Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Überwelsung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Mitteilung der Kommission an den Rat über eine Nahrungsmittelsoforthilfe zugunsten der Zivilbevölkerung der WestSahara durch Einschaltung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ({0})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1}), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({2}) des Rates zur Änderung des Anhangs IV der Verordnung ({3}) Nr. 816/70 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Wein und zur Änderung des Gemeinsamen Zolltarifs in bezug auf die bei den Weinzollsätzen anzuwendenden Wechselkurse ({4})
überwiesen an den Wirtschaftsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung der Kommission an den Rat betr. Erneuerung des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für die Palästinaflüchtlinge ({5})
betr. Änderung des mit der UNRWA am 18. Dezember 1972 geschlossenen Abkommens ({6})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({7}), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Empfehlung der Kommission für eine Verordnung des Rates betr. Abschluß eines Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Malaysia über den Handel mit Textilerzeugnissen ({8})
überwiesen an den Wirtschaftsausschuß ({9}), Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({10}) des Rates zur Änderung des in der Landwirtschaft anzuwendenden Umrechnungskurses für den französischen Franken ({11})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Mitteilung der Kommission an den Rat betreffend eine Nahrungsmittelsoforthilfe zugunsten von Angola und der nach Zaire geflüchteten angolanischen Bevölkerung ({12})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Meine Damen und Herren, nach der Feststellung des amtierenden Präsidenten von gestern abend beginnen wir heute früh, wie ursprünglich vorgesehen, mit Punkt 20 der Tagesordnung.
Ich rufe also Punkt 20 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Berufsbildungsgesetzes ({13})
- Drucksachen 7/3714, 7/3732 -
aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({14}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 7/4961 -
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Althammer
bb) Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft ({15})
- Drucksachen 7/4949, 7/4976 - Berichterstatter:
Abgeordneter Engholm
Abgeordneter Dr. Gölter
Abgeordneter Schedl
Abgeordnete Frau Schuchardt Abgeordneter Wüster
({16})
b) Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes
- Drucksache 7/4574 -
aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({17}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 7/4961 -
Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Althammer
bb) Bericht und Antrag des Ausschussees "für Bildung und Wissenschaft ({18})
- Drucksachen 7/4949, 7/4976 -Berichterstatter:
Abgeordneter Engholm
Abgeordneter Dr. Gölter
Abgeordneter Schedl
Abgeordnete Frau Schuchardt Abgeordneter Wüster
({19})
Vizepräsident Dr. Jaeger
c) Zweite Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes
- Drucksachen 7/4823, 7/4937 -
aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({20}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 7/4961 -
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Althammer
bb) Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft ({21})
- Drucksachen 7/4949, 7/4976 - Berichterstatter:
Abgeordneter Engholm
Abgeordneter Dr. Gölter
Abgeordneter Schedl Abgeordnete Frau Schuchardt
Abgeordneter Wüster
({22})
Ich danke den zahlreichen Berichterstattern für ihre Vorlagen und frage, ob noch eine mündliche Ergänzung veranlaßt ist. - Das ist nicht der Fall.
Dann komme ich zur zweiten Beratung. Ich habe die Frage, ob die zweite Beratung mit einer allgemeinen Aussprache eröffnet werden soll.
({23})
- Dann eröffne ich die allgemeine Aussprache. Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Wüster.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Generalkonferenz der Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen hat auf ihrer 18. Tagung in Paris eine wichtige Empfehlung zur beruflichen Bildung verabschiedet. Dort heißt es:
Der rasche Wandel der Technologie und Bildung innerhalb des letzten Jahrzehnts macht neue schöpferische und wirksame Anstrengungen in der beruflichen Bildung erforderlich, um die Bildung insgesamt zum Zwecke der sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen Entwicklung zu verbessern.
Der heute in zweiter und dritter Lesung zu verabschiedende Entwurf eines Berufsbildungsgesetzes trägt diesen Forderungen Rechnung. Die Bildungsbedürfnisse der 1,3 Millionen Jugendlichen in der Berufsausbildung, ihr berechtigter Anspruch auf eine Bildung, die Chancengleichheit ermöglicht, wurden bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Die Bildungspolitik hat sich in verengender Sicht bisher hauptsächlich mit Fragen des Schul- und Hochschulwesens befaßt. In diesem Bereich fanden die großen Investionen statt, nun muß die berufliche Bildung aus dem Schattendasein der allgemeinen Bildungs- und Gesellschaftspolitik herausgebracht werden. Das ist für Sozialdemokraten durchaus keine neue Forderung. Wir sind immer für eine optimale Förderung der Begabungen und Interessen aller Jugendlichen und Erwachsenen in allen Bereichen des Bildungswesens eingetreten. Hinzu kommt die wesentliche Funktion beruflicher Bildung: Mobilität und Flexibilität zu stärken, die Voraussetzungen der Anforderungen einer modernen Industriegesellschaft zu erfüllen und gleichzeitig die sozialen Chancen des einzelnen zu verbessern.
Die sozialliberale Koalition hat der beruflichen Bildung deshalb besondere Präferenz eingeräumt und sie als eine wichtige Aufgabe herausgestellt, die der Staat nicht den Zufälligkeiten regionaler Wirtschaftsstrukturen und den privatwirtschaftlichen Interessen einzelner Betriebe oder Verbände allein überlassen darf.
({0})
Das Berufsbildungsgesetz von 1969 war zwar ein Fortschritt, es war aber, wie sich erwiesen hat, nicht geeignet, die uns bekannten Probleme der Berufsbildung zu lösen. Dieses Gesetz ist hauptsächlich an wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Grundsätzen ausgerichtet. Es enthält deshalb auch erhebliche bildungspolitische Mängel. Eine Novellierung dieses Gesetzes reicht nicht aus und kann für uns deshalb auch nicht in Frage kommen. Der vorliegende Entwurf enthält demgegenüber eine völlig neue bildungspolitische Konzeption.
Bei unseren Beratungen haben wir uns von zwei Hauptgesichtspunkten leiten lassen. Erstens. Das Angebot an qualifizierten betrieblichen Ausbildungsplätzen soll gesichert und verstärkt werden. Zweitens. Die Ausbildung in Betrieb und Berufsschule muß als gleichberechtigter Teil des Bildungswesens verbessert und durch ein offenes System beruflicher Weiterbildung ergänzt werden.
Meine Damen und Herren, im Rahmen dieser Zielsetzung liegen auch die in den Ausschußberatungen beschlossenen Änderungen des Regierungsentwurfes. Mit ihnen wurden vor allem die Ergebnisse des Anhörungsverfahrens, die Anträge des Bundesrates, die Anregungen sogar der Opposition im ersten Durchgang der Ausschußberatungen und auch die Ergebnisse vieler Gespräche der Koalitionsabgeordneten mit allen Beteiligten, verwertet. Die von uns vorgenommenen Änderungen sollen im wesentlichen die Praktikabilität des Gesetzes für die ausbildenden Betriebe und die mit der Durchführung des Gesetzes befaßte Verwaltung verbessern und den Aufwand vertretbar reduzieren.
Wenn ich kurz auf die wesentlichen Schwerpunkte und die Grundzüge des Ihnen vorliegenden Gesetzentwurfes eingehen darf, so lassen Sie mich folgendes sagen. Erstens. Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne: Ausgehend von der grundlegenden Entscheidung, daß sich auch künftig die berufliche Bildung in Betrieb und Schule vollziehen wird, führt der Entwurf die erforderlichen Instrumente ein, damit die Partner im dualen System so weit wie möglich zusammenarbeiten und ihre bildungspolitischen Aktivitäten gegenseitig zur Kenntnis nehmen und
auch berücksichtigen. Konkret bedeutet dies, Ausbildungsordnungen und schulische Rahmenlehrpläne miteinander abzustimmen.
Der Entwurf enthält die notwendigen Voraussetzungen, um die Qualität der Ausbildung kontinuierlich zu verbessern. Hierzu tragen vor allen Dingen einmal die generelle Gliederung der Ausbildungsordnungen in eine breit angelegte Grundbildung und eine darauf aufbauende Fachbildung sowie zum anderen die Möglichkeit bei, in den einzelnen Ausbildungsordnungen den Ausbildungsinhalt zu stuf en und die besonderen Bedingungen einzelner Ausbildungsstätten hinreichend zu berücksichtigen.
Zweitens. Prüfungswesen: Der Entwurf fördert auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und pädagogische Erfahrungen ein flexibleres Prüfungssystem. Er ermöglicht auch die Einführung neuer Formen der Leistungsbeurteilung und die Anrechnung von Prüfungsleistungen, die im Schulsystem erbracht wurden. Die vom Ausschuß beschlossenen Änderungen sorgen für eine leichte Handhabung der Anrechnungsmöglichkeiten, weil sie differenzierter gestaltet wurden. Die zwingende Anrechnung haben wir nur für typische Tatbestände festgelegt.
Drittens. Vertragsrecht: Der Entwurf stellt differenzierte Kooperationsformen für die Beteiligungen mehrerer Ausbildungsbetriebe hinsichtlich der Ausbildung zur Verfügung. Damit soll die Zusammenarbeit mehrerer Betriebe in der Berufsausbildung - wie sie auch vom Deutschen Industrie- und Handelstag gefordert wird - ermöglicht werden. Das Ausbildungsplatzangebot - insbesondere in regional oder sektoral schwach strukturierten Gebieten - wird dadurch erweitert, daß auch Ausbildungsstätten, die nur Teile eines Ausbildungsganges vermitteln können, in Kooperation mit anderen Ausbildungsstätten ausbilden können.
Viertens. Berufliche Weiterbildung: Der Entwurf sieht im Bereich der beruflichen Weiterbildung abgestufte Regelungen vor, die zu einem offenen und anpassungsfähigen System beruflicher Weiterbildung als notwendiger Ergänzung der Berufsausbildung im Sinne des lebenslangen Lernens führen. Er sieht im wesentlichen drei Regelungsmöglichkeiten vor:
Weiterbildungseinrichtungen können beantragen, daß von ihnen freiwillig durchgeführte Weiterbildung als geeignet anerkannt wird. Das ist das sogenannte Gütesiegelverfahren.
Die zuständigen Stellen können heute schon im Bereich der beruflichen Weiterbildung eigene Prüfungen durchführen. Diese Prüfungen sollen sowohl dem regionalen Bedarf als auch der Erprobung neuer Weiterbildungsmaßnahmen dienen.
Durch Rechtsverordnung können Weiterbildungsberufe und -ordnungen anerkannt werden. Diese Regelungsmöglichkeit wird hauptsächlich für länger dauernde, dem beruflichen Aufstieg dienende Weiterbildungnsmaßnahmen in Betracht kommen.
In den Ausschußberatungen ist - Anregungen im Anhörungsverfahrend folgend - das Gütesiegelverfahren auf Maßnahmen von mindestens 50stündiger Dauer begrenzt worden. Damit kommen von den zur Zeit durchgeführten Weiterbildungsmaßnahmen nur noch ca. 20 % für dieses Verfahren in Betracht. Die große Zahl der innerbetrieblichen sogenannten Anpassungsweiterbildungsmaßnahmen bleibt also völlig unberührt.
Fünftens. Aufgabe und Stellung der Ausbilder: Der Entwurf trägt deutlicher als das geltende Berufsbildungsgesetz der Tatsache Rechnung, daß für die Weiterentwicklung der Berufsausbildung das Engagement und die Qualifikation der Ausbilder wesentliche Voraussetzungen sind. Ausgehend von den heute geltenden Eignungsbestimmungen haben wir Instrumente vorgesehen, die Ausbilderqualifikation kontinuierlich den Entwicklungen in Wirtschaft und Technik anzupassen. Die besondere Verantwortung des Ausbilders für die betriebliche Berufsausbildung wird auch ausdrücklich anerkannt. Der Ausbilder soll an der Planung der Ausbildung mitwirken und im Rahmen seiner Aufgaben für die Durchführung der Ausbildungsmaßnahmen auch voll verantwortlich sein. Die Betriebe werden verpflichtet, dem Ausbilder die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. In den Ausschußberatungen ist besonderer Wert darauf gelegt worden, die Mitwirkungsmöglichkeiten in der Berufsausbildung zugunsten erfahrener Praktiker zu erweitern, die Gleichstellungsmöglichkeiten sonstiger Prüfungen mit den Ausbilderprüfungen zu verbessern und Übergangsvorschriften zugunsten bereits heute tätiger Ausbilder zu lockern.
Sechstens. Berufliche Bildung Behinderter: Der Bildungsanspruch auch der Behinderten lag uns besonders am Herzen. Er wird dadurch gesichert, daß soweit wie möglich der Zugang zu staatlich verordneten Ausbildungsberufen auch geöffnet wird. Zugleich werden die speziellen Bedürfnisse und Notwendigkeiten dieser Personengruppe im Hinblick auf die Ausbildungsinhalte, das Ausbildungsniveau, die Art der Ausbildungsstätten und die Vertragsgestaltung berücksichtigt. Ebenso werden durch besondere Anforderungen an die Ausbildungsstätten und das Ausbildungspersonal sowie durch die Möglichkeit, behindertengerechte Ausbildungswege zu ordnen, die Voraussetzungen geschaffen, den Behinderten auf Dauer in Beruf und Gesellschaft einzugliedern.
Siebentens. Planung und Statistik: Zur Zeit sind keine Instrumente vorhanden, um die qualitativen und quantitativen Entwicklungen im Bereich der beruflichen Bildung zu erkennen. Ein frühzeitiges Handeln aller Beteiligten ist deshalb auch nicht möglich. Der Entwurf führt eine amtliche Statistik ein, die von den statistischen Ämtern in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen erhoben werden.
Er verpflichtet den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, jährlich einen Berufsbildungsbericht vorzulegen. Dieser Bericht soll die mit Hilfe der Berufsbildungsstatistik erhobenen Daten über die Entwicklung der beruflichen Bildung insgesamt, sowie in den einzelnen Regionen und Wirtschaftsbereichen auch für alle Beteiligten, aufbereiten. Bei
drohender Fehlentwicklung im Ausbildungsplatzangebot müssen konkrete Vorschläge für die notwendigen Maßnahmen gemacht werden.
In den Ausschußberatungen haben wir die jeweiligen Datenschuldner eindeutig festgelegt. Dabei wurden die Erhebungen über die Zahl der nicht besetzten Ausbildungsplätze und die Zahl der Nachfragenden auf solche Daten beschränkt, die bei der Bundesanstalt für Arbeit ohnehin bereits verfügbar sind. Weiterhin wurde der Katalog der Erhebungstatbestände im statistischen Teil des Entwurfs erheblich reduziert. Wir haben sechs Tatbestände und einen Erhebungsbereich gestrichen und zwei Tatbestände eingeschränkt.
Achtens. Finanzierung: Die Bundesregierung hat die von der Sachverständigenkommission „Kosten und Finanzierung der beruflichen Bildung" vorgeschlagene umfassende Fondslösung für die Dauerfinanzierung der Berufsausbildung wegen des hohen Finanzvolumens - in 1975 wären es 7 Milliarden DM gewesen - nicht übernommen. Auch die möglichen volkswirtschaftlichen Auswirkungen und der erhebliche Verwaltungsaufwand spielten bei dieser Betrachtung eine Rolle. Dafür sieht der von der sozialliberalen Koalition gefundene Finanzierungskompromiß ein Konzept vor, das primär der Sicherung eines ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes dient und nur dann eingesetzt wird, wenn es zu nicht vertretbaren Störungen im Angebot an Ausbildungsplätzen kommen sollte. Wenn also das Gesamtangebot die Gesamtnachfrage nach Ausbildungsplätzen weniger als 12,5 % übersteigt, wird für alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber mit einer Lohn- und Gehaltssumme von über 400 000 DM jährlich durch Rechtsverordnung eine Berufsausbildungsabgabe eingeführt. Aus dieser Abgabe können Zuschüsse für zusätzlich angebotene Ausbildungsplätze und Hilfen für gefährdete Ausbildungsplätze geleistet werden. Außerdem können alle Betriebe, die einen Ausbildungsplatz anbieten, auch wenn sie ihr Angebot nicht vermehren, Zuschüsse erhalten.
In den Ausschußberatungen haben wir ergänzende Vorschriften aufgenommen, um eine tarifvertraglich vereinbarte Regelung - wie sie z. B. für den Bereich der Bauwirtschaft vorliegt - mit den Finanzierungsregelungen des Gesetzentwurfes zu harmonisieren. Die Finanzierungsregelungen sollen regionale Engpässe ausgleichen und den Jugendlichen eine begrenzte Berufsausbildungswahl ermöglichen.
Neuntens. Organisation: Es wird eine Organisation geschaffen, die die Verantwortung der Beteiligten und die öffentliche Verantwortung zur Ordnung und Durchführung der beruflichen Bildung miteinander verbindet. Entscheidungsprozesse werden erleichtert, und eine bessere Abstimmung zwischen Staat und Wirtschaft, Schule und Betrieb, erreicht. Die vielfältigen Zuständigkeiten und die Gremien auf Bundesebene werden in dem neuen Bundesinstitut für Berufsausbildung zusammengeführt. Im Hauptausschuß des Berufsinstitutes sind Bund und Ländern die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer, gleichberechtigt beteiligt.
In den Fachausschüssen werden zusätzlich Lehrer, Ausbilder und Auszubildende einbezogen. Vertreter
der Opposition haben versucht, bezüglich der Berufsschullehrer gegen die Regierungsvorlage Widerstand zu mobilisieren, indem sie auf die angeblich fehlenden Mitwirkungsmöglichkeiten der Lehrer verwiesen. Ich stelle dazu eindeutig fest: Die Lehrer, sowohl im Bundesinstitut als auch auf der Kammerebene, können aus rechtlichen Gründen nicht wie die Tarifpartner oder die Vertretung des Staates behandelt werden. Auch Ihre Novelle beweist das, meine Damen und Herren von der CDU/CSU: Zwar werden den Lehrern auf dem Papier Mitbestimmungsrechte eingeräumt; dafür haben aber die entsprechenden Ausschüsse konsequenterweise nichts mehr zu sagen, sondern werden nach meiner Meinung zu reinen Debattierklubs. Wir dagegen bauen den fachlichen Rat der Lehrer an den richtigen Stellen auf allen Ebenen ein. Wir haben das getan, um auch berechtigte Forderungen der Berufsschullehrer zu erfüllen.
Auf Landesebene wird die Aufgabenstellung der Ausschüsse erweitert. Vor allem wird die heute nahezu fehlende Abstimmung zwischen wirtschaftlicher, arbeitsmarkt- und berufspolitischer Entwicklung in die Aufgabenstellung der Ausschüsse einbezogen. Bei den zuständigen Stellen werden die Aufgaben und Rechte der Berufsausbildungsausschüsse gestärkt. Außerdem erfolgt eine Gleichstellung der Prüfungsausschüsse mit allen übrigen Ausschüssen im Bildungswesen als staatliche Ausschüsse, ohne daß sich deren Zusammensetzung aus Praktikern von Schule und Betrieb grundsätzlich etwas ändert.
Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Ich hoffe, hinreichend belegt zu haben, daß für die Sozialdemokraten eine Novellierung des 69er-Gesetzes nicht in Frage kommen kann. Ihre Novellen aus Bundesrat und Bundestag, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union, sind doch äußerst enttäuschend sowohl für die Jugendlichen als auch für deren Eltern.
({1})
Diese Ihre Doppelzeugung führte zur Geburt siamesischer Zwillinge, Herr Stücklen, die im Brutkasten des Wahlkampfes kaum Lebensfähigkeit erlangen dürften. Jedenfalls ist dieses Produkt so kurzatmig, daß Fachleute seinen Garaus zum 3. Oktober voraussagen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Pfeifer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir führen diese Debatte um das Berufsbildungsgesetz zu einer Zeit, die gekennzeichnet ist durch Schlagworte wie Jugendarbeitslosigkeit, Jugendliche ohne Ausbildungsstelle, ausgebildete Jugendliche ohne adäquaten Arbeitsplatz, die aber auch gekennzeichnet ist durch Probleme wie Numerus clausus, stellungslose Lehrer trotz Lehrerbedarfs vor allem in den Berufsschulen und rückläufige Berufschancen für die Hochschulabsolventen.
Dies alles steht untereinander in einem engen Zusammenhang und macht zunächst einmal eines deutlich, womit ich meinen Debattenbeitrag beginnen will: Viele junge Menschen sehen sich heute in ihren Lebens-, Berufs- und Zukunftschancen enttäuscht. Sie stehen, was ihren späteren Berufs- und Lebensweg angeht, zunehmend vor verschlossenen Türen. Dies ist die nüchterne Bilanz der Bildungspolitik dieser Regierung.
({0})
Jugendarbeitslosigkeit, drohender Mangel an Ausbildungsplätzen, stellungslose Lehrer, rückläufige Berufschancen für Hochschulabsolventen - meine Damen und Herren, dies alles waren in unserem Lande im Jahre 1969 keine Probleme.
({1})
Dies ist alles erst zum Problem geworden unter der Regierungsverantwortung der derzeitigen Regierungskoalition.
({2})
Wer sich zurückerinnert, mit welchen Erwartungen 1969 und 1972 junge Menschen in diesem Lande auf die Koalitionsparteien gesetzt haben, der kann meiner Feststellung nicht widersprechen,
({3})
daß zu keiner Zeit in der vergangenen 30 Jahren die junge Generation durch Partei- und Regierungsprogramme so geblendet und enttäuscht worden ist wie in diesen letzten Jahren.
({4})
Ich sage dies zu Beginn dieser Debatte, um eines hinzuzufügen: SPD und FDP haben im Wahlkampf von Baden-Württemberg so getan, als müsse man nur das von ihnen vorgelegte Berufsbildungsgesetz verabschieden und den dent vorgeschlagenen Ordnungs- und Finanzierungsmechanismus in Kraft setzen, und schon seien entscheidende Voraussetzungen zur Überwindung von Jugendarbeitslosigkeit und Lehrstellenmangel in die Wege geleitet.
({5})
Es wird sich zeigen, ob auch die Bundesregierung - so, wie es eben der Herr Kollege Wüster getan hat - in den nächsten Monaten diese Argumentation übernehmen wird.
Aber eines ist sicher: Wer so argumentiert, blendet und täuscht die jungen Menschen erneut. Wahlerfolge bringt dies allerdings, wie Baden-Württemberg zeigt, nicht; denn eine solche Argumentation entspricht am wenigsten dem Maßstab, den junge Menschen zu Recht besonders hoch anlegen,
({6}) nämlich dem Maßstab der Glaubwürdigkeit.
({7})
Und in ihrer Glaubwürdigkeit ist am meisten die Bildungspolitik der derzeitigen Bundesregierung erschüttert.
({8})
Meine Damen und Herren, die Jugendarbeitslosigkeit hat gewiß viele Gründe. Sie hat vor allem konjunkturelle und strukturelle Ursachen. Nicht eine dieser Ursachen wird durch dieses Gesetz beseitigt oder abgemindert werden können. Dazu vier Bemerkungen.
Erstens. Jugendarbeitslosigkeit ist in erster Linie ein konjunkturelles, im Gefolge der insgesamt hohen Arbeitslosigkeit entstandenes Problem.
({9})
Das heißt, Jugendarbeitslosigkeit läßt sich zu einem beträchtlichen Teil nur durch einen wirtschaftlichen Aufschwung von Dauer beseitigen.
({10})
Genau dazu trägt dieses Gesetz nicht bei, kann es nicht beitragen.
({11})
Ganz im Gegenteil: Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Koalition, wurde doch in der Bundestagsanhörung vom September letzten Jahres vorgehalten, daß dieser Gesetzentwurf, würde er Gesetz, neue zusätzliche Belastungen in Milliardenhöhe für die gewerbliche Wirtschaft, vor allem für den Mittelstand, mit sich brächte. Diese zusätzliche Kostenbelastung kann sich aber doch nur negativ beispielsweise auf die Investitionsbereitschaft auswirken. Sie wird angesichts der nach wie vor unsicheren Wirtschaftslage eher in manchen Bereichen bestehende Arbeits- und Ausbildungsplätze gefährden.
Ich frage mich . eigentlich seit jenem . Hearing im Herbst letzten Jahres immer wieder, wann endlid der Bundeswirtschaftsminister und seine Partei diesen beabsichtigten zusätzlichen finanziellen Belastungen für die mittelständische Wirtschaft, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, entgegentreten wollen; denn diese Belastungen passen doch gewiß nicht in die gegenwärtige konjunkturelle Landschaft. Heute diesem Berufsbildungsgesetz zuzustimmen und dann über das Wochenende in Sonntagsreden wieder von notwendigen Entlastungen für die mittelständische Wirtschaft zu sprechen, paßt beim besten Willen nicht zusammen.
({12})
Zweitens. Die Jugendarbeitslosigkeit hat strukturelle Ursachen. Auch diese lösen Sie mit diesem Gesetz nicht. Im Gegenteil, der zusätzliche bürokratische Aufwand und die komplizierte inhaltliche Reglementierung dieses Gesetzes
({13})
werden sich verheerend negativ auf die notwendigen strukturellen Veränderungen und Anpassungsprozesse in der Wirtschaft auswirken. Herr
Möllemann, auch dies hat man Ihnen im Hearing detailliert nachgewiesen.
({14})
Es wäre an der Zeit, daß Sie endlich einmal dazu argumentierten und darstellten, warum das nicht so ist.
({15})
Drittens. Zur Minderung der Jugendarbeitslosigkeit kann deshalb nicht dieses Gesetz, sondern nur - wie einige Länder im Jahre 1975 nachgewiesen haben - ein konsequentes Dringlichkeitsprogramm schnell und wirksam helfen. Allein in Baden-Württemberg sind im letzten Jahr mit einem gezielten Programm dieser Art für mehrere tausend Jugendliche Arbeits- und Ausbildungsplätze neu geschaffen oder gefährdete Arbeits- und Ausbildungsplätze erhalten worden.
Seit dem 31. Januar 1975 schlagen wir hier im Bundestag ein ähnliches Programm auch der Bundesregierung vor. Aber wie haben Sie darauf reagiert? Sie sind allen unseren Initiativen dieser Art entgegengetreten. Der Parlamentarische Staatssekretär Buschfort erklärte beispielsweise am 23. April 1975 vor dem Wirtschaftsausschuß, daß konkrete Maßnahmen für die Einrichtung eines Dringlichkeitsprogramms zur Überwindung des Lehrstellenmangels und zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit nicht notwendig seien. Er bat ausdrücklich, von einem Sonderprogramm Abstand zu nehmen. Meine Damen und Herren, dies ist für mich auch heute noch ein völlig unbegreiflicher Vorgang.
({16})
Wenn sich die Bundesregierung jetzt, im Januar 1976, endlich zu einem Dringlichkeitsprogramm entschlossen hat, ist das für die jungen Menschen in diesem Lande, die Arbeitsplätze wollen, eben ein Jahr zu spät geschehen.
({17})
Aber warum hat es denn ein Jahr gedauert, ehe die Bundesregierung überhaupt dem Gedanken für ein solches Dringlichkeitsprogramm nähergetreten ist? Wir wissen doch, daß es auch in der Koalition Kollegen gegeben hat, die schon seit fünfzehn Monaten an ein solches Dringlichkeitsprogramm denken. Es kam nicht zustande, weil der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft ein solches Programm nicht wollte.
({18})
Er hat sich bis in den Januar 1976 gegen ein solches Programm gewehrt. Das legt doch den Verdacht nahe, daß der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hoffte, aus der sich für die jungen Menschen zuspitzenden Situation eine Position gewinnen zu können, in der er - vor allem im Wahljahr - der Union die Zustimmung zu diesem Berufsbildungsgesetz glaubte abpressen zu können. Ein solches taktisches Spiel auf dem Rücken der jungen
Menschen und zu Lasten des dualen Ausbildungssystems halte ich für nicht verantwortbar.
({19})
Aber noch unbegreiflicher ist mir, daß die FDP, in
der viele Kollegen es besser gewußt haben, dieses
taktische Spiel bis zum Januar 1976 mitgespielt hat.
({20})
Viertens. Schließlich eine grundsätzliche Berner-kung zur gegenwärtigen Jugendarbeitslosigkeit. Meine Damen und Herren, es fällt auf, daß sechs von zehn Arbeitslosen in der Bundesrepublik keine abgeschlossene Berufsausbildung haben. Bei den jugendlichen Arbeitslosen liegt dieser Anteil sogar mit 70 % noch wesentlich höher. Jugendliche ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind also im Falle einer Krise besonders von der Arbeitslosigkeit betroffen. Dies heißt aber doch, daß es besser gewesen wäre, wenn sich die Bildungspolitik der Bundesregierung in den letzten Jahren mehr darauf konzentriert hätte, einer größeren Zahl junger Menschen zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung zu verhelfen, statt, wie im Bildungsbericht 1970 vorgeschlagen, die Zahl und den Anteil der Abiturienten in einer im Interesse der jungen Menschen nicht. mehr zu verantwortenden Weise zu steigern.
({21})
Einerseits die Abiturientenquote als nahezu alleinigen Maßstab für die Qualität des Bildungswesens zu nehmen, andererseits jahrelang berufliche Bildung und etwa auch die Hauptschule zu vernachlässigen,
({22})
dies offenbart doch schonungslos die falsche Symmetrie, in der sich die Bildungspolitik dieser Bundesregierung bewegt.
({23})
Diese falsche Symmetrie ändern Sie nicht mit diesem neuen Berufsbildungsgesetz;
({24})
diese ändern Sie nur mit einer grundlegenden Kurskorrektur in der gesamten Bildungspolitik.
({25})
Meine Damen und Herren, nun haben wir ja mit Genugtuung festgestellt, daß der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft inzwischen auch sagt, was der hier anwesende Kultusminister von Rheinland-Pfalz schon vor Jahren formuliert hat, nämlich daß die Hauptschule wieder zur Hauptsache werden muß. Inzwischen spricht auch der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft von der Gleichwertigkeit und der Gleichrangigkeit der beruflichen Bildung, fordert den Ausbau der Berufsschulen und beklagt, daß trotz Lehrermangels ausgebildete BerufsschulPfeifer
lehrer ohne Anstellung bleiben. Aber, meine Damen und Herren, es ist doch geradezu grotesk, wenn dann zur gleichen Zeit hier ein Gesetz verabschiedet wird, für dessen Vollzug, angefangen von den möglichen Landesanstalten zur Berufsbildung bis hin zu den staatlichen Prüfungsausschüssen, zunächst einmal nichts anderes als neue Personalstellen, mehr Bürokratie und mehr Verwaltungsaufwand notwendig sind.
({26})
Um nur eine Zahl zu nennen: Gegenwärtig gibt es in der beruflichen Bildung bei den zuständigen Stellen in der Bundesrepublik ca. 16 000 Prüfungsausschüsse mit über 100 000 Prüfern. Daraus sollen nun staatlich berufene Prüfungsausschüsse werden. Was heißt das? Das heißt, über 100 000 Akten müssen neu angelegt, verwaltet, die Prüfer berufen, zur Prüfung einberufen, abberufen, ihre Amtszeit verlängert, Prüfungsausschüsse ergänzt werden usw. - ein völlig sinnloser Verwaltungsaufwand,
({27})
und mir ist schlechterdings unbegreiflich, wie Sie dies beschließen wollen, wo beispielsweise in den Ländern überall die Stellen selbst für die Berufsschullehrer fehlen.
({28})
Sie können doch nicht auf der einen Seite die Länder anklagen, weil sie die Lehrer nicht einstellen können, und auf der anderen Seite diesen Ländern einen solchen völlig sinnlosen Verwaltungsaufwand zumuten! Das paßt doch nicht zusammen.
({29})
Meine Damen und Herren, ich möchte auf einen weiteren kardinalen Punkt in der Diskussion um dieses Gesetz zu sprechen kommen. Landauf, landab wird der Rückgang an Ausbildungsplätzen beklagt. Zwar hat bisher noch jeder Jugendliche, der sich darum bemüht hat, einen Ausbildungsplatz erhalten, und wir erkennen ausdrücklich und dankbar die Anstrengungen an, die Handwerk, Industrie und Handel im letzten Jahr unternommen haben und gegenwärtig unternehmen, um die Zahl der Ausbildungsplätze zu steigern. Dennoch besteht die Gefahr, daß angesichts der höheren Zahl der Schulabgänger in den kommenden Jahren ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot nicht mehr zur Verfügung steht.
({30})
Meine Damen und Herren, was sind hierfür die Ursachen? Sicher der zu erwartende „Schülerberg", sicher auch, daß seit 1973 ca. 22 500 Betriebe pleite gegangen sind und mit ihnen auch die Ausbildungsplätze in den Betrieben verlorengegangen sind.
({31})
Natürlich sind die Betriebe in Zeiten des konjunkturellen Abschwungs auch in ihren Aufwendungen
für Ausbildung zu anderen Rechnungen gezwungen als in Zeiten des Aufschwungs. Aber, meine Damen und Herren, war nicht mindestens ebenso ursächlich, daß über Jahre hinweg die betriebliche Ausbildung als Ausbeutung diffamiert worden ist?
({32})
War nicht genauso ursächlich, daß bis in den Landtagswahlkampf von Baden-Württemberg hinein in allen möglichen Konferenzen der SPD zwar nicht von allen, aber doch von vielen sehr massiv gefordert wurde, mittelfristig müsse die betriebliche Ausbildung überhaupt durch ein anderes System abgelöst werden? Und nicht zu bestreiten ist doch, daß die Bundesregierung durch ihre Berufsbildungspolitik der letzten Jahre, angefangen von den sogenannten Markierungspunkten über die Ausbildereignungsverordnung bis hin zu diesem Berufsbildungsgesetz wesentlich dazu beigetragen hat, die Wirtschaft in ihrer Ausbildungsbereitschaft zu verunsichern.
({33})
Ich sehe zwar den Herrn Kollegen von Dohnanyi nicht im Saal,
({34})
will es aber trotzdem sagen: alles auf den Kopf stellen zu wollen, war eben irre.
({35})
CDU und CSU haben in allen ihren parlamentarischen Initiativen zur beruflichen Bildung immer wieder betont, daß es das absolut vorrangige Ziel in der Berufsbildungspolitik sein muß, ein qualitativ und quantitativ ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen zu sichern. Dies und ausschließlich dies liegt im Interese der jungen Generation und ihrer Zukunftschancen. Diese Zielsetzung kann aber nur verwirklichen, wer alles tut, um die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe zu stärken, und wer alles unterläßt, was zwangsläufig zu einer Reduzierung der Ausbildungsbereitschaft und damit der Ausbildungsplätze in den Betrieben führt. Dies aber setzt zunächst und zuerst das vorbehaltlose Ja zur betrieblichen Ausbildung und das vorbehaltlose Ja zum dualen System von Betrieb und Schule voraus. Genau hieran hat es in der Vergangenheit vielerorts gefehlt. Wer das vorliegende Gesetz vorurteilslos liest, kann zwar nicht bestreiten, daß es auch vom dualen System ausgeht, es öffnet aber, je nachdem, wie es gehandhabt wird, gerade beispielsweise durch die Aussagen zur Struktur der beruflichen Erstausbildung, den Weg zum lautlosen Abrücken, zum langsamen Aushöhlen und zum allmählichen Ablösen der betrieblichen Ausbildung in den Klein- und Mittelbetrieben,
({36})
beispielsweise durch über- und außerbetriebliche Einrichtungen. Meine Damen und Herren, genau das wollen wir nicht!
({37})
Im Hearing des Bundestagsausschusses für Bildung und Wissenschaft wurde, angefangen von den Wirtschaftsverbänden über die Lehrerverbände bis zu den sachverständigen Professoren, vorgerechnet und prophezeit, daß die im Regierungsentwurf vorgeschlagene Grundstruktur der beruflichen Erstausbildung zu einer Zersplitterung der beruflichen Bildung führen muß mit der Folge, daß allein 230 000 der insgesamt 600 000 Ausbildungsplätze für Mädchen im Einzelhandel und in den freien Berufen in ihrem Bestand gefährdet wären. Meine Damen und Herren, ich verstehe nicht, daß Sie heute diesem Gesetz zustimmen wollen, ohne daß dieser Einwand ausgeräumt ist.
({38})
Dieses Gesetz mit dieser Grundstruktur der beruflichen Erstausbildung ist, um es klar zu sagen, ein Ausbildungsverhinderungsgesetz.
({39})
- Herr Kollege Meinecke, es kommt nicht darauf an, ob ich das glaube, sondern dies sagen alle, die im beruflichen Bildungswesen Verantwortung haben; das ist keine Glaubensfragen, sondern das ist etwas, was man ausräumen muß, ehe man dieses Gesetz verabschiedet.
({40})
Die Union tritt für ein Gesetz ein, das unter Wahrung der Einheitlichkeit beruflicher Bildung die Grundstrukturen beruflicher Erstausbildung, soweit sie durch Ausbildungsordnungen zu regeln sind, auf einen Beruf hin verbindlich vorschreibt und sich in Inhalt, Dauer und Zielsetzung der Ausbildung zugleich an tatsächlichen Möglichkeiten orientiert. Nur so läßt sich ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot in der Zukunft sichern. Auch das ist eine klare Aussage der Sachverständigen gewesen. Meine Damen und Herren, warum gehen Sie dann den Weg dieses Gesetzes und nicht den Weg, den die Sachverständigen hier empfohlen haben?
({41})
An dieser Stelle ist min auch ein Wort zum Finanzierungsmodell dieses Gesetzentwurfs am Platze; Herr Kollege Wüster hat es ja nochmals verteidigt. Die Bundesregierung ließ am Mittwoch erklären, daß sie an der in diesem Gesetz vorgeschlagenen Umlagefinanzierung festhalten will, und so soll es offenbar auch heute beschlossen werden. Ich will hier nicht noch einmal alle Argumente, die in der Sachverständigenanhörung von allen Beteiligten gegen das Regierungsmodell vorgetragen worden sind, wiederholen. Es gab nicht einen einzigen Sachverständigen, der bereit gewesen wäre, das Regierungsmodell als sinnvolle Lösung zu bezeichnen.
({42})
In jedem anderen Parlament der Welt hätte dies selbstverständlich zur Ablehnung dieses Regierungsentwurfs geführt.
({43})
Aber die Koalition hat sich hier offenbar dem Grundsatz verschworen: Viel Feind', viel Ehr'.
({44})
Es bestätigt sich auch hier, was wir in der Diskussion über dieses Gesetz seit langem beobachten: Eher kann man einen Ochsen ins Horn pfetzen, als daß diese Koalition einmal bereit wäre, auf den Rat derer zu hören, die durch dieses Gesetz betroffen sind und mit diesem Gesetz arbeiten müssen.
({45})
Da gilt weder das Argument, daß derartige Fondsfinanzierungen bisher dort, wo sie eingeführt worden sind, wie z. B. in England, genau das Gegenteil dessen bewirkt haben, was eigentlich beabsichtigt war. Bei Ihnen gilt auch nicht das Argument, daß bei dieser Art der Fondsfinanzierung bürokratischer Aufwand und Ertrag im umgekehrten Verhältnis zueinander stehen. Da gilt auch nicht das Argument, daß die beabsichtigte vorrangige Förderung zusätzlicher Ausbildungsplätze doch genau die Betriebe bestrafen würde, die bisher kontinuierlich in gleichem Umfang ausgebildet haben und ihre Ausbildungskapazität deshalb gar nicht erhöhen können.
({46})
Mit allen diesen Argumenten haben Sie sich, meine Damen und Herren von der Koalition, bisher nicht auseinandergesetzt. Dies in aller Breite hier zu wiederholen, ist bei Ihrer Starrköpfigkeit eigentlich völlig sinnlos.
({47})
Aber mit einem Argument möchte ich mich hier nochmals auseinandersetzen, weil es draußen immer wieder gebraucht wird und weil es zeigt, wie mit eingängigen Formeln die falschen Gleise gelegt werden. Da wird immer wieder gesagt, ein Lastenausgleich unter den Betrieben über einen Fonds sei notwendig, weil nur 16 % der Betriebe ausbilden, 84 % der Betriebe aber nicht, so daß die nicht ausbildenden Betriebe ihren Nachwuchs auf Kosten der ausbildenden Betriebe erhalten. Ich will hier gar nicht im einzelnen darauf hinweisen, daß unter den 84 % der nicht ausbildenden Betriebe auch solche sind, von denen wir eigentlich gar nicht erwarten und die wir über ein solches System auch nicht zwingen sollten, sich neu in der Ausbildung zu engagieren, weil in ihrer Branche die Zukunftschancen zurückgehen.
({48})
Mit Nachdruck hinweisen möchte ich jedoch auf folgendes. Wer sagt: 16 % der Betriebe bilden aus, 84 % nicht, der muß, wenn er redlich argumentiert, hinzufügen, daß die 16 % ausbildenden
) Betriebe nach Schätzungen der Wirtschaft und der Gewerkschaften ca. 80 % der in der gewerblichen Wirtschaft tätigen Arbeitnehmer beschäftigen. Das ist die entscheidende Zahl.
({49})
Gehe ich von diesen Schätzungen und weiter davon aus, daß diese Betriebe damit auch ungefähr 80 °/o der Bruttolohnsumme zahlen, dann bedeutet eine Umlage doch, daß die 16 °/o ausmachenden Ausbildungsbetriebe zunächst einmal zirka 80 °/o des vorgesehenen Fonds aufbringen müssen,
({50})
da .sich der Betrag, den der einzelne Betrieb in den Fonds zu zahlen hat, nach einem bestimmten Prozentsatz der Bruttolohnsumme richten soll.
Das aber heißt doch, daß der ausbildende lohnintensive, meist mittelständische Betrieb relativ höhere Beträge zu zahlen haben wird als der weniger lohnintensive Großbetrieb.
({51})
Der Großbetrieb hingegen bekommt aus dem Fonds in der Regel einen größeren Teil des Geldes, da es ihm vielfach leichter fällt, eine relativ höhere Zahl von Auszubildenden einzustellen als dem lohnintensiven Mittelbetrieb.
({52})
Das Ganze erweist sich demnach in der Konsequenz weniger als ein Umlagesystem zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben, sondern eher als ein Umlagesystem unter den ausbildenden Betrieben, in dem die mittelständischen Betriebe die Ausbildung in den Großbetrieben mitfinanzieren.
({53})
Meine Damen und Herren, ich will es klar sagen: Das entspricht natürlich dem Konzept, das viele in der SPD oft genug verkündet haben, nämlich der allmählichen Aushöhlung und Ablösung der betrieblichen Ausbildung, vor allem in den Klein- und mittleren Betrieben. Daß die Kleinstbetriebe mit weniger als 12 bis 15 Beschäftigten von der Berufsbildungsabgabe befreit sind, ändert an diesem Prinzip gar nichts.
Meine Frage ist: Was bewegt eigentlich die FDP dazu, hier und heute einem System zuzustimmen, welches im Ergebnis darauf hinausläuft, daß selbst die ausbildenden mittelständischen Unternehmen künftig die Ausbildung in den Großbetrieben mit finanzieren sollen?
({54})
Überzeugt in der FDP eigentlich nicht, Herr Minister Friderichs, daß eine wissenschaftliche Repräsentativerhebung aus Nordrhein-Westfalen zum Ergebnis hatte, daß bei einem derartigen Fondssystem je-nach seiner Ausgestaltung zwischen 16 und 30 % der ausbildenden, vor allem mittelständischen Betriebe eine Verringerung und nur 9 % eine Steigerung der Ausbildungsbereitschaft zeigen würden?
({55})
Das von der Bundesregierung vorgeschlagene Fondssystem wird nicht mehr, sondern weniger Ausbildungsbereitschaft zur Folge haben.
({56})
Deshalb werden wir nicht zulassen, daß das hier Gesetz wird.
Meine Damen und Herren, im Gegensatz zu dem vorliegenden Gesetzentwurf befürwortet die CDU/ CSU-Bundestagsfraktion eine Finanzierungshilfe in Form einer steuerlichen Rücklage, weil dies die am schnellsten wirksame und effektivste Methode ist, um den ausbildenden Betrieben die Sicherung eines ausreichenden Ausbildungsplatzangebots zu erleichtern.
Wir schlagen vor: Für alle Ausbildungsplätze wird den Betrieben eine steuerliche Rücklage je Ausbildungsplatz gewährt. Für bestehende Ausbildungsplätze soll diese Rücklage je 3 000 DM, für zusätzliche Ausbildungsplätze je 5 000 DM betragen. Zur Finanzierung haben wir in dem Entschließungsantrag, den wir hier heute unterbreitet haben, im einzelnen Angaben gemacht. Herr Kollege Schedl wird nachher nochmals auf die Finanzierung dieses Vorschlags im einzelnen zu sprechen kommen.
Meine Damen und Herren, wir bringen diesen Entschließungsantrag heute ein. Mit Interesse haben wir zur Kenntnis genommen, daß es offenbar auch in der FDP-Fraktion Überlegungen gibt, sich einer steuerlichen Lösung anzuschließen und auf die in dem Gesetzentwurf enthaltene Umlagefinanzierung endlich zu verzichten. Einer sorgfältigen Beratung unseres Entschließungsantrags sollte demnach nichts im Wege stehen.
({57})
Lassen Sie mich einen letzten Komplex ansprechen. Am Anfang dieses Gesetzgebungsverfahrens stand die bereits mehrfach erwähnte große und umfassende Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. In dieser Anhörung hat das Gesetz rundum - rundum! - eine vernichtende Kritik erfahren.
({58})
Sämtliche Kernstücke des Gesetzentwurfs, egal, ob die vorgeschlagene Grundstruktur, die Abstimmung von Schule und Betrieb, das Bundesinstitut für Berufsbildung oder die Finanzierungsregelung, wurden quasi in der Luft zerrissen.
Bei dieser Sachlage wäre es das Vernünftigste gewesen, wenn sich die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen zunächst unserem Vorschlag angeschlossen und im vorigen Herbst eine gemeinsame Bestandsaufnahme des Hearings vorgenommen hätten, um dann zu prüfen, was noch in dieser Legislaturperiode an gesetzgeberischem Fortschritt bewältigt werden kann.
Das Ergebnis wäre sicher nicht ein umfassendes neues Berufsbildungsgesetz gewesen. Denn dafür besteht - auch das ist ja ein Ergebnis des Hearings gewesen - derzeit überhaupt keine Notwendigkeit.
({59})
Das Ergebnis wäre ein Gesetz zur Novellierung des geltenden Berufsbildungsgesetzes gewesen mit klaren Aussagen zur künftigen Grundstruktur der beruflichen Bildung, mit einem wirksamen Abstimmungsverfahren zwischen Bund und Ländern sowie Schule und Betrieb, mit einer deutlicheren Verantwortung des Staats bei der Überwachung und Durchführung der beruflichen Bildung,
({60})
mit neuen Möglichkeiten des partnerschaftlichen Zusammenwirkens von Kammern und Berufsschulen beispielsweise im Prüfungswesen, mit besseren Voraussetzungen für die Berufsbildungsstatistik, mit Verbesserungen für die Berufsbildung Behinderter und mit einer gleichberechtigten Mitwirkung der an der beruflichen Bildung Beteiligten auf allen Ebenen von der Zentralstelle für berufliche Bildung über die Landesausschüsse bis zu den Berufsbildungsausschüssen bei den Kammern. Das Ergebnis hätte ein konkretes, gemeinsam getragenes, detailliertes Programm zur Sicherung des Ausbildungsplatzangebots sein können.
Dies alles war möglich. Dies, Herr Minister Rohde, war im Grunde genommen Ihre Chance. Aber Sie blieben selbst nach der verheerenden Kritik an Ihrem Entwurf in der Sachverständigenanhörung unbeweglich und starr bei Ihrem Entwurf. In dieser Unbeweglichkeit und Starrheit offenbart sich wieder einmal, warum Ihre Bildungspolitik, Herr Minister Rohde, letztlich erfolglos geblieben ist.
Statt sich in die mögliche Kooperation mit der CDU/CSU und den in der beruflichen Bildung Verantwortlichen zu begeben, begaben Sie sich, gedrängt von wem auch immer, in immer neue Sackgassen.
Vielleicht haben Sie geglaubt und glauben es heute noch, Sie bekämen, wenn Sie schon kein neues Berufsbildungsgesetz bekommen, wenigstens ein Wahlkampfthema. Aber diese Rechnung geht nicht auf, Herr Rohde. Die jungen Menschen in diesem Land vertrauen nicht einer Bundesregierung mit einem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, der am Ende seiner Amtszeit mit leeren Händen dasteht, obwohl er die Chance hatte, gesetzgeberischen Fortschritt in der Berufsbildung zu erreichen.
({61})
Und die jungen Menschen in diesem Land vertrauen schon gar nicht einem Minister für Bildung und Wissenschaft, der zwar Wahlkampfthemen produziert, aber den jungen Menschen die Hilfe, die sie bei der Bewältigung ihrer Zukunftsprobleme erwarten, letztlich nicht zu geben vermag.
Noch haben Sie die Möglichkeit, für diese jungen Menschen etwas zu erreichen. Aber dann lassen Sie von diesem verfehlten Ausbildungsverhinderungsgesetz ab und konzentrieren Sie wie wir die Berufsbildungspolitik endlich auf den zentralen Punkt, die Ausbildungsfähigkeit und die Ausbildungsbereitschaft in den Betrieben zu stärken und dadurch das Ausbildungsplatzangebot, vor allem in der mittelständischen Wirtschaft, zu erhalten und zu verbreitern. Das ist es, was die jungen Menschen im Interesse ihrer Bildungs- und Zukunftschancen von uns erwarten.
Deshalb werden wir diesen Entwurf, den die Koalition heute zur Abstimmung stellt, nicht die Zustimmung geben. Deshalb werden wir weiter für das Konzept unseres Entwurfs und für ein sinnvolles Programm zur Sicherung der Ausbildungs-und Arbeitsplätze für die jungen Menschen in diesem Land eintreten. - Ich danke Ihnen.
({62})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen! Meine Herren! Ich habe mich, angeregt durch den Debattenbeitrag, zu Wort gemeldet, weil eine Reihe ökonomischer Fragen angesprochen worden sind, die mit der Berufsausbildung zusammenhängen, in erster Linie die Frage der Finanzierung derselben. Die Oppositionsfraktion hat hierzu einen Entschließungsantrag eingebracht.
Meine Damen und Herren, ich möchte aber zunächst einmal auf die Finanzierungsregelung, wie sie im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalten ist, eingehen. Nun haben wir uns einmal bei einer Sache nicht nur gründlich vorbereitet, sondern auch die Meinungen der Opposition vorher erkundet und zum Gegenstand eines Gesetzentwurfs gemacht. Zu unserer großen Überraschung wird nun auch wieder Kritik geübt. Auf dem 22. Parteitag der CDU im November 1973 in Hamburg wurde folgender Beschluß gefaßt - mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitiere ich ihn wörtlich -:
({0})
Die jetzige Form der Finanzierung der außerschulischen Berufsbildung durch die ausbildenden Betriebe führt zu Ungerechtigkeiten und zu Strukturverzerrungen. Sie ist durch ein Finanzierungsverfahren zu ersetzen, das die Verbesserung der Ausbildung durch eine gerechte Verteilung der Ausbildungslasten unter Berücksichtigung des Prinzips der Selbstverwaltung gewährleistet.
({1})
Meine Damen und Herren, das ist nach dem EddingGutachten so beschlossen worden, und in unserem Entwurf ist exakt diese Forderung des CDU-Parteitages erfüllt.
({2})
In dem Entwurf ist nämlich nicht eine Umlage zugunsten des Staates vorgesehen, sondern eine UmBundesminister Dr. Friderichs
lage, die anschließend den Betrieben zugewiesen wird, die ausbilden. Genau dies hat der CDU-Bundesparteitag beschlossen. Da ich längere Zeit Mitglied einer von der CDU geführten Landesregierung war, erlaube ich mir, den Kultusminister dieses Landes - er ist erfreulicherweise anwesend - zu zitieren. Er hat noch am 20. Februar 1976 gesagt - ich zitiere wörtlich -:
In der Sache der Finanzierungsregelung gehen wir nicht von unserem Konzept ab,
- er meint das Konzept von Hamburg; wir gehen davon auch nicht ab aber wir nehmen Rücksicht auf die gegenwärtige wirtschaftspolitische Situation. Man kann darauf zurückkommen,
- so Kultusminister Vogel wenn es der Wirtschaft ein wenig bessergeht.
Der Wirtschaft geht es im Augenblick, wie ich meine, ein wenig besser. Kommen wir also auf die Sache zurück.
Meine Damen und Herren, ich will mich einen Moment mit dem auseinandersetzen, was Herr Pfeifer sagte. Wieso belastet die Finanzierungsregelung die mittelständischen Betriebe? Meine Damen und Herren, es wird eine Umlage in Höhe von maximal 0,25 v. H. der Bruttolohn- und -gehaltssumme vorgesehen. Wir bauen in den Gesetzentwurf im Gegensatz zu dem CDU-Beschluß eine Freigrenze von 400 000 DM ein. Dies heißt doch aber schlicht und einfach nichts anderes als das: Alle Betriebe zahlen, außer denen, die weniger als 20 Beschäftigte haben. Letztere zahlen nichts. Alle Betriebe - auch diejenigen, die weniger als 20 Beschäftigte haben - bekommen aber etwas. Da wir wissen, daß im Handwerk - hier haben die Betriebe sehr oft weniger als 20 Beschäftigte - die Hauptlast der Berufsausbildung liegt und in den letzten Jahren sogar noch gesteigert worden ist, bedeutet dieses Verfahren doch nichts anderes als. eine Umverteilung zugunsten der Ausbildungsbetriebe und für diese wiederum eine besondere Privilegierung nach der Betriebsgrößenstruktur. Das steht im Regierungsentwurf.
({3})
Ich will mich gern damit auseinandersetzen. Ich bin für jede bessere Regelung offen.
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stücklen?
Selbstverständlich, Herr Präsident.
Herr Bundesminister, wie erklären Sie es sich dann, daß der Zentralverband des deutschen Handwerks eine solche Lösung, die Sie geradezu als ideal für das Handwerk bezeichnen,
mit allem Nachdruck, mit aller Hartnäckigkeit und mit den besten Gründen zurückweist?
({0})
Einen Moment, ich will ja gerne darauf eingehen. Die ursprüngliche Haltung der gewerblichen Wirtschaft einschließlich des Handwerks war: Wir wollen gar keine staatliche Hilfe haben, auch nicht die Umverteilung; wir machen das alles allein. Ich sage Ihnen, ganz offen, Herr Abgeordneter, aus der Sicht des Handwerks habe ich sogar Verständnis dafür. Denn das Handwerk hat die Zahl seiner Ausbildungsplätze in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht. Die Tatsache, daß die Ausbildungskapazität insgesamt stagniert, ist darauf zurückzuführen, daß zwar das Handwerk die Zahl der Plätze erhöht hat, aber im Bereich der Industrie- und Handelskammern die Zahl der Ausbildungsverhältnisse gesunken ist.
({0})
Dann haben wir mit den Vertretern des Handwerks verhandelt - ich bin doch x-mal mit den Herren zusammengewesen -, und sie haben - das war das Hauptgegenargument - gesagt: Ihr wollt das hier nur für die zusätzlichen Plätze machen. Damit benachteiligt ihr die, die ihre Ausbildungskapazität nicht erhöhen können, sondern nur ihre bisherige Kapazität halten können. Das ruft Unruhe im Handwerk hervor. - Ich habe diese Diskussion mit den Vertretern der Handwerkskammern geführt. Daraufhin haben wir den Entwurf dahin gehend geändert, daß auch ein Bestandsschutz gewährt werden kann.
Aber, meine Damen und Herren, der Bestandsschutz ist unverhältnismäßig teuer. Das muß man wissen. Wenn Sie nur die zusätzlichen Plätze prämieren - ich gebe zu, hierin liegt ein gewisses Moment der Ungerechtigkeit -, ist das billiger und effektiver. Gehen Sie in den Bestandsschutz bei 450 000 oder 430 000 neuen Ausbildungsverhältnissen pro Jahr, dann kostet das eben eine ganze Menge Geld. Das ist die Diskussion, die wir mit den Organisationen der gewerblichen Wirtschaft geführt haben.
({1})
- Darauf können wir ja gleich eingehen.
Ich wollte damit nur sagen, daß das, was im Gesetzentwurf steht, mit dem Beschluß des 22. Parteitages der CDU übereinstimmt. Wir wissen doch auch, daß es innerhalb der Unionsparteien eine Gruppe von Abgeordneten gab, die eine ähnliche Regelung wollten - das ist doch unbestritten -, und daß es eine andere Gruppe gibt, die weiter südlich angesiedelt ist als Rheinland-Pfalz, die es nicht wollte. Das ist ebenfalls unbestritten.
({2})
- Ja, ich meine Sie. Ich meine den Teil der christlichen Parteien, der sich christlich-sozial nennt. Aus16512
gerechnet der wollte es nicht - das gibt zu denken -,
({3})
während die Christlichen Demokraten der Meinung waren, man sollte sich mit dieser Frage einmal näher befassen.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung ist dann bewußt nicht auf den Edding-Vorschlag eingegangen, der vom CDU-Beschluß noch abgedeckt wird, weil der Edding-Vorschlag dann, wenn die gesamten Lasten der Berufsausbildung verteilt würden, ein Umlageverfahren mit einem Volumen von rund 7 Milliarden DM pro Jahr erfordern würde. Dies kam für uns nicht in Frage.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine Frage stellen. Sie müssen doch die Frage beantworten, warum ein solches Umlagesystem, bei dem die aufkommenden Mittel der gewerblichen Wirtschaft, nämlich den Ausbildungsbetrieben, wieder voll zufließen - sie werden ja nicht für irgendwelche anderen staatlichen Zwecke verwandt -, eine Belastung der Wirtschaft ist. Ich meine jetzt, Herr Abgeordneter Pfeifer, den Begriff „Belastung" : Warum ist es eine Belastung, wenn ich allen etwas wegnehme, um es denen, die die Ausbildung betreiben, anschließend zur Verfügung zu stellen?
({4})
Das Handwerk bildet auch heute noch mehr aus, als es braucht. Das heißt doch zu deutsch, das Handwerk übernimmt Ausbildungslasten der Industrie, auch der Großindustrie, um die ausgebildeten jungen Leute anschließend derselben Industrie zur Verfügung zu stellen. Hier sieht der Gesetzentwurf einen Ausgleich vor.
({5})
Herr Bundesminister, ,gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Stücklen?
Wenn es mir nicht auf die Redezeit angerechnet wird, Herr Präsident, immer.
Ein Minister ist nicht beschränkt in seiner Redezeit.
({0})
Herr Bundesminister, Sie gehen zu Recht davon aus, daß das Handwerk über den eigenen Bedarf hinaus ausbildet. Sind Sie nicht der Meinung, daß das, was Sie von der gewerblichen Wirtschaft insgesamt erwarten, ja, im Interesse der jungen Menschen fordern, in erster Linie beispielhaft von den staatlichen Einrichtungen praktiziert werden sollte? Ich meine z. B. die völlige Ausschöpfung der 6 000 Ausbildungsplätze bei der Deutschen Bundespost, von denen nur 1 200 belegt sind.
({0})
Herr Abgeordneter Stücklen, es war ein Fragezeichen hörbar, aber zwei haben gefehlt.
Herr Abgeordneter, ich bin in der Tat der Meinung, daß in den nächsten sechs Jahren - ich beschränke mich bewußt auf diesen Zeitraum - alle Ausbildungskapazitäten genutzt werden sollten. Denn wir werden das Problem voraussichtlich bis 1981/82 haben; ich prophezeie, daß danach die Suche nach dem Lehrling wieder einsetzt,
({0})
weil danach geburtenschwächere Jahrgänge die Schule verlassen.
Ich darf Ihnen auch eine offene Antwort geben: Ich bin nicht Bundesminister für Post und Eisenbahn, aber ich habe auch Ausbildungsplätze. Bei meinen nachgeordneten Behörden, beispielsweise der Bundesanstalt in Hannover, der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt in Braunschweig und dem Bundesamt für Materialprüfung in Berlin werden gewerbliche Lehrlinge ausgebildet. Aber ich darf dazu sagen: Dann muß einem der Haushaltsausschuß auch Plätze für die Ausbilder zur Verfügung stellen; andernfalls kann ich die Kapazitäten nicht nutzen. Das ist bei mir nicht geschehen; ich hatte es beantragt.
({1})
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte!
Herr Bundesminister, verstehe ich Sie richtig, daß Sie hier zur Entschuldigung sagen, daß im Kabinett die Linke nicht weiß, was die Rechte tut, oder in diesem Falle die Rechte nicht weiß, was die Linke tut?
({0})
Herr Abgeordneter, ich kann Ihre Frage leider nicht mit Ja beantworten, da es in diesem Kabinett keine Rechten und Linken gibt.
({0})
Die gibt es außerhalb des Kabinetts; das ist unbestritten.
({1})
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Westphal?
Bitte, aber dann möchte ich doch einmal weitermachen.
Herr Minister, würden Sie bestätigen, daß die Bundesregierung im Rahmen des besonderen 300-Millionen-Programms Geld zur Verfügung gestellt hat, um bei Post, Bahn und anderen Stellen Mittel für die Besetzung der dort vorhandenen Ausbildungsplätze bereit zu haben, und daß es andererseits ein völliger Unsinn wäre, 6 000 Fernmeldehandwerker an einer Stelle auszubilden, wenn man sie nachher nicht brauchen kann, und daß man deshalb die Plätze nur so nutzen sollte, wie man sie für künftigen Bedarf braucht?
({0})
Ich wollte auf die Frage des Sonderprogramms nicht eingehen, weil ich davon ausgehe, daß Herr Kollege Rohde dies in seiner Rede zur Berufsausbildung tun wird.
({0})
- Herr Abgeordneter Dr. Carstens, ich nehme an, daß auch Sie als eine der herausragenden Persönlichkeiten des deutschen Parlaments der Regierung erlauben, daß sie in dieser Debatte durch zwei Bundesminister vertreten sein wird.
({1})
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich, da wir über die Finanzierung sprechen, ein Wort zu dem heute morgen vorgelegten Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion sagen, und zwar deswegen, weil ich hoffe, daß dieser Antrag im Verlauf der Debatte präzisiert wird. Denn ich habe ihn, offen gestanden, nicht ganz verstanden. Ich will mich mit den Teilen beschäftigen, die ich verstanden zu haben glaube.
Wenn man eine Rücklage von 3 000 DM für vorhandene Plätze und von 5 000 DM für zusätzliche Plätze, wie sie in diesem Antrag vorgeschlagen ist, erlaubt, würde das bei etwa 60 000 zusätzlichen Plätzen - und das ist etwa das, was wir in den nächsten Jahren pro Jahr mehr brauchen - 300 Millionen DM pro Jahr und bei 450 000 bestehenden Plätzen à 3 000 DM 1 350 Millionen DM, zusammen also 1,65 Milliarden DM pro Jahr bedeuten. Wenn Sie das jährlich erlauben - und so ist der Antrag abgefaßt -, heißt das, daß Sie in den nächsten fünf Jahren ein Rücklagevolumen von 8,25 Milliarden DM erlauben.
({2})
- Ja, natürlich, davon habe ich gesprochen. Ich habe gesagt, daß Sie eine steuerfreie Rücklage in dieser Größenordnung gestatten.
({3})
Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Gölter?
Insbesondere dann, wenn sie den Antrag aufklärt.
Herr Bundesminister, stimmen Sie mir zu, daß ein Betrieb, der beispielsweise 100 Ausbildungsplätze besetzt, dann einmal eine Rücklage in einer bestimmten Höhe bildet, daß sich dann, wenn sich die Zahl erhöht, die Rücklage erhöht oder, wenn die Zahl der Plätze verringert wird, sich die Rücklage ebenfalls verringert, daß somit in den kommenden Jahren lediglich eine Verschiebung in der Höhe der einmal gebildeten Rüdclage im Sinne einer Steuerstundung eintritt?
Ich bedanke mich für die Aufklärung. Das heißt also, daß Sie die Rücklage für die Plätze nicht in der jährlichen Bilanz erlauben, sondern nur einmal.
({0})
- Sie werden gleich begreifen, warum ich nicht gewagt habe, daran zu glauben, daß Sie es so meinen. Das will ich Ihnen jetzt erklären. Denn was bedeutet das? Jetzt wollen wir einmal rechnen. Nehmen wir einmal an, 40 % Besteuerung bei 3 000 DM Rücklage. Das sind 1 200 DM. Die legt er zurück. Er hat also einen Zinsgewinn - und nur darin besteht ja die Subvention - von 120 DM bei 10 °/o Verzinsung. Das ist die Begünstigung, die Sie einräumen.
({1})
- Das ist doch ganz selbstverständlich. Denn irgendwann muß er die Rücklage ja wohl wieder auflösen - etwa wenn der Platz wegfällt -, und dann muß er sie doch wohl versteuern. Oder wollen Sie ihm, wenn er den Platz vernichtet, sagen: du darfst die Rücklage auflösen und brauchst sie nicht zu versteuern? Dann prämieren Sie ja die Ausbildungsplatzvernichtung. Das wollen Sie doch nicht.
({2})
- Gut, sechs Jahre. Dann hat er also sechs Jahre lang, Herr Abgeordneter Stücklen - jetzt wollen wir doch einmal rechnen -, einen Zinsgewinn von 120 DM. - Freundliche Grüße! Wenn Sie glauben, daß Sie damit das Ausbildungsplatzangebot nerinenswert erhöhen, ich bezweifle das.
({3})
Lassen Sie mich ein weiteres sagen. Hierbei kommt die mittelstandsfeindliche Komponente zum Vorschein: Wenn ich davon ausgehe, daß der Arbeitgeber 60 °/o Besteuerung hat, profitiert er schon wesentlich, nämlich 50 °/o, mehr. Meine Damen und Herren, warum wollen wir denn eigentlich diejenigen, die wegen ihrer Rendite oder ihrer Gesellschaftsform hohe Steuern zahlen, auch für den Ausbildungsplatz hoch begünstigen? Ich vermag einfach nicht einzusehen, daß der Lehrling bei Daimler-Benz
etwa 70 % mehr wert ist als der Lehrling bei einem Handwerksmeister.
({4})
Das sehe ich nicht ein. Ich bin nicht bereit, einen solchen mittelstandsfeindlichen Weg zu gehen.
Was machen Sie denn, Herr Gölter, mit einem Betrieb, der keinen Gewinn erzielt? Der hat doch von einer Rücklage überhaupt nichts, weil er keine Steuern zahlt. Der kriegt also nichts. Und der andere, der eine Rendite hat, kriegt das Geld. Das ist das erste.
Zweitens. Ich halte es nicht für vertretbar, daß Sie die Ausbildungsplätze mit extrem unterschiedlichen Nettoausbildungskosten so egalitär, so gleichmacherisch behandeln. Warum? - Wir haben durchschnittliche Nettoausbildungskosten von ungefähr 5 500 DM pro Jahr - aber, meine Damen und Herren, mit einer Schwankungsbreite bis zu 20000 DM! Es ist doch unbestritten, daß der Friseurlehrling spätestens im dritten, wahrscheinlich schon im zweiten Jahr keine Nettoausbildungskosten mehr verursacht, sondern bereits zur Produktivität beiträgt, daß der Lehrling im Gaststättengewerbe spätestens im dritten Jahr, vielleicht schon im zweiten, keine Nettoausbildungskosten mehr verursacht, sondern zur Produktivität des Unternehmens beiträgt. Und für diesen kriegt das Unternehmen dieselbe Rücklage, die es für den Elektroniklehrling gibt, der beispielsweise in einem kleinen, spezialisierten Betrieb besonders hohe Nettoausbildungskosten verursacht?
({5})
Sie strukturieren eine Fehlleitung des Ausbildungspotentials von den komplizierten in die einfachen Berufe - dem Bedarf der deutschen Wirtschaft genau entgegengesetzt.
({6}) Dies vermag ich einfach nicht einzusehen.
Sie können mit mir über jede Frage sprechen, wie man das steuertechnisch machen kann. Hätten wir, Herr Gölter, in Deutschland eine Negativsteuer, könnten Sie das machen. Da wir sie nicht haben, müssen Sie eben ein Zulagensystem wählen.
Ich sage noch einmal: Der Handwerksmeister, der seine 60 000 DM oder meinetwegen auch 80 000 oder 100 000 DM im Jahr als Nettoeinkommen versteuert, ist in einer völlig anderen Steuerprogression als der, der 250 000 DM versteuert, und noch einmal in einer anderen Situation als die Körperschaft - sprich: die Aktiengesellschaft -, die mit Gewerbesteuer doch einen Steuersatz von über 60 °/o hat. Ich vermag nicht einzusehen, daß Sie eine umgekehrte Begünstigung vornehmen wollen und dann den Mut haben, von Mittelstandsfreundlichkeit zu sprechen. Ich sehe das einfach nicht ein.
({7})
Ringen wir doch um die Sache! Ich bin bereit, jeden Verbesserungsvorschlag zu akzeptieren, weil es um die Sache geht. Aber dies ist kein Verbesserungsvorschlag. Auf die Idee - das kann ich Ihnen
auf einem Papier meines eigenen Ministeriums von vor Monaten zeigen -, das durchzurechnen, sind wir längst gekommen. Aber die Referenten haben darunter geschrieben: „Falsch, weil gewünschte Wirkung nicht erzielt wird und die Begünstigung bei den Falschen landet." - Ende der Veranstaltung! Damit war es weg.
({8})
- Meine Fraktion hat an eine solche Frage überhaupt nicht gedacht. Ich habe meiner Fraktion vorgetragen, warum alles das, was an den Steuersatz gekoppelt ist, ausbildungspolitisch nicht vertretbar ist, und das hat die Fraktion einstimmig zur Kenntnis genommen. Die Fraktion hat ganz andere Überlegungen für den Fall, daß Sie wirklich den Mut haben, das Finanzierungsmodell, das Ihrem Parteitagsbeschluß angelehnt und von uns aus formuliert worden ist, im Bundesrat abzulehnen. Für den Fall allerdings werden wir uns Gedanken machen. Aber Ihr heutiger Vorschlag ist nicht die Problemlösung. Nicht ohne Grund haben Sie doch den Antrag von Herrn Filbinger im Bundesrat wieder zurückgenommen: weil er nämlich dieselben Fehler enthalten hat.
({9})
- Es war nicht derselbe Antrag, aber er hat dieselben Fehler enthalten.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu dem Problem der Ausbildungsordnungen machen. Draußen wird immer behauptet, daß die Ausbildungsordnungen, die von der Regierung erlassen werden, die Ausbildung nicht förderten, weil sie zu kompliziert seien. Das ist im baden-württembergischen Landtagswahlkampf landauf, landab behauptet worden. Ich erkläre hiermit für den Bereich der gewerblichen Wirtschaft, daß es keine einzige Ausbildungsordnung gibt, die mein Haus verlassen hat, die nicht vorher die Zustimmung aller Beteiligten einschließlich der aus der gewerblichen Wirtschaft gefunden hat.
({10})
Ich habe vor Wochen die Präsidenten der Organisationen angeschrieben und sie gebeten, mir mitzuteilen, welche der Ausbildungsordnungen ihre Zustimmung vorher nicht gefunden hat. Ich habe bis heute keine genannt bekommen.
({11})
So ist es gelaufen. De facto werden die Ausbildungsordnungen gar nicht von meinen Mitarbeitern erarbeitet, sondern es ist so, daß die Sozialpartner mit meinen Mitarbeitern die Ausbildungsordnungen erarbeiten und wir sie anschließend im Verordnungswege erlassen. Das ist der Tatbestand. Ich habe es satt, diese Verketzerung und Verteufelung draußen länger auf mir sitzen zu lassen.
({12})
Um Ihnen klar zu sagen, was wir getan haben: Ich habe Mitte 1974 alle Ausbildungsordnungen mit
einer sogenannten Flexibilitätsklausel versehen. Ich habe gesagt: Überall dort, wo der Einzelbetrieb den Inhalt der Ausbildungsordnung nicht voll erbringen kann, kann er den Lehrling trotzdem einstellen, wenn sichergestellt ist, daß die fehlenden Wissensbereiche in überbetrieblichen Lehrwerkstätten oder in der Berufsschule ersetzt werden können. Auch das haben wir getan. Insofern, glaube ich, brauchen wir uns hier nichts vorzuwerfen.
Und noch eine Bemerkung: Herr Gölter, was machen Sie bei Ihrem Antrag eigentlich mit den Freiberuflern, die Lehrlinge ausbilden?
({13})
- Ich bitte um Entschuldigung: Freiberufler mit Rücklage?
({14})
- Na gut. Ich bin sehr gespannt, wie Sie das steuertechnisch machen wollen. Ich habe das bis jetzt nicht begriffen. Das steht auch nicht im Antrag.
Ein weiterer Grund für Nichteinstellung von Lehrlingen in einer Reihe von Fällen ist die Tatsache, daß in der Verordnung über die Anrechnung des Berufsgrundbildungsjahres steht, daß das Berufsgrundbildungsjahr auf die Ausbildungszeit angerechnet werden muß. Auch das wurde der Regierung im Wahlkampf mit der Begründung entgegengehalten: Weil das Jahr angerechnet werden muß, sind viele Betriebe nicht bereit, einen jungen Menschen, der das Berufsgrundbildungsjahr durchlaufen hat, einzustellen. Das klang draußen alles sehr plausibel. Ich nutze gerne die Chance, auch hier die Wahrheit zu sagen. Wir haben beantragt, diese Anrechnungsverordnung dahin gehend zu ändern, daß das „muß" durch die Möglichkeit ersetzt wird, einen Teil des Grundbildungsjahres anzurechnen, aber nicht unbedingt das ganze Jahr. Dieser Antrag ist mit den Stimmen der Kultusminister der CDU- und CSU-regierten Länder abgelehnt worden. So ist die Wahrheit. Draußen wird einem vorgehalten, die Anrechnungsverordnung verhindere die Neueinstellung von Lehrlingen. Die Bundesregierung hat eine Änderung beantragt und ist schlicht und einfach an der Mehrheit der Länder gescheitert. Auch das sollte einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, damit klargemacht zu haben, daß es uns darum geht, das Ausbildungsplatzangebot zu erhöhen. Wir haben ein Finanzierungsmodell vorgelegt, das längst nicht so weit geht wie das, das die Edding-Kommission vorgeschlagen hat, das - ich sage das noch einmal - bei extensiver Auslegung hinter dem Beschluß des CDU-Bundesparteitages zurückbleibt, aber in jedem Falle von ihm abgedeckt wird und dem entspricht, was der Kultusminister von Rheinland-Pfalz noch in diesem Jahr, wie ich meine, mit Recht vorgetragen hat. Wenn er die Einschränkung macht: „solange es der gewerblichen Wirtschaft so schlecht geht", kann ich nur sagen: Wir werden ja am Montag die neue Gemeinschaftsdiagnose der fünf wissenschaftlichen Forschungsinstitute zur Kenntnis nehmen. Dann können wir sehen - ich darf heute noch nichts mitteilen -, wie schlecht es der gewerblichen Wirtschaft geht.
({15})
- Nein, es ist das Recht der Institute, das selbst zu veröffentlichen. Das muß ich respektieren.
Ich kann nur sagen: Da das ganze Geld, das allen weggenommen wird - außer den Kleinbetrieben -, allen, die ausbilden, wieder zur Verfügung gestellt wird, ist es doch unter dem Strich nur für diejenigen eine Belastung, die nicht entsprechend ihrem Beschäftigungsstand ausbilden. Für diejenigen, die entsprechend ihrem Beschäftigtenstand ausbilden, ist es keine Belastung. Damit entspricht der Entwurf im Finanzierungsteil - nur zu diesem habe ich mich jetzt geäußert - der Beschlußlage des 22. ordentlichen Parteitages der christlich-demokratischen Opposition.
({16})
Meine Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne hat inzwischen Mister Vyas, der Speaker des Parlaments von Rajasthan, Platz genommen. Ich darf den bedeutenden indischen Parlamentarier hier begrüßen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Schedl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, vor allem auf Ihre Argumente, Herr Bundesminister Friderichs, einzugehen, die Sie in der Auseinandersetzung mit dem Entschließungsantrag der CDU/CSU hier vorgetragen haben. Es hat uns außerordentlich und tief beeindruckt, daß Sie hier erklärt haben, Sie hätten eigentlich in Ihrer Finanzierungslösung gar nichts anderes getan, als Beschlüsse des 22. Parteitags der CDU/CSU ({0})
- Entschuldigung, des 22. Parteitags der CDU - auszuführen. So einig sind wir, CDU und CSU, Herr Möllemann. Wir können das auch sein. Der Bindestrich, Kollege Möllemann, hat bei uns eine etwas andere Bedeutung als ihr Schrägstrich zwischen SPD und FDP. Deswegen ist der Versprecher, so meine ich, durchaus möglich.
Herr Kollege Friderichs, Sie haben erklärt, dieses Ihr Finanzierungsmodell sei ein Finanzierungsmodell, das den Beschluß des CDU-Parteitags in Hamburg ausfülle. Sie haben dazu angeführt, daß Herr Kultusminister Vogel noch vor kurzer Zeit erklärt hat, wenn es der Wirtschaft wieder besser ginge, würden wir bei diesem Konzept bleiben. Herr Bundesminister, hier ist doch der entscheidende Punkt. Sie sind ja zu diesem Konzept erst nach einem unglaublichen Hinundhergezerre gekommen zwischen Ihrem Standpunkt, der uns nach draußen immer als der erklärt wurde, Sie wollten unter allen Umständen durch Modelle, die die Wirtschaft in der Zukunft nicht mehr belasten, die Ausbildung fördern, und dem anderen Standpunkt, der eine totale Umlagefinanzierung in einem gesamten Fonds installieren wollte. Das war doch die Ausgangsposition.
Wenn Herr Vogel sagt, wir hielten an den Vorstellungen des Parteitags fest, wenn es wieder besser gehe, dann muß man, Herr Bundesminister, folgendes hinzufügen. Diese Position „wenn es wieder besser geht" sollte man vor allen Dingen in der Beurteilung - Sie haben das selber gesagt - mit denen draußen in der Wirtschaft abstimmen. Wir werden dann feststellen, wie gut es denen geht.
Nur, eines müßte Ihnen doch zu denken geben. Wenn diese Umlagefinanzierung in Ihrem Modell auch nur ein denkbarer Ansatz für mehr, bessere und abgesicherte Ausbildungsplätze für die Zukunft wäre, müßten Sie doch so viele positive Stimmen für dieses Finanzierungsmodell haben, wie Sie im Gegensatz dazu derzeit negative Stimmen haben. Die eine Seite, die Gewerkschaften, die SPD-Partner, haben Ihnen erklärt: Wir wollen einen umfassenden Fonds. Die Wirtschaft hat Ihnen erklärt: Wir wollen und brauchen kein derartiges Finanzierungsmodell; reglementiert uns weniger, fördert uns, wenn es einmal sein muß, dann werden wir auch an den Engpässen in der Lage sein, die Dinge hinzubekommen!
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Herr Minister Friderichs, Sie werden doch nicht das bestreiten, was wir gestern in der deutschen Presse lesen konnten, nämlich daß Sie in einer bedeutsamen Einlassung am Dienstag dieser Woche, die zu einer brisanten Stimmung in der Koalition geführt hat, erklärt haben: Wir werden alles tun, um zusätzliche Belastungen zu vermeiden.
Ich muß Ihnen schon eines sagen: Ihr Umlageverständnis verblüfft mich etwas. Ich kann doch sehr wohl sagen, daß es eine Belastung für einen Teil der Wirtschaft ist, wenn ich allen etwas wegnehme und einem Teil das wiedergebe. Es ist nämlich die Belastung für den Teil, den ich zwar wegnehme, aber nicht wiedergebe. Das ist doch der entscheidende Punkt. Herr Bundesminister, Sie sagen: Dies gleicht er aus, weil er ausbildet; wenn er ausbildet, bekommt er Geld und der, der nicht ausbildet, muß Geld geben, bekommt aber keins. Also werden Sie unter dem Strich belasten, und zwar die, die nicht ausbilden; vielleicht sogar, weil Sie nicht mehr ausbilden können oder keine Auszubildenden bekommen. Wenn Sie aber die Wirtschaft nicht mehr belasten wollen, dann müssen Sie einen Weg wie den unseren gehen. Der muß natürlich noch modifiziert werden. Sie müssen denen, die ausbilden, zusätzliche Anreize und Möglichkeiten geben. Das ist der grundlegende Unterschied, Herr Bundesminister, in dem wir uns befinden und über den wir uns offensichtlich auch in der Form nicht einigen können.
Herr Abgeordneter Möllemann zu einer Zusatzfrage.
Herr Kollege Schedl, da Sie vorhin auf den feinen Unterschied zwischen der programmatischen Aussage des Hamburger Parteitags der CDU und der Meinung, die Sie dann hinterher hier zu vertreten haben, hingewiesen haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie hier dezidiert erklären wollen, daß die Opposition auf gar keinen Fall solche Betriebe, die nicht ausbilden wollen, belasten will.
Herr Kollege Möllemann, ich möchte Ihnen dazu ganz konkret folgendes sagen. Es geht um die Frage, ob Betriebe ausbilden wollen oder ausbilden können. An diesem Punkt müssen Sie schon einmal ansetzen. Es geht auch darum, daß in wirtschaftlich besseren Zeiten, wie es einmal vor Jahren der Fall war, zur Zeit unserer Regierungsverantwortung diese Frage anders zu beantworten wäre. Aber in Zeiten mit Konkurslisten mit 10 000 und mehr Betrieben müssen Sie es vermeiden, den Betrieben zusätzliche Belastungen aufzuerlegen. Sie können mit uns, Herr Bundesminister, auch über Ausgleichsmodelle reden. Aber dann schaffen Sie erst einmal wieder Verhältnisse, in denen Sie außer roten Zahlen in vielen Bereichen auch noch etwas anderes ausgleichen können. Dann können wir darüber reden.
Herr Abgeordneter Schedl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stücklen? - Bitte sehr.
Herr Kollege Schedl, stimmen Sie mit mir überein, wenn ich feststelle, daß wir nicht davon ausgehen wollen, Betriebe zu belasten, um andere vielleicht in bescheidenem Maße zu entlasten, sondern daß Sie und wir davon ausgehen, die Betriebe, die ausbilden, und insbesondere die Betriebe, die zusätzlich ausbilden, direkt und unmittelbar zu fördern?
Herr Kollege Stücklen, uns geht es in dieser Zeit nicht darum, zu überlegen, wen wir mehr belasten und wem wir etwas abnehmen, um es anderen geben zu können und um dafür vielleicht Ausbildungsplätze zu bekommen, sondern uns geht es darum, die Spitze in den nächsten vier Jahren dadurch zu erfüllen, daß wir denen, die ausbilden und vielleicht noch mehr ausbilden wollen, auch Förderungsmöglichkeiten anbieten.
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Herr Bundesminister, diesen Antrag der Fraktion der CDU/CSU, mit dem Sie sich hier auseinandergesetzt haben, haben Sie als ein sicherlich ausgezeichneter Sachkenner steuerlicher und wirtschaftlicher Zusammenhänge natürlich dort anzubohren versucht, wo es immer am einfachsten ist, bei Detailpunkten der Technik und der Durchführbarkeit einer solchen Regelung. Sie können mit uns davon ausgehen - darum möchte ich Sie bitten -, daß dies ein Entschließungsantrag unserer Fraktion ist, der natürlich zur Folge haben wird, daß eine konkrete Vorlage in diesem Hause eingebracht wird, in der auch die Frage der Technik, der technischen Möglichkeiten Ihnen im Detail so dargetan wird, wie das nur möglich ist. Sie haben natürlich Recht, daß im Bereich freier Berufe noch überlegt und gefeilt werden muß. Sie werden mir aber genauso Recht geben, wenn ich behaupte, daß man nicht grundsätzlich sagen kann, es gehe nicht, weil es hier technisch schwierig wird. Wenn wir Ihren Apparat und Ihr Haus hätten, hätten wir Ihnen in acht Stunden einen technisch perfekten Antrag vorgelegt. Es kann
mir kein Mensch sagen, Herr Minister, daß ein derartiger Antrag nicht vorgelegt werden kann, wenn man ihn politisch nur will. Hier muß ich Sie noch einmal ansprechen, Sie und Ihre Freunde; ich meine Sie fast persönlich. Wir haben doch aus Agenturmeldungen entnommen, was sich in Ihrer Fraktion getan hat und was Sie vorgestern wollten. Wir haben allerdings auch entnommen, daß die SPD eine Stunde später eine Meldung abgesetzt hat: „in tiefer Sorge", „große Bedenken", dies könne doch nicht und dies dürfe doch nicht sein. Entscheidend ist doch nicht die Technik, ist auch nicht, daß irgendwelche Referenten Ihres Hauses - sicher Spitzenfachleute - unter Steuermodelle geschrieben haben: „Der Weg ist falsch." Entscheidend ist vielmehr, daß Sie diesen Weg politisch nicht gehen können, daß Sie sich nicht so frei in diesem Raum bewegen können, wie Sie und Freunde von Ihnen vielleicht wollen, denn sonst würden Ihre Aussagen - „keine Mehrbelastungen für die Wirtschaft" und auf der anderen Seite: „Nur dies ist der Weg" - überhaupt nicht auf einen Nenner zu bringen sein.
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Herr Abgeordneter Schedl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ewen?
Ja.
Bitte sehr!
Herr Kollege Schedl, würden Sie zugeben, daß Sie zwar nicht einzelne Betriebe, aber durch die 2 Milliarden DM, die Sie in Ihrem Antrag ausgerechnet haben, alle Steuerzahler belasten wollen?
Herr Kollege Ewen, dies ist völlig richtig. Nur darf ich Ihnen dazu eins sagen: Ihr Gesetz, das Ausbildungsplätze verhindert, bringt nicht in Mark, aber in viel schwierigeren Bereichen - nämlich in der Zukunft viel mehr sorgende Eltern mit Kindern ohne Ausbildungsplätze - wesentlich mehr Belastungen für den Bürger in diesem Land als die steuerliche Belastung in dem finanziellen Bereich.
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- Herr Kollege Stark.
Wird mir das auf die Redezeit angerechnet, Herr Präsident?
Herr Abgeordneter, wenn Sie so viele Zwischenfragen zulassen, dann erhalten Sie einen Zuschlag.
Vielen Dank.
Herr Kollege Schedl, sind Sie mit mir der Meinung, daß, wenn für die allgemeine Bildung und die Hochschulbildung
ca. 70 Milliarden DM vom Steuerzahler ausgegeben werden, dann auch 2 Milliarden DM für die Berufsausbildung ausgegeben werden können?
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Herr Kollege Stark, diese Zahlen sind zweifelsfrei richtig. Ich bin mit Ihnen auch der Meinung, daß diese 2 Milliarden DM dann durchaus gut angelegt sind. Ich bin darüber hinaus aber der Meinung - und das ist für mich das Entscheidende -, daß es noch viel verderblicher wäre, Umlagen zu finanzieren, denen, die man wegen der Ausbildung beschimpft hat, Geld abzunehmen, am Ende weniger Ausbildungsplätze zu haben und dann zu sagen: dies alles kommt nur, weil es in diesem Bereich Leute gibt, die nicht wollen oder nicht können. Das wäre der viel größere Schaden, Herr Kollege Ewen, als diese 2 Milliarden DM. Ich muß Ihnen auch eins sagen: Bei aller Verantwortlichkeit dem Haushalt in diesem Hause gegenüber hätten Sie viele, viele Punkte, an denen Sie viel mehr und viel öfter und viel gründlicher nachdenken müßten über Einsparungen von Beträgen in Größenordnungen, die in der Summe sehr schnell diesen Betrag ergeben.
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- Herr Rappe, die Beispiele lasse ich zur Vereinfachung und zur Zeitverkürzung weg. Aber darüber, Herr Rappe, daß es solche Beispiele gibt, wollen wir uns doch sicherlich nicht miteinander streiten.
Herr Bundesminister, ich möchte noch auf zwei Argumente eingehen, die ich in Ihren Überlegungen für außerordentlich wichtig gehalten habe. Einmal haben Sie zu der wiederholten Forderung von uns, die Kollege Stücklen hier vorgetragen hat, Ausbildungsplätze bei den öffentlichen Händen zu schaffen, erklärt, Sie seien nicht zuständig für Post und Bahn. Dies ist selbstverständlich klar. Herr Bundesminister Rohde, sagen Sie, werde darauf noch besonders eingehen. Nur ist hier ein Punkt, Herr Minister, den Sie sehen müssen. Ich kenne in Bayern z. B. eine Ausbildungsstätte der Bundesbahn - eine hervorragende, nahezu neu gebaute Einrichtung -, die vor wenigen Wochen geschlossen werden sollte - ob die Schließung schon vollzogen ist, kann ich Ihnen nicht sagen - auch mit dem Blick auf die Frage „Stellenpläne in diesem Bereich" und alles, was damit zusammenhängt. Hier wird es auch eine unangenehme Entscheidung von Ihnen, Herr Bundesminister, als Mitverantwortlichem in der Regierung geben. Sie werden die Plätze besetzen können, Sie werden vielleicht den einen oder anderen sagen müssen: „Ihr könnt nicht mit einer anschließenden hundertprozentigen Beschäftigungsgarantie rechnen." Aber einer, der eine dreijährige Ausbildung hinter sich hat, ist uns gemeinsam sicher lieber als einer, den wir draußen auf der Straße stehen haben. Dies meinte Richard Stücklen.
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Noch eine kurze Anmerkung. Sie haben von den Ausbildungsordnungen gesprochen, Herr Bundesminister, die - und das glaube ich Ihnen durchaus - niemals Ihr Haus ohne Zustimmung der Verbände
der Wirtschaft verlassen haben. Herr Bundesminister, wir haben oft und wiederholt festgestellt, daß es in Zeiten einer ganz anderen Landschaft in diesem Bereich - nämlich viele offene Stellen und wenig Auszubildende - natürlich auch Verbände gegeben hat, die durchaus der Meinung waren: Anhebung der Anforderungen; nicht nur mit dem Blick auf die Qualität der Ausbildungsergebnisse, sondern auch mit dem Blick auf die Konkurrenz der um Lehrlinge werbenden Unternehmen zustimmen zu können, d. h. auch hochgesteckte Anforderungen, um nur noch bestimmte Größenordnungen in der Ausbildung zum Zuge kommen zu lassen. Herr Bundesminister, wenn heutzutage Anordnungen Ihr Haus verlassen und wieder so angelegt sind, daß daraus weniger anstatt mehr Plätze resultieren, so meine ich, ist es Ihre politische Aufgabe, als mitverantwortlicher Minister zu sagen: Meine Herrschaften, so nicht!, weil wir beispielsweise durch die Forderung nach Ausbildung am Computer, nach Ausbildung in Rechtslehre in gewissen Bereichen - Sie alle kennen das - weniger und nicht mehr Plätze haben werden. Dann müssen Sie sagen: Wir wollen mehr, denn wir können ja dies, was im Betrieb nicht vermittelt werden kann, in der überbetrieblichen betriebsbegleitenden Ausbildung machen. Dies alles brauche ich nicht weiter auszuführen.
Meine verehrten Damen und Herren, ich hätte den Antrag der CDU/CSU sehr gerne im Detail begründet, aber dies wird ein Kollege nach mir tun. Ich hätte sehr gerne darauf hingewiesen, daß unser Ansatz von Anfang an nicht Systemveränderung gewesen ist, sondern Novellierung und Reparatur eines Gesetzes, dessen Auswirkung von 1969 bis heute in fast allen Bereichen noch nicht angelaufen ist. Wir wußten genau, welches die Kernpunkte sind: Bessere Abstimmung zwischen Betrieb und Schule - dies ist ein ganz entscheidender Punkt -, eine funktionierende Abstimmung der Ausbildungsordnungen und der Rahmenlehrpläne. Wir haben Ihnen ganz genau dargetan, wie es sich mit dem ordnungsrechtlichen Teil Ihres Gesetzes verhält. Herr Bundesminister, Sie haben die Dinge unter Finanzierungsgesichtspunkten beleuchtet. Beleuchten Sie sie doch einmal unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten!
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Da wird es nämlich mit den zusätzlichen Belastungen noch bedenklicher als unter Finanzierungsgesichtspunkten.
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Hierzu kann ich Ihnen nur eins sagen: bei 110 000 arbeitslosen jungen Leuten und bei schwierigsten Verhältnissen in den kleinen und mittleren Betrieben wollen wir Wege finden, Ausbildungsplätze zu erhalten, abzusichern und nach Möglichkeit neu zu schaffen. Dies kann nur durch eine sinnvolle Verbesserung, Reparatur, Ergänzung der bisherigen 69er Gesetze geschehen. Dies ist unsere Novellierung,
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ergänzt durch Sofortmaßnahmen, in denen wir flexibel sein müssen. Rechnen Sie dies doch nicht immer über Jahre hoch, Herr Kollege Friderichs. Sie wissen, in fünf Jahren sieht es wieder anders aus, weil die Zahlen sich verändern. Hier setzt doch auch die Kritik an Ihrer Feuerwehrlösung an. Feuerwehr ist doch etwas Schnelles, aber Ihr Finanzierungsapparat funktioniert so langsam, daß das keine Feuerwehrlösung, sondern eine Schneckenlösung ist.
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Das sind die entscheidenden Punkte, die wir sehen müssen. Wenn Sie in diesem Sinne helfen, die Wirtschaft nicht neu zu belasten, und zwar nicht nur im finanziellen, sondern auch im ordnungspolitischen Bereich, dann werden Sie die Partner haben, die Ihnen in den letzten Jahren pro Jahr 5 °/o mehr Plätze angeboten haben, obwohl sie mehr beschimpft als belobigt worden sind. Es hat nur ganz wenige gegeben, die diesen Leuten für ihre ganz vorzügliche Leistung, die sich auch in den Leistungen des Nachwuchses niederschlägt, den gebührenden Dank abgestattet haben, was ich für meine Fraktion auch heute tun will, an alle Betriebe, kleine und große, Ausbilder, Lehrer und Beteiligte.
Wir werden Ihren Weg ablehnen. Unsere Vorstellungen liegen auf dem Tisch.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zur direkten Erwiderung noch ein paar Worte sagen, erstens zu dem, was ich in meiner Fraktion gesagt habe. Warum soll ich das hier nicht deutlich sagen? Bei der Vorbereitung dieser Debatte habe ich in meiner Fraktion die Meinung vertreten, daß damit zu rechnen sei - ich habe gesagt, daß zu befürchten sei -, daß die unionsregierten Länder diesen Gesetzentwurf im Bundesrat nicht passieren lassen. Dazu fühlte ich mich auf Grund von Gesprächen mit ranghohen Persönlichkeiten aus den CDU/ CSU-regierten Ländern legitimiert.
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- Ja, da war aber nie ganz klar, ob am Ende ein Vermittlungsverfahren oder eine harte Ablehnung insbesondere des Finanzierungsteils stehen würde. Nur zu diesem habe ich mich geäußert. Ich messe einer Ausweitung des Platzangebots in den nächsten sechs Jahren - ich sage das in aller Offenheit - gegenüber der Qualität die größere Bedeutung bei.
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- Gut! Wenn Sie sich dann aber der Verantwortung entziehen und den Finanzierungsteil im Bundesrat ersatzlos ablehnen, müssen wir uns, habe ich meiner Fraktion gesagt, überlegen, ob wir nicht - Wahlkampf hin, Wahlkampf her - gezwungen sind, im
Interesse der jungen Leute, nicht der Ausbildungsbetriebe ich betone: der jungen Leute -, irgend etwas zu tun, um das Ausbildungsplatzangebot zu vermehren. Ich habe meiner Fraktion in aller Offenheit gesagt: Wenn ihr das wollt, habe ich dafür ein Modell erarbeitet und durchgerechnet.
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- Ich bitte um Entschuldigung, Herr Stücklen! Lassen Sie mich doch bitte ausreden. - Nur muß ich darauf hinweisen: Dieses Modell kostet den Staat mehrere hundert Millionen DM im Jahr, jedenfalls dann, wenn Sie mit mir davon ausgehen, daß wir 50 000 bis 60 000 zusätzliche Plätze und rund 450 000 Bestandsschutzplätze fördern müssen,
({3})
wobei die mehreren hundert Millionen zum überwiegenden Teil für den Bestandsschutz und leider nicht für die zusätzlichen Plätze benötigt würden.
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- Sie sagen „sehr gut!". Ich war mehrere Tage und Wochen in Baden-Württemberg im Wahlkampf und habe landauf, landab gehört, diese Republik befinde sich in einem Finanzchaos und müsse nun endlich sparen. Dann kann man doch nicht einfach sagen: 400 Millionen, 700 Millionen her - etwa in diesem Stil.
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- Ich bitte um Entschuldigung: wenn Sie morgen hurra schreien und sagen, wir bewilligen Ihnen die Mehrwertsteuer, sind die 700 Millionen DM schon einmal finanziert; darauf können Sie sich verlassen. Aber das nur nebenbei.
Sie müssen zugeben, daß eine Regelung mit öffentlichen Mitteln greifen muß. Ihre Regelung greift nicht. In einer Nummer des „Betriebsberaters" ist wissenschaftlich abgehandelt, warum Ihr Modell nicht funktioniert. Professor Albach hat dort dargelegt - das können Sie alles nachlesen -, warum ein Steuermodell nicht funktioniert.
Für den Fall, daß Sie den Regierungsentwurf trotz der Lage am Ausbildungsmarkt zum Scheitern bringen, habe ich meine Vorstellungen entwickelt, habe aber klar gesagt: das kostet etliche hundert Millionen DM öffentlicher Mittel. Dann müssen Sie uns helfen und uns sagen, woher wir sie nehmen sollen.
({6}) - Nein, unser Modell kostet weniger.
Außerdem hätte unser Modell den Vorteil, daß es nicht diejenigen, die viel Steuern zahlen und mehr verdienen, stärker begünstigt, sondern daß es eine für alle gleiche Vergünstigung gäbe, und es hätte den Vorteil, daß man auch die Nettoausbildungskosten berücksichtigen könnte.
Nun lassen Sie mich aber noch- eine Bemerkung an die Adresse der Klientel machen, für die Sie vorgeben hier zu sprechen. Die gewerbliche Wirtschaft, Herr Abgeordneter Stücklen, hat selbst gesagt: Wir wollen vom Staat kein Geld. Sie hat erklärt: Wenn uns der Staat Geld gibt, dann laufen wir auch Gefahr, daß er uns zunehmend in die Berufsausbildung hineinredet. Ihr Modell und meine allerletzte Lösung bedeuten Steuermittel und bedeuten Staat. Der Regierungsentwurf bedeutet eben nicht Staat, denn er bedeutet, daß die gesamte Wirtschaft die Ausbildung finanziert.
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- Herr Abgeordneter, lassen Sie mich noch eine Bemerkung zu der Belastung machen.
Belastet sind j e t z t diejenigen Betriebe, die mehr ausbilden, als sie für sich selbst brauchen. Das sind die belasteten Betriebe. Der Entwurf ist im Finanzierungsteil so angelegt, daß dies ausgeglichen wird. Ich glaube wirklich nicht, daß man so über die Belastung sprechen kann, wie Sie es tun. Dann sagen Sie doch offen, daß Sie den Ausbildungsbetrieben eine staatliche Subvention geben wollen. Darüber kann man diskutieren. Ich sage Ihnen, mir haben Handwerk, Industrie und Handel erklärt: Wir wollen keine staatliche Subvention; wir wollen die Ausbildung auch in Zukunft aus unseren eigenen Mitteln finanzieren, weil wir sie als eine Selbstverwaltungsaufgabe betrachten.
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Das Wort hat der Abgeordnete Stücklen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Friderichs, wir nähern uns allmählich einem gemeinsamen Standpunkt. Ich freue mich, daß Sie sich unserer Auffassung nähern. Es soll keine Rechthaberei sein, wer letztlich wem nähergekommen ist. Entscheidend ist das gemeinsame Anliegen, daß wir
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im Hinblick auf die geburtenstarken Jahrgänge, die ab 1976 bis 1982 Ausbildungsplätze beanspruchen, dafür sorgen, daß alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um vermehrt Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Das ist das Anliegen.
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Nun ist die Frage, ob mit öffentlichen Mitteln, Steuermitteln, geholfen oder innerhalb der Wirtschaft ein kompliziertes, unzureichendes, von der Bürokratie beherrschtes Finanzierungssystem eingeführt werden soll. Man muß sich auch einmal die Frage stellen, ob nicht auch die Auszubildenden in der gewerblichen Wirtschaft einen Anspruch auf staatliche Förderung haben. Wird nicht allen Hochschul- und Universitätsstudenten sowie allen Studenten der Akademien durch staatliche Hilfe die Ausbildung ermöglicht? Warum wollen Sie nicht die Ausbildung in der gewerblichen Wirtschaft, deren betriebliche Kostenbelastung weit über die Produktivität der Ausbildung hinausgeht, steuerlich entlasten? Ich spreche von steuerlichen Maßnahmen in einem Zeitraum, wo mehr Schulabgänger in die
Sill&len
Ausbildung drängen, als die Wirtschaft normalerweise verkraften kann.
Das, Herr Bundesminister Friderichs, sollte die gemeinsame Basis sein. Der Entschließungsantrag, den wir vorgelegt haben, enthält einen Vorschlag, von dem Sie sagen, daß er nicht ausreichend, nicht wirksam genug sei. Einverstanden, darüber sollte man sich unterhalten. Aber dieser Entschließungsantrag sieht auch vor, daß dafür 2 Milliarden DM zur Verfügung gestellt werden müssen. Da müßte es doch möglich sein, bei gutem Willen einen gemeinsamen Weg zu finden, damit diese 2 Milliarden DM so eingesetzt werden, daß unser Anliegen, mehr Ausbildungsplätze für unsere Jugend zu haben, erfüllt wird.
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Das Wort hat Frau Abgeordnete Schuchardt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einige Worte zu der Rede von Herrn Pfeifer.
Herr Pfeifer hat hier wieder einmal den Eindruck erweckt, als ob die Bildungspolitik vom Bund bestimmt würde. Er hat auf Abiturientenzahlen und auf die Hauptschule hingewiesen und uns wieder einmal als falsches Forum dafür benutzt. Aber wir kennen das aus den Landtagswahlkämpfen. Das ist mir besonders im Saarland und auch wieder in Baden-Württemberg aufgefallen. All das, was in den eigenen Reihen nicht gut gelaufen ist, schiebt man selbstverständlich auf den Bund, während man Leistungen, die der Bund in den Ländern erbracht hat, für sich reklamiert Diese Politik ist, wie wir festgestellt haben, leider auch noch erfolgreich, weil sie auf dem Unwissen unserer Bürger aufbaut; das ist offenbar weit verbreitet.
({0})
Ganz genau dies ist der Fall. Warum regen Sie sich denn auf? Offenbar stimmt das; sonst würden Sie nicht so aus sich herausgehen. Sie erwarten genau das, was zutrifft: daß der Bürger über die Kompetenzverhältnisse zwischen Bund und Ländern nicht hinreichend informiert ist.
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Dieses Unwissen nutzen Sie aus, um Politik zu machen und Wahlen zu gewinnen. Ich frage, ob das ein besonders faires Verfahren ist.
Meine zweite Anmerkung. Herr Pfeifer hat - - Wo ist er überhaupt? - Aha, er hat geredet und ist dann davongegangen. Nun ja.
Die Jugendarbeitslosigkeit - da ist Herr Kollege Wüster von Herrn Pfeifer total mißverstanden worden - - Oh, da sitzt er ja. Entschuldigung, Herr Pfeifer! - Sie haben Ihrerseits wieder einmal
den Zusammenhang zwischen Jugendarbeitslosigkeit und Berufsbildungsreform hergestellt.
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Dies ist völlig unzulässig. Sie wissen ganz genau, daß ein großer Teil der Jugendarbeitslosigkeit andere Ursachen hat, auf die Sie ja auch hingewiesen haben. Nur: dies im Zusammenhang mit der Berufsbildungsreform zu diskutieren, ergibt eine schiefe Schlachtordnung.
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- Herr Gölter, von mir haben Sie das noch nie gehört. Vielmehr habe ich schon mehrere Male - wir hatten ja schon genug Gelegenheit, darüber zu debattieren - auf dieses Mißverständnis des Zusammenhangs hingewiesen.
Allerdings sollte man nicht verschweigen, daß die starken Jahrgänge, die in den nächsten Jahren die Schule verlassen werden, sicher den Anteil derer an der Jugendarbeitslosigkeit erhöhen werden, die einen Ausbildungsplatz suchen. Genau hierfür müssen wir das Finanzierungsmodell im Berufsbildungsgesetz verabschieden.
Es ist darauf hingewiesen worden - auch in den letzten Wortmeldungen wurde das sehr deutlich -, daß die Betriebe besonders belastet würden. Herr Gölter hat im Ausschuß den Antrag der CDU/CSU gerade mit inhaltlichen Verbesserungen begründet und sich für eine breite Grundbildung und eine darauf aufgebaute qualifizierte Fachbildung ausgesprochen. So weit, so gut. Aber wenn man das fordert, muß man sich natürlich auch darüber klar sein, daß das etwas kostet. Und wenn für die betriebliche Ausbildung die Wirtschaft verantwortlich ist, dann bedeutet das, daß sie die Kosten tragen muß. Wenn also dieser Fonds lediglich einen Ausgleich zwischen denen schafft, die die Kosten der Ausbildung tragen, und denen, die anschließend von dieser Ausbildung profitieren, dann bedeutet das nicht eine Belastung der Wirtschaft.
Herr Schedl meint, die CDU/CSU solle eine berufliche Bildung durchsetzen, die die Wirtschaft nicht belaste. Aber damit widersprechen Sie sich nicht nur in der Finanzierung, sondern auch hier.
Dieser Gesetzentwurf, den die Regierung eingebracht hat und den wir im Ausschuß beraten haben, war schon zum Scheitern verurteilt, bevor er im Kabinett überhaupt verabschiedet war. Die Opposition hat, noch ehe sie seine Inhalte kannte, angekündigt, sie werde diesem Gesetz nicht zustimmen. Aus dem Bundesrat hatten wir dann nicht etwa Änderungsanträge zu erwarten, sondern ein krasses Nein der Bundesratsmehrheit. Die CDU/CSU hat diese Politik im Ausschuß weiter betrieben. Obwohl sie im ersten Durchgang glauben gemacht hatte, sie sei zu konstruktiver Arbeit bereit, hat sie dann überhaupt keine Änderungsanträge gestellt und uns so der Chance einer möglichen Einigung beraubt.
Dies ist nicht irgendein Gesetz, sondern ein Gesetz, das die Bildungs- und Berufschancen von HunFrau Schuchardt
derttausenden wesentlich betrifft. Jene, die dieses Berufsbildungsgesetz gewählt haben, um politische Konfrontation zu betreiben, müssen sich wohl vorwerfen lassen, daß sie sich an dieser großen Zahl von Jugendlichen schuldig machen.
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Bei einem Blick in die Parteiprogramme ist unschwer zu erkennen, daß alle Parteien sich darin einig waren, man müsse qualitative Verbesserungen bei der beruflichen Bildung einleiten. Besonders die CDU und sogar die CSU haben dies in Parteitagen und Kongressen zum großen Thema erhoben. Es wurde bereits darauf hingewiesen, wie unterschiedlich die Aussagen aus der CDU zum Bereich der Finanzierung ausgefallen sind. Natürlich muß man sich fragen: Wieviel Geld muß eigentlich eine Partei haben, die so aufwendige Veranstaltungen wie Kongresse und Parteitage durchführt und dort Beschlüsse faßt, an deren parlamentarische Umsetzung sie gar nicht denkt? Kongresse als Forum oder Spielwiese von Sozialausschüssen sind sicher nur dort möglich, wo viel Geld vorhanden ist.
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Ich will nicht verkennen, daß - wie heute morgen schon festgestellt wurde - ein besonders großes Problem in der quantitativen Versorgung von Jugendlichen mit Ausbildungsplätzen besteht. Das bringt mit sich, daß man qualitative Verbesserungen, die uns allen als wünschenwert erscheinen, verlangsamen muß, wenn sie dem Ziel zuwiderlaufen, ein hinreichendes Ausbildungsplatzangebot zu schaffen.
Was kann dieses Gesetz eigentlich leisten, und was will es leisten? Es muß zweierlei leisten, erstens den Mangel an Ausbildungsplätzen in den nächsten Jahren verhindern helfen und zweitens längerfristig mehr Qualität sichern. Wir alle wissen, daß qualitative Verbesserungen gerade im Bildungsbereich immer nur längerfristig wirken. Wenn wir uns heute allein auf Änderungsprogramme zur Gewährleistung eines hinreichenden Ausbildungsplatzangebots beschränkten, würde dies gleichzeitig bedeuten, daß wir wertvolle Jahre verschenkten, in denen die Inhalte hätten verbessert werden können.
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Folglich muß dieses Gesetz beides leisten, das eine kurzfristig und das andere mittel- und längerfristig.
Dieses Berufsbildungsgesetz kann aber nun leider nur den betrieblichen Teil der Ausbildung regeln, was in den vergangenen Jahren in erheblichem Maße zu einer schiefen Schlachtordnung führte. Wir sind nicht etwa der Auffassung, daß in den berufsbildenden Schulen alles in bester Ordnung sei; freilich dürfen wir in diesem Bereich parlamentarisch nicht wirksam werden.
Das Berufsbildungsgesetz unternimmt nun den Versuch - dies ist einer der wichtigen Punkte -,
eine wirksame Bildungsorganisation auszubauen, die gleichzeitig eine parlamentarische Kontrolle sicherstellt. Das Wichtigste - auch darin waren wir uns einig - ist die inhaltliche Abstimmung zwischen den Ausbildungsordnungen für die Betriebe und den Rahmenlehrplänen für die Schule. Bund und Länder müssen also ein gemeinsames Organ bilden, und zwar - so ist es der Wille der Koalition - unter gleichberechtigter Teilhabe an der Entscheidung der Sozialpartner.
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Diese Abstimmung kann nur von dem im Gesetz vorgesehenen Bundesinstitut für Berufsbildung geleistet werden. In diesem Institut ist es möglich, die bundeseinheitliche Gestaltung der Inhalte vorzunehmen.
Ich meine, daß die CDU/CSU-regierten Länder sich vorwerfen lassen müssen, auf Provinzialismus zu beharren.
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Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, sind der Auffassung, daß es für Parlamentarier offenbar hinnehmbar ist, Bildungsinhalte in der grauen Zone von Bund-Länder-Kommissionen und Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern, die sich total der Entscheidung und der Kontrolle dieses Parlaments und auch der Länderparlamente entziehen, zu belassen. Wenn Sie dem nicht entgegenwirken, was Ihnen natürlich von Ihren Bürokratien aufoktroyiert worden ist, machen Sie sich mitschuldig daran, daß dieses Parlament und der Parlamentarismus der Exekutive einigermaßen hilflos gegenüberstehen. Ich meine, das wäre nicht gut für unsere parlamentarische Demokratie.
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Sie haben auch heute wieder den Vorwurf der Bürokratisierung erhoben. Ich habe diesen Vorwurf an dieser Stelle schon einmal widerlegt, aber das hilft natürlich nichts. Man sollte sich einmal darüber unterhalten, welchen Wert Reden, die man hier vorne hält, eigentlich haben, wenn nicht einmal diejenigen, die zugehört haben, sie zur Kenntnis nehmen. Wir haben heute eine außerordentlich umfangreiche Bürokratie, was die berufliche Bildung betrifft. Es gibt das Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung mit seinem Hauptausschuß, den Bundesausschuß für Berufsbildung, die Fachministerien des Bundes - es sind fast alle Ministerien betroffen -, die Kultusministerkonferenz, die BundLänder-Kommission, elf Kultusministerien, die sich mit beruflicher Bildung befassen, und letztendlich die Fachministerien in den Ländern. Wenn dies keine Bürokratie ist, die Sie beibehalten wollen!
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Diese Bürokratie wollen wir vereinfachen, indem wir dem Bundesinstitut für Berufsbildung eine zentrale Rolle zuweisen. Wer ein solches Verfahren mit „Bürokratisierung" bezeichnet, dem muß man wohl unterstellen, daß er den Text des Gesetzentwurfes
entweder nicht gelesen hat oder ihn der Öffentlichkeit falsch weitergibt.
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Ein weiterer Bereich, auf den heute noch nicht eingegangen worden ist, der aber deshalb so wichtig ist, weil dann, wenn er nicht Gegenstand einer gesetzlichen Regelung würde, sondern sozusagen im Gestrüpp zwischen Bundesrat und Bundestag unterginge, erhebliche negative Folgen in den nächsten Jahren zu verzeichnen wären, ist der Bereich der Statistik. Wir haben zur Zeit keine Möglichkeiten, die genaue Entwicklung der nächsten Jahre, was den Angebotssektor betrifft, abzuschätzen. Dazu brauchen wir eine gesetzliche Grundlage. Wer dieses Gesetz zum Scheitern bringt - aus wahltaktischen oder aus welchen Gründen immer -, wird sich Vorwürfe gefallen lassen müssen, wenn sowohl die Wirtschaft als auch die öffentlichen Hände in den nächsten Jahren auf Grund fehlender Informationen nicht die Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind.
Der Inhalt des Berufsbildungsgesetzes, was die inhaltliche Gestaltung der Berufsbildung betrifft, kann natürlich nicht sehr umfangreich sein. Das, was das Berufsbildungsgesetz leisten kann, sind lediglich Grundforderungen an die Qualität der Ausbildungsorte, an die Qualität der Ausbilder, an Anerkennung von Prüfungsleistungen usw.
Auch dieses Gesetz hat sich den Vorwurf machen lassen müssen - nicht zuletzt von uns selbst -, zu viele Rechtsverordnungsermächtigungen zu beinhalten und damit zu viele Möglichkeiten der Auslegung durch Bürokratien zu ermöglichen. Nun haben wir uns, die beiden Koalitionspartner, im Ausschuß intensiv darum bemüht, so viel wie möglich zu konkretisieren. Wenn wir aber kein Gesetz machen wollen, dem man Perfektionismus unterstellen kann, so werden wir das Instrument der Rechtsverordnung überhaupt nicht umgehen können. Wenn man sich einmal überlegt, meine Damen und Herren, wieviel Politiker meinen heute politisch lösen zu können, was eigentlich fachlich gelöst werden sollte, dann werden wir gar nicht darum herumkommen, die Ausgestaltung dieses Gesetzes den Fachleuten zu überlassen.
Der Koalitionentwurf sieht vor - deshalb sind die Rechtsverordnungen für uns tragbar -, daß die Rechtsverordnungen im Bundesinstitut gestaltet werden. Hier sind durch die Beteiligung von Bund und Ländern und den Sozialpartnern hinreichende gegenseitige Kontrollen eingeführt - damit ist auch die Transparenz sichergestellt -, die unsere Entscheidungen erleichtern. Schauen Sie sich einmal, meine Damen und Herren, den CDU/CSU-Entwurf an. Dabei werden Sie feststellen, daß auch in ihm das Rechtsverordnungsunwesen einen sehr großen Platz einnimmt. Wenn man dieses kritisiert, so sollte man meiner Meinung nach bei sich selber beginnen.
Hinsichtlich der Finanzierung will ich mich ganz kurz fassen, weil dies bereits angeführt und hinreichend ausdiskutiert worden ist. Doch kurz folgendes: Herr Stücklen, Ihre Wortmeldung hat deutlich gemacht, daß Sie - das ist kein Vorwurf; das können Sie gar nicht geleistet haben - die verschiedenen Vorschläge, die aus Ihren Reihen zur Finanzierung gekommen sind, das Berufsbildungsgesetz mit seiner Finanzierung und die Vorschläge, die Edding gemacht hat, im Detail selbstverständlich nicht kennen können.
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Nur, Sie haben sich hier dazu geäußert, und leider ist diese Unkenntnis deutlich geworden. Ich meine, daß es Herrn Minister Friderichs hier eindeutig gelungen ist, nachzuweisen, daß Sie immer wieder, je nachdem, wie es gerade günstig erscheint, mit einem neuen Vorschlag kommen, sei es nun der völlig untaugliche Vorschlag von Herrn Filbinger im Wahlkampf von Baden-Württemberg, ein Vorschlag, der dankenswerterweise von Herrn Gölter selber kritisiert worden ist, sei es der heutige, ein mit wirklich heißer Nadel genähter Vorschlag, der hinreichend widerlegt worden ist.
Vizepräsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stücklen?
Verehrte Frau Kollegin Schuchardt, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß sich außer Ihnen auch noch andere Abgeordnete mit diesem Problem befaßt haben?
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Es ist aus Ihren Worten nicht deutlich geworden, daß Sie, Herr Stücklen, zu diesen Abgeordneten gehören.
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Meine Damen und Herren, natürlich ist in erster Linie das Ziel, das Ausbildungsplatzangebot zu erhöhen. Sie von seiten der Opposition machen uns nun den Vorwurf, wir hätten hier ein Ausbildungsplatzverhinderungsgesetz gemacht. Aber offenbar schauen Sie dann, wenn Sie zu dieser Kritik ansetzen, immer in Ihren Entwurf. Denn in ihm ist nun in der Tat nicht die geringste Anregung dafür enthalten, wie man mehr Ausbildungsplätze schafft.
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In unserem Entwurf, dem Koalitionsentwurf, dagegegen finden sich sehr wohl Anregungen, wie man für ein hinreichendes Ausbildungsplatzangebot sorgen kann.
Ich meine, man sollte hier noch darauf hinweisen, daß ein Gesetz allein und auch eine noch so gute Finanzierungsregelung sicherlich nicht geeignet sind, das Ausbildungsplatzangebot zu sichern. Hinzu kommt eine gemeinsame Anstrengung der Wirtschaft, der öffentlichen Hände und der ihrer Unternehmen, weil - und das ist das Entscheidende - wir erwarten müssen, daß in den nächsten Jahren über den prognostizierten Bedarf hinaus ausgebildet wird. Dies bedeutet, daß man die Gewerkschaften bitten muß, nicht etwa Forderungen zu erheben,
die auf anschließende Weiterbeschäftigung hinzielen, und man wird der Wirtschaft sagen müssen, daß sie die heutigen starken Jahrgänge Ende der 80er Jahre sehr wohl im Arbeitsprozeß benötigt. Und letztendlich werden die Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz finden, auf den Staat zukommen und ihn bitten, ihnen eine Ausbildung anzubieten, und dies würde der Verschulung Vorschub leisten.
Meine Damen und Herren, nur noch eines zur Finanzierung, weil ich meine, daß dies das Wichtigste ist. Herr Friderichs hat es bereits angedeutet: All die Vorschläge, die bisher von seiten der CDU gekommen sind, differenzieren entweder überhaupt nicht oder nicht hinreichend nach den tatsächlichen Kosten der Berufsausbildung in dem jeweiligen Beruf. Wenn wir diese Differenzierung nicht vornehmen, werden wir zwangsläufig die sogenannten billigen Ausbildungen in einer großen Anzahl anbieten und den Jugendlichen, die diese Berufsausbildung annehmen, damit die Berufschancen später ganz erheblich verbauen. Dies kann nicht der von Ihnen gewollte Struktureffekt sein. Im meine, daß der Regierungsentwurf einschließlich seines Finanzierungsmodells geeignet ist, ohne Strukturverzerrungen ein hinreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen zu schaffen.
({2})
Vizepräsident von Hassel: Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engholm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf einige Äußerungen eingehen, die der Kollege Pfeifer heute morgen eingangs der Debatte gemacht hat, und dazu feststellen, daß es eigentlich für Herrn Pfeifer typisch ist, hier in einer so hohen Summe bildungspolitisches Falschgeld zu wechseln, für das sich draußen im Lande niemand etwas kaufen kann.
({0})
Und wenn ich es - auch in bezug auf den von mir persönlich sehr geschätzten Kollegen Schedl - etwas netter formulieren darf, dann will ich einmal zum Wort des Dichters greifen, der da gesagt hat: Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was an Wahrheit und an Kraft ihm fehlt. Tasso, bei Goethe nachzulesen.
({1})
Ich meine, wenn wir uns anschauen, wie lange die Unionsparteien gebraucht haben, um dem Bundesparlament einen Entwurf zur Berufsbildungsreform vorzulegen,
({2})
daß sie es gerade eben geschafft haben, sechs Monate vor Ablauf dieser Legislaturperiode einen solchen Entwurf einzubringen - sechs Monate vor Schluß der Sitzungen des Bundestages! -, dann sage ich: Wer so fahrlässig mit Berufsbildungsreform umgeht, dem kann an Reform wohl ernsthaft nicht gelegen sein.
({3})
Wenn ich einige Blicke auf die Inhalte dieser CDU/CSU-Novelle werfen darf, dann gibt es dort manches, was registriert und zu Protokoll gegeben werden muß. Da, wo im Entwurf der Unionsparteien akzeptable Antworten wiederzufinden sind, findet man eine enge Anlegung an das, was der Regierungsentwurf über ein Jahr vorher zu Papier gebracht hat.
({4})
Da, wo Antworten dringend erforderlich wären, etwa bei der hier schon diskutierten Frage der finanziellen Abstützung eines ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes, sind weiße Flecken im CDU/ CSU-Entwurf. Statt dessen versucht die Union mit einem in sich unseriösen, wirtschafts- und steuerpolitisch nicht haltbaren Antrag zur steuerlichen Entlastung, diese weißen Flecken auszufüllen. Nach dem, was der Wirtschaftsminister heute morgen den Unionsparteien vorexerziert hat, hoffe ich, daß diese ihren Antrag noch in dieser Sitzung wegen Unserosität zurückziehen.
({5})
Meine Damen und Herren, entsprechende Antworten fehlen auf die Frage: Wie organisieren wir die Berufsbildung auf Bundesebene? Da greift die Union zur Konstruktion einer sogenannten Zentralstelle. Das heißt nichts anderes als daß alle Fragen der Kooperation der Partner einschließlich der wichtigen Fragen der Abstimmung zwischen Schule und Betrieb auf ein kündbares Verwaltungsabkommen verlagert werden. Das bedeutet, daß künftig ein Bundesland, dem der ganze Kram nicht paßt, dieses Abkommen kündigen kann.
({6})
Es wird damit ein instabiles System in einer Zeit geschaffen, in der es auf Stabilität und Dauerhaftigkeit besonders ankommt.
Im übrigen werden die Mitwirkungsrechte der Beteiligten, ganz besonders der Gewerkschaften, beschnitten. Man scheint bei den Unionsparteien auf den Sachverstand der Tarifpartner nur wenig Wert zu legen.
Wo der Entwurf schließlich ganz deutlich wird, etwa bei der Frage, was mit den vorhandenen Bundeskompetenzen geschieht, werden alle unbestrittenen Bundeskompetenzen bis hin zur letzten Rechtsverordnung einer totalen Zustimmung des Bundesrates ausgesetzt. Wenn man Berufsbildungspolitik gerade in jenen Teilen, von denen Frau Schuchardt gesprochen hat, bei den Rechtsverordnungen, bei denen es um Schnelligkeit und Flexibilität geht, in den Graubereich der Kultusbürokratien der Länder verlagert, dann ist das jene Art der Atomisierung, die uns die Unionsparteien immer vorgeworfen haben.
({7})
Es ist exzessiver Föderalismus, und das in einer Zeit, in der wir doch wissen, daß die Bürger draußen im Lande genau das Gegenteil wünschen, nämlich eine maßvolle Vereinheitlichung der Bildungs- und Entscheidungsstrukturen.
({8})
Schließlich ein letztes Wort zu diesem Entwurf. Es ist eine Kleinstnovelle, bei der wir nicht einmal mehr die Chance haben, sie eingehend zu beraten. Der Entwurf hat von keiner Seite der Gruppen unserer Gesellschaft wirklich Zustimmung gefunden. Diese Kleinstnovelle trägt den Keim ihrer erneuten Novellierung in sich. Wer heute halbherzig an die Reform des Ausbildungssystems herangeht, muß bereits morgen erneut novellieren. Das würde aber psychologisch das Klima auch bei der Wirtschaft verderben. Schon deshalb müssen wir den Entwurf der Unionsparteien ablehnen.
({9})
Ich möchte noch einmal auf einige Widersprüchlichkeiten zurückkommen zwischen dem, was die Unionsnovelle enthält, und dem, was in mehr oder minder wohlklingenden programmatischen Äußerungen in den letzten zwei Jahren von CDU-Parteiseite gesagt worden ist. Ich möchte es deutlich machen am Beispiel des Finanzierungsfonds und damit noch einmal das aufgreifen, was Minister Friderichs und Frau Kollegin Schuchardt schon gesagt haben. Da gibt es den Beschluß des Hamburger Parteitages der CDU vom Jahre 1973, in dem, nachlesbar für jedermann, ein neues Finanzierungsverfahren gefordert wird. Da sagt der heutige Spitzenkandidat der CDU/CSU, Helmut Kohl, auf dem Berufsbildungskongreß in Saarbrücken, daß dies eine mögliche Einigungsgrundlage in der Finanzierungsfrage sei. Da gibt es das berühmte Kieler Modell der christlich-demokratischen Arbeitnehmer. Da gibt es ähnliche Beschlüsse der Jungen Union. Sie alle haben in programmatisch niedergelegter Form die Notwendigkeit eines Finanzierungsverfahrens betont. Es soll auch einen Brief von Helmut Kohl an den Deutschen Gewerkschaftsbund geben, in dem das noch einmal bekräftigt worden ist.
Was ist von diesen wohltuenden Bekundungen geblieben? Dazu zitiere ich Herrn Dr. Probst, den Vorsitzenden des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft, der im „Deutschland-Union-Dienst" gesagt hat:
Finanzierungsregelungen wollen nur Systemveränderer.
Ich stehe nicht an, Helmut Kohl in der Truppe der Systemveränderer zu begrüßen. Nur, hier wird ein abgrundtiefer Zynismus deutlich. Auf der einen Seite wird programmatisch etwas gefordert, und wenn die Regierung es dann verwirklicht, wird ihr das denunziatorisch ans Bein gehängt.
({10})
Die Sozialausschüsse haben in ihrer Zeitschrift „Soziale Ordnung" in knapper und treffender Form gesagt: Diese Methode hieße „einen Schritt vor und zwei zurück". Wenn ich mit Ihnen gemeinsam richtig rechnen kann, ist das unter dem Strich minus eins.
Minus eins heißt Rückschritt, und wir nennen das im politischen Vokabular manchmal auch Reaktion.
Ich meine, daß an diesem Beispiel - ich will es aus Zeitgründen nicht auf andere Gebiete ausdehnen - deutlich wird, welche Funktion Programme bei den Christlichen Demokraten seit den Kölner Leitsätzen oder seit dem Ahlener Programm bis zum heutigen Tage haben. Programme sind dazu da, zu Papier gebracht und dann möglichst schnell in der praktischen Politik wieder über Bord geworfen zu werden, d. h., Programme sind dazu da, von den Sonthofener Strategen in diesem Hause außer Kraft gesetzt zu werden.
({11}): Das Godesberger Programm, was? - Weitere Zurufe von der
CDU/CSU)
Ich will auch noch einige Worte zur Qualität der Ausschußberatungen sagen. Die Unionsparteien haben die Ausschußberatungen mehr oder minder fragend oder schweigend begleitet. Es ist Ihr gutes Recht, wenn Sie sich auf Grund einer anderen Konzeption an der Sachberatung nicht beteiligen. Sie haben sich der bei der Sachberatung gezeigten Abstinenz aber nach außen hin leider nicht befleißigt. Ich muß hier noch einmal einige Worte des Abgeordneten Dr. Probst aufgreifen, stellvertretend für einige andere; ich könnte auch Herrn Filbinger, Herrn Carstens und andere zitieren. Da spricht Herr Dr. Probst in den „CSU-Pressemitteilungen" vom 17. März 1976 in bezug auf Bildungsminister Helmut Rohde von einem Systemveränderer, von Verstaatlichungsideologie, von Lösung von der betrieblichen Ausbildung und von kaltschnäuzigem Vorgehen.
({12})
Ähnlich äußert er sich in der Rede am 23. Januar dieses Jahres im Bundestag, wo er von Kollektivismus, Reglementierung, ideologischen Scheuklappen, Umfunktionierung, Funktionärsherrschaft und ähnlichem mehr redet.
({13})
Meine Damen und Herren, das einem Manne vorzuwerfen, der es als erster Bildungsminister in der Bundesrepublik Deutschland immerhin fertiggebracht hat, der Berufsbildungspolitik im Parlament erste Priorität zu verleihen, ist für meine Begriffe schlicht infam. Das ist der nackte Versuch der politischen Denunziation.
({14})
Vizepräsident von Hasse!: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Gölter?
Bitte schön.
Herr Kollege Engholm, sind Sie der Auffassung, daß einzelne Begriffe aus dem Zusammenhang der Sätze herauszureißen und zu addieren eine seriöse Zitierweise darstellt?
Ich konnte mich darauf beschränken, diese Begriffe herauszunehmen,
({0})
weil in den Äußerungen an bildungspolitischer Substanz nichts steht. Diese Papiere strotzen vor Begriffen, als hätte man sie mit Hilfe von Allensbach aus dem Negativvokabular herausgefieselt.
({1})
Ich muß auch sagen: Was die Unseriosität betrifft, so habe ich in der Bildungspolitik in den letzten sieben Jahren selten etwas so sachlich Substanzloses wie diese Äußerungen und etwas so geistig Reflexionsarmes gehört und gelesen wie das, was Herr Dr. Probst von sich gegeben hat. Ich sage das deshalb, weil es für die Bildungspolitik, die es im deutschen Bundesparlament ganz gewiß nicht leicht hat, eine tiefe Beschämung darstellt, die nicht in der Lage ist, der Bildungspolitik zu mehr Rang und Würde zu verhelfen.
({2})
Lassen Sie mich noch einige Worte zu dem Verfahren sagen, das der Gesetzentwurf der Bundesregierung nun in den kommenden Monaten zu erwarten hat. Wir haben an diesem Gesetzentwurf über 18 Monate gearbeitet, gefeilt, geändert, Kompromisse gesucht, gefunden und beschlossen. Das sind 18 Monate harter parlamentarischer Alltagsarbeit. Unser Dank sollte, unabhängig von den parteipolitischen Kontroversen, allen Mitarbeitern dieses Hauses und besonders den Mitarbeitern im Bildungsministerium gelten, die alles getan haben, um uns die Arbeit zu erleichtern.
({3})
Wenn man aber bereits heute vor Abschluß der Beratungen und vor Beginn der letzen Runde im Bundesrat, hier im Hause nebenan, deutlich und verkündet wird, der Bundesrat werde dieses Gesetz mit dem bekannten Federstrich ablehnen und zu den Akten legen, dann ergeben sich für mich als ein einfaches Mitglied dieses Hauses, das seine Arbeit immer noch mit Leidenschaft versieht, doch bestimmte Fragen.
Ist es eigentlich im Sinne und im Interesse des Souveräns - das ist der Bürger, der uns als frei gewählte Abgeordnete hierher geschickt hat, um Gesetze zu machen -, daß hier ein Haus Jahre hindurch arbeitet, damit in der zweiten Kammer nebenan Gesetze ohne lange Debatten weggeschaufelt und zunichte gemacht werden?
({4})
Ich frage mich, ohne daß ich damit die verfassungsrechtliche Legitimation des Bundesrats in Frage stelle,
({5})
ob es verfassungspolitisch sinnvoll ist, daß alle
wichtigen außenpolitischen und innenpolitischen Gesetze und Verträge bei einer Kammer auflaufen I können, die nicht frei gewählt ist, die nur die Aufgabe hat, die spezifischen Interessen der Länder einzubringen.
Ist es wirklich im Sinne unseres Staates, daß die Gewichte der Entscheidung aus dem ersten Organ des Staates langsam aber sichtbar in das zweite verlagert werden? Dies schafft auf Dauer nicht nur Frustration in diesem Hause; dies schafft auf Dauer Unverständnis und mürrische Reaktionen bei den Bürgern draußen, die nicht mehr wissen, an wen sie sich wenden sollen.
({6})
Ich habe immer noch die Hoffnung, daß der Bundesrat sich auf Grund der Notwendigkeit der aktuellen Problemlösungen bereit finden wird, diesem Berufsbildungsgesetzentwurf der Bundesregierung etwas Besseres angedeihen zu lassen als ein Begräbnis erster Klasse.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf - darüber ist heute morgen mehrfach gesprochen worden - ist ein maßvoller, weil von Kompromissen getragener Gesetzentwurf. Das heißt, er vertritt sowohl die Interessen der Jugendlichen, wie er auch die Interessen der ausbildenden Wirtschaft mit einbindet. Er sichert die Kontinuität der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in unserem Lande. Deswegen bitte ich Sie alle und das Haus nebenan, zu diesem Gesetzentwurf nicht einfach nein zu sagen, nicht mit einem Federstrich die Arbeit, in die viel investiert worden ist, zu den Akten zu legen. Die Ausbildungsbombe, so hat es kürzlich jemand formuliert, tickt in diesem Lande laut, vernehmlich und bedrohlich. Lassen Sie uns die letzte Chance in dieser Legislaturperiode nutzen, diese Ausbildungsbombe zu entschärfen. Wir tun das am besten, indem wir mit großer Mehrheit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmen.
({7})
Vizepräsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Klein ({8}). Für ihn sind fünf Minuten angemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Engholm hat gerade die Diskussion darauf abzustellen versucht, daß die Union ihre Programme nicht verwirkliche. Er hat auf angebliche Widersprüche verwiesen.
Herr Kollege Engholm, ich meine, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
({0})
Wer hat denn in diesem Lande 1969, mit programmatischem Anspruch versehen, gerade der Jugend bildungspolitische Paradiese versprochen? Dies waren doch Sie mit programmatischem Anspruch. Wo wir heute stehen, das wissen wir alle: Sackgassen im Bildungssystem, wohin wir schauen.
({1})
Dr. Klein ({2})
Wenn Sie eine gute Politik betrieben hätten, brauchten wir uns heute in der Weise über die dringlichen Probleme, wie wir sie heute haben, überhaupt nicht zu unterhalten.
({3})
Ich finde es schon kurios, in welcher Weise hier von seiten der Koalition versucht wurde, das Umlagesystem, das die Regierung vorgeschlagen hat, auf Programmvorschläge der Union auf ihren 22. Parteitag in Hamburg zu beziehen.
Vizepräsident von Hassel: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Möllemann?
Bitte schön.
Herr Kollege Klein, da Sie gerade von den programmatisch verkündeten bildungspolitischen Sackgassen sprachen, möchte ich Sie fragen: Würden Sie freundlicherweise dem Hohen Hause mitteilen, wer den Bildungsgesamtplan, in dem diese bildungsprogrammatischen Aussagen in der Entwicklung des Bildungssystems der nächsten Zeit festgeschrieben sind, unterschrieben hat?
({0})
Dies ist sicher keine originelle Frage.
({0})
Eines ist allerdings deutlich sichtbar: Die bildungspolitische Euphorie ist von Ihrer Seite erzeugt worden und hat in diesem Lande ein Klima geschaffen, dem sich politisch kaum jemand entziehen konnte. Wir waren allerdings diejenigen, die rechtzeitig vor dieser Euphorie gewarnt haben,
({1})
wobei zuzugeben ist, daß auf allen Seiten gewisse Fehler gemacht worden sind.
Aber, meine Damen und Herren, kommen wir zurück auf die Frage der Finanzierung der beruflichen Bildung. Da kann ich nur sagen: Umlage ist nicht gleich Umlage. Hier wird versucht, die Bevölkerung zu täuschen. In Ihre Umlageregelung sind zwei entscheidende Konstruktionsfehler eingebaut, nämlich einmal die einjährige Dauer - dies schafft nichts anderes als Verunsicherung ({2})
und zweitens sagen Sie doch: „Gefördert werden Ausbildungsplätze, die zusätzlich zum Durchschnitt der letzten drei Jahre zur Verfügung gestellt werden". Das bedeutet doch nichts anderes als eine Verführung der Betriebe dazu, zunächst einmal die von ihnen angebotene Zahl von Ausbildungsplätzen zu senken, um anschließend die Prämie zu kassieren. Das ist doch keine seriöse Lösung im Sinne der Jugendlichen in diesem Lande.
({3})
Ein entscheidender Punkt, den wir sehen müssen, ist doch das Verhältnis von Aufbringungsseite einerseits und Verwendungsseite andererseits. Es ist kein Geheimnis, daß es in unseren Reihen Diskussionen über die Aufbringung gibt, ob sie besser durch eine Umlage zwischen den Betrieben oder durch Mittel der öffentlichen Hand erfolgen soll. Entscheidender als die Aufbringung ist jedoch die Verwendung, Kollege Engholm.
Da gibt es zwei entscheidend von einander abweichende Möglichkeiten, nämlich einmal, nur da zu fördern, wo zusätzliche Plätze geschaffen werden - dazu sind Prämiensysteme wie das Ihre geeignet -; das zweite Problem ist aber, nicht nur zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, sondern ein weiteres Absinken ihrer Zahl zu verhindern. Dies ist eben durch ein Prämiensystem wie das Ihre nicht zu packen. Dazu bedarf es der Einbeziehung der bestehenden Ausbildungsplätze. Sonst würde uns folgendes passieren: Während wir es auf der einen Stelle mühsam durch Prämien - ob durch Umlage oder aus Steuermitteln aufgebracht, sei einmal dahingestellt - erreichen, zehn neue Ausbildungsplätze zu schaffen, gehen uns anderswo zehn, zwanzig oder dreißig Ausbildungsplätze verloren, die geschlossen werden und deren Verlust wir mit einem Prämiensystem, wie es mit Ihrem Fonds vorgesehen ist, überhaupt nicht verhindern können.
({4})
Das ist doch gegenwärtig das Problem.
Genau da hilft unsere Steuerlösung auf alle Fälle; denn sie eröffnet nicht nur einen Anreiz dazu, neue Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, sonders sie verhindert vor allen Dingen, daß bestehende Ausbildungsplätze geschlossen werden. Hierdurch kommt es zu einer kostenmäßigen Entlastung für diejenigen, die heute schon bereit sind, hohe Kosten für die Ausbildung auf sich zu nehmen. Insofern besteht ganz klar Einigkeit innerhalb der Union, daß wir eine kontinuierliche Entlastung für alle Ausbildungsplätze anstreben. Denn was heute durch Steuerstundung im Jahre 1976 als Steuergeschenk wirkt, wirkt doch im Jahre 1977 als eine Sanktionsmöglichkeit oder Bestrafungsmöglichkeit - wenn ich das einmal so sagen darf - für denjenigen, der Ausbildungplätze schließt. Ab 1977 wird es dann so sein, daß für jeden Ausbildungsplatz, der geschlossen wird, die gestundete Steuer zurückgezahlt werden muß. Dies wird sich ein Betrieb dann doppelt und dreifach überlegen.
({5})
- Ich darf zum Schluß kommen.
Meine Damen und Herren, aus diesem Grunde, meine ich, muß hier noch einmal ganz deutlich gesagt werden, daß das, was Sie zur Finanzierung vorgeschlagen haben, nicht nur unsolide, sondern höchst gefährlich ist und daß wir der deutschen Jugend einen Gefallen tun, wenn wir dieses Instrument überhaupt nicht zur Wirkung kommen lassen, sondern seine Anwendung verhindern.
({6})
Dr. Klein ({7})
Für den Fall, daß Sie zur Vernunft kommen, bitte ich Sie, mit uns in den künftigen Stufen des Verfahrens auf eine vernünftige Lösung hinzuarbeiten. Wir werden wie bisher konstruktiv mitarbeiten,
({8})
werden aber alles daransetzen, Negativlösungen zu vermeiden.
({9})
Vizepräsident von Hassel: Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache in der zweiten Beratung liegen nicht vor.
Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe § 1 des Gesetzes in der Ausschußfassung und im Zusammenhang damit den Änderungsantrag der CDU/CSU auf Drucksache 7/4995 auf. Dieser Antrag befaßt sich mit dem gesamten Gesetz und wird daher jetzt insgesamt behandelt; es wird auch insgesamt darüber bei § 1 abgestimmt.
Wer wünscht zur Begründung des Antrags Drucksache 7/4995 das Wort? - Keine Begründung. Wird sonst das Wort zu diesem Antrag gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten in die Abstimmung über den Ihnen vorliegenden Gesamtantrag auf Drucksache 7/4995 ein. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen dann zur Einzelberatung der Bestimmungen des Gesetzes in der Ausschußfassung. Wir stimmen kapitelweise ab.
Ich rufe das Erste Kapitel auf. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Ersten Kapitel zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen ist das Erste Kapitel angenommen.
Ich rufe das Zweite Kapitel auf. Wortmeldungen und Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Zweiten Kapitel seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen mit den Stimmen der Koalition angenommen.
Ich rufe das Dritte Kapitel auf. Wortmeldungen und Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -Mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis angenommen.
Das Vierte Kapitel entfällt.
Ich rufe das Fünfte Kapitel auf. Wortmeldungen und Anträge liegen nicht vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ohne Gegenstimmen so beschlossen.
Ich rufe das Sechste Kapitel auf. Wortmeldungen und Anträge liegen nicht vor. Wer zuzustimmen
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit demselben Mehrheitsverhältnis wie das Erste, Zweite und Dritte Kapitel angenommen.
Ich rufe das Siebente Kapitel auf. Wortmeldungen und Anträge liegen nicht vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen.
Ich rufe das Achte Kapitel auf. Wortmeldungen und Anträge liegen nicht vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Im gleichen Stimmenverhältnis angenommen.
Ich rufe das Neunte Kapitel auf. Keine Wortmeldungen, keine Anträge. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen.
Ich rufe das Zehnte Kapitel auf. Wortmeldungen und Anträge liegen nicht vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen.
Ich' rufe das Elfte Kapitel auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ist so beschlossen.
Ich muß außerdem noch Einleitung und Überschrift aufrufen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit dem gleichen Stimmenverhältnis angenommen.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Das Wort hat der Herr Bundesminister Rohde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute morgen konnte man über weite Strecken der Debatte den Eindruck gewinnen, daß sich die Ausbildungsinteressen der Jugendlichen und die berufliche Bildung überhaupt überwiegend auf einige Korrekturen am geltenden Steuerrecht reduzieren ließen. Das wäre aber ein Abdanken der Bildungspolitik und gleichzeitig auch eine Degeneration der Erwartungen, die von allen gesellschaftspolitischen Kräften in den letzten Jahren mit der Zukunft der beruflichen Bildung verbunden worden sind.
Bildungspolitisch stehen wir heute vor einer entscheidenden Weichenstellung. Bundestag und danach Bundesrat sehen sich der Frage gegenüber, ob sie einen positiven Schritt zugunsten der beruflichen Bildung und damit für die Mehrheit der Jugendlichen unternehmen wollen, nachdem in den letzten Jahren in der Bildungsreform überwiegend die Hochschulen und die Gymnasien im Vordergrund der Bildungsreform gestanden haben.
({0})
Berufsschule und die berufliche Bildung sind dabei weithin Stiefkind der Bildungsreform gewesen. Es sind aber auf der anderen Seite 60 bis 70 v. H. eines Altersjahrganges, die ihren Weg in das Arbeitsleben über die berufliche Bildung gehen. Es ist höchste Zeit, die berufliche Bildung zu einem gleichwertigen Bestandteil des Bildungswesens zu entwickeln. Hinter dieser zentralen bildungspolitischen Frage verblassen die polemischen Ausfälle der Opposition, die nicht mehr sind als ein Alibi, eine Tarnung für das Nein der Opposition zur Reform der beruflichen Bildung darstellen.
({1})
Eines, Herr Kollege Pfeifer, will ich Ihnen noch hinzufügen: Sie können hier nicht den Kalender bildungspolitischer Unzulänglichkeiten aufblättern und für alles den Bund verantwortlich machen. Eine solche Arbeitsteilung, bei der sich die Zuständigkeiten im Bereich der Bildungspolitik überwiegend bei den Ländern befinden und auf der anderen Seite dem Bund alle Verantwortung zugeschoben wird, werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, auch nicht in dieser Debatte.
({2})
Wenn Sie die Frage nach der Hauptschule aufwerfen, die - und das haben wir in unserer Zwischenbilanz im Blick auf die Entwicklung des Schulwesens in den Ländern deutlich gemacht - zur Restschule des Bildungssystems zu werden droht,
({3})
dann müssen Sie doch die Frage beantworten, wer dafür die Verantwortung trägt,
({4})
ebenso dafür, daß sich die Berufsschulen nicht im gleichen Maße wie die Oberschulen und die Gymnasien im Gesamtbildungssystem entwickelt haben.
({5})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daß heute die Notwendigkeit einer Reform der beruflichen Bildung besteht, kann ernsthaft nicht bestritten werden. Ich will dafür gravierende Sachverhalte nennen:
erstens die Unsicherheit, die Labilität im Ausbildungsplatzangebot, die zu Sorgen vieler Jugendlichen und Eltern geführt hat;
zweitens mangelnde Vorausschau und mangelnde Planung auf dem Gebiete der beruflichen Bildung;
drittens eine völlig ungenügende Abstimmung der Ausbildungsinhalte von Betrieb und Schule;
viertens das Fehlen einer gemeinsamen Adresse für die an der beruflichen Bildung Beteiligten;
fünftens unzulängliche Voraussetzungen für Kooperation in der beruflichen Bildung und für Partnerschaft derjenigen, die dieses System tragen;
sechstens ungenügende Verknüpfung von beruflicher Erstausbildung und Weiterbildung, wovon die Bildungschancen vor allem großer Teile der Arbeitnehmerschaft abhängen;
siebentens unzulängliche Ausstattung der beruflichen Schulen, Lehrermangel, überfüllte Klassen sowie unzulängliche Vorbereitung auf das auch von der Wirtschaft immer stärker geforderte Berufsgrundbildungsjahr.
Diese Mängel sind in der Berufsbildungsdebatte der letzten beiden Jahre sichtbar geworden. Eine weitere Erfahrung haben wir machen können, daß nämlich diejenigen Jugendlichen am ehesten von Gefahren der Arbeitslosigkeit betroffen sind, die keine oder nur eine unzureichende berufliche Vorbildung haben. Aus diesen Erfahrungen müssen jetzt Konsequenzen gezogen werden.
Aus unserer Sicht sind das vor allem zwei Konsequenzen: erstens, durch gemeinsame Anstrengungen ein Berufsbildungsgesetz zu verabschieden, das die Schwächen des geltenden Systems überwindet, und zweitens, den Stufenplan von Bund und Ländern zu verwirklichen, der von den Regierungschefs unterschrieben worden ist und eine bessere Entwicklung und Ausstattung des beruflichen Schulwesens im ganzen vorsieht. Keiner dieser beiden Punkte darf zu Lasten des anderen vernachlässigt werden. Die Wirtschaft muß ihre Verantwortung für die Absicherung des Ausbildungsplätzeangebotes wahrnehmen - unser Finanzierungsvorschlag soll dazu beitragen -, und der Staat muß seine Verantwortung im Ausbau des beruflichen Schulwesens und auch bei der Förderung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten beweisen.
Beides hat deshalb so großes Gewicht, weil bis in die 80er Jahre hinein Hunderttausende von Jugendlichen mehr als bisher nach Ausbildungsstellen fragen werden. Allein von 1977 bis 1980 brauchen wir eine halbe Million Ausbildungsplätze mehr. Diese 400 000 bis 500 000 Jugendlichen werden auch vor den Türen der Berufsschulen stehen. Deshalb dürfen wir auch die Investitionen in diesen Bereich unseres beruflichen Bildungssystems nicht vernachlässigen.
Als ich zu Beginn der Berufsbildungsdebatte vor zwei Jahren auf die Schere hingewiesen habe, die sich zwischen dem seit anderthalb Jahrzehnten feststellbaren Rückgang der Zahl der Ausbildungsplätze auf der einen Seite und der wachsenden Zahl der Schulabgänger auf der anderen öffnet, habe ich - wie in anderen Punkten - den Vorwurf geerntet, dies sei nichts anderes als eine Dramatisierung und der Versuch, damit das Berufsbildungsgesetz zu rechtfertigen. Damals meinten die meisten unter Ihnen, es reiche aus, Appelle an die Wirtschaft zu richten, dann würden die Verhältnisse schon wieder ins Lot kommen; gesetzliche Verbesserungen und Veränderungen der Struktur der beruflichen Bildung brauche man nicht. Nach der Erfahrung der letzten beiden Jahre ist niemandem mehr eine solche EinBundesminister Rohde
Schätzung der Lage erlaubt. Die öffentliche Diskussion und die Sorgen der Jugendlichen spiegeln das wider.
Eigentlich hätte erwartet werden können, daß die sich nunmehr abzeichnende gemeinsame Einschätzung der Probleme und auch der Konsens über die Grundlagen des beruflichen Ausbildungssystems, das sich nach gemeinsamer Auffassung auf die Lernorte Betrieb und Schule stützen soll, auch auf seiten der Opposition zu größerer Aufgeschlossenheit in der parlamentarischen Beratung geführt hätte. Die Opposition hat aber der Konfrontation den Vorzug gegeben und selbst jene Regelungen und Vorschläge des Regierungsentwurfs kritisiert und abgelehnt, die sie in früheren Jahren auf Parteitagen und Fachkongressen noch für richtig gehalten hatte.
Wir stehen heute vor der Frage, ob nur ein paar Paragraphen im geltenden Recht zu ändern sind oder ob es im Hinblick auf die Anforderungen der Zukunft und gegründet auf die Erfahrungen der letzten Jahre einer Neufassung des Berufsbildungsrechts unter Einbeziehung auch des geltenden Rechts bedarf. Die Opposition hat sich für mäßige, zum Teil noch verschlechternde Korrekturen am geltenden Recht entschieden. Wir sind für die Neufassung. Ich will die Gründe dafür an dieser Stelle knapp darlegen.
Erstens, meine Damen und Herren, hat sich inzwischen gezeigt, daß - was die Bundesregierung zu einem wesentlichen Ausgangspunkt ihrer Reformüberlegungen gemacht hat - eine bessere Absicherung des Ausbildungsplätzeangebots ohne eine entsprechende Finanzregelung nicht erreicht werden kann.
({6})
Dies hat die Opposition lange Zeit bestritten. Sie hat in den Ausschußberatungen des Bundestages keine Vorschläge vorgelegt, hat zwar auf Fachkongressen und durch die Sozialausschüsse der Union Überlegungen angekündigt, ist aber nie über den innerparteilichen Streit zu einer konkreten Aussage vorgedrungen. Ich hätte es begrüßt, wenn die Opposition in den Ausschußberatungen des Deutschen Bundestages in Sachen Finanzierung konkret geworden wäre. Das war nicht der Fall. Jetzt kommt sie mit einem Alibi-Antrag, dessen bildungspolitische und steuerliche Fragwürdigkeiten sich schon bei der ersten heutigen Beratung herausgestellt haben. Er steht im übrigen in Widerspruch zu den Aussagen, die von der Opposition früher an anderer Stelle gemacht worden sind.
Herr Kollege Klein, ich kann mir zwar die Art und Weise erklären, wie Sie sich hier zu den Vorschlägen der Bundesregierung geäußert haben. Aber wenn Sie sich einmal selbstkritisch fragten, wie es denn um den Vorschlag in dem Gesetzentwurf und sein Verhältnis zu den Überlegungen der Sozialausschüsse der CDU/CSU steht, dann müßten Sie zugeben, daß die von der Bundesregierung vorgesehene Finanzierung im Sinne eines Ausgleichs innerhalb der Wirtschaft den Vorschlägen der Sozialausschüsse sehr viel nähersteht als der Antrag, den heute Ihre Fraktion eingereicht hat.
({7})
Vizepräsident von Hassel: Herr Bundesminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Klein ({8})?
Herr Bundesminister Rohde, ist Ihnen nicht bekannt, daß die entscheidenden Unterschiede zwischen dem, was Sie vorgeschlagen haben, und dem, was bei uns diskutiert worden ist, geradezu essentiell und substantiell sind? Bei Ihrem Vorschlag handelt es sich nämlich um eine Schön- bzw. Schlechtwetterlösung mit einjährigem Rhythmus rauf und runter. Ist Ihnen zweitens bekannt, daß die bei uns diskutierten Vorschläge eine Entlastung für alle Betriebe, also auch für die ausbildenden Betriebe, vorsehen, während Sie nur die zusätzlichen Ausbildungsplätze fördern wollen und insofern diejenigen Ausbildungsplätze, die möglicherweise abgebaut werden, überhaupt nicht erfassen? Und ist Ihnen nicht bewußt - Vizepräsident von Hassel: Ich darf Sie bitten, sich kurzzufassen.
Ja. - Ist Ihnen nicht bewußt, daß hier ein ganz entscheidender Unterschied liegt und daß Sie deswegen diese zwei Dinge - Umlage hier, Umlage da - überhaupt nicht in einen Topf werfen können?
Herr Kollege Klein, ich sage es ungern, aber ich muß es in diesem Zusammenhang aussprechen: Ihre Frage zeigt, daß Sie den Gesetzentwurf nicht gründlich gelesen haben.
({0})
Denn der von uns unterbreitete Vorschlag berücksichtigt nicht nur die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze - was ja angesichts der wachsenden Jahrgangsstärken der Schulentlassenen in den nächsten Jahren wichtig ist. Er bezieht auch die Stabilisierung des Ausbildungsplätzeangebots, also die jetzt ausbildenden Betriebe mit ihren Ausbildungsangeboten, ein. Sein wesentlicher Inhalt besteht darin, zwischen den Betrieben, die ausbilden, und jener großen Zahl von Betrieben, die sich seit Jahren mit keiner Mark an der Ausbildung beteiligen, einen Ausgleich zu schaffen. Wir wollen nicht, Herr Kollege Klein, daß jene Betriebe der Wirtschaft, die man als die „Trittbrettfahrer" des beruflichen Bildungssystems bezeichnen kann, in Zukunft belohnt werden.
({1})
Es handelt sich also nicht darum, auf die Wirtschaft eine neue Belastung zukommen zu lassen. Es geht vielmehr darum, die Mittel, die in den Betrieben und von den Betrieben für die Berufsausbildung aufgewandt werden, gerechter zu verteilen und, wie gesagt, an der Aufbringung dieser Mittel auch die nicht ausbildenden Betriebe zu beteiligen.
Aber, Herr Kollege Klein, ich kenne das Verfahren, das einige aus den Sozialausschüssen der Union anwenden: Wenn man sich mit seinen Vorschlägen in den eigenen Reihen nicht durchsetzen kann, greift man immer ersatzweise zu dem Mittel, die Vorschläge der sozialliberalen Koalition zu diffamieren.
({2})
Die Finanzierungsregelung der Bundesregierung ignoriert nicht die Ausbildungsanstrengungen der Wirtschaft. Sie werden in jeder Beziehung in Rechnung gestellt. Aber wenn das Ausbildungsplatzangebot nicht ausreicht, soll eine Abgabe erhoben werden, die der Stabilisierung vorhandener und der Schaffung neuer Ausbildungsplätze dient. Dies ist das Wesentliche: daß in Zukunft der Staat und die anderen an der beruflichen Bildung verantwortlich Beteiligten handlungsfähig sein sollen, wenn das Ausbildungsplätzeangebot hinter der Nachfrage zurückbleibt.
In diesem Zusammenhang will ich anmerken, daß sich die Bundesregierung an der staatlichen Verantwortung für die Berufsbildungsfinanzierung auch direkt beteiligt. Das findet seinen Ausdruck in der verstärkten Förderung überbetrieblicher Ausbildungsstätten und in dem neuerlichen einstimmigen Beschluß des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags, mittelfristig weitere 400 Millionen DM in solche Aubildungskapazitäten zu investieren, wie sie der von mir schote zitierte Stufenplan für die berufliche Bildung vorsieht.
Wir meinen es also ernst mit der Kurskorrektur zugunsten der beruflichen Bildung im Gesamtbildungssystem und wollen diese Kurskorrektur vollziehen, indem wir die Verantwortung der Wirtschaft wie die Verantwortung des Staates für Leistungen im beruflichen Bildungsbereich stärken.
Dazu gehören auch die Sofortmaßnahmen. Herr Kollege Pfeifer, was Sie über das Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit gesagt und an Vorwürfen gegen die Bundesregierung erhoben haben, steht in völligem Widerspruch zu der Wahrheit. Wahrheit ist, daß die Bundesregierung im vorigen Jahr weit über 6 Milliarden DM der Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung gestellt hat - nicht nur zur Zahlung von Arbeitslosenunterstützung, sondern auch um dieser Institution das breite Spektrum von Umschulungsmaßnahmen, Fortbildungsmaßnahmen und berufsfördernden Maßnahmen zu ermöglichen und die Angebote auszuweiten.
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Mit einer Handbewegung wischen Sie die große Anstrengung der Bundesregierung zur Seite, die Arbeitsförderung und Berufsvorbereitung trotz Haushaltsschwierigkeiten in einer solchen Weise mit zusätzlichen Mitteln auszustatten.
Das zweite ist, daß die Bundesregierung mit dem 300-Millionen-Programm auch für dieses Jahr eine zusätzliche Leistung erbracht hat, um den Abbau der konjunkturell bedingten Jugendarbeitslosigkeit zu beschleunigen.
Das dritte ist, daß im Haushalt der Bundesregierung selbst die Mittel für die berufliche Bildung in den letzten Jahren wesentlich erhöht worden sind.
Herr Kollege Pfeifer, es wäre besser gewesen und hätte auch der Sache und den Jugendlichen noch gedient, wenn Sie darauf verzichtet hätten, in der Berufsbildungsdebatte immer nur rhetorische Schlachtfelder zu schaffen, statt sich den eigentlichen Aufgaben zuzuwenden.
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Was das Ausbildungssystem im ganzen angeht, so haben wir klargestellt, daß Betrieb und Schule nach diesem Gesetz weithin die Eckpfeiler der beruflichen Bildung sind. In dieser Beziehung sollten nun alle polemischen Verdächtigungen beiseite gelassen werden. Überbetriebliche Ausbildungsstätten treten ergänzend - vor allem als Hilfe und Stütze für die Klein- und Mittelbetriebe - hinzu. Meine Damen und Herren, die Opposition hat über lange Zeit und in völlig unsinniger Weise erklärt, diese überbetriebliche Ausbildung höhle das System dualer Ausbildung aus. Inzwischen hat die Wirtschaft selbst eine klare Antwort gegeben. Über 200 Millionen DM wurden ihr bisher aus dem Förderungsprogramm des Bundes für den Bau überbetrieblicher Ausbildungsstätten bewilligt. Anträge mit einem Volumen in gleicher Höhe werden zur Zeit bearbeitet. Das zeigt, welche Bedeutung die betriebsergänzende überbetriebliche Ausbildung inzwischen gewonnen hat. Über 700 000 Jugendliche sind in Klein- und Mittelbetrieben beschäftigt, und viele dieser Kleinbetriebe - das sagen mir die Handwerksmeister selbst - können nicht alle Ausbildungsanforderungen erfüllen, weil sie unter Wettbewerbsdruck teilweise eine hohe Spezialisierung der Produktion vollziehen mußten. Das ist auch der Grund dafür, warum in enger Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Bundesbildungsministerium dieses große und in die Zukunft weisende Programm für den Bau überbetrieblicher Ausbildungsstätten auf den Weg gebracht worden ist. Was die Opposition in den letzten Jahren in den Versammlungen im Lande im Zusammenhang mit der Wirkung und Notwendigkeit überbetrieblicher Ausbildung an Verunsicherung geschaffen hat, kann nun ad acta gelegt werden. Das Thema der überbetrieblichen Ausbildungsstätten kann nicht länger polemischer Zankapfel sein.
Was die Ausbildungsinhalte betrifft, so gründet sich dieser Gesetzentwurf auf die Erkenntnisse der Berufsbildungspädagogik. Breit angelegte Grundausbildung soll mit darauf aufbauender Fachbildung kombiniert werden. Diesem Grundsatz des Gesetzentwurfs hätte eigentlich auch die Opposition zustimmen können. Diesem Grundsatz sind übrigens viele Einzelfragen zugeordnet, z. B. die Anforderungen an die Prüfungen, an die ausbildenden Betriebe und die Rechte und Pflichten der Auszubildenden und der Ausbilder.
Der Kollege Pfeifer hat hier unter dem Beifall der Opposition erklärt, was die Regierung in ihrem Gesetzentwurf über die Prüfungsausschüsse und deren staatliche Anerkennung sage, zeuge von einer
so unglaublichen Bürokratisierung, so daß es mit allem Nachdruck zurückgewiesen werden müsse. Wir haben in dem Gesetzentwurf nichts anderes niedergelegt, als die Opposition selbst in ihrem Antrag zur Berufsausbildung vom 29. März 1974, den sie gleichsam als Auftrag zur Berufsausbildungsreform verstanden wissen wollte, ausgeführt hat. Dort heißt es:
Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse für die gemeinsame Prüfung für Betrieb und Schule werden von der zuständigen staatlichen Behörde berufen.
An anderer Stelle wird hinzugefügt:
Die öffentliche Verantwortung für die berufliche Bildung erfordert staatliche Kontrolle.
Herr Kollege Pfeifer, daß Sie sich von Ihrem ursprünglichen Reformansatz in der beruflichen Bildung entfernen, ist Ihre Sache; daß Sie das aber noch benutzen, um polemisch die Regierung zu verdächtigen, das geht zu weit.
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Vor einem allerdings, meine Damen und Herren - auch gegenüber manchen Zwischentönen der heutigen Debatte -, möchte ich warnen, nämlich die wachsenden Jahrgangsstärken zum Anlaß zu nehmen, die Qualität der beruflichen Bildung abzubauen. Dies wäre das Gegenteil von dem, was alle gesellschaftlichen Kräfte fordern und auch als Erwartung an die Bundesregierung gerichtet haben, nämlich die Gleichwertigkeit der Berufsbildung mit anderen Bildungsgängen herzustellen. An der Qualität der beruflichen Bildung entscheidet sich weithin die Entwicklung des Gesamtbildungssystems in der Bundesrepublik. Berufliche Bildung soll zur Oberstufe des Bildungswesens gehören. Wenn wir nicht wollen, daß die Oberstufe immer mehr zur Einbahnstraße wird, die in die Hochschule hineinführt, dann müssen wir der beruflichen Bildung, auch ihrer Qualität, ein anderes Gewicht im Gesamtbildungssystem geben. Ihre Abschlüsse sind mit schulischen Abschlüssen nicht gleichartig, aber sie sollen nach unserer Auffassung deshalb nicht weniger wert sein.
Inzwischen ist auch klargestellt worden, daß dieser Gesetzentwurf - entgegen den. Unterstellungen der Opposition - keine „Atomisierung" der beruflichen Bildung bringt. Mit diesem Wort ist im Lande viel Unfug getrieben worden, und der Kollege Pfeifer hat es heute wieder in die Debatte eingeführt. Es handelt sich in Wahrheit um eine einfache und einsehbare Sache, die unser Gesetzentwurf regelt. Er sieht vor, daß in Zukunft mehrere Ausbildungsbetriebe an der Ausbildung eines Jugendlichen teilnehmen können. Das ist z. B., wie manche Kollegen wissen, in der Landwirtschaft der Fall und ist auch im Dienstleistungsgewerbe, beispielsweise bei Friseuren, nicht unüblich. Der Deutsche Industrie- und Handelstag hat im übrigen gefordert, daß in Zukunft, um die Zahl der Ausbildungsplätze steigern zu können, solche Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Betrieben bei der Ausbildung von Jugendlichen erleichtert werden sollen. Es wird sich
dabei auch in Zukunft nur um eine begrenzte Zahl von Fällen handeln. Aber es ist überhaupt nicht einzusehen, warum Betrieben vom Gesetzgeber solche Kooperationsmöglichkeiten nicht eröffnet werden sollen. Herr Kollege Gölter, Sie hätten viel von der Verunsicherung, die Sie sonst in der Debatte über die berufliche Bildung beklagen, vermeiden können, wenn gerade Sie nicht durch die Lande gezogen wären und mit dem Blick auf diesen einfachen Paragraphen, der eine einsehbare Sache regelt, von der „Atomisierung der Berufsbildung" gesprochen und damit vielen Handwerksmeistern Angst gemacht hätten.
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Was wir an statistischen Grundlagen fordern, ist nicht überzogen, sondern aus der Sache heraus notwendig. Hätte es nicht die totale Verweigerung der Opposition in den Ausschußberatungen des Parlaments gegeben, hätten wir darüber ohne große Schwierigkeiten zu einer Einigung gelangen können. Wir brauchen bessere Zahlen über das Ausbildungsplätzeangebot. Es ist nicht zu verantworten, daß alljährlich ein Lotteriespiel über die Zahl der Ausbildungsplätze eingeleitet wird, Eltern und Jugendliche über ihre Zukunftsaussichten wenig oder irritierend unterrichtet werden und die Statistik der Berufsbildung wie ein politisches Schlaginstrument in der Ausbildungsdebatte, je nach Bedarf und Interessenlage, eingesetzt wird.
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Wir wollen erreichen, daß von der Bundesregierung - darauf hat die Bevölkerung Anspruch - in Zukunft Jahr für Jahr ein Berufsbildungsbericht vorgelegt wird, aus dem die Betroffenen ersehen können, wie die Lage ist, welche Maßnahmen eingeleitet werden sollen, welche Zukunftsaussichten es in der beruflichen Bildung gibt und wie man sich mit dem Blick auf eben diese Zukunft wohl am zweckmäßigsten entscheidet.
Meine Damen und Herren, daß es um die Organisation der beruflichen Bildung kontroverse Debatten gegeben hat, war nicht verwunderlich; das ist in den unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten begründet. Aber eines ist deutlich geworden: Auf Bundesebene brauchen wir eine bessere Kooperation zwischen dem Staat, vertreten durch Bund und Länder, und der Wirtschaft, repräsentiert durch Arbeitgeber und Gewerkschaften. In den letzten Monaten hat sich angesichts der drängenden Probleme von Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildungsstellenmangel deutlicher noch als früher gezeigt, wie die Fülle von Ausschüssen, Gremien und Institutionen der beruflichen Bildung ein partnerschaftliches und abgestimmtes Vorgehen der Hauptverantwortung des dualen Systems behindert Fällige Entscheidungen kommen nicht zustande. Die Abstimmung der Ausbildungsinhalte von Betrieb und Schule ist mangelhaft. Und auch bei den Sofortmaßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit konnte es auf Grund der heute zerklüfteten Organisationsstruktur der beruflichen Bildung nicht jene Kooperation geben, die wünschenswert gewesen wäre.
Diese Erfahrungen - und nichts anderes - haben die Bundesregierung zu ihrem Vorschlag veranlaßt, die tragenden Kräfte des beruflichen Bildungssystems auf Bundesebene zu einer gemeinsamen Adresse - genannt Bundesinstitut - zusammenzufassen. Wir wollen das im Gesetz regeln und nicht - wie die Opposition - auf die unsicheren Grundlagen eines jederzeit kündbaren Verwaltungsabkommens von Bund und Ländern stellen. Wir sind der Auffassung, daß unser berufliches Bildungssystem, das rund 75 % der Jugendlichen umfaßt, einer gesetzlich gesicherten Organisationsgrundlage bedarf, bei der auch die Mitgestaltungsrechte der Arbeitgeber und der Gewerkschaften gesichert erscheinen. Nach dem Vorschlag der Opposition könnten sie bestenfalls beratende Zaungäste des beruflichen Bildungssystems werden. Die Abstimmung der Ausbildungsinhalte in Betrieb und Schule würde durch das Bundesinstitut eine völlig neue Chance erhalten.
Bedauerlich finde ich es auch, daß die Opposition nicht unserem Vorschlag gefolgt ist, die Stellung der Berufsbildungsausschüsse in den zuständigen Stellen, d. h. den Kammern, wesentlich zu verbessern und zu stärken. Wer gestandene Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften in einen Berufsbildungsausschuß beruft, muß ihnen auch die Möglichkeit geben, ein wirklich mitgestaltender und nicht nur ein gelegentlich mitberatender Faktor zu sein.
Übrigens hat sich die Erfahrung bestätigt: Wo draußen im Lande jenseits der Bonner Schlagworte und der zugespitzten Formulierungen wirklich der Inhalt des Gesetzentwurfs diskutiert worden ist, hat sich sehr schnell auch ein Klima sachlicher Erörterungen entwickelt. Das trifft auch zu für unsere Vorschläge, die wir zu einer engeren Verbindung der Berufsausbildung mit den Weiterbildungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer gemacht haben.
Großes Verständnis haben wir auch für unseren Vorschlag gefunden, behinderte Jugendliche und Lernschwache in das Berufsbildungsrecht einzubeziehen und ihnen durch entsprechende Gestaltung der Ausbildungsordnungen anerkannte Abschlüsse zu ermöglichen. In der Sozialpolitik hat die Bundesregierung in den letzten Jahren begonnen, durch eine entsprechende Gestaltung des Sozialrechts endlich die traditionelle Besenbinder- und Bürstenmacher-Philosophie zu überwinden und den behinderten Jugendlichen eine soziale Sicherung für ihr Leben zu geben. Nunmehr wollen wir diese Politik auch im Bereich der beruflichen Bildung fortsetzen.
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Meine Damen und Herren, es kann nicht im Ernst bestritten werden, daß es sich bei all diesen Punkten um konkrete Bedürfnisse der Jugendlichen und der beruflichen Ausbildung handelt. Es ist deshalb mehr als ein bloßer Ausrutscher, wenn dieses gesetzgeberische Bemühen als „Ausbildungsverhinderungsgesetz" diffamiert wird. Das ist nichts anderes als die Sprache der politischen Konfrontation. Will die Opposition - so muß man fragen - diesen Stil weiter fortsetzen und die Interessen der Jugendlichen ihren Wahlkampfbedürfnissen unterordnen?
Wer in dieser Lage ein Nein zur Reform der beruflichen Bildung sagt und dabei - wie die Opposition - eigene Parteibeschlüsse und Versprechungen gegenüber den Jugendlichen verleugnet, der kann sein Nein kaschieren, wie er will: es bleibt dabei, daß er eine Politik zu Lasten der Ausbildungsinteressen der Jugendlichen betreibt.
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Jetzt hat der Bundesrat das Wort. Zwei Abgeordnete der Opposition haben schon vor der Beschlußfassung des Deutschen Bundestages über die Köpfe der Ministerpräsidenten der Länder hinweg das Nein des Bundesrates gleichsam auf eigene Paust vorweggenommen.
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Herr Kollege Pfeifer, das zeigt, wie Sie dieses Parlament als Volksvertretung einschätzen und wie Sie
die Rolle des Bundesrates aus Ihrer Sicht bewerten.
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Wir haben keine Illusion über die Schwierigkeiten der Beratungen in der Länderkammer; aber der Bundesrat steht jetzt vor der Frage, ob sein Beitrag zur Sache nichts anderes sein soll als die Fortsetzung der Konfrontationspolitik der Opposition im Bundestag. Dies ist für die Länder eine schwerwiegende Frage, weil sie mit ihrer Verantwortung für die Berufsschulen ein wesentlicher Partner des dualen beruflichen Ausbildungssystems sind. Diese Verantwortung darf nicht leichtgenommen werden.
Zum Schluß, meine Damen und Herren, will ich all jenen danken, die in den letzten Monaten durch sachlichen Rat und durch ihre Erfahrungen zu den Beratungen des Gesetzentwurfs beigetragen haben. Die Ihnen heute vorliegende Drucksache weist aus, daß dieser Rat nicht ignoriert worden ist; er zeigt sich in vielen Veränderungen und Weiterentwicklungen des Gesetzentwurfs. Natürlich konnten nicht alle Meinungen berücksichtigt werden, weil sie sich vielfach, wie wir alle erlebt haben, diametral gegenüberstanden. Die Opposition hat diesen Tatbestand unterschiedlicher Meinungen über die konkreten Inhalte der Reform in den letzten Monaten polemisch gegenüber der Bundesregierung ausgenutzt. Wenn aber die einen, wie das ja auch heute zitiert worden ist, z. B. jede Finanzierungsregelung ablehnen und andere die Finanzierungsvorschläge der Bundesregierung für nicht weitgehend genug halten, so ist es schlicht unredlich, daraus eine einhellige Ablehnung konstruieren zu wollen. Der Kollege Diebäcker von der CDU/CSU-Fraktion hat schon im Jahre 1969 bei den damaligen Berufsbildungsberatungen erklärt:
Zu diesem Gesetz gibt es Demonstrationen der verschiedensten Art. Der einen Seite geht dieses Gesetz nicht weit genug, der anderen erscheint das Ganze eine zu weitgehende Lösung zu sein.
Meine Damen und Herren, das, was der Kollege Diebäcker in diesen Worten ausdrückte, haben wir auch in den letzten Monaten erlebt.
Aber genauso wie damals kann auch heute der Staat nicht nur eine Registrierkasse der unterschiedlichen Auffassungen sein. Er muß aus seiner Verantwortung für die junge Generation seine ausgleichende und, wo Ausgleich wegen der unterschiedlichen Auffassungen der Interessenten und Beteiligten nicht erreichbar ist, auch seine ordnende Kraft einsetzen. Ein Staat, der trotz drängender Probleme vor unterschiedlichen Interessen und Verbandsmeinungen kapituliert, der nicht mehr die Courage hat, über Einzelinteressen hinaus zur sozialen Verantwortung für das Ganze vorzustoßen, würde opportunistisch abdanken. Das aber wäre das denkbar schlechteste Ende des Ringens um die berufliche Bildung.
Angesichts geburtenstarker Jahrgänge geht es heute um Berufs- und Lebenschancen einer ganzen Generation. Diejenigen, die die unterschiedlichen Auffassungen in der Berufsbildungsdebatte zur Anklage gegen die Bundesregierung umgemünzt haben, diese Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition bitte ich, einmal ihr eigenes Verhalten an ihren Aussagen des Mannheimer Parteitages über die Rolle der Verbände und das Selbstbewußtsein des Staates in dieser Gesellschaft zu messen.
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Ich bitte Sie eindringlich und gestützt auf unsere Erfahrungen, die wir in der Berufsbildung und angesichts der Sorgen um die . Ausbildungsplätze machen, die Berufsausbildung nicht zu vertagen, sondern über ihre Verbesserung und Weiterentwicklung positiv zu entscheiden. Das bedeutet, die Kombination von Sofortmaßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit, Reform der beruflichen Bildung für die Zukunft und Erfüllung des Stufenplanes von Bund und Ländern zur besseren Ausstattung der Berufsschulen und überbetrieblichen Ausbildungsstätten herzustellen. Das ist unser Konzept, und für dessen Verwirklichung kämpfen wir.
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Vizepräsident von Hassel: Wir fahren in der allgemeinen Aussprache in der dritten Beratung fort. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gölter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht am heutigen Tag nicht darum, die Berufsbildungsreform zu vertagen, was auch immer man darunter verstehen möge; sondern es geht am heutigen Tag darum, ob das vorliegende Konzept der Koalition geeignet ist, den Anforderungen der kommenden Jahre gerecht zu werden.
({0})
Man kann zwar sehr schöne Reden halten, man kann auch sehr viele sehr allgemein gehaltene Ausführungen machen, aber man muß auch die konkrete Antwort auf die sehr genaue Frage geben, ob die Formulierung der Paragraphen, so wie Sie, meine
Damen und Herren von der SPD und FDP, sie heute verabschieden, geeignet ist, Ausbildung in den kommenden Jahren zu sichern.
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Herr Bundesminister Friderichs hat eine sicher sehr interessante Rede - und das wäre sicherlich in einer weiteren Debatte fortzusetzen - über Probleme der Finanzierung gehalten. Nur, ich wäre sehr gespannt gewesen, von Herrn Bundesminister Friderichs zu hören, ob er den ordnungsrechtlichen Teil dieses Gesetzes als hilfreich betrachtet oder nicht.
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Das war der Versuch, von den eigentlichen Problemen des Gesetzes abzulenken, indem man ein bestimmtes Problem in den Vordergrund stellt.
In den letzten Jahren - das will ich in der dritten Lesung noch einmal grundsätzlich feststellen - haben sich in der Bundesrepublik Deutschland Bildungs- und Beschäftigungssystem auseinanderbewegt. Nur Blindheit kann noch leugnen, daß sich zwischen Bildung und Beruf Gräben geöffnet haben, die größer zu werden drohen. Die Notwendigkeit der Abstimmung von Bildung, Beruf und Beschäftigungssystem wird von vielen nicht nur geleugnet. Bis hinein in die letzten Tage wird dem, der auf den notwendigen Zusammenhang von Bildung und Beruf hinweist, vorgeworfen, er reduziere die Zielsetzung der Bildung auf die Fragestellung der ökonomischen Verwertbarkeit.
Die zehn Jahre lang ununterbrochen erhobene Forderung nach dem Ausbau allgemeinbildender Einrichtungen, insbesondere des Gymnasiums und der Hochschule, der Ruf nach möglichst hohen Abiturienten- und Studentenzahlen hatten den Blick auf die berufliche Seite der Bildung verstellt. Die praktische und soziale Dimension der Bildung wurde weitgehend übersehen.
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Diejenigen, die den Zusammenhang zwischen Bildung und Beruf leugnen, die Bildungs- und Beschäftigungssystem weiter auseinanderbewegen wollen, die sich gegen die Wiederherstellung zur Wehr setzen, übersehen doch, daß eine Politik unmenschlich wird, die Bildung samt Hoffnungen und Erwartungen vermittelt, soziale und berufliche Chancen aber verweigert.
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Diese Gruppe verkennt, daß eine Politik, die möglichst viele auf den Weg zur Spitze der Bildungspyramide führt, d. h. auf den Weg zu Abitur und Studium, einen brutalen Konkurrenzkampf auslöst, einen unmenschlichen Verdrängungswettbewerb zu Lasten der großen Mehrheit unserer Nichtabiturienten und Nichthochschulabsolventen.
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Ich möchte hier unterstreichen: Es ist grundlegendes Ziel der Opposition, in den kommenden Jahren das Gleichgewicht zwischen Bildung und Beruf, beruflicher und allgemeiner Bildung wiederherzustel16534
len. Gleichwertigkeit von Berufsbildung und Allgemeinbildung heißt sicher auch, daß berufsbezogene Bildungsgänge neue Chancen und Wege eröffnen, Wege, die heute in aller Regel das Abitur zur Voraussetzung haben. Gleichwertigkeit bedeutet jedoch vor allem und zuerst, die kulturelle Funktion beruflicher Bildung als gleichwertig mit der Allgemeinbildung anzuerkennen und in den Berufsstrukturen auch als gleichwertig zu realisieren.
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Wir wollen die Kurskorrektur zugunsten der Berufsbildung und damit auch des Berufs.
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Wir werden die beruflichen und sozialen Chancen der jungen Generation in dem Abschnitt der vor uns liegenden schweren zehn Jahre sichern, indem wir den Zusammenhang von Bildung und Beruf, von Schule und Arbeitswelt, überhaupt wieder ins Blickfeld rücken. Dazu gehören auch - aber nicht nur - die Fragen des gesellschaftlichen Bedarfs, dazu gehören auch die Fragen der Zielsetzung, der Bildungsinhalte und der Didaktik.
Eine Kurskorrektur zugunsten der Berufsbildung ist die einzige Chance, einer zunehmenden Zahl junger Menschen in dem kommenden Jahr das Schicksal zu ersparen, vor verschlossenen Türen zu stehen. Der Weg über Abitur und Studium erweist sich immer mehr als Sackgasse. Die öffentliche Hand, die in den zurückliegenden zehn Jahren 60 % aller Hochschulabsolventen aufgenommen hat, ist wie ein mit Wasser vollgesogener Schwamm an die Grenze der Aufnahmefähigkeit gelangt. Die Berufschancen der Hochschulabsolventen werden sich - dies müssen wir zur Kenntnis nehmen - dramatisch verschlechtern.
Kurskorrektur zugunsten der Berufsbildung, ein hohes Maß berufsbezogener Qualifizierung möglichst vieler Jugendlicher sind die Voraussetzung, um der Bundesrepublik Deutschland als exportorientiertem Land wirtschaftliche Leistungs- und damit Konkurrenzfähigkeit zu sichern. Sie ist die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum, für sozialen Fortschritt und für die Humanisierung der Lebensbedingungen.
Meine Damen und Herren, die Kurskorrektur zugunsten der Berufsbildung ist von der Koalition verbal übernommen. So ist beispielsweise in der Bildungspolitischen Zwischenbilanz, die Minister Rohde vor wenigen Wochen der Öffentlichkeit vorgelegt hat, von der Kurskorrektur zugunsten der beruflichen Bildung die Rede. Die vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft gegebene Definition dessen, was er unter „Kurskorrektur" versteht, ist jedoch ebenso verwaschen wie vielsagend. Es heißt wörtlich, die Berufsbildung müsse „nicht nur in der Idee, sondern tatsächlich und politisch als Bestandteil des Bildungswesens begriffen, geordnet und vor allem gefördert werden".
Eine solche Formulierung beweist, daß Sie, Herr Minister Rohde, die berufliche Bildung nach wie vor und zuallererst an ihrer Fähigkeit messen, den
Zugang zu Abitur und zur Universität zu verschaffen.
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Vor wenigen Tagen haben Sie in Tutzingen nach dem verteilten Manuskript geäußert:
Es wäre doch unendlich viel erreicht, wenn ein qualifizierter Berufsschulabschluß echte Möglichkeiten im allgemeinen Schulwesen eröffnen würde.
Nichts gegen diese Möglichkeit. Aber haben wir denn nicht Erfahrungen mit 10 Jahren Bildungsexpansion auf Kosten der beruflichen Bildung? Warum ist diese berufliche Bildung erst dann etwas wert, wenn sie den Weg zur Hochschule öffnet? Hinter Ihrer Politik, Herr Minister Rohde, verbergen sich doch die alten sozialliberalen Vorurteile über den zweitrangigen Wert der Berufsbildung und über die vermeintlich höhere Weihe, die von der allgemeinen Bildung des Gymnasiums und der Hochschule ausgeht.
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Der bayerische Kultusminister Hans Meier hat es einmal wie folgt ausgedrückt:
Eine Bildung ohne soziale und berufliche Dimension ist kein schöner Traum; sie ist ein Alptraum.
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Zur Wiederherstellung des Zusammenhangs von Bildung und Beruf gibt es keine Alternative. Es ist um so schlimmer, daß Altreformer vom Schlage der Professoren Becker oder Edding angesichts der Schwierigkeiten der kommenden Jahre den Rat erteilen, die Gräben zwischen Bildung und Beschäftigungssystem weiter zu vertiefen. Helmut Becker schrieb in der „Zeit" :
Niemand wird mehr eine Garantie haben, daß er eine Arbeit findet, die seinem Bildungsgrad entspricht.
Friedrich Edding schrieb in der „Süddeutschen Zeitung":
Wichtig ist, daß künftig mit dem Hochschulabschluß keinerlei Anspruch auf akademische Positionen verbunden werden kann.
Meine Damen und Herren, hier manifestiert sich keine liberale Humanität. Die Abkopplung des Bildungswesens vom Beschäftigungssystem bedeutet die Installierung von Dauerproblemen, Dauersorgen und Kämpfen beim Übergang von der Schule zum Beruf, bedeutet die Installierung eines gnadenlosen Verdrängungswettbewerbs unter den Schulabsolventen,
({11})
eines Wettbewerbs, der dann noch seine Weihe von einer angeblich höheren Bildung erhalten soll. Eine solche Politik ist nichts anderes als eindeutig unsozial.
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Meine Damen und Herren, was muß ganz konkret in der unmittelbar vor uns liegenden Zeit geschehen, damit die aufgezeigte Zielsetzung verwirklicht werden kann?
Erstens. Alle Verantwortlichen im Bereich der Wirtschaft und der Politik müssen in Bund, Ländern und den jeweiligen Regionen zusammenwirken, um ein ausreichendes Angebot an qualifizierten Ausbildungsplätzen zu sichern. Die geburtenstärksten Jahrgänge der Nachkriegszeit werden 1978 bis 1983 die verschiedenen Formen unseres Schulwesens verlassen und nach Ausbildungsplätzen fragen. Hinzu kommt der erhebliche Zuwachs an Abiturientenzahlen. Angesichts der verschlechterten Berufschancen der Hochschulabsolventen werden auch Abiturienten zunehmend Ausbildungsverhältnisse eingehen wollen.
Ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot, die bestmögliche, an Neigung und Eignung orientierte berufsbezogene Qualifizierung möglichst vieler junger Menschen sind darüber hinaus Voraussetzung, um der in der zweiten Hälfte der 80er Jahre einsetzenden Lücke an Fachkräften rechtzeitig entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang bekenne ich mich namens unserer Fraktion ausdrücklich zu dem Gedanken der „Ausbildung auf Vorrat".
Zweitens. Ein ausreichendes Ausbildungsplatzangebot wird nicht zu sichern sein, wenn weitere mittelständische Betriebe aus der Ausbildung ausscheiden.
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Die breite Palette der Ausbildungsbetriebe gerade in der mittelständischen Wirtschaft muß unter allen Umständen erhalten bleiben. Dies setzt logischerweise voraus, daß die mittelständische Wirtschaft in Zukunft überhaupt noch ausbilden kann. Die Anforderungen an die Ausbildung müssen demnach auf dem Teppich der Möglichkeiten bleiben.
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Sie müssen unterscheiden zwischen dem, was für eine qualifizierte Ausbildung notwendig ist, und dem, was sich auf dem Papier ganz gut liest, in der Praxis aber nur von wenigen Großbetrieben geleistet werden kann. Dies, meine Damen und Herren, ist nichts anderes als eine Forderung der Vernunft. Auf eine solche Forderung direkt oder indirekt, wie es Herr Bundesminister Rohde vor wenigen Minuten getan hat, mit dem Hinweis zu antworten, sie bedeute Demontage der erreichten Qualität, ist schlicht unsinnig.
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Meine Damen und Herren, es ist auch müßig, den Streit darüber weiterzuführen, wer in den letzten Jahren die Ausbildungsordnungen immer im einzelnen unterschrieben hat. Es steht völlig außer Frage, daß auch von seiten der Fachverbände in vielen Fällen das Maß dessen, was dem Betrieb zugemutet werden kann, überzogen worden ist.
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Aber wenn wir dies heute wissen und sehen, dann sollten wir doch eine vernünftige Ordnungspolitik gemeinsam in den kommenden Jahren betreiben und hier nicht versuchen, den Schwarzen Peter hin- und herzuschieben.
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Drittens. Die Position des berufsbildenden Schulwesens muß gestärkt werden. Es ist nicht zu bestreiten, daß die Berufsschule in der Vergangenheit im Vergleich zu anderen Feldern unseres Bildungswesens vernachlässigt worden ist. Der stürmische Ausbau des weiterführenden allgemeinbildenden Schulwesens und der Hochschulen hat dem Ausbau der Berufsbildung insgesamt sogar Mittel entzogen. Wer die Kurskorrektur zugunsten der Berufsbildung will, der muß, wo immer er auch steht, den Mut haben, eine Gewichtsverlagerung in der Haushaltspolitik aller Bundesländer zugunsten der Berufsbildung mit zu tragen.
Viertens. Die Hauptschule muß in ihrer Funktion als Grundlage der Berufsbildung gestärkt werden; sie muß frei werden von einem falschen Prestigedenken. Eine einseitige Intellektualisierung bringt viele der jungen Menschen um ihre Chance, die für eine praxisbezogene Ausbildung durchaus geeignet sind. Die Konzeption der Hauptschule als „weiterführende" Schule hat dazu geführt, daß sie sich zu sehr an dem geringen Prozentsatz derjenigen orientiert, die in der Tat dann auch „weitergeführt" werden. Die Hauptschule braucht also eine Verstärkung des Bezugs zur Praxis, zur Arbeitswelt; sie braucht eine Vertiefung im musischen und sportlichen Bereich.
Fünftens. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländem muß verbessert werden. Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne sind nach wie vor nicht ausreichend aufeinander abgestimmt. Nur wenn Bund und Länder gemeinsam dafür Sorge tragen, daß Berufsbildung in Betrieb und Schule als einheitlicher Prozeß gestaltet und erfahren werden kann, ist die Grundlage für ein reibungsloses Miteinander vor Ort und qualifiziertes Ausbildungsplatzangebot gegeben.
Sechstens. Bund und Länder und die ausbildende Wirtschaft müssen ihre Bemühungen beim Ausbau eines breiten Spektrums berufsorientierter und berufsqualifizierender Bildungsgänge forcieren. Duale Ausbildungswege - die Verbindung von Theorie und Praxis - müssen auch für bislang der Hochschulausbildung vorbehaltene Bereiche entwickelt werden.
Zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten, meine Damen und Herren, über das berufliche Bildungssystem und mehr Durchlässigkeit in den Berufs- und Laufbahnstrukturen werden ermöglichen, den Drang zu Abitur und Studium abzumildern und - ohne eine Verschlechterung der beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten des einzelnen - die Expansion des Gymnasiums und die Zahl der Studienbewerber in vertretbare Bahnen zu lenken.
({18})
Meine Damen und Herren, diesen im Namen der Fraktion der CDU/CSU getroffenen Feststellungen kann unseres Erachtens nur derjenige widersprechen, dem es um Ideologie und Zerstörung des dualen Systems geht.
({19})
- Ja, gut. Ich fahre gleich fort, Herr Möllemann. - Die notwendige Schlußfolgerung muß dann jedoch lauten: Maßnahmen des Gesetzgebers müssen, soweit gesetzgeberische Maßnahmen überhaupt dienlich sein können, der aufgezeigten Zielsetzung dienen; sie dürfen sie nicht unmöglich machen.
({20})
Meine Damen und Herren, letzteres - das Unmöglichmachen - wäre jedoch die Konsequenz, wenn die Vorlage, über die Sie heute in dritter Lesung zu befinden haben, geltendes Recht würde. Nicht die Förderung, sondern - ich formuliere dies ganz bewußt und mit aller Überzeugung - die Verhinderung der Ausbildung, vor allem in der mittelständischen Wirtschaft, wäre die Folge.
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Dies ist das eindeutige Ergebnis der dreitägigen öffentlichen Anhörung im September vergangenen Jahres und der intensiven Beratungen im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft im ersten Durchgang.
Selten in der Parlamentsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland ist ein Gesetzentwurf in der Öffentlichkeit einem solchen Verriß ausgesetzt gewesen wie die Vorlage der Bundesminister Rohde und Friderichs.
({22})
Meine Damen und Herren, zugegeben, die Kritik erfolgte zum Teil aus unterschiedlichen Motiven und unterschiedlichen Standpunkten. Festzustellen bleibt jedoch, daß der Gesetzentwurf von niemandem begrüßt wird. Nur diejenigen, die ihn selbst formuliert haben, wünschen, daß er Gesetz wird. Auch unter den Autoren hat bereits die Absetzbewegung eingesetzt.
({23})
Meine Damen und Herren, ich fasse die Kritik am Regierungsentwurf in folgenden zehn Punkten zusammen:
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- Entschuldigung, rechnen Sie einmal zusammen, wielange die Koalition heute gesprochen hat.
Erstens. Die Koalitionsfraktionen halten nach wie vor an ihrer Zielsetzung fest, Ausbildungsbetriebe und Ausbilder, in der Konsequenz aber auch die in Zukunft zu erlassenden Ausbildungsordnungen, mit neuen Anforderungen zu konfrontieren. Trotz einiger kosmetischer Veränderungen, die SPD und FDP im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft vorgenommen haben, liegt auch der Ausschußfassung die Zielsetzung des „Baukastensystems", verbunden mit einer Fülle von Prüfungen, zugrunde. Kooperation zwischen Ausbildungsbetrieben im Sinne der Hilfestellung und Ergänzung ist in vielen Fällen sinnvoll; eine gesetzliche Verordnung des Baukastensystems für alle Betriebe ist jedoch der Tod der Ausbildung in der mittelständischen Wirtschaft.
Zweitens. Die zur Ergänzung der betrieblichen Ausbildung sinnvollen und von uns bejahten überbetrieblichen Ausbildungsstätten können sich nach dem Wortlaut der Ausschußfassung zunehmend verselbständigen. Es liegen zu viele Aussagen aus den Reihen der Koalition vor, die für die schrittweise Ablösung der betrieblichen Ausbildung durch überbetriebliche Einrichtungen plädieren, als daß man diese Gesetzesvorlage für unverfänglich halten könnte. Überbetriebliche Einrichtungen dürfen sich nicht zu einer dritten Säule entwickeln, die zunehmend blutleer würde, unter inhaltlichen und finanziellen Schwierigkeiten leiden müßte.
Drittens. Die von der Koalitionsmehrheit verabschiedete Fassung wird nicht nur für die Berufsbildungsorganisation auf allen Ebenen erhebliche Mehrbelastungen mit sich bringen, sie wird insbesondere das Prüfungswesen der Kammern, das bislang auf der ehrenamtlichen Mitwirkung aufbaut, erheblichen Schwierigkeiten aussetzen.
Viertens. Die Koalitionsfraktionen haben sich nicht bereit gezeigt, die Fülle der Rechtsverordnungen, die durch den Regierungsentwurf der Bundesregierung übertragen werden soll, ernsthaft zu überprüfen.
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Würde der Entwurf Gesetz, so wüßte die ausbildende Wirtschaft in entscheidenden Bereichen nicht, was in den kommenden Jahren auf sie zukommt.
Fünftens. Die Koalitionsfraktionen gehen nicht ab von perfektionistischen und bürokratischen Vorstellungen in der Weiterbildung. Jede Form in der Weiterbildung, die mit Qualifikation verbunden sein soll, soll nach dem Willen der Koalition in der Zielsetzung letztlich spiegelbildlich zur Erstausbildung geregelt werden. Dies bedeutet, daß sich auch hier der Staat in einer Fülle von Rechtsverordnungen austoben muß. Die Konsequenz ist jedoch: Weiterbildung wird erstickt statt gefördert.
Sechstens. Die Vorstellungen der Koalitionsfraktionen zur Berufsbildungsplanung sind unrealistisch. Sie sind Ausfluß technokratischer Planungseuphorie, die glaubt, die Wirklichkeit und die zukünftige Entwicklung der Berufsbildung nach Plänen vom grünen Tisch ausrichten zu können.
Siebtens. Das von der Koalition vorgeschlagene Bundesinstitut für Berufsbildung wird die Aufgabe der Abstimmung von Bund und Ländern nicht leisten können. Es ist undenkbar, eine solch schwierige und heikle Aufgabe zwischen selbstbewußten Verfassungspartnern einem Institut zu übertragen, das weisungsabhängig vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft arbeiten muß und in das die Länder mit Hilfe halsbrecherischer und fragwürdiger Konstruktionen eingebunden werden sollen.
Achtens. Die Verwirklichung des Gesetzentwurfes der Koalition würde für die Berufsbildung in allen Bereichen und auf allen Ebenen eine erhebliche Kostenvermehrung mit sich bringen. Die diesbezüglichen Angaben der Koalition im Gesetzentwurf und im Ausschußbericht von 8 bis 10 Millionen DM zeigen, welches Maß an Ernsthaftigkeit und SerioDr. Gölter
sität der Vorlage der Koalition überhaupt noch bescheinigt werden kann.
Neuntes. Ein Berufsbildungsgesetz des Bundes kann selbstverständlich die Berufsschule auf Grund der Verfassungslage nicht einbeziehen. Trotzdem hätte es der Koalition freigestanden, die Mitwirkungsmöglichkeiten der Berufsschulen und der Lehrer an berufsbildenden Schulen auf allen Ebenen zu verbessern. Die Koalition hat sich dieser Zielsetzung versagt.
Zehntens. Die im Regierungsentwurf vorgesehene Finanzierungsregelung ist untauglich. Durch sie würden in erheblichem Umfang auch Betriebe belastet, die in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich ausgebildet haben. Da im wesentlichen jedoch nur zusätzliche Ausbildungsplätze gefördert werden sollen, hätten den Nutzen vor allem jene Betriebe, die sich gerade nicht oder nicht stetig in gleichem Umfang der Aufgabe der Ausbildung unterzogen haben.
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Hinzu kommt, daß ein erheblicher Teil der Ausbildungsbetriebe in der mittelständischen Wirtschaft sein Ausbildungsvolumen nicht ausweiten kann, wenn die Betriebsstruktur nicht überfordert und wenn die Qualität der Ausbildung gesichert sein soll.
Meine Damen und Herren, es muß auch darauf hingewiesen werden - dies sage ich mit Blick auf die FDP -, daß Herr Bundesminister Rohde den Gesetzentwurf mehrfach als einen Einstieg in eine umfassende Fondslösung qualifiziert hat.
({27})
Das ist aber nicht unser Problem, sondern das ist das Problem des Koalitionspartners.
Die Schlußfolgerung aus dem Finanzierungssystem der Koalition wäre: das vorgeschlagene System müßte von den soliden Ausbildungsbetrieben, die die Last der Ausbildung in den letzten Jahren getragen haben, als Bestrafungsaktion verstanden werden.
({28})
Die fast ausschließliche Förderung zusätzlicher Ausbildungsplätze verschärft darüber hinaus die Gefahr der Ausbildung in Berufen, die in den kommenden Jahren auf dem Arbeitsmarkt gar nicht gefragt sein werden. Die von der Koalition vorgeschlagene technische Durchführung des Systems ist zudem ein geglücktes Beispiel für bürokratischen Aufwand.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Vorgehen der Koalition ist im Ansatz falsch. Das neue Berufsbildungsgesetz gefährdet das vorhandene Ausbildungsplatzangebot. Es würde auf Grund der zusätzlichen Anforderungen im ordnungsrechtlichen Teil Ausbildungsplätze vernichten. Jede Anstrengung, zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, würde zum Scheitern verurteilt.
({29})
- Herr Möllemann, seien Sie vorsichtig! Zu viele in Ihren Reihen sehen das so wie ich. - Auch die von der Koalition vorgeschlagene Finanzierungsregelung - unterstellt, sie wäre praktikabel - könnte nur als Reparatur des von Ihnen selbst in den ordnungsrechtlichen Teilen des Gesetzes angerichteten Schadens wirksam werden. Meine Damen und Herren, Sie holen mit diesem Gesetz fünf Teufel ins Haus und versuchen, diese fünf Teufel anschließend mit einer Figur auszutreiben, die von Ihnen selbst zunehmend als Beelzebub betrachtet wird.
({30})
Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze. Vor diesem Hintergrund mit neuen Anforderungen zu kommen - ich wiederhole: vor dem Hintergrund des Bedarfs zusätzlicher Ausbildungsplätze mit neuen Anforderungen zu kommen -, ist falsch und unverständlich. Es ist zudem grundverkehrt, die Kräfte aller Verantwortlichen in den kommenden Jahren auf die Umsetzung eines neuen, komplizierten, bürokratischen und perfektionistischen Gesetzes zu konzentrieren, statt alle Kräfte für die Ausweitung des Ausbildungsplatzangebotes zu mobilisieren.
Vizepräsident von Hassel: Ich darf Sie bitten, zum Abschluß zu kommen.
Wir appellieren auch bei dieser Gelegenheit noch einmal an Bund und Länder, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sich auf ein schnell umzusetzendes und damit wirksames Programm zur Sicherung des Ausbildungsplatzangebotes zu einigen. Wir haben bereits am 30. Januar 1975 ein C Dringlidikeitsprogramm eingebracht. Sie haben abgewinkt, fixiert auf Ihr Gesetz und auf eine fragwürdige Finanzierungsregelung. Wir haben Anfang Januar dieses Jahres eine Novelle, verbunden mit einem Programm zur Sicherung des Ausbildungsplatzangebotes, eingebracht.
Vizepräsident von Hassel: Herr Kollege, ich darf Sie noch einmal bitten, zum Abschluß zu kommen.
Ja, sofort, Herr Präsident. - Diese Novelle, verbunden mit einem Programm, wäre ein geeigneter, konkreter gesetzgeberischer Fortschritt im Sinne einer praxisorientierten Verbesserung des Gesetzes von 1969. Der Weg, den Sie mit dem heutigen Tag gehen wollen, führt nicht nur in eine Sackgasse; viel schlimmer, er kostet Ausbildungsplätze, und dies muß im Interesse der jungen Generation verhindert werden.
Wir lehnen daher das Berufsbildungsgesetz in der dritten Lesung einhellig ab.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Das Wort hat Herr Abgeordnete Dr. Meinecke ({1}).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in der dritten Lesung noch einige Regularien zu er16538
Dr. Meinecke ({0})
ledigen. Das wollen wir bei diesem hervorragenden Akt von kämpferischem Konservativismus des Kollegen Gölter nicht vergessen.
Es liegt ein Antrag der Fraktionen der SPD und der FDP vor, der sich im Prinzip mit der Ausbildung der in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes befaßt. Dieser Entschließungsantrag zu dem Berufsbildungsgesetz empfiehlt der Innenausschuß einstimmig zur Annahme. Die Fraktionen der SPD und der FDP bitten das Haus, diesen Antrag anzunehmen.
Über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Drucksache 7/5010 - ich möchte mal sagen: über das 2,8-Milliarden-Ding - ist hier ausreichend und erläuternd durch Herrn Bundesminister Friderichs geredet worden. Waren wir am Anfang der Diskussion noch geneigt, den Antrag einem Ausschuß zu überweisen und in seinen Konsequenzen zu diskutieren, so müssen wir jetzt feststellen, daß hier eine eingehende Diskussion stattgefunden hat, deren Ablauf und Ergebnisse durch den Redner der Opposition, Herrn Kollegen Gölter, in der dritten Lesung überhaupt nicht berücksichtigt worden sind. Das heißt offenbar, daß Sie engstirnig auf der Auffassung beharren, daß die Bildung steuerlicher Rücklagen die einzige Möglichkeit ist, das Problem zu lösen. Daher empfehlen wir Ihnen die Ablehnung dieses Entschließungsantrags. Es ist noch Zeit, neue Vorschläge zu erarbeiten und zu bedenken. Ich bin sicher, daß Sie sich auf dem Weg zum Bundesrat und darüber hinaus noch Neues einfallen lassen.
({1})
Was nun die fünf Teufel und den Akt des Exorzismus angeht, mit dem sie hier ausgetrieben worden sind, so wollte ich Ihnen, da Sie jetzt sicher den letzten sozialdemokratischen Redner vor der Osterpause noch kurz ertragen wollen - ich will mir Mühe geben -, dennoch ein kleines Osterei mit auf den Weg geben. Es stammt aus dem Jahr 1961 und hat eine Beziehung zu dem Spannungsfeld zwischen Qualität und Quantität der Ausbildungsplätze.
In der Sozialenzyklika des Papstes Johannes XXIII. vom 15. Juli 1961 heißt es - er geht hier auf die gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen ein, die auch Herr Kollege Gölter seiner Kritik am Bildungssystem zugrunde gelegt hat -:
Vom Arbeiter verlangt es heute erhöhte Geschicklichkeit, längere Erfahrung. Darum braucht er eine reichere Ausstattung mit Arbeitsmitteln, aber auch Zeit für eine entsprechende Ausbildung als Facharbeiter wie auch Gelegenheit für Weiterbildung und religiöse Gesamtbildung.
Dann kommt die gesellschaftliche Verpflichtung. Weiter:
Unter diesen Umständen kann den Jugendlichen mehr Zeit gelassen werden für ihre Allgemeinbildung und berufliche Lehre.
Also so ist es nun nicht, daß diese ganze Bildungsphilosophie Ausgangspunkt marxistischer Überlegungen wäre, Herr Kollege Gölter. Ich könnte Ihnen
noch sehr viele Zitate aus dem christlichen Schriftturn liefern, die im Prinzip alle eindeutig in eine Richtung gegangen sind.
Sie haben davon gesprochen, daß es die Sozialdemokraten gewesen seien, die der beruflichen Bildung jahrelang eine Zweitrangigkeit zugebilligt hätten und dies in der Politik auch so konsequent herbeigeführt hätten. Damit haben Sie aber die Geschichte verfälscht. Das Jahr der Sozialenzyklika - 1961 - war nämlich ein interessanter Ausgangspunkt. Denn genau in dem darauf folgenden Jahr 1962 haben die Sozialdemokraten im Bundestag einen Antrag eingereicht, mit dem die damalige Bundesregierung aufgefordert wurde, dem Deutschen Bundestag bis zum 1. Oktober 1962 den Entwurf eines Gesetzes über Berufsausbildung vorzulegen. In einem einstimmigen Beschluß vom 27. Juni 1962 hat dieses Haus die Bundesregierung erneut aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, und zwar nunmehr bis zum 1. Februar 1963. Aus diesen Jahren kenne ich immer nur die sonore Stimme des damaligen Bundeskanzlers : Unser Berufsausbildungssystem ist das beste der Welt.
Am 2. April 1963 beschloß der Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft „allgemeine Grundsätze zur Durchführung einer gemeinsamen Politik der Berufsbildung", die der Bundesregierung damals ebenfalls zugeleitet worden sind. Auch darauf hat die damalige Bundesregierung keine Reaktion gezeigt.
Deshalb wollte die sozialdemokratische Fraktion 1963 in einer großen Anfrage wissen, wann die Bundesregierung endlich dem einstimmig gefaßten Beschluß des Deutschen Bundestages entsprechen werde. In der Aussprache über diese Große Anfrage blieb es bei dem Versprechen, einen ausgereiften Gesetzentwurf noch in der 4. Legislaturperiode vorzulegen. Dieses Versprechen wurde jedoch nicht erfüllt.
Der damalige Bundeskanzler Erhard wiederholte daher in seiner Regierungserklärung 1965 diese Zusage.
Das ist die Historie. Ich will sie noch ein wenig fortsetzen, weil ich mich an die Äußerung des Kollegen Pfeifer erinnere, die Sozialdemokraten und die Freien Demokraten hätten bloß Ihren Vorstellungen zu folgen brauchen, dann wäre alles schön gelaufen.
Die Sozialdemokraten haben dann im Bundestag das Arbeitsmarktanpassungsgesetz eingebracht. Die zuständigen Ministerien der damaligen Kleinen Koalition konnten sich nicht einigen. Dann haben alle gemeinsam im Ausschuß ein Arbeitsmarktanpassungs- oder -förderungsgesetz und ein Berufsbildungsgesetz vorgelegt.
Dies wurde 1969 beschlossen. Dieses in seiner Substanz damals von allen gelobte Gesetz ist ja allenfalls das Gesetz, das die Konditionen heute bestimmt. Und wenn ein Gesetz heute als Arbeitsplatzverhinderungsgesetz zu bezeichnen ist, dann kann dies nur das geltende Gesetz sein, nicht aber
Dr. Meinecke ({2})
ein Gesetz, das in seinen Konturen zwar festliegt, aber noch nicht beschlossen ist.
({3})
In der damaligen Debatte - ich kann Ihnen das nicht ersparen - hat, wie der Herr Bundesminister schon zitiert hat, der Herr Kollege Diebäcker davor gewarnt, durch ein Gesetz zeitgemäße Entwicklungen zu verbauen, und betont, ein Berufsbildungsgesetz müsse in erster Linie der Verbesserung der Ausbildung dienen. Damals - 1969 - saß uns, wenn ich mich recht entsinne, die Krise von 1966 noch in den Knochen.
Genau dieser Intention sind wir mit unserem Gesetz gefolgt, indem wir - aus zeitgemäßen Gründen - meinen, daß die Qualität der Berufsausbildung den heutigen Anforderungen entsprechen muß. Denn nur eine gute Ausbildung sichert die Chance auf einen Arbeitsplatz. Das wissen wir doch heute, wenn wir die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen differenzieren. Das wird ganz bewußt vertuscht. Die meisten davon haben keinen Hauptschulabschluß. Daß wir den Hauptschulabschluß und die Güte der Hauptschule mit diesem Gesetz nicht regeln können, weiß mittlerweile jedes Baby in diesem Land. Für so dumm sollten Sie das Wahlvolk nicht halten!
({4})
Das Wort „Ausbildungsverhinderungsgesetz" ist von Ihnen gekommen, Herr Kollege Carstens. Dazu zitiere ich Ihnen - das können Sie gelegentlich nachlesen - Ihren Kollegen Müller ({5}) :
Die Berufsausbildung ist für die Mehrheit der jungen Menschen das Kapital ihres Lebens. Aus diesem Grund muß eben die Vorbereitung auf das Berufsleben und die Berufsausbildung die beste sein, die man sich nur denken kann. Sie darf den weiteren beruflichen Weg des einzelnen nicht blockieren, sondern muß ihn fördern. Sie muß bei der laufenden Wandlung der Berufe Spielraum lassen für die auf der Grundbasis sich aufbauenden beruflichen Möglichkeiten.
Es gibt noch ein Zitat aus der damaligen Zeit. Diese Worte wurden nicht vom Podium des Bundestages gesprochen, sondern zu Protokoll gegeben. Es ist also am Schreibtisch wohlüberlegt schriftlich formuliert worden. Meine Damen und Herren von der Opposition, bekommen Sie jetzt keinen Schreck, wenn ich auch den Kollegen und damaligen Arbeitsminister Katzer zitiere:
Heute gibt es kaum noch eine Frage in unserer gesellschaftspolitischen Entwicklung, die nichts mit Bildungsnotwendigkeiten zu tun hätte. Die Bildung ist ein unentbehrliches Mittel des Zusammenhalts und der Verständigung in unserer Gesellschaft geworden. Sie richtet sich mehr und mehr auf die Erschließung neuer sozialer Chancen, ja auf Gleichheit der Chancen und Startbedingungen unserer sozialen Gesellschaft, und sie will ein Höchstmaß an persönlicher Verantwortung in allen Schichten unseres Volkes.
({6})
Und nun kennen wir doch die Eiertänze, die Sie aufgeführt haben, um von der Chancengleichheit herunterzukommen. Sie haben ja ein Jahr gebraucht, um der Bevölkerung zu sagen: Chancengleichheit haben wir nicht gemeint, sondern Chancengerechtigkeit. Dieser Ausdruck stammt von dem damaligen Arbeitsminister Katzer!
Ich will mit der Reihe der Zitate nicht fortfahren. Ich nehme an, daß ich meinen Bonus-Malus hier bald erreicht habe. Nur, Herr Kollege Gölter, daß Sie so ungeschickt waren, wieder mit der Behauptung anzufangen, überbetriebliche Ausbildungsstätten zerstörten das duale System, ist eine derartige Torheit, daß auch die Wirtschaft hier nicht mehr lange mitspielen wird.
({7})
- Ja, ich höre gut zu. Der damalige Bundesarbeitsminister Katzer hat seinerzeit verlangt, daß im dualen System die überbetrieblichen Ausbildungsstätten überall dort, wo es notwendig ist, gleichberechtigt einzurichten und zur Verbesserung der Qualität der Ausbildung heranzuziehen sind.
Meine Damen und Herren, Ihr Weg von der damaligen Zeit bis heute ist lang gewesen. Da Sie meinen, daß alle diejenigen, die Verbesserungen in der Qualität wollen, der Ideologie verfallen sind, will ich hier noch ein Zitat aus dem Lande Baden-Württemberg anführen. Damals hat dieses Land noch eine Verfassung gehabt, in der es hieß:
Die öffentlichen Volksschulen sind christliche Gemeinschaftsschulen. In ihnen sollen in Erziehung und Unterricht auch die geistigen und sittlichen Werte der Humanität und des Sozialismus zu Worte kommen.
Dies sei im Anschluß an die gestrige Debatte gesagt.
Was sollen wir von Ihrer Aufforderung halten, nunmehr gemeinsam das Notwendige zu unternehmen, wenn Ihr Ministerpräsident Filbinger, der die Wahl nun ja gewonnen hat, noch drei Tage vor der Wahl in Baden-Württemberg gefordert hat, das Institut der Gemeinschaftsaufgaben aufzugeben?
({8})
Das haben die Bürger dort in diesem Land nur nicht mehr gehört.
Ich habe gehört, daß sich auch Herr Minister Vogel hier noch zu Wort gemeldet hat. Lassen Sie mich deshalb noch dies sagen: Gerade das Land Rheinland-Pfalz ist doch auf dieses Gesetz und dieses Finanzierungsinstrument angewiesen, denn bei einer prozentualen Aufschlüsselung der arbeitslosen und beschäftigungslosen Jugendlichen ergibt sich, daß dieses Bundesland im Vergleich zu allen anderen Bundesländern weit an der Spitze liegt.
({9})
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß die Zeit der Konfrontation und der unterschiedlichen Deutung der Gesetzestexte nun16540
Dr. Meinecke ({10})
mehr vorbei sein muß. Wenn ich mich nicht irre, wird der Deutsche Bundestag dieses Gesetz in der dritten Lesung in wenigen Minuten mit Mehrheit annehmen. Über Ostern wird dann eine Zeit der Ruhe und der Besinnung möglich sein. Ich richte hier im Namen der sozialdemokratischen Fraktion und im Namen der Fraktion der Freien Demokraten den dringenden Appell an den Bundesrat, dieses Gesetz zusammen mit den Begründungen unter besonderer Berücksichtigung der vorgenommenen Änderungen noch einmal vorurteilsfrei und in aller Sachlichkeit zu lesen und der deutschen Bevölkerung nicht das traurige Schauspiel zu bieten, dieses Gesetz aus Gründen parteipolitischer Vorprogrammierung abzulehnen.
({11})
Vizepräsident von Hassel: Weitere Wortmeldungen liegen in der dritten Beratung nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung. Es ist namentliche Abstimmung beantragt worden.
Bevor wir in die Abstimmung eintreten, gebe ich bekannt, daß im Anschluß an diese namentliche Abstimmung noch einige weitere Abstimmungen im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf anstehen und anschließend die namentliche Abstimmung über den Zusatzpunkt zur Tagesordnung - die erste namentliche Abstimmung über diesen Punkt fand heute nacht statt - wiederholt wird. Ich bitte, sich darauf einzustellen.
Ich eröffne die namentliche Abstimmung in dritter Beratung.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, wie folgt zu verfahren. Wir beginnen jetzt mit der Auszählung, sind aber bereit, noch während der Auszählung kommende Kollegen ihre Stimmkarten drüben abgeben zu lassen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Ich darf bitten, mit der Auszählung zu beginnen.
Wir fahren fort. Wir haben noch folgendes zu erledigen. Nach der Schlußabstimmung haben wir über die Anträge des Ausschusses unter Nrn. 2, 3, 4 und 5 auf Seite 4 der Drucksache abzustimmen. Wer den Anträgen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der Opposition angenommen.
Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP auf Drucksache 7/5001 auf. Es ist beantragt, ihn an den Innenausschuß zu überweisen. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Dann der Entschließungsantrag der CDU/CSU auf Drucksache 7/5010. Wer dem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit den Stimmen der Koalition abgelehnt.
Da die Auszählung noch nicht abgeschlossen ist, rufe ich jetzt den Zusatzpunkt auf, zu dem heute nacht die namentliche Abstimmung stattgefunden
hat, bei der die Beschlußunfähigkeit des Hauses festgestellt wurde:
Schlußabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Personalstruktur des Bundesgrenzschutzes ({12})
- Drucksache 7/3494 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({13}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache 7/4539 -
Berichterstatter: Abgeordneter Walther
b) Bericht und Antrag des Innenausschusses ({14})
-- Drucksache 7/4534 Berichterstatter:
Abgeordneter Gerster ({15}) Abgeordneter Pensky
({16})
Ich darf dazu folgendes mitteilen. Die Fraktionen haben mich wissen lassen, daß der Antrag auf namentliche Abstimmung von heute nacht zurückgezogen wird. Wird dem widersprochen? - Das ist nicht der Fall.
({17})
- Der Zurückziehung des Antrags auf namentliche Abstimmung wird nicht widersprochen; folglich ist der Antrag zurückgezogen.
({18})
Wir kommen also zur Wiederholung der Schlußabstimmung. Es wird normal abgestimmt. Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Wer enthält sich? - Bei einigen Gegenstimmen und einigen wenigen Enthaltungen ist das Gesetz in der dritten Beratung angenommen.
Wir haben noch zu befinden über- den Ausschußantrag unter Nr. 2. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist angenommen.
Wir haben jetzt noch über einen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache 7/5004 zu befinden. Es ist Antrag auf Überweisung an den Innenausschuß gestellt. Wer der Überweisung an den Innenausschuß zuzustimmen wünscht, den darf ich um das Handzeichen bitten. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, sind Sie damit einverstanden, daß wir bis zum Vorliegen des Auszählungsergebnisses der namentlichen Abstimmung in der Tagesordnung fortfahren? Wir haben noch eine ganze Reihe von Punkten zu erledigen, die aber kein Problem bedeuten. Sind Sie damit einverstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch.
Vizepräsident von Hassel
Ich rufe also Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 4. Dezember 1965 zur Errichtung der Asiatischen Entwicklungsbank
- Drucksache 7/4819 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({19}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache 7/5000 - Berichterstatter: Abgeordneter Esters
b) Antrag des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit ({20})
- Drucksache 7/4945 Berichterstatter: Abgeordneter Schleifenbaum
({21}) Bitte schön, Herr Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Änderung des Gesetzes betreffend die Asiatische Entwicklungsbank beinhaltet, wie aus den Ihnen vorliegenden Unterlagen hervorgeht, eine selektive Erhöhung des deutschen Anteils am Stammkapital. Die Asiatische Entwicklungsbank hat sich mit ihren 41 Mitgliedern - die Bundesrepublik Deutschland war 1966 eines der 29 Gründungsmitglieder - die Finanzierung von Entwicklungsprojekten in den weniger entwickelten asiatischen Mitgliedsländern zum Ziel gesetzt. Hieran wirken neben uns auch andere Industrieländer, von Japan über Europa bis zu den USA, mit.
Das Finanzierungsvolumen ist, wie aus dem Jahresbericht 1975 hervorgeht, stark gestiegen. Die Tätigkeit der Asiatischen Entwicklungsbank entspricht unseren entwicklungspolitischen sektoralen Zielsetzungen. Die Erhöhung des deutschen Anteils am Stammkapital entspricht den Wünschen der Bank und verstärkt die deutschen Mitwirkungsmöglichkeiten durch den damit entstehenden Anspruch auf eine ständige Mitgliedschaft im Direktorium.
Der federführende Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit empfiehlt Ihnen einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs. Haushaltsausschuß und Finanzausschuß haben ebenfalls einstimmige Voten abgegeben. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.
Vizepräsident von Hassel: Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Insgesamt haben sich an der Abstimmung 388 uneingeschränkt stimmberechtigte und 17 Berliner Abgeordnete beteiligt. Mit Ja und damit für das Gesetz haben 225 uneingeschränkt stimmberechtigte und 12 Berliner Abgeordnete, mit Nein 163 uneingeschränkt stimmberechtigte und 5 Berliner Abgeordnete gestimmt.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen 388 und 17 Berliner Abgeordnete; davon
ja: 224 und 12 Berliner Abgeordnete, nein: 163 und 5 Berliner Abgeordnete, ungültig: 1.
Ja SPD
Ahlers Amling Anbuhl Dr. Apel
Dr. Arndt ({0}) Augstein
Baack
Bäuerle Bahr
Barche
Dr. Bardens
Becker ({1}) Biermann
Blank
Dr. Böhme ({2}) Börner
Brandt
Brandt ({3}) Bredl
Brück
Buchstaller
Büchler ({4})
Büchner ({5})
Dr. von Bülow Buschfort
Dr. Bußmann
Collet
Conradi Coppik
Frau Dr. Däubler-Gmelin Dr. von Dohnanyi
Dürr
Eckerland
Dr. Ehmke
Dr. Ehrenberg
Frau Eilers ({6}) Dr. Emmerlich
Engholm Dr. Eppler
Esters
Fiebig
Dr. Fischer
Frau Dr. Focke
Franke ({7}) Friedrich
Gansel Geiger
Gerstl ({8})
Gertzen
Dr. Geßner
Glombig Dr. Glotz Gnädinger
Grobecker
Grunenberg
Dr. Haack
Haase ({9})
Haase ({10}) Haehser
Dr. Haenschke Halfmeier
Hansen Hauck
Dr. Hauff Henke Herold Höhmann Hofmann Dr. Holtz Horn
Frau Huber
Huonker
Immer ({11})
Jahn ({12})
Jaschke Jaunich Dr. Jens Junghans Junker Kaffka Kater
Kern
Koblitz Kratz
Dr. Kreutzmann
Krockert Kulawig Lambinus Lattmann Dr. Lauritzen
Lemp
Lenders
Frau Dr. Lepsius
Löbbert
Dr. Lohmar
Lutz
Mahne Marquardt
Marschall
Frau Meermann
Dr. Meinecke ({13}) Meinike ({14}) Metzger
Möhring
Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Müller ({15})
Müller ({16})
Müller ({17})
Dr. Müller-Emmert Müntefering
Neumann Dr.-Ing. Oetting
Offergeld Freiherr
Ostman von der Leye Pawelczyk
Peiter
Dr. Penner
Pensky Peter
Polkehn Porzner Rapp ({18})
Rappe ({19})
Ravens
Frau Dr. Rehlen
Reiser
Frau Renger
Vizepräsident von Hassel
Reuschenbach
Frau Dr. Riedel-Martiny Röhlig
Rohde Sander Saxowski
Dr. Schachtschabel Schäfer ({20})
Dr. Schäfer ({21}) Scheffler
Scheu
Frau Schimschok
Schinzel
Schirmer
Schlaga Schluckebier
Dr. Schmidt ({22}) Schmidt ({23}) Schmidt ({24}) Schmidt ({25}) Dr. Schmude
Dr. Schöfberger Schonhofen
Schreiber
Schulte ({26})
Dr. Schweitzer
Dr. Schwenk ({27}) Simon
Simpfendörfer
Dr. Sperling
Spillecke
Stahl ({28})
Frau Steinhauer
Suck
Sund
Tietjen
Frau Dr. Timm
Tönjes Vahlberg
Vit
Dr. Vogel ({29}) Vogelsang
Waltemathe
Walther
Dr. Weber ({30})
Wehner Wendt Dr. Wernitz
Wiefel Wilhelm
Wimmer ({31}) Wittmann ({32}) Wolf
Wolfram ({33}) Wrede
Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zeitler
Berliner Abgeordnete
Bühling
Dr. Dübber
Egert
Grimming
Frau Grützmann Löffler
Männing
Mattick
Dr. Schellenberg Frau Schlei
Schwedler
FDP
Dr. Bangemann Baum
Christ
Engelhard Ertl
Frau Funcke Gallus
Geldner
Genscher Grüner
Hölscher Hoffie
Jung
Kirst
Kleinert
Dr. Kreibaum
Dr.-Ing. Laermann
Dr. Graf Lambsdorff Logemann
Frau Lüdemann
Dr. Dr. h. c. Maihofer Mischnick
Möllemann Opitz
Peters ({34}) Schleifenbaum
Schmidt ({35})
von Schoeler
Frau Schuchardt Spitzmüller
Wolfgramm ({36}) Wurbs
Zywietz
Berliner Abgeordnete Hoppe
Fraktionslos
Emeis
Nein
CDU/CSU
Dr. Abelein
von Alten-Nordheim Dr. Althammer
Dr. Arnold
Dr. Becker
({37}) Frau Benedix
Benz
Bewerunge Biechele
Biehle
von Bockelberg
Braun
Breidbach Bremm
Burger
Dr. Carstens ({38}) Dr. Czaja
Damm
van Delden Dr. Dregger Dreyer
Eigen
Eilers ({39}) Engelsberger
Ernesti
Dr. Evers
Ey
Dr. Eyrich Dr. Franz
Frau Geier Geisenhofer Gerlach ({40}) Gerster ({41}) Gewandt
Gierenstein
Dr. Gölter Dr. Gruhl Dr. Häfele Dr. Hammans
von Hassel
Hauser ({42}) Hauser ({43})
Dr. Hauser ({44})
Dr. Heck Hösl
Dr. Hornhues
Horstmeier Frau Hürland
Dr. Hupka Hussing
Dr. Jaeger Jäger ({45})
Dr. Jahn ({46})
Dr. Jenninger
Dr. Jobst Josten
Katzer
Dr. Kempfler
Kiechle
Dr. Klein ({47})
Dr. Klein ({48})
Dr. Kliesing
Dr. Köhler ({49})
Dr. Köhler ({50}) Krampe
Dr. Kraske Freiherr
von Kühlmann-Stumm Lampersbach
Lemmrich
Dr. Lenz ({51})
Link
Löher
Dr. Luda Dr. Marx Maucher
Dr. Mertes ({52}) Mick
Dr. Mikat Milz
Möller ({53})
Müller ({54})
Dr. Narjes
Frau Dr. Neumeister Nordlohne
Orgaß
Frau Pack Pfeffermann Pfeifer
Picard
Pohlmann Dr. Probst Rainer
Rawe
Reddemann
Frau Dr. Riede ({55}) Dr. Ritgen
Dr. Ritz
Röhner
Rommerskirchen
Sauer ({56})
Sauter ({57})
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Dr. Schäuble Schedl
Schetter
Frau Schleicher Schmidhuber
Schmidt ({58}) Schmitt ({59}) Schmitz ({60}) Schmöle
Dr. Schneider
Frau Schroeder ({61}) Dr. Schröder ({62}) Schröder ({63}) Schröder ({64}) Schulte
({65})
Dr. Schulze-Vorberg
Sick
Solke
Dr. Freiherr
Spies von Büllesheim Spilker
Spranger Stahlberg Dr. Stark ({66})
Graf Stauffenberg
Dr. Stavenhagen
Frau Stommel
Strauß
Stücklen Susset
de Terra Thürk
Tillmann
Dr, Todenhöfer
Frau Tübler Dr. Unland Vehar
Frau Verhülsdonk
Vogel ({67})
Vogt
Volmer
Dr. Waffenschmidt
Dr. Waigel Wawrzik Weber ({68})
Dr. Freiherr von Weizsäcker Werner
Frau Dr. Wex
Frau Will-Feld
Windelen Wissebach
Dr. Wittmann ({69}) Dr. Wörner
Frau Dr. Wolf
Baron von Wrangel
Dr. Wulff Zeyer
Ziegler
Dr. Zimmermann
Zink
Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Frau Berger ({70})
Kunz ({71})
Frau Pieser Straßmeir Wohlrabe
FDP
Dr. Böger
Damit ist das Gesetz in dritter Lesung angenommen worden.
Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:
Vizepräsident von Hassel
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes
- Drucksache 7/4919 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({72})
Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit
Das Wort wird nicht begehrt. Den Überweisungsvorschlag des Ältestenrates ersehen Sie aus der Tagesordnung. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 56 des Petitionsausschusses ({73}) über Anträge zu Petitionen
- Drucksache 7/4905 -Es ist empfohlen worden, zuzustimmen. Wer dem folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - So beschlossen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Arndt ({74}), Dr. Meinecke ({75}), Kleinert und Genossen betr. Änderung des Personenstandsgesetzes
- Drucksache 7/4940 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß ({76})
Rechtsausschuß
Wer dem Überweisungsvorschlag des Altestenrates - Sie ersehen ihn aus der Tagesordnung - zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - So beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses ({77}) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. Zustimmung zur Leistung einer außerplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 23 02 apl. Tit. 666 02 - Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zum Zinssubventionskonto für die Ölfazilität des Internationalen Währungsfonds
- Drucksachen 7/4745, 7/4913 -Berichterstatter: Abgeordneter Esters
Gibt es dazu Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Antrag des Haushaltsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe die Punkte 12 bis 19 der Tagesordnung auf:
12. Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses ({78}) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für
eine Richtlinie des Rates zur Durchführung
der Richtlinie vom 4. März 1969 hinsichtlich
der Ausbesserungsvorgänge im Rahmen des
aktiven Veredelungsverkehrs
- Drucksachen 7/4562, 7/4912 - Berichterstatter: Abgeordneter Schreiber
13. Beratung des Berichts und des Antrags des Haushaltsausschusses ({79}) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung ({80}) betreffend Finanzvorschriften für das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung und für die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
- Drucksachen 7/4255, 7/4914 Berichterstatter:
Abgeordneter Carstens ({81})
14. Beratung des Berichts und des Antrags des Innenausschusses ({82}) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend den zulässigen Geräuschemissionspegel von Turmdrehkränen
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend den zulässigen Geräuschemissionspegel von Schweißstromerzeugern
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend den zulässigen Geräuschemissionspegel von Kraftstromerzeugern
- Drucksachen 7/4650, 7/4915 Berichterstatter:
Abgeordneter Volmer
Abgeordneter Konrad
15. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({83}) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Mitteilung der Kommission an den Rat zum Getreidenahrungsmittelhilfeprogramm für 1975/1976 und die Verwendung der im Programm 1974/1975 vorgesehenen Sahel-Reserve
Verordnung ({84}) des Rates zur Abweichung von der Verordnung in bezug auf die Verfahren zur Bereitstellung von Getreide für die Nahrungsmittelhilfe
Entscheidung des Rates über die gemeinschaftliche Finanzierung einer Ausgabe für die Nahrungsmittelhilfe im Rahmen des Programms 1975/1976
- Drucksachen 7/4496, 7/4916 - Berichterstatter: Abgeordneter Vit
Vizepräsident von Hassel
16. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({85}) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung ({86}) des Rates über die Lieferung von Magermilchpulver an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zugunsten der Flüchtlinge aus Timor im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms 1975 einen Beschluß des Rates über die gemeinschaftliche Finanzierung bestimmter Ausgaben betreffend die Nahrungsmittelhilfe an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zugunsten der Flüchtlinge aus Timor im Rahmen des Programms 1974/1975
eine Verordnung ({87}) des Rates zur Abweichung von der Verordnung ({88}) Nr. 2750/75 in bezug auf die Verfahren für die Bereitstellung der Nahrungsmittelhilfe für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zugunsten der Flüchtlinge aus Timor
- Drucksachen 7/4540, 7/4918 - Berichterstatter: Abgeordneter Rainer
17. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({89}) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie betreffend das Gemeinschaftsverzeichnis der benachteiligten landwirtschaftlichen Gebiete im Sinne der Richtlinie 75/268/ EWG ({90})
- Drucksachen 7/4642, 7/4935 - Berichterstatter: Abgeordneter Marquardt
18. Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({91}) zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Mitteilung der Kommission an den Rat betreffend das Butteroil-Nahrungsmittelhilfeprogramm für 1976
Verordnung ({92}) des Rates zur Festlegung der Grundregeln für die Lieferung von Milchfett im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms 1976 an bestimmte Entwicklungsländer und internationale Organisationen
Verordnung ({93}) des Rates über die Lieferung von Milchfett an bestimmte Entwicklungsländer und internationale Organisationen im Rahmen des Nahrungsmittelhilfeprogramms für 1976
Verordnung ({94}) des Rates über die Lieferung von Butteroil an Pakistan als Nahrungsmittelhilfe, im Rahmen der Verordnung EWG Nr. 1542/75
- Drucksachen 7/4522, 7/4938 Berichterstatterin:
Abgeordnete Frau Dr. Riedel-Martiny
19. Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzausschusses ({95}) zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung des Rates über den Erlaß oder die Erstattung von Ein- und Ausfuhrabgaben
- Drucksachen 7/4641, 7/4950 - Berichterstatter: Abgeordneter Schreiber
Wünschen die Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Wird das Wort in der Aussprache gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall.
Zur Abstimmung ist eine schriftliche Erklärung eingereicht worden. Sie wird in das Protokoll aufgenommen.
Ist das Haus damit einverstanden, daß wir über die Punkte 12 bis 19 der Tagesordnung gemeinsam abstimmen? - Ich höre keinen Widerspruch. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen 7/4912, 7/4914, 7/4915, 7/4916, 7/4918, 7/4935, 7/4938 und 7/4950. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Gegenstimme ohne Enthaltungen sind die Ausschußanträge angenommen.
Wir sind damit am Ende unserer Sitzung angelangt.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 5. Mai 1976, 13 Uhr ein.
Ich schließe die Sitzung mit den besten Wünschen für eine geruhsame Osterpause.