Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, ich eröffne unsere Sitzung.
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Am 15. September ist Gustaf VI. Adolf, König von Schweden, nach fast 23jähriger Regierung im Alter von fast 91 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit verstorben. Der Monarch weilte zuletzt vom 8. bis 11. Mai 1972 zu einem Staatsbesuch in der Bundesrepublik Deutschland, an dem die deutsche Öffentlichkeit großen Anteil genommen hat und der uns allen noch in guter Erinnerung ist. Anläßlich des Todes Gustafs VI. Adolf hat die Frau Präsidentin des Deutschen Bundestages dem Präsidenten des Schwedischen Reichstages folgendes Telegramm übermittelt:
Zu dem schweren Verlust, den Ihr Land durch den Tod Seiner Majestät erlitten hat, spreche ich Ihnen, Exzellenz, und den Mitgliedern des Reichstages im Namen des Deutschen Bundestages und auch persönlich tiefempfundene Anteilnahme aus. Über die Grenzen Schwedens hinaus genoß Seine Majestät hohen Respekt und große Sympathie. Die deutsche Bevölkerung nimmt deshalb teil an der Trauer des schwedischen Volkes.
Sie haben sich zu Ehren des verstorbenen schwedischen Königs von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll der Bericht über die Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 19. bis 22. Juni 1973 in Paris - Drucksache 7/931 - dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen werden. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch und stelle fest, daß so beschlossen ist.
Der Bundesminister der Finanzen hat unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 4 der Bundeshaushaltsordnung einer überplanmäßigen Ausgabe im Haushaltsjahr 1973 bei Kap. 23 02 Tit. 686 07 grundsätzlich zugestimmt. Die Vorlage -- Drucksache 7/996 - soll dem Haushaltsausschuß überwiesen werden. - Ich sehe und höre auch hier keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Dann können wir in die Fragestunde eintreten: Fragestunde
- Drucksache 7/1004 Ich rufe zuerst den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Der Fragesteller, der Herr Abgeordnete Dr. Köhler ({1}), hat um schriftliche Beantwortung seiner Frage - Nr. 1 - gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe dann den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Herold zur Verfügung. Die erste Frage - Frage Nr. 2 - ist von dem Herrn Abgeordneten Spranger eingebracht worden:
Treffen Meldungen zu, daß die Bundesregierung die finanzielle Unterstützung für wissenschaftliche Institute einstellt, die ostdeutsche Arbeiten durchführen, und statt dessen künfig nur noch eine Projektförderung betreiben will?
Herr Präsident, ich darf die Frage des Kollegen Spranger wie folgt beantworten.
Derartige Meldungen treffen - so, wie Sie, Herr Kollege, sie formuliert haben - nicht zu. Im Zuge künftiger Planungen bei der Verwendung der Haushaltsmittel des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen wird zwar generell angestrebt, die institutionelle Förderung aller Zuwendungsempfänger umzustellen zugunsten einer Förderung von Projekten, deren finanzieller Bedarf genau geplant und voraussehbar festgelegt werden kann. Diese Absicht ist aber nicht auf Einrichtungen beschränkt, die sich mit bestimmten Aufgaben befassen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die nächste Frage - Nr. 3 - des Herrn
Abgeordneten Pieroth auf. Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Als nächsten Geschäftsbereich rufe ich den des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Bundesminister Eppler zur Verfügung. Die Frage
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
- Nr. 6 - ist von dem Herrn Abgeordneten Spranger eingebracht worden:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussagen von Bundesminister Eppler, daß Portugal nicht Mitglied Europas werden könne, wenn es nicht seine Gebiete in Afrika aufgebe?
Herr Kollege Spranger, in meinem Artikel im „Vorwärts" vom 25. Juli 1973, auf den Sie wohl Bezug nehmen, habe ich den britischen „Observer" vom 15. Juli 1973 zitiert, und zwar folgendermaßen:
Vielleicht das wichtigste Zeichen des Wandels in Portugal ist die öffentliche Diskussion über die Beziehungen des Landes zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Das Land kann nur gedeihen, wenn es ein Teil des modernen Europas wird. Aber es hat keine Chance, zugelassen zu werden, solange seine Kolonialkriege andauern. Für Portugal wird daher die Wahl unausweichlich: entweder seine zerstörerischen Kriege in Afrika fortzusetzen und der Europäischen Gemeinschaft fernzubleiben, oder sich Europa anzuschließen, indem es sich mit den afrikanischen Befreiungskräften verständigt.
Ich habe dann von mir aus hinzugefügt:
So ist es. Und wir müssen deutlich machen, daß es so ist, je unmißverständlicher, desto besser.
Herr Kollege, eine Aufnahme Portugals in die Europäische Gemeinschaft steht vorläufig nicht zur Debatte. Nach den Informationen aus verschiedenen Mitgliedsländern, auf die ich in diesem Artikel Bezug nahm, ist nicht zu erwarten, daß eine Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft stattfinden kann, solange Portugal an seiner Ultramar-Politik festhält. Damit dürfte übrigens zusammenhängen, daß Portugal bisher nicht die Absicht hat erkennen lassen, einen Aufnahmeantrag zu stellen.
Eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Kollege!
Gilt die Begründung für die Passivität des Herrn Bundeskanzlers in Sachen Sacharow und Solschenizyn, man dürfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen, nur für kommunistische Staaten oder auch seitens der gesamten Bundesregierung für verbündete westliche Demokratien?
Herr Kollege, ich lasse Ihre Zusatzfrage nicht zu, weil sie nicht in dem gebotenen Zusammenhang mit der Frage steht.
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Sie haben aber eine weitere Zusatzfrage.
Betrachtet es die Bundesregierung als dem Ansehen der Bundesrepublik förderlich, wenn führende Vertreter der größeren Regierungspartei im Auftrage dieser Partei Vertretei der Frelimo einladen und durch einen demonstrativ großen Empfang aufwerten, obwohl Portugal, gegen das sich diese Initiative richtet, ein Verbündeter in der NATO ist?
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Herr Kollege, ich verstehe das, aber die Geschäftsordnung sieht hier die Notwendigkeit eines unmittelbaren Sachzusammenhangs mit der eingebrachten Frage vor.
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Es obliegt Ihrer Geschicklichkeit, das dann so zu verbinden. Sie haben das heute nicht geschafft.
({1}) Bitte, Herr Kollege, eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, daß man, nachdem sie sich daran bei der Ostpolitik im Interesse unserer Sicherheit gehalten hat, nicht nur dem Osten gegenüber dem Grundsatz Rechnung tragen sollte, daß Gegenstand der Außenpolitik die Staaten nicht als politische Systeme, sondern als Machtfaktoren sein sollten?
Herr Kollege, ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn wir uns hier - das gilt für alle Seiten des Hauses an die Regeln der Geschäftsordnung halten und den unmittelbaren Zusammenhang, wie er für Zusatzfragen gefordert ist, herstellen würden. Ich bedaure, auch hier diesen unmittelbaren Zusammenhang nicht erkennen zu können.
Bitte, Herr Kollege Dr. Kempfler!
Ich hoffe, den Zusammenhang herzustellen. - Herr Bundesminister, Sie haben erklärt, daß Portugal keine Aussicht hat, aufgenommen zu werden, solange es seine Kolonialkriege nicht aufgibt. Wäre dann also die Ihnen gestellte Frage in dem Sinne zu beantworten, daß es nicht erforderlich ist, daß Portugal seine kolonialen Gebiete aufgibt?
Herr Kollege, erstens habe ich keine Forderungen erhoben, sondern einen in ganz Europa klaren Tatbestand festgestellt, und zweitens gilt dies selbstverständlich nicht nur für die Kolonialkriege, wie hier im „Observer" dargestellt ist, sondern für die gesamte Kolonialpolitik.
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Herr Kollege, Kempfler, herzlichen Glückwunsch!
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, wären Sie bereit, die Opposition darauf hinzuweisen, daß es zu dem Problemkreis, der in dieser Frage angesprochen ist, auch eindeutige Beschlüsse der UNO gibt und daß das ganz besonders an einem Tage bedeutsam sein kann, an dem wir in die UNO aufgenommen werden?
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Herr Kollege, diese Zusatzfrage steht auch nur in einem sehr weiten Zusammenhang mit der Frage. Ich würde vorschlagen, daß wir hierzu keine weiteren Zusatzfragen mehr beantworten.
Meine Damen und Herren, damit ist die Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung steht Herr Bundesminister Genscher zur Verfügung.
Die Fragen 7 und 8 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Die nächste Frage - Nr. 9 - ist von der Frau Abgeordneten Eilers eingebracht:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die deutsche Ehefrau eines ausländischen Mannes verpflichtet sei, ihrem Mann in dessen Heimat nachzufolgen, hält sie diese Auffassung in jedem Fall mit Artikel 3 Abs. 2, Artikel 6, 11 und 12 des Grundgesetzes für vereinbar, und wird sie gegebenenfalls diese Rechtslage durch eine entsprechende Gesetzesinitiative beseitigen?
Frau Abgeordnete, die deutsche Ehefrau eines Ausländers ist nicht verpflichtet, ihrem ausländischen Ehepartner in dessen Heimat nachzufolgen, wenn sie das nicht will.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ich habe nicht allein diese Frage gestellt, sondern habe sie ausgeweitet, und so möchte ich Sie noch einmal fragen, ob Sie meine Frage auch dahin gehend verstanden haben, daß ich nach den Bezügen zu Art. 3 Abs. 2, Art. 6, Art. 11 und Art. 12 des Grundgesetzes gefragt habe.
Ja. Nur, Frau Abgeordnete, im Zusammenhang mit dieser Frage entsteht ja ein Spannungsverhältnis nicht. Natürlich ist die Bundesregierung der Meinung, daß der Schutz von Ehe und Familie im Vordergrund zu stehen hat. Nur wird das in diesem Falle nicht praktisch. Es gibt keine Verpflichtung für die deutsche Ehefrau eines Ausländers, gegen ihren Willen die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen.
Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage.
Würden Sie, Herr Minister, es aber bei einer Heraussetzung des Ehemannes gewährleistet sehen, daß Ehe und Familie einer deutschen Frau dann noch nach dem Grundgesetz, dem sie ja untersteht, geschützt würden?
Frau Abgeordnete, diesen Gesichtspunkt beachtet die Bundesregierung. Sie hat deshalb die ausländerrechtliche Behandlung der mit Deutschen verheirateten Ausländer durch eine Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Ausländergesetz vom 10. Mai 1972 besonders geregelt. Danach haben bei Ausländern, die mit Deutschen verheiratet sind, grundsätzlich alle anderen Belange der Bundesrepublik Deutschland, die durch die Anwesenheit des Ausländers beeinträchtigt werden können, insbesondere übrigens auch Gesichtspunkte der Entwicklungshilfe - das sind die meisten der praktischen Fälle, auf die Sie abheben -, gegenüber dem in Art. 6 unserer Verfassung gewährten Schutz von Ehe und Familie zurückzutreten. In diesen Fällen hat die Ausländerbehörde regelmäßig die Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland zu erteilen. Dieser Grundsatz gilt nur dann nicht, wenn im Einzelfall ein schwerwiegender Ausweisungsgrund vorliegt. Mit dieser für alle Ausländerbehörden verbindlichen Neuregelung, die, wie gesagt, seit Mai 1972 in Kraft ist, ist gewährleistet, daß den mit Deutschen verheirateten Ausländern in der Regel der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland auf Dauer erlaubt wird.
Ich rufe die Frage 10 der Abgeordneten Frau Eilers auf:
Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, wie häufig seit dem 1. Januar 1970 Ausländerinnen, die mit Deutschen verheiratet sind, aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen wurden, und ob in diesen Fällen auch der deutsche Ehemann die Bundesrepublik Deutschland verlassen hat?
Für die Frage einer etwaigen Ausweisung eines Ausländers sind die Ausländerbehörden der Länder zuständig, da die Durchführung der ausländerrechtlichen Vorschriften den Ländern obliegt. Eine Auskunft darüber, ob und gegebenenfalls in wie vielen Fällen Ausländerinnen, die mit Deutschen verheiratet sind, seit dem 1. Januar 1970 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden sind, kann deshalb erst nach Rundfrage bei den Ländern erteilt werden, die zur Beantwortung der Frage die zuständigen Ausländerbehörden auf Kreisebene einschalten müssen. Ich habe eine solche Anfrage veranlaßt. Ich möchte im übrigen noch sagen, daß die von mir genannte Vorschrift vom 10. Mai 1972 selbstverständlich in gleicher Weise sowohl für ausländische Männer wie Frauen gilt.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Minister, dürfte ich Sie bitten, dann, wenn die Befragung der Ausländerämter erfolgt ist, auch mir Mitteilung über das Ergebnis zukommen zu lassen?
Ich komme von selbst darauf zurück, Frau Abgeordnete.
Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Zebisch auf :
Wird die Bundesregierung den Vorschlag des Bayerischen Städteverbands unterstützen, der zur Finanzierung der Beseitigung von Autowracks die Einführung einer Abwrackgebühr für alle Autohersteller vorsieht?
Die Bundesregierung hat den Vorschlag des Bayerischen Städteverbandes zur Kenntnis genommen. Sie unterstützt alle Bemühungen, das Problem der Kosten der Abfallbeseitigung nach den Grundsätzen des Verursacherprinzips zu regeln. In diesem Zusammenhang werden unter anderem auch Überlegungen angestellt, ob die Erhebung einer Abgabe auf die Herstellung bestimmter, schwer zu beseitigender Produkte - wie z. B. Automobile - zur Sicherung der schadlosen Beseitigung bzw. Wiederverwertung geeignet ist. Insbesondere sind dabei Fragen des Verwaltungsaufwandes, der Abgabenhöhe, des internationalen wirtschaftlichen Wettbewerbs und der Auswirkungen im EG-Bereich zu prüfen. Die Bundesregierung bereitet zur Zeit ein Recycling-Programm vor, in dem unter anderem auch Maßnahmen zur Förderung der Weiterverwertung von Autowracks eingehend behandelt werden. Vor Abschluß dieser Arbeiten kann die Bundesregierung zu Vorschlägen, wie sie unter anderem auch der Bayerische Städteverband vorgelegt hat, nicht abschließend Stellung nehmen.
Herr Kollege, ich weise im übrigen darauf hin, daß die Bundesregierung bis zum 31. Dezember dieses Jahres dem Deutschen Bundestag einen Bericht über Verfahren zur ordnungsgemäßen Einsammlung, Beseitigung und Wiederverwertung von Autowracks vorlegen wird.
Bitte, Herr Kollege, eine Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, ist aus dem EWG-Bereich oder dem uns befreundeten Ausland ein Modellfall bekannt, der auf dem Gedankengut des Bayerischen Städteverbandes basiert?
Ich kann diese Frage im Augenblick nicht beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Bundesminister, können Sie ungefähr sagen, welche zusätzlichen Kosten auf den Käufer zukämen, wenn entsprechend dem Gedankengut des Bayerischen Städteverbandes verfahren würde?
Herr Abgeordneter, das wird sehr davon abhängen, in welcher Form man diese Abwrackgebühr erhebt und was sie abdecken soll.
Der Herr Abgeordnete Hansen hat gebeten, daß die von ihm eingebrachte Frage 12 schriftlich beantwortet wird. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) auf:
Trifft es zu, daß die derzeitigen schlechten Verhältnisse im Ausländerlager Zirndorf auch darauf zurückzuführen sind, daß ein Großteil der Asylsuchenden Araber sind, die von der DDR-Fluggesellschaft Interflug in verschiedenen arabischen Ländern angeworben, nach Bezahlung des Flugpreises in westlicher Währung nach Ost-Berlin geflogen, dort in verplombte Omnibusse verfrachtet und nach West-Berlin geschafft werden, wo sie dann um Asyl in der Bundesrepublik Deutschland nachsuchen, und was gedenkt die Bundesregierung gegen diese Praktiken zu tun?
Der Anteil arabischer Asylbewerber an der Gesamtzahl der Insassen des bayerischen Sammellagers für Ausländer in Zirndorf war in letzter Zeit wegen Schwierigkeiten bei der Vermittlung arabischer Asylbewerber in Arbeit und Unterkunft überdurchschnittlich hoch. In der Zwischenzeit konnte die Zahl der Araber, die dort untergebracht sind, jedoch von über 300 Personen im Monat August auf 143 Personen abgebaut werden.
Es trifft zu, daß ein nicht unerheblicher Teil der Asylbewerber arabischer Nationalität über Ost-Berlin einreist. Aus ihren Heimatländern begeben sie sich auf dem Luftweg oder dem Landweg nach Ost-Berlin und versuchen, von dort unter Ausnutzung der auf alliiertem Recht beruhenden Freizügigkeit innerhalb Berlins nach West-Berlin zu gelangen, wo sie zum Teil schon den Asylantrag stellen.
Daß diese Personen in verplombten Bussen von Ost-Berlin nach Berlin ({0}) einreisen, kann nicht bestätigt werden. An dem für den Verkehr vom Flughafen Schönefeld nach West-Berlin zuständigen Übergang „Waltersdorfer Chaussee" findet seit September 1972 mit Zustimmung der Alliierten eine Kontrolle statt. Personen, die dort ohne die erforderlichen Einreisepapiere nach West-Berlin einreisen wollen, werden zurückgewiesen. Wie die Asylbewerber im einzelnen vom Flughafen Schönefeld zu den Übergängen von Ost-Berlin nach Berlin ({1}) gelangen, läßt sich nicht überprüfen. Die Einreise auf dem Schienenweg, z. B. mit der S-Bahn, vollzieht sich dann im allgemeinen unkontrolliert.
Wegen der Frage der unkontrollierten Einreise ausländischer Staatsangehöriger von Ost-Berlin nach Berlin ({2}) stehe ich mit dem Senator für Inneres in Berlin in Verbindung. Er hat mir dazu eine eingehende Stellungnahme für die nächsten Tage zugesagt, die ich Ihnen gern zuleiten kann. Die Bundesregierung wird auf Grund dieser Stellungnahmen prüfen, welche Möglichkeiten zur Lösung dieses uns alle bewegenden Problems bestehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Bundesminister, können Sie die von Vertretern des Bundesamtes in Zirndorf gegenüber vier Mitgliedern dieses Hauses gemachten Angaben bestätigen, wonach der Zustrom von Arabern in die Bundesrepublik von einem in Ost-Berlin eingerichteten Verbindungsbüro der „El Fatah" geleitet wird?
Herr Abgeordneter, ich kann das in dieser Form nicht bestätigen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, wie erklären Sie es sich, daß alle Angaben, auf denen diese Anfrage beruht, von Angehörigen Ihres Hauses und insbesondere des Bundesamts in Zirndorf gegenüber vier Mitgliedern des Deutschen Bundestages - ich könnte sie hier einzeln angeben - vor der Pressse gemacht wurden und auch vor der Presse unwidersprochen blieben, während Sie jetzt sagen, daß Sie diese Angaben nicht bestätigen können?
Ich habe gesagt: Ich kann sie nicht in dieser Form bestätigen. Mir ist inzwischen mitgeteilt worden, Herr Abgeordneter, daß hier offensichtlich ein Mißverständnis entstanden ist. Die Angaben schließen doch nicht aus, daß in der Beurteilung des Problems, das sich hier stellt, völlige Übereinstimmung besteht. Das Problem ist letztlich nicht, mit welchem Fahrzeug die Einreise erfolgt, sondern das Problem besteht darin, daß es insgesamt sehr schwierig ist, hier einen Mißbrauch des Asylrechts in der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern. Dieser Frage müssen und werden wir uns in gemeinsamer Verantwortung stellen.
Ich rufe die Frage 14 des Abgeordneten Dr. Dollinger auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die seit Jahren bestehenden Verhältnisse beim Ausländerlager in Zirndorf die Errichtung eines zweiten Ausländerlagers in einem anderen Bundesland rechtfertigen, und kann die Bundesregierung einen Zeitpunkt nennen, zu dem eine für die Bevölkerung der Stadt Zirndorf und des Landkreises Fürth akzeptable Dauerlösung dieses Problems erreicht sein wird, die sich sowohl zugunsten der Bevölkerung als auch für die Asylsuchenden auswirken wird?
({0})
- Herr Kollege, wenn Sie eine Frage stellen wollten, mußten Sie sich rechtzeitig ans Mikrofon begeben. Jetzt ist die Frage des Abgeordneten Dr. Dollinger aufgerufen.
({1})
- Nein, Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage lasse ich nicht zu.
Herr Abgeordneter, der immer wieder auftretenden Überlastung des bayerischen Sammellagers ({0})
Der Herr Minister ist bei der Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Dollinger.
({0})
- Herr Abgeordneter Kiechle, ich rufe Sie zur Ordnung.
Der immer wieder auftretenden Überlastung des bayerischen Sammellagers für Ausländer in Zirndorf konnte bisher dank der Hilfe aller beteiligten Stellen durch besondere Maßnahmen stets begegnet werden. Gleichwohl ist die Bundesregierung der Auffassung, daß eine Dauerlösung angestrebt werden muß, die es ermöglicht, die Belastung des Sammellagers für Ausländer in Zirndorf stets in vertretbaren Grenzen zu halten. Die Bestimmung eines weiteren Sammellagers für Ausländer außerhalb des Freistaates Bayern wäre eine Lösungsmöglichkeit. Eine dauerhafte Lösung der Probleme könnte aber auch dadurch erreicht werden, daß diejenigen Asylbewerber, deren Anwesenheit beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge nicht mehr erforderlich ist, frühzeitig nach einem besonderen Schlüssel anteilmäßig auf die Länder verteilt werden.
Mit Fernschreiben vom 14. August 1973 habe ich die Herren Innenminister und -senatoren der Länder gebeten, mir ihre grundsätzliche Stellungnahme zu diesen beiden Lösungsmöglichkeiten möglichst bis Mitte dieses Monats mitzuteilen. Einige Stellungnahmen liegen schon vor. Mit dem Eingang der übrigen Äußerungen rechne ich in den nächsten Tagen.
Einen genauen Zeitpunkt, an dem die angestrebte Dauerlösung in Kraft treten könnte, kann ich Ihnen im Augenblick noch nicht nennen. Sie können jedoch sicher sein, daß die notwendigen Vorarbeiten mit der gebotenen Beschleunigung durchgeführt werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Dr. Dollinger.
Herr Bundesminister, dart ich Ihre Antwort so auslegen, daß Sie die Absicht haben, die Errichtung eines zweiten Lagers, die ja im September 1969 schon Ihr Vorgänger, Minister Benda, angeregt hat und die gleichzeitig der bayerische Minister Merk mit einem Schreiben vom Mai wünschte, auf eine der nächsten Tagesordnungen der Konferenz der Länderinnenminister zu setzen?
Sie dürfen das, Herr Abgeordneter.
Herr Abgeordneter Dr. Dollinger stellt keine weitere Zusatzfrage. Herr Abgeordneter Haase.
Herr Bundesminister, darf ich davon ausgehen, daß, nachdem Sie die Verteilung der Asylbewerber unmittelbar auf die Länder als eine Lösungsmöglichkeit andeuteten, auch eine Verstärkung des Personals für die Vorprüfung beabsichtigt ist, damit eine zügige Verteilung überhaupt erst möglich wird?
Das ist schon im Gange, Herr Abgeordneter.
Meine Damen und Herren, ich weise noch einmal darauf hin, daß sich, wer Zusatzfragen stellen will, von seinem Platz erheben und an eines der Saalmikrofone gehen muß, um dem amtierenden Präsidenten und den Schriftführern Gelegenheit zu geben, von der Wortmeldung Kenntnis zu nehmen. Das darf nicht erst in dem Augenblick geschehen, wenn die nächste Frage aufgerufen wird.
Ich rufe die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Gruhl auf:
Hat die Bundesregierung das von ihr geplante „Forum für Umweltschutz" nicht, wie in ihrem Umweltprogramm versprochen, gefördert, weil dieses zwei Jahre nach der Verkündung des Umweltprogramms noch immer nicht konstituiert ist?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat Ihrer Ankündigung im Umweltprogramm entsprechend die Bildung. eines Umweltforums gefördert, das, wie es in den Regeln des Umweltforums heißt, den Austausch von Meinungen und Informationen über Umweltschutz und Umweltgestaltung unter den beteiligten gesellschaftlichen Gruppen und Einrichtungen fördern und unterschiedliche Gruppeninteressen verdeutlichen sowie Wege zum Ausgleich ebnen soll.
Die Ausrichtung des Umweltforums hat die Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen übernommen.
Das Umweltforum wird von der Bundesregierung finanziert. Entsprechende Mittel sind zur Verfügung gestellt.
Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, warum hat dann das Forum nicht wie vorgesehen getagt? Hätte statt eines eingetragenen Vereins die Einladung zur konstituierenden Sitzung nicht besser die Bundesregierung selber ausgesprochen?
Herr Abgeordneter, diese Ihre Zusatzfrage konsumiert sozusagen die von Ihnen gestellte Frage 16.
Dann rufe ich jetzt die Frage 16 des Abgeordneten Dr. Gruhl auf:
Wie erklärt die Bundesregierung die Tatsache, daß die bereits für den 5. Juni 1973 geladenen Mitglieder für dieses Forum kurz vor dessen Sitzung wieder ausgeladen wurden?
Das für den 5. Juni 1973 vorgesehene Umweltforum wurde nach meiner Information deshalb kurzfristig verschoben, weil sich herausstellte, daß nicht alle beteiligten Organisationen und Institutionen rechtzeitig ihre Delegierten benennen konnten. Da aber ein Interesse daran bestand, die gesellschaftlichen Gruppen umfassend teilnehmen zu lassen, hätte auch eine Einladung der Bundesregierung an diesem Zustand nichts ändern können.
Herr Bundesminister, könnten Sie angeben, welche Gründe diese Organisationen dafür angegeben haben, daß sie ihre Mitglieder nicht benannt haben, und um welche Organisationen es sich handelt?
Herr Abgeordneter, es handelt sich in diesem Zeitpunkt um eine Diskussion über das Gewicht, das den einzelnen gesellschaftlichen Gruppen im Umweltforum zukommen soll, und natürlich auch über die Art der Verhandlungen. Hier mußten z. B. noch Gespräche mit dem DGB geführt werden.
Eine weiter Zusatzfrage, bitte.
Herr Bundesminister, ist es nicht eine Unfreundlichkeit gegenüber den anderen Organisationen, die ihre Teilnehmer fristgemäß benannt haben, daß jetzt das Forum praktisch von der Meldung der Organisationen abhängig gemacht wird, die nicht benannt haben, obwohl eine lange Frist vorhanden gewesen ist?
Herr Abgeordneter, es ist immer sehr schwierig, bei der Vorbereitung einer solchen Veranstaltung die Bedeutung der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen richtig zu bewerten. Es ist deshalb verständlich, daß diejenigen, die sich besonders günstig bewertet vorkamen, ihre Delegierten schneller benannt haben als diejenigen, die noch um einen anderen Schlüssel gerungen haben.
Herr Bundesminister, wann ist nun damit zu rechnen, daß das Forum zu seiner ersten Sitzung einberufen wird?
Ich bin zuversichtlich, daß das noch in diesem Jahr geschehen wird.
Ich rufe die nächste Frage auf, die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Dr. Haenschke:
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Geht die Bundesregierung davon aus, daß bei den zu erwartenden Vorschlägen für die Neueinteilung der Bundestagswahlkreise jeweils die tatsächliche Einwohnerzahl, d. h, unter Einschluß der nichtdeutschen Einwohner, zugrunde liegt?
Herr Abgeordneter, das Bundeswahlgesetz bestimmt in § 3 Abs. 2 Satz 2, daß bei der Ermittlung der der Wahlkreiseinteilung zugrunde zu legenden Bevölkerungszahlen Ausländer unberücksichtigt bleiben. Daran ist die Wahlkreiskommission bei ihren Vorschlägen für die Änderung der Wahlkreiseinteilung gebunden. Diese Regelung ist durch das einstimmig verabschiedete Änderungsgesetz vom 3. Juli 1972 in das Bundeswahlgesetz eingefügt worden. Bereits vor dieser ausdrücklichen Regelung hat die Wahlkreiskommission in ihren Berichten über die Wahlkreiseinteilung von 1966 und von 1970 nur die Entwicklung der deutschen Bevölkerung berücksichtigt. Es ist deshalb sicher, daß die Wahlkreiskommission ihrem bis Ende dieses Jahres vorzulegenden Bericht zur Wahlkreiseinteilung nur die deutsche Bevölkerung zugrunde legen wird.
Keine Zusatzfragen. Ich rufe die nächste Frage auf, die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch:
Was hat die Mineralölwirtschaft nach Kenntnis der Bundesregierung unternommen, um die für die zweite Stufe des Benzinbleigesetzes notwendigen Raffineriekapazitäten zu schaffen?
Herr Abgeordneter, in der Anhörung des Deutschen Bundestages während der Vorbereitung des sogenannten Benzinbleigesetzes haben sowohl die Mineralölindustrie als auch die Automobilindustrie wiederholt erklärt, daß die zweite Stufe des Benzinbleigesetzes technisch durchführbar sei. Es bestanden nur Meinungsverschiedenheiten über den Zeitpunkt der Durchführungsmöglichkeit. Es sind auch schon mehrere Genehmigungsanträge für die Errichtung der erforderlichen Raffinerieanlagen gestellt worden.
In jüngster Zeit sind Stimmen aus der Mineralölwirtschaft laut geworden, die behaupten, daß infolge angeblich technisch begründeter höherer Oktanzahlanforderungen für einige wenige Kraftfahrzeugtypen die Voraussetzungen für die Planung der erforderlichen Raffinerieanlagen unklar geworden seien. Die Bundesregierung ist demgegenüber der Auffassung, daß Mineralölwirtschaft und Kfz-Industrie weiterhin unverändert von den durch den Bundestag im Benzinbleigesetz einstimmig gesetzten Daten auszugehen und ihre Planungen danach zu richten haben. Ich habe Anlaß gesehen, Gespräche mit Vertretern der Mineralölwirtschaft zu führen. Weitere stehen bevor. Ich möchte keinen Zweifel daran lassen, daß es für die Bundesregierung selbstverständlich ist, daß die gesetzlichen Verpflichtungen von den dazu Verpflichteten einzuhalten sind.
Es geht hier letztlich, Herr Abgeordneter, auch um eine Bewährungsprobe der Marktwirtschaft, die zeigen muß, daß sie in der Lage ist, die große Herausforderung des Umweltschutzes zu bestehen. Wir erwarten, daß die Wirtschaft sich dieser Herausforderung stellt und nicht etwa Investitionen verzögert.
Eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Minister, ich möchte noch einmal auf die Erklärungen der Mineralölindustrie zurückkommen, die damals in dem Anhörungsverfahren abgegeben worden sind. Haben Sie die Industrie in Ihren Gesprächen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß wir die Einhaltung dieser Erklärungen auch für die zukünftige Umweltgesetzgebung als einen Testfall dafür betrachten müssen, welche Ernsthaftigkeit solchen Erklärungen beizumessen ist, auch wenn ihre Einhaltung für die Industrie belastend ist?
Ich habe das getan, Herr Abgeordneter, allerdings nicht in so zurückhaltender Form wie Sie.
Eine weitere Zusatzfrage.
Sie haben in Ihrer Antwort darauf hingewiesen, daß die Genehmigungsanträge für entsprechende Raffinerieanlagen vorliegen. Entsprechen die bisher vorliegenden Genehmigungsanträge den Kapazitäten, die ab 1. Januar 1976, also von der Einführung der zweiten Stufe an, erforderlich wären?
Eindeutig nein. Sie könnten nur einen Teil der Kapazität abdecken, Herr Abgeordneter. Die Tatsache, daß diese Anträge vorliegen, zeigt, daß es Unternehmungen gibt, die das Problem sehr wohl erkannt haben. Ich darf hinzufügen, daß das erste Gespräch, das ich vor wenigen Tagen hatte, mich zu der Erwartung berechtigt, daß weitere Gespräche den von uns gemeinsam gewünschten Erfolg haben werden.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Wie kann sichergestellt werden, daß zum Verkehr bereits zugelassene Kraftfahrzeuge auch bei einer Verminderung des Bleigehalts des Benzins weiterhin einwandfrei betrieben werden können?
Die Bundesregierung, Herr Abgeordneter, geht unverändert davon aus, daß die beteiligten Wirtschaftszweige die notwendigen Voraussetzungen für die rechtzeitige und vollständige Durchführung auch der zweiten Stufe des Benzinbleigesetzes schaffen werden und daß daher auch nach dem 1. Januar 1976 zum Verkehr schon zugelassene Kraftfahrzeuge weiterhin einwandfrei betrieben werden können.
Eine Zusatzfrage.
Dr. Hirsch ({0})": Herr Minister, wäre die Bundesregierung unter Umständen bereit, der Offentlichkeit zum gegebenen Zeitpunkt mitzuteilen, welche Fortschritte die einzelnen Kraftfahrzeughersteller gemacht haben, damit sich die Käufer bei ihren Kaufentscheidungen darauf einstellen können?
Herr Kollege, ich bedaure, daß ich den unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage nicht ganz klar erkennen kann. Aber vielleicht kann der Herr Minister ihn in der Antwort herstellen.
Ich bitte aber doch, sich bei weiteren Zusatzfragen streng an die Vorschrift der Geschäftsordnung zu halten.
Herr Präsident, aus subtiler Kenntnis des Sachverhalts muß ich den Zusammenhang bejahen.
Bitte!
Herr Abgeordneter, ich halte es gerade angesichts des öffentlichen Interesses, das die Diskussion über diese Frage inzwischen gefunden hat, für außerordentlich wünschenswert, daß eine solche Unterrichtung der Öffentlichkeit, die dann auch das Verbraucherverhalten insoweit bestimmen würde, stattfindet.
Herr Abgeordneter Gruhl, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, besteht eventuell die Gefahr, daß die Bleizusätze durch Aromate ersetzt werden, die ebenfalls gesundheitsschädlich sind?
Herr Abgeordneter, diese Gefahr muß gebannt werden. Sie wurde aber, wie Sie wissen, bei den Beratungen des Parlaments gesehen.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Haenschke.
Herr Minister, hat der Bund der Kraftfahrzeugindustrie Mittel zur Verfügung gestellt, um sich per Forschung dieser neuen Sachlage anpassen zu können?
Wir beteiligen uns an Forschungsvorhaben.
Sie haben keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 20 ist von Herrn Abgeordneten Dr. Vohrer eingebracht:
Welche marktwirtschaftlichen Anreize, z. B. im Steuerbereich, kann die Bundesregierung geben, um die fristgemäße oder vorzeitige Einführung der zweiten Stufe des Benzinbleigesetzes zu unterstützen bzw. zu erleichtern?
Herr Abgeordneter, die Anforderungen des Benzinbleigesetzes bilden für die Mineralölindustrie und die Kraftfahrzeugindustrie ein Datum, auf das sie sich bei ihren finanziellen Dispositionen rechtzeitig genug einstellen konnten. Auch die Belastung mit Investitionssteuern war daher bei einer den Erfordernissen des Benzinbleigesetzes entsprechenden Planung zu vermeiden.
Die Interessenlage ist hier im Grunde nicht anders als bei allen anderen Investitionen, die im Bereich und im Interesse des Umweltschutzes getätigt werden.
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 21 ist ebenfalls von Herrn Abgeordneten Dr. Vohrer eingebracht:
Welche Auswirkungen hat eine Neuordnung der Kfz-Besteuerung auf die Umweltfreundlichkeit des Automobilverkehrs?
Durch die bisherige Besteuerung der Personenkraftwagen nach dem Hubraum wurde bei der Automobilindustrie aus Gründen des Wettbewerbs die Tendenz zur Herstellung kleinvolumiger Motoren mit hoher Leistung ausgelöst. Derartige Motoren tragen in stärkerem Maße als großvolumige Motoren zur Umweltbelastung bei.
Die Bundesregierung wird bei der vor allem aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vorgesehenen Reform des Kfz-Steuerrechts zugleich von der Motorenleistung als Bemessungsgrundlage für die Kfz-Steuer für Personenkraftwagen ausgehen. Dadurch und in Verbindung mit einer Reduzierung der Tarifklassen auf drei Steuerklassen wird die Tendenz zum Bau kleinvolumiger Motoren sicherlich erheblich gemindert. Ferner werden Steuervergünstigungen für Personenkraftwagen mit batteriegespeisten Elektromotoren vorgesehen, um einen Anreiz zur Herstellung und zum Ankauf derartiger umweltfreundlicher Kraftwagen zu geben.
Da die Kfz-Steuer nur einen Teil der Gesamtkosten eines Kraftfahrzeugs ausmacht, kann das Kfz-Steuerrecht nur flankierend für Maßnahmen des Umweltschutzes im Bereich des Automobilverkehrs eingesetzt werden. Dem Umweltschutz auf diesem Gebiet dienen in erster Linie ständig zu verschärfende Vorschriften der Straßenverkehrszulassungsordnung und das hier in Rede stehende Benzinbleigesetz.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist es möglich, daß in Ihrem Hause ein Argumentekatalog vorbereitet wird, der mit dazu beitragen kann, daß die Tarifgestaltung der Kraftfahrzeugbesteuerung umweltschutzfreundlich vor sich geht, und der den Mitgliedern des Hauses zur Verfügung gestellt wird?
Ich will das gerne in Zusammenarbeit mit den anderen beteiligten Ressorts in Angriff nehmen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gruhl.
Herr Bundesminister, ist bei den Plänen der Bundesregierung, die Leistung des Motors zur Grundlage der Besteuerung zu machen, nicht ebenfalls die Gefahr gegeben, daß die Motoren entsprechend weniger umweltfreundlich konstruiert werden?
Herr Abgeordneter, auch hier, wie bei allen diesen Entscheidungen, ist der gesunde Mittelweg zu finden.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Groß auf:
Welche Maßnahmen der Mineralölwirtschaft sind der Bundesregierung bekannt, die bei der Verminderung des Benzin-BleiGehalts von 0,15 g/1 zum 1. Januar 1976 ausreichende Oktanzahlen gewährleisten?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß den zuständigen Landesbehörden schon Genehmigungsanträge für die Errichtung von Raffineriekapazitäten zur Erfüllung des Benzinbleigesetzes vorliegen. Die Bundesregierung steht mit den zuständigen Landesregierungen im Gespräch mit dem Ziel, zu einem baldigen Abschluß der Genehmigungsverfahren zu gelangen. Die Bundesregierung geht davon aus, daß in diesen Anlagen gesetzeskonformes Benzin mit ausreichenden Oktanzahlen hergestellt werden kann.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, können Sie sagen, wann frühestens die erste dieser Anlagen zur Verfügung steht und ob das noch zum rechten Zeitpunkt möglich sein wird?
Herr Abgeordneter, man kann den Zeitpunkt deshalb nicht genau angeben, weil diese Genehmigungsverfahren eben noch laufen.
Ich darf einmal sagen, daß sehr häufig natürlich auch Umweltschutzinteressen untereinander in Kollision geraten. Wir erwarten auf der einen Seite zusätzliche Investitionen, auf der anderen Seite erleben wir am Ort, wo eine solche Anlage errichtet werden soll, Proteste gegen die Ausweitung der Kapazität. Hier haben auch die Landesbehörden sehr häufig, wie Sie wissen, sehr schwierige Entscheidungen zu treffen. Aber im Interesse der Verwirklichung des Gesetzes haben wir uns mit den Landesbehörden in Verbindung gesetzt, um zu erreichen, daß die Anträge mit der erforderlichen Schnelligkeit bearbeitet und entschieden werden.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, können Sie sagen, wann denn die ersten dieser Anträge gestellt worden sind?
Da bin ich im Augenblick überfordert. Aber rechtzeitig!
Die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Groß:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Auszeichnungspflicht an den Tankstellen über die Oktanzahlen der von diesen vertriebenen Normal- und Superkraftstoffe baldmöglichst einzuführen?
Die Bundesregierung hält die Einführung einer Auszeichnungspflicht für die an den Tankstellen angebotenen Benzine grundsätzlich für eine geeignete Maßnahme, um dem Kraftfahrer Sicherheit über deren Qualität zu geben. Es wird zur Zeit geprüft, in welcher Form eine solche Auszeichnungspflicht eingeführt werden kann.
Keine Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, welchen Schwierigkeiten die Aussiedler mit ihren Zeugnissen und beruflichen Qualifikationen deswegen gegenüberstehen, weil einheitliche Maßstäbe zur Prüfung fehlen, und was glaubt die Bundesregierung zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu tun?
Grundlage für die Wiedereingliederung der Aussiedler ebenso wie aller Vertriebenen und Flüchtlinge ist § 92 des Bundesvertriebenengesetzes.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Eingliederung der Aussiedler gelegentlich auf Schwierigkeiten stößt, weil sich die in den Vertreibungsgebieten abgelegten Prüfungen und erworbenen Befähigungsnachweise nicht immer ohne weiteres mit den hier üblichen Prüfungen und Befähigungsnachweisen vergleichen lassen. Das gilt insbesondere für die nach dem 8. Mai 1945 abgelegten Prüfungen und erworbenen Befähigungsnachweise, die erst 1971 in die Regelung des § 92 des Bundesvertriebenengesetzes einbezogen wurden. Eingehende in Verbindung mit der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen und den Berufsorganisationen geführte Erörterungen der zuständigen Ressorts brachten jedoch die Erkenntnis, daß sich die Schwierigkeiten nicht durch Maßnahmen des Gesetz- und Verordnunggebers beseitigen lassen.
Es wird deshalb weiterhin daran festzuhalten sein, daß eine unter Abwägung aller Kriterien auf die Unterlagen des Einzelfalles gestützte Entscheidung zu treffen ist. Die Bundesregierung hat immer den Standpunkt vertreten, daß die mit der Anerkennung befaßten Stellen bei diesen Entscheidungen unter
Berücksichtigung aller Besonderheiten, vor allem auch der schwierigen persönlichen Lage der Betroffenen, großzügig verfahren sollten. Durch das Verständnis aller Beteiligten hat sich auf diese Weise in allen mir bekanntgewordenen Fällen eine befriedigende Lösung finden lassen. Ich bin überzeugt, daß das auch in Zukunft gelingen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Minister, würden Sie es - um auf Ihr Wort zurückzukommen - für eine befriedigende Lösung halten, wenn ein Rechtsanwalt aus Südosteuropa, 41 Jahre alt, mit nur drei Semestern Jura-Studium hier akzeptiert wird?
Herr Abgeordneter, es kommt auf die Vergleichbarkeit der Rechtssysteme an. Das ist ein Problem, das wir in den vergangenen Jahren sehr häufig erlebt haben. Ich gehöre ja selber dieser Berufsgruppe an. Hier ist die internationale Mobilität der Berufsausbildung nicht so gegeben wie etwa bei technischen Berufen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, wäre die Bundesregierung bereit, durch ein Gespräch mit der Konferenz der Kultusminister und der Rektoren, zumindest soweit es die Akademiker unter den Aussiedlern betrifft, die hier eintreffen, eine einheitliche Regelung, einheitliche Maßstäbe zu fixieren?
Dafür besteht ein Bedürfnis.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten von Fircks.
Herr Bundesminister, steht Ihr Optimismus, den Sie soeben zum Ausdruck brachten, daß sich auf diesem Wege alles doch verhältnismäßig gut - auch für die Betroffenen - abwickelt, nicht in einem gewissen Gegensatz zu der von Ihnen selbst in einem Brief vom 30. August 1973 gegenüber dem Vizepräsidenten des Bundes der Vertriebenen, Walter, geäußerten Tatsache, daß die Arbeitsgemeinschaft der Flüchtlingsverwaltungen es erst kürzlich für notwendig gehalten hat, einen Unterausschuß zur Anerkennung von Prüfungen und Befähigungsnachweisen zu bilden?
Herr Abgeordneter, was Sie als Optimismus bezeichnen, würde ich als Realismus definieren, und zwar auf Grund der Erkenntnisse, die mir vorliegen. Die Tatsache, daß ein solcher Unterausschuß gebildet wird, zeigt doch, daß das Problem erkannt ist, und die Wirksamkeit sollte darin bestehen, daß alle Fälle
befriedigend gelöst werden können. Ich weiß sehr wohl, daß sich hier für viele der Betroffenen große Härten ergeben, aber wir sind ja gerade bemüht, sie im Rahmen des Möglichen abzubauen, ohne daß wir ganz von den Anforderungen abgehen können, die bei uns nun einmal für bestimmte Prüfungen und Befähigungsnachweise angelegt werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler.
Herr Bundesminister, würden Sie nicht glauben, daß das angeführte Beispiel - drei Semester Jura als Voraussetzung für die Rechtsanwaltschaft - jedenfalls nicht unseren Voraussetzungen in der Bundesrepublik entspricht?
Ich sehe, Herr Abgeordneter, wir haben - wenn ich das vorweg bemerken darf - auch in dieser Frage nicht denselben Glauben. Es kommt tatsächlich auf das Maß der Vergleichbarkeit der verschiedenen Rechtssysteme an. Das kann so sein, es muß nicht so sein.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, da in diesem Zusammenhang oft die Vergleichbarkeit der Berufsbilder Schwierigkeiten macht: Hielten Sie es dann für wünschenswert, daß eventuell die Bundesanstalt für Arbeit in diesen Zusammenhang mit eingeschaltet wird, damit z. B. bei der Prüfung der Vergleichbarkeit von Berufsbildern Wartezeiten von mehr als einem Jahr ohne Zwischenbescheid ausgeschaltet werden können? Ich bin gern bereit, Ihnen einen darauf hinauslaufenden Fall vorzutragen.
Herr Abgeordneter, ich halte Wartezeiten von dieser Dauer in der Tat für im Interesse der Betroffenen schlechthin nicht vertretbar. Die Einbeziehung der Bundesanstalt - wo das nicht erfolgen sollte - ist natürlich dringend notwendig, weil sie wahrscheinlich die beste Ubersicht auf diesem Gebiet hat.
Ich danke Ihnen, Herr Minister. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Zur Beantwortung der eingereichten Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Logemann zur Verfügung. Die Frage 28 ist von Herrn Abgeordneten Fiebig eingebracht.
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, Fleisch künftig auch im Einzelhandel nach Güteklassen auszuweisen, nachdem dieses bei Gemüse, Eiern und Geflügel bereits seit geraumer Zeit praktizierte Verfahren sich bei diesen Produkten bestens bewährt hat und für die Verbraucher eine wertvolle Hilfe darstellt?
Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Fiebig, die Bundesregierung hat in den letzten Jahren gesetzliche Handelsklassen für Rind-, Schaf- und Schweinefleisch eingeführt. Diese Handelsklassen gelten für ganze, halbe und viertel Schlachttierkörper und damit praktisch nur auf der Großhandelsstufe.
Bei Einführung dieser Handelsklassen war schon die Frage geprüft worden, ob sie sich auch auf die in der Einzelhandelsstufe verkauften Fleischteilstücke ausdehnen ließen. Diese Frage mußte verneint werden, weil die für die einzelnen Handelsklassen maßgeblichen Kriterien bei den im Einzelhandel üblicherweise verkauften kleineren Fleischteilstücken nicht anwendbar sind.
Trotz der für die Einführung der Handelsklassen im Fleischeinzelhandel bestehenden Schwierigkeiten bei der Erarbeitung qualitativer Unterscheidungsmerkmale - z. B. Alter und Kategorie der Tiere, Beschaffenheit des Fleisches ist die Bundesregierung daran interessiert, im Interesse der Verbraucher eine Lösung des Problems zu finden.
In Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Fleischforschung werden entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Außerdem werden im Rahmen der Arbeiten der Deutschen Lebensmittelbuchkommission Leitsätze auf diesem Gebiet erarbeitet. Bei den bisherigen Untersuchungen hat sich gezeigt, daß es auch erhebliche Schwierigkeiten bereitet, solche Kriterien zu finden, die eine einfache und wirksame Kontrolle einer möglichen Handelsklassenregelung erlauben.
Bis zur Lösung der genannten Probleme hält die Bundesregierung es für wünschenswert, daß Angaben wenigstens über die Fleischkategorie auf freiwilliger Basis gemacht werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wann ist mit Abschluß der von Ihnen genannten Untersuchungen zu rechnen?
Diese Untersuchungen laufen; ein genaues Datum ihres Abschlusses kann ich Ihnen allerdings noch nicht nennen.
Danke. - Ich rufe die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Haushalt der Europäischen Gemeinschaften für das Jahr 1973 30 Millionen RE bereitgestellt sind, und welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, die Kommission zu veranlassen, daß diese Mittel nur für den Flächenausgleich der Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland ausgegeben werden?
Herr Kollege Eigen, die 30 Millionen Rechnungseinheiten, mit denen sich der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds nach der Verordnung ({0}) Nr. 2464/69 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Dezember 1969 gegebenenfalls an der Finanzierung des Aufwertungsausgleichs 1973 beteiligen kann, sind im Haushalt der Europäischen Gemeinschaft lediglich als Reserve ausgewiesen.
Mit Vorbescheid vom 14. Juni 1973 hat das für Agrarfragen zuständige Kommissionsmitglied die Bundesregierung wissen lassen, daß nach Prüfung der Finanzlage des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds, Abteilung „Garantie", keine Aussicht dafür besteht, daß die Kommission dem Rat eine Mitfinanzierung vorschlägt.
Die ablehnende Haltung der Kommission vermochten auch die von der Bundesregierung unternommenen Bemühungen, eine Mitfinanzierung der Gemeinschaft am Aufwertungsausgleich 1973 zu erreichen, nicht zu ändern.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege.
Ich möchte Sie fragen, um welche Bemühungen der Bundesregierung es sich gehandelt hat.
Zum einen sind wir schriftlich vorstellig geworden; zum anderen ist auch in Gesprächen versucht worden, unsere Bemühungen vorzutragen und sie realisiert zu bekommen.
Erkennt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang an, daß die Auszahlung der gesamten 700 Millionen DM berechtigt wäre?
Darüber vermag ich hier keine genaue Auskunft zu geben. Ich habe schon in der vorigen Fragestunde dem Kollegen Dr. Ritz geantwortet, daß man die Tatsache berücksichtigen muß, daß sich der Mehrwertsteueranteil, der sich auch aus dem Aufwertungsausgleichsgesetz ergibt, in den letzten Jahren ganz beachtlich erhöht hat.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Schedl auf. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beantwortet. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Hermsdorf zur Verfügung.
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Ich rufe die Frage 25 der Frau Abgeordneten Dr. Neumeister auf:
Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, die Arbeitnehmer in sozialen Bereichen ({0}), die im lebenswichtigen Interesse der Allgemeinheit regelmäßig Mehrarbeit in der Nacht, an Wochenenden und an Feiertagen leisten müssen, vor der für diese Fälle ungerecht scharfen und wegen der Preis- und Lohnsteigerungen in letzter Zeit deutlich spürbaren Einkommensteuerprogression bezüglich der Mehrarbeitvergütungen zu schützen?
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen wegen des sachlichen Zusammenhangs im Einverständnis mit Frau Dr. Neumeister zusammen beantworten?
Die Frau Kollegin ist einverstanden. Dann rufe ich zusätzlich die Frage 26 der Frau Abgeordneten Dr. Neumeister auf:
Wann beabsichtigt die Bundesregierung, für die Mehrarbeitsvergütungen dieser Arbeitnehmer den sozialen Charakter dieser Mehrarbeit berücksichtigende Steuererleichterungen ({0}) einzuführen?
Die Bundesregierung hat volles Verständnis für die verantwortungsvolle Tätigkeit der Arbeitnehmer in allen sozialen Bereichen und anerkennt auch den sozialen Charakter notwendiger Mehrarbeiten. Sie sieht sich aber dennoch außerstande, einseitig für diesen Bereich besondere steuerliche Erleichterungen zu schaffen.
Die Einkommensteuerprogression, die Sie, Frau Dr. Neumeister, als Ursache für die stärkere Steuerbelastung der Mehrarbeitsvergütungen nennen, betrifft alle Steuerpflichtigen.
Die Bundesregierung hat deshalb mit ihren Beschlüssen vom 12. September 1973 zur Steuerreform Maßnahmen in die Wege geleitet, die mit Wirkung vom 1. Januar 1975 für alle Steuerpflichtigen in den unteren und mittleren Einkommensgruppen steuerliche Entlastungen bringen werden. Diese Maßnahmen, die auch die Arbeitnehmer in den sozialen Bereichen entlasten, sind allein schon deshalb gerechter, weil sie nicht nur bestimmten Personengruppen zugute kommen.
Eine einseitige steuerliche Begünstigung der Überstundenvergütungen nur in dem sozialen Bereich hält die Bundesregierung für bedenklich. Überstundenvergütungen können grundsätzlich nicht anders behandelt werden als laufender Arbeitslohn. Wenn hier eine Ausnahme gemacht werden sollte, würde das unabsehbare Konsequenzen nach sich ziehen. Eine solche Regelung könnte nicht auf das Krankenhauspersonal oder auf Arbeitnehmer sozialer Bereiche beschränkt bleiben. Im lebenswichtigen Interesse der Allgemeinheit arbeiten sehr viele Personengruppen, die auf keinen Fall ausgeschlossen werden könnten. Eine solche Entwicklung würde aber dem Grundprinzip der Einkommenbesteuerung widersprechen, wonach sich Einkommen- und Lohnsteuer nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richten. Sie würde auch zu erheblichen Steuerausfällen führen, wodurch die geplanten Steuerentlastungen für alle unteren und mittleren Einkommensgruppen gefährdet werden könnten.
Ihr Vergleich mit der Besteuerung der Künstler und wissenschaftlich Tätigen trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Die Tarifvergünstigung für wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeit erstreckt sich nur auf Nebeneinkünfte, nicht jedoch auf die Einkünfte aus der eigentlichen Berufstätigkeit. Nur unter diesen Voraussetzungen, die aber bei den Überstundenvergütungen nicht gegeben sind, läßt sich die Tarifvergünstigung rechtfertigen.
Gestatten Sie mir zum Schluß den Hinweis, daß Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit im Rahmen des § 34 a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind und daß diese Vorschrift selbstverständlich auch für Arbeitnehmer in den sozialen Bereichen gilt.
Zusatzfrage , Frau Kollegin.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär! Aber erkennt die Bundesregierung nicht den sozialen Ausnahmecharakter der Mehrarbeitsvergütung z. B. in Krankenhäusern an, die ja als tariflich vereinbarter Mehrarbeitslohn nicht unter den Begriff der steuerfreien Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit fällt?
Ich hatte schon dargestellt, verehrte Kollegin, daß der Mehrleistungscharakter durch eine Steuerbegünstigung anerkannt wird. Aber ich kann dies nicht auf den sozialen Bereich beschränken. Sie müßten dann z. B. Elektritätswerke, Straßenbahn und was weiß ich sonst in diesen Bereich einbeziehen. Ich möchte deshalb bitten, daß man hier berücksichtigt, daß sowohl der Sonntags- als auch der Nachtarbeitszuschlag steuerfrei ist. Dies betrifft sowohl Arbeitsleistungen mit sozialem Charakter als auch andere.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Sehen Sie darin nicht den Wegfall eines Anreizes, sich in den sozialen Berufen, im sozialen Dienst überhaupt zu betätigen?
Nein, verehrte Frau Kollegin. Wenn Sie dieses Prinzip zur Generallinie erhöben, könnten Sie es nicht nur auf den sozialen Bereich beziehen, sondern müßten es auf alle Berufe ausdehnen, die sonntags und an Feiertagen sowie in der Nacht zur Arbeitsleistung herangezogen werden.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 27 stellt der Abgeordnete Wagner ({0}). Er ist nicht anwesend; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind nach meiner Ubersicht die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde zur Verfügung.
Die Frage 31 ist von dem Herrn Abgeordneten Nordlohne eingebracht:
Sind der Bundesregierung nunmehr die schätzungsweise Inanspruchnahmequote bei der flexiblen Altersgrenze ab 63. Lebensjahr und die hierfür anzusetzenden Ausgabenentwicklungen der Rentenversicherungsträger bis zum Jahre 1986 bekannt?
Herr Kollege Nordlohne, nach Mitteilung der Geschäftsführung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger wird die Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten im Jahre 1973 bei rund 70 % liegen. Eine solche Inanspruchnahme ergibt sich nach dieser Mitteilung allein auf Grund der bis Juli 1973 beantragten Altersruhegelder, die unter die Regelungen der flexiblen Altersgrenze fallen.
Die weitere Entwicklung bis zum Jahresende 1973 bleibt abzuwarten. Sie wird vor allem auch dadurch bestimmt werden, daß die Geburtstage relativ gleichmäßig auf die zwölf Monate eines Kalenderjahres verteilt sind und ein Teil der in Betracht kommenden Bewerber eines vorgezogenen Altersruhegeldes bis einschließlich Juli 1973 noch keinen Rentenantrag stellen konnte, weil die altersmäßigen Voraussetzungen noch nicht erfüllt waren.
Die Bundesregierung wird den vom Bundestag gewünschten Bericht über Auswirkungen des Rentenreformgesetzes, insbesondere auch über den Grad der Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze, so bald vorlegen, wie es die statistische Erfassung der Antragseingänge, Bearbeitungen und Bewilligungen erlaubt. Sie ist mit den Versicherungsträgern gemeinsam bemüht, fundiertes Zahlenmaterial zu gewinnen, auszuwerten und zu veröffentlichen.
Keine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung auf Grund ihrer Sachgespräche mit den Rentenversicherungsträgern in der Frage der flexiblen Altersgrenze sagen, inwieweit sich die Quoten der Inanspruchnahme regional unterschiedlich zwischen dem ländlich strukturierten Raum und den Ballungsgebieten gestalten?
Herr Kollege, das werden wir erst präzise dokumentieren können, wenn das Zahlenmaterial statistisch tiefer gestaffelt vorliegt. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß sich die Träger der Rentenversicherung darum bemühen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Inwieweit liegen die Quoten der Inanspruchnahme hinter den ursprünglichen Berechnungen durch die Versicherungsanstalten dadurch zurück, daß oftmals die Teilzeitarbeitsplätze, an denen die Versicherten monatlich nur noch 690 DM brutto verdienen dürfen, nicht vorhanden sind oder andererseits die Renten so gering sind, daß die Rentenberechtigten auf ihre Altersrente vom 63. Lebensjahr an verzichten?
Herr Kollege, ich weiß nicht, welche Annahmen die Versicherungsträger im einzelnen für ihren Bereich aufgestellt haben. Ich kann Ihnen nur einen Hinweis auf die globalen Annahmen geben: Der von mir genannte Prozentsatz von 70 °/o, von dem wir auf Grund der Zahlen bis Juli 1973 ausgehen können, paßt in den Rahmen der Annahmen hinein, den die Bundesregierung 'bei der Einschätzung der finanziellen Auswirkungen der Rentenreform aufgestellt hatte.
Die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Engelsberger wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Sund auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Auffassung des Präsidenten des Landesarbeitsamts Nordrhein-Westfalen, der die Anerkennung des Grundlehrgangs „Arbeitssicherheit" des Berufsfortbildungswerks des Deutschen Gewerkschaftsbunds als förderungswürdig im Sinn des § 43 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes mit der Begründung ablehnt, daß nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit die Verantwortung und Sorge für die Qualifikation speziell der Fachkräfte für Arbeitssicherheit dem Betrieb zufalle?
Herr Kollege Sund, die berufliche Fortbildung der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit ist im Rahmen des Arbeitsförderungsgesetzes unter denselben Voraussetzungen wie die Fortbildung in anderen Berufen zu fördern. Eine Förderung nach dem geltenden § 43 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes wird allerdings dann problematisch, wenn die Maßnahme lediglich auf die Zwecke eines bestimmten Betriebes oder eines Verbandes ausgerichtet ist. Wird z. B. ein Betriebsangehöriger vom Betrieb zur Teilnahme an einer Maßnahme für Arbeitssicherheit mit dem Ziel entsandt, ihn anschließend als Fachkraft für Arbeitssicherheit im Betrieb einzusetzen, liegt eine interessengebundene Maßnahme im Sinne von § 43 Abs. 2 AFG vor. Will sich dagegen ein Arbeitnehmer ohne entsprechende Zusage eines Betriebes
zur Fachkraft für Arbeitssicherheit fortbilden, um anschließend auf dem freien Arbeitsmarkt seine Aufstiegschancen wahrzunehmen, handelt es sich um eine förderungsfähige berufliche Fortbildung im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes.
Der Entwurf des Gesetzes über Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit hat insofern auf die Auslegung des § 43 Abs. 2 AFG keinen Einfluß.
Nun gebe ich zu, Herr Kollege, daß im Einzelfall die Entscheidung darüber, ob es sich um eine interessengebundene Maßnahme handelt oder nicht, schwierig sein kann. Die Durchführung des Gesetzes obliegt allein der Bundesanstalt für Arbeit. Ich bin aber bereit, dem Einzelfall, den Sie sicherlich im Auge haben, nachzugehen, wenn Sie mir dazu die entsprechenden Unterlagen zuleiten.
In diesem Zusammenhang darf ich noch auf den Arbeitsförderungsbericht der Bundesregierung hinweisen, in dem die Problematik der Anwendung des § 43 Abs. 2 AFG dargelegt ist. Die Bundesregierung hat eine Neufassung dieser Vorschrift empfohlen. Ich bin sicher, daß das im einzelnen im zuständigen Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung, dem der Bericht vorliegt, behandelt werden wird.
Keine Zusatzfrage? - Danke.
Die Frage 34 ist von Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) eingebracht:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der pauschale Kostenersatz des Bundes nach § 200 d der Reichsversicherungsordnung im Vergleich zum Jahr 1968, dem Jahr der Neuregelung der Beteiligung des Bundes an den Leistungen der Mutterschaftshilfe, mit rund 33 vom Hundert, die Aufwendungen für das Mutterschaftsgeld im Jahr 1972 nur noch zu rund 22 vom Hundert und die Gesamtausgaben im Rahmen der Mutterschaftshilfe sogar nur zu ca. 15 vom Hundert deckt, und ist sie bereit, zur angemessenen Kostenbeteiligung an diesen Leistungen den Kostenersatz künftig nicht in Form eines festen Pauschbetrags, sondern in einem Vom-Hundert-Satz der Ausgaben für Mutterschaftshilfe auf der Ausgangsbasis im Jahr 1968 zuzüglich der Verwaltungskosten durch entsprechende Änderung des § 200 d der Reichsversicherungsordnung neu festzulegen?
Herr Kollege Dr. Kunz, es trifft zu, daß mit dem Pauschbetrag von 400 DM für jeden Fall heute ein geringerer Anteil der Aufwendungen der Krankenkassen für das Mutterschaftsgeld gedeckt wird, als es 1968 der Fall war. Die von Ihnen genannten Prozentsätze kann ich allerdings so allgemein nicht bestätigen. Ich nehme an, daß Ihre Zahlen für eine bestimmte Kasse zutreffen.
Es ist nun, Herr Kollege, sicher Ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen, daß zur Zeit auch die Fortentwicklung des Mutterschutzes die sozialpolitische Diskussion in unserem Lande beschäftigt. Dafür sind eingehende Prüfungen erforderlich, sowohl was die Leistungsseite als auch was die finanzielle Seite angeht. Ich möchte an dieser Stelle dieser Prüfung nicht vorgreifen, zumal sich dabei verschiedene Lösungsmöglichkeiten abzeichnen. Soweit es die von Ihnen ins Auge gefaßte finanzielle Entlastung der Krankenkassen angeht, steht dabei zunächst die Rentnerkrankenversicherung im Vordergrund, auf die ich im Zusammenhang mit Ihrer zweiten Frage eingehen möchte.
Herr Kollege, eine Zusatzfrage zur ersten Frage? - Bitte!
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß es in den verschiedenen Ortskrankenkassen zum Teil recht erhebliche Unterschiede in der Zahl der Mutterschaftsfälle je 100 Mitglieder gibt?
Ich hatte darauf hingewiesen, daß nicht allgemeine Prozentsätze angegeben werden können. Ich hatte damit angedeutet, daß die Verhältnisse von Kasse zu Kasse differieren können.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, gedenkt die Bundesregierung die daraus resultierenden Unterschiede in der Belastung zu beseitigen - da offensichtlich besonders in den dünner besiedelten Gebieten der Bundesrepublik eine stärkere Belastung auftritt -, um die Pflichtversicherten in diesen in der Regel wirtschaftlich schwächeren Räumen nicht eine überdurchschnittliche Last tragen zu lassen, deren Nutzen dem ganzen Volk zugute kommt?
Herr Kollege, ich gehe davon aus, daß dies ein Gesichtspunkt ist, der seine Rolle spielen wird, wenn die Leistungsseite und die finanzielle Seite einer Fortentwicklung des Mutterschutzes erörtert werden.
Ich rufe die Frage 35 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, im Hinblick auf die angespannte Finanzlage der Ortskrankenkassen und die damit verbundene laufende Erhöhung der Beitragssätze, die fast ausschließlich auf die in keinem Verhältnis zu den Ausgaben für Rentner stehenden Einnahmen zur Krankenversicherung dieses Personenkreises zurückzuführen ist, durch eine Änderung des § 385 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung Rechnung zu tragen, mit der Folge, den dort festgelegten Vom-Hundert-Satz von derzeit 80 v. H. auf 90 v. H. zu erhöhen und außerdem sicherzustellen, daß, im Gegensatz zu den zurückliegenden Jahren, der Beitrag für die versicherungspflichtigen Rentner so zu bemessen ist, daß durch diesen die Ausgaben für Rentner tatsächlich in dem in § 385 Abs. 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung vorgesehenen Umfang gedeckt werden?
Die Rentnerkrankenversicherung, Herr Kollege, spielt sicher in den Ausgaben der -sozialen Krankenversicherung eine wichtige Rolle. Darauf haben Sie hingewiesen. Ich möchte allerdings auch unterstreichen, daß die Beitragssatzsteigerung bei den Krankenkassen in der letzten Zeit nicht allein darauf zurückzuführen ist, sondern in erster Linie auf einer allgemeinen Steigerung des Aufwandes beruht.
Ich habe schon zu verschiedenen Fragen in den vergangenen Wochen hier in der Fragestunde deutlich gemacht, daß die Rentnerkrankenversicherung für uns ein wichtiger Punkt der Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung in dieser Legislaturperiode darstellt. Die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung hat dazu übrigens eine Empfehlung unterbreitet.
Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung erscheint es wichtig, daß die ungleiche finanzielle Belastung der einzelnen Krankenkassen und ihrer Versicherten durch die Rentnerkrankenversicherung beseitigt wird. Insofern habe ich volles Verständnis für Ihren Hinweis auf die finanzielle Lage der Ortskrankenkassen. Künftig sollte jeder aktiv Versicherte einen gleichen Solidarbeitrag zur Finanzierung der Krankenversicherung unserer alten Mitbürger aufbringen.
Angesichts der steigenden Beitragssätze in der Krankenversicherung ist auch zu prüfen, ob der Finanzierungsbeitrag der Rentenversicherung zu der Krankenversicherung der Rentner erhöht werden sollte.
Zusatzfrage. Herr Kollege.
Herr Staatssekretär, Sie haben schon darauf hingewiesen, daß der Anteil der Rentner an der Gesamtzahl der Versicherten in den einzelnen Ortskrankenkassen unterschiedlich hoch ist. Ist Ihnen aber bekannt, daß der Anteil der Rentner im Zonenrandgebiet besonders hoch ist, verursacht vor allem durch die hohe Zahl der dort lebenden Heimatvertriebenen?
Herr Kollege, zu dem ersten Teil Ihrer Frage darf ich anmerken: Das ist uns selbstverständlich bekannt.
Es gibt aber - um auf den zweiten Teil zu kommen - noch eine Reihe anderer Kriterien, die den unterschiedlichen Stand der Rentnerzahlen und der Belastungen der einzelnen Krankenkassen durch die Rentnerkrankenversicherung zu erklären in der Lage sind.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß die Bundesregierung dann bereit ist, gerade diesen Faktoren bei der künftigen Änderung entsprechend Rechnung zu tragen?
Herr Kollege, die Zielvorstellung habe ich in meiner Hauptantwort definiert, daß nämlich künftig jeder aktiv Versicherte einen gleichen Solidarbeitrag zur Finanzierung der Krankenversicherung leisten soll.
Die nächste Frage - Nr. 36 - ist von Herrn Abgeordneten Büchner ({0}) eingebracht worden:
Beabsichtigt die Bundesregierung, Möglichkeiten zu schaffen, daß Praktikanten aus einem Staat, mit dem kein Abkommen über soziale Sicherheit besteht, während seines von vornherein auf ein Jahr beschränkten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland von der Beitragsleistung zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden?
Herr Kollege Büchner, Ihre Frage läßt sich nicht generell beantworten; das muß ich anmerken. Die Frage der Versicherungspflicht von Praktikanten ist abhängig von der Gestaltung des Praktikantenverhältnisses im einzelnen. Soweit es dem normalen Beschäftigungsverhältnis eines Arbeitnehmers weitgehend angenähert ist, liegt nach geltendem Recht Versicherungspflicht vor, andernfalls nicht. Auf die Bezeichnung allein kommt es also nicht an. Es ist nicht beabsichtigt - das will ich offen hinzufügen -, diesen Rechtszustand zu ändern.
Die Frage der Versicherungspflicht ist unabhängig davon zu prüfen, ob es sich um das Beschäftigungsverhältnis eines In- oder Ausländers handelt, zumal zu berücksichtigen ist, daß erfahrungsgemäß auch Praktikantenverhältnisse von Ausländern vielfaach über die ursprüngliche Dauer hinaus verlängert werden. Die Gleichbehandlung mit anderen Pflichtversicherten hat z. B. auch zur Folge, daß auch der versicherungspflichtige Praktikant bei Rückkehr in seine Heimat, wenn ein Sozialversicherungsabkommen nicht besteht, nach Ablauf von zwei Jahren einen Anspruch auf Erstattung des von ihm gezahlten Beitragsanteils erwirbt.
Sie haben eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Kollege!
Unter Hinweis auf Ihre letzte Bemerkung, Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Möglichkeiten prüfenswert sind, diesen Zeitraum von zwei Jahren abzukürzen und die Situation, besonders die finanzielle Situation des Praktikanten bei Beendigung seines Praktikums dadurch zu verbessern.
Herr Kollege, wir haben diese Regelung in den Beratungen des Sozialpolitischen Ausschusses eingehend behandelt, wie Sie sich sicherlich erinnern werden. Ich bin der Meinung, daß zunächst einmal Erfahrungen mit diesem neuen Paragraphen gemacht werden sollten. Sollte es sich herausstellen, daß in größerer Zahl unbillige Härten auftreten, werden wir uns selbstverständlich diesem Punkte wieder zuwenden.
Ich rufe die nächste Frage - Frage Nr. 37 - des Herrn Abgeordneten Schröder ({0}) auf:
Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus der Feststellung des Bundesrechnungshofs ({1}) zu ziehen, derzufolge die Bundesanstalt für Arbeit nach dem von
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
der Bundesregierung bis 1977 geschätzten Umfang der Ausgaben und Einnahmen der Bundesanstalt für Arbeit ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht mehr voll nachkommen kann?
Herr Kollege Schröder, die Bundesregierung hat zu Beginn dieses Jahres im Arbeitsförderungsbericht - das ist die Bundestagsdrucksache 7/403 - Berechnungen über die Finanzentwicklung der Bundesanstalt für Arbeit bis 1977 vorgelegt. Danach übersteigen die Einnahmen der Bundesanstalt in dem Planungszeitraum die zu erwartenden Ausgaben. Zu demselben Ergebnis kommt übrigens die in diesem Sommer von der Bundesanstalt vorgelegte mittelfristige Finanzplanung. Von diesem Trend wäre nach den bisherigen Berechnungen auch dann auszugehen, wenn vorübergehende Schwankungen in der Ausgabenentwicklung auftreten.
Soweit es die Beratungen des Haushalts der Bundesanstalt für das Jahr 1974 angeht, muß ich sagen, daß sie noch nicht abgeschlossen sind. Der Verwaltungsrat der Anstalt wird sich damit in einer seiner nächsten Sitzungen befassen. Insofern bitte ich Sie um Ihr Verständnis dafür, daß ich der Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgreifen kann. Sie ist erst möglich, wenn die konkreten Zahlen auf dem Tisch liegen. Selbst wenn der von der Bundesanstalt für 1974 vorzulegende Haushalt eine stärkere Zunahme der Ausgaben, als bisher angenommen, ausweisen sollte, besteht kein Anlaß, den derzeitigen Beitragssatz zu erhöhen.
Zusatzfrage, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, da der Bundesrechnungshof zu völlig anderen Ergebnissen gekommen ist, darf ich Sie fragen: in welchem Punkte halten Sie dann die Berechnungen des Bundesrechnungshofes für falsch?
Die Unterschiede - ich will zunächst die Vokabel „falsch" ausklammern - beruhen vor allem darauf, daß der Bundesrechnungshof die Höhe der Ausgaben für die Leistungen zur Förderung der beruflichen Bildung und der Winterbauförderung anders vorausschätzt als die Bundesregierung. Unsere Fachbeamten haben mir noch einmal gesagt, die bisherige Entwicklung bestätige, daß die Prognosen der Bundesregierung auch insoweit zutreffen. In diesem Zusammenhang muß man dann auch den § 187 des Arbeitsförderungsgesetzes berücksichtigen, der den Bund zur Schließung einer etwaigen Finanzlücke verpflichtet.
Keine weitere Zusatzfrage.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Fragestunde. Ich freue mich, Ihnen noch mitteilen zu können, daß in dieser Fragestunde - wie in der letzten Fragestunde - 27 Fragen beantwortet werden konnten, daß aber heute lediglich drei Fragen wegen Nichtanwesenheit der Fragesteller nicht mündlich beantwortet wurden.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 20. September, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.