Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 6. September 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Probst, Dr. Gölter, Frau Benedix, Dr. Fuchs und der Fraktion der CDU/CSU betr.: Anhörung des Marxistischen Studentenbundes Spartakus im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft zum Entwurf für ein Hochschulrahmengesetz - Drucksache 7/921 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/997 verteilt.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 13. September 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Gölter, Dr. Probst, Dr. Fuchs, Dr. Hornhues, Frau Benedix und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Möglichkeiten des Studiums deutscher Studenten in den Vereinigten Staaten - Drucksache 7/763 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/1002 verteilt.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 7/990 Zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes steht Herr Staatssekretär Grabert zur Verfügung. Frage 62 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmude:
Treffen Pressemeldungen zu, nach denen unabhängig voneinander die Strafverfolgungsbehörden in Bonn und Koblenz Ermittlungsverfahren wegen umfangreicher illegaler Waffengeschäfte eingeleitet haben, die Ende der 60er Jahre unter Beteiligung von Angehörigen .oder ehemaligen Angehörigen des Bundesnachrichtendienstes getätigt worden sein sollen?
Frau Präsident, darf ich die beiden Fragen zusammen beantworten?
Sind Sie damit einverstanden? - Dann rufe ich noch die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmude auf:
Ist die Bundesregierung bereit, durch die Erteilung von Aussagegenehmigungen für die früher oder jetzt noch für den Bundesnachrichtendienst tätigen Personen und gegebenenfalls auf andere Weise die Verfahren zu unterstützen und zu beschleunigen?
Die Staatsanwaltschaft Bonn führt wegen des Verdachts illegaler Waffengeschäfte mehrere Ermittlungsverfahren durch. Sie richten sich gegen ausländische und deutsche Staatsangehörige, darunter auch gegen unbekannte Angehörige des öffentlichen Dienstes und zwei Bedienstete des Bundesnachrichtendienstes.
Nach Auskunft der Justizverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz führt die Staatsanwaltschaft Koblenz wegen des Verdachts illegaler Waffengeschäfte unter Beteiligung von BND-Angehörigen kein Ermittlungsverfahren durch. Anderslautende Pressemeldungen beziehen sich offensichtlich auf ein bei der Staatsanwaltschaft Koblenz anhängiges Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der schweren Bestechung von unbekannten Angehörigen des öffentlichen Dienstes.
Zu der zweiten Frage, Herr Abgeordneter: Selbstverständlich ist die Bundesregierung bereit, den Strafverfolgungsbehörden jede mögliche Rechts- und Amtshilfe zu leisten, zu der sie ja im übrigen auch nach dem Grundgesetz verpflichtet ist. Dies ist auch dadurch geschehen, daß Bediensteten des Bundesnachrichtendienstes Aussagegenehmigungen erteilt wurden. Bei entsprechenden Anträgen der Staatsanwaltschaft wurde und würde auch weiterhin sorgfältig abgewogen zwischen dem öffentlichen Interesse an strafgerichtlicher Verfolgung von Straftatbeständen einerseits und zu vermeidenden Nachteilen für das Wohl des Bundes andererseits. Bei dieser Abwägung kommt dem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung nicht etwa ein geringeres Gewicht als den Belangen des Bundes zu; ihm ist vielmehr gerade in solchen Fällen ein großes Gewicht beizumessen, in denen der Verdacht schweren kriminellen Unrechts vorliegt.
Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, können Sie schon sagen, welche Konsequenzen die Bundesregierung gegenüber dem Bundesnachrichtendienst oder einzelnen Personen aus seinem Bereich aus der in diesen Verfahren angesprochenen Mitwirkung bei illegalen Waffengeschäften ziehen wird?
Herr Abgeordneter, die Aufsichtsbehörde wird, wenn Strafverfahren abgeschlossen sind, ohne Ansehen der Person die im Beamtenrecht vorgesehenen Überlegungen anstellen, ob, wenn eine Schuld nachgewiesen ist, disziplinarrechtliche Untersuchungen angezeigt sind.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte.
Eine weitere Frage, Herr Staatssekretär: Sind den Strafverfolgungsbehörden die bereits erteilten .Aussagegenehmigungen schon mitgeteilt worden?
Ja, wie sich aus der Beantwortung der ersten Frage ergibt, sind sie erteilt und den Strafverfolgungsbehörden auch bekanntgegeben worden.
Wird die Bundesregierung auch in solchen Fällen, in denen die Erteilung von Aussagegenehmigungen in der Vergangenheit verweigert worden ist, auf erneutes Ersuchen der beteiligten Behörden oder Gerichte in eine erneute Prüfung in dem Sinne eintreten, wie Sie es uns hier geschildert haben?
Herr Abgeordneter Schmude, wenn die Wiederaufnahme von Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft einen Sinn hat, dann diesen, daß sie bei Bekanntwerden neuer Tatbestände neu untersuchen will. Dieses setzt die beteiligten Behörden unter den Zwang, nach Lage der Dinge jeweils neu zu entscheiden. Ich kann völlig eindeutig sagen, daß, wenn neue Ersuchen an uns gerichtet würden, sie als selbständige Anfragen nach den Grundsätzen, wie ich sie in der Antwort auf die erste Frage dargestellt habe, geprüft würden.
Bitte schön, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, ist es möglich, daß bei Abwägung der öffentlichen Interessen und bei Abwägung der Interessen des Bundes heute andere Maßstäbe angelegt werden können als früher?
Ich würde sagen, daß im Grundsatz die gleichen Maßstäbe weiter gelten. Wenn von der Staatsanwaltschaft neue Ermittlungsverfahren angestrengt werden und dadurch neue Tatbestände bekannt werden, ist jedoch nicht gesagt, daß bei der Überprüfung jeweils die gleichen Entscheidungen getroffen werden.
({0})
Sie haben nur eine Zusatzfrage.
({0})
- Bitte schön!
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage und auch bereit dazu, anzugeben, ob Mitglieder des Kabinetts über Vorgänge, die jetzt Gegenstand der Ermittlungsverfahren sind, unterrichtet waren?
Mir ist der gegenwärtige Stand des Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft im einzelnen nicht bekannt. Ich könnte auch, selbst wenn er mir bekannt wäre, keine Einzelheiten aus dem Verfahren mitteilen. Ich kann Ihnen die Frage nicht beantworten.
Frage 64 ist vom Fragesteller zurückgezogen worden. Frage 65 ist ebenfalls vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Die Frage 19 soll auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Auch die Frage 66 soll auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Auswärtigen. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Moersch zur Vefügung.
Die Fage 67 soll auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 68 des Herrn Abgeordneten Schinzel auf:
Trifft es zu, daß deutsche Firmen wenige Monate vor dem Putsch in Bolivien am 21. August 1971 Waffen und militärische Ausrüstung, unter anderem ausgemustertes Waffenmaterial der Bundeswehr, an den jetzigen Diktator Banzer geliefert haben, und wie beabsichtigt die Bundesregierung, in Zukunft solche Waffenlieferungen zu unterbinden?
Herr Abgeordneter, aus technischen Gründen kann ich die Frage heute nicht in der gewünschten Form beantworten. Ich bitte um Verständnis dafür und bitte, mit schriftlicher Beantwortung einverstanden zu sein.
Ja, das kann man machen.
Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Schröder ({0}) auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Politik Portugals „schon mehr als einmal die Interessen der deutschen Politik geschädigt hat", und wenn ja, welche konkreten Fälle sind hier gemeint?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, es besteht wohl kein Zweifel daran, daß das Ultramar-Problem für die Verbündeten Portugals schwierige Fragen aufwirft, welche die Interessen des Westens insgesamt in Mitleidenschaft ziehen. Dies ist insbesondere im Verhältnis zu den afrikanischen Staaten und im Rahmen der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen der Fall.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, da Sie meine Frage nicht beantwortet haben, muß ich noch einmal nachhaken: Hier war von spezifischen Interessen deutscher Politik die Rede.
Herr Abgeordneter, ich vermag nicht zu erkennen, ob dieses Zitat von irgendeinem Regierungsmitglied stammt. Es ist mir nicht gelungen, das zu erforschen. Daher habe ich mich auf die Darstellung des Problems beschränkt. Hätten Sie mir angegeben, wo ich dieses Zitat finden kann, hätte ich das sicher genauer beantworten können.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich aus dieser Bemerkung die Schlußfolgerung ziehen, daß das Auswärtige Amt oder die Spitze dieses Amtes Ausführungen von Mitgliedern dieses Hauses, insbesondere von Sprechern außenpolitischer Kommissionen der Koalitionsfraktionen, nicht zur Kenntnis nimmt?
Sie dürfen daraus keine andere Schlußfolgerung ziehen als die, daß die Bundesregierung die Fragen beantwortet, die Mitglieder der Bundesregierung betreffen.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Ist die Bundesregierung mit mir und der SPD der Auffassung, daß die portugiesische Kolonialpolitik eine Belastung des westlichen Verteidigungsbündnisses darstellt?
Frau Kollegin, ich glaube nicht, daß diese Frage jetzt hier in dieser Weise zur Beantwortung zugelassen werden darf. Ich lasse diese Frage so nicht zu.
Frau Kollegin, ich habe die Frage mit der Antwort auf die Frage des Kollegen Schröder ({0}) bereits beantwortet.
Die Fragen 70 und 71 sind vom Fragesteller, dem Herrn Abgeordneten Möllemann, zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Welche Konsequenzen haben die Beschlüsse der SPD, die eine Unterstützung der Frelimo-Bewegung fordern, insbesondere für die Außen-, Bündnis- und Sicherheitspolitik der Bunderegierung?
Herr Kollege, die Bundesregierung überprüft ständig die Entwicklung der außenpolitischen Lage und die sich für sie daraus ergebenden Folgerungen. Bei diesem ständigen Prozeß finden unter anderen Überlegungen auch Beschlüsse der die Regierung tragenden Parteien ihre angemessene Berücksichtigung. Es gibt keine Beschlüsse, die Anlaß dazu geben, die Bündnis- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung zu ändern.
Zu einer Zusatzfrage, bitte schön!
Herr Staatssekretär, geben Sie diese vergleichsweise vorsichtige Antwort im Namen der gesamten Bundesregierung ab? Ich stelle diese Frage, nachdem in der Regierungskoalition selber offenbar der Eindruck entstanden ist, wir hätten inzwischen drei bis vier Außenminister. Wie wird das Auswärtige Amt dafür sorgen, daß diese Ihre Antwort von den anderen Ressorts berücksichtigt wird?
Herr Abgeordneter, es besteht überhaupt kein Anlaß, zu glauben, daß es in dieser Frage keine gesamte Bundesregierung gibt. Die Antworten, die wir geben, sind, wenn sie andere Ressorts betreffen, mit diesen jeweils abgestimmt, und die Bundesregierung gibt hier Antwort.
Was Ihre subjektiven Empfindungen über Vielfalt betrifft, so kann ich diese Empfindungen nicht im geringsten teilen. Ich kann Ihnen solche Empfindungen natürlich auch nicht verwehren.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen entgangen, daß ich hier nicht von meinen Empfindungen, sondern von Beobachtungen gesprochen habe, die es innerhalb der Koalition gibt? Dort herrscht der Eindruck vor, wir hätten inzwischen drei bis vier Außenminister.
Herr Abgeordneter, mir war bisher nicht bekannt, daß Sie der Sprecher für Empfindungen der Koalition sind. Ich hatte angenommen, es seien Ihre eigenen Empfindungen, die Sie hier als Beobachter zitieren. Es tut mir leid, wenn wir uns da mißverstanden haben sollten.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe Frage 73 des Abgeordneten Baron von Wrangel auf:
Wird die Bundesregierung, insbesondere der Herr Bundeskanzler, für die Ziele der Frelimobewegung in Mocambique eintreten und sie in politischen und humanitären Fragen voll unterstützen, wie kürzlich die außenpolitische Kommission der SPD gefordert hat?
Her Abgeordneter, die Bundesregierung tritt nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika für Freiheit, Unabhängigkeit, Ausübung des Selbstbestimmungsrechts und Verwirklichung der Menschenrechte ein. Sie kann aber, wie in diesem Hohen Hause schon mehrfach dargelegt, nicht Organisationen Hilfe gewähren, die mit militärischen Mitteln den gewaltsamen Umsturz bestehender Ordnungen betreiben. Sie enthält sich solcher Unterstützungen, obwohl sie einigen der Grundanliegen dieser Organisationen, wie oben dargelegt, Verständnis und Sympathie nicht versagen kann. Der Grundsatz des Verzichts auf Gewaltanwendung ist unteilbar und mull die Haltung der Regierung auch außerhalb Europas bestimmen. Gegen humanitäre Hilfe für die unter den Konflikten im südlichen Afrika Leidenden ist jedoch nichts einzuwenden. Die Bundesregierung leistet z. B. über geeignete internationale Organisationen Hilfe an Flüchtlinge und notleidende Menschen im südlichen Afrika.
Bitte, Herr von Wrangel, zu einer Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, können Sie vielleicht sagen, in welchen Punkten die Bundesregierung die Vereinbarungen, von denen in meiner Frage die Rede ist, unterstützt und in welchen Punkten nicht?
Herr Abgeordneter, ich habe, glaube ich, die Frage beantwortet. Wir unterstützen die humanitären und politischen Ziele der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts und der Verwirklichung der Menschenrechte. Ich glaube, das habe ich hier eben vorgetragen.
Weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie in dieser Unterstützung eine Beeinträchtigung unserer Beziehungen zum NATO-Partner Portugal sehen?
Nein, Herr Abgeordneter. Dem NATO-Partner Portugal ist es nie verborgen geblieben - und da sind sehr offene Gespräche geführt worden -, welche Grundsätze die Bundesregierung vertritt, z. B. den Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts und den der Verwirklichung der
Menschenrechte. Die Beziehungen sind von diesen unseren Positionen ungestört. Daß andere Staaten im Bündnis in einigen Fragen gelegentlich andere Positionen vertreten, hat mit dem Zusammenhalt des Bündnisses nichts zu tun.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Hansen, bitte!
Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Aussage über die Gewährung humanitärer Hilfe durch die Bundesregierung auch, daß Mitgliedern der Befreiungsbewegung ebensolche humanitäre Hilfe gewährt wird wie etwa Soldaten der portugiesischen Armee?
Ich weiß nicht, worauf Ihre Frage abzielt. Ich weiß nicht, daß wir Soldaten der portugiesischen Armee humanitäre Hilfe gewährt hätten. Ich habe hier dargestellt, daß wir unsere Hilfe über die international dafür zuständigen Organisationen gewähren.
Ich beziehe mich auf Meldungen, daß Soldaten der portugiesischen Armee im Hamburger
Herr Kollege, Ihnen steht keine weitere Zusatzfrage zu. Ich bitte, doch nicht einfach selber die Debatte zu führen!
Herr Abgeordneter, wenn Sie sich auf diese Meldungen beziehen, haben Sie Ihre Frage sehr undeutlich formuliert. Sie haben nämlich nicht zwischen der selbstverständlichen Zusammenarbeit unter NATO-Partnern und Dingen unterschieden, die außerhalb des NATO-Bereichs stattfinden. Wir haben immer großen Wert darauf gelegt, diese beiden Bereiche zu trennen.
Im übrigen muß ich Ihnen sagen: Wenn irgend jemand in Not gerät, dann ist es menschliche Pflicht, ihm zu helfen, wer es auch sei.
Zu einer Zusatzfrage Frau von Bothmer.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht auch für ganz angemessen, in diesem Zusammenhang an das zu erinnern, was der Oppositionsführer Carstens gestern in seiner Rede sagte, daß sich nämlich das Dringen auf die Einhaltung von Menschenrechten nicht mehr als Einmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten ansehen lasse?
({0})
Frau Abgeordnete, ich glaube, die Bundesregierung hat durch den Bundeskanzler ihre Position hier eindeutig dargelegt. Mir ist es, offen gestanden, unverständlich, daß es zu partiellen Fragestellungen überhaupt kommt.
Ich rufe die Frage 74 des Herrn Abgeordneten von Wrangel auf:
Hat der Herr Bundeskanzler den Bundesaußenminister und das Auswärtige Amt von diesen Gesprächen vorher und nachher voll informiert?
Herr Abgeordneter, der Bundeskanzler hat keine derartigen Gespräche geführt. Das Auswärtige Amt ist von denjenigen, die solche Gespräche geführt haben, über diese Gespräche unterrichtet worden.
Keine Zusatzfrage. - Frage 75 des Herrn Abgeordneten Höcherl:
Trifft die Meldung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28.August 1973 zu, die Ankündigung des Gesprächspartners der afrikanischen Terrororganisation Frelimo, er werde in der Bundesregierung Einfluß darauf nehmen, daß diese Organisation international anerkannt werde, sei als „die beste Nachricht, die in den vergangenen Jahren aus Westeuropa gekommen ist", bezeichnet worden, und findet darin ein politischer Kurs der Bundesregierung seinen Niederschlag, der sich von der Linie unterscheidet, die von den übrigen Staaten des freien Europa, insbesondere von den Mitgliedstaaten des Nordatlantischen Bündnisses und der Europäischen Gemeinschaft, verfolgt wird?
Herr Abgeordneter, zum ersten Teil Ihrer Frage: Die Meldung über die Reaktion in Afrika trifft zu. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung" hat wörtlich aus einer offiziellen Rede des sambischen Präsidenten zitiert.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Haltung der Bundesregierung hält sich im Rahmen der Politik der übrigen Staaten des freien Europa, die sämtlich für die Verwirklichung der Selbstbestimmung, der Entkolonialisierung und die Menschenrechte eintreten.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, ist versucht worden, auf die Bundesregierung einen derartigen, nach dem Zitat der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in Aussicht gestellten Einfluß zu nehmen?
Herr Abgeordneter, es ist natürlich eine kolossale Bereicherung unserer Fragestunde, wenn wir uns künftig mit Meinungen zu Zeitungskommentaren befassen. Aber das Wesen der Presse besteht darin, daß sie Politiker kommentiert. Es ist nicht Aufgabe des Parlaments Zeitungen zu kommentieren.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben meine zweite Frage nicht beantwortet. Ich habe gefragt, ob eine solche Einflußnahme auf die Bundesregierung, die hier zitiert worden ist, versucht worden ist.
Moersch, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, das Wesen der auswärtigen Politik besteht darin, daß alle Staaten, mit denen wir Beziehungen haben, wechselweise versuchen, in ihrem Sinne Einfluß auf andere Regierungen zu nehmen. Die Bundesregierung ist davon nicht ausgenommen. Die Frage ist, wie sich die Bundesregierung auf solche Versuche hin verhält.
Frau von Bothmer, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, stellt es nicht einen Affront gegen die Vereinten Nationen dar, die Frelimo als Terrororganisation zu bezeichnen, da sie von den Vereinten Nationen als legitimer Sprecher ihres Volkes anerkannt worden ist?
Ich weiß nicht, worauf sich Ihre Frage bezieht. Die Bundesregierung hat keine Äußerung gemacht, die Grundlage Ihrer Frage sein könnte.
Ich beziehe mich auf die Frage des Kollegen Höcherl.
Die Verantwortung für die Formulierung von Fragen übernimmt der Fragesteller.
Herr Kollege Schröder, bitte!
Herr Staatssekretär, unter Bezugnahme auf Ihre Beantwortung der Frage von Herrn Höcherl, wo Sie über die wechselseitige Einflußnahme von Staaten auf die auswärtige Politik sprachen, darf ich fragen: Welcher Staat hat in diesem Fall Einfluß genommen?
Alle interessierten Staaten haben seit Jahren versucht, Einfluß in ihrem Sinne zu nehmen. Das ist das Wesen der Vereinten Nationen. Dort findet überhaupt nichts anderes statt als dieser Versuch der gegenseitigen Einflußnahme zur Wahrung der eigenen Interessen.
Eine Zusatzfrage? - Frage 76 des Herrn Abgeordneten Rollmann:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob in der Tschechoslowakei Bürger der CSSR gefangen gehalten werden, weil sie sich unter anderen öffentlich für eine Verbesserung der Beziehungen ihres Landes zur Bundesrepublik Deutschland ausgesprochen hatten, und wenn ja, hat die Bundesregierung hei den Verhandlungen mil der Tschechoslowakei um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten die Forderung nach Freilassung dieses Personenkreises erhoben bzw. aus welchen Gründen wurden entsprechende Forderungen nicht gestellt?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung kennt solche Fälle nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Sind der Bundesregierung die diesbezüglichen Pressemeldungen bekannt?
Soweit sie ihr zugänglich sind, ja.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung dem Wahrheitsgehalt dieser Pressemeldungen nachgegangen, eventuell bei den zahlreichen Gesprächen, die sie mit der tschechoslowakischen Regierung geführt hat?
Die Bundesregierung geht selbstverständlich allen Meldungen nach, die für sie von Belang sind, auch diesen. Ich habe Ihnen die Antwort auf Ihre Frage nach den Recherchen der Bundesregierung gegeben.
Keine weitere Zusatzfrage.
Frage 77 des Herrn Abgeordneten Gierenstein. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 78 des Herrn Abgeordneten Dr. Schwencke:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung ihres Botschafters in Moskau, dem Schriftsteller Günter Graß zu empfehlen, auf seine geplante Vortragsreise in die UdSSR vorerst zu verzichten,
Herr Abgeordneter, zunächst darf ich den Sachverhalt hier kurz darstellen. Die Einladung von Botschafter Sahm an den Schriftsteller Günter Graß war eine private Einladung auf Grund persönlicher Bekanntschaft. Sie war im Dezember vorigen Jahres ausgesprochen worden. Es handelte sich nicht um ein offizielles oder von seiten des Bundes gefördertes Projekt im Zusammenhang mit der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesregierung. Auch sollte Herr Graß keineswegs eine Vortragsreise in die UdSSR unternehmen, wie hier gelegentlich behauptet wurde. Vielmehr hatte er sich zu einer Lesung aus eigenen Werken im Hause von Botschafter Sahm bereit erklärt. Anläßlich seines Aufenthalts in Moskau und Leningrad wollte Herr Graß auch mit sowjetischen Schriftstellerkollegen Gespräche führen.
Botschafter Sahm, der am 1. September 1973 aus seinem Urlaub nach Moskau zurückgekehrt war, hat sich umgehend über die Lage in der sowjetischen
Hauptstadt informiert und auf Grund seiner Analyse der Umstände Herrn Graß vorgeschlagen, zu erwägen, ob er seine Reise, die er als sein privater Gast unternehmen sollte, nicht verschieben wolle.
Was nun die Einstellung der Bundesregierung zu diesem Vorgang betrifft, so darf ich hier an die Antwort auf die Frage des Kollegen Gierenstein anschließen, die ich vorgesehen hatte; ich hatte die beiden Fragen im Zusammenhang beantworten wollen. Ich darf hier also zum Verständnis des Ganzen noch folgendes darlegen.
Der Kollege Gierenstein hat in seiner Frage den Unterschied zwischen regierungsamtlichen Stellungnahmen und der Ansicht von Personen, die der Regierung angehören, besonders hervorgehoben. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieses Aspekts möchte ich dazu einige Erläuterungen anfügen.
In einer solchen Unterscheidung liegt in der Tat ein wesentliches Moment der Beurteilung des gesamten Vorgangs. Die Bundesregierung, repräsentiert durch ihre Botschafter im Ausland, muß sich bei der Pflege und Förderung der auswärtigen Beziehungen strikt und eindeutig von internationalen Gepflogenheiten leiten lassen. Sie erwartet dies ebenso auch von anderen Regierungen, mit denen sie Beziehungen unterhält. Die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder ist ein Prinzip dieser Gepflogenheiten. Sie kann also als Regierung, will sie sich nicht der Verletzung dieser internationalen Verhaltensnorm schuldig machen, nicht in innere politisch-geistige Auseinandersetzungen anderer Länder eingreifen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf das verweisen, was der Herr Bundeskanzler gestern über die Aussagen von Dr. Kissinger vor dem auswärtigen Senatsausschuß in den USA zitiert hat.
Die strikte Beachtung des Grundsatzes der Nichteinmischung hat selbstverständlich nichts - und damit komme ich auf die in der gestellten Frage dankenswerterweise bereits gemachte Unterscheidung zurück - mit der persönlichen Einstellung der einzelnen Regierungsmitglieder, politischen Parteien, Gruppierungen oder Einzelpersönlichkeiten aus dem kulturellen, dem wirtschaftlichen oder anderen Lebensbereichen zu tun. Jeder von uns hat in den letzten Tagen reichlich Gelegenheit gehabt, die Ansicht von Regierungsmitgliedern hierzu kennenzulernen.
Hier darf ich nun anfügen, daß Botschafter Sahm aus seiner Kenntnis der Umstände am Ort heraus, wie sie inzwischen eingetreten waren, gehandelt hat, als er sein Fernschreiben als offizieller Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland in der UdSSR an Herrn Graß abgesandt hat. Herr Sahm mußte davon ausgehen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Auftreten von Herrn Graß im Hause des Botschafters zu Mißdeutungen genutzt werden könnte, die die ihm als Botschafter gestellte Aufgabe hätten beeinträchtigen können.
Die Bundesregierung hat keinen Anlaß, die Entscheidung des Botschafters zu beanstanden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schwencke.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in diesem Zusammenhang auch der Erziehungs- und Kulturausschuß der Beratenden Versammlung des Europarats eine Entschließung gefaßt hat, die sich zwar nicht direkt mit Herrn Graß' Einladung, sondern mit der gegenseitigen Situation in der UdSSR allgemein befaßt und die im letzten Satz einen Passus enthält, den ich - mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin - jetzt zitieren möchte:
Er
- nämlich dieser Ausschuß fordert die Mitglieder des Europarates auf, durch ihre Vertreter auf der Genfer Sitzung der KSZE sicherzustellen, daß die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen auch von positiven Schritten in der Verwirklichung der Freiheit des Ausdrucks in allen europäischen Ländern auf der Grundlage des Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention begleitet sein muß.
Wenn Ihnen dies bekannt ist, frage ich, ob die Bundesregierung bereit ist, sich dieser Empfehlung anzuschließen.
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung braucht sich dieser Empfehlung deshalb nicht anzuschließen, weil der Bundesaußenminister in Helsinki zur Grundlage unserer Position bereits Darlegungen gemacht hat, die diesen Komplex umfassen und die er gestern hier wiederholt hat. Ich bin bereit, das, was die Bundesregierung durch den Außenminister in Helsinki zu diesem Fragenkreis gesagt hat, hier noch einmal zu zitieren, wenn das gewünscht wird; aber ich glaube, es steht im wesentlichen im gestrigen Bundestagsprotokoll.
Ich glaube, damit sind zwei Fragen von Ihnen gestellt und beantwortet worden. - Danke.
Frage 79 des Herrn Abgeordneten Gerlach ({0}) wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 80 des Herrn Abgeordneten Graf Stauffenberg auf:
Welches sind die näheren Umstände, die zu einer Ausladung des Schriftstellers Günter Graß durch den deutschen Botschafter in Moskau geführt haben?
Frau Präsidentin, darf ich die beiden Fragen vielleicht im Zusammenhang beantworten?
Sind Sie damit einverstanden, Graf Stauffenberg? - Danke. Ich rufe also noch die Frage 81 auf:
Sind der Entscheidung des deutschen Botschafters Interventionen der Sowjetischen Regierung vorausgegangen, und billigt die Bundesregierung die Entscheidung?
Die Beantwortung der Frage des Kollegen Graf Stauffenberg darf ich im Teil 1 auf Grund meiner Ausführungen in der Antwort auf die Frage des Kollegen Dr. Schwencke als erledigt betrachten, ebenso den zweiten Halbsatz des zweiten Teils der Frage.
Zum zweiten Teil des ersten Halbsatzes, dem einzigen bisher nicht beantworteten Element der Frage des Kollegen Graf Stauffenberg, darf ich folgendes feststellen. Botschafter Sahm hat an das Auswärtige Amt berichtet, daß seinem Fernschreiben an Herrn Graß keinerlei sowjetische Interventionen vorausgegangen sind. Diesem Fernschreiben liege vielmehr seine freie Entscheidung auf Grund seiner Lagebeurteilung bei der Rückkehr nach mehrwöchiger Abwesenheit aus Moskau zugrunde.
Eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das Verhalten Botschafter Sahms in einer Gesinnung der Loyalität zur Gesamtpolitik dieser Bundesregierung erfolgt ist?
Selbstverständlich, Herr Abgeordneter, und ich möchte keinerlei Mißverständnisse darüber aufkommen lassen, daß die Bundesregierung Botschafter entsendet, von denen sie erwarten muß, daß sie selbständig eine jeweilige Lage beurteilen. Es ist dann die Aufgabe der Bundesregierung, diesem Urteil des Botschafters auch zu folgen. Würde die Bundesregierung der Meinung sein, man könne dem Urteil eines Botschafters nicht folgen, müßte sie ihn konsequenterweise abberufen.
Keine weitere Zusatzfrage. Beide Fragen sind beantwortet.
Die Frage 82 des Herrn Abgeordneten Dr. Mertes ({0}) :
Sind der Bundesregierung Bedeutung und Herkunft des abschätzigen französischen Ausdrucks „querelles allemandes" ({1}) bekannt, wie sie beispielweie im Wörterbuch „Grand Robert" wiedergegeben sind:
„Deutschenzänkerei = üble Streiterei um nichts oder um einen unbedeutenden Gegenstand.
Herkunft:
- Der Ruf der Deutschen, nach dem Trunk zänkisch zu werden.
- Die ständigen Streitigkeiten unter den kleindeutschen Fürsten",
und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß der Ausdruck "querelles allemandes" Rang und Inhalt der Deutschlandfrage in keiner Weise gerecht wird, daß seine wiederholte Verwendung durch den Bundeskanzler und andere Mitglieder der Bundesregierung einer Abwertung des Problems der - gegen den Willen unseres Volkes erfolgten - gewaltsamen Spaltung Deutschlands gleichkommt und daher aus Gründen unserer nationalen Selbstachtung vermieden werden sollte?
Herr Abgeordneter, der Bundesregierung ist die Bedeutung des Ausdrucks
„querelles allemandes" bekannt. Sie ist daher auch der Auffassung, daß er dem Rang und dem Inhalt der deutschen Frage nicht gerecht wird.
Ich darf nach zusätzlichen Recherchen hinzufügen: Der Ursprung dieses Begriffs ist nicht eindeutig zu klären. Mir wurde berichtet, daß es im Dauphiné im 14. Jahrhundert zwei Familien gegeben habe, die Alleman geheißen und ständig im Streit miteinander gelegen hätten, begleitet von Wein.
({0})
Das hat die Wissenschaft aber nicht eindeutig verifiziert. Das sei dann übertragen worden auf die Deutschen - mißverständlich, wie solche Verballhornungen ja oft vorkommen und dann erst Schule machen. Die Bundesregierung hat deshalb diesen Ausdruck auch nie in einer Weise verwendet, die die deutsche Frage den „querelles allemandes" gleichgesetzt und damit entwertet hätte. Im Gegenteil: Wenn von „querelles allemandes" gesprochen wurde, geschah dies gerade mit dem Ziel, den Rang und die Bedeutung dieser für uns entscheidenden Frage zu wahren und klarzustellen.
Dies war und ist notwendig angesichts der Folgen, die eine bestimmte Art, deutsche Probleme zu behandeln, im internationalen Bereich gehabt hat. Die Bundesregierung kann nicht die Augen davor verschließen, daß sich diese Methode, die in der Vergangenheit zuweilen angewandt wurde und auch heute noch von manchen befürwortet wird, der politischen Öffentlichkeit, vor allem in anderen Ländern, als genau das dargestellt hat, was die deutsche Frage nicht ist, nämlich als eine kleinliche Zänkerei. Diese Art, deutsche Probleme auszutragen, hat den Blick auf das, worum es in Deutschland wirklich und wesentlich geht, eher verstellt und es daher erschwert, für unsere legitimen Interessen das internationale Verständnis und die Unterstützung zu finden, die wir zur Durchsetzung dieser unserer Interessen brauchen. Sie hat insbesondere unsere Anstrengungen um konkrete Verbesserungen der Lage um der betreffenden Menschen willen nicht gefördert.
Bitte, Herr Mertes, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie - nachdem Sie selbst festgestellt haben, dieser Ausdruck entspreche nicht dem Rang der Deutschlandfrage - meine Auffassung, daß er in Äußerungen von Mitgliedern der Bundesregierung und von Mitgliedern dieses Hauses vermieden werden sollte, weil er zumindest mißverständlich ist?
Herr Abgeordneter, ich bin der Meinung, daß selbstverständlich jede Äußerung vermieden werden muß, die zu Mißverständnissen Anlaß gibt. Aber es ist keine Frage, daß es schillernde Begriffe in der Vulgärdiskussion gibt, die Sie niemals vermeiden können.
({0})
Noch eine Zusatzfrage? - Bitte sehr!
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß wir ein Interesse daran haben, darauf hinzuweisen, daß die deutsche Frage nicht in erster Linie ein innerdeutscher Streit ist, sondern in den Verantwortungsbereich der Vier Mächte gehört, die Verantwortung und Rechte für Deutschland als Ganzes haben?
Herr Abgeordneter, es wäre sicher nützlich, wir würden hier zu den Ursprüngen der deutschen Frage zurückkehren, wenn ich diese Frage beantworte. Aber daß die deutsche Frage einstmals durch deutsche Politik ausgelößt worden ist, die dann zu einer Neuverteilung der Machtverhältnisse in Europa geführt hat, ist völlig unbestritten.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bangemann.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für denkbar - falls die Bedenken des Kollegen Mertes noch nicht vollends zerstreut sind -, daß die Bundesregierung Anstrengungen unternimmt, um sozusagen im Wege der Wiedergutmachung den Ausdruck „querelles françaises" in den deutschen Sprachgebrauch einzuführen?
Ich würde von jeder neuen Sprachwendung Abstand nehmen, Herr Abgeordneter, die zu generalisierenden Tendenzen führt;
({0})
das ist immer sehr gefährlich. Denn dann kommen wir dahin, wohin wir in der Vergangenheit gelegentlich gekommen sind: daß wir den Eindruck erweckt haben, wir könnten Politik nur noch mit Hilfe des Wörterbuchs machen.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Hansen.
Herr Staatssekretär, abgesehen davon, daß im generellen Sprachgebrauch dem Begriff „querelles allemandes" inzwischen eine andere Bedeutung zugekommen ist, möchte ich Sie fragen, ob Sie meine Auffassung teilen - die auch durch diese Fragestunde bestärkt worden ist -, daß die Deutschlandfrage viel zu ernst ist, um sie AmateurPhilologen zu überlassen?
({0})
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß man das Wort „Amateur-Philologen" nur sehr sorgfältig gebrauchen kann. Ich habe Studiendirektoren kennengelernt, die Philologen waren, und ich habe Philologen kennengelernt, die Diplomaten geworden sind.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, herzlichen Dank! Damit ist die Fragestunde beendet.
Ich rufe die nächste Plenarsitzung auf Mittwoch, den 19. September, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.