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Ich kann dies nicht präzisieren. Entscheidend ist, daß es eine Reihe von Gesetzen gibt, die bestimmten Berufsgruppen, die Heilkunde am Menschen ausüben, z. B. Ärzten, bestimmte Tätigkeiten vorbehalten. Das ist der entscheidende Gesichtspunkt. Daneben gibt es die Heilpraktiker, die hinsichtlich ihrer Tätigkeit durch die Landesbehörden kontrolliert werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Haase ({0}) auf: Ist die Bundesregierung bereit, um die von den in letzter Zeit entstandenen Heilpraktikerfernschulen verursachte unzureichende Ausbildung von künftigen Heilpraktikern zu beseitigen, qualifizierte Zulassungsprüfungen einzuführen anstatt sich mit Prüfungen über Gesetzeskunde zu begnügen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Haase, die Bundesregierung hat nicht die Absicht, Zulassungsprüfungen für Heilpraktiker einzuführen. Eine solche Prüfung müßte sich - entsprechend der umfassenden Berufsberechtigung der Heilpraktiker - auf den Gesamtbereich der Ausübung der Heilkunde am Menschen erstrecken. In ihren Anforderungen müßte eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Heilpraktiker den Anforderungen der Approbationsordnung für Ärzte vergleichbar sein. Eine solche Ausbildungs- und Prüfungsordnung stünde nicht mit den besonderen Absichten des Heilpraktikergesetzes in Einklang und ließe sich im Rahmen dieses Gesetzes nicht verwirklichen. Auf die Notwendigkeit der Durchführung möglichst einheitlicher und umfassender Überprüfungen im Rahmen der Erlaubniserteilung nach dem Heilpraktikergesetz hat das Bundesministerium- für Jugend, Familie und Gesundheit die obersten Landesgesundheitsbehörden wiederholt hingewiesen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.

Horst Haase (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000764, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kann ich dem entnehmen, daß bei diesen Prüfungen nicht nur die Gesetzeskunde hinsichtlich der Frage, was Heilpraktiker nicht behandeln dürfen, sondern auch die Sachkunde geprüft wird?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Nein, eben nicht. Die Prüfungen beschränken sich im wesentlichen auf die von Ihnen angesprochenen Voraussetzungen, weil es eben ausgesprochen schwierig ist, eine ent- sprechende Sachkunde abzufragen und zu prüfen; denn dieses Feld läßt sich nur schwer abgrenzen. Ich weise noch einmal darauf hin, daß im übrigen für die von mir vorhin angesprochenen Gesundheitsberufe eine klare Regelung hinsichtlich ihrer Tätigkeit, der Erlaubniserteilung und auch der entsprechenden Ausbildung und Prüfung getroffen worden ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf: Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit einer finanziellen Förderung durch den Bund, um dadurch die Errichtung von weiteren Sozialstationen zu beschleunigen, oder welche anderen Formen der Unterstützung könnte sich die Bundesregierung vorstellen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Herr Kollege Horstmeier, der Ausbau der Sozialstationen gehört in den Kompetenzbereich der Länder und Kommunen. Eine direkte finanzielle Förderung ist daher nicht möglich. Der Bund fördert allerdings seit Jahren richtungweisende Modelle von Sozialstationen, um den verstärkten Ausbau der pflegerischen ambulanten Hilfen, insbesondere für alte Menschen, zu beeinflussen. Außerdem hat die Bundesregierung Forschungsprojekte zum Thema Sozialstationen vergeben, in denen u. a. besonders Fragen zur Finanzierung untersucht werden. Unter Federführung des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit arbeitet eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe an Lösungsvorschlägen für den Aufbau und die Finanzierung der ambulanten und stationären Pflege. Diese Lösungsvorschläge werden sich u. a. mit neuen Finanzierungsmöglichkeiten für ambulante pflegerische Dienste, die von Sozialstationen angeboten werden, befassen. Die Lösungsvorschläge dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe werden voraussichtlich Mitte 1979 vorliegen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage.

Martin Horstmeier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000962, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Pressemeldungen entnehme ich, daß z. B. das Land Nordrhein-Westfalen zur Zeit 113 Sozialstationen fördern will, aber immerhin 300 Anträge vorliegen. Sehen Sie zur Zeit keine Möglichkeit, da helfend einzugreifen?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Selbst wenn ich eine finanzielle Möglichkeit sähe, muß ich Sie noch einmal darauf hinweisen, daß der Bund keine rechtliche Kompetenz hat, um in diesem Fall zu helfen. Es gibt für uns nur die Möglichkeit, eine Entwicklung zu mehr ambulanten Pflegeangeboten durch Modelleinrichtungen, durch entsprechende Forschungen zu fördern, um damit die Entwicklung zubeeinflussen. Dies tun wir; eine direkte Förderung ist uns leider verwehrt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 70 der Frau Abgeordneten Dr. Martiny-Glotz auf: Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, nach dem Auslaufen der Tagesmüttermodelle Ende 1978 die gemachten Erfahrungen weiterhin nutzbringend zugunsten von Kindern berufstätiger Eltern oder alleinerziehender berufstätiger Mütter oder Väter anzuwenden?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Frau Kollegin Dr. Martiny-Glotz, das Tagesmütterprojekt wurde durchgeführt, um neue Impulse im Bereich der Tagespflege zu geben. Die Ergebnisse des Projekts zeigen schon jetzt ihre Wirkungen. Die Notwendigkeit intensivierter Arbeit mit Pflegeeltern wird mehr als früher allgemein anerkannt. Das Tagesmütterprojekt hat zur Gründung von Pflegevereinen geführt und die Diskussion über die Rolle der Tagespflegestelle im Rahmen des Leistungsangebots der öffentlichen Jugendhilfe gefördert. Erkenntnisse des Modells haben für den Bereich des Pflegekinderwesens im Gesetzentwurf eines neuen Jugendhilferechts Eingang gefunden. Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit wird in einem neuen Modellprojekt „Beratung im Pflegekinderbereich" die Erfahrungen und Erkenntnisse des Tagesmütterprojekts für den ganzen Bereich der Pflegestellen verwerten. In dem Projekt soll unter Modellbedingungen die Erziehung und Betreuung von Kindern in Pflegefamilien weiterentwickelt werden. Dies soll geschehen in Form familienbezogener Hilfen für die Kinder, die tagsüber oder für längere Zeit aus unterschiedlichen Gründen nicht von der eigenen Familie erzogen und betreut werden können. Ziel wird dabei sein, daß Pflegestellen in ihrer pädagogischen Qualität gestärkt werden und sie bei den familienergänzenden und familienersetzenden Hilfen zur Erziehung einen höheren Stellenwert erhalten. Schwerpunkt des Modells ist die Verbesserung der Voraussetzungen für kontinuierliche Beratung und Weiterbildung von Pflegeeltern und leiblichen Eltern. Das Projekt soll in enger Zusammenarbeit mit den Ländern vorbereitet und durchgeführt werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete.

Dr. Anke Riedel-Martiny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001428, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich begrüße die Auskunft außerordentlich, daß ein Folgemodell initiiert wird. Könnten Sie mir aber bitte sagen, in welchen Bundesländern die Erfahrungen aufgegriffen worden sind, so daß dort weitere Tagesmütterorganisationen in Gemeinden initiiert worden sind?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Ich kann Ihnen diese Frage jetzt im Augenblick nicht beantworten. Ich lasse Ihnen aber gern eine Aufstellung darüber zugehen, was sich nach Auslaufen des Modells an einzelnen Projekten getan hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine zweite Zusatzfrage, bitte.

Dr. Anke Riedel-Martiny (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001428, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank, das würde ich sehr begrüßen. Könnten Sie mir dann bitte sagen, welche Bundesländer haben erkennen lassen, daß sie sich an dem Folgemodell, das Sie eben skizziert haben, beteiligen werden?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Auch darüber liegt mir im Augenblick keine Aufstellung vor. Ich kann Ihnen aber natürlich auch darüber schriftlich eine Information zukommen lassen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Lambinus auf: Hält die Bundesregierung die Aussage des Mitglieds des US-Abgeordnetenhauses, Glenn English, für realistisch, daß 30 bis 40 Prozent der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Mitglieder der US-Streitkräfte regelmäßig Heroin zu sich nehmen, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um insbesondere Jugendliche vor dieser Gefahr zu schützen? Bitte, Herr Staatssekretär. Zander, Pari. Staatssekretär: Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, die die vom amerikanischen Abgeordneten English genannten Zahlen von Heroin- und Haschischkonsumenten unter den amerikanischen Soldaten bestätigen. Seit 1972 besteht beim Bundeskriminalamt eine ständige Arbeitsgruppe „Rauschgift". In dieser Arbeitsgruppe wirken heben Vertretern deutscher Fahndungsbehörden Experten aus mehreren Ländern sowie von amerikanischen Dienststellen mit. Zahlen solchen Ausmaßes, wie sie vom Abgeordneten English genannt wurden, sind von amerikanischer Seite nicht berichtet worden. Im Juni 1978 wurden die deutsch-amerikanischen Richtlinien zur gemeinsamen Bekämpfung des Drogen- und Rauschmittelmißbrauchs unterzeichnet. Diese Richtlinien sollen die Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik und den amerikanischen Dienststellen weiter intensivieren. Die konstituierende Sitzung der zentralen Arbeitsgruppe findet am 15. Dezember 1978 statt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage.

Uwe Lambinus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001271, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da die Äußerung des amerikanischen Abgeordneten Glenn English erst vor wenigen Wochen erfolgte, frage ich Sie: Hat Ihr Haus oder eine andere zuständige Stelle den Versuch unternommen, von Glenn English Unterlagen zu erhalten?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Wir haben uns bemüht, von den amerikanischen Dienststellen zu erfahren, ob sie diese Zahlen bestätigen können. Dies war nicht der Fall. Ich gehe davon aus, daß diese Dienststellen ihrerseits versucht haben, die Quellen, die dem Abgeordneten Glenn English zur Verfügung standen, auf ihre Richtigkeit hin zu untersuchen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann rufe ich die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Lambinus auf: Ist der Bundesregierung bekannt, ob der US-Abgeordnete Glenn English deutschen Behörden Listen mit den Namen von 25 Drogenhändlern übergeben hat, die möglicherweise an der Versorgung der US-Truppen mit Rauschgift beteiligt sind, und wenn ja, werden gegen die genannten Drogenhändler bereits konkrete Ermittlungen geführt?

Karl Fred Zander (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002581

Den zuständigen Bundesdienststellen ist über diese Listen nichts bekannt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine Zusatzfragen. Danke schön, Herr Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Der Parlamentarische Staatssekretär Wrede steht zur Beantwortung zur Verfügung. Die Frage 74 ist von dem Herrn Abgeordneten Wimmer ({0}) eingebracht: Sieht die Bundesregierung in dem Bemühen der belgischen und niederländischen Staatsbahnen, der Gemeinden und Industrie- und Handelskammern entlang der Eisenbahnstrecke Antwerpen-Mönchengladbach-Düsseldorf „Eiserner Rhein", diese Eisenbahnverbindung zu einer direkten Anbindung zwischen dem Seehafen Antwerpen, dem Niederrhein und dem Raum DüsseldorftRuhrgebiet zu machen, nicht eine zu unterstützende Initiative, deren Ziel auch darin besteht, die durch das überholte militärstrategische Denken bis 1945 bedingte verkehrspolitische Randlage und Isolierung des linken Niederrheins entsprechend der europäischen Realitäten auch auf diesem Gebiet zu beenden?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Frau Präsident, ich bitte darum, die beiden Fragen des Kollegen Wimmer gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn er einverstanden ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Dann rufe ich noch die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Wimmer ({0}) auf: Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß ein höheres Aufkommen von Zugpaaren vornehmlich für den Güterverkehr auf der Strecke Antwerpen-Mönchengladbach-Düsseldorf „Eiserner Rhein" in jedem Fall vorausgehende Investitionen für den Streckenbereich Dalheim-Rheydt bedingt, oder ist nicht eine Erhöhung dieses Aufkommens im nennenswerten Umfang ({1}) ohne zusätzliche Investitionen möglich?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Die Ausweitung des Zugverkehrs auf der Strecke Antwerpen-Roermond-Dalheim-Mönchengladbach würde die wirtschaftliche Lage der Deutschen Bundesbahn nicht verbessern, sondern verschlechtern. Die beteiligten Eisenbahnverwaltungen sind gehalten, den Güterverkehr aus wirtschaftlichen Gründen auf wenige und leistungsfähige Strecken zu konzentrieren. Der Bundesminister für Verkehr sieht unter den gegebenen Umständen keine Möglichkeit, die Deutsche Bundesbahn von dieser Verpflichtung zu entbinden. Diese Konzentration hat vor allem für den Kunden den Vorteil der häufigeren Abfuhr und damit der schnelleren Beförderung. Die vermehrte Führung von durchgehenden Güterzügen über den „Eisernen Rhein" würde zu einer spürbaren Verschlechterung der Beförderungsqualität führen, da hierbei die häufigen Abfuhren vom Knoten Montzen-Aachen ({0}) nicht genutzt werden können. Das derzeitige Verkehrsaufkommen im Direktverkehr Antwerpen-Bundesrepublik Deutschland beträgt etwa 10 Zugpaare täglich. Die von Ihnen genannte Erhöhung des Aufkommens erscheint nicht realistisch. Für diesen Fall wären erhebliche Investitionen im Bereich. aller Eisenbahnverwaltungen erforderlich. Im übrigen besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Schaffung von Gleisanschlüssen zur Verbesserung der Standortgunst. Der Laufweg von internationalen Güterzügen ist hierfür jedoch nicht relevant. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine Antworten auf die Fragen der Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Bundestagsdrucksache 8/2315, und des Abgeordneten Dr. Hüsch, Drucksache 8/2273.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Abgeordneten Wimmer.

Willy Wimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002524, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das Verhalten der belgischen und niederländischen Staatsbahnen, die für die gleiche Strecke Verbesserungen des Streckenaufkommens vorgesehen haben und auch tarifliche Änderungen durchgeführt haben, um das Grenzgebiet an der deutschbelgisch-niederländischen Grenze entsprechend auch wirtschaftlich besser anzuschließen?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Herr Kollege, auch wir können das Grenzgebiet besser anschließen. Ich verwies auf die Möglichkeit von Gleisanschlüssen. Nur: der Ausbau des „Eisernen Rheines" kann nicht im Interesse aller beteiligten Bahnen liegen, weil alle drei beteiligten Staatsbahnen erhebliche Investitionen tätigen müßten. Ich erinnere daran, daß diese Strecke in weiten Bereichen eingleisig geführt ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zweite Zusatzfrage.

Willy Wimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002524, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich denn das Verhalten der belgischen und niederländischen Staatsbahnen, die - entgegen Ihrer Auffassung - dennoch Verbesserungen für diese Strecke vorgesehen haben, und zwar im Ausbau der Strecke und im Tarif?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Herr Kollege, davon ist mir nichts bekannt. Nach meinen Unterlagen gehen zwar die Bemühungen von Interessenten dahin, aber daß die Staatsbahnen darauf positiv reagiert hätten, ist mir nicht bekannt.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage?

Willy Wimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002524, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie gegebenenfalls bereit, sich auf den Wissensstand zu bringen,, den angeblich die Industrie- und Handelskammer und die beteiligten Städte und Gemeinden in dieser Frage haben?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Aber selbstverständlich, Herr Kollege.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Vierte Zusatzfrage.

Willy Wimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002524, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang denn die Bemühungen unter anderem des Regierungspräsidenten in Düsseldorf, der zur Unterstützung der Landesplanung für das Land Nordrhein-Westfalen eine besondere Entwicklungsachse für den Raum Ruhrgebiet-Düsseldorf-Mönchengladbach-Antwerpen vorsieht und von daher den „Eisernen Rhein" als wesentliche Voraussetzung für diese landesplanerische Achse ansieht?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Herr Kollege, nach meinen Unterlagen muß ich davon ausgehen, daß das Land Nordrhein-Westfalen zwar die von Ihnen angesprochene Entwicklungsachse aufgenommen hat, aber den Ausbau der von Ihnen genannten Eisenbahnstrecke ausdrücklich nicht aufgenommen hat.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage. Frage 76 - des Herrn Abgeordneten Reuschenbach -: Inwieweit und mit welcher Tendenz ist die Bundesregierung mit dem Projekt „Eiserner Rhein" befaßt?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Ich bitte auch hier, die beiden Fragen wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten zu dürfen, Frau Präsidentin, wenn der Kollege Reuschenbach einverstanden ist.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Der Kollege erlaubt das. Dann rufe ich auch Frage 77 auf: Kann die Bundesregierung darlegen, welche verkehrs-, regional- und strukturpolitischen Erwägungen dem Vorhaben „Eiserner Rhein" zugrundeliegen, und welche Konsequenzen der genannten Art sich aus seiner Verwirklichung ergeben würden?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Die Bemühungen zur Ausweitung des Zugverkehrs auf der Eisenbahnstrecke Antwerpen-Roermond-Dalheim-Mönchengladbach liegen vorwiegend bei den Kommunen und den Industrie- und Handelskammern entlang dieser Strecke. Die beteiligten Eisenbahnverwaltungen dagegen sind gehalten, den Güterverkehr aus wirtschaftlichen Gründen auf wenige und leistungsfähige Strecken zu konzentrieren. Der Bundesminister für Verkehr sieht unter den gegebenen Umständen keine Möglichkeit, die Deutsche Bundesbahn von dieser Verpflichtung zu entbinden. Die Konzentration hat vor allem für den Kunden den Vorteil der häufigeren und damit schnelleren Beförderung. Außerdem besteht unabhängig hiervon die Möglichkeit, durch Schaffung von Gleisanschlüssen die Standortgunst zu verbessern. Der Laufweg von internationalen Güterzügen ist hierfür nicht relevant. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine Antwort auf die Frage des Kollegen Wimmer.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Kollege Wimmer zu einer Zusatzfrage.

Willy Wimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002524, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihre Ausführungen zu dem Interesse der Industrie- und Handelskammern und der Städte und Gemeinden in diesem Bereich werden ergänzt durch Ausführungen des Präsidenten der Bundesbahndirektion in Köln. Sind Sie unter diesem Aspekt gegebenenfalls bereit, bahnintern dafür zu sorgen, daß hier eine übereinstimmende Meinung zwischen den Fachleuten vor Ort und Ihrem Ministerium hergestellt werden kann?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Herr Kollege, die Meinung, die ich Ihnen hier wiedergegeben habe, ist die Meinung des Bundesverkehrsministers und selbstverständlich auch die Meinung des für die Bundesbahn verantwortlichen Vorstandes.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weiteren Zusatzfragen? Die Fragen 78 und 79 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 80 des Herrn Abgeordneten Gobrecht auf: Sieht die Bundesregierung auf dem Gesetz- oder Verordnungsweg Möglichkeiten, ein nur für Lastkraftwagen geltendes Parkverbot in reinen Wohngebieten zu erlassen, um die Anwohner vor den nicht unerheblichen Gefahren und Belästigungen des fließenden und ruhenden Schwerkraftverkehrs zu schützen? Bitte sehr, Herr Staatssekretär. Wrede, Pari. Staatssekretär: Herr Kollege, nach geltendem Recht können die Straßenverkehrsbehörden der Länder bereits heute die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs oder z. B. zum Schutz der Nachtruhe in Wohngebieten beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten: Nach dieser Vorschrift wären also auch Verkehrsverbote, Halteverbote oder eingeschränkte Halteverbote für Lkw in Straßen, die durch Wohngebiete führen, möglich. Um Nachtparkverbote für schwere Lkw und Omnibusse nicht nur für einzelne Straßen, sondern für ganze Wohngebiete erlassen zu können, ist beabsichtigt, die Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Verkehr in § 6 des Straßenverkehrsgesetzes zu erweitern. Der im Hause vorbereitete Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes lautet insoweit: Der Bundesminister für Verkehr erläßt mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über das innerhalb geschlossener Ortschaften, mit Ausnahme von entsprechend ausgewiesenen Parkplätzen sowie von Industrie- und Gewerbegebieten, anzuordnende Verbot, Kraftfahrzeuganhänger, Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 t sowie Kraftomnibusse während der Nacht und an Sonn-und Feiertagen regelmäßig zu parken.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gobrecht.

Horst Gobrecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000695, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wann damit zu rechnen ist, daß dies in Kraft gesetzt werden kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Kollege, der Gesetzentwurf ist fertiggestellt, er wird in allernächster Zeit dem Kabinett zur Verabschiedung zugeleitet und dann in die parlamentarischen Beratungen gehen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 81 des Herrn Abgeordneten Dr. Stark ({0}) auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit des Baus der geplanten Autobahnstrecke A 81 zwischen Leonberg und Gärtringen?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Herr Kollege, alle durchgeführten Untersuchungen und die letzte Überprüfung des Bedarfsplanes im Jahre 1975 haben eindeutig bestätigt, daß sowohl aus Gründen des Netzzusammenhanges als auch der zu erwartenden Verkehrsbelastung der Neubau der A 81 zwischen dem Autobahndreieck Stuttgart/Leonberg und Herrenberg vorrangig notwendig ist. Nur so können die bestehenden und die zu erwartenden weiträumigen -und regionalen Verkehrsbedürfnisse in diesem Raum befriedigt werden.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 82 der Abgeordneten Frau Traupe auf: Welche Gründe haben nach Abschluß von Modellversuchen im Bereich Neuordnung der bautechnischen Dienststellen des Außendienstes der Deutschen Bundesbahn dafür gesprochen, im Regelfall die Konzentration aller Bahnmeistereien eines Betriebsamtsbezirks auf eine Großbahnmeisterei anzustreben?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Ich bitte auch hier, Frau Präsident, die beiden Fragen der Kollegin Traupe zusammen beantworten zu dürfen.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich rufe auch die Frage 83 auf: In welchen Betriebsamtsbezirken werden mehr als eine ({0}) Bahnmeisterei geschaffen, und aus welchen Gründen wird dort vom Prinzip abgewichen?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Frau Kollegin, die Entscheidung über organisatorische Maßnahmen obliegt nach dem Bundesbahngesetz dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn. Dieser hat mir dazu folgendes mitgeteilt: Die Einrichtung von Gleisbauhöfen, der Einsatz von Schwellenumbauzügen und die nahezu erreichte Vollmechanisierung im Oberbaudienst erfordern bei der Deutschen Bundesbahn Konzentrationsmaßnahmen und Organisationsstraffungen. Das Ziel der Deutschen Bundesbahn war deshalb von vornherein, in jedem der 109 Betriebsamtsbezirke grundsätzlich jeweils nur eine Bahnmeisterei durch ZusammenleDeutscher Bundestag - 8. Wahlperiode gung der bisherigen 630 Bahnmeistereien bestehen zu lassen. Die verbleibenden Organisationseinheiten werden zur Übernahme von mehr Zuständigkeiten und Verantwortung in der Lage sein. Durch Arbeitsstraffung, Verwaltungsvereinfachung, Sachkostenminderungen sowie durch Personaleinsparungen werden sie einen Beitrag zur Sanierung der. Deutschen Bundesbahn leisten. Ausnahmen von dieser Zielsetzung - in jedem Betriebsamtsbezirk nur eine Bahnmeisterei - durften nur dann zugelassen werden, wenn sie durch die besondere Struktur des jeweiligen Amtsbezirks unbedingt notwendig waren. Bei Anlegung eines strengen Maßstabes sind deshalb von der Deutschen Bundesbahn zwei Bahnmeistereien nur in den Betriebsamtsbezirken München, Stuttgart, Schwandorf, Düren, Siegen und Münster/Westfalen vorgesehen. Die besondere Aufgabenstellung in den Ballungsräumen bzw. die Weiträumigkeit des Bezirkes gaben hierfür den Ausschlag.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Traupe.

Brigitte Traupe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002099, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich möchte Sie fragen, ob durch diese Neuorganisation nicht krisenfeste Arbeitsplätze verlorengehen - die eben durch höhere Sachkosten ausgeglichen werden - und ob dies eine Aufgabe der Bundesbahn sein kann?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Frau Kollegin, die Bundesbahn ist auf Grund ihrer finanziellen Situation, die allen Mitgliedern dieses Hauses jedes Jahr einige Male vor Augen geführt wird - sie ist auf Leistungen aus dem Bundeshaushalt von mehr als 14 Milliarden DM angewiesen -, natürlich gezwungen, soweit es nur geht, ihren Betrieb zu rationalisieren. Hier handelt es sich um ein Programm, das sich über die ganze Bundesrepublik erstreckt, und damit - jetzt komme ich auf den Kern Ihrer Frage - werden durch die Einsparungen bei der Bundesbahn Finanzmittel des Bundeshaushaltes für die von Ihnen genannten Aufgaben frei.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Keine weitere Zusatzfrage? - Dann rufe ich Frage 84 des Herrn Abgeordneten Dr. Friedmann auf: Zu welchen Ergebnissen hat die Geschiebezugabe bei der Rheinstaustufe Iffezheim bisher geführt, und welche Schlüsse lassen sich daraus hinsichtlich der Erosion sowie des Baus einer weiteren Rheinstaustufe bei Au/Neuburgweier ziehen?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Herr Kollege, der im April begonnene Naturversuch mit einer Geschiebezugabe unterhalb der Staustufe Iffezheim hat gezeigt, daß mit Hilfe dieser Methode ein Fortschreiten der Erosion bei den in diesem Jahr langanhaltenden höheren Abflüssen mit starker Erosionswirkung aufgehalten werden konnte. Mitte November entsprach die für die Rheinschiffahrt maßgebende Wasserspiegellage bei niedrigem Abfluß, dem sogenannten Gleichwertigen Wasserstand, derjenigen vom Januar 1978. Beeinträchtigungen der Schiffahrt oder der Umwelt sind bisher nicht entstanden. Auf Grund dieses Zwischenergebnisses geht das Bundesministerium für Verkehr davon aus, daß sich die Methode der Geschiebezugabe nach Abschluß der gesamten Untersuchungen - Naturversuche, Modellversuche und ergänzende weitere Untersuchungen bei der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Südwest sowie den Bundesanstalten für Wasserbau und Gewässerkunde - im Jahr 1980 als eine geeignete und wirtschaftliche Alternativlösung gegenüber dem Bau von Staustufen zur Verhinderung der Erosion des Oberrheins erweisen kann. Im Hinblick auf die Staustufe bei Neuburgweier wird die Bundesregierung den französischen Vertragspartner entsprechend dem zwischen beiden Außenministern geführten Schriftwechsel über das Ergebnis der Untersuchungen unterrichten, damit beide Regierungen prüfen können, ob eine alternative Lösung in ihrem eigenen bzw. gemeinsamen Interesse liegen würde.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Friedmann.

Prof. Dr. Bernhard Friedmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000589, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, heißt das nun, daß die Bundesregierung für den Bau einer Staustufe oder gegen den Bau einer Staustufe sein wird?

Lothar Wrede (Staatssekretär:in)

Politiker ID: 11002566

Das heißt weder das eine noch das andere, Herr Kollege Friedmann. Ich habe Ihnen erläutert, daß im Augenblick untersucht wird, ob durch Geschiebezugabe die gleiche Wirkung erreicht werden kann wie durch den Bau einer zusätzlichen Staustufe. Ich habe erklärt, daß das Ergebnis etwa 1980 vorliegen wird und daß dann mit dem Vertragspartner Frankreich über diese Dinge gesprochen und verhandelt wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich kann leider keine Zusatzfrage mehr zulassen; die Fragestunde ist .zu Ende, Herr Kollege Roth. - Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Die Fragen, die noch nicht beantwortet werden konnten, werden schriftliche beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Damit sind wir am Ende der Fragestunde. Meine Damen und Herren, ich rufe den Zusatzpunkt 1 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Gesetz zur Änderung zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften - Drucksache 8/2384 Berichterstatter: Abgeordneter Dürr Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Bitte, Herr Abgeordneter Dürr.

Hermann Dürr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000424, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat am 10. November 1978 beschlossen, zu dem vom Bundestag am 5. Oktober verabschiedeten Gesetz aus mehreren Gründen den Vermittlungsausschuß anzurufen. Erstens. Der Bundesrat hat zunächst vorgeschlagen, die Bestimmungen über die Berufungs- und Revisionsfrist in den §§ 516 und 552 der Zivilprozeßordnung zu ergänzen. Diese Fristen beginnen mit der Zustellung des vollständigen Urteils, die seit der Vereinfachungsnovelle vom Dezember 1976 von Amts wegen erfolgt. Auch dann kann es in seltenen Fällen geschehen, daß die Zustellung wegen eines Mangels unwirksam ist. Der Vorschlag des Bundesrats, auch in Fällen einer unwirksamen Zustellung die Urteile spätestens mit dem Ablauf von sechs Monaten nach deren Verkündung rechtskräftig werden zu lassen, löst einige, aber nicht alle auftauchenden Probleme. Es kann nämlich dann der Fall eintreten, daß sich eine Partei ohne Kenntnis des vollständigen Urteils darüber schlüssig werden muß, ob sie ein Rechtsmittel einlegen will oder nicht. Auch läßt sich nicht ausschließen, daß trotz unwirksamer Zustellung die Rechtskraft eines Scheidungsurteils bescheinigt wird und der Geschiedene z. B. vier Monate nach der Verkündung des Urteils wieder heiratet. Weil Probleme auf Grund von Zustellungsmängeln bei allen Notfristen auftreten können, schlägt der Vermittlungsausschuß vor, die geltenden Bestimmungen über die Berufungs- und Revisionsfrist in diesem Gesetz nicht zu ändern. Damit soll Zeit geschaffen werden, um die aus Zustellungsmängeln entstehenden Probleme insgesamt eingehend zu überdenken und zu regeln. Zweitens. Der Bundesrat hat ferner zu § 816 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vorgeschlagen, dem Gerichtsvollzieher ohne vorherige Einschaltung des Vollstreckungsgerichts die Möglichkeit zu geben, eine gepfändete Sache im Bezirk des Vollstrekkungsgerichts, aber außerhalb der Gemeinde zu versteigern, in der die Pfändung geschehen ist. Diesem sachdienlichen und das Verfahren vereinfachenden Vorschlag hat der Vermittlungsausschuß zugestimmt. Drittens. Der Bundesrat hat weiter vorgeschlagen, die Anpassung der Pfändungsfreigrenzen künftig durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats zu ermöglichen. Weil bei Pfändungsfreigrenzen aber öfters nicht nur eine bloße Anpassung erforderlich ist, sondern auch strukturelle Änderungen notwendig sind, die auch im Fall der Annahme des Vorschlags des Bundesrats einer gesetzlichen Regelung bedürften, hat es der Vermittlungsausschuß dabei belassen, daß es insoweit wie bisher stets einer gesetzlichen Regelung bedarf. Viertens. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Anpassung der Bezeichnungen in § 67 Abs. 3 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung empfiehlt der Vermittlungsausschuß zur Annahme. Fünftens. Der Bundesrat hat ferner zu § 69 Abs. 2 des Zwangversteigerungsgesetzes vorgeschlagen, zur Sicherheitsleistung im Versteigerungstermin außer bestätigten Bundesbankschecks auch von einem geeigneten Geldinstitut ausgestellte Verrechnungsschecks zuzulassen. Würde man diesem Vorschlag folgen, so könnte im Zwangsversteigerungsverfahren ein Streit darüber entstehen, ob ein Geldinstitut „geeignet" ist oder nicht. Auch ließe der Vorschlag des Bundesrats offen, wie zu verfahren sei, wenn das Geldinstitut, das den Verrechnungsscheck ausgestellt hat, nicht in der Lage ist, den Scheck einzulösen; anders als im Falle der Bürgschaft fehlt eine Regelung über die Mithaftung des Geldinstituts sowie über die Vollstreckbarkeit der Forderung gegen dasselbe. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt deshalb keine Änderung von § 69 Abs. 2 ZVG in diesem Gesetz, erwartet aber, daß die Bundesregierung bei geeigneter Gelegenheit, etwa bei der Behandlung der Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz, dem Gesetzgeber einen Lösungsvorschlag zu der aufgeworfenen Frage unterbreitet. Sechstens. Den Vorschlägen des Bundesrats zu §§ 459 g und 463 b der Strafprozeßordnung, die eine einwandfreie Rechtsgrundlage für die Beitreibung bestimmter Ansprüche schaffen sollen, empfiehlt der Vermittlungsausschuß aus rechtsstaatlichen Gründen zuzustimmen. Als Folge muß auch § 1 Abs. 1 der Justizbeitreibungsordnung ergänzt werden. Das Begehren des Bundesrats zu § 6 Abs. 3 der Justizbeitreibungsverordnung soll vom Bundesjustizministerium noch geprüft werden, um gegebenenfalls hierzu bei nächster Gelegenheit eine praktikablere Lösung vorzulegen. Siebtens. Änderungen des Wohnungseigentumsgesetzes, die der Bundesrat zur Anpassung an die Änderungen des Zwangsversteigerungsgesetzes begehrt, sollen in die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes aufgenommen werden, deren Entwurf dem Bundestag in Kürze zugeleitet wird. Sie sind also in den Vorschlag des Vermittlungsausschusses nicht aufgenommen worden. Achtens. Schließlich hat der Bundesrat vorgeschlagen, die nach geltendem Recht vom 15. Juli bis 15. September dauernden Gerichtsferien auf die Zeit vom 1. Juli bis 31. August zu verlegen. Der Rechtsausschuß des Bundestages hatte die Prüfung und Entscheidung darüber, ob die Gerichtsferien verlegt oder überhaupt abgeschafft werden sollten, bei der Beratung dieses Gesetzes nicht vorgenommen. Weil eine solche Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände im Vermittlungsausschuß nicht möglich gewessen wäre, wird der Vorschlag des Bundesrates nicht zur Annahme empfohlen, d. h. die Entscheidung dieser Frage zurückgestellt. Neuntens. Der vom Bundesrat vorgeschlagenen Übergangsregelung empfiehlt der Vermittlungsausschuß zuzustimmen, soweit sich sich nicht auf Punkte bezieht, denen der Vermittlungsausschuß nicht gefolgt ist. Zehntens. Um den Gerichten und Behörden das Einarbeiten in die neuen Vorschriften zu erleichtern, schlägt der Vermittlungsausschuß vor, daß das Gesetz nicht am 1. Januar, sondern erst am 1. Juli 1979 in Kraft tritt. Der Vermittlungsausschuß hat beschlossen, daß über die Änderungsanträge gemeinsam abzustimmen ist. Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich, seinen Vorschlägen zuzustimmen. Darüber hinaus bitte ich um Nachsicht, daß das Thema einen so trockenen Bericht erforderlich gemacht hat. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort zu einer Erklärung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die vorliegenden Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Wer der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 8/2384 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe Zusatzpunkt 2 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen - Drucksache 8/2385 - Berichterstatter: Minister Dr. Schwarz Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu der Ihnen vorliegenden Beschlußempfehlung auf Drucksache 8/2385 darf ich namens des Vermittlungsausschusses folgendes ausführen. Der Bundesrat hat in seiner 465. Sitzung am 10. November 1978 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 5. Oktober 1978 verabschiedeten Gesetz, das heute Gegenstand der Abstimmung ist, den Vermittlungsausschuß anzurufen. Der Vermittlungsausschuß hat sich mit dem Anrufungsbegehren am 13. Dezember 1978 beschäftigt. Der vorliegende Gesetzentwurf ändert das Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen vom 31. August 1975 nebst einer dazu später ergangenen Änderung. Nach diesem Gesetz vom 31. August 1975 ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung Zuständigkeiten und Verfahren zu bestimmen, sei es, daß die Durchführung Bundesbehörden oder Landesbehörden obliegt. Der Bundesrat hat mit seinem Anrufungsbegehren unter Ziffern 1 bis 3 - Drucksache 8/2283 - beantragt, die Zustimmung des Bundesrates für alle Rechtsverordnungen vorzusehen, die auf Grund dieses Gesetzes ergehen. Der vorliegende Entwurf sieht seinerseits vor, daß Rechtsverordnungen, die Verfahrensregelungen - also nicht materielles Recht - für Maßnahmen betreffen, die durch Landesbehörden durchgeführt werden sollen, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Der Vermittlungsausschuß hat dieses Begehren aufgenommen, ihm aber nicht zugestimmt. Nach seiner Auffassung handelt es sich um eine grundsätzliche Frage der Ausführung von Recht der Europäischen Gemeinschaft. Nach Auffassung des Vermittlungsausschusses kann diese Frage anläßlich dieses Gesetzes nicht geregelt werden. Hier bedarf es einer grundsätzlichen Regelung, da es sich um eine Frage des Verhältnisses des Bundes zu den Ländern mit Verfassungsrang handelt. Unter Ziffer 4 des Anrufungsbegehrens erstrebt der Bundesrat, daß den Landesbehörden bei Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten die Zuständigkeit im Bußgeldverfahren gegeben wird, soweit die Maßnahmen von Länderbehörden durchgeführt werden. Der Vermittlungsausschuß hat diese Anregung aufgenommen und ihr nach einem Formulierungsvorschlag des Ministeriums entsprochen. Unter Ziffer 5 des Anrufungsbegehrens hat der Bundesrat angeregt, daß der Ausbau von Weinreben auf einer Fläche von nicht mehr als einem Ar von der grundsätzlich vorgesehenen Genehmigung ausgenommen wird. Auch diese Anregung wurde mit einer kleinen Modifikation aufgenommen; sie wird zur Annahme empfohlen. Unter Ziffer 6 des Anrufungsbegehrens hat der Bundesrat beantragt, in § 15 des Gesetzes über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen die Worte „ohne Nennung der Namen der Meldepflichtigen" durch die Worte „auf dem Dienstwege" zu ersetzen. Die vom Gesetz vorgesehenen Formulierungen sollten verhindern, daß Einzelangaben mit Nennung des Namens aktenkundig gemacht und weitergegeben werden dürfen. Es handelt sich um die grundsätzliche Frage, ob durch Einschaltung der Behörden die schutzwürdigen Interessen des Meldepflichtigen verletzt werden können. Es handelt sich also um eine Frage des Datenschutzes. Darüber zu entscheiden, schien dem Vermittlungsausschuß hier nicht der geeignete Platz. Eine solche Frage muß sorgfältig vorbereitet und geprüft werden. Der Vermittlungsausschuß beantragt, über die vorgesehenen Änderungen gemäß § 10 Abs. 3 seiner Geschäftsordnung gemeinsam abzustimmen. Ich darf namens des Vermittlungsausschusses um Annahme bitten. ({0})

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wünschen die Fraktionen, Erklärungen abzugeben? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wie eben schon gesagt: Der Vermittlungsausschuß hat gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die vorliegenden Änderungen gemeinsam abzustimmen ist. Wer dieser Beschlußempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um Vizepräsident Frau Renger ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren, wir fahren in der Beratung der Tagesordnungspunkte 12 bis 15 - Energiepolitik - fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Riesenhuber.

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Strategie dieser Debatte am heutigen Vormittag war ziemlich offensichtlich. ({0}) Sie schlagen auf die Opposition ein, Sie reden vom Konsens in allgemeinen Worten, aber Sie gehen in konkreten Fragen mit einer Massivität auf die Politik, die wir vortragen, los, als ob es diese Übereinstimmung nicht gäbe - mit dem einzigen Ziel, die paar Dissidenten, an denen die Mehrheit für Ihre Anträge heute hängt, heute noch in Ihr Boot zu kriegen. Das ist das einzige Ziel Ihrer Debatte, das Sie vor Augen haben! ({1}) - Herr Kollege Ueberhorst, nachdem Sie von Bürgernähe gesprochen haben, will ich versuchen,. akustisch so zu sprechen, daß auch die Bürger in diesem Hohen Hause mich verstehen können. Sie sprachen von Bürgerbeteiligung, Herr Kollege Ueberhorst. Herr Zywietz sprach vom Bürgergespräch, und er hat unser Energieprogramm ge- schmäht. Herr Zywietz,. darauf hätten Sie sich nicht einlassen sollen. Die Art, in der wir unser Energieprogramm erarbeitet haben, ist anders als die Art, in der Sie Ihre Parteitagsbeschlüsse vorbereiten. Wir haben das Energieprogramm, das mit der Zustimmung der gesamten Union und der gesamten Fraktion im Bundestag eingebracht wurde und hier debattiert werden kann, ohne jeden Streit im Inhalt. Das geschieht eben dann, wenn etwas sachlich vorbereitet ist, gemeinsam getragen wird, in den . Grundfesten steht und sachgerecht ist. Das ist der Unterschied zwischen Ihrem Programm und dem Programm, was wir hier vorlegen. ({2}) Meine Damen und Herren, die Art, wie wir unser Programm vorbereitet haben, war nichts anderes als eine systematische Arbeit an Bürgernähe. Wir haben in Dutzenden von Gesprächen des Fachausschusses, unserer Arbeitsgruppe, mit den betroffenen Bürgern, mit Bürgerinitiativen, mit Wissenschaftlern und Fachleuten das Papier erarbeitet. Wir haben einen Kongreß durchgeführt mit Gewerkschaften, mit Unternehmern. Ich freue mich besonders, daß der Vorsitzende der IG Bergbau und Energie dort mit uns gemeinsam gearbeitet hat, als eine Gemeinsamkeit innerhalb Ihrer Partei auf dem Parteitag unmöglich erschien. Das war die Situation. ({3}) Aus dieser Situation heraus entstand dann auch die große Demonstration der Gewerkschaften in Dortmund und die „großartige" Wende bei Ihren Parteitagen. ({4}) Meine Damen und Herren, Sie halten eine große Rede über den Konsens, und das einzige, was Sie uns eigentlich bei unserem Energieprogramm vorwerfen, ist, daß es in wesentlichen Punkten mit dem Energieprogramm der Bundesregierung übereinstimmt. ({5}) Sie sollten, wenn Sie hier überhaupt eine vernünftige Politik im Sinn haben, einer Opposition auf den Knien danken, ({6}) die auch in schwierigen Auseinandersetzungen eine schwierige Debatte nach außen kontrovers durchhält, dort, wo Sie nicht mehr im Stande sind, diese Debatte nach außen durchzuhalten, sondern an allen entscheidenden Stellen mit vagen und zwiespältigen Formulierungen kneifen. ({7}) Der große Vorteil der Politik, die wir anlegen, ist, daß sich jeder darauf verlassen kann. ({8}) Wir wissen heute noch, was wir gestern gesagt haben. ({9}) - Gelächter ist ein außerordentlich schwaches Argument. Ich hätte diese Heiterkeit gerne bei der Lektüre dessen erlebt, was auf Vorschlag der Antragskommission mit dem Vorschlag Ihres Parteipräsidiums auf dem SPD-Parteitag letzten Jahres geschehen ist. Wo bleibt da die Einheitlichkeit der Partei und die Führungsstärke durch alle Gremien? Was herauskam, war in. entscheidenden Punkten grundsätzlich anders, als das, was Ihr eigenes Präsidium beschlossen hatte. So kann man eine Politik nicht führen. ({10}) Als letztes komme ich zu einer sehr ernsten Frage. Herr Zywietz hat uns in seiner Rede sehr höhnisch gefragt, woher wir eigentlich wüßten, daß Kernenergie sicher sei. Ich muß sagen: Hierüber müssen wir sehr ernsthaft sprechen. Wir haben hier keine anderen Quellen als die Bundesregierung, und die Bundesregierung schreibt in ihrer Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms zur Kernenergie, daß „alle denkbaren Risiken und langfristige Vorsorge gegen schädigende Nebenwirkungen" einbezogen sind. Ich zitiere weiter wörtlich mit Genehmigung der Frau Präsidentin: Die Bundesregierung hat bereits bisher alles Erforderliche getan und dadurch für diese Probleme verantwortbare Lösungen und einen auch im internationalen Vergleich hohen Sicherheitsstandard kerntechnischer Anlagen durchgesetzt. Sie schreibt weiter: Auch auf Grund des erreichten hohen Sicherheitsstandards ist Kernenergie vertretbar. Deutscher. Bundestag - 8. Wahlperiode Dr. Riesenhuber Die entscheidende Frage ist, ob Sie auf dem Boden dieser Aussagen stehen. Wenn Sie dies für falsch halten, Herr Kollege Zywietz, dann ist es Ihre Pflicht und Schuldigkeit, als Abgeordneter des deutschen Volkes hier im Plenum Ihre Zweifel so anzumelden, daß darüber gesprochen werden kann. Wenn Sie aber auf dieser Grundlage stehen, dann ist es eine unverantwortliche Art der politischen Auseinandersetzung, wenn Sie einem Teil dieses Hauses unterstellen, die Probleme nicht ernst zu nehmen, an denen wir alle seit vielen Jahren in Technik, Wirtschaft und Gesellschaft mit äußerster Problematik arbeiten. ({11}) Das entscheidende Problem Ihrer energiepolitischen Arbeit ist, daß Sie Langfristigkeit in entscheidenden Punkten nicht durchhalten können. Energiepolitik ist langfristige Politik, wenn überhaupt irgend etwas langfristige Politik ist. Energiepolitik legt national und weltweit den Rahmen fest, in dem die Märkte sich entwickeln. Forschungspolitik ist ebenfalls eine langfristige Politik, und sie ist eines der entscheidenden Instrumente zur Zukunftssicherung. Wenn Forschungspolitik überhaupt Sinn haben soll, muß sie langfristig und verläßlich sein. ({12}) Unter den großen Projekten zur Energieforschung, die wir haben, ist eines der entscheidenden Kalkar. Für Kalkar hat ,sich die Regierung als Projekt entschieden, um Chancen für nahezu unerschöpfliche Energiequellen zu erschließen. Daß das ihr Standpunkt ist, hat sie heute wieder in ihrer Ant-. wort auf unsere Kleine Anfrage bestätigt. Die Entwicklung einer hochgezüchteten Technik ist aber nur dann denkbar, wenn ein Projekt bei allen Unsicherheiten, Rückschlägen und sachlichen Problemen durchgehalten wird. Wenn Ihr Antrag in Punkt 6 Abs. 2 Satz 2 Sinn haben soll, dann sollte in der politischen Entscheidung des Bundestages, über die Sie sprechen, auch die Genehmigung untersagt werden können. Denn was soll dieser Antrag, wenn dies nicht der Fall ist? Wir lesen im „Münchner Merkur" vom 8. Dezember 1978 folgende Aussage des Generalsekretärs der FDP: Sichergestellt ist, daß über die Inbetriebnahme des Schnellen Brüters noch nicht entschieden ist, sondern daß damit der Bundestag noch befaßt werden muß. Das war für uns der entscheidende Punkt. Das Moratorium, das in unserem Mainzer Beschluß drinsteckt, konnte nicht durchgesetzt werden. Heute früh hat uns Herr Wolfram in seiner Rede erläutert, genau dies sei schon seit mehr als einem Jahr der Stand der Beschlüsse des Hohen Hauses. ({13}) Jetzt möchte ich einmal wissen, wer hier wen für dumm verkaufen will. Will eigentlich Herr Verheugen der deutschen Öffentlichkeit etwas vormachen? Oder will er den Dissidenten hier im Hause erzählen, daß es hierauf überhaupt nicht ankäme? Oder wird hier mit einer doppelten Strategie etwa in der Art gearbeitet, daß die Bundesregierung nach außen sagen kann, wir sind mit dem Wortlaut dieses Textes in Übereinstimmung mit der Aussage des Bundesverfassungsgerichts, während man unter dem Tisch so handelt, als würde der Bundestag jetzt tatsächlich noch in ein Genehmigungsverfahren eingreifen? Oder ist es einfach so, daß Herr Verheugen nicht genügend von der Sache versteht? Dadurch würde sich ja die mindere Qualität Ihrer Parteitagsbeschlüsse außerordentlich einfach erklären. Und darauf wollen Sie langfristige Politik begründen? Das geht doch" nicht! ({14}) Meine Damen und Herren, wir sind durchaus für politische Entscheidungen im Parlament. Deshalb sind wir hier. So haben wir es immer gehalten. Aber politische Entscheidungen im Parlament sollen dort getroffen werden, wo sie anstehen. Sie stehen an beim Forschungsprogramm, sie stehen an beim Energieprogramm, sie stehen an bei den Haushaltsbeschlüssen. In allen diesen Bereichen kann das Parlament nach kontroverser Auseinandersetzung mit seiner Mehrheit beschließen und auch ablehnen. Wir sind für die politische Entscheidung dort, wohin sie gehört, aber wir sind gegen den Eingriff des Parlaments in ein schwebendes Genehmigungsverfahren. ({15}) Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist an diesem Punkt sehr eindeutig: Das Gleichgewicht der Kräfte in der Demokratie darf nicht unterlaufen werden durch einen allumfassenden Entscheidungsvorrang der Parlamente - das gilt auch bei politisch umstrittenen Fragen -; vielmehr seien den Entscheidungen des Parlaments durch die Kompetenzen anderer Gewalten Grenzen gesetzt. Genau dies ist doch die Frage, um die es hier geht. Die Regierung muß dort entscheiden, wo sie die eigentliche und unmittelbare Verantwortung hat. Regierung ist Regierung, und Parlament ist Parlament. Dann, wenn jeder seine Arbeit tut, können wir miteinander auskommen. ({16}) - Sie sagen jetzt „anweisen", und der Herr Kollege Wehner hat sich in der Debatte am heutigen Vormittag über diesen Begriff sehr erregt. Der Kollege Wehner hat gesagt, das sei der Kommandoton der Opposition. Herr Kollege Wehner, das ist nicht der Kommandoton der Opposition, das ist die Sprache des Gesetzes. ({17}) Das Gesetz sieht vor, daß die Bundesregierung anweisen kann, über einen Genehmigungsantrag zu entscheiden. Es sieht wohlgemerkt nicht vor, daß angewiesen werden kann, daß dieser Genehmigungsantrag erteilt wird - dies liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörden -, sondern sieht vor, daß die Regierung dann, wenn eine Entscheidung unterbleibt, anweisen kann, daß sie getroffen wird.

Dr. h. c. Annemarie Renger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001821

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reuschenbach?

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte sehr, Herr Kollege. Reuschenbach ({0}); Herr Kollege Riesenhuber, müssen Sie nicht zugeben, daß es einen nicht nur verbalen Zusammenhang zwischen „anweisen" und „auf den Knien liegen" gibt? ({1})

Prof. Dr. Dr. Heinz Riesenhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001849, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Reuschenbach, es wäre wirklich unfair, auf eine Zwischenfrage von einem derart exorbitanten politischen Gewicht in einer Rede zu antworten. Ich glaube, so sollten wir hier nicht miteinander umgehen. Ich nehme das als eine unqualifizierte Zwischenfrage hin. ({0}) Meine Damen und Herren, die Frage ist doch, wer sich noch darauf verlassen kann, daß die Regierung das, was sie erklärt hat, auch tatsächlich tut. Wir sprechen heute über eine Mehrheit von 6 Stimmen, und wenn die Regierung an eine solche Mehrheit ihre eigentliche Verantwortung abtritt, haben wir einen Kurs, der nicht mehr vorhersehbar ist. Welcher Partner eines Gemeinschaftsprojekts kann künftig noch Steuergelder investieren, wenn wir als Partner gegenüber Holland und Belgien heute nicht verläßlich sind? Welches Wirtschaftsunternehmen kann sich für ein Projekt engagieren, das von einem Parteitag - ohne Rücksicht auf technische und wirtschaftliche Vernunft - erschüttert werden kann? Welcher Wissenschaftler kann seine Arbeit auf ein Projekt setzen, das durch die Regierungsparteien, die letzten Endes darüber entscheiden sollen, öffentlich verteufelt wird? Welcher Arbeiter, der geglaubt hat, für ein Zukunftsprojekt Deutschlands zu arbeiten, kann heute überhaupt noch seines Arbeitsplatzes in diesem Bereich sicher sein? So weit ist es gekommen! ({1}) Denn Ihr Antrag mit dem Punkt 6 bedeutet Verzögerung, und Verzögerung bedeutet Gefährdung. ({2}) - Das stelle nicht ich fest; hierzu sagt das Innenministerium außerordentlich faszinierende Dinge. Nach der „Saarbrücker Zeitung" vom 7. September stellt das Innenministerium in einem Papier fest, was hier geschehe, sei eine Abwürgung auf Raten. Es stellt fest: Einzelne Stufen der Entwicklung vom Prototyp zum Demonstrationsprojekt und zur endgültigen Anwendung überlappen sich. Sie sagen in Punkt 6 Ihres Antrags, eine Entscheidung über einen möglichen SNR II sollte erst nach ausreichenden Betriebserfahrungen mit Prototypanlagen erfolgen. Das Innenministerium schreibt sinngemäß, daß die Entscheidung und damit die Planung der Demonstrationsanlage SNR II logischerweise schon während des Baus und des Betriebs von SNR 300 laufen muß, wenn nicht Planungs- und Investitionsrisiko unkalkulierbar gemacht werden sollen und nicht innerhalb kürzester Zeit das mühsam aufgebaute Wissen unwiderruflich oder nur zu hohen Preisen zurückkaufbar verlorengegangen ist. ({3}) Genau das folgt aus Ihrem Antrag. Das gilt nicht nur für den SNR 300, wo Sie es begründen mit einer ausführlichen Erwägung über Plutoniumwirtschaft, sondern es folgt genauso - mit einem einzigen Federstrich - für den HTR, der mit Plutonium-brüten überhaupt nichts im Sinn hat. Herr Matthöfer hat einmal davon gesprochen, daß Deutschland vom Blaupausenexport leben solle. Bei solcher Politik wird Deutschland nicht einmal mehr die Maschinen und Anlagen verkaufen, wenn Sie mit Ihrem Rundumschlag gegen unsere Technik fertig sind, die auf lange Zeit die Grundlage unserer wirtschaftlichen Existenz ist. ({4}) Es wurde hier heute so debattiert, als gäbe es bei den Regierungsparteien leidenschaftliche Befürworter von Technologiefolgenabschätzung. Wir sind immer eingetreten für eine massige Mitbeteiligung des Parlaments und für eine Technologiefolgenabschätzung dort, wo es sinnvoll ist. Wir haben die Risiken neuer Technologien immer sehr ernst genommen. Wir sind immer eingetreten für die Verantwortung des Parlaments für die Technologie, die wir fördern. Ich höre auch hier mit Interesse die Aussage von Herrn Professor Laermann, daß er es genauso sieht. Aber wie ist denn die Geschichte? In der letzten Legislaturperiode haben wir ein Amt für Technologiebewertung beantragt. Sie haben uns das unter einer Serie erbaulicher Reden - mit großer Übereinstimmig im Grundsatz - am Schluß abgeschmiert, ohne einen konkreten Alternativvorschlag zu bringen. Das ist doch der Umgang mit Technologiefolgenabschätzung hier im Hause! ({5}) In dieser Periode haben wir ein Konzept eingebracht, das in der Tat nur ein Minimalkonzept ist. Was Sie daraufhin anbieten, ist, daß wir zwei weitere Mitarbeiter beim Wissenschaftlichen Dienst einstellen und 100 000 DM für Gutachten bekommen sollen. Und ob Sie das tun werden, ist noch völlig offen. Sie können nicht Gemeinsamkeit fordern und zugleich jammern, die Opposition könne schlauer werden, als sie ohnehin schon ist. Auf dieser Basis werden Sie den Konsens in der Politik nicht finden. ({6}) Sie können. nicht von Bürgergespräch und sachkundiger Auseinandersetzung sprechen und gleichzeitig dem Parlament dann die Mindestinstrumente verweigern. Meine Damen und Herren, nicht die. Sorge um das Wissen ist der Anlaß für den ,Antrag der Regierungskoalition. Das Motiv ist die Konfusion einer mitternächtlichen Parteitagsdebatte über einen Kompromiß in einer schlampigen Resolution, die nicht einmal ih sich selber stimmt. ({7}) Was ist denn das für eine Aussage, wenn es in Satz 1 heißt, der Schnelle Brüter sei. abzulehnen, und in Satz 2, daß Sie eben dies in einer Enquete- Kommission prüfen wollen! Schreiben Sie der Enquete-Kommission das Ergebnis vor? Entscheiden Sie mit Mehrheit über wissenschaftliche Tatsachen? Sind Sie überhaupt noch offen für eine Sachdebatter? Was sie beantragen, bedeutet Verzögerung. Sie setzen keinen Termin für den Bericht. Die Umsetzung der Auswertung von INFCE wird in dieser Periode kaum noch möglich sein. Wenn. in den 80er Jahren Kalkar in Betrieb geht, soll die Kommission immer noch tagen. Sie setzen keine Fristen. Sie sprechen hier aber von nirgends begründeten Inhalten. Wer von Ihnen hat denn jemals dargelegt, wie eine Option inhaltlich aussehen soll, auf Kernenergie künftig zu verzichten, und wie deren Möglichkeiten und Konsequenzen bewertet werden sollen? Der Antrag, den wir eingebracht haben, ist knapp, präzise und eindeutig. Er ist offen für jedes Ergebnis in sinnvoller Frist. Er soll das erreichen, was wir-entscheidend brauchen und was die Grundlage für die gesamte weitere Arbeit ist: die Wiedergewinnung einer gemeinsamen Kernenergiepolitik, die wir nie aufgegeben haben, die aber ständig ins Schleudern gebracht wird durch Sie und Ihre Parteitage. ({8}) Meine Damen und Herren, Ihr Antrag spricht von der Akzeptanz. Sie wollen Kriterien und Maßstäbe erarbeiten. Sie tun so, als könnte Akzeptanz nach entsprechender fachlicher Vorbereitung regierungsamtlich verordnet und übergestülpt werden, wenn man es nur raffiniert genug anstellt. ({9}) Wenn wir eine Akzeptanzkrise haben, dann _ ist sie auf dem langen öffentlichen Schweigen der Regierung gewachsen. Die ganze Frage der Entsorgung ist in den Debatten seitens der Regierung 1976 zum erstenmal überhaupt aufgetaucht. Sie ist aus den widersprüchlichen Reden entstanden, die sie hinterher auf Ihren Parteitagen gehalten hat. ({10}) Sie ist daraus entstanden, daß Sie jetzt hier den Zweifel hineingebracht haben, ohne die Sachdiskussion begründet und in einer überzeugenden Weise so zu führen, daß Sie hernach dafür einstehen können. ({11}) Die Akzeptanzkrise entstand letzten Endes aus Ihrer mangelnden Kraft, das politisch zu vertreten, was Ihre eigene Regierung erklärt hat. Das ist doch der Punkt. (Sehr gut! bei der CDU/CSU} Kalkar ist exemplarisch für diese Politik. Nicht etwa Unterstützung, nicht fruchtbare Kritik, sondern Zweifel und Verunsicherung haben Sie gebracht. Sie sollen die Politik der Regierung haben. Sie bringen tie ins Schleudern. Sie haben das auf den Parteitagen des letzten Jahres mit den Diskussionen über die Kernenergie getan. Sie haben Kalkar an den Rand des Scheiterns gebracht, und zwar durch die FDP. \ In beiden Fällen war es nicht etwa die kritische Bewertung neuer Tatsachen, über die wir reden müssen, sondern Demoskopie und Existenzangst einer marginalen Partei, die sich jedem "grünen" Windhauch beugt. ({12}) Die Frage ist wirklich: Wie lange wollen Sie noch Ihre Küchenprobleme zu Problemen des deutschen Volkes machen, abhängig von jedem Halbdutzend von Stimmen, auf die Sie nicht sicher rechnen können? ({13}) Kalkar ist ein Experiment, und ein Experiment kann auch scheitern. Selbst wenn es technisch gelingt, haben wir erst in 15 Jahren zu entscheiden, ob wir den Brüter aus wirtschaftlichen Gründen brauchen oder ob dieser Brüter überhaupt vertretbar ist. Plutoniumwirtschaft im strengen Sinne Ihres Arguments ist nicht "Kalkar", sondern "Gorleben". Zu Gorleben sagte der Parteitag der SPD 1977, und zwar zu Recht, daß Energiewirtschaft und öffentliche Hand mit allen Mitteln den Bau des Entsorgungszentrums vorantreiben müssen. Dies ist in der Tat wahr. Wenn aber in Gorleben Plutonium beherrscht werden kann, und zwar ohne Polizeistaat: Warum ist das dann in Kalkar nicht möglich? Meine Damen und Herren, was wir brauchen, sind keine neuen psychosozialen Expertisen zur Akzeptanztheorie, ({14}) was wir brauchen, 'ist sehr viel einfacher: Wir brauchen einen klaren Standpunkt in der Sache und die Bereitschaft zum Gespräch. ({15}) Kollege Wolfram sagte, wir würden dem krtischen und besorgten Bürger keine Antwort geben. Herr Kollege Wolfram, dann vergleichen Sie einmal, in welcher „aufklärenden" Art 'Kollege Riemer und Kollege Hirsch dem kritischen und besorgten Bürger Antwort geben und wie es Ministerpräsident Albrecht in Niedersachsen tut. Das sind zwei verschiedene Welten. ({16}) Was wir in Gorleben entscheiden, wird nicht ein- fach von oben entschieden und dem Bürger über den Kopf gehauen. Wir führen zahllose Gespräche- vor Ort. Die Bereitschaft, auch skeptische und kritische Argumente einzubeziehen, den kontroversen Dialog mit der Öffentlichkeit zu führen, dies führt in der Sadie zum vernünftigen Resultat und gewinnt den Kritiker zu dem, was wir brauchen, zum Partner in einer schwierigen Aufgabe. Aus solchem Vertrauen kann ein großes Projekt durchgehalten werden, auch über die Legislaturperioden, auch über wechselnde Mehrheiten; aber bei einer solchen Arbeit mit Bürgern und Problemen werden in diesem Land, in Niedersachsen, die Mehrheiten nicht wechseln. Deshalb werden sie hier in der Bundesrepublik wechseln. ({17}) Meine Damen und Herren, wir sehen daß es zu viele gute Köpfe unter den Studenten gibt, die wir in der technischen und wissenschaftiichen Arbeit brauchen, die sich von der Technologie abwenden, weil sie ihnen als Irrweg erscheint. Das Argument von der Notwendigkeit dieser Großtedmologie für unsere Volkswirtschaft wird uns nicht abgenommen, wenn man uns nicht mehr glaubt, daß unsere Ziele gut und menschlich sind und unsere Wege wohibegründet und erwogen. Wir werden gefragt, ob der Mensch in der Groß- technik nur nodi insofern eine. Funktion hat, als er sich den Strukturmechanismen des Computers anpaßt. ,Es geht um die Frage, ob uns der Bürger als Statisten einer angeblich Unwiderstehlichen Eigendynamik der Technik erfährt. Es geht um den Traum von der heilen und überschaubaren Welt. Es gibt auch den Traum von einer umfassenden Teilhabe der Bürger an dem, was sie angeht, und das ist ein guter Traum. Was wir gemacht haben, war eine Verwaltungsreform, die den Betroffenen und den Handelnden noch weiter auseinandergerückt hat. Es ist der Traum vom „Small is beautiful" in der Technik,. und in der Realität haben sie Konkurse im Mittelstand und größere, wachsende Unternehmenseinheiten vorgefunden. Es ist auch der Traum, Herr Ueberhorst, von der sanften Energie, vom Wind und von der Sonne, und in der Realität findet man in der Tat die wachsenden Kraftwerksblöcke vor. Es ist auch der Traum vom Abbau der Madit und vom Zuwachs an Freiheit. Die Faszination der Politik besteht in der Chance, Träume vielleicht schrittweise und wachsend Wirklichkeit werden zu lassen. Auch die notwendigen Entscheidungen für . die Großtechnologien selbst sind nur dann und nur in dem Maße durchsetzbar, wie der Bürger weiß,, daß wir auch die Alternativen geprüft haben, daß wir ihnen eine Chance geben: in der Förderung der Forschung und beim Start im Markt. ({18}) Dies aber, meine Damen und Herren, ist die ständige Aufgabe des ganzen Parlaments. Dies ist nicht die Aufgabe einer Enquete-Kommission. Dies. ist auch nicht die Aufgabe einer ad infinitum tagenden Enquete-Kommission. Es ist keine Enquete-Kommission, die sich als Überparlament verstehen könnte, genauso wenig wie sich dieses Parlament als eine Zusatzregierung verstehen kann. ({19}) Die Aufgaben der Enquete-Kommission sind anders, und sie sind konkret. Wir haben die Kernenergie, ihre Notwendigkeit und ihre Risiken im Zusammen- hang zu bewerten. Aber wir wissen:, Die Tatsachen liegen auf dem Tisch. Überraschungen in der Sache hat es in den letzten Jahren nicht gegeben. Was wir haben, ist die technokratische Macherei des Kanzlers. Wir haben die taktischen Bocksprünge Ihrer Parteitage. Was wir brauchen, ist ein langfristig verläßliches Konzept des Parlaments. Unser Vorschlag einer Enquete-Kommission ist für alle im Haus zustimmungsfähig, wenn wir dieses gemeinsame Konzept zur Kernenergie tatsächlich wollen. Dieses gemeinsame Konzept ist entscheidend erforderlich. Es ist nach dem Maße unserer Sachgerechtigkeit und der Nüchternheit unserer. Bearbeitung möglich. Wenn es scheitert, dann scheitert es ausschließlich an dem Maß der Ideologie, das Sie einbringen, und an dem Maß Ihrer Fremdbestimmtheit durch die Parteitage, die in dieses Parlament hineinregieren. ({20})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich darf zunächst, Herr Kollege Riesenhuber, eine Frage zu Ihrer Schlußbemerkung stellen - ich will auf einige andere Bemerkungen später eingehen, obwohl der technische Teil sicherlich mehr in den Bereich, in die Zuständigkeit und in das Wissen des Kollegen Hauff als in meines fällt -: Kann man wirklich, meine Damen und Herren, allen Ernstes von Fremdbestimmtsein durch Parteitage sprechen, die wir hier doch alle als Mitglieder und Vertreter unserer Parteien sitzen? ({0}) möchte nur die Frage stellen. ({1}) Ich spreche nicht davon, daß ein Tell einen anderen Teil der Partei fremdbestimmt, Herr Kollege Roth. Ich sprach jetzt nur von der Frage des Kolle- gen Riesenhuber. Ich stelle das, wie gesagt, nur als Frage. Ich glaube, es lohnt sich, darüber mehr nachzudenken, als das hier nur so als Behauptung aufzustellen. Im übrigen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich bei den Fraktionen ausdrücklich dafür bedanken, daß sie Verständnis ge- habt haben, daß ich während des ersten Teils der Debatte nicht hier sein konnte, sondern an einer wichtigen Sitzung des Zentralbankrats teilgenommen habe, auf der das Geldmengenziel sowie kreditBundesminister Dr. Graf Lambsdorff politische Maßnahmen beschlossen worden sind. Dieser Dank gilt natürlich insbesondere der Opposition. Die Tatsache, daß der Kollege Lenzer meine Abwesenheit heute vormittag dennoch kritisiert hat, ({2}) hindert mich nicht an diesem Dank. ({3}) Meine Damen und Herren, als der für die Energiepolitik zuständige Minister begrüße ich es, daß sich der Deutsche Bundestag heute ausführlich mit der Energiepolitik der Bundesregierung befaßt. Es handelt sich hier, wie jeder von Ihnen weiß, um ganz entscheidende Fragen der Zukunftssicherung unseres Landes, die über die Tagesaktualitäten weit hinausgehen. Ich kann auch begreifen, daß die Opposition nach den Diskussionen der letzten Wochen und Monate das Thema Kalkar so sehr in den Vordergrund ihrer Diskussionsbeiträge gestellt hat. ({4}) Meine Damen und Herren, dabei sollte allerdings nicht der Eindruck entstehen, als es in der Energiepolitik grundlegende und unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten zwischen Koalition und Opposition. ({5}) In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. Alle konkreten Äußerungen, auch die konkreten Äußerungen aus der CDU/CSU - dies wird insbesondere bei einem Vergleich der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms und Ihrem Energieprogramm deutlich; das ist eine Debatte, die wir hier schon im April geführt haben - beweisen das. Ich habe mir berichten lassen, mit welchen Bernerkungen Herr Kollege Waigel die heutige Debatte angereichert hat. Ich werde mich aber auch dadurch nicht provozieren lassen, die bestehenden Gemeinsamkeiten in der Energiepolitik durch verbale Kraftakte zu verschleiern und die Öffentlichkeit hinsichtlich der wahren politischen Konstellation irrezuführen. ({6}) - Wir werden uns über die Frage der Mehrheiten nachher unterhalten, wenn die Abstimmung erfolgt ist und wenn ausgezählt worden ist, Herr Kollege. ({7}). Im übrigen gebe ich offen zu, daß ich mich über die Bemerkung, die Herr Waigel hier gemacht hat, ich sei ein Geisterfahrer, einigermaßen amüsiert habe. Wie jeder weiß, herrscht in diesem Lande Rechtsverkehr auf den Straßen. Ich müßte also immer links entgegenkommen. Ich weiß nicht, wer mir das abnimmt. ({8}) Diese Gemeinsamkeit hat sich doch auch aus der Reaktion des Plenums auf die Worte des Kollegen Hauff von heute vormittag gezeigt. Ich möchte jeden Satz dieser Rede unterschreiben, weil sie eine ausgewogene Darstellung der Probleme und der Vorschläge zu ihrer Lösung - beides ist diffizil und schwierig - darstellt. ({9}) Herr Kollege Riesenhuber, alles das, was Sie in dem leiseren Teil Ihrer Ausführungen gesagt haben, hätte ich mit unterschreiben können, wenn Sie nicht für sehr reale Probleme jedesmal das Stichwort „Traum" benutzt hätten. ({10}) Meine Damen und Herren, lassen Sie uns also nicht die größeren Probleme unserer Energiepolitik vergessen. Es geht ja wirklich nicht vor allem um das Thema des Schnellen Brüters, sondern darum, wie wir unsere Energieversorgung auf lange Sicht am besten sichern können. Dazu gehört auch das Thema Kalkar, aber eben nur dazu. Wir müssen der Gefahr ins Auge sehen, daß 01 knapper und mit Sicherheit teurer wird. Wir müssen dieser Gefahr durch tatkräftiges Energiesparen und die rechtzeitige und wachsende Bereitstellung anderer Energieträger entgegentreten. Deshalb hat es seinen Sinn, daß wir heute über die Energiepolitik insgesamt, also über die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms und in diesem Zusammenhang selbstverständlich auch über Kernenergie und über Kalkar, diskutieren. Nur so wird die Debatte über den Schnellen Brüter auf den richtigen energiepolitischen Stellenwert zurückgeführt. Nach der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung bleibt es unverzichtbar, die Option für die Weiterentwicklung der Kernenergie offenzuhalten. Die Regierung tritt also dafür ein, daß die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an neuen Reaktorlinien wie dem Hochtemperaturreaktor und dem Schnellen Brüter fortgeführt werden. Die Bundesregierung befindet sidi hier in voller Übereinstimmung mit allen führenden Industriestaaten, gerade auch mit den Vereinigten Staaten. Auch in Amerika wird die Forschung und Entwicklung konsequent weiter betrieben und die Brütertechnologie mit jährlich rund einer halben Milliarde Dollar subventioniert. Nur der Vollständigkeit halber merke ich an, daß auch andere Industrieländer - Frankreich, Großbritannien, Japan, die Sowjetunion - an modernen Reaktortechnologien intensiv weiterarbeiten. Ich kann nicht erkennen, wie es sich die Bundesrepublik Deutschland leisten sollte, sich hier auszuschließen, wie sie es verkraften sollte, auf diesem Gebiet technologisch und damit dann auch ökonomisch ins Hintertreffen zu geraten. Nun wird niemand leugnen können, daß gerade auf dem Gebiet der Kernenergie in den vergangenen Jahren Unsicherheiten aufgetreten sind. Nach meiner Auffassung ist durch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts hier ein außerordentlich begrüßenswerter Markierungspunkt gesetzt. Diese Entscheidung hat neue Maßstäbe gebracht, an denen sich die Rechtsprechung ebenso wie die Legislative und die Exekutive zu orientieren haben. Es ist übrigens für den Kernenergiebereich schon die dritte positive Gerichtsentscheidung im Jahr 1978. Bereits vorher hatten das Verwaltungsgericht Oldenburg zu den Teilerrichtungs- und Teilbetriebsgenehmigungen des Kernkraftwerks Esenshamm und das Verwaltungsgericht Karlsruhe zum Kernkraftwerk Phillipsburg II Urteile gesprochen, die den Weiterbau dieser Anlagen ermöglichen. Die Bundesregierung kann es nur begrüßen, wenn nach einer recht uneinheitlichen Rechtsprechung der Gerichte in den vergangenen Jahren sich jetzt eine stetige und unbeirrte Entscheidungspraxis durchzusetzen scheint. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden entsprechend positive Rückwirkungen auf Antragsteller und Genehmigungsbehörden nicht ausbleiben. Ich möchte hier deutlich unterstreichen: das Verfassungsgericht hat eindeutig die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des § 7 des Atomgesetzes bestätigt, auch soweit er sich auf die Schnellen Brüter bezieht. Das Verfassungsgericht verkennt nicht die mit der Einführung dieser Technologie verbundenen Risiken und Gefährdungen, die auch wir sehen. Das Gericht hält jedoch die erforderliche bestmögliche Risikovorsorge dann für gegeben, wenn nach dem Stand von Wissenschaft und Technik der Eintritt des Schadensereignisses praktisch ausgeschlossen ist. Die Aussagen des Verfassungsgerichts zur Risikovorsorge gehen im übrigen über den Bereich des Schnellen Brüters erheblich hinaus, auch über den Bereich der Kernenergie, weil es grundsätzliche Ausführungen sind. Ausdrücklich wird im Urteil die Existenz eines unentrinnbaren Restrisikos anerkannt. Das Gericht erklärt eindeutig, daß ein solches, Restrisiko als sozialadäquat von allen Bürgern zu tragen ist. Gerade diese Feststellung zum Restrisiko dürfte eine erhebliche Bedeutung für die weitere Genehmigungspraxis auch bei Leichtwasserreaktoren und auch bei den Genehmigungsverfahren für die Entsorgungseinrichtungen in Gorleben und Ahaus erhalten. Es geht mir selbstverständlich nicht darum, Rechte des Parlaments zu diskutieren, wenn ich zugleich darauf hinweise, daß dieses Verfassungsgerichtsurteil weit über den gegebenen aktuellen Anlaß hinaus eine begrüßenswerte Klarstellung in der Frage der Kompetenzen von Legislative und Exekutive getroffen hat. Wenn das Gericht erklärt, daß es in einer parlamentarischen Demokratie keinen Vorrang des Parlaments und seiner Entscheidungen gegenüber den anderen Gewalten als einen alle konkrete Kompetenzzuordnungen überspielenden Auslegungsgrundsatz gibt, so wird dies hoffentlich dazu beitragen, klare Entscheidungen auch im Kernkraftbereich zu erleichtern. Nicht nur im Interesse einer gesicherten Energieversorgung ist diese Feststellung des Bundesverfassungsgerichts von besonderer Bedeutung. Ich meine, daß hier in der Tat Maßstäbe gesetzt worden sind, an denen sich alle Beteiligten in ihrer ' künftigen Praxis orientieren können.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Narjes?

Dr. Karl Heinz Narjes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001582, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, halten Sie es mit der von Ihnen wiedergegebenen Auslegung des Spruches des Bundesverfassungsgerichts für vereinbar, was in der Ziffer VI des vorliegenden Entschließungsantrages vorgeschlagen wird?

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Kollege Narjes, ich bin gerade dabei, auf diesen Punkt zu sprechen zu kommen. Denn daß das die folgerichtige Abhandlung des Problems ist, darauf bin auch ich schon vor Ihrer Frage verfallen. Der` Kollege Riesenhuber hat natürlich recht, wenn er die Frage stellt: „Wer kann investieren, wenn ... ?” Dann können Sie dieses Wenn mit zahllosen Fortsetzungen versehen: wenn Unsicherheit durch unklare Gesetze und Verordnungen geschaffen wird, wenn Gerichtsentscheidungen vorliegen, die keine Übersichtsmöglichkeiten mehr ergeben, wenn es eine öffentliche Diskussion gibt, die mögliche Entscheidungs- und Ausgangsgrundlagen in Frage stellt. Das können auch politische, das können auch Parteitagsdiskussionen sein. Nur, es muß natürlich der Weg offenbleiben - wer wollte das denn bezweifeln? -, daß in einer so wichtigen und nicht ganz unbedenklichen Frage wie dieser hier, aber auch auf anderen Gebieten, die sich zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bewegen, eine öffentliche Diskussion im Lande doch stattfinden kann und darf, und sie darf nicht sofort mit dem Hinweis unterbunden werden, sie könne sich verunsichernd auf das Verhalten von Investoren, Kreditgebern und anderen auswirken. Einen rechten Mittelweg dazwischen muß man finden. Hier ist sicherlich der .Ort, zu diskutieren, und hier muß sicherlich auch der Ort sein, wo eine über Gebühr strapazierte Rücksicht auf solche Überlegungen nicht am Platze sein darf. ({0}) - Es ist richtig, Herr Kollege Kohl, daß wir seit Jahren debattieren, aber ich bin völlig sicher, daß wir noch viele weitere Jahre debattieren werden. ({1}) Herr Kohl - Herr Kollege Hauff hat das heute morgen sehr deutlich gesagt -, wenn wir heute zu dem Ergebnis kommen, eine Enquete-Kommission einzusetzen - und alle Fraktionen sind darin einig, daß sie eingesetzt werden soll, mit verschiedenen Modifikationen -, dann liegt darin doch auch, so hoffe ich jedenfalls, der Wille und die Bereitschaft, das Ergebnis dieser Untersuchungen hier wieder zu diskutieren, ob nun in einem Jahr oder in zwei Jahren; es wird weiter diskutiert werden. ({2}) Diese Diskussion kann und wird gewiß nicht zu Ende sein. (Lenzer ({3}) Dennoch, meine Damen und Herren, läßt sich das Konzept der Zweiten Fortschreibung selbstverständlich nur verwirklichen, wenn es vom Parlament mitgetragen wird. Denn die Kompetenzentscheidung und Möglichkeiten, auf die das Verfassungsgericht noch einmal hingewiesen hat, schalten doch eines nicht aus - und das gilt auch für die Entwicklung der Schnellen Brüter -, daß nämlich hier im Hause Jahr für Jahr die Entscheidungen getroffen werden, die entsprechenden Haushaltsmittel zu bewilligen. Schon aus solchen Anlässen wird diskutiert werden. Deswegen werden die Abgeordneten dieses Hauses auch künftig eine eigene Willensbildung bei der Weiterentwicklung fortgeschrittener Reaktorlinien vornehmen. Alles andere würde mich erstens wundern und zweitens auch nicht befriedigen, ganz sicherlich auch Sie nicht. Deswegen halte ich es - und nun, Herr Kollege Narjes, komme ich zu Ihrer Frage - auch nach dem jüngsten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts keineswegs für verfassungspolitisch bedenklich, wenn der Deutsche Bundestag seine politische Haltung zu diesen Fragen auf die Ergebnisse einer unabhängigen Enquete-Kommission stellen will; denn damit wird klar gemacht, daß das Parlament seine verfassungsrechtliche Aufgabe einer politischen Kontrolle der Bundesregierung auch tatsächlich wahrnehmen will. Das ändert nichts daran, daß die Bundesregierung als Verfassungsorgan ihre Entscheidungen zu treffen und zu verantworten hat, auch ihre Auffassung von der Notwendigkeit des Weiterbaues in Kalkar. Denn dort muß weitergebaut werden, wenn wir unsere Option für die Technologie aufrechterhalten wollen. Lassen Sie mich; meine Damen und Herren, zur energiepolitischen Gesamtsituation seit der Vorlage der Zweiten Fortschreibung und der ersten energiepolitischen Debatte im April dieses Jahres einige Worte sagen. Die energiepolitische Gesamtsituation hat sich seit der Vorlage der Fortschreibung und seit der ersten energiepolitischen Debatte im April dieses Jahres nicht verändert. Die Entwicklung der letzten Monate im Iran hat uns erneut die latente, kurzfristige Labilität und Störanfälligkeit der Weltölmärkte vor Augen geführt. Auch wenn mengenmäßig kein besonderer Grund zur Beunruhigung besteht, allein die kräftigen Preisausschläge an den internationalen Marktplätzen machen plastisch, daß selbst relativ kleine- Anstöße auf den Mineralölmärkten beträchtliche Wirkungen auslösen. Es ist leider nicht die Zeit, um hier einmal darzulegen, wie sich die Versorgungssituation am Rotterdamer Markt auf den Preis des Endverbrauchers an der deutschen Tankstelle in den letzten Wochen ausgewirkt hat. Andererseits nimmt der Weltenergieverbrauch langsamer zu, als bisher angenommen wurde. Auch gibt es größere neue Ölfunde. In aller Welt wächst das Verständnis für die langfristigen Energieprobleme und die Einsicht, daß es sich um globale Dimensionen handelt und daß man diese globalen Probleme letztlich nur durch globale Aktivitäten lösen kann. Ein wichtiger Schritt auf diesem Wege sind die Ergebnisse der Energiediskussion auf dem Bonner Weltwirtschaftsgipfel von diesem Sommer. Zu ihnen gehört die Betonung der gleichberechtigten Bedeutung von Kohle und Kernenergie als den bis auf weiteres einzigen gewichtigen Alternativen zum 01. Dazu gehört auch der Beschluß zur Koordinierung nationaler Programme, mit denen die Entwicklungsländer bei der Einführung regenerativer Energiequellen und neuer Energietechnologien unterstützt werden sollen. Große Schwierigkeiten macht es hingegen in der Europäischen Gemeinschaft, über die bloße Koordinierung hinaus zu tragfähigen Ansätzen für eine wirklich gemeinschaftliche Energiepolitik zu kommen. Die Energieinteressen der Mitgliedstaaten sind so unterschiedlich, daß es in zentralen Problemen kaum je gelingt, eine gemeinsame tragfähige Basis für kommunitäre Entscheidungen zu finden. Das zeigt sich jetzt unter deutscher Präsidentschaft besonders deutlich an der gemeinschaftlichen Kohlepolitik. Die Förderkosten der Franzosen liegen ebenso weit über dem Weltmarktpreis wie die unseren. Gerade deshalb hat Frankreich ebenso wie Belgien seine Förderung in den vergangenen Jahren stark zurückgenommen und beabsichtigt dies auch noch für die Zukunft. Diese beiden Länder setzen eindeutig auf einen starken Ausbau der Kernenergie. Ihre Bereitschaft zu einer nennenswerten Beihilfe für die Aufrechterhaltung eines hohen Förderniveaus an deutscher und britischer Kohle ist deshalb sehr gering. Die britischen Förderkosten sind vergleichsweise günstiger. Aber bisher wird britische Kohle noch nicht in nennenswertem Umfang exportiert. Deshalb zeigt sich Großbritannien, das dank eigenen Öls energiewirtschaftlich autark ist, nur an einer sehr hohen Subvention interessiert, die möglichst die volle Kostendifferenz einschließlich der Transportkosten deckt. Italien, mit den von England und der Ruhr aus weitesten und teuersten Transportwegen, zeigt sich völlig uninteressiert und setzt ganz auf den Import billiger Kraftwerkskohle aus Drittländern. Unbestreitbar ist lediglich ein Interesse unserer unmittelbaren Nachbarn an deutscher 'Kokskohle. Aber die. Gesamtheit der Mitgliedstaaten wehrt sich dagegen, die bestehende, sehr niedrige und allein uns Deutschen zugute kommende Kokskohlenbeihilfe nennenswert zu erhöhen. Wir Deutschen hingegen sind in voller Übereinstimmung mit der Kommission der Überzeugung, daß der Sicherheitsaspekt der gemeinschaftlichen Kohleförderung eine, gemessen an der Höhe der nationalen Kohlelasten, durchaus begrenzte Aktion gemeinschaftlicher Solidarität vollauf rechtfertigt. Es ist schwer einzusehen, warum wir als traditionelle Lieferer von Kokskohle für die europäische Stahlindustrie die Lasten aus einem, wie wir hoffen, vorübergehenden Absinken der Weltmarktpreise allein tragen sollen. ({4}) Ich. werde deshalb als Vorsitzender des Energieministerrats am 21. Dezember alles daransetzen, um auszuloten, ob ein Kompromiß wenigstens über die Eckwerte einer Gemeinschaftsaktion zugunsten von Kokskohle, Kraftwerkskohle und des Baus von Kohlekraftwerken zu erzielen ist. ({5}) Ich glaube, diese kurze Schilderung macht Ihnen deutlich, wie gegenläufig die Interessen sind und wie gering die Aussichten sind, zu wirklich substantiellen Schritten oder gar Fortschritten zu kommen. Dagegen erscheint unsere nationale energiepolitische Landschaft übersichtlich, trotz föderalistischer Kompetenzverteilung und trotz unserer teilweise sehr langwierigen Diskussionen um die eine oder andere Frage oder Entscheidung. Die Bundesregierung hat in der Zweiten Fortschreibung vom Dezember 1977 eine klare energiepolitische Konzeption vorgelegt. Im abgelaufenen Jahr ist es ihr gelungen, nahezu alle wesentlichen angekündigten Maßnahmen entweder durchzuführen oder wesentlich voranzutreiben. ({6}) Wir haben den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses hierzu einen ausführlichen Bericht vorgelegt. Ich will nur auf die wichtigsten Punkte hinweisen. Mit dem Energieeinsparungsprogramm hat die Bundesregierung dem Energiesparen bei ihren energiepolitischen Aktionen den Vorrang eingeräumt. Die Maßnahmen des Programms sind inzwischen weitgehend verwirklicht. Das gilt in erster Linie für das Programm zur Förderung heizenergiesparender Investitionen in bestehenden Gebäuden mit einem Finanzvolumen von 4,35 Milliarden DM. Dieses Programm ist auf sehr breite Zustimmung bei der Bevölkerung gestoßen. Die volle Ausschöpfung der Zuschußmittel in Höhe von 420 Millionen DM ist ein überzeugender Beweis. In Stichworten lauten die wichtigsten der übrigen Maßnahmen: Inkrafttreten der drei Verordnungen zur Verbesserung des Wirkungsgrads der Heizungsanlagen; Kennzeichnung des Energieverbrauchs von Haushaltsgeräten durch die Industrie; Erhöhung der Steuer auf leichtes Heizöl und steuerliche Entlastung stationärer Dieselmotoren, die Heizzwecken dienen; Beginn der Förderung der Markteinführung energiesparender Technologien; erhebliche Verstärkung der Aufklärungsarbeit und Beginn der Beratung mittlerer und kleinerer Unternehmen über Möglichkeiten des Energiesparens. Ich will den letzten Punkt etwas näher erläutern. Die bisherigen Aufklärungsaktivitäten sind gerade im Jahre 1978 verstärkt fortgesetzt worden, nachdem dafür die Mittel von bisher 1,5 auf 6 Millionen DM im Jähre 1978 aufgestockt worden sind. Für 1979 sind 10 Millionen DM im Haushaltsentwurf veranschlagt. Ziel der breit angelegten Aufklärungsaktion ist es, möglichst jedem einzelnen verstärkt bewußt zu machen, wann, wie und in welchem Ausmaß er Energie verbraucht und wieviel Energie er sparen kann; denn die meiste Energie wird - Sie wissen das - im privaten Bereich, beim Haushalt, beim Autofahren, verbraucht. Das ist vielen Bürgern nicht bekannt. Hier liegt ein großes Einsparpotential. Gezielte Informationen sollen helfen, mit der Energie zu haushalten, d. h., sparsam mit ihr umzugehen. Wir wollen dem einzelnen klarmachen, wie er seinen Geldbeutel schonen, ohne auf gewohnte Annehmlichkeiten verzichten zu müssen, und gleichzeitig etwas für die Zukunftssicherung tun kann. Ich will hier auf die Einzelheiten verzichten, meine Damen und Herren, aber ich will sagen, daß wir im Jahre 1979 die begonnenen Aktivitäten fortsetzen und vertiefen werden, weil wir die kurzfristig und auf den ersten Blick richtige Urteilsbildung unserer Bevölkerung verhindern müssen, die nämlich lautet: Es ist doch so viel Energie da, warum müssen wir überhaupt damit sparen? Daß das langfristig nicht so ist und daß wir langfristig ein Energiesparbewußtsein überhaupt erst einmal wecken müssen, scheint mir eine wesentliche und, wie ich hoffe, gemeinsam getragene Aufgabe zu sein. Unser Energieeinsparprogramm hat national wie international - z. B. in der Internationalen. Energieagentur - Anerkennung gefunden. Wir stehen in der Spitzengruppe - vergleichbarer Industrieländer. Aber sosehr Energieeinsparung das Gebot der Stunde ist, rasche Erfolge sind von einem solchen Programm zur rationellen und sparsamen Energieverwendung nicht zu erwarten. Vor unrealistisch hohen Erwartungen, von denen man manchmal hört, möchte ich ausdrücklich warnen. Natürlich bleibt einiges zu tun. Ich denke an das Stichwort Stromtarife; ich denke an das Stichwort: stromwirtschaftliche Zusammenarbeit, wo wir in dieser Woche weitere Fortschritte in der schwierigen Frage der preislichen Vergütung für industriellen Überschußstrom erzielt haben. Ich denke an die Durchleitungsproblematk, die auch im Rahmen der 4. Kartellgesetznovelle eine Rolle spielt. Ein zweiter Schwerpunkt ist die möglichst weitgehende Nutzung der einheimischen Kohle, zu der sich die Bundesregierung in der Zweiten Fortschreibung eindeutig bekannt hat. In der Welt und in den internationalen Gremien setzt sich immer stärker die Erkenntnis durch, daß die Kohle neben der Kernenergie derjenige Energieträger ist, der auf Jahrzehnte hinaus das zu erwartende Wachstum des Energieverbrauchs bei demnächst stagnierender 01-förderung ermöglichen kann. Die Internationale Energieagentur hat soeben eine Studie veröffentlicht, die die derzeit absehbaren Perspektiven aufzeigt. Danach könnte sich der jährliche Kohleverbrauch in der OECD von zur Zeit i Milliarden t bis zum Jahre 2000 auf jährlich 2 Milliarden t verdoppeln. Wir hoffen, daß die Industrieländer in der Internationalen Energieagentur im nächsten Jahr Grundsätze verabschieden, die überall den Weg für steigenden Kohleeinsatz ebnen werden. In diesem weltweiten Rahmen sind die steten Anstrengungen zugunsten unserer nationalen Steinkohlenförderung zu sehen. Im wichtigsten inländischen Absatzbereich, im .Kohleeinsatz in der Stromerzeugung, ist die Verstromung von jährlich 33 Millionen t über zehn Jahre sichergestellt. Wir sehen aber gerade jetzt wieder, wie teuer die finanzielle Absicherung dieses Zehn-Jahres-Vertrages ist. Die Entscheidung über die Anhebung der Ausgleichsabgabe von durchschnittlich 4,5 % auf 6,2% haben wir uns nicht leichtgemacht; wir werden unter dem nächsten Punkt der Tagesordnung ausführlich darüber zu sprechen haben. Herr Riesenhuber, bei der Gelegenheit werden wir dann einmal feststellen, wie weit es denn mit der Einstimmigkeit in Ihrer Fraktion in einer entscheidenden Frage der Energiepolitik aussieht. ({7}) Neben der Ausgleichsabgabe haben wir in den letzten Monaten andere Hilfen für den Steinkohlenbergbau erheblich verstärkt. Ich nenne hier nur die Investitionshilfe von 582 Millionen DM jährlich und die Erhöhung der Kokskohlenförderbeihilfe. Die vorrangige Rolle der deutschen Steinkohle läßt sich an nichts deutlicher ablesen als an der Höhe der Subventionen, die wir ja letztlich dem Verbraucher und dem Steuerzahler und damit unserer gesamten Volkswirtschaft aufbürden. Wir stoßen hier - ich habe das wiederholt gesagt und sage es auch jetzt - an die Grenzen der Belastbarkeit von Haushalt und Gesamtwirtschaft. Der Staat wird auch in Zukunft dem Steinkohlenbergbau unter die Arme greifen. Er geht dabei aber davon aus, daß der Bergbau seinerseits und auch die Tarifpartner im Bergbau alle Anstrengungen zur Leistungssteigerung und zur Kostenminderung machen, wobei ich ausdrücklich hinzufügen möchte - um nicht immer nur Appelle zu verkünden -, daß sich die Anstrengungen der letzten ein, zwei Jahre durchaus sehen lassen können. ({8}) Auch in den übrigen Bereichen haben wir die in der Zweiten Fortschreibung angekündigten Maßnahmen weitgehend in die Tat umgesetzt. Zur Verbesserung der umweltrechtlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung von Kohlekraftwerken und anderen industriellen Großanlagen wurde die Novelle zum Bundesimmissionsschutzgesetz vorgelegt. Ich wäre froh, wenn sie bald verabschiedet werden könnte; denn auch das, Hert Riesenhuber, fällt unter das Stichwort: wer kann investieren, wenn ... ? Zur besseren Sicherung unserer Mineralölversorgung tragen die nunmehr vollzogene Errichtung des Erdölbevorratungsverbandes und die Auffüllung der Bundesrohölreserve im nächsten Jahr bei. Zur Verstärkung und Beschleunigung der Energieforschung werden die Mittelansätze wesentlich erhöht. Durch die vorrangige und nachdrückliche Förderung des Energiesparens und des' Einsatzes der Kohle, insbesondere in der Stromerzeugung, haben wir auch auf längere Sicht den Rahmen abgesteckt, der für den Ausbau der Kernenergie verbleibt. Für die Ausfüllung dieses Rahmens müssen wir der Kernenergie dann allerdings auch den Weg offenhalten, da anderenfalls unserer Volkswirtschaft auf lange Sicht großer Nachteil drohen würde. Wenn wir einmal an das Jahr 2000 denken, so ist die Bundesrepublik Deutschland ebensowenig ohne Kernenergie denkbar wie die Welt draußen um uns herum. Vergessen wir nicht, daß heute in der Welt bereits Kernkraftwerke mit über 100 000 MW in Betrieb und mit weit über 200 000 MW im Bau sind. Länder wie Belgien, Schweden und die Schweiz erzeugen schon heute jeweils rund 20 0/o ihres Stroms mit Kernenergie, also weit mehr als die rund 10 0/0 bei uns. Wir marschieren beim Ausbau der Kernenergie keinesfalls an der Spitze, sondern allenfalls im Mittelfeld der Industrieländer. Aber richtig ist auch, daß bei uns wie in den meisten anderen Industrieländern der Ausbau der Kernenergie wesentlich langsamer vor sich geht, als noch vor etwa drei Jahren in Aussicht genommen. war. Ich sage: auch anderswo ist das so. Ein Teil dieser Verlangsamung geht auf das Konto der bedauerlicherweise verringerten allgemeinen Wachstumsaussichten, ein anderer Teil hat seinen Grund darin, daß wir alle im Laufe der langanhaltenden öffentlichen Diskussion problembewußter geworden sind. Dieses wachsende Problembewußtsein fand seinen Niederschlag in den Beschlüssen der die Koalition tragenden Parteien. Die Bundesregierung hat diese Haltung der Parteien natürlich nicht ohne Kompromisse in ihre Kernenergiepolitik übernommen. Sie ist überzeugt, daß es ihr gelingen wird, durch ständigen Dialog mit allen Beteiligten eine fundierte Zustimmung des Bürgers zu ihrer Politik zu erhalten. Schritt für Schritt müssen wir die insbesondere im Zusammenhang mit dem Brennstoffkreislauf stehenden Probleme lösen. Dazu ist es als wichtiger Teilschritt auf dem Bonner Gipfel gelungen, von den USA und Kanada die Zusage für eine zuverlässige Versorgung mit Kernbrennstoffen zu erhalten. In diesem Zusammenhang mißt die Bundesregierung der zur Zeit laufenden Konferenz über die internationale Bewertung des Brennstoffkreislaufs - INFCE -- besondere Bedeutung zu. Wir haben die Initiative von Präsident Carter von Anbeginn begrüßt, und wir arbeiten in INFCE aktiv mit. Dabei spielen neben unserem Interesse an der Sicherung des Brennstoffkreislaufs als unabdingbare Voraussetzung für die friedliche Nutzung der Kernenergie die von der Bundesregierung seit Jahren unterstützten Nichtverbreitungsanstrengungen die entscheidende Rolle. Intern richtet die Bundesregierung ihre Hauptanstrengungen auf die zügige Verwirklichung ihres Entsorgungskonzepts. Nach dem Entsorgungsbericht der Bundesregierung, den alle Fraktionen des Hauses ausdrücklich begrüßt und unterstützt haben, ist das Entsorgungszentrum in Gorleben Kernstück dieses Konzepts. Mir ist von einem Kritiker der Kernenergiepolitik einmal der Vorwurf gemacht wor9810 den, wir betrieben eine forcierte Kernenergiepolitik. Dies ist nicht der Fall. Aber ich habe ihm geantwortet: Wir betreiben eine forcierte Entsorgungspolitik. Dies halte ich auch für dringend erforderlich und notwendig. Deswegen befinden wir uns in intensiven Beratungen mit der Landesregierung von Niedersachsen. Sie . wissen, daß wir im September gemeinsam den ersten konkreten Schritt, nämlich den Beginn der Flachbohrungen Anfang 1979, festgelegt haben. Voraussetzung für die Einhaltung dieses Termins ist insbesondere nodi eine Einigung über die Finanzierungsforderungen von Niedersachsen. Beim zweiten Schwerpunkt unserer Entsorgungsanstrengungen, dem Zwischenlager Ahaus, läuft das Genehmigungsverfahren planmäßig. Nachdem nunmehr auch die Stadt Ahaus der Aufnahme des Zwischenlagers grundsätzlich zugestimmt hat, nicht zuletzt auf Grund des Engagements der Landesregierung in Düsseldorf, bin ich zuversichtlich, daß der Terminplan für Ahaus eingehalten wird. Auch beim Kernkraftwerksbau sind wir in der Zwischenzeit ein Stück vorangekommen. Auf Philippsburg II und Esenshamm habe ich bereits hingewiesen. Auch sonst geht die Fertigstellung von Kernkraftwerken - die drei bekannten gestoppten Vorhaben ausgenommen - gut voran. Wir sind deswegen, meine Damen und Herren, auf dem Wege, uns die Option für die friedliche Nutzung der Kernenergie offenzuhalten. Hierzu gehört aber auch, daß wir uns über die Nutzung des seit längerem eingeführten Leichtwasserreaktors hinaus die Optionen für die in ihrer Entwicklung bereits weit fortgeschrittenen neuen Reaktortechnologien offenhalten. Das heißt im Augenblick ganz konkret, daß wir neben dem Hochtemperaturreaktor in Schmehausen auch den Prototyp Schneller Brüter in Kalkar weiterbauen. Meine Damen und Herren, diese wenigen Bemerkungen, die, wie ich weiß, eine Aufzählung von Tatsachen sind und deswegen nicht sehr spannend sein können, zeigen, daß es ebenso zweckmäßig wie notwendig ist, bei jedem Einzelproblem den energiepolitischen Gesamtzusammenhang herzustellen. Das war der Sinn meines heutigen Vorbringens. Wenn das . in der nachfolgenden Diskussion geschieht, so müßte eigentlich deutlich werden, daß die energiepolitischen Gemeinsamkeiten zwischen Koalition und Opposition sehr viel größer als die Gegensätze. ({9})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Ministerpräsident Rau ({0}) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bundes-und Landesregierung „zögern", -so heißt es im Antrag der CDU/CSU-Fraktion, obwohl die neue Technologie „beherrschbar" und „vertretbar" ist; und weil Bundes- und Landesregierung zögern, darum soll die Bundesregierung eine Anweisung nach Düsseldorf geben. Ist das die Lage? Beschreibt dieser Antrag und beschreibt der Begriff „eindeutige Rechtslage" zutreffend und umfassend das, was ist? Ich will hier keine Föderalismusdiskussion beginnen, so reizvoll sie wäre. ({1}) Aber ich will Sie fragen, ob man das Problem so beschreiben darf oder ob man seine Dimensionen mit dieser Beschreibung verkürzt und seine Motive offenbart. ({2}) Mut zur Entscheidung hat Herr Abgeordneter Waigel gefordert, weil es doch um Beherrschbares und Vertretbares gehe. Ich meine, die Begriffe beschreiben weder die Fragestellungen, mit denen wir es zu tun haben, noch die Antworten, die wir geben müssen. Das Beherrschbare und das Vertretbare muß ja auch glaubwürdig gemacht werden im Blick darauf, ob es zweckmäßig, sinnvoll und verantwortbar ist. Wie und um welchen Preis beherrschen wir das Beherrschbare? Wie und mit welchem Anspruch auf Glaubwürdigkeit vertreten wir das Vertretbare? Der scheinbar schnelle Weg von der eindeutigen Rechtslage zur Anweisung ist in Wirklichkeit bloß ein bequemer Weg. Er wäre es vielleicht auch für die Anzuweisenden, aber er wäre ein Weg am Bürger vorbei. ({3}) Wir in Nordrhein-Westfalen wollen diesen Weg nicht, und wir bedürfen dieses Schrittes, der Anweisung, nicht. ({4}) Denn schon die Reihenfolge unserer Entscheidungen sagt etwas über unsere Haltung. Am 28. November hat die Landesregierung das Zwischenlager für Brennelemente in Ahaus beschlossen. Davon ist hier wenig die Rede gewesen, das ist hier selten zitiert worden. ({5}) Da ist nicht deutlich geworden, daß Nordrhein-Westfalen auch wegen Gorleben und für Gorleben, auch wegen Brokdorf und für Brokdorf etwas tut und daß bei uns die Bürger fragen: Wann handelt eigentlich Niedersachsen? ({6}) - Ich habe Ihren Zuruf nicht verstanden. ({7}) - Wenn Sie meinen, ich sollte meine Chaoten an die Leine legen, Herr Abgeordneter, dann kann ich nur sagen: Ich rede hier vor dem Bundestag und nicht in der Redaktionskonferenz des „Bayernkurier". ({8}) Es ist noch vieles zu tun, nicht nur im Blick auf das, was Entscheidungen vor uns betrifft. ({9}) - Ich freue mich, daß Sie so lebhaft sind. - Vielmehr ist noch viel zu tun, um die bisherige kerntechnische Entwicklung in der Bundesrepublik vom Beherrschbaren und Vertretbaren zum Sinnvollen, Verantwortbaren und Zweckmäßigen so zu bringen, daß die Bürger unsere Wege verstehen und mitgehen können. ({10}) Die geforderten Entscheidungen müssen im Wortsinn gewissenhaft getroffen werden. ({11}) Wer geforderte Entscheidungen im Wortsinn gewissenhaft treffen will, dem darf es nicht lästig werden, daß Menschen Angst haben, der darf nicht ungeduldig darüber werden, daß Menschen Angst haben, und der darf sich selber dadurch, daß Menschen Angst haben, nicht lähmen lassen. ({12}) Aber - dies würde ich gern an den Diskussionsbeitrag des Herrn Kollegen Dr. Waigel anschließen -: Wer Nachdenklichkeit bedenklich findet, wer Besinnung über mögliche Folgen als zögerliche Unentschlossenheit diskreditiert, dessen schnelles Handeln ist voreiliges Handeln. ({13})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Spies von Büllesheim? Ministerpräsident Rau ({0}) : Ja.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Ministerpräsident, angesichts Ihrer Ausführungen zur Kürze des Weges von der Rechtslage zur Anweisung möchte ich Sie fragen: Wie bewerten Sie die von echter Sorge getragene Prüfungsarbeit aller Fraktionen dieses Hauses während der letzten sechs Jahre bis 1978 und gleichzeitig die Prüfungstätigkeit Ihres Innenministers und Ihres Innenministeriums bei der ersten und zweiten Teilerrichtungsgenehmigung für den Schnellen Brüter? Wollen Sie das abwerten? Ministerpräsident Rau ({0}) : Ich habe auch nicht vor, das abzuwerten, sondern ich möchte Ihnen gern in Erinnerung bringen, Herr Abgeordneter - vielleicht haben Sie es noch in Erinnerung -, daß wir es bei der Kernenergie und bei all dem, was damit zu tun hat, seit dem Jahre 1956 mit Bewußtseinsveränderungen, mit Schärfungen des Problembewußtseins zu tun haben. Ich hätte es sehr gern, daß etwas von diesen Schärfungen des Problembewußtseins, das in den letzten Monaten - übrigens auch beim Katholikentag in Freiburg - deutlich geworden ist, in den Reden der Sprecher Ihrer Fraktion deutlich würde. ({1}) Was die Prüfung dessen angeht, was wir an Teilerrichtungsgenehmigungen mit der ersten und mit der zweiten erteilt haben, so ist da nichts abzuziehen. Und die dritte Teilerrichtungsgenehmigung kommt auch, und sie kommt, nachdem dieses Parlament über die Sache, über die verhandelt werden muß, geredet hat. ({2}) - Gerne! Die dritte Teilerrichtungsgenehmigung kommt nach der Entschließung des Bundestages. ({3}) - Nein, Sie müssen nicht Ersatzregierung spielen; davon ist überhaupt keine Rede. ({4}) Aber lesen Sie doch bitte, wenn Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts lesen, nicht nur den Teil, der Ihnen paßt, sondern nehmen Sie auch den Duktus des Urteils zur Kenntnis. ({5}) Dann werden Sie feststellen, daß das Bundesverfassungsgericht an keiner Stelle davon redet, daß dem Parlament das Reden und das Entscheiden in dieser Sache aus der Hand genommen werden solle, und Sie werden auch feststellen, daß das Bundesverfassungsgericht - vor allen Dingen im dritten Leitsatz auf Seite 1 - deutlich macht, daß „der Gesetzgeber dann, wenn er eine Entscheidung getroffen hat, deren Grundlage durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt wird, von Verfassungs wegen gehalten sein kann, zu überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung auch unter den veränderten Umständen aufrechtzuerhalten ist". Wenn dies der Leitsatz 3 des Urteils ist, werden Sie doch wohl einer Regierung und Koalitionsfraktionen zugestehen, daß sie vor einer schwierigen Entscheidung - und dies ist eine schwierige Entscheidung, auch wenn das in Reden Ihrer Fraktion nicht immer deutlich geworden ist - das Gespräch mit dem Souverän, mit dem Bundesgesetzgeber suchen und nach diesem Gespräch ihre Entscheidungen treffen. ({6}) - Es gibt viele neue Tatsachen, die wir ausbreiten und darstellen könnten, und es wird mancherlei Anlaß geben, das deutlich zu machen. Ministerpräsident Rau Es geht darum, daß angesichts der Sensibilität des Themas, mit dem wir es zu tun haben, jeder Schritt, den wir tun, sichtbar und glaubwürdig begleitet werden muß von gewissenhafter Prüfung, von zunehmender Sachkunde und von der Bereitschaft, solche Sachkunde noch zu steigern, vom öffentlichen Gespräch - und welcher Ort wäre für das öffentliche Gespräch besser geeignet als das Parlament? ({7}) und von der Bereitschaft zur ständigen Überprüfung des zurückgelegten Weges. Ich möchte gern ein paar Sätze zum Vorschlag meines Kollegen Horst-Ludwig Riemer sagen, der ja einige Aufregung mit dem verursacht hat, was er im September dargestellt hat und was unter dem Stichwort „Plutoniumvernichtungsanlage" nach meiner Überzeugung viel zu knapp, viel zu schnell, _viel zu sehr nebenbei bewertet worden ist. Daß dieser Vorschlag zu diesem Zeitpunkt gekommen ist, ({8}) hängt mit der dritten TEG zusammen, hängt damit zusammen, daß ja nach der gegenwärtig zu erteilenden Genehmigung nicht x-beliebige Maschinenteile gekauft werden sollen, sondern ein schwieriger, ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Fertigstellung des Schnellen Brüters getan wird. Nun kann es ja sein, daß einem das nicht paßt, aber deswegen darf man doch wohl General Atomic nicht aus dem Kreis der Sachkundigen ausschließen. Denn gerade General Atomic gehört zu denen, die Möglichkeiten und Notwendigkeiten alternativer Brennstoffkreisläufe nicht nur für denkbar halten, sondern auch an ihnen arbeiten und sie alternativ anbieten. Von dort kommen ja die Überlegungen, die ich ernst zu nehmen bitte und die in Punkt 2 des Antrages der Koalitionsfraktionen zur Enquete-Kommission u. a. angesprochen werden. Hier liegt nach meiner Überzeugung der forschungspolitische Fortschritt in den Entschließungen und in der heute hier geführten Debatte. Hier wird, wenn ich den Punkt 2 des Entschließungsantrags richtig verstehe, die Ergebnisoffenheit dessen, was wir forschungspolitisch tun, nicht nur deklamiert, sondern definiert und so möglich gemacht. Dafür bin ich dankbar. ({9}) Ich bin deshalb für diesen Punkt 2 des Entschließungsantrags dankbar, weil er deutlicher macht, als es in den Diskussionen der letzten Monate geschehen konnte, daß die Formulierungen „Versuchsreaktor" und „Prototyp" nicht schamhaftes Verhüllen eines anderen Sachverhaltes sind, sondern daß mit diesem Entschließungsantrag - mit dem, was er will, und dem, was er erreicht - Kalkar wieder an den Platz gestellt wird, der ihm trotz der Größenordnung von 300 MW, die dieser Prototyp, dieser Versuchsreaktor hat, forschungs- und technologiepolitisch zukommt. Und ich bin dankbar für die Rede, die Herr Kollege Volker Hauff hier heute gehalten hat, und für die Rede meines Freundes Ueberhorst. Wenn alle, die über Kernenergie reden, in den letzten Jahren so differenziert geredet hätten, wie diese beiden es heute getan haben, wäre uns manche holzschnittartige Auseinandersetzung erspart geblieben. ({10}) Es geht bei Ihrer heutigen Entscheidung über deh Entschließungsantrag nicht um die bloße Genehmigungsfähigkeit eines Typs, sondern es geht darum, daß ein Parlament sich seines eigenen Weges öffentlich versichert und vergewissert. Vor diesem Versuch und vor dieser Absicht habe ich Respekt. Wenn der Punkt 4 des Entschließungsantrags der Koalitionsfraktion von den „Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben" und von der „Verhinderung von Fehlentwicklungen" redet, meine ich, sei es nicht erlaubt, so wie es der Abgeordnete Riesen- huber hier getan hat, süffisant von „psychosozialen Expertisen" zu reden. ({11}) Es geht nicht um psychosoziale Expertisen, sondern darum, daß wir miteinander das Gespräch darüber suchen und bereit sind, es mit dem Bürger zu führen, der ja nicht nur von Böswilligen in die Angst vor dem Atomstaat getrieben werden könnte und der wissen möchte, ob für uns das Wort „beherrschbar" und das Wort „vertretbar" eigentlich nur Worthülsen sind oder ob wir, die wir auf Zeit Verantwortung haben, selber die Dimension unserer eigenen Entscheidungen bedenken können. ({12}) Mit dem Punkt 4 des Entschließungsantrages der Koalitionsfraktion durchbricht meiner Überzeugung nach der Bundestag beim Thema Kernenergie und beim Thema Schneller Brüter die Schallmauer des bloß Energiewirtschaftlichen, des bloß Energiepolitischen, des bloß Wirtschaftspolitischen. Deshalb wäre ich froh, wenn diese Entschließung der Koalitionsfraktionen hier nicht nur mehrheitsfähig, sondern auch übereinstimmungsfähig wäre. ({13}) Sie sichert uns und Ihnen bei künftigen Entscheidungen volle Handlungsfreiheit. ({14}) Sie setzt an die Stelle der Anweisung eine Auftragsverwaltung in Mitverantwortung. Und weil es darum ging, wollten wir, daß dieses Parlament öffentlich redet. Wenn so verantwortliches Wahrnehmen der Auftragsverwaltung geschieht, meine Damen und Herren, dann fürchte ich die Karikaturen nicht, die hier und andernorts über die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen ohne zeichnerische Einfälle immer wieder angeboten werden. ({15}) Wer das Problem auf die Entscheidungsfähigkeit eines Kabinetts reduzieren will, wer hier parteipolitisch ein wenig Rabatt erreichen, ein wenig Ministerpräsident Rau Rendite haben möchte, der verkennt die Dimension des Problems. ({16}) Hier darf man weder naßforsch noch locker, weder ausweichend noch abwiegelnd entscheiden. ({17}) Hier muß man glaubwürdig, verständlich, übersetzungsfähig reden und handeln. Die Entschließung der Koalitionsfraktionen gibt uns in Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, die dritte Teilerrichtungsgenehmigung zu erteilen. Die Entschließung ist nach meiner Meinung nicht nur mehrheitsfähig, sondern übereinstimmungsfähig. Ich fände es gut, wenn auf der Basis dieser Entschließung die Gemeinsamkeit der Energiepolitik kein Wortgeklingel bliebe, sondern der Wirklichkeit ein Stück näher käme. ({18})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gerstein.

Ludwig Gerstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf die besonderen Probleme des Landes Nordrhein-Westfalen in dieser Debatte eingehe, lassen Sie mich, Herr Bundeswirtschaftsminister, einige Bemerkungen zu Ihren Ausführungen machen. Ich habe mit Freude festgestellt, daß Sie sich offensichtlich von Ihrem „Mainzer Karneval" besser erholt haben als Ihre Partei. ({0}) Sie haben von der Verpackung, von der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms, die in sehr sinnvoller Weise um den Schnellen Brüter herumgewickelt worden ist, einiges ausgewickelt. Lassen Sie mich dazu nur so viel sagen: Ihr Hinweis an die Opposition, daß wir Kalkar in den Mittelpunkt dieser Debatte gestellt hätten, ist ein Hinweis an die falsche Adresse; denn Sie waren es doch - Ihre Koalition -, die verlangt haben, daß diese Debatte kurzfristig zu dieser Zeit, am 14. Dezember, stattfindet, um Ihre Probleme im Zusammenhang mit dem Schnellen Brüter über den Deutschen Bundestag hier und heute lösen zu können. Das war doch der eigentliche Grund. ({1}) Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben auch zum langfristigen Bedarf an Kohle einige Bemerkungen gemacht, denen wir zustimmen können. Aber - und das ist eben das Trauerspiel dieser Debatte zur Unzeit - sie gibt uns keine Gelegenheit, einmal wirklich ernsthaft darüber zu diskutieren, wo denn der Standort der deutschen Steinkohle über das Jahr 1987 hinaus denkbar ist, und sie gibt uns keine Möglichkeit, darüber zu diskutieren, wie die Weichen so gestellt werden können, daß der Mehrbedarf an deutscher Steinkohle, von dem Sie auch gesprochen haben, wirklich in späteren Jahrzehnten befriedigt werden kann. Herr Minister, Sie haben dann hier eine Aufzählung all der Erfolge - oder: Scheinerfolge - der Koalition in Verfolgung der zweiten Fortschreibung des Energieprogramms vorgetragen. Hierin gibt es sicherlich eine Reihe von Tatbeständen, an deren Schaffung wir auch mitgewirkt haben, die begrüßenswert und in Ordnung sind. ({2}) Aber dem entscheidenden Problem, das auch mit der Frage, die wir heute hier diskutieren, der Energieversorgung und ' der Stromversorgung, zusammenhängt, dem Problem, wie man Umweltschutz und Energieversorgung zusammenpacken kann, wie man das Bundes-Immissionsschutzgesetz endlich so zurechtschneiden kann, daß alle die Investitionen, die nach wie vor blockiert werden, realisiert werden können, sind Sie mit der, wie ich meine, etwas zu dünnen Bemerkung ausgewichen, Sie hofften auf eine baldige Verabschiedung. Herr Minister, es bedarf allerdings noch sehr erheblicher Anstrengungen, wenn wir die Idee, die Bundesrepublik in zwei Belastungsgebiete zu unterteilen, wieder aus der Welt schaffen wollen, weil sicher ist, daß wir mit dieser Idee die gemeinsame Absicht, auch in anderen Ländern, in revierfernen Ländern Steinkohlekraftwerke zu bauen, nicht verwirklichen können. Meine Damen und Herren, der Herr Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen ist hier dankenswerterweise, so wie ich das sehe und der Presse entnommen habe, ein wenig in Vertretung von Herrn Minister Riemer oder Herrn Minister Hirsch erschienen. ({3}) - Ja, doch. ({4}) Der Herr Ministerpräsident hat verhindern wollen, daß Herr Riemer heute seine wahre Meinung über den Schnellen Brüter hier in diesem Plenum kundgibt. ({5}) Dies, Herr Ministerpräsident, ist natürlich Ihr gutes Recht. Aber Sie haben damit ein wenig davon abgelenkt - Sie haben selber davon gesprochen -, daß es notwendig sei, so zu diskutieren, daß wir zu einer Erhöhung der Glaubwürdigkeit kommen. Glauben Sie denn wirklich im Ernst, daß der Teil der Kernenergiediskussion, den Herr Minister Riemer angezettelt hat, und der Teil der Kernenergiediskussion mit dem berühmten grünen Aktenordner, den Herr Minister Hirsch angezettelt hat, ein Beitrag sind, um die Glaubwürdigkeit der Diskussion um diese schwierigen Probleme zu erhöhen? Ich bin da ganz anderer Meinung. ({6}) Herr Ministerpräsident, Sie haben dankenswerterweise wieder klargestellt, warum wir diese Debatte führen. Wir führen diese Debatte nicht wegen der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung, sondern allein, um Ihnen zu hel9814 fen, die dritte Teilerrichtungsgenehmigung für den Schnellen Brüter zu bekommen. Es ist sicherlich nicht zu bestreiten, Herr Ministerpräsident, daß es sich hier um eine schwierige Entscheidung handelt. Aber so, wie Sie das vorhin dargestellt haben, darf ich doch einmal fragen: Soll denn dieses Parlament in Zukunft bei jeder weiteren Teilerrichtungsgenehmigung für den Schnellen Brüter oder den Hochtemperaturreaktor wieder eine Grundsatzdiskussion über die Kernenergie führen? ({7}) So mußte man Sie hier verstehen. Herr Ministerpräsident, Sie haben das Verhalten und den Vorschlag von Herrn Riemer hier noch einmal ein wenig erläutert und begründet. Gut, ein Minister - auch ein Wirtschaftsminister - hat natürlich das Recht und auch die Pflicht, nachzudenken. Er darf auch zu neuen Ideen kommen. Aber der entscheidende Punkt ist: Herr Riemer hat neue atomare Ängste ausgelöst und ein Übermaß an Unsicherheit in die kernenergiepolitische Diskussion hineingebracht, und zwar deswegen, weil er seine Vorschläge über diese Brüter-Frage zur falschen Zeit und im falschen Zusammenhang vorgetragen hat. ({8})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Steger?

Ludwig Gerstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Gerstein, glauben Sie nicht, daß dieser Brüterfetischismus, ({0}) der bei Rednern Ihrer Fraktion heute zum Ausdruck gekommen ist, beim Bürger mehr Ängste geweckt hat, als es Herr Riemer jemals vermocht hätte?

Ludwig Gerstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Steger, dies glaube ich in der Tat nicht. - Herr Ministerpräsident, gerade ein so weitreichender, technisch vermutlich undurchführbarer Vorschlag wie der von Herrn Riemer hätte, wenn er überhaupt nur einen Hauch von Sinn hätte haben sollen, unabhängig von der Frage der Teilerrichtungsgenehmigung diskutiert werden müssen. In diesen Zusammenhang gestellt und auf diese Weise behandelt, ist aber eine Fülle von kernenergiepolitischem Porzellan zerschlagen worden, und es wird nicht einfach sein, dies wieder zu flicken. Nun hätte ich gern - dazu gibt es, wie ich glaube, eine gewisse Berechtigung - dieser Debatte auch einen Titel gegeben. Ich würde diese Debatte gern als Feuerwehrdebatte bezeichnen, als eine Feuerwehrdebatte, bei der die Koalition Sprungtücher für fallende Minister eines Landes ausgebreitet hat, eine Feuerwehrdebatte, bei der die Bundesregierung eine Rettungsaktion für den Schnellen Brüter unternommen hat, eine Feuerwehrdebatte, bei der der Ministerpräsident die Schuldigen zu Hause gelassen hat und sich selber als Feuerwehrhauptmann betätigt. ({0}) Nun hat diesen Feuerwehreinsatz - ich sage natürlich nichts gegen die freiwillige und die andere Feuerwehr - ein klärender Regenguß - das Urteil des Bundesverfassungsgerichts - beinahe überflüssig gemacht.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogel?

Friedrich Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Gerstein, ist Ihnen aufgefallen, daß der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen sich nicht mehr auf der Bundesratsbank befindet? ({0})

Ludwig Gerstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielleicht liegt das daran, daß er einen neuen Brand löschen muß. ({0}) Meine Damen und Herren, was nach diesem Unternehmen bleibt - dies scheint mir der bedenkliche Punkt zu sein -, ist eine durch einige Politiker verursachte Verteufelung der Kernenergie; die uns, wie ich fürchte, in den nächsten Jahren noch viel zu schaffen machen wird. Diese Verteufelung kann auch Herr Hirsch durch seine Entschuldigung, so fair - soweit das die Person von Herrn Hirsch vielleicht angeht - es auch ist, wenn er sich hinterher für einen Fehler entschuldigt, nicht beseitigen. Der Schaden, den Herr Hirsch angerichtet hat, läßt sich auch durch die beste Entschuldigung nicht wieder aus der Welt schaffen. ({1}) Diese Debatte - das zeigt ja zumindest die vorübergehende Anwesenheit des Ministerpräsidenten - berührte in ganz besonderer Weise unser Land Nordrhein-Westfalen. Dies gilt vor allen Dingen - ich wundere mich eigentlich, daß dies hier kaum oder nur sehr behutsam angesprochen worden ist - für die Arbeitnehmer. Ich meine die Ingenieure, die Konstrukteure, die Facharbeiter, die beim Bau des Schnellen Brüters und in seinen Zulieferindustrien tätig sind. ({2}): Und die leitenden Angestellten!) - Herr Steger, herzlichen Dank für diesen Zuruf. Ich füge die leitenden Angestellten mit besonderem Vergnügen ein. - Diese alle fürchten um ihren Arbeitsplatz. Man darf doch einmal darauf hinweisen, wie schwer - wenn Sie sich in die Rolle von Technikern, Ingenieuren, Konstrukteuren und Facharbeitern versetzen -, wenn nicht gar unmöglich es ist, auf die Dauer an einem Projekt zu arbeiten, dessen Verhinderung - jedenfalls dann, wenn es nach Riemer, Hirsch und anderen geht - wahrscheinlicher sein wird als seine Durchführung. Die deutsche Kraftwerkindustrie, die ja vor allen Dingen in dem Lande Nordrhein-Westfalen konzentriert ist, gehört zur Zeit noch zur Weltspitze der Reaktortechnik und auch zur Weltspitze der Reaktorsicherheit. ({3}) Der Manager der japanischen Atomic Service Company, Yoshida, hat neulich gesagt: Was für die Amerikaner die Weltraumtechnik ist, ist für die Deutschen die Reaktorsicherheit - ein Aushängeschild ihrer großen technologischen Fähigkeit. - Darauf hat Minister Hauff dankenswerterweise hingewiesen. Dies ist ein großartiges Kompliment für diese leistungsfähige Industrie und für unsere Forschung. Um anerkannt und leistungsfähig zu bleiben - darauf kommt es mir an -, sind aber nicht nur die Aufträge der Kraftwerkindustrie in der Bundesrepublik nötig, sondern dazu ist vor allen Dingen nötig, daß anstelle von Verteufelung und Mißtrauen im Bereich der Kernenergie Anerkennung und Zustimmung im eigenen Land gesetzt wird. ({4}) Diese Debatte betrifft eben nicht nur den Schnellen Brüter, sondern einen für unser Land Nordrhein-Westfalen entscheidenden, wichtigen Wirtschaftszweig. Ich weiß nicht, ob es dem Ministerpräsidenten bekannt ist, daß viele Mitarbeiter in der Kraftwerkindustrie in der Tat kurz davor sind, das Handtuch zu werfen, wie wir im Ruhrgebiet sagen. Viele von Ihnen hätten doch längst einen anderen Arbeitsplatz gesucht, der weniger frustrierend ist als zur Zeit ein Arbeitsplatz im Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie, wenn es eben solche anderen Arbeitsplätze gäbe. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß dies ein ganz entscheidendes Problem ist. Das zerstörte Vertrauenspotential bei Forschung und Technik und bei allen Mitarbeitern in den Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, die auf diesem Gebiet der Kernenergie arbeiten, ist inzwischen unübersehbar. Die Menschen, die dafür Verantwortung tragen, daß wir in der Bundesrepublik ein besonders sicheres und wirtschaftliches System zur Versorgung mit elektrischer Energie besitzen, das uns allen Vorteile gebracht hat, diese Menschen sind doch heute verbittert. Sie fühlen sich als Sündenböcke, die angeprangert werden, so als ob sie aus reiner Profitgier oder aus Unfähigkeit am Bedarf der Menschen vorbeiproduzieren und dabei die Umwelt verschmutzen oder dabei gar Tausende von Generationen durch die Hinterlassenschaft radioaktiven Mülls gefährden würden. Dieses Mißtrauen des Neides und dieses Mißtrauen der Ideologie, dieses Mißtrauen gegen den technischen Sachverstand, gegen wirtschaftliche Vernunft, dieses Mißtrauen gegen den Fortschritt, das ist die eigentliche Basis der energiepolitischen Parteitagsbeschlüsse der Freien Demokraten von Mainz. Das ideologische Mißtrauen stand Pate bei den Anträgen der Koalition zum SNR 300 und auch bei der Entschließung zur zweiten Fortschreibung des Energieprogramms VI. Mit diesem Mißtrauen, dem Mißtrauen zwischen Politikern einerseits und Technikern und Wissenschaftlern andererseits, kann aber unsere hochindustrialisierte Gesellschaft nicht leben. Ein bekannter Publizist hat dies so formuliert - ich teile seine Auffassung -: Der wirtschaftliche Fortschritt macht das Vertrauen nicht überflüssig, sondern lehrt uns im Gegenteil, daß jeder auf Grund dieses Fortschritts auf den anderen angewiesen ist. Wie soll aber das durch die Handlungsweise in NRW gesäte Mißtrauen gegen die Kernenergie wieder abgebaut werden? Wir waren uns im Bundestag bei den letzten Energiedebatten einig, daß es unsere Aufgabe ist, daß wir uns, wie es z. B. Herr Kollege Schmidt ({5}) hier betont hat, der mühevollen Arbeit unterziehen müssen, die noch Zweifelnden zu überzeugen. Dies ist richtig: ({6}) Aber Riemer und Hirsch haben mit ihrer Verteufelung der Kernenergie doch genau das Gegenteil getan. ({7}) Wenn man einmal Bilanz zieht - der kernenergiepolitischen Diskussion der letzten Wochen -, dann müssen wir doch feststellen, daß durch das Verhalten der FDP in Mainz und daß durch das Verhalten von Riemer und Hirsch heute viele neue Zweifler an der Kernenergie entstanden sind, und zwar mehr Zweifler, als alle Bürgerinitiativen bisher zuwege gebracht haben. Das ist die eigentliche Gefahr, und das ist das Problem. ({8}) Das Land Nordrhein-Westfalen ist von dieser Diskussion um den Schnellen Brüter auch deswegen besonders berührt, weil diese Diskussion nicht ohne Einfluß auf die Entwicklung und den Weiterbau des Hochtemperaturreaktors bleiben kann. ({9}) Bereits jetzt erreichen die Verzögerungen beim Bau dieses Reaktors in Schmehausen ähnliche Dimensionen wie die Verzögerungen des Schnellen Brüters. Der Chef der VEW hat vor wenigen Tagen darauf hingewiesen und gesagt: Der Hochtemperaturreaktor in Schmehausen ist im Genehmigungsverfahren Schritt für Schritt mit steigenden Sicherheitsauflagen steckengeblieben. Man kann geradezu sagen - so Knizia -, das Genehmigungsverfahren sei dabei, den Hochtemperaturreaktor zu erlegen. Meine Damen und Herren, der Brüter wird bekämpft; bei der dritten Teilerrichtungsgenehmigung wird plötzlich festgestellt, daß er nicht sein darf. Wer garantiert denn eigentlich, daß das gleiche nicht eines Tages auch bei den nächsten oder übernächsten Teilerrichtungsgenehmigungen beim HTR ebenfalls geschieht, nur weil das irgendjemandem in sein politisches Geschäft paßt. Hier ergibt sich, so wie ich dies sehe, ein völlig neues unkalkulierbares Ri9816 siko. Dies gilt natürlich auch für den Gedanken, vor Inbetriebnahme dieser Forschungsreaktoren Sondergenehmigungen des Parlaments einzuholen. Der Herr Kollege Laermann hat vorhin in seinem Beitrag auf die Entwicklung der Dampfmaschine hingewiesen; der eine oder andere von Ihnen wird sich erinnern. Ich habe mir mal überlegt: wenn es schon zu dieser Zeit FDP-Parteitage gegeben hätte, dann wäre die Entwicklung der Dampfmaschine auch bei der dritten Teilerrichtungsgenehmigung steckengeblieben, und sie würde nur Qualm erzeugen. ({10}) Lassen Sie mich aber doch bitte im Zusammenhang mit dem Schnellen Brüter noch einmal darauf hinweisen, daß auch die für die Weiterentwicklung zuständigen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft sehr klar folgendes gesagt haben, und die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage hat dies ja auch noch einmal verdeutlicht. Diese Unternehmen machen in der Tat die Weiterentwicklung des Hochtemperaturreaktors davon abhängig - ich zitiere wörtlich -, daß die Errichtung des SNR 300 weitergeführt wird und daß die Weiterentwicklung der Baulinie natriumgekühlter Schneller Brüter nicht unterbrochen werden darf. Das bedeutet aber im Klartext: wer also den Schnellen Brüter stoppt und wer die Kernenergie auf Restbedürfnisse abdrängt, der verhindert auch den Hochtemperaturreaktor. Damit entfällt aber eine ganz wesentliche Voraussetzung für den Vorrang - der Bundeswirtschaftsminister hat davon gesprochen -, den die deutsche Steinkohle in den Jahren 1990 und im Jahre 2000 haben könnte. Dieser Vorrang deutscher Steinkohle und dieser mögliche und notwendige Einsatz ist nur dann gesichert, wenn es wirklich gelingt, bis dahin eine wirtschaftliche Gastechnologie zustande zu bringen, eine Technologie, die sich der hohen Temperaturen aus Kernreaktoren bedient, um Kohle wirtschaftlich zu vergasen. Man, kann eben, wie dieses eine Beispiel deutlich zeigt - und das ist eine große Gefahr -, aus der gesamten Entwicklung der Kernenergie nicht einen Teil herausbrechen, ohne alles zu gefährden. ({11}) Meine Damen und Herren, die von der FDP und anderen betriebene Zerstörung des Vertrauens zur Kernenergie steht natürlich nicht allein in der politischen Gegenwart. Das Verhältnis zwischen Mensch, Technik und Fortschrittt war nie spannungsfrei. Die Spannungen. haben aber jetzt ein gefährliches Maß erreicht. Von Vielen Medien und sensationslüsternen Pseudowissenschaftlern wird dieser Prozeß auch gegenüber der Wissenschaft der Medizin oder anderen technischen Leistungen betrieben. Im Bereich der Medizin ist Dr. Hackethal - allerdings vielleicht aus anderen Gründen - ein Beispiel für diesen Abbau von Vertrauen. ({12}) Es fehlt nicht viel, dann muß man in der Tat formulieren: Was Hackethal für die Zerstörung des Vertrauens zur Medizin bedeutet, daß bedeuten Hirsch, Riemer und ihre Freunde für die Zerstörung des Vertrauens in die Kernenergie. ({13})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wehner?

Ludwig Gerstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Lassen Sie mich den Satz eben noch zu Ende führen. Es wäre Aufgabe auch des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, seine Minister darauf aufmerksam zu machen, daß ihr Verhalten zumindest diese Gefahr in sich birgt. Bitte, Herr Wehner.

Herbert Wehner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002444, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sehr verehrter Herr Kollege, erlauben Sie mir bitte eine Lernfrage, weil Sie gerade dabei sind, zu konstatieren, daß es jetzt gegenüber Technik und Fortschritten viel mehr - oder in einer völlig unvergleichbaren Weise - Widerstand, Widerstreben gibt: Wären Sie denn bereit, darüber nachzudenken, daß den Leuten auch allmählich aufgeht, aufgegangen ist: Atombombe, Atomkrieg?

Ludwig Gerstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000668, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich glaube, Herr Kollege Wehner, es bedarf keiner Bereitschaft, darüber nachzudenken. Alle in diesem Haus haben darüber nachgedacht. Vielleicht ist unsere Schwierigkeit, Herr Kollege Wehner, daß wir uns aus der Erinnerung an die Atombombe heraus - und ich bin davon überzeugt, daß Ihre Erinnerung an diese schrecklichen Ereignisse noch viel tiefer sitzt als meine, der ich damals etwas jünger war - in den Fragen der friedlichen Nutzung der Kernenergie unsicherer sind, als es das aus Gründen der Technik sein müßte. ({0}) Ich möchte mit einem Zitat schließen. Golo Mann hat in seiner Wallenstein-Biographie, die ein Teil von uns im Fernsehen hat verfolgen können, gesagt: Daß Wallenstein langfristige Ansichten pflegte, unterscheidet ihn von den meisten Politikern, welche heute dies schwatzen, morgen das, um den Widerspruch zwischen dem einen und dem anderen sich gar nicht kümmern und gar nichts im Kopf haben als Taktik und Augenblick. Die Demontage der Kernenergie oder die Gefahr der Demontage der Kernenergie durch einige Politiker, die, wie ich es sehe, auch nicht viel mehr im Kopf haben als Taktik und Augenblick, das ist Sabotage an der Zukunft. ({1}) Ich meine: Klare Entscheidungen für den Ausbau der Kernenergie und für den Weiterbau des Schnellen Brüters sind notwendig, im Land Nordrhein-Westfalen wie hier, um den Schaden einzugrenzen. Um den Gesamtschaden, der - ich habe darauf hingewiesen - angerichtet worden ist, einzugrenzen, sind, wie Hans Baumann in der „Welt" zutreffend formuliert hat, Aufrichtigkeit, Weitblick und StandGerstein festigkeit - und, füge ich hinzu, Vertrauen - in der Energiepolitik so lebenswichtig für unsere Zukunft wie nie zuvor. ({2})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schäfer ({0}).

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als vorläufiges Fazit dieser energiepolitischen Debatte des Deutschen Bundestages läßt sich festhalten, daß die Opposition dieses Hauses eine Chance vertan hat, ({0}) die Chance nämlich, zur Sache zu reden, die Sorgen, Probleme, Ängste, die die Bürger im Zusammenhang mit diesen Fragen bewegen, aufzugreifen und in ihre Argumentation einzubeziehen. Statt dessen ist auch diese Debatte von seiten der Opposition zur vordergründigen parteipolitischen Polemik geronnen. Ihre Bemerkung, Herr Riesenhuber, es gehe heute um sechs Stimmen, unterstreicht dies überdeutlich. Ich bedaure das um so mehr, weil ich weiß, daß es auch innerhalb Ihrer Fraktion durchaus Kollegen gibt, die die gleiche Sorge umtreibt wie viele Kernenergieskeptiker meiner Fraktion. Daß Sie diese Überlegungen heute nicht haben zu Wort kommen lassen, daß Sie sie gleichsam versteckt haben, ist ein Zeichen der Schwäche Ihrer Argumentation. ({1}) Im Mittelpunkt der heutigen Debatte stand die Entscheidung über den Schnellbrutreaktor in Kalkar. ({2}) Dies darf freilich, da wir die Zweite Fortschreibung des Energieprogramms diskutieren, Herr Lenzer, nicht dazu führen, daß andere wichtige brennende Probleme in den Hintergrund gedrängt oder gar verdrängt werden. Ich will zu einigen dieser Probleme ganz konkret aus Sicherheitsgesichtspunkten einige Bemerkungen machen. Für die weitere Nutzung der Kernenergie kommt der Lösung der Entsorgung eine Schlüsselstellung zu. Es kann nicht angehen, daß Kernkraftwerke gebaut und betrieben werden, ohne daß die schadlose und zuverlässige Beseitigung des radioaktiven Mülls - eine Hypothek für spätere Generationen über Jahrtausende von Jahren - hinweglösbar ist oder zumindest lösbar erscheint. Wer dies tun will, handelt fahrlässig. Er bürdet den nachfolgenden Generationen um eines kurzfristigen ökonomischen Vorteils willen ein riesiges Gefährdungspotential auf, ohne dessen Beherrschung und Beherrschbarkeit tatsächlich garantieren zu können. Der Betrieb eines Kernkraftwerks - das haben wir in der letzten Legislaturperiode gemeinsam beschlossen - ist deshalb an den Nachweis einer hinreichenden Entsorgung geknüpft. Wo diese Forderungen nicht erfüllt werden, darf kein Kernkraftwerk betrieben werden; so die einmütige Entscheidung des Deutschen Bundestages in der vergangenen Legislaturperiode. Darüber hinaus gilt seit 1976, daß neue Kernkraftwerke nur genehmigt werden können, wenn vom Betreiber Nachweise für die Entsorgungsvorsorge geliefert werden. Dieser Entschluß der Bundesregierung entstand 1976, als deutlich wurde, daß die Energiewirtschaft für die notwendige Entsorgung der Kernkraftwerke nur in unzulänglicherweise gesorgt hatte. Wir Sozialdemokraten halten an dieser Entsorgungskoppelung fest. Wir müssen an ihr festhalten, wenn wir die Nutzung der Kernenergie für die Bürger unseres Landes und die nachfahrenden Generationen verantworten sollen. Wir bedauern im übrigen, daß von seiten der Opposition in der letzten Energiedebatte die Forderung nach Aufhebung eben dieser Entsorgungskoppelung erhoben worden ist. ({3}) - Herr Kollege Laufs hat in der letzten Debatte, am 20. April dieses Jahres, eben diese Forderung, von der ich sprach, vor dem Plenum dieses Hauses erhoben, wie ein Blick ins Protokoll unschwer ausweist. ({4}) Meine Damen und Herren, wir können uns nicht damit zufriedengeben, rechtliche oder verwaltungsrechtliche Vorschriften zu haben, die den Betrieb der Kernkraftwerke nur bei hinreichender Entsorgung sicherstellen. Wir müssen uns als Parlament tatsächlich fragen, wie der Stand der Entsorgung heute ist, ob diese rechtlichen Vorschriften heute tatsächlich eingehalten werden, ob es heute in der Bundesrepublik verantwortbar ist, neue Kernkraftwerke zu bauen oder ob die - darüber hinausgehend - in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke entsprechend dieser Anforderung tatsächlich „entsorgt" sind. Deshalb will ich ganz konkret einige Aussagen zum Stand der Entsorgung heutiger Kernkraftwerke, genauer gesagt: zum Stand des Verbleibs der abgebrannten, der verbrauchten, der aus dem Reaktor herauszunehmenden Brennelemente machen. Die Entsorgung in der Bundesrepublik Deutschland stellt gegenwärtig im wesentlichen auf eine Zwischenlagerung der abgebrannten Brennelemente ab, und zwar in dreifacher Weise: erstens auf die Lagerung abgebrannter Brennelemente in den Kühlbecken innerhalb der Kernkraftwerke; zweitens auf Verträge mit der französischen Wiederaufarbeitungsfirma COGEMA in La Hague und drittens schließlich mittel- und langfristig auf die Planungen für das integrierte Entsorgungszentrum in Gorleben und das Zwischenlager bei Ahaus. Zu allen drei Möglichkeiten einige Bemerkungen: Hinter jeder dieser Möglichkeit stehen besorgte, heute nicht zufriedenstellend beantwortete und be-antwortbare Fragen. Wir müssen hier im Parlament Schäfer ({5}) diese Fragen aufwerfen, Antworten geben, gegebenenfalls auch Schlußfolgerungen daraus ziehen. ({6}) - Dies ist genau die Meinung der Bundesregierung in dieser Frage. Ich komme darauf zurück, Herr Kollege Lenzer. Die Kapazität der Lagerbecken innerhalb der Kernkraftwerke ist begrenzt. In einigen Fällen ist sie bereits, wie z. B. in Biblis A und B ausgeschöpft. Zusätzliche Lagerungsmöglichkeiten können eventuell durch die Errichtung von sogenannten Kompaktiagern geschaffen werden. Ihre Errichtung, ihre Inbetriebnahme erfordert Zeit. Sie kann nicht ohne Beteiligung der betroffenen Bevölkerung erfolgen. Es kann nicht sein, daß verwaltungsintern, ohne daß die Einwände der Betroffenen in einem öffentlichen Genehmigungsverfahren abgehandelt und erörtert werden, solche Genehmigungen erteilt werden. ({7}) - Herr Kollege Kohl, wir haben leider einen Vorgang, wo die Installation einer solchen Kompaktlagerung ohne die entsprechende öffentliche Genehmigung erfolgt ist. Eigentlich müßten Sie wissen, wovon Sie reden, wenn Sie sich dazu zu Wort melden. ({8}) Zweitens. Verträge der einzelnen Kernkraftwerksbetreiber mit der französischen Firma Cogema in La Hague: Die vertraglichen Vereinbarungen mit der Cogema sind zur Zeit das Hauptstandbein der Entsorgung deutscher Kernkraftwerke. Mit ihrer Erfüllung steht und fällt gegenwärtig im wesentlichen die Kernenergienutzung in der Bundesrepublik. Einige Zahlen mögen das unterstreichen. Von 1977 bis 1979 sollen insgesamt 600 t abgebrannter Brennelemente, von 1980 bis 1984 1 705 t Brennelemente nach La Hague gebracht werden. Zur Illustration: Ein Leichtwasserreaktor von 1 000 MW - ein Block Biblis hat etwa 1 200 MW - erzeugt jährlich einen Anfall von Brennelementen von ca. 30 t. Insgesamt sind gegenwärtig etwa 7 000 MW Leistung Kernenergienutzung betriebsgenehmigt. Alle im Bau und in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke in der Bundesrepublik sind an diesen Entsorgungsverträgen mit der Cogema in La Hague in unterschiedlicher Größenordnung beteiligt. Alle in Betrieb und im Bau befindlichen! Hier müssen wir die Zweifel an der Seriosität und Solidität dieser Verträge ernst nehmen. Wir wissen, daß es vertragliche Vereinbarungen geben soll, wonach die Cogema nicht regelmäßig zur Abnahme der abgebrannten Brennelemente verpflichtet ist. Wir wissen, daß im Falle von höherer Gewalt - dazu gehören Betriebsstörungen in La Hague, dazu gehört Streik, dazu gehören verschärfte Umweltauflagen - die Cogema nicht verpflichtet ist, regelmäßig entsprechende Brennelementemengen zu übernehmen. Das hat dazu geführt, daß vor einigen Wochen im Biblis ein fertiger, für La Hague bestimmter Transportbehälter .mit Brennelementen nicht dorthin gebracht werden konnte, weil sich die Wiederaufbereitungsanlage in La Hague außerstande sah, sie zu übernehmen. Hier entsteht ein Sachzwang, hier entsteht ein Zeitdruck, hier entsteht ein Sicherheitsproblem, das uns im Parlament nicht gleichgültig lassen kann. ({9}) Gerade hier fehlt es uns im Deutschen Bundestag an der Möglichkeit, Einsicht in diese für die Energieversorgung unseres Landes, für Leben, Sicherheit und Schutz der Bevölkerung unseres Landes entscheidenden Vertragsbedingungen zu nehmen. Bis zur Stunde ist es dem Bundestag nicht möglich, seiner Entscheidungs- und Kontrollbefugnis in dieser Frage nachzukommen, weil privatrechtliche Vereinbarungen mit entsprechenden Geheimhaltungsklauseln dem entgegenstehen. Das zeugt von einem merkwürdigen Demokratieverständnis. ({10}) In einer zentralen Frage der Innenpolitik soll das Parlament zum Notar wirtschaftlicher Vereinbarungen degradiert werden. Ein unmöglicher Tatbestand! ({11}) Wir begrüßen deswegen ausdrücklich, daß der Bundesminister des Innern erklärt hat, künftig würden Entsorgungsvorsorgenachweise auf Vertragswege mit La Hague nur noch dann anerkannt, wenn dem Parlament die entsprechende Einsichtnahme gewährleistet werde. ({12}) Konsequent wäre es übrigens, das auch auf die in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke auszudehnen. Drittens. Planungen für das integrierte Entsorgungszentrum in Gorleben und das Zwischenlager bei Ahaus: Die Verwirklichung des Entsorgungszentrums ist seit der Vorlage des Entsorgungsberichtes und der letzten Energiedebatte in weite Ferne gerückt. Die für 1981 vorgesehene Inbetriebnahme des Endlagers verschiebt sich um mindestens zwei Jahre. Das gleiche gilt für den für das Jahr 1985 geplanten Betriebsbeginn des Brennelementlagerbeckens. Die erste Teilerrichtungsgenehmigung kann nicht wie vorgesehen Ende 1980, sondern frühestens 1982 erteilt werden. Ob das Zwischenlager in Ahaus tatsächlich 1983 in Betrieb geht, ist auch heute nicht mit letzter Gewißheit zu sagen. Das heißt, meine Damen und Herren: Wer nüchtern die gegenwärtige Entsorgungssituation der Bundesrepublik Deutschland analysiert, kommt zu dem Ergebnis, daß wir uns in einer prekären Entsorgungssituation befinden. Wenn Sicherheit und Schutz der Bevölkerung - zur ganzen Problematik der Entsorgung der Kernkraftwerke kam von keinem Redner der Opposition auch nur ein Sterbenswörtchen ({13}) Schäfer ({14}) tatsächlichen Vorrang vor wirtschaftlichen Überlegungen haben, dann dürfen wir bis auf weiteres kein neues Kernkraftwerk genehmigen, weil die Entsorgung nach den vom Parlament gesetzten Maßstäben nicht sichergestellt ist. ({15}) Sie von der CDU/CSU schweigen dazu, allenfalls verfallen Sie in Ihr gewohntes Ritual: Entsorgung ist sichergestellt, mit dem Bau von Kernkraftwerken kann fortgefahren werden! Wer daran zweifelt, der will die Wirtschaft verunsichern! ({16}) - Die Bundesregierung sagt in der Fortschreibung des Energieprogramms: Der Bau weiterer Kernkraftwerke ist vertretbar, wenn die Entsorgung hinreichend gesichert ist. Wir haben gemeinsam auch die Bedingungen einer hinreichenden Entsorgungsvorsorge zu definieren, Herr Kollege, Riesenhuber, sonst meldet sich das Parlament mit seiner Entscheidungskompetenz ab.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Breidbach?

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Abgeordneter Breidbach, wenn er im Saale ist, bitte schön. ({0})

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schäfer, zur Fragestellung gehört auch die physische Anwesenheit. Ich darf meine Frage stellen: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Bundesregierung, die SPD und die CDU/CSU übereinstimmend der Auffassung sind, daß die sichere Entsorgung eine Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Kernenergie ist und daß es lediglich in der FDP Diskussionen darüber gibt, ob man bestimmte Linien der Kernenergie überhaupt weiterverfolgen soll?

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Breidbach, es ist zweierlei, ob man rhetorisch oder ritualpolitisch, wie heute vom Kollegen Lenzer, vom Herrn Kollegen Waigel, vom Herrn Kollegen Riesenhuber, vom Herrn Kollegen Gerstein geschehen, den Grundsatz verkündet, die Sicherheit der Entsorgung habe Vorrang, und dann so tut, als ob es hier keine Probleme gebe, oder ob man diesen Grundsatz auch Wirklichkeit werden läßt. Da liegt der Unterschied zwischen SPD und FDP einerseits und Ihnen von der CDU/CSU andererseits. ({0}) Sie sagen: alles beherrschbar, wir machen weiter. - Wir nehmen die Fragen auf, prüfen gründlich, nüchtern, vorurteilslos und kommen dann zu entsprechenden Schlußfolgerungen. ({1}) Meine Damen und Herren, wir begrüßen es ausdrücklich, daß der Bundesminister des Innern diesen Tatbestand nicht nur sorgsam analysiert und überprüft, sondern auch bereit ist, entsprechende Genehmigungskonsequenzen folgen zu lassen. Wir unterstützen die oberste atomrechtliche Genehmigungsbehörde, den Bundesminister des Innern, in seinem Vorhaben, zu überprüfen, ob gegebenenfalls auch in Betrieb befindliche Kernkraftwerke in ihrem Betrieb eingeschränkt oder zeitweilig stillgelegt werden müssen, wenn es nicht zu einer tatsächlich wirksamen Verbesserung dieser Entsorgungsmisere kommt. Auch hier ist bei Ihnen, meine Damen. und Herren von der Opposition, Funkstille. Ich höre jetzt nur eines: Anweisung! ({2}) In diesem Zusammenhang ein Wort zum Herrn Ministerpräsidenten Albrecht. Zunächst einmal danken wir ausdrücklich dem Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, daß er von Beginn an dieser Debatte gefolgt ist. ({3}) Dafür, daß er drei Minuten abwesend war, einem menschlichen Bedürfnis folgend, haben wir im Gegensatz zu Ihnen Verständnis. Wir sind Menschen und nicht roboterhafte Wesen, die irgendwelche Reden abspulen. ({4}) - Herr Kollege Gerstein, wenn Sie es wiederholen könnten, würde ich gern darauf eingehen. ({5}) - Sie reden ja, ohne es zu wissen. Sie haben es doch gerügt, ohne . das zu wissen. Deswegen sage ich: Fragen Sie vorher nach, und rügen Sie dann! Wir wollen diese Petitessen weglassen. Noch ein Wort zum Herrn Ministerpräsidenten Albrecht. Im Gegensatz zu Herrn Rau ist er heute nicht anwesend, obwohl Entscheidungen über Gorleben mindestens ebenso wichtig für die Zukunft der Ernergieversorgung und für die Sicherheit und für den Schutz der Bevölkerung sind wie die Entscheidung über den Schnellbrutreaktor. ({6}) Aber es ist zweierlei, meine Damen und Herren: draußen große Reden zu halten und hier im Parlament vor der deutschen Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen! Für uns Sozialdemokraten haben - ich wiederhole es - Sicherheit und Schutz der Bevölkerung Vorrang bei der Nutzung der Kernenergie.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine - Schäfer ({0}) ({1}) : Dies gilt auch bei der Verwirklichung des Entsorgungskonzepts der Bundesregierung.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, wir verstehen Ihre Geste so, daß Sie die Frage nicht zulassen wollen.

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, Sie haben es richtig gedeutet! ({0}) Ich wiederhole, meine Damen und Herren: Für uns Soizaldemokraten - das habe ich an einem konkreten Beispiel eben durchbuchstabiert - hat Sicherheit bei der Nutzung der Kernenergie Vorrang vor wirtschaftlicher Überlegung, auch bei der Verwirklichung des Entsorgungskonzeptes in Gorleben! Hierin stimmen wir mit Herrn Albrecht ausdrücklich überein! Wir nehmen deshalb auch zeitliche Verzögerungen in Kauf. Wir drängen niemand zu beschleunigtem, übereiltem Vorgehen, wenn es darum geht, mehr Sicherheit zu schaffen. Im Gegenteil! Nur, meine Damen und Herren: Man kann, wenn man in dieser Frage tatsächlich glaubwürdig sein will, nicht beides gleichzeitig: die Verzögerung des Entsorgungszentrums in Gorleben bewirken - was Herr Albrecht objektiv tut - und gleichzeitig den Bau neuer Kernkraftwerke fordern, was Herr Albrecht gleichzeitig tut! ({1}) Wer sich so verhält, handelt fahrlässig, handelt unredlich! ({2}) Herr Albrecht weiß, daß mit jedem neuen Kernkraftwerk, das in Bau und Betrieb geht, angesichts der Entsorgungssituation neue Probleme, neue Sachzwänge geschaffen werden. Wer beides gleichzeitig will, wie Herr Albrecht es tut, handelt unverantwortlich, ({3}) um nicht strengere Worte zu gebrauchen.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Riesenhuber?

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Unter der Voraussetzung, daß ich es nicht auf die Redezeit angerechnet bekomme!

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Diese Voraussetzung kann ich nicht erfüllen, Herr Abgeordneter; es wird auf Ihre Redezeit angerechnet! ({0})

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie erfüllen es? ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Nein, die Zwischenfrage wird auf Ihre Redezeit angerechnet werden.

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann bitte ich um Entschuldigung, Herr Kollege Riesenhuber! Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas zum Verhältnis zwischen Wissenschaft, Technik und Politik sagen. Sie waren es, Herr Kollege Riesenhuber, der sagte: Man kann über wissenschaftliche Ergebnisse nicht abstimmen! Sie, Herr Kollege Gerstein, haben bezweifelt, daß Politiker nicht wissenschaftliche Ergebnisse umsetzen, daß sie sie in Frage stellen. ({0}) Herr Professor Mandel, der Chef der RheinischWestfälischen Elektrizitätswerke, hat in dieser Woche termingerecht in einem „Spiegel"-Interview das gleiche bedauert. Nur: Ist es eigentlich so, daß es in dieser Frage die Expertenmeinung gibt? Liegt es nicht in der Natur der Sache, daß bei gleichem Sachverstand gleiche Sachverhalte unterschiedlich beantwortet werden, ja, beantwortet werden müssen? Ich will es, wenn Sie es nicht glauben wollen, an zwei Beispielen belegen. In der öffentlichen Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 2. Dezember 1974 „Das Risiko Kernenergie" führte der damalige Generalbevollmächtigte der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke, Direktor Scheuten, heute Vorstandsvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen, die Gorleben installieren will, in der Öffentlichkeit folgendes aus - ich zitiere jetzt wörtlich einen Experten, dessen Sachverstand wir alle anerkennen -: Hinsichtlich des Ausbaus der Kernkraftwerksleistung auf 45 bis 50 000 MW Leistung für 1985 haben wir, - so Dr. Scheuten und das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen, gar keine andere Wahl. Selbst wenn das Risiko der Kernenergienutzung ein größeres wäre, müßten wir es in Kauf nehmen, um weiter als Staat und in Freiheit existieren zu können. Sachverständigenmeinung 1974! Aus heutiger Sicht haben wir 1985 allenfalls - wenn überhaupt - die Hälfte an Megawattleistung aus Kernkraftwerken. Kein Mensch kann billigerweise auf die Idee kommen, wir würden als Staat und in Freiheit deswegen nicht mehr existieren können. Aus der gleichen Anhörung ein anderes Zitat, auch von einem von Ihnen, von uns allen, anerkannten Sachverständigen, Professor Dr. MeyerAbich, Lehrstuhlinhaber für Philosophie der Naturwissenschaften an der Universität Essen. Er führte zum gleichen Fragenkomplex aus, Herr Kollege Kohl - ich zitiere -: Sozialpolitisch ist gegen ein Kernenergieversorgungssystem eingewandt worden - und ich halte diese Bedenken für das eigentlich entscheidende Argument gegen die Kernenergie -, daß ein solches System zwar technisch möglich ist, daß seine Sicherheit aber von der Stabilität der Gesellschaft abhängt, die sich dieses Systems Schäfer ({1}) bedient. Eine Plutoniumwirtschaft ist in einem straff organisierten Polizeistaat vielleicht sogar ungefährlich. Aber wer möchte um dieser Art der Versorgung willen einen Polizeistaat in Kauf nehmen? . . . Und niemand kann Weinbergs Frage „Garantieren Sie mir 1 000 Jahre Frieden?" guten Gewissens beantworten. Das zu der Auffassung von Experten. ({2}) Hier haben also zwei Sachverständige, zwei Experten zum gleichen Tatbestand konträre Auffassungen. Wir machen den Experten daraus keinen Vorwurf. Im Gegenteil, meine Damen und Herren, wo Sie mit dem Einsatz ganzer Bataillone von Computern keine Gewißheit bekommen, liegt es in der Natur der Sache, daß auch Experten kontroverse Auffassungen vertreten müssen. An uns liegt es, meine Damen und Herren, auf Grund einer kritischen, öffentlich geführten kontroversen Diskussion dieser technologischen Fragen auf Grund politischer Maximen, auf Grund politischer Vorgaben Wertentscheidungen darüber zu treffen, wie wir in Zukunft leben wollen. Darum geht es im Grunde bei der heutigen Debatte, ({3}) nicht darum, ob die Koalition vielleicht bei der heutigen Debatte eine Abstimmungsniederlage erleidet. Sie werden sich übrigens täuschen. Sie von der CDU/CSU tun sich und dem Parlament mit der Art und Weise, wie Sie diese Fragen behandeln, keinen Gefallen. ({4}) Meine Damen und Herren, ich muß zum Schluß kommen, da leuchtet eine gelbe Lampe auf.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das bedeutet, daß Sie noch 60 Sekunden Zeit haben, Herr Abgeordneter. ({0})

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich werde mich bemühen, Herr Präsident, sie zu nutzen. Ich will zum Schluß kommen, meine Damen und Herren. Mit der Vorlage des Antrages und der Entschließungsanträge der Koalitionsfraktionen wird heute darüber entschieden, ob wir uns die Möglichkeit offenlassen, Nukleartechnologien wie den Schnellbrutreaktor und den Hochtemperaturreaktor - ich bin Ihnen dankbar, Herr Gerstein, daß Sie ihn eingeführt haben - als potentielle Energieversorgungsmöglichkeiten zu nutzen. Wir halten, um es neudeutsch zu sagen, diese Option offen. Wir entscheiden nicht über die Inbetriebnahme des. Schnellbrutreaktors. Wer das hier beklagt - Herr Narjes und andere kürzlich in der Presse -, dem will ich ins Gedächtnis zurückrufen, daß dies der Rechtslage entspricht. Bei der Vorlage des Atomgesetzes im Jahre 1959 hatte die damalige Bundesregierung eine Bestimmung vorgesehen, daß mit der Erteilung der Baugenehmigung und den verschiedenen Teilerrichtungsgenehmigungen auch der Anspruch auf die Betriebsgenehmigung verbunden sei.

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Darf ich Sie bitten, zum Schluß zu kommen, Herr Abgeordneter.

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Der damalige Bundestag hat dies aus guten Gründen abgelehnt. Anstatt daß darüber die Exekutive entscheidet wie bei anderen Kernkraftwerken, behalten wir als Parlament - das sind wir unseren Bürgern schuldig - uns diese Entscheidung vor. Beifall bei der SPD - Lenzer [CDU/CSU] Das ist rechtlich überhaupt nicht haltbar!)

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Abgeordneter, darf ich Sie bitten, zum Schluß zu kommen.

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, mit der Einsetzung der Enquete-Kommission haben wir im Bundestag eine große Chance. Meine Bitte ist, daß wir, das ganze Parlament, sie gemeinsam nutzen. ({0})

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Gerhart Rudolf Baum (Minister:in)

Politiker ID: 11000111

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einige wenige Bemerkungen zur Entsorgungsfrage machen und dem Parlament eine Information geben, die mein Vorredner noch nicht hatte, als er hier gesprochen hat. ({0}) - Nein, keine Akte. Meine Damen und Herren, ich habe in der Vergangenheit deutlich zum Ausdruck gebracht, daß ich als Genehmigungsbehörde künftig Nachweise für die Entsorgungsvorsorge nicht mehr honorieren werde, die auf COGEMA-Verträge abgestützt sind, solange nicht dieses Parlament Einblick in diese wichtigen Verträge bekommen hat, auf denen die Entsorgung nahezu aller im Betrieb oder im Bau befindlichen deutschen Kernkraftwerke beruht. ({1}) Ich habe heute einen Bericht der Deutschen Botschaft in Paris bekommen, nachdem folgendes erreicht werden konnte. Die COGEMA ist bereit, vor einem Kreis von Mitgliedern des Innenausschusses des Deutschen Bundestages den Vertrag mit der DWK zu erläutern und den Abgeordneten auf Wunsch an Ort und Stelle auch Einsicht in den Vertrag zu geben. Die COGEMA ist ebenfalls bereit, die von ihr in Bonn auf die den Ausschußmitgliedern gestellten Fragen erteilten Antworten schriftlich zu bestätigen oder auch auf Fragen schriftlich zu antworten, die ihr bei dem Gespräch von den Angeordneten zusätzlich gestellt werden. Schließlich ist die COGEMA auf Wunsch auch bereit, für eine kleine Gruppe von Ausschußmitgliedern einen Besuch in La Hague zu organisieren, Meine Damen und Herren, wenn sich dies verwirklichen läßt, wäre die Bedingung, die ich gestellt habe, nämlich daß dieses Parlament über eine wesentliche Entscheidungsgrundlage informiert wird, die ich als Aufsichtsbehörde habe, erfüllt. Ich stelle das mit Zufriedenheit auch gegenüber dem französischen Vertragspartner fest. ({2}) Insgesamt stellt sich die Entsorgungslage für mich so dar: -

Dr. Karl Carstens (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000321

Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Steger?

Gerhart Rudolf Baum (Minister:in)

Politiker ID: 11000111

Bitte schön.

Dr. Ulrich Steger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002227, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, hat sich damit auch das Problem des Plutoniumvorbehalts, zu dem die „Welt" vom 6. November 1978 berichtete, erledigt? Ist hier ebenfalls eine nach Ihrer Einschätzung zulässige Regelung gefunden worden? Baum: Bundesminister des Innern: Ich, gehe davon aus, daß wir auf dieser Grundlage auch dafür eine Regelung finden werden. Aber ich möchte jetzt, nachdem ich gerade den Bericht bekommen habe, Herr Kollege, eine abschließende Auskunft dazu noch nicht geben. Ich war nur der Meinung, daß das Parlament in diesem Moment über diese Information, die ich bekommen habe, aufgeklärt werden mußte. ({0}) Die Entsorgungslage stellt sich für mich so dar: ({1}) Bei termingerechter Bereitstellung der Lager in La Hague im Jahre 1980 und in Ahaus im Jahre 1983 kann der Zeitraum bis zur Fertigstellung des Brennelementlagerbeckens im Entsorgungszentrum Gorleben überbrückt werden. Für die Entsorgung einiger Kernkraftwerke muß kurzfristig, das heißt bis zur Fertigstellung des Lagerbeckens in La Hague - darauf hat der Vorredner schon hingewiesen -, von der Kompaktlagerung in Lagerbecken der Kernkraftwerke Gebrauch gemacht werden. Für die Kompaktlagerung sind Genehmigungsverfahren für eine Reihe von Kernkraftwerken, z. B. die Blöcke A und B in Biblis, eingeleitet. Die Bekanntmachung des Vorhabens ist für die Anlage in Biblis nach Auskunft des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr veranlaßt; also diese Beteiligung der Öffentlichkeit, von der Sie gesprochen haben, Herr Kollege. Für die Verwirklichung des Entsorgungszentrums sind die Entscheidungen des Landes Niedersachsen von besonderer Bedeutung. Eine Delegation des Bundes verhandelt heute mit Niedersachsen. Ich kann mich nicht darüber beklagen, daß diese Verhandlungen etwa nicht sachlich geführt würden. Wir verhandeln hart. Aber ich meine, daß wir die Verhandlungen zunächst einmal abwarten sollten, bevor wir irgendeine Kritik äußern. ({2}) Ich möchte jedenfalls keine äußern. Die absehbaren zeitlichen Verschiebungen beim Entsorgungszentrum gefährden die Entsorgung noch nicht unmittelbar. Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, daß die Energiewirtschaft auf Grund der von ihr vorgesehenen Maßnahmen in der Lage ist, die Entsorgung ihrer Kernkraftwerke sicherzustellen, wenn die nunmehr staatlicherseits insbesondere von Niedersachsen zu schaffenden Voraussetzungen im Rahmen der vorgesehenen Terminhorizonte gewährleistet werden. Die Entsorgungssituation würde sich verschärfen, wenn lange Verzögerungen bei der Realisierung der geplanten Vorhaben eintreten, die Kompaktlagerung nicht oder nicht rechtzeitig eingeführt oder vertragliche Abmachungen zur Auslandsentsorgung nicht verwirklicht werden könnten. Unter solchen Voraussetzungen - darüber möchte ich keinen Zweifel lassen, meine Damen und Herren - müßte überprüft werden, ob die nach den Grundsätzen zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke nachzuweisende Vorsorge noch ausreicht und ob gegebenenfalls der Betrieb von Kernkraftwerken eingeschränkt oder eingestellt . werden muß: Sollte sich die allgemeine Situation auf dem Feld der nuklearen Entsorgung von den Grundlagen der diesbezüglichen Politik der Bundesregierung entfernen, die wir im Entsorgungsbericht niedergelegt haben - und daran möchte ich gar keinen Zweifel lassen -, dann könnte ich mich im Rahmen meiner bundesaufsichtlichen Verantwortung sehr bald zu der Empfehlung genötigt sehen, keine weiteren Errichtungsgenehmigungen für Kernkraftwerke mehr zu erteilen und selbst die Frage des Widerrufs von geltenden Betriebsgenehmigungen in Erwägung zu ziehen. Meine Damen und Herren, ich halte mich dabei strikt an die Grundsätze, die dieses Parlament mir vorgegeben hat. ({3})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Gruhl.

Dr. Herbert Gruhl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000741, Fraktion: Fraktionslos (Fraktionslos)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute kann niemand bestreiten, daß die Entscheidung für die Kernenergie seinerzeit in völliger Ahnungslosigkeit über die Folgen gefallen ist. Das Projekt Gorleben ist ein sehr später und noth in den allerersten Anfängen steckender Versuch, die Folgen zu bewältigen, wobei der Ausgang noch völlig offen ist. Die Entscheidung für den Schnellen Brüter ist nun ein weiterer folgenreicher Schritt in die Plutoniumwirtschaft. Diese Technik bedeutet quantitativ und qualitativ einen Sprung in weitere neue Bereiche mit noch unbekannteren Auswirkungen. Professor Smith von der Universität Groningen erklärte am 19. Mai 1977 in Bonn: Was auch immer die Motive für den Bau des Brüters sein mögen - ob für tausend Jahre oder für die Gegenwart - der Brüter ist irrational. Die Plutoniummenge in einem Brüter ist zehnmal so groß wie die eines Leichtwasserreaktors, 5 Tonnen Plutonium auf 1 000 Megawatt. Der frische Brennstoff eines großen Brüters genügt für hundert Kernwaffen in der Größe der Hiroshima-Bombe. Nun ist in einem Brüter im Gegensatz zu einem Leichtwasserreaktor sehr wohl eine nukleare Explosion möglich. Die Explosionsenergie kann zwischen 2 700 und 220 000 Megajoule betragen; das entspricht 55 Megatonnen TNT. Sir Brian Flowers, der Vorsitzende der Royal Commission, erklärte im November 1977: Ein möglicher Brüterunfall hat eine zehn- bis hundertmal höhere Schadenswirkung als ein Leichtwasserreaktor-Unfall. Der Wissenschaftler Webb rechnet mit der Möglichkeit, daß 100 000 qkm Land evakuiert werden müßten. 1 Million Menschen wären direkt vom Unfall betroffen. Sie hätten dann am eigenen Leibe verspürt, was „unentrinnbares Restrisiko" heißt, wie das das Bundesverfassungsgericht in seiner juristischen Sprache bezeichnet. Es könnte sein, daß die Betroffenen dann nicht mehr „entrinnen" können. Der vorhin zitierte Professor Smith legte dar, daß der Unterschied zwischen einer Bombe und einem Brüter 0,2 % beträgt. Das ist der Unterschied zwischen verzögert kritisch und prompt kritisch. In jeder normalen Technologie sind Sicherheitsfaktoren von 50 bis 500 % üblich; es ist a priori unglaublich, daß man mit einem Sicherheitsfaktor von 0,2% arbeitet. Die Steuerung eines Schnellen Brüters ist wegen des schnellen Neutronenflusses unvergleichlich risikoreich. Eine höchst komplizierte Sicherheitstechnik ist notwendig, weil der zeitliche Spielraum für die Regulierung nach Sekunden bemessen ist; beim Leichtwasserreaktor stehen immerhin noch mindestens 30 Sekunden zur Verfügung. Ich kann hier die unzähligen technischen Risiken nicht in 15 Minuten abhandeln. Welche Risiken das flüssige Natrium mit sich bringt, ist allgemein bekannt. Keiner der Fachleute bestreitet die Gefährlichkeit der unvermeidlichen Natriumdampfblasen, unter vielem anderen. Der Brüter hat eben kein „inhärent stabiles Verhalten", wie die Interessenvertreter behaupten. Darum dürften die Versuche mit der Brütertechnik nur in menschenleeren Gebieten stattfinden, die wir in Europa gar nicht haben. Nicht einmal Gebiete an der französischen Atlantikküste oder in Schottland erscheinen dafür geeignet. Auf dem dichtbesiedelten deutschen Boden solche Großexperimente über Jahrzehnte zu veranstalten, kann kein Parlament verantworten. Die riesigen Schwierigkeiten, die alle Länder mit dem Schnellen Brüter haben, führten zu einer Kostenexplosion, die auch den Preis des Brüters in Kalkar auf mindestens 4 Milliarden DM hochtreiben wird. Die amerikanische Ford-Studie zieht in Zweifel, daß der Brüter bei gering steigendem Stromverbrauch überhaupt konkurrenzfähig sein kann. Denn die Voraussetzung wäre, daß er wirklich ausreichend brütet, daß die Wiederaufbereitung sicher beherrscht wird und daß die Sicherheitsfragen dabei befriedigend gelöst werden können. Aber diese Probleme sind eben noch offen, auch nach Aussagen der Ford-Studie. Auf ein weiteres ungelöstes Problem will ich noch eingehen: daß nämlich die abgebrannten Brennelemente jedes Brüters eine ganz andere, spezielle Wiederaufbereitungstechnik erfordern. Da die Radioaktivität mehr als doppelt so hoch ist, ist die in Gorleben geplante Aufbereitung der Leichtwasserbrennelemente, die übrigens auch noch nicht gelöst ist, dafür unbrauchbar. Für die Schnellen Brüter wäre also ein zweites Gorleben nötig. Aber eine solche Konzeption wird uns wohl erst dann hier auf den Tisch gelegt werden, wenn auch bereits wieder unwiderrufliche Fakten geschaffen sind. Wer auf diesem Gebiet bestimmt, ist doch nicht die Regierung oder das Parlament. Hier bestimmt die Atomindustrie den Kurs. Kurt Rudzinski schrieb am 29. November in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" - ich zitiere - sehr richtig: Von der Reaktorindustrie ist es nicht anders zu erwarten, daß sie, gleichviel ob aus Überzeugung oder Opportunität, ihre Geschäftsinteressen wahrnimmt. Bemerkenswert ist, daß dabei die eigentlich treibende Kraft in der Brüterentwicklung nicht etwa die Industrie selbst oder das Forschungszentrum Karlsruhe, sondern die Rheinisch-Westfälische Elektrizitäts AG mit Professor Heinrich Mandel als eigentlichem Promotor ist. Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Riemer ging noch weiter. Er warf der interessierten Wirtschaft eine „klare Täuschung" vor, da sie schon Pläne für einen 1 300-Megawatt-Brüter fertig habe. Wörtlich sagte er: Wenn so etwas schon in den Schubladen liegt, dann gibt es keine Versuchsvorbehalte mehr, sondern dann ist das ein Versuch, uns für dumm zu verkaufen. ({0}) Höchst bemerkenswert ist es auch, daß die Elektrizitätsversorgungsunternehmen geradezu erpresserische Methoden anwenden. So heißt es doch in der Drucksache 8/2372 seitens der Bundesregierung: Die am HTR interessierte EVU-Gruppe hat dem BMFT gegenüber u. a. die Baufortsetzung des SNR 300 als eine unabdingbare Voraussetzung für ihr weiteres Engagement bei der HTR-Entwicklung genannt. Ich zitiere weiter: Ein Scheitern des SNR-300-Projekts würde zur Folge haben, daß die EVU eine Projektgesellschaft, als Trägerin eines eigenfinanzierten Planungsauftrags für die HHT-Demonstrationsanlage, nicht gründen würden. Ohne diesen Pla9824 nungsauftrag, der in einen Bauauftrag münden soll, hätte die deutsche HTR-Industrie nach Fertigstellung des THTR-300 keinen Anschlußauftrag zu erwarten. Damit bestätigt die Bundesregierung amtlich, daß sie unverhohlen von der beteiligten Industrie unter Druck gesetzt wird. Hinzu kommt in der ganzen Atomwirtschaft die persönliche Verfilzung von Politikern mit der Wirtschaft. Allein im Lande Hessen stellt sich dies - laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 6. Oktober 1978 - wie folgt dar: Dr. Alfred Dregger ist oder war über den Vorstand der Überlandwerke Fulda der Preußenelektra verbunden. Der hessische Finanzminister Heribert Reitz ist oder war im Aufsichtsrat eben dieser PREAG - wie auch Rudi Arndt: Im Bei- rat der PREAG sitzen oder saßen der hessische Minister für Wirtschaft Heinz Karry, FDP, und der ehemalige Frankfurter Bürgermeister Sölch, SPD. Besonders aufschlußreich ist, daß Professor Wagner, der seinerzeit als Ministerialrat im hessischen Ministerium für Wirtschaft und Technik als Abteilungsleiter für die Genehmigung, Prüfung und Überwachung des Kraftwerks in Biblis zuständig war, gleichzeitig im Beirat der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke saß. Es wundert sich daraufhin niemand mehr, daß der Leiter des RWE-Atomkraftwerks Biblis vor der Landtagswahl in Hessen verkünden konnte, daß der geplante Block C nach den Landtagswahlen genehmigt würde, ganz gleich, welche Partei die Wahlen gewinne. Professor Scheuten hat bereits vor zwei Jahren erklärt, daß die Entscheidung, welche Art von Kraftwerken gebaut werde, nicht von Parlamenten sondern von Experten getroffen werde, von Experten - so stellt er wörtlich fest - „die innerhalb ihrer Unternehmen Geld verdienen müssen". Dies sagt wohl alles. ({1}) Hier geht es aber um Entscheidungen über viele Generationen. Für solche Entscheidungen sind die Vertreter des Volkes verantwortlich, und wenn sie die Verantwortung nicht tragen wollen, dann müssen sie wie in Osterreich das Volk befragen. Das Volk hat dort eine deutliche Antwort erteilt. Wollen wir nun auch erst Milliarden ausgeben und nachher entscheiden, ob wir wie in Zwentendorf so auch in Kalkar eine Ruine stehenlassen? Die Atomindustrie wird keineswegs die Verantwortung tragen. Das beweist die Erklärung des Geschäftsführers des Atomforums Peter Haug zur Frage des Unfalls in Brunsbüttel. Während früher von dieser Seite immer behauptet wurde, diese Technik sei so sicher, daß es überhaupt keinen Unfall geben könne, erklärt er nun nach dem Unfall von Brunsbüttel, daß die Nutzung der Kernenergie zweifellos Risiken in sich berge. Ungeklärt sei bis heute, welches Maß. an Risiken die Gesellschaft akzeptieren wolle oder müsse. Auch das Problem der Sabotage gegen Kernkraftwerke hält Haug für gegeben. Er sagt außerdem, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden sei, die hochentwickelten Sicherheitstechniken könnten betriebstechnische Zwischenfälle verhindern, wie sie in jeder industriellen Anlage laufend vorkommen. Dies sei jedoch ein Irrtum; vielmehr sei es lediglich ihre Aufgabe, bei derartigen Vorfällen die Allgemeinheit vor negativen Folgen zu schützen. Nun frage ich aber: Wie will er nach dem Vorfall die Allgemeinheit vor den Folgewirkungen schützen? Das dürfte dann kaum möglich sein. Der Deutsche Bundestag hat sich viel zu spät mit den immer noch unabsehbaren Folgewirkungen der Plutoniumwirtschaft befaßt, viel zu spät, als daß er die Verantwortung nun immer noch anderen überlassen dürfte, von denen ich einige genannt habe. Wir müssen uns jetzt die Zeit lassen, das Programm - besonders das des Schnellen Brüters - für längere Zeit auszusetzen, um unabsehbaren Schaden zu vermeiden, dessen Höhe und Eintrittswahrscheinlichkeit wir überhaupt nicht abzuschätzen vermögen. Kein Bürger draußen im Lande wird Verständnis dafür haben, in welcher Weise heute hier parteipolitische Taktik getrieben wird, und zwar mit Problemen, die Lebensfragen des ganzen Volkes betreffen. Die vorliegenden Anträge sind nicht geeignet, die berechtigten Befürchtungen von Millionen Menschen zu zerstreuen. Mir bleibt nur übrig, dagegenzustimmen, auch wenn ich wieder einmal alleinstehen sollte. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gärtner.

Klaus Gärtner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000627, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es heute mit einer vielfach verbundenen Debatte zu tun. Verbunden sind nicht nur die Sachanträge, die zur Entscheidung anstehen, sondern es sind nach meiner und der Auffassung meiner Kolleginnen und Kollegen, für die ich hier spreche - für Helmut Haussmann, Friedrich-Wilhelm Hölscher, Ingrid Matthäus, Helga Schuchardt und Manfred Vohrer -, auch Probleme angesprochen, die an das Selbstverständnis des Parlaments rühren. Der Kollege Ueberhorst und auch der Kollege Zywietz haben ja in den vergangenen Debattenbeiträgen schon darauf hingewiesen. Ich meine, man muß hier über die Freiheit der Abgeordnetenentscheidung reden, obwohl diese Freiheit theoretisch ja von niemandem bestritten wird. Es ist eben alles wie auch in vielen anderen Fallen eine Frage der Praxis. In der Kommentierung werden viele Begriffe verwandt, die zu Mißverständnissen Anlaß geben. Da ist die Rede von Rebellen, und es ist gelegentlich auch die Rede von Leuten, die nur Parteitagsbeschlüsse ausführen würden. Es ist niemand gezwungen, Parteitagsbeschlüsse im Parlament auszuführen. Aber es kann auch niemand gezwungen werden, hier im Parlament auf die Umsetzung von Parteitagsbeschlüssen zu verzichten. ({0}) Ein Parlament, das aus Parteien zusammengesetzt ist, dessen Parteien einen innerparteilichen Willensbildungsprozeß vollziehen, der nach strengen demokratischen Regeln ablaufen soll und abläuft, kann die Darstellung von Parteitagsbeschlüssen, das Ergebnis von Delegiertenentscheidungen, wenn man so will, von Parteitagsbürgern nicht als lästige Pflichtübung wegtun. ({1}) Wenn es noch einen Sinn hat, Bürger aufzufordern, in Parteien hineinzugehen, die Willensbildung in den Parteien zu beeinflussen, dann muß es auch möglich sein, diese Willensbildung im Parlament vorzutragen. ({2}) Dazu hat der Kollege Riesenhuber eine Bemerkung gemacht, die nach meinem Eindruck dazu führen muß, daß man Parteitage im Grunde gänzlich abschafft. Das Prinzip der Repräsentation, das in unserer Verfassung Eingang gefunden hat, das auch die Zusammensetzung des Parlaments bestimmt, kann sich allerdings nach unserer Auffassung nicht nur darauf verkürzen, daß es darauf ankommt, hier im Parlament nur die Vielfalt der Parteien darzustellen. Es kann nicht nur darum gehen, Meinungen von Parteien in Parlamente zu transportieren. Denn es gibt auch Bürger in diesem Lande, die eine abweichende Auffassung haben und die ein Recht haben, daß im Parlament diese Auffassung auch dargestellt und diskutiert wird. ({3}) Auch sie müssen sich im Parlament wiederfinden. Dies hat der Kollege Reuschenbach in einer Zwischenfrage für mich sehr gut dargestellt, als der Kollege Waigel dies in einer Form abgehandelt hat, die ich nicht für fair gehalten habe. Insbesondere dann muß dieses gelten, wenn es um Probleme geht, die eine Dimension wie diese Entscheidung haben, die im Augenblick vor uns liegt, nämlich die Entscheidung über die dritte Teilerrichtungsgenehmigung für den Schnellen Brüter in Kalkar. Wir fragen: kann es der Deutsche Bundestag sich so einfach machen, einstimmig einer Sache zuzustimmen, die draußen vielstimmig diskutiert wird, also auch abgelehnt wird? Der Kollege Schäfer hat eben hier zwei Experten zitiert, die in der Sache klargemacht haben, wie widersprüchlich auch bei Experten diese Entscheidung ist. Es gibt das Wort von der „kritischen Sympathie zu diesem Staat". Muß das Parlament durch Diskussion und Abstimmung nicht dazu beitragen, daß Demokratie auch in den Köpfen der Bürger und z. B. auch bei den jungen Bürgern wächst, die sich fragen, ob das Parlament noch in jedem Fall auch ihre Interessen vertritt? ({4}) Ist denn die Nichteinstimmigkeit auch in einer Koalition hier so zu diskreditieren, als wäre das ein Betriebsunfall oder ein lästiger Störfall, obwohl wir wissen, daß draußen im Lande viele Leute die Problematik, über die wir hier diskutieren, sehr viel kritischer sehen? ({5}) Wenn es die Chance der offenen Abstimmung und die Chance der offenen Diskussion hier im Plenum des Deutschen Bundestages im Grunde nicht mehr gibt, dann sollte man eigentlich das Reden über Reform der Parlamentsarbeit einstellen. Ich bitte Sie sehr herzlich darum, die Chance der offenen Diskussion im Deutschen Bundestag auch durch das Verhalten zuzulassen. Geschlossenheit kann auch nicht als alleiniges Kennzeichen funktionierender parlamentarischer Demokratie gelten. Eine Politik, die persönliche Stellungnahme zum Inhalt einer Sache als im Grunde zweitrangig einstuft, hat nach meinem Eindruck auf die Dauer keine Chance. Eine Politik, die den mündigen Bürger will - und das formulieren alle Parteien, die in diesem Parlament sind -, kann auch nicht darauf verzichten, daß hier auch einmal eine kritische Stellungnahme abgegeben wird. Ich will auch hier unsere Bedenken zu dieser Entscheidung vortragen, die heute ansteht. Wir halten es für richtig und sinnvoll, daß sich Parlamente auch mit Fragen beschäftigen, die weit über die Dimensionen normaler Parlamentsarbeit hinausgehen. Parlamente entscheiden ja häufig oder gelegentlich über Grenzen von Amtsgerichtsbezirken, über die Größe von Bundesländern; aber in wichtigen Fragen, wo z. B. welcher Kraftwerkstyp hinkommt, läßt das Parlament bisher im Grunde stellvertretend die Regierung entscheiden. Trotz oder wegen Karlsruhe sollte hier die politische Diskussion stattfinden, und sie hat auch stattgefunden, weil es über die normalen juristischen Probleme hinausgeht. Wir entscheiden zum ersten Male, und zwar zum ersten Mal hier, über eine gefährliche Technologie, über die der Schnellen Brüter. Aber ich weiß, daß einige meiner Kolleginnen und Kollegen, für die ich hier spreche, auch gegen den Weiterbau eines jeden kommerziellen Leichtwasserreaktors gestimmt hätten, solange nicht der Brennstoffkreislauf praktisch .geschlossen ist. Wer dann davon spricht, daß ein Votum gegen Kernenergie Sabotage ist, der hat, glaube ich, das Problem nicht völlig begriffen, ({6}) die Sicherheitsproblematik, die der Kollege Schäfer hier dargestellt hat. Das, was der Kollege Schäfer über den Kampf gesagt hat, bis eine Firma in der Lage und bereit war, hier in unserem Parlament Auskünfte zu erteilen, spricht nach meinem Eindruck Bände. Und wie weit hat sich denn bei uns eigentlich eine unkontrollierte Technologiestruktur entwickelt, daß es unmöglich ist, eine parlamentarische Entscheidung ohne Druck zu überstehen! Haben wir auch nicht allzu lange das Geschäft der Technologieentwicklung in erster Linie in die Hände der Betreiber, der Energieversorgungsunternehmen, ge9826 legt? Wo blieb und wo bleibt eigentlich die Kontrolle der Anteilseigner bei den Energieversorgungsunternehmen? Wo beschäftigen sich die Gesellschafterversammlungen, wenn ich das mal so sagen darf, also beispielsweise die Kommunen, mit den Problemen, die entstehen können und entstehen, wenn wir uns für diese oder jene Technologie entscheiden? ({7}) Wer kann denn heute mit welcher Sicherheit sagen, ob uns nicht die einseitige Entscheidung für Leichtwasserreaktoren und damit für den Schnellen Brüter und damit für eine Wiederaufbereitungsanlage nicht in eine Sackgasse führt? Der Arbeitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat es sich in der Landtagsdebatte in Düsseldorf am 29. November nicht so einfach gemacht. Herr Farthmann sagte - ich zitiere -: Denn weltweit beginnt die gesamte Technologie von den Leichtwasserreaktoren, von denen der Plutoniumbrüter ja nur eine letzte Konsequenz ist, unter Umständen in der wissenschaftlichen und in anderen Ländern auch schon in der politischen Diskussion umzukippen. Wir werden vielleicht hinkommen müssen zu sogenannten abgehärteten Kreisläufen. Das sind alle Kreisläufe, in denen Thorium eine Rolle spielt. Weiter sagte er: So gesehen, könnte es nämlich sein, daß das, was heute mancher als Spitze der Technologie bezeichnet, schon das Ende der Technologie ist. Und Herr Farthmann sagte - und im Grunde kann ich diese Frage dieses Mal auch an die hiesige parlamentarische Opposition stellen - zu der Düsseldorfer CDU-Opposition: Meine Damen und Herren, spüren Sie denn nicht, daß sich bei Politikern, Wissenschaftlern und Bürgern, in deren Namen Sie hier auch auftreten, in den letzten zwei Jahren die Einstellung dazu entscheidend gewandelt hat, daß eine ganz entscheidend andere Sensibilität in dieser Problematik eingetreten ist? Spüren Sie denn nicht, daß der Bürger Angst hat vor dem, was hier zur Diskussion steht? Und ich darf fragen: Steht es uns nicht gut an, daß man wenigstens auf diese Probleme eingeht und sie nicht einfach ignoriert? ({8}) - Herr Gerstein, ich weiß nicht, ob wir damit weiterkommen, wenn wir jemanden, der in der Lage ist und sich dazu versteht, sich öffentlich zu Problemen zu äußern, auf diese Art und Weise behandeln. Es kann doch nicht wahr sein, daß in diesem Land niemand mehr über Probleme reden darf, die ja offenkundig in vielfältiger Weise in der wissenschaftlichen Diskussion vorhanden sind. ({9}) Es geht hier auch nicht um das Schlagwort vom Atomstaat. Aber es geht darum, daß in unserem Land eine Wandlung stattgefunden hat, die zu grotesken Situationen führen kann und zum Teil ja auch führt. Da werden mit Milliarden-DM-Beträgen Werke aufgebaut, die man vor ihren Bürgern schützen muß. Bei uns findet, wenn ich das mal so sagen darf, der kerntechnologische Fortschritt nur hinter meterhohem Stacheldraht und von Hundertschaften bewacht statt. ({10}) Das muß uns doch zu denken geben. Das ist doch nicht etwas, was wir einfach wegtun können. Obwohl es zur Zeit erst wenige im Betrieb befindliche Kernreaktoren gibt und damit die möglichen Gefahrenmomente noch relativ gering sind, hat die Reaktion der Staatsschutzbehörden zumindest in einem Fall schon alle Befürchtungen über- troffen. Ich meine den Fall Traube. Im Gegensatz zur Beteuerung, daß Atomkraftwerke nicht besonders gefährlich seien, hat man auf eine vermutete Gefährdung in einer Weise reagiert, die einem nur angst und bange machen kann. Um wieviel wird und muß die Bereitschaft der Staatsorgane zu weitergehenden Polizeikontrollen eines erheblichen Teils der Bevölkerung wachsen, wenn es die Atomwirtschaft mit dem Schnellen Brüter und seinem wesentlich höheren Gefahrenpotential gibt? Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in seinem Vorlagebeschluß an das Bundesverfassungsgericht diese Bedenken aufgezeigt. Es seien Überwachungsvorkehrungen notwendig - so wird in diesem Beschluß ausgeführt -, die sowohl im Hinblick auf den erforderlichen Personalbedarf als auch hinsichtlich der aufzubringenden finanziellen Mittel alle bisher bekannten Sicherheitsmaßnahmen bei weitem zu übertreffen geeignet seien. Ob solche Konsequenzen der Bevölkerung zugemutet werden dürfen, ob darüber hinaus die Aufrechterhaltung der bürgerlichen Freiheiten gewährleistet werden kann, sind weitere Fragestellungen, die sich, bisher unbeantwortet, mit dem Bau schneller Brutreaktoren ergeben. Das ist nicht irgendeine Stellungnahme. Das ist eine Stellungnahme nicht von Linken, nicht von Rechten, nicht von Radikalen, sondern eine Stellungnahme von Juristen, die, wie ich finde, sich das Problem zu Herzen genommen haben. Die Überprüfungspraxis der in der Anlage Beschäftigten ufert weiter aus. Das Ausgeliefertsein auch an Kontrolleure, die man nicht kennt, geht weiter. Und es gibt Anzeichen für einen Aufstand gegen eine Technologie. Man kann so tun, als sei das alles eine vorübergehende Erscheinung. Aber ich meine, daß man dies nicht allein so sehen kann. Deshalb gibt es ja den im Ansatz sehr richtigen Koalitionsantrag auf Einsetzung einer Enquete-Kommission, die eine nicht rein technologische Aufgabenstellung hat. Nur, dieser Initiative widerspricht nach unserer Ansicht die gleichzeitige Bereitschaft, schon jetzt I den Ausbau des Schnellen Brüters im Parlament zu befürworten. Denn wie sollen wir in einigen Jahren noch über das Ergebnis der Enquete-Kommission an dieser Stelle frei diskutieren können? Der Druck durch die schon jetzt verbauten Milliarden wird größer, wenn die Anlage fertig ist. Wie teuer muß eine Ruine dann sein - so fragen wir uns -, bis man entscheidet, ob sie Ruine bleibt? ({11}) Wenn man den Antrag. auf Einsetzung einer Enquete-Kommission und deren Aufgabenstellung, wie sie in dem Antrag der Koalitionsfraktionen vorliegt, ernst nimmt, dann darf man der dritten Teilerrichtungsgenehmigung nicht zustimmen. In diesem Fall hat man, so meinen wir, für die Zukunft noch eine freie Entscheidungsphase. Wenn dieses Konzept in seiner bisherigen Form weitergeführt wird, ist nach unserer Auffassung bei einer Inbetriebnahme eine politische Entscheidung durch den Deutschen Bundestag nicht mehr möglich. Daher ist nach unserer Auffassung eine heutige Entscheidung für den Weiterbau eine Entscheidung in Richtung auf eine Entscheidung für eine kommerzielle Nutzung. Denn was hat es für einen Sinn, wenn man einen Forschungsreaktor zunächst fertigstellen läßt und glaubt, die Frage offenhalten zu können, ob man ihn in Betrieb nehmen wird? Und was hat es für einen Sinn, einen Forschungsreaktor in Betrieb zu nehmen, wenn man nicht gleichzeitig sagt, daß man im Anschluß daran die kommerzielle Nutzung zuläßt? Daher ist dies nicht eine Option, die offengehalten wird, sondern eine Entscheidung über die Inbetriebnahme eines Forschungsreaktors und die sich daran anschließende Entscheidung für die kommerzielle Nutzung. Wir sehen diese Kette, an deren Ende nicht die politische Entscheidung steht, ob wir den Forschungsreaktor in Betrieb nehmen oder nicht, sondern zwangsläufig auch noch die Entscheidung über eine bestimmte Auslegung. Wir hielten es auch für besser, die Entscheidung heute nicht zu treffen, damit wenigstens auch der Vorschlag ernsthaft geprüft wird, ob Kalkar als „Plutoniumerzeuger" oder als „Plutoniumbrenner" betrieben wird. Herr Kollege Ueberhorst hat diesen Prüfungsauftrag hier erwähnt. Warum sollen wir heute schon entscheiden und warum warten wir nicht erst die Ergebnisse dieser Kommission ab? Unsere Entscheidung, nämlich die meiner Kollegen und mir, ist auch untrennbar mit dem Verhalten der Opposition hier im Parlament verbunden. Herr Kollege Riesenhuber hat heute morgen gesagt, er würde als Oppositionsmitglied hier sachorientiert entscheiden. Dann frage ich mich, warum er in dieser Frage nicht so entscheidet, wie er es im Grunde hier sachlich vertritt; denn dann müßte er den Anträgen, die hier vorliegen, zustimmen. Der Opposition gelingt es zunehmend, den Sinn des Parlamentes in dieser Frage auf den Kopf zu stellen. Der Opposition geht es offenbar nicht um eine differenzierte Auseinandersetzung um eine Sachfrage, ihr geht es allein um Machtpolitik. Hierfür ist Ihnen jedes Mittel recht. Wenn es Ihrer Konfrontationsstrategie nutzt, stimmen Sie sogar gegen Ihre eigene Überzeugung. Sie stimmten so gegen die Vermögensteuersenkung, gegen die Erhöhung des Kindergeldes und gegen die Senkung der Gewerbesteuer. Heute wiederholen Sie das gleiche Schauspiel. Der Bürger fragt sich, ob das etwas mit lebendigem Parlamentarismus zu tun hat. ({12}) - Nein, Herr Kollege Wehner, Sie kennen mich offenbar zuwenig. ({13}) - Sie werden das ja noch erfahren, Herr Kollege Wehner. Aus allen genannten Gründen lehnen wir die Erteilung der dritten Teilerrichtungsgenehmigung ab. Es ist bekannt, daß über diese unsere ablehende Haltung eine ernsthafte Aussprache stattgefunden hat. Danach haben der Bundesvorsitzende der Freien Demokraten und Vizekanzler, Hans-Dietrich Genscher, der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Mischnick sowie die Minister Baum, Ertl und Lambsdorff heute mittag in unserer Fraktion die Tatsache, daß kein FDP-Fraktionsmitglied bei der Abstimmung über den Koalitionsantrag mit Nein stimmt, für sich mit der Vertrauensfrage über ihre Person verbunden. ({14}) Nachdem somit die heutige Abstimmung nicht mehr eine Abstimmung in der Sache ist, sahen wir für uns keine andere Möglichkeit, als eine ablehnende Haltung gegen den Weiterbau des Schnellen Brüters in Kalkar, die nach wie vor die gleiche ist, nicht mit einem Nein, sondern mit einer Enthaltung zum Ausdruck zu bringen. ({15})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich das Haus darauf hinweisen, daß für die Tagesordnungspunkte 13 und 12 von der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Der Antrag ist ausreichend unterstützt. Ich bitte Sie, sich darauf einzurichten, daß wir nachher zwei namentliche Abstimmungen haben werden. Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Laufs.

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der letzten Bemerkung des Herrn Kollegen Gärtner wissen wir nun, wo in Wirklichkeit der Kommandoton herrscht. ({0}) Die energiepolitische Auseinandersetzung dieses Jahres ist durch ein beschleunigtes Zurückweichen der Regierungskoalition vor dem angstbesetzten Thema Kernkraft gekennzeichnet, von dem sich viele gänzlich verabschieden wollen. Als Begrün9828 dung werden die mit der Kerntechnik verbundenen Gefahren genannt. Unsere Frage lautet deshalb: Welche Erfahrungen und Erkenntnisse haben diese Koalitionspolitiker hinzugewonnen; wie viele Katastrophen und schwere Unfälle haben sich inzwischen ereignet, die diesen dramatischen Umschwung rechtfertigen? Die Antwort ist: nichts von alledem; keine schweren Unfälle, keine Gesundheitsschäden, keine ernste Gefährdung der Umwelt, keine neuen grundsätzlichen Einwände. Im Gegenteil, der Sicherheitsstandard der Kerntechnik hat sich mit einem enormen Tempo erhöht und geht deutlich über das Maß hinaus, das im Ausland als notwendig und angemessen gilt. Wir sind Herrn Minister Baum dankbar dafür, daß er die Äußerungen des Herrn Kollegen Schäfer zur Entsorgungfrage, die zu einer weiteren Verunsicherung beigetragen hätten, korrigiert hat. ({1}) Das Problem ist, daß sich zu viele Koalitionspolitiker, auch solche in Regierungsämtern, in die Stimmung der Antikernkrafthysterie treiben lassen. ({2}) Die FDP lehnt in der Konsequenz die Nutzung der Schnellen-Brüter-Technik ab, und die Koalitionsregierungen sind in dieser Frage nicht mehr handlungsfähig. Deshalb muß sich der Deutsche Bundestag heute in eilig terminierter Debatte mit der dritten Teilerrichtungsgenehmigung für Kalkar befassen. Diese Frage wäre heute nicht im Bundestag auf der Tagesordnung, wenn die Verantwortlichen in Düsseldorf und Bonn ihre Pflicht täten. ({3}) Nicht Ministerpräsident Albrecht, von dem Sie, Herr Kollege Schäfer, soviel gewußt haben, nur eben das eine nicht - daß er gerade heute in einer Plenarsitzung im niedersächsischen Landtag sein muß -, ist gefordert, sondern Ihre Freunde in Düsseldorf und Bonn sind gefordert; ({4}) denn die Rechtslage ist eindeutig, die Regierungszuständigkeit ist eindeutg. Das Bundesverfassungsgericht spricht dazu eine klare Sprache. Für die Verantwortlichen von SPD und FDP ist Energiepolitik zur Kunst geworden, heiße Eisen mit fremden Händen anzufassen. Die meisten Bürger sind nicht in der Lage, das Maß der Sicherheit und restlichen Gefahr einer komplizierten Technik abzuschätzen. Sie haben Angst vor dem Atom, weil sie zuwenig darüber wissen, weil sie auch von vielen falschen, schrecklichen Bildern bedrängt werden. Sie brauchen Orientierungshilfe und Vertrauen. Das ist richtig, Herr Kollege Wehner. Aber alles, was die Koalition ihnen dazu demonstriert, sind Spektakel mit alten Aktenordnern, Kalkar-Gegner-Disziplinierungsversuche, Führungsschwäche und Verunsicherung. ({5}) Nach der Rede des Kollegen Ueberhorst kann ich nur sagen: Es müßte ein Wunder geschehen, wenn angesichts dieser Verworrenheit und Zerstrittenheit der SPD und FDP die heutigen Beschlüsse die Rückkehr zum früheren breiten Grundkonsens über die friedliche Nutzung der Kernenergie - auch damals, als die Sicherheitstechnik noch in den Kinderschuhen steckte - einleiteten. Nun, so kurz vor Weihnachten darf man ja auf Wunder hoffen. ({6}) - Doch, in der CDU schon. ({7}) Es geht nicht nur um eine Auseinandersetzung für oder gegen eine Energieerzeugungsart. Die Schlüsselfrage ist, wie weit der Nachweis der Sicherheit geführt und garantiert werden muß. Wie sicher ist eigentlich „sicher genug" ? Wer seinen Blick allein auf eine isolierte Atomindustrie richtet, wird eine angemessene Antwort nicht finden. Es ist eben der Grundirrtum so vieler SPD/FDP-Politiker und auch eine Schwäche der heutigen Debatte, daß sich zu viele von vagen Spekulationen ausschließlich um nicht näher spezifizierbare Gefahren eines Atomstaats, der Plutoniumwirtschaft oder von nationalen Katastrophen irritieren lassen. Wir fordern die Rückkehr zu einer Politik der praktischen Vernunft. ({8}) Die Suche nach der absolut perfekten Kerntechnik ist sinnlos und kann zu nichts führen. Die Arbeit der Enquete-Kommission hätte keinen Zweck, wenn sie uferlos allen vermuteten oder behaupteten Sicherheitsproblemen bis zu dem Punkt nachginge, wo der Nachweis ihrer Nichtexistenz oder Bedeutungslosigkeit bis ins letzte ausgeleuchtet ist. Die Union sieht keinen Bedarf für eine solche Art von Ewigkeitsveranstaltung, die nur als Alibi für ein faktisches Kernkraftmoratorium dienen könnte. Bei einigen Sicherheitsproblemen kann es keine klare Lösung geben. Wer dies erkennt, Herr Kollege Schäfer, ist nicht gegen einen hohen Sicherheitsstandard. Ereignisse mit äußerst geringer Eintrittswahrscheinlichkeit in einem komplexen System lassen sich nicht genau quantifizieren. Die bisher bekanntgewordenen, über die Zuverlässigkeitsanalysen hinausgehenden Risikoanalysen können auf der Grundlage der Ereignis- und Fehlerbaumethoden sowie der probabilistischen Verfahren wegen der unzureichenden Datenbasis keine Absolutwerte für die Versagenswahrscheinlichkeit innerhalb vernünftiger Genauigkeitsbandbreiten liefern. Unbestimmbar bleibt insbesondere das menschliche Anpassungsvermögen während eines Störfalls. Wenn Herr Kollege Ueberhorst dies bedauert hat und von der Enquete-Kommission restlose Klärung als Vorbedingung weiterer Kernkraftnutzung fordern sollte, ist deren Ergebnis schon heute bekannt; es ist negativ. Natürlich: Die bestehenden Unsicherheiten können durch intensive Forschung verringert werden, wobei aber bald der Punkt erreicht werden kann, wo der Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis mehr zum Nutzen steht. Restrisiken sind „unentrinnbar und insofern als sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen", entschied das Bundesverfassungsgericht. Dies gilt für jede Energiegewinnung und für alle Lebensbereiche. Die Zumutbarkeit des Kernenergierisikos 'ist nur durch Vergleich mit anderen Risiken zu beurteilen. Ohne vergleichende Bewertung ist eine angemessene Vorsorgepolitik für den Betrieb von Kernreaktoren nicht bestimmbar. Der Forschungsminister Dr. Hauff sprach heute vom Gebot des sorgfältigen Abwägens von Schaden und Nutzen. Dem stimmen wir zu. Nur: Die Bundesregierung hat auf mehrere Anfragen im Deutschen Bundestag zu erkennen gegeben, daß ihrer Vorsorgepolitik kein umfassendes Risikoverständnis unserer technisierten Gesellschaft als Voraussetzung dieser Abwägung zugrunde liegt. Dies mögen ein paar Zahlen deutlich machen. In den Jahren 1970 bis 1977 ereigneten sich im gewerblichen Bereich rund 40 000 und im häuslichen Bereich rund 60 000 tödliche Unfälle. In diesem Zeitraum von acht Jahren wurden für die entsprechende Unfallforschung aus dem Bundeshaushalt 9 Millionen DM bereitgestellt, für Aufklärungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr in privaten Haushalten 1 Million DM zur Verringerung der Unfallrisiken im Straßenverkehr, der von 1970 bis 1977 ebenfalls rund 100 000 Unfalltote forderte, sind in diesen Jahren ca. 96 Millionen DM aufgewendet worden. Die Bundesregierung hält sich dabei zugute, daß auf Grund der von ihr ergriffenen und eingeleiteten Maßnahmen die Zahl der tödlichen Unfälle im zeitlichen Verlauf eine deutlich sinkende Tendenz aufweist. Wenn aber ein solcher Zusammenhang von Aufwand und Erfolg besteht, ist es zumindest erstaunlich, daß die Bundesregierung im Zeitraum von 1970 bis 1977 für Untersuchungen im Bereich der Reaktorsicherheit ein Vielfaches der anderen Aufwendungen zusammen, nämlich 560 Millionen DM, ausgegeben hat, ohne eine ressortüberschreitende, vergleichende Abwägung zwischen unterschiedlichen Risiken durchzuführen. Inzwischen ist das Programm für die Reaktorsicherheitsforschung allein für den Leichtwasserreaktor zusätzlich um eine halbe Milliarde DM verstärkt worden. Auf Anfrage erklärte die Bundesregierung, daß nach den bisher vorliegenden Untersuchungen das Todesfallrisiko bei der Kernenergienutzung pro Energieeinheit nur etwa ein Hundertstel dessen beträgt, was man bei der Energieerzeugung mit 01- oder Kohlekraftwerken eingeht. Bei den entsprechenden durch die Eigenart der Technik bedingten Krankheiten ist der Abstand zugunsten der Kernkraft noch viel größer. Keiner ist in der Bundesrepublik Deutschland bisher im Umfeld der friedlichen Kernenergienutzung durch eine Überdosis radioaktiver Strahlung gesundheitlich zu Schaden gekommen. Niemand bestreitet, daß es gut ist, das äußerst geringe Restrisiko beim Betrieb der Kernreaktoren immer weiter zu verkleinern. Es ist jedoch zu bedenken, wann dieses konzentrierte Bemühen das Gebot der Abwägung zwischen den verschiedenen Schutzpflichten verletzt. Die Frage, ob tausend Strahlentote seit Einführung der Kernkraftwerke hinnehmbar gewesen wären, wird jeder von uns entschieden verneinen. Aber etwa so viele Bundesbürger verloren seitdem ihr Leben bei Explosionen von Leucht- und Stadtgas aus öffentlichen Rohrleitungen und Behältern ohne ihr Verschulden, und es waren doppelt so viele bei Gasvergiftungen. Auch hier geht es um Energieversorgung. Sind Explosionstote eher tragbar als Strahlentote? Warum hat sich der Blick so ausschließlich auf die Gefahren der Kernenergie verengt? Nun: Es steht zur Diskussion, ob ein katastrophaler Reaktorunfall, ungeachtet seiner verschwindend geringen Eintrittswahrscheinlichkeit, so schwere Folgen haben kann, daß das Kernenergierisiko unzumutbar ist. Es scheint, als seien schwerste Schäden und große Verluste an Menschenleben erträglich, wenn sie nur zeitlich und räumlich gut verteilt auftreten. Als besonders bedrohlich und unheimlich wird die Zusammenballung von Gefahrenpotential empfunden. Dieses herkömmliche Risikoverständnis wird der Wirklichkeit der modernen Energietechnik nicht gerecht. Gerade die hohe Energiedichte im Reaktorkern und die räumliche Konzentration der Energieumsetzung machen ein System der Mehrfachsicherung technisch und wirtschaftlich möglich. Der Erfolg dieses Sicherungskonzepts ist, daß bei allen bisherigen Störfällen das Versagen noch weit vor der letzten Barriere um den Reaktorkern unter Kontrolle gebracht werden konnte. Das gilt auch für den Störfall in Brunsbüttel. Trotzdem: Die Kernenergienutzung wäre unzumutbar, wenn eine nukleare Katastrophe unbegrenzbare Zerstörungen anrichtete und über Generationen hinweg zu Folgeschäden an Leben und Gesundheit der Menschen führen müßte. Aus den Untersuchungen der schweren Strahlenschäden - erlauben Sie mir, daß ich hier diesen Bezug herstelle - der Opfer von Hiroshima und Nagasaki liegen Erkenntnisse vor, die diese Befürchtung hinsichtlich genetischer Schäden nicht bestätigen. Intensive Nachforschungen in Zehntausenden von Fällen haben gezeigt, daß es keine statistisch relevante Häufung von Totgeburten und Mißbildungen bei den Kindern dieser Überlebenden im Vergleich zur übrigen Bevölkerung gibt. Wir haben auch keinen Hinweis darauf, daß sich die Nachkommen der Strahlengeschädigten anders als andere Kinder entwickeln. Nach den Forschungsergebnissen in Japan ist es sehr zweifelhaft, ob in den folgenden Generationen dominante Mutationen erkennbar werden. Die Akzeptanz der Kernenergie durch die Bevölkerung hängt davon ab, wie bedrohlich die Folgen großer Unfälle empfunden werden. Sachlich nicht haltbare und unverantwortliche Publikationen in den Medien haben ein hohes Maß an Verunsicherung bewirkt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, bitte schön.

Harald B. Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001931, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Dr. Laufs, wie beurteilen Sie die im September dieses Jahres erschienene Studie von Herrn Dr. Morgan, Schäfer ({0}) dem langjährigen Chef der Strahlenschutzabteilung in Oak-Ridge-River in den Vereinigten Staaten, der zu dem Ergebnis gelangt, man müsse die weltweit zugelassenen Strahlenschutzwerte deutlich absenken?

Prof. Dr. Paul Laufs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001293, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schäfer, mir sind zahlreiche Untersuchungen zu diesem Thema bekannt. Auch hier gibt es nicht letzte Sicherheit Mir sind Untersuchungen aus der Universität Ulm - Professor Fliedner ist lange Zeit in Japan gewesen - bekannt, auf die ich mich - wie auf andere Untersuchungen - stütze. Ein anderes Problem ist selbstverständlich die höhere Krebsrate nach starker Bestrahlung. Das möchte ich hier natürlich nicht in Abrede stellen; aber ich sprach von den Auswirkungen_genetischer Schäden. Die Rede war von den sachlich nicht haltbaren Publikationen in den Medien. Die unschlüssige und widersprüchliche Haltung zahlreicher Koalitionspolitiker, die auch in diesen Medien zum Ausdruck kam, hat die angsterfüllte Grundstimmung verstärkt. Eine wesentliche Aufgabe der Enquete-Kommission sollte deshalb darin bestehen, die Bildung eines der Wirklichkeit unserer durch Technik geprägten Zivilisation entsprechenden breiten Risikobewußtseins zu fördern. Der Blick muß geweitet werden; das Kernenergierisiko muß abgewogen und mit den Risiken im konventionellen Bereich verglichen werden. Überall lassen sich Gefahrenpotentiale ausmachen und Freisetzungsszenarien erdenken, die theoretisch zu ungeheuren Katastrophen führen können. Auch muß dann, wenn die Frage nach der Verfassungstreue eines Atombediensteten aufgeworfen wird, gleichermaßen gefragt werden, ob die Zuverlässigkeit etwa der Chemiearbeiter, die Giftstoffe produzieren, oder der Biologen, die mit hochvirulenten Viren oder Bakterien hantieren, oder der Angehörigen sonstiger Berufe nicht mindestens ebenso gründlich sichergestellt werden müßte. Wir müssen uns dabei. der Tatsache bewußt sein: Wer Mißtrauen zum Grundelement unserer arbeitsteiligen, wissenschaftlich-technischen Zivilisation macht, zerstört die Grundlagen unserer Gesellschaft ebenso wie derjenige, der Sicherheitsmaßnahmen als Beschränkung individueller Freiheitsräume ablehnt. ({0}) Die Zerstörung unserer Grundordnung mag allerdings das geheime Ziel vieler Atomkraftgegner sein. ({1}) Ich möchte mit folgender Feststellung zum Schluß kommen: Der Union sind keine neuen Erkenntnisse bekannt, die eine Revision der bereits grundsätzlich getroffenen Entscheidung zugunsten der friedlichen Nutzung der Kernenergie - auch der fortgeschrittenen Reaktorbaulinien - geboten erscheinen ließen. Wir fordern die Bundesregierung auf, pflichtgemäß zu handeln. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Wolfgramm.

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Teilnehmer am kernenergetischen Symposium 1955 in Genf - jedenfalls die Mehrzahl von ihnen - kamen guten Mutes zurück, guten Mutes deswegen, weil sie der Meinung sein konnten, daß die Kernenergie eine saubere, eine einfache, eine billige Energieherstellung ermöglichen würde. ({0}) Im Zeichen dieser Vorstellung ist auch damals die Diskussion in der Öffentlichkeit geführt worden. Ich will in diesem Zusammenhang niemandem einen Vorwurf machen, aber jedenfalls ist der Erwartungshorizont der Bürger auch auf Grund dieser euphoristischen Darstellung sehr groß gewesen. In der Zwischenzeit sind die Zweifel beim Bürger und auch bei anderen - auch bei uns hier - gewachsen. Sie sind gewachsen, weil diese Energieherstellung kompliziert ist, weil die Sicherungsvorkehrungen immer schwieriger und komplizierter werden und weil die Lösungen in diesen Bereichen eben noch nicht in dem Ausmaß auf dem Tisch der Wissenschaft und der Praxis liegen, wie dies zur Sicherheit nötig wäre. Herr Dr. Riesenhuber, Sie haben darauf abgehoben, die Dinge seien faktisch beherrschbar. Wenn das so ist, dann bitte ich Sie, doch Ihren Parteifreund, den Ministerpräsidenten Albrecht, zu bitten, rasch festzustellen, ob der Salzstock von Gorleben eine geeignete Endlagerungsmöglichkeit sein wird. Denn es geht hier nicht nur um Flachbohrungen, es geht um die Erkenntnisse der Tiefbohrungen. Erkenntnisse sollten wir aber - ich glaube, darin stimmen wir vielleicht überein - so rasch wie möglich gewinnen, um die Entscheidung, ob weitergebaut wird oder nicht, exakt fällen zu können. Aber es geht bei uns hier nicht nur um die Frage, ob die besonderen Sicherheitserfordernisse bei der Kernenergie auch einen besonderen Aufwand an Kontrolle, an Freiheitseinschränkungen zur Folge haben werden. Es geht auch um praktische organisatorische Probleme, die noch nicht gelöst sind. Ich denke da an den privaten Objektschutz, der in zunehmendem Maße für die Sicherheit der Kernanlagen installiert werden muß. Ich bin der Meinung, dies kann auf die Dauer nicht hingenommen werden. Schaden oder Anschläge von Kernenergieanlagen abzuwenden, ist allein Sache der ordentlichen Polizei der Länder. Die Anwendung und der Umgang mit Waffen, auch automatischen Maschinenwaffen kann nur durch die ordentliche Polizei der Länder erfolgen. Wir fordern, daß der Schutz der Anlagen durch die Polizei selbst getragen wird, nicht aber durch private Sicherheitskräfte. Aber es gibt noch weitere Punkte: Transportprobleme. Die Behälter zum Schutz des spaltbaren Materials sind auf einen Aufprall mit einer Geschwindigkeit von bis zu 70 Stundenkilometern abgestellt. Auch dies muß überprüft werden. Wolfgramm ({1}) Dann der Austausch des Wartungspersonals. Immer mehr Anlagen entstehen, immer weniger Möglichkeiten sind gegeben, hierfür geschultes Personal zum Austausch bei Wartungsarbeiten unter dem Risiko der Strahlenbelastung bereitzustellen. Den Faktor der menschlichen Unzulänglichkeit, Herr Lenzer, haben Sie in Ihrer Rede heute nicht einbezogen. Diesem Faktor muß ich gerade in puncto Risikobewertung bei der Kernenergie leider den höchsten Stellenwert zumessen. ({2}) Positiv zu bewerten ist, daß seit unserer letzten Debatte die Zahl der nachbarschaftlichen Verträge zugenommen hat, die gegenseitige Hilfe in Katastrophenfällen und den Austausch von Informationen sicherstellen. Es sind Verträge mit den Niederlanden, der Schweiz, Frankreich und Dänemark abgeschlossen. Aber es fehlen hier die restlichen Anrainer der Bundesrepublik. Die DDR ist aufgefordert, ihren Part zu leisten, ebenso die Tschechoslowakei, Belgien und Luxemburg. Die wichtigste Frage aber, die den Bürger verunsichert hat, ist die Frage der Information. Das Mißtrauen des Bürgers gegenüber der Kernenergie beruht nicht nur auf der Urangst vor dieser Technik, sondern hier stellt sich auch die Frage, wie intensiv eine kritische und wahrheitsgemäße Information sowohl von 'den an der Kernenergie Beteiligten als auch von den Regierungen und denen, die zur Information berufen sind, betrieben worden ist. ({3})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! Ich möchte Ihnen gern ein bißchen mehr Gehör verschaffen. - Meine Damen und Herren, ich bitte, doch Rücksicht darauf zu nehmen, daß wir noch in der Debatte sind und daß der Redner gehört werden möchte, aber auch gehört werden sollte. ({0})

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsident, ich bedanke mich sehr. Ich bemühe mich ja auch, durch freie Formulierung den Kollegen vielleicht doch das eine oder andere zusätzliche spannende Moment zu verschaffen. Bei der Veröffentlichung der Gutachten dürfen wir nicht zurückhaltend sein. Wir müssen dazu kommen, TÜV-Berichte bei Störfällen, Gutachten bei Genehmigungsverfahren und schließlich und endlich auch Katastrophenpläne öffentlich zu diskutieren und der Bevölkerung das Für und 'Wider deutlich zu machen, damit wir das Mißtrauen abbauen können, damit wir endlich Vertrauen in die Handlungen der Verantwortlichen an die Stelle des Mißtrauens setzen können. Ich meine, daß bei der Verharmlosung der Risiken - ich möchte das hier ganz deutlich machen - auch die Kernenergieindustrie einen ganz erheblichen Anteil geleistet hat. Ich meine, daß es an der Zeit ist, daß von dort endlich nicht nur einseitige Informationen vorgetragen werden, auch zum Teil Verharmlosungen, sondern daß hier eine klare und offene Sprache gesprochen und eine offene Risikoposition bezogen wird. Wir wollen jedenfalls die Sorgen und die Ängste der Bevölkerung ernst nehmen. Deswegen möchten wir auch in der 5. Atomnovelle die Verbandsklage eingeführt wissen, damit auch von dorther für den Bürger die Möglichkeit besteht, sich zusätzlich kritisch auch über den Gerichtsweg mit Vorgängen auseinanderzusetzen. Offensive Information von Bund, Ländern und den Beteiligten ist nötig. Ich selbst stehe nicht an, zu sagen, daß diese Energie auch für mich seit Genf, und wenn wir den Weg bis zur Kernfusion weitergehen, zunehmend bedrückender geworden ist durch die Kompliziertheit der Verfahren und die immer komplizierter werdende Ausstattung der Sicherheitsbedingungen, und daß wir eben immer nur einen kleinen Schritt in der theoretischen und wissenschaftlichen Erkenntnis vor der praktischen Umsetzung sind. Wir müssen deshalb die Alternativenergien - Sonnenenergie, Abwärme - und die Energieeinsparung noch stärker und noch deutlicher fördern - auch durch Anhebung der Haushaltsansätze - als bisher. Ich begrüße sehr, daß der Bundesinnenminister hier eine Erklärung zu der Cogema-Entsorgungsposition und den vertraglichen Einsichtsmöglichkeiten abgegeben hat. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege Wolfgramm, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Möllemann?

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Möllemann, bitte sehr!

Jürgen W. Möllemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001520, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß Sie im Moment im Haus nicht zu verstehen sind? Wären Sie zweitens bereit, so lange eine Pause einzulegen, bis die Kollegen die Liebenswürdigkeit haben, Sie anzuhören? ({0})

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich bedanke mich für den Hinweis. Das letzte liegt in der Hand der Frau Präsident. Beim ersten möchte ich sagen: Es sind hier heute mehrere unterschiedliche Positionen zur Kernenergieentwicklungsfrage in diesem Haus vorgetragen worden. Diejenige, die das Haus im Augenblick - wenn ich mir das anzumerken erlauben darf - vorträgt, nämlich das Desinteresse an dieser Frage, scheint mir nicht die optimale Position zu sein. ({0}) Alles dies an Problembereichen vervielfacht sich bei der Problematik der Schnellen Brüter und möglicherweise deren Nutzung. Die FDP hat deswegen zu diesem Bereich in Mainz die Einsetzung einer Enquete-Kommission gefordert, die die Risiken und Wolfgramm ({1}) Entwicklungsmöglichkeiten dieser neuen Technologie, möglicherweise abgeändert und modifiziert - entsprechende Konzepte hat der Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen vorgetragen -, hier prüfen soll. An die Ergebnisse dieser Kommission soll die dritte Teilerrichtungsgenehmigung für den SNR 300 gebunden werden. Nach gemeinsamen Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, ausgehend von den jeweiligen Partei- und Fraktionsbeschlüssen, legen wir Ihnen heute den Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP zur Enquete-Kommission, zur künftigen Energiepolitik und den Entschließungsantrag zur Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung vor. Herr Riesenhuber, ich meine, diese Enquete-Kommission wird kein Überparlament sein können, sondern sie wird in der Lage sein, diese Aufgaben, die wir ihr hier mit unserem Antrag zuweisen, ganz gezielt wahrzunehmen und uns diese Empfehlungen zu geben, damit wir in den Entschließungen und Beschlußfassungen deutlich machen, welche politische Entwicklung wir uns in dieser Energieform und zu welchem Zeitpunkt wir sie uns vorstellen. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege Wolfgramm, einen Augenblick, bitte! Darf ich noch einmal um Aufmerksamkeit bitten? - Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, daß keiner im Hause bewußt den Redner behindern möchte. Aber wenn viele leise mit dem Nachbarn sprechen, gibt es insgesamt eine erhebliche Phonstärke. Möchte doch bitte jeder sein Verhalten daraufhin einrichten in der Hoffnung, daß es die anderen auch tun. ({0}) Bitte schön!

Torsten Wolfgramm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002557, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Vielen Dank, Frau Präsident! Auch in der Enquete-Kommission muß sich die Möglichkeit finden, Kernkraftgegner, kritische Werter der Kernenergie zu Worte kommen zu lassen, einmal durch Teilnahme, einmal durch Beauftragung mit Gutachten. Dabei sollen auch die Auswirkungen der Kernenergienutzung auf das gesellschaftliche Leben intensiv untersucht werden, d. h. Sicherheitskontrolle und Freiheitseinschränkungen, Möglichkeiten eines künftigen Verzichts auf Kernenergie, die Überlegung, ob der Brüter mehr spaltbares Material erbrüten soll, als er verbraucht, oder nicht, einschließlich der Modifizierungen. Dies alles geht nach unserer Ansicht auch über Mainz hinaus. Mainz hat nur einen Brennpunkt des Eingriffes durch die Anbindung an die dritte Teilerrichtungsgenehmigung fixiert. Es ist aber auch der Sache wenig dienlich, einen Eingriff dann zu diskutieren, wenn die Forschungsergebnisse für eine solche Diskussion und Entscheidung noch nicht ausreichen. Jetzt bleiben der Bundestag und damit seine gewählten Vertreter Zug um Zug nach Vorlage der Empfehlungen und Zwischenberichte Herr des politischen Verfahrens und damit der politischen Beschlußfassung und Entscheidung und dies in der gesamten Kernenergieentwicklung, nicht allein in der Frage des Schnellen Brüters oder des Hochtemperaturreaktors oder der kontrollierten Kernfusion. Ich meine, daß das auch unabhängig vom Karlsruher Urteil bei der Beschlußfassung über die Befugnisse der Exekutive so zu sehen ist. In der gesamten Kernenergieentwicklung bleibt die politische Verantwortung beim Parlament und kann auch erst von diesem Parlament durch die Enquete-Kommission nützlich, richtig und tatsächlich wahrgenommen werden. Neue Technologien können wir nur umsetzen und fortsetzen, wenn wir in der Abwägung ihrer Möglichkeiten und Probleme ihrer sicher sein können. Ich begrüße deshalb das Gutachterangebot von Forschungsminister Hauff, das in einem wichtigen Bereich zusätzliche Entscheidungshilfe bieten wird. Ich mache aber eines ganz deutlich: Kosten können, ja, dürfen kein Argument sein und keine Rolle dabei spielen, wenn es um die Fortsetzung oder Nichtfortsetzung eines eingegangenen Engagements einer Kernentwicklungstechnik geht. ({0}) Sicherheit hat bei uns absoluten Vorrang. Nutzen Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, die Herrschaft über das Verfahren in diesem Bereich, die unser Antrag für die ganze Breite der Kernenergieentwicklung beinhaltet. Ablehnung bedeutet bedingungslose Hinnahme einer Entwicklung, die für uns noch nicht entscheidungsreif ist, wie es aber durch den Antrag der Opposition hier vorgeschlagen wird. Das Parlament sollte sich die Entscheidung in der Frage der Kernenergie nicht leicht machen. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Ich schließe die verbundene Debatte. Bevor wir weiter fortfahren, muß ich die Behandlung der Tagesordnungspunkte 12 bis 15 für einen Augenblick unterbrechen. Wir müssen nämlich eine Abstimmung wiederholen, die heute nachmittag stattgefunden hat. Bei der Beratung der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen auf Drucksache 8/2385 ist übersehen worden, daß für die Annahme des Vermittlungsvorschlages nach Art. 87 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erforderlich ist. Ich rufe daher noch einmal den Zusatzpunkt 2 auf: Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen - Drucksache 8/2385 -. Wer dieser Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Durch Augenschein ist erkennbar, daß damit die Mehrheit der Mitglie- Vizepräsident Frau Funcke der des Bundestages dieser Beschlußempfehlung zu- gestimmt haben. Sie ist damit gültig beschlossen. Ich kehre nun zurück zu den Tagesordnungspunkten 12 bis 15: Zweite Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung, Schnellbrüter-Prototyp-Kernkraftwerk SNR 300 bei Kalkar, Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik". Es ist vereinbart, zunächst über Tagesordnungspunkt 13 abzustimmen. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte, mit der Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 13 - das ist der Antrag der CDU/CSU-Fraktion - zu beginnen. Meine Damen und Herren, ich mache darauf aufmerksam, daß eine dritte namentliche Abstimmung beim Tagesordnungspunkt 16 - das heißt, nach dieser verbundenen Behandlung - vorgesehen ist. Ich bitte, sich darauf einzurichten. Ich bitte, Platz zu nehmen. Das Ergebnis liegt vor. Bevor ich es bekanntgebe, weise ich darauf hin, daß 16 Kollegen des Hauses krankheitshalber und 40 wegen Anwesenheit im Europäischen Parlament - es besteht jeweils eine Pairing-Vereinbarung - heute nicht hier sein können. Pairing-Vereinbarungen a) wegen Teilnahme an der Sitzung des Europäischen Parlaments CDU/CSU Dr. van Aerssen Dr. Aigner Alber Dr. von Bismarck Blumenfeld Dr. Früh Dr. Fuchs Dr. Jahn ({0}) Dr. Klepsch Klinker Lücker Luster Müller ({1}) Dr. Müller-Hermann Dr. Schwörer Dr. Starke Frau Dr. Walz Wawrzik Dr. Müller ({2}) Lemmrich b) wegen Krankheit Dr. von Weizsäcker Frau Pack Dr. Marx Ziegler Dr. Probst Dr. h. c. Kiesinger Schedl Dr. Kreile SPD und FDP - Schreiber - Schmidt ({3}) - Müller ({4}) - Jung - Fellermaier - Lemp - Haase ({5}) - Lange - Dr. Bangemann - 'Zywietz - Adams - Sieglerschmidt - Hoffmann ({6}) - Würtz - Seefeld - Dr. Bayerl - Flämig - Ibrügger - Dr. Schwencke ({7}) - Dr. Ahrens - Brandt - Scheu - Rosenthal - Dr. Schmitt-Vockenhausen - Batz - Hansen - Kratz - Dr. Bardens Insgesamt haben 462 Abgeordnete des Hauses ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 225, mit Nein 237 gestimmt. Ergebnis Abgegebene Stimmen 462; davon ja: 225 nein: 237 Ja CDU/CSU Dr. Abelein Dr. Althammer Dr. Arnold. Dr. Barzel Bayha Dr. Becher ({8}) Dr. Becker ({9}) Frau Benedix Benz Berger ({10}) Berger ({11}) Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Dr. Blüm Böhm ({12}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Broll Bühler ({13}) Burger Carstens ({14}) Carstens ({15}) Conrad ({16}) Dr. Czaja Damm Daweke Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Erhard ({17}) Ernesti Dr. Evers Ey Eymer ({18}) Feinendegen Frau Fischer Francke ({19}) Franke Frau Geier Geisenhofer Dr. George Gerlach ({20}) Gerstein Gerster ({21}) Gierenstein Glos Haase ({22}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann Hasinger von Hassel Hauser ({23}) Hauser ({24}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({25}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({26}) Dr. Jahn ({27}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({28}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Katzer Dr. Klein ({29}) Klein ({30}) Kiechle Dr. Köhler ({31}) Dr. Köhler ({32}) Köster Dr. Kohl Krampe Dr. Kraske Kraus Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kunz ({33}) Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Lenz ({34}) Lenzer Link Lintner Löher Dr. Luda Dr. Mende Dr. Mertes ({35}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Möller Müller ({36}) Neuhaus Niegel Nordlohne Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Reichold Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({37}) Dr. Riedl ({38}) Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Rühe Russe Sauer ({39}) Sauter ({40}) Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Dr. Schäuble Schartz ({41}) Schetter Frau Schleicher Schmidt ({42}) Schmitz ({43}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({44}) Schröder ({45}) Schröder ({46}) Dr. Schulte ({47}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Seiters Sick Spilker Spranger Vizepräsident Frau Funcke Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({48}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Stücklen Stutzer de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({49}) Vogt ({50}) Voigt ({51}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Weber ({52}) Weiskirch ({53}) Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer ({54}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({55}) Dr. Wörner Baron von Wrangel Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({56}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({57}) Müller ({58}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe Nein SPD Ahlers Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Becker ({59}) Biermann Dr. Böhme ({60}) Frau von Bothmer Brandt ({61}) Brück Buchstaller Büchler ({62}) Büchner ({63}) Buschfort Dr. Bußmann Collet Conradi Coppik Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({64}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fiebig Dr. Fischer Frau Dr. Focke Franke ({65}) Friedrich ({66}) Gansel Gerstl ({67}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haehser Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Höhmann Hofmann ({68}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Immer ({69}) Jahn ({70}) Jaunich Dr. Jens ({71}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Klein ({72}) Koblitz Konrad Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lenders Frau Dr. Lepsius Liedtke Dr. Linde Lutz Mahne Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({73}) Meinike ({74}) Meininghaus Menzel Möhring Müller ({75}) Müller ({76}) Müller ({77}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Nehm Neumann ({78}) Neumann ({79}) Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({80}) Rappe ({81}) Frau Renger Reuschenbach Rohde Roth Sander Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({82}) Dr. Schäfer ({83}) Scheffler Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({84}) Schmidt ({85}) Schmidt ({86}) Schmidt ({87}) Schmidt ({88}) Dr. Schmude Schulte ({89}) Dr. Schwenk ({90}) Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Stahl ({91}) Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Ueberhorst Urbaniak Dr. Vogel ({92}) Vogelsang Voigt ({93}) Waltemathe Walther Dr. Weber ({94}) Weisskirchen ({95}) Wendt Dr. Wernitz Westphal Wiefel Wilhelm Wimmer ({96}) Wischnewski Dr. de With Wittmann ({97}) Wolfram ({98}) Wrede Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({99}) Dr. Dübber Egert Löffler Manning Mattick Frau Schlei Schulze ({100}) FDP Angermeyer Baum Cronenberg Eimer ({101}) Engelhard Ertl Gärtner Gallus Gattermann Genscher Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann Hölscher Hoffie Kleinert Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier Merker Mischnick Paintner Peters ({102}) Schäfer ({103}) Schmidt ({104}) von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller Dr. Vohrer Dr. Wendig Wolfgramm ({105}) Wurbs Berliner Abgeordnete Hoppe Fraktionslos Damit ist der Antrag abgelehnt. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung unter Punkt 12 der TagesordDeutscher Bundestau - 8. Wahlperiode Vizepräsident Frau Funcke nung. Hierzu ist ebenfalls namentliche Abstimmung r beantragt. Ich bitte, die Stimmkarten abzugeben. Ich wiederhole die Mitteilung, daß zu dem Tagesordnungspunkt 16, und zwar zu der von der CDU/ CSU vorgelegten Entschließung, ebenfalls namentliche Abstimmung vorgesehen ist. Ich bitte, sich darauf einzurichten. Haben alle Abgeordneten ihre Stimme abgegeben? - Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen. Meine Damen und Herren, ich bitte Platz zu nehmen. Das Ergebnis der Abstimmung liegt vor. Es wurden insgesamt 461 Stimmen abgegeben. Mit Ja haben 230 gestimmt, mit Nein 225, enthalten haben sich 6. Ergebnis Abgegebene Stimmen 461; davon ja: 230 nein: 225 enthalten: 6 Ja SPD Ahlers Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Becker ({106}) Biermann Dr. Böhme ({107}) Frau von Bothmer Brandt ({108}) Brück Buchstaller Büchler ({109}) Büchner ({110}) Buschfort Dr. Bußmann Collet Conradi Coppik Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({111}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fiebig Dr. Fischer Frau Dr. Focke Franke ({112}) Friedrich ({113}) Gansel Gerstl ({114}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haehser Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Höhmann Hofmann ({115}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Immer ({116}) Jahn ({117}) Jaunich Dr. Jens ({118}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Klein ({119}) Koblitz Konrad Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kühbacher Kuhlwein Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lenders Frau Dr. Lepsius Liedtke Dr. Linde Lutz Mahne Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({120}) Meinike ({121}). Meininghaus Menzel Möhring Müller ({122}) Müller ({123}) Müller ({124}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Nehm Neumann ({125}) Neumann ({126}) Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Pawelczyk Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({127}) Rappe ({128}) Frau Renger Reuschenbach Rohde Roth Sander Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({129}) Dr. Schäfer ({130}) Scheffler Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({131}) Schmidt ({132}) Schmidt ({133}) Schmidt ({134}) Schmidt ({135}) Dr. Schmude Schulte ({136}) Dr. Schwenk ({137}) Sieler Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Stahl ({138}) Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Urbaniak Dr. Vogel ({139}) Vogelsang Voigt ({140}) Waltemathe Walther Dr. Weber ({141}) Wehner Weisskirchen ({142}) Wendt Dr. Wernitz Westphal Wiefel Wilhelm Wimmer ({143}) Wischnewski Dr. de With Wittmann ({144}) Wolfram ({145}) Wrede Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({146}) Dr. Dübber Egert Löffler Männing Mattick Frau Schlei Schulze ({147}) FDP Angermeyer Baum Cronenberg Eimer ({148}) Engelhard Ertl Frau Funcke Gallus Gattermann Genscher Frau Dr. Hamm-Brücher Hoffie Kleinert Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Merker Mischnick Möllemann Paintner Peters ({149}) Schäfer ({150}) Schmidt ({151}) von Schoeler Spitzmüller Dr. Wendig Wolfgramm ({152}) Wurbs Berliner Abgeordnete Hoppe Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. Althammer Dr. Arnold Dr. Barzel Bayha Dr. Becher ({153}) Dr. Becker ({154}) Frau Benedix Benz Berger ({155}) Berger ({156}) Biechele Dr. Biedenkopf Biehle Dr. Blüm Vizepräsident Frau Funcke Böhm ({157}) Dr. Bötsch Breidbach Bühler ({158}) Burger Carstens ({159}) Carstens ({160}) Conrad ({161}) Dr. Czaja Damm Daweke Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Engelsberger Erhard ({162}) Ernesti Dr. Evers Eymer ({163}) Feinendegen Frau Fischer Francke ({164}) Franke Frau Geier Geisenhofer Dr. George Gerlach ({165}) Gerstein Gerster ({166}) Gierenstein Glos Haase ({167}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Handlos Hanz Hartmann von Hassel Hauser ({168}) Hauser ({169}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({170}) Dr. Hornhues Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({171}) Dr. Jahn ({172}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({173}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Katzer Kiechle Dr. Klein ({174}) Klein ({175}) Dr. Köhler ({176}) Dr. Köhler ({177}) Köster Dr. Kohl Krampe Dr. Kraske Kraus Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kunz ({178}) Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Lenz ({179}) Lenzer Link Lintner Dr. Luda Dr. Mende Dr. Mertes ({180}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Möller Müller ({181}) Dr. Narjes Neuhaus Niegel Nordlohne Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Reichold Dr. Reimers Frau Dr. Riede ({182}) Dr. Riedl ({183}) Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Rühe Russe Sauer ({184}) Sauter ({185}) Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Dr. Schäuble Schartz ({186}) Schetter Frau Schleicher Schmidt ({187}) Schmitz ({188}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({189}) Schröder ({190}) Schröder ({191}) Dr. Schulte ({192}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling. Seiters Sick Spilker Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({193}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Stutzer de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({194}) Vogt ({195}) Voigt ({196}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Weber ({197}) Weiskirch ({198}) Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms ({199}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({200}) Dr. Wörner Baron von Wrangel Würzbach Dr. Wulff Dr. Zeitel Zeyer Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({201}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({202}) Müller ({203}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Fraktionslos Dr. Gruhl Enthalten FDP Dr. Haussmann Hölscher Frau Matthäus-Maier Frau Schuchardt Dr. Vohrer Damit ist der Antrag angenommen. Ich gebe jetzt das Wort zur Geschäftsordnung Herrn Abgeordneten Porzner.

Konrad Porzner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001739, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die Fraktionen der SPD und der FDP haben die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Zukünftige Energie-Politik" beantragt. Die Fraktion der CDU/CSU hat die Einsetzung einer Enquete-Kommission „Zukünftige Kernenergie-Politik" beantragt. Zum Teil wird der gleiche Auftrag für die Untersuchung gestellt. Wir sind uns einig, daß diese beiden Anträge dem Ausschuß für Forschung und Technologie überwiesen werden sollen, damit die dort fachlich Kundigen einen einzigen Antrag daraus machen, weil wir alle miteinander nur eine einzige Enquete-Kommission wollen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Sind Sie einverstanden, daß wir über die Überweisung der beiden Anträge unter den Tagesordnungspunkten 14 und 15 gemeinsam abstimmen? - Wer der Überweisung an den Ausschuß für Forschung und Technologie zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 16 der Tagesordnung auf: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({0}) zu der zustimmungsbedürftigen VerPorzner ordnung über den Prozentsatz der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für das Jahr 1979 - Drucksachen 8/2307, 8/2381 Berichterstatter: Abgeordneter Angermeyer Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Das Wort zur Aussprache hat der Bundesminister Graf Lambsdorff.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Sie alle wissen, daß dies ein wichtiges Thema ist. Ich möchte dem Wirtschaftsausschuß dafür danken, daß er es so schnell beraten und uns hier zur Verabschiedung ins Plenum zurückgeschickt hat. Ich will mich auf drei Punkte konzentrieren, nämlich die Höhe des Abgabensatzes, die Auswirkung der Erhöhung und die Frage nach alternativen Lösungen. Anschließend möchte ich zu dem Entschließungsentwurf ein paar Worte sagen. Erstens. Der Kollege Narjes hat hier vor vierzehn Tagen erklärt, daß es ohne eine Fünf vor dem Komma keine Zustimmung der Opposition zu einer solchen Verordnung geben könne. Im Ausschuß ist diese Aussage mit der Forderung 5,8 % konkretisiert worden; man fühlt sich an Tarifverhandlungen erinnert. Die Rechtsansprüche, die über die Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe zu befriedigen sind, sind aber das Ergebnis der auch von der Opposition voll mitgetragenen Verstromungsgesetzgebung. Sie haben weiter davon gesprochen, daß die Wärmepreisdifferenz in den vergangenen Monaten 30 bis 35 DM je Tonne SKE betragen habe und daß bereits heute eine Tendenz zu höheren Preisen bei schwerem Heizöl erkennbar sei. Die Wärmepreisdifferenz betrug in den vergangenen vier Monaten nicht 30 bis 35, sondern 35 bis 46 DM je Tonne SKE. Selbst im November, in dem in der Tat die Preise für schweres Heizöl gegenüber dem Vormonat um rund 10 DM pro Tonne gestiegen sind, betrug die Wärmepreisdifferenz noch immer etwa 35 DM/SKE. Heute müssen wir feststellen, daß unsere Annahme einer durchschnittlichen Wärmepreisdifferenz für das ganze Jahr 1978 von 32 DM je Tonne SKE eher zu optimistisch ist und daß die Restverpflichtungen aus dem Jahre 1978, die erst 1979 ausgabewirksam werden, eher höher sein werden, als wir mit 698 Millionen angenommen haben. Was die Wärmepreisdifferenz 1979 angeht, so gestehe ich ganz freimütig, daß der Bundesminister für Wirtschaft kein Prophet ist; das wird wohl auch niemand von Ihnen von mir verlangen. In der Diskussion im Wirtschaftsausschuß haben die Vertreter des BMWi die Ergebnisse unserer sehr eingehenden Überlegungen vorgetragen, die in der Frage der Wärmepreisdifferenz auch im Verstromungsbeirat voll bestätigt wurden. Ich fasse das Ergebnis noch einmal zusammen. Realistischerweise wird man von einer begrenzten Kohlepreissteigerung im nächsten Jahr ausgehen müssen. Dadurch würde sich die Wärmepreisdifferenz bei Fortbestehen des heutigen Preisniveaus für schweres Heizöl vergrößern. Der Preis für schweres Heizöl müßte schon in einer Größenordnung von 6 bis 7 DM pro Tonne gegenüber dem Novemberniveau ansteigen, wenn die Wärmepreisdifferenz, wie von uns unterstellt, auch im Jahresdurchschnitt 1979 bei 32 DM je Tonne liegen soll. Ich bitte, dabei zu bedenken, daß der Preis für schweres Heizöl bereits aus der Talsohle heraus ist. Ein weiterer Anstieg in der angenommenen Höhe ist, auch wenn man eine Rohölpreisanhebung durch die OPEC unterstellt, nicht selbstverständlich; denn erwartete Rohölpreissteigerungen werden erfahrungsgemäß durch den Markt vorweggenommen, und das dürfte nach aller Erfahrung auch dieses Mal der Fall sein. Schließlich ist zu bedenken, daß Rohölpreissteigerungen nur sehr begrenzt auf die Preise für schweres Heizöl durchschlagen. Ein weiteres Unsicherheitsmoment - auch deshalb kann man hier nicht den Propheten spielen - ist die Dollarentwicklung. Wir gehen vom gegenwärtigen Dollarstand aus und halten dies für eine seriöse Ausgangsbasis. Daß wir uns hier stark im Bereich der Prognose bewegen, weiß jeder, aber das gilt im negativen wie im Positiven. Ich frage mich, woher die Opposition ihren Optimismus bezüglich der weiteren Dollarentwicklung nimmt. ({0}) Es wäre schön, wenn es so wäre, aber eine stabile Ausgangsbasis für gesetzliche Entschlüsse des Bundestages ist es doch wohl nicht. ({1}) Auch den Optimismus der CDU/CSU, was die Auswirkung neuer Konversionsanlagen betrifft, teile ich so unbesehen nicht. Daß Konversionsanlagen für schweres Heizöl tendenziell angebotsverknappend wirken, ist nicht zu bestreiten; aber gerade beim schweren Heizöl spielt die Importentwicklung eine ganz erhebliche Rolle, und es ist durchaus möglich, daß der Konversionseffekt nicht nur neutralisiert, sondern überkompensiert wird. Im übrigen haben wir sehr zum Kummer unserer Mineralölindustrie leider feststellen müssen, daß die Absatzerwartung beim schweren Heizöl in den letzten Jahren ständig nach unten korrigiert worden ist. Ob die wirtschaftliche Entwicklung im nächsten Jahr so sein wird, daß sich dies grundlegend ändert, ist eine offene Frage. Nach heutiger Erkenntnis ist der Ausgleichsabgabesatz von 6,2 % eine realistische Größe, weil er auf der mittleren Linie der verschiedenen denkbaren Entwicklungen liegt. Aber ich möchte hier hinzufügen: Sollten wir uns geirrt haben, sollte sich die Wärmepreisdifferenz im Laufe des Jahres 1979 wesentlich günstiger als von uns angenommen entwickeln - ich räume ohne weiteres ein, daß wir uns irren können, ich habe das gesagt -, so werde ich eine entsprechende Absenkung des Abgabesatzes entweder noch im Jahre 1979 oder am 1. Januar 1980 in die Wege leiten; denn der Fonds soll keine Überschüsse bilden. Erweist sich der Abgabesatz als zu hoch, muß er gesenkt werden, ebenso wie er erhöht werden muß, wenn das Aufkommen aus der Abgabe nicht mehr ausreicht. Wir bewegen uns hier in einem geschlossenen, durch Entscheid des Deutschen Bundestages gesetzlich fixierten System, das sich für finanzielle Manipulationen nicht eignet. Manchmal höre ich, daß die Sorge geäußert wird, ein solcher Abgabesatz würde niemals wieder heruntergesetzt. Diese Sorge ist unbegründet. Der Bundesminister für Wirtschaft kann gar kein Interesse an einem überhöhten Abgabesatz haben, ({2}) denn er trägt die Verantwortung auch für die Verbraucher, und ich lasse mich an Verbraucherfreundlichkeit von anderen nur ungern übertreffen. Wir schlagen das Notwendige vor, aber keineswegs das Überflüssige und auch nicht das Generöse. ({3}) Wir werden deshalb alles daransetzen, daß die Belastung für die Verbraucher nicht höher wird, als es durch die gesetzlichen Ansprüche geboten ist. Wenn die materiellen Regelungen des Gesetzes unverändert bleiben - und bisher wollten das ja wohl alle Fraktionen -, ist die Belastung der Verbraucher dadurch festgelegt. Wenn sich der Abgabesatz tatsächlich als zu hoch erweisen sollte, müßte dies spätestens im nächsten Jahr durch einen entsprechend niedrigeren Satz an die Verbraucher weitergegeben werden. Ich bin mir der Tatsache bewußt, daß die Erhöhung insbesondere die stromintensive Industrie trifft. Eine generelle Befreiung von der Abgabe läßt das Gesetz nicht zu. Mit gutem Recht haben wir dies im Wirtschaftsausschuß seinerzeit gemeinsam so entschieden. Eine Befreiung von der Ausgleichsabgabe ist nur im Einzelfall nach der Härteregelung des § 7 des Dritten Verstromungsgesetzes möglich, und mit der gehen wir sehr sparsam um. Im übrigen gehe ich davon aus, daß die EVUs, soweit sie 01, Gas und Kohle einsetzen, bei ihnen etwa eingetretene Kostenvorteile in ihren Preisen weitergeben. Ich habe mit den Vertretern der Elektrizitätswirtschaft über dieses Thema eingehend gesprochen. Sie hat versichert, daß es je nach den Verhältnissen bei den einzelnen Unternehmen zu einer Verschiebung oder Minderung sonst notwendiger Preiserhöhungen und damit zu größerer Strompreisstabilität kommen werde. Ich habe sie aufgefordert, darüber hinaus zu prüfen, ob auch effektive Preissenkungen in Betracht kommen können, und ich habe die Wirtschaftsminister und -senatoren der Länder gebeten, im Rahmen ihrer Preisaufsicht auf die Kostenentwicklung ihr besonderes Augenmerk zu richten. ({4}) Wir haben nicht die Absicht, hier eine neue Art der Differentialrendite für die Energieversorgungsunternehmen einzuführen. ({5}) Unzutreffend ist allerdings die gelegentlich zu hörende Behauptung, die Erhöhung des Abgabesatzes verschärfe die regionalen Strompreisdisparitäten. Die unterschiedlichen Ausgleichsabgabesätze für die einzelnen Bundesländer sorgen dafür, daß die Erhöhung der Abgabe in bezug auf dieses Problem neutral ist. Die durchschnittliche Belastung pro Kilowattstunde durch die Ausgleichsabgabe - Tarife und Sonderabnehmer - ist in allen Bundesländern gleich. Daß die Ausgleichsabgabe die bestehenden Strompreisdisparitäten - ich spreche von den bestehenden - nicht abbauen kann, wissen wir alle. Meine Damen und Herren, der Sprecher der Opposition hat an dieser Stelle vor 14 Tagen erklärt, die Möglichkeiten alternativer Finanzierung seien womöglich überhaupt nicht voll gesehen worden. Ich meine aber, auf den Vorschlag stärkerer Kreditfinanzierung kann die Opposition nicht stolz sein. Zum einen ist der Gedanke früh in die politische Diskussion gebracht worden; nur haben diejenigen, die diese Überlegung zunächst angestellt hatten, sie schnell wieder fallengelassen. Abgesehen davon, daß sie sich kurzfristig gar nicht realisieren ließe, weil eine Gesetzesänderung notwendig wäre, bestehen gegen eine Erweiterung der Kreditmöglichkeiten - seien es Kassenkredite, seien es längerfristige Kredite - ganz erhebliche Bedenken. Es ist das Wesen des Kassenkredits, kurzfristige Bedarfsschwankungen zu überbrücken, und schon bei der Ausweitung von 200 auf 500 Millionen im vergangenen Jahr hat es erhebliche - und nicht unbegründete - Bedenken seitens des Bundesministers. der Finanzen und des Finanzausschusses des Bundestages gegeben. Eine Ausweitung des Kreditrahmens im Sinne einer längerfristigen Finanzierung würde darüber hinaus eine qualitative Veränderung gegenüber dem geltenden Finanzierungssystem bedeuten; es würde gewissermaßen eine neue Finanzierungsquelle für den Fonds geschaffen. Dies halte ich für bedenklich, und zwar insbesondere insofern, als die Kreditfinanzierung bei einer Ausdehnung über den gesetzlichen Rahmen von 500 Millionen hinaus einen ganz erheblichen Teil der Ausgaben ausmachen würde. Das wäre kein Beispiel für eine solide Finanzpolitik. Eine solche Kreditfinanzierung wäre auch für die Verbraucher nicht von Vorteil, denn Kredite bedeuten Zinskosten, und außerdem müssen Kredite - das haberl Kreditgeber lästigerweise so an sich - zu einem späteren Zeitpunkt auch einmal zurückgezahlt werden. Zwar geht auch die Bundesregierung davon aus, daß sich im Laufe der 80er Jahre die Wettbewerbsposition der deutschen Kohle verbessert. Wann und in welchem Umfang dies eintreten wird, ist jedoch offen, und diese Erwartung ist für uns kein 'Anlaß, schon jetzt eine zusätzliche Hypothek auf die Bergbauunternehmen zu laden, und auch kein Anlaß, dem Gedanken einer längerfristigen Kreditfinanzierung näherzutreten. Wir haben dem Bundestag diese Verordnung nicht leichten Herzens zur Zustimmung vorgelegt. Aber es gibt keine realitische Alternative. Die Erhöhung des Abgabesatzes ist eine zwingende Folge der von allen Fraktionen dieses Hauses mitgetragenen Option zugunsten der deutschen Steinkohle. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung. Nun kommt zu meiner großen Überraschung unter dem Datum vom 13. Dezember der EntschlieBundesminister Dr. Graf Lambsdorff ßungsantrag der Oppositionsfraktion. Herr Narjes, darf ich daran erinnern, daß Sie sich in der ersten Lesung dieses Entwurfs darüber beklagt haben, daß er zu spät gekommen und eine ordnungsgemäße Beratung nicht möglich gewesen sei. Ich frage mich dann allerdings, warum Sie für die heutige Verhandlung am 14. Dezember diesen ja uralten Gedanken mit einem Entschließungsantrag vom 13. Dezember hier einbringen, ihn aber, wie ich höre, im Wirtschaftsausschuß überhaupt nicht zur Diskussion gestellt haben. ({6}) - Da bin ich nicht so sicher, meine Damen und Herren. Aber jedenfalls werden hier offenbar die Entwürfe so eilfertig und schnell aus der Tasche gezogen wie die Kanzlerkandidaten aus der „Rheinischen Post". ({7}) Ich möchte zu diesem Thema noch ein paar Worte sagen. Der wesentliche Inhalt des Dritten Verstromungsgesetzes, Herr Kollege Narjes, war die Umstellung der Verstromungshilfen vom Haushalt auf ein Sondervermögen. Diese Frage ist im Parlament eingehend erörtert worden. Ihre Fraktion hat dieser Umstellung fast einstimmig zugestimmt. Auch die Erhöhung der Ausgleichsabgabe im Rahmen der Novellierung des Gesetzes hat diese Position Ihrer Fraktion nicht verändert. Es kann auch gar keine Rede davon sein, daß verfassungsrechtliche Überlegungen etwa nicht angestellt worden wären. Neben den zuständigen Ministerien hat sich der Rechtsausschuß des Bundestages eingehend mit dieser Frage beschäftigt und festgestellt, daß, obwohl wir diese Form des sogenannten Schattenhaushalts damals nicht schön gefunden haben, verfassungsrechtliche Einwände dagegen nicht durchschlagen. Das Verstromungsgesetz sieht im übrigen hinsichtlich des Ausgleichsfonds nicht eine Ausgabe vor, die am Parlament vorbeigeht. Die Ausgaben des Fonds werden nicht durch den Wirtschaftsplan festgelegt, sondern durch das Gesetz selbst. Der Wirtschaftsplan hat lediglich finanztechnische Bedeutung. Bei der Festsetzung der Ausgleichsabgabe hat der Wirtschaftsminister nur einen Ermessensspielraum in der Prognose der voraussichtlichen Ausgaben; er schafft keine neuen Ansprüche und steigert keine bestehenden. Und wie die heutige Diskussion zeigt, ist bei einem Abgabesatz von mehr als 4,5 % die Zustimmung des Deutschen Bundestages erforderlich. Wie kann man dann davon sprechen, daß das Ausgaben am Parlament vorbei seien! Schließlich, meine Damen und Herren, ist auch die Finanzierung aus dem Haushalt im Ergebnis eine staatliche Subventionierung der Strompreise. Die Stromerzeugung würde dann nicht mehr mit allen tatsächlichen Kosten belastet. Zu diesen Kosten gehören ja auch die Kosten, die der Erhöhung der Versorgungssicherheit dienen, also auch die Kosten der Verstromungsregelung. Wir haben uns im übrigen schon in der damaligen Debatte darüber unterhalten, daß es eine verbrauchsparende Lenkung über den Preis nur dann geben kann, wenn man den Kohlepfennig dort zuordnet, wohin er unter diesem Gesichtspunkt gehört, nämlich beim Verbraucher. Wenn das Prinzip der pretialen Lenkung in einer marktwirtschaftlichen Ordnung richtig ist, dann ganz sicherlich auf diesem Gebiet der Energiepolitik und des Energiepreises. Ich weiß, daß die Frage der regionalen Disparitäten damit nicht zufriedenstellend beantwortet ist. Ich weiß auch, daß wir seinerzeit gesagt haben, wenn es zu einer sehr erheblichen weiteren Ausdehnung komme, müßten wir diese Grundsatzfrage stellen. Diese Grundsatzfrage stellt sich aber nicht damit, Herr Kollege Narjes, daß Sie das auf dem Haushalt umstellen. Es muß - das ist jedenfalls meine Überzeugung - bei der Belastung dessen bleiben, der den Strom verbraucht. Hier, meine Damen und Herren, kann ich nur feststellen, daß nach der Methode des Aus-der-HüfteSchießens in letzter Minute eine Frage auf den Tisch gebracht wird, die für die weitere Unterstützung des Kohlebergbaus in den Bergbauländern von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ich kann nur davor warnen, mit der Annahme einer solchen Entschließung erneut Unsicherheit zu verbreiten, erneut dieses Thema in eine Grundsatzdiskussion zu bringen und alles das wieder anzufangen, was wir auf diesem Gebiet nach Abschluß der Verstromungsregelung, nach Abschluß des 33-Millionen-Tonnen-Vertrages über zehn Jahre nun wirklich hinter uns gebracht haben. ({8}) Wer um alles in der Welt kann ein Interesse daran haben, mit einer so grundlegenden Änderung sowohl die Bergbauunternehmen wie die Bergbaubelegschaften wieder zu verunsichern? Herr Kollege Narjes, Sie haben hier zur Einleitung Ihres Debattenbeitrages vor 14 Tagen gesagt: ... die Kohle ({9}) ein Thema, das lebenswichtig ist für die Menschen an der Ruhr, an der Saar, in Aachen und in Ibbenbüren. Ich möchte das etwas ausdehnen: Ich glaube, daß die Kohle ein Thema ist, das lebenswichtig für alle von uns ist, nicht nur für diejenigen, die in den Bergbaugebieten wohnen. ({10}) Ich glaube, es sollte heute durch die Stimmabgabe der Mitglieder dieses Hauses zum Ausdruck kommen, daß, meine Damen und Herren, jeder von uns seine Verantwortung in diesem höchst kritischen Bereich deutscher Energieversorgung erkennt. Ich und die Bundesregierung möchten gerne sehen, daß diejenigen, die unentwegt davon sprechen, daß die einzige nationale Primärenergie, die wir haben, erhalten werden muß, dann auch zugeben, daß das Geld kostet, und dann auch dafür einstehen. ({11}) Deswegen begrüße ich sehr, daß die Fraktionen namentliche Abstimmung beantragt haben, damit man hinterher nachlesen kann, wer zu diesen Auskünften dann auch steht, indem er so stimmt. ({12})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat Herr Abgeordneter Narjes.

Dr. Karl Heinz Narjes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001582, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Zur Diskussion steht heute in zweiter Lesung die zustimmungsbedürftige Verordnung über den Prozentsatz der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für das Jahr 1979, in der ein Prozentsatz von 6,2 v. H. vorgeschlagen ist. Wir haben diese Debatte unter Termindruck führen müssen. Ich möchte für das nächste Jahr erst einmal anmelden, daß wir die Termine so setzen sollten, daß wir eine ähnliche Prozedur nicht zu wiederholen brauchen. ({0}) Es geht in der Sache um zweierlei: Erstens geht es darum, den Mittelbedarf vorauszuschätzen, der sich 1979 ergeben wird, wenn die Rechtsansprüche erfüllt werden sollen, die wir gemeinsam nach dem Dritten Verstromungsgesetz begründet haben und zu denen wir uns uneingeschränkt bekennen. ({1}) Wir verwahren uns dagegen, daß jede Diskussion über die Anwendung des Dritten Verstromungsgesetzes mit der groben agitatorischen Keule von „Kohlefreund" und „Kohlefeind" abgewürgt ({2}) und eine genaue Rechnung unterbunden wird. Diese Masche ist zu primitiv, als daß sie noch im Ruhrgebiet, wo sie in erster Linie gebraucht wird, die Wähler beeindrucken könnte. ({3}) Zweitens. Entsprechend diesem Mittelbedarf geht es darum, die Ausgleichsabgabe auf die Energielieferungen im einzelnen festzusetzen, soweit diese Lieferungen an den Endverbraucher gehen. Schwierigkeiten bei den Schätzungen gibt es selbstverständlich. Nur, Herr Bundeswirtschaftsminister, machen Sie es sich sehr leicht, wenn Sie Schätzungen der Opposition als „Prophetie" abtun und Ihre als mit letzter Gewißheit errechnete hinstellen. ({4}) Die Möglichkeiten, die Zukunft in ihrer Entwicklung abzuschätzen, sind bei Ihnen im Zweifel nicht größer als bei uns, und wir müssen uns beiderseitig zubilligen, daß wir uns redlich darum bemühen, dieses Gesetz so zu erfüllen, wie wir es beschlossen haben. ({5}) Es gibt eine Reihe von Unbekannten in der 'Entwicklung, die es uns schwer machen, die Zukunft in den Griff zu bekommen: Die erste ist der Dollarkurs. Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben rabulistisch argumentiert. Die Gegenmaßnahmen gegen die Dollarentwicklung sind am 1. November beschlossen worden. Sie können doch für den November nicht schon eine Sofortwirkung auf die Preise erwarten. Das kann doch erst später kommen. Infolgedessen werden die Probleme durch die Heranziehung des November-Preises in nicht gerechtfertigter Weise dargestellt. Zweitens. Wenn Sie schon die Entwicklung des Dollarkurses abschätzen, dann bitte einheitlich für alle Haushaltsansätze. Im Zusammenhang mit dem Kokskohleverbrauch setzen Sie den Dollarkurs mit 2,07 DM an, und hinsichtlich der Ausgleichsabgabe wollen Sie den heutigen Dollarkurs zugrunde legen. Das sind fast 17 Pfennig Unterschied. Einer dieser beiden Kurse kann doch nur richtig sein. ({6}) Für die Dollarentwicklung muß weiterhin gelten, daß wir uns niemals vorgenommen haben - auch Sie nicht, Herr Bundeswirtschaftsminister, als Sie noch im Wirtschaftsausschuß waren -, Ausnahmesituationen zeitlich begrenzter Art zum Normalfall zu erheben und das ganze kommende Jahr auf dieser Basis neu zu berechnen. Auf diese Weise dienen wir weder der Kohle, noch erfüllen wir das Gesetz. Der nächste Punkt ist der der Ölpreise. Sie scheinen eine Preiserhöhung der OPEC am nächsten Sonnabend von etwa 7,5 v. H. zugrunde gelegt haben; so jedenfalls die Auskünfte. Es können mehr, es können weniger sein. Jedenfalls könnten wir unter Umständen am Sonnabendabend schon wissen, daß wir uns nach unten verschätzt haben. Zum Heizölpreis: Alles das, was Sie gesagt haben, sind Gesichtspunkte, die sehr wohl eine Rolle spielen. Aber wenn der Winter noch über einen Zeitraum von vier Wochen kälter ausfällt, als Sie es angenommen haben, dann sind sämtliche Berechnungen über den Haufen geworfen, und der Preis ist schon wieder ein anderer. Zum Kohlepreis: Selbstverständlich gibt es eine begrenzte Erhöhung, aber Sie können von uns nicht verlangen, daß wir Ihnen einen Freibrief für unbegrenzte Kohlepreiserhöhungen geben. Wie diese sich entwickeln, sollte im einzelnen der öffentlichen Rechenschaft überlassen bleiben. ({7}) Ganz erstaunt bin ich über Ihre Ausführungen zur Verbrauchsmenge. Sie hängt doch von der wirtschaftlichen Entwicklung des nächsten Jahres ab. Vorgestern abend hat uns der Bundeskanzler erzählt, es habe um die deutsche Wirtschaft noch nie so gut gestanden wie für das Jahr 1979: 4 % Zuwachs usw. Sie dagegen geben hier eine Darstellung, von der ich nur annehmen kann, daß Sie ein Wachstum zwischen 2 % und 3% zugrunde legen. Sonst kann ich Ihre Zahlen nicht verstehen. ({8}) Zu der offenen Frage des Abflusses der Investitionshilfen an die zu fördernden Investitionsprojekte möchte ich folgendes sagen: Ich lasse offen, ob es in der Tat so ist, daß alle Mittel an die Projekte ohne Investitionsstau - behördliche Genehmigungen und andere politische Risiken - tatsächlich so abfließen, wie Sie unterstellt haben. Insgesamt haben wir jedenfalls den Eindruck gewonnen, daß der Mittelbedarf des nächsten Jahres um mindestens 160 Millionen DM zu hoch gegriffen ist und daß wir dementsprechend den Vomhundertsatz, den Ecksatz von 6,2 °/o auf 5,8 0/o senken können. Dies halten wir für vertretbar und für geboten. Für geboten halten wir es vor allen Dingen aus haushaltsrechtlichen Erwägungen heraus. Gerade weil es sich um einen von uns allen beschlossenen Schattenhaushalt handelt, gerade weil es praktisch um eine Verbrauchsteuer auf den Strom geht, müssen wir mit besonderer Sorgfalt darauf sehen, daß diese Instrumente in ihrer ganzen Fragwürdigkeit nicht noch durch Überhöhung mißbraucht werden. ({9}) Denn die pretiale Lenkung ist eine Seite. Sie haben zugegeben„ daß dieses Problem von einer gewissen Höhe an eine andere Qualität annimmt. Wir meinen in der Tat, daß wir, wenn wir die Sätze der regionalen Differenzierung zugrunde legen, nämlich 7,5 % fürs Ruhrgebiet und 7,1 °/o fürs Saarland, die Qualitätsgrenze der Quantität erreicht haben, und zwar deshalb, weil hier, wie Sie selbst es auch gesehen haben, strukturpolitische Gegeneffekte erzielt werden, also das Gegenteil von dem, was wir alle wollen, was wir alle anstreben, was die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen von uns wünscht, was das Saarland von uns wünscht: konkrete Beihilfen aller Art, einschließlich Investitionszulagen, damit die Strukturänderung im Ruhrgebiet, der Drang in neue Arbeitsplätze, in kapital- und energieintensive Arbeitsplätze gefördert und nicht durch Stromkosten behindert wird. ({10})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Meinecke? - Bitte.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Narjes, können Sie im Interesse der Stenographen etwas langsamer und verständlicher sprechen?

Dr. Karl Heinz Narjes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001582, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr gerne, Herr Kollege. Ich habe im Interesse Ihrer Zeit etwas schneller gesprochen. ({0}) Die Problematik der Höhe ist nicht nur eine Problematik des Haushaltsrechts und der Haushaltswahrheit und -klarheit. Es ist auch eine Problematik der Nebeneffekte, die durch diese Höhe ausgelöst werden. Ich weiß nicht, ob Sie alle Eingaben gesehen haben, Herr Bundeswirtschaftsminister, die in seriöser und bezifferter Form auch Ihnen zugegangen sein dürften, Eingaben über die Konsequenzen, die diese Abgabe für die Wirtschaft an Rhein, Ruhr und Saar hat. Ob es sich um die Chlor-, Phosphor-, Karbid-, Elektro-, Korund- oder Aluminiumindustrie handelt, ob es sich um Investitionsentscheidungen übet Elektor-Stahl-Methoden, Ferro-Legierungen oder NE-Metalle handelt, sie alle haben spezifische Einsätze von 5 000 bis 15 000 Kilowatt pro Tonne. Alle diese Bereiche sind, wie sie uns schreiben, durch diese Erhöhung schwer existenzgefährdet. Das sollte a) ein Anlaß zum Nachdenken sein, das sollte b) vor allen Dingen auch ein Ansatz dafür sein, mit spitzem Bleistift zu rechnen und jedes denkbare Risiko genau auszuleuchten, bevor man es eingeht. ({1}) Es reicht nicht, zu sagen: Wenn es zuviel ist, werden wir im nächsten Jahr weniger nehmen. Der Flurschaden, den Sie dadurch anrichten, daß Sie zunächst mit hohen Sätzen hantieren, ist gar nicht zu ermessen. Denn derjenige, der neue Arbeitsplätze schaffen will und sich die Energiekostenrechnung der Zukunft aufmacht, der geht von dem aus, was er befürchten muß, und nicht von dem, was Sie ihm vielleicht zubilligen, wenn die Zeit besser ist. Und das, was er befürchten muß, hängt von dem ab, was ihm jetzt mit dieser Regelung präsentiert werden soll in der Absicht, notfalls lax zu rechnen. Das wollen wir verhindern. Herr Bundeswirtschaftsminister, wir befinden uns in guter Gesellschaft, z. B. der der Kohlenbergbauleitung, der Ruhrkohle, deren Sprecher den Satz von 6,2 % ebenfalls als zu hoch angesehen hat. Wir meinen deshalb, daß wir so wie in unserem Änderungsantrag dargestellt, im Interesse des Ruhrgebiets, des Saargebiets und der gesamten deutschen Wirtschaft, die von der Erhöhung betroffen ist, 5,8 °/o als den richtigen Abgabesatz auf Grund einer richtigen Mitteleinschätzung ansetzen sollten. Wir haben schon im Ausschuß erklärt - und ich wiederhole dies hier -, daß wir, wenn die Kassenkreditsituation Schwierigkeiten macht, bereit sind, eine leichte Erhöhung ernsthaft zu prüfen. Ich wiederhole deshalb meinen Appell an die Koalition und an die Bundesregierung, ihrerseits ihre Zahlen zu überprüfen, damit wir uns auf einen Satz einigen können, der im Interesse der beteiligten Regionen liegt, und nicht einfach das übernehmen, was uns vorgesetzt worden ist. ({2})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfram.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten haben uns die Entscheidung über die Erhöhung der Ausgleichsabgabe nicht leichtgemacht. Wir haben seit Oktober und nicht erst in den letzten acht Tagen, wie Sie, Herr Dr. Narjes, alle Alternativen geprüft. Von uns stammt die Anregung, zu überlegen, ob es eine Alternative - mäßigere Erhöhung der Ausgleichsabgabe und dafür Erhöhung der Kassenkredite - gibt. Sie wissen ganz genau, daß dieser Weg eine Änderung des Verstromungsgesetzes voraussetzen würde. Sie wissen, daß dieses Gesetz dann durch den Bundesrat müßte und das kurzfristig nicht zu machen ist. Im übrigen frage ich Sie: Liegt in Ihrer Argumentation nicht ein Widerspruch? Sie wettern gegen Schattenhaushalte, aber den Kassenkreditrahmen, Wolfram ({0}) der eigentlich nur dazu dient, vorübergehende Schwankungen auszugleichen, wollen Sie in diesem Maße erhöhen. Wir haben uns die Entscheidung, wie gesagt, nicht leichtgemacht. Wir werden der von der Bundesregierung - vom Wirtschaftsminister - vorgeschlagenen Erhöhung auf 6,2 % ab 1. Januar aber zustimmen, weil wir für eine optimale Steinkohlenverstromung sind, weil es zur Zeit zum Dritten Verstromungsgesetz und seinem Mechanismus keine Alternative gibt, weil die Stromerzeuger auf den Ausgleich der Wärmepreisdifferenz zwischen den Preisen für deutsche Steinkohle und schwerem Heizöl einen Rechtsanspruch haben und weil wir damit unseren Beitrag zur Erfüllung des zwischen der Elektrizitätswirtschaft und dem Steinkohlenbergbau abgeschlossenen Zehnjahresvertrages über die Verstromung von mindestens 33 Millionen t Steinkohle im Jahresdurchschnitt leisten. Wir stimmen der Erhöhung der Ausgleichsabgabe auch zu, weil es kurzfristig und ohne Gesetzesänderung keine andere Möglichkeit gibt, da niemand garantieren kann, Herr Dr. Narjes - auch Sie nicht -, daß ein niedrigerer Prozentsatz der Ausgleichsabgabe die erforderlichen Gesamtmittel erbringt, weil uns der Wirtschaftsminister ferner verbindlich eine umgehende Senkung der Ausgleichsabgabe bei Verringerung der Wärmepreisdifferenz zugesagt hat - darauf werden wir im Wirtschaftsausschuß auch achten - und weil die Fördermittel nicht zweckentfremdet verwendet werden können. Das heißt: Wenn es vorübergehend einmal Einnahmeüberschüsse geben sollte, müssen sie sich unmittelbar - im zeitlichen Zusammenhang - wieder in einer Senkung der Ausgleichsabgabe oder in einer vorzeitigen Tilgung der Kassenkreditmittel niederschlagen. Wir sind im übrigen der Meinung, daß man dem Stromverbraucher diese Mehrbelastung im Interesse der Sicherung der zukünftigen Energieversorgung zumuten kann und daß die Verbraucher dafür auch Verständnis haben. Wir verkennen nicht, daß die der Ausgleichsabgabe zugrunde liegende Wärmepreisdifferenz auf Schätzungen und Prognosen beruht. Herr Dr. Narjes, wir können aber dem Bundeswirtschaftsminister die Verantwortung nicht abnehmen, die nach heutigen Erkenntnissen notwendige Höhe der Ausgleichsabgabe festzusetzen. Das kann nicht Aufgabe des Parlaments sein. Wie konsequent die heute früh so vielgepriesene Energiepolitik der CDU/CSU ist, demonstrieren Sie mit Ihrer Haltung auch in dieser Frage. Bis gestern mußten wir warten, um zu erfahren, ob die CDU/ CSU für oder gegen eine Erhöhung ist. Es gab Stimmen der Ablehnung. Wir wußten nicht, für welchen Prozentsatz sie votieren. Im Wirtschaftsausschuß hat dann die Opposition, wie heute hier im Plenum zur zweiten Lesung, für eine durchschnittliche Ausgleichsabgabe von 5,8 % plädiert. Das sind 0,4% weniger als die Regierungsvorlage. An denen soll die Existenz unserer Wirtschaft hängen Herr Dr. Narjes? ({1}) Das Tollste, was Sie uns heute noch als Weihnachtsgeschenk beschert haben, ist dieser grüne Antrag, über den wir noch gesondert reden müssen. ({2}) - Blaßgrün, Herr Wehner, wie alles, was zu dieser Sache aus der Opposition kommt. Sie halten dem Ausgleich-Fonds mit ihren 5,8 % zunächst einmal 150 Millionen DM vor. Für einen Vierpersonenhaushalt geht es, meine Damen. und Herren von der Opposition, um 20 bis 25 Pfennig im Monat mehr oder weniger, wobei wir sagen: Es wird sich sofort wieder in einer Senkung der Ausgleichsabgabe niederschlagen, wenn die Ausgleichsabgabe zu hoch angesetzt ist. Für die Wirtschaft werden die Auswirkungen unterschiedlich sein. ({3}) Wegen der für die Wirtschaft geltenden Sondertarife - das wissen Sie - wird die Kilowattstunde durch die Ausgleichsabgabe um rund einen halben Pfennig teurer. Unternehmen, die stromintensiv sind, können jederzeit auf Grund der Härteklausel einen Antrag auf Befreiung oder Ermäßigung stellen. Herr Dr. Narjes! Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen über die Belastung der Wirtschaft haben. Ich habe in meinem Wahlkreis stromintensive Unternehmen, die früher keine Ermäßigung und die nach der Novelle auf Grund der Härteklausel eine Ermäßigung bekommen haben. Mir ist bis heute keine Beschwerde aus diesen Kreisen zugegangen. Es mag sein, daß Ihre Beziehungen zur Industrie besser sind. Aber an diesen 0,4% kann es doch nicht liegen. Wenn es überhaupt an etwas liegt, dann vielleicht an den Strompreisdifferenzen. Da kann ich Ihnen nur sagen: In Nordrhein-Westfalen, für das Sie, Herr Dr. Narjes plötzlich Ihr Herz entdecken - das freut uns ja -, werden trotz Erhöhung der Ausgleichsabgabe, trotz Spitzensatz in der Ausgleichsabgabe die Strompreise noch 10 % unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Bemerkenswert ist im übrigen, daß dies für EVUs gilt, die überwiegend Steinkohle verstromen. Lassen Sie mich noch ein Wort zu den Erklärungen einzelner Länderwirtschaftsminister sagen. Ich denke zum Beispiel an Frau Breuel aus Niedersachsen. Die Beratungen im Wirtschaftsausschuß haben ergeben, daß Frau Breuel von falschen Voraussetzungen ausgeht. Sie läßt völlig außer Betracht, daß die Stromerzeuger einen Rechtsanspruch haben; die Opposition hat sich im übrigen heute dazu bekannt. Es stimmt nachweislich auch nicht, daß sich durch die neue Ausgleichsabgabe die regionalen Strompreisdifferenzen weiter vergrößern. Was den gestrigen Beschluß des Bayerischen Landtags, den Herr Kollege Dr. Waigel heute früh so jubelnd verkündet hat, betrifft, ist zu sagen, daß seine Aufforderung, die Erhöhung überhaupt zu unterlassen, nicht realisierbar ist, es sei denn, Sie Wolfram ({4}) wollten einem Gesetz nicht Genüge tun und Rechtsansprüche nicht befriedigen, ({5}) oder sie wollten indirekt dazu beitragen, daß Kohlemengen nicht in dem vorgesehenen Umfang zur Verstromung eingesetzt werden. Zu der zweiten Forderung aus Bayern, „die regionale Differenzierung der Ausgleichsabgabe zugunsten Bayerns neu zu gestalten" - so wörtlich im Antrag -, kann man nur sagen, daß es so nicht geht. Dafür wird sicherlich auch die Opposition Verständnis haben. Dazu können sich außerhalb Bayerns auch keine CDU-Bundestagsabgeordneten bereitfinden. Die regionalen Differenzierungen haben wir mit der letzten Novelle mit Zustimmung des Bundesrates gemeinsam eingeführt. Davon werden wir jetzt nicht abweichen. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß der neue Abgabesatz für Bayern 5,4 v. H. betragen wird gegenüber 6,2 im Bundesdurchschnitt und 7,5 % in Nordrhein-Westfalen. Beide Forderungen werden bei uns Sozialdemokraten nicht auf Gegenliebe stoßen. Daran ändert sich auch nichts - nun mögen Sie frohlocken! -, wenn an diesem Beschluß im Bayerischen Landtag die SPD-Abgeordneten beteiligt waren. Die Landtage wären unseres Erachtens besser beraten, einmal generell die Strompreise und ihre Struktur, die Gründe für ihre Höhe und die Ursachen von Unterschieden zwischen den einzelnen EVUs im Landesbereich zu untersuchen. Neben den Länderwirtschaftsministern sind meines Erachtens die Landtage aufgefordert, mit darauf hinzuwirken, daß die Energieversorgungsunternehmen den Entlastungseffekt durch niedrigere Einsatzkosten für schweres Heizöl und Kohle und zeitverschoben auch für Erdgas an die Stromverbraucher weitergeben. Wir waren uns im Wirtschaftsausschuß einig, daß es sicherlich paradox erscheint, daß die Ausgleichsabgabe erhöht wird, wenn die Einsatzkosten der Stromenergie niedriger werden. Ob ein solcher Mechanismus richtig ist und immer bleiben muß, darüber sollten wir gemeinsam nachdenken. Dazu sind wir bereit. Nicht bereit sind wir Sozialdemokraten, das dritte Verstromungsgesetz generell in Frage stellen zu lassen. Der angemessene Anteil der Kohle an der Verstromung ist ein wichtiger Bestandteil der Energiepolitik und daran lassen wir nicht rütteln. Abschließend stelle ich für die SPD-Fraktion fest: Bereits bei der Verstromung von 33 Millionen Tonnen inländischer Steinkohle müssen in erheblichem Umfang neue Kraftwerke gebaut werden, damit überalterte, zu kleine und den modernen Umweltforderungen nicht mehr gerecht werdende Steinkohlenkraftwerke ersetzt werden können. Anschließend ist ein verstärktes Zubauprogramm erforderlich, um mittel- und längerfristig wachsende Steinkohlenverstromung zu ermöglichen. Die Entwicklung des Hochtemperaturreaktors ist wichtig, weil er zur Erzeugung von nuklearer Prozeßwärme für die Kohlevergasung nötig ist. Neue Kohlekraftwerke sollten nicht nur in Nordrhein-Westfalen und an der Saar gebaut werden. Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion stimmt der vom Bundeswirtschaftsminister festgesetzten Ausgleichsabgabe für 1979 zu. ({6})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Abgeordnete Zywietz.

Werner Zywietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002612, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verstromungsgesetze sind konkreter und wesentlicher Teil des energiepolitischen Programms der Bundesregierung. Während des heutigen Tages haben wir auch darüber ein klein wenig diskutiert. Die vorliegende Verordnung über die Erhöhung der Ausgleichsabgabe ist Teil des dafür erforderlichen Umsetzungsinstrumentariums. Mit diesem Verstromungsgesetz wird die Absicht verfolgt, unseren einzigen wesentlichen heimischen Energieträger, die Kohle, zu unterstützen, insbesondere Wettbewerbsnachteile gegenüber dem schweren Heizöl bei der Verstromung auszugleichen und dies sowohl was die Kraftwerksinvestitionen anbelangt als auch hinsichtlich der betrieblichen Mehrkosten. Angesichts weltweiter Abhängigkeiten und Energierisiken ist unsere Politik bewußt darauf gerichtet, den Ölanteil zurückzudrängen. Darum ist die Förderung der heimischen Kohle eine unbedingt notwendige energiepolitische Aufgabe. Auf dem Hintergrund dieser gewollten Politik, auf dem Hintergrund des uns bindenden dritten Verstromungsgesetzes kann die FDP-Bundestagsfraktion der vorliegenden Verordnung zur Erhöhung der Ausgleichsabgabe der Stromverbraucher zustimmen. Auch wir tun dies - das klang hier verschiedentlich an - nicht leichten Herzens, sondern aus der Einsicht in die gesetzliche und reale Notwendigkeit. Die vorausschätzbare Situation für das Jahr 1979, der wir gerecht werden wollen und müssen - und nur für diesen Zeitraum gilt die hier vorliegende Verordnung -, verlangt eine Erhöhung der Abgabe, damit die voraussichtlichen Mehrkosten durch die Kohleverstromung im Jahre 1979 ausgeglichen werden können. Nun ist in der ersten Lesung von 14 Tagen von Herrn Kollegen Dr. Narjes oder der CDU - ich kann das der Identität nach nicht genau feststellen - kritisiert worden, daß das Zahlenmaterial für eine Überprüfung der Notwendigkeit der Erhöhung der Ausgleichsabgabe nicht vorgelegen habe. Es ist auch vom Kollegen Dr. Narjes kritisiert worden, daß die Abgabe zu hoch angesetzt sei. Sie haben eine fünf vor dem Komma verlangt. Was die Materialien anbelangt, so ist durch die Beratungen im Ausschuß das Notwendige - so hoffe ich, und das war mein Eindruck - veranlaßt worden. Nur schien mir ein Widerspruch von Ihnen dargelegt und erhellt worden zu sein, Herr Dr. Narjes. Sie haben einmal eine frühe Einbringung verlangt, aber auf der anderen Seite genauso vehement aktuelle, möglichst zeitnahe, d. h. auf .das Jahreseñde orientierte und damit möglichst für das nächste Jahr besser verbindliche und hilfreiche Daten verlangt. Aber beides kann man nicht zusammenbringen. Die frühe - oder noch frühere - Vorlage schließt Nachteile beim zweiten logischerweise ein. ({0}) Was nun über diesen Punkt hinaus die Schätzung anbelangt - und um diese Zahlenüberprüfung ist es in den Ausschußberatungen und auch hier in Ihren Darlegungen im wesentlichen gegangen -, darüber kann man immer trefflich streiten. Nur muß man auch anmerken dürfen, Herr Kollege Dr. Narjes, daß sich Ihre Fraktion in der Vergangenheit nicht gerade durch gute Prognosen in diesem Bereich ausgezeichnet hat. Ich habe nochmal in den Unterlagen nachgeblättert. Es war der jetzt nicht mehr hier im Hause weilende Kollege Schmidhuber, der noch vor zwei Jahren gemeint hat, daß sich die Wärmepreisdifferenz eher in die Nähe von null DM hinentwickeln müsse. Da kann ich nur sagen: So kann man sich täuschen; dehn jetzt können wir feststellen, mit welcher Rasanz und wie eklatant genau die Wärmepreisentwicklung in eine andere Richtung gegangen ist, auf über 30 DM hin. Dies nicht zuletzt als Ergebnis des Dollarverfalls und anderer Aspekte, die den Preis für schweres Heizöl nach unten gedrückt haben. Zu diesen Einwirkungsfaktoren gehört auch diese Verordnung, dieses Gesetz selbst; denn es verengt den Markt für schweres Heizöl und drückt damit tendenziell den Referenzpreis in die Tiefe, was letztlich auch zu dieser in Verbindung mit dem Dollarverfall erhöhten Wärmepreisdifferenz geführt hat. Ich möchte auch nicht versäumen, anzumerken, daß wir von der FDP-Bundestagsfraktion generell begrüßen, daß wir über den Sachverhalt der Unterstützung der Steinkohle für die Verwendung zur Stromerzeugung so offen in all diesen Aspekten sprechen können; denn letztlich ist dieser Mehraufwand auch von allen Stromverbrauchern, von den Tarifkunden und von den Sonderabnehmern, selbst zu bezahlen. Wir von der FDP-Fraktion hoffen, daß diese Aussprache über die Erhöhung der Ausgleichsabgabe darum auch geeignet ist, unseren Mitbürgern die generelle Notwendigkeit für diesen Versicherungsbeitrag zur sicheren Stromerzeugung durch Verwendung deutscher Steinkohle zu verdeutlichen, damit sich die Einsicht verstärkt, daß ein Vierpersonenhaushalt in der Bundesrepublik etwa eine DM monatlich für seinen durchschnittlichen Sromverbrauch mehr zu entrichten hat. Noch zwei weitere Punkte möchte ich aufnehmen, Herr Kollege Dr. Narjes, den Hinweis - und Sie haben möglicherweise diesen grünen Antrag gerade in Händen -, diese jetzt von allen Stromverbrauchern getragene Subvention in Zukunft in den Haushalt zu übernehmen. Was bedeutet das? Das hieße eine Belastung in der Größenordnung von 2 bis 3 Milliarden DM .im Haushalt unterbringen zu wollen. Ich glaube, das kann doch bei Licht besehen - ({1})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen und dem Redner die nötige Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Werner Zywietz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002612, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das, was sich in der Mehrbelastung des Haushalts pro Monat mit einer DM ausnimmt, würde sich für den Bundesetat in einer Größenordnung von 2 bis 3 Milliarden DM ausnehmen. Da frage ich mich, mit wieviel Verantwortungsbewußtsein man in dieser Eile so einen Antrag aus der Tasche zieht. Denn was kann das letztlich bedeuten? Daß wir hier stark ausgabenwirksame Anträge in kurzer Zeit stellen und draußen der Bundesregierung in .der alten Übung wieder einmal mehr unsolides Finanzgebaren nachsagen wollen. ({0}) Das wäre die eine Möglichkeit, und die Art, wie sie häufig vorgetragen wird, ist ja nicht unüblich. Die zweite Möglichkeit wäre wohl die Einschätzung, daß ein solcher Betrag nicht vom Haushalt zu verkraften wäre und daß diese Subvention für die Kohle eingeschränkt werden müßte. Aber dann müssen Sie es auch den Familien und den Arbeitnehmern im Ruhrgebiet und an der Saar, wie Sie es so schön gesagt haben, ganz einfach verdeutlichen, wie es sich dann mit ihren regionalen Arbeitsplatzchancen dort ausnimmt, wenn Sie diese Belastung zurückfahren. ({1}) Ich möchte schließen. Unser Hauptappell geht allerdings in die Richtung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen. Es liegt weitgehend an den Stromversorgungsunternehmen, ob dieses Instrument der Verstromung in der vorliegenden Form der dauerhaft vertretbare Weg ist, um einem Ziel gerecht zu werden, das wir seitens der FDP voll und ganz unterstreichen, nämlich der deutschen Steinkohle die notwendige faire Chance .im Wettbewerb mit anderen Energieträgern wahrnehmen zu helfen. In dieser Hoffnung stimmen wir - insbesondere angesichts der verdeutlichenden Anmerkungen des Herrn Wirtschaftsministers - dieser Verordnung zu und widersprechen der in Ihrem Entschließungsantrag enthaltenden Forderung, diese Mittel aus dem Haushalt auszugleichen. ({2})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache. Zu der Beschlußempfehlung des Ausschusses auf Drucksache 8/2381 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/2391 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist der Fall. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelsberger. ({0})

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Dritten Verstromungsgesetz hat der Gesetzgeber die rechtliche Grundlage für eine Sicherung der Verstromung deutscher Steinkohle geschaffen. Durch § 4 des Dritten Verstromungsgesetzes ist der Bundeswirtschaftsminister verpflichtet, den Prozentsatz der Ausgleichsabgabe für ein Rechnungsjahr im voraus durch Rechtsverordnung festzulegen. Übersteigt der Prozentsatz 4,5 %, so bedarf die Rechtsverordnung der Zustimmung des Bundestages. Für das Jahr 1979 soll der Prozentsatz laut Verordnungsentwurf auf durchschnittlich 6,2% festgelegt werden. Dies bedeutet einschließlich der Mehrwertsteuer von 13 % eine zusätzliche Belastung der Stromverbraucher von 730 Millionen DM. Das Aufkommen aus dem Kohlepfennig wird damit im kommenden Jahr voraussichtlich 2,4 Milliarden DM betragen. Einschließlich der Mehrwertsteuer bedeutet dies eine Belastung der Verbraucher in Höhe von 2,7 Milliarden DM. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kohlepfennig-Regelung, die vom Bundestag einstimmig beschlossen wurde, hat sich meines Erachtens nicht bewährt. Sie sollte deshalb unverzüglich abgeschafft und durch die alte Haushaltslösung ersetzt werden. Als Abgeordneter eines revierfernen Bundeslandes, dessen Bürger für die Sondersteuer über den Stromverbrauch kein Verständnis aufbringen, sehe ich mich nicht in der Lage, der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Anhebung zuzustimmen. ({0}) Hauptgewinner der Kohlepfennig-Regelung ist der Bundesfinanzminister. Er kassiert nämlich mit der Quasi-Verbrauchsteuer Kohlepfennig still und heimlich über 300 Millionen DM. ({1}) Daß er ein Interesse an der Erhöhung des Kohlepfennigs hat, liegt auf der Hand. Eine Anhebung der Ausgleichsabgabe auf durchschnittlich 6,2 °/o bedeutet nach meiner Auffassung einen qualitativen Sprung in der Förderung der Kohleverstromung. Aus dem Kohlepfennig wird ein Kohlegroschen, meine Damen und Herren. Die Abgabe betrug ursprünglich 3,24 %. Sie wurde dann auf 4,5% angehoben und soll nun auf 6,2 % angehoben werden. Das Äußerste, was wir zugestehen könnten, sind 5,8 % entsprechend unserem Antrag. Eine Erhöhung auf 6,2% bedeutet infolge der regionalen Differenzierung der Ausgleichsabgabe in Nordrhein-Westfalen eine Besteuerung des Stromverbrauchs in Höhe von 7,5 %. Mehrwertsteuer und Kohlepfennig führen dazu, daß die steuerliche Belastung des Stromverbrauchs die 20-%-Marke übersteigt. Angesichts der damit erreichten Größenordnung halte ich eine Förderung des deutschen Steinkohlebergbaus über eine Sondersteuer auf den Stromverbrauch für volkswirtschaftlich nicht mehr gerechtfertigt. Schließlich werden nur ca 20 °/o des deutschen Stromverbrauchs durch die Verstromung deutscher Steinkohle gedeckt. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einige grundsätzliche Bemerkungen zur fianziellen Förderung des deutschen Steinkohlebergbaus machen. ({2}) Ohne Zuschüsse an die knappschaftliche Rentenversicherung betragen die Subventionen einschließlich der Altlasten für die Steinkohle laut. sechstem Subventionsbericht der Bundesregierung knapp 6 Milliarden DM. ({3}) Geht man davon aus, daß der Steinkohlebergbau direkt und indirekt 200 000 Beschäftigte aufweist, so bedeutet das, daß pro Arbeitsplatz der Steinkohlebergbau etwa 25 000 DM im Jahr an öffentlichen Mitteln erhält. Bezogen auf eine jährliche Förderung von rund 90 Millionen t bedeutet das, daß jede Tonne deutsche Steinkohle mit rund 55 DM bezuschußt wird. Ich frage mich, ob hier nicht neben der Deutschen Bundesbahn ein weiteres Faß ohne Boden geschaffen wird. Der Bundeswirtschaftsminister hat 'bei der Einbringung der Zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung am 20. April dieses Jahres im Plenum des Deutschen Bundestages meines Erachtens zu Recht erklärt, die finanzielle Förderung der Steinkohle habe mit einer Höhe von 4 Milliarden DM im Jahre 1978 die Grenze des haushaltspolitisch und gesamtwirtschaftlich Zumutbaren erreicht. Zwischenzeitlich hat der Wirtschaftsminister seine Auffassung allerdings geändert. Auf der Mitgliederversammlung der Wirtschaftsvereinigung Bergbau erklärte er, mit nunmehr 6 Milliarden DM sei die Grenze des Vertretbaren endgültig erreicht. Ich bin gespannt, wie lange es geht, ({4}) bis der Bundeswirtschaftsminister die Grenze von 8 Milliarden DM ankündigt. ({5}) Die CDU/CSU-Fraktion hat bisher allen Maßnahmen zur Förderung der deutschen Steinkohle zugestimmt. ({6}) Wenn heute ein Teil der Abgeordneten meiner Fraktion gegen die Erhöhung des Kohlepfennigs stimmen wird, so bedeutet das kein Nein zur Kohle, ({7}) sondern ein Nein zur gegenwärtigen. Kohlepolitik dieser Bundesregierung. ({8}) Die Regelung des Verstromungsgesetzes hat sich als ein falscher Weg erwiesen. Ich bin der Auffassung, daß wir wieder zu den alten Haushaltslösungen zurückkehren müssen. Ich möchte in diesem Zusammenhang ausdrücklich noch einmal auf den Beschluß des Bundesrates vom 25. November 1977 verweisen .Bei der Verabschiedung des auch von uns mitgetragenen dritten Verstromungsgesetzes gingen wir davon aus, daß sich eine Belastung der Stromverbraucher in Höhe von 1,5 Milliarden DM ergeben wird. Nach dem Verordnungsentwurf der Bundesregierung wird sich 1979 allerdings ein Volumen in Höhe von 2,4 Milliarden DM ergeben. Diese Entwicklung beweist in aller Deutlichkeit, daß sich die von uns erhobenen Bedenken gegen das dritte Verstromungsgesetz bestätigt haben. Das Verstromungsgesetz sollte daher unverzüglich dahin gehend geändert werden, daß wieder die alte Haushaltslösung in Kraft tritt. Die Besteuerung des Stromverbrauchs führt zu ,einer erheblichen Steigerung der Stromkosten. Was die Strompreise betrifft, liegt die Bundesregierung unter den westlichen Industrienationen nach Belgien und den Niederlanden an dritter Stelle. Für stromintensive Industriezweige - denken Sie an Aluminium oder an die Chemie ({9}) bedeutet eine weitere Erhöhung der Stromkosten eine Beeinträchtigung der Wettbewerbslage - was der Herr Bundeswirtschaftsminister eben auch bestätigt hat - gegenüber der internationalen Konkurrenz, deren Stromverbrauch keiner Sondersteuer untererliegt. Meine Damen und Herren, wie ich schon eingangs betont habe, wird nun aus dem Kohlepfennig ein Kohlegroschen. Über einen Schattenhaushalt, „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleabsatzes" genannt, wird ein Finanzvolumen von rund 3 Milliarden DM am Parlament vorbei bewirtschaftet. Hier ergeben sich erhebliche ordnungspolitische Bedenken. Auch aus diesem Grund sollte die Verstromungsfinanzierung durch eine Sondersteuer aufgegeben und durch die Haushaltslösung ersetzt werden. ({10}) Mir erscheint es auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich, wenn immer mehr Pfennige und Schattenhaushalte eingeführt werden. Denken Sie an die Altölabgabe, an den Erdölbevorratungspfennig oder die Milcherzeuger-Mitverantwortungsabgabe. Auch solche wirtschafts-verwaltungsrechtlichen Abgaben führen zu einer Belastung der Verbraucher, wobei hinzukommt, daß auf alle diese Abgaben noch Umsatzsteuer erhoben wird. Der Bundestag hat vor kurzem Steuerentlastungen in Milliardenhöhe beschlossen. Was dem Bürger mit der einen Hand gegeben wird, wird ihm aber nun mit der anderen Hand wieder abgeknöpft: 730 Millionen DM zusätzlich für den Kohlepfennig, 500 Millionen DM zusätzlich für die Heizölsteuer. Eine solche Finanzpolitik, meine Damen und Herren, ist schlichtweg unseriös und findet beim Bürger mit Recht kein Verständnis. ({11}) Meine Damen und Herren, die geltende Verstromungsregelung hat sich auch deshalb nicht bewährt, weil sie die regionalen Ungleichgewichte verschärft hat. Daran hat sich auch durch die Ende 1977 eingeführte regionale Differenzierung des Kohlepfennigs im Prinzip nichts geändert. Die revierfernen Bundesländer haben die höchsten Strompreise zu verzeichnen, wie Sie, Herr Wolfram, eben auch bestätigt haben. ({12}) Die Verstromungsfinanzierung über den Kohlepfennig führt zu interregionalen Kapitaltransfers, die den Zielen und Grundsätzen der regionalen Wirtschafts- und Strukturpolitik zuwiderlaufen. Die Nettoabflüsse aus den revierfernen Ländern infolge der Erhöhung des Kohlepfennigs werden sich nach unseren vorläufigen Berechnungen nahezu verdoppeln. ({13}) Für Bayern, dessen Stromverbrauch überwiegend aus Wasserkraft, Braunkohle, Erdgas und Kernenergie gedeckt wird, bedeutet dies, daß 1979 durch den Kohlepfennig fast 200 Millionen DM abfließen werden. ({14}) Durch die Anhebung des Kohlepfennigs werden die revierfernen Bundesländer in einer Größenordnung zur Kasse gebeten, die weit mehr beträgt als die Bundeszuschüsse zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Angesichts solch enormer interregionaler Kapitaltransfers verliert die gegenwärtig praktizierte regionale Strukturpolitik ihren Sinn. ({15}) Im übrigen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, haben sich die bayerische SPD und die bayerische FDP gegen die Erhöhung des Kohlepfennigs gewandt und zusammen mit den CSU-Abgeordneten im Wirtschaftsausschuß des Bayerischen Landtags einen entsprechenden Entschließungsantrag gefaßt. ({16}) - Herr Wehner, Ihnen wird man es natürlich nie recht machen können. ({17}) - Das ist -

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Herr Abgeordneter Engelsberger, wenn die Glocke des Präsidenten erklingt, dann hat er die Absicht, etwas zu sagen. ({0}) Die Mahnung, die der Präsident damit ausspricht, gilt nicht dem Redner, sondern gilt den Damen und Herren, die unten noch die Geduld haben sollten, Vizepräsident Stücklen I damit wir diese Begründung zu Ende bringen und dann zur Abstimmung kommen. ({1})

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gelegentlich wird betont, daß eventuell entstehende Überschüsse aus dem Kohlepfennig in die nächste Jahresrechnung des Ausgleichsfonds übertragen werden, um bei der Neufestsetzung des Prozentsatzes für 1980 Berücksichtigung zu finden. Ich sehe hier die Sache anders. Sollte auf Grund der Dollarentwicklung und der Ölpreisentwicklung die Wärmepreisdifferenz geringer werden ({0}) als veranschlagt, so ist schon heute klar abzusehen, daß dieser Spielraum dann von der Kohlewirtschaft zu einer Anhebung der Listenpreise ausgeschöpft werden wird. Lassen Sie mich zusammenfassen. ({1}) Die gegenwärtige Verstromungsregelung über den Kohlepfennig hat sich meines Erachtens als falsch erwiesen. Die Finanzierung eines Schattenhaushalts mit einem Volumen von fast 3 Milliarden DM durch eine Sonderverbrauchsteuer ist ordnungspolitisch höchst bedenklich. ({2}) Die gegenwärtige Regelung führt zu einer. erheblichen Belastung der stromintensiven Industriezweige und beeinträchtigt deren internationale Wettbewerbsfähigkeit. Durch das Verstromungsgesetz lassen sich die Strukturprobleme an Rhein und Ruhr nicht lösen; das hat sich bereits bisher erwiesen. Das gegenwärtige Verstromungsrecht führt zu einer immer größer werdenden Belastung der revierfernen Bundesländer, ({3}) und zwar in einem Ausmaß, daß die gesamte regionale Strukturpolitik in Frage gestellt ist. Deshalb ist es dringend geboten, das Dritte Verstromungsgesetz zu ändern und durch die Haushaltslösung zu ersetzen. Die Abgeordneten der revierfernen Bundesländer, für die ich hier spreche, werden daher die Verordnung zur Anhebung des Kohlepfennigs ablehnen. Diese Ablehnung bedeutet kein Nein zur deutschen Steinkohle. ({4}) Die gegenwärtige Anhebung des Kohlepfennigs kommt ohnehin nicht dem Steinkohlebergbau direkt, sondern ausschließlich den Betreibern von Steinkohlekraftwerken und natürlich dem Bundesfinanzminister zugute. ({5}) Zum Schluß ({6}) möchte ich noch den Chef der Ruhrkohle AG Bund zitieren, ({7}) der gestern erklärt hat, daß diese Anhebung des Kohlepfennigs nicht notwendig, sondern überflüssig sei. ({8})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Otto Lambsdorff (Minister:in)

Politiker ID: 11001272

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich fasse mich in wenigen Sätzen ganz kurz. Erstens. Herr Narjes hat darauf hingewiesen, wir mögen die Verordnungsänderungsentwürfe künftig früher einreichen, die Preise aber zeitnäher angeben. Er sollte mir vormachen, wie man das macht. ({0}) Zweitens. Herr Narjes hat gemeint, in der Zeitfestsetzung könnten wir schalten und walten, wie wir wollten. Er weiß ganz genau, daß mit unser beider Unterstützung die Schwantag-Formel eingeführt worden ist und daß diese Preise nach dieser Formel berechnet werden. Aber dies ist nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist der letzte Beitrag von Herrn Kollegen Engelsberger. Was immer Herr Bund gesagt hat - ich habe das hier zum erstenmal vernommen -, der in der Sprache des Reviers „der kleine Bund" heißt, so wird das hier beim großen Bund entschieden, und entschieden wird das auch nicht im bayerischen Landtag von bayerischer SPD und FDP, sondern in diesem Hause müssen Sie, hic Rhodos hic salta, sagen, ob Sie die deutsche Steinkohle fördern wollen oder nicht. Wenn hier das Märchen von dem Kollegen Engelsberger verbreitet wird, es gehe um den Kohlegroschen, so geht es jetzt mit dieser Erhöhung präzise auf einen Pfennig pro Kilowattstunde. Sparen Sie sich Ihre Märchen; das sind in der Tat revierferne Märchen! ({1}) Das hat auch nichts damit zu tun, daß man sagt, dies sei kein Nein zur Kohle. Wenn diese Verordnung nicht verabschiedet wird, wenn dieses Geld nicht zur Verfügung gestellt wird, sind die deutschen Bergbauunternehmen nicht in der Lage, den Zehnjahresvertrag mit den Energieversorgungsunternehmen zu erfüllen, und dies heißt Nein zur deutschen Steinkohle. ({2}) Meine Damen und Herren, Sie üben hier in letzter Stunde Kritik an einem Gesetz, dem Sie selber zugestimmt haben, ({3}) und zwar mit allen Auswirkungen in voller Kenntnis der Umstände nach monatelanger Beratung im Wirtschaftsausschuß des Bundestages. ({4}) Ich war als Mitglied dabei. Deswegen kann hier nicht nach der Methode verfahren werden: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß! ({5}) Ich sage noch einmal: Es ist gut, daß wir eine namentliche Abstimmung in diesem Punkte haben, es ist gut, daß wir feststellen können, daß es dann in dieser Frage allerdings keine Gemeinsamkeit zwischen Opposition und Koalition und Regierung gibt, aber auch keine Gemeinsamkeit in Ihren eigenen Reihen. ({6})..

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Narjes. ({0})

Dr. Karl Heinz Narjes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001582, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat mich eben noch einmal angesprochen; ({0}) ich möchte darauf antworten. ({1}) Erste Feststellung, Herr Bundeswirtschaftsminister: Der Verstromungsbeirat hat am 31. Oktober getagt. Wir im Wirtschaftsausschuß hatten die Möglichkeit, darüber zu sprechen, erstmals am 6. Dezember. ({2}) Es wäre gut möglich gewesen, die Zeit zwischen diesen beiden Vorgängen zu halbieren; dann wären Ihre Zahlen nicht anders gewesen, und wir hätten genau die Beratungszeit gehabt, deren Fehlen ich vorhin gerügt habe. ({3}) Ich finde es auch merkwürdig, daß Sie den bedeutenden Vorsitzenden der Ruhrkohle-Bergbau-AG hier als den „kleinen Bund" apostrophiert haben. Ich halte Herrn Bund, der hier nicht anwesend ist, und sich nicht verteidigen kann, für einen der bedeutendsten Kohlefachleute, die wir haben. Er verdient es nicht, in dieser Form hier herabgesetzt zu werden. ({4}) Herr Bundeswirtschaftsminister, die Debatte hat aber auch - und zwar überdeutlich - gezeigt, wie schwer es ist, eine regional ausgewogene, dauerhafte, verläßliche Förderung der Steinkohle durchzusetzen, um die wir uns im Dritten Verstromungsgesetz bemüht haben. ({5}) Ich wiederhole, was ich eingangs gesagt habe: Wir stehen uneingeschränkt zu den Rechtsverpflichtungen, die sich aus dem Dritten Verstromungsgesetz ergeben. ({6}) Wir wissen aber auch aus den regionalen Spannungen, die nicht das Privileg einer Partei sind - zu Recht ist hier das Votum der SPD-Fraktion des Bayerischen Landtages angeführt worden; ich könnte Ihnen auch noch andere nennen -, in welch einem Maße wir bei der Ausführung dieses Gesetzes Rücksicht auf alle Regionen Deutschlands zu nehmen haben. ({7}) Deshalb liegt mir erstens daran, festzustellen, daß der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/2391 - der rote Antrag, der Ihnen vorliegt - ein Antrag ist, der aus der Sorge geboren ist, in der Anwendung des Dritten Verstromungsgesetzes die richtige, die optimale Lösung für alle Regionen zu finden, und daß wir für diesen Antrag eintreten. Zweitens liegt mir daran, festzustellen, daß sich die CDU/CSU durch niemanden in dem Bemühen und in der Bereitschaft zu einer wirksamen Hilfe für den deutschen Steinkohlebergbau übertreffen lassen wird. ({8}) - Meine Damen und Herren von der SPD, Sie haben heute mehrfach gehört, wie der Herr Bundeswirtschaftsminister die Grenzen der zugunsten der Steinkohle vertretbaren Belastbarkeit aufgeführt hat. ({9}) Wir werden uns in einiger Zeit wiedersehen, wenn zur Kasse gebeten wird, und wer dann spricht, das werden wir noch sehen. ({10}) Ich wiederhole also: Der Satz von 5,8 v. H. ist der nach unserem besten Wissen und Gewissen richtige Abgabesatz für das Haushaltsjahr 1979. ({11})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Da eine namentliche Abstimmung nicht beantragt ist, darf ich Sie bitten, auf Ihren Plätzen zu bleiben. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/2391 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Ausschusses. Der Ausschuß empfiehlt auf Drucksache 8/2381, der Verordnung Vizepräsident Stücklen auf Drucksache 8/2307 zuzustimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei einer Stimmenthaltung ist die Beschlußempfehlung mit Mehrheit angenommen. Es liegt noch ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 8/2388 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Schröder. ({0})

Dr. h. c. Horst Schröder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002080, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion auf der Drucksache 8/2388 ist ein haushaltspolitischer und ein haushaltsrechtlicher Antrag. Das Aufkommen aus der Verstromung hat in der Zwischenzeit ein Volumen von über 21/2 Milliarden-DM erreicht. Es ist einer der größten Schattenhaushalte des Bundes geworden. Wir sind der Auffassung, daß das Parlament nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, in einer so elementaren Frage sich das Budgetrecht wieder zurückzuholen. ({0}) Unser Antrag soll dazu führen, die Grundsätze der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit zu präzisieren - ganz im Sinne der Stellungnahme des Bundesrechnungshofs zu dem seinerzeitigen Gesetzentwurf aus dem Jahre 1974, aus dem ich die beiden entscheidenden Sätze zitieren darf. Der Bundesrechnungshof hat uns damals als seine Meinung kundgetan, es sei bedenklich, daß das Sondervermögen mehreren entscheidenden Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung nicht unterliegen sollen. Er führt weiter aus, besonders bedenklich sei die Nichtanwendung der §§ 1 und 114. Diese Vorschriften betreffen die Feststellung des Wirtschaftsplans durch Gesetz und die Entlastung. Der Bundesrechnungshof schließt seine damalige Stellungnahme mit den Worten ab - und dies rührt an das Selbstverständnis nicht nur der Opposition, sondern des Parlaments in seiner Gesamtheit - mit dem Bemerken: Insgesamt muß deshalb gesagt werden, daß die in dem zur Beratung anstehenden Gesetz vorgesehene Regelung eine Einengung des parlamentarischen Budgetrechts und der parlamentarischen Kontrolle für einen wichtigen Bereich der Wirtschaftspolitik des Bunde s zur Folge hätte. ({1}) Meine Damen und Herren, wenn sich der Bundeswirtschaftsminister eben hier hingestellt und gesagt hat, daß die Entscheidung nicht irgendwo draußen im Lande, nicht im Bayerischen Landtag oder sonstwo fällt, sondern hier in diesem Hause, dann können wir daraus nur die logische Schlußfolgerung ziehen, daß diese Maßnahme in das Haushaltsgesetz, in den Haushalt selber hineingehört. ({2}) Lassen Sie mich abschließend noch einmal ganz deutlich machen, daß dieser haushaltspolitische und haushaltsrechtliche Antrag keinen Eingriff in die Substanz des Dritten Verstromungsgesetzes darstellt. Die CDU/CSU - das hat der Kollege Narjes deutlich gemacht, und ich wiederhole es abschließend zu dieser Debatte - steht zum Dritten Verstromungsgesetz und zu den darin festgelegten Zielsetzungen und Grundsätzen. ({3})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Das Wort hat der Abgeordnete Wolfram.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die CDU/CSU diesem Hause in letzter Minute zumutet, ist abenteuerlich. ({0}) Der Antrag ist verantwortungslos. Was dem Haushalt zugemutet wird, ist verantwortungslos. ({1}) Im übrigen ist die Begründung falsch. Ich beantrage Ablehnung des Antrags und namentliche Abstimmung. ({2})

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002281

Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Wir treten in die Abstimmung ein. Haben alle Damen und Herren des Hauses ihre Abstimmung vollzogen? ({0}) - Es gibt auch blaue Karten, Herr Wehner; das ist auch eine Farbe. - Ich sehe niemanden mehr, der noch abstimmen will. Damit schließe ich die Abstimmung. Ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Von den uneingeschränkt stimmberechtigten Abgeordneten haben 203 mit Ja und 227 mit Nein gestimmt. Ein Abgeordneter hat sich der Stimme enthalten. Von den Berliner Abgeordneten haben 9 mit Ja und 10 mit Nein gestimmt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen 432 und 19 Berliner Abgeordnete; davon ja: 203 und 9 Berliner Abgeordnete nein: 227 und 10 Berliner Abgeordnete enthalten: 1 ungültig: 1 Vizepräsident Stücklen Ja CDU/CSU Dr. Abelein Dr. Althammer Dr. Arnold Bayha Dr. Becher ({1}) Dr. Becker ({2}) Frau Benedix Benz Berger ({3}) Berger ({4}) Biechele Biehle Dr. Blüm Böhm ({5}) Dr. Bötsch Braun Breidbach Broil Bühler ({6}) Burger Carstens ({7}) Carstens ({8}) Dr. Czaja Damm Daweke Dr. Dollinger Dr. Dregger Dreyer Erhard ({9}) Ernesti Eymer ({10}) Feinendegen Frau Fischer Francke ({11}) Franke Frau Geier Geisenhover Dr. George Gerlach ({12}) Gerstein Gerster ({13}) Gierenstein Glos Haase ({14}) Haberl Dr. Häfele Dr. Hammans Hanz Hartmann Hasinger von Hassel Hauser ({15}) Hauser ({16}) Helmrich Dr. Hennig von der Heydt Freiherr von Massenbach Höffkes Höpfinger Dr. Hoffacker Frau Hoffmann ({17}) Dr. Hornhues Horstmeier Dr. Hubrig Frau Hürland Dr. Hüsch Dr. Hupka Graf Huyn Dr. Jaeger Jäger ({18}) Dr. Jahn ({19}) Dr. Jenninger Dr. Jentsch ({20}) Dr. Jobst Josten Frau Karwatzki Dr. Klein ({21}) Klein ({22}) Dr. Köhler ({23}) Dr. Köhler ({24}) Köster Dr. Kohl Kolb Krampe Dr. Kraske Kraus Krey Kroll-Schlüter Frau Krone-Appuhn Dr. Kunz ({25}) Lagershausen Lampersbach Landré Dr. Langguth Dr. Langner Dr. Lenz ({26}) Lenzer Link Lintner Dr. Luda Dr. Mende Dr. Mertes ({27}) Metz Dr. Meyer zu Bentrup Dr. Mikat Dr. Miltner Milz Dr. Möller Dr. Narjes Frau Dr. Neumeister Niegel Nordlohne Petersen Pfeffermann Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Prangenberg Rainer Rawe Reddemann Regenspurger Dr. Reimers Reichold Frau Dr. Riede ({28}) Dr. Riedl ({29}) Dr. Ritz Röhner Dr. Rose Rühe Sauer ({30}) Sauter ({31}) Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Dr. Schäuble Schartz ({32}) Schetter Frau Schleicher Schmidt ({33}) Schmitz ({34}) Schmöle Dr. Schneider Dr. Schröder ({35}) Schröder ({36}) Schröder ({37}) Dr. Schulte ({38}) Schwarz Dr. Schwarz-Schilling Seiters Sick Spilker Spranger Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({39}) Graf Stauffenberg Dr. Stavenhagen Dr. Stercken Stommel Stutzer de Terra Tillmann Dr. Todenhöfer Frau Tübler Dr. Unland Frau Verhülsdonk Vogel ({40}) Vogt ({41}) Voigt ({42}) Volmer Dr. Voss Dr. Waffenschmidt Dr. Waigel Dr. Warnke Dr. von Wartenberg Weber ({43}) Weiskirch ({44}) Werner Frau Dr. Wex Frau Will-Feld Frau Dr. Wilms Wimmer ({45}) Windelen Frau Dr. Wisniewski Wissebach Wissmann Dr. Wittmann ({46}) Dr. Wörner Dr. Wulff Dr. Zeitel Dr. Zimmermann Zink Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger ({47}) Dr. Gradl Kittelmann Kunz ({48}) Müller ({49}) Dr. Pfennig Frau Pieser Straßmeir Nein CDU/CSU Conrad ({50}) Russe Zeyer SPD Ahlers Amling Dr. Apel Arendt Augstein Baack Bahr Becker ({51}) Biermann Dr. Böhme ({52}) Frau von Bothmer Brandt ({53}) Brück Buchstaller Büchler ({54}) Büchner ({55}) Buschfort Dr. Bußmann Collet Conradi Coppik Dr. Corterier Curdt Frau Dr. Däubler-Gmelin Daubertshäuser Dürr Dr. Ehmke Dr. Ehrenberg Eickmeyer Frau Eilers ({56}) Dr. Emmerlich Dr. Enders Engholm Frau Erler Esters Ewen Fiebig Dr. Fischer Frau Dr. Focke Franke ({57}) Friedrich ({58}) Gansel Gerstl ({59}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gobrecht Grobecker Grunenberg Gscheidle Dr. Haack Haar Haehser Frau Dr. Hartenstein Hauck Dr. Hauff Henke Heyenn Höhmann Hofmann ({60}) Dr. Holtz Horn Frau Huber Huonker Immer ({61}) Jahn ({62}) Jaunich Dr. Jens ({63}) Junghans Jungmann Junker Kaffka Klein ({64}) Koblitz Konrad Kretkowski Dr. Kreutzmann Krockert Kuhlwein Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen Leber Lenders Frau Dr. Lepsius Liedtke Dr. Linde Vizepräsident Stücklen Lutz Mahne Marquardt Marschall Frau Dr. Martiny-Glotz Matthöfer Dr. Meinecke ({65}) Meinike ({66}) Meininghaus Menzel Möhring Müller ({67}) Müller ({68}) Müller ({69}) Dr. Müller-Emmert Müntefering Nagel Nehm Neumann ({70}) Neumann ({71}) Dr. Nöbel Offergeld Oostergetelo Paterna Peiter Dr. Penner Pensky Peter Polkehn Porzner Rapp ({72}) Rappe ({73}) Frau Renger Reuschenbach Rohde Roth Sander Saxowski Dr. Schachtschabel Schäfer ({74}) Dr. Schäfer ({75}) Scheffler Schirmer Schlaga Schluckebier Dr. Schmidt ({76}) Schmidt ({77}) Schmidt ({78}) Schmidt ({79}) Schmidt ({80}) Dr Schmude Dr. Schöfberger Schulte ({81}) Dr. Schwenk ({82}) Frau Simonis Simpfendörfer Dr. Sperling Stahl ({83}) Frau Steinhauer Stockleben Stöckl Sybertz Thüsing Frau Dr. Timm Tönjes Topmann Frau Traupe Urbaniak Dr. Vogel ({84}) Vogelsang Voigt ({85}) Waltemathe Walther Dr. Weber ({86}) Weisskirchen ({87}) Wendt Dr. Wernitz Westphal Wiefel Wilhelm Wimmer ({88}) Wischnewski Dr. de With Wittmann ({89}) Wolfram ({90}) Wrede Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Zeitler Berliner Abgeordnete Bühling Dr. Diederich ({91}) Dr. Dübber Egert Löffler Manning Mattick Frau Schlei Schulze ({92}) FDP Angermeyer Baum Cronenberg Eimer ({93}) Engelhard Frau Funcke Gartner Gattermann Genscher Frau Dr. Hamm-Brücher Dr. Haussmann Hölscher Hoffie Kleinert Dr. Graf Lambsdorff Ludewig Dr. Dr. h. c. Maihofer Frau Matthäus-Maier Merker Mischnick Möllemann Paintner Peters ({94}) Schäfer ({95}) Schmidt ({96}) von Schoeler Frau Schuchardt Spitzmüller Dr. Vohrer Dr. Wendig Wolfgramm ({97}) Wurbs Berliner Abgeordnete Hoppe Fraktionslos Enthalten SPD Kühbacher Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt. ({98}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung angelangt. Bevor ich die Sitzung schließe, möchte ich noch bekanntgeben, daß nach einer interfraktionellen Vereinbarung morgen die Tagesordnungspunkte in folgender Reihenfolge aufgerufen werden. Zunächst wird Punkt 18, sodann Punkt 19 und schließlich Punkt 17 aufgerufen. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Freitag, den 15. Dezember 1978, vormittags 9 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.