Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung ergänzt werden um die
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Energieversorgung bei Gefährdung oder Störung der Einfuhren von Mineralöl oder Erdgas ({0})
- Drucksache 7,1198 Das Haus ist damit einverstanden; die Erweiterung der Tagesordnung ist beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister der Verteidigung hat mit Schreiben vorn 26. Oktober 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Werner, Dr. Marx, Biehle, Ernesti, Damm, Gierenstein, Handlos, Löher, Rommerskirchen, de Terra, Frau Tübler, Eilers ({1}), Dr. Wallmann, Dr. Schulze-Vorberg, Josten und Genossen betr. Kraftfahrzeug-Folgegeneration in der Bundesrepublik - Drucksache 7/1081 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7,11175 verteilt.
Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vorn 2. November 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rollmann, Dr. Götz, Frau Dr. Neumeister, Dr. Hammans, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein und der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung von Drogenberatungsstellen aus Bundesmitteln - Drucksache 7/1068 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1184 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 2. November 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Mursch ({2}), de Terra, Dr. Gruhl, Dr. Klein ({3}), von Alten-Nordheim, Dr. Jahn ({4}), Gerster ({5}), Orgaß, Lenzer, Bremm, Dr. Mertes ({6}), Pieroth und Genossen betr. Wahrung der Belange der Bürger der Bundesrepublik Deutschland bei Schäden, die Angehörige der Stationierungsstreitkräfte außer Dienst verursachen
Drucksache 7/1105 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/1185 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 2. November 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dürr, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Kirst und Genossen betr. schädliche Umwelteinwirkungen als Folge von Massentierhaltungen - Drucksache 7/902 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7;1187 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär heim Bundesminister des Auswärtigen hat mit Schreiben vom 30. Oktober 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Mertes ({7}), Dr. Carstens ({8}), Dr. Narjes, Vogel ({9}), Berger, Wagner ({10}), Dr. Lenz ({11}), Dr. Wittmann ({12}), Dr. Miltner, Picard, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein und Genossen betr. vorzeitige Zurruhesetzung im Auswärtigen Dienst - Drucksache 7/1055 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/1188 verteilt.
Der von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegte Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung ({13}) des Rates über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von reinrassigen Zuchttieren und über die Kriterien für die Festsetzung des Betrages dieser Erstattungen - Drucksache 7/870 - Bericht und Antrag des Ausschusses für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Drucksache 7/1145 wurde von der Kommission zurückgezogen und ist damit erledigt.
Der Bundesminister der Justiz hat mit Schreiben vorn 25. Oktober 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Lenz ({14}), Dr. Mikat, Erhard ({15}), Dr. Eyrich, Vogel ({16}) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Begnadigung von zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Personen -Drucksache 7/955 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/1171 verteilt.
Ich rufe Punkt 1 der heutigen Tagesordnung auf:
Fragestunde
- Drucksache 7/1182 Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, daß wir auch in dieser Woche zwei Fragestunden - abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde - mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten durchführen. Nach § 127 der Geschäftsordnung muß diese Abweichung beschlossen werden. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Damit treten wir in die Fragestunde ein, und ich rufe zunächst den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Die beiden von dem Herrn Abgeordneten Sauter ({0}) eingebrachten Fragen sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Die von dem Herrn Abgeordneten Gerlach ({1}) eingebrachte Frage wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Für die Beantwortung der eingebrachten Frage steht der Herr Bundesjustizminister zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Gansel auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, als Beitrag zu einem sozialen Mietrecht einen Mustermietvertrag zu erarbeiten und diesen rechtlich abzusichern?
Im Bundesministerium der Justiz wird seit einiger Zeit mit Vertretern von Spitzenverbänden der Wohnungswirtschaft, des Instituts für Wohnungsrecht und Wohnungswirtschaft an der Universität Köln und
den beteiligten Bundesministerien an der Erstellung eines Mustermietvertrages gearbeitet.
Die Arbeiten waren und sind darauf angelegt, ein von der Übereinstimmung insbesondere auch der Interessenvertretungen von Mietern und Vermietern getragenes Vertragsmuster zu entwickeln. Dem liegt die Erwartung zugrunde, daß ein Mustermietvertrag, der von den Verbänden selbst maßgeblich mit erarbeitet wurde, von ihnen auch für ihren Bereich übernommen und verwendet wird, bzw. daß sich die Verbände für seine Verwendung einsetzen.
Vom Bundesministerium der Justiz ist überdies in Aussicht genommen, den Mustermietvertrag nach Abschluß der Arbeiten einer möglichst breiten Öffentlichkeit bekanntzumachen und damit jedem Interessierten eine umfassende Orientierungshilfe zu geben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? - Bitte!
Wann etwa, Herr Minister, werden diese Vorarbeiten beendet sein?
Ein genauer Zeitpunkt läßt sich nicht angeben. Wir bemühen uns schon seit längerer Zeit darum, diese Verhandlungen zum Abschluß zu bringen. Ich hoffe, daß das in nächster Zeit geschehen kann. Wir sind allein nicht in der Lage, diese Verhandlungen abzuschließen. Wir legen Wert auf die Mitwirkung der Organisationen, weil davon wesentlich auch die Wirksamkeit der späteren Anwendung abhängt.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Habe ich Sie richtig verstanden, daß an eine besondere rechtliche Absicherung nicht gedacht ist, sondern daß es im wesentlichen den Vermietern überlassen bleiben wird, diesen Mustervertrag anzuwenden? Wenn ich das so richtig verstanden habe, warum ist das so?
Zunächst geht es nicht darum, einer Seite die Anwendung bzw. Verwendung dieses Mustervertrages zu überlassen, sondern - deshalb die Bemühungen - darum, beide Seiten, Vermieter und Mieter, mit in diese Verhandlungen und Bemühungen einzubeziehen. Alle Beteiligten sollen ihn zur Verfügung haben: der Mieter ihn vom Mieterbund genauso bekommen können wie umgekehrt der Vermieter vom Haus- und Grundbesitzerverein. Wir wollen durch eigene Veröffentlichung dazu beitragen, daß er allgemein bekannt wird. Das heißt, daß dann, wenn die Frage des Mietvertrags auftaucht - gleich von welcher Seite -, das gleiche Muster angewendet werden soll; das ist der Gedanke, der hinter den gegenwärtigen Bemühungen steht.
Ein Mietvertragsmuster für allgemeinverbindlich zu erklären, also allgemein rechtsverbindlich zu machen, ist nach der geltenden gesetzlichen Lage nicht möglich. Die Bundesregierung beabsichtigt auch nicht, eine entsprechende gesetzliche Regelung vorzuschlagen. Bei der Vielfalt der Lebensverhältnisse und der Vielzahl der Möglichkeiten ihrer rechtlichen Regelung erscheint es nicht zweckmäßig, die vertraglichen Beziehungen zwischen Mietern und Vermietern für alle Fälle in allen Einzelheiten festzulegen und damit den Vertragsparteien einen Zuschnitt nach ihrer besonderen Interessenlage, nach ihren eigenen Bedürfnissen, zu verwehren. Wenn eine solche Lösung, d. h. eine umfassende zwingende Regelung möglich wäre, bedürfte es nicht der Entwicklung eines Mustermietvertrages; angebracht wäre dann eine abschließende Regelung im Gesetz selbst.
Ziel unserer laufenden Bemühungen ist daher nicht die Erarbeitung eines einheitlichen zwingenden Vertragstextes, sondern, wie auch das Wort „Mustermietvertrag" schon zum Ausdruck bringt, eines Musters für einen nach der allgemeinen Interessenlage ausgewogenen Vertragstext.
Dieses Angebot an die Vertragsparteien wird zum Schutze des Mieters vor unbilligen Vertragsklauseln durch die im Gesetz für unabdingbar erklärten Vorschriften ergänzt; insoweit haben wir bereits eine im wesentlichen befriedigende Regelung. Ob auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse zur Herstellung oder zur Wahrung der Chancengleichheit weitere Vorschriften für unabdingbar erklärt werden müssen oder ob andere Ergänzungen des Mietrechts notwendig sind, wird von der Bundesregierung laufend überprüft. Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf das Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum, dessen Novellierung zur Zeit in meinem Hause in Arbeit ist; der Referentenentwurf ist vor kurzem in den Geschäftsgang gegangen.
Ich danke Ihnen, Herr Minister. Damit ist die Frage aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Abreß zur Verfügung.
Die Frage 122 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Schöfberger eingebracht:
Sieht die Bundesregierung irgendeine Möglichkeit, den im Zuge der Vergleichs- oder Konkursanmeldung verschiedener Baufirmen ({0}) geschädigten Sparern und Einlegern einen finanziellen Ausgleich zu gewähren oder dafür zu sorgen, daß die Anwartschaftsrechte der Geschädigten bei Übernahme der Vergleichs- oder Konkursmasse durch neue Träger erhalten bleiben?
Ich darf diese Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung verneint beide Teilfragen dieser Frage. Sie verweist insoweit auf die schon gegebenen schriftlichen Antworten auf die Fragen der Abgeordneten Immer, Neumeister, Baier und Mick vom
Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode Staatssekretär Dr. Abreß
24. September 1973, die als Anlagen zur 54., 55. und 58. Sitzung abgedruckt worden sind.
Darüber hinaus darf ich mich auf folgende Feststellungen beschränken: Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, die Schwierigkeiten im Bereich der Senioren-Wohnheim Wetterstein GmbH durch Gewährung von Bundesmitteln auszuräumen. Die zur Finanzierung des Wohnungsbaues für alte Menschen im Bundeshaushalt bei Kap. 25 03 Tit. 852 06 ausgewiesenen Mittel können nach Absprache mit den Ländern, denen nach der Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern die Durchführung des Wohnungsbaues und somit auch dessen Finanzierung obliegt, nur dann eingesetzt werden, wenn die Objekte mit Wohnungsbaumitteln der Länder nach Maßgabe der jeweiligen Wohnungsbauförderungsbestimmungen gefördert werden. Nach meinen Informationen sind die Heime der Senioren-Wohnheim Wetterstein GmbH nicht mit öffentlichen Mitteln der Länder gefördert worden.
Bemühungen, eine nachträgliche Förderung zu erhalten, scheitern wohl auch daran, daß die Personen, für die die Wohnungen bzw. die Wohnheime der Wetterstein GmbH vorgesehen sind, nicht zu dem nach § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes begünstigten Personenkreis gehören. Eine Möglichkeit, dafür zu sorgen, daß die Anwartschaftsrechte der Geschädigten bei Übernahme der Vergleichs- und Konkursmasse durch neue Träger erhalten bleiben, sieht die Bundesregierung nicht. Sie hat keine rechtsaufsichtliche Stellung. Im übrigen finden die Bestimmungen des Konkurs- und Vergleichsrechtes Anwendung.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?
Wie beurteilt die Bundesregierung den Umstand, daß die soeben genannte Firma Hubmann-Wetterstein in München mit den Namen bekannter und prominenter Politiker geworben hat und sich die geschädigten Menschen jetzt auf diesen Umstand berufen?
Die Bundesregierung hatte auf die Werbepraxis der hier in Rede stehenden Gesellschaft keinen Einfluß.
Keine weitere Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 123 des Herrn Abgeordneten Schöfberger auf:
Ist die Bundesregierung bereit, in der Weise gesetzesinitiativ zu werden, daß private Bauträger von Seniorenwohnheimen oder ähnlichen Einrichtungen Sparbeträge und Einlagen nur noch gegen dingliche Sicherung entgegennehmen dürfen und im übrigen der für Bausparkassen geltenden Aufsicht unterstellt werden?
Auch hier darf ich auf die schon früher erteilten Antworten Bezug nehmen.
Das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 16. August 1973 ({0}) unterwirft alle Bauherren einer Kontrolle, die gewerbsmäßig Bauvorhaben mit Mitteln von Käufern, Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten und von Bewerbern um Erwerbs- oder Nutzungsrechte durchführen wollen. Der durch dieses Änderungsgesetz in die Gewerbeordnung eingefügte neue § 34 c enthält darüber hinaus eine Ermächtigung zum Erlaß einer Verordnung über den Umfang der Verpflichtungen der Gewerbetreibenden bei der Ausübung des Gewerbes. In dieser Verordnung, die zur Zeit durch den Herrn Bundesminister für Wirtschaft vorbereitet wird, sind Bestimmungen vorgesehen, die den Gewerbetreibenden verpflichten sollen, für erhaltene Mittel Sicherheiten zu leisten oder eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Im Falle der Zwangsversteigerung oder des Konkursverfahrens wird in einer solchen Regelung ein stärkerer Schutz als eine dingliche Sicherung an bereiter, regelmäßig ungünstiger, da letzter Rangstelle gesehen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Westphal zur Verfügung.
Die Frage 5 ist von dem Herrn Abgeordneten Hoffie eingebracht. - Ich sehe den Herrn Abgeordneten nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 6 des Herrn Abgeordneten Dr. Klepsch auf:
'Trifft es zu, daß der Bundesgesundheitsminister eine Aktion bzw. die Verfasser eines Flugblatts, herausgegeben von der Gemeinnützigen Aktion „Fortschritt für alle", stützt, das als Beilage zur Rheinzeitung verbreitet wird und in dem die Redaktion sowohl behauptet, daß sie die volle ideelle Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums habe, als auch, daß die Länderministerien zur Atomlobby gehörten und insofern als Genehmigungsbehörden nicht objektiv seien, und wenn die Frage bejaht werden sollte, frage ich die Bundesregierung, welche Auffassung vertritt das Bundeswirtschaftsministerium in dieser Frage?
Herr Kollege Dr. Klepsch, es trifft nicht zu, daß die Gemeinnützige Aktion „Fortschritt für alle" oder einzelne Flugblätter dieser Aktion die volle ideelle Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums haben. Diese Aktion hat - wie in der Beilage zur „Rheinzeitung" vom 7. Juli 1973 - schon früher auf Flugblättern und ähnlichen Publikationen diese oder ähnliche Behauptungen zu Unrecht aufgestellt. Im September 1973 habe ich die Aktion daher aufgefordert, diese oder ähnliche Hinweise in Zukunft zu unterlassen.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Ey auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in einer Reihe von angebotenen Fertiggerichten die tolerierbaren Bleiwerte überschritten werden, und welche Maßnahmen zur Verbesserung des Verbraucherschutzes sind zur Gefahrenbehebung geplant?
Der Herr Abgeordnete ist im Saal. Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Ey, die Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder, so daß mir - abgesehen von den Jahresberichten der Untersuchungsämter - in der Regel Beanstandungen nur dann von den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden mitgeteilt werden, wenn es sich um Fälle von überregionaler Bedeutung handelt. Über das erwähnte Vorkommen von Blei in Fertiggerichten liegen mir keine derartigen Informationen von seiten der Länder vor. Es ist mir bekannt, daß auf einem Symposium der Universität Gießen am 14. und 15. Oktober 1973 einzelne Fälle von erhöhten Bleigehalten in bestimmten Fertiggerichten erwähnt worden sind. Ich habe deshalb die obersten Gesundheitsbehörden der Länder um Überprüfung der Angaben gebeten. Nach mir vorliegenden Informationen haben die Überwachungsbehörden die Überprüfung von Fertiggerichten auf Bleigehalte bereits auf breiter Basis aufgenommen. Bis jetzt liegen jedoch noch keine Untersuchungsergebnisse und Daten darüber vor.
Für den Gesundheitsschutz des Verbrauchers gegen schädliche Stoffe in Lebensmitteln gilt ganz allgemein § 3 des Lebensmittelgesetzes, wonach - auf den erwähnten Fall angewendet - kontaminierte Lebensmittel zu beanstanden sind, wenn ihr Genuß geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu schädigen. Darüber hinaus wird im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit auf Grund umfangreichen Datenmaterials an der Festsetzung zulässiger Höchstmengen für Blei und einige andere Metallverunreinigungen aus der Umwelt auf oder in Lebensmitteln gearbeitet. Aus diesen Unterlagen geht nicht hervor, daß die angesprochenen Fertiggerichte erhöhte Bleigehalte aufweisen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
In welchem Zeitraum glaubt die Bundesregierung Informationen über die Ergebnisse der Untersuchungen in den Ländern zu erhalten?
Herr Abgeordneter, es ist außerordentlich schwer, diese Frage zu beantworten, weil wir erstens auf die Informationen der Länder angewiesen sind. Zweitens handelt es sich um Forschung, bei der nicht vorhergesagt werden kann, wann man zu konkreten Ergebnissen kommt. Ich habe aber doch den Eindruck, daß der Tatbestand, der Sie zu Ihrer Frage bewogen hat, Anlaß gegeben hat, daß man sich mit großer Intensität um eine Klärung kümmern wird. Sie werden vielleicht bemerkt haben, daß in den Veröffentlichungen nicht davon die Rede ist, daß schon gefährliche Größenordnungen von Bleigehalt erreicht seien. Wenn es so wäre, müßten wir selbstverständlich sofort eingreifen.
Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Kern auf:
Wird die Erforschung der chemisch verursachten Mutagenität von der Bundesregierung gefördert?
Herr Staatssekretär, wollen Sie die beiden von dem Herrn Abgeordneten Kern gestellten Fragen im Zusammenhang beantworten, oder wollen Sie jede Frage gesondert beantworten?
Ich bin in der Lage, beide Fragen zusammengefaßt zu beantworten.
Der Herr Fragesteller ist damit einverstanden.
Dann rufe ich noch die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Kern auf:
Welche Bedeutung wird der Mutagenitätsforschung von der Bundesregierung zugesprochen?
Die Bundesregierung fördert die Mutagenitätsforschung. Im Rahmen der beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit ressortierenden interministeriellen Projektgruppe „Umweltchemikalien" besteht eine Ad-hoc-Forschungs-Planungsgruppe „Chemogenetik". Auf deren Initiative ist ein Dreistufenprogramm entwickelt worden. In der ersten Stufe haben die beteiligten Institute die Eichung der Testverfahren vorgenommen. Noch bis Ende 1973 kann - als zweite Stufe - mit der Testung bestimmter Substanzen begonnen werden. Die dritte Stufe wird zur Routinetestung ausgewählter Substanzen führen. Das Programm ist vorläufig auf drei Jahre Laufzeit berechnet.
Herr Abgeordneter, nach Ansicht der Bundesregierung ist die Mutagenitätsforschung ein Teil der toxikologischen Gesamtbewertung chemischer Substanzen. In diesem Forschungszweig sind wir auf Grund der bisherigen Ergebnisse nunmehr an einem Punkt angelangt, der auf eine enge Beziehung zu anderen Forschungszweigen, die die Auswirkung chemischer Stoffe auf Fehlentwicklungen erhellen könnte, hinweist. Eine weitere Problematik liegt in der Vielzahl der zu prüfenden Substanzen. Sie zwingt zur Setzung von Prioritäten Insoweit tragen die Erkenntnisse der Mutagenitätsforschung zusammen mit denen der übrigen beteiligten Wissenschaftsbereiche wesentlich zu den Entscheidungen der Bundesregierung im Bereich des Gesundheitsschutzes bei.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, auf welcher Basis erfolgt die Zusammenarbeit zwischen den Forschungseinrichtungen und den betroffenen Industriebetrieben, und wie sind eine öffentliche Kontrolle und die Durchsetzung entsprechender Verbote zu gewährleisten?
Herr Kollege Kern, ich kann Ihnen im Augenblick keine Auskunft darüber geben, wie die Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten, die keine Bundeseinrichtungen sind - ich nehme an, Ihre Frage bezieht sich auf die Universitäten -, und Einrichtungen der Industrie in der Praxis vor sich geht. Wir schalten in allen Angelegenheiten des Gesundheitsschutzes das Bundesgesundheitsamt ein. Wir haben von daher die Möglichkeit, entweder Hinweise zu bekommen, die uns in die Lage versetzen, zu warnen oder selbst Entscheidungen auf der Basis des Bundesrechts - z. B. des Lebensmittel- oder des Arzneimittelrechts - zu treffen.
Ich rufe die Frage 10 der Abgeordneten Frau Dr. Riedel-Martiny auf:
Ist der Bundesregierung ein vom Massachusetts Institute of Technology in Boston entwickeltes Analyseverfahren bekannt, das aus der Kombination eines Massenspektrometers mit einem Computer besteht und geeignet sein könnte, Rückstandsuntersuchungen bei Nahrungsmitteln in besonders kurzer Zeit durchzuführen, und hält die Bundesregierung dieses Verfahren bei uns in absehbarer Zeit für anwendbar?
Frau Kollegin, ein speziell in Massachusetts Institute of Technology in Boston entwickeltes Verfahren für zeitsparende Analysen von Rückständen ist mir nicht bekannt. In der Bundesrepublik ist aber seit längerem die Kombination von Massenspektrometer und Computer - und zur Analyse von Pflanzenschutzmittelrückständen ist hierzu auch noch ein Gaschromatograph erforderlich - zur vollautomatischen Bestimmung von Rückständen bekannt.
Die amtliche Lebensmittelüberwachung, die den obersten Gesundheitsbehörden der Länder untersteht, ist, soweit mir bekannt, nicht im Besitz von Computern. Vier Untersuchungsanstalten ({0}) besitzen jedoch Massenspektrometer in Kombination mit Gaschromatographen.
Auch bei Verwendung der genannten Geräte bleibt weiterhin die zeitraubende Aufarbeitung der Proben bestehen, d. h. die Isolierung und Reinigung der sehr geringen Rückstandsmengen aus den Lebensmitteln; meistens handelt es sich um Größenordnungen von Milligrammen bzw. Bruchteilen von Milligrammen pro Kilogramm Lebensmittel.
Rückstandsanalytik, Frau Abgeordnete, ist zur Zeit noch in rascher Entwicklung begriffen. Im Bundesgesundheitsamt werden zur Zeit Überlegungen darüber angestellt, ob neuere Verfahren unter Verwendung von Mikrowellengeneratoren, die günstiger und nicht so aufwendig wie die eben angesprochenen Verfahren sind, für die Rückstandsanalytik in Frage kommen, so daß die Massenspektrometrie unter Umständen schon bald bei der Rückstandsanalytik überholt sein wird.
Bitte!
Wie viele Forschungsvorhaben unterstützt die Bundesregierung zur Zeit auf diesem Gebiet, und wann etwa sehen Sie das „bald" als zeitliche Begrenzung als erreicht an?
Frau Kollegin, Sie haben zwei Zusatzfragen. Sie brauchen sie daher nicht in einer zu kumulieren.
Trotzdem bin ich in der Verlegenheit, Herr Präsident, antworten zu müssen, daß ich über die Zahl der Forschungsvorhaben auf diesem Gebiet nicht Bescheid weißt. Aber ich will gerne schriftlich Auskunft geben und damit dann auch die Beantwortung der zweiten Frage verbinden, wie man dieses „bald" an Hand der Forschungsvorhaben etwas näher definieren kann.
Die nächste Frage ist von Herrn Abgeordneten Härzschel eingebracht:
Um wieviel Prozent sind die Pflegesätze in Altersheimen und Alterspflegeheimen in den letzten zwei Jahren gestiegen, und wieviel Prozent der Heiminsassen, die Rentenempfänger sind, müssen zusätzlich Sozialhilfe in Anspruch nehmen?
Herr Kollege Härzschel, diese Fragen lassen sich zusammenfassend für die Bundesebene nicht präzise beantworten, da keine umfassende Statistik darüber vorliegt. Die Bundesregierung ist aber durch Pflegesatzkommissionen, die in den Ländern die Pflegesätze genehmigen, darüber unterrichtet, daß die Tagessätze in Einrichtungen der Altenhilfe, besonders in Altenpflegehennen, in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind. Die Anhebungen sind aber regional unterschiedlich, da die Kostenfaktoren nicht einheitlich sind.
Für die zusätzliche Inanspruchnahme von Sozialhilfe durch Heimbewohner lassen sich nur beispielhaft Zahlen anführen. So haben 1971 in Anstalten zirka 57 000 Personen Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen. Das sind zirka 4 000 Personen mehr als 1970. In dieser Zahl sind aber nicht nur die über 65jährigen Menschen, sondern alle in Anstalten untergebrachten Personen enthalten.
Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz, die auch in Heimen nicht nur für ältere Menschen gewährt wird, ist 1971 gegenüber 1970 von zusätzlich 8 700 Personen in Anspruch genommen worden.
Auch hieraus läßt sich erkennen, daß die Zunahme der Sozialhilfeempfänger besonders im Pflegebereich eingetreten ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, muß nicht damit gerechnet werden, daß sich dieser Prozentsatz weiter erhöht, weil erfahrungsgemäß am Jahresanfang neue Erhöhungen der Pflegesätze zu erwarten sind?
Das mag im Prinzip stimmen, wenngleich das in den einzelnen Gebieten unseres Landes unterschiedlich sein wird. Andererseits wird die dritte Novelle zum Bundessozialhilfegesetz, die zur Zeit in diesem Haus in Arbeit ist, eine Regelung für die jeweilige Anpassung im Sozialhilfebereich bringen, und zwar zeitlich abgestimmt mit den Änderungen im Rentenbereich.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für richtig, die Verhältnisse statistisch etwas stärker zu erfassen und vielleicht auch nach Männern und Frauen aufzuschlüsseln, um einen Überblick zu bekommen, wie hoch der Anteil der Sozialhilfeempfänger tatsächlich ist?
Ich halte das durchaus für richtig, möchte Sie allerdings darauf aufmerksam machen, daß wir eine Statistik nur auf der Grundlage eines Gesetzes erstellen können. Statistiken kosten Geld, das von diesem Haus bewilligt werden müßte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster. - Herr Kollege, Ihr Fragerecht ist verbraucht.
Ich habe zwei Fragen gestellt.
Sie haben beide Zusatzfragen gestellt.
({0})
- Die zweite Frage des Herrn Abgeordneten Härzschel wird noch aufgerufen.
Bitte!
Herr Staatssekretär, gestehen Sie mir zu, daß die Steigerung der Pflegesätze in Altersheimen in den vergangenen zwei, drei Jahren in einem Mißverhältnis zu der Steigerung der Renten stehen, daß demzufolge der Besitzstand, den die Insassen von Altersheimen vor etwa drei, vier Jahren noch hatten, heute nicht mehr in diesem Umfang gegeben ist,
Ich muß Ihnen zugestehen, daß es in diesem Bereich bei den Pflegesätzen eine erhebliche Steigerung gegeben hat. Andererseits müssen Sie in Ihre Gesamtüberlegung einbeziehen - das ist schon ein Teil der Antwort auf die zweite Frage, die Herr Härzschel gestellt hat -, daß nur 4 % der über 65jährigen Bürger in unserem Lande in Heimen wohnen. Der überwiegende Teil unserer über 65jährigen, unserer alten Menschen, ist nicht in Heimen untergebracht.
Ich rufe nun Frage 12 des Herrn Abgeordneten Härzschel auf, die teilweise schon in die Beantwortung einbezogen war:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Situation der Heiminsassen, deren Rente nach einem vollen Arbeitsleben nicht ausreicht, den Pflegesatz zu zahlen, und die dann ihre persönlichen Bedürfnisse von dem geringen Taschengeld der Sozialhilfe bestreiten müssen, und hält es deshalb die Bundesregierung nicht lur notwendig, denjenigen, die neben der Rente Sozialhilfe beanspruchen müssen, wenigstens einen Teil ihrer Rente von der Anrechnung freizustellen?
Ich will das, was ich eben in der Antwort auf eine Zusatzfrage gesagt habe, gleich noch etwas konkretisieren. Wir haben zur Zeit in der Bundesrepublik Deutschland etwa 7,9 Millionen über 65 Jahre alte Menschen. Weniger als 4 % von ihnen wohnen in Altenwohnheimen, Altenheimen, Altenpflegeheimen und Altenkrankenheimen.
Die anhaltende Steigerung der Tagessätze in den Einrichtungen der Altenhilfe hat die Bundesregierung veranlaßt, verschiedene Möglichkeiten der Lösung dieses Problems zu überdenken. Sie betreffen verschiedene Gesetzgebungsbereiche, z. B. die Reichsversicherungsordnung und das Bundessozialhilfegesetz. Die Vorhaben bedürfen jedoch - das muß man hier so sagen - noch sehr sorgfältiger Überprüfung.
Eine generelle Freilassung eines Teils der Rente im Rahmen der Sozialhilfe führt, Herr Kollege Härzschel, zu einer nach unserer Vorstellung überholten Gruppenfürsorge zurück und damit zu unerwünschten Ergebnissen. Nutzen aus dieser Regelung zögen nur diejenigen, deren Rente den voll einzusetzenden Betrag überschreitet; benachteiligt wären dann wieder die Personen mit geringen Renten. Das kann eigentlich wohl nicht der Sinn Ihrer Überlegung und Ihres Vorschlags sein.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß durch diese Entwicklung dann der Gedanke der Eigenvorsorge ausgehöhlt und die Bereitschaft sinken wird, zusätzlich etwas für die Alterssicherung zu tun, wenn ein Rentner nach einem Arbeitsleben, in dem er Eigenvorsorge geleistet hat, feststellen muß, daß er seine persönlichen Bedürfnisse von einem Taschengeld bestreiten muß?
Ich möchte zunächst sagen, daß ich glaube, wir haben alle dafür Sorge zu tragen, daß die Vorstellung, welchen Sinn die Sozialhilfe hat und welche Aufgabe sie erfüllt, in unserem Volk noch mehr und bessere Verankerung findet. Es handelt sich ja nicht darum, Almosen zu verteilen, sondern darum, daß Menschen - unabhängig von der Frage, ob sie aus eigener Veranlassung oder ohne eigene Schuld in Not geraten sind - einen Rechtsanspruch auf Hilfe haben. Dies ist, glaube ich, ein gewichtiger Gesichtspunkt, den man in einer solchen Diskussion zuerst nennen muß.
Ein zweiter Gesichtspunkt ist der, daß wir tatsächlich vor der Frage stehen, uns im Hinblick auf die Entwicklung neue und andere Lösungen einfallen lassen zu müssen. Aber auch Sie werden mir sicher zugestehen, daß es hierbei außerordentlich schwierig ist, die Antworten vorwegzunehmen und schon zu sagen, welcher der Wege der richtige ist. Ich kann von mir und vom BMJFG sagen, daß wir den Weg zurück zur Gruppenfürsorge nicht für den richtigen halten.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung bereit ist, im Rahmen der Novellierung des Sozialhilfegesetzes und in Gesprächen mit den Ländern zu prüfen, inwieweit eine Hilfe für diesen Personenkreis gegeben werden kann oder wie, wenn Sie keine Gruppenfürsorge wollen, insgesamt der Versuch unternommen werden kann, eine Lösung dieses Problems zu finden?
Diese Fragen stehen nicht nur im Zusammenhang mit den Beratungen über die dritte Novelle zum BSHG, die zur Zeit in diesem Hause geführt werden, zur Debatte. Kollegen, die in dem entsprechenden Fachausschuß tätig sind, werden Ihnen das sicher bestätigen.
Für uns ist die Frage genereller gestellt, zumal sie auch im Zusammenhang mit anderen Überlegungen steht.
Im übrigen sind auch die Fachorganisationen - nicht nur auf Grund unserer Anregung, sondern auch durch eigenes Handeln - dabei, Lösungsvorschläge zu erarbeiten.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Gansel.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie wenigstens insofern richtig verstanden, als die Bundesregierung doch Initiativen, wie sie vom Land Hamburg und von der Stadt Frankfurt entwickelt worden sind, positiv gegenübersteht, Initiativen, die so aussehen, daß die Bewohner von Altersheimen und Pflegeheimen etwa 10% ihrer Rente zur eigenen Verfügung behalten können?
Ich halte die Lösung, die in diesen Städten gefunden worden ist, für interessant. Sie ist auf der Basis des geltenden Sozialhilferechts möglich. Wir beobachten die Entwicklungen mit Interesse.
Als eine umfassende Lösung des Problems kann man das wohl noch nicht ansehen; es ist einfach ein Hineinstoßen in einen Bereich, in dem die großen Lösungen wohl noch eine Weile - wenn es auch nicht schön ist, das so zu sagen -- auf sich warten lassen werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir dann, wenn Sie ausführen, daß nur 4 % dieser älteren Menschen in Heimen sind, wenigstens zugestehen, daß sich die Dringlichkeit dieses Problems an einzelnen Härtefällen ausrichtet und daß dies so, wie es hier geschildert wurde, unabhängig von der Zahl der Heimbewohner ein ganz vordringliches Problem ist?
Ich will die Vordringlichkeit des Problems gern unterstreichen und nehme aus dieser Fragestunde mit, wie sehr die Abgeordneten aller Fraktionen drängen, in dieser Frage bald zu besseren Lösungen zu kommen.
Die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein wird schriftlich beantwortet; der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit beantwortet. Ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hauff zur Verfügung.
Die Frage 21 ist von Herrn Abgeordneten Dr. Franz eingebracht. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 22 und 23 sind von Herrn Abgeordneten Pieroth eingebracht. Auch der Herr Abgeordnete Pieroth ist nicht im Saal. Die Fragen werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 24 ist von Herrn Abgeordneten Gansel eingebracht:
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Ist das Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen bereit, entsprechend dem Wunsch vieler Mitarbeiter der Deutschen Bundespost und einer Initiative der Deutschen Postgewerkschaft von 1971, den Mitarbeitern der Deutschen Bundespost freizustellen, ob sie auf den Türschildern ihrer Arbeitsräume Amtsbezeichnungen führen?
Herr Kollege, die Frage der Aufschrift von Türschildern ist nur ein Teil des Gesamtproblems, nämlich dem des innerdienstlichen Gebrauchs von Amtsbezeichnungen. Nach § 81 Abs. 2 des Bundesbeamtengestzes „führt der Beamte im Dienst die Amtsbezeichnung des ihm übertragenen Amtes." Diese für alle Bundesverwaltungen verbindliche gesetzliche Vorschrift beinhaltet jedoch nur dort die Pflicht zur Führung der Amtsbezeichnung, wo dies angeordnet ist.
Eine derartige generelle Anordnung über die Führung von Amtsbezeichnungen auf den Türschildern der Diensträume gibt es bei der Deutschen Bundespost nicht mehr. Eine solche Verwaltungsregelung ist lediglich dort geboten, wo es wegen des Publikumsverkehrs notwendig wird, Aufgabenstellung und Verantwortlichkeit des Beamten durch Amts- oder Funktionsbezeichnungen zu kennzeichnen. In diesem besonderen Fall ist es den Beamten der Deutschen Bundespost nicht freigestellt, ob sie auf den Türschildern ihrer Arbeitsräume entsprechende Bezeichnungen führen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was halten Sie von Anweisungen, nach denen auf den Türschildern der Dienststellenleiter, meist Beamten des höheren Dienstes, der Amtstitel ausgeschrieben werden soll, dagegen bei Mitarbeitern der Post, die Angestellte, Beamte des mittleren und des gehobenen Dienstes sind, eine Abkürzung ausreichend sein soll?
Herr Kollege, falls es eine solche Anordnung gibt, steht sie nicht im Einklang mit den Vorstellungen, die das Bundespostministerium auf diesem Gebiet hat.
Sie haben eine weitere Zusatzfrage.
Habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie also Abkürzungen wie PoM, PA, PI, PO, die in der Post gebräuchlich sind, keinen hohen Aufklärungswert für das Publikum beimessen, und muß ich - mit Rücksicht auf die nächste Frage - Sie auch so verstehen, daß das Einsparen von Türschildern nicht zu Gebührensenkungen im Postbereich führen könnte?
Herr Abgeordneter, ich will beide Fragen gerne beantworten. Zunächst zu Ihrer ersten Frage, ob Abkürzungen zur Aufklärung beitragen können! Dies gilt nicht nur für Außenstehende, sondern ich habe manchmal auch das Gefühl, daß es innerhalb der Post vernünftig wäre, die Abkürzungssucht nicht zu übertreiben. Dies zu Ihrer ersten Frage.
Die zweite Frage! Ich sehe keinen Zusammenhang mit den beiden von Ihnen genannten Problemen.
So. - Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Spilker auf:
Treffen Berichte zu, daß in absehbarer Zeit mit drastischen Gebührenerhöhungen im Postzeitungsdienst zu rechnen ist?
Herr Kollege, die derzeitigen Planungen sehen vor, die Gebühren im Postzeitungsdienst vom 1. Juli 1974 an zu erhöhen. Zu dieser Erhöhung zwingt die in diesem Dienst vorhandene Kostenunterdeckung. Im Jahre 1973 beträgt bei einem Kostendeckungsgrad von rund 25 % die Kostenunterdeckung insgesamt über 600 Millionen DM. Die Kosten werden aber nach der beabsichtigten Gebührenerhöhung allenfalls zu 35 v. H. gedeckt werden können. Eine solche Gebührenerhöhung, mit der ein Kostendeckungsgrad von 35 % erreicht wird, sollte deshalb nicht als drastisch bezeichnet werden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? - Keine.
Dann rufe ich die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Spilker auf:
Wie stellt sich die Bundesregierung zu der von der Postgewerkschaft erhobenen Forderung nach Wegfall der Samstagzustellung, die in erheblichem Umfang die Wochenendzeitungen treffen würde?
Herr Kollege, die Frage des Wegfalls der Samstagszustellung wird im Hinblick auf den gesamten Bereich aller zuzustellenden Sendungen geprüft. Die Bundesregierung ist sich dabei der besonderen Problematik der Zeitungszustellung bewußt. Bei der Prüfung wird deshalb das besondere Bedürfnis der Zustellung eiliger Sendungen - wie Eilbriefe und Zeitungen -- für den Fall zu beachten sein, daß für die übrigen Sendungen ein Wegfall der Samstagzustellung wegen mangelnden Bedürfnisses in Betracht kommen sollte.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Überlegungen zu verweisen, die zur Zeit von den Verlegerverbänden bezüglich der Entwicklung eines eigenen Vertriebs- und Zustellungssystems angestellt werden.
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Nordlohne auf:
Inwieweit wird nach Auffassung der Bundesregierung durch eine beabsichtigte Gebührenanhebung im Postzeitungsdienst, die nicht mehr mögliche Postübersendung von Wochenendzeitungen im Falle des angestrebten Wegfalls der Postzustellung am Sonnabend und durch eine in diesen Tagen erfolgte Einigung von bundesdeutschen und ausländischen Herstellern von Zeitungspapier über nicht unerhebliche Preissteigerungen eine Situation geschalten, in der in unserem Bundesgebiet die Bürger auf eine Versorgung mit differenzierten Informationen verzichten müssen und statt dessen gegebenenfalls ein „lokales Monopolblatt" als Informationsguelle vorfinden, wodurch die Freiheit der Presse und die Vielfalt der Informationen in Frage gestellt werden müssen?
Herr Kollege, die zum 1. Juli 1974 beabsichtigte Gebührenerhöhung im Postzeitungsdienst, die bei der Beantwortung der beiden Fragen des Kollegen Spilker ja bereits angesprochen wurde, kann nach Auffassung der Bundesregierung nicht zu der von Ihnen gefürchteten Situation führen. Die von Ihnen im Zusammenhang mit der Samstagszustellung angestellten Überlegungen unterstellen, daß eine Entscheidung gegen die Samstagszustellung bereits gefallen ist. Richtig ist aber, daß die Frage der Samstagszustellung lediglich geprüft wird und die Prüfung das Bedürfnis der Zustellung von Tageszeitungen berücksichtigt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, müßten Sie, wenn eine Prüfung ein negatives Ergebnis hat was anzunehmen ist -, meine Befürchtung als begründet bezeichnen, und müßte dieser Befürchtung dann nicht durch entsprechende Maßnahmen Rechnung getragen werden?
Es ist völlig unbestritten, und wir haben dies auch in den Gesprächen mit den Verlegerverbänden von uns klar gesagt, daß wir in dieser Frage eine Lösung anstreben, die nicht zu einer wesentlichen Verschlechterung der Versorgung der Bevölkerung führt.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Rollmann auf:
Aus welchem Grund hat der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen bisher keine Befragung der Postkunden
etwa nach dem Vorbild der österreichischen Bundespost vorgenommen, inwieweit diese noch auf die Sonnabendzustelluns angewiesen sind?
Herr Kollege Rollmann, im
Zusammenhang mit den Untersuchungen über einen möglichen Wegfall der Samstagszustellung wurden bereits im Jahre 1971 im Bereich der Deutschen Bundespost Repräsentativerhebungen durch Meinungsforschungsinstitute durchgeführt. Deren Ergebnis sprach weder klar für den Wegfall noch eindeutig für die Beibehaltung. Es zeigten sich, wie zu erwarten war, erhebliche, strukturell bedingte Unterschiede. So stand einer weitgehenden Bereitschaft zum Verzicht im privaten Bereich und in Wirtschaftszweigen mit Fünftagewoche die Forderung nach Beibehaltung z. B. in vielen mittelständischen Berufen gegenüber.
Unabhängig davon wurde - einmal von der Hypothese mangelnden Bedürfnisses ausgehend - im Sommer dieses Jahres in Hamburg eine postinterne Untersuchung der personellen, betrieblichen und wirtschaftlichen Probleme eingeleitet, die sich mit dem Wegfall der Samstagszustellung ergeben würden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung liegen noch nicht vor.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Wie erklären Sie es sich dann, Herr Staatssekretär, daß gerade die Postgewerkschaft in Hamburg für eine solche Befragung der Postkunden eintritt?
Es ist nicht Sache der Bundesregierung, Gewerkschaften Zeugnisse auszustellen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schweitzer wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Zander zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Stahl ({0}) auf:
as kann die Bundesregierung tun, um den Absolventen der Pädagogischen Hochschulen mit dem Ausbildungsstand eines Diplompädagogen bessere Berufs- und Einsatzmöglichkeiten zu eröffnen, da zur Zeit kein klares Berufsbild und auch keine eindeutige Richtlinie für deren Beschäftigung bei Bundesbehörden bestehen?
Herr Kollege Stahl, die Berufs- und Einsatzmöglichkeiten für Absolventen der pädagogischen Hochschulen, die nur die
Diplomprüfung, nicht jedoch die Staatsprüfung für das Lehramt abgelegt haben, sind sehr begrenzt, weil die für den Schuldienst erforderliche Ausbildung anders verläuft als das mit dem Diplom abgeschlossene Studium der Pädagogik. Insbesondere fehlen den Diplompädagogen die schulpraktische Ausbildung im Vorbereitungsdienst und beide Staatsprüfungen für das Lehramt. Daher können die Diplompädagogen im Schuldienst nicht verwendet werden.
Die Bundesregierung kann in dieser Hinsicht nicht einwirken, weil die Zuständigkeit für Fragen der Beschäftigung geeigneter Personen im Schuldienst ausschließlich bei den einzelnen Bundesländern liegt. Eine Beschäftigung der Diplompädagogen im öffentlichen Dienst der Schulverwaltungen wird ebenfalls dadurch erschwert, daß ,den Diplompädagogen die beiden Staatsprüfungen fehlen und insofern die Laufbahnvoraussetzungen nicht erfüllt werden, wie durch die Tatsache, daß auch in der Schulverwaltung hauptsächlich solche Pädagogen gebraucht werden, die nicht nur wissenschaftliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Pädagogik, sondern auch praktische Schulerfahrungen als Lehrer bzw. Schulleiter besitzen. Dies gilt auch für eine Tätigkeit bei obersten Bundesbehörden, wo die Verwendungsmöglichkeiten für Pädagogen ohnehin relativ gering sind.
Die Bundesregierung hält es nicht für sinnvoll, neue Ausbildungsgänge einzurichten und für deren Absolventen nachträglich Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen, sofern nicht von vornherein ein entsprechender Bedarf an Fachkräften dieser Richtung vorhanden ist oder sich in der Entwicklung deutlich abzeichnet. Dem bisher erkennbaren Bedarf entsprechend sind die Diplompädagogen in dem Katalog der „Verordnung über die Beamten in Laufbahnen besonderer Fachrichtungen" nicht enthalten, in dem diejenigen Berufe aufgeführt sind, deren Angehörige auch ohne vollständige Erfüllung der Laufbahnvoraussetzungen in den öffentlichen Dienst übernommen werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, wäre es nicht zweckmäßig, den jungen Leuten, die diesen Berufsweg einschlagen, einmal ganz klar darzustellen, daß sie in ihrem gewählten Berufsbereich vor allem auch im öffentlichen Dienst sehr schlechte Berufsmöglichkeiten haben?
Ich würde das als eine ganz wichtige Aufgabe der allgemeinen Bildungsberatung ansehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Wäre es nicht richtig, daß auch der Minister für Bildung und Wissenschaft dieses Problem einmal mit den Länderministern erörtert, um die jungen Leute, um die es hier geht, vor Schaden zu bewahren?
Ich will diese Anregung gerne aufgreifen.
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Tillmann auf:
Sieht auch die Bundesregierung die Gefahr, daß ein schon zugelassener, aber vor Studienbeginn zum Wehrdienst einberutener Studienbewerber, der nach Beendigung der Dienstzeit entsprechend der Rechtsverordnung zur Durchführung des Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen erneut die Zuteilung eines Studienplatzes beantragen muß, das Opfer eines in § 12 Abs. 3 Satz 2 dieser Rechtsverordnung vorgesehenen Losentscheids werden kann?
Herr Kollege Tillmann, Ihre Frage beantworte ich wie folgt. Die zur Durchführung des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen von den Ländern erlassenen einheitlichen Rechtsverordnungen sehen vor, daß u. a. Bewerber, die eine Dienstpflicht nach Art. 12 a Abs. 1 oder 2 des Grundgesetzes erfüllt haben, vorweg zugelassen werden. Zu diesem Kreis der bevorzugt Zuzulassenden gehören u. a. diejenigen, die vor Dienstantritt einen Studienplatz erhalten haben, das Studium aber wegen des Wehrdienstes nicht beginnen konnten. Die Zuteilung der verfügbaren Studienplätze an diesen Bewerberkreis erfolgt nach § 12 Abs. 3 der obengenannten Rechtsverordnungen erst dann durch Losentscheid, wenn die Festlegung einer Rangfolge zwischen den bevorzugt zuzulassenden Bewerbern erforderlich ist, insbesondere dann, wenn die Zahl der vorweg zuzulassenden größer ist als die Zahl der verfügbaren Studienplätze. Ich kann Ihnen aber sagen, daß der Fall, auf den Ihre Frage abzielt, bisher noch nicht eingetreten ist.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, wie interpretiert die Bundesregierung die in § 12 Abs. 2 der besagten Rechtsverordnungen gebrauchte Formulierung, daß der Bewerber sich zum nächstmöglichen Termin nach der Beendigung seines Dienstes beworben haben muß? Bedeutet das, daß er erst nach Beendigung seiner Dienstzeit einen Antrag stellen kann?
Ich kann Ihre Frage, was die Auslegung dieses Abs. 2 des § 12 angeht, im Augenblick nicht beantworten, werde sie aber prüfen lassen und teile Ihnen die Antwort gern schriftlich mit.
Ich rufe die Frage 33 des Abgeordneten Tillmann auf:
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Wird die Bundesregierung ihren Einfluß geltend machen, daß die Rechtsverordnung zum Staatsvertrag dahin gehend ergänzt wird, daß dem schon zugelassenen, dann aber einberufenen Bewerber „sein" Studienplatz bis zur Beendigung des Wehrdienstes erhalten bleibt?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diesem Bewerberkreis durch die Absolvierung des Wehrdienstes bei der Studienplatzvergabe keine ungerechtfertigten Nachteile entstehen dürfen. In Anbetracht der Knappheit der verfügbaren Studienplätze bleibt jedoch die in den Rechtsverordnungen der Länder vorgeschriebene Regelung die einzige Möglichkeit, dieser Gruppe von Studienbewerbern die erforderlichen Studienplätze zu erhalten und auf diese Weise ihren berechtigten Interessen gerecht zu werden.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Fuchs auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellung des Deutschen Studentenwerks, daß sich der Fehlbetrag zwischen dem Bedarfssatz und den Studienkosten auf 240 DM erhöht hat?
Herr Staatssekretär, haben Sie gegebenenfalls eine Gesamtantwort für die kommenden Fragen vorbereitet?
Nein.
Sie wollen also jede Frage einzeln beantworten. Bitte schön!
Herr Kollege Dr. Fuchs, die Bundesregierung ist gemäß § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und in Übereinstimmung mit der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 14. Juni 1973 derzeit damit befaßt, zu überprüfen, wie die im Jahre 1971 im Bundesausbildungsförderungsgesetz festgesetzten Bedarfssätze und Freibeträge an die inzwischen eingetretene Entwicklung anzupassen sind. Über das Ergebnis wird sie dem Deutschen Bundestag ' berichten. Vor Abschluß dieser Arbeiten kann sie zu dem notwendigen Umfang der Anpassung und damit auch zu einem Differenzbetrag zwischen Bedarfssatz und Studienkosten keine Aussage machen.
Zu den Angaben des Deutschen Studentenwerks ist generell anzumerken, daß dieses den Bedarf der Studierenden stets hoch angesetzt hat. So hat es in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf des Bundesausbildungsförderungsgesetzes im Jahre 1970 statt des dort vorgesehenen Bedarfssatzes von 420 DM für den außerhalb des Elternhauses untergebrachten Studenten einen Betrag von 520 DM gefordert. Der Deutsche Bundestag hat damals einmütig den Betrag von 420 DM beschlossen. Später hat das Bonner Studentenwerk nach eigenen Untersuchungen für Bonn den wünschenswerten monatlichen Durchschnittsbetrag im Wintersemester 1971/72 auf 479 DM beziffert.
Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, da auch von Ihnen nicht in Abrede gestellt wird, daß eine Differenz zwischen dem Bedarfssatz und den Studienkosten besteht, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß diese Differenz größer wird und dadurch gerade Studenten aus einkommensschwachen Schichten offensichtlich in zunehmendem Maße gezwungen werden, durch zusätzliche Werkarbeit sich diese Differenz hinzuzuerwerben und dadurch die Studienzeit automatisch verlängern müssen?
Herr Kollege Fuchs, die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, daß sie hierin ein schweres Problem sieht, und ihre Absicht bekundet, dem Hohen Haus in Kürze einen Vorschlag zur Verbesserung der Situation vorzulegen. Sie wissen, daß wir im Herbst, wie es heißt, diesen Bericht über unsere Vorschläge vortragen wrerden.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen zu dieser Frage? - Herr Abgeordneter Ey!
Herr Staatssekretär, zu welchem Termin gedenkt die Bundesregierung den fälligen I Bericht gemäß § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vorzulegen?
Die Bundesregierung hat gemäß § 35 die Sätze zu prüfen. Sie hat nach dieser Bestimmung keinen Bericht vorzulegen. Den Bericht hat sie vorzulegen nach der Entschließung des Deutschen Bundestags vom 14. Juni 1973. Die Bundesregierung wird, wie dort vorgesehen ist, im Herbst diesen Bericht vorlegen
Die Definition des Begriffs „im Herbst" hat uns im Ausschuß ja schon verschiedentlich beschäftigt, Herr Kollege Dr. Fuchs.
Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Dr. Fuchs auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Forderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in zunehmendem Maße aus Mitteln der Sozialhilfe aufgestockt werden muß?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß zunehmend Auszubildende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten, zusätzlich Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Der Grund hierfür liegt insbesondere darin, daß das Bundessozialhilfegesetz - im Gegensatz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, das im wesentlichen nur pauschalierte Leistungen und Leistungsvoraussetzungen kennt - den Bedarf weitgehend
individuell ermittelt und damit laufend Kostensteigerungen berücksichtigt. Auch die Regelsätze für den Lebensunterhalt werden in kürzeren Abständen an die wirtschaftliche Entwicklung angepaßt. Von erheblicher Bedeutung ist zudem, daß Sozialhilfe auch für Angehörige, z. B. Kinder des Auszubildenden, geleistet wird, für die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz überhaupt nicht erbracht werden können.
Die neuerdings vermehrte Inanspruchnahme der Sozialhilfe ist aber auch darauf zurückzuführen, daß der Rechtsanspruch auf die zusätzlichen Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz derzeit in den Massenmedien vielfach erörtert worden ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, beweist nicht gerade die Tatsache - die Sie selbst eben bestätigt haben -, daß in zunehmendem Maße Sozialhilfe in Anspruch genommen werden muß, daß der Förderungssatz offensichtlich zu gering ist?
Diese Tatsache deutet darauf hin, ja.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß sich die Sozialhilfe, die von den Landkreisen und den Gemeinden getragen wird, auf die ohnehin sehr prekäre Finanzsituation von Landkreisen und Gemeinden auswirkt?
Kollege Dr. Fuchs, wenn Sie damit meinen, daß es im Grunde Aufgabe des Ausbildungsförderungsgesetzes wäre, diesen Teil des notwendigen Unterhalts von Auszubildenden abzudecken, gebe ich Ihnen recht. Sie wissen - das geht ja aus den vielfältigen Erörterungen der letzten Zeit und aus meiner Antwort auf Ihre Frage vorhin hervor , daß die Bundesregierung zur Zeit bemüht ist, Lösungsvorschläge zu unterbreiten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Seiters.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung die Feststellung des Deutschen Studentenwerks, daß der Abstand zwischen den Freibeträgen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und den tatsächlichen Lebenshaltungskosten beim Vier-Personen-Arbeitnehmer-Haushalt stetig größer wird?
Ich möchte nicht zu einzelnen Sätzen, die hier in der Diskussion sind,
Stellung nehmen, weil das gewissermaßen einen Vorgriff auf das darstellen würde, was die Bundesregierung in diesem Herbst dem Parlament vorschlagen wird.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zugestehen, daß die Bestimmungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes fast sinnlos wirken, wenn die Bedarfssätze im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten so niedrig festgesetzt sind, daß darüber hinaus noch Sozialhilfe beantragt werden muß?
Ich bin der Meinung, daß die Sätze, die hier vorgesehen sind, so sein müssen, daß sie jedenfalls im normalen Fall eine ausreichende Sicherung des Lebensstandards der Auszubildenden garantieren können, ohne daß Sozialhilfe in Anspruch genommen werden muß. Aber ich bin nicht der Meinung, daß dieses Gesetz, das in zweijährigen Abständen eine Überprüfung der Freibeträge, der Vomhundertsätze und der Bedarfssätze vorsieht, nun gewissermaßen dynamisiert werden sollte. Ich glaube, der Gesetzgeber hat bei der Verabschiedung dieses Gesetzes im Auge behalten, daß jeweils unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse, der Einkommensverhältnisse, der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex eine politische Überprüfung vorgenommen werden sollte. Und die ist zur Zeit innerhalb der Bundesregierung in der Diskussion. Wir werden darüber in sehr kurzer Zeit hier berichten können.
Die beiden Fragen 36 und 37 der Frau Abgeordneten Benedix werden schriftlich beantwortet, auch wenn sie inzwischen auf Zusatzfragen hier öffentlich beantwortet worden sind. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 38 des Herrn Abgeordneten Gerster ({0}) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Einkommensgrenze im Bundesausbildungsförderungsgesetz zu erhöhen, da infolge der inflationsbedingten Lohnsteigerungen, die keine Realeinkommenserhöhungen bedeuten, Personen bereits aus der Ausbildungsförderung herausgehalten sind oder in geringerem Umfang gefördert werden, deren Einkommenssituation sich in keiner Weise gebessert hat?
Darf ich bitten, die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Gerster gemeinsam beantworten zu dürfen?
Ich nehme an, der Fragesteller ist einverstanden, zumal ein Teil der Problematik dieser Fragen schon durch eine Zusatzfrage eingebracht ist:
Ist die Bundesregierung gleichzeitig bereit, die Bedarfssätze im Bundesausbildungsförderungsgesetz, die den in Aasbildung stehenden Personen gewahrt werden, zu erhöhen, da diese infolge Steigerung der Lebenshaltungskosten nicht mehr zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichen?
Nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und in Übereinstimmung mit dem Ersuchen des Deutschen Bundestages vom 14. Juni 1973 wird die Bundesregierung in Kürze einen Bericht zur Frage der Anpassung nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vorlegen, in dem sie u. a. die Entwicklung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie der Lebenshaltungskosten darstellen und ihre hierauf bezogenen Überlegungen zur Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge einschließlich der damit verbundenen Aufwendungen erläutern wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir die Mitteilung von zwei Ämtern für Ausbildungsförderung bestätigen, daß infolge der inflationären Entwicklung und der Lohnsteigerungen, die auf der Inflation beruhen, vom Sommersemester 1972 zum Sommersemester 1973 20 % der damals Geförderten aus der Ausbildungsförderung herausgefallen sind, obwohl wesentliche Einkommensverbesserungen nicht festzustellen sind?
Ich kann Ihnen diese Tatsache nicht bestätigen. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang auf eine Regelung des Ausbildungsförderungsgesetzes hinweisen, die nach meiner Überzeugung in der Debatte zu wenig beachtet wird, nämlich darauf, daß die Einkommenssteigerungen im Regelfalle, etwa bei einer Familie mit zwei Kindern, nur zu 50 % angerechnet werden, so daß der Gesetzgeber hier schon eine gewisse Bremse gegen Entwicklungen der Art eingebaut hat, wie Sie sie hier dargestellt haben. Aber die einzelnen Angaben, auf die Sie sich beziehen, kann ich Ihnen nicht bestätigen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wären Sie bereit, Herr Staatssekretär, diese Angaben zu überprüfen und mir das Ergebnis nach Ihren Erkenntnissen schriftlich mitzuteilen, und wären Sie weiter bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß über die 20 %, die ich aus diesen zwei Ausbildungsförderungsämtern kenne, eine viel größere Zahl zwar nicht aus der Ausbildungsförderung herausfällt, aber, relativ gesehen, doch weniger gefördert wird?
Unabhängig davon, daß die Zahl zunimmt und auch die Aufwendungen sehr stark steigen - was den zweiten Teil Ihrer Frage betrifft -, bin ich gern bereit, wenn Sie mir vielleicht im Anschluß an die Fragestunde die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellen würden, diese Frage zu untersuchen und Ihnen einen schriftlichen Bescheid zukommen zu lassen.
Danke!
Der Herr Abgeordnete Schedl hat seine Frage zurückgezogen.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Parlamentarische Staatssekretär Hermsdorf zur Verfügung.
Die erste Frage ist die Frage 62. Sie ist vom Herrn Abgeordneten Freiherr von Fircks eingebracht worden:
Erwägt die Bundesregierung, im Rahmen der weiteren Verhandlungen mit der „DDR" über finanzielle und wirtschaftliche Fragen auch nach Möglichkeiten zu suchen, Grundlagen dafür zu schaffen, daß Leistungen aus Reichsmark-Lebensversicherungen an Personen mit Wohnsitz in der „DDR" bzw. Berlin ({0}) gezahlt werden können?
Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, Grundlage der mit der DDR bereits aufgenommenen Verhandlungen über den nichtkommerziellen Zahlungs-
und Verrechnungsverkehr ist Ziffer 2 Nr. 11 des Zusatzprotokolls zum Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Ziffer 2 Nr. 11 des Zusatzprotokolls lautet:
Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik werden im Interesse der beteiligten Menschen Verhandlungen zur Regelung des nichtkommerziellen Zahlungs-
und Verrechnungsverkehrs aufnehmen. Dabei werden sie im gegenseitigen Interesse vorrangig für den kurzfristigen Abschluß von Vereinbarungen unter sozialen Gesichtspunkten Sorge tragen.
Die zu erstrebende Normalisierung des Zahlungs-
und Verrechnungsverkehrs betrifft nur Zahlungs-
und Transfervorgänge, die sich aus den bestehenden Rechtsverhältnissen ergeben. Diese Voraussetzung liegt hier bei Ihrer Frage nicht vor.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, verstehe ich richtig, daß in der DDR ein Anspruch der ehemals Lebensversicherten nicht anerkannt wird und deswegen die Voraussetzungen für eine Regelung dieser Frage nicht vorliegen?
Nein. Ich habe gesagt, daß es sich hier nur um Zahlungs- und Verrechnungsverkehr im Transferverkehr handelt, und nur dies ergibt sich aus dem von mir zitierten Zusatzprotokoll zum Vertrag. Die Frage, die Sie anschneiden, kann hier nicht eingebettet werden; denn sie ist eine Frage der Kriegsfolgelasten, und die Bundesrepublik steht auf
3690 Deutsche Bundestag - 7. Wahlperiode Parl. Staatssekretär Hermsdorf
dem Standpunkt, daß die Kriegsfolgelasten eine Frage beider deutscher Staaten sind.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sehen Sie außerhalb dieser Absichtserklärung, nach der hier keine Hilfe gewährt werden kann, eine Möglichkeit, dahin zu kommen, daß die DDR, die die Vermögen der Lebensversicherungsgesellschaften enteignet hat, diese dann von sich aus übernimmt und sich doch noch bereit erklärt, die Anspruchsberechtigten nach unserer Rechtsauffassung zu befriedigen?
Nach den jetzigen Verhandlungen sehe ich keine Möglichkeit, zu einem Ansatzpunkt zu kommen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Staatssekretär, können Sie sich und mir den Widerspruch in dieser Frage erklären, der darin liegt, daß einerseits weitere Verhandlungen gefordert werden, andererseits aber die Existenz des Verhandlungspartners dadurch in Frage gestellt wird, daß er in Gänsefüßchen erscheint und damit die verspätete vorgebliche Zustimmung der Opposition zu den Verträgen zurückgenommen wird?
({0})
Herr Abgeordneter, obwohl Sie recht haben, ist es nicht meine Aufgabe, hier politische Interpretationen zu geben, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Frage stehen.
Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Hauser auf:
Von welchem Zeitpunkt an soll der vom Bundesfinanzminister entworfene Erlaß über die umsatzsteuerliche Behandlung von Sachzuwendungen und sonstigen Leistungen an Arbeitnehmer ({0}) wirksam werden?
Herr Kollege Hauser, ich kann Ihnen im Augenblick noch nicht sagen, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt das Rundschreiben des Bundesministers der Finanzen betreffend die umsatzsteuerliche Behandlung von Sachzuwendungen und sonstigen Leistungen an Arbeitnehmer herausgegeben wird. Die noch ausstehenden abschließenden Erörterungen über den Erlaßentwurf mit den obersten Finanzbehörden der Länder und den Spitzenverbänden der Wirtschaft sowie den Gewerkschaften sind verschoben worden, weil die in diesem Zusammenhang entscheidende Rechtsfrage dem Bundesfinanzhof in einem Revisionsverfahren vorliegt. Der Bundesfinanzhof wird voraussichtlich noch in diesem Jahr über diese Frage entscheiden.
Unter diesen Umständen kann ich noch keinen Termin für die Herausgabe des Rundschreibens nennen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Hauser auf:
Mit welchen jährlichen Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuer ist zu rechnen, wenn entsprechend dem Erlaßentwurf betriebliche Sozialleistungen der Mehrwertsteuer unterworfen werden?
Herr Kollege Hauser, bei dem in Rede stehenden Rundschreiben geht es im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung lediglich um eine einheitliche Auslegung des geltenden Rechts und nicht etwa darum, dem Staat Mehreinnahmen zu beschaffen. Mehreinnahmen können sich höchstens dadurch ergeben, daß einige Finanzämter entgegen der Auffassung in dem Entwurf des Rundschreibens in Einzelfällen bisher auf die Erhebung der Steuer verzichtet haben. Wie hoch der daraus resultierende Steuerausfall sein mag, läßt sich mangels ausreichender Unterlagen nicht feststellen. Ich bin aber sicher, daß er sich in ganz engen Grenzen hält.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, halten Sie es angesichts der ausgesprochen sozialen Komponente dieser freiwilligen Leistungen der Arbeitgeber nicht eher für angebracht, bei einer Vereinheitlichung einen Abbau der Steuererhebung dort vorzunehmen, wo er nicht schon bisher in Einzelfällen erfolgt ist?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß der Entwurf des Rundschreibens geltendes Recht wiedergibt. Da die aufgeworfene Rechtsfrage vom Bundesfinanzhof in Kürze entschieden wird, meine ich, wir sollten erst diese Entscheidung abwarten.
Der Herr Abgeordnete Dr. Dübber und der Herr Abgeordnete Dr. Kunz ({0}) haben um schriftliche Beantwortung ihrer eingereichten Fragen gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe nunmehr die Frage 67 des Herr Abgeordneten Berger auf:
Aus welchen Gründen sind die Sätze in den steuerlichen Reisekostenbestimmungen, an denen sich die Unternehmer der privaten Wirtschaft bei der Reisekostenentschädigung für ihre Arbeitnehmer ausrichten, ab 1. November 1973 höher als die des Reisekostenrechts für den öffentlichen Dienst?
Herr Kollege Berger, die
Sätze in den steuerlichen Reisekostenbestimmungen und die Sätze des Reisekostenrechts im öffentlichen Dienst sind unterschiedlich geregelt. Die Reisekostensätze im öffentlichen Dienst sind nach den üblicherweise bei Dienstreisen anfallenden Kosten unter Berücksichtigung der Sparsamkeitsgrundsätze festgesetzt worden, die für die öffentliche Hand gelten müssen. Aus dieser unterschiedlichen Regelung kann nicht geschlossen werden, daß in jedem Falle auch unterschiedliche Reisekosten gezahlt werden. Es bleibt vielmehr den Unternehmen überlassen, in welchem Umfang sie die steuerlichen Reisekostensätze in Anspruch nehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Darf ich noch einmal konkret fragen: Warum sind die Sätze verschieden?
Wir haben nicht die Möglichkeit, uns hinsichtlich der Reisekostensätze an den Unternehmen zu orientieren. Erstens sind sie dort sehr unterschiedlich, und zweitens kann das Prinzip der Sparsamkeit in der Verwaltung, das Sie als alter Beamter kennen, auch hier nicht verletzt werden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Gelten für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes weitergehende Grundsätze der Sparsamkeit als für die Bürger allgemein?
Dies habe ich nicht behauptet, sondern das ist eine Auslegung von Ihnen.
Ich rufe die nächste Frage des Herrn Abgeordneten Josten auf. Herr Staatssekretär wollen Sie, wenn der Fragesteller einverstanden ist, die beiden Fragen zusammen beantworten?
Ich glaube, es ist besser, daß ich die beiden Fragen getrennt beantworte.
Aber bitte! - Ich rufe also die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Warum hat die Bundesregierung gerade die Besitzer der kleineren Wagen bei der neuen Kfz-Steuer erheblich höher belastet?
Herr Abgeordneter Josten, nach den Vorschlägen der Bundesregierung zur Kraftfahrzeugsteuerreform gibt es innerhalb jeder der drei neuen Steuerklassen - und nicht nur in der untersten -- sowohl Mehr- als auch Minderbelastung.
So werden in der niedrigsten Steuerklasse bis 45 PS nach dem Fahrzeugbestand vom 1. Juli 1972 künftig zwar 1,7 Millionen Fahrzeuge höher besteuert, dafür aber gleichzeitig 4,8 Millionen Fahrzeuge steuerlich entlastet.
In der mittleren Steuerklasse - 46 bis 123 PS - sollen 5,1 Millionen Fahrzeuge künftig einer höheren, 4 Millionen einer geringeren Steuer unterliegen.
Bei den Fahrzeugen mit mehr als 123 PS Motorleistung werden rund 400 000 Fahrzeuge belastet und knapp 50 000 entlastet.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für sozial gerecht, wenn nach den Plänen, die Sie hier erwähnt haben, Besitzer von Kleinwagen künftig in beachtlichem Umfang mehr Kfz-Steuer zahlen müssen, dagegen eine Anzahl Besitzer „schwerer" Wagen weniger Steuern zahlen? Beispielsweise wird die Kfz-Steuer beim Mercedes 600, wo sie bisher 922 DM betrug, nach den Plänen der Regierung zukünftig nur noch 480 DM betragen.
Herr Kollege Josten, bei allen Erörterungen, die ich hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer mitgemacht habe, ist mir kein System bekanntgeworden, das sozusagen bis zum letzten Punkt Gerechtigkeit widerspiegeln würde. Ihre Annahme, daß die Besitzer kleinerer Fahrzeuge höher belastet werden, und zwar in der Mehrzahl, trifft, wie ich Ihnen gesagt habe, nicht zu. Nur ein Teil von ihnen wird mehr belastet, die Mehrzahl wird entlastet.
Außerdem ist die Annahme falsch, daß Kleinfahrzeuge nur von Personen mit geringerem Einkommen gehalten werden. Vielmehr sind ein Großteil der Kleinwagen Zweit- und Drittfahrzeuge. Dies müssen Sie bei Ihrer Betrachtung mit berücksichtigen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß durch die vorgesehene neue Kfz-Steuer auch viele Studenten mit Kleinwagen hart betroffen sind, die sicherlich nicht Besitzer von Zweitwagen sind?
Hermsdorf, ParL Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Hier muß ich mich sehr vorsichtig ausdrücken: Es ist durchaus möglich, daß auch Studenten, die Autos haben, betroffen sind.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gerster.
Herr Staatssekretär, darf ich die Tatsache, daß vor allen Dingen die Be3692
Gerster ({0})
sitzer großer Wagen bei dem Steuerreformvorhaben relativ günstig abschneiden, mit den seit dem Jahre 1969 größer dimensionierten Dienstwagen der Bundesregierung in Verbindung bringen? Oder ist dieser Zusammenhang willkürlich?
Die Verbindung, die Sie hier aufzuzeigen suchen, ist eine bösartige Unterstellung.
Diese Frage ist nicht zugelassen. - Herr Abgeordneter Wehner!
Herr Parlamentarischer *Staatssekretär, irre ich mich oder wollen Sie bestätigen, daß dies alles Fragen sind, die diesem Hause und seinen Beschlüssen unterliegen?
Dies ist so, Herr Abgeordneter.
({0})
Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Trifft es zu, daß nach Inkrafttreten der Kfz-Steuerreform ca. 7 Millionen Autofahrer mit einer Mehrbelastung rechnen müssen?
Herr Kollege Josten, in meiner Antwort auf Ihre erste Frage hatte ich Ihnen bereits eine Darstellung der Mehr- und Minderbelastungen in den einzelnen Steuerklassen gegeben. Wenn man sich die Summe dieser Belastungen anschaut, zeigt es sich, daß nach der Kraftfahrzeugsteuerreform fast 9 Millionen Autofahrer weniger Kraftfahrzeugsteuer zahlen werden und nur 7 Millionen stärker besteuert werden als bisher. Insgesamt ist die Kraftfahrzeugsteuerreform aufkommensneutral.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß viele Pendler im ländlichen Raum durch die vorgesehene neue Kfz-Steuer - ich möchte das im Hinblick auf die Bemerkung des Kollegen Wehner sagen - besonders betroffen sind, weil sie ihren Wagen an allen Arbeitstagen für die Fahrt zum Arbeitsplatz benötigen und durch die Benzinverteuerung ohnehin bereits stark belastet werden?
Erstens ist mir das Problem der Pendler aus meinem Wahlkreis sehr gut bekannt. Zweitens teile ich Ihre Auffassung nicht voll. Drittens unterliegt die Gestaltung der Kraftfahrzeugsteuerreform - das sage ich nochmals - den Beschlüssen dieses Hauses.
Herr Kollege Josten, wollen Sie noch eine weitere Zusatzfrage stellen? - Nicht. - Herr Kollege Tillmann!
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Kraftfahrzeugsteuerreform - abgesehen von den sozialen Fragen, die sie aufwirft - konstruktionsneutral in bezug auf die Kraftfahrzeugmotore ist, daß sie also z. B. nicht den Umweltschutz und die Verkehrssicherheit beeinträchtigen wird?
Herr Abgeordneter, die Frage steht nicht in dem notwendigen unmittelbaren Zusammenhang mit der eingebrachten Frage; ich lasse sie nicht zu.
Ich rufe die Frage 70 der Frau Abgeordneten Huber auf. - Die Frau Abgeordnete Huber ist nicht im Saal. Daher wird die Frage schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Rohde zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 88 des Herrn Abgeordneten Freiherr von Fircks auf:
Nachdem die Bundesregierung bereits vor mehr als einem halben Jahr eine Überprüfung der maßgebenden Vorschriften, die zu einer Kürzung des Schadensausgleichs bei Witwen nach dem Bundesversorgungsgesetz führen, in die Wege geleitet hat ({0}) frage ich, ob diese Überprüfung inzwischen abgeschlossen worden ist und welche Möglichkeiten die Bundesregierung auf Grund des Ergebnisses dieser Überprüfung für eine Lösung dieses Problems sieht?
Das von Ihnen, Herr Kollege, angesprochene Problem ist im Bundestag bereits erörtert worden. Der Herr Bundesarbeitsminister hat am 5. Oktober dieses Jahres anläßlich der ersten Lesung des Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes im Parlament eine entsprechende Härteregelung im Verordnungswege angekündigt.
Im einzelnen wird eine Regelung im Sinne einer Besitzstandswahrung angestrebt. Aus Anlaß der Herabsetzung des Vergleichseinkommens soll keine Minderung der Versorgungsbezüge eintreten. Die Frage ist im einzelnen - das darf ich noch anfügen - im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung des Bundestages aus Anlaß der Beratung dieses Anpassungsgesetzes behandelt worden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, bedeutet nicht auch nach Ihrer Auffassung Besitzstandswahrung hier insofern eine soziale HärFreiherr von Fircks
te, als diejenigen Witwen, die, als sie ihren Mann verloren, schon älter waren und deswegen weniger Gelegenheit hatten, ihren Lebensabend selbst zu sichern, in eine härtere Situation als diejenigen kommen, die erst nach dem 1. Januar 1974 in diese Lage geraten und nun eine höhere Rente als Besitzstand garantiert bekommen, obgleich sie länger Gelegenheit hatten, selber für ihre Alterssicherung etwas zu tun?
Herr Kollege, ich darf Ihnen zunächst kurz zusammengefaßt folgende Erläuterung geben: Es ist vorgesehen, daß die vor der Kürzung des Vergleichseinkommens zustehende Vorsorgungsrente solange weitergezahlt wird, bis die errechnete Minderung infolge der jährlichen Anpassung der Renten wieder ausgeglichen wird. Danach soll sich die Rente wieder alljährlich entsprechend den maßgebenden Anpassungsvorschriften erhöhen. Dabei ergeben sich auch Übergangsprobleme, die wir bei der Vorbereitung der Verordnung zu prüfen haben.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen, Herr Kollege, daß oftmals bei einer Verbesserung des geltenden Rechtes das Problem auftaucht, wie die Fälle aus der Vergangenheit behandelt werden sollen. Wir haben auch in anderem Zusammenhang erfahren, daß es außerordentlich schwierig und kompliziert ist, gleichzeitig noch diese Fälle aus der Vergangenheit mit aufzuarbeiten.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist das hier gegebene Zusammenfallen von zwei Härten - einmal der geringeren Gelegenheit, für sich selber Vorsorge zu treffen, und zum anderen der Herabstufung, weil der gefallene oder vermißte Ehemann vor dem Inkrafttreten der neuen Gesetzesregelung 65 Jahre als geworden wäre - nicht doch ein Anlaß, eine Ausnahme von der Stichtagsregelung zu machen?
Herr Kollege, ich habe schon darauf hingewiesen, daß es das Bemühen der Bundesregierung ist, eine Härte, die seinerzeit in den 60er Jahren - das ist nicht unter dieser Bundesregierung geschehen - bei der Gestaltung des Berufsschadensausgleichs und des Schadensausgleichs entstanden ist, jetzt aus dem Wege zu räumen und für die Zukunft bessere Verhältnisse zu schaffen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Berger.
Bedeutet die von Ihnen vorgesehene Härteregelung nicht einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, und wann wird die Härteregelung in Kraft treten?
Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß diese Regelung keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darstellt.
Die Besprechungen über diese Härteregelung sind innerhalb der Ressorts der Bundesregierung eingeleitet worden. Ich hoffe, sie können so zeitig abgeschlossen werden, daß wir noch im Laufe dieses Jahres die entsprechende Verordnung dem Bundesrat zuleiten können.
Die Frage 89 ist von Herrn Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) eingebracht. Der Herr Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Abgeordnete Lenzer hat um schriftliche Beantwortung der Frage 90 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 91 und 92 sind von Herrn Abgeordneten Kiechle eingebracht. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Fragen werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 93 des Herrn Abgeordneten Pfeffermann auf:
Wieviel ZDL-Stellen sind zur Zeit genehmigt und besetzt, wieviel sind darüber hinaus für das Jahr 1974 angefordert, wieviel Zivildienstleistende stehen für das Jahr 1974 zur Verfügung?
Herr Kollege, mit Ihrer Genehmigung würde ich die beiden Fragen, die offensichtlich in einem Zusammenhang stehen, gern zusammen beantworten.
Dann rufe ich gleichzeitig die Frage 94 des Herrn Abgeordneten Pfeffermann auf:
Wie viele dieser Zivildienstleistenden sollen im Jahr 1974 von wieviel Regionalbetreuern betreut werden, in wieviel Gruppen werden die anderen Zivildienstleistenden an welchen Institutionen zusammengefaßt und wieviel Betreuer stehen für diese Gruppen zur Verfügung?
Gegenwärtig stehen 15 000 Dienstplätze zur Verfügung, von denen 11 850 besetzt sind. Bis Ende 1973 werden 16 000, bis Ende 1974 voraussichtlich 20 000 Dienstplätze zur Verfügung stehen. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Entwicklung der Zahl der Kriegsdienstverweigerer werden diese Zivildienstplätze ausreichen, um alle heranziehbaren Kriegsdienstverweigerer zum Zivildienst einberufen zu können. Dabei gehen wir davon aus, daß neben den derzeit noch zur Einberufung heranstehenden 4 000 Dienstpflichtigen monatlich beim Bundesamt für den Zivildienst die Personalunterlagen von etwa 1 500 anerkannten Kriegsdienstverweigerern eingehen. Bis Ende nächsten Jahres wird daher mit 22 000 Zivildienstpflichtigen gerechnet. Von diesen stehen erfahrungsgemäß nur etwa 11 000 für eine sofortige Heranziehung zum Zivildienst zur Verfügung. Die übrigen können wegen dauernder oder vorübergehender Zivildienst3694
ausnahmen nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt einberufen werden.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes anmerken. Die Zivildienstpflichtigen leisten zum überwiegenden Teil ihren Dienst in Krankenhäusern, Altenheimen, Heimen für Behinderte und ähnlichen Einrichtungen, die als selbständige Zivildienststellen besonders anerkannt sind. Diesen Dienststellen obliegt auch in erster Linie die Betreuung der Dienstleistenden. Daneben gibt es sogenannte Regionalbetreuer, die sowohl die Zivildienstleistenden als auch die Dienststellen beraten und betreuen. Im Jahre 1974 gibt es 30 solcher Betreuer. Schließlich bestehen 14 Zivildienstgruppen, die von je zwei Bediensteten des Bundesamtes für den Zivildienst geleitet und betreut werden. Diese Gruppen, in denen es insgesamt 800 Dienstplätze gibt, bestehen bei Universitätskliniken, bei größeren Krankenanstalten sowie in Gummersbach. Ich bin gern bereit, Ihnen die Kliniken und Anstalten im einzelnen mitzuteilen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie die Zahl der Regionalbetreuer - Sie sagten eben, es gebe 30 für das gesamte Bundesgebiet - für ausreichend? Meinen Sie, daß eine ausreichende Betreuung in der Form der Beratung gewährleistet ist?
Herr Kollege, Ihnen ist sicherlich aus den Ausschuß- und Bundestagsberatungen bekanntgeworden, daß wir uns darum bemühen, das Amt für den Zivildienst auszubauen, und daß im Haushaltsausschuß zusätzliche Stellen bewilligt worden sind. Wir gehen davon aus, daß diese Stellen in absehbarer Zeit besetzt werden können. Der Tendenz Ihrer Frage, auch die Regionalbetreuung weiterzuentwickeln, stimme ich zu.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wie Sie vermutet haben, ist die Zahl der 86 Stellen, um die es im Haushaltsausschuß geht, durchaus bekannt. Ich möchte deshalb etwas genauer nachfragen: Welche konkreten Vorstellungen gibt es hinsichtlich der Erhöhung der Anzahl der Regionalbetreuer im Jahr 1974?
Herr Kollege, es ist noch Gegenstand der Prüfung, wie sich diese neu bewilligten Stellen im einzelnen auch auf den Bereich der Regionalbetreuung auswirken werden. Ich werde Ihnen zu gegebener Zeit darüber gern eine präzisere Auskunft geben.
Nach dem bemerkenswerten Beitrag zu dem Thema, daß wir generell alle für die Einsparung von Stellen der öffentlichen Verwaltung, aber individuell für eine Erweiterung der Stellenpläne sind, teile ich noch mit, daß der Herr Abgeordnete Dr. Abelein die von ihm eingebrachte Frage 95 zurückgezogen hat.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf.
Wir kommen zur Frage 96 des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner:
Hält die Bundesregierung Zweifel an der demokratischen Zuverlässigkeit der Bundeswehr und sin demokratischen Geist der mittleren Offiziersgeneration für berechtigt?
Herr Präsident, die Fragen 96 bis 101 der Herren Dr. Wörner, Ernesti und Rommerskirchen stehen in einem Zusammenhang. Wenn die Herren es genehmigen, würde ich ihre Fragen gern auch im Zusammenhang beantworten.
Die Herren Abgeordneten sind alle im Saal. - Ich stelle fest, daß keine Bedenken dagegen bestehen, die Fragen im Zusammenhang zu beantworten.
Ich rufe dann noch die Frage 97 des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner, die Fragen 98 und 99 des Herrn Abgeordneten Ernesti und die Fragen 100 und 101 des Herrn Abgeordneten Rommerskirchen auf:
Hält die Bundesregierung die Behauptung für zutreffend, daß auch in Bonn Generale mit dein Gedanken des Verfassungsbruchs gespielt hätten?
Darf aus kritischen Bemerkungen von Offizieren gegenüber der Außenpolitik der Bundesregierung auf eine „erschreckend nationalistische Verengung" im Offizierskorps geschlossen werden?
Ist die Behauptung richtig, in der Bundeswehr gäbe es viele Menschen, die „zweifellos ein gebrochenes Verhältnis zur Demokratie und zu unserer Verfassung" hätten?
Teilt die Bundesregierung die kürzlich öffentlich geäußerte Auffassung, daß die frühere Bundeswehrführung gefordert habe, Staat und Gesellschaft einseitig militärischen Kategorien unterzuordnen?
Ist die Behauptung zutreffend, die Bundeswehr habe ein ideologisch fixiertes Feindbild?
Die Bundesregierung hegt keine Zweifel an der demokratischen Zuverlässigkeit der Bundeswehr. Ihr ist kein Fall bekannt, bei dem das Verhalten eines Soldaten ernsthafte Zweifel an seiner demokratischen Zuverlässigkeit aufkommen ließe. Das bezieht sich auch auf die Einstellung der mittleren Offiziersgeneration zum demokratischen Rechtsstaat. Dabei verkennt die Bundesregierung nicht, daß Soldaten vereinzelt bei Äußerungen zu politischen Problemen nicht immer die vom Soldatengesetz geforderte Zurückhaltung geübt haben.
Die Bundeswehr steht zu unserer Verfassung. Dies hat auch der Bundesminister der Verteidigung am 26. Oktober 1973 vor diesem Hause eindeutig erklärt.
Die erste Frage des Herrn Kollegen Ernesti beantworte ich mit Nein. Kritische Äußerungen
einzelner Offiziere können nicht zum Maßstab für die Bewertung der Streitkräfte insgesamt genommen werden.
Ihre zweite Frage beantworte ich ebenfalls mit Nein. Ich weise hier z. B. auf das Wahlverhalten der Soldaten in den größeren Bundeswehr-Standorten hin. Es hat gezeigt, daß sich die Soldaten an den Wahlen rege beteiligt haben. Sie zeigten keine Neigung, extremen Parteien ihre Stimme zu geben. Darüber hinaus weiß ich, daß Soldaten in großer Zahl innerhalb der demokratischen Parteien und in den kommunalen Gremien tätig sind. Im Vergleich hierzu fällt die politische Betätigung einzelner Soldaten in extremen Gruppierungen kaum ins Gewicht.
Ich komme jetzt zu dem Komplex, auf den sich die Fragen von Herrn Rommerskirchen beziehen.
Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. In einer im Jahre 1969 erstellten Studie heißt es z. B.:
- Der Staat und die ihn tragenden, im Grundgesetz niedergelegten Grundsätze von Freiheit, Recht und Menschenwürde werden vom Führer- und Unterführerkorps der Bundeswehr eindeutig bejaht;
- der Primat der Politik und die parlamentarische Kontrolle werden allgemein als selbstverständlich anerkannt;
- es gibt keine Ablehnung der staatstragenden Institutionen und keine Diskussion über die Staatsform.
Die Bundesregierung vermag nicht festzustellen, daß die hier unterbreiteten Vorschläge zur Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft erkennen lassen, die Gesellschaft habe sich einseitigen militärischen Kategorien unterzuordnen. Es ist allerdings eines der Hauptanliegen der Bundeswehr, die Einsicht in die Notwendigkeit der Verteidigungsbereitschaft zu wecken und diese Verteidigungsbereitschaft im Bewußtsein der Bevölkerung nachhaltig zu verankern.
Herr Kollege Rommerskirchen, die Bundeswehr hat kein ideologisch fixiertes Feindbild, weil es in der Bundeswehr keine verbindliche Ideologie gibt und auch nicht geben kann. Im Weißbuch 1970 „Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" heißt es daher unter Ziffer 150:
Offen ist die Bundeswehr auch gegenüber einer Vielfalt von Meinungen. Sie ist ein Teil unserer pluralistischen Gesellschaft ... Es ist deshalb gut und richtig, daß in der Bundeswehr diskutiert wird, und nur natürlich, daß dabei gegensätzliche Positionen bezogen werden - auch extrem konservative und extrem progressive.
Damit ist die Gesamtantwort erteilt.
Herr Dr. Wörner hat zunächst keine Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Ernesti zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es jedem Soldaten erlaubt sein muß, sich im Rahmen seiner Soldatenpflichten kritisch zu allen politischen Vorgängen zu äußern.
Ja, Herr Kollege Ernesti. Aber es kommt nicht nur darauf an, daß er es im Rahmen seiner Soldatenpflicht tut, sondern es kommt auch darauf an, daß er es mit der gebührenden Zurückhaltung tut. Er hat nämlich im Rahmen der Soldatenpflichten Gehorsamspflicht gegenüber Vorgesetzten und Kameradschaftspflicht gegenüber Vorgesetzten, Gleichgestellten und Untergebenen zu üben.
Ich wollte das nur noch einmal besonders betonen, wobei meine Antwort unzureichend sein muß. Ihre Frage umfaßt ein so komplexes Gebiet, daß man sie in einer Fragestunde nicht so kurz und bündig beantworten kann.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung des Deutschen Bundeswehrverbandes, der zu diesem Vorgang erklärt hat: „Die Gedankengänge des Abgeordneten Horn gehen von einer Bundeswehr aus, die es nicht gibt."
Herr Kollege, ich kenne die Äußerung des Deutschen Bundeswehrverbandes. Ich will aber mit dem Bundeskanzler antworten, der vor wenigen Tagen vor diesem Haus erklärt hat, daß die Bundeswehr, ihre Führung und ihre Soldaten unseren Respekt und unsere Anerkennung verdienen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 102 des Herrn Abgeordneten Hansen auf:
In wie vielen Fällen haben die Wehrbereichskommandos der Bundeswehr hei Staatsanwaltschaften Anzeigen gegen Wehrdienstverweigerer oder andere Personen ({0}) erstattet bzw. Verfahren angeregt, die sich auf das Rechtsberatungsmillbrauchsgesetz aus dein Jahr 1935 oder andere Gesetze stützen?
Herr Kollege Hansen, Ihre Frage wurde bereits in der Fragestunde vom 19. Oktober 1973 vom Kollegen Reiser gestellt und von mir dahin beantwortet: Es kann sein, daß es außer den im Lande Nordrhein-Westfalen eingeleiteten Verfahren noch mehrere Verfahren gibt. Von Stellen der Bundeswehr erstattete Anzeigen werden nur dann erfaßt, wenn Soldaten, Beamte oder Arbeitnehmer betroffen oder beschuldigt sind und später disziplinare oder dienstrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen können. Im übrigen besteht für die nachgeordneten Stellen der Bundeswehr keine Berichtspflicht. Es ist auch nicht beabsichtigt, eine Berichtspflicht einzuführen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie dann fragen: Wäre es möglich, daß Ihr Haus feststellt, ob es ähnliche Vorgänge bei der Bundeswehr in anderen Ländern gibt?
Ich habe mich natürlich darum bemüht, Herr Kollege Hansen. Ich weiß von einem Vorfall im Lande Niedersachsen, der entschieden ist. Andere Vorfälle sind mir nicht bekanntgeworden.
Wenn Sie sehr großes Interesse daran haben und Wert darauf legen, werde ich eine Riesenbürokratie in Bewegung setzen müssen, und es werden unheimlich viele Verwaltungsstunden auf einen Fall verwendet, der im Grunde genommen geklärt ist. Denn jeder hier im Saal ist mit mir wahrscheinlich einer Meinung, daß es unsinnig ist, 88 Fälle zum Modell zu nehmen, wenn ein Modell ausgereicht hätte, um eine Grundsatzentscheidung zustande zu bringen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß es gerade für ein gutes Verhältnis zwischen der Bundeswehr und anderen gesellschaftlichen Gruppen - in eben dem von Ihnen erwähnten Sinne des Pluralismus - nützlich wäre, wenn sich die Bundeswehr in solchen Dingen zurückhält und die Strafverfolgung von möglichen Straftatbeständen den dafür bestehenden Institutionen - Staatsanwaltschaften und Gerichten - überläßt?
Herr Kollege Hansen, ich muß Sie noch einmal darauf aufmerksam machen das habe ich auch damals ausgeführt -, daß Ordnungswidrigkeiten durch jedermann angezeigt werden können und daß die Polizei und ein paar andere Institutionen, wenn ich richtig informiert bin, kraft Gesetzes verpflichtet sind, Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen. Daher verhält sich die Bundeswehr und die in ihr tätigen Beamten und Soldaten nicht anders als andere Gesellschaftsgruppen.
Ich kann nicht verstehen, warum sich die Bundeswehr besonders zurückhalten sollte. Ich könnte allerdings ebensowenig verstehen, daß sie sich besonders befleißigen sollte. Sie soll sich verhalten wie jeder andere auch.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner.
Herr Staatssekretär, zur Klarstellung noch einmal die Frage: Sie sind also der Meinung, daß, wenn Verdacht besteht, daß gegen ein Gesetz verstoßen wurde, die hier angeführten Behörden der Bundeswehr die Möglichkeit und das Recht haben, Anzeige zu erstatten?
Ja, natürlich.
Die Fragen 103 und 104 hat der Herr Abgeordnete Möhring eingebracht. Er ist nicht im Saal. Die Fragen werden daher schriftlich beantwortet, und die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Herr Abgeordneter Walkhoff hat um schriftliche Beantwortung der von ihm gestellten Frage 105 gebeten. Auch hier wird die Antwort als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die letzte Frage aus diesem Geschäftsbereich, Frage 106 des Herrn Abgeordneten Hansen, auf:
Hat der Prüfungsausschuß beim Kreiswehrersatzamt in Herford einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller trage zwar schlüssig vor, die Humanität verbiete ihm die Teilnahme an einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen den Staaten, diese Einlassung wirke jedoch nicht glaubhaft, weil der Antragsteller als angeblich human denkender Mensch die Fristenlösung bei der Abtreibung befürworte, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus gegebenenfalls?
Herr Kollege Hansen, es ist richtig, daß der Prüfungsausschuß beim Kreiswehrersatzamt in Herford aus den von Ihnen zitierten Gründen einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer abgelehnt hat. Die Bundesregierung stimmt mit der in der Begründung geäußerten Auffassung nicht überein. Das Bekenntnis des Antragstellers zur Fristenlösung für eine Schwangerschaftsunterbrechung als solches darf unter keinen Umständen mit als Anzeichen für das Fehlen einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe gewertet werden. Geschieht dies, so wird damit der Begriff einer derartigen Gewissensentscheidung verkannt.
Ich darf Sie jedoch darauf hinweisen, Herr Kollege Hansen, daß weder den Vorsitzenden noch den Beisitzern der Prüfungsgremien für Kriegsdienstverweigerer Weisungen erteilt werden dürfen und daß überdies nur die allein stimmberechtigten Beisitzer zur Entscheidung berufen sind. Daher vermag die Bundesregierung nicht durch entsprechende Weisungen an die Vorsitzenden und an die Beisitzer sicherzustellen, daß kein Antragsteller aus den angegebenen Gründen als Kriegsdienstverweigerer abgelehnt wird.
Im übrigen ist das vorliegende Verfahren noch nicht abgeschlossen, da sowohl der Wehrpflichtige als auch das Kreiswehrersatzamt gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses Widerspruch eingelegt haben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß vor kurzem ein Wiesbadener Gericht eine
unmißverständliche Kritik an den vom Bundesverwaltungsgericht postulierten Tatbestandsmerkmalen für die Anerkennung von Wehrdienstverweigerern aus Gewissensgründen geäußert und festgestellt hat, daß selbst dann, wenn man sich künftig mit einem Kriegsdienstverweigerer in mehrtägigen Sitzungen beschäftigen und zu diesen Sitzungen noch Psychologen, Psychotherapeuten und andere Sachverständige hinzuziehen sollte, die inquisitorische Gewissenserforschung nicht möglich ist?
Herr Kollege, ich habe davon in der Zeitung gelesen. Das ist e i n Urteil. Ich könnte Ihnen andere Urteile nennen, die Gegenteiliges behaupten.
Die letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Hansen.
Herr Staatssekretär, nachdem es schon so viele Fälle gibt, in denen die Absurdität eben solcher Gewissenserforschung durch Prüfungsausschüsse immer wieder deutlich wird - das gilt gerade für diesen Fall, in dem ein Vorsitzender seine eigene Gewissensentscheidung in bezug auf die Fristenregelung zum Maßstab für eine Entscheidung über das Gewissen eines anderen genommen hat -, ist doch die Frage zu stellen, ob man bei der Berufung solcher Vorsitzenden andere Maßstäbe für die Qualifikation anlegen muß.
Herr Kollege Hansen, ich muß Sie noch einmal darauf aufmerksam machen, daß die Entscheidung
({0})
ausschließlich bei den Beisitzern liegt. Der Vorsitzende führt nur die Verhandlung. Die Beisitzer fällen die Entscheidung. Wenn also die Auswahl besser zu treffen ist, so kann ich nur sagen, die Auswahl der Beisitzer muß besser getroffen werden. Aber dies ist keine Maßnahme, die das Bundesministerium der Verteidigung in die Wege leiten könnte.
Nun also zum Kern Ihrer Zusatzfrage, zur Auswahl der Vorsitzenden. Ich will Ihnen gern zugeben, daß das aus zwei Gründen eine sehr schwierige Sache ist. Erstens sind diese Stellen so dotiert, daß sich Beamte nicht sehr danach drängen. Jemand, der dort eingesetzt ist, versucht natürlich, dort wieder wegzukommen, weil er dort in der Regel über den Oberregierungsrat nicht hinauswachsen kann. Zweitens werden, da die Stellen so dotiert und die Dienstposten so ausgeworfen sind, junge Beamte mit diesen Aufgaben betraut. Und junge Beamte sind eben auf Grund ihrer Lebenserfahrung in der Ausnutzung ihres Ermessensspielraums häufig unvorsichtiger, als erfahrene ältere Beamte es nun einmal sind. Auf Grund Ihrer Lebenserfahrung werden Sie mir da sicher zustimmen.
({1})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Biermann.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es schon problematisch ist, ein Gewissen überhaupt zu prüfen? Und sind Sie, wenn Sie dem zustimmen würden, nicht mit mir der Meinung, daß der Qualifikation insbesondere der Vorsitzenden dieser Ausschüsse eine besondere Bedeutung beigemessen werden muß, damit solche Unrechtsentscheidungen nicht in großer Zahl gefällt werden?
Herr Kollege Biermann, ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß dieses Haus die Gesetze so festgelegt hat, wie sie sind, und daß wir gehalten sind, nach diesen Gesetzen vorzugehen.
Die Frage der Gewissenserforschung ist eine sehr schwierige Frage, und gestatten Sie mir, daß ich etwas flapsig antworte: Wenn Sie bereit sind, im Haushaltsausschuß dafür einzutreten, daß die Stellen, die hier in Frage kommen, als Ministerialdirektorenstellen ausgeworfen werden, wird man natürlich hinsichtlich der Qualifikation der betreffenden Juristen andere Maßstäbe anlegen können. Zur Zeit müssen wir uns damit abfinden, daß das Angebot an Beamten die Auswahlmöglichkeit eingrenzt.
Hinzu kommt, Herr Kollege Biermann - das wissen Sie aus Ihrer Arbeit besser als ich -, daß die Zahl der Verfahren gestiegen ist und wir dadurch eine größere Zahl von Ausschüssen haben. Daher ist die Schwierigkeit, geeignete Beamte zu finden, nicht kleiner, sondern größer geworden.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, ist sich die Bundesregierung der Tatsache bewußt - oder soll ich sagen: noch bewußt -, daß der Abgeordnete des Parlamentarischen Rates Professor Theodor Heuss, als die Aufnahme einer Bestimmung über die Wehrdienstverweigerung in das Grundgesetz beraten wurde, vor der Gefahr warnte, das werde zu einem Verschleiß des Gewissens führen?
Herr Kollege Schulze-Vorberg, ich weiß nicht, ob sich die Bundesregierung dessen bewußt ist. Ich jedenfalls bin mir der Tatsache bewußt - und ich habe eben mit einem Seitenblick auf den Kanzler festgestellt, daß der Bundeskanzler sich ihr auch bewußt ist -, daß Herr Professor Heuss das gesagt hat. Das bedeutet nicht, daß alle Mitglieder des Parlamentarischen Rates sich dieser seiner Meinung angeschlossen haben.
({0})
Auch eine so hochverdiente und eine wissenschaftlich so qualifizierte Person wie Herr Professor Heuss hat das Recht auf den Irrtum.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet, Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Haar zur Verfügung.
Die erste Frage - Frage 107 - ist von dem Herrn Abgeordneten Hoffie eingebracht. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Dr. Kempfler hat um schriftliche Beantwortung der eingereichten Frage - Nr. 108 - gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Biehle hat die von ihm eingereichte Frage - Nr. 109 - zurückgezogen.
Auch der Herr Abgeordnete Lenzer hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingereichten Frage - Nr. 110 - gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage des Herrn Abgeordneten Nordlohne - Frage 111 - auf:
Was hat die Bundesregierung seit dem 20. September 1973, dem Tag, an dem in der 51. Sitzung des Deutschen Bundestags eine aktuelle Stunde zum Bummelstreik der Fluglotsen stattfand, an konkreten Maßnahmen getroffen, um den Fluglotsenstreik zu beenden und einen normalen Flugverkehr in unserem Lande wiederherzustellen?
Herr Kollege Nordlohne, die Bundesregierung hat wiederholt dargelegt, daß sie die betrieblich-technischen und die dienstrechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, um die Auswirkungen dieser rechtswidrigen Aktion der Fluglotsen auf ein Mindestmaß zu beschränken. In den letzten Wochen wurden mehrere Betriebsuntersuchungsgruppen schwerpunktmäßig für eine verschärfte Dienstaufsicht eingesetzt, um - ich will es so formulieren - vor Ort betriebliches Fehlverhalten feststellen zu können. Seit dem 20. September 1973 wurden neun förmliche Disziplinarverfahren und gegen fünf Beamte auf Probe Untersuchungsverfahren zusätzlich eingeleitet. Ein Angestellter ist fristlos entlassen worden. Mehrere Disziplinarverfügungen stehen unmittelbar vor ihrem Abschluß.
Die Beschlüsse der Bundesregierung und des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages ermöglichen jetzt eine bessere personelle Ausstattung der Flugsicherung und eine weitere Verbesserung des Besoldungs- und des Beförderungsverhältnisses. Die Leistungsfähigkeit der Flugsicherung erfordert die zügige und effiziente Realisierung des Ausbauprogramms der Flugsicherung. Der Bundesminister für Verkehr hat daher den früheren Hauptabteilungsleiter im Bundesverteidigungsministerium, Herrn Ministerialdirektor a. D. Hans-Georg Schiffers, als Berater berufen und mit Fragen der Planung, der Beschaffung und Errichtung technischer Anlagen und Einrichtungen beauftragt. Daneben wird durch Neu- und Umbesetzungen im Leitungsbereich der Bundesanstalt für Flugsicherung den Erfordernissen eines verstärkten technischen Ausbaues und einer verbesserten Aus- und Fortbildung Rechnung getragen.
Im übrigen wurden bzw. werden mit den Gewerkschaften Fragen einer leistungsorientierten Organisation der Flugsicherung, mögliche Rechtsformen der Bundesanstalt für Flugsicherung und Statusfragen des Flugsicherungspersonals erörtert. Die Bundesregierung hat damit neben den flugsicherungsbetrieblichen und den dienstrechtlichen Maßnahmen eine Reihe zukunftsorientierter Entscheidungen mit dem Ziel getroffen, auch in Zukunft die Leistungsfähigkeit der Flugsicherung sicherzustellen.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob sich der Herr Bundeskanzler als Chef dieser Bundesregierung seit dem 20. September 1973 eventuell persönlich um eine Beilegung des Fluglotsenstreiks bemüht hat?
Herr Abgeordneter, ich lasse diese Zusatzfrage nicht zu, weil sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der eingebrachten Frage steht. Sie haben eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sieht sich die Bundesregierung in der Lage, zu erklären, ob auf Grund ihrer Maßnahmen, die Sie vorhin angesprochen haben, damit zu rechnen ist, daß es in der Bundesrepublik zu Weihnachten wieder einen normalen Flugbetrieb geben wird, oder ob hiermit erst im Laufe des Jahres 1974 zu rechnen ist?
Eine derartige Frage konkret zu beantworten, würde verlangen, daß Sie mich in den Bereich der Spekulation verweisen. Das können Sie von einem Vertreter der Bundesregierung in diesem Augenblick nicht erwarten. Denn auch die Vorschläge der Opposition lassen etwas Derartiges mit Sicherheit bislang nicht erkennen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Fragestunde.
({0})
-- Meine Damen und Herren, mit der letzten Zusatzfrage hatten wir bereits die Zeit überschritten, die wir heute für die Fragestunde haben.
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Ich rufe nunmehr auf die
Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Energieversorgung bei Gefährdung oder Störung der Einfuhren von Mineralöl oder Erdgas ({1})
Drucksache 7/1198
Es ist interfraktionell vereinbart worden, den Gesetzentwurf ohne Begründung und Aussprache zu überweisen an den Ausschuß für Wirtschaft - federführend -, an den Finanzausschuß und den
Rechtsausschuß zur Mitberatung sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Wer mit diesen Überweisungsvorschlägen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Plenarsitzung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 8. November, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.