Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung dieser Woche um die in der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen ergänzt werden:
1. Beratung des Berichts der Bundesregierung über die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
- Drucksache 7/420 -Überweisungsvorschlag: Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen
2. Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Heck, Köster, Dr. Unland, Dr. Becker ({0}), Dr. Blüm, Dr. Jahn ({1}), Nordlohne, Carstens ({2}) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts ({3})
- Drucksache 7/561 Überweisungsvorschlag: Sonderausschuß für die Strafrechtsreform ({4}), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
als Punkt 3 d) TO
3. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Fuchs, Pfeifer, Dr. Goiter, Frau Benedix, Dr. Hornhues, Dr. Althammer, Köster, Rollmann, Frau Schroeder ({5}) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Bericht gemäß § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
- Drucksache 7/562 -Überweisungsvorschlag: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft ({6}), Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
zu Punkt 22 TO
4. Beratung der zustimmungsbedürftigen Dritten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen
- Drucksache 7/546 -Überweisungsvorschlag: Finanzausschuß ({7}), Ausschuß für Wirtschaft, Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
5. Beratung des Antrages der Fraktion der CDU; CSU betr. Vorlage des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Ausschlusses von Verteidigern im Strafprozeß
- Drucksache 7/563 Überweisungswunsch: Rechtsausschuß zu Punkt 18 TO
Ist das Haus damit einverstanden? - Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen.
Ich schlage vor, daß wir den unter Nr. 4 dieser Liste aufgeführten Punkt sofort behandeln. - Ich rufe also auf
Beratung der zustimmungsbedürftigen Dritten Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen
- Drucksache 7/546 Ist das Haus damit einverstanden, daß diese Verordnung ohne Aussprache an die auf der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Ausschüsse überwiesen wird? - Das ist der Fall; es ist so beschlossen.
Für den als Schriftführer ausscheidenden Abgeordneten Carstens ({8}) hat die Fraktion der CDU/ CSU die Abgeordnete Frau Benedix benannt. Ist das Haus damit einverstanden, daß die Abgeordnete Frau Benedix als Schriftführer gewählt wird? - Ich höre keinen Widerspruch; damit ist die Abgeordnete Frau Benedix gewählt.
Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: Entschließung des Europäischen Parlaments über die politische Zusammenarbeit und die politische Einigung Europas
- Drucksache 7/505 zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Betr.: Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen mit der Einführung von Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten als Pflichtleistungen der Krankenkassen sowie den zusätzlich von den Krankenkassen gewährten Maßnahmen der Vorsorgehilfe
- Drucksache 7'454 zuständig: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({9}), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
Betr.: Bericht der Bundesregierung über Maßnahmen zur Verbesserung des Rettungswesens
({10})
- Drucksache 7/489 zuständig: Ausschuß für Verkehr ({11}), Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, Innenausschuß, Ausschuß für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen
Erhebt sich gegen die beabsichtigte Überweisung Widerspruch? - Das ist nicht der Fall; dann ist es so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mit Schreiben vom 10. Mai 1973 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die bereits verkündete
Verordnung Nr. 957/73 des Rates vom 26. März 1973 zur Ausdehnung des Anhangs der Verordnung Nr. 109/70 zur Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die Einfuhr aus Staatshandelsländern auf weitere Einfuhren
- Drucksache 7/209 keine Bedenken erhoben hat.
Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat mit Schreiben vom 11. Mai 1973 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schneider, Mick, Geisenhofer, Kiechle, Dr. Prassler, Gerster ({12}), Orgaß, Niegel, Dr. Kunz ({13}), Dr. Wittmann ({14}), Biehle und Genossen betr. Vollzug des Städtebauförderungsgesetzes - Drucksache 7/465 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/557 verteilt.
Präsident Frau Renger
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
Bericht der Bundesregierung aus der Kabinettsitzung
Das Wort hat der Herr Bundesaußenminister.
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme mit meinem Bericht, wie ich sehe, in eine Zeit erhöhter politischer Aktivität der Fraktionen des Bundestages, die sich allerdings, nach der Besetzung des Hauses zu urteilen, zum großen Teil außerhalb dieses Saales abzuspielen scheint; aber wir haben Verständnis dafür. Ich denke, daß Sie der Bericht dennoch interessieren wird.
Wir haben uns heute in der Kabinettsitzung im wesentlichen über außenpolitische Fragen auf der Grundlage von Informationen unterhalten, die der Außenminister und die der Parlamentarische Staatssekretär gegeben haben. Zunächst war es das Ergebnis der Ministerratstagung der Europäischen Gemeinschaft.
In der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sind die mehr die innere Entwicklung betreffenden Entscheidungen direkt mit der Außenpolitik der Gemeinschaft verbunden. Insofern war die Debatte des Ministerrats am Montag und am Dienstag dieser Woche, über die Herr Kollege Dr. Apel im Kabinett berichtet hat, nicht von den mehr die Außenbeziehungen der Gemeinschaft betreffenden Themen zu trennen.
Der Ministerrat hat in einer ersten Lesung Wirtschafts- und Währungsunion wie Regionalpolitik behandelt und dabei festgestellt, daß ein Großteil Arbeit in diesen Bereichen noch vor uns liegt. Die Bundesregierung wird ihr Augenmerk insbesondere darauf richten, daß die unübersehbare Verbindung zwischen den Fortschritten im Bereich der Währungspolitik mit der notwendigen Vereinheitlichung der Wirtschaftspolitik nicht aufgegeben wird. Wir sind bereit, im Bereiche der Regionalpolitik die vielfältigen bereits vorhandenen finanziellen Ansätze vernünftig zu einem schlagkräftigen Instrument zusammenzufassen - die vorhandenen Ansätze sind, wie Sie wissen, Investitionsbank, Agrarstrukturfonds und Sozialfonds -, und wir werden daneben auch weitere finanzielle Anstrengungen im Rahmen des zunächst für etwa 50 Millionen Rechnungseinheiten geplanten Regionalfonds machen. Wesentlich ist, daß die Töpfchenwirtschaft, wie sie jetzt noch vorhanden ist, aufhört und die Gelder wirklich zweckvoll in den Entwicklungsgebieten der Gemeinschaft eingesetzt werden.
Der Ministerrat hat einen eingehenden Meinungsaustausch über die am 1. August dieses Jahres beginnenden Verhandlungen über eine Verlängerung der am 1. Januar 1975 auslaufenden Assoziierungsabkommen und eine Ausdehnung der Hilfe der Gemeinschaft auf weitere Entwicklungsländer gehabt. Für uns kommt es bei dieser Entwicklungspolitik der Gemeinschaft darauf an, echte Hilfe zu gewähren, die wir gewähren und die nicht zu Lasten Dritter - weder anderer Entwicklungsländer noch befreundeter Industrieländer - geht. Deshalb wollen wir auf die Einräumung von Gegenpräferenzen der Entwicklungsländer für unsere Industrieexporte verzichten, und deshalb bestehen wir auch darauf, daß sich die an einer Verbindung mit der Gemeinschaft interessierten Länder frei und unabhängig entscheiden können, welche Art von Verbindung mit der Gemeinschaft sie suchen.
Im September - das war ein weiterer Punkt der Beratungen - beginnen die weltweiten Handelsverhandlungen im Rahmen des GATT. Natürlich kann die Handelspolitik nicht von der währungspolitischen Entwicklung getrennt werden. Dennoch will die Bundesregierung beide Probleme getrennt verhandeln und keine Vorbedingungen für den Beginn der Handelsverhandlungen stellen. Es darf ja auch nicht übersehen werden, daß die Zölle in ihrer Auswirkung auf den Außenhandel angesichts der massiven Wechselkursveränderungen in den letzten Jahren eine immer geringere Rolle spielen. Die Gemeinschaft selbst ist auch auf Grund ihrer Entwicklung nicht mehr im gleichen Maße auf hohe Außenzölle als Klammer der Integration angewiesen. Wir wollen die GATT-Verhandlungen konstruktiv und offensiv führen und dabei die Institution des GATT stärken. Die Gemeinschaft lebt vom Außenhandel und hat überhaupt keinen Grund, defensiv zu verhandeln. Alle Außenhandelszahlen unterstreichen, daß die Europäische Gemeinschaft kein protektionistischer Block ist, der für die Zahlungsbilanzprobleme anderer ursächlich, verantwortlich wäre. Die Gemeinschaft muß auch aus diesen Verhandlungen gestärkt herausgehen. Ihre innere Struktur, die bereits beschlossenen gemeinsamen Politiken wie ihre politische Zielsetzung und ihre weltweite Verantwortung stehen bei diesen Verhandlungen im GATT nicht zur Debatte.
Als zweiten Punkt, meine Damen und Herren, haben wir uns im Kabinett über den augenblicklichen Stand der MBFR-Verhandlungen in Wien unterhalten. Nach dreieinhalb Monaten und sehr losen Kontakten hat am 18. Mai die erste Plenarsitzung in diesen exploratorischen Vorgesprächen, wie wir das nennen, stattgefunden. Dabei ist es zu einer Vereinbarung über Verfahrensregeln gekommen. Eine Änderung dieser Verfahrensregeln in der Zukunft ist nur mit dem Konsensus der direkt beteiligten elf Länder möglich. Damit liegt praktisch eine gewisse Möglichkeit der Voraussicht in den Verfahrensbeschlüssen, die jetzt gefaßt werden.
Die Schwierigkeiten der letzten Monate lagen darin, wie man Ungarn in die Vorverhandlungen mit einbeziehen wollte. Es ist jetzt beschlossen worden, daß Ungarn zu den Teilnehmern mit besonderem Status gezählt werden soll, d. h. zu den sogenannten Flankenstaaten. Aber im Gegensatz zu den anderen Flankenstaaten - Italien, Griechenland, Dänemark, Norwegen und anderen - ist Ungarn dennoch besonders herausgehoben worden; denn es ist das einzige Land, dessen Teilnahme an künftigen Verhandlungen noch überprüft werden kann, d. h. es ist noch nicht endgültig beschlossen, daß an den Verhandlungen, die ja erst später beginnen sollen, Ungarn als Flankenstaat teilnehmen muß. Es kann noch einbezogen werden, aber auch das
selbstverständlich nur, wie ich soeben sagte, durch Konsensus der Elf und natürlich unter Zustimmung Ungarns selbst. Unter diesen Umständen kann man sich ungefähr vorstellen, wie die Dinge in der Zukunft verlaufen werden.
Wir hoffen, daß diese MBFR-Verhandlungen jetzt zügig verlaufen und daß vor allem eine Vereinbarung über den Verhandlungsgegenstand, oder besser gesagt: über eine genaue Beschreibung des Verhandlungsgegenstandes getroffen werden kann; denn bisher ist das noch nicht endgültig gelungen. Dann muß beschlossen werden, wann und wo diese Verhandlungen stattfinden sollen.
Es ist unser Interesse, das Interesse der Bundesrepublik, daß auf dem ganzen Weg, der jetzt begonnen wird, eine enge Konsultation zwischen den Verbündeten der NATO stattfindet und daß wir in keine der Phasen hineingehen, ohne daß wir eine Position gemeinsam erarbeitet hätten. Über MBFR jetzt politisch zu sprechen ist wohl noch nicht am Platze. Ich darf ankündigen, daß wir uns über den Verlauf der weiteren Entwicklung im Auswärtigen Ausschuß zu gegebener Zeit konkret äußern wollen.
Weiter habe ich im Kabinett über den Besuch meines britischen Kollegen Sir Douglas-Home und über die Gesprächsthemen berichtet, die wir, heute beginnend, während des Besuchs berühren wollen. Zunächst habe ich bereits heute vormittag dem Besucher über die Reise des Bundeskanzlers in die Vereinigten Staaten und über die Ergebnisse der Gespräche mit Präsident Nixon und dem Außenminister Rogers und dem Präsidentenberater Kissinger berichtet, Gespräche, in deren Mittelpunkt das Verhältnis der Vereinigten Staaten zu der Europäischen Gemeinschaft gestanden hat. Jetzt geht es darum, daß wir mit unseren Partnern in der Gemeinschaft eine Position erarbeiten, von der aus wir im Herbst, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten Europa besuchen sollte, mit ihm gemeinsam den konstruktiven Dialog eröffnen können, von dem der Bundeskanzler während der letzten Gipfelkonferenz in Paris gesprochen hat.
Es hat sich heute vormittag herausgestellt, daß in der Beurteilung der europäischen Politik, genauer gesagt, der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und über MBFR, zwischen Großbritannien und der Bundesrepublik ein Höchstmaß an Übereinstimmung besteht, so daß wir annehmen können, daß sich die Meinungen innerhalb der Gemeinschaft in einer Weise harmonisieren lassen, die nun einmal eine erfolgreiche Verhandlung erfordert.
Ein weiterer Punkt meiner heutigen Berichterstattung im Kabinett betraf die Reise in die Vereinigten Staaten. Sie werden sagen, das ist ein bißchen spät, weil Sie das schon den Zeitungen entnommen haben. Aber immerhin, nach dem Überdenken der Ergebnisse eines solchen Gespräches zeigen sich sehr viele Punkte, die einer Erörterung im Rahmen des Kabinetts bedürfen. Das bezieht sich auch auf den Komplex, den ich soeben genannt habe, auf den Dialog zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Gemeinschaft. Das bezieht sich ferner auf die Formen, in denen sich der Besuch des amerikanischen Präsidenten in Europa abspielen könnte. Das bezieht sich auch darauf, was es denn heißt, wenn der Präsident sagt, er möchte eine Begegnung mit der Gemeinschaft haben, und es bezieht sich - um das hier ganz offen zu sagen - darauf, daß die Mitglieder der Gemeinschaft noch keine einheitliche Auffassung über die Form der Begegnung entwickelt haben. Frankreich zeigt zweifellos eine gewisse Reserve, es zu früh zu diesem konstruktiven Dialog mit der Gemeinschaft als einem Organ kommen zu lassen, eine Reserve, die sachlich motiviert wird. Wir dagegen meinen, daß die Europäische Gemeinschaft dann, wenn sie zunehmend Einfluß auf die politische Entwicklung der Welt gewinnen will - und das ist das Ziel des europäischen Zusammenschlusses -, so früh wie möglich auch die Kraft aufbringen muß, sich anderen Gesprächspartnern gegenüber geschlossen zu demonstrieren. Ich hoffe, daß es in intensiven Bemühungen in der politischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gelingt, bis zum Herbst eine übereinstimmende Meinung zu entwickeln.
Im Zusammenhang mit unserem Besuch in den Vereinigten Staaten spielte natürlich eine Rolle, wie die amerikanischen Gesprächspartner den Stand der europäischen Entspannungspolitik beurteilen. Darüber haben wir berichtet.
Zuletzt habe ich im Kabinett konkret über die Verträge berichtet, die wir in diesen Tagen in Bonn unterzeichnen werden, nämlich Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion.
Herr Bundesminister, können Sie sich bitte kürzer fassen.
Wir haben bisher, Frau Präsident, drei Verträge fertiggestellt, nämlich das Kulturabkommen, das Abkommen über langfristige wirtschaftlich-technische und industrielle Kooperation und das Zusatzabkommen zum Luftverkehrsabkommen. Zwei weitere Verträge sind noch in Verhandlungen; es ist nicht genau abzusehen, wann sie unterzeichnungsreif sein werden.
Wichtig ist, daß in den Verträgen, die wir hier unterzeichnen, das Problem der Einbeziehung Berlins zufriedenstellend gelöst ist.
({0})
Ich bedanke mich.
Bitte, werden Fragen gestellt? - Herr Abgeordneter Beermann.
Herr Bundesminister, wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag des Präsidentenberaters Kissinger, noch in diesem Jahr eine neue Atlantik-Charta auszuarbeiten und vorzulegen?
Darüber haben Bundeskanzler und Außenminister in Washington Gespräche geführt. Wir sind uns mit
unseren Gesprächspartnern darin einig, daß wir in einer vertrauensvollen Diskussion den Versuch machen müssen, eine längerfristige Perspektive der Zusammenarbeit zu erarbeiten. Ob wir das, was dabei herauskommt und was erst in diesem Jahr der Diskussion zugeführt werden soll, schon mit einer Überschrift versehen, vor allem ob man das „Atlantik-Charta" nennen kann, ist jetzt noch nicht zu sagen. Das heißt, aus unseren Unterhaltungen mit den amerikanischen Gesprächspartnern haben wir diesen Begriff zunächst einmal herausgelassen; aber wir wissen, was der Inhalt ist, über den wir uns zu unterhalten haben.
Bitte, Herr Schröder!
Herr Minister, da Sie zum Schluß die Verträge mit der Sowjetunion angesprochen haben, darf ich Sie fragen: Wie sieht die vorgesehene Berlin-Klausel konkret aus?
Sie deckt sich mit der Berlin-Klausel im Handelsvertrag und lautet wörtlich:
Entsprechend dem Viermächteabkommen vom 3. September 1971 wird dieses Abkommen in Übereinstimmung mit den festgelegten Verfahren auf Berlin ({0}) ausgedehnt.
Das ist die wörtliche Formulierung.
({1})
Herr Abgeordneter Pawelczyk, bitte!
Herr Minister, ich stimme Ihnen zu, daß eine Diskussion über das Thema MBFR hier im Augenblick verfrüht wäre. Meine Frage ist aber, ob die Regierung noch im Laufe dieses Jahres konkreter etwas über den Zeitplan der Verhandlungen hier ausbreiten kann.
Das richtet sich naturgemäß nach den Fortschritten, die wir in den Verhandlungen in Wien machen werden. Es ist damit zu rechnen, daß in den exploratorischen Vorgesprächen, wie sie immer noch lauten, über den Sommer Einigkeit über den Gegenstand der Verhandlungen, seine Bezeichnung oder seine Beschreibung erzielt werden kann. Das würde bedeuten - lassen Sie mich einmal ganz kühn eine Zeitvoraussage machen -, daß man noch gegen Ende des Jahres mit konkreten Verhandlungen beginnen könnte. Eine ganze Anzahl der beteiligten Staaten legt Wert darauf, die konkreten Verhandlungen noch in diesem Jahre beginnen zu können.
Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg!
Herr Bundesminister, da Sie einerseits über die Wiener Konferenz und andererseits über die amerikanischen Pläne zur Weiterentwicklung der NATO gesprochen haben, frage ich: welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen diesen beiden Ereignissen?
Ich habe nicht über die amerikanischen Pläne zur Weiterentwicklung der NATO gesprochen, sondern über die amerikanischen Absichten, eine atlantische Partnerschaft mit in die Zukunft weisenden Perspektiven mit neuen Impulsen zu versehen. Ich glaube, das ist ein sehr nützliches Vorhaben. Es bleibt dabei, daß die NATO die Grundlage unserer Zusammenarbeit im Bereiche der Sicherheitspolitik ist. Selbstverständlich gibt es zwischen MBFR und SALT bestimmte Verbindungslinien; sie berühren sich ja an einer Stelle. Insofern ist die MBFR auch eine logische Fortsetzung der Gespräche über die Limitierung der strategischen Atomwaffen, die bei dem kritischen Punkt der Forward Base Systems irgendwie zusammentreffen werden. Aber über eine Strukturänderung der NATO verhandelt kein Mensch.
Herr Abgeordneter Sieglerschmidt!
Herr Minister, im Anschluß an Ihre Ausführungen zu dem Vorschlag einer Atlantik-Charta: Ist mein Eindruck, den ich in Diskussionen der Versammlung der Westeuropäischen Union gewonnen habe, daß zwar alle Verbündeten selbstverständlich bereit sind, mit den Vereinigten Staaten über Währungsfragen, über Handelsfragen, über burden sharing, über Verteidigungslasten zu sprechen, daß aber eine übereinstimmende Meinung besteht, daraus keinen großen Gesamthandel, kein großes Gesamtpaket zu machen, zutreffend?
Sicherlich muß man diese drei großen Bereiche, die Sie genannt haben, als ein Gemeinsames betrachten; man kann sie nicht etwa willkürlich verdrängen. Die Regierungschefs und auch die Außenminister werden die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Gemeinschaft immer unter Beobachtung dieser verschiedenen Sektoren sehen. Aber Entscheidungen in den verschiedenen Bereichen müssen getrennt voneinander vorbereitet und auch getroffen werden. Man kann diese drei verschiedenen Bereiche, Sicherheitspolitik, Handelspolitik, Währungspolitik, nicht etwa gegeneinander aufrechnen, d. h. man kann nicht die Schwächen eines Bereiches dann noch möglicherweise als Infekt in einen anderen gut funktionierenden Bereich hineintragen. Aber auch aus einem anderen Grunde ist es gar nicht möglich, die Dinge miteinander zu verhandeln: weil es für diese drei Bereiche drei völlig unterschiedliche internationale Organisationen gibt, in denen Entscheidungen dazu fallen - NATO für die Sicherheitspolitik, GATT für die Handelsfragen und der Internationale Währungsfonds für die währungspolitischen Fragen.
Wir wollen in Übereinstimmung mit den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft auf keinen Fall über diese funktionierenden Organisationen einen neuen Hut stülpen. Worum es geht, ist ja etwas anderes. Wir haben diese drei Organisationen, in denen wir weltweite Entscheidungen treffen. Und nun bereitet die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft für alle drei Organisationen - für eine, nämlich für GATT, vollkommen, für den Währungsfonds schon fast vollkommen und für die NATO auch; so will ich es einmal etwas abgestuft sagen - Entscheidungen vor. Das dient zweifellos der Entscheidungsfindung.
Jetzt ist es möglicherweise wünschenswert, daß daneben ein Verfahren tritt, wonach wir uns, nachdem wir uns selbst beraten und eine Position erarbeitet haben, mit den Vereinigten Staaten und mit Kanada, d. h. mit den Nordamerikanern unterhalten, auch im Sinne der Erleichterung der dann in den internationalen Organisationen notwendigen Entscheidungen.
Hier kommt nun Herr Kissinger mit einer vollkommen richtigen Bemerkung. Er sagt - etwas mißverständlich zunächst, aber nur, wenn man die Dinge nicht etwas subtiler betrachtet -, daß man auch Japan in diese atlantische Zusammenarbeit einbeziehen müsse. Natürlich hat er nie geglaubt, daß Japan neuerdings im Atlantik liege. Es ist ja offensichtlich, daß das nicht der Fall ist. Er hat auch nicht daran gedacht, Japan nun etwa in die sicherheitspolitischen Überlegungen der atlantischen Partner einzubeziehen. Das wäre ganz falsch.
Worum es ihm ging, war, daß man bei handels- und währungspolitischen Überlegungen zwischen den Europäern und den Nordamerikanern die Japaner beteiligen muß; denn Japan ist eine Macht sui generis in diesen beiden Bereichen. Ich glaube, Dialoge zwischen uns sind heute nicht mehr sehr fruchtbar, wenn man die Japaner nicht gleich mit einbezieht. Ich glaube, das ist der präzise Standpunkt, der - danach haben Sie gefragt - von allen Partnern der Gemeinschaft geteilt wird.
Herr Abgeordneter Brück!
Herr Bundesminister, Sie haben berichtet, daß die Bundesregierung die begrüßenswerte Absicht hat, bei der Gewährung von Präferenzen im Handel mit den Entwicklungsländern durch die Gemeinschaft keine Gegenpräferenzen von diesen zu verlangen. Können Sie auch berichten, wie die Haltung der anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in dieser Frage ist?
Herr Kollege Brück, ich könnte das, aber ich enthalte mich der Möglichkeit, mein Wissen hier im Detail darzustellen, und zwar aus Gründen besserer Erfolgschancen. Wir wollen ja mit unseren Partnern verhandeln und allmählich dort hinkommen; und dafür gibt es gute Chancen, weil zweifellos eine Mehrheit unserer Partner in der Gemeinschaft unsere Auffassung teilt, aber nicht alle oder - ich sage es einmal optimistisch - noch nicht alle. Das kann sich aber ändern. Hoffentlich ändert es sich, denn dies ist, glaube ich, im beiderseitigen Interesse oder sogar im Interesse von drei Gruppen, nämlich ganz bestimmt im Interesse der Entwicklungsländer - ich brauche das nicht weiter zu erläutern -, es ist auch in unserem Interesse, d. h. im Interesse der Europäer, aber es ist auch im Interesse dritter Länder, mit denen wir es ja gerade im Welthandel auch zu tun haben.
({0})
Herr Abgeordneter van Delden!
van Delden ({0}) : Herr Minister, ich habe eine Frage betreffend MBFR. Ist Ihnen bekannt, daß der übermorgen in Brüssel tagende Militärausschuß der Nordatlantischen Versammlung einen Zwischenbericht über MBFR behandelt und diesen gegebenenfalls auch verabschiedet? Sind Sie bereit, diesen Bericht nach dessen Erstellung und Verabschiedung - denn er ist ja immerhin von Parlamentariern der NATO erstellt worden - in die Diskussion mit einzubeziehen und gegebenenfalls auch kritisch zu durchleuchten?
Aber natürlich sind wir bereit, das zu tun, wenn er erstellt ist. Sie wissen, daß sich der NATO-Rat in der Zwischenzeit mit den ersten Vorschlägen, oder sagen wir besser: den ersten Alternativen für eine Behandlung der Substanz von MBFR befaßt.
Ich kann zu den Einzelheiten verständlicherweise hier nichts sagen. Eines kann ich aber sagen, nämlich, daß die amerikanischen Vorschläge eine Grundlage bilden können, um zu einer gemeinsamen Auffassung zu kommen. In diesen Vorschlägen sind die Elemente enthalten, die auch nach unserer Meinung beachtet werden müssen, wenn man die MBFR-Verhandlungen unter Berücksichtigung unserer eigenen Sicherheitsfragen weiterführen will.
Wir sind uns ja in diesem Hause darüber einig, daß MBFR nicht nur die zahlenmäßige Verringerung von Truppen und Rüstung in Europa bedeuten kann, sondern daß auch vertrauensbildende Maßnahmen dazugehören. Es gehört das Grundprinzip des phasenweisen Vorgehens und der Notwendigkeit der Kontrolle einer jeden, auch der kleinsten, Phase dazu. Das alles ist in diesen Vorschlägen enthalten. Ich bin sicher, daß wir unter Zuhilfenahme auch dieser Alternativen zu einer gemeinsamen Position kommen können.
Herr Abgeordneter Wischnewski!
Herr Bundesaußenminister, ich hätte gern gewußt, ob sich nach Ihrer Meinung die politische Zusammenarbeit der Neun in der Gemeinschaft zur Vorbereitung der europäischen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit bewährt hat oder ob sich gegebenenfalls neue Koordinierungsmechanismen als notwendig erweisen?
Herr Kollege, ich kann sagen, die Zusammenarbeit zur Vorbereitung der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hat sich uneingeschränkt bewährt, uneingeschränkt.
Herr Abgeordneter Dr. Waffenschmidt.
Herr Bundesaußenminister, nachdem Sie die europäische Regionalpolitik im ersten Teil Ihres Berichtes hier angesprochen haben, möchte ich Sie gern fragen: Was wird die Bundesregierung konkret veranlassen, um mit den Partnerländern zu erreichen, daß wir in diesem Jahr die bereitgestellten Mittel der Gemeinschaft auch noch effektiv zum Einsatz bringen können? Ich frage das insbesondere deshalb, weil im vergangenen Jahr erhebliche Mittel nicht mehr zum Einsatz gelangt sind, nachdem man sich nicht über die Richtlinien einigen konnte.
Herr Kollege Dr. Waffenschmidt, Sie werden wissen, daß manche Mittel aus diesen Fonds auch deswegen nicht zum Einsatz gekommen sind, weil einfach die qualifizierte Anforderung fehlte. Das ist wahrscheinlich das Wichtigste. Ich bin der Meinung, daß es nicht primär die Aufgabe von Regierungen oder auch von Kollegen sein kann, vorhandene bereitgestellte Mittel auszugeben. Primär ist unser Interesse, daß diese Mittel qualifiziert ausgegeben werden,
({0})
so daß ich es in Kauf nehmen würde, wenn gewisse Mittel nicht abfließen, aber das, was abfließt, sinnvoll eingesetzt werden kann.
Auf jeden Fall sind wir der Auffassung, daß man möglichst bald die von mir eben genannten Mittel zumindest in der Planung miteinander verbinden sollte. Dann kommen wir schon zu einem höheren Effekt. Wir sollten auch die vorhandenen Mittel des Agrarfonds für mehrere Jahre bald für regionale Zwecke einsetzen können. Das bedarf einer Vorbereitung im Kreise der Ständigen Vertreter und des Ministerrates. Aber ich habe eben dargestellt, daß dem unsere besondere Aufmerksamkeit gelten wird.
Herr Abgeordneter Rosenthal.
Herr Minister, wird die Bundesregierung auch nach den jüngsten französischen Äußerungen daran festhalten, daß die Sicherheits- die Handels- und die Währungspolitik zwar in die politische Gesamtschau der atlantischen Beziehungen hineingehören, daß es aber keine zu starke gegenseitige Abhängigkeit geben wird?
Das ist genau die Position der Bundesregierung. Ich habe eben im einzelnen dargestellt, daß man diese drei wesentlichen Sektoren - Sicherheit, Handel, Währungspolitik - zwar, wenn man das Gesamtverhältnis beurteilt, als was Ganzes sehen muß. Aber Entscheidungen in diesen Bereichen müssen wegen des unterschiedlichen Zeitablaufs und weil verschiedene Personen damit befaßt sind, in den Sektoren für sich allein getroffen werden; denn einige dieser Sektoren erfordern einen spezifischen Sachverstand, den nicht alle Politiker haben können.
Herr Abgeordneter Reuschenbach.
Herr Bundesminister, hat die Regierung die Absicht, bei den beginnenden GATT-Verhandlungen auch über den Außenhandel mit einzelnen Agrarprodukten zu verhandeln, natürlich unter Berücksichtigung der Tatsache, daß wir da einen Gemeinsamen Markt haben?
Es ist die Meinung der Bundesregierung, daß auch über Agrarfragen gesprochen werden kann. Wir wollen überhaupt die GATT-Verhandlungen in einem konstruktiven Geist führen. Ich habe eben in dem einleitenden Bericht schon erwähnt, daß die Gemeinschaft eine nach außen gerichtete Gemeinschaft ist, und entsprechend muß sie sich in den GATT-Verhandlungen zeigen. Sie muß die Liberalisierung des Welthandels durch geeignete Maßnahmen betreiben, und sie muß auch eine Erhöhung des Warenaustausches auf dem Gebiete der Agrarwirtschaft anstreben. Wir werden also auch darüber sprechen müssen. Ich sage: dies ist die Meinung der Bundesregierung, weil ein Mandat für diese Verhandlungen noch nicht endgültig erteilt ist.
Die letzte Frage, Herr Abgeordneter Dr. Farthmann.
Herr Bundesminister, wie beurteilen Sie Äußerungen des amerikanischen Finanzministers Shultz, die gestern durch die Presse gingen und nach denen bei den anstehenden GATT-Verhandlungen die EWG mehr zu geben habe als zu nehmen habe?
Da habe ich gestern abend Herrn Dr. Apel gesehen, der im Fernsehen in erfrischender Offenheit gesagt hat: Das mag seine Meinung sein; wir teilen sie nicht. Wir sind völlig anderer Meinung. In all diesen Verhandlungen geht es darum, daß alle Partner geben und nehmen, damit ein vernünftiger Kompromiß erzielt wird.
({0})
Danke, Herr Bundesminister.
Damit ist die Berichterstattung durch die Bundesregierung beendet.
Präsident Frau Renger
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf :
Fragestunde
- Drucksache 7/555
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Herr Staatssekretär Dr. Haack steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider:
Welche Entschädigungsleistungen müssen nach Ansicht der Bundesregierung die Gemeinden aufbringen, uni den von ihr angekündigten Übergang des Verfügungseigentums an Grund und Boden auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften wertgerecht zu entschädigen?
Herr Kollege Schneider, die Bundesregierung hat den Übergang des Verfügungseigentums an Grund und Boden auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften nicht angekündigt.
Bitte, Herr Schneider, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie dann die Tatsache, daß im amtlichen Bulletin der Bundesregierung vom 10. April 1973 eine Rede des Herrn Bundesministers Vogel abgedruckt ist, in der er im Zusammenhang mit einer Darstellung der wohnungs- und städtebaupolitischen Aktivitäten der Bundesregierung in der 7. Legislaturperiode das Rechtsinstitut des Nutzungseigentums angekündigt hat?
In der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom Januar 1973 steht von diesem Rechtsinstitut des Nutzungs- und des Verfügungseigentums nichts. Wir haben in das Arbeitsprogramm unseres Ministeriums, das Ihnen bekannt ist und über das auch schon im Ausschuß diskutiert worden ist, eine Bestimmung aufgenommen, in der als unser Arbeitsauftrag folgendes umschrieben ist: „Entwicklung neuer Eigentumsformen im Vollzug des § 25 Abs. 3 des Städtebauförderungsgesetzes und für die Vergabe von Grundstücken der öffentlichen Hand an Private". Es geht hier also nur um die Weitergabe von Grundstücken, die bereits in der öffentlichen Hand sind, an Private, aber nicht um Fälle, wie Sie sie mit Ihrer Frage anschneiden.
Eine weitere Zusatzfrage? - Bitte!
Dann darf ich Sie folgendermaßen fragen: Was verstehen Sie unter dem Rechtsinstitut „Nutzungseigentum", das Herr Bundesminister Vogel in seiner Rede vom 5. April 1973 vor dem Institut für sozial- und wirtschaftspolitische Bildung in Berlin genannt hat?
Das angeführte Rechtsinstitut des Nutzungseigentums wäre ein Modell im Rahmen dieses Punktes „Entwicklung neuer Eigentumsformen", den ich gerade aus unserem Arbeitsprogramm zitiert habe. Sie wissen, daß ein Partner dieser Regierungskoalition, nämlich die SPD, sich intensiv mit den Fragen befaßt und dieses Modell bereits in einer Parteikommission im Grundsatz beschlossen hat; die SPD hat jetzt einer Kommission den Auftrag gegeben, diese Frage in den nächsten Jahren weiter zu prüfen.
Keine weitere Zusatzfrage. Danke schön, Herr Staatssekretär!
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Herold steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Die Fragen 4 und 5 des Abgeordneten Schröder ({0}) sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Damit ist Ihr Geschäftsbereich erledigt, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft.
Die Frage 6 des Abgeordneten Glotz wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 76 auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, bereits den Eintritt der Auszubildenden in das Berufsgrundbildungsjahr durch geeignete Maßnahmen so abzusichern, daß der anschließende Übertritt in ein Ausbildungsverhältnis des gewählten Berufsfeldes regelmäßig gewährleistet ist und nicht, wie sich zum Teil z. B. in Bayern abzeichnet, nicht zustandekommt?
Diese Frage war zunächst beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit aufgeführt. - Bitte, Herr Staatssekretär!
Die in Ihrer Frage angesprochenen Probleme der Absolventen von Berufsgrundschuljahren sind auf Übergangsschwierigkeiten zurückzuführen. Die Zusammenhänge habe ich bereits in den Sizungen am 14. Februar und 8. Mai 1973 auf Anfragen der Herren Abgeordneten Dr. Meinecke und Wüster dargelegt. Dabei habe ich darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung inzwischen konkrete Maßnahmen eingeleitet hat. Eine zufriedenstellende Lösung der im Zusammenhang mit dem Berufsgrundschuljahr aufgetretenen Probleme erwartet die Bundesregierung von der bereits im letzten Jahr eingeleiteten Abstimmung zwischen den Ausbildungsordnungen des Bundes und den Rahmenlehrplänen der Länder.
Nach geltendem Recht ist es auch im Bereich der betrieblichen Berufsausbildung in das freie Belieben eines jeden gestellt, ob er mit einem anderen einen Vertrag bzw. einen Ausbildungsvertrag ab1732
schließen will oder nicht. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, gibt es in unserer Rechtsordnung keinen Kontrahierungszwang. Ein Vertragsabschluß kann also nicht erzwungen werden.
Allerdings wären freiwillige vertragliche Absprachen etwa in der Weise denkbar, daß sich ein Arbeitgeber schon vor dem Eintritt in ein schulisches Berufsgrundbildungsjahr oder auch während des Schuljahres dem Schüler gegenüber vertraglich verpflichtet, ihn nach Abschluß der Grundbildung in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis zu übernehmen. Dabei wäre jedoch zu berücksichtigen, daß der Auszubildende Gefahr läuft, sich schon vor einer Orientierung in dem auf Berufsfeldbreite angelegten Berufsgrundbildungsjahr - und das heißt: vorzeitig - auf einen speziellen Ausbildungsberuf festzulegen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Wernitz.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es vielleicht sinnvoll wäre, in Abstimmung mit den Ländern zu versuchen - wie Sie angedeutet haben -, über die Arbeitsämter oder durch eine Vorausinformation im Rahmen der Berufsberatung dem Auszubildenden vorher klarzumachen, in welche Richtung man hier gehen könnte, damit nicht diese Schwierigkeiten auftreten, auf die Sie soeben Bezug genommen haben?
Herr Kollege Wernitz, soweit Sie den Aspekt der vorherigen Beratung ansprechen, kann ich Ihnen nur voll zustimmen. Soweit Sie aber, wie es in Ihrer Frage dargelegt war, den Aspekt einer vorzeitigen vertraglichen oder vorvertraglichen Bindung angesprochen haben, sehe ich dazu keine rechtlichen Möglichkeiten.
Keine weitere Zusatzfrage. Danke, Herr Staatssekretär!
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf. Zur Beantwortung steht Herr Staatssekretär Wittrock zur Verfügung.
Frage 7 des Herrn Abgeordneten Groß. - Er ist nicht im Raum. Diese Frage wird ebenso wie die Frage 8 des Abgeordneten Groß schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 9 des Herrn Abgeordneten Seefeld auf:
Ist die Bundesregierung bereit, bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften darauf hinzuwirken, daß bei Warenlieferungen der EG die anfallenden Seetransporte vorzugsweise von Reedereien der EG-Mitgliedsländer durchgeführt werden?
Die Bundesregierung ist bereit, bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaft darauf hinzuwirken, daß sich bei Warenlieferungen im Namen und für Rechnung der EG die Seeschiffahrtsunternehmen der Mitgliedsländer der Europäischen Gemeinschaft an den sich dabei ergebenden Transporten gleichmäßig und gleichberechtigt beteiligen können.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, nachdem ich soeben von Ihrer grundsätzlichen Bereitschaft gehört habe, frage ich, ob Sie auch bereit sind, in Ihre soeben genannten Absichten die Überlegung einzubeziehen, daß bei derartigen Lieferungen auch das Dispositionsrecht über den Transportraum von der EG-Kommission ausgeübt werden sollte.
Wir werden diese Frage prüfen. Ich anerkenne die volle Bedeutung der Problematik, die der Frage zugrunde liegt. Und bitte, ich habe mich hier ja in einem aufgeschlossenen Sinne geäußert, und ich möchte das noch einmal unterstreichen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 10 des Herrn Abgeordneten Waltemathe auf:
Ist die im Raumordnungsbericht 1972, Seite 114, erwähnte Kostennutzenanalyse zur Beurteilung von Investitionen im Fernverkehr der Deutschen Bundesbahn und im Luftverkehr der Bundesrepublik Deutschland bis 1980 inzwischen durch die Bundesregierung ausgewertet, und welche Konsequenzen werden daraus für den Ausbau der Verkehrsflughäfen abgeleitet?
Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens „Die Beurteilung von Investitionen im Fernreiseverkehr der Deutschen Bundesbahn und im Luftverkehr der Bundesrepublik Deutschland bis 1980 auf der Grundlage der „Kosten-Nutzen-Analyse" werden zur Zeit in meinem Hause ausgewertet. Konsequenzen, die beispielsweise die Reihenfolge der Realisierung von Investitionsmaßnahmen betreffen, werden im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeprogramm darzulegen sein.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, nachdem bereits in der Sitzung am 3. Februar 1972 vom damaligen Parlamentarischen Staatssekretär des Verkehrsministers ausgeführt worden ist, daß in Kürze die Kostennutzenanalyse und die Ergebnisse der Auswertung vorliegen würden, möchte ich Sie fragen, ob nunmehr damit gerechnet werden kann, daß diese Ergebnisse auch den Abgeordneten so rechtzeitig vorliegen werden, daß sie noch bei der Beratung über das Bundesraumordnungsprogramm 74, die in diesem Jahr stattfinden muß, berücksichtigt werden können.
Herr Abgeordneter, was den ersten Teil der Frage anlangt, muß ich darauf hinweisen, daß wir natürlich auf die Schnelligkeit und auf die Sorgfalt der Institute, denen der Auftrag erteilt worden ist - es waren ja drei -, angewiesen sind, so daß wir nicht ganz die Herren des Zeitablaufs gewesen sind.
Im vergangenen Jahr war es nicht möglich, die Unterlagen bereits bei uns auszuwerten. Inzwischen ist uns aber das Untersuchungsergebnis vorgelegt worden, und ich anerkenne die volle Berechtigung Ihres Anliegens, daß die Arbeitsergebnisse den entsprechenden Institutionen so schnell zugänglich gemacht werden, daß sie im Zusammenhang mit dem Bundesraumordnungsprogramm ausgewertet werden können.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, darf ich Sie, nachdem die Bundesregierung jetzt offensichtlich ausgewertet hat, fragen, ob inzwischen schon Beratungen mit den Bundesländern stattfinden, da es ja für Investitionen im Verkehrsbereich verschiedene Planungs- und Finanzierungsträger gibt?
Wir sind im Moment noch im Stadium der internen Auswertung. Erst wenn die abgeschlossen ist, werden wir uns auch mit den Bundesländern in Verbindung zu setzen haben. Die Bundesländer haben bereits ihr Interesse auch gerade an unseren Arbeiten über ein Bundesverkehrswegeprogramm sehr nachdrücklich - beispielsweise in der letzten Verkehrsministerkonferenz - angemeldet.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Conradi.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, Investitionsvorhaben - etwa bei Flughäfen - nach Vorliegen der Ergebnisse der Kostennutzenanalyse zu überprüfen?
Ich kann das nicht ausschließen. Ich halte es für naheliegend, daß man auch bereits abgeschlossen erscheinende Planungsüberlegungen erneut überprüft. Ich denke dabei aber nicht an irgendwelche konkreten Objekte, Herr Abgeordneter.
({0})
Ich komme zu Frage 11 der Abgeordneten Frau Dr. Riedel-Martiny. - Die Kollegin ist nicht im Saal. Damit werden Frage 11 und Frage 12 schriftlich beantwortet, und die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 13 des Herrn Abgeordneten Dr. Hirsch auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in- und ausländische Fluggesellschaften zu veranlassen, die Entwicklung lärmarmer Triebwerke und ihren Einsatz mehr als bisher zu fördern?
Die Bundesregierung beabsichtigt, in Übereinstimmung mit einem Beschluß des Fluglärmausschusses der ICAO, also der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation, die Umrüstung älterer und relativ lauter Flugzeuge vorzuschreiben, wenn und sobald die von der ICAO geforderten Untersuchungen eine solche Umrüstung technisch und wirtschaftlich realisierbar erscheinen lassen. Die Bundesregierung hofft, daß sich dann auch die anderen Länder - deshalb wird darüber ja auf der internationalen Ebene verhandelt - dieser Empfehlung anschließen werden.
Zusatzfrage, bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für denkbar, daß die Bundesregierung schon jetzt den Einsatz von lärmstarken Triebwerken, also solchen, die der ICAO-Richtlinie - Anhang 16 - nicht entsprechen, wirtschaftlich benachteiligt?
Herr Abgeordneter, ich anerkenne das Gewicht dieses Problems. Wir sind im Rahmen unserer Möglichkeiten nachhaltig bemüht, auf eine Umrüstung hinzuwirken, jedenfalls in dem Bereich, in dem wir unmittelbare Gesprächspartner haben. Dabei geht es vor allen Dingen um die Umrüstung mit Triebwerken der Boeing 727 und der Boeing 737. Wir meinen also, daß man auch seitens der Bundesregierung z. B. gegenüber den hier in Betracht kommenden Gesellschaften das Interesse an einer Umrüstung geltend machen sollte. Im übrigen hat der Bundesminister für Verkehr auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Probleme, die Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, zu entnehmen waren, angeregt, Ausnahmen vom Nachtflugverbot insoweit vorzusehen, als derartige weniger lärmintensive Flugzeuge eingesetzt werden.
Bitte, Herr Kollege!
Herr Staatssekretär, den bisherigen Antworten des Ministeriums auf entsprechende Fragen mußte ich entnehmen, daß Sie es überhaupt nicht für zulässig hielten zu differenzieren. Da Sie aber selber schon Nachtflugverbote für lärmstarke Triebwerke ausgesprochen haben, frage ich Sie, ob es dann nicht möglich ist, die Zeiten, innerhalb derer Maschinen mit solchen Triebwerken nicht fliegen dürfen, zu verlängern, um den wirtschaftlichen Anreiz zur Umrüstung zum Wohle der Bevölkerung zu verstärken.
Herr Abgeordneter, was die Möglichkeit einer Verlängerung, einer Ausdehnung der Verbotszeiten betrifft, möchte ich mich jetzt - aus dem Ärmel geschüttelt - nicht festlegen. Das bitte ich
zu verstehen. Ich beschränke mich darauf, erneut zu unterstreichen, daß wir beispielsweise auch durch Äußerungen aus dem Kreise derjenigen Organisationen, die sich des Lärmschutzproblems besonders annehmen, erfahren haben, daß auch diese Organisationen die le keren Triebwerke als außerordentlich segensreich empfinden. Hieraus folgern wir, daß eine gewisse Möglichkeit besteht, das Nachtflugverbot einzuschränken.
Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, Sie sagten, Sie wollten eine Antwort auf diese Frage nicht aus dem Ärmel schütteln. Wären Sie bereit, in absehbarer Zeit ausführlich dazu Stellung zu nehmen, ob Sie eine Ausdehnung des Nachtflugverbots für Maschinen mit Triebwerken, die nicht der ICAO-Richtlinie - Anhang 16 - entsprechen, konkret ins Auge fassen?
Wir sind sehr gern bereit, uns dazu, wenn die Sache etwas weiter ausgereift ist, eingehend zu äußern.
Frage 14 des Herrn Abgeordneten Hirsch:
Was will die Bundesregierung unternehmen, um im Sinne des Verursacher-Prinzips die Einbeziehung des Kriteriums Fluglärm in die Bemessungsgrundsätze für Landegebühren zu erreichen, oder hält sie das für überflüssig?
Die Bundesregierung hält die Einbeziehung von Fluglärmkenndaten einzelner Flugzeugmuster als Bemessungskriterien für die Höhe der Landegebühren auf den Flughäfen der Bundesrepublik aus Gründen der internationalen Einheitlichkeit unter den gegebenen Umständen nicht für aktuell. Entsprechende Bemühungen der Bundesrepublik, innerhalb der ICAO diese Dinge zur Diskussion zu stellen oder voranzutreiben, fanden nicht die Billigung der Mehrheit der anderen Mitglieder. Ein Alleingang der Bundesrepublik in dieser Sache ist aus mannigfaltigen Gründen wohl kaum in Betracht zu ziehen. Die Bundesregierung hält es deshalb für zweckmäßiger, die sogenannte Lärmabstrahlung der Flugzeuge durch Mitwirkung an den internationalen Vorschriften zu vermindern und von daher einen gewissen - ich nenne es jetzt ruhig einmal so - Druck auszuüben. Für Flugzeugneuzulassungen werden solche Vorschriften - Sie haben vorhin auch eine genannt - bekanntlich schon angewandt.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, Ihre Antwort ist deswegen bedauerlich, weil immer gesagt wird, man solle den Lärm an der Quelle bekämpfen. Ist der Bundesregierung bekannt, daß der International Airport Los Angeles die Landegebühren nach dem Verursacherprinzip, also nach der Lärmstärke der Triebwerke, staffelt und sogar beabsichtigt, ah 1. Juli ein absolutes Landeverbot für Flugzeuge zu erlassen, die über einen bestimmten Lärmpegel hinausgehen, und zwar, wie ich annehmen muß, nicht in der ICAO abgestimmt, sondern auf Grund eigener Entscheidung? Ist das der Bundesregierung bekannt?
Mir ist dieser Fall, den Sie angeführt haben, nicht bekannt. Ich werde ihm einmal nachgehen. Ich bin dankbar für den Hinweis. Ich kann nur sagen, daß der wirtschaftliche Hintergrund all dieser Daten und all dieser Einzelfakten so kompliziert ist und die internationale Wettbewerbslage so umfassend gesehen werden muß, daß in aller Regel das Prinzip der Einheitlichkeit, auch der Datenbemessung auf diesem Gebiete zu respektieren ist. Die Bundesregierung muß dies respektieren. Aber, Herr Abgeordneter, die Bundesregierung bemüht sich gleichzeitig u. a. im internationalen Bereich, sowohl im Rahmen ihrer Kontaktmöglichkeiten mit bestimmten Luftfahrtunternehmen wie auch durch ihre Teilnahme an Gesprächen im Kreise derer, die sich von der Technik her mit den Dingen befassen, die Lärmquelle so zu gestalten, daß die Situation erträglich ist. Hier ist sich die Bundesregierung ihrer Verpflichtung in vollem Maße bewußt.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da Sie in Ihrer vorhergehenden Antwort recht deutlich gemacht haben, daß die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung im Rahmen der ICAO nur von sehr beschränktem Nutzen waren, frage ich Sie: Wären Sie bereit, die Frage der gestaffelten Landegebühren erneut ernsthaft zu prüfen, wenn sich die Information über die Handhabung im International Airport Los Angeles auch Ihnen bestätigen würde?
Herr Abgeordneter, zum ersten Teil Ihrer Zusatzfrage: Ich glaube nicht, daß man es so sehen kann, daß die bisherigen Bemühungen auf ICAO-Ebene skeptisch oder gar negativ zu beurteilen sind. Bitte beachten Sie, daß die Zahl der Flugzeuge, die für das Publikum in puncto Geräuschintensität unter erträglichen Bedingungen fliegen - es ist schon der Ausdruck „Flüsterriesen" gebraucht worden - außerordentlich stark zunimmt. Dieses geschieht doch letzten Endes vor dem Hintergrund und auf der Grundlage der Anstrengungen im internationalen Raum. Das wiederum ist als ein Erfolg zu verzeichnen.
Zum zweiten Teil Ihrer Zusatzfrage: Ich habe Interesse und Aufgeschlossenheit bekundet, den Hinweis auf das Beispiel Los Angeles zu überprüfen. Ich will Ihnen dann gern das Ergebnis mitteilen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hoffie.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung unter Berücksichtigung Ihres vorhergehenden Hinweises auf gleiche Wettbewerbsbedingungen zu tun, um auch ausländische Luftverkehrsgesellschaften, die die Bundesrepublik anfliegen, zu zwingen, lärmmindernde An- und Abflugverfahren einzuführen?
Herr Abgeordneter, das Wort „zwingen" ist in diesem Zusammenhang als irreal zu bezeichnen; denn der internationale Luftverkehr vollzieht sich auf der Grundlage der Gegenseitigkeit, und Maßnahmen, die ihren Niederschlag in einem Zwang finden, würden sich mit Sicherheit auch für die Entfaltungsmöglichkeiten des Luftverkehrs aus unserem Bereich negativ auswirken. Das folgt ganz einfach aus der Gegenseitigkeit. Aber, wenn man die Möglichkeit des Zwangs beiseiteschieben muß, dann verbleibt die Möglichkeit, die wir auch wahrnehmen, auf allen Verhandlungsebenen - beispielsweise mit der Organisation der Luftverkehrsunternehmen, wobei auch an BARIG zu denken ist Schritte zu ergreifen, damit einheitliche und weitestgehend geräuscharme Triebwerke eingeführt werden. Im übrigen ist - soweit ich es weiß - auch durchaus ein Interesse anderer Fluggesellschaften vorhanden, sich anzupassen und auf moderne geräuscharme Triebwerke umzurüsten. Dieses ist aus einer Reihe von Gründen auch wirtschaftlich durchaus interessant.
Frage 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) :
Nach welchen Kriterien wurde im Haushaltsjahr 1973 die Verteilung der Straßenbaumittel auf die einzelnen Bundesländer vorgenommen?
Die Straßenbaumittel für das Haushaltsjahr 1973 wurden nach Maßgabe der im ersten Fünfjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen ausgewiesenen Bauziele aufgeteilt. Dabei wurde die Fortführung vorrangiger und zum Teil bereits hoch anfinanzierter Maßnahmen sowie der Stand der Planung und Bauvorbereitung besonders berücksichtigt.
Ich darf noch hinzufügen, daß das Ausmaß der Mittelreduzierung in diesem Haushaltsjahr geringer ist, als mancher annimmt. Wir haben eine effektive Reduzierung um 240 Millionen DM beim BAB-Neubau gegenüber dem, was wir ursprünglich vorgesehen hatten. Soweit wir Reduzierungen zu verkraften haben, beabsichtigen wir, in Übereinstimmung mit den Bundesländern das Schwergewicht erstens auf die Herstellung eines Verkehrswertes das ist das, was ich bereits zum Ausdruck gebracht habe - und zweitens auf die Förderung von Maßnahmen zu legen, die aus Gründen der Strukturpolitik in besonderem Maße gefördert werden müssen, wobei wir speziell an die Zonenrandgebiete und Grenzlandgebiete denken.
Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, gehen Sie mit diesen Ausführungen, daß gerade das Zonenrandgebiet besonders gefördert werden müßte, nicht an den Tatsachen vorbei, wenn Sie im Vergleich zu Ihren Ausführungen die tatsächlichen Planungen und Durchführungen im Straßenbau betrachten?
Ich glaube nicht, daß das so gesehen werden kann. Denken Sie beispielsweise an den ostbayerischen Raum. Gerade im ostbayerischen Raum wird in diesem Jahre eine ganze Reihe von Maßnahmen gefördert. Denken Sie etwa an die große Baumaßnahme ostwärts von Deggendorf im Zuge der dortigen Autobahn, um nur eine einzige zu nennen. Ich bin gerne bereit, Ihnen die Maßnahmen im einzelnen mitzuteilen. Die Bundesregierung verfährt also durchaus im Rahmen dessen, was ich hier eben zum Ausdruck gebracht habe.
Bitte, eine zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, wenn man die prozentualen Anteile betrachtet, wie die Bundesregierung die Mittel auf die einzelnen Bundesländer verteilt hat, kann man eigentlich kein Kriterium, keine Bezugseinheit finden, die die derzeitige Verteilung der Mittel für den Fernstraßenbau rechtfertigen würde.
Das war keine Frage.
Ob der Staatssekretär
Vielen Dank!
Herr Abgeordneter, wir sehen es nicht so. Es ist nicht ganz sachgerecht - entschuldigen Sie, wenn ich das so sage , nur Prozentsätze miteinander zu vergleichen. Wir müssen davon ausgehen, daß z. B. bei den Großbaumaßnahmen die Schwerpunkte des Mitteleinsatzes mal in einem Bundesland, mal im anderen Bundesland liegen. Ich meine das so: Es muß nun eine besondere Anstrengung darauf gerichtet sein, die linksrheinische Autobahn durchgängig fertigzustellen. Das hat eine gewisse Priorität. Das führt dazu, daß ein Bundesland im Prozentsatz verhältnismäßig hoch liegt. Wenn diese Maßnahme abgeschlossen ist, kommen - um es etwas salopp auszudrücken - mit besonderer Akzentbildung andere dran. So betrachtet zeigt sich, daß es nicht ganz sachgerecht ist, Prozentsätze zu vergleichen.
Im übrigen haben wir sowohl im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen wie auch, was den konkreten Einsatz der Mittel anbelangt, die Besonderheit des
Zonenrandgebietes anerkannt - auch durch gewisse Vorgabewerte bei der Aufstellung des Bedarfsplans für den Ausbau der Bundesfernstraßen - und haben so den strukturellen Erfordernissen Rechnung getragen. Wir haben auch noch während der letzten Phase des Haushaltsjahres 1972 besondere Mittel zuweisen können, die Ihnen, Herr Abgeordneter, sicherlich bekannt sind - ich stelle Ihre Zustimmung fest ({0})
und die zeigen, daß wir hier einen Schwerpunkt unserer Politik sehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Seefeld.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß man bei der Verteilung von Straßenbaumitteln künftig doch davon absehen sollte, aufzurechnen, ob denn die Bundesländer ihrer Stärke oder ihrer Bedeutung entsprechend berücksichtigt sind, daß man vielmehr davon ausgehen muß, daß Überlegungen nicht nach Ländern, sondern nach den Nowendigkeiten und nach einer Gesamtkonzeption anzustellen sind?
Dieses entspricht dem, was ich zum
Ausdruck bringen wollte; ich stimme Ihnen deshalb zu.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jobst.
Herr Staatssekretär, ich möchte trotz Ihrer vorhergehenden Ausführungen die Frage stellen, ob es zutrifft, daß bei der Kürzung der Straßenbaumittel für die einzelnen Länder in diesem Jahr das Land Schleswig-Holstein im Vergleich zu den anderen Ländern verhältnismäßig günstig weggekommen ist. Ich denke etwa an Nordrhein-Westfalen und auch an Bayern, die von den Kürzungen erheblich betroffen wurden. Welche Gründe waren dafür maßgebend?
Herr Abgeordneter, es kann wohl kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß für das Land Schleswig-Holstein ein gewisser Nachholbedarf besteht. Denken Sie etwa daran, daß bis vor kurzem die einzige Landeshauptstadt, die keinen Autobahnanschluß hatte, die Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein gewesen ist. Ich kann das jetzt nur anführen, um mit diesem Beispiel zu charakterisieren, daß hier ein gewisser Nachholbedarf wohl kaum bestritten werden kann.
Liegt das an der Person des Ministers?
Nein, Herr Abgeordneter. Es liegt an der Realität bestimmter Fakten. Denken Sie beispielsweise an die Tatsache, daß auch die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft durch den Beitritt unseres nördlichen Nachbarn Dänemark besondere Akzente gesetzt hat, die den Verkehrsdurchlauf von Schleswig-Holstein in die übrigen Bereiche der Europäischen Gemeinschaft verstärken. Das sind objektive Fakten, an denen man nicht vorbeigehen kann.
Das gehörte noch zu der Zusatzfrage, das war keine zweite Frage.
Bitte, Herr Kollege Wagner!
Herr Staatssekretär, durch welche Maßnahmen ist es möglich gewesen, die Kürzung der Straßenbaumittel auf die von Ihnen genannten 240 Millionen DM zu begrenzen, nachdem doch ursprünglich ganz andere Zahlen - 840 Millionen DM war die ursprüngliche Zahl - im Gespräch waren?
Herr Abgeordneter, das ergibt sich aus der Tatsache - die sicherlich im Haushaltsausschuß auch noch dargelegt werden kann -, daß wir Ausgabenreste, d. h. Beträge, die nach der gesetzlichen Zweckbindung an sich zweckgebunden sind, im vergangenen Jahr nicht verausgabt haben und auf diese Weise schon von der Gesetzeslage her für das Jahr 1973 zur Verfügung gestellt bekommen konnten. Es sind im technischen Sinne, streng genommen, keine Haushaltsreste, aber sie sind mit einem Haushaltsrest gleichzusetzen. Ich habe das Zahlenbild im Moment nicht greifbar. Es handelt sich um eine Größenordnung von mehr als 300 Millionen DM. Hinzu kommt noch ein bestimmter Teil des Kreditrahmens, der nicht ausgeschöpft werden konnte. Daraus ergibt sich dieses Zahlenbild.
Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Konrad.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie die Frage des Herrn Kollegen, ob Schleswig-Holstein bei der Zuweisung der Straßenbaumittel begünstigt worden sei, bejaht haben, und habe ich Sie auch richtig verstanden, daß das auf Versäumnisse in den früheren Jahren, insbesondere im Zusammenhang mit der unterlassenen Anbindung der Landeshauptstadt, zurückzuführen ist?
Herr Abgeordneter, ich möchte nicht das Wort „begünstigen" verwenden, weil es nicht der nüchternen Beurteilung politischer Notwendigkeiten entspricht. Ich habe hier zum Ausdruck gebracht, daß es Fakten gibt, die dazu Anlaß geben, ganz bestimmte Baumaßnahmen beschleunigt und so schnell wie möglich durchzuführen. Das ist etwa die
Konsequenz aus der Tatsache - um nur das eine zu nennen -, daß der EWG-Raum größer geworden ist.
Ich lasse noch eine letzte Zusatzfrage zu. Herr Abgeordneter Oetting!
Herr Staatssekretär, würden Sie mir recht geben, wenn ich sage, daß sich ein globaler Nachholbedarf für das Land Schleswig-Holstein schon allein daraus ergibt, daß dort seit Kriegsende die CDU regiert?
({0})
Herr Abgeordneter, ich muß die Beantwortung dieser Frage, die ja eine politische Wertung enthält, im einzelnen selbstverständlich den Mitgliedern des Hohen Hauses überlassen. Sie werden verstehen, daß ich dezidiert dazu nicht Stelnung nehmen möchte.
Danke, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen 16 und 17 des Herrn Abgeordneten Wagner ({0}) auf:
Welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus dem Bericht der Sachverständigen-Kommission zur Flugsicherung ({1}) zu ziehen, nachdem dort gefahrbringende Koordinationsmängel aus dem Nichtvorhandensein eines integrierten Flugsicherungs-Gesamtsystems für den zivilen und militärischen Luftverkehr gefolgert werden?
Ist die Bundesregierung bereit, eine effizientere Arbeit der Flugleitstellen dadurch herbeizuführen, daß die Kompetenzaufteilung in Fragen der Flugsicherung auf ein Bundesministerium reduziert wird sowie technische, personelle und besoldungsmäßige Leistungen dem stetig wachsenden Verkehrsumfang angepaßt werden?
Herr Abgeordneter, vom Nichtvorhandensein eines integrierten Flugsicherungssystems für die Kontrolle des zivilen und militärischen Luftverkehrs kann nicht gesprochen werden. Es ist die Absicht der Bundesregierung, im Rahmen eines Ausbauprogramms der Flugsicherung die Luftverkehrskontrolle zusammenzufassen. Für die Integration der Kontrolle des zivilen und militärischen Luftverkehrs sind gemeinsame - also den zivilen und den militärischen Bereich abdeckende - Betriebskonzepte erarbeitet worden. Die für die Durchführung der FS-Dienste notwendigen Kontrollzentralen sind im Aufbau; zum Teil sind sie auch bereits in Betrieb. Die zusamenfassende Darstellung, die der Vorsitzende der Kommission zur Beratung der anstehenden Luftverkehrsprobleme in dieser Frage gegeben hat, hat leider den Eindruck erweckt, als bestünde in der Durchführung der zivilen und militärischen Flugverkehrskontrolle kein Systemkonzept. Das ist aber wahrscheinlich darauf zurückzuführen, daß die Kommission die damit zusammenhängenden Fragen und das vorgesehene Konzept der zivilen und militärischen Zusammenarbeit nicht im einzelnen erörtert hat.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, mit welchen Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung die personelle Besetzung der Flugsicherungsstellen zu garantieren?
Mit Stellenanforderungen, Herr Abgeordnerter.
Es wird aber doch behauptet, daß heute nicht genügend Personal für diesen Bereich zur Verfügung steht.
Herr Abgeordneter, die Entwicklung schwankt da etwas. Die Zahl derer, die sich für die Tätigkeit in dieser Betriebsverwaltung interessieren, hat sich im Laufe der Zeit durchaus positiv entwickelt; aber die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es sich lohnt, die Attraktivität dieses Beschäftigungsbereichs für junge Leute im Laufe der Zeit im Rahmen dessen, was auch von einer Gesamtschau her möglich ist, zu verbessern.
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Konrad auf:
Trifft es zu, daß kein Bundesland von der Deutschen Bundesbahn bisher so schlecht bedient worden sei wie Schleswig-Holstein, und wie ist die Lage des Schienenverkehrs, insbesondere die Elektrifizierung, wirklich zu beurteilen?
Nein, Herr Abgeordneter, das trifft nicht zu.
Die Deutsche Bundesbahn, die ihr Leistungsangebot nach dem Verkehrsbedürfnis in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Industrie- und Handelstag in eigener Zuständigkeit ausgestaltet, hat erklärt, daß Schleswig-Holstein gegenüber anderen Bundesländern im Schienenverkehr nicht benachteiligt ist.
Im Fernzugverkehr werden die Strecken Kiel-Hamburg und Lübeck-Hamburg vom Sommerfahrplan 1973 ab an das Intercity-Netz angeschlossen, und es wird eine Reihe von anderen zusätzlichen Zugleistungen geben.
Nach Angaben der Deutschen Bundesbahn werden bereits heute im Reiseverkehr pro Einwohner insgesamt über 8 % mehr Zugkilometer angeboten als im Bundesdurchschnitt.
Auch im Güterverkehr gibt es eine ganze Anzahl von Knotenbahnhöfen, von denen aus die übrigen Bereiche des Bundesgebietes im sogenannten Nachtsprung ohne weiteres erreicht werden können.
Ich will noch erwähnen, daß der Dampflokbetrieb vor kurzem vollständig von modernen Dieseltriebfahrzeugen abgelöst worden ist. Auch das ist ein Schritt nach vorne.
Die Frage der Elektrifizierung der wichtigsten Strecken des Landes ist von der Deutschen Bundesbahn mehrfach untersucht worden. Allerdings standen hier bestimmte betriebswirtschaftliche Gesichts1738
punkte bisher einer Verwirklichung von Elektrifizierungsvorstellungen entgegen. Ich verweise nochmals darauf, daß der derzeitige Dieselbetrieb für die Deutsche Bundesbahn auch wirtschaftlich durchaus interessant ist. Bei der Elektrifizierung würden sich die Betriebskosten der Bahn wahrscheinlich steigern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Konrad.
Herr Staatssekretär, halten Sie die Behauptung - ich wiederhole sie -: „Bei uns fahren die D-Züge am langsamsten" für zutreffend, oder würden Sie, wenn das nicht der Fall ist, meinen, daß vielleicht auf die Mentalität schleswigholsteinischer Lokomotivführer angespielt sein könnte?
({0})
Herr Abgeordneter, zum letzten Teil Ihrer Frage kann ich mich verständlicherweise nicht äußern. Zu dem ersten Teil möchte ich sagen, ich habe bisher keinerlei Beschwerden oder Klagen darüber gehört, daß sich das Verkehrsangebot in Schleswig-Holstein, auch was die Schnelligkeit der Züge anlangt, in irgendeiner Weise von dem generellen Verkehrsangebot im negativen Sinn unterscheide. Ich habe ja erwähnt, daß der Intercity-Zugverkehr noch weiter ausgebaut wird. Aus meiner Sicht gibt es daher keinen Anlaß zu derartigen Behauptungen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die meiner Frage zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen und die von mir soeben wiedergegebene Behauptung im April bei mindestens drei Gelegenheiten vom schleswig-holsteinischen Minister für Verkehr Dr. Westphal aufgestellt worden sind?
Herr Abgeordneter, ich bedauere sagen zu müssen, daß diese Behauptung trotz der, wie Sie sagten, dreimaligen Wiederholung nicht bis zu uns gelangt ist, was sicherlich Anlaß zu der Schlußfolgerung gibt, daß diese Behauptung nicht das Gewicht hat, sich damit näher auseinanderzusetzen.
({0})
Darf ich Sie bitten, Herr Kollege - Ihre Zusatzfrage betraf sowieso schon nicht den Gegenstand der Anfrage -, keine weiteren Fragen anzuhängen.
({0})
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Dr. Oetting auf:
Da in Niedersachsen die zugewiesenen Bundesmittel für den Bundesstraßen- und Bundesautobahnaushau nicht ausreichten, andererseits aber die Bundesmittel für den Bundesautobahnneuban nicht restlos ausgeschöpft werden konnten, frage ich die Bundesregierung, ob es nicht aus Gründen der rationellen Bewirtschaftung der Haushaltsmittel zweckmäßig wäre, die Titel für Neubau bzw. Ausbau für gegenseitig deckungsfähig zu erklären?
Die in den Bautiteln ausgewiesenen Mittel für den Bundesfernstraßenbau sind grundsätzlich gegenseitig deckungsfähig. Im Ausgabenbereich „BAB-Neubau mit Finanzierungsbeiträgen der Offa" weist der Bundesminister für Verkehr die Mittel jedoch zweckgebunden für die einzelnen Strecken zu. Ich habe das bereits vorhin hier zum Ausdruck bringen können. Sie dürfen für andere Maßnahmen an Bundesfernstraßen nur mit vorheriger Zustimmung des Bundesministers für Verkehr verwendet werden.
Diese Einschränkung ist notwendig, um das Bundesautobahn-Neubauprogramm unabhängig von Ländergrenzen nach verkehrspolitischen Zielen aus überregionaler Sicht durchführen zu können.
Bitte eine Zusatzfrage, Herr Dr. Oetting!
Herr Staatssekretär, ich habe diese Frage dem Entwurf eines Landesentwicklungsprogramms des Landes Niedersachsen entnommen. Dort wird Klage darüber geführt, daß die Planungs- und Tiefbaukapazität des Landes Niedersachsen nicht ausreichend sei, um 'die Ausbaumaßnahmen durchzuführen. Könnten Sie dazu noch einmal Stellung nehmen?
Herr Abgeordneter, ich kann dazu jetzt nur sagen, daß wir wiederholt zum Ausdruck gebracht haben, daß wir es begrüßen würden, wenn das Land Niedersachsen durch rechtzeitige Bereitstellung von Planungs- und Baukapazitäten die Erreichung der in unseren Planungen gesetzten Bauziele sicherstellen würde. Diese Erklärung kann ich hier abgeben. Ich kann mich jetzt im einzelnen zu dem, was es an Planungskapazitäten gibt, von hier aus nicht äußern.
Keine weitere Zusatzfrage. Danke, Herr Staatssekretär Wittrock. Damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers für Forschung und Technologie und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Hauff steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Dr. Benz auf. - Dr. Benz ist nicht im Raum; die Frage wird schriftlich beantwortet. Diese Antwort und
Präsident Frau Renger
auch die Antwort auf die Frage 21 werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 22 des Herrn Abgeordneten Geldner auf:
Wie steht es nach wiederholten Gebührenerhohungen bei uns und weiteren Plänen dazu mit der Vereinheitlichung der Postgebühren innerhalb der EWG, und in welchen Bereichen bestehen zwischen den einzelnen Ländern der alten Sechser-EWG heute die größten Differenzen?
Herr Abgeordneter, Ihre Frage hat zwei Aspekte, nämlich gleiche Gebühren für gleiche Dienstleistungen innerhalb ,der Europäischen Gemeinschaft und gleiche Gebühren für den Verkehr zwischen der Bundesrepublik und den Ländern der Europäischen Gemeinschaft.
Zunächst zum ersten Aspekt. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Regierungen der Mitgliedstaaten haben die Frage der Vereinheitlichung der Postgebühren bereits mehrfach erörtert. Dabei hat sich gezeigt, daß eine zufriedenstellende Regelung, insbesondere wegen der finanziellen Konsequenzen für die beteiligten Postverwaltungen, nur sehr schwer zu erreichen ist. Die Bundesregierung und ihre europäischen Partner sehen deshalb die Vereinheitlichung der Postverfassungen und des Postbenutzungsrechtes als Voraussetzung dafür an, anschließend zu einer Vereinheitlichung aller Postgebühren im Rahmen der angestrebten Wirtschafts- und Währungsunion zu gelangen. Gebührenvergleiche zwischen den nationalen Postdiensten der Mitgliedstaaten sind zur Zeit wegen der Vielfalt der zu berücksichtigenden Faktoren nur schwer möglich. So ist beispielsweise in einigen EG-Ländern der. Posthaushalt Annex des Staatshaushaltes. An der Verwirklichung eines Systems für aussagefähige Vergleiche wird gearbeitet.
Nun zum zweiten Aspekt. Für den Verkehr aus der Bundesrepublik in die Gründungsstaaten der Europäischen Gemeinschaft gelten im Bereich des Post- und Fernmeldewesens einheitliche Auslandsgebühren. Darüber hinaus hat die Bundesregierung allen Mitgliedern der Europäischen Konferenz der Verwaltungen für das Post- und Fernmeldewesen, der CEPT-Staaten, Bleichlautende Regelungen angeboten. Bine entsprechende Regelung konnte bisher jedoch nur mit der Schweiz getroffen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Geldner!
Herr Staatssekretär, kann man davon ausgehen, daß in absehbarer Zeit, d. h. nicht in einem halben .Jahr, aber in ein bis zwei Jahren, eine Angleichung innerhalb der EWG in bezug auf die Problematik der Postgebühren herbeizuführen ist?
Herr Abgeordneter, Sie können davon ausgehen, daß die Lösung dieser Frage nicht an der Bundesregierung scheitern wird.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Grüner zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 61 des Herrn Abgeordneten Bäuerle auf:
Sind der Bundesregierung die Auswirkungen des anhaltenden Konzentrationsprozesses in der Brauereiindustrie bekannt, und was _gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dieser Entwicklung zum Erhalt und zur Stärkung des Mittelstands auch in dieser Branche Einhalt zu gebieten?
Herr Kollege, der Bundesregierung sind die anhaltenden Konzentrationsbewegungen in der Brauindustrie hinreichend bekannt. Sie sieht darin - wie ich schon mehrfach betont habe - den Beweis dafür, daß die in der Kartellnovelle vorgesehene Fusionskontrolle möglichst bald in Kraft treten muß. Auch die in der Kartellnovelle vorgesehenen Kooperationserleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen werden mit dazu beitragen, diesen Unternehmen eine verbesserte Chance im Wettbewerb zu geben. Es ist sichergestellt, daß die Beratungen der Kartellnovelle im Wirtschaftsausschuß bald abgeschlossen werden können.
Keine Zusatzfrage.
Dann rufe ich die Frage 62 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf:
Wie hoch schätzt die Bundesregierung trotz der jetzt ergriffenen Stabilitätsmaßnahmen die Preissteigerungsrate zum Jahresende 1973 ein?
Herr Kollege, die die weitere Preisentwicklung bestimmenden Faktoren sind nach den neuen stabilitätspolitischen Beschlüssen der Bundesregierung so komplex, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine quantitativen Angaben über die Höhe der Preissteigerungsrate am Jahresende möglich sind. Da die angestrebte Dämpfung des Preisauftriebs insbesondere über eine Begrenzung der Investitionsnachfrage der privaten Wirtschaft und eine Beschränkung der Staatsausgaben herbeigeführt werden muß, kann sie erst mit einer gewissen - zeitlich freilich nicht genau zu umgrenzenden - Verzögerung eintreten. Die Länge des Zeitraums bis zu einer Beruhigung des Preisauftriebs hängt auch von einer Reihe weiterer Einflußfaktoren ab, die zur Zeit noch nicht genau abzuschätzen sind, z. B. vom weiteren preis- und lohnpolitischen Verhalten der autonomen Gruppen, von der tatsächlichen Ausgabengestaltung bei Ländern und Gemeinden, von dem Einfluß der Agrarpreisbeschlüsse auf die Marktpreisentwicklung, aber auch
davon, ob es gelingt, die Preisdiskussion möglichst bald wieder zu versachlichen und die Preiserwartungen zu korrigieren. Die Bundesregierung ist zuversichtlich, daß ihr Stabilitätsprogramm, das bei weitem das umfassendste und vor allem das einschneidendste der Nachkriegszeit ist, die angestrebte Tendenzwende in der Preisentwicklung herbeizuführen in der Lage sein wird.
Bitte, eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, eine Reihe von Experten - darunter auch Bundesbankpräsident Klasen - ist der Auffassung, daß es lange dauern wird, bis die Stabilitätsmaßnahmen der Regierung wirken werden. Teilen Sie diese Auffassung?
Wir haben - das kam auch in der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers zum Ausdruck - zu diesen Stabilitätsmaßnahmen klar gesagt, daß nicht mit einer kurzfristigen Wende in der Preisentwicklung gerechnet werden kann, sondern daß mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung gerechnet werden muß, bis diese Maßnahmen sichtbare Wirkung zeigen.
Bitte, eine zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, Herr Bundesbankpräsident Klasen hat jüngst erklärt, daß die Maßnahmen der Regierung erst zum Jahresende wirken. Bedeutet dies, daß die Preissteigerung, die derzeit 7,5 % beträgt, sich noch fortsetzen und dann auch auf 10 % zusteuern wird, bevor die erhoffte Tendenzwende eintritt?
Nein, das bedeutet es mit Sicherheit nicht. Es bedeutet lediglich, daß wir in Übereinstimmung mit der Bundesbank davor warnen, kurzfristig einschneidende Änderungen in der Preisentwicklung zu erwarten. Das wäre eine falsche Einschätzung der Möglichkeiten eines solchen Stabilitätsprogramms und seiner Wirkungsweise im zeitlichen Ablauf.
Auf der anderen Seite sind die Preisentwicklungstendenzen von vielen Faktoren beeinflußt, z. B. auch von der Erwartungshaltung von Investoren und Konsumenten. Es ist daher durchaus denkbar, daß dieses Stabilitätsprogramm aus psychologischen Gründen früher Wirkungen zeigt, als wir das heute auf Grund des statistischen Materials anzunehmen in der Lage sind.
Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Stahl auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, ein verbindliches Konzept der gemeinsamen Energieplanung auf europäischer Ebene bei der EG unter stärkerer Berücksichtigung eines Versorgungsanteiles aus fossilen Brennstoffen einheimischer
Produktion in absehbarer Zeit zu schaffen, um die Sicherung der Energieversorgung zu erhalten?
Ihre Frage, Herr Abgeordneter, verstehe ich so, daß Sie vor allem nach einer stärkeren Nutzung der gemeinschaftlichen Kohlereserven innerhalb einer gemeinsamen Energiepolitik fragen, denn die Rohöl-, Erdgas- und Braunkohlenvorkommen in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft werden bereits jetzt optimal genutzt. Eine Steigerung ist hier nur über neue Funde im Festlandsockel oder bei der Suche in großen Tiefen möglich. Die Explorationstätigkeit in der Nordsee ist ein gutes Beispiel für das, was hier getan wird.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Entwicklung einer gemeinsamen Energiepolitik eine drängende Aufgabe. Sie hofft zuversichtlich, daß der Ministerrat, der sich am 22. Mai mit Energiefragen beschäftigen wird, Fortschritte in dieser Richtung bringen wird. Die Steinkohle, die wir in Westeuropa haben, stellt zweifellos auch ein Risikopolster für die Energieversorgung der Gesamtgemeinschaft dar. Insoweit handelt es sich bei den Kohlefragen sicherlich nicht nur um ein deutsches oder britisches Problem, sondern auch um ein Problem der Gemeinschaft. Die Bundesregierung wird sich dafür einsetzen, daß die Kommission und der Rat schnell die notwendigen und möglichen Maßnahmen prüfen. Bisher ist die Gemeinsamkeit in der Kohlepolitik leider nur relativ schwach ausgeprägt. Die wichtigsten Klammern stellen eine gemeinschaftliche Beihilferegelung für Kohle insgesamt und eine gemeinsame Kokskohlenregelung dar. Letztere ist Ende vergangenen Jahres ausgelaufen. Wir hoffen sehr, daß der Ministerrat am 22. Mai dieses Jahres eine Neuregelung einschließlich einer Beteiligung der Gemeinschaft beschließen wird.
Bitte, Herr Kollege, eine Zusatzfrage!
Stahl ({0}) ({1}) Herr Staatssekretär, sind von Ihrem Hause aus Vorstellungen und Pläne entwickelt worden, um künftig eine bessere Versorgung speziell in diesem Bereich zu gewährleisten?
Herr Kollege, konkret zur Diskussion steht gegenwärtig, wie bereits erwähnt, der Vorschlag der Kommission für eine gemeinschaftliche Kokskohlen-Beihilferegelung. Dabei geht es um die Unterstützung des Einsatzes von jährlich rund 68 Millionen Tonnen Gemeinschaftskohle -und zwar vor allem deutscher Kohle - in der Eisen- und Stahlindustrie der Gemeinschaft. Wie erwähnt, ist die bisherige Regelung am 31. Dezember 1972 ausgelaufen. Unsere Bemühungen gehen in die Richtung, diese Regelung zu verlängern. Allerdings konnte bisher über eine Neuregelung noch keine Einigkeit erzielt werden. Wir hoffen nun auf einen Erfolg bei der erwähnten Ministerratssitzung am 22. Mai.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Chancen, bei der künftigen Verhandlung dieses Problem für unsere Kohle etwas günstiger lösen zu können?
Wir beurteilen diese Möglichkeiten insgesamt optimistisch, weil wir der Meinung sind, daß die Tatsache, daß hier eine gemeinschaftliche Energiequelle vorliegt, auch diejenigen überzeugen wird, die bisher einer solchen Gemeinschaftsregelung nur zögernd gegenübergestanden haben.
Frage 64 des Abgeordneten Wurche wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf.
Die Frage 65 des Abgeordneten Dr. Evers wird schriftlich beantwortet, Frage 66 ebenfalls. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Frage 67 des Herrn Abgeordneten Dr. Kunz ({0}) :
Welche Überlegungen stellt die Bundesregierung angesichts der zu erwartenden weiteren Überschüsse auf dem Milchmarkt an, und wieweit bestehen Konzeptionen in Hinsicht auf eine langfristige Regelung?
Herr Kollege Kunz, die Überschüsse auf dem Milch- und Buttermarkt stellen ein Problem der Europäischen Gemeinschaften dar, das nur durch gemeinschaftliche Maßnahmen gelöst werden kann. Die Bundesregierung hat bei dem Beschluß in Luxemburg für das Wirtschaftsjahr 1973/74 darauf hingearbeitet, daß Maßnahmen zur Verbesserung des Absatzes, z. B. Senkung des Butterpreises und Sonderabsatzmaßnahmen, ebenso wie Maßnahmen zur Einschränkung der Produktion, z. B. eine Nichtvermarktungsprämie, getroffen wurden. Darüber hinaus hat die Bundesregierung im Rat gefordert, daß umgehend über eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik beraten und hierbei insbesondere auch geprüft wird, mit welchen Mitteln die Überschußproduktion bei einigen Agrarprodukten beseitigt werden kann. Ich darf in diesem Zusammenhang auf Punkt 21 des zweiten Stabilitätsprogramms der Bundesregierung vom 9. Mai 1973 verweisen. Im Rahmen dieser Arbeiten prüft die Bundesregierung unter Beteiligung der Wissenschaft und der Wirtschaft zur Zeit Möglichkeiten für ein in der Gemeinschaft zu verwirklichendes Konzept.
Zusatzfrage? - Bitte sehr.
Herr Bundesminister, worin sehen Sie die Ursachen für die unterschiedliche Entwicklung und für den unterschiedlichen Anstieg der Milchproduktion in den einzelnen EG-Ländern, und welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung aus dieser Tatsache für die deutsche Landwirtschaft zu ziehen?
Herr Kollege Kunz, zunächst muß festgehalten werden, daß es sich infolge der eingeleiteten EWG-Agrarpolitik immer, wenn solche Probleme anstehen, um gemeinsame Probleme handelt. Es gibt also hier nicht nationale Probleme.
Die Ursachen sind sicherlich darin zu sehen, daß sich insgesamt in der Gemeinschaft der Trend zu einer Intensivierung der Milchwirtschaft bemerkbar macht und daß sich daraus natürlich höhere Produktionen ableiten. Das ist ein Aspekt. Der zweite Aspekt liegt sicherlich darin, daß es nicht gelungen ist, im gleichen Umfange neue oder verbesserte Absatzmöglichkeiten für Milch und Milchprodukte zu finden. Das gilt insbesondere für das so sehr empfindliche Produkt Butter, das im letzten Jahr insgesamt sogar einen Rückgang im Absatz zu verzeichnen hatte.
Noch eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Bundesminister, sehen Sie die Ursache dafür, daß sich hier eine unterschiedliche Entwicklung anbahnt, nicht darin, daß sich die Kostenstruktur in der deutschen Landwirtschaft wesentlich ungünstiger entwickelt hat als in den anderen Ländern?
Herr Kollege Kunz, wenn die Annahme in Ihrer Frage richtig wäre, dann müßten wir einen Rückgang der Produktion haben. Auch wir in der Bundesrepublik haben eine Zunahme der Produktion. Zugegebenermaßen ist die Zunahme der Produktion in der Bundesrepublik nicht so hoch wie beispielsweise in Frankreich. Das liegt aber wiederum auf einem ganz anderen Gebiet. Die französische Produktion befindet sich noch in einer Phase starker Entwicklung. Sie brauchen sich nur einmal eine Länderstatistik anzusehen. Dann werden Sie feststellen, daß Frankreich bis vor kurzem noch Durchschnittsleistungen unter 3 000 1 je Kuh hatte, während wir im letzten Jahr - bitte nageln Sie mich nicht auf 100 kg fest - Durchschnittsleistungen zwischen 3 700 und 3 900 kg hatten. Angesichts der modernen Entwicklung der Landwirtschaft, die sich zwangsläufig auch in Frankreich abzeichnet, können Sie allein schon aus diesen beiden Zahlen sehen, wie groß der Spielraum für die französische Landwirtschaft ist.
Was die Kostensituation angeht, brauchen Sie wiederum nur die Statistik nachzulesen. Da werden Sie feststellen, daß z. B. die Kostensituation in Frankreich durchaus nicht ohne Probleme ist und daß z. B. die Inflationsrate in Frankreich höher ist als in der Bundesrepublik.
Eine Zusatzfrage, bitte.
Herr Minister, sind Sie mit mit einig, daß die beste Lösung des Butterüberschußproblems eine verstärkte Förderung der Fleischproduktion wäre? Sie sprachen selber die Nichtvermarktungsprämie an. Wie haben Sie bei den Verhandlungen im Ministerrat zulassen können, daß nur Bestände von über 11 Kühen in diese Maßnahme einbezogen werden, und wie haben Sie zulassen können, daß die Beihilfe für die Verfütterung von Magermilchpulver und Flüssigmagermilch niedriger ist als die Anhebung des Interventionspreises für Magermilchpulver? Beide Maßnahmen, besser gestaltet, hätten die Fleischproduktion mehr gefördert. - Ich bitte um Entschuldigung für den letzten Satz.
Außerdem waren das zwei Zusatzfragen.
Herr Kollege Eigen, zunächst bin ich nicht Oberbefehlshaber der EWG, und ich habe nichts zuzulassen, sondern ich habe dort als Kollege unter Kollegen zu verhandeln. Es erscheint mir ganz wichtig, hier in diesem Hause einmal festzustellen, daß man im Ministerrat von Kollege zu Kollegen verhandelt und nicht Befehle austeilt; deshalb kann man auch keine Zulassung erteilen. Das erscheint mir sehr wesentlich. Das ist nämlich die Folge der Agrarpolitik, die z. B. auch die Opposition in diesem
Hause mit zu verantworten hat. Damit es hier keine Irrtümer gibt, muß das einmal gesagt werden.
({0})
Zweiter Punkt: Wir haben die Nichtvermarktungsprämie beschlossen. Hier sind Sie offensichtlich nicht richtig informiert; aber ich hole das gern nach, verehrter Herr Kollege. Es können regionale Ausnahmen in der Größenordnung bis zu fünf Kühen gemacht werden. Das ist wiederum auf deutschen Antrag hin geschehen, und zwar durch Überzeugung und nicht in der Form, daß etwas zugelassen wurde.
Dritter Punkt: Über die Frage Magermilchpulver läßt sich diskutieren. Aber wie Sie wissen, gibt es hier nur einen Interessenausgleich in Form eines Kompromisses. In diesem Zusammenhang ist der betreffende Beschluß zu vertreten und auch gar nicht schädlich.
Im übrigen bin ich der Auffassung, daß sich nur für wenige Teile der Bundesrepublik Deutschland die Voraussetzungen für eine ausschließliche Orientierung zur Fleischviehhaltung hin bieten.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde angelangt. Danke, Herr Bundesminister.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein für Donnerstag, den 17. Mai 1973, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.