Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
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Am 30. August habe ich am Sarg von Karl-Hermann Flach in der Paulskirche zu Frankfurt die große Bestürzung über das Hinscheiden unseres Kollegen im Alter von nur 43 Jahren zum Ausdruck gebracht. Lassen Sie mich wiederholen, was ich damals gesagt habe:
Für einen Augenblick angesichts dieses Todes sind wir bereit, in unserer politischen Hektik einzuhalten, und wir fragen nach dem Sinn unseres Tuns. Aber schnell flüchten wir uns in die Antwort, daß das Schicksal eben besonders hart mit Karl-Hermann Flach umgesprungen ist, ein von der eigenen gesundheitlichen Gefährdung vorgezeichnetes Schicksal, das in ständiger Sorge um seine Frau noch eine tragische Verknüpfung fand. Und doch ist der Tod dieses Mannes, der zu den herausragenden Politikern unseres Landes gehörte, kein Einzelschicksal mehr. Wie bei Wolfgang Döring, mit dem ihn so viel verband, hat auch die Überforderung durch den gnadenlosen Streß, die ständige physische und psychische Spannung, die Unbarmherzigkeit der politischen Auseinandersetzung zu seinem frühen Tod beigetragen.
Karl-Hermann Flach hat unermüdlich für seine politische Überzeugung gestritten. Mit 17 Jahren trat er in Rostock der Liberal-Demokratischen Partei bei und übte bereits als 19jähriger von 1948 bis 1949 das Amt eines Mitgliedes des geschäftsführenden Landesvorstandes der LDP Mecklenburg aus. In den Monaten, in denen er als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP dem Deutschen Bundestag angehörte, hat er mit kritischem und wachem Geist die deutsche Politik begleitet und dazu beigetragen, die Probleme unserer Zeit erkennen und die Notwendigkeiten erfüllen zu helfen. Karl-Hermann Flach ist für uns das Vorbild eines überzeugten und militanten Demokraten, der seinem Land gedient hat.
Ich spreche den Hinterbliebenen des Verstorbenen und der Fraktion der FDP im Namen des Hauses unsere tiefe Anteilnahme aus.
Ich danke Ihnen.
Meine Damen, meine Herren, als Nachfolgerin für den verstorbenen Abgeordneten Flach hat am 4. September 1973 die Abgeordnete Frau Lüdemann die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben. Frau Lüdemann ist leider noch nicht anwesend.
Ich darf Glückwünsche zu Geburtstagen aussprechen:
am 23. Juni hat der Herr Abgeordnete Dr. Martin seinen 60. Geburtstag gefeiert,
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am 27. Juni der Herr Abgeordnete Mattick - er ist 65 Jahre alt geworden -,
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am 29. Juli wurde der Herr Abgeordnete Barche 60 Jahre alt,
({3})
am 7. August hat die Abgeordnete Frau Meermann ihren Geburtstag gefeiert,
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am 9. August ist der Abgeordnete Dr. Böger 65 Jahre alt geworden,
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am 17. August ist der Herr Abgeordnete Zoglmann 60 Jahre alt geworden,
({6})
am 19. August wurden der Herr Abgeordnete Dr. von Bismarck 60 Jahre alt
({7})
und am 1. September der Herr Abgeordnete Dr. Burgbacher 73 Jahre alt.
({8})
Herzlichen Glückwunsch des Hauses!
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat beschlossen, den von ihr am 5. Februar 1973 beim Deutschen Bundestag eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. März 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Krankenversicherung für alte Rentner - Drucksache 7/110
Präsident Frau Renger
- zurückzuziehen, und gebeten, von weiterer Beratung und Beschlußfassung über den Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag abzusehen.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen hat gemäß § 64 Abs. 2 BHO dem Bundestag nachträglich über die Veräußerung des 4,3 ha großen Restgeländes der ehemaligen Königin-Olga-Kaserne in Ludwigsburg an die Stadt Ludwigsburg - Drucksache 7/948 - unterrichtet. Ist das Haus mit einer Überweisung dieser Vorlage an den Haushaltsausschuß einverstanden? - Das ist der Fall.
Ihnen liegt eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: Erster Bericht der Bundesregierung über die Durchführung und den Erfolg der Maßnahmen auf Grund der Bestimmungen des Abschnitts 12 BSHG
Bezug: § 126 c des Bundessozialhilfegesetzes ({9}) in der Fassung vom 18. September 1969
- Drucksache 7/654 - zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
Betr.: Jährlicher Bericht über den Fortgang des Bundesfernstraßenbaues
hier: Straßenbaubericht für das Jahr 1972
Bezug: § 7 des Gesetzes über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985
- Drucksache 7/782 zuständig: Ausschuß für Verkehr
Betr.: Bericht über die Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates vom 14. bis 18. Mai 1973 in Straßburg
- Drucksache 7/842 -zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Betr.: Bericht über die Durchführung des Benzinbleigesetzes
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 24. Juni 1971
Drucksache 7/854 zuständig: Innenausschuß ({10}), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, Ausschuß für Verkehr
Betr.: Bundestagswahlrecht
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 9. Juni 1972
- Drucksache 7/867 zuständig: Innenausschuß
Betr.: Investitionsprogramm des Bundes 1972 bis 1976 Bezug: § 1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967
- Drucksache 7/891 -zuständig: Haushaltsausschuß ({11}), Ausschuß für Wirtschaft
Betr.: Bericht des Bundesrechnungshofes zum Arbeitsförderungsbericht der Bundesregierung
Bezug: § 99 BHO
- Drucksache 7/911 zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({12}), Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, Haushaltsausschuß
Betr.: Umweltradioaktivität
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 22. Mai 1962
- Drucksache 7/929 zuständig: Innenausschuß ({13}), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen, Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments über die vom Gemischten Ausschuß für die Assoziation mit der Türkei am 14. März 1973 in Luxemburg angenommenen Empfehlungen zum Achten Jährlichen Tätigkeitsbericht des Assoziationsrats EWG-Türkei
- Drucksache 7/942 zuständig: Ausschuß für Wirtschaft ({14}), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments zu der Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat über die Fortschritte, die während der ersten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion erzielt worden sind, über die Aufteilung der Befugnisse und der Verantwortlichkeiten zwischen den Organen der Gemeinschaften und den Mitgliedstaaten, die für das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion notwendig ist, und über die Maßnahmen, die während der zweiten Stufe dieser Union zu treffen sind
- Drucksache 7/943 zuständig: Ausschuß für Wirtschaft ({15}), Finanzausschuß, Haushaltsausschuß
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments über die Reform des Weltwährungssystems
- Drucksache 7,944 zuständig: Finanzausschuß ({16}), Ausschuß für Wirtschaft
Betr.: Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1972 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet
Bezug: § 50 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
- Drucksache 7'986 -zuständig: Ausschuß für Wirtschaft
Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung der Vorlagen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 6. Juli 1973 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 15. Februar 1966 über die Eichung von Binnenschiffen
Gesetz zu den am 24. Juli 1971 in Paris unterzeichneten Übereinkünften auf dem Gebiet des Urheberrechts
Gesetz zu dem internationalen Einheits-Übereinkommen vom 30. März 1961 über Suchtstoffe
Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 120 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 8. Juli 1964 über den Gesundheitsschutz im Handel und in Büros
Gesetz zu dem Internationalen Olivenöl-Übereinkommen von 1963
Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Juni 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Gesetz zu dem Abkommen vom 25. November 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Liberia zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Gesetz zu dem Abkommen vom 11. Oktober 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über die Umsatzbesteuerung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs zwischen den österreichischen Gemeinden Mittelberg und Jungholz und der Bundesrepublik Deutschland
Gesetz zu dem Vertrag vom 18. Dezember 1972 zwischen
der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden über gegenseitige Unterstützung in Zollangelegenheiten
Gesetz zur Änderung des Gesetzes vom 14. Januar 1969 zu dem Übereinkommen vom 7. September 1967 zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen und zu dem Protokoll über den Beitritt Griechenlands zu diesem Übereinkommen
Vierzehntes Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes
Gesetz zur Weiterentwicklung des Selbstverwaltungsrechts und zur Vereinfachung des Wahlverfahrens ({17})
Gesetz zur Änderung der Kostenermächtigungsvorschriften des Seemannnsgesetzes
Gesetz zur Abwicklung der Reichsärztekammer ({18})
Gesetz über die Gewährung von Erleichterungen, Vorrechten und Befreiungen an die ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik
Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und der Verordnung über das Erbbaurecht
Gesetz zur Änderung des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften
Präsident Frau Renger
Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Adoptionsrechts
Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 ({19})
Gesetz über das Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts
Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen hat der Bundesrat ferner eine Entschließung gefaßt, die als Anlage 2 diesem Protokoll beigefügt ist.
Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung beschlossen, hinsichtlich der folgenden Gesetze zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird:
Viertes Gesetz zur Reform des Strafrechts
Viertes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes
Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und des Arbeitsförderungsgesetzes
Seine Schreiben sind als Drucksachen 7/979, 71980, 7/981 verteilt.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 17. Juni 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Erhard ({20}), Dr. Dollinger und der Fraktion der CDU/CSU betr. Gebührenerhöhung bei der Deutschen Bundespost - Drucksache 7/686 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/851 verteilt.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 20. Juni 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Hösl, Pfeffermann, Dr. Probst, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Weber ({21}) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Zukunft der Forschungszentren - Drucksache 7/616 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/862 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr hat mit Schreiben vom 25. Juni 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr Waffenschmidt, Milz, Vehar, Tillmann, Breidbach, Dr. Unland, Braun, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Jahn ({22}), Köster, Rommerskirchen und Genossen betr. Berücksichtigung des Landes Nordrhein-Westfalen am Ausbauplan der Bundesfernstraßen - Drucksache 7/762 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/863 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen hat mit Schreiben vorn 25. Juni 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bohm ({23}), Dr. Wallmann, Kroll-Schlüter, Dr. Marx, Frau Pieser, Dr. Klein ({24}) und Genossen betr. Aufnahme von ehemaligen Häftlingen aus der DDR in der Bundesrepublik Deutschland, die unter die DDR-Amnestie fielen - Drucksache 7/775 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/869 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 2. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Mursch ({25}), Schröder ({26}), Dr. von Bismarck, Franke ({27}), de Terra, Dr. Köhler ({28}), Dr. Wörner, Dr. Narjes, Pieroth und Genossen betr. Förderungsmaßnahmen für Gebiete, deren wirtschaftliche Entwicklung durch ständige Inanspruchnahme für militärische Zwecke beeinträchtigt wird - hier: Landkreis Soltau - Drucksache 7/799 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/879 verteilt.
Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 9. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rollmann, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Dr. Hammans, Frau Dr. Neumeister, Frau Schleicher und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Registrierung von Arzneispezialitäten - Drucksache 7/669 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/892 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 2. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kunz ({29}), Schedl, Dr. Warnke und Genossen betr. Gefährdung der Arbeitsplätze in der ostbayerischen Natursteinindustrie - Drucksache 7/798 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/880 verteilt.
Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat mit Schreiben vom 6. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Konrad, Müller ({30}), Dr. Haenschke, Wittmann ({31}), Egert, Dr. Hirsch und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Erhebung umweltrelevanter Daten bei der Wohnungszählung 1975 - Drucksache 7/840 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/882 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung hat mit Schreiben vom 11. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klepsch, Dr. Jahn ({32}) und Genossen betr, Einsatz von Steinkohle aus inländischem Aufkommen für die Wärmeversorgung der Bundeswehr-Liegenschaften - Drucksache 7/793 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/894 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 11. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gerlach ({33}), Vogel ({34}), Dr. Miltner, Dr. Schneider, Handlos, Dr. Wittmann ({35}) und der Fraktion der CDU/ CSU betr. Situation der zivilen Verteidigung in der Bundesrepublik Deutschland - Drucksache 7/824 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/905 verteilt.
Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 12. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Dr. Hammans, Rollmann, Frau Dr. Neumeister, Dr. Fuchs und der Fraktion der CDU/CSU betr. Durchführung der Approbationsordnung für Ärzte vom 28. Oktober 1970 - Drucksache 7/797 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/906 verteilt.
Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt hat mit Schreiben vom 12. Juli 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Büchner ({36}), Brück, Collet, Kaffka, Metzger, Dr. Müller-Emmert, Peiter, Dr. Penner, Scheffler, Schinzel, Schluckebier, Stahl ({37}), Wende, Wrede, Dr. Holtz, Opitz, Schmidt ({38}), und der Fraktionen der SPD, FDP betr. Sportförderung in den Entwicklungsländern - Drucksache 7/823 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/909 verteilt.
Der Bundesminister des Innern und der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit haben mit Schreiben vom 14. August 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pfeifer, Dr. Probst, Dr. Gölter, Dr. Fuchs, Wohlrabe, Dr. Waigel, Dr. Hornhues, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim und der Fraktion der CDU/CSU betr. Verfassungsmäßigkeit des VDS - Drucksache 7/452 - beantwortet. Ihr Schreiben ist als Drucksache 7/953 verteilt.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 15. August 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Burger, Frau Hürland, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Franke ({39}), Rollmann, Nordlohne, Frau Stommel, Frau Schleicher, Braun, Kroll-Schlüter und der Fraktion der CDU/CSU betr. Aus- und Fortbildung von Fachkräften der Rehabilitation der Bundesregierung - Drucksache 7/512 -beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/968 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom
27. August 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Höcherl, Kiechle, Bewerunge, Eigen, Dr. Ritz, Susset, Röhner und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Änderung des Umsatzsteuergesetzes zum Nachteil der deutschen Landwirtschaft - Drucksache 7/935 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/969 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom
28. August 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schneider, Strauß, Stücklen, Kiechle, Vogel ({40}), Dr. Miltner, Dr. Wörner, Dr. Kunz ({41}) und Genossen betr. Vollzug des Bundeswaffengesetzes - Drucksache 7/930 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/970 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat mit Schreiben vom 30. August 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dürr, Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Kirst und Genossen betr. Abwasserklärung im öffentlichen Bereich - Drucksache. 7/895 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/977 verteilt.
Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat mit Schreiben vom 5. September 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kroll-Schlüter, Rollmann und der Fraktion der CDU/CSU betr. Jugendhilferecht - Drucksache 7/954 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/989 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 24. August 1973 die Bekanntmachung zur Empfehlung des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens über gegenseitige Verwaltungshilfe vom 9. August 1973 gemäß § 46 Absatz 1 des Deutschen Auslieferungsgesetzes zur Kenntnis gebracht. Sie liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 10. Juli 1973 gemäß § 1 Abs. 3 der Reichsschuldenordnung die Anleihedenkschrift 1972 übersandt. Sie liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Bundeskanzler hat am 28. August 1973 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 die Jahresabschlüsse der Deutschen Bundesbahn für die Geschäftsjahre 1970 und 1971 zur Kenntnis übersandt. Sie liegen im Archiv zur Einsicht aus.
Der Bundeskanzler hat am 3. September 1973 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1973 und den Nachtrag hierzu mit zehn Anlagen sowie den Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1973 zur Kenntnisnahme übersandt. Er liegt im Archiv zur Einsicht aus.
Der Haushaltsausschuß hat die aufhebbare Verordnung über die Begrenzung der Kreditaufnahme durch Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 1973 - Drucksache 7/682 - beraten und empfiehlt dem Bundestag, nicht von der Aufhebungsmöglichkeit nach § 20 Abs. 5 des Geetzes zur Forderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967 Gebrauch zu machen.
Die Mündlichen Anfragen für den Monat Juli ({42}) werden zusammen mit den dazu erteilten schriftlichen Antworten als Drucksachen 7/893, 7/928, 7/941, 7/952 und 7/1010 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 11. Juli 1973 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgenden, bereits verkündeten Vorlagen keine Bedenken erhoben hat:
Entscheidung des Rates über Maßnahmen gegen die Maul-und Klauenseuche
- Drucksache 7/238 2738
Präsident Frau Renger
Verordnung ({43}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({44}) Nr. 1569/72 über die Einführung von Sondermaßnahmen für Raps- und Rübsensamen
- Drucksache 7239 -Verordnung ({45}) des Rates über die Erzeugersubventionen, deren Beibehaltung dem Vereinigten Königreich für bestimmte Erzeugnisse gestattet ist.
- Drucksache 7/298 Verordnung ({46}) des Rates über die Lieferung von Zucker an das UNRWA im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe auf Grund des Abkommens vom 18. Dezember 1972 mit diesem Hilfswerk
- Drucksache 7/390 Verordnung ({47}) des Rates zur Änderung der Verordnungen ({48}) Nr. 766/68 und 1052/68 des Rates über die Vorausfestsetzung der Erstattungen auf dem Zucker-, Getreide- und Reissektor
- Drucksache 7/408 Verordnung ({49}) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 724/67/EWG hinsichtlich der Interventionsbedingungen für Sonnenblumenkerne in den letzten beiden Monaten des Wirtschaftsjahres
- Drucksache 7/435 Verordnung ({50}) des Rates zur Verlängerung des Milchwirtschaftsjahres 1972/1973
Verordnung ({51}) des Rates zur Verlängerung des Vermarktungsjahres 1972/1973 für Rindfleisch
- Drucksache 7/437 Verordnung ({52}) des Rates zur Änderung des Anhangs II der Verordnung ({53}) Nr. 823/68 hinsichtlich der Zulassungsbedingungen für bestimmte Käsesorten
- Drucksachen 7/491 Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung ({54}) Nr. 2511/69 über Sondermaßnahmen zur Verbesserung der Erzeugung und Vermarktung von Zitrusfrüchten der Gemeinschaf t
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung ({55}) Nr. 2601/69 über Sondermaßnahmen zur Förderung der Verarbeitung bestimmter Apfelsinensorten
- Drucksache 7/17 Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vom 4. September 1973 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachfolgende, bereits verkündete Vorlage keine Bedenken erhoben hat:
Entschließung des Rates zu einem Aktionsprogramm der
Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz
Beschluß des Rates zur Einführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet des Umweltschutzes
- Drucksache 7/560 Überweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Kaltwasserzähler
- Drucksache 7/814 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Synchronisierung der allgemeinen Volkszählungen
- Drucksache 7/815 überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({56}) des Rates zur Erhöhung des Gemeinschaftszollkontingents für Rohmagnesium der Tarifstelle 77.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs
- Drucksache 7/816 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({57}) des Rates zur Einrichtung einer gemeinschaftlichen Überwachung der Einfuhren bestimmter Erzeugnisse mit Ursprung in Norwegen
- Drucksache 7/817 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({58}) des Rates zur Festlegung der allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 24 Absatz, 4 der Verordnung ({59}) Nr. 1035/72
- Drucksache 7/825 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({60}) des Rates über die Lieferung von Magermilchpulver im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe an die Länder des Sahel-Gebietes
Beschluß des Rates zur Eröffnung von Verhandlungen mit den Ländern des Sahelgebiets über die Lieferung von Magermilchpulver als Nahrungsmittelsoforthilfe sowie die vorzeitige Durchführung der mit diesen Ländern ausgehandelten Abkommen
- Drucksache 7/844 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Innenausstattung von Kraftfahrzeugen ({61})
- Drucksache 7/856 überwiesen an den Ausschuß für Verkehr mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur neunten Änderung der Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für konservierende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen
- Drucksache 7/857 überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({62}) des Rates zur Ergänzung der Verordnung Nr. 367/67/EWG des Rates vom 25. Juli 1967 über die Festsetzung der Erstattungen bei der Erzeugung für Grob- und Feingrieß von Mais und für Bruchreis, die in der Brauereiindustrie Verwendung finden
- Drucksache 7/858 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({63}) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 1009/67/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker
- Drucksache 7/859 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({64}) des Rates zur Festsetzung der abgeleiteten Interventionspreise, der Interventionspreise für Rübenrohzucker, der Zuckerrübenmindestpreise, der Schwellenpreise, der Garantiemenge, des Höchstbetrags der Produktionsabgabe und der besonderen Höchstquote für das Zuckerwirtschaftsjahr 1973/1974
- Drucksache 7/860 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({65}) des Rates über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von reinrassigen Zuchttieren und über die Kriterien für die Festsetzung des Betrages dieser Erstattungen
- Drucksache 7/870 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({66}) des Rates zur Festsetzung der monatlichen Zuschläge zum Richtpreis und zum Interventionspreis für Ölsaaten für das Wirtschaftsjahr 1973/1974
- Drucksache 7/871 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({67}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({68}) Nr. 619/71 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung einer Beihilfe für Flachs und Hanf
- Drucksache 7/872 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({69}) des Rates zur Festsetzung der Hauptinterventionsorte für Öllsaaten und der dort geltenden abgeleiteten Interventionspreise für das Wirtschaftsjahr 1973/1974
- Drucksache 7/878 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Präsident Frau Renger
Richtlinie des Rates
zur Änderung der Richtlinien vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Betarübensaatgut, über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut, über den Verkehr mit Getreidesaatgut und über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln, der Richtlinie vom 30. Juni 1969 über den Verkehr mit Saatgut von Öl- und Faserpflanzen und der Richtlinie vom 29. September 1970 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut und über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten
Richtlinie des Rates
zur Änderung der Richtlinie vom 9. April 1968 über den
Verkehr mit vegetativem Vermehrungsgut von Reben
Zweite Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit forstlichem Vermehrungsgut
- Drucksache 7/873 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({70}) des Rates zur Festlegung der wesentlichen Handelsplätze für Getreide, der für diese Handelsplätze geltenden abgeleiteten Interventionspreise sowie der einzigen Interventionspreise für Mais, für Hartweizen und für Roggen für das Wirtschaftsjahr 1973/1974
- Drucksache 7/897 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({71}) des Rates über die Ausgleichsbeträge für Raps- und Rübsensamen
- Drucksache 7/898 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({72}) des Rates zur zeitweiligen Aussetzung von autonomen Zollsätzen des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte Waren
- Druckwehe 7/899 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Änderung und Ergänzung bestimmter Richtlinien im Anschluß an die Erweiterung der Gemeinschaft
- Drucksache 7/900 überwiesen an den Auswärtigen Ausschuß ({73}), Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({74}) des Rates über die zolltarifliche Behandlung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die im persönlichen Gepäck der Reisenden eingeführt werden
- Drucksache 7/901 überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Sechste Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
- Drucksache 7/913 überwiesen an den Finanzausschuß ({75}), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Pat
Verordnung ({76}) des Rates zur Festlegung - für das Weinwirtschaftsjahr 1973/1974 - des von den Interventionsstellen zu zahlenden Preises für den Alkohol, der ihnen im Rahmen der vorgeschriebenen Destillation der Nebenerzeugnisse der Weinbereitung geliefert wird, und des dabei vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft. Abteilung Garantie. zu übernehmenden Anteils
- Drucksache 7/914 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({77}) des Rates zur Änderung der Regelung der Bezüge und der sozialen Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in Karlsruhe ({78}) dienstlich verwendet werden
- Drucksache 7/915 überwiesen an den Innenausschuß ({79}), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({80}) des Rates zur sechsten Änderung der Verordnung ({81}) Nr. 1599/71 zur Festsetzung zusätzlicher Bedingungen, denen eingeführter Wein, der zum unmittelbaren menschlichen Verbrauch bestimmt ist, entsprechen muß
- Drucksache 7/916 überwiesen an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({82}) des Rates zur Festsetzung des Schwellenpreises für Getreide für das Wirtschaftsjahr 1973/1974
- Drucksache 7/917 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({83}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({84}) Nr. 2733/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 ({85}), damit das für bestimmte handgearbeitete Waren eröffnete Gemeinschaftszollkontingent auch auf solche in Uruguay hergestellten Waren Anwendung findet
- Drucksache 7/932 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({86}) des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen
- Drucksache 7/940 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft ({87}), Rechtsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie ({88}) des Rates zur 5. Änderung der Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
- Drucksache 7/945 überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({89}), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({90}) des Rates zur Durchführung bestimmter Beschlüsse des durch das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Island eingesetzten Gemischten Ausschusses, die Zollregelungen zum Gegenstand haben
- Drucksache 7/946 überwiesen en den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({91}) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 134/67/EWG und 137/67/EWG über die Einschleusungspreise und über das sogenannte „System von Leit-
und Folgeerzeugnissen" auf dem Schweinefleischsektor
- Drucksache 7/947 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({92}) des Rates zur Durchführung des Beschlusses Nr. 46/73 des Assoziationsrats, der im Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaft assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar vorgesehen ist
- Drucksache 7/950
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({93}) des Rates über den Abschluß eines Abkommens zur Änderung von Artikel 7 des Anhangs 6 des Zusatzprotokolls zum Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei
- Drucksache 7/951 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({94}) des Rates über die Anwendung der allgemeinen Zollpräferenzen zugunsten der Entwicklungsländer für bestimmte Erzeugnisse der Kapitel 1 bis 24 des gemeinsamen Zolltarifs im Jahre 1974
- Drucksache 7/957 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({95}) des Rates
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines zusätzlichen Gemeinschaftszollkontingents ({96}) für
Präsident Frau Renger
Zeitungsdruckpapier der Tarifstelle 48.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs
zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines zusätzlichen Gemeinschaftszollkontingents ({97}) für Ferrosiliziummangan der Tarifstelle 73.02 D des Gemeinsamen Zolltarifs
- Drucksache 7/958 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({98}) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Veredelungsarbeiten an bestimmten Spinnstoffen im passiven Veredelungsverkehr der Gemeinschaft
- Drucksache 7/959 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates über die Anwendung des Artikels 5 der Richtlinie des Rates vom 4. März 1969 zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über den aktiven Veredelungsverkehr
- Drucksache 7/960 überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({99}) des Rates über die zeitweilige und
teilweise Aussetzung des autonomen Zollsatzes des Gemeinsamen Zolltarifs für Mandeln der Tarifstelle 08.05 A II
-Drucksache 7/961 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung ({100}) Nr. 170/71 hinsichtlich der Abgrenzung des Begriffs ,,Erzeuger"
- Drucksache 7/964 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({101}) des Rates
über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten betreffend bestimmte Textilwaren mit Ursprung in Entwicklungsländern
zur Eröffnung von Zollpräferenzen für bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in Entwicklungsländern
- Drucksache 7/965 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({102}) des Rates zur Durchführung einer Erhebung über Struktur und Verteilung der Löhne und Gehälter im Handel, im Bank- und Versicherungsgewerbe
- Drucksache 7/966 überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({103}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({104}) Nr. 1496/68 des Rates vom 27. September 1968 über die Bestimmung des Zollgebiets der Gemeinschaft
- Drucksache 7/967 überwiesen an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({105}) des Rates über die Durchführung einer Arbeitskostenerhebung im Handel, im Bank- und im Versicherungsgewerbe
- Drucksache 7/971 überwiesen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates über die Durchführung einer Zwischenerhebung im Rahmen eines Erhebungsprogramms zur Untersuchung der Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe
- Drucksache 7/972 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates
über die Einführung eines Genehmigungsverfahrens für die Einfuhr von Jutegarnen aus dritten Ländern in das Vereinigte Königreich
über die Einführung eines Genehmigungsverfahrens für die Einfuhr von Baumwollgarnen aus dritten Ländern in das Vereinigte Königreich
zur Verlängerung der Genehmigung für die Einfuhr von Jutegarnen mit Ursprung in und Herkunft aus dritten Ländern in das Vereinigte Königreich
zur Verlängerung der Genehmigung für die Einfuhr von Baumwollgarnen mit Ursprung in und Herkunft aus dritten Ländern in das Vereinigte Königreich
- Drucksache 7/973 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({106}) des Rates
über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung von Gemeinschaftszollkontingenten betreffend bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in Jugoslawien
über die Eröffnung von Zollpräferenzen für bestimmte Textilerzeugnisse mit Ursprung in Jugoslawien
({107})
- Drucksache 7/883 - ({108})
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({109}) des Rates zur Festlegung der Beihilfe für die Erzeugung von Hartweizen für das Wirtschaftsjahr 1973/1974 ({110})
- Drucksache 7/884 - ({111})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({112}) des Rates zur Festlegung der im Sektor
Getreide im Falle einer Störung anzuwendenden Grundregeln
({113})
- Drucksache 7/922 - ({114})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({115}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({116}) Nr. 229/73 hinsichtlich der Beitrittsausgleichsbeträge und deren Koeffizienten für Getreide
({117})
- Drucksache 7/923 - ({118})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({119}) des Rates zur Festsetzung der monatlichen Zuschläge zu den Preisen für Getreide und Mehl, Grütze und Grieß von Weizen oder Roggen für das Wirtschaftsjahr 1973/74
({120})
- Drucksache 7/924 - ({121})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({122}) des Rates zur zweiten Verlängerung der Verordnungen ({123}) Nr. 2313/71 und 2823/71 über die zeitweilige teilweise Aussetzung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Wein mit Ursprung in und Herkunft aus Algerien, Marokko, Tunesien und der Türkei
({124})
- Drucksache 7/925 - ({125})
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({126}) des Rates zur Festsetzung der Schwellenpreise für geschälten Reis und Bruchreis und des in den Schwellenpreis für vollständig geschliffenen Reis einzubeziehenden Schutzbetrags für das Wirtschaftsjahr 1973/1974
({127})
- Drucksache 7/926 - ({128})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({129}) des Rates zur Festsetzung der monatlichen Zuschläge zu den Preisen für Rohreis und geschälten Reis für das Wirtschaftsjahr 1973/1974
({130})
- Drucksache 7/927 - ({131})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Präsident Frau Renger
Verordnung ({132}) des Rates betreffend die Ausfuhrlizenzen im Bereich der Ölsaaten und Ölkuchen
({133})
- Drucksache 7/933 - ({134})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({135}) des Rates zur Festlegung der Sonderbedingungen für die Abgabe von Weichweizen, der sich Im Besitz der italienischen Interventionsstelle befindet
({136})
- Drucksache 7/939 - ({137})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung des Rates zur Ergänzung der Verordnung ({138}) Nr. 241/73 betreffend die Beitritts-Ausgleichsbeträge im Zuckersektor
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({139}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({140}) Nr. 239/73 betreffend den Preis für den Absatz von im Rahmen des Commonwealth-Zuckerabkommens in das Vereinigte Königreich eingeführtem Zucker
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung ({141}) Nr. 1695/73 des Rates vom 25. Juni 1973 zur Bestimmung, inwieweit die für Rindfleisch anzuwendenden Währungsausgleichsbeträge wegen der niedrigeren Bewertung einer Währung höher sein können als die Belastung bei der Einfuhr aus Drittländern
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Verordnung des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften
überwiesen an den Innenausschuß ({142}), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen den Vorschlag erhoben werden
Überweisung von Zollvorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Aufhebbare Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
- Drucksache 7/852 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 3. Oktober 1973
Aufhebbare Vierundvierzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste
- Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz
- Drucksache 7/875 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 17. Oktober 1973
Aufhebbare Fünfundvierzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste
- Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - Drucksache 7/920 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 7. November 1973
Aufhebbare Sechsundvierzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste
- Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz
- Drucksache F983 -überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 12. Dezember 1973
Aufhebbare Achtundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
- Drucksache 7/984 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig zum Plenum am 12. Dezember 1973
Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und meine Herren! Die Konferenz der neun europäischen Außenminister, die vorgestern in Kopenhagen zu Ende ging, hat ein gutes Ergebnis gehabt. In einer undramatischen, unauffälligen Weise haben wir einen Wendepunkt in der europäischen Politik hinter uns gelassen. Wir sind jetzt, das darf man sagen, auf dem richtigen Wege.
Die Neun haben sich in Kopenhagen verpflichtet, festzulegen, was europäische Identität ist. Was bedeutet das? Das heißt, daß die beteiligten Regierungen sich gemeinsam eine Auffassung darüber bilden werden, was das politische Europa ist, was die Neun verbindet, von der Außenwelt unterscheidet, welchen Stand die Entwicklung zur europäischen Einheit erreicht hat, nach welchen Grundsätzen sie fortentwickelt werden kann, wie wir zu einer europäischen Regierung kommen können. Der Einwand: das ist nichts Neues, damit beschäftigen sich die Europäer schon lange, ist nur scheinbar berechtigt. Natürlich ist das Thema nicht neu. Der Unterschied ist: bisher war das Thema nur eine abstrakte Forderung unserer Zeit an Europa; jetzt ist es ein konkreter Gegenstand abgestimmter Politik. Diese Aufgabe wird von nun an in systematischer, für die Regierungen der Neun verbindlicher Weise in Angriff genommen werden. Was bisher größtenteils theoretische Spekulation war, wird politische Praxis. Wenn wir das Ziel erreichen wollen, das die Pariser Gipfelkonferenz im Oktober 1972 gesetzt hat, dann müssen wir jetzt diesen Weg beschreiten. Wenn wir uns bis 1975 nicht darüber klar sind, wie wir zur Europäischen Union kommen wollen, dann werden wir bis zum Ende dieses Jahrzehnts die Gesamtheit unserer Beziehungen nicht in diese Europäische Union umwandeln können. Die Konferenz in Kopenhagen hat rechtzeitig dieses Problem erkannt, sich zum Handeln entschlossen, und darin liegt ihr erster Erfolg.
Die neun Außenminister haben zur Definition der europäischen Identität drei Orientierungspunkte gewählt: die Kohäsion der Europäischen Gemeinschaft, die Stellung und die Verantwortung der Neun gegenüber der übrigen Welt und den dynamischen Charakter der westeuropäischen Entwicklung.
Zur Kohäsion der Europäischen Gemeinschaft: alle Neun sagen, wir bekennen uns zu gemeinsamen Werten der europäischen Geschichte und der europäischen Kultur, zu demokratischen und freiheitlichen Prinzipien, zum Rechtsstaat, dem Ideal der sozialen Gerechtigkeit und der Wahrung der Menschenrechte. Sie sagen zugleich, an dem, was durch die Römischen Verträge und die Folgeentscheidungen in den Europäischen Gemeinschaften zustande gebracht worden ist, darf nicht gerüttelt werden. Davon ausgehend wollen wir unsere politische Zusam2742
menarbeit ausdehnen, eine Politik entwickeln, die mehr und mehr Gegenstände umfaßt und uns alle bindet.
Zur Stellung und Verantwortung der Neun gegegenüber der übrigen Welt: die Neun wissen jetzt, wenn sie selber nicht bereit sind, gemeinsam Stellung zu weltpolitischen Problemen zu beziehen, werden sie durch Druck von außen dazu gezwungen werden. Das Europa der Neun ist nach Bevölkerungszahl und wirtschaftlichem Gewicht ein Machtfaktor, der sich mit den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion, Japan und China messen kann. Dieser Machtfaktor erzeugt weitreichende, weltweite Wirkungen in jeder Hinsicht: in der Wirtschaft, in Währungsfragen, in der Politik, im Bereich der Sicherheit. Wenn die Neun nicht bereit sind, diese Wirkungen vorauszusehen, sie zu ordnen, zu lenken, d. h. die Verantwortung für die Folgen ihres eigenen Zusammenschlusses zu übernehmen, dann wird dieses Europa weltweit negativ beurteilt werden. Es darf keine Diskrepanz geben zwischen der weltweiten Bedeutung dieses Europa und seiner Bereitschaft, seiner Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen.
Drittens: zum dynamischen Charakter der westeuropäischen Entwicklung. Die Neun wollen gemeinsam die europäische Union. Sie sind aber noch keine Einheit. Sie bewegen sich auf dieses Ziel zu, gehen es von verschiedenen institutionellen Ausgangspunkten an, haben es jedoch noch nicht erreicht. Für Agrar- und Außenhandelsfragen, Zollfragen sind die Europäischen Gemeinschaften in Brüssel zuständig. Für politische Fragen haben wir die politische Zusammenarbeit der Neun. Die Sicherheit ist in der NATO begründet. In diesem Zustand des Werdens kann niemand ein endgültiges Bild „Westeuropa als Einheit" zeichnen. Die Europäer wären überfordert, wenn man dies von ihnen verlangte. Das Bild ergänzt sich von Tag zu Tag. Heißt das, daß Westeuropa politisch nicht handeln kann? Nein. Wir können gemeinsam handeln, wenn wir pragmatisch vorgehen; wir können an unserer Einheit arbeiten, uns fortschreitend gemeinsame Auffassungen bilden; wir können sie auch mit einer Stimme ausdrücken; wir können sogar einen Sprecher berufen. Wir können jedoch in dem Übergangsstadium, in dem sich Europa befindet, nicht erwarten, daß Dritte nicht auch gleichzeitig mit den einzelnen nationalen Regierungen sprechen wollen. Das eine tun und das andere nicht lassen: darin liegt das Wesen des europäischen Pragmatismus.
Der zweite Erfolg von Kopenhagen: Die Neun leiten jetzt einen umfassenden konstruktiven Dialog mit den Vereinigten Staaten ein. Der britische Außenminister Sir Douglas Home hat mit Recht gesagt, daß die europäische Politik hier einen Durchbruch erzielt hat. Sollte Präsident Nixon in nächster Zeit nach Europa kommen, so sind die Neun jetzt bereit, eine gemeinsame Erklärung mit den Amerikanern zu verabschieden. Wir werden darin den beide Seiten des Atlantik verbindenden Werten der Unabhängigkeit, der Freiheit, der Sicherheit und des Wohlergehens des einzelnen Ausdruck geben.
Die Vereinigten Staaten brauchen ein freies, wirtschaftlich florierendes, mit ihnen verbündetes Westeuropa. Westeuropa braucht die politische und militärische Verbindung zu den Vereinigten Staaten. Niemand will einen Handelskrieg riskieren. Wir wollen alle, daß die nunmehr beginnenden GATT- Verhandlungen ein Erfolg werden. Wir wollen uns in Währungsfragen einigen, die weltwirtschaftliche Stabilität wiedergewinnen. Kurz, wir wollen uns nicht auseinanderleben, sondern unser Bündnis neu beleben. Weder darf es einen westeuropäischen Chauvinismus noch einen amerikanischen Isolationismus geben.
Brauche ich Ihnen zu sagen, meine sehr verehrten Kollegen, welche Bedeutung für die politische Zukunft Europas eine gemeinsame Willenserklärung mit den Vereinigten Staaten hat, die Umwandlung von tatsächlich gewachsenen Bindungen in beide Seiten verpflichtende Texte? Wir hätten aller Welt gezeigt, daß das Wort von der Interdependenz Westeuropas und der Vereinigten Staaten politische Wirklichkeit ist. Wir hätten Impulse zur Stabilisierung des Welthandels und des Weltwährungssystems gegeben, unser Sicherheitsgefüge gefestigt. Der Sowjetunion und Osteuropa gegenüber würden wir zeigen, daß die Entspannungspolitik für die atlantischen Partner ein einheitliches Ganzes bildet. Alle Welt wüßte, wir lassen uns nicht auseinanderdividieren.
Jetzt nach Kopenhagen kann dieses Ziel erreicht werden. Die Anregung Dr. Kissingers in seiner Rede über die atlantischen Beziehungen vom April dieses Jahres ist aufgegriffen worden, die Vorbereitungen werden zügig voranschreiten. Der amtierende Präsident der Neun, der dänische Außenminister Andersen, wird die europäische Position am 24. September im Gespräch mit Dr. Kissinger in New York näher erläutern. Ich selber werde ebenfalls mit Dr. Kissinger in New York zusammentreffen. Wir wollen die Reise Präsident Nixons nach Europa nutzen. Nach unserer Vorstellung sollte er mit seinen europäischen Verbündeten sowohl in der NATO in Brüssel als auch im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft zusammentreffen. Die Vorbereitungen für eine gemeinsame Erklärung über Sicherheitsfragen sind parallel zu denen der Neun in der NATO angelaufen. Es gibt erste Textentwürfe. Wiederum brauche ich Ihnen nicht zu sagen, welche konkreten Chancen für uns Westeuropäer in einer gemeinsamen Sicherheitserklärung der NATO stecken. Eine Garantie über die amerikanische Truppenpräsenz in Europa in einer zweiseitigen Erklärung ist für uns alle von unschätzbarem Wert. Zugleich würden wir der amerikanischen öffentlichen Meinung beweisen können, daß wir Europäer uns unserer Verantwortung für die Verteidigung unseres Kontinents nicht entziehen wollen.
Die Reise des Präsidenten nach Europa soll sich aber nicht in gemeinsamen Willenserklärungen erschöpfen. Es kommt uns nicht nur auf einen belebenden psychologischen Effekt in der westlichen Welt an. Wir wollen ein kontinuierliches konstruktives Gespräch mit den Vereinigten Staaten. Hier
liegt der dritte Erfolg der Tagung von Kopenhagen. Wir haben jetzt eine gemeinsam vereinbarte Traktandenliste für einen solchen Dialog. Ich kann jetzt keine Einzelheiten geben, wiewohl diese Liste in einigen Tageszeitungen nahezu vollständig veröffentlicht worden ist. Sie ist umfassend, bezieht sich auf alle wichtigen Prinzipien, Ziele und Interessen, die im Verhältnis der Vereinigten Staaten zu Westeuropa, in den Ost-West-Beziehungen, in der Zusammenarbeit zwischen Industriestaaten und diesen Staaten mit Dritten eine Rolle spielen.
Wir wollen eine gemeinsame Bilanz erstellen. Wir wollen die Schwierigkeiten rechtzeitig erkennen und Lösungsvorschläge erarbeiten. Kurz: Wir streben im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten ein Ergebnis an, das über die Tagespolitik hinausweist. Ordnen wir diese diplomatischen Vorbereitungen in das Koordinatensystem der Weltpolitik ein! Sie widerlegen das Gerede von der angeblichen Stagnation in der westeuropäischen Entwicklung, von der Krise in den transatlantischen Beziehungen. Zwischen Europa und Amerika entsteht ein gestärktes Fundament für ihre in den großen Zielen übereinstimmende Politik. Davon hat zugleich die westeuropäische Einheit profitiert.
Unsere Freundschaft mit Frankreich ist darüber nicht in die Brüche gegangen. Im Gegenteil! Das deutsch-französische Verhältnis hat sich auch in der politischen Zusammenarbeit der Neun als die stabile politische Grundlage erwiesen, die wir uns alle wünschen. Meinungsunterschiede, die es natürlich gibt, über die richtige Methode zur Fortentwicklung der Europäischen Gemeinschaft, über die Organisation des Dialogs mit den Vereinigten Staaten, haben daran nichts geändert. Frankreich und wir wollen zusammen mit den übrigen Europäern jetzt alles tun, um auch die Wirtschafts- und Währungsunion im Detail fortzuentwickeln. Sie ist ein Kernstück des europäischen Baus.
Ich möchte auch im Hinblick darauf mit besonderer Genugtuung hervorheben, daß die Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs sich auch in ihren Überlegungen zu den internationalen Währungsproblemen sehr nahegekommen sind. Die flexible Haltung Frankreichs ist gerade wegen des Zusammenhangs zwischen den Währungs- und Handelsfragen bei der nunmehr beginnenden GATT-Runde besonders zu würdigen.
Wir hoffen, daß uns in absehbarer Zeit auch der Durchbruch zu einer Reform der Agrarpolitik gelingt. Wir wollen an den Prinzipien des Agrarmarktes unverändert festhalten. Wir müssen jedoch zugleich für eine größere Flexibilität des Marktes sorgen, die es erlaubt, sich auf die Veränderungen des Weltmarktes besser einzustellen.
Wenn eines in der jüngsten Enwicklung Westeuropas wichtig ist, so dies: Es zeigt sich immer wieder, daß die europäische Politik die Dinge noch bewegen kann. Bei allen Schwierigkeiten ist es immer wieder gelungen, Impulse zu geben, die den Bau Europas vorangetrieben haben. Wir brauchen solche politischen Impulse auch in den anderen Bereichen: beim Aktionsprogramm für den Umweltschutz, bei der Fortentwicklung der europäischen
Weltraumtechnik, in der europäischen Regionalpolitik und beim sozialpolitischen Aktionsprogramm. Die Bundesregierung ist beständig bereit, ihren Beitrag dazu zu leisten, und ich glaube, da befindet sie sich in voller Übereinstimmung mit dem ganzen Hause. Wenn es darum geht, durch einen kühnen Sprung vorgesehene Etappen in Richtung auf die Europäische Union hinter sich zu lassen, dann werden wir dabei sein.
Dieses Bild wäre nicht vollständig ohne ein Wort über die Entspannungspolitik des Westens gegenüber Osteuropa. Denn auch diese Politik ist größtenteils europäische Politik. Ohne den Zusammenhalt der Westeuropäer, ohne die sorgfältige Abstimmung eines jeden Schrittes einer jeden Etappe hätte diese Politik im Bündnis keinen Erfolg gebracht.
({0})
Die Entspannungspolitik ist eine umfassende Politik. Zu ihr gehören ebenso der Dialog der beiden Großmächte wie die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und die Verhandlungen über ausgewogene Truppenreduzierungen. Zu ihr gehören auch unsere Bemühungen, mit allen osteuropäischen Ländern diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Sie kennen die Schwierigkeiten, meine verehrten Kollegen, die sich während der Verhandlungen mit der Tschechoslowakei ergeben haben. Wir können sie nicht isoliert betrachten.
Berlin und seine Probleme werden immer im Mittelpunkt auch unserer Entspannungsbemühungen bleiben. Daran führt kein Weg vorbei. Wir müssen weiter all diese Aspekte der Vertretung Berlins mit den Beteiligten besprechen. Wir verkennen nicht die Schwierigkeiten unserer Partner. Wir bitten jedoch um Verständnis für unsere Erfordernisse.
Der Zusammenhalt der Europäer und der atlantischen Bündnispartner hat sich nirgendwo besser bewährt als bei der Vorbereitung der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit. Das ist auch von dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion öffentlich bestätigt worden. Die Neun sind dort zu einer homogenen Verhandlungsmannschaft zusammengewachsen. Ihre politische Zusammenarbeit wurde täglich für uns alle erlebte Wirklichkeit. Als ebenso politisch wirksam erwiesen sich die Bindungen zu den Vereinigten Staaten und der Zusammenhalt im westlichen Bündnis.
Jetzt beginnt in Genf die zweite Phase dieser Konferenz. Ihr Erfolg hängt weitgehend von dem politischen Klima in Europa ab. Entspannung kann nicht in einem Vakuum entstehen. Sie braucht ein Klima, in dem jedermann von der Ernsthaftigkeil der Entspannungsabsichten der Partner überzeugt ist. In Helsinki herrschte dieses Klima. Es ist Aufgabe aller Beteiligten, dafür zu sorgen, daß sich hieran in Genf nichts ändert.
Auf der Außenministerkonferenz in Helsinki sagte ich:
Die Verbesserung der Beziehungen zwischen
den Staaten ist sicher ein wesentliches Element
aber sie ist nur ein Teil. Wer spürt heute nicht
überall in Europa den Drang nach mehr Kontakten, mehr Information, mehr Begegnung! Die Menschen wollen endlich die Früchte der Entspannung im täglichen Leben spüren,
({1})
sie mit den Händen greifen. Für uns ist dies ein nicht wegzuleugnender Teil unserer Wirklichkeit von heute. Ebensowenig läßt sich wegdiskutieren: Es gibt Hindernisse, die diese von den Menschen gewünschten Entfaltungsmöglichkeiten hemmen. Eben diese Hindernisse müssen abgebaut werden.
Soweit mein Zitat von Helsinki. Das ist das Ziel auch der Genfer Verhandlungen. Wir mischen uns nicht in innere Angelegenheiten anderer Länder ein. Das war und ist nicht das Ziel der Entspannungspolitik, und wer das dennoch angenommen hat, der geht von falschen Voraussetzungen aus.
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Das heißt aber nicht, daß wir die politische Wirklichkeit nicht sehen oder daß wir nicht wagen, darüber zu sprechen.
Die Entspannungspolitik soll den Menschen dienen. Sie kann sich nicht an berechtigten, tief verwurzelten Erwartungen der öffentlichen Meinung in Europa vorbeientwickeln. Die lebhafte Diskussion der jüngsten Zeit hat dies erneut bewußtgemacht. Sie hat aufgezeigt, wo für die Öffentlichkeit die Grenze liegt, jenseits derer das Verständnis für strukturelle Andersartigkeiten von Verhandlungspartnern endet. Ich habe dies für einen bedeutenden Beitrag auch für die Außenpolitik gehalten. Gerade in solchen Fragen kann nur Klarheit beim Partner zu richtigen Einsichten führen.
Es wurde gefragt: Ist es nicht ein Widerspruch, wenn der Ausbau der Außenbeziehungen in einen Gegensatz zu der Entwicklung im Innern gerät, wenn Entspannung nach außen von Verhärtung im Innern begleitet wird? Wozu soll ein Wissenschaftler in ein Land reisen, in dem seine Gesprächspartner und Kollegen gerade Zielscheibe von Angriffen sind und wenn dadurch die Kontakte mit ihm gehemmt werden? Ich wiederhole: diese öffentliche Diskussion ist nützlich, doch sie enthebt uns nicht der Aufgabe, unsere Politik der Vernunft fortzusetzen, bis ihr Erfolg für alle Menschen in Europa gesichert ist.
Unser Weg für Genf ist klar. Wir ziehen keine voreiligen negativen Schlüsse. Wir wollen weiter an der Entspannung arbeiten, und wir setzen auf die Einsicht aller beteiligten Regierungen. Es liegt im Interesse nicht nur Europas, sondern des sich anbahnenden Dialogs zwischen den Weltmächten und im Interesse der Stabilität auf der Welt, daß diese Konferenz zum Erfolg führt. Aber wir werden zugleich alle Geduld aufbringen, um zu erreichen, daß sie Türen öffnet zwischen Mensch und Mensch, zu Zusammenarbeit zwischen West und Ost und zu mehr Sicherheit für alle. Vielleicht darf ich in diesem Zusammenhang doch Metternich zitieren und mit ihm sagen: Wir müssen uns hinter der Zeit verschanzen und die Geduld zu unserer Waffe machen.
Eine weitere Bewährungsprobe für den Zusammenhalt des Westens sind die Wiener Verhandlungen über beiderseitige ausgewogene Truppenverminderungen in Mitteleuropa. Sie sind in der Allianz sorgfältig vorbereitet worden. Wir haben sie als einen graduellen, in jeder Phase kontrollierbaren langfristigen Prozeß konzipiert. Gerade jetzt, wo die Verhandlungen beginnen, ist es wichtig, daß im deutschen Parlament zumindest das gleiche Maß an Übereinstimmung erzielt wird, das im Bündnis hergestellt werden konnte. Alles andere, grobkörnige Mutmaßungen, Unterstellungen angeblich negativer Wirkungen dieser Verhandlungen auf den europäischen Einigungsprozeß, das Gespenst des Neutralismus, trägt nur zur Erschwerung der westlichen Verhandlungsposition bei.
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Wir wissen, Frankreich nimmt aus den besonderen Gründen, die wir alle kennen und die nicht erst jetzt eine Rolle spielen, zu diesen Verhandlungen eine andere Haltung ein. Aber dies ändert nichts an der gemeinsamen Verhandlungsführung derjenigen westlichen Länder, die in Wien beteiligt sind. Dies ändert auch nichts an dem maßgeblichen Interesse der Vereinigten Staaten an diesen Verhandlungen.
Wir Deutschen wären schlecht beraten, wenn wir diesen für unsere Sicherheit wichtigen Aspekt ignorieren wollten. Wir haben ein doppeltes Interesse an MBFR: ein allgemeines Interesse, weil MBFR Teil des Versuchs ist, Spannungen in Europa abzubauen. Wir leben im Zentrum dieses bisher spannungsgeladenen Raumes. Darüber hinaus haben wir das spezifische Interesse, daß in dem sich anbahnenden Verhandlungsvorgang, an dem wir uns beteiligen, die Sicherheit des Westens erhalten bleibt. Dazu gehört ganz wesentlich die atlantische Solidarität mit amerikanischer Präsenz in Europa als Teil des gemeinsamen Verteidigungskonzepts des Bündnisses.
({4})
Ich warne daher, in dieser Phase den alten Streit zwischen sogenannten Atlantikern und Europäern, der in der Vergangenheit die damaligen Regierungsparteien in diesem Bereich gelähmt hat, jetzt neu zu beleben, und sei es auch nur für einen beschränkten Sektor unserer öffentlichen Meinung. Jener Streit - eine der größten Spiegelfechtereien, meine ich, der deutschen Außenpolitik in den letzten Jahren - sollte ein für allemal begraben sein.
({5})
Meine verehrten Kollegen, als letztes Land der Europäischen Gemeinschaft wird am 18. September 1973 die Bundesrepublik Deutschland Mitglied der Vereinten Nationen. Noch stärker als zuvor wird sich in den kommenden Jahren die Politik der Gemeinschaft in den Beratungen und Beschlüssen der Weltorganisation widerspiegeln. Das zwingt zu sorgfältig abgestimmtem Vorgehen der neun Europäer in der Weltorganisation. Ich werde in New York Gelegenheit haben, darüber mit meinen Kollegen aus den acht Gemeinschaftsländern zu sprechen.
Die Bundesregierung hat mit der Opposition vereinbart, daß auch diese Mitglieder dieses Hauses in die Delegation der Bundesrepublik Deutschland zur Vollversammlung der Vereinten Nationen entsendet. Ich begrüße das. Aus solcher praktischen Zusammenarbeit in Detail kann Schritt für Schritt jene Gemeinsamkeit wachsen, die uns in den vergangenen Jahren immer wieder gefehlt hat.
({6})
Manche Mißdeutung wäre uns erspart geblieben,
wenn wir diesen Weg vorher beschritten hätten.
({7}) - Das Angebot lag vor.
Lassen Sie uns darum diesen neuen Ansatz nutzen. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns alle bei der Behandlung außenpolitischer Fragen jene Nüchternheit und jene Sachlichkeit wahren, die allein unseren Interessen dienen kann.
({8})
Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Carstens.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion möchte ich es ausdrücklich begrüßen, daß der Bundesminister des Auswärtigen dem Parlament heute einen Bericht über das Ergebnis der Kopenhagener Außenministerkonferenz erstattet hat. Ich halte es für einen guten parlamentarischen Stil, wenn unmittelbar nach einem so wichtigen Ereignis darüber eine Aussprache im Deutschen Bundestag stattfindet.
Ich möchte auch ausdrücklich das begrüßen, was der Bundesminister des Auswärtigen berichtet hat über Schritte, die in Kopenhagen getan worden sind in Richtung auf eine Verstärkung des europäischen Zusammenhalts, des Zusammenhalts der neun Mitgliedstaaten der EWG - das, was er die Kohäsion genannt hat -, und vor allen Dingen auch die Schritte, die der Erarbeitung eines gemeinsamen Standpunktes der neun EWG-Staaten gegenüber dritten Ländern gelten sollen. Ich habe immer den Standpunkt vertreten, daß sich die Integrationsfähigkeit der westeuropäischen Staaten noch mehr in ihrem Verhältnis zu dritten Staaten erweisen muß als in den Bemühungen um innere wirtschaftliche, währungspolitische und andere Formen der Integration, so wichtig diese ganz gewiß auch sind.
Es erscheint mir gleichfalls richtig, daß die neun EWG-Staaten sich darum bemühen, einen gemeinsamen Standpunkt für das Verhältnis Westeuropas zu den Vereinigten Staaten zu erarbeiten, mit denen sie alle, die Neun, im Nordatlantischen Bündnis fest verbunden sind, denen gegenüber sie aber doch, so meine ich, etwas Selbständiges, eine eigene politische Einheit darstellen.
Es scheint mir ein richtiger Weg zu sein, der auf der Kopenhagener Außenministerkonferenz eingeschlagen worden ist, daß man die Anregungen des
jetzigen amerikanischen Außenministers oder des Mannes aufgegriffen hat, dessen Ernennung zum amerikanischen Außenminister unmittelbar bevorsteht, des damaligen Sicherheitsberaters des Präsidenten der Vereinigten Staaten Henry Kissinger, die er in seiner New Yorker Rede vor einigen Monaten formuliert hat und die leider hier bei prominenten Mitgliedern der Koalitionsfraktionen - ich denke hier insbesondere auch an den Abgeordneten, unseren Kollegen Wehner ({0})
solche Reaktionen hervorrufen wie die, daß es sich um ein Monstrum handele.
({1})
Ich freue mich, daß die Bundesregierung dieser Auffassung und dem darin liegenden Rat nicht gefolgt ist.
Der Bundesminister des Auswärtigen hat davon gesprochen, daß die Kopenhagener Konferenz einen Wendepunkt in der europäischen Entwicklung darstelle, daß man jetzt auf dem richtigen Wege sei. Meine Damen und Herren, ich selbst bin so oft von ähnlichen Konferenzen zurückgekommen, und ich weiß, daß man in der Euphorie, in der man sich dann befindet, dazu neigt, die Akzente kräftig zu setzen. Vielleicht muß man abwarten, ob das alles so eintrifft, wie es in diesen Bezeichnungen, in diesen Worten zum Ausdruck kommt; aber das bitte ich nicht im Sinne einer Kritik an der Substanz der Sache zu verstehen. Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe, daß in Kopenhagen nach allem, was uns hier vorgetragen worden ist, ein wichtiger Schritt voran getan wurde.
Ich möchte dann ebenso, wie der Bundesaußenminister es getan hat, den Komplex der westeuropäischen Einigung in den Zusammenhang zur Entspannungspolitik stellen, zu der Politik einer Verbesserung des Verhältnisses zwischen den ost- und westeuropäischen Staaten; denn hier wird sich noch mehr als im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, von anderen Ländern ganz zu schweigen, auf die Dauer erweisen, wie fest, wie stark, wie gesichert dieser westeuropäische Zusammenhalt ist. Ich möchte die Gelegenheit dieser Aussprache benutzen, um ganz klar zu sagen, daß die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages weiterhin für die Bemühungen eintritt und die Bemühungen unterstützt, die Spannungen im Verhältnis von Ost und West abzubauen, die Beziehungen auch mit dem Ziel zu verbessern, zu einer besseren, zu einer harmonischeren Ausgestaltung der Beziehungen zu kommen.
({2})
Aber es scheint mir notwendig zu sein, noch klarer und noch schärfer, als dies in den Ausführungen des Bundesaußenministers geschehen ist, herauszuarbeiten, welches die Voraussetzungen und zugleich die Ziele der Entspannungspolitik nach der Auffassung der CDU/CSU-Fraktion sein müssen. Der Außenminister hat gesagt, die Entspannungspolitik sei Teil der europäischen Politik. Das ist ganz gewiß richtig; aber die Entspannungspolitik enthält natür2746
Dr. Carstens ({3})
lieh auch eine sehr starke spezifische deutsche Komponente. Ich meine, man müßte an die Entspannungspolitik fünf essentielle Forderungen stellen, und mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich sie jetzt etwas genauer zu definieren versuchen.
Die erste Forderung, die man an die Entspannungspolitik stellen muß, ist die Forderung nach Ausgewogenheit, d. h. die Forderung, daß Leistungen und Gegenleistungen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Die Hauptkritik, die die CDU/CSU an der vergangenen Entspannungspolitik dieser Bundesregierung geübt hat, bestand darin, daß die Ausgewogenheit dieser bisherigen Entspannungspolitik fehlte. Deutsche Leistungen waren unvergleichlich größer als die Gegenleistungen, die die andere Seite erbrachte.
({4})
Ausgewogene Politik bedeutet, meine Damen und Herren, daß man sich bei dieser Politik Zeit nimmt, daß man geduldig verhandelt.
({5})
Ich freue mich sehr, daß der Bundesaußenminister dies jetzt sagt. Ich kann nur sagen: Die Erkenntnis kommt leider vier Jahre zu spät.
({6})
Ausgewogenheit bedeutet Ausgewogenheit im politischen Bereich, bedeutet auch Ausgewogenheit im sicherheitspolitischen Bereich. Denn wir wollen uns doch alle darüber im klaren sein, daß der Friede in Europa, in diesem Teil der Welt nicht allein dadurch gesichert wird, daß wir Verträge mit unseren osteuropäischen Partnern schließen, daß Begegnungen und Gespräche stattfinden, sondern daß zur Erhaltung des Friedens auch die Erhaltung eines Gleichgewichts der Kräfte gehört. Diese Komponente der Entspannungspolitik wird eben sehr oft bei der Darstellung dieser Politik entweder vernachlässigt oder gar nicht erwähnt.
({7})
Zum Kräftegleichgewicht gehört die nukleare Komponente. Es paßt in die Vorstellungen vieler Menschen über Entspannungspolitik überhaupt nicht hinein, daß man in diesem Zusammenhang die nukleare Komponente erwähnt. Aber wir müssen es tun. Wir müssen ganz klar und nüchtern sehen, daß das Gleichgewicht der Welt, auf dem unsere Sicherheit beruht, eingebettet ist auch in den nuklearen Schutz, den dieser Teil Europas von seiten der Vereinigten Staaten erfährt.
Es muß als zweite Voraussetzung aus deutscher Sicht an die Entspannungspolitik die Forderung gestellt werden, daß die deutsche Frage offengehalten wird und daß die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Entspannungspolitik für das Selbstbestimmungsrecht und für die deutsche Einheit weiterhin kraftvoll eintreten.
({8})
Ich darf einen Satz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zitieren, welches Ende Juli ergangen ist und sich zu diesem Thema wie folgt äußert:
... alle Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland sind verpflichtet, in ihrer Politik auf die Erreichung dieses Zieles
- des politischen Zieles der Wiederherstellung der staatlichen Einheit hinzuwirken - das schließt die Forderung ein, den Wiedervereinigungsanspruch im Innern wachzuhalten und nach außen beharrlich zu vertreten - . . .
Meine Damen und Herren, ich würde sehr wünschen, daß der Bundeskanzler, wenn er demnächst vor den Vereinten Nationen anläßlich der Aufnahme der Bundesrepublik Deutschland in die Weltorganisation spricht, sich an diesen Ausspruch erinnert und dort in geeigneter Weise, aber deutlich den Anspruch des deutschen Volkes auf Gewährung des Selbstbestimmungsrechts und Wiederherstellung seiner Einheit vertritt.
({9})
Ich würde in diesem Zusammenhang gleichzeitig die Bitte äußern, den Wunsch anmelden, der Erwartung Ausdruck geben, daß der Bundeskanzler bei seinem ersten Auftreten vor der Weltorganisation auch über das Thema Menschenrechte, menschliche Freiheiten spricht, und zwar über Menschenrechte und menschliche Freiheiten in Deutschland, in dem gesamten Deutschland, und daß er in diesem Zusammenhang die Tatsache nicht unerwähnt läßt, daß auf Menschen, die in friedlicher Absicht aus einem Teil Deutschlands in den anderen gelangen wollen, geschossen wird. Ich glaube, wir können den ersten Auftritt unseres Landes vor den Vereinten Nationen nicht vorübergehen lassen, ohne daß dieser Komplex, der viele Menschen, viele Millionen Menschen in unserem Lande bedrückt, angesprochen und erwähnt wird.
({10})
Denn das ist die dritte Forderung, die wir an die Entspannungspolitik stellen müssen: Sie muß dazu führen, ihr Ziel muß es sein, mehr Menschenrechte und mehr menschliche Freiheiten für die Menschen in diesem Teil, im Osten Europas und in der DDR, zu erreichen. Die Entspannungspolitik soll den Menschen dienen, hat der Bundesminister des Auswärtigen gesagt. Jawohl, das ist auch unsere Meinung. Aber ich glaube, wenn dies die Auffassung ist, in der wir übereinstimmen, dann konnten wir nur mit Bestürzung hören, was der Bundeskanzler gestern vor dem Fernsehen zum Thema Menschenrechte - Menschenrechte speziell in der Sowjetunion - gesagt hat.
({11})
Ich will jetzt nicht davon sprechen, daß der Bundeskanzler gesagt hat, er würde dieselbe Politik machen, auch wenn Stalin noch in der Sowjetunion regierte.
({12})
Ich glaube, daß das ein Lapsus linguae gewesen ist, eine unglückliche Vorstellung, ein unglückliches Bild, welches weder im Osten noch im Westen, noch in
Dr. Carstens ({13})
unserem Lande irgend jemand wirklich befriedigen kann.
({14})
Aber ich will darauf nicht insistieren.
Was ich für viel beunruhigender halte, ist, daß der Bundeskanzler gesagt hat, das Prinzip der Nichteinmischung in den internationalen Beziehungen hindere ihn daran, sich zu dem Komplex Sacharow und den anderen damit zusammenhängenden Fragen zu äußern.
({15})
Ich muß Ihnen sagen, Herr Bundeskanzler, Sie bekunden mit dieser Äußerung ein Verständnis von Außenpolitik und internationalen Beziehungen, das seit 50 Jahren überwunden ist.
({16})
Es gilt heute nicht mehr als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes, wenn man für die Gewährung der Menschenrechte überall auf der Welt eintritt.
({17})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herr Abgeordneten Wehner? - Bitte!
Sehr verehrter Herr Kollege, darf ich Sie fragen, ob Sie diese Feststellung, der Bundeskanzler habe eine Auffassung vertreten oder bekundet, die seit 50 Jahren überwunden sei, so meinen, daß diese Auffassung besonders in den dreißiger Jahren auf deutsche Weise ganz anders vertreten worden ist?
({0})
Herr Kollege Wehner, ich will Ihnen in aller Ruhe auf Ihre Frage antworten. Die internationalen Beziehungen und die Völkerrechtslehre befinden sich in einer Entwicklung. Was im neunzehnten Jahrhundert als unumstößlich galt, nämlich daß man sich nicht um die inneren Angelegenheiten irgendeines anderen Landes kümmern durfte, ohne dessen Souveränitätsrechte zu verletzen, ist eben seit Anfang der zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts nicht mehr die gemeinsame Überzeugung der Völker, sondern jetzt geht die gemeinsame Überzeugung der Völker, so wie sie sich in der Charta der Vereinten Nationen und in ungezählten Dokumenten niederschlägt, dahin, daß Menschenrechte Priorität selbst vor dem Souveränitätsanspruch der Staaten haben.
({0})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Es verlangt ja niemand von dem Bundeskanzler, meine Damen und Herren,
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?
Ich möchte jetzt fortfahren, Frau Präsident. - Es verlangt ja niemand von dem Herrn Bundeskanzler, daß er der Sowjetunion so plumpe Belehrungen erteilt,
({0})
wie das der Herr Minister Eppler gegenüber einem Bundesgenossen der Bundesrepublik Deutschland tut. Das verlange ich ja nicht von Ihnen!
({1})
Aber ich glaube, es wäre sehr wohl mit der Entspannungspolitik - jedenfalls mit der Entspannungspolitik, wie wir sie verstehen vereinbar, wenn auch der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland in der ihm geeignet erscheinenden Form an die Sowjetunion appellieren würde, in ihrem Bereich mehr Menschenrechte zu gewähren.
({2})
Es wäre doch eine geradezu tragische Wirkung der Entspannungspolitik, wenn ein Mann, der als Regierender Bürgermeister von Berlin noch vor zehn Jahren für die Menschenrechte und für die Freiheiten eingetreten ist, jetzt plötzlich - als Folge der Entspannungspolitik - glaubte verstummen zu müssen, weil er sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischen kann.
({3})
Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß auch die Delegation des Deutschen Bundestages, die unter Ihrer Leitung, Frau Präsidentin, demnächst in die Sowjetunion reisen wird, Gelegenheit nehmen sollte, diesen Komplex mit ihren russischen Gesprächspartnern zu erörtern.
Wir sind weiter der Meinung und geben der Erwartung Ausdruck, daß die Kollegen der CDU/CSU, die sich an der UNO-Delegation beteiligen werden, die in der nächsten oder übernächsten Woche nach New York fahren wird - unsere Kollegen Kliesing und Graf Stauffenberg -, in New York bei der UNO Gelegenheit erhalten werden, zu den fundamentalen Fragen der Menschenrechte in einem der zuständigen Ausschüsse der Vereinten Nationen zu sprechen.
Wenn ich sage, meine Damen und Herren, und wenn wir sagen, daß ein Mehr an Menschenrechten und ein Mehr an Freiheiten zur Entspannungspolitik gehört, dann scheint es uns ganz abwegig zu sein, die Fluchthilfe generell zu diffamieren.
({4})
Dr. Carstens ({5})
Es gibt ein Menschenrecht, in einer der Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen verankert, welches es jedem Menschen auf der Welt gestattet, jedes Land - auch sein eigenes Land - jederzeit zu verlassen; das steht in einer Konvention,
({6})
zu der die DDR ihren Beitritt erklärt hat.
({7})
Ich meine daher, daß jemandem, der einem anderen hilft, ein privilegiertes Menschenrecht zu verwirklichen, deswegen nicht ein moralischer Vorwurf gemacht werden darf. Das ist, glaube ich, eine Umkehrung der moralischen Grundsätze, wenn man solche in der Politik zugrunde legen will - und in diesem Bereich muß man das tun.
({8})
Ich möchte auch ein Wort über die Menschen jenseits der Oder und der Neiße sagen, über die Deutschen, die dort leben und die seit Abschluß des Warschauer Vertrages darauf warten, daß das in der sogenannten Information Zugesicherte, nämlich ihre Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland, endlich realisiert wird.
({9})
Es gibt Fälle, in denen einzelne dort lebende Deutsche schon 15mal Anträge auf Aussiedlung gestellt haben, die jedesmal abgelehnt worden sind. Und was schlimmer ist: Bei manchen, die Aussiedlungsanträge stellen, setzen alsbald, nachdem sie die Anträge gestellt haben, Schikanen ein, die sie und ihre Familienangehörigen treffen. Wir würden sehr dringend wünschen, daß als Teil einer richtig verstandenen Entspannungspolitik auch ein Mehr an menschlichen Erleichterungen und menschlichen Freiheiten für diese Deutschen in Polen zustande kommt.
({10})
Die dritte Forderung, die wir an die Entspannungspolitik stellen, bezieht sich auf West-Berlin. West-Berlin muß in diese Entspannungspolitik einbezogen werden. Soweit nicht alliierte Vorbehalte entgegenstehen, muß West-Berlin in die Verträge einbezogen werden, die im Zuge der Entspannungspolitik geschlossen werden.
Ich habe begrüßt, daß der Herr Bundesminister des Auswärtigen dies soeben auch als den Standpunkt der Bundesregierung vorgetragen hat. Nur, hier gilt dasselbe, was ich vorhin gesagt habe, Herr Bundesminister: es wäre besser gewesen, wenn die Regierung nach dieser Erkenntnis vor vier Jahren gehandelt hätte, nämlich in dem Zeitpunkt, als sie ihre Verhandlungen mit der Sowjetunion aufnahm, und vor einem Jahr, als sie ihre Verhandlungen mit der DDR zum Abschluß brachte. In diesen beiden großen Verhandlungen mit der Sowjetunion und mit der DDR ist eben die Einbeziehung Berlins in die Verträge der Bundesrepublik nicht sichergestellt worden. Damit ist - ich kann es nur immer und immer wiederholen - ein historischer Augenblick - hier ist wirklich der Ausdruck „historischer Augenblick" angebracht - in der deutschen Nachkriegsgeschichte verpaßt worden, diese wichtige Klammer zwischen West-Berlin und der Bundesrepublik ein für allemal sicherzustellen.
({11})
Denn, meine verehrten Damen und Herren, was ist denn das für eine Politik, daß man in den Verhandlungen mit der Sowjetunion diesen Punkt mit Stillschweigen übergeht und in den Verhandlungen mit der DDR sich mit einer völlig unzulänglichen Absichtserklärung zufriedengibt und dann anschließend in den Verhandlungen mit den Tschechen, Ungarn und Rumänen versucht, den Standpunkt durchzusetzen?
({12})
Hier ist wirklich in entscheidender Stunde, insbesondere im Herbst des vergangenen Jahres, als die Bundesregierung die Trümpfe, die sie in der Hand hatte und an denen der anderen Seite unendlich viel gelegen war, weggab, versäumt worden, diesen entscheidenden Punkt, nämlich die Einbeziehung West-Berlins in die künftigen Vereinbarungen mit der DDR, sicherzustellen.
({13})
Ich meine aber, wenn man davon spricht, daß West-Berlin in unsere Entspannungspolitik und in unsere Entspannungsbemühungen einbezogen werden muß, dann gehört auch dazu, daß wichtige Dienststellen, die jetzt ihren Sitz in Berlin haben, nicht aus Berlin wegverlegt werden, so die Treuhandstelle für den innerdeutschen Handel.
({14})
Und es gehört dazu, daß sich die Bundesregierung bemüht - ich erkenne an, daß sie das tut -, weitere Bundesbehörden nach Berlin zu verlegen, denn das Viermächteabkommen ermöglicht das, es spricht ausdrücklich davon, daß die Beziehungen weiterentwickelt werden sollen. Nach meiner Auffassung, meine Damen und Herren, würde doch auch dazugehören, daß die Gremien des Deutschen Bundestages, die Fraktionen und die Ausschüsse, von der ihnen nach dem Viermächteabkommen verbliebenen Möglichkeit Gebrauch machen und in Berlin tagen.
({15})
Ich möchte diese Gelegenheit benutzen, um an die beiden anderen Fraktionen noch einmal zu appellieren, doch zu erwägen, ob nicht auch sie einmal eine ihrer Sitzungen in Berlin veranstalten wollen.
({16})
Die fünfte Voraussetzung für die Entspannungspolitik ist die Priorität des Bündnisses und der westeuropäischen Einigung gegenüber den Entspannungsbemühungen. Auch hier befinden wir uns - und das registriere ich mit Befriedigung - in verbaler Übereinstimmung mit der Bundesregierung. Der Bundeskanzler selbst hat mehrfach erklärt, daß diese Priorität auch für ihn gelte. Aber - und dies ist der Punkt, wo mich die Äußerungen auch des Bundesministers heute nicht befriedigt haben - die Praxis sieht anders aus. In Wien wird demnächst
Dr. Carstens ({17})
über einen sehr wichtigen Entspannungskomplex verhandelt werden, nämlich über die sogenannten beiderseitigen ausgewogenen Truppenreduzierungen, und Frankreich ist nicht dabei. Hier gilt also offenbar nicht der Grundsatz der Priorität der westeuropäischen Einigung. Der Herr Bundesaußenminister hat gesagt, Frankreich sei aus den bekannten Gründen nicht dabei. Das ist keine für mich befriedigende Antwort.
({18})
Wenn man von Prioritäten spricht, dann müßte eben ein neuer Versuch gemacht werden, sich mit der französischen Regierung über diesen Komplex zu einigen, und das um so mehr, als nach meiner Auffassung
({19})
ein Teil der Sorgen und der Bedenken, die die französische Regierung hat, exakt die Sorgen und Bedenken sein sollten, die wir in der Bundesrepublik Deutschland haben sollten.
({20})
Es ist ein großer, wie soll ich sagen, Wirbel entstanden über Äußerungen, die ich vor einiger Zeit gemacht habe und in denen ich auf gewisse Neutralisierungstendenzen in der Bundesrepublik hingewiesen habe.
({21})
Man hat mir seitens der Regierung und seitens der SPD in diesem Zusammenhang die bittersten Vorwürfe gemacht, meine Äußerungen als unseriös bezeichnet, mich selbst als störrischen Ackergaul
({22})
und was dergleichen Dinge mehr sind. Meine Damen und Herren, es wäre mir viel lieber gewesen, Sie hätten sich sachlich mit den Argumenten auseinandergesetzt, die ich vorgetragen habe.
({23})
Sie können doch nicht leugnen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, daß in Ihren Reihen kräftige Tendenzen in Richtung auf eine Neutralisierung vorhanden sind.
({24})
Ich habe hier vor mir eine Liste von Resolutionen, die im März dieses Jahres von den Jungsozialisten gefaßt worden sind.
({25})
- Ja, ich weiß, daß das Ihnen vielleicht nicht angenehm ist. Aber mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich doch vielleicht zwei oder drei dieser Sätze hier einmal vorlesen:
Die Integration der Staaten Mitteleuropas in das NATO-Bündnis bzw. den Warschauer Pakt kann die Sicherheit in Mitteleuropa nicht garantieren. Sie behindert bzw. verhindert die Möglichkeit, die Außenpolitik und die Gesellschaftspolitik der jeweils führenden Macht des Bündnisses zu kritisieren.
({26}) _
Dann weiter:
Die Bundesrepublik Deutschland - „BRD" heißt es hier, Entschuldigung, ich lese falsch vor Die BRD muß in eine europäische Zone der Entspannung einbezogen werden, in der Atomwaffen und andere Massenvernichtungsmittel weder gelagert noch verwendet werden dürfen ({27}). Aus dieser europäischen Zone der Entspannung sind alle fremden Truppen, insbesondere die Truppen der USA und der UdSSR, abzuziehen.
({28})
Die Bundeswehr hat auf atomare Trägerwaffen zu verzichten.
Und dann der letzte Satz:
Devisenausgleichszahlungen sowie Aufwendungen für Stationierungsstreitkräfte sind umgehend einzustellen.
({29})
- Meine Damen und Herren, ich übertreibe doch nicht, wenn ich diese Tendenzen als Neutralisierungstendenzen bezeichne.
({30})
Ich sage auch nichts Falsches, wenn ich innerhalb der Bundesregierung selbst meinen Finger auf das Interview lege, welches der jetzige Bundesminister Bahr vor vier Jahren einem amerikanischen Politologen gegeben hat, in dem er einen großen Plan für die Zukunft Europas vorgetragen hat. Erste Stufe: Anerkennung der DDR - inzwischen realisiert -, zweite Stufe: Gewaltverzichtsvereinbarung mit den osteuropäischen Staaten - inzwischen realisiert -, über die dritte Stufe: Reduzierung der Streitkräfte der USA und der Sowjetunion - wird demnächst, wie wir gerade gehört haben, in Wien verhandelt werden -, vierte Stufe: Schaffung einer neutralen zentraleuropäischen Zone, zu der die Bundesrepublik Deutschland, die DDR und einige Staaten im Westen und Osten gehören sollen, einer neutralen Zone, die nicht mehr irgendwelchen Bündnissen angeschlossen sein darf. - Meine Damen und Herren, das sind doch nicht meine Ideen und meine Vorstellungen, sondern es sind doch die Ideen und Vorstellungen des Herrn Bahr, des damaligen Chefs des Planungsstabes,
({31})
in einer Regierung, in der der Kollege Kiesinger Bundeskanzler war und in der Gedanken dieser Art von dem Chef der Regierung sicherlich auf das schärfste mißbilligt worden wären.
Nun trägt Herr Bahr dazu vieles vor. Er versuchte, den Eindruck zu erwecken, als wenn er sich von den damaligen Plänen distanziert hätte. Z. B. hat er hier vor einigen Monaten erklärt, Adenauer habe auch einmal gesagt, daß die Bündnisse keinen Ewigkeitswert hätten. Das Zitat von Adenauer ist richtig. Aber, meine Damen und Herren, der entscheidende Punkt, um den es hier geht und der, wie ich meine,
Dr. Carstens ({32})
durch den Gebrauch von Worten auch anderen begreiflich gemacht werden müßte, wenn sie überhaupt noch die Fähigkeit haben zuzuhören, ist doch der, daß durch die Schaffung einer solchen Zone in Zentraleuropa eine Barriere zwischen der Bundesrepublik Deutschland einerseits und ihren großen westeuropäischen Partnern, nämlich England und Frankreich, andererseits aufgerichtet würde.
({33})
Es kann doch kein Mensch behaupten, daß eine solche Entwicklung der europäischen Einigung und der europäischen Integration förderlich wäre.
({34})
Nun sage ich nicht - und ich habe es nie gesagt -, daß die bevorstehenden Verhandlungen in Wien geradewegs auf eine neutrale Zone in Zentraleuropa zuführen werden. Das ist ganz gewiß nicht der Fall. Aber was nach allen Informationen, die ich habe, für die zweite Phase dieser Verhandlungen konkret ins Auge gefaßt ist, ist eine Verdünnung der einheimischen Streitkräfte in Zentraleuropa mit Kontrollen durch die Supermächte, d. h. auch durch die Sowjetunion, und zwar in einer Zone, die haargenau die gleiche Zone wie die Zone von Herrn Bahr im Jahre 1969 ist. Da kann doch kein Mensch den Eindruck unterdrücken, daß hier vielleicht ein Zusammenhang bestehen könnte oder daß, wenn kein Zusammenhang besteht, zumindest das Gewicht der Tatsachen, die geschaffen werden, in diese Richtung drängen könnte und daß mindestens alle diejenigen in der Bundesrepublik Deutschland, die sich für eine Neutralisierung der Bundesrepublik in dieser Zone einsetzen, dadurch einen zusätzlichen Aufwind bekommen würden.
({35})
Deswegen ist es vernünftig, meine Damen und Herren - das hat doch mit Unseriosität überhaupt nichts zu tun -, darauf hinzuweisen und zu sagen: Seien Sie vorsichtig in der Realisierung dieser politischen Ziele und stellen Sie sicher - das ist die Schlußfolgerung, die ich ziehe -, daß ein weiterer, zusätzlicher Schritt auf dem Gebiet der westeuropäischen Einigung zustande kommt, bevor über derartige Pläne verhandelt wird.
({36})
Alles, was Sie uns berichtet haben, Herr Bundesaußenminister, stellt, so scheint es mir, Fortschritte auf dem Wege der europäischen Einigung dar. Ich wiederhole: das ist zu begrüßen. Aber noch fehlt das entscheidende Glied, nämlich die Übereinstimmung der Westeuropäer über ihre Sicherheitspolitik gegenüber den osteuropäischen Staaten. Deswegen ist es, glaube ich, an der Zeit, die politische Forderung zu erheben, daß in der westeuropäischen Einigung ein Schritt in Richtung auf eine verstärkte Integration der Außenpolitik einschließlich ihrer sicherheitspolitischen Komponente getan wird.
({37})
Sie haben gesagt, Herr Bundesaußenminister, daß die KSZE, die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, einen wichtigen Beitrag dazu geleistet habe, daß auch die neun westeuropäischen Staaten, die sich an ihr beteiligen, stärker zusammengewachsen sind und sich stärker und besser miteinander haben koordinieren können als vorher. Sie haben es so dargestellt - und ich will Ihnen da gar nicht widersprechen -, daß die KSZE insoweit zu einem Integrierungsmittel auch für die Westeuropäer geworden ist. Wenn das aber richtig ist, dann droht doch von der MBFR genau der gegenteilige Effekt,
({38})
nämlich der Effekt, daß, weil Frankreich sich an diesen Bemühungen bisher nicht beteiligt, von ihr ein desintegrierender Effekt auf die westeuropäische Einigung ausgehen wird.
So möchte ich schließen mit dem Appell an die Bundesregierung, diese Zusammenhänge zu sehen und die Gelegenheit, die vielleicht jetzt günstiger ist, als sie es in Jahren vorher war, zu nutzen, um erneut den Versuch zu machen, zwischen allen neun Partnern der westeuropäischen Integration eine Übereinstimmung in den sicherheitspolitischen Fragen der Ost-West-Beziehungen zu erzielen. Die Begründung, daß das schwierig sei, daß Frankreich eigenwillig sei und was man alles sonst noch hören kann, akzeptiere ich nicht. Diese Dinge sind zu wichtig, sie müssen versucht werden, sie müssen in Angriff genommen werden, und - das ist der für mich entscheidende Punkt - sie müssen erreicht werden, bevor Entspannungsverhandlungen beginnen, die die von mir geschilderten Gefahren in sich tragen.
({39})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Arndt.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dankt der Bundesregierung für die abgewogene Erklärung ihrer Europapolitik, und sie dankt dem Herrn Außenminister für den jüngsten Verhandlungserfolg in Kopenhagen, denn davon muß ja in dieser Debatte auch geredet werden.
({0})
In Kopenhagen ist das Zeitziel für die europäische Union, das Jahr 1980, erneut bestätigt worden. Das ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, und ich wünschte, es gäbe Vorschläge der Opposition, wie es wesentlich schneller erreicht werden könnte.
({1})
In Kopenhagen hat die Europäische Gemeinschaft ein gemeinsames Verhandlungsprogramm mit den USA beschlossen, und sie hat für wichtige Fragen gemeinsame Verhandlungsziele und einen gemeinsamen Sprecher. In der gleichen Verhandlung haben sich schließlich die Herren Außenminister auf die Suche nach einer Definition begeben, der Definition - in der dort üblichen gewichtigen Sprache - europäischer Identität.
Bei dieser Suche sollen, so habe ich es verstanden, drei Fragen beantwortet werden: 1. Was verbindet
Dr. Arndt ({2})
die Länder der Gemeinschaft? 2. Wie wirkt die Gemeinschaft nach außen, und zwar im Guten wie im weniger Guten, im Beabsichtigten wie im Nichtbeabsichtigten? 3. Wie können die Mitgliedsländer, wie können die Neun die gemeinschaftlichen Bindungen stärken und mehren?
Gemessen an der Verhandlungslage im Sommer und im Frühjahr vor Kopenhagen ist dies etwas, und etwas heißt, gemessen an dieser Verhandlungslage, sehr viel. Aber gemessen an den Wünschen und Zielen der Sozialdemokratischen Bundestagsfraktion ist es doch nur wenig. Denn diese Wünsche und Ziele hat der letzte Parteitag der SPD in Hannover wie folgt umrissen:
Die Fortführung der westeuropäischen Einigung in der Europäischen Gemeinschaft ist unverzichtbarer Bestandteil sozialdemokratischer Politik. Dies ist der Weg zu den Vereinigten Staaten von Europa.
Das ist nicht Ziel der SPD allein. Die SPD teilt es mit einer sehr großen Mehrheit der Bevölkerung und mit den anderen sozialdemokratischen Parteien der Europäischen Gemeinschaft. Deren Vorstände und Delegierte haben auf ihrem Parteitag, dem Europakongreß in Brüssel im Juni 1971, dekretiert, „daß die mit europäischen Verträgen begonnene Integration bis zur Vollendung in den vereinigten Staaten von Europa als einem föderalistischen Bundesstaat fortgesetzt werden muß. Wir lehnen jede Form der Delegation ab, deren Zielsetzung lediglich ein Staatenbund wäre." Das sind die Maßstäbe der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion und der sozialistischen Fraktion des Europäischen Parlaments. Daran messen wir und danach arbeiten wir. Diese Arbeit in der Westpolitik ist Zentimeterarbeit, aber wir lassen das Ziel nicht aus dem Auge.
Wir lassen es auch in einem anderen Bereich der Außenpolitik nicht aus dem Auge, in dem es sich um Millimeterarbeit handelt. Ich meine den Bereich der Ostpolitik. Herr Professor Carstens, daß Leistung und Gegenleistung bei den Verträgen und im Vollzug der Verträge nicht ausgewogen seien, ist eine bloße Behauptung.
({3})
Sie können sie nicht beweisen. Niemand kann das beweisen; denn alles, was Sie konstruieren können, ist eine Momentfotografie, die Sie daran messen, was auf Grund der Verträge möglich ist, und nicht daran, was Ihre Politik vorher überhaupt für eine Ausgangslage geschaffen hatte.
({4})
Aber weiter auf der Suche nach der europäischen Identität: Was verbindet uns in Europa? In der Erklärung der Bundesregierung antwortete Herr Bundesminister Scheel: Wir bekennen uns zu gemeinsamen Werten der europäischen Geschichte und Kultur, zu demokratischen und freiheitlichen Prinzipien, zum Rechtsstaat, dem Ideal der sozialen Gerechtigkeit und der Wahrung der Menschenrechte. - Diese Antwort akzeptieren wir Sozialdemokraten voll.
Eine Akzentuierung kann jedoch hilfreich sein, hilfreich für den zweiten Maßstab, mit dem diese Fraktion, für die ich hier sprechen darf, auf der Suche nach dem Inhalt Europas vorzugehen hat. Dieses Ziel ist in einem Satz niederzulegen. Der Satz heißt: „In allen Ländern unserer Gemeinschaft muß sich der arbeitende Mensch gleichermaßen sicher und geborgen fühlen." Gesagt hat ihn Herbert Wehner auf eben jenem Brüsseler Kongreß der europäischen Sozialdemokraten, übrigens in seiner Person Brüssel und Hannover verbindend, ein Beispiel für die europäische Identität der Sozialdemokraten.
In allen Ländern unserer Gemeinschaft muß sich der arbeitende Mensch gleichermaßen sicher und geborgen fühlen: Das verstehen wir unter Lebensqualität. Es schließt die laufende Verbesserung der materiellen Lage ein. Das ist für die Deutschen wichtig, für die anderen Länder der Gemeinschaft aber noch wichtiger. Es greift aber über die Entwicklung des Lebensstandards, der Möglichkeit der Verfügung über zu kaufende Güter weit hinaus, denn .es meint Vollbeschäftigung für jeden, der arbeiten will, und es meint die dazugehörige Wirtschaftspolitik. Es meint soziale Sicherung im Alter und vor vielen Fährnissen des Lebens, meint den Ausbau der Europäischen Gemeinschaft zur Sozialunion. Es meint auch Arbeitsbedingungen, Arbeitsrecht, Mitverantwortung und Mitbestimmung, nicht nur für den arbeitenden Menschen in seinem Lande, sondern auch für die Gastarbeiter der Europäischen Gemeinschaft in den anderen Mitgliedsländern oder, wie es in der dortigen Terminologie heißt, für ihre Wanderarbeitnehmer. Letztendlich schließt diese Definition europäischer Lebensqualität, die Definition europäischer Identität ein, daß sie nach außen abgesichert wird.
Was heißt das? Zur Lebensqualität gehört für den Menschen in Europa erst einmal, auch am Leben zu bleiben. Das heißt nach Lage der Dinge Friedenspolitik, es heißt - wenn man nicht Utopien über die Weltlage nachgeht - Verständigung mit der Sowjetunion, mit den Völkern Osteuropas, mit der Deutschen Demokratischen Republik. Ein Verzagen in dieser Millimeterarbeit führt in eine Politik der außenpolitischen Experimente, in eine Politik des Abenteuers. Aber Absicherung nach außen heißt für den arbeitenden Menschen in allen Ländern der Gemeinschaft auch, bereit zu sein und Opfer dafür zu bringen, diese Lebensqualität zu verteidigen, um nicht andere in .beides, in Experimente und Abenteuer, hineinzulocken.
Die zweite Antwort, nach der gesucht wurde auf die Frage nach der europäischen Identität, war: Wie wirkt die EWG der Neun nach außen? In der Regierungserklärung hieß es: „Das Europa der Neun ist nach Bevölkerungszahlen und wirtschaftlichem Gewicht ein Machtfaktor, der sich an den USA, der UdSSR und China messen kann. Dieser Machtfaktor erzeugt weitreichende, weltweite Wirkungen in jeder Hinsicht: in der Wirtschaft, in Währungsfragen, in der Politik ..." Es erzeugt Wirkungen aber besonders in den Bereichen von Wirtschaft und Währung, also dort, wo die gemeinschaftliche Politik bereits große Fortschritte gemacht hat.
Dr. Arndt ({5})
Dieses Westeuropa der Neun entscheidet mit seiner Wirtschaftspolitik über Wohl und Wehe manches benachbarten Landes, nicht nur manches benachbarten mediterranen Landes. Ob dort Vollbeschäftigung, wirtschaftliches Wachstum, Preisstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht überhaupt erreichbar sind, entscheidet die Europäische Gemeinschaft für sie mit, ohne Absicht, manchmal sogar ohne sich dessen bewußt zu sein. Wo die EG- Wirtschaftspolitik noch höchst unvollkommen koordiniert ist, im nichtmonetären Bereich der Konjunkturpolitik, entscheiden de facto einige Mitgliedsländer der Neun.
Das weiß man außerhalb der EG. Die Sozialdemokraten hoffen, daß ein Satz in der Erklärung von Herrn Minister Scheel auch für die Zukunft gilt, nämlich der Satz, daß „die Neun jetzt wissen, daß sie, wenn sie nicht selber bereit sind, gemeinsam zu weltpolitischen Problemen Stellung zu beziehen, durch Druck von außen dazu gezwungen werden". Es ist so, daß der relativ Reiche in dieser Welt wirtschaftlich Vorleistungen bringen muß.
Wie ist es in den Währungsfragen geschehen? Ohne das gemeinsam Floaten des europäischen Hartwährungsblocks, ohne die voraufgegangenen mutigen Beschlüsse der Bundesregierung in diesen Währungsfragen wäre ein Handelskrieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika wohl schwer vermeidbar gewesen. Das sollte die Opposition doch werten. Jetzt, wo die Währungspolitik die Hauptlast der amerikanischen Genesung trägt und tragen kann, ist Spielraum für abgewogene Übereinkünfte im GATT und für eine gute Weltwährungsreform gewonnen. Sicherlich wird es noch einige Zeit brauchen, bis innerhalb und außerhalb der USA auch geglaubt wird, daß die defizitäre Position dieses Landes der Vergangenheit angehören wird. Aber diese Zeit wird vorübergehen, und die USA werden dann imstande sein, gegenüber Europa, gegenüber Japan, gegenüber den Entwicklungsländern aus einer Position der Stärke zu verhandeln, und das heißt, konzessionsbereit zu verhandeln.
Und die Neun gegenüber den Entwicklungsländern? Hier sollte es heißen: Nullzölle, wo immer möglich, und Abbau sämtlicher Handelshemmnisse in möglichst kurzer Zeit.
Was heißt aber: die Neun nach außen in der Energiepolitik gegenüber den Erdölländern? Ist da nicht eher eine Umkehrung der Machtverhältnisse entstanden und vorhanden? Driften diese nicht in eine Politik der Experimente und des Abenteuers? Auch dort sollte die Bundesregierung und sollte die Europäische Gemeinschaft in den nächsten Jahren eine Politik der äußeren Absicherung an die erste Stelle stellen. Die heimischen Energiequellen müssen unter diesen Umständen eine gewisse Priorität bekommen, auch wenn dies zunächst teuer aussieht, und es werden, so fürchte ich, nicht alle Wünsche des Umweltschutzes auf diesem Gebiet im Augenblick zu erfüllen sein.
Die dritte Frage war: Wie können wir die gemeinschaftlichen Bindungen stärken? Nun, da kann nicht das Ziel sein, alles Vereinbarte unveränderlich
bleiben zu lassen. Die Reform der Agrarpolitik ist dankenswerterweise erwähnt worden. Sie ist deshalb notwendig, weil mit dem gleichen Aufwand - und realistisch gesehen wird das heißen, mit gleichem steigendem Aufwand - für die Landwirtschaft mehr zu erreichen ist, wenn man die Nuancen anders setzt. Außerdem darf das Instrument der Ausfuhrerstattungen nicht die Märkte anderer ruinieren, die vom Agrarexport leben oder, wenn es Entwicklungsländer sind, in Zukunft davon leben wollen.
Es geht nicht um eine Verringerung des finanziellen Engagements. Westpolitik kostet Geld. Agrarfinanzierung, in Zukunft Regionalfinanzierung, weiterhin Devisenausgleich für den wir in Europa ja fast allein die Last tragen -, diesen Einsatz wollen wir leisten. Aber was den EWG-Gemeinschaftshaushalt anbelangt: 1974 wird er vielleicht 22 Milliarden DM erreicht haben, 22 Milliarden DM ohne parlamentarische Kontrolle, auch ohne stabilitätspolitische Kontrolle. Hier ist ein wirklicher Schattenhaushalt, im Schatten der stabilitätspolitischen und der politischen Entscheidungen der Parlamente, ein Haushalt mit einem Maximum von Expansion und einem Minimum an öffentlicher Kritik.
Das Europaparlament hat kein Entscheidungsrecht, und die nationalen Parlamente haben die Entscheidungen als nahezu unabänderlich, „weil für Europa", hinzunehmen. Das schafft auf die Dauer einen autoritären Herd inmitten der Europäischen Gemeinschaft durch die Gemeinschaft, der nicht geduldet werden kann und der von der sozialistischen Fraktion im europäischen Parlament auch nicht geduldet werden wird. Dafür mag nur der Name von Georges Spinale stehen, des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Abgeordneten aus Südfrankreich, der sich unermüdlich dafür einsetzt, daß die Haushaltsrechte des Europäischen Parlaments erweitert werden, und Ministerrat und Kommission zu den Verpflichtungen stehen, bei den Eigenmitteln der Europäischen Gemeinschaft auch budgetäre Kontrollen durch das Europaparlament möglich zu machen.
Er wird sich mit seinen Zielen nicht rasch durchsetzen können; heute nicht und 1974 nicht. Danach müßte er sich durchsetzen, und wir bitten dieses Parlament und die Bundesregierung, daß der finanzielle Einsatz für das Europa, dessen Identität in der Regierungserklärung so trefflich definiert worden ist - Rechtsstaat, freiheitlich -, kontrolliert wird. Wenn die EG völlig über Eigenmittel disponieren kann, muß ein echtes Budgetrecht des europäischen Parlaments durchgesetzt sein. Bis dahin wird man sich mit so etwas wie einer zweifachen Lesung, d. h. einer Meinungsäußerung mit dem doppelten Nachdruck, zufriedengeben müssen. Aber auch das wäre viel gegenüber heute; freilich nicht genug, gemessen am Ziel.
Westpolitik kostet Geld, und die Industrialisierung Osteuropas wird ebenfalls nicht ohne finanzielles Engagement möglich werden. Herr Wolff von Amerongen, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, hat gestern gemahnt, daß derartige Kredite nicht in die Nähe von Reparationen
Dr. Arndt ({6})
kommen dürften. Das ist sehr richtig. Aber sie sollten auch nicht in die Nähe einer Absatzfinanzierung für unsere Industrie kommen. Sie sollten nicht in die Nähe des berühmten, traurig-teuren Buttergeschäfts mit der UdSSR kommen oder, wie man es auch ausdrücken kann, nicht in die Nähe unvermeidlicher Aktionen der Kapitalverwertung im krisenbedrohten Kapitalismus. Dann wäre der Einsatz dieser finanziellen Mittel nutzlos, fruchtlos, vergeblich.
Aber vielleicht zeigt die Entwicklungspolitik der Bundesregierung einen Ausweg: Engagement, aber möglichst ohne Lieferbindung.
Und das Wichtigste in diesem Bereich der auswärtigen Beziehungen: kein Nachlassen in der Verständigungs-, der Friedens-, der Sicherheitspolitik gegenüber den Völkern Osteuropas. Die SPD-Fraktion wünscht weiteren außenpolitischen Spielraum für diese Bundesregierung, und sie wird Ihren Versuchen, Herr Staatssekretär a. D. und Herr Fraktionsvorsitzender, entgegentreten, diesen Spielraum wieder einzuschnüren zu suchen.
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Sie will keine Erneuerung der außenpolitischen Isolierung, in der sich diese Bundesrepublik Deutschland einmal befand, kein Zurück zum Tiefstand von 1966, zur Talsohle in Innen- und Außenpolitik.
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Ich erlaube mir auf Grund und wegen der Heftigkeit Ihrer Attacken, die Sie mit einer seltsamen, nebelhaften generellen Befürwortung dieser Politik nach Osten und nach Westen verbunden haben, mit Genehmigung der Frau Präsidentin aus einem Interview zu zitieren, das ein französischer Wissenschaftler und Publizist, Raymond Aron im „Spiegel' gegeben hat, wo der „Spiegel" ihn nach einigen Kreuz- und Querfragen in die Lage versetzte, darauf zu antworten, warum die französische Politik unter de Gaulle nach außen viel erfolgreicher gewesen zu sein schien als unter
Er, nämlich Präsident de Gaulle, „konnte diese Politik nur betreiben, solange Amerika in Vietnam verstrickt war und die Bundesrepublik keine Außenpolitik hatte". Keine Außenpolitik hatte die Bundesregierung bis zum Winter 1966/67; sie hatte sie nicht - so ist der Publizist und Soziologe wohl zu interpretieren - unter der Regierung Erhard, dem damaligen Bundesaußenminister Schröder und dem ihm zur Seite stehenden Staatssekretär Professor Carstens.
({0})
Beim historischen Augenblick" danach - ich finde, das ist ein gutes Wort beklagen Sie, daß die Bundesregierung nicht genug Kapital aus ihm geschlagen habe. Das ist eine Klage, die Sie im Augenblick nicht beweisen können; denn der Vertrag soll eine Politik erlauben, er allein ist nicht die Politik. Diesen historischen Augenblick hätte es bei einer Verlängerung der damaligen Außenpolitik, die eben keine war, gar nicht erst gegeben.
({1})
Ich überlasse es Ihnen, sich auszumalen, in welcher Rolle sich West-Berlin heute mit der damaligen Politik befunden hätte, in welcher Rolle sich auch die sowjetischen Intellektuellen befunden hätten. Denn ich sehe kein Indiz dafür, daß es ihnen damals oder gar in der unmittelbaren Nachkriegszeit besser ging. Wir wissen, in der UdSSR wird das Bücherpublizieren und das Bücherlesen rationiert. Das ist eine Welt entfernt von unserer Lebensweise, für die wir eintreten, die wir verteidigen wollen, die wir ausbauen wollen. Aber sie zu ändern, auch für die UdSSR zu ändern, das geht sicherlich wohl nicht mit außenpolitischer Konfrontation. Es geht vielleicht mit Entspanung - auch das ist nicht sicher , aber es wäre ein sehr gutes und erfreuliches Nebenprodukt von Entspannung.
Seit 1967 haben wir also wieder Außenpolitik und das in zunehmendem Maße, Herr Bundeskanzler und Herr Bundesaußenminister. Die sozialdemokratische Fraktion ist dieser Außenpolitik noch lange nicht überdrüssig.
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Sie sieht die Bundesrepublik Deutschland als einen Teil dieser Welt, Teil des Atlantischen Bündnisses, der westeuropäischen Einigung und als Teil der gesamteuropäischen Verständigung, sieht die Bundesregierung nicht außerhalb dieser Welt. Nicht als einen Staat, der für sich allein Politik machen kann, Politik machen darf. Sondern als einen Staat, der in höchstem Maße das aufzunehmen hat, was um ihn herum vorgeht, und der sich dabei leider auch nicht nach einem einzigen Partner in diesem europäischen Part - sprich: Frankreich - richten kann. Der Französischen Republik gebührt im europäischen Konzert ein herausragender Platz, ebenfalls in der Europäischen Gemeinschaft. Das ist unbestritten. Aber Europa kann sich auch dann nicht bilden, wenn acht einem zu folgen haben. Wir haben beste Anzeichen und damit bin ich wieder bei Kopenhagen und seinem Verhandlungserfolg daß Geduld, moralisches Engagement und auch Bereitschaft zu Opfern der Bundesrepublik und dem deutschen Volk Fortschritte in der europäischen Identität, im Geborgensein und Sichersein bringen können und bringen werden.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Achenbach.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten dankt dem Herrn Bundesaußenminister für seinen überaus klaren und einprägsamen Bericht. Wenn wir die Ergebnisse, die er hier vorgetragen hat, vergleichen mit den Unkenrufen der letzten Monate, so können wir, glaube ich, alle sagen: Wir sind jetzt wieder in der Lage, die Dinge in den richtigen Proportionen zu sehen.
Als ich seinerzeit die Ehre hatte, hier als Berichterstatter zu dem Vertrag mit der Sowjetunion zu sprechen und später auch zum Grundvertrag, habe ich immer wieder unterstrichen, daß eine Außenpolik langfristig nur dann Erfolg hat, wenn sie redlich, wenn sie zuverlässig und wenn sie beharrlich ist. Ich stehe nicht an, der Bundesregierung zu bescheinigen, daß diese Eigenschaften in den letzten Jahren ihre Außenpolitik gekennzeichnet haben.
Ich will jetzt nicht auf die Einzelheiten der Ergebnisse von Kopenhagen eingehen; das wird mein Kollege Bangemann nachher im einzelnen tun. Aber ich möchte mich doch etwas mit dem beschäftigen, was Sie, Herr Kollege Carstens, ausgeführt haben.
Zunächst freue ich mich festgestellt zu haben, daß dieses Hohe Haus in weiten Teilen doch in vielen entscheidenden Punkten eine gemeinschaftliche Außenpolitik betreibt. Sie wissen, vor fünfzehn Jahren habe ich hier gefordert und darauf bestanden, nach Möglichkeit eine gemeinschaftliche Außenpolitik zu machen, weil eine solche im internationalen Leben eben doch ein stärkeres Gewicht hat. Ich bin mit Ihnen einig, daß es richtig war, die Kissinger-Anregung vom April positiv aufzugreifen und sich eben in Kopenhagen zu einigen auf einen konstruktiven Dialog mit den Vereinigten Staaten. Ich bin besonders erfreut, daß Sie, Herr Carstens, gesagt haben, die CDU wolle die Bemühungen zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Ost und West unterstützen. Das scheint mir wesentlich zu sein.
Anschließend haben Sie fünf Forderungen formuliert.
Die erste Forderung war die, diese Politik der Entspannung, diese Politik der Verbesserung der Beziehungen zwischen Ost und West müsse ausgewogen sein. Ja, wer könnte dem nicht zustimmen? Nur ist, wie der Kollege Arndt mit Recht gesagt hat, die Aussage, diese Politik sei bis jetzt nicht ausgewogen gewesen, eine reine Behauptung. Wir sind eben der Meinung, sie war sehr ausgewogen. Ich bin gern bereit, darauf im einzelnen einzugehen. Aber ich glaube, das ist heute nicht am Platze. Letzten Ende gehört es vielleicht ein bißchen auch zum demokratischen Spiel, daß die Opposition nicht zugeben kann, daß die Regierungspolitik wirklich ausgewogen ist; aber für ihre Haltung nimmt sie das natürlich in Anspruch.
Dann kommt der zweite Punkt, den Sie angeschnitten haben. Sie haben unterstrichen, daß die deutsche Frage offengehalten werden soll, daß auch das deutsche Volk einen Anspruch auf Selbstbestimmung und staatliche Wiedervereinigung hat. Nun, Herr Carstens, in diesem Zusammenhang darf ich Sie wirklich an die Debatte erinnern, die wir hier über den Grundvertrag hatten. Wer hat denn bezweifelt oder in der Richtung Zweifel gesät, als könnten vielleicht bei uns Ideen vorhanden sein, wir würden diese Ansprüche, die uns im Pariser Vertrag von unseren Westalliierten zugestanden worden sind, jemals aufgeben? Damals im Bundesrat hat die Mehrheit erklärt, der Vertrag könne in der Weltöffentlichkeit als ein Einverständnis der Deutschen mit der ihnen aufgezwungenen Teilung verstanden werden. Etwas Ähnliches sagte damals
der Herr Barzel. Und ich habe doch damals - ich darf das mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin, zitieren, auch wenn es diesmal von mir selber ist - hier mit aller Deutlichkeit gesagt, es ist abwegig, eine solche Vermutung zu haben, und noch abwegiger, sie auszusprechen. Und wir haben hier ganz klar erklärt, daß diese Bundesregierung diesen Zielen selbstverständlich anhängt und daß sie eigentlich doch überhaupt erst die Voraussetzung dafür geschaffen hat, daß eine gewisse Chance besteht, sie zu erreichen. Denn bisher ist das nicht möglich gewesen, und zwar auf Grund der Tatsache, daß eben im Kalten Krieg zwischen Ost und West wegen des allgemeinen Mißtrauens überhaupt nichts zu erreichen war. Es wäre also besser, wenn wir, statt uns hier gegenseitig zu verdächtigen, gemeinsam versuchten, nunmehr in einer Atmosphäre des Gesprächs, in einer Atmosphäre der Entspannung gemeinsam unser Anliegen vorzutragen.
Sie haben dann von den Menschenrechten gesprochen und davon, daß diese Politik selbstverständlich den Menschen dienen solle. Ja, meine Damen und Herren, in diesen Punkten gibt es doch nun, wie ich hoffe, in diesem Hause überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten, nicht wahr? Herr Carstens, Sie werden mir doch wohl nicht behaupten wollen, Sie seien mehr für die Menschenrechte als etwa ich oder andere Kollegen in diesem Hause. Hören wir also doch mit dieser leichten Polemik auf, denn es lohnt nicht. Wir wollen selbstverständlich, daß die Prinzipien der UNO-Charta, die ja gerade auch diese Menschenrechte verteidigen, in möglichst breitem Umfange überall gelten, und wir sollten uns hier nicht gegenseitig daran ergötzen, daß jeweils der eine meint, er sei mehr dafür und der andere weniger.
Dann die vierte Forderung: West-Berlin muß einbezogen werden. Ja, in bezug auf diesen Punkt kann man doch nun wirklich der Bundesregierung und gerade auch dem Bundesaußenminister und dem Bundeskanzler keine Vorwürfe machen. Sie werden doch nicht bestreiten wollen, daß jetzt die Position von Berlin immerhin etwas sicherer ist als vor einigen Jahren. Die Bundesregierung bemüht sich doch mit allen Kräften, dies auszubauen, und das sollte auch in der Atmosphäre einer fortschreitenden Entspannung gelingen.
({0})
Jedenfalls ist auch das ein Thema, das wir hier nicht zerreden sollten.
Nicht zuletzt sprachen Sie, Herr Carstens, von den Tagungen der Fraktionen in Berlin. Nun sollten Sie nicht meinen, Sie müßten uns auffordern, das zu tun. Wir gehen demnächst auch dorthin, das ist ganz selbstverständlich. Wir sollten aufhören, zu sagen: der ist deshalb mehr für Berlin, weil er häufiger hingeht. Davon kann ja keine Rede sein. Wir wollen Berlin selbstverständlich gemeinsam verteidigen.
Nun darf ich noch auf den fünften Punkt zu sprechen kommen, der mich besonders beschäftigt. Sie, Herr Carstens, der Sie unzweifelhaft eine gewisse Erfahrung in außenpolitischen Dingen haben, haben von der Priorität des westeuropäischen Bündnisses
gegenüber der Entspannung gesprochen. Das Problem stellt sich doch gar nicht so! Wir haben doch im engsten Einvernehmen mit unseren westeuropäischen Verbündeten - das ist in Kopenhagen wieder unterstrichen worden - diese Entspannungspolitik betrieben, und dies wird auch sicher, wie ich zu wissen glaube, demnächst in der gemeinschaftlichen amerikanisch-europäischen Erklärung zum Ausdruck kommen.
Da Sie Jurist sind und wissen, daß man Probleme dann, wenn sie sich nicht stellen, nicht diskutieren soll, möchte ich Ihnen sagen, daß Sie Ihren Ausführungen da einen kleinen Dämpfer aufsetzen sollten. Es war ganz nett, daß Sie sich hinsichtlich der Neutralitäts-Tendenzen so verhalten haben, indem Sie gesagt haben, Sie beschuldigten die Regierung nicht, sondern Sie hätten nur leichte Verdachtsmomente. Vielleicht könnten Sie einmal aufhören, diese auszusprechen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Achenbach, würden Sie bereit sein, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich nicht nur von der Priorität des Bündnisses, sondern auch von der Priorität der westeuropäischen Einigung gegenüber der Entspannungspolitik gesprochen habe und daß sich darauf meine Argumentation bezog?
Diese Zwischenbemerkung verstehe ich nicht. Weil ich das, was Sie gesagt haben, ganz genau verstanden habe, habe ich gesagt: Da das westeuropäische Bündnis diese Entspannungspolitik gemeinsam betreiben will, besteht doch gar kein Anlaß, hier von irgendwelchen Prioritäten zu reden.
({0})
- Gut, also - Ich komme dann noch auf den Punkt zu sprechen, den Sie ebenfalls angeschnitten haben, nämlich den, daß es demnächst Verhandlungen über einen Versuch geben wird, zu Abrüstungsergebnissen zu kommen. In Wien ist bereits verhandelt worden; das wird demnächst fortgesetzt.
Und dann haben Sie auf Frankreich abgehoben und gesagt, es sei bedauerlich, daß Frankreich bei diesen Verhandlungen dort nicht vertreten sei. Dieses Bedauern, Herr Carstens, teile ich in vollem Umfang. Aber das ist doch nun beim besten Willen nicht die Schuld der Bundesregierung! Hier möchte ich Sie herzlich einladen, daß wir uns gemeinsam bemühen, unseren französischen Verbündeten - das Bündnis mit Frankreich bleibt für uns alle ein Eckpfeiler unserer Außenpolitik - klarzumachen, daß, wenn wir uns jetzt um eine gemeinschaftliche Außenpolitik bemühen, diese, wie Sie mit Recht gesagt haben, eben auch eine sicherheitspolitische Komponente hat. Ich glaube sagen zu dürfen, daß es viele Leute in Frankreich gibt, die dies begreifen. Ich kann nur hoffen, daß wir gemeinsam die Franzosen davon
überzeugen - im Europäischen Parlament wird das auch immer wieder versucht -, daß eine gemeinschaftliche europäische Außenpolitik selbstverständlich auch eine Einigung in Sicherheitsfragen voraussetzt - und darum werden wir uns bemühen.
Ich will Sie, meine Damen und Herren - auch nach den Ausführungen des Kollegen Arndt -, nicht mit weiteren Einzelheiten langweilen. Ich will nur sagen: ich habe den Eindruck, daß diese Bundesregierung sowohl die Politik -der europäischen Einigung als auch die vernünftige Politik der Entspannung und der Verbesserung der Beziehungen zwischen Ost und West redlich, zuverlässig und beharrlich betrieben hat. Wir sind überzeugt, sie wird sie fortsetzen. Wir alle sollten sie wenigstens auf diesem Sektor unterstützen.
({1})
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte in diesem Augenblick nur zu zwei Punkten Stellung nehmen der Bundesaußenminister wird sich im weiteren Verlauf der Debatte äußern -, die Herr Dr. Carstens in seiner Rede behandelt hat, nämlich einmal zur Frage der Menschenrechte in anderen Staaten und zweitens zum Neutralismusverdacht, wenn ich so sagen darf.
({0})
Was den ersten Punkt angeht, so habe ich den Eindruck bekommen, wenn ich mir im Zusammenhang vorstelle, was am gestrigen und heutigen Tage gesagt worden ist - gestern an anderer Stelle und heute hier -, als ob Herr Dr. Carstens meinte, wir sollten und dürften uns in bezug auf die Menschenrechte in anderen Staaten mehr zutrauen und den Mund voller nehmen als unser Hauptverbündeter, die Vereinigten Staaten von Amerika. Was will ich damit sagen?
Ich habe mich gestern auf der Pressekonferenz - ich weiß nicht, was Sie daraus zitiert gesehen haben, Herr Dr. Carstens - unter anderem auf das gestützt - das ist nur ein Teil meiner Argumentation, aber ein Teil, den ich dem Hohen Hause nicht vorenthalten will -, was der schon mehrfach von Ihnen auch positiv zitierte Dr. Henry Kissinger am 7. September vor dem Auswärtigen Ausschuß des Senats ausgeführt hat. Dr. Kissinger sagt nach dem Bericht unserer Botschaft in Washington, auch er sei über die Verletzung von Grundrechten in der Sowjetunion persönlich sehr betroffen; aber als Staat müßten sich die USA entscheiden, ob sie ihr wichtigstes Ziel darin sähen, die innere Struktur anderer Staaten im Sinne eigener Wertvorstellungen zu verändern, oder ob sie sich darauf beschränken wollten, die Außenpolitik anderer Staaten zu beeinflussen. Der erste Weg müsse zur massiven amerikanischen Einmischung in die inneren Angelegenheiten vieler Länder führen, die niemand wünsche. Er könne daher nicht empfehlen, die gesamte amerikanische Außenpolitik gegenüber der Sowjet2756
union von den inneren Verhältnissen in der Sowjetunion abhängig zu machen.
({1})
Dies schließe nicht aus, daß die sowjetischen Führer in geeigneter Weise und bisher nicht ohne Erfolg, so sagt Kissinger, darauf hingewiesen worden seien, daß durch bestimmte sowjetische Maßnahmen die öffentliche Meinung Amerikas negativ beeinflußt werde.
({2})
Er teile die Auffassung, daß eine offene freie Welt höchste außenpolitische Priorität habe, und die USA würden sich z. B. auf der Europäischen Sicherheitskonferenz nachdrücklich für einen verstärkten Austausch von Gedanken und Menschen einsetzen.
Diejenigen, die heute - immer noch Kissinger - die Entspannungspolitik gegenüber der Sowjetunion unter Hinweis auf die inneren sowjetischen Verhältnisse beklagten, hätten noch vor zehn Jahren ständig darauf hingewiesen, daß die internationalen Spannungen der Sowjetunion den Vorwand lieferten, der eigenen Bevölkerung und den Staaten Osteuropas gewisse Freiheitsrechte zu versagen. Die Förderung der Entspannung und das Festhalten an eigenen Prinzipien sei daher der beste Weg, langfristig auch menschliche Erleichterungen zu erreichen.
Soweit der Außenminister der Vereinigten Staaten. Ich habe mich ihm gestern auf der Pressekonferenz angeschlossen und tue das auch ausdrücklich hier jetzt im Deutschen Bundestag.
({3})
Ich selber habe, wie die verehrten Kollegen der CDU/CSU sicher wissen, am vergangenen Sonnabend, am 8. September, gesagt, daß ich mich, und zwar nicht erst seit gestern, mit denen verbunden fühle, die ihrer Überzeugung wegen gefährdet sind, und ich habe hinzugefügt:
Meine Meinung zur Freiheit von Kultur und Wissenschaft ist auch der sowjetischen Führung bekannt. Dies ist kein Stoff für Sensationen.
Und weiter:
Das Gefühl der Verbundenheit mit Menschen, die um ihre geistige Selbstbehauptung ringen, darf uns nicht jene vergessen lassen, die immer noch durch offene Gewalt zu Tode kommen. Gerade eine Politik, die den Frieden zwischen den Staaten sicherer macht, hat sich stets bewußt zu sein, wie weit der Abstand noch ist zwischen der heutigen Wirklichkeit und einer wahrhaft friedlichen Welt.
Der Kollege Carstens sollte aus seinen eigenen Erfahrungen wissen, daß es einen Unterschied gibt zwischen Leisetreterei im Kanzlistenstil, der zu anderer Zeit üblich gewesen sein mag, und jener Methode, die auf leisere Art wirkt. Es geht um Menschen und nicht um den Nachweis moralischer Lautstärke, meine Damen und Herren!
({4})
Das Schicksal bedrängter Menschen taugt nicht zum Propagandamanöver.
({5})
Herr Carstens weiß im Grunde gut genug, wie sich eine Regierung aus ihrer Verantwortung verhalten muß. Mit Demonstrationen einer schizophrenen Argumentation macht er nicht mich, nicht die Bundesregierung,
({6})
sondern sich selbst und die Opposition unglaubwürdig.
({7})
Es geht nämlich, ich sage es noch einmal, um humanitäre Fragen und nicht darum, parteipolitische Punkte zu gewinnen.
({8})
Nun ist in dieser Debatte - und öfter noch draußen, ja selbst gegenüber dem Ausland - ein Stichwort genannt worden, das besser nicht in die internationale Diskussion geschleust worden wäre, weil es ein Stichwort ohne Wirklichkeit ist, weil es nur Schaden stiften kann und vielleicht schon Schaden gestiftet hat. Ich meine jene Lieblingsformel Professor Carstens, die Neutralismus heißt. Man kann ein Gespenst auch herbeireden.
({9})
Das geschieht, wenn ohne Grund, aber mit Konsequenz seit Wochen immer wieder von Besorgnissen fiber einen möglichen neutralistischen Kurs der Bundesrepublik Deutschland geredet wird
({10})
oder wenn man in amerikanischen Zeitschriften, Herr Carstens, mit dem Gedanken herumspielt, die Bundesrepublik könne die westliche Allianz verlassen.
({11})
Solche Operationen sind leicht durchschaubar: man schafft einen Popanz, um auf ihn eindreschen zu können.
({12})
Ich sage dazu: dieses leichtfertige und polemische Spiel mit Worten und Gespenstereien widerspricht den Interessen der Bundesrepublik Deutschland.
(Beifall bei den Regierungsparteien. ({13})
Es widerspricht den Interessen Europas und der Atlantischen Allianz. Herr Kollege Carstens, ich nenne dies eine kurzsichtige und eine schwer zu verantwortende Taktik.
({14})
In der Debatte vom 10. Mai habe ich hier vor diesem Hause wie oft zuvor und auch oft danach unmißverständlich gesagt: Die Allianz und die Europäische Gemeinschaft sind und bleiben die Basis unserer Politik.
({15})
Gegenüber einer französischen Zeitung habe ich in der vergangenen Woche erklärt:
Die Bundesrepublik wird kein isoliertes Schicksal haben, sie hat sich unlösbar mit der Europäischen Gemeinschaft verbunden.
In allem Freimut sagte ich dort in der französischen Zeitung und wiederhole es hier:
Neutralität ist nichts Böses, wenn wir an Schweden oder an die Schweiz oder an einige andere Staaten denken; einen solchen Weg gibt es jedoch weder für die Bundesrepublik Deutschland noch für Westeuropa insgesamt. Das sich einigende Westeuropa braucht für die absehbare Zukunft den Schutz des Atlantischen Bündnisses ebenso wie die ihm zugrunde liegende Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika.
So weit mein eigenes Zitat.
Nun fahre ich fort: Die Europäische Gemeinschaft von heute und die europäische Union von morgen haben sich auch in einer Politik der friedlichen Kommunikation und des Ausgleichs der Interessen mit unseren osteuropäischen Nachbarn zu bewähren. Die souveräne europäische Union, der wir zustreben, die souveräne europäische Union, die entstehen wird, wünsche ich mir so gefestigt und so einflußreich, daß sie ais eine Friedensmacht über ihr eigenes Schicksal und über ihren eigenen Weg entscheiden kann.
({16})
Der Versuch, meine Damen und Herren, Worte und Taten der Bundesregierung mit Systematik unglaubwürdig erscheinen zu lassen, mag darauf abzielen, diesen Staat politisch oder gar moralisch als neutralitätsverdächtig erscheinen zu lassen. Der Versuch wird nicht gelingen. Aber er geht zu Lasten unseres Landes und damit schließlich auch zu Lasten der Opposition.
({17})
Deshalb meine ich, mit diesem Unfug sollte Schluß gemacht werden.
({18})
Vizepräsident von Hassel: Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Blumenfeld. Für ihn hat seine Fraktion eine Redezeit von 20 Minuten beantragt.
Herr Präsident, ich hatte, als ich mich zu Wort gemeldet habe, vorgehabt, mich mit den Ausführungen des Herrn Bundesaußenministers zu beschäftigen. Das werde ich auch
tun. Aber die Ausführungen, die der Herr Bundeskanzler soeben gemacht hat, veranlassen mich, ihm zunächst einmal unmittelbar einiges zu antworten.
Herr Bundeskanzler, wir empfinden es als bedauerlich, daß Sie auf die logische, nüchterne Argumentenkette, die der Fraktionsvorsitzende Professor Carstens hier vorgetragen hat,
({0})
mit Polemik geantwort und die Probleme der bedrängten Menschen im europäischen Ausland zu einer Frage billiger Parteipolitik hier im Hause gemacht haben.
({1})
Herr Bundeskanzler, Herr Carstens hat - wenn Sie im Protokoll bitte nachlesen wollen ausdrücklich gesagt, daß er Ihnen nicht empfehle und nicht empfohlen habe, etwa auf die Sowjetunion einzuschlagen, so wie es Ihr Kabinettskollege Herr Eppler für richtig hält, auf andere Nationen, die sich kaum wehren können, im Namen der Bundesregierung einzuschlagen,
({2})
sondern Professor Carstens hat an Sie als Bundeskanzler mit der Autorität, die dieses Amt hat und die Sie in dieser Frage als Friedensnobelpreisträger zusätzlich haben, appelliert und die Verpflichtung angesprochen, die Sie nach unserer Meinung dazu hätte veranlassen sollen und müssen, vor Günter Grass und anderen ein deutliches Wort von moralischer Qualität und Bedeutung zu sagen.
({3})
Herr Bundeskanzler, ich darf mich einmal einen Moment daran erinnern, daß sowohl Sie als auch ich in der Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft doch einiges miterlebt haben, Sie außerhalb des Landes, ich innerhalb des Landes, aber gleichermaßen waren wir wie viele andere auch Opfer einer Diktatur. Ihr Sinn für das, was von Herrn Carstens angesprochen worden ist hinsichtlich der in der Sowjetunion verfolgten Menschen, sollte geschärfter sein, Herr Bundeskanzler, als es heute zum Ausdruck gekommen ist.
({4})
Was die Neutralität anlangt - ich weiß nicht, ob nicht noch einer meiner Fraktionskollegen dazu etwas sagen wird : Herr Bundeskanzler, so geht es hier um die Frage, ob eine Entwicklung, die sich in verschiedenen Bereichen abzeichnet - bei uns in unserem Lande, bei Ihnen in Ihrer Partei und Fraktion, aber keineswegs allein -, auch wenn Sie und die offizielle Regierungspolitik das weder wollen noch anstreben, nicht weiter und weiter Platz gewinnt und eines Tages angesichts der Strukturentwicklung für Hegemonialbestrebungen, die wir ja alle miterleben, nicht dazu führen kann und wird, daß in der Tat in Europa sektoral eine neutrale Zone geschaffen wird, die dann unsere Sicherheit und auch unsere politische Zukunftsentwicklung in höchstem Maße gefährden würde.
Ich begreife nicht, Herr Bundeskanzler, daß Sie dies als mögliche Entwicklung einfach von sich wei2758 Deuscher Bundestag - 7. Wahlperiode Blumenfeld
sen und der Opposition unterstellen, sie sehe Gespenster und redete etwas herbei, was in Wirklichkeit und Wahrheit ja bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, diskutiert wird,
({5})
innerhalb der Partei und bei dem Sie sich mit aller Kraft entgegenstemmen, jedenfalls entnehmen wir das vielstündigen Sitzungen, die Sie an den Wochenenden für diese Zwecke Ihrer Partei und Ihren jungen Genossen widmen. Herr Bundeskanzler, es muß schon von Ihrer Seite etwas mehr kommen, etwas mehr an Argumenten und an Substanz, um diese unsere Besorgnis, die wir rechtzeitig anmelden und angemeldet haben, nun beiseite zu räumen.
({6})
Lassen Sie mich jetzt, meine Damen und Herren, zu dem Bericht des Bundesaußenministers zurückkehren, so reizvoll es auch wäre, mich mit meinem geschätzten und verehrten Kollegen Herrn Arndt noch auseinanderzusetzen. Dazu werden wir Gelegenheit haben, Herr Arndt, nicht nur im Europäischen Parlament, sondern wenn wir die Große Anfrage hier im Hause eingebracht haben, um noch einmal viele der Argumente aufzunehmen, die Sie heute angerissen haben. Aber wir wollen keine tiefgehende europapolitische Debatte heute führen, sondern uns mit dem Bericht des Außenministers beschäftigen.
Wenn alle Teilnehmer der Kopenhagener Konferenz darin übereinstimmen, daß die erzielten Ergebnisse einen wesentlichen Schritt auf das Ziel der politischen Union und Zusammenarbeit darstellen, und der Bundesaußenminister nicht nur am Schluß der langen- Konferenztage erleichtert erklärt hat: „Heute ging es wirklich gut." - so habe ich es jedenfalls im Fernsehen vernommen , sondern das auch heute bestätigt hat, dann möchte ich wiederholen und unterstreichen, was unser Fraktionsvorsitzender sagte: die Opposition hat keinerlei Grund, dieses zu bekritteln, sondern freut sich, wenn es ein echter Fortschritt gewesen ist, und freut sich auch über die Bedeutung dieses Ergebnisses in Kopenhagen.
Ist es ein echter Fortschritt, Herr Scheel, frage ich? Dies zu untersuchen, ist im Augenblick sicherlich müßig. Die kommenden Monate werden unter Beweis stellen und zeigen, ob Kopenhagen wirklich mehr gewesen ist als der Pariser Gipfel 1972 mit seinen enttäuschenden Leerläufen und mit der Stagnation in den Monaten danach. Wichtig ist, daß Europa, mit einer Stimme sprechend, nicht nur eine einmalige große Inszenierung für den erwarteten Besuch des amerikanischen Präsidenten in Europa gewesen ist, sondern sich auch in den großen internationalen Verhandlungen der KSZE, der MBFR und der GATT- oder Nixon-Runde, die jetzt gerade begonnen hat, fortsetzt.
Hier wird man Zweifel nicht ganz unterdrücken können, wenn man nachliest, was die einzelnen Außenminister in Kopenhagen im Hinblick auf die europäische Identität - ein Wort, unter dem ich mir noch nicht alles vorstellen kann - und ihre ständige Fortschreibung ausgesagt haben. Das war zumindest recht verwirrend. Was in dem Dokument stehen soll, welches durch den Ratspräsidenten mit der einen europäischen Stimme dem atlantischen Partner als Antwort vorgetragen wird, wissen wir nicht. Herr Außenminister, wir sind neugierig und verlassen uns nicht auf die Zeitungen, die darüber etwas berichtet haben.
Aber eines wissen wir schon mit Gewißheit, nämlich daß die Frage der europäischen Verteidigung und der gemeinsamen Sicherheit in diesem Dokument nicht enthalten sein wird. Herr Scheel hat das ja heute vormittag bestätigt. Solange die neun Regierungen der EG-Mitgliedsländer nicht zu einer gemeinschaftlichen Außenpolitik kommen und somit das Fundament für eine gemeinsame Verteidigungspolitik konkret schaffen wollen, wird Europa unfähig sein, seine Zukunft selbst zu bestimmen und sein Verhältnis zu dem großen Bündnispartner, den USA, neu zu definieren.
({7})
Wir stimmen mit Herrn Scheel darin überein, wenn er darauf aufmerksam macht, daß der Weg zur politischen Union, d. h. zur gemeinsamen Außenpolitik als Fundament für europäische Sicherheit nur schrittweise erreicht werden kann. Herr Außenminister, diese Schritte müssen aber jetzt konkret bezeichnet, terminlich festgelegt werden und unwiderrufbar sein.
Wenn wir den zweiten Bericht der Außenminister an die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EG, im Bulletin vom 8. September, also vor wenigen Tagen veröffentlicht, analysieren, so stellen wir, Herr Bundesaußenminister, mit großem Bedauern fest, daß sich die tägliche und praktische Arbeit in Europa - ich erinnere hier an die verwirrende Fülle von Ministertagungen, politischen Komitees, Korrespondentengruppen, Arbeitsgruppen, ständigen Vertretungen, Botschaften der Mitgliedsländer in den Hauptstädten der Mitgliedstaaten ,der EG und Botschaften in den Drittländern - in keinem einzigen Fall innerhalb einer Gemeinschaftsinstitution vollzieht.
Als Höhepunkt kommen die Außenminister zum Schluß ihres, wenn ich mir diese Anmerkung erlauben darf, nicht gerade sehr bedeutungsvollen Berichts zu der Auffassung, daß die außenpolitische Zusammenarbeit in der Perspektive der europäischen Union stehen muß. In diesem lapidaren Satz gipfelt also das, was sich im Jahre 1980 als politische Union vollenden soll. Hier muß ein offenes Wort konstruktiver Kritik im europäischen Geiste ausgesprochen werden. Die Bundesregierung hat bisher - das ist unsere Auffassung - keine überzeugenden Anstrengungen unternommen, die sich etwa mit der Intensität ihrer Entspannungsbemühungen im Rahmen der Ostpolitik auch nur annähernd vergleichen ließen,
({8})
um die politische Integration in Europa voranzutreiben.
({9})
- Herr Fellermaier, seit den Luxemburger Beschlüssen von 1966 ist seitens der Bundesregierung wirklich noch nichts mit vergleichbarer Intensität unternommen worden, um die fortbestehenden Meinungsverschiedenheiten, z. B. über die Mehrheitsentscheidungen, auszuräumen. Die Bundesregierung versäumt zwar nicht, hervorzuheben, daß die Gemeinschaft zu raschen und wirksamen Entscheidungen befähigt werden müsse, jedoch nimmt sie in Kauf, daß sich die Behandlung z. B. von Kommissionsvorschlägen zunehmend verzögert, was bereits zu einem Rückstau von Entscheidungen geführt hat, der vom Ministerrat in seiner jetzigen Struktur und Arbeitsweise nicht mehr bewältigt werden kann. Mit anderen Worten: Statt dazu beizutragen, den Ministerrat zu einem politischen Gemeinschaftsorgan zu entwickeln, beteiligt sich die Bundesregierung systematisch an der Verfestigung der zwischenstaatlichen Form der Zusammenarbeit.
Kennzeichnend hierfür ist, daß sich der - allerdings von vielen anderen Sorgen und Aufgaben geplagte - Bundesminister Scheel weitgehend persönlich an den außenpolitischen Konsultationen der Mitgliedstaaten beteiligt, während er sich im Gegensatz zu den meisten seiner europäischen Kollegen auf den Tagungen des allgemeinen Rats ebenso regelmäßig vertreten läßt. Mir will dieses Verfahren, Herr Scheel, um so unverständlicher erscheinen, als Sie selbst erklärt haben, Sie verstünden unter der von der Gipfelkonferenz als Ziel gesetzten europäischen Union die politische Union. Denn schließlich verpflichtet der Auftrag der Gipfelkonferenz zur Verbesserung der Kohärenz des gemeinschaftlichen Handelns auch jeden Mitgliedstaat, auf einzelstaatlicher Ebene widerspruchslos zu handeln.
Für die Bundesregierung sollte daraus folgen, daß sich der hinreichend geäußerte Integrationswille des für Europafragen zuständigen Ministers in den Zusammenhalt Europas fördernden Weisungen an seine Beamten niederschlägt. Die Definition des Weges zur politischen Union ausschließlich den gewiß hochbefähigten Beamten der auswärtigen Dienste der Außenministerien der einzelnen Mitgliedstaaten zu überlassen stellt, Herr Außenminister, eine nicht wegzudiskutierende Diskrepanz zu den hohen politischen Erklärungen der Regierungschefs dar und führt dazu, daß sich die Außenminister vor der europäischen Öffentlichkeit das Schauspiel leisten, einmal in Kopenhagen als Außenminister über die politischen Fragen zu sprechen und sich dann gemeinsam in ein Flugzeug zu setzen, um eine Stunde später in Brüssel als Ministerrat zu tagen und dort weitere Beratungen zu pflegen. Gewiß trifft der Vorwurf, hieran schuld zu sein, nicht die Bundesregierung. Aber sie ist mitverantwortlich für diesen auch heute noch völlig unbefriedigenden Zustand der europäischen Integration.
Herr Bundesaußenminister, als ich Sie vorhin so anhörte, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, als ob wir nun unmittelbar in die Phase der heilen Welt eingetreten wären, in der die Probleme alle schon vorweg gelöst sind, auch das Problem, das der Bundeskanzler noch einmal angesprochen hat, der Gefahren der Neutralisierung. Alles sieht gelöst aus. Zur KSZE gehen Sie mit frischem Mut und großem Optimismus, aber wissen doch, daß sich in der Zwischenzeit nicht nur bei uns in der Bevölkerung, sondern auch in weiten Bereichen der europäischen politischen Meinungen, der Parlamentarier, eine Auffassung verfestigt hat, die ich sehr begrüße und die heißt: Wenn in Genf in den entscheidenden Fragen der Freiheit für Ideen, für Menschen, Bewegung und Gedanken nicht der Beweis von der Sowjetunion und ihren Partnern erbracht wird, daß sie es in diesem Punkt ernst meinen, dann sollte man die Genfer Konferenz lieber sehr bald abbrechen.
({10})
Herr Bundesaußenminister, wir haben die Weisheit der Metternichschen Erfahrungen, wie Herr Carstens gesagt hat, schon einige Jahre früher beherzigt. Wir sind froh, daß Sie durch die Heraushebung des Zitats heute unter Beweis stellen, daß das Ihre Linie für die kommenden Verhandlungen sein wird. Herr Arndt hat gesagt, die geschlossenen Verträge seien noch keine Politik, sondern sollten sie erst erlauben. Dazu darf ich allerdings sagen, daß nunmehr langsam sichtbar wird, was diese Politik erlaubt bzw. was sich andere mit dieser Politik erlauben.
({11})
Ich hoffe, Herr Bundesaußenminister, daß die zukünftige Entwicklung unter das Motto gestellt wird: Die Politik wird die Vertragsbestimmungen im einzelnen beeinflussen, und nicht umgekehrt. In diesem Sinne, Herr Bundesaußenminister, wollen wir eben nachstoßen. In einigen Wochen werden wir hoffentlich Gelegenheit haben, uns über die europäische Politik in allen ihren konkreten Bereichen mit der Regierung zu unterhalten. Wir werden unsere Vorschläge vorlegen. Aber erst einmal wollen wir wissen, Herr Minister Scheel, was Sie und die Bundesregierung unter konkretem Ausbau und Ausfüllung der europäischen Politik in der Zukunft verstehen.
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Vizepräsident von Hassel: Das Wort hat der Bundesminister des Auswärtigen, Herr Scheel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie mir erlauben, dann möchte ich schon jetzt, in diesem Augenblick, einige Bemerkungen zu den aufgeworfenen Sachfragen machen. Ich tue das, indem ich Sie um Verständnis dafür bitte, daß ich anschließend die Bank verlassen muß, weil heute der Tag ist, an dem der Herr Bundespräsident das diplomatische Korps empfängt, und normalerweise ist es üblich, daß der Außenminister ihm zur Seite steht. Ich habe ihn schon eine ganze Weile warten lassen müssen.
({0})
Aber wir werden hier, wie Sie wissen, durch meinen Kollegen vertreten sein.
Nun, wenn ich von den Diskussionen zur Sachfrage spreche, so kann ich damit nicht beginnen, ohne zu bedauern, Herr Professor Carstens, daß Sie es sich heute morgen neben vielen sachlichen Bemerkungen doch nicht haben verkneifen können, einige, ich möchte einmal sagen: ältere Kopfbedeckungen hier anzubieten, um den polemischen Ausdruck „alte Hüte" zu vermeiden, nämlich Ihre Bemerkungen über das Ungleichgewicht von Leistungen und Gegenleistungen. Dazu hat Herr Dr. Arndt, so meine ich, sehr Treffendes gesagt. Es ist immer interessant, wer sagt, welche Leistungen überwiegend und welche geringer gewesen sind. Wenn Sie das einmal in der internationalen Presse sehen, dann werden Sie feststellen: Da gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, und das letzte Wort ist noch nicht gesprochen worden. Ich glaube, das kann man auch nicht tun.
Auch Ihre Kritik an der Methode von Verhandlungsführungen ist ja nicht ganz neu. Ich habe es immer noch im Ohr, das „nicht sorgfältig" und „zu hektisch" und „zu schnell". Aber wollen wir denn nicht heute ehrlich genug sein, gerade jetzt in der Rückschau auf die Entwicklungen der letzten Jahre zuzugeben, daß die Periode, in der die Bundesregierung Verhandlungen mit osteuropäischen Staaten geführt hat, der Zeitraum gewesen ist, in dem solche Verhandlungen mit der höchsten Aussicht auf die Wahrung unserer Interessen und auf Erfolg geführt werden konnten? Wer die letzten Monate sorgfältig beobachtet hat, der wird das wohl richtig erkennen und daran auch gar nicht zweifeln. Wir müssen doch einmal das Herz haben, untereinander über diese sehr simplen Tatbestände Einigkeit zu erzielen, zumal ich festgestellt habe, daß die Opposition das Erreichte nicht etwa kritiklos verdammt und auch nicht etwa unterschiedslos kritisiert, sondern zur Grundlage auch ihrer zukünftigen Politik zu machen gedenkt. Da muß man einmal über die Hürde springen und auch die Vergangenheit mit etwas mehr nüchterner Distanz für sich selbst beurteilen können.
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- Natürlich. Sie wissen, die Ausgewogenheit ist das wichtigste Element der Außenpolitik. Ich gehe von der Notwendigkeit der Ausgewogenheit aus.
Z. B. würde es ja auch der Oppositionsfraktion ganz gut anstehen, wenn Sie schon über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und die Interpretation dieses Urteils spricht, anzuerkennen, daß das, was das Bundesverfassungsgericht dort über das Problem der Wiedervereinigung als Wert in unserer Verfassung gesagt hat, nahezu wörtlich von dem Außenminister der Bundesrepublik Deutschland auf der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Helsinki gesagt worden ist. Wir sollten uns das gegenseitig eher einmal bestätigen als der Offentlichkeit gegenüber den Eindruck vermitteln, als ob wir in diesen Fragen gegensätzlicher Meinungen seien. Es gibt ja noch genug Fragen, in denen wir gegensätzlicher Meinung sind, möglicherweise sogar bleiben. Aber die, die wir gemeinsam vertreten können, sollten wir auch so und in dieser Art darstellen.
Nun möchte ich ein paar Einzelfragen in diesem Zusammenhang beleuchten. Zunächst einmal die Einbeziehung Berlins in Verträge. Erstens. Die deutsche Öffentlichkeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viel zuwenig gewußt, wie denn die Verfassungswirklichkeit in Berlin tatsächlich ist. Wir haben uns selbst angewöhnt, Berlin unter Art. 23 des Grundgesetzes zu zählen und ganz ohne besondere Differenzierung zu sagen: Dies ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland. Aber jeder von uns hat gewußt, daß für Berlin dieser Artikel suspendiert gewesen ist. Das müssen wir ja der Öffentlichkeit gegenüber immer wieder erklären, wenn man darlegen will, warum denn Berlin überhaupt ein so großes Problem für uns bildet.
Wir können Berlin eben nicht regieren; das ist wegen der Vorbehalte der Alliierten nicht möglich. Deswegen liegt es auch nicht in unserer Macht, Berlin einzubeziehen, wo immer wir wollen, sondern das konnte nur erreicht werden durch ein Viermächteabkommen über Berlin, das wir allerdings bei unseren jetzigen Vertragsverhandlungen „strikt und vollkommen" - um einmal diesen berühmten Ausdruck zu wählen - angewandt wissen wollen. Da, wo es nicht möglich ist, das ausreichend klar zu vereinbaren, müssen wir dafür sorgen, daß es geschieht, auch wenn das mühselige Verhandlungen erfordert, Verhandlungen, die für beide Seiten nicht einfach sind, wie ich zugeben muß. Das gilt auch für die, die im Augenblick noch von uns geführt werden.
Ich darf noch einmal wiederholen, was ich an anderer Stelle gesagt habe: Ich kenne die Schwierigkeiten auch unserer Partner, und ich verstehe sie. Aber unsere sollten genauso verstanden werden. Wenn das die Grundlage der zukünftigen Gespräche ist, wird man eine Lösung finden, die den Ansprüchen beider Partner gerecht wird.
Das also ist die Frage Berlin. Daß wir, die Bundesrepublik Deutschland, die Interessen Berlins früher, als wir die ersten Verträge mit osteuropäischen Staaten eingeleitet haben, außer acht gelassen hätten, Herr Professor Carstens, können Sie nicht im Ernst sagen. Denn jeder in Deutschland weiß, was am Anfang der Verhandlungen mit der Sowjetunion über unseren deutsch-sowjetischen Vertrag gestanden hat, nämlich das Problem des sogenannten Junktims zwischen diesem Vertrag und Berlin. Es ist doch unter Ihnen nicht unbekannt - Herr Professor Carstens weiß es am allerbesten -, daß das erste, was ich meinem Verhandlungspartner in Moskau präsentiert habe, die Berlin-Frage gewesen ist. Wir haben doch erreicht, daß dieser sachliche Zusammenhang zwischen einer Regelung für Berlin und unserer Vertragspolitik berücksichtigt worden ist. Nichts anderes hat uns vor Augen gestanden, als Entspannungspolitik nicht um Berlin herum zu betreiben, weil wir wissen, daß Berlin für die Entspannung in Europa nach wie vor das Symbol ist. Es war einmal das Symbol für den kalten Krieg, heute ist es das Symbol dafür, wieweit wir bereit sind, Entspannungspolitik in Europa zu praktizieren.
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Nun haben Sie, Herr Professor Carstens, ein zweites Sachproblem hier ausführlich dargestellt, zu dem Sie sich in den vergangenen Wochen zum wiederholten Male geäußert haben, nämlich die MBFRVerhandlungen in Wien, also Verhandlungen um den beiderseitigen ausgewogenen Abbau von Truppen und Waffensystemen in Europa. Die erste Feststellung - mein Kollege Achenbach hat es schon gesagt -: daß Frankreich an diesen Verhandlungen nicht direkt beteiligt ist, bedauert jeder von uns, die Bundesregierung möglicherweise noch viel mehr als die Abgeordneten auch der Oppositionsfraktion. Aber es hat seinen Grund, warum das so ist. Sie werden mir sicherlich zugestehen, daß die Bundesregierung nicht einmal, sondern ununterbrochen und immer wieder den Versuch gemacht hat, den französischen Partner davon zu überzeugen, daß eine intensivere Beteiligung Frankreichs an diesen Verhandlungen nicht für Frankreich allein nützlich sein würde, sondern für uns alle. Aber Frankreich verfolgt in diesem Punkt einfach eine noch aus der Zeit de Gaulles stammende sehr festgefugte Linie. Frankreich ist eben nicht Teil der militärischen Struktur der NATO. Das ist so. Auch das beklagen wir und begrüßen es nicht. Ich komme nachher auf diesen Punkt noch einmal zurück; aber das ist der Grund, warum Frankreich glaubt, an den Verhandlungen in Wien nicht teilnehmen zu können: weil es dabei darum geht, Vereinbarungen zwischen den beiden militärischen Systemen zu treffen, nämlich zwischen NATO und Warschauer Pakt.
Aber, meine verehrten Damen und Herren, das, was dort in Wien verhandelt wird, hat mit Neutralismus oder einer Gefahr des Neutralismus überhaupt nichts zu tun. Wie könnte eine Entwicklung zum Neutralismus führen, die auf der einen Seite vom Warschauer Pakt und seinen Mitgliedstaaten und auf der anderen Seite von der NATO und ihren Mitgliedstaaten verhandelt wird, von denen nicht ein einziger daran denkt, etwa aus der NATO auszuscheiden. Die NATO denkt nicht im Traum daran, uns zu empfehlen, etwa aus der NATO auszuscheiden, sondern hier geht es um gar nichts anderes, als die militärische Konfrontation inmitten Europas durch Verhandlungen um einiges abzubauen, und zwar ausgewogen, d. h. die gegeneinanderstehenden Truppenstärken und Waffensysteme zu kürzen, aber auf ausgewogener Basis, um damit die Sicherheit Europas auf einem niedrigeren Niveau der Rüstung zu gewährleisten. Das ist doch der Hintergrund; das hat mit Neutralität überhaupt nichts zu tun.
Vizepräsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Blumenfeld?
Bitte sehr!
Herr Minister, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß die Ausgangslage für diese MBFR-Verhandlungen in Wien
- das „B" haben die Russen schon wegoperiert -für den Westen eben schon ungünstig ist und nicht nur, weil die Franzosen nicht dabei sind Sie
sagen: nicht direkt dabei sind -, Besorgnisse bestehen, sondern insbesondere, weil die westliche Position aus der Sicht des Ostens eben uneins ist und sie einen großen Erfolg schon erzielt haben, indem sie z. B. den ungarischen Raum aus den Verhandlungen herausgehalten haben? In diesem Zusammenhang darf ich Sie fragen, ob nicht ihre Beweisführung eben wirklich gerade zu der Schlußfolgerung führen muß, daß als Resultat solcher Verhandlungen dieser Blöcke, von denen Sie sprechen, in der Tat eine neutrale Zone herauskommen kann.
Ihre in der Frage liegende Schlußfolgerung oder Vermutung ist nicht logisch. Ich glaube, es wird jedem einleuchten, daß keine neutrale Zone entstehen kann, wenn zwei Bündnissysteme über gegenseitige ausgewogene Minderungen von Truppen und Rüstungen verhandeln,
({0})
von denen niemand die Absicht hat, etwa auszuscheiden. Es bleibt bei der NATO, es bleibt bei dem Warschauer Pakt.
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Ich sehe weiß Gott nicht, wo da die Gefahr bestehen sollte, daß irgendwo eine Zone der Neutralität entstehen könnte.
Herr Blumenfeld, MBFR, so sagen Sie, ist deswegen für uns schon mit einem Minuspunkt versehen, weil zu Beginn keine Einigkeit der westlichen Verhandlungspartner erzielt worden ist. Ich muß gestehen: da scheinen Sie andere Informationsquellen zu haben als ich. Wir haben in Wien unsere Verhandlungsposition im Rahmen der NATO-Beteiligten genauso sorgfältig erarbeitet, wie wir das in Helsinki für die KSZE getan haben. Es gibt eine ganz ausgezeichnete, erarbeitete, aufeinander abgestimmte Positon der westlichen Verhandlungspartner, keineswegs ein Auseinanderfallen. Die Tatsache, daß Frankreich nicht dabei ist, hat mit der gemeinsamen Verhandlungsposition in Wien gar nichts zu tun. Sie hat Gründe, die zu ändern nicht in unserer Macht liegt.
Wie ist denn MBFR überhaupt entstanden? - Es ist entstanden - das weiß Herr Professor Carstens noch aus seiner Zeit als Staatssekretär - durch Anregungen, die aus der Bundesrepublik gekommen sind in der Zeit, in der die Große Koalition in der Bundesrepublik bestand. Wir haben damals, aufhauend auf dem Harmel-Bericht des Jahres 1967, mit unserer Zustimmung in Reykjavik das sogenannte Signal von Reykjavik ausgelöst. Initiativ waren wir, weil wir neben die von der Sowjetunion propagierte Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa etwas Handfestes setzen wollten, um die Spannungen in Europa herabzumindern. Wir wollten eben nicht KSZE mit all den fabelhaften Erklärungen und öffentlichen Veranstaltungen allein lassen, sondern wir wollten die andere Seite auf die Probe stellen, ob Entspannung nicht
auch militärische Entspannung heißen muß. Das war unsere Idee. Und jetzt sind wir mitten drin in den Verhandlungen.
({2})
Ich glaube, meine verehrten Kollegen, daß es ganz abwegig ist, darüber zu sprechen oder auch nur daran zu denken, daß sich daraus eine neutrale Zone ergeben könnte - auch nicht in den praktischen Einzelverhandlungen. Denn eines ist sicher: Die Bundesrepublik Deutschland wird nie über einen Anwendungsbereich der Kürzung von Truppen und Rüstungen verhandeln, der etwa auf der einen Seite nur die Bundesrepublik Deutschland und auf der anderen Seite nur die DDR umfassen würde. Niemals! Der Anwendungsbereich, der geographische Anwendungsbereich, muß natürlich größer sein, um hier nicht etwa einen engen geographischen Raum entstehen zu lassen, der dieser besonderen Kürzungspolitik unterworfen wird.
Ja, wir gehen darüber hinaus. Soweit es sich um die sogenannten Constraints und um andere vertrauensbildende Maßnahmen handelt, möchten wir auch über den Anwendungsbereich, über den für Truppenverminderungen zu bestimmenden Raum noch weiter hinausgehen. Wir möchten zusätzliche Länder mit einbeziehen, immer in der Absicht, nicht einmal den Anschein zu erwecken oder auch nur den leisesten Grund entstehen zu lassen, jemand könnte sich Gedanken darüber machen, daß da etwas entsteht, was diskussionsfähig wäre.
Ich meine, es ist gut, wenn wir uns darüber hier im Deutschen Bundestag klar sind und wenn wir diese Politik, die wir vertreten und die ich ja allwöchentlich und allmonatlich vertreten muß, nicht etwa in Zweifel ziehen, sondern wenn hier im Bundestag alle Parteien die ja von allen Parteien als richtig erkannte Linie als solche auch stützen und das offen sagen, nicht nur in camera caritatis, sondern auch nach draußen in die deutsche Offentlichkeit hinein.
({3})
Vizepräsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten van Delden?
Bitte sehr!
van Delden ({0}) : Herr Minister, bekommt die Gefahr dessen, was Sie eben gesagt haben, nicht dadurch dauernd Nahrung, daß man sich ja schon nicht auf den gemeinsamen Nenner eines Namens für diese Konferenz - über „ausgewogene gegenseitige Truppenreduzierung" - einigen konnte?
Noch haben wir ja mit der Sowjetunion kein Bündnis, so daß wir dort ein bündniseinheitliches Nomenklatur-verfahren entwickeln könnten, sondern das ist der Verhandlungspartner oder ein wichtiger Verhandlungspartner auf der anderen Seite. Man kann in
solchen Verhandlungen naturgemäß nicht ausschließen, daß der auf der anderen Seite Sitzende mit dem, was ich vorschlage, nicht einverstanden ist, aber dies beeinträchtigt doch überhaupt nicht meinen eigenen Willen, das durchzusetzen, was ich mir vorgenommen habe.
({0})
Und wir haben uns vorgenommen: nur „balanced, nur ausgewogen und sonst nichts.
({1})
- Ja, ganz bestimmt!
({2})
- Natürlich steht es drin. Herr Dr. Marx, Sie sind ja doch ein intellektuell redlicher Mann.
({3})
Da steht nicht „banlanced", Herr Dr. Marx, aber da steht: in einer Weise, die für keine der beiden Seiten einen Nachteil mit sich bringen wird. Und dies heißt mit anderen Worten „balanced".
({4})
Vizepräsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Marx? - Bitte!
Herr Bundesaußenminister, darf ich also und dürfen wir alle in Zukunft davon ausgehen, daß der Satzteil „in einer Weise, die ... keine Nachteile mit sich bringt" nicht einen mehr subjektiven Bereich enthält und „balanced" nicht eine mehr objektive Darstellung ist, sondern daß die Formel von Oreanda die Übersetzung von „balanced" ist?
So ist es.
({0})
Herr Dr. Marx, Sie wissen ja, daß wir uns hier in aller Offentlichkeit auch immer sehr vertrauensvoll unterhalten können. Da Sie Ihre besondere Aufmerksamkeit immer auf mögliche feine Unterschiede in verschiedenen Sprachen, die angewandt werden können, richten,
({1})
muß ich Ihnen der Ordnung halber sagen: Wenn Sie die gleiche Frage, die Sie an mich gestellt haben, möglicherweise einmal an einen Sowjetrussen stellen würden, kann es sein, daß sich seine Antwort nicht ganz mit der meinen deckt. Herr Dr. Marx, dies würde mich überhaupt nicht stören. Ich muß wissen, was ich bei meinen Verhandlungen will, und hier kann ich sagen: die Verhandlungen werden von uns und von unseren Partnern in der NATO über ausgewogene Lösungen geführt. Anders kann es auch gar nicht gehen, denn wenn das nicht so wäre, würde das ja bedeuten, daß das bestehende Gleichgewicht in ein Ungleichgewicht verkehrt würde, und ein Ungleichgewicht in der Sicherheitsstruktur Europas ist
die größte Gefährdung der Sicherheit in Europa, die es überhaupt geben kann.
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Nun komme ich zur Frage der Sicherheitspolitik. Beide, Herr Professor Carstens und Herr Blumenfeld, haben bedauert, daß wir im Rahmen der Integration Europas, im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft nicht über Sicherheitsfragen diskutieren. Nun, das hat auch einen ganz objektiven Grund. Sicherheitsfragen sind - für jeden sichtbar - heute Fragen, die im atlantischen Bündnis, in der NATO behandelt werden. Die Römischen Verträge enthalten ja überhaupt keine Bereiche, die an Sicherheitsprobleme auch nur heranreichen würden. Mit dem Beginn der politischen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ist die Frage aufgetaucht, ob nicht am Ende einer solchen politischen Zusammenarbeit auch die Bereitschaft stehen müsse, hinsichtlich der Sicherheitspolitik eine gemeinsame Linie zu entwickeln; das ist absolut logisch.
Es hat einmal einer der Staats- bzw. Regierungschefs, wie ich korrekterweise sagen muß, der neun Mitgliedstaaten in einer Unterhaltung über die Frage, wie sich denn die europäische Union werde entwickeln können, gesagt, daß da am Ende eine Art Regierung entstehen und das letzte wohl ein Außenminister sein müsse. Und dann hat er sich korrigiert und gesagt: Nein, das letzte müsse eigentlich der Verteidigungsminister sein; dies ist die Logik.
Ich darf Sie einmal, meine sehr verehrten Kollegen, an die Diskussion erinnern, die wir in diesem Hause vor vielen Jahren über das geführt haben, was man damals MLF nannte: das war, so will ich es einmal ausdrücken, die multilaterale Atomarmada.
Ich habe damals vom ersten Tage der Diskussion an nicht nur meine Zweifel geäußert, daß dies etwas werden könnte, sondern ich habe massiv Kritik geübt, obgleich ich der Regierung angehörte, in der im übrigen das vertreten wurde. Ich habe massiv Kritik daran geübt, weil ich mir nicht vorstellen konnte, daß irgend jemand die Verantwortung für den Gebrauch von Atomwaffen einem anderen, der auch für sich selbst keine solche Verantwortung trägt, mit übertragen könnte. Das geht nicht; darum ist MLF gescheitert.
Damals kam die Diskussion über die Möglichkeiten der europäischen Atommacht auf. Es tut mir leid, daß Herr Strauß nicht im Saale ist; denn sonst würde er sich jetzt daran erinnern, daß wir uns in dieser Zeit einmal darüber unterhalten haben, weil manche unserer Vorstellungen auf diesem begrenzten Gebiete nicht so weit voneinander entfernt waren - damals.
({3})
Mit anderen Worten, meine verehrten Kollegen: Das Problem der gemeinsamen Sicherheitspolitik spielt natürlich auch eine Rolle
({4})
hinsichtlich der Nuklearpolitik, der Atompolitik, wie es Professor Carstens hier in einem anderen Zusammenhang bei der Entspannungspolitik richtig .gesagt hat, wo sie ebenso wie bei der Ausgewogenheit der Sicherheitsstruktur eine Rolle spielen muß. Hier ist es klar, daß die Diskussion über gemeinsame Sicherheitspolitik erst dann einen Sinn hat, wenn die politischen Voraussetzungen dazu geschaffen sind, d. h. wenn es einen zentralen politischen Willen in Europa gibt. Den muß es geben. Bevor es diesen zentralen Willen nicht gibt, könnte eine Diskussion über diese Frage eher schaden als nützen. Trotzdem wird man in vorsichtiger Form an das Problem herangehen müssen.
Ich darf daran erinnern, daß der französische Außenminister in der sehr kontrollierten Art, in der er seine öffentlichen Äußerungen tut, in der Nationalversammlung in Paris schon vor einigen Monaten - ebenso vorsichtig, wie ich das jetzt auch tue - das Problem der europäischen Sicherheitspolitik in die Debatte geworfen hat, sicher nicht in der Absicht, am nächsten Tage eine lebhafte Diskussion über Einzelprobleme zu entfachen, aber in der Absicht, anzuzeigen, daß in Frankreich ein Denkprozeß im Gange ist, den wir bis dahin vielleicht nur erwartet hatten, vielleicht uns herbeigewünscht hatten, der aber bis dahin noch nicht sichtbar war. Das ist der aktuelle Stand.
Ich will also auf diese komplizierte Frage hier im Plenum so antworten, daß Sicherheitsprobleme in die NATO gehören, daß wir in dem Bereich der politischen Zusammenarbeit aber eines Tages an jenen Reifegrad, den wir erreicht haben, auch hinsichtlich dieser Fragen herankommen werden. Sicher werden sie dann aber konkret zu verhandeln sein, wenn die politische Union Wirklichkeit geworden ist, d. h. wenn wir eine gemeinsame Politik haben, wenn wir den gemeinsamen zentralen Willen haben. Bis dahin bitte ich Sie um Verständnis dafür, meine verehrten Kollegen, daß wir gerade diesen Bereich mit einer gewissen Behutsamkeit behandeln; er bedarf dieser Behutsamkeit.
Vizepräsident von Hassel: Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jäger ({5})?
Bitte schön!
Herr Bundesminister, wenn Sie die Auffassung vertreten, daß Gespräche über Sicherheitsfragen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft erst dann sinnvoll seien, wenn dort ein zentraler politischer Wille in Erscheinung getreten sei, verstehe ich nicht ganz, wie sich die Bundesregierung bei der Verhandlung von Sicherheitsfragen mit unseren östlichen Nachbarn vor diesem Zeitpunkt, also bevor ein gemeinsamer europäischer politischer Wille in der EG sichtbar geworden ist, erfolgreich darüber unterhalten will.
Ich nehme an, daß Sie wie ich der Meinung sind, daß
wir uns mit unseren östlichen Nachbarn nicht über Sicherheitsprobleme der Europäischen Union oder der Europäischen Gemeinschaft unterhalten. Dies sind zwei ganz unterschiedliche Dinge. Ich habe eben, wie ich glaube, in einer verdeckten, aber doch ausreichend erkennbaren Form den komplizierten Weg darzustellen versucht, den wir in diesem Bereich gehen müssen bis hin zu dem Tag, an dem die politische Union Wirklichkeit ist. Sie haben sicherlich nicht genau zugehört, als ich sagte, daß wir in der Institution PZ - politische Zusammenarbeit schon an diese Fragen kommen werden, bevor es die Union gibt. Sie entziehen sich aber einfach einer intensiveren und detaillierteren Diskussion, erstens weil der Reifestand in diesen Wochen noch nicht so weit entwickelt ist und weil zweitens das Problem an sich zu kompliziert ist, um es jetzt etwa detailliert öffentlich hier auszutragen.
Meine Damen und Herren, nun darf ich ein wichtiges Problem berühren, das Herr Dr. Arndt eben mit Recht herausgestellt hat. Das ist die Frage, wie denn die Gemeinschaft auf dem Wege zur Union ihren demokratischen Charakter entwickeln will, ob es dabei bleiben soll, daß Souveränitäten, die in den Händen der hier sitzenden Abgeordneten liegen, auf dem Wege von hier nach Brüssel spurlos verschwinden, wie das jetzt der Fall ist. Sie geben Souveränitäten auf, und Sie geben als Parlamentarier Kontrollbefugnisse auf, die im Europäischen Parlament nicht ankommen. Irgendwo auf dem Wege gehen sie verlustig, und zwar gehen sie in die Hände der Regierungen über. Ich bin der Vertreter der Regierung, aber ich gehöre zu den dienstältesten Parlamentariern des Deutschen Bundestages, und daher werden Sie mir glauben, daß ich in erster Linie Parlamentarier bin und wie in der Vergangenheit alles einsetzen werde, um dafür zu sorgen, daß das nicht geschieht. Also, Herr Dr. Arndt, wenn wir uns zur politischen Union entwickeln, muß es in dem Augenblick, wo es die politische Union gibt, ein voll mit Befugnissen ausgestattetes Parlament geben, das all die Dinge zu behandeln hat, die Zuständigkeiten der europäischen Union sind.
({0})
Das wird nicht die Gesamtheit der Politik sein, wie Sie sich vorstellen können. Von heute bis dahin müssen wir den Versuch unternehmen und haben es, allerdings viel zu bescheiden, auch getan,
({1})
dem Europäischen Parlament, so wie es jetzt besteht, mehr und mehr Befugnisse zuzuteilen. Ich hoffe, daß das in den nächsten Jahren geschehen wird.
Jetzt darf ich noch einige Bemerkungen zu dem machen, was Herr Blumenfeld hier erwähnt hat. Er hat die Bundesregierung kritisiert, weil sie nach seiner Meinung zuwenig Aktivität entwickelt habe, die politische Union schneller zu erreichen und jetzt schon die ersten konkreten Schritte erkennbar zu beschließen, die zur Union führen. Herr Blumenfeld, Sie kennen ja diesen Bereich wie kaum ein anderer hier im Saale ab ovo und auch en detail, und Sie wissen, daß dieser Vorwurf nicht berechtigt ist. Sie wissen auch, warum. Sie hätten Ihren Appell an eine
andere Adresse richten müssen - einen Appell,
weil an diese Adresse Vorwürfe ebenfalls unberechtigt und nur Appelle berechtigt sind -; Sie wissen abermals, warum. Es ist eben ein Unterschied, ob sich auf dem nordamerikanischen Kontinent Staaten, die, ich möchte sagen, noch ganz jungfräulich gewesen sind, zu den Vereinigten Staaten von Amerika zusammenschlossen oder ob in Europa Nationalstaaten mit jahrhundertealter, ja jahrtausendealter Tradition sich zusammenschließen, deren höchst komplizierte Struktur, auch wirtschaftliche Struktur, erst verändert werden muß, um allmählich zu dem Europa zu führen, das wir uns alle wünschen. Das ist das eine.
Zweitens hat sich in der Vergangenheit herausgestellt - und das ist eine gesicherte Erkenntnis -, daß Europapolitik sich im Pilgerschritt vollzieht, - so wie es eine bedeutende deutsche Firma gibt, die einen Pilgerschritt-Automaten produziert, d. h. also immer: zwei vor, eins zurück, bestenfalls. Es gibt sogar Pilger, die zwei zurück und eins vor als geeigneten Schritt bezeichnen würden. Aber hier ist es so, daß es wirklich im Pilgerschritt, nämlich hier zwei vor, aber dann wieder eins zurück, geht.
Wir haben in Paris bei der Gipfelkonferenz, die Sie erwähnt haben, einen ganz bedeutenden Schritt nach vorne getan, nämlich durch die bloße Entscheidung, daß wir 1980 die politische Union erreichen wollen. Dies war eine der bedeutsamsten Entscheidungen, die innerhalb der EWG überhaupt je getroffen worden sind. Alles, was wir jetzt tun Wirtschaftsunion, Währungsunion -, was wir an neuen Mechanismen in der politischen Zusammenarbeit entwickelt haben, was wir in nächster Zeit entwickeln werden, was wir beschließen werden in unserem Verhältnis zu den Vereinigten Staaten, alles das wird in der Tat in der Perspektive - Sie haben das etwas, ich möchte sagen, abwertend gesagt - dieser politischen Union im Jahre 1980 geschehen. Oder, um es anders auszudrücken, mit den Worten, die der Bundeskanzler in seinem Gespräch mit Präsident Nixon gebraucht hat, als sie über sehr komplizierte Materien zwischen den Vereinigten Staaten und Europa sprachen. Da hat er ihm gesagt: „Herr Präsident, tun Sie einmal so, als ob Europa heute schon das von 1980 wäre. Wenn Sie das annehmen, dann werden Sie sicherer sein, Positionen zu finden, die der Dynamik der Entwicklung angemessen sind."
Ich glaube, das sollten auch wir so sehen. Wir sollten aus der Erfahrung wissen, daß die europäische Einigung ein schwieriger Prozeß ist, den wir weiß Gott nicht etwa in einem Sprung zuwege bringen können, sondern hier muß man ebenso die noch einmal zitierte Metternichsche Geduld haben, nicht nur bei der Entspannungspolitik, sondern auch bei der Europapolitik im engeren Sinne, nämlich bei der Integrationspolitik.
Dazu gehört die so bedauerliche Tatsache, daß es uns bisher nicht gelungen ist, Herr Blumenfeld, diese Luxemburger Kompromißformel zu beseitigen, die da sagt, daß wichtige Entscheidungen nur einstimmig getroffen werden können. Wenn ich die jüngere VerBundesminister Scheel
gangenheit sehr kritisch und sehr distanziert unter dieser Fragestellung beurteile, dann will ich - vielleicht etwas kühn - sagen: Wenn wir die Notwendigkeit der Einstimmigkeit in wichtigen Fragen nicht mehr zu beachten hätten, könnte der Integrationsprozeß in der Perspektive einer politischen Union im Jahre 1980 verlangsamt werden. Denn viele wichtige Entscheidungen, z. B. der Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Gemeinschaft, sind ja unter diesen schwierigen Abstimmungsbedingungen zustande gekommen. Sie sind überhaupt nur zustande gekommen, weil die Mitgliedstaaten mit einer großen geschichtlichen Tradition noch die Sicherheit haben wollen, nicht in allzu vielen Bereichen in ein Abenteuer hineinzugehen, und weil sie den Wunsch haben, daß ihnen auch danach noch die Möglichkeit bleibt, in ganz wichtigen Fragen, wenn es notwendig ist, anzuhalten. Es ist also nicht richtig, anzunehmen, daß die Notwendigkeit der Mehrheitsentscheidungen in diesem Augenblick unbedingt hinderlich sein muß. Eines Tages, wenn wir zusammen sind, muß das selbstverständlich aufhören. Aber das geht dann auch leichter, weil wir eine demokratische Kontrolle haben werden.
Ich darf wiederholen und zum Schluß kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen, ich habe heute morgen die Europapolitik im engeren Sinne in den Mittelpunkt der Regierungserklärung gestellt und habe wie Herr Blumenfeld bemerkt hat - vielleicht in nicht ganz unberechtigter Freude darüber, daß wir wieder einen Schritt oder zwei Schritte nach vorn haben tun können, auch die Erfolge dieser Politik dargestellt; denn die Offentlichkeit muß das ja wissen. Ohne die Mitwirkung und das Mitgehen der Menschen auch bei uns hat nämlich Europapolitik keinen Sinn; wir wollen sie ja für die Menschen machen, die hier leben. Ich habe diese positiven Seiten herausgestellt, ohne allerdings - ich glaube, das wollen Sie mir nicht unterstellen die Schwierigkeiten verschwiegen zu haben, die wir in der Vergangenheit hatten und denen wir uns auch in der Zukunft noch weiter gegenübergestellt sehen werden.
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Vizepräsident von Hassel: Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich beende daher die Aussprache zu Punkt 2 der Tagesordnung, zur Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung, und rufe auf Grund einer interfraktionellen Vereinbarung den Punkt 24 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Evers, Dr. Kraske, Dr. Schäuble, Frau Hürland, Dr. Müller ({3}), Spilker, Tillmann, Weber ({4}) und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Bundessportplan - Drucksache 7/622 Überweisungsvorschlag des Altestenrates: Sportausschuß ({5})
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß
Ich erteile - zugleich zur Begründung und zur Aussprache - dem Abgeordneten Dr. Evers das
Wort. Für ihn hat die Fraktion der CDU/CSU eine Redezeit von 30 Minuten beantragt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Jahr nach den Olympischen Spielen in München muß festgestellt werden, daß die Situation der Sportförderung auf Bundesebene in der Bundesrepublik in hohem Maße unbefriedigend ist. Dieses kritische Urteil gilt sowohl für die Förderung des Breitensports wie auch des Leistungs-, Hochleistungs- und Spitzensports. Es trifft in gleicher Weise für die Ausgestaltung der sportwissenschaftlichen Forschung wie auch für die organisatorische und administrative Einbettung der Sportförderung in die Bundesverwaltung zu.
Die Ursache für diese unbefriedigende Situation liegt in erster Linie darin, daß die Bundesregierung die außerordentliche gesellschaftspolitische Bedeutung der Sportpolitik offensichtlich nicht erkannt hat und den Einfluß der Sportförderung auf die Verbesserung der Lebensqualität unterschätzt.
Eine wichtige Konsequenz dieser Fehleinschätzung ist die Bereitstellung unzureichender Mittel für die Sportförderung im Bundeshaushalt.
({0})
Das offenkundige Mißverhältnis zwischen den sportpolitischen Notwendigkeiten auf der einen Seite und den viel zu geringen Anstrengungen und Leistungen auf der anderen Seite ist anders als mit einer Fehleinschätzung der gesellschaftspolitischen Rolle des Sports nicht zu erklären.
({1})
Dieses Haus wird sorgfältig zu prüfen haben, ob sich hierbei auch die ideologisch bedingten Zielsetzungen extremer Systemveränderer negativ auswirken.
In der Bundesrepublik sind etwa 11 Millionen Bürger Mitglied in rund 40 000 Sportvereinen, die im Deutschen Sportbund zusammengeschlossen sind. Die Gesamtzahl der Sporttreibenden liegt wesentlich höher; sie mag bei etwa 20 Millionen liegen. Das heißt, ein Drittel der gesamten Bevölkerung betätigt sich breitensportlich oder hat die Absicht, dies zu tun. Die Vereine, in denen diese 11 Millionen Mitglieder zusammengeschlossen sind, bilden die Basis des Freizeit- und Breitensports in unserem Lande. Ihre gesellschaftspolitische Bedeutung und Funktion ist kaum zu überschätzen. Der Wert der in diesen Vereinen für den Breitensport geleisteten ehrenamtlichen Arbeit übersteigt nach den Berechnungen des Deutschen Sportbundes die öffentliche Sportförderung durch Bund, Länder und Gemeinden um ein Vielfaches. Dies gilt trotz großer Leistungen, die vor allen Dingen von den Gemeinden, aber auch von Ländern und Bund für den Sportstättenbau in Milliardenhöhe in den letzten Jahren erbracht worden sind.
Trotzdem fehlt es den Vereinen oft an den elementaren Voraussetzungen zur organisatorischen Durchführung und zur Verbesserung der Einrichtungen mit breitensportlichem Charakter. Die Sportanlagen sind oft unzureichend, es fehlt an Mitteln
zur Bezahlung hauptamtlicher Verwaltungskräfte und zur Honorierung hauptamtlicher und nebenamtlicher Lehrkräfte, Trainer und Übungsleiter. Viele Vereine sind stark verschuldet. Die Unterstützung der Vereinsarbeit aus öffentlichen Mitteln ist unzureichend. Die wissenschaftliche Analyse der Struktur des modernen Vereins, des Vereins der 80er Jahre ist nicht erfolgt. Hierüber besitzen wir nur völlig unzureichende wissenschaftliche Unterlagen.
Es muß als nahezu unerträglich bezeichnet werden, daß die Bundesregierung die Situation in den deutschen Sportvereinen praktisch nicht zur Kenntnis nimmt und sich kaum an der Förderung des Breitensports beteiligt. Hierbei muß besonders kritisch vermerkt werden, daß die segensreiche Spitzenfinanzierung des allgemeinen Sportstättenbaus im Rahmen des Goldenen Planes seit dem Jahre 1970 praktisch zum Erliegen gekommen ist und sich lediglich noch auf die Verteilung von Restmitteln konzentriert. Im Rahmen dieses Goldenen Planes wurden aus dem Bundeshaushalt in der Zehnjahresperiode von 1960 bis 1969 jährlich 22 Millionen DM für die Spitzenfinanzierung von allgemeinen Sportstätten für den Breitensport zur Verfügung- gestellt. Seit dem Jahre 1970 haben sich diese Mittel verringert aus durchschnittlich 7 Millionen DM pro Jahr, und Ende des nächsten Jahres wird die Bezuschussung des allgemeinen Sportstättenbaus aus dem Bundeshaushalt völlig aufhören.
Die Begründung für diese Enthaltsamkeit des Bundes wird mit dem Fehlen einer verfassungsrechtlichen Grundlage angegeben. Diese Begründung, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann nicht akzeptiert werden. Es ist nicht möglich, daß diese Bundesregierung von der Verbesserung der Lebensqualität spricht, daß sie die Verbesserung der Lebensqualität zu einer vorrangigen Aufgabe erklärt, aber die Finanzierung dieser Aufgabe in dem wichtigen Bereich des Breiten- und Freizeitsports anderen überläßt.
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Es gab auch bis 1969 keine verfassungsrechtliche Grundlage für die Finanzierung des allgemeinen Sportstättenbaus. Deswegen hat die Regierung Kiesinger in diesem Jahr 1969 im Zuge der Finanzreform versucht, eine Reihe von Gemeinschaftsaufgaben grundgesetzlich einzuführen, deren Finanzierung gemeinsam durch Bund und Länder erfolgen sollte. Hierzu gehört auch die Finanzierung des allgemeinen Sportstättenbaus. Dieses Vorhaben ist gescheitert am Widerstand der Bundesländer. Es gibt jetzt zwar drei Gemeinschaftsaufgaben, die allgemeine Sportstättenförderung gehört aber nicht dazu.
Seitdem konzentriert die Bundesregierung ihre Sportförderungspolitik auf die Bezuschussung zentraler Maßnahmen, auf die Bezuschussung von Sportstätten für den Spitzensport, auf die sogenannte nationale Repräsentation und die Finanzierung internationaler Maßnahmen sowie die Durchführung des Bereich des Breitensports im Bereich der Bundesverwaltung. Hierbei kann es nicht bleiben. Der Bund muß sich im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten und über diese Möglichkeiten hinaus finanziell an der Verbesserung des Breitensports beteiligen. Er kann diese Aufgabe nicht den Ländern, den Gemeinden und den freien Trägern des Sports überlassen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle haben gehofft, daß nach dem Wegfall der olympiabedingten Aufwendungen im Bundeshaushalt wenigstens ein Teil der dafür nun nicht mehr notwendigen Mittel von der Bundesregierung dazu benutzt würde, um Maßnahmen des Breitensports im Rahmen der gegebenen verfassungsrechtlichen Kompetenz zu finanzieren. Dies wäre durch Finanzierung von Modellvorhaben möglich gewesen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir müssen heute fragen: Wo sind die Modellfinanzierungsvorhaben, die darauf zielen, modellhafte Vereinsstrukturen zu bezuschussen? Wo sind die unkonventionellen Sportanlagen, die ein Angebot an breitensportinteressierte Bevölkerungskreise darstellen könnten und die im Rahmen von Modellvorhaben aus dem Bundeshaushalt hätten finanziert werden können? Wo sind die Aktivitäten zur Intensivierung des Versehrtensports, die von den Verbänden der Versehrten dringend gewünscht werden? Wo sind die Aktivitäten zur Verbesserung des Betriebssports und zum Ausbau des Betriebssports zu einem Feierabend- und Freizeitsport, wie die zuständigen Verbände es nennen? All das fehlt fast vollständig.
Die Aktivität, die die Fraktion der CDU/CSU jetzt mit der Vorlage eines Antrags zum Bundessportplan ergriffen hat, hat zum Ziel, diese Tätigkeiten des Bundes zu verbessern, um das zu realisieren, was der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung gesagt hat, als er ausführte: „Bund und Länder müssen das Ihre tun, um neben dem Spitzensport auch dem Breitensport Auftrieb zu geben." Meine Damen und Herren, wir möchten, daß der Bundeskanzler in die Lage versetzt wird, dieses Versprechen für den Bund auch einzuhalten.
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Im Spitzensport nimmt die Bundesrepublik international eine führende Position ein, man ist versucht zu sagen: noch eine führende Position ein, denn es mehren sich die Veranstaltungen, auf denen die Athleten der Bundesrepublik nicht mehr in der Lage sind, mit den Wettkämpfern aus anderen Ländern, insbesondere denen aus der DDR, erfolgreich zu konkurrieren. Beispiele sind die Olympischen Spiele, Leichtathletikwettkämpfe der jüngsten Tage, Ruderwettbewerbe und Schwimmeisterschaften. Die Zahl dieser Wettbewerbe nimmt zu. Daraus ergibt sich eindeutig, daß auch die Förderung des Spitzensports, die sich der Bund ja nun besonders angelegen sein läßt, nachdem er sich auf dem Gebiet des Breitensports zurückgezogen hat, verbesserungsfähig ist und wirkungsvoller gestaltet werden kann.
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Dies zu erreichen ist eine Frage der Organisation, eine Frage der finanziellen Mittel und eine Frage der Einstellung zum Gedanken des Leistungssports überhaupt. Wir alle haben die Versuche der
neuen Linken miterlebt, den Leistungsgedanken schlechthin, insbesondere aber den Gedanken der Leistung im Sport, im Rahmen systemverändernder Bemühungen zu diskreditieren. Der Bundeskanzler hat sich in seiner Regierungserklärung hierzu geäußert und festgestellt: Demokratie braucht Leistung. - Ich möchte betonen und verstärkt hinzufügen: Dies allein genügt nicht. Sport ist ohne den Gedanken des Wettbewerbs und ohne den Gedanken der Leistung überhaupt nicht vorstellbar. Es wäre deshalb wünschenswert, daß sich alle Kräfte des Hauses zum Gedanken der humanen Leistungsgesellschaft bekennen und von der Schizophrenie linkssozialistischer Ideologen distanzieren, die Erfolge auf Grund sozialistischen Leistungsdrucks bejubeln und gleichzeitig versuchen, mit der Bekämpfung des persönlichen Leistungsstrebens in unserem Lande eine Veränderung der Gesellschaft herbeizuführen.
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Unabhängig davon kann die Wirksamkeit der Förderung des Leistungssports verbessert werden, ohne daß man dadurch die auch bei uns wie in anderen Ländern vorhandenen Übertreibungen des Leistungssportgedankens billigen muß. Mit Hilfe des Bundes - der Bund trug zur Finanzierung wesentlich bei - wurde ein System von Leistungszentren aufgebaut, das der Betreuung unserer Spitzensportler dient. Fehler, die hierbei gemacht worden sind, sollen nicht überbewertet werden. Aber was heute notwendig ist, meine Damen und Herren, ist die Erarbeitung von Methoden, die die Effektivität und die Effizienz dieser Leistungszentren zu messen erlaubt. Auch hieran fehlt es völlig.
Die Deutsche Sporthilfe ist bei der Einzelförderung von Spitzensportlern die wirksamste Institution in der Bundesrepublik. Sie arbeitet völlig auf privater Grundlage. Ohne die Unabhängigkeit dieser Einrichtung zu berühren, müßte geprüft werden, ob eine finanzielle Förderung dieser Einrichtung aus Bundesmitteln unterhalb der 50-%-Grenze in Erwägung gezogen werden kann.
Der Versicherungsschutz für Leistungssportler ist verbesserungsbedürftig, wie einige tragische Unglücksfälle aus der letzten Zeit bewiesen haben. Die, Einrichtungen zur sportmedizinischen Untersuchung müssen erweitert werden, und die wissenschaftlichen Untersuchungen für die Voraussetzungen des Leistungssports sind zu verbessern.
Besonders im argen - dies ist in Kreisen des Leistungssports leider nur zu bekannt, meine sehr geehrten Damen und Herren - liegt die Frage der Trainerausbildung, der Heranbildung qualifizierter Trainer, die eine unerläßliche Voraussetzung dafür sind, daß die Bundesrepublik auch im Spitzensport eine gute internationale Position einzunehmen vermag. Gerade hier liegen Schwierigkeiten im Haushalt dieses Jahres vor. Wir versuchen durch den Antrag, einen Bundessportplan erstellen und durch den Deutschen Bundestag verabschieden zu lassen, eine Verbesserung der Förderung herbeizuführen.
Alle sportpolitisch Interessierten haben große Erwartungen an die seit langem geforderte Gründung des Bundesinstituts für Sportwissenschaften in Köln
geknüpft. Leider muß auch hierzu gesagt werden, daß der Bund bis heute nicht in der Lage gewesen ist, die materiellen und personellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit dieses Instituts zu schaffen. Der erste Direktor des Bundesinstituts ist nach nur viermonatiger kommissarischer Tätigkeit aus seinem Amt ausgeschieden. Er hat dies nicht mit den unzureichenden personellen und materiellen Möglichkeiten des Instituts begründet. Wer aber die Verhältnisse am Bundesinstitut kennt, weiß, daß hier sehr vieles im argen liegt.
Im Haushalt 1973 werden zur Finanzierung dieses Instituts 5,8 Millionen DM ausgeworfen. Im vorigen Jahr waren es 5 Millionen DM. Das bedeutet eine Zunahme um 16 %. Dies ist eine für eine im Aufbau befindliche Anstalt völlig unzureichende Zuwachsrate. Das ist auch der Grund dafür, warum die ausgewiesenen Stellen nicht besetzt werden können, warum die Bundesregierung offensichtlich nicht einmal in der Lage ist, zu sagen, bis wann denn das Institut in dem vorgesehenen Umfang personell und finanziell ausgestattet werden soll. Solange dies nicht der Fall ist, fehlt es an den notwendigen Voraussetzungen, um die wissenschaftlichen Grundlagen für die sportliche Betätigung im Leistungs- und im Breitensport zu verbessern. Es fehlt darüber hinaus an der sportwissenschaftlichen Forschung auf Bundesebene, die über den Bereich des Bundesinstituts hinausgeht.
Wie sieht es bei der Administration und der Organisation aus, meine Damen und Herren? Für die Sportförderung des Bundes ist der Bundesinnenminister zuständig. Er verwaltet ein sehr umfangreiches Ressort, in dem die Sportförderungsreferate zusammen nicht mehr als eine Unterabteilung bilden. Wenn man will, kann man daraus den Stellenwert ablesen, den diese Bundesregierung der Sportförderungspolitik einräumt. Der Bundesminister ist bei aller Bemühung nicht in der Lage, sich in dem Maße um die Belange des Sports in unserem Lande zu kümmern, wie es wünschenswert und notwendig wäre. Wir müssen feststellen, daß es in dem großen Bundesministerium des Innern auch keinen beamteten oder Parlamentarischen Staatssekretär gibt, der ausschließlich für die Belange der Sportförderung zuständig wäre. Wir meinen, dies ist eine Forderung, die geprüft werden müßte. Ich persönlich glaube, wir kommen in der Zukunft nicht daran vorbei, auch auf der höchsten Ebene der Bundesverwaltung Personen zu haben, die in erster Linie oder ausschließlich für diese Aufgabe zuständig sind.
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Die Bundesregierung hat bisher keine Initiative entwickelt, um die organisatorischen Verflechtungen und Verbindungen zwischen der Sportförderung einerseits und der Jugendförderung, der Gesundheits- und der Familienpolitik andererseits darzulegen und ihre Auffassung von dem Zusammenwirken dieser verschiedenen Bereiche klarzustellen. Die gegenwärtige institutionelle Aufgabenverteilung läßt die hier bestehenden engen Verflechtungen völlig unberücksichtigt. Man muß daraus folgern, daß es der Bundesregierung an einem Konzept für die gesellschaftspolitische Einordnung der
Sportförderung und der ihr verwandten Bereiche in ihrer langfristigen Zielsetzung fehlt. Nur weil dies so ist, kann es zu so merkwürdigen Vorfällen kommen, wie sie sich anläßlich der letzten Sitzung der Deutschen Sportkonferenz ereignet haben.
Lassen Sie mich dies erwähnen, um zu demonstrieren, wie es um die Koordination sportpolitischer Fragen innerhalb der Regierung und in der Koalition offenbar bestellt ist. Bereits 1972, also in der letzten Legislaturperiode, hat die Deutsche Sportkonferenz eine Empfehlung verabschiedet, die zum Ziel hat, daß die deutschen Sportvereine in Zukunft ebenso wie nahezu alle anderen Vereine das Recht haben sollen, steuerlich wirksame Spendenbescheinigungen auszustellen. Diese Empfehlung wurde von der Deutschen Sportkonferenz mit der Zustimmung der Vertreter aller Bundesländer und mit der Zustimmung des Vertreters der Bundesregierung, der diese Sitzung geleitet hat, verabschiedet. Diese Empfehlung ist über ein Jahr alt. Sie ist von der Bundesregierung bisher nicht ausgeführt worden, weil Beamte des Finanzministeriums Bedenken gegen diesen Beschluß haben, der mit der Stimme des Vertreters der Bundesregierung gefaßt worden ist. Welchen Stellenwert, meine Damen und Herren, muß man sich fragen, mißt eine Bundesregierung der Sportförderungspolitik bei, wenn eine solche Entwicklung möglich ist und wenn es möglich ist, daß darüber überhaupt kein Wort innerhalb der Koordinierungsgespräche verloren wird?
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Diese Koordinierung zu verbessern und die Transparenz zu erhöhen ist ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt, den wir mit unserem Antrag zum Bundessportplan bezwecken.
Lassen Sie mich einiges zu der finanziellen Seite der Sportförderung durch den Bund sagen. Im Bundeshaushalt für 1972 wurden 293 Millionen DM für Sportförderung ausgewiesen und ausgegeben. In diesem Jahr, 1973, sind es noch 235 Millionen DM.
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- Möglicherweise ist dies der Grund. - Das heißt, die Aufwendungen des Bundes für die Sportförderung haben sich in einem Jahr um 58 Millionen DM verringert. Das heißt, sie sind um 20 % zurückgegangen.
Nun muß man sagen und dies wird keineswegs verschwiegen -, daß dieser Rückgang im wesentlichen aus dem Wegfall der Aufwendungen für die Durchführung der Olympischen Spiele resultiert.
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- Freuen Sie sich nicht zu früh, Herr Kollege Wrede! Ich werde Ihnen genau vorrechnen, was hier an Abbau der Sportförderung im Bundeshaushalt betrieben wird. - Man kann das verstehen, und man kann sogar hinzufügen und ich stehe nicht
an, dies zu tun -, daß eine Reduzierung der Sportförderungsmittel nach Beendigung der Olympischen Spiele zu einem Teil auch konjunkturpolitisch begründet und gerechtfertigt werden kann. Allerdings
- und dies muß nun genauso deutlich gesagt werden, meine Damen und Herren - wurde von allen sportpolitisch interessierten Stellen vor den Olympischen Spielen immer wieder betont, daß es nach der Durchführung der Spiele nicht zu einer Situation kommen darf, in der man sagt: Jetzt haben wir genug getan, jetzt können wir unsere Anstrengungen verringern.
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Es ist gerade der Bundesminister des Innern gewesen, der als für die Sportförderung zuständiges Kabinettsmitglied diese Aussage verschiedentlich öffentlich getätigt hat. Genau dieser Rückgang der Sportförderungsmittel im Bundeshaushalt tritt jetzt ein.
Wenn man die Sonderpositionen einmal ausklammert, also den Aufwand für die Olympischen Spiele und den Aufwand für die Stadien für die Fußballweltmeisterschaft 1974, dann ist bei allen wichtigen Sportförderungspositionen des Bundes festzustellen, daß ihre Zuwachsraten hinter dem Wachstum des Gesamthaushalts zurückbleiben. Das heißt, wenn überhaupt eine Erhöhung der Ansätze erfolgt, dann ist sie unterdurchschnittlich, und unterdurchschnittliche Zunahme bedeutet, insbesondere bei inflationärer Kostenentwicklung, eine effektive Verringerung der zur Verfügung stehenden Mittel oder dessen, was mit diesen Mitteln angefangen werden kann.
Ich will dafür einige Beispiele geben. Die Ansätze betragen z. B. für zentrale Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports 23,8 nach 23,7 Millionen DM, d. h. Zunahme um 100 000 DM oder um 0,4 % bei einer zweistelligen Steigerungsrate des Gesamthaushalts! Der Ansatz für die Spitzenfinanzierung des Baus von Turn- und Sportstätten sowie der Zuschüsse für die Errichtung und Erstausstattung sowie die Bauunterhaltung von Sportstätten für den Spitzensport: 32,5 nach 32,9 Millionen DM; das bedeutet Rückgang um 0,2 %.
Diese beiden Positionen machen zusammen bereits rund die Hälfte der Gesamtausgaben für die Sportförderung im Einzelplan 06 des Bundesministers des Innern aus, d. h. bei den beiden wichtigsten Positionen, die die Hälfte der Aufwendungen ausmachen, ist praktisch Stagnation festzustellen.
Im Einzelplan 14 - Bundesminister der Verteidigung - ist eine Zunahme von 53 auf 58 Millionen DM, Zunahme um 8 %, durchaus respektabel, aber ebenfalls unterdurchschnittlich. Beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: 7,1 nach 7,2 Millionen DM; Rückgang um 1,4 %. Beim Bundes minister für Bildung und Wissenschaft: unverändert 31 Millionen DM, d. h. Stagnation, demnach effektiver Rückgang bei Berücksichtigung der Inflationsrate. Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: 7,6 nach 12,5 Millionen DM, d. h. Rückgang um nahezu 40 %. Dieser Rückgang resultiert - das ist nun wiederum möglicherweise besonders aufschlußreich - aus einer Verringerung der Bezuschussung für den Sportstättenbau im Zonenrandgebiet um 5 Millionen DM.
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Die Vertreter des Innenministeriums haben erklärt, daß sie glauben, man könne im Laufe des Jahres diesen Titel vielleicht doch noch auf die ursprüngliche Höhe anheben. Ich möchte für meine Fraktion sagen: Wir werden gerade dieser Position, der Finanzierung des Sportstättenbaus im Zonenrandgebiet, im Laufe dieses Jahres unsere besondere Aufmerksamkeit widmen.
Daneben gibt es andere Positionen, bei denen Zuwachsraten festzustellen sind. Hierbei handelt es sich jedoch meist um die quantitativ unbedeutenderen Beträge.
Wenn man nun das Gesamtbild versucht herzustellen und von den Gesamtaufwendungen die olympiabedingten Kosten und die Kosten für die Fußballweltmeisterschaft, für den Ausbau der Stadien, abzieht, dann lauten die Zahlen: 187 Millionen DM für das laufende Jahr und 182 Millionen DM für das vergangene Jahr. Das bedeutet eine Zunahme um 5 Millionen DM oder knapp 3 %. Wenn wir einmal ganz bescheiden den Inflationierungsfaktor mit 8 % ansetzen, dann ist das ein effektiver Abbau der Sportförderung durch den Bund im Jahre 1973 um 5 %.
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Jeder weiß, daß der Inflationierungsfaktor von 8 % beim Sportstättenbau nicht zutrifft, sondern daß hier mit sehr viel höheren Kostensteigerungen gerechnet werden muß. Deswegen ist es - leider - berechtigt, von einem Abbau der Sportförderung durch den Bund in diesem Jahr zu sprechen, und deswegen haben wir diesen Bundessportplan eingebracht, auch mit dem Ziel, das in Zukunft zu verhindern.
Dieser Antrag, ,den wir auf Drucksache 7/622 gestellt haben, ist nicht der Bundessportplan selbst - das war niemals unser Ziel -, sondern er bezweckt eine Beschlußfassung des Bundestages, durch die die Bundesregierung beauftragt wird, für den verfassungsmäßigen Bereich des Bundes einen solchen Bundessportplan überhaupt erst auszuarbeiten und diesen Plan dem Deutschen Bundestag zur Beratung und Verabschiedung vorzulegen. Dadurch soll erreicht werden, daß die Sportförderungsmaßnahmen des Bundes kodifiziert und systematisiert werden, damit wir von dem gegenwärtig weithin noch bestehenden Zustand der Improvisation zu mehr Klarheit und Verbindlichkeit kommen. Die Ausführung dessen, was in diesem Bundessportplan nach dem Beschluß des Bundestages im einzelnen niedergelegt wird, soll durch einen jährlichen Durchführungserlaß geregelt werden, der dem Parlament vom zuständigen Minister zu Beginn der Haushaltsberatungen zugeleitet werden soll.
Wir glauben, daß damit eine größere Durchgsichtigkeit in der Sportförderung erreicht werden kann, und wir glauben insbesondere, daß die empfangsberechtigten Organisationen und Träger des freien Sports dadurch aus der Rolle des Bittstellers herausgeführt werden können, in der sie sich teilweise immer noch befinden.
Gleichzeitig wollen wir aber auch - dies muß genauso gesagt werden - eine verstärkte Kontrolle der Mittelverwendung durch Regierung und Parlament gewährleisten. Diese qualitative und quantitative Verbesserung bezweckt auch eine Ausdehnung und Intensivierung der Förderung.
Der Antrag zum Bundessportplan zielt - als Nebenwirkung - dahin, daß die gesamte öffentliche Sportförderung durch Bund, Länder und Gemeinden besser koordiniert wird, daß ein solcher Bundessportplan eine Beispielwirkung auf die Bundesländer haben könnte und daß die Bundesländer dann ähnliche Sportpläne aufstellen, um den gesamten Förderungskanon der öffentlichen Hand zu koordinieren und in seiner Wirkung zu verbessern.
Der Bundessportplan soll allgemeine Richtlinien für Grundsätze, Faktoren und Verfahren enthalten, nach denen die Lage und der Bedarf des Sports in der Bundesrepublik Deutschland ermittelt werden kann. Natürlich gibt es solche Bedarfsermittlungen bereits. Sie wurden von den Trägern des freien Sports angestellt und waren die Grundlage für die Erstellung des Goldenen Planes, von dem ich bereits gesprochen habe. Aber solche Bedarfsermittlungen für leistungs- und breitensportliche Einrichtungen müssen von Jahr zu Jahr überarbeitet werden, sie müssen dem laufenden Bedarf angepaßt werden. Was vor zehn Jahren richtig war, ist heute nicht mehr richtig. Wir brauchen heute andere Anlagen, als man sie vor zehn Jahren noch für richtig halten konnte, weil wir dem Bürger in einer Freizeit- und Überflußgesellschaft ein Angebot zur sportlichen Betätigung machen müssen, das den Anreiz bei ihm auslöst, von dieser Möglichkeit überhaupt Gebrauch zu machen. Deswegen genügt es auch nicht, daß nur die Träger des freien Sports den Bedarf zu ermitteln versuchen, sondern die Bundesregierung muß selbst sagen, wie sie denn diesen Bedarf einschätzt, wie sie die Prioritäten setzt. Sie muß auch sagen, wie sie glaubt, daß sich die Freizeitgestaltung in Zukunft konkret entwickeln wird, ob sie sich bei einer verringerten Arbeitszeit auf eine Reduzierung der täglichen Arbeitsstundenzahl oder auf eine Verringerung der Zahl der Arbeitstage pro Monat und pro Jahr einstellt. Beides ist für die Konzeption moderner Freizeitanlagen wichtig, und die Bundesregierung muß dem Deutschen Bundestag mitteilen, welche Auffassungen sie zu diesem wichtigen Thema hat. Wenn sie bisher keine Auffassung dazu hat, meinen wir, sollte der Bundessportplan ein Anlaß sein, diese Auffassung zu bilden.
Wir glauben auch, daß es notwendig ist, die Rolle des Sports in der Gesellschaftspolitik des Bundes besser zu definieren. Wir glauben, damit einen Beitrag zu leisten, daß durch die Beratung des Bundessportplans und durch den jährlichen Durchführungserlaß die Sportförderung aktiver gestaltet werden kann. Wir haben in dem Antrag konkrete Punkte aufgeführt, wie dieser Bundessportplan im einzelnen aussehen soll, und wir meinen, daß diese Punkte eine Grundlage für die Beratungen dieses Hauses sein können, die gemeinsam mit den Vertretern der Bundesregierung und selbstverständlich in den Fraktionen dieses Hauses durchgeführt werden sollen und, wie wir meinen, selbstverständlich auch unter Beteiligung der Träger des freien Sports, d. h. unter Hinzuziehung von Vertretern der Verbände, von
denen bereits eine ganze Zahl überwiegend positiver Stellungnahmen zu dem Antrag der CDU/CSU vorliegen.
Wir glauben nicht, daß unser Entwurf der Bundessportplan bereits endgültig konzipiert hat, sondern wir meinen, daß dies eine Grundlage ist, die dazu dienen kann, im Zusammenwirken aller Kräfte, die an der Verbesserung dieser wichtigen Aufgabe interessiert sind, zu einer Lösung zu kommen, die die Sportförderungspolitik des Bundes in Zukunft wirkungsvoller zu gestalten vermag.
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Vizepräsident von Hassel: Meine Damen und Herren, wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Wrede. Es sind 20 Minuten Redezeit beantragt. Ich werde danach für die Mittagspause unterbrechen, die bis 14 Uhr geht. Von 14 bis 15 Uhr ist Fragestunde. Es liegen dann noch zwei Wortmeldungen vor, mit denen wir dann um 15 Uhr zu diesem Tagesordnungspunkt fortfahren.
Bitte schön, Herr Abgeordneter!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem, was sich die Opposition für den Verlauf des Herbstes vorgenommen hat, kann es eigentlich nicht verwundern, daß sie nun auch den Bereich des Sports, bei dem wir uns bisher bemüht haben, ihn in gemeinsamer Verantwortung zu sehen, in parteipolitische und manchmal auch, Herr Kollege Evers, in überzogene polemische Auseinandersetzungen hineinzieht.
Wir begrüßen trotzdem den Antrag der CDUFraktion betr. einen Sportplan des Bundes, weil er uns Gelegenheit gibt, an dieser Stelle wieder einmal den Bereich der Sportpolitik zu erörtern. Sie werden im Verlauf meiner Ausführungen feststellen, daß wir dieses gewichtige Thema etwas anders angehen, weil wir glauben, daß der von Ihnen bevorzugte Weg eine Lösungsmöglichkeit bietet, die wir nicht unterstreichen sollten.
Die Sozialdemokratische Partei und die Bundestagsfraktion der SPD haben sich nicht erst seit der Vergabe der Olympischen Spiele 1972 an München und Kiel für eine kontinuierliche Sportförderung eingesetzt, die fester Bestandteil einer modernen Gesellschaftspolitik sein muß. Wir sind dem Bundeskanzler dankbar, daß gerade er wiederholt die Wichtigkeit der Aufgaben des Sports in unserer Gesellschaft herausgestellt hat. Bei der Beurteilung der Förderungsmaßnahmen, die im wesentlichen durch den Bund bestimmt werden können, stimmen wir mit der Bundesregierung überein.
Der Bundeskanzler hat die wichtigsten vor uns liegenden Aufgaben so zusammengefaßt:
Schwerpunkte sehe ich vor allem in der stetigen Verbesserung des Schul- und Hochschulsports, dem Bau weiterer Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen für alle Altersgruppen unserer Bevölkerung, wobei wir besonders an unsere Mitbürger denken müssen, die der Rehabilitation und der Resozialisierung bedürfen. Eine wichtige Aufgabe ist es auch, daß wir für den Schul-, Vereins- und Leistungssport über eine ausreichende Zahl von Sportpädagogen, Trainern und Ubungsleitern verfügen.
Soweit der Bundeskanzler.
Es ist unbestritten, daß die Sportförderung des Bundes durch zielgerechte Finanz- und Sachprogramme eine erhebliche Verbesserung erfahren hat, seit Sozialdemokraten die Bundesregierung mittragen. Vor allem in den letzten vier Jahren ist es gelungen, mit dem Deutschen Sportbund und seinen Fachverbänden bzw. dem Bundesausschuß Leistungssport ein enges Zusammenwirken zu erzielen. Ich möchte an dieser Stelle, Herr Kollege Evers, nicht die Argumente aus den Ausschußberatungen zum Bundeshaushalt 1973 wiederholen. Daß Sie aber hier wieder behauptet haben, der Bund fördere nach München den Sport nicht mehr so, wie es notwendig sei - Sie haben das breit ausgeführt, haben viele Zahlen genannt; daß Sie dies getan haben, obwohl wir im Ausschuß bei der Beratung vieler Einzelpositionen genau das Gegenteil belegen konnten, hat mich einigermaßen erstaunt. Denn die Bereitstellung der Sportförderungsmittel im Haushalt 1973 entspricht - das haben doch die Haushaltsberatungen ergeben - voll den Bedürfnissen im Sport dort, wo der Bund in der Verantwortung steht. Man kann nicht die Kompetenzen von Bund, Ländern und Gemeinden hier in einen Topf werfen und so tun, als sei dies nun alles Aufgabe des Bundes. Das ist ein Beispiel dafür, daß die auch heute wieder von der Opposition durch ihren Sprecher verkündete These einer nachlassenden sportpolitischen Verantwortung der Bundesregierung und der SPD absolut nicht zutrifft.
Um das deutlich zu machen: Wenn man von den Sportförderungsmitteln aus dem Jahre 1972 die Kosten der Olympischen Spiele abzieht - Sie haben das hier mit angesprochen -, kommt man eben doch zu dem Ergebnis, daß von einer Kürzung der Mittel keinesfalls die Rede sein kann. Ganz im Gegenteil! Einmal abgesehen davon - auch dies hat uns im Ausschuß erheblich beschäftigt -, daß aus dem sportspezifischen Rhythmus heraus nicht in jedem Jahr gleichbleibend hohe Mittel erforderlich sind, haben doch die Beratungen im Sportausschuß in fast allen Positionen beachtliche Erhöhungen erkennbar gemacht. Und wo es um Reduzierungen ging, ist ausdrücklich erläutert worden, warum das aus bestimmten Gründen so notwendig war. Dies zeigt z. B. die Bereitstellung der Förderungsmittel für zentrale Maßnahmen des Sports sehr nachdrücklich. Hier handelt es sich um Mittel, die dem Deutschen Sportbund und den Fachverbänden zur Verfügung gestellt werden. Es sind - auch diese Zahl haben Sie genannt - in diesem Jahre 23,8 Millionen DM. Diese Mittel wurden mit dem Sportbund und seinen Fachverbänden über den Bundesausschuß zur Förderung des Leistungssports festgelegt. Es sind - auch das sollte gesagt werden - die höchsten Ansätze, die jemals für diese Aufgaben zur Verfügung standen. Für die gleichen Aufgaben - das darf ich in Erinnerung rufen - standen im Jahre 1965 lediglich
4,6 Millionen DM bereit. Und 1968 glaubte der CDU-Innenminister im Haushaltsentwurf noch einen Kürzungsvorschlag von 11 auf 8,2 Millionen unterbreiten zu können. Dies ist damals durch sozialdemokratische Initiativen verhindert worden. 1969 stiegen dann die Mittel schon auf 11,2 Millionen, und die Zahl von 1973 - 23,8 Millionen - haben wir ja zur Kenntnis genommen.
Auch die finanziellen und personellen Voraussetzungen für ein besseres Wirken des Bundesinstituts für Sportwissenschaft sind in diesem Jahre gesichert worden. Herr Dr. Evers, auch hier sollten Sie nicht alles so grau in grau malen. Daß hier Wünsche offengeblieben sind und daß nicht alles so läuft, wie wir es uns gemeinsam gewünscht haben, haben wir bei den Beratungen im Sportausschuß auch gemeinsam festgestellt. Aber nur zu sagen, hier ist alles danebengegangen, halte ich einfach für ebenso überzogen, wie Ihre Bemerkungen, die sich dann sehr breit mit dem Breitensport beschäftigt haben und die hier einfach das Bild entwerfen, dies alles sei in der Zuständigkeit des Bundes und der Bund ziehe sich mit seiner Bemerkung, er sei hier verfassungsmäßig nicht zuständig, nur aus der Verantwortung. Sie wissen doch sehr wohl, daß die Länder ausdrücklich festgestellt haben, daß der Bund hier keine verfassungsmäßigen Zuständigkeiten hat und demgemäß auch nicht fördern darf. Dies sollte nicht unterschlagen werden. Es wäre sicher wünschenswert, wenn die Situation eine andere wäre.
Ich möchte aber die Gelegenheit dieser Aussprache auch nutzen, dem Bundesminister der Verteidigung besonders dafür zu danken, daß die Stellung des Sports in der Bundeswehr erheblich aufgewertet wurde. Die Erhöhung der Sportförderungsmittel im Zeitraum 1972/73 lassen diese erfolgreichen Bemühungen erkennen. Die Maßnähmen, die im Weißbuch 1971/72 angekündigt worden waren, wurden überwiegend schon realisiert oder aber - im Bereich des Sportstättenbaues - eingeleitet und begonnen. Und auch dies sollte gesagt werden: Es ist in Sportfachkreisen unbestritten, daß die Leistungssportler, die der Bundeswehr angehören, über ganz hervorragende Möglichkeiten des Trainings und der Teilnahme an nationalen und internationalen Wettkämpfen verfügen.
In diesem Zusammenhang erwarten wir auch im Bereich der Sportleiterausbildung günstige Auswirkungen auf den Sport in den Vereinen und Verbänden, wenn die Sportschule der Bundeswehr in Warendorf voll funktionsfähig ist. So, wie die Sportlehrer und Sportleiter der Bundeswehr in den Sportvereinen mitwirken sollen, ist es auch sinnvoll, daß die Sportanlagen der Bundeswehr so geplant sind, daß sie in der nicht genutzten Zeit von den Organisationen des Sports und von den Bürgern für sportliche Betätigung mit benutzt werden sollen. Im übrigen sollten bei der Planung zentraler Sportanlagen die Erfahrungen genutzt werden, die mit der Errichtung der Bundesleistungszentren gemacht worden sind. Es ist bekannt, daß es wegen des Fehlens von Gesamtkonzeptionen in früherer Zeit zu Baumaßnahmen gekommen ist, die heute - milde ausgedrückt - als sehr problematisch angesehen werden müssen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir an dieser Stelle auch - ich meine, diese Gelegenheit sollte genutzt werden - ein paar Bemerkungen zur Entwicklung des innerdeutschen Sportverkehrs. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt, daß die Bundesregierung und der Deutsche Sportbund das weitere Vorgehen in den Verhandlungen mit der DDR eindeutig abgestimmt haben. Insofern werten wir die Feststellung am Ende der gemeinsamen Erklärung, die da lautet:
Die Vertreter des DSB baten die Bundesregierung, in Verhandlungen mit der DDR die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß dieser Grundsatz im Rahmen der zwischen dem DSB und dem DTSB abzuschließenden Vereinbarungen verwirklicht wird
als eine nachdrückliche Festigung, was die Bindungen und und Außenvertretung des Westberliner Sports durch die Sportorganisationen der Bundesrepublik Deutschland angeht. Wir sollten gemeinsam wünschen, daß Bundesminister Bahr bei seinen Gesprächen das gelingt, was in den Verhandlungen der Sportorganisationen der beiden deutschen Staaten bisher leider nicht möglich war. Denn wir gehen davon aus, daß bei allen Schwierigkeiten, die wir sicherlich sehen, auch die DDR zu einer Normalisierung der Sportbeziehungen zur Bundesrepublik Deutschland steht, wie dies der Sekretär der SED, Erich Honecker, im Mai dieses Jahres betont hat. So schrieb er auch einer Vereinbarung über die Sportbeziehungen eine besondere Rolle zu und meinte:
Das wird eine neue für die Beteiligten vorteilhafte Seite in der Herstellung gutnachbarlicher Beziehungen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland aufschlagen.
In gleicher Weise äußerten sich der Präsident des Deutschen Turn- und Sportbundes und das Mitglied des SED-Zentralkommitees, Manfred Ewald; er hat dies auch bei den bisherigen Gesprächsrunden mit dem Deutschen Sportbund betont. Ich meine, daß es nicht sinnvoll ist, daß sich die Sportbeziehungen zwischen den beiden Sportorganisationen nur an Medaillenvergleichen orientieren. Außerdem kann die DDR in den Welt-Sportorganisationen auf Dauer wohl kaum logische Gründe dafür angeben, daß sie die geringsten Sportbeziehungen ausgerechnet zu ihrem unmittelbaren Nachbarn, der Bundesrepublik Deutschland, hat.
Was die weiteren Förderungen des Sports in der Bundesrepublik angeht, so sind wir im Rahmen der bundespolitischen Möglichkeiten gemeinsam mit der Bundesregierung bemüht, die notwendige Ausgewogenheit zwischen der Förderung des Leistungssports auf der einen, des Breiten- und Freizeitsports auf der anderen Seite zu erreichen.
Es entspricht uneingeschränkt sozialdemokratischer Sportpolitik, daß wir den Leistungssportlern die möglichen und vertretbaren Unterstützungsmaßnahmen gewähren. Um dies praxisnah zu erreichen, hat die Sozialdemokratische Partei die Mitwirkungs2772
möglichkeiten von Sportlern, Trainern und Mitarbeitern der Sportorganisationen im Sportbeirat beim Vorstand der SPD erheblich ausgeweitet - eine Entwicklung, die sich übrigens in der gesamten Parteigliederung vollzieht. Denn wir sind bemüht, dabei zu helfen, objektive Nachteile der Leistungssportler zu verhindern. Andererseits kann es nicht Sinn einer ausgewogenen Sportpolitik sein, möglicherweise besondere Privilegien für eine relativ kleine, wenn auch öffentlichkeitswirksame Gruppe von Mitbürgern zu schaffen. Dieser Auffassung stimmen im übrigen auch die Führungskreise des Deutschen Sportbundes zu.
Um den vorliegenden Antrag der CDU/CSU sachlich gerecht zu beurteilen, waren diese Bemerkungen meines Erachtens notwendig.
In diesen Tagen hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund in einer umfangreichen Stellungnahme zu dem Antrag der Opposition auch erhebliche Bedenken angemeldet. Wir glauben, daß die Darlegungen dieses kommunalen Spitzenverbandes bei den weiteren Überlegungen und Beratungen sorgsam bedacht werden sollten.
Wenn man, Herr Kollege Evers, von dem vorliegenden Antrag einmal die Forderungen abzieht, die durch die laufenden sportpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung bereits geplant sind, die eingeleitet oder verwirklicht wurden, so verbleibt im wesentlichen - Sie haben auch darauf Bezug genommen - ein Katalog von haushaltstechnischen und hauhaltsrechtlichen Maßnahmen übrig. Hierzu wird die Bundesregierung im weiteren Verlauf der Debatte wahrscheinlich noch einiges zu sagen haben. Wir sind allerdings der Meinung, daß die wichtigen gesellschaftspolitischen Aufgaben des Sports allein auf die Weise, wie sie von der CDU/CSU angedeutet sind, nicht zu lösen sind.
Es wird in der Einleitung dieses Antrags zwar eine angeblich weitgehend unkoordinierte Aufgabenteilung beklagt, Alternativen dazu hat die CDU/CSU in der bisherigen Sportpolitik allerdings nicht aufzeigen können. Und haushaltstechnische Maßnahmen allein, Herr Kollege Evers, können doch fraglos keine Kompetenzverlagerungen und Strukturveränderungen bewirken.
Sicherlich ist die Forderung in Ihrem Antrag eine populäre Forderung, von der Bundesregierung zu verlangen, im Zuständigkeitsbereich Lotteriewesen der Bundesländer die notwendige Voraussetzung dafür zu schaffen, daß die Aktion „Glücksspirale" zugunsten der allgemeinen Sportförderung, der Vereinshilfe und des Sport- und Freizeitstättenbaus fortgesetzt werden kann. So wünschenswert dies auch aus unserer Sicht ist, es kann doch den Kollegen der CDU/CSU nicht entgangen sein, daß die für diesen Bereich zuständigen Bundesländer durch ihre Finanzminister und die Konferenz der Länder-Innenminister beschlossen haben, die „Glücksspirale" über das Jahr 1974 hinaus nicht fortzusetzen.
Diese Anmerkungen, meine Damen und Herren, hielt meine Fraktion für notwendig, um nicht dazu beizutragen, daß vor allem bei den Sportorganisationen, aber auch hier im Hause, falsche Hoffnungen im
Zusammenhang mit den Möglichkeiten, die sich aus dem Inhalt der Bundestagsdrucksache 7/622 ergeben, geweckt werden.
Die sozialdemokratische Fraktion stimmt im übrigen dem Überweisungsvorschlag zu.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Meine Damen und Herren, ich unterbreche nunmehr die Sitzung bis 14 Uhr. Um 14 Uhr wird die Fragestunde aufgerufen.
({1})
Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.
Ich rufe auf die
Fragestunde
- Drucksache 7/990 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers der Justiz. Die Frage 1 ist eingebracht von dem Herrn Abgeordneten Lenzer. Der Herr Fragesteller hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Zur Beantwortung der Frage steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Haack zur Verfügung. Die Frage 2 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Geßner eingebracht. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal, die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Herold zur Verfügung. Die Frage 3 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) eingebracht:
Was veranlaßt die Bundesregierung, nach den deprimierenden Aussagen des Chefideologen der DDR, Hager, daß es zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland nicht einmal kulturelle Gemeinsamkeiten gebe und eine einheitliche deutsche Kultur ebensowenig existiere wie eine deutsche Kulturnation, trotzdem zu behaupten, daß es nach Aufnahme beider Staaten in die UNO ein Nebeneinander gäbe und sogar in vielen Fragen ein Miteinander?
Herr Präsident, ich darf die Frage wie folgt beantworten:
Herr Kollege, der Artikel des Politbüromitglieds Kurt Hager im „Neuen Deutschland" vom 18. August 1973, auf den Ihre Frage abzielt, ist ein Beitrag zum Thema „ideologische Abgrenzung", das für den Bereich der Kultur präzisiert wird. Weder die These von den zwei Nationen noch die von der sozialistischen Kultur ist neu. Unbeschadet der Gemeinsamkeiten der Geschichte, der Sprache, der Kultur und der kulturellen Tradition, auf die Honecker auf der 9. Tagung des Zentralkomitees hingewiesen hat, geht es der SED-Führung auch bei
der kulturellen Abgrenzung - entsprechend der Funktion der Abgrenzung als Kehrseite der Medaille dessen, was man auf der anderen Seite „friedliche Koexistenz" nennt - um die Stärkung der eigenen ideologischen Positionen. Allein von diesen Positionen aus glauben die Verantwortlichen in der DDR das Nebeneinander mit vermehrten Begegnungen und Kontakten zu Menschen aus dem anderen deutschen Staat und in der Zukunft ein Miteinander durchstehen zu können. Entschiedene Abgrenzung ist nach Ansicht der DDR-Führung also das notwendige Gegengewicht zu jeder Art von Vertragspolitik mit der Bundesrepublik Deutschland.
In der dritten Lesung des Gesetzes zum Grundvertrag hat Minister Egon Franke vor diesem Haus erklärt: „Wer jedesmal in eine neue Enttäuschung und neuen Pessimismus verfällt, wenn die DDR im Sinne der Abgrenzung spricht oder agiert, der gibt sich als Opfer einer falschen Erwartung zu erkennen."
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie hat die Bundesregierung auf die Vorstellungen des Chefideologen Hager reagiert?
Wir haben hierzu mehrfach unsere Meinung, vor allen Dingen zu den Begriffen „Nation" und „deutsche Nation", zum Ausdruck gebracht. Die Verantwortlichen dieser Bundesregierung, an der Spitze der Herr Bundeskanzler, haben mehrfach ganz klar ihre Ansicht zu diesem Komplex vertreten und dies unabhängig von Äußerungen von Vertretern der DDR.
Eine weitere Zusatzfrage.
Hat die Bundesregierung zu dieser Äußerung oder auf diese Äußerung hin Stellung genommen?
Wir sehen uns nicht veranlaßt, zu der Äußerung Stellung zu nehmen, weil genügend Gelegenheit bestand, die Haltung der Bundesregierung auch in diesem Hause darzulegen. Es wäre meines Erachtens müßig, auf jede Äußerung aus der DDR einzugehen, die zu dem in Rede stehenden Thema von irgendeinem Verantwortlichen drüben gemacht wird; denn unsere Stellung in dieser Frage ist klar.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit ist Ihr Geschäftsbereich abgeschlossen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Zander zur Verfügung. Die Frage 4 ist von dem Herrn Abgeordneten Immer eingebracht:
In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung der Tatsache Rechnung zu tragen, daß die Bewilligungsrichtlinien des Ausbildungsforderungsgesetzes dann soziale Härten verursachen, wenn beim Todesfall der Mutter des Förderungsberechtigten der bisher anrechnungsfähige Freibetrag entfällt, obwohl die Ausgaben für die weitere Versorgung der Familie erheblich ansteigen und im Einzelfall erheblich über den Freibetrag hinausgehen können?
Herr Kollege Immer, die Höhe der Freibeträge vom Einkommen sowohl der miteinander verheirateten und nicht dauernd getrennt lebenden Eltern wie auch des alleinstehenden Elternteils ist in § 25 Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt. Rechtsgrundlage für die hier angesprochene Regelung sind danach nicht Bewilligungsrichtlinien der ausführenden Verwaltungsbehörden, sondern ist das Gesetz selbst.
Der Freibetrag vom Einkommen der miteinander verheirateten und nicht dauernd getrennt lebenden Eltern beträgt 800 DM, der des alleinstehenden Elternteils 500 DM. Beide Freibeträge erhöhen sich um zusätzliche Beträge für den Auszubildenden und weitere unterhaltsberechtigte Angehörige. Der Freibetrag von 500 DM gilt für jeden alleinstehenden Elternteil in gleicher Weise ohne Rücksicht darauf, ob das Alleinstehen durch den Tod des anderen Elternteils, durch Scheidung oder durch dauerndes Getrenntleben verursacht ist. Dasselbe gilt auch für die Elternteile eines nichtehelichen Auszubildenden. Ein Grund für eine unterschiedliche Bemessung des Freibetrages entsprechend den unterschiedlichen Ursachen des Alleinstehens ist nicht erkennbar.
Außergewöhnliche Aufwendungen, die dem alleinstehenden Elternteil im Bewilligungszeitraum zwangsläufig entstehen und denen er sich aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, insbesondere außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 und 33 a des Einkommensteuergesetzes, können zur Vermeidung unbilliger Härten ebenfalls nach § 25 Abs. 6 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes durch einen weiteren Freibetrag vom Einkommen des Elternteils berücksichtigt werden. Solche Aufwendungen können auch dadurch entstehen, daß durch den Tod der Mutter deren bisherige Tätigkeit für die Familie entfällt und durch zusätzliche Kosten verursachende Leistungen Dritter ersetzt werden müssen. Die Aufwendungen sind bei dem Amt für Ausbildungsförderung geltend zu machen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Damit ist die Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf. Zur Beantwortung steht Herr Bundesminister Dr. Eppler zur Verfügung. Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Gewandt auf. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal, so daß beide Fragen - 5 und 6 - schriftlich beantwortet werden. Die Antworten wer2774
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
den als Anlagen abgedruckt. - Herr Minister, ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Die eingebrachten Fragen des Herrn Abgeordneten Glombig - 35 -, der Frau Abgeordneten Eilers - 36 und 37 - und des Herrn Abgeordneten Immer - 38 - werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Bundesminister Genscher zur Verfügung. Die erste Frage - Frage 7 - ist von dem Herrn Abgeordneten Augstein eingebracht worden:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß auf Grund von § 18 Abs. 4 des Bundesbesoldungsgesetzes bei einem Abiturienten, der sich als Zeitsoldat z. B. zwei oder drei Jahre verpflichtet, nur der Grundwehrdienst von 15 Monaten für die Gewährung von Kindergeld nach dem 27. Lebensjahr angerechnet wird, und wie gedenkt die Bundesregierung dem entgegenzuwirken, daß derjenige Beamte besser gestellt ist, dessen Sohn zwei oder drei Jahre zu Hause auf den Studienplatz wartet, als derjenige Beamte, dessen Sohn die Zeit als Zeitsoldat bei der Bundeswehr überbrückt?
Die Regelung des § 18 Abs. 4 des Bundesbesoldungsgesetzes enthält die von Ihnen, Herr Abgeordneter, dargelegte Rechtsfolge. Dem Gesetzgeber ging es bei dieser Regelung darum, die Zahlung von Kinderzuschlag nach vollendetem 27. Lebensjahr des Kindes nach Möglichkeit einzuschränken und die Verwaltung vor differenzierten Einzelprüfungen zu bewahren.
Bei der Entwicklung im Hochschulbereich und derdamit verbundenen verstärkten Einführung des sogenannten Numerus clausus halte ich diese Regelung nicht mehr für angemessen. Ich werde mich für eine Änderung einsetzen.
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Ich rufe die Frage 8 des Herrn Abgeordneten Hansen auf. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Er hat noch eine weitere Frage, die Frage 9, gestellt. Beide Fragen, Herr Minister, werden dann schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die nächsten Fragen - 10 und 11 - sind von Herrn Abgeordneten Spranger eingebracht worden. Ich frage, ob der Herr Abgeordnete im Saal ist. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Beide Fragen werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Gierenstein auf. - Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Blumenfeld hat um schriftliche Beantwortung der beiden von ihm eingereichten Fragen 13 und 14 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Milz auf:
Wann kann damit gerechnet werden, daß für die militärischen Flugzeugprüfer die gleiche Zulage von 120 DM gewährt wird. wie sie den zivilen Flugzeugprüfern im Angestelltenverhältnis seit nunmehr dem 1. April 1971 gezahlt wird?
Prüfer von Luftfahrtgerät, die im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden, sind in die Vergütungsgruppen BAT VI b, V c und V b eingruppiert. Besonders qualifizierte Prüfer der Vergütungsgruppe BAT V b mit bestimmten Aufgaben erhalten nach drei- bis fünfjähriger entsprechender Tätigkeit eine Zulage von 120 DM monatlich.
Bei Beamten oder Soldaten, die als Prüfer von Luftfahrtgerät Verwendung finden, werden die mit dieser Tätigkeit verbundenen Anforderungen bewertet und entsprechenden Ämtern zugeordnet. Herausgehobene Funktionen werden bereits bei der Bewertung der Dienstposten berücksichtigt. Eine besondere Zulage, die der erwähnten Zulage für Prüfer im Angestelltenverhältnis entspricht, können sie daher nicht erhalten.
Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Kollege? - Nein. Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe dann die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Milz auf:
Ist es möglich, die militärischen Flugzeugprüfer nach A 9 einzuweisen, zumal vergleichsweise zivile Flugzeugprüfer nach BAT V b eingewiesen worden sind?
Besoldungsrechtlich bestehen gegen eine Einweisung von Hauptfeldwebeln, die als Prüfer von Luftfahrtgerät eingesetzt werden, in die Besoldungsgruppe A 9 keine Bedenken, sofern sie entsprechend qualifizierte Tätigkeiten ausüben. Die für eine Einweisung in die Besoldungsgruppe A 9 zur Verfügung stehenden Planstellen sind allerdings auf 10 v. H. der Hauptfeldwebelstellen beschränkt. Ob eine Erhöhung des Anteils der Hauptfeldwebel in der Besoldungsgruppe A 9 notwendig ist, wird derzeit geprüft.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Minister, läßt sich absehen, wann diese Prüfung abgeschlossen sein wird?
Das kann man im Augenblick noch nicht sagen. Aber sie wird - wie alle wichtigen Aufgaben - mit der gebotenen Dringlichkeit durchgeführt, Herr Abgeordneter.
Keine weiteren Zusatzfragen? - Herr Minister, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich Ihres Hauses beantwortet.
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf, weil vom Finanzministerium im Augenblick niemand da ist. Ich werde Gelegenheit nehmen, die Bundesregierung zu bitten, daß die Ressorts, die mit Fragen auf der Tagesordnung der Fragestunde stehen, unabhängig von der Anwesenheit der Abgeordneten hier vertreten sind.
({0})
Die Frage 24 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die nächste Frage - Frage 25 - ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Fuchs eingebracht:
Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige konjunkturelle Entwicklung in den wirtschaftsschwachen Räumen, insbesondere im Zonenrandgebiet, vor allem auch in Hinsicht auf die Auswirkungen im Hoch- und Tiefbau?
Herr Kollege, ich bitte um Entschuldigung.
({0})
Herr Abgeordneter, diese Frage betrifft offensichtlich, wenn ich mir das Haus ansehe, nicht nur die Regierung.
({0})
Vielen Dank, Herr Präsident, für diese Unterstützung. Ich habe tatsächlich nicht damit gerechnet, daß ich so rasch drankommen würde.
Der Bundesregierung, Herr Kollege, sind bisher keine Anzeichen für besorgniserregende regionale und sektorale Fehlentwicklungen bekannt. Eine deutliche Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Dynamik ist noch nicht erkennbar. Wohl aber beginnen die Maßnahmen zur Reduzierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage zu wirken. Hierdurch werden die Voraussetzungen für eine Dämpfung des Preisauftriebs verbessert. Auch den Grenzbetrieben kommen die Vorteile dieser gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen zugute.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, wie bringen Sie mit Ihrer Aussage die Tatsache in Übereinstimmung, daß etwa nach einer Untersuchung der Handwerkskammern von Niederbayern und der Oberpfalz im Hochbau nur Aufträge bis höchstens Mitte Oktober und im Tiefbau lediglich bis Mitte September vorliegen und auch die möglichen Anschlußaufträge völlig unbefriedigend sind?
Herr Kollege, wir haben alle Nachrichten, die uns in dieser Hinsicht zugegangen sind, sehr sorgfältig geprüft. Es ist ein in allen Wirtschaftszweigen ganz normaler Vorgang, daß die Auftragseingänge und der Auftragsvorrat schwanken. Daraus etwa Schlußfolgerungen zu ziehen, die es erlauben würden, eine besorgniserregende Feststellung zu treffen, ist unserer Meinung nach nicht berechtigt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie befürchten also nicht, daß im Herbst und im Winter und auch im nächsten Frühjahr in den wirtschaftsschwachen Räumen, vor allem im Zonenrandgebiet, eine erheblich stärkere Arbeitslosigkeit auftreten wird, da die Baukonjunktur in diesen Gebieten ja eine besondere Bedeutung hat?
Für eine solche Befürchtung bestehen im Augenblick keine nachprüfbaren konkreten Anhaltspunkte. Wir werden die Entwicklung selbstverständlich im Auge behalten. Entwicklungen, wie Sie sie soeben dargestellt haben, sind jedoch nicht Ziel unserer Konjunkturpolitik.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß auch in den wirtschaftsschwachen Räumen des Landes Nordrhein-Westfalen auf Grund des minderen Auftragsbestandes nicht nur in vielen Hochbaubetrieben bereits Kurzarbeit geleistet wird, sondern schon erste Entlassungen vorgenommen werden?
Herr Kollege, darf ich Ihnen zunächst einmal sagen, daß nach den Richtlinien für die Geschäftsordnung Ihre Frage sicher nicht in dem gewünschten unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage steht. Aber bitte, Herr Staatssekretär, ich nehme an, daß Sie im Interesse der Öffentlichkeit antworten wollen.
Ja, Herr Kollege, selbstverständlich sind uns diese Zahlen bekannt. Aber ich muß darauf hinweisen, daß diese Zahlen nicht etwa ein allgemeines Bild widerspiegeln, sondern daß sie auf eine bestimmte Branche und auch auf bestimmte Unternehmen innerhalb dieser Branche bezogen sind. Es ist selbstverständlich, daß die Restriktionspolitik der Bundesregierung Auswirkungen haben mußte, die sich auch in solchen Erscheinungen niederschlagen.
Ich rufe die nächste Frage des Herrn Dr. Fuchs, die Frage 26, auf:
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu ergreifen, um zu verhindern, daß in diesen Gebieten ein Konjunkturrückschlag erfolgt, der früher und tiefgreifender als in anderen Regionen auftritt und ein erhebliches Ansteigen der Arbeitslosenzahlen mit sich bringt?
Herr Kollege, falls die konjunkturelle Entwicklung in bestimmten Regionen und Sektoren zu ernster Besorgnis Anlaß geben sollte, wird die Bundesregierung prüfen, inwieweit die gezielten Maßnahmen der regionalen und sektoralen Strukturpolitik verstärkt einzusetzen sind. Auch der Einsatz der konjunkturpolitischen Maßnahmen wird im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung einer ständigen Prüfung unterzogen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung in diesem Zusammenhang bereit, wie die Kammern es gefordert haben, ein Vorsorgeprogramm zur Stützung vor allem der Baukonjunktur in wirtschaftlich schwachen Gebieten zu entwickeln?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat auch diesen Vorschlag mit Interesse aufgenommen. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß gerade in diesem Bereich die Möglichkeiten für konkrete Vorsorgemaßnahmen der Bundesregierung außerordentlich beschränkt sind und daß es sich hier mehr um Vorsorgeplanungen von Gemeinden und Ländern handeln muß, soweit die öffentliche Hand dafür in Frage kommt. Die Bundesregierung wird selbstverständlich, wenn das unter konjunkturellen Gesichtspunkten auch etwa regional erforderlich ist, erforderliche Maßnahmen einleiten, die ihr im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verfügung stehen, und sie wird gesamtkonjunkturell gesehen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um etwa eine tiefgreifende Veränderung unserer wirtschaftlichen Lage im negativen Sinne zu verhindern, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte und konkrete Ergebnisse vorhanden sind.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie im teilweisen Gegensatz zu früheren Ausführungen doch eine gewisse Regionalisierung der Konjunkturpolitik für notwendig und zweckmäßig erachten?
Nein, Herr Kollege, das dürfen Sie aus diesen Ausführungen nicht entnehmen, sondern wir haben immer betont, daß wir eine Regionalisierung der Konjunkturpolitik nicht für möglich halten. Wir haben aber gleichzeitig darauf hingewiesen, daß, wenn in bestimmten Regionen Schwierigkeiten besonderer Art auftreten, die sich von
denen in anderen Regionen unterscheiden, die Mittel des regionalen Strukturprogramms im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe verstärkt eingesetzt werden können und daß wir dazu bereit sind.
Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten Jaunich auf:
Fördert bzw. unterstützt die Bundesregierung derzeit Forschungsvorhaben zu Gebirgsschlagverhütung im Kohlenbergbau unter Tage, und wenn ja, in welchem Umfang?
Ich bitte, Herr Präsident, die Fragen im Zusammenhang beantworten zu dürfen.
Ist der Herr Fragesteller einverstanden?
({0})
Dann rufe ich auch die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Jaunich auf:
Ist die Bundesregierung bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, die dem Ziel dienen, die von Gebirgsschlägen ausgehenden Gefahren für Bergbauangehörige unter Tage zu verhindern?
Herr Kollege, die Bundesregierung mißt den Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes der im untertägigen Bergbau Beschäftigten große Bedeutung bei. Dies kommt schon darin zum Ausdruck, daß die Bundesrepublik neben dem Land Nordrhein-Westfalen und der BergbauBerufsgenossenschaft Gesellschafter der Versuchsgrubengesellschaft mbII in Dortmund ist. Dieser Gesellschaft obliegt es, zur Erforschung und Bekämpfung der Unfallgefahren und Berufskrankheiten im Bergbau auf wissenschaftlicher Grundlage Untersuchungen und praktische Versuche vorzunehmen. Seit diesem Jahr hat die Bundesregierung auch die Möglichkeit, im Zusammenhang mit der Förderung der Erstinnovation im Steinkohlenbergbau in begrenztem Umfang Vorhaben zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen.
Im Rahmen der Arbeitsteilung zwischen den einzelnen mit sicherheitlichen Fragen im Bergbau befaßten Instituten werden Fragen zur Verhütung von Gebirgsschlägen vorwiegend durch Stellen des Steinkohlenbergbauvereins untersucht. Die entsprechenden Forschungsvorhaben wurden und werden durch das Land Nordrhein-Westfalen und die Europäischen Gemeinschaften gefördert. Bei der Vergabe von Forschungsmitteln durch die Europäischen Gemeinschaften befürwortete die Bundesregierung stets derartige Vorhaben. Sie wird dies auch weiterhin tun.
Ferner wird im Zusammenhang mit der beabsichtigten Vereinheitlichung und Reform des Bergrechts durch Erlaß eines Bundesberggesetzes erwogen, eine Bundesanstalt zu gründen. Ihre Aufgabe soll unter anderem darin bestehen, Probleme der Grubensicherheit wissenschaftlich zu erforschen und zu einer Lösung beizutragen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, wann ist mit der Errichtung dieser Bundesanstalt zu rechnen?
, Grüner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich kann Ihnen hier leider keine terminliche Voraussage machen, weil hier zwischen den Beteiligten, die Träger einer solchen Anstalt werden sollen, noch Verhandlungen im Gange sind. Es wird aber von seiten der Bundesregierung mit höchstmöglicher Beschleunigung an diesem Projekt gearbeitet.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.
Herr Staatssekretär, Sie führten eben an, daß die Bundesregierung beabsichtigt, ein Bundesberggesetz einzuführen. Wann, glauben Sie, werden die ersten Verhandlungen in dieser Sache geführt, und wann etwa ist mit dem Inkrafttreten dieses Bundesberggesetzes zu rechnen?
Herr Kollege, ich muß gestehen, daß ich auf diese Frage nicht vorbereitet war. Es geht ja um eine Vereinheitlichung und eine Reform des Bergrechts in Gestalt eines neuen Berggesetzes. Ich kann Ihnen leider im Augenblick nicht sagen, wie die Planungen hier aussehen, wann wir hoffen können, mit diesem Bundesberggesetz vor den Bundestag zu treten. Aber ich werde diese Frage selbstverständlich zum Anlaß nehmen, Ihnen direkt Bescheid zu geben.
Die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Höcherl, der nicht im Saal ist, wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft beantwortet. Ich danke Ihnen.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Hermsdorf zur Verfügung.
Die Frage 17 ist von der Abgeordneten Frau Däubler-Gmelin eingebracht. - Die Frau Kollegin ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Der Herr Abgeordnete Christ hat die von ihm eingebrachte Frage 18 zurückgezogen.
Die Frage 20 ist von dem Herrn Abgeordneten Reiser eingebracht:
Aufgrund welcher Rechtslage kann deutscher Polizei und deutschen Rettungsdiensten Hilfeleistung im Bereich amerikanischer Militäranlagen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland verwehrt werden, wenn durch einen Unglücksfall Menschenleben in Gefahr und Bürger der Bundesrepublik Deutschland betroffen sind und amerikanische Sicherheitsorgane ({0}) nicht rechtzeitig reagieren, wie dies bei einem Vorfall am
17. August 1973 im US-Munitionsdepot bei Langen/Hessen versucht worden ist?
Herr Kollege Reiser, nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Entsendestaaten können die in der Bundesrepublik stationierten ausländischen Streitkräfte auf den ihnen überlassenen Liegenschaften die Maßnahmen treffen, die zur befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlich sind. Dabei haben sie aber sicherzustellen, daß deutsche Behörden die zur Wahrnehmung deutscher Belange erforderlichen Maßnahmen innerhalb der Liegenschaften durchführen können. Das bedeutet, daß grundsätzlich der deutschen Polizei und dem deutschen Rettungsdienst der Zutritt gewährt werden muß, wenn dies im deutschen Interesse erforderlich ist und besondere Gründe - etwa der militärischen Sicherheit - nicht entgegenstehen. Diese Auffassung wird auch von den amerikanischen Streitkräften geteilt.
Bei dem von Ihnen angesprochenen Vorfall dürfte es sich um einen Einzelfall handeln, der auf den Übereifer eines Mitglieds des Wachpersonals zurückzuführen ist. Nach meinen Informationen war es der deutschen Polizei und dem Rettungsdienst schließlich doch noch möglich, die Anlage zu betreten und die Rettungsmaßnahmen zu treffen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie werden mir vielleicht recht geben, wenn ich sage: Es ist natürlich kein Verfahren, wenn Wachpersonal deutsche Rettungsstellen mit dem Gewehr bedroht.
Ich gebe Ihnen recht. Aber Sie werden auch mir recht geben, wenn ich Ihnen sage, daß trotz aller Bemühungen zwischen den deutschen Behörden und den alliierten Streitkräften natürlich nicht eine absolute Garantie dafür gegeben ist, daß sich jeder Soldat richtig verhält.
Die Frage 21 ist von dem Herrn Abgeordneten Abelein eingebracht. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal, so daß diese Frage und auch die von ihm eingebrachte Frage 22 schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Wir kommen dann zu der Frage 23 des Herrn Abgeordneten Berger. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal; auch seine Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen.
Herr Präsident, darf ich noch
die Gelegenheit benutzen, mich bei dem Hohen Hause dafür zu entschuldigen, daß ich zu spät gekommen bin. Ich ersehe daraus - wobei ich wieder um eine Erfahrung reicher bin -: man kann sich auf nichts mehr verlassen.
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Herr Staatssekretär, Sie wissen, in diesem Hause ist nichts beständiger als die Unbeständigkeit der Terminplanungen. Ich danke Ihnen.
Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Logemann steht zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Dr. Ritz auf:
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß der im Jahr 1973 gegen alle Erwartungen um 110 Millionen DM auf 590 Millionen DM reduzierte Aufwertungsausgleich ({0}) für die deutsche Landwirtschaft ausreichen wird, um die entstandenen Verluste im Jahr 1973 auszugleichen?
Herr Kollege Dr. Ritz, nach § 1 Nr. 3 des Durchführungsgesetzes zum Aufwertungsausgleichsgesetz vom 5. Juni 1970 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 4 und Art. 2 der Verordnung ({0}) Nr. 2464/69 des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Dezember 1969 ist der Direktausgleich nach der Fläche degressiv zu gestalten, wobei sich die Degression nach dem Maß der abnehmenden Mitfinanzierung durch die Gemeinschaft richtet. Mit Schreiben vom 14. Juni 1973 hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften der Bundesregierung mitgeteilt, daß nach Prüfung der Finanzlage des EAGFL, Abteilung „Garantie", eine Beteiligung der Gemeinschaft an der Finanzierung des Aufwertungsausgleichs im Jahre 1973 nicht in Betracht komme. Daraus ergibt sich nach § 1 Nr. 3 des genannten Durchführungsgesetzes für das Haushaltsjahr 1973 automatisch ein Plafond von 590 Millionen DM für den Direktausgleich. Im übrigen steht dem Rückgang des Flächenausgleichs ein Anwachsen des Ausgleichs über die Mehrwertsteuer gegenüber.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, steht die Kürzung im Einklang mit den Ergebnissen des Aufwertungsberichts der Bundesregierung? Dies sind ja unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Einkommensnachteilen der eigentliche Kern und die Aufgabe des Aufwertungsausgleichs.
Ich übersehe nicht, wieweit sich die Kommission von dieser Entscheidung hat leiten lassen. Ich habe soeben berichtet, wie es sich entwickelt hat. Das
Schreiben vom 14. Juni 1973 enthielt die Mitteilung, daß Zusatzzahlungen nicht erfolgen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung, unterstellt, daß die Ergebnisse des Aufwertungsberichts die volle Summe von 700 Millionen DM notwendig machen, bereit, zu prüfen, inwieweit man dies aus nationalen Mitteln leisten könnte?
Das haben wir durchaus überlegt. Ich darf aber in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, daß es für mich etwas schwierig ist, gerade diese Frage hier zu beantworten. Ich habe bereits gesagt, daß dem Rückgang des Flächenausgleichs ein Anwachsen des Ausgleichs über die Mehrwertsteuer gegenübersteht. Ich möchte eigentlich nicht deutlicher werden, Herr Kollege Dr. Ritz.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Dr. Ritz auf:
Wie gedenkt die Bundesregierung ab 1974 die aus der Aufwertung der Deutschen Mark im Jahre 1969 der deutschen Landwirtschaft entstandenen Verluste auszugleichen, nachdem das Bundesministerium für Finanzen erklärt hat, daß es sich bei den Ausgleichszahlungen um „in 1973 auslaufende Zahlungen für Folgen der D-Mark-Aufwertung vom 27. Oktober 1969" handele?
Herr Kollege Dr. Ritz, die Bundesregierung hat durch Kabinettsbeschluß vom 5. September 1973 für eine Fortsetzung des Aufwertungsausgleichs 400 Millionen DM in den Entwurf des Haushaltsplans 1974 und weitere 300 Millionen DM in den Finanzplan für 1975 eingestellt und bejaht grundsätzlich auch eine Weiterführung im Jahre 1976. Dabei hängt die endgültige Entscheidung über die Verwendung der Mittel von einer vor Ende des Jahres 1973 vom Rat der Europäischen Gemeinschaften an Hand eines Berichts der Kommission zu treffenden Entscheidung ab, wie es Art. 2 der EWG-Verordnung Nr. 2464/69 vorschreibt.
Herr Kollege, die vom Bundesminister der Finanzen in der Darstellung der Entwicklung der Bundesfinanzen im ersten Halbjahr 1973 - Bulletin Nr. 101 vom 30. August 1973 Seite 1013 - benutzte Formulierung „auslaufende Zahlungen" gibt lediglich den derzeitigen Rechtszustand nach § 1 des Durchführungsgesetzes zum Aufwertungsausgleichsgesetz wieder, ohne die anstehende Ratsentscheidung vorwegzunehmen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da die Regierung offensichtlich nicht in der Lage ist, heute zu sagen, in welcher Form sie den Aufwertungsausgleich durchführen will, nachdem auf Grund der
Haushaltsbeschlüsse des Kabinetts entsprechende Mittel bereitgestellt sind und vergeben werden sollen, darf ich Sie fragen, ob Sie wenigstens an dem Grundsatz festhalten, daß diese Mittel entsprechend den durch die Aufwertung eingetretenen wirtschaftlichen Verlusten einkommenswirksam verwandt werden sollen.
Darum werden wir uns bemühen. Es gibt hier verschiedenste Überlegungen, die natürlich noch durchgeprüft werden müssen.
Vizepräisdent Dr. Schmitt-Vockenhausen: Keine weiteren Zusatzfragen.
Die Fragen 32 und 33 des Abgeordneten Löffler werden schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Die Frage 34 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erledigt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung steht der Parlamentarische Staatssekretär Berkhan zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 39 des Abgeordneten Dr. Schwencke auf :
Trifft es zu, daß zum Herbst dieses Jahres im Bundesministerium der Verteidigung eine „Studie" erarbeitet wird, die auch unter Berücksichtigung sozialer und struktureller Gegebenheiten Materialienbedarf und die Produktionsstätten von Materialien für die Bundeswehr im Zusammenhang beurteilt und die quantitativen Erfordernisse auswertet, und wenn ja, wie ist der Stand der Erhebung, welche Ergebnisse liegen vor und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung zu ziehen?
Die Frage der Auslastung vorhandener Rüstungskapazitäten beschäftigt das Verteidigungsressort seit Jahren, insbesondere auf Gebieten, auf denen den Firmen ein Ausweichen in den zivilen Bereich nicht möglich ist, d. h. bei Kapazitäten, die mit spezifischem Rüstungsmaterial befaßt sind, z. B. bei Waffen und Munition.
Beim Aufbau der Bundeswehr haben sich frühere Bundesregierungen bemüht, im Inland nur in dem unumgänglich notwendigen Umfang Rüstungskapazitäten entstehen zu lassen. Nach diesem Grundsatz wird auch heute noch verfahren. Wenn heute trotzdem auf verschiedenen Gebieten Überkapazitäten bestehen, so ist das darauf zurückzuführen, daß der in der Aufbauzeit der Bundeswehr auf allen Gebieten vorhandene große Anfangsbedarf im wesentlichen gedeckt ist.
Das Bundesministerium der Verteidigung hat Untersuchungen eingeleitet, um den derzeitigen Stand der Problematik in den kritischen Industriezweigen festzustellen. Anschließend sind Lösungen zu finden, die sowohl dem Interesse der Bundeswehr an einer wirtschaftlich optimalen Bedarfsdeckung mit Rüstungsgütern als auch dem Interesse der Wirtschaft an einer ausreichenden, kontinuierlichen und die Arbeitsplätze sichernden Auftragserteilung entsprechen.
Das Bundesministerium der Verteidigung ist bestrebt, die betroffenen Industriezweige und Firmen rechtzeitig über die künftige Entwicklung zu informieren, um diesen die Möglichkeit zu geben, sich auf freiwilliger Basis an die unabänderlichen Gegebenheiten anzupassen. Gerade bei Industriezweigen oder Firmen, die überwiegend auf dem Gebiet der Rüstung tätig sind, wird immer die Schwierigkeit bestehen, daß einerseits die Bundeswehraufträge durch den Verteidigungshaushalt beschränkt sind, andererseits diese Firmen wegen der restriktiven Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung kaum auf Auslandsmärkte ausweichen können.
Die Untersuchungen sind zur Zeit im Gange. Ergebnisse erwarte ich für Ende dieses Jahres, eventuell Anfang nächsten Jahres. Diese Ergebnisse werden selbstverständlich mit dem Bundesministerium für Wirtschaft abgestimmt.
Das Bundesministerium der Verteidigung wird bestrebt sein, bei notwendigen Kapazitätsreduzierungen soziale Härten nach Möglichkeit zu vermeiden. Flankierende Maßnahmen zur Beschaffung neuer Arbeitsplätze durch das jeweilige Landeswirtschaftsministerium sollen dabei helfen.
Herr Abgeordneter, haben Sie eine Zusatzfrage?
Ja, bitte. - Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß bei der Studie, von der hier in der Frage gesprochen wird, vor allem auch die strukturelle Erschwernis mit berücksichtigt werden soll, und ist es in diesem Zusammenhang richtig, daß bereits vor wenigen Tagen auf Ihre Anregung hin eine Zusammenkunft stattgefunden hat, wo die Firmen diese Fragen vordiskutiert haben?
Den zweiten Teil Ihrer Zusatzfrage vermag ich nicht zu beantworten. Ich werde dem nachgehen. Ich habe nicht alle Termine der nachgeordneten Dienststellen im Kopf. Das müssen Sie verstehen, Herr Kollege.
Zum ersten Teil will ich Ihnen sagen, daß wir natürlich immer bemüht sind - wenn ich Sie richtig verstanden habe -, soziale Härten zu vermeiden und rechtzeitig im Einvernehmen mit den zuständigen Landesregierungen dafür zu sorgen, daß entweder andere Arbeitsplätze in den betreffenden Gebieten angesiedelt werden oder, falls das nicht möglich oder wirtschaftlich nicht rentabel ist, man den Arbeitnehmern Angebote macht, die für sie annehmbar sind.
Keine Zusatzfragen.
Dann rufe ich die nächste Frage, Frage 40 des Herrn Abgeordneten Reiser, auf:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, nichtgeheime Forschungsergebnisse der wehrtechnischen Erprobungsstellen künftig dem zivilen Bereich zugänglich zu machen, um auf diese Weise einen Teil der beträchtlichen Entwicklungskosten zurückzuerhalten?
Herr Kollege Reiser, auf den Erprobungsstellen der Bundeswehr wird weder Forschung noch geheime Forschung betrieben. Die Erprobungsstellen dienen vielmehr der technischen Erprobung von Wehrmaterial, welches durch die Industrie für die Bundeswehr entwickelt worden ist. Sicherlich ergeben sich aus den wehrtechnischen Entwicklungsarbeiten der Industrie häufig neue technologische Erkenntnisse für den zivilen Sektor. Werden auf Grund dessen Nachbaurechte von der Bundeswehr vergeben, fließt ein angemessener Anteil der Entwicklungskosten in die Bundeskasse zurück. „Geheimnisse" gegenüber der Industrie gibt es insoweit nicht.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie den Eindruck, daß solche Gelder wirklich umfassend wieder zurückgeholt werden?
Herr Kollege, ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mich nur nach meinem Eindruck fragen. Ich habe den Eindruck. Wenn ich den Eindruck nicht hätte, wäre ich durch mein Amt verpflichtet, dem nachzugehen und dafür zu sorgen, daß dieser Eindruck beseitigt wird, und zwar zugunsten des Bundes.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was würden Sie zu folgendem Vorgang sagen: In einer Erprobungsstelle ist ein im Hinblick auf den Umweltschutz wichtiges Verfahren entwickelt worden, Öl von veröltem Wasser zu scheiden und das Öl wieder zu absorbieren? Würden Sie meinen, daß dies ein Verfahren wäre, das man auch der zivilen Wirtschaft zugute kommen lassen müßte?
Ich bin ganz sicher. Nur muß ich, wenn ich mich hier äußern soll, den Einzelfall genau kennen. Ich bin nämlich nicht informiert, ob hier irgendwelche Firmenpatente oder irgendwelche Verträge berührt sind. Wenn Sie mir einen Brief schreiben, Herr Kollege Reiser, bin ich gern bereit, der Sache nachzugehen und sie gründlich untersuchen zu lassen.
Ich rufe die nächste Frage, die Frage 41 des Herrn Abgeordneten Walther, auf:
Hat das Bundesverteidigungsministerium das bei dem Bundeswehrmanöver am 6. September 1973 im hessisch-niedersächsischen Grenzgebiet an der Oberweser eingesetzte chemische Vernebelungsmittel vorher auf seine Gesundheitsverträglichkeit geprüft und mit welchem Ergebnis?
Herr Präsident, Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn ich beide Fragen im Zusammenhang beantworten dürfte.
Herr Staatssekretär, der Herr Fragesteller ist einverstanden. Sein Zusatzfragerecht wird dadurch nicht beschnitten. Ich rufe also auch die Frage 42 des Herrn Abgeordneten Walther auf:
Wer trägt die Verantwortung für die Nebelaktion im Rahmen dieses Manövers, und wie will das Bundesverteidigungsministerium die Gesundheitsgefährdungen der Bevölkerung durch Manöver der Bundeswehr ähnlich denjenigen, die anläßlich des Manövers vom 6. September 1973 entstanden, verhindern?
Herr Kollege Walther, die während des Manövers am 6. September 1973 im hessisch-niedersächsischen Grenzgebiet an der Weser eingesetzten Vernebelungsmittel - und zwar handelt es sich um Nebeltöpfe mit der Typenbezeichnung DM 25 - sind im Jahre 1969 von einer Erprobungsstelle der Bundeswehr und einem privaten Institut in Frankfurt auf die Möglichkeit schädlicher Auswirkungen untersucht worden. Diese Untersuchungen haben ergeben, daß eine Vergiftungsgefahr theoretisch bei allen Nebelmitteln besteht, wenn der künstliche Nebel in zu hoher Konzentration auftritt oder längere Zeit eingeatmet wird.
Die am 6. September 1973 verwendeten Nebeltöpfe erzeugen künstlichen Nebel, der zwar auch bei sachgemäßer Anwendung vorübergehende Reizwirkungen hervorrufen kann, aber keine bleibende gesundheitliche Schädigung verursacht.
Die Durchführung der Nebel- und Übersetzübung - und damit komme ich zu dem zweiten Teil Ihres Fragenkomplexes, Herr Kollege Walther - wurde vom Kommandierenden General des III. Korps befohlen. Die Verantwortung für die Durchführung und den Einsatz der Nebelmittel trägt der Korpspionierkommandeur des III. Korps in Koblenz.
Um einen ähnlichen Vorfall wie am 6. September 1973 zu verhindern, ist durch das Bundesministerium der Verteidigung die Anwendung von Nebelmitteln außerhalb von Übungsplätzen bis auf weiteres untersagt worden. Auf Übungsplätzen ist der Einsatz von Nebelmunition nur dann erlaubt, wenn sichergestellt ist, daß die Grenzen des Platzes durch Nebel nicht überschritten werden können. Darüber hinaus wird überprüft, ob es im In- oder Ausland Nebelmittel gibt, deren Gefährlichkeitsgrad wesentlich unter dem des zur Zeit eingeführten Nebelstoffes liegt.
Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode Parl. Staatssekretär Berkhan
Abschließend darf ich darauf hinweisen, daß die Übung in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen kommunalen Behörden und den örtlichen Polizeidienststellen durchgeführt worden ist. Nach Beendigung des Nebeleinsatzes haben sich der dienst-älteste anwesende Vertreter der Polizei und ein Journalist durch Rundflug im Hubschrauber überzeugt, daß der Nebel weitgehend verflogen war. Die Polizei hat daraufhin alle Umleitungen aufgehoben und den Verkehr, und zwar eineinhalb Stunden nach Beendigung des Nebeleinsatzes, freigegeben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben ja in Beantwortung der ersten Frage ausgeführt, daß zumindest theoretisch eine Vergiftungsgefahr nicht auszuschließen sei. Darf ich fragen, ob Sie an Hand der durch diese Nebelaktion betroffenen Personen haben feststellen lassen, ob sich bei diesen Personen Folgeerscheinungen gezeigt haben.
Herr Kollege Walther, diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich gehe davon aus, daß das zuständige Krankenhaus uns informieren wird, sofern Folgeerscheinungen auftreten.
Soweit ich mich noch habe unterrichten können, bevor ich in diese Fragestunde kam, sind keine dauernden Schäden vorgekommen. Aber ich muß das mit dem Vorbehalt wiedergeben, daß ich schließlich und endlich kein Arzt bin und keine letzten Aussagen darüber machen kann.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung beantwortet. Ich danke Ihnen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Westphal zur Verfügung
Die Frage 43 ist von dem Abgeordneten Engelsberger eingebracht. - Ich sehe den Herrn Abgeordneten nicht im Saal. Diese Frage und die weitere von ihm eingebrachte Frage werden daher schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 45 der Frau Abgeordneten Schleicher auf. - Die Frau Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen, daß Sie zur Verfügung gestanden haben.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Zur Beantwortung der Fragen
steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Haar zur Verfügung.
Die Frage 46 ist von Herrn Abgeordneten Baier eingebracht:
Welche Gründe haben dazu geführt, daß die bei der Deutschen Bundesbahn eingeführten Fahrten für Rentner zum halben Fahrpreis im Jahre 1973 nicht mehr durchgeführt werden?
Herr Kollege, wie bereits in der Fragestunde vom 11. Mai 1973 eingehend erläutert wurde, hat die Deutsche Bundesbahn erklärt, daß sie das Instrument der Sonderangebote nicht aufgeben will, aber eine Pause einlegen wird, nach der in nicht festgelegter Reihenfolge und mit dem notwendigen Überraschungseffekt weitere Sonderangebote unterbreitet werden sollen.
In diesen Tagen wird ein neues Sonderangebot bekanntgegeben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär; konnte die Bundesbahn oder Ihr Haus feststellen, daß diese Sonderaktion nicht nur für die Rentner einen sozialen Aspekt, sondern auch für die Bundesbahn rechnerisch zweifellos einen finanziellen Effekt hatte?
Das gilt nicht für die letzte Sonderaktion im Dezember/Januar, Herr Kollege. Darüber ist ja in den Fragestunden schon berichtet worden. Deswegen hat sich der Bundesbahnvorstand in seiner Zuständigkeit auch entschieden, eine Marktanalyse durchzuführen, in deren Konsequenz jetzt neue Sonderangebote bekanntgegeben werden sollen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob die Deutsche Bundesbahn nach dem gegenwärtigen Stand beabsichtigt - und Ihr Haus dies unterstützt -, daß in der Zukunft Sonderaktionen gerade für alte Menschen und Rentner durchgeführt werden?
Ja.
Betrachten Sie die nächste Frage des Herrn Abgeordneten Baier - Frage 47 - damit als beantwortet? Die Frage lautet:
Ist dem Bundesminister für Verkehr bekannt, daß sich gerade die Aktionen „Rosa Zeiten" und „Seniorenreisen" einer großen Beliebtheit bei den Rentnern und Rentnerinnen erfreuten und daß die Einstellung dieser Aktionen kritisiert wird?
Oder wollen Sie, Herr Staatssekretär, dazu noch etwas sagen?
Herr Kollege, es würde Neues auch in der Formulierung nicht geboten werden können.
Sie haben dann noch Zusatzfragen, Herr Abgeordneter Baier.
Herr Staatssekretär, wann ist mit dieser neuen Sonderaktion für alte Menschen und Rentner zu rechnen?
Ich gehe davon aus, daß bereits in den nächsten Tagen ein solches Sonderangebot bekanntgemacht wird, Herr Kollege.
Ich rufe die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die DDR-Behörden auf den Zufahrtswegen von und nach Berlin entgegen dem VierMächte-Abkommen Kraftfahrzeug-Sonderkontrollen in geschlossenen Hallen durchführen, und was hat die Bundesregierung gegebenenfalls dagegen unternommen?
Herr Präsident, wegen des Sachzusammenhangs bitte ich die Fragen 48 und 49 gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn Herr Kollege Dr. Riedl einverstanden ist.
Herr Staatssekretär, der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 49 des Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die DDR-Behörden auf den Zufahrtswegen von und nach Berlin die üblichen Verkehrskontrollen äußerst intensiv durchführen mit dem Ziele, die Kraftfahrzeuge nach etwaigen Fluchthelfern zu überprüfen, und wenn ja, in welcher Weise ist die Bundesregierung bei den DDR-Behörden gegen solche Praktiken vorstellig geworden?
Der Bundesregierung sind Berichte der Art, wie sie auf 'Grund einer Mitteilung der CSU- Landesgruppe auch von dpa übernommen worden sind, nicht zugegangen. Eine Rückfrage bei ,den zuständigen Grenzpolizeibehörden hat ergeben, daß auch dort derartige Vorfälle, wie sie von Ihnen, Herr Kollege Dr. Riedl, beschrieben werden, nicht bekannt sind. Im übrigen schließen weder das Viermächteabkommen noch das Transitabkommen Kraftfahrzeugkontrollen in geschlossenen Hallen aus. Ausgeschlossen wird lediglich die Durchsuchung des Kraftfahrzeugs, wenn nicht hinreichende Verdachtsgründe für einen begangenen oder beabsichtigten Mißbrauch vorliegen. Auch erfolgen nach dem Transitabkommen die Identitätskontrollen bei Ein- und Ausreise am Fahrzeug, soweit sich nicht aus der Anwendung der Bestimmungen des Abkommens etwas anderes ergibt. Ebensowenig schließen die bezeichneten Abkommen Verkehrskontrollen als solche aus.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, eine mir gegenüber von dem Leiter der Polizeiabteilung im bayerischen Innenministerium gegebene Auskunft zu überprüfen, wonach in der Tat Kraftfahrzeugkontrollen in geschlossenen Hallen auf den Zufahrtswegen von und nach Berlin von DDR-Behörden durchgeführt werden, wobei diese Auskünfte von Berlin-Reisenden der Polizeiabteilung im bayerischen Innenministerium gegeben wurden?
Herr Kollege Riedl, ich habe bereits in der Antwort auf die erste Frage darauf hingewiesen, daß die Abkommen auch Kontrollen in Hallen nicht ausschließen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich bedauere die Zufälligkeit der mir zugegangenen Meldungen; aber sind Sie bereit, Hinweise zu überprüfen, die mir beispielsweise von Besuchern der Berliner Funkausstellung zugegangen sind? Ich will hier die Namen nicht nennen; es handelt sich beispielsweise um einen bekannten Filmschauspieler. Dieser berichtete mir, daß er auf der Fahrt von Berlin nach Hof zum Übergang Hirschberg bei Hof über zwei Stunden im Pkw zum Zwecke von Verkehrskontrollen angehalten wurde. Er sagte mir: Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, daß dies dem Zwecke der Verkehrsüberprüfung diente, es kann sich eigentlich nur um die Suche nach Flüchtlingen aus der DDR gehandelt haben.
Herr Kollege, wenn Sie im Einzelfall eine solche Mitteilung vertraulich an mich geben, will ich das gern überprüfen lassen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da es sich hier ganz offensichtlich um Divergenzen zwischen offiziellen Mitteilungen der Länderbehörden Ihrem Haus gegenüber und Mitteilungen, die von Reisenden an andere Offizielle gegeben werden, handelt, frage ich: Sind Sie bereit, darauf hinzuwirken, daß durch gezielte Frageaktionen bei den für die Einreise zuständigen Grenzkontrollorganen der Bundesrepublik Deutschland Nachfragen im Hinblick auf solche Verkehrskontrollen angestellt werden?
Ich werde eine solche Anregung gern prüfen, darf Sie aber darauf aufmerksam machen, daß in einem vergleichbaren Fall wie dem von Ihnen angezeigten von einem Betroffenen gebeten worden ist, keine Nachprüfung innerhalb einer Kommission vornehmen zu lassen, da der Reisende
selbst gewünscht hat, ohne Schwierigkeiten auch zu einem späteren Zeitpunkt die Grenze wieder überschreiten zu können. Das ist die andere Seite dieser Situation.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 50 des Herrn Abgeordneten Dr.-Ing. Oetting auf:
In welcher Weise hat die Bundesregierung auf die Resolution zur Fahrschulausbildung und Fahrprüfung reagiert, die die Deutsche Verkehrswacht auf ihrer diesjährigen Hauptversammlung am 15. Juni 1973 verabschiedet hat, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus dieser Resolution zu ziehen?
Herr Kollege Oetting, die Bundesregierung hat die Vorschläge der Deutschen Verkehrswacht begrüßt. Sie wird zumindest einen Teil dieser Vorschläge in ihrem Verkehrssicherheitsprogramm berücksichtigen, das gegenwärtig in meinem Hause vorbereitet wird.
({0})
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 51 ist von dem Herrn Abgeordneten Nordlohne eingebracht:
Auf welche Gesamtsumme schätzt die Bundesregierung den volkswirtschaftlichen Verlust in der Bundesrepublik Deutschland durch den nunmehr bereits über drei Monate andauernden Streik der Fluglotsen?
Herr Staatssekretär!
Haar, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, eine hinreichend genaue Schätzung des volkswirtschaftlichen Gesamtverlustes, der bis heute aus der rechtswidrigen Aktion der Fluglotsen entstanden ist, ist in diesem Zeitpunkt noch nicht möglich und wird auch späterhin wegen der weit verzweigten mittelbaren Auswirkungen auf die verschiedensten Vertragsträger und Verkehrsnutzer schwer zu ermitteln sein, zumal es gegenwärtig noch keine zuverlässige, wissenschaftlich fundierte Berechnungsmethode der wertmäßigen Quantifizierung von Verspätungen im Luftverkehr gibt. Die Bundesregierung sieht aus diesem Grunde gegenwärtig davon ab, zu den in der Presse veröffentlichten Schadensmeldungen Stellung zu nehmen. Sie behält sich eine eingehende Überprüfung dieser Angaben vor, die sich auch auf die Frage der Verursachung beziehen wird.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß es angesichts dieser noch nicht ermittelten volkswirtschaftlichen Verluste dringend erforderlich ist, die zur
sofortigen Beendigung des Fluglotsenstreiks notwendigen Maßnahmen zu ergreifen?
Die Frage, inwieweit das in einem solchen Zusammenhang gesehen werden muß, vermag ich, zumindest im Augenblick, nicht zu beantworten, Herr Kollege.
({0})
Ich rufe die Frage 52 auf, Herr Abgeordneter Nordlohne:
Wie hoch ist der unter Einbeziehung der in den letzten Wochen ausgefallenen Linien- und Charterflüge durch den Fluglotsenstreik der Deutschen Lufthansa entstandene Verlust, der durch den Bund als Hauptaktionär dieses Unternehmens aus Steuermitteln wieder aufzubringen ist?
Herr Kollege, auch zu den in der Presse veröffentlichten Verlustmeldungen der Lufthansa möchte ich aus den in der Antwort auf Ihre Frage 51 genannten Gründen noch nicht Stellung nehmen. Es ist bekannt, daß die Lufthansa bereits Maßnahmen zu einer detaillierten Ermittlung ihrer tatsächlichen Ertragseinbußen eingeleitet hat.
Zusatzfrage.
Es trifft aber sicherlich zu - ich darf das als Frage formulieren -, daß der Bund als Hauptaktionär in diesem Fall der Lufthansa den finanziellen Ausfall ersetzen müßte. Ist das richtig?
Herr Kollege, wie Sie wissen, befindet sich die Mehrheit der Aktien der Lufthansa im Besitz des Bundes. Zunächst aber sind doch wohl der Jahreswirtschaftsbericht und das Gesamtergebnis der Lufthansa abzuwarten, und darüber ist dann auch im Ausschuß zu sprechen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Nordlohne.
Darf ich Sie fragen, ob Sie die Auffassung des Sprechers der Lufthansa, Herrn Kaulig, in der „Tagesschau" vom 6. August teilen, der mitteilte, daß die Deutsche Lufthansa zur Zeit in Verhandlungen mit dem Bund steht, um diesen Ausfall ersetzt zu erhalten.
Es gibt derartige Äußerungen. Mir ist gerade diese Äußerung eines Sprechers der Lufthansa im Augenblick nicht gegenwärtig. Aber das es Kontakte gibt und Gespräche gab - auch vor der Hauptversammlung der Lufthansa -, ist wohl verständlich, Herr Kollege.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Riedl ({0}).
Herr Staatssekretär, was spricht denn eigentlich dagegen, daß die Bundesregierung anordnet, daß angesichts dieser Fluglotsensituation der gesamte Flugverkehr in der Bundesrepublik eingestellt wird, damit der deutschen Öffentlichkeit endlich einmal klar vor Augen geführt wird, um welchen Humbug es sich hier handelt?
Herr Kollege, diese Frage sollten Sie oder einer Ihrer Kollegen im Verkehrsausschuß stellen. Morgen berichtet der Bundesverkehrsminister dort über die aktuelle Situation. Ich glaube nicht, daß sich diese Form der Fragestellung dazu eignet, in einer Fragestunde erörtert zu werden.
Der Abgeordnete hat in der Formulierung seiner Frage ganz sicher die Richtlinien überschritten. Aber ich glaube, es kann gelegentlich auch einmal versucht werden, den Sachverhalt etwas drastischer darzustellen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Frau Abgeordnete Schleicher ist nicht im Saal; die Frage 53 wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Frage 54 ist von dem Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) eingebracht:
Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung zu ziehen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Grundvertrag im Hinblick auf die vom Bundesverkehrsminister angeordnete neue Regelung über die Wegeweisung im Zonenrandgebiet, nach denen die Hinweisschilder „Zonenrandgebiet" und auch die Hinweisschilder auf die in der DDR liegenden Zielorte abmontiert werden sollen?
Herr Präsident, die Fragen des Herrn Kollegen Dr. Kunz und des Herrn Kollegen Schedl - Nr. 54 und Nr. 55 - stimmen inhaltlich und auch im Wortlaut nahezu überein. Ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen gemeinsam beantworten dürfte, wenn die Kollegen einverstanden sind.
Der Herr Abgeordnete Schedl ist, soweit ich sehe, nicht im Saal, aber ich würde sagen, die beiden Fragen sollten gemeinsam beantwortet werden. Ich rufe also auch die Frage 55 auf:
Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Grundvertrag im Hinblick auf die notwendig gewordene neue Regelung über die Wegeweisung im Zonenrandgebiet zu ziehen, nachdem die Hinweisschilder „Zonenrandgebiet" und auch die Hinweisschilder auf die in der „DDR" liegenden Zielorte auf Weisung des Bundesministers für Verkehr abmontiert werden sollen?
Haar, Parl.' Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen darf ich Ihre Frage wie folgt beantworten.
Der Weisung des Bundesministers für Verkehr an ,die obersten Straßenbaubehörden der Länder über die Gestaltung der wegweisenden Beschilderung an Straßen im Bereich der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR liegen allgemein für die Wegweisung gültige pragmatische Regeln zugrunde.
Die entscheidende Regel besagt, daß nur solche Ziele angezeigt werden dürfen, die über den betreffenden Straßenzug auch erreichbar sind. Die Anwendung dieser Regel führt dazu, daß Schilder im grenznahen Bereich mit Hinweisen auf Orte in der DDR, die über den betreffenden Straßenzug nicht erreichbar sind, beseitigt bzw. geändert werden müssen. Entsprechendes gilt für den Hinweis „Zonengrenze", wenn in dem betreffenden Straßenzug kein Grenzübergang vorhanden ist.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 31. Juli 1973 festgestellt, daß die DDR im Sinne des Völkerrechts ein Staat ist. Insofern sollte in Übereinstimmung gerade auch mit dem Verkehrsvertrag nicht mehr von der Zonengrenze gesprochen werden. Die Bundesregierung sieht daher keine Veranlassung, aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Grundvertrag Folgerungen hinsichtlich der Wegweisung im Grenzbereich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zu ziehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß sie gar nicht berechtigt ist, solche Anordnungen zu erlassen, ida die Kompetenz für die Aufstellung und den Inhalt von Wegweisern den Straßenverkehrsbehörden der Länder, das sind Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister, zusteht, wobei dem jeweiligen Landesminister ein unbeschränktes Weisungs- und Selbsteintrittsrecht eingeräumt wird, nicht jedoch dem Bundesverkehrsminister?
Ihnen ist vermutlich nicht bekannt, Herr Kollege, daß Änderungen dieser Art auch in Kontakt mit den zuständigen Landes- oder Ortsbehörden durchgeführt werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Fuchs.
Herr Staatssekretär, seit wann besteht die Bestimmung, daß nur Orte angezeigt werden, die erreichbar sind?
({0})
Ich darf hier feststellen, daß wir auch in anderen grenznahen Gebieten vergleichbar verfahren und daß, glaube ich, diese Regelung wohl keine Schwierigkeiten in der Auslegung der Vertragsbestimmungen bringen kann. Ich denke, wir
L) sollten uns bei diesen Fragen auch nicht zu formalistisch verhalten, Herr Kollege.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie und für das Post-und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Staatssekretär Gscheidle zur Verfügung.
Die erste Frage, Nr. 56, ist von der Frau Kollegin Funcke eingebracht worden:
Welche Gründe sind dafür maßgeblich, daß nach Nr. 2,8 der Wohnungsfürsorgerichtlinien der Deutschen Bundespost weibliche verheiratete Postbedienstete als Wohnungsbewerber nur anzuerkennen sind, „wenn sie nicht nur vorübergehend sondern für einen Zeitraum von mehreren Jahren die finanzielle Hauptlast der Familie zu tragen haben und mit ihrem langjährigen Verbleiben im Postdienst zu rechnen ist", für männliche Bedienstete aber eine solche Einschränkung fehlt?
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich gern die beiden Fraden der Kollegin Funcke im Zusammenhang beantworten.
({0})
Frau Kollegin Funcke ist einverstanden. Dann rufe ich zusätzlich Frage 57 auf:
Hält die Bundesregierung eine solche unterschiedliche Behandlung männlicher und weiblicher Bediensteter für vertretbar, und wie ist vorauszusehen, ob eine Frau länger oder kürzer die finanzielle Hauptlast der Familie trägt?
Sehr verehrte Frau Abgeordnete, es ist beabsichtigt, den von Ihnen zu Recht kritisierten Passus der Wohnungsfürsorgerichtlinien der Deutschen Bundespost durch folgende Neufassung zu ersetzen:
Verheiratete weibliche und männliche Postbedienstete, deren Ehegatte berufstätig ist, können nicht als Wohnungsbewerber anerkannt werden, wenn der Ehegatte eine so hervorgehobene berufliche Stellung innehat, daß die Einbeziehung in die Wohnungsfürsorge der Deutschen Bundespost nicht mehr gerechtfertigt wäre. Ferner ist Voraussetzung für die Anerkennung als Wohnungsbewerber, daß mit einem langjährigen Verbleiben des Antragstellers im Dienst der Deutschen Bundespost gerechnet werden kann.
Damit wird, wie ich meine, den gegen die bisherige Regelung geltend gemachten Bedenken voll Rechnung getragen.
Vielen Dank! - Herr Staatssekretär, für wann kann man mit der Wirkung einer solchen Neufassung rechnen?
Wir müssen die
vorgetragene Formulierung noch mit der Personalvertretung abstimmen, aber ich nehme an, daß dabei keine Einwendungen erhoben werden, so daß man damit rechnen kann, daß bereits in den nächsten Wochen eine Änderung der Bestimmungen erfolgt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Würde es den Rahmen sprengen, wenn man fragt, ob diese Regelung parallel auch für die Beamten anderer Ressorts vorgesehen wird?
Dazu, verehrte Frau Abgeordnete, kann ich mich leider nicht äußern. Aber sofern ich gefragt würde, wie die Anregungen, die bei uns zu dieser Überarbeitung geführt haben, aufgenommen werden, würde ich sagen: sehr positiv. Vielleicht wäre das stimulierend für andere Ressorts.
({0})
Ich rufe die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Dr. Oetting auf:
Hält es die Bundesregierung nicht auch für notwendig, daß baldmöglichst eine internationale Vereinbarung über das künftige System des Verkehrsrundfunks abgeschlossen wird, da nur so verhindert werden kann, daß sich deutsche Kraftfahrer für ihr Autoradio ein sogenanntes Decoder-Zusatzgerät kaufen, welches unter Umständen schon bald nicht mehr verwendet werden kann?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hält es für dringend erforderlich, daß möglichst bald eine internationale Einigung über das künftige technische System des Verkehrsrundfunks erzielt wird. Sie ist jedoch der Auffassung, daß im Interesse aller europäischen Verkehrsteilnehmer in Europa nur ein einheitliches technisches System eingeführt werden sollte.
Ein Zeitpunkt für die Festlegung eines einheitlichen europäischen Verkehrsrundfunk-Systems kann bei dem augenblicklichen Sachstand nicht angegeben werden. Die Bundesregierung wird sich im Interesse der Verkehrsteilnehmer um eine zügige Fortführung der Arbeiten auf diesem Gebiet bemühen.
Allerdings deuten die Abstrahlungen von Senderkennungen in einigen europäischen Ländern darauf hin, daß sich die derzeit auf diesem Gebiet aktiven europäischen Länder schneller zu einem gemeinsamen System für ihren Bereich zusammenfinden könnten. Diese Entwicklung wird im Interesse der Verkehrssicherung von der Bundesregierung gefördert. Ob das künftige europäische System eine Weiterverwendung der bisherigen Decoder noch gestattet, kann allerdings endgültig noch nicht gesagt werden.
Die Bundesregierung wird auch weiterhin alle Bestrebungen nachhaltig unterstützen, um zügig ein
funktionsfähiges Verkehrsfunksystem, möglichst in internationaler Abstimmung, für die Bundesrepublik Deutschland bereitzustellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, die Bundesregierung werde künftig alle Bestrebungen unterstützen.
Meine Frage lautet: Welche Bestrebungen wird die Bundesregierung selbst initiieren?
Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland das ARI-System entwickelt: das Autorundfunk-Informationssystem. Wir werden bei den internationalen Abstimmungen, solange uns kein besseres System vorgetragen wird, natürlich bemüht sein, diesem System international zum Durchbruch zu verhelfen.
Keine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Oetting.
Ich rufe die Frage 59 des Herrn Abgeordneten Dr. Geßner auf. - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird daher schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Fragen 60 und 61 sind von dem Herrn Abgeordneten Dr. Klein ({0}) eingebracht. - Der Herr Kollege ist nicht im Saal. Seine beiden Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Herr Staatssekretär Gscheidle, damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich Ihres Hauses beantwortet; ich danke Ihnen.
Im Verlauf dieser Fragestunde, meine Damen und Herren, sind insgesamt 27 Fragen beantwortet worden; 23 Fragen werden schriftlich beantwortet werden, weil die Damen und Herren Fragesteller nicht im Plenarsaal waren.
({1})
Ich bitte freundlichst darum, daß sich einmal alle Beteiligten an Hand dieser Statistik darüber Gedanken zu machen. - Herzlichen Dank!
Damit sind wir am Ende der Fragestunde, und wir treten wieder in die Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Evers und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betreffend Bundessportplan ein.
Das Wort hat der Herr Abgeordneter Mischnick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zwar im Sport üblich, daß Spiele sehr pünktlich angepfiffen werden; aber daß es bei einer Debatte überpünktlich ist, mag entschuldigen, daß manche der Sportinteressierten noch nicht hier sind, wobei ich allerdings
feststellen muß, daß es bei Sportdebatten meistens so ist, daß der kleine Kreis, der sich intensiv mit den Problemen befaßt, da ist, daß aber die vielen, die sich zwar für große, weltweite Ereignisse interessieren, bei der Sache selbst nicht dabei sind. Aber das ist manchmal in anderen Bereichen auch spürbar.
({0})
Nun zu dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion. Ich halte es für gut, daß wir hier wieder einmal Gelegenheit haben, über Sportfragen zu sprechen. Allerdings: ob der Plan, ob der Vorschlag, nach dem die CDU/CSU glaubt, in Zukunft die Koordinierung, die Intensivierung der Sportarbeiten vorantreiben zu können, wirklich so gut ist, wie uns dargestellt worden ist, wird sich erst bei den Beratungen im Ausschuß herausstellen. Wir haben ja schon eine Reihe von Vorschlägen gehabt, eine Art Rahmen für die Arbeit im Sport, mit dem Sport zu schaffen.
Vielleicht darf ich bei der Gelegenheit darauf hinweisen, daß es schon lange Überlegungen, Vorschläge gegeben hat, Sportgesetze im Bund und in den Ländern zu schaffen, um alles, was mit dem Sport zusammenhängt, in einen Rahmen einzupassen, der dann möglichst für Bund, Länder und Gemeinden Gültigkeit hat. Wir als Freie Demokraten haben in einem Vorschlag dazu zum Ausdruck gebracht, daß es notwendig wäre, in einem solchen Sportgesetz die Kompetenzen klar abzugrenzen und einen sportgerechten Verwaltungsaufbau auf allen staatlichen und kommunalen Ebenen vorzunehmen, die Sportförderung und das Verhältnis der staatlichen Ämter zu den selbständigen Sportorganisationen und deren Aufgaben zu regeln und in ein langfristiges Finanzierungsprogramm einzubeziehen.
Wir wissen aber sehr genau, welche Gefahren in einer gesetzlichen Regelung für den Sport liegen. Es kann sich nämlich daraus allzu leicht eine Staatsabhängigkeit ergeben, die wir nicht wollen. Wir wollen die Förderung durch den Staat, wir wollen die Förderung durch Länder und Gemeinden, wir wollen aber nicht, daß der Staat in den Sport hineinregiert. Deshalb ist es immer eine Frage, wie weit mit solchen Rahmenplanungen, mit gesetzlichen Regelungen gehen kann, ohne das Ziel, nämlich die Selbständigkeit des Sports zu erhalten - im Gegensatz zu unseren östlichen Nachbarn - zu gefährden.
({1})
- In diesem Plan, lieber Kollege Stücklen, ist eine Gefahr enthalten, wenn Sie mit Erlassen, mit Richtlinien versuchen, alles, was im Sportbereich inner halb eines Jahres geschieht, im vorhinein festzulegen. Sie sind dann nicht mehr beweglich genug, um die unterschiedlichen Entwicklungen, die sich in einem Jahr ergeben, entsprechend abzufangen. Wir wissen doch, wie schwierig es heute manchmal schon ist, aus den vorgesehenen Mitteln Dinge zu finanzieren, die im Laufe eines Jahres auftreten. Diese notwendige Beweglichkeit würde nach meiner Überzeugung durch diese Vorschläge eher eingeschränkt, statt erhöht werden.
Daß natürlich in einem solchen Antrag um der Gesamtoptik willen Breitensport und Leistungssport enthalten sind, dafür habe ich Verständnis. Nur scheint es mir notwendig zu sein, immer wieder mit aller Deutlichkeit hier zu sagen, daß der Bund eben für den Breitensport keine Zuständigkeit hat und daß alle Klagen darüber, daß auf diesem Sektor nicht genug geschieht, zweckmäßigerweise von den Kollegen der CDU/CSU in den Landtagen bei ihren eigenen Landesregierungen angebracht werden; denn auch der Vorschlag der CDU/CSU würde natürlich nur einen Sinn haben - wenn man ihm folgte -, wenn ähnliches in den Ländern geschähe und dort die entsprechende Breitenwirkung sichergestellt wäre.
Herr Abgeordneter, Sie gestatten die Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Evers?
Aber selbstverständlich.
Herr Mischnick, wären Sie bereit einzuräumen, daß der Bund sehr wohl eine Kompetenz zur Finanzierung von Modellversuchen auf dem Gebiet des Breitensports hat und daß hier noch ein erheblicher finanzieller und tatsächlicher Betätigungsspielraum liegt?
Ich war beim Breitensport im allgemeinen, bei den Modellversuchen war ich noch nicht.
Mir erscheint notwendig, daß wir uns bei der Auseinandersetzung über die Frage der Zuständigkeiten wenigstens bemühen, da, wo Streit um Zuständigkeiten ist, durch gemeinsames Verhalten diese Schwierigkeiten zu überwinden. Das ist auch nicht immer der Fall.
Wenn Sie hier mit Recht schreiben „Dem Schul- und Hochschulsport kommt hierbei eine grundlegende Bedeutung zu; seine Isolation als bloß technisches Fach ist zu überwinden. Sein Stellenwert an Schule und Hochschule ist mitentscheidend für die Bewertung des Sports in unserer Gesellschaft", so bin ich sicher, das unterschreiben alle Angehörigen dieses Hauses. Nur wenn es um die Frage geht, beispielsweise in diesem Bereich - wir werden bei der Beratung des Hochschulrahmengesetzes Gelegenheit haben, dazu Stellung zu nehmen - vom Bund alles, was es an Kompetenzen jetzt gibt, auch zu nutzen, ja, möglicherweise die Kompetenzen auszuweiten, dann hören wir gerade aus Ihren Reihen, aus der CDU/CSU, daß das natürlich nicht möglich, nicht sinnvoll sei; das sei nun einmal Ländersache. Hier wäre es auch notwendig, bei den praktischen Entscheidungen in der entsprechenden Richtung mitzuwirken.
({0})
Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß eine stetige und zügige Weiterentwicklung des Sports eine verstärkte gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden sein soll. Daß hier die Zuständigkeitsfragen eine Rolle spielen, ist von Ihnen
erwähnt worden. Aber die Behauptung, der Bund wolle sich so ein wenig mit seinem Hinweis auf die verfassungsrechtliche Lage herausziehen, zieht doch nicht ganz. Ich darf nur daran erinnern, daß der Goldene Plan, der ja die gemeinsame Sportstättenfinanzierung von Bund, Ländern und Gemeinden festlegte, ausdrücklich - Sie haben das teilweise erwähnt - durch die Beschlüsse von 1969 aus der Bundesförderung herausgenommen worden ist und man nun heute nicht mehr vergleichen oder kritisieren darf, daß hier die Mittel geringer geworden sind. Ob das richtig war, ob das gut war, ist eine zweite Frage. Ich persönlich halte nicht allzuviel von Mischfinanzierungen. Klare Abgrenzungen scheinen mir besser zu sein. Dann muß man allerdings auch in der Beurteilung und in der Kritik die einzelnen Zuständigkeiten ganz klar unterscheiden.
Ich teile die Auffassung, die hier von beiden Vorrednern zum Ausdruck gebracht worden ist, daß die ehrenamtliche Mitarbeit, die ehrenamtliche Mitwirkung in den Sportvereinen und Sportverbänden in der Offentlichkeit oft nicht die Würdigung erfährt, die nach unserer Überzeugung notwendig ist. Wir haben hier eine, ich glaube, man kann sagen, an die Million gehende Zahl von Menschen, die über jedes Wochenende und in der Woche selbst bereit sind, ihre Freizeit zur Verfügung zu stellen. Ich meine, daß man das bei den Maßnahmen der öffentlichen Hand auch entsprechend würdigen sollte.
Daraus zu schließen, daß die Bundesregierung, weil sie hier keine Zuständigkeit hat, die Vereine nicht sieht, diese Arbeit nicht wahrhaben will, das scheint mir doch ein bißchen zu weit zu gehen. Denn ich kenne sehr viele Bemühungen - soweit es überhaupt vom Bund möglich ist -, auch da noch zu helfen. Aber wir haben erlebt, wie eifersüchtig der Bundesrat beispielsweise bei Haushaltsberatungen darüber wacht, daß nichts in den entsprechenden Voranschlägen drin ist, was in seine Kompetenz hineingehen könnte.
Wenn in diesem Zusammenhang davon gesprochen worden ist, daß die Deutsche Sportkonferenz Vorschläge gemacht habe, die bisher nicht verwirklicht worden seien, so muß ich dazu sagen, ich bedauere das mit Ihnen, nur komme ich zu dem Ergebnis, daß gerade die Deutsche Sportkonferenz auch die Aufgabe haben sollte und .soll, die Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden weiterzutreiben. Wir müssen allerdings feststellen, daß zwar der Vertreter des Bundes, der Bundesinnenminister, nach meiner Kenntnis an allen Sportkonferenzen teilgenommen hat, daß aber die Vertreter der Länder, die sehr großen Wert darauf gelegt haben, daß die Landesminister in dieser Konferenz vertreten sind, sich oft durch die zuständigen Abteilungsleiter haben vertreten lassen. Das scheint uns nicht dem Sinn der Sportkonferenz zu entsprechen. Denn hier sollte auf einer hohen politischen Ebene mit der Führung .des Sportes gemeinsam versucht werden, eine Basis zu finden, um das, was verfassungsrechtlich nicht möglich ist, durch eine Koordinierung, durch eine gemeinsame Aussprache zu erreichen.
Gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kraske? - Bitte, Herr Kollege.
Herr Kollege Mischnick, wenn Sie mit uns bedauern, daß die Bundesregierung in der Verwirklichung dieser Empfehlung der Sportkonferenz bisher so untätig war, würden Sie dann Ihren Einfluß, ,den Sie doch sicher als Fraktionsvorsitzender einer Koalitionsfraktion haben, in hohem Maße darauf verwenden, die Bundesregierung zu ermuntern, daß sie diese Empfehlung endlich verwirklicht, weil hier der Bund ohne jeden Verfassungsstreit eine Menge für den Breitensport und für die Vereine tun könnte?
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Herr Kollege Kraske, Sie haben sehr geschickt ein Wort hineingeschoben, das ich gar nicht gesagt habe. Ich habe nicht von der Untätigkeit der Bundesregierung gesprochen, sondern davon, daß Beschlüsse ,der Sportkonferenz von den Mitwirkenden in der Sportkonferenz, nämlich Bund und Ländern, leider nicht entsprechend durchgeführt worden sind. Welche Garantie Sie mir geben können, daß Ihre Länder-Kollegen mitziehen werden, darüber bin ich mir noch im Zweifel. Ob die Landesfinanzminister aus den von Ihnen gestellten Regierungen bei den steuerlichen Fragen tatsächlich mitziehen werden, das werden wir noch erleben. Ich teile Ihre Auffassung, daß wir alle .gemeinsam, die wir für den Sport über Steuerrecht, über Stiftungsrecht und in anderen Fragen etwas erreichen wollen, hier immer wieder mahnen und drängen müssen, um das, was die Sportkonferenz will, bei Bund und Ländern durchzusetzen. Ich wäre sehr froh darüber, wenn wir uns dann Arm in Arm bei den Ländern und beim Bund wiederfinden könnten und eine Mahnung nicht nur immer an die Adresse ,des Bundes ausgesprochen würde.
Herr Abgeordneter Mischnick, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schirmer?
Herr Abgeordneter Mischnick, teilen Sie meine Auffassung, daß das, was heute vormittag von dem Vertreter der Opposition ausgeführt wurde, unrichtig ist, nämlich daß sich der Bund aus der Förderung des Breitensports zurückgezogen habe? Teilen Sie ferner meine Auffassung, daß dies mangels fehlender Kompetenzen nicht möglich war und daß sich die Bundesregierung zusammen mit allen Fraktionen dieses Hauses im Sportausschuß in den vergangenen Jahren wie auch jetzt darum bemüht hat, dennoch für den Breitensport und für den Freizeitsport Hilfen zu geben?
Ich teile diese Auffassung. Ich hatte vorhin schon darauf hingewiesen, daß sich der Bund aus dem Goldenen Plan, aus dem Sportstättenbau eben nicht auf Wunsch der Bundesregierung oder durch Streichung von Mitteln, sondern wegen
des Verlangens der Länder, daß dies keine gemeinsame Aufgabe sein sollte, zurückgezogen hat.
Nun ist in der Debatte noch einiges angesprochen worden, was teilweise in diesem Antrag zum Ausdruck kommt, teilweise über ihn hinausgeht. Ich will zunächst einmal auf den Vorwurf unkoordinierter Aufgabenteilung in wichtigen Bereichen eingehen. Das haben wir im Sportausschuß feststellen müssen. Ich erinnere daran, daß beispielsweise die Prüfung der Frage, welche Sportstätten als solche anerkannt werden und wie sie baubehördlich abgenommen werden, durch so viele Institutionen - quer durch Bund, Länder und Gemeinden - erfolgt, daß hier eine Koordinierung notwendig erscheint. Aber das ist keine Sache, die die Bundesregierung per ordre de Mufti machen kann, sondern die im Gespräch, in Verhandlungen mit den Ländern erreicht werden muß.
Sie haben in diesem Zusammenhang Ihre Sorge, Ihre Bedenken darüber zum Ausdruck gebracht, daß beispielsweise das Bundesinstitut für Sportwissenschaft noch nicht so ausgebaut sei, wie wir es uns wünschen. Ich muß Sie allerdings daran erinnern, daß wir, als wir im Ausschuß darüber sprachen und gern Zusätzliches von den unmittelbar Beteiligten hören wollten, zu unserer Verblüffung feststellen mußten, daß der Wunsch des Sportausschusses, darüber mehr zu hören, nicht etwa daran scheiterte, daß die zuständigen Herren des Ministeriums nicht da waren, sondern daß es lange Zeit nicht möglich war, einen Termin mit denjenigen zu bekommen, die für das Bundesinstitut für Sportwissenschaft zuständig sind; die waren nämlich in Urlaub, sie konnten nicht kommen. Hier scheint mir die Kritik eher ansetzen zu müssen, weil offensichtlich auch diejenigen, die unmittelbar beteiligt sind, noch nicht die Einstellung zu dieser Arbeit gefunden haben, die nach unserer Auffassung notwendig wäre.
Wir teilen die Meinung, daß die Wirksamkeit der Leistungszentren überprüft werden muß. Nur kann ich mich sehr genau daran erinnern, daß, als die Leistungszentren eingerichtet wurden, teilweise auch in diesem Hause Sorgen darüber geäußert wurden, ob dieser oder jener Standort richtig sei, aber die örtlich jeweils zuständigen Kollegen natürlich sehr darum gerungen haben, daß ein bestimmtes Zentrum dahin und nicht dorthin kam, mit dem Ergebnis, daß manchmal das, was für die allgemeine Förderung des Leistungssports richtiger gewesen wäre, zugunsten lokaler, regionaler Entscheidungen beiseite geschoben wurde. Das sollten wir überprüfen, und wir sollten versuchen, Mängel zu beseitigen.
Wenn daraus, daß es hier und da eine ganze Reihe von Schwierigkeiten gibt, der Schluß gezogen wird, der Bundesminister sei überfordert, er sei nicht in der Lage, das alles wahrzunehmen, man müsse also einen besonderen Staatssekretär oder Beauftragten oder wen auch immer benennen, dann erinnert mich das an die Debatten, die wir oft über einen Sportminister geführt haben. Hier muß ich allerdings wiederum feststellen, daß es gerade die Sportverbände und weite Teile des Sportbundes waren, die immer wieder betont haben, sie seien der Meinung, im Interesse des Sports sei es besser,
wenn der Sport bei dem klassischen Ressort Bundesinnenministerium bleibe, als etwa ein Sonderministerium oder etwas anderes zu schaffen. Einen Parlamentarischen Staatssekretär allein mit dieser Aufgabe zu betrauen, würde im Widerspruch zu der Kritik stehen, die in diesem Hause von ,der Opposition immer dann geübt worden ist, wenn in dem einen oder anderen Ministerium einem Parlamentarischen Staatssekretär eine Abteilung unterstellt worden ist. Hier müßten Sie sich vielleicht einmal darüber einigen, welche generelle Marschrichtung Sie in bezug auf die Parlamentarischen Staatssekretäre einschlagen wollen.
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Zum Abschluß - die Redezeit ist bereits abgelaufen - noch ein paar kurze Bemerkungen, Herr Präsident. Es ist hier an den Haushaltsansätzen Kritik geübt worden. Ich will dieses Zahlenspiel, das wir im Ausschuß miteinander abgehakt haben, nicht bis ins Detail fortsetzen. Nur waren nach den Unterlagen aus dem Ausschuß, die ich hier habe, die Endzahlen nach Abzug aller Ausgaben, die weltmeisterschafts- und olympiabedingt sind, so, daß 198 Millionen DM zu 215 Millionen DM stehen. Zweitens ist erklärt worden, daß bei zwei Positionen ein Rückgang nicht zuletzt deshalb vorhanden war, weil in diesen Bereichen Umstrukturierungen im Sport selbst erfolgt sind und deshalb beispielsweise bei Bundestrainern usw. neue Überlegungen angestellt werden sollen, die erst im nächsten Haushaltsjahr zum Zuge kommen. Ich bin sicher, der Herr Staatssekretär wird dazu noch etwas sagen.
Zum letzten Punkt. Sie haben unter D den Wunsch geäußert, man solle versuchen, die „Glücksspirale" fortzusetzen. Ich unterstütze das voll.
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Ob es gelingt, die Landesinnenminister davon zu überzeugen, ist eine zweite Frage.
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Ich würde es aber für besser halten, wenn Ihr Hinweis, die Stiftung Deutsche Sporthilfe eventuell aus öffentlichen Mitteln zu unterstützen, so geändert werden würde, daß wir gemeinsam uns dafür einsetzen, daß, wenn die „Glücksspirale" fortgesetzt wird, die Stiftung Deutsche Sporthilfe daran beteiligt wird und nicht Haushaltsmittel verwendet werden, denn das bedeutet, daß naturnotwendigerweise der Bund sich dann auch um die Ausgaben und alles, was dazugehört, kümmern muß und eine weitere Einflußnahme erfolgt, die wir nicht wollen.
Ich würde es auch begrüßen, wenn alle Briefmarkenfreunde ihre Skrupel überwinden könnten und bereit wären, auch wieder neue Briefmarkenserien zugunsten der Sporthilfe herauszubringen. Ich selbst bin Briefmarkensammler und weiß, welche Bedenken hier bestehen; ich halte diese Bedenken aber nicht für gerechtfertigt.
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- Ich wollte Sie nicht reizen, Kollege Stücklen, aber ich verstehe, daß Sie natürlich dazu noch etwas sagen müssen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Stücklen?
Herr Präsident, ich bitte zu entschuldigen, wenn ich bei der Briefmarke natürlich sofort hochgegangen bin.
Aufgestanden sind!
Aufgestanden und hochgegangen. - Herr Kollege Mischnick, ist Ihnen bekannt, daß über die Frage, ob es weiterhin Sondermarken mit Zuschlag geben soll,
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allein der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen entscheidet, und ist Ihnen bekannt, daß dieser Minister, obwohl er Doppelminister ist, auch dieser Regierung angehört, die von Ihnen mit getragen wird?
Aber natürlich ist mir das bekannt, und ich habe mich nicht gescheut, schon mehrfach öffentlich zu sagen, daß ich dafür bin. Ich freue mich über jede Unterstützung in diesem Hause und war überzeugt, daß Sie, Kollege Stücklen, als Sportfreund und natürlich Briefmarkenfreund das mit unterstützen. Vielleicht können wir gemeinsam ein Gespräch führen; vielleicht hilft das noch ein bißchen mehr. Das würde ich dann als einen zusätzlichen positiven Beitrag zu dieser Debatte werten.
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- Freut mich, daß wir hier einer Meinung sind.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Wir werden im Ausschuß diesen Antrag im Detail zu beraten haben. Wir werden dabei die Fragen, die Kollege Wrede zum innerdeutschen Sportverkehr angesprochen hat, mitzubehandeln haben, wobei ich nur hoffe, daß aus der Tatsache, daß lange Zeit der Sport geklagt hat, die Politik habe sich nicht um ihn gekümmert, jetzt aber sich die Politik darum kümmert, nicht in Kürze der Vorwurf kommt, die Politik habe sich in den Sport eingemischt, denn es wird ja leider sehr oft beides durcheinandergebracht.
({1})
Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär Jung vom Bundesinnenministerium.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Evers hat in seiner Rede beklagt, daß im Bundesinnenministerium nicht ein Staatssekretär oder Parlamentarischer Staatssekretär ausschließlich für den Sport zuständig sei. Ich
meine, allein die Tatsache, daß ich hier spreche, widerlegt diese Auffassung.
Ungeachtet dessen aber stelle ich fest, daß gerade der Bundesminister Genscher sich um die Belange des Sports sehr intensiv persönlich kümmert und es außerordentlich bedauert, in dieser Stunde nicht hier zu sein und an der Debatte teilzunehmen, weil er - wie Sie ja wissen - derzeit die Beteiligungsund Tarifgespräche führt.
Fairneß, Herr Kollege Evers, ist ein Gebot im Sport, und die dort geltenden Gesetze sollten auch hier Anwendung finden, besonders, wenn wir über Sport sprechen. Ihre Rede, Herr Kollege Evers, hat aber diesen Grundsätzen an manchen Stellen wohl nicht ganz entsprochen. Ich möchte, um in der Sprache des Sports zu bleiben, sogar behaupten, daß hier und da einige Fouls dabei waren.
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- Ein paar Beispiele, Herr Stücklen; Sie werden das gleich hören.
Herr Kollege Evers, Sie haben behauptet, der erste Direktor des Sportwissenschaftlichen Instituts habe nur eine kommissarische Amtszeit von vier Monaten gehabt. Dabei wissen Sie selbst doch sehr genau, daß gerade dieser Direktor rund 21/2 Jahre das Institut geleitet hat. Erst nach seiner Berufung an die Universität Heidelberg war er weitere vier Monate - also die Zeit, die Sie genannt haben - kommissarisch für das Bundesinstitut tätig. Das sind die Tatsachen. Das muß zurechtgerückt werden, damit in der Offentlichkeit nicht ein falscher Eindruck entsteht. Herr Kollege Mischnick hat dankenswerterweise ja auch schon darauf hingewiesen.
Weil wir schon beim Institut sind: Sie haben den mangelnden Ausbau des Instituts beklagt. Dabei wissen Sie, daß das Bundesinstitut 1973 durch unsere zähen Verhandlungen trotz der allgemeinen Stellenrestriktion sechs neue Stellen erhalten hat.
Ferner: Sie werfen dieser Regierung vor, sie habe sich aus dem Goldenen Plan zurückgezogen und schütze die Verfassungslage vor. Dabei wissen Sie genau, daß die jetzige Situation ein Erbe der Regierung Kiesinger ist, und Sie haben die Umstände ja in Ihrer Rede auch an anderer Stelle deutlich gemacht.
Es ist auch nicht richtig, daß sich diese Regierung weniger um den Breitensport kümmere. Das Gegenteil ist richtig. Erst durch die Gründung des Bundesinstituts für Sportwissenschaft während der Amtszeit dieser Regierung war es möglich, Vorhaben einzuleiten, die für den Breitensport zukunftsweisende Bedeutung haben. Ich nenne nur die „Soziologie des Sportvereins", ein Thema, das ja dort erarbeitet wird, wobei die Strukturen des Vereins von morgen aufgezeigt werden. Ein anderes Thema: „Breitensport im Betrieb". Auch Modellmaßnahmen im Bereich von Sport- und Freizeitstätten konnten erst durch die Gründung des Instituts in die Wege geleitet werden.
Lassen Sie mich aber noch einiges andere richtigstellen. Es ist der Eindruck erweckt worden, die sportmedizinische Betreuung der Sportler stünde
nicht im Blickpunkt der Bundesregierung. Hierzu nur eine Zahl - Sie kennen sie sehr genau, Herr Kollege Evers -: Wir haben die Mittel von 1972 auf 1973 von 570 000 auf über 1 Million DM, das heißt um 100 % erhöht.
Sie haben bemängelt, daß die Bundesregierung auch der Trainerausbildung zuwenig Aufmerksamkeit widme. Dabei wissen Sie, daß die Errichtung einer Trainerakademie beim Bundesleistungszentrum in Köln bevorsteht.
({1}) - Ja. Das wissen Sie doch!
Lassen Sie mich nunmehr auch auf einige Ihrer Rechenkünste eingehen. Wenn man die einmaligen Bauaufwendungen für die Olympischen Spiele unberücksichtigt läßt - das muß man ja sicher tun -, erhöhen sich die Sportförderungsmittel der Bundesregierung insgesamt von 1972 auf 1973 von 192,6 Millionen DM auf 207,6 Millionen DM. Ich kann hierin kein Absinken der Leistungen der Bundesregierung erkennen.
Dasselbe gilt für die Zahlen des Haushaltes des Bundesministeriums des Innern für zentrale Maßnahmen auf dem Gebiet des Sports. Die nackten Zahlen sind die: 1969 waren es 11,2 Millionen DM, 1970 17,4 Millionen DM, 1971 20,1 Millionen DM, 1972 23,5 Millionen DM, wobei ich hier eine Anmerkung machen muß: Hierin sind 2 Millionen DM für Olympische Spiele enthalten. 1972 wurden also für zentrale Maßnahmen nur 21,5 Millionen DM angesetzt; 1973 sind es 23,8 Millionen DM. Immerhin bedeutet das eine Steigerung von 1972 auf 1973 um - ich will das mal in Prozenten ausdrücken -14 %.
Hieraus ergibt sich insbesondere, daß im nacholympischen Jahr kein Absinken der Förderungsleistung zu verzeichnen ist, wie Sie es hier deutlich zu machen versucht haben. Das wird, wie ich schon sagte, um so deutlicher, wenn man berücksichtigt, daß in dem Betrag von 1972 rund 2 Millionen DM olympiabedingte Aufwendungen enthalten sind.
Die Finanzplanung für die Jahre 1974 bis 1976 sieht folgende Zahlen vor: 1974 gibt es eine weitere Steigerung auf 25,6 Millionen DM, 1975 sind es 26,6 und 1976 28,3 Millionen DM.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Evers?
Würden Sie bereit sein, einzuräumen, Herr Kollege Jung, daß ich nicht von einem absoluten Absinken, sondern davon gesprochen habe, daß zwar eine Steigerung zu verzeichnen ist, die Steigerung bei den Ausgaben des Bundes aber geringer ist als die Inflationsrate und deswegen mit den vorhandenen Mitteln weniger geleistet werden kann?
({0})
Jung, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern Ich räume ein, daß Sie dies gesagt haben.
Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode - 48. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 197a 2791
Aber Sie haben eben sicher nicht aufmerksam zugehört; sonst hätten Sie - in einem Fall bin ich nämlich auf Ihre Prozentrechenkünste eingegangen - festgestellt, daß diese Steigerung von 1972 auf 1973 14 % beträgt.
({1})
- In einem Fall, bei den zentralen Maßnahmen des Bundesministeriums des Innern sind 14 % Steigerung vorhanden. Das sind nackte Tatsachen.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Kraske?
Herr Kollege Jung, nun muß ich wirklich annehmen, daß Sie Ihrer eigenen Rede nicht zugehört haben; denn Sie haben doch die Globalzahlen mit einer Steigerung von 190 auf 205 bzw. von 192 auf 207 Millionen DM angegeben. Jedenfalls ist sofort erkennbar, daß das eine Steigerung um rund 71/2 % ist. Sie liegt unter dem durchschnittlichen Wachstum des Haushalts und unterhalb der Inflationsrate. Darauf hat mein Kollege Evers die ganze Zeit abgehoben.
Okay, ich bin bereit, dies entgegenzunehmen. Aber Sie werden nicht bestreiten können, daß die absolute Steigerung, wie ich meine, durchaus in einem begrüßenswerten und vertretbaren Rahmen liegt. Selbstverständlich sind wir, wenn Möglichkeiten bestehen, diesen Betrag weiter aufzustocken, bereit - dabei wollen wir auch Ihre Hilfe gern entgegennehmen -, gemeinsam mit allen Fraktionen, wie es hier auch zum Ausdruck gekommen ist, für den Sport ebensoviel wie möglich zu tun.
({0})
Unkorrekt war auch die Wiedergabe der Förderungsmittel für den Sportstättenbau im Zonenrandgebiet, Herr Kollege Evers. Haushaltsmäßig stehen bzw. standen, wie Sie als Kenner der Materie ja wissen, 1973 wie 1972 jeweils 16 Millionen DM zur Verfügung. Dies ist richtig. Der Bundesregierung ist es aber gelungen, 1972 für diesen Bereich rund 5 Millionen DM zusätzlich aus Mitteln anderer Häuser abzuzweigen. Auch in diesem Jahr - das kann ich Ihnen zur Beruhigung sagen - zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab.
Lassen Sie mich nunmehr etwas näher auf den vorliegenden Antrag eingehen. Zunächst ist bemerkenswert, daß er mit nacholympischen Argumenten begründet weide, obwohl er mit dem Antrag der CDU/CSU vom 3. März 1972 nahezu identisch ist. Beide Anträge weisen auf die besondere gesellschafts- und staatspolitische Bedeutung der Förderung des Sports durch Bund, Länder und Gemeinden hin. Ich teile diese Auffassung.
Die Bundesregierung stellt den Sport mit seinen vielfältigen lebenswichtigen Komponenten auf eine hohe Stufe unserer kulturellen und gesellschaftspolitischen Wertskala. Der Sport hat viele Handlungsräume. Jeder hat seine eigene Gesetzmäßigkeit, seine eigenen Wertungen und seine eigenen Vorzüge. Dies gilt für den Breiten- und Freizeitsport, den Schulsport ebenso wie für den Hochschulsport. Wer Sport nur in einer seiner Erscheinungsformen anerkennen will, muß wissen, daß er das Gesamtgefüge des Sports gefährdet. Ich meine deshalb, daß die Freunde des Sports und diejenigen, die dem Sport den Stellenwert einräumen wollen, der ihm gebührt, nicht dort sitzen, wo der Leistungssport als inhuman diffamiert, als Mittel brutaler Selbstausbeutung und als Instrument der Herrschenden diskreditiert wird.
({1})
Die Diffamierung des Leistungssports trifft den Sport in seiner Gesamtheit. Sie bleibt nicht ohne negative Folgen für den Jugendsport und hat ihre schädlichen Wirkungen für den Breitensport und den Freizeitsport ebenso wie für den Schulsport.
({2})
Es ist deshalb zu begrüßen, daß der Antrag der Opposition von der Gleichwertigkeit aller Erscheinungsformen des Sports ausgeht.
Dafür hat der Antrag aber bei allen positiven Ansätzen andere Mängel. Der Antrag versucht, die Förderung des Sports zu sehr in starre Richtlinien und Durchführungserlasse zu pressen. Wer in der Praxis der Förderung des Sports steht, weiß, daß hierfür kein Bedarf besteht. Ich meine deshalb, wir sollten hier nicht zu einem Mehr kommen, sondern uns auf das Unumgängliche beschränken. Eine unbürokratische Sportförderung hat der Sport von jeher für erforderlich gehalten, um dem oft raschen Wandel der Gegebenheiten flexibel zu begegnen. Wer zudem noch versucht, verschiedene Ebenen der Förderung ,des Sports in einen Topf zu gießen und mit Richtlinien und Durchführungserlassen von oben zu verordnen, verkennt nicht nur die Belange des Sports, sondern auch die Grenzen unserer Verfassung und das besondere Verhältnis der staatlichen Sportförderung zu den Planungsvorstellungen des Sports.
Der Antrag enthält eine Vielzahl wesentlicher Punkte und Forderungen, denen die Bundesregierung aufgeschlossen gegenübersteht. Ich möchte jedoch mit aller Entschiedenheit der Meinung entgegentreten, daß hier ein Leerraum staatlicher Aktivitäten bestünde. Die Ziele des vorliegenden Antrags, die Sportförderung weiterzuentwickeln, zu systematisieren und gesellschaftspolitisch zu integrieren, decken sich voll mit den Vorstellungen und Bemühungen dieser Bundesregierung. Dies verdeutlichen auch die Sportberichte der Bundesregierung, von denen der erste dem Deutschen Bundestag am 28. August 1970 vorgelegt worden ist und der zweite in den nächsten Tagen - er ist bereits fertig - vorgelegt werden wird. Beide Berichte enthalten die Grundlage und Beurteilungsmaßstäbe für eine langfristige und kontinuierliche Sportförderung und machen die Zuständigkeit des Bundes und damit zugleich die Zuständigkeitsabgrenzung gegenüber den Ländern sichtbar. Sie nehmen auf die Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institu2792
tionen und den Trägern des Sports Bezug sowie auf Grundsätze für die Berücksichtigung des Sports in allen geeigneten Bereichen der Staats- und Gesellschaftspolitik des Bundes. Allgemeine Richtlinien für den Bundessportplan, wie sie von der CDU/CSU-Fraktion angeregt worden sind, würden nach allem keine Neuorientierung bringen, sondern nur einen neuen Namen für im wesentlichen bereits Bestehendes.
Meine Bedenken gegen den Antrag gelten deshalb insbesondere sowohl erstens für die Grundsätze und Faktoren, die nach der bisherigen Praxis der Bundesregierung im Rahmen der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten im wesentlichen auf den Finanzbedarf der Sportverbände abstellen, als auch zweitens für die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Ländern, die seit längerem geklärt ist und entsprechend praktiziert wird, wobei ich nur am Rande bemerken möchte, daß es nicht Aufgabe der Bundesregierung sein kann, eine Aufgabenverteilung und Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Ländern und Gemeinden zu regeln. Auf die Erfahrungen mit den Ländern, Herr Kollege Evers, im Zusammenhang mit den Bemühungen der Regierung Kiesinger um die Einbeziehung der Sportförderung in die Gemeinschaftsaufgaben und auch im Zusammenhang mit dem Schicksal des Goldenen Planes haben Sie ja wohl selbst hingewiesen.
Drittens. Meine kritischen Bemerkungen gelten auch dem Vorschlag, Richtlinien zur Regelung der Zusammenarbeit zu erstellen. Die langjährige Praxis der Sportförderung hat naturgemäß schon seit längerem bestimmte Regelungen der Zusammenarbeit geformt. Als institutionalisierte Formen dieser Zusammenarbeit können die Jahresplanung-
und Realisierungsgespräche zwischen dem Deutschen Sportbund, den Bundessportfachverbänden und meinem Hause angesehen werden sowie die für die Sportförderung gebildeten Kuratorien, interministeriellen Ausschüsse - z. B. für die Förderung des Sports in Entwicklungsländern und zur Durchführung von sportwissenschaftlichen Förderungsprogrammen -, die Bund-Länder-Kommission im Bereich der Bildungsplanung, der Planungsausschuß für den Hochschulbau und manches andere mehr.
Viertens. Schließlich muß ich darauf hinweisen, daß der vorgesehene jährliche Durchführungserlaß - entgegen den Vorstellungen der Opposition - nicht rechtzeitig zu den Haushaltsberatungen aufgestellt werden kann, da zu dieser Zeit für viele Bereiche des Sports noch keine Aussagen gemacht werden können. Sie wissen, Herr Kollege Evers, daß die Besprechungen ja bereits im Frühjahr stattfinden und die Sportverbände selbst, insbesondere für ihre internationalen Veranstaltungen, frühestens erst im Spätjahr ihre Termine für das nächste Jahr festlegen können.
({3})
- Dem Sport werden regelmäßig frühestens im Herbst des laufenden Jahres die Termine für die internationalen Veranstaltungen bekannt, Herr Kollege Evers. Das können wir nachweisen. Damit ist die Planung also erst ab diesem Zeitraum möglich.
Fünftens. Der Antrag beschneidet ein wichtiges Betätigungsfeld der Deutschen Sportkonferenz, deren vornehmliche Aufgabe es ist, den Sport auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu koordinieren, also gerade solche Aufgaben wahrzunehmen, deren sich auch der Bundessportplan mit seinen starren Reglementierungen annehmen will.
Sechstens. Alles in allem besteht die Gefahr, ein zusätzliches Verfahren und Instrument zu schaffen, dessen Notwendigkeit und Effektivität von vornherein fraglich ist. Dies gilt um so mehr, als der Maßnahmenkatalog, den der Antrag vorsieht, durch entsprechende Aktivitäten der Bundesregierung bereits weitgehend ausgefüllt ist. Die Finanzierung der Durchführung von Modellmaßnahmen - ich nenne zusätzlich noch diejenigen auf dem Gebiet des Breitensports, der Rehabilitation oder des Sportstättenbaus - gehört zu der feststehenden Förderungspraxis der Bundesregierung ebenso wie die Durchführung und Finanzierung von Forschungsvorhaben, die interdisziplinär den gesamten Bereich der Sportwissenschaften und des Breitensports erfassen. Von bedeutsamen Forschungsaufträgen des Bundesinstituts für Sportwissenschaft habe ich bereits auf das Forschungsvorhaben „Zur Soziologie des Sportvereins", auf das Forschungsvorhaben „Breitensport im Betrieb" und auf das andere, „Benutzerfreundliche Sportstätten", hingewiesen.
Bei allen kritischen Bemerkungen soll aber nicht verkannt werden, daß mehrere im Antrag entwickelte Gedanken in den Ausschüssen vertieft werden sollten. Dies könnte zweckmäßigerweise in Verbindung mit dem zu beratenden Sportförderungsbericht geschehen. Die in dem Antrag niedergelegten Vorschläge können dazu dienen, die Sportförderung im Rahmen der bisherigen Möglichkeiten und Formen weiter zu verbessern, worum sich natürlich auch die Bundesregierung immer wieder bemüht.
Lassen Sie mich zum Schluß noch die Stellungnahme des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zum Antrag der CDU/CSU zitieren. Sie kennen diese Stellungnahme. Sie haben sie sicher heute gelesen. Ich nehme nur einen Satz:
({4})
- Nun, die Städte und Gemeinden sind ja wohl mit am meisten zuständig für den Breiten- und Freizeitsport, den Sie ja auch herausgestellt haben.
Dieser Städte- und Gemeindebund also hat in seiner Stellungnahme festgestellt:
Der Antrag beklagt in seiner Begründung eine weitgehend unkoordinierte Aufgabenteilung auf dem Gebiet der Sportförderung. Wir vermögen uns dieser Aussage nicht anzuschließen.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; ich schließe die Beratung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
vor, den Antrag dem Sportausschuß - federführend - und zur Mitberatung dem Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit sowie dem Haushaltsausschuß zu überweisen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der heutigen Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit - Drucksache 7/853
Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Rechtsausschuß
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vom Bundesrat eingebrachte Entwurf, der Ihnen vorliegt, soll die Wertgrenzen, die in der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die Zuständigkeit der Amtsgerichte, für die Zulässigkeit der Berufung und der Beschwerde sowie für die Zulässigkeit des Schiedsurteilsverfahrens bestehen, an die in den letzten Jahren eingetretene Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse anpassen. Insbesondere soll durch die Erhöhung der Wertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsgerichte die starke Verlagerung der Geschäftslast von den Amtsgerichten auf die Landgerichte wieder ausgeglichen werden.
Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf ausgeführt, daß sie die Zielsetzung des Entwurfs unterstützt, daß sie die vorgeschlagene Anhebung der Wertgrenze für die Zuständigkeit des Amtsgerichts in vermögensrechtlichen Streitigkeiten auf 3 000 DM aber nicht als geeignete Maßnahme zur Wiederherstellung des Gleichgewichts im Gesamtgefüge der Zivilgerichtsbarkeit ansieht. Ich betone dies noch einmal deutlich. Es trifft zu, daß eine Entlastung der Landgerichte dringend geboten ist und daß zur Erreichung dieses Ziels gesetzgeberische Maßnahmen notwendig sind. Es geht also allein um die Frage, welche Maßnahmen als geeignet anzusehen sind, um eine überzeugende, dauerhafte, ökonomische und für die gesamte Rechtspflege dienliche Lösung zu erreichen.
Gegen die vom Bundesrat angestrebte Lösung sprechen eine Reihe von schwerwiegenden Gesichtspunkten. Erstens. Die Abgrenzung nach dem Streitwert zwischen der Kompetenz des alleinentscheidenden Richters beim Amtsgericht einerseits und des aus drei Richtern bestehenden Kollegiums beim Landgericht andererseits ist seit jeher als problematisch empfunden worden. Sie mag tragbar sein, solange die Grenze in einem relativ niedrigen Streitwertbereich gezogen wird. Bei einer Anhebung der Wertgrenze auf 3 000 DM müssen sich jedoch die Bedenken gegen eine solche Abgrenzung erheblich verstärken. Ich weise hier nur darauf hin, daß bei der vorgeschlagenen Erhöhung der Wertgrenze auch in dem Streitwertbereich zwischen 1 500 und 3 000 DM künftig 93 Landgerichte letztinstanzlich entscheiden würden. Damit würde in einem weiten Bereich gerade der Streitigkeiten des täglichen Lebens mit oft erheblich rechtlicher und sozialer Problematik die Einheitlichkeit der Rechtsprechung außerordentlich gefährdet werden. Vor allem würde diese Abgrenzung auch keine befriedigende Lösung für die Dauer darstellen.
Wie sich aus den Statistiken ergibt, ist die ständig gewachsene Geschäftsbelastung bei den Landgerichten in den letzten Jahren auf den immer größer gewordenen Anfall von Zivilprozeßsachen mit einem Streitwert von mehr als 3 000 DM zurückzuführen. Vergleicht man z. B. die Zahlen der Jahre 1970 und 1971, so ergibt sich im Streitwertbereich von 1 500 bis 3 000 DM ein Zuwachs von 6 311 Sachen, im Streitwertbereich über 3 000 DM dagegen ein Zuwachs von 15 151 Sachen. Der Zuwachs im Streitwertbereich über 3 000 DM ist also um 240 % größer. Danach muß befürchtet werden, daß schon bald eine weitere Anhebung der Wertgrenze notwendig werden würde. Schon jetzt wird von verschiedenen Seiten eine Erhöhung der Wertgrenze auf 5 000 DM gefordert. Das ist jedoch nicht vertretbar. Es sollte daher von vornherein nach einer befriedigenden Dauerlösung gesucht werden.
Zweitens. Große Zweifel habe ich auch, ob der mit dem Entwurf erstrebte Entlastungseffekt im personellen Bereich tatsächlich erzielt wird. Die Anhebung der Wertgrenze würde zwar bei den Landgerichten und Oberlandesgerichten, wenigstens vorübergehend, einen Rückgang des Geschäftsanfalls bewirken; da jedoch vor allem bei den Landgerichten, die gegenwärtig überlastet sind, kaum Personal freigestellt werden kann, wird der auf die Amtsgerichte zukommende Aufgabenzuwachs zu einer Personalvermehrung bei diesen Gerichten zwingen. Die Amtsrichter sind, jedenfalls in den Ballungsgebieten, völlig ausgelastet. Bei einer Erhöhung der Wertgrenze auf 3 000 DM ist eine Überlastung der Amtsrichter und damit die Notwendigkeit des Einsatzes zusätzlichen richterlichen und nichtrichterlichen Personals vorauszusehen. Insgesamt würde die vorgeschlagene Maßnahme also zur Vergrößerung des Personalbestandes führen und damit die Engpässe im personellen Bereich noch verstärken.
Drittens. Schließlich müßte die vorgeschlagene Maßnahme auch zu nicht unerheblichen finanziellen Aufwendungen für die Deckung eines zusätzlichen Raumbedarfs führen. In einigen Ländern würden Baumaßnahmen oder die Anmietung von Gebäuden, insbesondere für den größeren Raumbedarf der Amtsgerichte, erforderlich werden. So würden in Berlin 750 000 bis 1 Million DM an Baukosten oder 72 000 DM jährlich an Mietkosten und in Bremen 1,3 Millionen DM an Baukosten für einen zusätzlichen Raumbedarf bei Amtsgerichten und 200 000 DM für bauliche Veränderungen beim Landgericht aufgewendet werden müssen. In Hessen wären 12 Millionen DM an Baukosten und 150 000 DM jährlich an Mietkosten aufzubringen. Hier würden bei acht Amtsgerichten Erweiterungsbauten und bei sieben Amtsgerichten Anmietungen erforderlich werden. Außerdem würde, vor allem auch im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Übergang der Ehesachen auf die Amtsgerichte, der Fortbestand kleinerer Landgerichte erheblich bedroht sein. Bei zwei Landgerichten würde der Geschäftsanfall so
stark sinken, daß nicht einmal mehr eine Zivilkammer ausgelastet wäre. In Nordrhein-Westfalen würden 1,125 Millionen DM jährlich und in Schleswig-Holstein 100 000 DM jährlich an zusätzlichen Mietkosten anfallen.
Es stellt sich also nach alledem die Frage, ob die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung wirklich sinnvoll und vertretbar ist. Bereits vor dem Plenum des Bundesrates hatte ich ausgeführt, daß der Überlastung der Landgerichte schon bald auch auf andere Weise begegnet werden könnte. Ebenso hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf des Bundesrats Lösungen aufgezeigt, mit denen das vom Bundesrat erstrebte Ziel gleichfalls erreicht werden kann, mit denen die von mir dargestellten Nachteile der Bundesratslösung aber vermieden werden können.
Zunächst weise ich darauf hin, daß der von der Bundesregierung eingebrachte und dem Deutschen Bundestag bereits vorliegende Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts eine Übertragung der gegenwärtig noch zur Zuständigkeit der Landgerichte gehörenden Ehesachen und weiterer Familiensachen auf die Amtsgerichte vorsieht. Diesem Vorschlag hat auch der Bundesrat zugestimmt. Damit kann die starke Belastung der Landgerichte bereits in absehbarer Zeit erheblich gemindert werden.
Eine weitere sehr wesentliche Entlastung der Landgerichte könnte durch die schon seit langem geforderte Erweiterung der Entscheidungsbefugnis des Einzelrichters erreicht werden. Das Land Hessen hatte hierzu bei der Behandlung des Entwurfs im Bundesrat einen Vorschlag unterbreitet, der leider nicht die Zustimmung der Mehrheit im Bundesrat gefunden hat. Vor kurzem hat jetzt auch das Land Schleswig-Holstein im Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozeßordnung vorgelegt, mit dem die Zuständigkeit des Einzelrichters beim Landgericht erweitert und die Zuständigkeit des Kollegiums nur auf diejenigen Verfahren beschränkt werden soll, in denen die Beratung und Entscheidung durch drei Richter von der Bedeutung und dem Schwierigkeitsgrad des Rechtsstreits her geboten ist. Überdies ist in meinem Hause jetzt der Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren fertiggestellt worden, der gegenwärtig den Landesjustizverwaltungen und den Verbänden zur Stellungnahme vorliegt. Er sieht neben anderen Maßnahmen zur Rationalisierung und Entlastung der Rechtspflege in Zivilsachen gleichfalls eine Neuregelung der Entscheidungsbefugnisse von Einzelrichter und Kollegium beim Landgericht vor. Der Entwurf soll Anfang nächsten Jahres dem Kabinett zugeleitet werden.
Auf Einzelheiten der Entwürfe ist hier und heute noch nicht einzugehen. Insgesamt und im Grundsatz erscheinen mir diese Vorschläge aber sachdienlicher als die Anhebung der Wertgrenze für die Zuständigkeit der Amtsgerichte. Ihren entscheidenden Vorteil erblicke ich darin, daß sie nicht am Streitwert orientiert sind und daher eine von Geldwertschwankungen unabhängige und somit dauerhafte, gleichzeitig aber an sachgerechten Gesichtspunkten ausgerichtete Lösung darstellen, daß sie in ganz erheblichem Umfang zu der gewünschten Entlastung der Landgerichte beitragen, ohne zugleich einen erhöhten Personalbedarf bei den Amtsgerichten auszulösen, und daß sie keine Baumaßnahmen oder Anmietungen zusätzlicher Gebäude oder Räume bei den Amtsgerichten verursachen.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, diese Gesichtspunkte bei der Beratung in diesem Hause und in seinen Ausschüssen zu berücksichtigen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hauser ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit ganz nüchternen und eindrucksvollen Zahlen hat das Land Baden-Württemberg diesen heute zur ersten Lesung anstehenden Gesetzentwurf über den Bundesrat initiiert und damit die dringende Notwendigkeit einer Änderung der Streitwertgrenzen in zivilrechtlichen Verfahren offengelegt. Denn wenn hier, Herr Minister, unbestreitbar dargetan wird - um nur ganz wenige Zahlen zu nennen -, daß sich das Verhältnis zwischen landgerichtlichen Streitverfahren und beim Amtsgericht anhängigen Streitsachen allein zwischen 1965 und 1971 zu Lasten der Landgerichte von 1 zu 6,2 auf 1 zu 3,7 verlagert hat und daß dadurch die Belastung der Landgerichte um 58,7 % zugenommen hat, ist der Gesetzgeber aufgerufen, die Dinge wieder zurechtzurücken.
Diese immer stärkere Belastung in den landgerichtlichen Instanzen ist auch nicht auf ein Bundesland beschränkt, sondern eine allgemeine Beobachtung in allen unseren Bundesländern. Die „Mondscheinkammern", wie es in Hannover mit begütigendem und den Ernst der Situation überspielendem Humor heißt, weil bei langwierigen Prozessen dort oft bis in die Nacht hinein verhandelt wird, sind nicht auf diese Stadt beschränkt; wir finden sie überall. Und daß der Einzelrichter, um mit seinem Verfahren voranzukommen, in Zivilsachen mit dem Diktiergerät, soweit ihm das gestattet ist, die Protokollführung übernimmt, die normalerweise dem mittleren Dienst zukommt, ist ebenfalls keine Einzelerscheinung, und trotzdem ist hier das Anschwellen der Prozeßflut nicht zu bewältigen. Kein Wunder, daß gerade viele Landgerichtsprozesse sich allzu lange hinziehen, und die überlange Dauer der Prozesse ist ja auch immer der entscheidendste Anlaß zur Klage, wenn über Mißstände in der Rechtspflege gesprochen wird, die Abhilfe erheischen.
In der Tat, Herr Minister, kommt der Verlust in der Zeit oft einem Verlust im Recht gleich, was schließlich dazu führen muß, die Rechtsschutzgarantie unseres Grundgesetzes zu mindern. Nicht zuletzt sind davon die Richter selbst bedrückt, wenn sie dazu verurteilt sind, Rechtsuchenden Unrecht zu tun, weil sie ihnen nicht rasch genug zu ihrem Rechte verhelfen können, wie es vor kurzem in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hieß.
Dr. Hauser ({0})
Diese Misere auf dem Rechtsgebiet mit der beklagten Überbelastung unserer Landgerichte hat - auch dies muß gesagt werden - ihre Ursache nicht im Justizbereich; vielmehr sind es die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und in den letzten Jahren insbesondere die inflationären Tendenzen, die daran schuld sind. Die Diskrepanz in der amtsgerichtlichen Zuständigkeit zwischen Straf- und Zivilsachen - die Bundesrechtsanwaltskammer hat bereits vor drei Jahren bei den sehr häufigen Straßenverkehrssachen darauf hingewiesen - ist noch viel größer geworden. Während der Amtsrichter, so wurde damals gesagt, zwar fast stets für die strafrechtliche Bereinigung zuständig ist, die die Betroffenen ungleich härter trifft ,als die zivilrechtliche, ist er dies schon bei größeren Blechschäden nicht mehr für die schadensersatzrechtliche Regelung. Heute muß man sagen, daß bereits mittlere Blechschäden seine Kompetenz übersteigen. Dieses offenkundige Mißverhältnis hätte sich ohne große Schwierigkeiten und Anstrengungen mit einer Erweiterung der Wertgrenzen, wie sie der Deutsche Anwaltverein schon 1968 gefordert hat, längst in Ordnung bringen lassen.
Daß eine gesetzliche Lösung in der Frage drängt, und zwar immer mehr drängt, war auch dem hohen Ministerium nicht verborgen geblieben. Denn anders läßt es sich nicht deuten, wenn die Spitze des Ministeriums in der letzten Zeit bei grundsätzlichen Auslassungen keine Gelegenheit vorbeigehen ließ, ohne sich gerade dazu zu äußern. Nur: Statt den Ball aufzunehmen und damit vernunftorientiertes Denken, kritische Rationalität, Augenmaß und differenzierte Lösungen zu zeigen - was Sie, Herr Minister, auf dem letzten Juristentag als Ihr Leitbild in der Justizpolitik herausgestellt haben -, legte man bei dieser Frage in Ihrem Hause schlicht und einfach die Hände in den Schoß. Man hatte nur abfällige Bemerkungen zu diesem nunmehr fünf Jahre alten Vorschlag.
Das fallweise Hin- und Herschieben von Streitwertgrenzen, so sagten Sie auf dem rechtspolitischen Kongreß Ihrer Partei im vergangenen Jahr, schaffe keine leistungsfähigere Rechtspflege. Oder: Ihr Schildknappe, der Herr Staatssekretär, hat noch jüngst auf dem Hamburger Anwaltstag erklärt, er halte diese Bundesratsvorlage nicht für eine überzeugende Lösung.
So reizte man auch in Ihrem Hause, Herr Minister, die dreimonatige Vorlagefrist aus, die das Grundgesetz in Art. 76 Abs. 3 zuläßt, obwohl sich neun der elf Bundesländer diese baden-württembergische Initiative zu eigen gemacht und damit nicht nur den Ernst der Situation an den Landgerichten, sondern auch die zumindest für den gegen artigen Zeitpunkt einzig praktikable Lösung dieses Problems unterstrichen haben.
Dabei ist die Stellungnahme Ihrer Regierung zu dieser Vorlage auf knapp vier Spalten wahrhaftig keine so gewaltige geistige Leistung gewesen, daß man dazu ein volles Vierteljahr hätte brauchen müssen, ganz abgesehen von den widersprüchlichen Feststellungen darin, wenn einerseits gesagt wird, die Anhebung der Streitwertgrenzen bringe kaum
eine ins Gewicht fallende Entlastung der Landgerichte, andererseits aber von einer erheblichen Bedrohung im Fortbestand kleiner Landgerichte gesprochen wird, falls diese Novelle Gesetz werden sollte. In diesem Punkt ist Ihre Rechtspolitik, Herr Minister, auf alle Fälle falsch programmiert.
Ich teile uneingeschränkt das, was Herr Kollege Kleinert am 26. November 1972 im ZDF hierzu gesagt hat. Er meinte, es dürfte bei der Aufstellung von Schwerpunkten für das Programm dieser Legislaturperiode gewisse Schwierigkeiten zwischen den Koalitionspartnern geben.
Denn wenn schon klar ist,
- so fuhr Kleinert damals fort daß wir umfangreiche Vorhaben nicht werden schaffen können, dann meine ich,
- so Kleinert kommt den sachlichen Regelungen
- und dabei bezog er die materielle Verfahrensänderung mit ein größere Bedeutung zu als dem übergreifenden Gebiet der Gerichtsverfassung, für das unserer Meinung nach noch nicht genügend Tatsachen vorliegen, um es jetzt schon vorrangig behandeln zu können.
Soweit Kollege Kleinert.
Wohl unter dem Druck der heutigen Beratung erschien vorgestern in der Presse die kurze Notiz, daß im Justizministerium jetzt ein Referentenentwurf zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren fertiggestellt worden sei. Selbstverständlich werden wir diesen Entwurf - es wird ja sicherlich noch geraume Zeit vergehen, bis er vorlagereif ist - eingehend beraten und prüfen. Dabei wollen wir wirklich Ihren weiteren Rat, Herr Minister, auf dem Juristentag des letzten Jahres beherzigen, wo Sie sagten:
Reformen können nicht abgekapselt hinter ministeriellen Schreibtischen dem Sachverstand der Fachleute allein überlassen bleiben. Sie bedürfen vielmehr der kritischen Auseinandersetzung und der Bereitschaft der Verantwortlichen, Einsichten aus den öffentlichen Diskussionen auch anzunehmen.
Handeln wir aber bereits bei dieser Vorlage, Herr Minister, die heute ansteht, nach diesem Grundsatz! Sie sagten damals zum Schluß:
Niemand will hier mit dem Kopf durch die Wand.
Ich hoffe, daß diese weise Erkenntnis auch für das Justizministerium gilt und nicht allein für die Teilnehmer an der Diskussion, um wirklich eine nicht wohlfeil zu habende leistungsfähige Gerichtsorganisation am Ende zu haben.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Emmerlich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesjustizminister hat Ihnen bereits vorgetragen, wie die Bundesregierung zu dem vom Bundesrat mit Mehrheit verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Wertgrenzen in der Gerichtsbarkeit steht. Meine Fraktion teilt die vom Herrn Bundesjustizminister vorgetragenen Bedenken. Wir verkennen nicht, daß der Geschäftsanfall in vermögensrechtlichen Streitigkeiten bei den Landgerichten überproportional gestiegen ist und daß sich daraus für die Länderjustizverwaltungen Probleme ergeben, die im personellen Bereich liegen, die aber auch den Raumbedarf der Gerichte tangieren. Wir teilen die Auffassung, daß sich der Gesetzgeber dieser Problematik stellen muß, wir sind jedoch nicht der Meinung, daß der vorliegende Gesetzentwurf geeignet ist, die aufgezeigten Schwierigkeiten zu beheben. Der Bundesjustizminister hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Ursachen für den unverhältnismäßig hohen Geschäftsanfall bei den Landgerichten in vermögensrechtlichen Streitigkeiten von den Initiatoren des vorliegenden Entwurfs nicht ausreichend erforscht sind, und zwar insofern, als keine Differenzierung des Anstiegs der Geschäftszahlen der Landgerichte für die Streitwerte bis zu 3000 DM und über 3000 DM vorgenommen wurde. Wenn es richtig ist, daß die Zuwachsrate im Streitwertbereich über 3000 DM besonders hoch ist, so kann eine Entlastung der Landgerichte durch die Anhebung der Zuständigkeit der Amtsgerichte von 1500 auf 3000 DM nicht in dem gebotenen Maße erreicht werden. Unberücksichtigt geblieben ist auch, daß durch die vorgeschlagene Erhöhung der Streitwertgrenze für die Amtsgerichte bei den Landgerichten zwar eine gewisse Entlastung eintreten wird, eine Herabsetzung der Zahl der an den Landgerichten tätigen Richter jedoch nicht erwartet werden kann, während andererseits durch den Anstieg der Geschäftszahlen bei den Landgerichten dort nicht nur eine Personalaufstockung notwendig sein wird, sondern - jedenfalls in weiten Bereichen auch ein räumlicher Ausbau.
Ein besonders schwerwiegender Mangel des vor uns liegenden Gesetzentwurfs liegt nach unserer Auffassung darin, daß er ohne Rücksicht auf den zukünftigen Aufbau und die zukünftige Organisation der ordentlichen Gerichtsbarkeit konzipiert wurde. Wir halten es für einen grundlegenden Irrtum, zu glauben, Sofortmaßnahmen könnten der Rechtspflege dienen, wenn sie nicht daran ausgerichtet sind, wie die Justiz einmal gestaltet sein soll, und wenn sie nicht schon Schritte in Richtung auf das zukünftige Gerichtswesen sind.
Der vorliegende Gesetzentwurf verzichtet bewußt auf eine derartige Zukunftsorientierung. Er geht von Konzeptionen der Vergangenheit aus. Indem er sich mit einer Verschiebung der Wertgrenzen begnügt, läßt er diese überholten Ordnungsprinzipien nicht nur unberührt, sondern bewirkt durch oberflächliche Anpassung ihre Verfestigung.
Darüber hinaus steht dieser Gesetzentwurf - entgegen der Versicherung seiner Initiatoren - der beabsichtigten Neugliederung der ordentlichen Gerichtsbarkeit insofern entgegen, als er personelle
Aufstockungen auch an solchen Amtsgerichten zur Folge haben wird, die bei der angestrebten .Einführung des dreistufigen Aufbaues der ordentlichen Gerichtsbarkeit aufgehoben werden müssen.
Der Herr Bundesjustizminister hat deutlich gemacht, durch welche Maßnahmen die Entlastung der Landgerichte erreicht werden kann, ohne daß einerseits bei den Amtsgerichten ein von ihnen nicht zu verkraftender Geschäftsanfall entsteht und ohne daß dadurch die beabsichtigte Neugliederung der ordentlichen Gerichtsbarkeit erschwert wird. Im Gegenteil, mit der Übertragung der Ehesachen und weiterer Familiensachen von den Landgerichten auf die Amtsgerichte und mit einer Erweiterung der Entscheidungsbefugnisse des Einzelrichters bei den Landgerichten würde die von der Bundesregierung schon in der letzten Legislaturperiode eingeleitete Justizreform fortgeführt und die Grundlage für weitere Reformfortschritte gelegt.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelhard.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Begründung des Entwurfs ist die Rede von der notwendigen Anpassung der Wertgrenzen an die wirtschaftlichen Gegebenheiten. In Wirklichkeit handelt es sich aber um zwei unseres Erachtens völlig voneinander zu trennende Problemkreise. Wir haben es einmal zu tun mit der Erweiterung der amtsrichterlichen Zuständigkeit von 1 500 auf 3 000 DM und der damit angestrebten Entlastung unserer Landgerichte. Dagegen können, wenn man einmal unterstellt, daß dieser Entlastungseffekt eintreten würde, keine Bedenken bestehen. Uns allen muß daran gelegen sein, daß unser derzeitiges Gerichtssystem in der ordentlichen Gerichtsbarkeit funktioniert und tragfähig ist. Inwieweit man Zukunftserwartungen bereits jetzt bei der Diskussion des Entwurfs mit einbeziehen sollte, hängt - ich sage das durchaus mit Betonung - vom Ausmaß des Engagements für eine völlige Neugliederung unserer ordentlichen Gerichtsbarkeit ab. Umgekehrt hat die Bundesregierung eine ganze Fülle von Einwendungen gegen die Anhebung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit bei den Wertgrenzen vorgebracht. Das wirft eine Reihe von Einzelfragen auf, über die wir uns im Ausschuß werden unterhalten müssen.
Grundsätzliche Fragen ergeben sich bei dem zweiten Komplex, dort wo es um die Berufungssumme, um die Beschwerdesumme und um die Grenze geht, unterhalb derer eine Entscheidung im Schiedsurteilsverfahren zulässig ist. Nun ist das natürlich nur der Form nach eine bloße Fortschreibung an Hand geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse. Hier ist doch zugleich eine ganz andere Frage angesprochen, die in der Begründung des Entwurfs keine Berücksichtigung gefunden hat; die Frage nämlich, ob durch Heraufsetzung der Grenzen bei der Berufung, bei der Beschwerde und für das Schiedsurteilsverfahren nicht ein Weniger an
Rechtsschutz gewährt wird. Nicht deswegen, weil wir etwa vereinfacht sagen würden, daß das Ausmaß des Rechtsschutzes sich in der Zahl der Rechtsmittel verwirklichte, die gegen eine Entscheidung zur Verfügung stehen. Sondern ganz einfach deswegen, weil die praktische Erfahrung lehrt - das ist keine Schelte, sondern verständlich und menschlich -, daß die Qualität der Rechtsprechung dort Schaden nimmt und man in Gefahr ist, etwas weniger sorgfältig zu arbeiten, wo ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung nicht zur Verfügung steht. Im Einzelfall mag das bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geringerer Bedeutung, bei geringeren Werten, hinnehmbar sein. Aber wir sollten nicht übersehen, daß wir es vielfach mit einer Häufung ähnlich oder völlig gleich gelagerter Fälle zu tun haben, wobei sich jeder einzelne Fall bezüglich des Streitwerts durchaus im unteren Bereich halten mag. Hier besteht ganz einfach die Gefahr, daß das Fehlen jedes Rechtsmittels, auch etwa einer Grundsatzberufung oder eines ähnlichen Rechtsmittels, zum Ärgernis werden kann.
Noch eines: dieses Bedenken muß besonders bezüglich der Heraufsetzung der Beschwerdesumme Gültigkeit haben. Es geht hier um Beschwerden bei Entscheidungen über Kosten, Gebühren und Auslagen. Hier ist selbst das Argument, daß es sich nur um eine Fortschreibung an Hand wirtschaftlicher Verhältnisse handle, nur noch sehr bedingt richtig, wenn wir einmal die unzureichende Fortschreibung im Bereich des anwaltschaftlichen Gebührenrechts betrachten. Es geht nicht nur, wie bereits angesprochen, um die Häufung einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle, sondern wir müssen uns darüber hinaus vergegenwärtigen, daß hier im Kosten- und Gebührenrecht häufig nur Differenz- und Teilbeträge im Streit stehen und damit auch relativ geringere Beträge eine ganz erhebliche Bedeutung für die Betroffenen gewinnen.
Wir sehen jedenfalls der, wie wir hoffen, sehr eingehenden Erörterung all dieser Fragen bei der Beratung im Ausschuß entgegen.
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Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die erste Beratung.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage an den Rechtsausschuß zu überweisen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 4 der heutigen Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen
- Drucksache 7/956 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wirtschaft
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt die Vorlage des Gesetzentwurfs zur Änderung des Gesetzes über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen durch die Bundesregierung. Wir unterstreichen und unterstützen die Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs, durch die Pflicht zur Erhöhung der Vorräte an Erdölerzeugnissen ,die Sicherheit der Energieversorgung zu verbessern. Vor allem soll dadurch die Vorsorge gegen kurzfristige Versorgungsstörungen verbessert werden. Wir unterstützen wegen der Bedeutung und der Dringlichkeit auch die Absicht, eine beschleunigte Verabschiedung der Novelle sicherzustellen.
Das Thema der Pflicht zur Erhöhung der Vorräte, meine Damen und Herren, ist vor dem Hintergrund der Lage auf dem Weltenergiemarkt, insbesondere auf dem Ölmarkt, zu sehen. Immer schneller wächst der Bedarf der Welt an Energie, vor allem an Öl. 1985 wird doppelt soviel Erdöl benötigt wie 1972. Ende dieses Jahrzehnts werden die USA die Hälfte ihres dann benötigten Öls importieren müssen. Bislang waren sie Selbstversorger. 1980 muß Europa über 1 Milliarde t Öl importieren; im Vorjahr waren es 670 Millionen t. Wir werden zu 95 % von Importen abhängig sein. Auch Japan muß 1980 75 % seines gesamten Energiebedarfs aus Ölimporten decken, und selbst die Comecon-Staaten werden nach 1980 Öl importieren müssen. Bis 1985 werden nach heutigen Erkenntnissen fast zwei Drittel der Weltölvorräte erschöpft sein, und möglicherweise ist Anfang bis Mitte der 90er Jahre kein Erdöl mehr verfügbar.
Öl wird also knapper, es wird auch teurer. Allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres stieg der Preis für Importöl um 20 %, Benzin notierte an den wichtigsten europäischen Umschlagplätzen in dieser Zeit um 30 bis 40 % teurer.
Wir müssen also einerseits mittel- und langfristig die Ölversorgung sichern, und wir müssen uns gleichzeitig gegen kurzfristige Versorgungsstörungen, z. B. während eines Preiskonflikts zwischen den ölproduzierenden Ländern und den Mineralölgesellschaften, durch ausreichende Vorratsmengen schützen.
Ohne der Energiedebatte vorgreifen zu wollen, die demnächst sicherlich kommt, wenn uns das von der Bundesregierung beschlossene gesamtenergiepolitische Konzept vorliegt, möchte ich doch einige Feststellungen treffen:
Es ist unbestreitbar, daß die mittel- und langfristige Sicherung der Energieversorgung Vorrang haben muß vor der Vorratspolitik. Das kommt auch eindeutig in den energiepolitischen Vorstellungen der Bundesregierung zum Ausdruck. Nur, das eine schließt das andere nicht aus. Die Frage, die in diesem Zusammenhang aufgeworfen ist, ob im Gemeinsamen Markt der Europäischen Gemeinschaften der Importeur als ein europäischer Binnenhändler zu sehen ist, muß in diesem Zusammenhang dahingehend beantwortet werden, daß weder Nachbarstaaten noch internationale Mineralölgesellschaften
bereit sein werden, für uns die Bevorratung vorzunehmen. Wir müssen also selbst dafür sorgen.
Es ist sicherlich nicht zu bestreiten, daß die Bevorratungspflicht zu erhöhten finanziellen Belastungen der Vorratshalter führen wird. Das ist nicht zu vermeiden. Diese Sicherheitsprämie müssen Hersteller, Importeure und Energieverbraucher zahlen, um gegen kurzfristige Energieversorgungsstörungen gesichert zu sein. Wir haben für die Existenzsorgen der unabhängigen Mineralimporteure, für deren Lage Verständnis. Es bedarf auch nicht des Hinweises dieser zumeist mittelständischen Unternehmer. Die Gewährleistung der Erhaltung der Leistungs-, Wettbewerbs- und Überlebensmöglichkeit dieses Bereiches ist für uns eine Selbstverständlichkeit und Teil auch der Sicherheit unserer Energieversorgung. Zusammen mit der Regierung streben wir an, diesen Importeuren Erleichterungen zu gewähren, die Wettbewerbsnachteile vermeiden sollen. Es wird unsere Aufgabe sein, in den Ausschußberatungen die gefundene Härteklausel auf ihre Tragfähigkeit im einzelnen abzuklopfen.
Die Vorsorge gegen kurzfristige Versorgungsstörungen durch Erhöhung der Pflichtbevorratung für Hersteller von 65 auf 90 Tage und für Importeure von 45 auf 70 Tage ist Teil des Energiekonzepts und eine sinnvollerweise vorgezogene Teilmaßnahme. Da die Bevorratung für einen Verbrauch von drei Monaten vorgesehen ist, würden die inländischen Verbraucher im Falle begrenzter Versorgungsunterbrechungen für einen wesentlich längeren Zeitraum versorgt werden können, weil wohl kaum eine Krisensituation anzunehmen ist, bei der alle Rohöleinfuhren in die Bundesrepublik ausfallen würden. Anders ausgedrückt bedeutet das, daß bei 25 % niedrigeren Rohölimporten im Krisenfalle die Vorräte ausreichen würden, um die volle Versorgung der Bundesrepublik für ein Jahr sicherzustellen. Im übrigen, meine Damen und Herren, soll diese Maßnahme durch weitere Maßnahmen zur Sicherung der langfristigen Versorgung ergänzt werden, über die wir bei der Beratung des Energiekonzepts im einzelnen sprechen werden.
Die Bundesrepublik folgt mit der vorgesehenen Erhöhung der Pflichtbevorratung einer Empfehlung der OECD vom 29. Juni 1971. Wir vollziehen mit der Novelle außerdem die Richtlinien des EG-Ministerrates vom 19. Dezember 1972, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ab Anfang 1975 Vorräte für 90 Tage zu halten.
Der Gesetzentwurf schließt eine Lücke des Mineralölbevorratungsgesetzes aus dem Jahre 1965. Durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 1971 mußte eine Härteregelung zugunsten der unabhängigen Importeure gefunden werden. Das geschieht in der Novelle durch längere Fristen für den Aufbau der Pflichtvorräte. Die SPD-Fraktion wird bei der Beratung des Gesetzentwurfs objektiv die Einwände der unabhängigen Importeure prüfen. Sie wird sich aber sicherlich nicht der Auffassung des Außenhandelsverbandes anschließen können, der diese Härteregelung völlig ablehnt und für völlige Freistellung von der Vorratspflicht plädiert.
Das wird schon deshalb nicht möglich sein, weil dies ansonsten in anderer Richtung gegen die Gleichbehandlung verstieße und zu Wettbewerbsverzerrungen führte, ganz abgesehen davon, daß man dann mit einer Verfassungsklage aus einer anderen Richtung rechnen müßte. Wir müssen also davon ausgehen, daß auch die unabhängigen Importeure aus grundsätzlichen Erwägungen in die Regelung einbezogen werden müssen.
Wir nehmen mit Genugtuung zur Kenntnis, daß die Mineralölindustrie dem Entwurf zustimmt. Die Raffinieriegesellschaften bringen den größten Teil der Mineralölpflichtvorräte auf. Sie liegen zur Zeit bei Motorenbenzin bei rund 92 %, bei Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl bei rund 85 % und bei schwerem Heizöl sogar bei 97 %.
Wir verkennen nicht, daß die Neuregelung vor allem für die mittelständischen Betriebe Probleme bringt. Deshalb sollen auch für diesen Sektor Erleichterungen eingebaut werden - wie die längeren Fristen beim Vorratsaufbau, die Einlagerung von Rohöl an Stelle von Fertigprodukten, Bürgschaften für Lagerinvestitionen und die Bereitstellung von Kavernen. Kleinstimporteure sollen generell freigestellt werden.
Die Ministerratsrichtlinie der Europäischen Gemeinschaften schreibt den Mitgliedstaaten kein bestimmtes Bevorratungssystem vor. Deshalb weichen die Regelungen in den einzelnen Ländern der Gemeinschaft auch etwas voneinander ab. Sicherlich wäre eine gemeinschaftseinheitliche Methode besser, aber jeder weiß, daß sie bei dem derzeitigen Stand in Brüssel nicht erreichbar ist.
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme einige Änderungswünsche unterbreitet, die von uns ernsthaft bei den weiteren Beratungen geprüft werden. Die Bundesregierung hat ja bereits zugesagt, daß sie der Empfehlung folgen wird, sicherzustellen, daß die Versorgungssicherheit in allen Regionen der Bundesrepublik gleichmäßig verbessert wird.
Meine Damen und Herren, die Erhöhung der Mineralölpflichtbevorratungsmengen ist eine energiepolitisch notwendige und richtige Entscheidung. Die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung und der Schutz vor Versorgungsstörungen liegen im Interesse aller Energieverbraucher und gehören zu den Aufgaben, deren Erfüllung der Staat sichern muß. Dies ist eine Aufgabe staatlicher Energie- und Wirtschaftspolitik. Sicher ist, daß wir bei dem ständig steigenden Energiebedarf, der Bedeutung des Anteils des Mineralöls an der Deckung und vor allem der Importabhängigkeit diesen vorsorglichen Schutz und diese Sicherheitsgarantie brauchen.
Wir wissen, um mit Libyens Präsidenten Gaddafi zu sprechen, daß manche ölproduzierenden Länder das Erdöl als politische Waffe sehen. Diese Bundesregierung wird sicherlich eine ausgewogene Politik betreiben, die unsererseits keine Vorwände liefert, die Rohöllieferungen zu unterbrechen und Versorgungskrisen heraufzubeschwören. Wer aber - wie eine gute Familienmutter - Vorräte für einen denkbaren Krisenfall anlegt, ist unabhängiger und sicheWolfram
rer. Er ist im Problemfalle auch weniger oder gar nicht Repressalien ausgesetzt, und er kann gegenüber seinen Bürgern und der Wirtschaft leichter seiner Energieversorgungspflicht nachkommen. Deshalb begrüßt die SPD-Fraktion den Gesetzentwurf.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidhuber.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die CDU/CSU-Fraktion begrüßt grundsätzlich die Absicht der Bundesregierung, entsprechend den Empfehlungen der OECD und der EWG - Herr Kollege Wolfram hat ja bereits darauf hingewiesen - die Pflichtvorräte der Hersteller und Importeure von Mineralölprodukten auf eine Reichdauer von 70 bis 90 Tagen heraufzusetzen. Das ist eine notwendige Reaktion auf die zunehmenden Risiken, die sich aus der immer noch weiter steigenden Abhängigkeit der Bundesrepublik von importierten Energieträgern ergeben. Diese Maßnahme ist geeignet, bei akuten Versorgungskrisen, die angesichts der politischen Spannungen im Nahen Osten und der zunehmenden Neigung der Regierungen einiger Erzeugerstaaten, den Export von Erdöl an politische Bedingungen zu knüpfen, nicht auszuschließen sind, die Belieferung der gewerblichen und privaten Verbraucher zunächst zu gewährleisten und damit ein schnelles Übergreifen von Störungen auf unsere Wirtschaft zu verhindern.
Wir begrüßen weiterhin die Zusage der Bundesregierung, daß sie im Rahmen der Krisenvorsorge sicherstellen will, daß diese Vorräte regional ausgewogen verteilt werden. Das bedeutet, in Klartext gesprochen, den Aufbau zusätzlicher Lagerkapazitäten in Süddeutschland.
Wie die mittel- und langfristige Versorgung der EWG und der Bundesrepublik mit Erdöl, das ja noch viele Jahre ein entscheidender Faktor der Energieversorgung sein wird, gesichert und verbessert werden kann, muß in der wohl längst fälligen Debatte über das Energiekonzept der Bundesregierung, wenn es einmal vorliegt, ausführlich erörtert werden.
Mit der Vorlage dieser Novelle wird auch die gesetzgeberische Konsequenz aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 1971 gezogen. Die CDU/CSU-Fraktion bedauert nur, daß die Bundesregierung dazu mehr als zwei Jahre gebraucht hat. Herr Kollege Wolfram hat auch schon die Frage der Härteregelung, die Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war, kurz angesprochen. Wir werden im Ausschuß zu prüfen haben, ob die vorliegende Novelle den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen entspricht und ob die Härteregelung ausreicht, die unabhängigen Mineralölimporteure im Markt zu halten. Der Markt für Mineralölerzeugnisse weist sowohl auf der Verarbeitungs- als auch auf der Handelsstufe bereits heute ein sehr hohes Maß an Konzentration auf. Durch die zunehmenden
Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Erdöl und vor allen Dingen auch von Produkten auf dem Weltmarkt, aber natürlich auch durch sicherlich notwendige gesetzgeberische Maßnahmen - z. B. die Vorschriften über den Bleigehalt von Motorenbenzin - haben sich die Wettbewerbsbedingungen der unabhängigen Importeure merklich verschlechtert. Es muß daher sehr sorgfältig geprüft werden, ob sie die nicht unerheblichen finanziellen Belastungen der Vorhaltung und Lagerung großer Produktmengen, die jetzt zusätzlich auf sie zukommen, tragen können. Ein Ausscheiden dieser Unternehmen, die sich in der Vergangenheit oft als Hechte im Karpfenteich erwiesen haben, wäre aus ordnungs- und preispolitischen Gründen gleicherweise sehr zu bedauern. Auch der Bundesrat teilt diese Bedenken. Wir werden uns im Ausschuß mit dieser Problematik eingehend auseinandersetzen müssen.
Auch meine Fraktion hofft, daß es gelingen wird, diese Vorlage zügig zu beraten, damit sie bald verabschiedet werden kann.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Zywietz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beratung des Novellierungsgesetzes über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen ist die energiepolitisch wohl wichtigste vorgezogene Einzelmaßnahme vor Beratung des angekündigten Energieprogramms der Regierung. Ohne diesem Konzept und seiner Beratung vorgreifen zu wollen, ist festzuhalten, daß die Sicherheit der Energieversorgung eine seiner wesentlichen Zielsetzungen sein muß. Es ist unzweifelhaft, daß ohne ausreichende Energieversorgung dem ei reichten Wirtschafts- und Lebensstandard eines jeden Industriestaats die Grundlage entzogen wird.
Der vorgelegte Entwurf eines Mineralölbevorratungsgesetzes, wie es vielleicht in Kurzform genannt werden kann, findet als eine wesentliche konkrete Maßnahme im Hinblick auf die Sicherung der Energieversorgung die Zustimmung der FDP-Fraktion. Es handelt sich um eine Gesetzesvorlage, deren Verabschiedung bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode erwartet wurde und die darum nunmehr zügig beraten werden sollte, damit Dispositionsklarheit für die betroffenen Unternehmen geschaffen wird.
Die FDP-Fraktion beurteilt und begrüßt diesen Gesetzentwurf auf dem Hintergrund des unverzichtbaren Sicherheitsbedürfnisses in der Energiepolitik. Es ist festzustellen, daß die Primärenergieversorgung der Bundesrepublik zu mehr als 50 %
durch Mineralöl erfolgt, das wiederum zu rund 90 % aus nur wenigen Staaten des Nahen Ostens und Afrikas bezogen wird.
Der vorliegende Gesetzentwurf will eine angemessene Krisenreserve bei der Mineralölwirtschaft über die üblichen Handelsvorräte hinaus für den Fall schaffen, daß der Lieferfluß des Öls - oder des schwarzen Goldes, wie auch gesagt wird - kurzfristig unterbrochen sein sollte.
Energiesicherungspolitik, meine Damen und Herren, durch Mineralölbevorratung muß allerdings selbstverständlich in eine adäquate langfristige Politik gegenüber den ölproduzierenden Staaten eingebettet sein, die eine entsprechende Abstimmung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und mit anderen Industriestaaten erfordert. Darüber hinaus, so meinen wir, sollte an der Verwirklichung der beschlossenen eigenen Rohölreserve der Bundesregierung über 10 Millionen Tonnen festgéhalten werden, wenn auch temporäre Haushaltsschwierigkeiten den ursprünglichen Planabsichten zur Zeit entgegenstehen sollten.
Die wesentlichen Aspekte der vorgelegten Bevorratungsnovelle wären vielleicht wie folgt zu skizzieren: In unserer Wertung ist die Mineralölversorgung der Bundesregierung seit Verabschiedung des Bevorratungsgesetzes im Jahre 1965 ganz gewiß nicht sicherer geworden. Die in der vorliegenden Gesetznovelle vorgesehene Erhöhung der Bevorratungspflicht von 45 auf 70 Tage der Vorjahres-importe für Importeure und von 65 auf 90 Tage der Vorjahresproduktion für Produzenten halten wir darum für folgerichtig. Sie entspricht darüber hinaus der Empfehlung der OECD und der Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft, die von wichtigen Partnerstaaten bereits erfüllt wird. Mit dieser Bevorratungsnovelle werden in Zukunft Vorratsmengen bereitgestellt, die je nach Krisenausmaß einmal von ganz erheblicher Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung sein könnten.
Die FDP-Fraktion unterstützt im speziellen die vorgesehene stufenweise Erhöhung der Vorratspflicht mit entsprechenden Toleranzzeiten als eine Politik mit Augenmaß für die technischen Möglichkeiten der Lagerung derart großer Mengen, die zumeist kosten- und auch umweltfreundlich in Salzkavernen durchgeführt wird. Wir halten auch, wie vorgesehen, insbesondere steuerliche Erleichterungen, steuerliche Entlastungen bei den einheitswertabhängigen Steuern für richtig angesichts der Tatsache, daß es sich bei den eingelagerten Pflichtmengen sozusagen um unverkäufliche eiserne Bestände für die Unternehmen handelt, die keine Erträge einbringen, sondern im Gegenteil als erhöhte Investitionen und Kosten für Vorräte und Läger in die Mineralölpreise eingehen. Sicherheit hat ihren Preis, der aber in diesem Fall, so meinen wir, als angemessen zu bezeichnen ist.
Wir unterstützen außerdem eine Härteregelung für die unabhängigen Importeure von Mineralölprodukten - zumeist mittelständische Unternehmen - die dem Verfassungsgerichtsurteil vom März 1971 nach unserer Auffassung in ausgewogener und in konstruktiver Weise Rechnung trägt. Beispielsweise sind in dieser Härteregelung verlängerte Fristen für die Erfüllung der Bevorratungsfreimengen je Produktgruppe, Substitionsmöglichkeiten für das Einlagerungsprodukt sowie die Möglichkeit der Rohöleinlagerung vorgesehen. Alles Maßnahmen, um die im Urteil festgestellte ungleiche Belastung durch das Bevorratungsgesetz aus dem Jahre 1965 auszugleichen.
Neu in der vorgelegten Novelle sind Fristen, innerhalb derer eingelagerte Pflichtvorräte verfügbar gemacht werden müssen. Einzelheiten zu diesem Stichwort „Krisenmanagement" müßten sicher noch im Energiekonzept der Regierung enthalten sein.
Abschließend möchten wir festhalten, daß die Bundesregierung bei ihrer eigenen Maßnahme, nämlich der Bundesrohölreserve, mit gutem Beispiel vorangehen möge. Zum anderen sollte Mineralölbevorratung stets als Mittel zum Zweck größerer Sicherheit im Energiebereich gesehen werden. Daher ist gefördertes Inlandsöl folgerichtig aus der Bevorratungspflicht ausgenommen. Es liegt nahe, diesen Gedanken auch auf den Bereich der Europäischen Gemeinschaften und das aus der Nordsee geförderte und wie ich meine, sichere Ö1 auszuweiten.
Nach der am heutigen Vormittag vorangegangenen Europadebatte in diesem Hause ist auch insbesondere darauf hinzuweisen, daß eine praktikablere Abstimmung der Bevorratungsmodalitäten zwischen den einzelnen Staaten der Gemeinschaft erreicht werden muß, um beispielsweise die volle Anrechenbarkeit von in den Partnerstaaten lagernden Mineralölvorräten sicherzustellen.
Die FDP-Fraktion begrüßt insgesamt die vorgelegte Bevorratungsnovelle aus der Überzeugung, daß vorbeugende Maßnahmen für die Sicherheit der Energieversorgung notwendig sind, um ein „black out" unwahrscheinlicher zu machen. Denn das hieße wohl Rückschritt in allen Lebensbereichen.
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Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage dem Ausschuß für Wirtschaft und dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 5 und 6 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes
- Drucksache 7/904 Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes
- Drucksache 7/912 Ich schlage Ihnen vor, daß wir die Beratung dieser beiden Punkte verbinden.
Ich eröffne die Aussprache. Ich erteile zunächst, vor allem zur Begründung des Punktes 6 der Tagesordnung, Herrn Abgeordneten Dr. Hornhues das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kernpunkt des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes der CDU/ CSU-Fraktion zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes ist ebenso wie bei dem Gesetzentwurf des Bundesrates die Einbeziehung des Studentenwohnheimbaus in die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau.
Die Situation des studentischen Wohnens stellt sich heute so dar, daß wir weiter denn je davon entfernt sind, die einst von der Bundesregierung selbst geäußerte Vorstellung, für 30 % der Studenten Studentenwohnheimplätze zu haben, zu erreichen. Sprach man noch vor zwei, drei Jahren etwa davon, man habe für rund 13 % der Studenten Wohnheimplätze, so beträgt die gegenwärtige Ziffer, wenn ich richtig informiert bin, 11 %.
In noch stärkerem Maße sind also die Studenten darauf angewiesen, bei Privatleuten möbliert zu wohnen, auf die Studentenbude zurückzugreifen. Gerade im Hauptbereich des studentischen Wohnens, dem möblierten Wohnen in der Studentenbude, hat sich die Situation allerdings zunehmend verschlechtert. Eine Fülle von Ursachen hat dazu beigetragen: einmal die sinkende Bereitschaft, überhaupt Zimmer zu vermieten; dann auch der Punkt Stadtsanierung, nämlich das Entfallen eines Teils des Bestandes an alten und großen Wohnungen, in denen in der Vergangenheit oft noch Platz für Studenten gewesen ist; darüber hinaus die Verteuerung des Wohnungsbaues allgemein, die dazu geführt hat, daß neue Wohnungen klein gehalten werden, daß Zimmer für cien Studenten kaum angeboten werden. Daneben hat die stark angestiegene Zahl der Studenten insgesamt die Wohnraumbeschaffung so problematisch gemacht, wie sie sich gegenwärtig darstellt.
Diese kurz skizzierte Situation des studentischen Wohnens, die sich für spezielle Studentengruppen, etwa Studentenehepaare, ausländische Studenten, darüber hinaus besonders problematisch darstellt, macht es zwingend erforderlich, dem Studentenwohnheimbau trotz aller bisher gemachten Anstrengungen noch eine erheblich größere Bedeutung beizumessen. Um irgendwelchen Mißverständnissen in diesem Zusammenhang vorzubeugen: Uns geht es nicht darum, irgendeiner Theorie von der Campus-Universität oder ähnlichem nachzulaufen, uns geht es nicht darum, die Studenten zu kasernieren. Wir sehen voll die Problematik des Lebens in den Studentenheimen, vor allem das Problem der Isolierung der Studenten von der Bevölkerung der Universitäts- oder Hochschulstadt allgemein.
Wir meinen daher, daß es notwendig sein wird, unverändert und verstärkt auch für diesen Bereich eine Fülle von Maßnahmen zu ergreifen, die den Studenten das Wohnen mit der Bevölkerung verstärkt ermöglichen. Die jedoch an fast allen Hochschulorten gegebene Wohnungssituation der Studenten zwingt unserer Ansicht nach zu einer optimalen Förderung des Studentenwohnheimbaus, dies auch vor allem, um dem bisher schon weithin gegebenen allgemeinen Numerus clausus nicht noch verstärkt
das Problem eines - ich darf den Herrn Bundesminister zitieren sozialen Numerus clausus hinzutreten zu lassen. Das heißt, es gilt die Benachteiligung der Studenten aus hochschulfernen Regionen, die Benachteiligung der einkommensschwachen Gruppen unter den Studenten zu vermeiden.
In diesem Zusammenhang würde es reizen, noch einen kleinen Schlenker in den Bereich des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zu machen, dessen Novellierung zwingend erforderlich ist und, wenn es nach uns ginge, schon in den entscheidenden Punkten erfolgt wäre; aber weitere Ausführungen dazu werden sicherlich zu gegebener Zeit noch zu machen sein.
Nachdem nun inzwischen von 30 % Wohnheimplätzen von der Seite der Bundesregierung nicht mehr gesprochen und bis 1977 eine Steigerung der Wohnheimplätze auf 17 % ins Auge gefaßt wird, können wir im Interesse der betroffenen Studenten nur hoffen, daß nicht auch noch diese Zahl durch steigende Studentenzahlen und inflationäre Entwicklung schlicht überrollt wird.
Nun konkret zum Antrag der Fraktion und gleichzeitig eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrates, der, wie Sie wissen, sich weithin - bis auf einen Punkt - mit dem unserer Fraktion deckt: Nachdem in der vergangenen Legislaturperiode die Regierungskoalition Bleichlautende Anträge der Opposition und des Bundesrates abgelehnt hat, sind Richtlinien des Bundes und der Länder für die Studentenwohnraumförderung vom April 1972 die Basis für die staatliche Hilfe in diesem Zusammenhang. Die CDU/CSU-Fraktion legt nun erneut ein zweites Gesetz zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes vor. Wir glauben, daß dies zwingend erforderlich ist, weil erstens die Einbeziehung des Studentenwohnheimbaus in die Gesamtplanung und Gesamtfinanzierung des Hochschulbaus notwendig ist und zweitens - das hängt eng damit zusammen - so die Koordinierung des Studentenheimbaues mit der Erweiterung der Hochschulkapazitäten unserer Auffassung nach auf optimale Weise geleistet werden kann und weil drittens diese gesetzliche Regelung dem Studentenwohnheimbau eine bessere rechtliche Basis gibt. Wir gehen davon aus, daß durch diese Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes in Zukunft dem hohen und stetig wachsenden Bedarf an Wohnheimplätzen hinreichend Rechnung getragen werden kann und die unerträgliche Wohnsituation für die Studenten verbessert wird.
In der Ihnen vorliegenden Drucksache mit dem Bundesratsantrag zum gleichen Problemzusammenhang finden Sie die Stellungnahme der Bundesregierung. Sie gestatten mir vielleicht, an dieser Stelle auf die Gegenargumente einzugehen, auf die Argumente in diesem Problembereich.
Die Bundesregierung hat in ihrer Erklärung in diesem Zusammenhang deutlich gemacht, daß sie diese Gesetzesinitiative abzulehnen gedenkt. Ihr Argument ist dabei, die Richtlinien, von denen ich soeben gesprochen habe, diese Richtlinien von Bund und Ländern, seien besser. Mich hat diese Aussage
in ihrer Globalität ein wenig verblüfft, da ich im Bericht des Bundesministers vom 15. Juni 1973 zu diesen Richtlinien nachlas, daß die Erfahrungen noch sehr begrenzt seien und darüber hinaus eine gewisse Zurückhaltung bei den potentiellen Trägern zu vermerken sei. Da war einiges andere mehr, was darauf schließen läßt, daß die Richtlinien zumindest in einigen Teilen als noch sehr ungenau und unscharf zu beurteilen sind.
Im einzelnen hat dann die Bundesregierung an Argumenten gegen unsere Initiative - und diese Argumente sind für die Kollegen, die in der letzten Legislaturperiode dabei waren, ich war es nicht, sicherlich nichts Neues, da sie auch dort schon zum Teil gebraucht worden sind - folgendes ins Feld geführt.
Erstens. Wenn man den Studentenwohnheimbau in das allgemeine Programm des Hochschulbaus einbeziehe, komme man zu einer Zweigleisigkeit. Nun, meine Damen und Herren, natürlich kommt man dann in bezug auf die Studentenwohnraumbeschaffung auf eine gewisse Zweigleisigkeit. Ich weiß nur nicht, welche Zweigleisigkeit problematischer ist: die gegenwärtige, die völlige Trennung von Hochschulbau einerseits und Beschaffung von Studentenwohnraum andererseits, oder die jetzt von uns vorgeschlagene Einbeziehung eben des Studentenheimbaus in das Hochschulbauförderungsgesetz. So oder so gibt es eine Zweigleisigkeit. Ich glaube, daß die Problematik der Zweigleisigkeit, wie sie jetzt bereits besteht, durch unseren Vorschlag nicht unerheblich gemildert werden kann.
Dann wird argumentiert, dabei seien Verzögerungen zu befürchten. Das ist mir nicht ganz einsichtig. Ich habe keinen Grund gefunden, weshalb es da zu Verzögerungen kommen könnte. Natürlich kann man sich theoretisch eine ganze Menge Gründe vorstellen, aber das wird man auch bei Richtlinien anderer Art können, vor allen Dingen dann, wenn auch noch koordiniert werden muß.
Dann wird davon gesprochen, die Flexibilität der Richtlinien sei wesentlich besser. Auch das scheint mir nicht einsichtig zu sein. Nach unseren Vorstellungen sollen die Einzelheiten durch Rechtsverordnungen geregelt werden. Das Argument der Bundesregierung ist, daß beim Gesetz dann eben die Einzelheiten schlechter wieder verändert werden könnten, um das einmal in Kurzfassung zu sagen. Die Einzelheiten wollen wir in diesem Sinne ja gar nicht im Gesetz regeln, sondern sie Rechtsverordnungen überlassen. Und diese Rechtsverordnungen dürften sicherlich ebenso leicht an aktuelle Entwicklungen angepaßt werden können wie Richtlinien zwischen Bund und Ländern. Ich glaube nicht, daß da die Flexibilität in irgendeiner Weise sichtbar beeinträchtigt werden könnte.
Dann wird gegen unser Argument, daß nach unserem Vorschlag zwischen dem allgemeinen Hochschulbau insgesamt und der Spezialität im Rahmen des Hochschulbaus, dem Studentenheimbau, besser koordiniert werden könne als mit Hilfe der Richtlinien, eingewandt, das sei grundsätzlich falsch. Ich glaube aber, wenn Sie koordinieren wollen, dann
ist es immer leichter, wenn Sie bestimmte Dinge unter einem Titel, unter einem Aspekt zusammenhaben; dann werden Sie nicht so viel koordinieren müssen.
Dann kommt das schon sehr alte Argument, daß Art. 91 a GG als Rechtsgrundlage nicht unproblematisch sei; die Rechtsausschüsse von Bundestag und Bundesrat hätten unterschiedliche Auffassungen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, gegenwärtig ist es bereits so, daß nach dem Hochschulbauförderungsgesetz neben Hörsälen, neben Bibliotheken auch Wohnraum gefördert wird, und zwar Dienstwohnungen für Universitätsbedienstete,
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daß Mensen gefördert werden und anderes mehr, so daß ich sagen möchte: Mir ist schlicht nicht einsichtig, warum denn Art. 91 a hier nicht als Rechtsgrundlage ausreichen könnte.
Die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau bezieht - das muß unterstrichen werden - schon heute weite Bereiche ein, die, wenn man Hochschule im engeren Sinne organisationsrechtlich definiert, an sich nicht dazugehören. Aber nach dem Gesetz, nach dem Hochschulbauförderungsgesetz, ist eben dieser Problemzusammenhang, ist die Hochschule funktional definiert worden. Von da her gehören sinnvollerweise Mensen, Studentenhäuser und auch Dienstwohnungen dazu. Ich würde sagen: Es würde weiter nicht schaden, wenn man ,,Studentenwohnungen" in der Vorschrift über die Dienstwohnungen - für Professoren, so vermute ich, und sonstige Bedienstete - anfügen würde.
Zusammengefaßt: Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die angesprochen werden, scheinen mir unnötig, überflüssig und ein wenig - um es vorsichtig zu formulieren - an den Haaren herbeigezogen zu sein. Im Gegenteil: Würde die Bundesregierung sich nicht sperren, die Einbeziehung des Studentenwohnheimbaus aus dem gegebenen Gesetz bereits mit zu vollziehen, dann wäre mein Reden heute hier völlig überflüssig; wir brauchten uns darüber gar nicht zu unterhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion ist der Ansicht, daß die von ihr eingebrachte Gesetzesinitiative eine erhebliche Verbesserung im Bereich des Studentenwohnens mit sich bringen wird.
Wir sind uns völlig darüber im klaren, daß eine Fülle von Problemen weiterhin verstärkt angegangen werden muß, und ich darf in diesem Zusammenhang bereits ankündigen, daß wir uns der Frage des Zusammenhangs von studentischem Wohnen und sozialem Wohnungsbau in nächster Zeit initiativ annehmen werden. Ich glaube, daß auch hier noch ein weites Aktionsfeld vor uns liegt.
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Wir möchten die Koalitionsparteien auffordern, sich unseren Standpunkten anzuschließen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, daß dies den Koalitionsparteien relativ leichtfallen wird, da ja das, was ich hier vorgetragen habe, für Sie kein unbekannter Standpunkt ist; wenn ich richtig
informiert bin, war das ja einmal Ihr Standpunkt,
bevor Sie 1971 der Herr Bundesfinanzminister auf
andere Wege und auf andere Geleise gebracht hat.
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Meine sehr geehrten Damen und Herren, sperrt sich die SPD/FDP-Koalition, dann allerdings, glaube ich, wird sie sich den Vorwurf nicht ersparen dürfen - und wir müssen ihr ihn machen -, daß sie sich hinsichtlich einer optimalen Lösung gesperrt hat und so in Gefahr gerät, statt für mehr Chancengleichheit für die Studenten etwas zu tun einen weiteren Mosaikstein zum Bild eines sozialen Numerus clausus beizutragen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Meinecke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß Herrn Kollegen Hornhues zubilligen, daß seine hier mündlich gegebene Begründung des Gesetzentwurfs der CDU/CSU wesentlich origineller ist als die schriftliche Begründung in der Gesetzesvorlage, denn diese ist ja fast wortgleich mit der Begründung der Bundesratsvorlage, und ich dachte schon, Ihnen wäre gar nichts Neues eingefallen.
Nun haben Sie hier einige vernünftige politische Argumente angeführt, über die man im Ausschuß durchaus diskutieren kann, und wir sind dazu auch bereit. Aber Ihr letzter Schlenker war natürlich - genau wie Ihre Eingangsfloskel - leider nichts als pure Demagogie, und dem muß hier widersprochen werden: Denn der Schluß ist ja gar nicht angebracht, daß Sie eine besondere neue Gesetzesgrundlage oder eine neue gesetzliche Lösung mit der Situation begründen, ohne zu sagen, wieso dadurch diese Situation fundamental gebessert werden soll. Und im übrigen haben Sie ja sehr vornehm verschwiegen, daß auf diesem Gebiet des Studentenwohnraumbaues in den letzten zwei, drei Jahren einiges geschehen ist.
Ich wäre darauf gar nicht eingegangen, wenn Sie nicht bewußt hier den Eindruck hätten erwecken wollen, als hätten wir uns um diese miese Situation in den letzten drei Jahren nicht gekümmert. Das ist eben schlicht unwahr.
Ich muß Ihnen dazu nun einige Zahlen nennen. Von im Jahre 1970 17 Millionen DM für den Studentenwohnraumbau seitens der Bundesregierung sind die Summen bis zum Jahre 1973 auf 87 Millionen gesteigert worden. Diese Zahl hätten sie fairerweise hier bringen sollen.
Zweitens. Die Kompetenz für die Förderung, die Abstimmung und die Koordinierung mit dem Neuausbau der Hochschulen überhaupt ist 1972 auf das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft übergegangen. Das haben Sie auch verschwiegen.
Drittens. Sie wissen genau, daß die Richtlinien von Bund und Ländern gemeinsam erarbeitet worden und von den Ländern akzeptiert worden sind und daß diese besagen, die Planung für die Studentenwohnraumförderung gemeinsam durchzuführen und danach zu verfahren. Und es heißt im ersten Absatz dieser gemeinsamen Richtlinien - darf ich, Frau Präsidentin, das kurz zitieren -:
Die Studentenwohnraumförderung erfolgt im Zusammenwirken von Bund und Ländern im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Möglichkeiten. Sie soll sich nach Maßgabe eines jährlich fortzuschreibenden Förderungsplans für den Studentenwohnraum vollziehen, der in Abstimmung mit dem Rahmenplan nach dem Hochschulbauförderungsgesetz von Bund und Ländern gemeinsam aufgestellt wird.
Was wollen Sie nun eigentlich noch mehr? Dies ist eine Abmachung, ein Zusammenwirken von Bund und Ländern. Die Länder haben also zugestimmt. Wenn die Länder nun - auch einige sozialdemokratisch regierte Länder - eine bessere oder eine andere Lösung haben wollen, so kann man das aber nicht damit begründen, daß diese Richtlinien - vor einem Jahr beschlossen und seit dem in Kraft - unzulänglich seien, denn dann hätte man sie ja korrigieren können.
Herr Kollege Meinecke, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, gerne.
Bitte!
Herr Kollege Meinecke, würden Sie mir denn zustimmen, wenn ich sage, daß man umgekehrt auch diese Gesetzesinitiative schlecht damit ablehnen kann, daß man sagt, die Richtlinien seien besser?
Ich habe die Gesetzesinitiative noch gar nicht abgelehnt, sondern habe nur gesagt, daß mich Ihre Argumente noch nicht von ihrer Nützlichkeit überzeugt haben, und das ist ein großer Unterschied.
Ich habe Ihnen jetzt klargemacht, was auf diesem Sektor in den letzten zwei, drei Jahren geschehen ist.
Dann darf ich weiterhin erwähnen: Wir haben einen Bildungsgesamtplan, und dieser Bildungsgesamtplan wird - hoffentlich - im September von den Landesregierungen und der Bundesregierung gemeinsame verabschiedet werden. Hier ist diesem Gebiet ein Kapitel gewidmet, und da heißt es:
Für die Studenten sollen bedarfsgerechte Wohnungsmöglichkeiten in quantitativer und räumlicher Abstimmung mit dem Ausbau des Hochschulbereichs geschaffen werden. Das Ausbauprogramm für den Studentenwohnraumbau sieht für 1975 10 bis 15 %, für 1980 10 bis 20 % und für 1985 20 bis 25 % den Studenten entsprechende Wohnmöglichkeiten vor.
Dr. Meinecke ({0})
Nun, dies ist eine Festlegung, auf die man sich dann gewissermaßen vertraglich einigt - Bund und Länder gemeinsam. Und damit ist das, was Sie wollen, dann erfüllt. Ich sehe auch keine Notwendigkeit, dieses ganze Problem hier in diese Verhandlung noch hineinzubringen und auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen.
Ein viertes Argument! Sie haben die verfassungsrechtlichen Bedenken so als nebensächlich, nein, sogar „als an den Haaren herbeigezogen" apostrophiert. Ich traue mir diese Fähigkeit, hier verfassungsrechtlich von oben herab so etwas schnodderig zu argumentieren, nicht zu.
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Denn verfassungsrechtliche Erwägungen hier im
Bundestag sind kompliziert. Daher sollte man dies
denjenigen überlassen, die davon mehr verstehen.
Eines ist aber doch nun völlig klar - das können Sie nicht abstreiten -: daß in dem Zwanzigsten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom Mai 1969, in dem die Gemeinschaftsaufgaben definiert worden sind, ganz eindeutig in der Begründung zu lesen ist:
Es ist verfassungspolitisch nicht unbedenklich, wenn Bestimmungen des Grundgesetzes
- hier Gemeinschaftsaufgaben durch einfache Bundesgesetze erweitert werden können.
Dies halten wir eben für bedenklich und nicht für abgeklärt; hier sind die Bedenken nicht ausreichend beiseite geräumt worden.
Nun, ich will auf die Unstimmigkeiten im Bundesrat selbst und in den Ausschüssen - die sind Ihnen ja bekannt - nicht näher eingehen. Auch über weitere verfassungsrechtliche Bedenken will ich jetzt nicht sprechen. Ich nehme an, daß Herr Kollege Möllemann von der FDP dies noch kurz anschneiden wird.
Ich möchte Ihnen sagen, daß wir das, was Sie so als Zweigleisigkeit bezeichnet haben, auch für bedenklich halten. Es ist doch völlig richtig, daß es sich hier um die Förderung der Studentenwohnheime handelt und daß es darauf ankommt, auch Studentenwohnraum außerhalb der Universität zu fördern.
Nun sagen Sie, das sei im übrigen schon alles in Ordnung; denn Dienstwohnungen seien schon vorhanden. Dem muß ich entgegenhalten, daß sich diese in den Gebäuden der Hochschulen befinden; das ist doch ganz was anderes. Wir wollen wirklich nicht, daß sich der Schwerpunkt mit einer gewissen Automatik dann auf die Studentenwohnheimförderung verlagert, sondern wir wollen die Wohnraumförderung genauso vordringlich behandeln, und wir meinen, daß dies nur möglich sei, wenn es bei den bisherigen gesetzlichen Möglichkeiten bleibt.
So muß ich also sagen, daß die vor zwei Jahren von uns geäußerten Bedenken heute im wesentlichen noch bestehen. Das hindert uns natürlich nicht daran, Herr Kollege, daß wir im Ausschuß die Frage
des studentischen Wohnraumbaus und seiner Verbesserung im engen Zusammenhang mit den Problemen der sozialen Lage der Studenten - auch über diese Probleme reden wir und beschäftigen uns mit ihnen;wir bekommen demnächst einen Bericht - zu diskutieren bereit sind. Wir wollen das, was Sie als sozialen Numerus clausus bezeichnen, auch nicht auf längere Zeit beibehalten wissen. Wir sichern Ihnen also eine faire Ausschußberatung zu, aber wir möchten Sie bitten, Ihre möglichen Vorschläge für Gesetzesänderungen in Zukunft hier nicht damit zu begründen, daß die Situation - wie ja nicht anders zu erwarten bei dieser Regierung - schlecht ist und daß mit einem anderen Gesetz die Situation bereinigt werden könne; dies ist eine Illusion.
Was die Vorhaben und Planungen dieser Regierung auch auf diesem Gebiet angeht, so können wir sie wohl alle - auch die Bundesländer haben bisher keinen Einspruch erhoben - unterstreichen und begrüßen. Dieses muß ich hier zum Schluß positiv vermerken.
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Das Wort hat der Abgeordnete Möllemann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zum vorliegenden Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes zwei Vorbemerkungen.
Erste Vorbemerkung. Dieser Entwurf versucht eigentlich nur, die Symptome einer Krankheit zu kurieren. Dabei wollen die einen nur die Symptome sehen, während die anderen - das sind zumindest die Liberalen - klar sagen, daß man sich eigentlich mit der Krankheit befassen müßte.
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Diese Krankheit heißt: Kompetenzwirrwarr in der Bildungspolitik, bedingt durch gewisse Tücken unseres föderalen Systems. Das unserer Auffassung nach diese Krankheit heilende Medikament wäre eine Verfassungsänderung mit dem Ziel einer erweiterten Kompetenz des Bundes für die Bildungspolitik. Hierdurch würde dann eine ganze Reihe solcher Detailprobleme, wie wir sie heute behandeln müssen, sinnvoll gelöst werden können. Die FDP-Fraktion hat dieses Thema schon des öfteren zur Sprache gebracht. Sie wird dies auch weiterhin tun und versuchen, es einer Lösung zuzuführen.
Zweite Vorbemerkung: Ein Grundanliegen dieses Entwurfs der CDU/CSU ist sicherlich bei allen Fraktionen unumstritten und voll zu unterstützen, nämlich eine deutliche Steigerung der Anzahl der Studentenwohnraumplätze zu erzielen, und das auch, obwohl die Bundesregierung gegenüber ihren Vorgängerinnen bereits eine Steigerung erzielt hat. Der Bedarf ist aber immer noch gegeben.
Lassen Sie mich jetzt allerdings kurz erläutern, weshalb ich den vorliegenden Antrag insgesamt für nicht sonderlich nützlich halte, wobei ich nicht alle Argumente des Kollegen Meinecke wiederholen
möchte. Auf zwei Argumente muß ich aber noch eingehen.
Das erste Argument: Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages - und der muß oder soll es ja nun wirklich wissen, was die Rechtsfrage angeht - hat bereits darauf hingewiesen, daß seines Erachtens Art. 91 a des Grundgesetzes keine ausreichende Grundlage für eine Einbeziehung des Studentenwohnheimbaus in die Gemeinschaftsaufgabe „Ausbau und Neubau von Hochschulen" sei. Ich meine, dieses Votum kann man nicht nur der Größe meines Kollegen Kleinerts wegen nicht übersehen.
Zweitens. Das Argument der Bundesregierung, durch die Vorlage der Union würde bei der Realisierung eine Zweigleisigkeit in der Studentenwohnraumförderung und damit eine Erschwernis und Verzögerung bewirkt, ist von Ihnen, Herr Kollege Hornhues, nicht ausgeräumt worden; Sie haben es im Prinzip bestätigt. Zweigleisigkeit meint, daß durch diese Vorlage bewußt nur Wohnheime, nicht aber Wohnraum außerhalb dieser Heime erfaßt wird. Gerade hier aber liegt ja ein besonderer Schwerpunkt der gesamten Förderung von Wohnraum für Studierende.
Drittens. Mein Kollege Grüner hat bereits in der vorigen Legislaturperiode, als dieser Entwurf schon einmal vorlag, darauf hingewiesen, daß die Gefahr gegeben sei, die ausschließliche Überführung des Studentenwohnheimbaus in staatliche Hoheit könne auf die freien Träger des Hochschulbaus verstärkt abschreckend wirken. Auch dieses Argument sollten wir im Ausschuß sorgfältig diskutieren.
Viertens und letztens. Wenn man den zuständigen Fachreferenten des Bundes und einiger Länder, auch CDU-regierter Länder, Glauben schenken darf, sind die von Ihnen als Motiv genannten Mängel in der Planung und Koordination auf diesem Sektor durch die am 28. April 1972 verabschiedeten gemeinsamen Richtlinien des Bundes und der Länder für die Studentenwohnraumförderung zumindest so weit behoben, daß eine Abstimmung mit dem Rahmenplan nach dem Hochschulbauförderungsgesetz möglich ist und auch praktiziert wird. Diese gemeinsamen Richtlinien, die nunmehr von allen Bundesländern gebilligt sind, haben zudem - das war das übereinstimmende Urteil der Referenten aus beiden Lagern, wenn ich so sagen darf - den Vorteil einer gewissen Flexibilität.
Die Fraktion der FDP tendiert ähnlich wie die Bundesregierung dazu, zunächst einmal praktische Erfahrungen mit diesen Richtlinien zu sammeln und diese auszuwerten. In diesem Sinne stimmen wir der Überweisung an die Ausschüsse zu.
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Das Wort wird nicht mehr gewünscht? - Dann schließe ich die Aussprache.
Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates zu den Tagesordnungspunkten 5 und 6 liegen Ihnen vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Dann sind beide Entwürfe an den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft - federführend -, an den Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - mitberatend - und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Mick, Dr, Schneider und der Fraktion der CDU/CSU. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Belegung der Sozialwohnungen
- Drucksache 7/843 Zur Begründung Herr Abgeordneter Mick.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Fehlbelegte Sozialwohnungen sind ein Thema, über das viel geredet wird. Wenn man es in einer Versammlung anschneidet, kann man sicher sein, immer großen Beifall zu bekommen, auch von denen, die im Grunde genommen gar nicht daran interessiert sind, daß etwas passiert, weil sie nämlich in einer Sozialwohnung sitzen, obwohl sich ihre sozialen Verhältnisse seit dem Bezug um ein Gewaltiges verbessert haben. Gerade wegen derjenigen, die zwar Beifall spenden, aber nicht an einer Änderung interessiert sind, ist bisher auch jeder ernsthafte Versuch -ernsthafte Versuch, wobei man da noch etwas skeptisch sein kann gescheitert, diesen Dingen ernstlich zu Leibe zu rücken, weil jeder der Meinung ist: Das ist eine unpopuläre Angelegenheit, damit kann man sich keine Freunde machen, also reden wir weiter darüber und lassen alles beim alten. - Ich sehe, Sie widersprechen, Herr Henke; Sie haben dieselben Erfahrungen gemacht wie ich. Diese Erfahrungen, die jeder Politiker für sich macht, macht man aber auch auf höchster Ebene. Ich verweise z. B. auf die Überlegungen zwischen Bund und Ländern in einer Institution, die im allgemeinen Bund-Länder-Kommission genannt wird. Auch dort werden Versuche gemacht und sind Versuche gemacht worden, etwa im Dezember 1970, als die Bayerische Staatsregierung mit einer Fehlbelegungsabgabe aufwartete. Aus der Angelegenheit wurde nichts, weil sie eine sogenannte unpopuläre Maßnahme war.
Ich meine, wir sollten auch nicht wie Blinde von der Farbe reden. Es gibt eine Menge Leute, die mit astronomischen Zahlen über fehlbelegte Wohnungen aufwarten. Andere versuchen es herunterzuspielen. Ich meine, wir sollten gemeinsam anstreben, hier einmal zu gesicherten Unterlagen zu kommen, zu gesicherten Zahlen, um von daher dann auch eine Lösungsmöglichkeit anzugehen. Diese sollte nach meiner Meinung dazu dienen, die Manövriermasse im sozialen Wohnungsbau größer zu machen, als sie gegenwärtig ist, sei es dadurch, daß man mit den sich infolge der Fehlbelegungsquote ergebenden zusätzlichen Mitteln mehr Wohnungen baut oder dadurch, daß man denen, die in einer Sozialwohnung wohnen, ein individuelleres Angebot macht, als es gegenwärtig der Fall ist, damit sie unter Umständen bereit sind, unsere Möglichkeiten zu erweitern.
Insofern ist unser Gesetzentwurf noch kein Zweck. Er ist ein Mittel zu dem Zweck, wie ich schon sagte, die Dinge in die Hand zu bekommen, mit denen wir besser zu sachlichen Lösungen kommen.
Wir sind uns alle darüber klar, daß man mit diesem Entwurf kein politisches Geschäft machen kann. Dafür ist es erstens in der Anlage nicht groß genug, und zweitens könnten Ergebnisse herauskommen, von denen wir alle noch nicht wissen, wie wir darauf reagieren würden. Aber wir selbst würden uns unter den Zwang stellen - damit meine ich das gesamte Haus -, reagieren zu müssen, wenn sich herausstellt, daß Dinge eingerissen sind, die nicht mehr zu vertreten sind. Dazu soll dieser Gesetzentwurf mithelfen.
Ich mache auch keinen Hehl daraus, daß ich einer permanenten Einkommensschnüffelei in Sachen sozialer Wohnungsbau auf keinen Fall das Wort rede, d. h. einer Regelung, nach der jedes Jahr Einkommensdeklarationen abgegeben werden müssen, die dann auch noch überprüft werden und mit eidesstattlichen Erklärungen und was weiß ich allem verbunden sind. Wenn man aber eine gesicherte Grundlage hat, kann man auf Grund der Entwicklung des allgemeinen Einkommens sehr leicht zu beständigen Schlüssen kommen.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den Entwurf dieses Gesetzes in der Debatte als nicht perfekt bezeichneten. Das würde für mich bedeuten, daß er, wenn er schon nicht perfekt ist, perfekter gemacht werden kann, daß wir also die Grundlage, die wir mitschaffen möchten, noch solider machen könnten - es ist im Grunde ja nur ein Entwurf, eine Statistik zu erstellen -, als es hier der Fall ist. Dabei wird man über die eine oder andere Maßnahme noch reden können.
Eines möchte ich aber nicht gelten lassen, nämlich daß man die Erstellung einer solchen Grundlage wegen der Kosten - sie werden von uns mit rund 9 Millionen DM beziffert - ablehnen sollte. Das wäre nach meiner Meinung eine schlechte Begründung. Ich sage das, ohne einen Verdacht in dieser Richtung zu haben. Ich möchte nur wegen eines möglichen Einwandes dieser Art nicht noch einmal ans Rednerpult gehen.
Ich bin davon überzeugt, daß die Koalitionsparteien unserem Anliegen - es ist ein Anliegen aller derjenigen, die sich mit dem Wohnungsbau beschäftigen - aufgeschlossen gegenüberstehen und daß wir im Ausschuß über die Initiative mit der Sachlichkeit beraten werden, mit der im allgemeinen Beratungen in unserem Ausschuß stattfinden. Ich bitte, der Ausschußüberweisung zuzustimmen, damit wir mit der Beratung, die, so hoffe ich, mehr technischer als grundsätzlicher Art sein wird, beginnen können, um dann wieder, so meine ich, bessere und gesichertere Wohnungspolitik machen können, als es gegenwärtig möglich ist.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Henke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der CDU/CSU, Herr Kollege Mick, berührt in der Tat ein altes Problem. Mehrere Wohnungsbauminister haben sich mit der sogenannten Fehlbelegung beschäftigt, ohne jedoch zu einer Lösung zu kommen. Das lag sicher u. a. daran, daß es genaue Zahlen nicht gab, in weit höherem Maße aber an der Furcht vor dem unangemessen hohen Verwaltungsaufwand für ein zwar ärgerliches, aber nicht besonders wichtiges Problem, was seinen Umfang betraf. Das hat sich, wie Bewertungen des Fehlproblems jüngeren Datums zeigen, inzwischen geändert. Die Fehlbelegungen haben einen solchen Umfang angenommen, daß, so meinen wir, jetzt die Zeit zu politischem Handeln reif ist.
Auch wir, Herr Kollege Mick, empfinden das Fehlen von zuverlässigen Informationen über das Ausmaß der Fehlsubventionierungen als unbefriedigend. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU ist jedoch nicht geeignet, diesem Mangel schnell abzuhelfen. Auch ohne daß konkrete Daten vorliegen, ist es heute unbestritten, daß die sogenannte Fehlbelegung ein Ausmaß angenommen hat, das rasche Lösungen erfordert. Für eine so umfangreiche Erhebung - nach Ihren Vorstellungen soll ja der gesamte Sozialwohnungsbestand überprüft werden; es handelt sich um ca. 6 Millionen Mietwohnungen und Eigentumsmaßnahmen -, wie sie in Ihrem Gesetzentwurf gefordert wird, braucht man bis zur endgültigen Auswertung sicher mehrere Jahre. Der Problemdruck ist jedoch so stark geworden, daß eine Rückstellung etwa bis 1977 unseres Erachtens nicht mehr verantwortet werden kann. Vermutlich war Ihnen diese Konsequenz bei der Formulierung des Gesetzentwurfs nicht bewußt.
Die CDU/CSU will zunächst Klarheit über den Umfang der Fehlsubventionierungen gewinnen, bevor sie entscheidet, ob sich die in der Diskussion befindlichen Lösungsvorschläge angesichts des zu erwartenden hohen Verwaltungsaufwandes lohnen. Die Opposition nimmt damit eine Position ein, wie sie in der Vergangenheit auch von der sozialliberalen Koalition gehalten wurde. Wir haben inzwischen diese Position geändert. Das Fehlbelegungsproblem hat sich in den beiden letzten Jahren außerordentlich verschärft, und es bedarf keiner seherischen Befähigung, wenn man feststellt, daß es sich in Zukunft weiter verschärfen wird. Dieses läßt sich übrigens im Mietenbericht 1972 nachlesen.
Bei der Fehlsubventionierung handelt es sich um ein strukturelles Problem im mittlerweile über 20 Jahre alten überkommenen System staatlicher Wohnungsbauförderung. Die Bemühungen um den Abbau der Fehlsubventionierungen können nicht mehr mit dem Hinweis auf Verwaltungskosten relativiert werden. Sie dürfen uns nicht davon abhalten, ein sozial gerechtes System der Wohnkostenbelastung zu entwickeln. Es ist mit den Prinzipien des Sozialstaates nicht zu vereinbaren, daß relativ wohlhabende Familien durch öffentliche Subventionen Vorteile erhalten, die erstens nicht gewollt sind, die zweitens von ärmeren Bürgern mitgetragen und drittens häufig den wirklich sozial Schwachen vorenthalten werden.
Bund und Länder stehen als Gesetzgeber in gemeinsamer Verantwortung für die gegenwärtige Situation und die künftigen Lösungen. Entsprechend wird über diese Frage auch in einer Bund-LänderKommission verhandelt. Für die Koalition muß dabei die Fehlsubventionierung mit Blick auf die Formulierung einer neuen Gesamtkonzeption für den sozialen Wohnungsbau gesehen werden. Die Erhaltung des Bestandes im öffentlich geförderten Wohnungsbau und ihre zweckentsprechende Nutzung werden künftig noch mehr Bedeutung erlangen als in der Vergangenheit.
Der CDU/CSU-Entwurf, Herr Kollege Mick, kann jedoch auch sein eigentliches "Ziel, die statistische Erfassung, nicht erreichen, weil wir es hier mit einer Frage zu tun haben, die mit statistischen Mitteln nicht lösbar ist. Es handelt sich im Kern um die Auswahl des Personenkreises, der in den Einzugsbereich des Zweiten Wohnungsbaugesetzes fällt. Dazu ist das Statistische Bundesamt jedoch nicht in der Lage. Die Statistik kann wohl bestimmte Merkmalausprägungen ganzer Personengruppen erfassen; diese aber im Sinne einer Anwendung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes auszuwerten, ist nicht möglich. Man denke nur an die Einkommensermittlung im Sinne des § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Außerdem: Welche Ehrlichkeit hinsichtlich der Einkommensabgaben erwarten eigentlich die Initiatoren dieses Gesetzes, wenn die statistische Befragung vor dem Hintergrund einer drohenden Ausgleichszahlung durchgeführt wird?
Die Vorbereitung und Auswertung der hier anvisierten statistischen Erfassung nimmt darüber hinaus einen Zeitraum in Anspruch, der sowohl angesichts des Problemdrucks wie auch der Veralterung des Datenmaterials - man denke hier an die Einkommensentwicklung - nicht tragbar ist. So werden beispielsweise die Ergebnisse der einprozentigen Wohnungsstichprobe 1972 - einprozentig, Herr Kollege Mick! , von der wir allerdings hilfreiche Aufschlüsse erwarten, erst Mitte nächstén Jahres vorliegen. Die Erfassung und Auswertung aller mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfes würde mit Sicherheit nicht vor 1977 möglich sein.
Zum Schluß darf ich feststellen: Es ist schlechthin unmöglich, die Probleme des sozialen Wohnungsbaus durch Einzelmaßnahmen zu lösen. So wichtig die Lösung des Fehlbelegungsproblems ist, so sehr sind weitere Maßnahmen erforderlich, um Fehlentwicklungen aufzuhalten. Lassen Sie mich deshalb bereits hier und heute ankündigen, daß die Regierungskoalition noch in diesem Jahr die Bestimmungen des Wohngeldes und der Einkommensgrenzen für die Berechtigung im sozialen Wohnungsbau an die allgemeine Entwicklung anpassen will. Die Novelle zum Wohngeldgesetz ist bereits in der parlamentarischen Beratung. Durch sie soll erreicht werden, daß die gestiegenen Mietobergrenzen der in den letzten Jahren fertiggestellten Sozialwohnungen durch das Wohngeld abgedeckt werden. Die in Kürze anstehenden Beratungen zur Neufassung des Wohnungsbindungsgesetzes - auch damit haben wir uns ja heute zu beschäftigen - geben die
Möglichkeit, kurzfristig die Einkommensgrenzen des § 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes der allgemeinen Einkommensentwicklung anzupassen. Beide Maßnahmen, die nach unserer Meinung zum 1. Januar 1974 in Kraft treten sollen, sind geeignet, die Zeit bis zum Wirksamwerden einer neuen Konzeption für den sozialen Wohnungsbau zu überbrücken.
Wir meinen, daß das Förderungssystem des sozialen Wohnungsbaus in der Vergangenheit sehr erfolgreich die Wohnungsnot in diesem Lande abgebaut hat, nunmehr aber die Zeit für eine grundsätzliche Umstellung des Systems reif ist. Deshalb können wir einem Hinausschieben der Lösung des Problems der Fehlbelegung bis mindestens 1977 als Folge Ihres Gesetzentwurfes nicht zustimmen.
Wenn Ihr Gesetzentwurf jedoch dazu beitragen soll - so, lieber Herr Mick, habe ich Ihre Ausführungen verstanden -, eines der nicht wenigen Probleme 'des sozialen Wohnungsbaus zu lösen, stoßen Sie bei uns offene Türen ein. Wir stimmen deshalb der vorgesehenen Überweisung zu.
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Wird das Wort noch gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Nach dem Vorschlag des Ältestenrates soll der Gesetzentwurf dem Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau - federführend -, dem Innenausschuß zur Mitberatung und dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr die Punkte 8 bis 21 der Tagesordnung auf:
8. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen ({0})
- Drucksache 7/855 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
9. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Sanierungs- und Entwicklungsgemeinschaften
- Drucksache 7/764 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau ({1})
Innanausschuß
Rechtsausschuß
10. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung beamten- und richterrechtlicher Vorschriften
- Drucksache 7/821 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß ({2})
Rechtsausschuß
Haushaltsausschuß
Vizepräsident Frau Funke
11. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes ({3})
- Drucksache 7/910 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß ({4})
Rechtsausschuß
12. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Errichtung des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz
- Drucksache 7/866 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß
13. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 6. Mai 1969 zum Schutz archäologischen Kulturguts
- Drucksache 7/896 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Auswärtiger Ausschuß ({5}) Ausschuß für Bildung und Wissenschaft
14. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Margarinegesetzes
- Drucksache 7/877 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({6})
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung vorgeprüfter Apothekeranwärter
- Drucksache 7/907 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
16. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Beruf des Rettungssanitäters ({7})
- Drucksache 7/822 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
17. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 19. Dezember 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Auswirkungen der Anlage und des Betriebes des Flughafens Salzburg auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland
- Drucksache 7/908 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr
18. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Juni 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen
Republik Brasilien über das Einlaufen von Reaktorschiffen in brasilianische Gewässer und ihren Aufenthalt in brasilianischen Häfen
- Drucksache 7/903 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Verkehr ({8})
Auswärtiger Ausschuß
Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen
19. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 1. September 1970 über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderungen zu verwenden sind ({9})
- Drucksache 7/876 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr ({10})
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
20. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 24. Juli 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Guatemala über den internationalen Fluglinienverkehr
- Drucksache 7/849 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr
21. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger
- Drucksache 7/978 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Verkehr
Es handelt sich hier um Gesetzentwürfe, die vom Bundesrat oder der Bundesregierung eingebracht worden sind. - Wie ich sehe, wird das Wort zur Begründung nicht gewünscht. Wird das Wort zur Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Abstimmung über die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen. Ich rufe nunmehr Punkt 22 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({11}) zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Agrarbericht 1973
- Drucksachen 7/146, 7/147, 7/148, 7/936 - Berichterstatter: Abgeordneter Bewerunge
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Es ist so beschlossen.
Vizepräsident Frau Funke
Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({12}) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1973 bis 1976 und der von der Bundesregierung hierzu vorgelegten Ergänzung
- Drucksachen 7/61, 7/480, 7/949 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schmidt ({13})
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende unserer Tagesordnung.
Ich berufe das Haus auf morgen, Freitag, den 14. September, auf 12 Uhr zu einer Fragestunde ein.
Die Sitzung ist geschlossen.