Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: Bericht der Bundesregierung über „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung" im Jahre 1974
Bezug: Beschluß des Deutschen Bundestages vom 22. Mai 1962 - Drucksache 7/4706 -zuständig: Innenausschuß ({0})
Ausschuß für Forschung und Technologie
Betr.: Zustimmung zur Leistung einer außerplanmäßigen Ausgabe bei Kap. 2302 apl. Tit. 666 02 - Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zum Zinssubventionskonto für die Ölfazilität des Internationalen Währungsfonds
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO
- Drucksache 7/4745 - zuständig: Haushaltsausschuß
Ich frage, ob sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch erhebt. - Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir bitte, daß ich heute ausnahmsweise einmal von der üblichen Regelung abgehe und dem Kollegen Dr. Schellenberg zu seinem 69. Geburtstag sehr herzlich gratuliere.
({1})
Der Herr Kollege, über dessen Arbeit und über dessen Mitarbeit im Bundestag ich gerade heute an dieser Stelle nichts zu sagen brauche, feiert diesen Geburtstag als letzten im Hause. Sie wissen, daß er sich entschlossen hat, nicht wieder zu kandidieren, so daß es mir erlaubt sein mag, ihm heute sehr herzlich zu gratulieren.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 18. Februar 1976, zu Frage 9, 13 und 14 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Pfeffermann, Benz, Engelsberger, Röhner, Dr. Franz, Roser, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und der Fraktion der CDU/CSU betr. Stellungnahme der Bundesregierung zu den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Organisation, Planung und Förderung der Forschung - Drucksache 7/4698 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/4764 verteilt.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 18. Februar 1976 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Probst, Lenzer, Engelsberger, Dr. Franz, Roser, Pfeffermann, Benz, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und der Fraktion der CDU/CSU betr. Forschungsprogramm „Humanisierung des Arbeitslebens" - Drucksache 7/4672 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/4767 verteilt.
Überweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung ({2}) des Rates über eine gemeinsame Marktorganisation für Kartoffeln ({3})
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates über die gemeinsame Regelung für Einfuhren von Textilerzeugnissen im Rahmen des passiven Veredelungsverkehrs ({4})
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung des Rates
zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal des Europäischen Zentrums für die Förderung der Berufsbildung
zur Festlegung der Beschäftigungsbedingungen für das Personal der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ({5})
überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Richtlinie des Rates zur Regelung der Sommerzeit ({6})
überwiesen an den Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Stellungnahme zum griechischen Beitrittsgesuch ({7})
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft ({8}), Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir führen heute eine verbundene Debatte über die Punkte 24 bis 28 der Tagesordnung:
24. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunzehnten Gesetzes über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung und der Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte
({9})
- Drucksache 7/4722 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({10}) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
25. Beratung des Berichts der Bundesregierung über die gesetzlichen Rentenversicherungen, insbesondere über deren Finanzlage in den künftigen 15 Kalenderjahren, gemäß §§ 1273 und 579 der Reichsversicherungsordnung, § 50 des Angestelltenversicherungsgesetzes und § 71 des Reichsknappschaftsgesetzes ({11}) und Gutachten des Sozialbeirats
- Drucksache 7/4250 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({12}) Haushaltsausschuß
26. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter ({13}) und des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten ({14})
- Drucksache 7/4602 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung
27. Erste Beratung des von den Abgeordneten Geisenhofer, Maucher, Burger, Dr. Althammer, Müller ({15}), Höcherl, Ziegler, Franke ({16}), Dr. Mikat, Dr. Jobst, Freiherr von Fircks, Braun, Dr. Fuchs, Krampe und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes
- Drucksache 7/4585 -Überweisungsvorsdilag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({17}) Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
28. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes ({18})
- Drucksache 7/4653 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates:
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung ({19})
Haushaltsausschuß mitberatend und gemäß § 96 GO
Zur Begründung der Regierungsvorlagen hat der Herr Bundesarbeitsminister das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der Bundesregierung lege ich Ihnen heute den Gesetzentwurf für die neunzehnte Rentenanpassung vor. Über die Rentenversicherung ist in letzter Zeit viel geschrieben und noch mehr geredet worden; ich meine, ein bißchen zuviel und vor allem zuviel Unausgegorenes.
({0})
Ich hoffe deshalb sehr, daß die heutige Debatte dazu
beitragen wird, die Spreu vom Weizen zu trennen
({1})
und die Fronten zu klären. Vielleicht kann diese heutige Debatte auch dazu beitragen, das Geraune - wie Herr Katzer sagt - über die Rentenversicherung zu beenden.
({2})
Dabei wende ich mich ganz besonders an Sie, meine Damen und Herren von der Opposition. Wenn Sie im Rentenrecht etwas ändern wollen, dann sagen Sie es bitte klipp und klar; belassen Sie es nicht bei vagen Andeutungen, sagen Sie endlich, was Sie wollen, wenn Sie überhaupt etwas wollen.
({3})
Die bisherigen Schleiertänze, die der Bevölkerung Zerrbilder vorgaukeln, und das Schattenboxen gegen Unbekannt müssen ein Ende haben.
({4})
Das sind wir den Rentnern, aber ebenso den Beitragszahlern - den Rentnern von morgen - schuldig.
Die Position der Bundesregierung ist klar. In ihrem Entwurf für die neunzehnte Rentenanpassung schlägt die Bundesregierung eine Erhöhung der rund 11,5 Millionen Altrenten um 11 % mit Wirkung vom 1. Juli dieses Jahres vor. Die Renten müssen damit erneut im vollen Umfang an die Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage, d. h. an die voraufgegangene Erhöhung der Arbeitseinkommen angepaßt werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich ganz kurz auf die Entwicklung der Renten hinweisen. Von 1969 bis 1976, also in einem Zeitraum von nur sieben Jahren, haben sich die Renten mehr als verdoppelt. Aus je 100 DM Rente im Jahre 1969 werden jetzt rund 203 DM. Seit Einführung der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente im Jahre 1957 sind die Renten auf das Viereinviertelfache gestiegen. Das heißt, aus 100 DM Rente im Jahre 1957 sind inzwischen mehr als 428 DM geworden. Im gleichen Zeitraum, also von 1957 bis 1976, ist der Preisindex für die Lebenshaltungskosten der Rentner von 100 auf 190 gestiegen. Die Kaufkraft der Renten hat sich demnach seit 1957 mehr als verdoppelt. Ich denke, meine Damen und Herren, daß diese Zahlen sehr, deutlich machen, daß die Rentner in hohem Maße an der Steigerung des Wohlstands teilgenommen haben.
Ehe ich mich weiter mit der Rentenversicherung befasse, möchte ich zunächst noch auf die beiden anderen Anpassungsvorschläge im Entwurf der Bundesregierung hinweisen. Für die rund eine Million Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung schlägt die Bundesregierung eine Erhöhung um rund 7,5 % mit Wirkung vom 1. Januar 1977 vor. Bekanntlich wurden die Renten aus der Unfallversicherung zu Anfang dieses Jahres um 11,7 % erhöht. Zum gleichen Zeitpunkt sollen auch die Altersgelder in der Altershilfe für Landwirte erhöht werden, und zwar um 11 0/0. Die Anpassung in der Altershilfe für Landwirte kommt rund 610 000 Empfängern von Altersgeld und Landabgaberente zugute.
Die unterschiedlichen Steigerungssätze ergeben sich aus den verschiedenen Bezugsgrößen. In der
) Unfallversicherung richtet sich der Steigerungssatz nach der Steigerung der Durchschnittseinkommen im voraufgegangenen Jahr, d. h., für die Anpassung der Unfallrenten im Jahre 1977 ist die Steigerung der Durchschnittseinkommen von 1974 auf 1975 maßgebend. In der Rentenversicherung und in der Altershilfe für Landwirte dagegen ist für die Rentenanpassung die Entwicklung der sogenannten allgemeinen Bemessungsgrundlage maßgebend. Diese Bezugsgröße errechnet sich aus der Entwicklung der Durchschnittseinkommen in einem Dreijahreszeit, raum. Die Rentenanpassung von 1976 ergibt sich aus der Steigerung der Durchschnittseinkommen in den Jahren 1972 bis 1974 gegenüber dem Zeitraum von 1971 bis 1973.
Meine Damen und Herren, der Anpassungssatz von 11 °/o gilt auch für die Erhöhung der Kriegsopferrenten. Ich freue mich, auch diesen Gesetzesvorschlag der Bundesregierung gleich mit einbringen zu können. Ich darf daran erinnern, daß die Dynamisierung der Kriegsopferrenten auf Vorschlag der Bundesregierung im Jahre 1970 eingeführt worden ist. Seitdem sind die Kriegsopferrenten ebenso wie die Renten aus der Rentenversicherung Jahr für Jahr an die Einkommensentwicklung angepaßt worden.
Heute schlägt Ihnen die Bundesregierung die achte Anpassung der Versorgungsleistungen vor. Sie kommt allen fast 2,2 Millionen Kriegs- und Wehrdienstopfern zugute. In welch starkem Maße die 1970 eingeführte Dynamisierung der Kriegsopferversorgung zu Buche schlägt, möchte ich an einigen Zahlen verdeutlichen. Einschließlich- der vorgeschlagenen achten Anpassung, die mit Wirkung vom 1. Juli dieses Jahres erfolgt, liegen die Rentensätze in der Versorgung der Kriegsbeschädigten um rund 118 % über dem Stand von 1969.
({5})
Die Sätze in der Witwenversorgung sind sogar um rund 135 % höher als 1969. Ich meine, daß sich diese Verbesserungen sehen lassen können.
({6})
Die für die Rentendynamisierung in der Kriegsopferversorgung erforderlichen Mehrausgaben des Bundes für die Jahre 1970 bis 1976 belaufen sich auf rund 15,5 Milliarden DM. Hinzu kommen die mehr als 2 Milliarden DM für strukturelle Verbesserungen; denn von den bisherigen Anpassungsgesetzen haben vier zugleich auch strukturelle Verbesserungen gebracht und sich nicht darauf beschränkt, die Versorgungsleistungen zu erhöhen.
Aus diesen wenigen Daten wird bereits deutlich, daß die in den letzten Jahren im Bereich der Kriegsopferversorgung und damit im gesamten Bereich der sozialen Entschädigung vorgenommenen Verbesserungen zu langfristigen, für den einzelnen Betroffenen deutlich und nachhaltig spürbaren Erhöhungen seiner Entschädigungsleistungen geführt haben. Schließlich ist das Achte Anpassungsgesetz auch ein Beweis dafür, daß die Bundesregierung zu den Aussagen über den hohen Stellenwert der Kriegsopferversorgung in unserer Sozialpolitik auch weiterhin steht.
Es beweist aber auch, daß die Sparmaßnahmen, die wir im vergangenen Jahr vornehmen mußten, die substantiellen Entschädigungsleistungen der Kriegsopferversorgung nicht berührt haben. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft bei der Weiterentwicklung des Kriegsopferrechts das Ziel, einen gerechten Ausgleich für eingetretene Gesundheitsschäden zu gewähren, stets im Auge behalten.
Die Hereinnahme des Kriegsopferrechts in das Sozialgesetzbuch und die Übernahme seines Leistungsrechts als Modell für die soziale Entschädigung war für die Bundesregierung nicht nur eine Formsache, sondern der Ausgangspunkt für eine zeit- und systemgerechte Entwicklung dieses sozialpolitisch so bedeutsamen Rechtsgebiets. Durch die Ausdehnung des Personenkreises, etwa um die Opfer von Gewalttaten, die künftig wie Kriegsopfer entschädigt werden sollen, aber auch durch die Fortführung der Rentenanpassung, wie sie mit dem vorliegenden Entwurf eines Achten Anpassungsgesetzes diesem Haus vorgeschlagen wird, werden deutliche Zeichen für diese Entwicklung gesetzt, und diese Entwicklung gibt den Kriegsopfern in der Bundesrepublik Deutschland die Gewißheit, daß ihr Rechtsanspruch gesichert ist und die Bundesregierung auch in Zukunft ein guter Sachwalter ihrer Interessen sein wird.
({7})
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt auf die allgemeine Rentenanpassung zurück. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Rentenanpassung erfordert allein in der Zeit vom 1. Juli 1976 bis zum 30. Juni 1977 Mehraufwendungen in Höhe von rund 10 Milliarden DM. Das ist eine große Summe. Die Bundesregierung hat sich deshalb ihren Vorschlag zur vollen Rentenanpassung nicht leicht gemacht. Sie hat zunächst und vor allem auch sehr sorgfältig die gegenwärtige und, soweit dies möglich ist, die künftige Finanzsituation der Rentenversicherung geprüft. Auf Grund dieser eingehenden und sorgfältigen Prüfung ist die Bundesregierung zu dem Ergebnis gelangt, daß die Finanzsituation der Rentenversicherung eine volle Anpassung zum 1. Juli dieses Jahres zuläßt. Die Bundesregierung befindet sich dabei in Übereinstimmung mit der Mehrheit des Sozialbeirats.
({8})
- Herr Maucher, Altkanzler Adenauer ist mit einer Stimme Mehrheit Bundeskanzler geworden.
Bei ihrer Entscheidung hat die Bundesregierung nicht zuletzt auch das gegenwärtige Rentenniveau, das das Verhältnis zwischen dem Renten- und dem Arbeitnehmereinkommen ausdrückt, berücksichtigt. Das Rentenniveau hat sich in den letzten Jahren erfreulich zugunsten der Rentner entwickelt. Das wird besonders augenfällig, wenn man die Renten mit dem Nettoarbeitseinkommen der Arbeitnehmer vergleicht. Die Bundesregierung ist jedoch nicht der Auffassung, daß das derzeitige Rentenniveau überhöht sei. Nur wer dies annehmen wollte, könnte den Rentnern den Einkommenszuwachs, der sich aus der vorausgegangenen Steigerung der Arbeitnehmereinkommen ergibt, vorenthalten.
Für die von der Bundesregierung vorgeschlagene Rentenanpassung spricht auch die konjunkturelle Situation. Durch die Rentenerhöhung wird die Inlandsnachfrage gestärkt und der wirtschaftliche Aufschwung bekräftigt. Somit läßt sich folgendes feststellen: Die Bedenken gegen eine volle Rentenanpassung wegen der derzeitigen Finanzsituation der Rentenversicherung werden nach sorgfältiger Prüfung von der Bundesregierung nicht geteilt. Auch die übrigen in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte sprechen für die vorgeschlagene Rentenanpassung. Die Bundesregierung steht mit dieser Einschätzung nicht allein. Sie weiß sich - das betone ich noch einmal - in Übereinstimmung mit der Mehrheit des Sozialbeirates.
Meine Damen und Herren, ich habe schon zu Anfang gesagt, daß in der letzten Zeit über die Rentenversicherung viel geredet und noch mehr geschrieben worden ist. In diesen Diskussionen über die Rentenversicherung gibt es manche Äußerungen, die dem Sinn und Zweck einer dem Wohl unseres Volkes verpflichteten Rentenpolitik widersprechen, und das bedaure ich sehr.
({9})
Wenn man diese Diskussion und das Geschriebene verfolgt, könnte man den Eindruck gewinnen, als ob die Leistungsverbesserungen für die Rentner mit dem Preis der finanziellen Solidität der Rentenversicherung erkauft werden müßten. Da wird ferner der Eindruck erweckt, als ob die von der Bundesregierung vorgeschlagene jährliche Anpassung der Rentenleistungen möglicherweise jetzt die letzte Anpassung der Renten überhaupt sein könnte. Das alles ist doch irreführend und falsch. Es ist aber nicht nur irreführend und falsch, sondern solche Darstellungen verunsichern in hohem Maße die Rentenempfänger, aber auch die Versicherten.
({10})
Richtig ist, daß die Bundesregierung bei allen Vorausberechnungen für den gesamten 15jährigen Vorausberechnungszeitraum volle Rentenanpassungen zugrunde gelegt hat. Politisch redlich wäre es, auch in der Kritik diesen Sachverhalt nicht zu verschweigen.
Äußerst fragwürdig ist es auch, wenn versucht wird, einen Keil zwischen Beitragszahler und Rentner zu treiben. Richtig ist, daß die Arbeitnehmer zur Zeit einen geringeren Einkommenszuwachs haben als die Rentner. Das ergibt sich, wie ich vorhin schon dargelegt habe, daraus, daß die Renten der Lohnentwicklung mit etwa dreijährigem Abstand folgen. Das ist aber nichts Neues; das ist schon 1957 bei der Neuregelung der Rentenversicherung so festgelegt worden. Sie, meine Damen und Herren von der'
Opposition, sind doch sonst so stolz darauf, daß die geltende Rentenformel schon 1957 eingeführt worden ist.
({11})
- Ja, dann wäre es aber doch politisch redlich, wenn man die tatsächlichen Zusammenhänge deutlich machte. Statt dessen versuchen Sie, den Eindruck zu erwecken, als ob Beitragserhöhungen unabwendbar wären.
Ich stelle im Namen der Bundesregierung dazu in aller Deutlichkeit fest, daß gegenwärtig kein Anlaß zur Erhöhung der Beiträge zur Rentenversicherung besteht.
({12})
Auf Grund der wirtschaftlichen Lage ist die Finanzsituation der Rentenversicherung zwar nicht rosig; sie gibt aber auch noch längst keinen Anlaß zu, Panikmache.
({13})
Die Bundesregierung hat sich in den verflossenen Jahren mit Erfolg bemüht, die Interessen der Beitragszahler und der Rentner in Einklang zu halten, und das wird sie auch in Zukunft tun. Ihre Kritik - das muß ich Ihnen einmal ganz deutlich sagen - enthält nichts Konstruktives.
({14})
Ihre Kritik ist ein Teil einer Verunsicherungskampagne, und sie zielt offenbar darauf ab, bei Rentnern und Versicherten den Eindruck hervorzurufen, daß die Bundesregierung mit dem Vermögen der Rentenversicherung und damit mit den Beiträgen der Versicherten sorglos umgehe. Wenn es aber darum geht, finanziell nicht vertretbare und sozialpolitisch nicht gerechtfertigte Lasten von der Rentenversicherung abzuwenden, dann sind Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht zur Stelle, dann wissen Sie nichts Besseres, als sich in Opposition zu üben.
Ich muß Ihnen da einiges in die Erinnerung zurückrufen. Bei der Rentenreform 1972 hatten Sie mit Ihrer Zufallsmehrheit eine Rentenniveausicherungsklausel durchgesetzt, die bereits jetzt Mehraufwendungen in Milliardenhöhe bedeutet hätte. Wir haben diese Klausel aus Gründen der finanziellen Solidität gegen Ihren Widerstand geändert und auf ein vertretbares Maß gebracht. Ausgerechnet Sie, meine Damen und Herren, werfen jetzt der Bundesregierung finanzielle Unsolidität vor.
Auch in einem anderen Punkt haben die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen einen verfehlten Beschluß korrigiert, der ebenfalls 1972 mit dieser Zufallsmehrheit zustande gekommen ist.
({15})
- Durch die Überwechsler, die Fraktionswechsler.
({16})
Bundesminister Arendt - Auf jeden Fall - ({17})
Meine Damen und Herren, Zurufe sind gut, aber wenn sie sich ausweiten, müssen Sie später das Instrument der Zwischenfrage benutzen, Herr Kollege. - Bitte!
({0})
Meine Damen und Herren, der andere Punkt ist der des Zuverdienstes neben dem flexiblen Altersruhegeld. Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, hatten 1972 durchgesetzt, daß der Zuverdienst zum flexiblen Altersruhegeld unbeschränkt sein sollte. Das hieß praktisch: zwei volle Einkommen. Wer wäre diesem Lockruf nicht gefolgt? Wir haben in der Vergangenheit oft genug darüber geredet. Was hätte das bedeutet? Das hätte bedeutet, daß mancher Arbeitsplatz einem Arbeitslosen vorenthalten worden wäre, und dieser Arbeitsplatz wäre dann noch mit einem Rentner besetzt gewesen, der zwei volle Einkommen gehabt hätte. Was würde man einem solchen Arbeitslosen antworten, meine Damen und Herren, wenn er
fragte, ob das gerechtfertigt sei?
({0})
Die Antwort müßte Ihnen doch schwerfallen, meine Damen und Herren.
({1})
Deshalb sollten Sie von der Opposition der Bundesregierung und den Koalitionsfraktionen dankbar sein, daß wir diesen Unsinn in Ordnung gebracht haben.
({2})
Genauso verfehlt war doch auch Ihre Opposition gegen das flexible Altersruhegeld.
({3})
- Frau Kollegin, ich glaube, es ist nicht üblich, daß man während der Begründung von Gesetzentwürfen Fragen stellt. Aber wenn es der Herr Präsident erlaubt, will ich gerne antworten.
Herr Minister, wir- wollen uns an die Geschäftsordnung halten, das ist immer gut.
({0})
Meine Damen und Herren, wir wissen inzwischen auf Grund der praktischen Erfahrungen, daß sich 70 bis 80 % der Anspruchsberechtigten für das flexible Altersruhegeld entschieden haben.
({0})
Nur am Rande sei hier bemerkt, daß sich diese Zahl mit den Schätzungen der Bundesregierung deckt. Ich kann hier feststellen, daß dieser erste Schritt zur Einführung der flexiblen Altersgrenze richtig war und daß Arbeitnehmer, die vorzeitig in die Rente gehen wollen, das heute tun können. Sie machen, wie die Zahlen ausweisen und wie die Erfahrung lehrt, den erwarteten Gebrauch davon: Die Entscheidungsfreiheit des einzelnen Versicherten entspricht also den Interessen vieler Arbeitnehmer.
Im übrigen hat diese Sache noch einen anderen Aspekt: Arbeitsplätze, die früher von Arbeitnehmern im fortgeschrittenen Alter besetzt waren, werden vorzeitig für jüngere frei. Angesichts der gegenwärtigen Lage auf dem Arbeitsmarkt kommt auch dieser Seite der flexiblen Altersgrenze eine ganz besondere Bedeutung zu.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat im Rentenanpassungsbericht 1976 modellhaft dargestellt, welche Entwicklung die Finanzlage der Rentenversicherung bei unterschiedlichen Annahmen üiber die Entwicklung der Arbeitseinkommen und der Beschäftigtenzahl langfristig nehmen kann. Dieser Rentenanpassungsbericht entspricht dem gesetzlichen Auftrag. Nach dem Gesetz ist die Bundesregierung gehalten, die Entwicklung der Einnahmen, der Ausgaben und des Vermögens vorauszuschätzen. Die Variationsbreite der Annahmen des Rentenanpassungsberichts hält die Bundesregierung für angemessen. Auch der Sozialbeirat ist dieser Auffassung. Die Bundesregierung hat sich mit diesem Bericht daher keineswegs in Gegensatz zu den Feststellungen unabhängiger Sachverständiger gesetzt, wie etwa Herr Stoltenberg im „DeutschlandUnion-Dienst" vom 30. Januar 1976 behauptet. Mir ist bisher noch keine Alternativrechnung zur Finanzentwicklung der Rentenversicherung bekanntgeworden,. die nicht auch im Rentenanpassungsbericht der Bundesregierung trendmäßig bereits berechnet worden wäre. Alle bisherigen Vorausberechnungen kommen selbst bei sehr ungünstigen Annahmen zu dem Ergebnis, das frühestens 1978/79 ein Absinken der Rücklage unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestgrenze möglich ist. Diese Möglichkeit hat die Bundesregierung nicht verschwiegen. Sie hat lediglich im Gegensatz zu manchen Kritikern auch darauf hingewiesen, daß andere und positivere Möglichkeiten der Entwicklung wahrscheinlich sind. Das ist eine ehrliche und offene Darstellung der wirklichen Situation.
Erstmals bietet der Rentenanpassungsbericht ein breites Spektrum von möglichen Entwicklungen. Die finanzielle Entwicklung der Rentenversicherung in den nächsten Jahren wird diesmal an 15 Modellberechnungen untersucht.
({1})
Dabei sind fünf Alternativen für die Entwicklung der Versichertenentgelte - 6, 7, 8, 9 und 10 °/o - und drei Alternativen für die Beschäftigungszahlen, nämlich Arbeitslosenquoten von 1,5, 2 und 2,5 °/o, miteinander kombiniert worden. Herr Maucher, wenn Sie wollen, können Sie auf Grund dieses Rentenanpassungsberichtes noch mehr Kombination anstellen.
({2})
Alle diese Werte liegen innerhalb des Rahmens der Erfahrungen der zurückliegenden 20 Jahre. Die Bundesregierung ist damit von der früheren Methode abgegangen, in den Rentenanpassungsberichten nur ein Vorausberechnungsergebnis vorzulegen. Das Abgehen von dieser alten Methode kommt sowohl dem Wunsch des Sozialbeirats als auch Wünschen anderer Stellen - zu denen zählt auch der Bundesrat - entgegen. Ein besonderer Vorteil der neuen Methode besteht darin, daß die Vorausberechnungen nicht mehr den Anschein einer Prognose erwekken.
Für die Bundesregierung besteht kein Anlaß - das möchte ich betonen -, den Rentenanpassungsbericht, wie es die Opposition wünscht, zu ergänzen oder gar einen neuen Bericht vorzulegen. Schwarzmalerei, meine Damen und Herren, ist noch keine politische Alternative.
({3})
Die Bevölkerung kann darauf vertrauen, daß die Sicherheit und die Solidität der Alterssicherung oberstes Ziel der Sozialpolitik der Bundesregierung ist.
({4})
Die Bundesregierung würde nicht zögern, Maßnahmen zur finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung vorzuschlagen, wenn sie einmal notwendig werden sollten. Die Bundesregierung hat mit der Vorlage des Haushaltsstrukturgesetzes bewiesen, daß sie den Mut hat, auch unpopuläre Maßnahmen vorzuschlagen und gegen den Widerstand der Opposition durchzusetzen.
({5})
Wir tun das, wenn das im Interesse der Bevölkerung und des Staates erforderlich ist.
Die Bundesregierung hat jedoch keine Veranlassung, im gegenwärtigen Zeitpunkt Vorschläge zur Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung zu machen. Die Rentenversicherung hat ein solides finanzielles Fundament.
({6})
Zur Zeit, meine Damen und Herren, verfügt die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten über eine Rücklage von 43 Milliarden DM. Das sind über sieben Monatsausgaben. Darunter befinden sich rund 8 Milliarden DM liquide Mittel. Weitere 16 Milliarden DM werden nach Angaben der Rentenversicherungsträger in naher Zukunft als Vermögensrückflüsse liquide. Die Liquidität der
Rentenversicherungsträger wird für die absehbare Zeit sichergestellt sein.
({7})
Es ist mir unverständlich, Herr Maucher, wie Herr Stoltenberg und auch Herr Leicht vor einigen Tagen behaupten konnten, die Rentenversicherungsträger seien bereits im Jahre 1976 auf eine Liquiditätshilfe des Bundes in Höhe von 5 Milliarden DM angewiesen. Diese Behauptung ist einfach aus der Luft gegriffen.
({8})
Sie wurde auch inzwischen - und ich begrüße das von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als falsch zurückgewiesen.
({9})
- Ich beziehe mich hier auf eine dpa-Meldung, Herr Maucher, vom letzten Mittwoch. Wahrscheinlich haben Sie diese Meldung gar nicht gelesen; denn - ich habe Ihnen das schon einmal gesagt - Sie handeln ja oft nach dem Motto jenes Redakteurs: „Was gut ist, lassen wir weg!" So machen auch Sie es.
({10})
Deshalb darf ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten diese Meldung vorlesen. Da heißt es:
Berichte, nach denen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ({11}) 1976 mit einer Liquiditätsunterdeckung von 5 Milliarden DM rechnen müsse, treffen nach Auskunft der BfA nicht zu.
Auf Anfrage teilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte am Mittwoch in Berlin der Deutschen Presse-Agentur mit, sie habe zu keiner Zeit von einer möglichen Liquiditätsunterdeckung in der Größenordnung von 5 Milliarden DM gesprochen und auch keine vertraulichen Verhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium geführt.
({12})
Dazu bestehe auch keine Veranlassung. Die BfA bedauerte, daß durch solche Äußerungen eine „unbegründete Verunsicherung" unter die Rentner getragen werde.
({13})
Ich glaube, meine Damen und Herren, daß man dieser Meldung und der Richtigstellung nichts hinzuzufügen braucht. Hier zeigt sich nur erneut und sehr deutlich; wie leichtfertig und verantwortungslos Gerüchte in die Welt gesetzt werden.
({14})
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat nie bestritten, daß die Wirtschaftslage auch Rückwirkungen auf die Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung hat. Weniger Beschäftigte und Wegfall von Überstunden verringern das Beitragsaufkommen der Versicherungsträger. Verantwortungsbewußte Sozialpolitik muß daher mit dazu
beitragen, die Ursachen dieser Entwicklung zu beseitigen. Die Bundesregierung hat Maßnahmen zur Wiederbelebung der Konjunktur ergriffen, um den wirtschaftlichen Aufschwung zu fördern. Dieser Aufschwung hat nach Auffassung aller Wirtschaftssachverständigen eingesetzt.
({15})
Er wird sich auch positiv auf die Finanzlage der Rentenversicherung auswirken, so daß festgestellt werden kann, daß die Wirtschafts-, die Finanz- und die Sozialpolitik dieser Bundesregierung sinnvoll ineinandergreifen und sich ergänzen. Über die Notwendigkeit einer solchen Politik braucht uns die Opposition nicht zu belehren. Wir reden nicht nur davon, sondern wir handeln auch danach.
({16})
Meine Damen und Herren, aus den jüngsten Berechnungen des Bundesversicherungsamtes und des Bundesarbeitsministeriums ergibt sich, daß ein von den Versicherungsträgern für das Jahr 1975 noch im Oktober vorausgeschätztes Defizit von mehr als 1 Milliarde DM in dieser Höhe nicht eingetreten ist. Die Beitragseinnahmen und die Ausgaben des Jahres 1975 werden sich ungefähr ausgleichen.
({17})
Trotzdem wird in der öffentlichen Diskussion immer wieder mit den ungünstigen Oktoberzahlen operiert. Auch hier zeigt sich, daß manchen Kritikern nur daran gelegen ist, Unsicherheit zu erzeugen.
Das Vertrauen der Bevölkerung in ihre Rentenversicherung ist gar nicht so leicht zu erschüttern. Die zahlreichen Anträge auf Nachentrichtung von Beiträgen sind dafür ein erneuter Beweis. Allein bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sind in den letzten Dezembertagen noch etwa 700 000 Anträge auf Nachentrichtung von Beiträgen nach dem Rentenreformgesetz eingegangen. Diese Menschen setzen nach wie vor ihr Vertrauen in die Rentenversicherung, und es sollte auch nicht außer acht gelassen werden, daß die Realisierung ihrer Anträge in naher Zukunft erhebliche zusätzliche Einnahmen bringen wird.
Meine Damen und Herren, ich spreche dies an, weil ich es für meine Pflicht halte, jeder Irreführung der Bevölkerung über die Leistungsfähigkeit und Sicherheit der gesetzlichen Rentenversicherung mit allem Nachdruck entgegenzutreten, unabhängig davon, ob diese Irreführung gewollt ist oder nicht.
({18})
- Vorsichtig, Herr Maucher! Wenn man kürzlich in einer großen Zeitung, hinter der immer ein kluger Kopf steckt, lesen konnte, daß die Rücklage der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf gegenwärtig 29,5 Milliarden DM zurückgegangen sei,
({19})
obwohl sie tatsächlich 36 Milliarden DM beträgt,
so spreche ich dies auch an, weil in den letzten
Wochen zuviel falsche oder ungenaue Zahlen - sei es nun in einem Presseseminar oder in einer solchen Veröffentlichung - über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung veröffentlicht worden sind.
({20})
Meine Damen und Herren, wir stehen heute unbestritten am Beginn einer wirtschaftlich positiven Entwicklung.
({21})
Angesichts dieser Tatsache hält es die Bundesregierung für ihre Pflicht, diese Entwicklung abzuwarten. Es wäre nicht zu verantworten, jetzt Maßnahmen vorzuschlagen, die sich in Kürze schon als überflüssig oder gar als schädlich erweisen könnten.
({22})
Die Bundesregierung wird deshalb nicht nervös, weil in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Jahren, in denen laufend Überschüsse entstanden sind, vorübergehend eine weniger günstige Entwicklung eingetreten ist. Schwankungen in den Beitragseinnahmen sind doch gar nicht auszuschließen. Der Gesetzgeber hat sie ja auch ins Kalkül einbezogen und ihnen bereits 1969 Rechnung getragen. Die Versicherungsträger wurden verpflichtet, dafür besondere Rücklagen zu bilden. Diese Rücklagen beliefen sich im Jahre 1969 auf 20 Milliarden DM. Ende letzten Jahres hatten die Versicherungsträger Rücklagen von insgesamt 43 Milliarden DM. Das sind also 23 Milliarden mehr als 1969.
Bei einer Minderung der Beitragseinnahmen soll diese Schwankungsreserve eingesetzt werden. Dafür - und nur dafür - ist sie angesammelt worden.
({23})
Der Gesetzgeber ist dann in der Lage, die Entwicklung zu beobachten. Die Bundesregierung handelt in Übereinstimmung mit dieser gesetzlichen Konzeption. Wenn die Opposition diese Einschätzung der Lage nicht teilt, muß sie heute oder aber spätestens im Ausschuß sagen, welche Maßnahmen sie für notwendig erachtet.
({24})
Sie hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, dem Parlament ihre Vorschläge zu unterbreiten.
({25})
Kritik allein - ich wiederhole es - ist keine Alternative; sie trägt weder zur Solidität unserer Alterssicherung bei, noch nützt sie den Rentnern und Versicherten.
({26})
Meine Damen und Herren, eines hat die diesjährige öffentliche Diskussion um die Rentenanpassung auch deutlich gemacht. Die jährliche Verabschiedung der Rentenanpassungsgesetze, die inzwischen ein Finanzvolumen von über 10 Milliarden DM für ein einziges Jahr - mit Folgewirkungen für die Zukunft - erreicht haben, kann keine Routinesache sein. Es handelt sich auch nicht um
den automatischen Vollzug eines Gesetzesbeschlusses von vor nunmehr fast 20 Jahren, wie die Sprecher der Opposition bei der Verabschiedung der Anpassungsgesetze der letzten Jahre immer wieder betont haben. Richtig ist nur dies: Die Neuregelung des Rentenrechts im Jahre 1957 mit der Einführung der leistungsbezogenen dynamischen Rente bedeutete eine wichtige Weichenstellung. Damit aber - um bei diesem Bilde zu bleiben - der Zug auf dem richtigen Gleis bleibt, bedarf es vielseitiger und dauernder Anstrengungen. Daß mit der Einführung der dynamischen Rente im Jahre 1957 nicht bereits alles getan worden ist und daß sich das Weitere nicht von selbst ergibt, haben Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, erfahren müssen, als unter Ihrer Regierungsverantwortung im Jahre 1966 die Rentenversicherung in große Schwierigkeiten geraten war. Diese Schwierigkeiten konnten nur durch teilweise schmerzliche Maßnahmen sowohl im Leistungsbereich als auch im Beitragsbereich überwunden werden.
Die Sozialdemokraten haben diese Entscheidungen in der Großen Koalition mitgetragen. Es ist also gar nicht nötig - nein, es ist überflüssig -, daß die Opposition in diesen Tagen auf die damals getroffenen Entscheidungen mit einem erhobenen Zeigefinger hinweist. Wir erinnern uns sehr gut an die damalige Situation und an die Maßnahmen, die getroffen wurden, um aus der Krise herauszuführen. Wir erkennen aber auch, daß sich die damalige Situation von der gegenwärtigen grundlegend unterscheidet. Vor allem haben wir es heute nicht - wie damals - mit der Tatsache zu tun, daß ein ganzer Zweig der Rentenversicherung praktisch zahlungsunfähig geworden ist.
Meine Damen und Herren, wie wir uns in der Krise der Jahre 1966/67 und auch bei anderen Gelegenheiten der Verantwortung für die gesetzliche Rentenversicherung nicht entzogen haben, so werden wir das auch in Zukunft nicht tun. Jede Situation erfordert die ihr angemessenen Maßnahmen. Die Bundesregierung wird sich aber nicht durch unbegründete Kritik zu fruchtloser Betriebsamkeit verleiten lassen. Die Bundesregierung wird vielmehr prüfen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen erforderlich sind, und sie wird Maßnahmen, wenn sie erforderlich werden sollten, rechtzeitig treffen. Darauf können die Rentner und die Versicherten, die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber vertrauen.
({27})
Meine Damen und Herren, damit hat der Herr Bundesarbeitsminister die entsprechenden Regierungsvorlagen begründet.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Katzer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben soeben die Rede des Herrn Bundesarbeitsministers gehört. Ich möchte dem Herrn Arbeitsminister in einem Punkt zustimmen: Herr Kollege Arendt, Schwarzmalerei ist in der Tat keine politische Alternative. Aber Gesundbeterei, wie Sie sie betrieben haben, ist alles andere als Politik,
({0})
aber wir wollten heute, glaube ich, von Politik reden.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion
({1})
wird dem Neunzehnten Rentenanpassungsgesetz mit der Erhöhung der Renten zum 1. Juli 1976 um 11 % zustimmen. Die dynamische Rentenanpassung war, ist und bleibt die Politik der Christlichen Demokraten seit 1957. Der Kollege Schellenberg, -der heute seinen Geburtstag feiert, war daran ja als Gegenspieler aktiv beteiligt. An dieser unserer Politik wird sich nichts ändern.
({2})
Wenn der Herr Arbeitsminister meint, wer etwas ändern wolle, solle es sagen: Ich habe eigentlich nur zwei gehört, die etwas ändern wollen: erstens er selbst
({3})
und zweitens sein Koalitionspartner, auf den ich nachher noch eingehen werde.
({4})
Die gleiche Zustimmung gilt auch für die Anhebung der Renten aus der Kriegsopferversorgung und der Unfallversicherung sowie die Altershilfe für Landwirte.
Ich bestätige ausdrücklich, Herr Kollege Arendt: Wir halten die Finanzierung dieser Rentenerhöhungen für das Jahr 1976 für gesichert. Darüber gibt es keinen Streit. Dies werden wir mit tragen.
Meine Bemerkungen konzentrieren sich auf den Rentenanpassungsbericht der Bundesregierung, also die langfristige Sicherung der Rentenzahlungen.
({5})
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion kann diesen Rentenanpassungsbericht, so wie er vorgelegt ist und so wie er vom Arbeitsminister soeben erläutert wurde, nicht akzeptieren. Wir fordern - wie der Bundesrat - einen Nachtrag zu diesem Bericht.
Wie ist denn die Lage? Seit dem Erscheinen des Rentenanpassungsberichts im November des vergangenen Jahres versucht die Bundesregierung, den Eindruck zu erwecken, daß die Rentenversicherung eigentlich gar kein Thema sei, über das es sich den Kopf zu zerbrechen lohne. Nun hat aber Ende Januar 1976 der Verband der deutschen Rentenversicherungsträger den Rentenanpassungsbericht der Bundesregierung mit den 15 unverbindlichen Modellrechnungen einer scharfen Kritik unterzogen. Der Verband der Rentenversicherungsträger - nicht die Opposition, Herr Kollege Arendt -, kommt zu dem Ergebnis, daß unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklung 1975 und der
voraussichtlichen Entwicklung 1976 die Finanzen der Rentenversicherung schon mittelfristig nicht gesichert sind.
({6})
Danach - ich wiederhole: Verband der Rentenversicherungsträger! - müßten wir damit rechnen, daß bereits zum 1. Januar 1977 eine Beitragserhöhung auf 19,6 % notwendig wäre, um - bei unverändertem Leistungsniveau - die gesetzlich vorgeschriebene Höhe des Rücklagevermögens von drei Monatsausgaben nicht zu unterschreiten.
Der Verband der Rentenversicherungsträger, Herr Arbeitsminister, steht mit dieser Feststellung nicht alleine. Ähnliche Analysen über die Lage der Rentenversicherung haben auch andere Institutionen vorgelegt, so der Sachverständigenrat, die Deutsche Bundesbank, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und nicht zuletzt der Vorsitzende des Sozialbeirats, Herr Professor Meinhold.
Die Sorgen, die in diesen Stimmen zum Ausdruck kommen - und diese Stimmen kann und darf doch niemand in diesem Hause überhören -, beziehen sich auf folgende Situation in der Rentenversicherung.
Die Einnahmen haben bereits 1975 nicht ausgereicht, die Ausgaben zu decken.
({7})
Dabei war die Bundesregierung in ihrem Rentenanpassungsbericht 1975
({8})
noch von einem Überschuß von rund 6 Milliarden DM ausgegangen. - Sehr konkret, Herr Kollege Ehrenberg: Für 1976 wird das Defizit
({9})
nach den Berechnungen des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger auf über 10 Milliarden DM anwachsen,
({10})
während die Regierung vor einem Jahr noch einen Überschuß von 5 bis 6 Milliarden DM angenommen hatte.
({11}) - Ich weiß, Sie reden für 1975 - ({12})
- Entschuldigen Sie höflich, ich habe gesagt, für die jetzige Rentenanpassung
({13})
sind die Finanzen da; dies ist in Ordnung. Ich rede aber darüber, was nach dem Wahltag im Herbst dieses Jahres sein wird.
({14})
Verantwortliche Politik kann sich doch nicht nur I bis zum Tellerrand des Wahltages im Oktober dieses Jahres richten! Die muß doch dafür sorgen, daß die Rentner beruhigt in die Zukunft sehen können. Das ist die Aufgabe dieses Hauses in dieser Politik!
({15})
- Ach wissen Sie, diesen Zwischenruf würde ich an Ihrer Stelle vorrangig jemand anderem zukommen lassen, den wir gestern von Ihrer Seite in der Debatte gehört haben.
Schon 1976 wird die Rentenversicherung auf eine Liquiditätshilfe des Bundes angewiesen sein. Damit rechnet, Herr Kollege Arendt, sowohl die Deutsche Bundesbank als auch der Präsident der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - so Herr Hoffmann - ergibt sich 1976 eine Liquiditätsenge von 2 Milliarden DM.
({16})
Und dann hat Herr Kollege Arendt dpa zitiert; dies ist in der Tat entlarvend. Diese Meldungen von dpa - da gab es zwei - haben wir natürlich gesehen. Da gab es eine mittags um 12.32 Uhr, in der gesagt wurde: Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat 1976 keinerlei Liquiditätsschwierigkeiten. Sie wies am Mittwoch in Berlin Darstellungen zurück, nach denen die Rentenversicherung bereits in diesem Jahr auf eine Liquiditätshilfe des Bundes in Höhe von 5 Milliarden DM angewiesen sei. Übrigens hat mir Herr Kollege Stoltenberg, mit dem ich gestern gesprochen habe, gesagt, er habe nicht von 5 Milliarden, sondern von bis zu 5 Milliarden DM gesprochen. Das scheint mir ein erheblicher Unterschied zu sein.
({17})
- Ich glaube, der Herr Kollege hat recht: Sie kapieren das nicht. Es hat auch gar keinen Zweck, Ihnen das beizubringen. - Um 16.22 Uhr meldete dann dpa eine Korrektur, die lautete: Keine Liquiditätsunterdeckung von 5 Milliarden. Berichte, nach denen die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit einer Liquiditätshilfe von 5 Milliarden DM rechnen müsse, träfen nach einer Auskunft nicht zu. Aber eine Liquiditätsunterdeckung sei vorhanden, nur nicht in dieser Größenordnung. - Genau dies ist der Punkt, Herr Kollege Arendt, auf den ich eingegangen bin und den Sie hier so darzustellen versucht haben, als ob es dieses Problem nicht gäbe.
({18})
Meine Damen und Herren, angesichts dieser negativen finanziellen Entwicklung bedeutet der Hinweis auf die zur Zeit noch vorhandenen Vermögensrücklagen der Rentenversicherung keine Beruhigung. Die Bundesregierung hat die Rücklagen von 1975 vor einem Jahr noch mit 51 Milliarden DM
beziffert. Nach den Berechnungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger sind die Rücklagen tatsächlich schon 1975 auf 42 Milliarden DM abgeschmolzen. Für 1976 rechnet der Verband der Rentenversicherungsträger mit einem weiteren Abbau der Rücklagen auf 30 Milliarden DM. Folgt man den Berechnungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, dessen Vorsitzender im übrigen im Augenblick Herr Gerd Muhr, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, ist und dessen Stellvertreter Herr Dr. Werner Doetsch von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist - man kann also sicherlich unterstellen, daß hier Herren am Werke sind, die nichts anderes im Sinne haben als die solide Finanzierung der Rentenversicherung über den Tag dieses Jahres hinaus für die Zukunft; genau das ist unser Punkt; deshalb müssen wir uns, Herr Kollege Arendt, damit auseinandersetzen -, dann wäre ohne eine Beitragserhöhung und Leistungsminderung das Rücklagevermögen bereits 1977 unterhalb der vom Gesetz vorgeschriebenen Höhe von drei Monatsausgaben und würde schon 1979 aufgebraucht sein. 1985 würden dann schon 81 Milliarden DM fehlen.
Das Bild, das hier gezeichnet wird, ist nicht bei allen Trägern einheitlich, aber alle Untersuchungen sind von der gemeinsamen Sorge um die finanzielle Zukunft der Rentenversicherung getragen.
({19})
Nur für die Bundesregierung gibt es dieses Problem nicht.
Um es einmal deutlich zu sagen: Es geht nicht um die Rentenanpassung dieses Jahres, sondern darum, dem Bürger angesichts solcher Zahlen, die hier von seriösen Instituten ins Gespräch gebracht worden sind, die Sorge zu nehmen. Aber das werden Sie, meine Damen und Herren, nicht fertigbringen.
({20})
- Ich will Ihnen einen guten Rat geben.
({21})
- Sie haben völlig recht, es hat überhaupt keinen Zweck, hier einen solchen Rat zu geben.
({22})
Aber es darf doch nicht wundern, daß nicht wenige unserer älteren Mitbürger befürchten, daß eine Leistungsminderung kommen könnte. Die Arbeitnehmer fragen sich nach der Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und zur Krankenversicherung besorgt, was alles an Belastungen auf sie noch zukommt und welche Leistungen sie dafür in Zukunft erwarten können.
Aber dieses alles nimmt die Bundesregierung nicht zur Kenntnis. Sie weigert sich, sich mit diesen kritischen Untersuchungen auseinanderzusetzen. Sie schenkt den Warnsignalen, die gegeben werden, keinerlei Beachtung. Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion versteift sich sogar zu der Behauptung: Neue Erkenntnisse vermittelt der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger nicht. Die Beteuerungen der Bundesregierung, in der Rentenversicherung sei alles in Ordnung, die Finanzierung der Renten sei bis weit in die 80er Jahre gesichert - so Herr Arendt vor dem SPD-Vorstand laut dpa am 4. April und Herr Buschfort in der Fragestunde des Deutschen Bundestages: bis 1988 gesichert -, haben die Verunsicherung im Grunde doch nicht nur nicht beseitigen, sondern nur bestärken können.
Die Beteuerungen mußten um so mehr auf Zweifel stoßen, als gleichzeitig Vertreter aus dem Regierungslager - nicht aus der Opposition - und der Verband der Rentenversicherungsträger offen über mögliche Änderungen der Rentenleistungen gesprochen haben.
Wer in dieser Woche Fernsehsendungen sehen konnte, sah, daß Herr Kollege Schmidt ({23}) von der FDP ganz klar dafür plädiert hat, eine Änderung des Rentensystems herbeizuführen. Er sprach akademisch von einer „Aktualisierung der Renten". Dies heißt im Klartext: eine Minderung des Rentenniveaus. Er fügte hinzu: Allerdings nicht vor den Wahlen, sondern nach den Wahlen! Genau dieses ist der Punkt: Wir möchten, daß die Rentner und die Versicherten hier und heute Klarheit über die Zukunft bekommen und nicht erst im November dieses Jahres.
({24})
- Ich habe gehört, was der Arbeitsminister gesagt hat. Sie hören aber nicht, was ich sage. Ich sage: Der Arbeitsminister muß sich mit dem Verband der Rentenversicherungsträger auseinandersetzen
- was er nicht tut -, und er muß sich mit seinem eigenen Koalitionspartner auseinandersetzen, der hier offenbar die Befürchtungen teilt, die wir aussprechen.
({25})
Ihr Koalitionskollege von der FDP muß doch auch die Sorge haben, daß die Finanzierung nicht stimmt; denn sonst käme er doch nicht auf die Idee, Renten zu kürzen.
({26})
- Ja, natürlich, Herr Wehner. Schauen Sie, Sie merken das doch auch, nur sagen Sie es nicht. Ich sage es. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und mir.
({27})
- Herr Ehrenberg, ich weiß nicht, ob Sie damals schon im Bundestag waren und auf welcher Seite Sie da gesessen haben.
({28})
Ich habe es dankbar zur Kenntnis genommen, daß sich der Kollege Arendt - anders als bei früheren
Debatten - ausdrücklich zu dem bekannt hat, was im Jahre 1966 von mir verantwortet wurde und zu dem ich stehe.
Wir haben damals den Mut gehabt, vor Wahlen - vor den Bundestagswahlen 1969 ({29})
- entschuldigen Sie, das war in den Jahren 1967/68
- auf der Beitragsseite mit Ihnen zusammen - ({30})
- Sie haben doch mitgestimmt. Sie haben sich dann herauszustehlen versucht.
Jetzt stellen wir klar fest: Sie finden nicht die Kraft, dasselbe zu tun. Ihr Koalitionspartner läßt Ihnen offenbar auch keine Möglichkeit. Das ist der Unterschied, in der Tat.
({31})
- Herr Kollege Wehner, den wollen wir so gerne wie Sie; denn wir möchten gerne regieren, in der Tat, das will ich überhaupt nicht verschweigen.
({32})
Aber wenn Sie ihn müde sind? Wollen wir doch einmal fragen. Ich weiß nicht, was die Koalitionsparteien - ({33})
Ich sehe, Ihre Freunde von der FDP erinnern sich in der Tat an Ihr Wort von der Pendlerpartei. Sie meinen, das könnte jetzt mal wieder herumschlagen. Ich habe gar nichts dagegen, aber das wollen wir den Kollegen von der FDP selbst überlassen. Wenn Sie müde sind, ist das Ihre Sache - ich keineswegs!
({34})
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will in dieser Debatte von der Bundesregierung wissen, wie sie angesichts der Berechnungen von sachverständiger Seite die wachsende Besorgnis der Rentner beseitigen will. Sie erwartet - und das ist doch das Mindeste, was man erwarten kann -, daß sich die Bundesregierung mit den kritischen Stimmen auseinandersetzt. Das, was der Herr Arbeitsminister vorhin sagte, ist keine befriedigende Antwort
({35})
auf die bohrenden Fragen, die von einer breiten Öffentlichkeit, vom Bundesrat und von der CDU/ CSU-Fraktion gestellt worden sind. Wir fordern Sie auf, keinen Blindflug bis zum Wahltag dieses Jahres vorzunehmen, und wir fügen sieben kritische Anmerkungen zu dem Bericht hinzu.
Erstens. Der Rentenbericht gibt auf alle kritischen Fragen bisher keine Antwort, und ich bitte den Herrn Bundesarbeitsminister, diese Antwort hier heute zu geben.
({36})
- Er kennt ja meine Fragen noch gar nicht. Er kann doch keine Fragen beantworten, die ich jetzt erst stelle.
({37})
Wollen Sie vielleicht die Güte haben, zu warten! Das kann er beim besten Willen nicht; es ist nun wirklich ein bißchen viel verlangt, und das mute ich Ihnen nicht zu, auf Fragen zu antworten, die ich noch gar nicht gestellt habe. Ich werde das jetzt nachholen.
({38})
- Sie scheinen nur eine Zeitung zu lesen. Es gibt aber mehrere. Ich würde Ihnen empfehlen, mehrere Zeitungen zu lesen.
Der Rentenbericht der Bundesregierung gibt keine Antwort auf die kritischen Fragen, obwohl die Regierung nach dem Dritten Rentenversicherungsänderungsgesetz dazu verpflichtet ist. Die Bestimmungen des Dritten Rentenversicherungsänderungsgesetzes - Herr Kollege Schellenberg wird sich der langen Beratungen damals erinnern - sehen vor, daß die Regierung die Einnahmen, die Ausgaben und das Vermögen der gesetzlichen Rentenversicherung für die künftigen 15 Kalenderjahre vorauszuschätzen und einen Vorschlag über die Höhe des Beitragssatzes zu machen hat, wenn die Rücklagen die durchschnittlichen Aufwendungen für drei Kalendermonate zu unterschreiten drohen.
So das Gesetz. Der Sinn solcher Bestimmungen liegt nach Ansicht des Sozialbeirats darin, in der künftigen Entwicklung liegende Risiken sichtbar zu machen. Vorausberechnungen liefern damit die einzig mögliche und für die politischen Entscheidungen unentbehrliche Unterlage für ein Urteil darüber, unter welchen Bedingungen und mit welchen Konsequenzen politisch Angestrebtes erreichbar ist.
Statt der vom Gesetz vorgeschriebenen Vorausschätzung für die künftigen 15 Kalenderjahre präsentiert die Bundesregierung nun 15 Modellrechnungen, hinter denen sich die Bundesregierung in nebulöser Unverbindlichkeit versteckt und wobei sie sich um eine klare politische Entscheidung herumdrückt. Eine eindeutige Stellungnahme der Regierung, welche Entwicklung sie für wahrscheinlich hält und welche Berechnungen sie ihrer politischen Entscheidung zugrunde legt, ist diesem Bericht nicht zu entnehmen, und damit widerspricht dieser Bericht dem Gesetz, das wir in diesem Hause gemeinsam beschlossen haben.
({39})
Wir weisen den Bericht zurück; er muß ergänzt werden.
({40})
Zweitens. Der Bericht stellt nur noch die langfristige Entwicklung mit den angenommenen Durchschnittszahlen des gesamten 15-Jahres-Zeitraums dar, ohne, Herr Kollege, anzugeben, wie in jedem einzelnen Jahr die Finanzsituation aussieht. Es wird dabei von der Annahme ausgegangen, daß sich die
nächsten 15 Jahre ähnlich positiv entwickeln wie die vergangenen. Dabei werden gravierende Strukturveränderungen einfach übersehen.
Drittens. Erstmals verzichtet der Bericht auf eine mittelfristige Analyse der nächsten fünf bis sechs Jahre. Für diesen Zeitraum aber sind selbst die pessimistischsten Annahmen der Regierung noch zu optimistisch. So geht die Regierung von einer Arbeitslosenquote von höchstens 2,5 °/o und einer Einkommenserhöhung von mindestens 6 °/o aus -Zahlen, die aus der Sicht des Jahres 1975 nicht richtig waren und wahrscheinlich auch an der Realitat des Jahres 1976 vorbeigehen.
Wir hatten es 1975 leider mit einer Arbeitslosenquote von fast 5 °/o zu tun. Herr Kollege Arendt, wenn Sie auf unsere Maßnahmen in den Jahren 1966 und 1967 hinweisen, kann ich nur sagen: Damals gab es das Problem der Arbeitslosigkeit nicht, damals mußten wir uns mit diesem Problem nicht auseinandersetzen, was wir heute leider tun müssen.
({41})
Die optimistischen Annahmen des Berichts bezüglich der Einkommenssteigerungen bis zu 10 °/o sind nur zu realisieren, wenn entgegen den Stabilitätsbeteuerungen der Bundesregierung eine inflationäre Aufblähung der Nominaleinkommen ermöglicht wird. Mit anderen Worten: Die Bundesregierung benötigt eine hohe Inflationsrate, um die Annahmen des Berichts mit den Realitäten in Übereinstimmung zu bringen.
Viertens. Bei keiner der Modellrechnungen berücksichtigt die Bundesregierung - abweichend von der bisherigen Praxis - ihre eigenen Annahmen der mittelfristigen Finanzplanung. Während die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 1975/1976 und der Jahreswirtschaftsbericht z. B. für die Arbeitslosenquote im günstigsten Fall von 2,5 °/o ausgehen, sind für den Rentenanpassungsbericht 2,5 °/o schon die ungünstigste Annahme, von der man ausgeht. Das macht schlaglichtartig klar, daß die Bundesregierung den zwingenden Zusammenhang zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik nicht sieht, den der Herr Arbeitsminister heute morgen zwar verbal beteuert hat, den er aber früher in seinen Reden hier in diesem Hause verleugnet hat. Er sagte früher, Sozialpolitik sei eine eigene Größe und hätte mit Wirtschafts- und Finanzpolitik nichts zu tun.
Nein, meine Damen und Herren, dies war nie unsere Auffassung. Ich habe immer leidenschaftlich dafür plädiert, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik zusammen zu sehen. Da liegt im Grunde genommen Ihr entscheidender politischer Fehler.
({42})
Fünftens. Bei den von der Regierung vorgelegten Ergebnissen wird bereits von einer Entlastung der Rentenversicherung seit dem 1. Januar 1975 durch die beabsichtigte Neuregelung der Rentnerkrankenversicherung ausgegangen. Dies haben Sie schon in Ihr Zahlenwerk eingeflochten. Diese
Entlastung hätte für 1975 1,25 Milliarden DM und für die kommenden Jahre jeweils 5 bis 6 Milliarden DM bedeutet. Gegen diese Belastung der Krankenkassen haben, wie Sie alle wissen, die Verbände der gesetzlichen Krankenversicherung energischen Widerspruch eingelegt. Diese Regelung ist selbst in der SPD-Fraktion umstritten. Das hindert aber den Arbeitsminister nicht, so zu tun, als sei diese Entlastung der Rentenversicherung ab 1. Januar 1975 schon Gesetz.
'({43})
- Deshalb verlange ich ja einen Nachtrag zu diesem Rentenbericht, weil dieser Rentenbericht der Wirklichkeit nicht Rechnung trägt. Genau dies, Herr Kollege Sund, ist das Petitum, das ich hier vortrage.
({44})
Ob und wann die angestrebte Neuordnung der Rentnerkrankenversicherung tatsächlich zustande kommt, weiß im Augenblick niemand. In ihrer Antwort auf die Stellungnahme des Bundesrats zu dieser Frage verschleiert die Bundesregierung den vollen Sachverhalt, wenn sie betont, sie gehe davon aus, daß die von ihr vorgelegten Gesetzentwürfe vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden. Bei ihren Berechnungen hat sie aber die Neuordnung der Rentnerkrankenversicherung rückwirkend zum 1. Januar 1975 unterstellt. Dies ist unzulässig.
Um die Methode deutlich zu machen, mit der die Regierung bewußt versucht, die Lage der Rentenversicherung zu beschönigen, sei auf die Konsequenzen des Polen-Abkommens hingewiesen. 600 Millionen DM sollen nach dem Abkommen, wie es der Bundestag gestern beschlossen hat, als Rentenpauschale aus der Rentenversicherung gezahlt werden. Die Bundesregierung hat diese Belastung nicht berücksichtigt. Mit anderen Worten: Das, was zur Entlastung der Rentenversicherung beiträgt, wird von der Bundesregierung aufgenommen, auch wenn die Entlastung noch ungewiß ist. Aber das, was zur Belastung beiträgt, wird nicht aufgenommen, auch wenn sich die Bundesregierung zu der Belastung im Abkommen verpflichtet hat.
({45})
Sechstens. Die Aufwendungen für die Gesundheitsleistungen werden in dem Bericht global um 20 °/o - ein Fünftel - gekürzt, ohne daß eine Begründung, geschweige denn eine konkrete Vorstellung über die Art und Weise der Kürzung angegeben wird. Auch hier kann die Antwort der Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrats nur als unbefriedigend bezeichnet werden.
Was heißt eigentlich:
Durch eine noch planvollere Verwendung, durch einen noch effektiveren Einsatz der finanziellen Mittel der Gesundheitsvorsorge werden Mittel ohne Einschränkung des Leistungsangebots in dem angestrebten Umfang eingespart werden.
Meine Damen und Herren, es ist doch schlicht und einfach ein Skandal, daß die Regierung sagt: wir können ein Fünftel sparen, wenn wir anständig und ordentlich mit den Mitteln umgehen. Der Steuerzahler sollte eigentlich davon ausgehen können, daß alle Mittel von der Bundesregierung sorgsam verwaltet werden, so daß hier nicht noch betont werden muß, daß man, wenn man dies täte, ein Fünftel der Mittel einsparen könnte. Ich kann dies nur als einen Skandal bezeichnen.
({46})
Siebentens schließlich: Die Bundesregierung benutzt den Rentenanpassungsbericht nur, um festzustellen, daß die zum 1. Juli 1976 und zum 1. Januar 1977 anstehenden Anpassungsgesetze in der Renten-und der Unfallversicherung finanzierbar sind. Dies ist aber nach der Intention des Gesetzes völlig unzureichend. Selbst die Anpassung zum 1. Juli 1976 ist von einer starken Minderheit im Sozialbeirat schon als bedenklich bezeichnet worden. Auch dies, Herr Bundesarbeitsminister, hätte wohl erwähnt werden müssen.
Ziehen wir das Fazit! Der Rentenanpassungsbericht 1976 der Bundesregierung entspricht nicht den Anforderungen finanzieller Solidität. Es ist nicht zu verantworten, daß die Regierung den Rentenanpassungsbericht einer Schönheitsoperation unterzieht, statt sich mit den kritischen Stimmen auseinanderzusetzen. Berücksichtigt man z. B. nur die Annahmen der mittelfristigen Finanzplanung, die geltende Rechtsgrundlage, d. h. die zusätzlichen Belastungen in Höhe von mehr als 7 bis 8 Milliarden DM für die Jahre 1975 und 1976, die ganz bewußt nicht in den Bericht aufgenommen worden sind, dann kann - ich betone: kann - bereits 1977 die gesetzlich vorgeschriebene Rücklage der Rentenversicherung von drei Monatsausgaben unterschritten werden. Den sich daraus ergebenden Konsequenzen weicht die Bundesregierung aus.
({47})
Die Bundesregierung umgeht den gesetzlichen Auftrag zur langfristigen Sicherung der Rentenfinanzen. Daß die Bundesregierung sich dabei nicht scheut, solche Tricks anzuwenden, wie ich sie vorhin darstellte, bestärkt die Vermutung, daß es ihr in der Tat nur darum geht, kurzfristig die Rentenpolitik als gesichert erscheinen zu lassen. Ich halte eine derartige Politik für unverantwortlich. Sie muß im Interesse der Rentner und der Beitragszahler zurückgewiesen werden.
({48})
Herr Abgeordneter Katzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Sund?
Ja, gerne. - Bitte schön.
Herr Kollege Katzer, würden Sie in diesem Zusammenhang dem Hause bitte einmal bekanntgeben, wo der Unterschied zwischen einer Prognose und einer Modellberechnung liegt.
Entschuldigen Sie, der Unterschied liegt darin, daß wir im Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz mit dem Zusammenhang von Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik den Wirtschaftsminister auch mit dem eingestellt haben, was in der nächsten Woche in der Konzertierten Aktion passiert. Diese Zahlen dürfen nicht nebenherlaufen, sondern müssen mit in den Rentenbericht der Bundesregierung eingespeist werden. Exakt dies unterlassen Sie, und das werfe ich Ihnen vor.
({0})
- Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt zu Ende kommen.
({1})
- Entschuldigen Sie, ich bleibe Ihnen da gar nichts schuldig.
({2})
Auf einem den Gesetzen entsprechenden Nachtrag werden wir beharren. Wenn Sie das, was wir Ihnen hier sagen, nicht gern hören, - ({3})
- Die Lautstärke bei Ihnen ist immer stärker als das, was dahinter steckt.
Ich würde Ihnen aber empfehlen, einmal die angesehene Zeitung „Die Zeit" vom 6. Februar 1976 nachzulesen, Herr Kollege. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren. Dort heißt es - das paßt treffend zu dem, was ich vorhin mit Zahlen unterlegt habe -:
Diejenigen aber, die diese Beschlüsse dann beantworten müssen, schweigen und verschleiern. Und schlimmer noch: Sie verdrehen. Selbst Bundeskanzler Schmidt gibt sich dazu her, die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung öffentlich als gesichert zu bezeichnen
({4})
und ganz ähnlich klingende Phrasen seines Arbeitsministers Walter Arendt zu unterstützen - obwohl auch er weiß, daß von Sicherheit überhaupt nicht mehr die Rode sein kann. Die Rentenversicherung wird, sofern nicht kräftig an ihr „demontiert" wird, spätestens in zwei Jahren pleite sein.
Das ist nicht mein Ausdruck
({5})
- entschuldigen Sie höflich! -, dies ist in der „Zeit" nachzulesen.
({6})
Der Artikel trägt im übrigen die Überschrift, Herr Kollege: „Wer dreimal lügt ..."
({7})
- Den Rest dürfen Sie hinzusetzen.
({8})
Der Herr Bundeskanzler hat als Finanzminister am 22. September 1972 im Deutschen Bundestag gemeint - ich zitiere -:
({9}) in Zukunft nur dann finanziert sein, wenn Sozialdemokraten bis 1985 für kontinuierliche Vollbeschäftigung in diesem Lande sorgen.
({10})
Nur dann sind sie finanziert. Aber sie werden
finanziert sein, denn wir werden dafür sorgen.
({11})
- Sehen Sie, jawohl! Dabei stören Sie 5 °/o Arbeitslose in diesem Lande überhaupt nicht. Sie sagen einfach: „Das werden wir auch." Ich bin der Meinung, kein Arbeitsloser in unserem Lande wird Verständnis für den Zynismus haben, der in diesem Zwischenruf zum Ausdruck kommt.
({12})
Der Herr Bundeskanzler hat mit dieser Bemerkung einen Maßstab gesetzt. Die Regierung hat damit selbst die Bedingungen genannt, unter denen eine Finanzierung erfolgen kann. In Wahrheit haben Sie dies nicht einhalten können, wie wir alle wissen, aus vielerlei Gründen nicht. Aber wir können Sie nicht messen, und der Wähler kann, darf und wird Sie nicht an dem messen, was an Unwägsamkeiten im Verlaufe des Weges auf Sie zukommt, sondern an dem, was Sie dem Wähler vor Wahlen versprochen haben. Dies ist der Maßstab, dem sich jeder in diesem Hause zu unterstellen hat, Sie auch.
({13})
- Ja, ich weiß, dies tut sehr weh. Aber wir sind nicht dazu da, um hier gesundzubeten, sondern wir sind dazu da, um der deutschen Öffentlichkeit Klarheit über die künftige Entwicklung zu verschaffen, nicht um etwas zu verschleiern, wie Sie es permanent versuchen.
({14})
- Herr Kollege Wehner, bei Ihnen geht die Zahl in die Hunderte, wenn ich bei dem Vergleich bleiben darf.
({15})
- Ich sehe, Sie stimmen dem zu. Ich freue mich darüber.
({16})
- In die Hunderte, sagte ich.
Der tiefste Grund für diese Entwicklung - ich habe ihn schon genannt - ist der, daß der zwingende Zusammenhang zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik von Ihnen ohne Not aufgegeben worden ist. Es ist das Versagen einer Politik, die glaubt, das Netz der sozialen Sicherung halten
und gleichzeitig wirtschaftliches Wachstum vernachlässigen zu können.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Geiger?
Nein, ich komme jetzt zum Schluß.
Die SPD/FDP-Fraktion hat die Wirtschaft von der Voll- in die Unterbeschäftigung mit hoher Arbeitslosenzahl geführt. Die Folgen der wirtschaftlichen Rezession für die Rentenversicherung sind beträchtlich. So bedeuten 2 Millionen Arbeitslose und Kurzarbeiter eine erhebliche Minderung der Beitragseinnahmen. i Million Arbeitslose lassen 4 Milliarden DM weniger in die Kassen der Rentenversicherung fließen. Weitere Mindereinnahmen entstehen durch geringere Lohnsteigerungen, den Abbau von Überstundenmehrarbeit und durch die Rückwanderung von 300 000 ausländischen Arbeitnehmern. Der Rückgang der Steuereinnahmen und die hohe Verschuldung des Staates erschweren es der Regierung, der Zuschußverpflichtung für die defizitäre Rentenversicherung nachzukommen. Aber vor allen diesen Schwierigkeiten, meine Damen und Herren, stecken Sie den Kopf in den Sand.
Im Interesse der vielen Millionen Rentner fordern wir die Bundesregierung auf, endlich Schluß zu machen mit dem Beschönigen, Schluß zu machen mit dem Verschleiern, nur um heil über den Oktober dieses Jahres hinwegzukommen.
({0})
- Angstmacherei? Sehen Sie, Herr Kollege, ich habe versucht, das klarzumachen. Sie glauben, uns der Schwarzmalerei zeihen zu müssen. Ich kann Sie nicht hindern, in Ihr Verderben zu rennen. Das müssen Sie selbst sehen. Ich sage Ihnen nur dies: Wenn Sie glauben, an den Zahlen des Verbandes der Rentenversicherer vorbeigehen zu können, wenn Sie glauben, daß Sie an Ihrem Koalitionspartner FDP, der diese Zahlen dadurch bestätigt hat, daß er Änderungen vornimmt, die doch nur dann nötig sind, wenn das eintritt, was der Verband der Rentenversicherer gesagt hat, vorbeigehen können und wenn Sie das alles als Schwarzmalerei abtun wollen, kann ich Sie nicht daran hindern.
({1})
- Je mehr Sie diese Politik betreiben, Herr Kollege Wehner, um so weniger wird der Wähler dies akzeptieren.
({2})
Der Wähler will keine Gesundbeterei, sondern er will Fakten haben und will wissen, wie die Rentenversicherung langfristig gesichert wird. Darauf werden wir als christliche Demokraten hier im Deutschen Bundestag und im Bundesrat bestehen.
({3})
Meine
Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Ehrenberg.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Katzer hat den Zusammenhang zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik bei der Bundesregierung vermißt.
({0})
Ich werde einige Gelegenheit haben, Ihnen, verehrter Herr Kollege Katzer, diesen Zusammenhang und die wirtschafts- und finanzpolitischen Grundlagen der Solidität der Rentenversicherung hier deutlich zu machen.
Ich glaube, es ist notwendig, verehrter Herr Kollege Katzer, der Sie von der Bundesregierung gefordert haben, die Rentenversicherung aus dem Geraune zu bringen, wie Sie es genannt haben, vorher etwas dazu zu sagen, wer denn eigentlich dieses Geraune veranlaßt hat.
({1})
Wenn Sie, verehrter Herr Kollege Katzer, hier von
Gesundbeterei und Schönheitsoperationen reden,
({2})
wenn Sie nicht zur Kenntnis nehmen, was in der Welt um uns herum vor sich geht, -.({3})
- Meine Herren von der Opposition, es ist doch merkwürdig, Sie scheinen das Gefühl zu haben, daß wir isoliert sind. Wenn die Bundesregierung, wie Sie wollten, nicht nach Helsinki gegangen wäre, wären wir in der Welt isoliert. Diese Isolierung gibt es aber nicht.
({4})
Nein, so ist es nicht. Diese Umwelt, in der sich die Bundesrepublik Deutschland befindet, ist vorhanden. Auch der Herr Katzer wird es nicht fertigbekommen, der sozialliberalen Koalition Verantwortungen anzulasten, nachdem es die Koalition fertiggebracht hat, die Bundesrepublik Deutschland über diese tiefste Weltrezession seit 1945 im Vergleich zu allen anderen Industrienationen am besten über die Runden zu bringen. Das reden auch Sie nicht aus der Welt, Herr Katzer.
({5})
Es hätte Ihnen gut angestanden, Herr Katzer, wenn Sie nach der objektiven und deutlichen Darstellung des Bundesarbeitsministers anerkannt hätten, daß die Rentenversicherung in diesem Lande in Ordnung ist.
({6})
Die Rentner in diesem Lande - davon können Sie
überzeugt sein - setzen jedenfalls ihr Vertrauen
auf Walter Arendt und nicht auf den Bundesarbeitsminister a. D. Hans Katzer.
({7})
Damit das einigen Kollegen in diesem Hause deutlicher wird, ist es notwendig, nachdem Sie zu dem Geraune noch kräftig beigetragen haben, einen kleinen Blick zurückzuwerfen. Sie haben ja selbst einen Nachtrag zum Rentenbericht gefordert, Herr Katzer. Ich will Ihnen einen Nachtrag über Ihre eigene abwechselnde Schwarzmalerei und Jubeiprognoserei liefern. Vielleicht frischt er das Gedächtnis Ihrer Kollegen ein wenig auf.
({8})
- Ich will Ihnen gerne bei der Vergangenheitsbewältigung helfen. Herr Katzer weiß sicher noch, daß seinerzeit, als unter seiner Federführung die langfristigen Rentenversicherungen aus der Baissestimmung des Jahres 1967 her tief nach unten gerechnet wurden, beispielsweise der „Volkswirt", jener sehr viel angesehenere Vorgänger der wenig seriösen „Wirtschaftswoche",
({9})
damals einen Artikel unter der Überschrift „Renten vor dem Konkurs?" erscheinen ließ. In diesem Artikel stand dann u. a., daß spätestens 1971/72 die Rentenversicherung mindestens einen Beitragssatz von 20 % benötigen würde, um überhaupt noch ihre Leistungen erbringen zu können. Nichts hiervon stimmt. Heute noch beträgt der Beitragssatz 18 % trotz der Leistungsverbesserungen auf breiter Front, die der Bundesarbeitsminister in den letzten sechs Jahren durchgesetzt hat. Leider gibt es nun eine unschöne Übereinstimmung der Kollegen Katzer, Franke und einiger anderer von Ihnen mit der „Wirtschaftswoche". Ich muß Sie mit einem Zitat aus der „Wirtschaftswoche", der Nachfolgerin des „Volkswirts", konfrontieren. Herr Katzer hat leider hier einige Zahlen daraus wiederholt. Noch am 16. Januar 1976 schreibt die „Wirtschaftswoche" - ich möchte mit Genehmigung des Präsidenten zitieren -:
Erstmals seit 23 Jahren hat die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte 1975 mit einem Defizit von über 2 Milliarden DM abgeschlossen. 1976 wird das voraussichtlich über 10 Milliarden DM betragen.
Herr Katzer hat diese 10 Milliarden DM hier wiederholt, obgleich inzwischen zumindest ihm bekannt sein dürfte, daß dieses im Oktober noch vorausgesagte Defizit der Bundesversicherungsanstalt nicht eingetreten ist. Sie wird einen ausgeglichenen Haushalt auch 1975 vorweisen können. Der Präsident der BfA hat eindeutig erklärt, auch 1976 wird es keine Liquiditätsenge geben. Aber das nimmt die CDU nicht nur zur Kenntnis. Es wird weiterhin hier von der bevorstehenden Pleite gesprochen. Sie, Herr Katzer, Herr Franke und die „Wirtschafts15666
woche" gemeinsam werden es nicht schaffen, dem Unternehmen Rentenversicherung mit Rücklagen von mehr als einem halben Jahresumsatz die Pleite einzureden. Das wird Ihnen nicht gelingen.
({10})
Ich möchte den deutschen Unternehmen wünschen, daß sie über Rücklagen dieser Art verfügen könnten. Sie würden beruhigt in die Zukunft schauen, wenn bei ihnen jemals ein solches Verhältnis zwischen Jahresumsatz und Rücklagen vorhanden wäre. Vielleicht sollten Sie, der Sie, Herr Kollege Katzer, auf die Zusammenhänge zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik so großen Wert legen, auch dieses ökonomische Faktum, daß Rücklagen vorhanden 'sind und daß Rücklagen dazu da sind, in Schwächeperioden ausgegeben und nicht auf Zeit und Ewigkeit angesammelt zu werden, einmal zur Kenntnis nehmen.
({11})
Es muß aber auch darauf hingewiesen werden, daß Herr Katzer
({12})
- hören Sie zu, vielleicht lernen Sie noch etwas über Sozialversicherung, verehrter Herr Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion! - den Rentenbericht der Bundesregierung und die Modellrechnungen so bezweifelt hat
({13})
und angezweifelt hat, daß diese Variationen ein richtiges Bild der Wirklichkeit wiedergeben, daß ausgerechnet - vielleicht nehmen Sie das zur Kenntnis - das Institut der deutschen Wirtschaft - sicher nicht besonderer Vorliebe für die sozialliberale Koalition verdächtig - in seiner Veröffentlichung Nr. 17/1975 eindeutig festgestellt hat, daß alle bisherigen Vorausschätzungen der Bundesregierung über die künftige Situation der Rentenversicherung zu vorsichtig, zu zurückhaltend waren. Das Institut der deutschen Wirtschaft bescheinigt der Bundesregierung hier, wie ein sorgsamer, vorsichtig die Entwicklung einschätzender Hausvater gehandelt zu haben. Wenn dieses uns sonst ja sehr kritisch gegenüberstehende Institut die Schätzungen der Bundesregierung so beurteilt, dann sollte vielleicht zumindest bei den Sozialpolitikern Ihrer Fraktion ähnlicher Realismus in der Einschätzung zu finden sein. Aber das scheint schwierig zu sein.
Dann wirft ausgerechnet der ehemalige Bundesarbeitsminister Katzer der Bundesregierung vor, daß sie hohe Inflationsraten brauche, um die Rentenversicherung rechnerisch in Ordnung zu bringen. Verehrter Herr Kollege Katzer, Sie sollten doch wenigstens wissen, daß die Rentenformel sicherstellt, daß jede Veränderung der Preissteigerungsraten, die sich wiederum in den Lohnsteigerungsraten ausdrückt, auf beiden Seiten der Rentenversicherungsbilanz durchschlägt und nicht nur auf einer. Dann sollten Sie darauf verzichten, in diesem Zusammenhang mit Inflationsraten zu operieren, die für die langfristige Rechnung zwar insgesamt die Bilanz verlängern, aber für die linke und die
rechte Seite der Bilanz ohne Bedeutung sind. Ihnen hätte ich zugetraut, daß Sie einen solchen simplen ökonomischen Zusammenhang kennen.
({14})
- Der Koalitionspartner weiß das auch. Lassen Sie den für sich selber antworten!
({15})
Ich glaube, es ist notwendig, wegen jener Vielzahl von Zweifeln, die Herr Katzer hier noch vermehrt hat, statt sie als verantwortlicher Sozialpolitiker auszuräumen, hier ein paar Worte zu den ökonomischen Wirkungen der dynamischen Rentenformel zu sagen. Es scheint nicht genügend bekannt zu, sein, wie diese Formel wirkt, sonst wäre eine solche Vielzahl von Falschdarstellungen nicht möglich. Die Tatsache, daß die Rentenanpassung rückwirkend nach dem Jahresdurchschnittsverdienst der der Rentenanpassung vorausgegangenen drei Jahre berechnet wird, wirkt doch auf die unterschiedlichen Konjunkturbewegungen so, daß die Rentenanpassungen jeweils unterschiedlich, und zwar gegenläufig zu der Konjunkturbewegung, erfolgen. Seit 1959 hat es neun Jahre gegeben, in denen die Rentenanpassungen höhere ,Zuwachsraten hatten als die Durchschnittsverdienste, und acht Jahre, in denen die Zuwachsraten der Rentenanpassungen kleiner waren als die der Durchschnittsverdienste. Wer einigermaßen die Konjunkturbewegungen kennt, der weiß, daß hier die Rentenanpassungen jeweils den Konjunkturbewegungen entgegengelaufen sind und damit ganz entscheidend mit dazu beigetragen haben, die Konjunkturbewegungen zu glätten; in Boomphasen haben sie einen bremsenden Einfluß ausgeübt, und in konjunkturellen Schwächephasen haben sie eine ganz wesentliche Stärkung der Massenkaufkraft bewirkt und damit einen wesentlichen Antriebsmotor zum Wieder-Tritt-Fassen der Konjunktur geliefert. Das sollte, wie gesagt, wenigstens Herr Katzer wissen, und er sollte zur Kenntnis nehmen, daß gerade in der Hochkonjunktur 1969 bis 1971 und in den Schwächephasen 1974/75 eine geradezu modellhaft-ideale Ergänzung der öffentlichen Kreditfinanzierung und des Gegenwirkens der antizyklischen Elemente aus der dynamischen Rentenformel stattgefunden hat.
Deshalb, so glaube ich, muß hier auch in aller Deutlichkeit gesagt werden, daß aus konjunktur-, wachstums- und sozialpolitischen Gründen, aus der Einheit dieser drei verschiedenen Politiken heraus für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion eine Änderung der dynamischen Rentenformel nie zur Debatte stehen kann. Dieses Instrument ist sozialpolitisch und konjunkturpolitisch in gleicher Weise notwendig und hat sich auch in gleicher Weise bewährt.
({16})
Herr Katzer hat hier von der wachsenden Besorgnis der Rentner, von der wachsenden Besorgnis über
die langfristigen Finanzierungsmöglichkeiten gesprochen und immer wieder auf den Zusammenhang zwischen Wirtschafts- und Finanzpolitik hingewiesen. Deshalb kann ich Ihnen auch in dieser Rentendebatte ein paar realistische Anmerkungen zur gegenwärtigen Konjunkturlage und zu den langfristigen Wachstumsmöglichkeiten der deutschen Volkswirtschaft nicht ersparen. In einem hat Herr Katzer natürlich recht, nämlich darin, daß die Rentenversicherung und ihre Finanzierung voll darauf angewiesen sind, daß es der Wirtschafts- und Finanzpolitik gelingt, für ein stabiles Wirtschaftswachstum zu sorgen. Sie können aber sicher sein, daß dies der Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Koalition gelingen wird. Die ersten Erfolge sind heute schon mit den Händen greifbar.
({17})
- Ein kräftiges und ausreichendes Wachstum, verehrter Herr Kollege. Wenn Sie einen Moment bereit sind zuzuhören, will ich Ihnen gern einiges im Detail zu diesen realistischen Wachstumsaussichten sagen.
({18})
- Erstens bin ich kein Professor; das sollten Sie auch wissen. Auf diesen unverdienten Ehrentitel lege ich keinen Wert.
({19})
Zum zweiten: Das Gesundbeten überlassen Sie besser Herrn Katzer. Er hat dies schon so häufig getan. Sie sollten ihn in der Gesundbeterei nicht nachahmen.
({20})
- Er kann es nicht besser, aber häufiger!
({21})
Das zuversichtliche Bild, das der Bundesarbeitsminister hier dankenswerterweise der deutschen Öffentlichkeit im Blick auf die Rentenversicherung dargestellt hat, findet in den gegenwärtig erkennbaren Konjunkturdaten eine eindeutige Rechtfertigung. Bei einer realistischen Einschätzung der mittelfristigen Wachstumsmöglichkeiten der deutschen Wirtschaft ergibt sich das im Jahreswirtschaftsbericht zum Ausdruck kommende positive Bild. Dieses positive Bild ist keine Prophetie. Es ist eine durch und durch realistische Darstellung. Auch der Jahreswirtschaftsbericht dürfte - ähnliches wie das das Institut der deutschen Wirtschaft der Bundesregierung für die Einschätzung der Lage der Rentenversicherung bescheinigt - eher eine zurückhaltende als eine zu optimistische Beurteilung der Wachstumsmöglichkeiten enthalten. Diese zurückhaltende Einschätzung ist bisher von niemandem in Wissenschaft
und Wirtschaft - außer von den Berufspessimisten der Opposition in diesem Hause - bestritten worden.
({22})
Sie sollten heute und hier folgende Fakten der wirtschaftlichen Ausgangssituation zur Kenntnis nehmen. Bereits seit Monaten nehmen die Auftragseingänge in der Industrie ständig zu.
({23})
Die vorläufigen Zahlen der Auftragseingangsstatistik für den Monat Dezember - obwohl die Zahlen für die Vormonate noch besser waren, will ich Ihnen hier nur diese Zahlen nennen - weisen in der Investitionsgüterindustrie einen Anstieg von 15,7 % und in der Konsumgüterindustrie einen Anstieg von 15,6 % aus. Mit der Verbesserung der Auftragslage geht spürbar eine Verbesserung der Stimmung in der Industrie einher. Das „Handelsblatt", sicherlich nicht einer besonderen Vorliebe für die sozialliberale Koalition verdächtig, hat in der vergangenen Woche eine Umfrage unter den großen deutschen Unternehmen gestartet und das Ergebnis dieser Umfrage mit dem Titel versehen „Konjunktur legt den Vorwärtsgang ein".
({24})
Ein sehr deutlicher Hinweis darauf, wie zuversichtlich die Konjunkturlage in den deutschen Unternehmen eingeschätzt wird.
Wenn Sie den Umfragen und der Statistik nicht glauben, darf ich Ihnen vielleicht empfehlen, ab und zu außer dem politischen Teil der Zeitungen einmal die Wirtschaftsnachrichten, vor allen Dingen die Berichte über die Hauptversammlungen deutscher Unternehmen zu lesen.
({25})
Z. B. steht in der „Süddeutschen Zeitung" als Überschrift: „MAN mit vollen Auftragsbüchern"
({26})
und in der „NRZ": „Bei Kohle und Stahl geht es wieder aufwärts"
({27})
und in der „Zeit", die Herr Katzer so ausführlich zitiert hat - -({28})
- Verehrter Herr Katzer, Sie hätten auch aus der eine Woche später erschienenen Nummer der „Zeit" die Überschrift zitieren sollen: „Bei Siemens stimmt die Kasse" und vielleicht aus der Bilanz der Firma Siemens auch zur Kenntnis nehmen können, daß es in dem schwierigen Rezessionsjahr 1975 möglich war, außer einem positiven Jahresabschluß noch 415 Millionen DM zusätzlich den Pensionsrückstellungen der Firma Siemens zuzuführen, um den Ver15668
pflichtungen aus den ein Jahr vorher hier beschlossenen Gesetzen Rechnung tragen zu können.
({29})
Ein Beweis dafür, daß die Kasse in der deutschen Industrie durchaus stimmt. Sie stimmt ebenso wie bei der Rentenversicherung, verehrter Herr Kollege Katzer.
({30})
- Mit Ihren Zurufen - ({31})
- Wer das Minuswachstum - übrigens ein merkwürdiges Wort, das ich nicht erfunden habe - ({32})
- Ihr Zuruf hat dieses merkwürdige Wort enthalten; ich habe es nicht benutzt.
Es kann ja wohl bei keinem objektiven Beobachter irgendwo auf der Welt außer auf den Bänken der Opposition ein Zweifel daran bestehen, daß die Rezession, die hinter uns liegt, vom Weltmarkt auf uns übergeschwappt ist.
({33})
Wäre sie das nicht, wäre ja wohl nicht erklärbar, daß unter 15 vergleichbaren Industrienationen der OECD bei einer kombinierten Bewertung aus der Arbeitsmarkt- und Preisstatistik die drei besten Plätze von Osterreich, der Bundesrepublik und Schweden besetzt werden und von keiner anderen Nation, d. h. von drei Nationen mit erfolgreicher sozialdemokratischer Reformpolitik und von keiner anderen.
({34})
- Der Wähler weiß das. Verlassen Sie sich darauf. Fragen Sie die Wähler. Die Dunkelmänner aus Hannover sind keine Wähler.
({35})
Auch im Jahreswirtschaftsbericht wird selbstverständlich nicht verkannt, vor welchen großen strukturellen Schwierigkeiten die deutsche Volkswirtschaft steht: vor Strukturschwächen, die zwei Jahrzehnte lang hinter ebenso falschen wie festen Wechselkursen verschanzt worden
({36})
und die jetzt durch diese Weltrezession zum Vorschein gekommen sind. Aber diese Strukturschwächen sind überwindbar, und diese Strukturschwächen sind Schritt für Schritt abbaubar. Die ersten Schritte in die richtige Richtung sind, angestoßen
durch den Bundeskanzler, dessen unablässiges internationales Bemühen zu einem Gleichschritt in der Konjunkturpolitik der Bundesrepublik und der anderen Nationen geführt hat, getan.
({37})
Sie sollten zur Kenntnis nehmen, daß zur Zeit in den Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Wachstum von mehr als 6 °/o, in Frankreich von knapp 5 °/o, in den Niederlanden von 2,5 °/o und in Norwegen von 7 °/o gerechnet wird. Unsere 4 bis 5 °/o liegen da in einer vernünftigen stabilen Mitte und sind darum realistisch und auch erreichbar, wenn dieser Gleichschritt in der Konjunkturbewegung erhalten werden kann.
({38})
- Wir werden dafür sorgen, daß diese für die Bundesrepublik ungewohnt hohe Arbeitslosenquote Schritt für Schritt durch eine gezielte Wirtschafts-und Finanzpolitik abgebaut wird. Die Bundesregierung hat ihr Teil dazu getan, sie wird es weiterhin tun.
Wir dürfen nicht übersehen - das darf sich hinter dem konjunkturell bedingten Eindruck nicht verschleiern -, daß von der Angebotsstruktur her die Wettbewerbssituation der deutschen Volkswirtschaft am Weltmarkt ungebrochen ist. Das beste Beispiel dafür ist die Ertragssituation beim Volkswagenwerk.
({39})
Es ist noch kein Jahr her - ({40})
- Aber lenken Sie doch nicht ab mit Zurufen jetzt!
({41})
- Ich sage Ihnen auch dazu noch etwas, verlassen Sie sich darauf!
Ich wollte nur gerade versuchen, Ihnen zu erklären, daß es noch kein Jahr her ist, als Sie hier ebenso, wie Sie jetzt den Untergang der Rentenversicherung vorausgesagt haben, den ökonomischen Ruin des Volkswagenwerkes an die Wand gemalt haben,
({42})
und inzwischen werden dort Überschichten gefahren, und die Kasse stimmt wieder. So wie in diesem Einzelfall VW, so ist auf der ganzen Breite der deutschen Volkswirtschaft - sehr unterschiedlich, sehr differenziert in den einzelnen Wirtschaftszweigen - spürbar,
({43})
daß die Konjunktur zu greifen beginnt.
Und genau davon, von der langfristigen Sicherung von Wachstum und Beschäftigung hängt in der Tat die finanzielle Situation der Rentenversicherung ab.
({44})
Und Sie scheinen bereit zu sein, Herr Katzer, anzunehmen, daß wir 15 Jahre mit der gegenwärtigen Arbeitslosenquote zu rechnen haben.
(Katzer [CDU/CSU] : Die Sie zu verantworten haben!]
Ich bin dazu nicht bereit, und die Situation der deutschen Volkswirtschaft gibt auch nicht den geringsten Anlaß, so etwas anzunehmen.
({45})
Sie gibt deshalb keinen Anlaß dazu, - ({46})
- Auch der Verband der Rentenversicherung hat sich 1967 genauso geirrt,
({47})
wie Sie, verehrter Herr Katzer, noch im Jahre 1971 mit den Rechnungen Ihres Planungsstabes die Rechnungen der Bundesregierung um 50 Milliarden DM übertroffen haben, nach oben gerechnet, weil Sie damals Grundlagen dafür brauchten, die sozialliberale Koalition links überholen zu können.
({48})
Es ist Ihnen nicht gelungen, und es wird Ihnen auch jetzt nicht gelingen, nach der anderen Seite herunterzurechnen. Wir bleiben in der mittleren, soliden Ausgangslage.
({49})
- Ich rede jeden Tag draußen, verehrter Herr Kollege! Vor sehr viel mehr Arbeitnehmern, als Ihnen je begegnen! Darauf können Sie sich verlassen, daß das dort verstanden wird!
({50})
Aber nehmen Sie vielleicht doch einmal ein paar der Notwendigkeiten zur Kenntnis, denen Rechnung getragen werden muß, um diese Voraussetzungen zu halten, und auch ein paar der realistischen Einschätzungen mittelfristiger Wachstumsmöglichkeiten. Es gibt keinen Grund, jenen modisch gewordenen Wachstumspessimismus, der jetzt überall grassiert, auf 15 Jahre in die Zukunft zu projizieren.
Ich habe vor wenigen Tagen Gelegenheit gehabt, mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission ausgiebig über die mittelfristigen und langfristigen Wachstumsmöglichkeiten in der Europäischen Gemeinschaft zu diskutieren. Wir sind zu der übereinstimmenden Ansicht gekommen, daß ein Teil von dem, was jetzt als unlösbare Strukturprobleme erscheint, konjunkturell verschärft gesehen wird und mit sich bessernder Konjunktur auflösbar wird und daß der Rest der verbleibenden Strukturschwierigkeiten durch eine gezielte, vorausschauende Arbeitsmarktpolitik zwar nur allmählich, aber sicher überwindbar ist. Weder in der Bundesrepublik noch in den anderen Mitgliedsländern der EG und erst recht nicht in den Ländern der Dritten und Vierten Welt kann von einer Sättigung des Bedarfs gesprochen werden, und das Produktionspotential in den europäischen Staaten ermöglicht eine erhebliche Ausweitung.
Wir werden allerdings einiges dazu tun müssen, damit das gelingt. So werden wir vor allem den europäischen Binnenmarkt weiter festigen und alle protektionistischen Tendenzen abwehren müssen. Wir werden durch einen steigenden Anteil der öffentlichen und privaten Investitionen am Bruttosozialprodukt dafür sorgen, daß die notwendige Umstrukturierung in einem Teil der Wirtschaft sozial abgeglättet und langsam erfolgen kann. Wir müssen in dem sich jetzt immer breiter und deutlicher anbahnenden Konjunkturaufschwung dafür sorgen, daß der technologische Sprung, der in vielen Branchen notwendig ist, erfolgt, daß wir in vielen Wirtschaftszweigen zu technologisch anspruchsvolleren Produkten übergehen, weil wir nur damit die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik sicherstellen können.
Um Ihnen das nicht nur so allgemein zu sagen, will ich Ihnen hier gern einige Branchen nennen, in denen mittelfristig mit erheblichen Zuwachsraten zu rechnen ist, Branchen, deren gesamtwirtschaftliches Gewicht so groß ist, daß die positiven Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft gar nicht ausbleiben können. In der elektrotechnischen Industrie z. B. ist zwar mit erheblichen Umschichtungen zu rechnen, doch mindestens im Bereich der Nachrichtentechnik, der Meß- und Regeltechnik und der Elektronik ist weiterhin mit aufnahmefähigen Märkten zu rechnen. Das gleiche gilt für die chemische Industrie, für den Sektor Maschinenbau und für die Energie- und Wasserversorgung. Überall dort sind Investitionsmöglichkeiten, Ausbaumöglichkeiten, steigende Produktionsziffern und damit auch - im zweiten Durchgang - steigende Beschäftigungsziffern zu erwarten.
Wir tun das, und wir haben keinen Zweifel daran, daß es dieser so breit angelegten Wirtschafts- und Finanzpolitik, kombiniert mit einer zukunftsorientierten Arbeitsmarktpolitik, gelingen wird, die Solidität der Finanzen der Rentenversicherung, so wie sie jetzt vorhanden ist, auch in Zukunft zu bewahren.
Herr Kollege Katzer, wenn Sie mir zum Schluß noch eine Sekunde zuhören würden - Herr Kollege Katzer! ({51})
- dann muß der Geschäftsführer einmal aufhören, ihn zu beschäftigen -, dann wäre ich Ihnen, der Sie sooft gezielt den 3. Oktober angesprochen haben
({52})
- ein sehr wichtiges Datum außerordentlich
dankbar, wenn Sie davon ausgingen, daß die Rentner in diesem Lande jetzt und nach dem 3. Oktober auf eine unveränderte Anpassung ihrer Renten rechnen können, und wenn Sie gleichzeitig das, was Sie von der Bundesregierung erwarten, die das auf einem sehr anderen wichtigen Feld, nämlich der Sicherung der öffentlichen Einnahmen, bewiesen hat, den Herren Ministerpräsidenten Ihrer Couleur beibrächten, nämlich die gleiche Verantwortung vor dem 3. Oktober zu zeigen. Sie haben in Ihrem letzten Satz hier mit drohendem Unterton gesagt: Die CDU im Bundestag und Bundesrat wird dafür sorgen, . . .
({53})
Jetzt sorgen Sie bitte dafür,
({54})
daß die gleiche Verantwortung bei der Finanzgestaltung, die die Bundesregierung hier an den Tag gelegt hat, auch von den Ministerpräsidenten der CDU-regierten Länder bewiesen wird.
({55})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Ist meine Rente noch gesichert? Muß ich bald einen höheren Beitrag zahlen? Ist es ganz richtig, daß ich nur 6 °/o mehr Lohn, mein Vater im gleichen Jahr aber 11 °/o mehr Rente bekommt?" Das sind die Fragen, meine Damen und Herren, die uns allen im Zusammenhang mit dem, was wir heute diskutieren, draußen in den Veranstaltungen tagtäglich gestellt werden, verursacht durch unqualifiziertes Gerede, verursacht durch das Geraune, das seit Wochen und Monaten durch den Blätterwald geht, das seit Wochen und Monaten ohne klare Aussagen, ohne Fakten in der Öffentlichkeit verstreut wird.
Deshalb begrüße ich es für die Freien Demokraten, daß heute und hier Gelegenheit gegeben ist, im Zusammenhang mit der Vorlage des Neunzehnten Rentenanpassungsgesetzes und des Rentenanpassungsberichts einmal etwas Klarheit in dieses Geraune bringen zu können, einmal deutlich und klar auch für die Freien Demokraten hier zu Anfang sagen zu können: Wir Freien Demokraten denken in keiner Weise daran, die dynamische Rentenentwicklung, die Bruttolohnbezogenheit oder irgendwelche anderen Dinge in diesem Zusammenhang in Gefahr oder ins Gerede zu bringen.
Allerdings halten wir es für notwendig und richtig, den Fragern, die ich zu Anfang zitierte, klare
Antworten zu geben. Wir sind deshalb dankbar - ich möchte dieses hier ausdrücklich zu Beginn meiner Rede sagen -, daß der Herr Bundesarbeitsminister mit der Vorlage des Neunzehnten Rentenanpassungsgesetzes, der Sie, Herr Kollege Katzer, zustimmen wollen, und mit der dazu gehaltenen Einbringungsrede deutlich gemacht hat, daß zunächst einmal hier und heute und für die Anpassungen der nächsten Jahre keine Probleme bestehen, daß die Rentner draußen wissen sollen, daß sie ihre dynamische Anpassung entsprechend der Bruttolohnbezogenheit der Rentenformel erhalten werden und daß dies durch die vorhandenen Rücklagen gedeckt ist. Dies möchte ich hier einmal klar feststellen.
({0})
Ich glaube, daß Sie, Herr Bundesarbeitsminister, mit Ihren Ausführungen und mit den Detailzahlen, die Sie dazu gebracht haben, erheblich zur Beruhigung beigetragen haben, und zwar dadurch, daß Sie die Rentenanpassung zum 1. Juli 1976 in Höhe von 11 °/o als ein Faktum auf den Tisch gelegt haben. Damit stehen keine Fragen der Nivellierung, der Rentenkürzung oder sonstiges zur Diskussion. Sie haben dadurch zur Beruhigung beigetragen, daß Sie eine positive Bilanz für die Rentenentwicklung seit 1969 - dem Regierungsantritt der sozialliberalen Koalition - vorlegen konnten, eine Bilanz, die immerhin zeigt, daß die Zahlen, die 1962 im Nettobereich noch bei 52,4 °/o und 1970 bei 56,8 °/o lagen, sich 1975 bei 63 °/o bewegen. Das ist ein Ergebnis der Politik der sozialliberalen Koalition.
({1})
Diese Politik hat darüber hinaus dazu geführt, daß sich die Renten von 1969 bis 1976 real verdoppelt haben. Dieses als klare Feststellung.
Ich stelle weiter fest: Es besteht auch kein Anlaß, zum jetzigen Zeitpunkt über Beitragserhöhungen nachzudenken.
Herr Kollege Katzer, Sie haben auch auf das Gerede hingewiesen, Sie haben auch gesagt, hier müßten Fakten angesprochen werden, hier müsse Verantwortung vor dem Wahltag gezeigt werden. Nun, Herr Kollege Katzer, ich habe sehr aufmerksam zugehört. Ich habe allerdings wenig von der Verantwortung, wenig von den konkreten Aussagen - ich werde nachher für die Zukunft noch einiges sagen
- feststellen können. Ich habe ein bißchen den Eindruck gehabt, daß Sie jetzt wieder anfangen, die Platte des Herbstes 1972 zu spielen, als Sie vor dem Wahltag mit allen möglichen Hinweisen und Plakaten die Rentner vor der Wahl im Jahre 1972 total in die Verunsicherung treiben wollten.
({2})
- Genauso war es, Herr Kollege Wehner. Ich kann mich noch an die Plakate erinnern.
({3})
Sie haben wenig von der Verantwortung gesprochen, Herr Kollege Katzer, die Sie doch mit für manche Probleme haben, mit denen wir uns jetzt befassen müssen. Oder waren es nicht noch Sie als Bundesarbeitsminister der Großen Koalition, der damals ungeprüft die Hereinnahme aller Rentner Schmidt ({4})
auch derer ohne Anspruchsberechtigung - in die Krankenversicherung hier im Deutschen Bundestag vertreten und durchgesetzt hat - ein Problem, das uns das heutige Problem der Finanzierung der Krankenversicherung der Rentner, über das es noch sehr viel wird nachzudenken geben, sicher nicht leichter gemacht hat?
Oder waren es nicht Sie, Herr Kollege Katzer, der als sozialpolitischer Sprecher der Opposition im Herbst 1972 im Rahmen der von der Bundesregierung vorgelegten Rentenreform hier in diesem Hause auf Grund einer zufälligen Zweitagesmehrheit - ({5})
- Auf Grund einer zufälligen Zweitagesmehrheit! Es waren zwei Sitzungstage in diesem Hause, wo einer von der Koalition fehlte, dessen Namen ich jetzt nicht nennen will,
({6})
und das waren die beiden Tage der Verabschiedung der Rentenreform.
({7})
- Anschließend hatten Sie aber wieder keine Mehrheit mehr; das war nur an den zwei Tagen. Aber es ist ja egal. Waren Sie es nicht, Herr Kollege Katzer, war es nicht Ihre Verantwortung, daß damals das halbe Jahr vorgezogen wurde?
({8})
- Ich komme gleich darauf, einen Moment! Es ist immer schön, daß ich durch die Zwischenrufe gleich an das erinnert werde, was ich sowieso noch sagen wollte.
({9})
Damals wurde also das halbe Jahr vorgezogen, und, Herr Zwischenrufer, Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, daß wir dem zugestimmt haben.
Aber ich möchte auch ganz klar noch einmal dies sagen: Der Kollege Katzer wird sich daran erinnern, daß in der Diskussion über das halbe Jahr von seiten der Koalition und gerade von uns Freien Demokraten das Problem der Vorziehung und seiner Auswirkungen auf den Tisch gelegt worden ist. Heute schlägt das mit 100 bis 130 Milliarden DM in der 15-Jahres-Rechnung zu Buche. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen; das wissen Sie auch.
({10})
- Das habe ich ja gesagt. Aber ich habe damals auf die Dinge hingewiesen, und ich komme noch auf einiges. - Sie hätten also mit sagen sollen,
({11})
daß damals - darüber werden wir uns auch unterhalten - durch diese Vorziehung um das halbe Jahr
- und, Herr Kollege Katzer, ich nehme das etwas ernster, wenn man schon heute von Aktualisierung
spricht und von Abschaffung des time lag; darauf werde ich nachher kommen - dieses Prinzip ja zum erstenmal durcheinandergebracht wurde. Natürlich wurde es durcheinandergebracht, denn einer der Grundsätze - der Kollege Ehrenberg hat es eben noch einmal bestätigt - des Nachzuges der drei Jahre war die konjunkturpolitische Komponente mit den Auswirkungen der niedrigen Rentenanpassungen in Jahren hoher Lohnsteigerung, die wir sehr häufig gehabt haben; diesmal ist es umgekehrt.
Man hat das aus verständlichen Gründen getan; ich sage ja gar nicht, daß es nicht Gründe dafür gab. Aber es war auch klar, daß damit zum erstenmal an diesen Aktualisierungsproblemen gedreht wurde. Natürlich wurde es das; ich komme nachher noch einmal darauf.
Diese Verantwortung, Herr Kollege Katzer, die Sie dabei haben, haben Sie hier nicht mit auf den Tisch gelegt, und Sie haben auch nicht gesagt, in welcher Schwierigkeit wir heute wären, wenn das, was Sie damals noch durchgesetzt hatten, was wir dann aber 1973 korrigieren konnten, sowohl bezüglich des ungehinderten Nebenverdienstes bei der flexiblen Altersgrenze als auch im anderen Bereich, ebenfalls noch in Milliardenhöhe in der Bilanz auftauchte. Herr Bundesminister Arendt hat das vorhin deutlich gemacht.
Das, was Sie hier versucht haben, Herr Kollege Katzer, nehme ich Ihnen übel, weil ich weiß, daß Sie in diesen Fragen Verantwortung tragen, Verantwortung sehen und - wie ich auch aus Presseartikeln von Ihnen weiß - nüchtern sehen, daß wir über manches nachdenken müssen. Wenn Sie dann hier von Verantwortung sprechen, aber die eigene Verantwortung aus der Vergangenheit nicht mit ansprechen und gleichzeitig im Grunde keine einzige Aussage machen, was Sie denn nun tun wollen, reicht das eben nicht. Sie verlangen von uns von der Koalition, wir sollten -.({12})
- Moment, ich bin ja noch nicht ganz fertig. Immer so voreilig, Herr Kollege! Sie müßten mich ja nun einigermaßen kennen.
Sie verlangen von uns,
({13})
wir sollten klar und offen vor dem Wahltag sagen, welche Möglichkeiten bestehen. Das allerdings erwarte ich auch von Ihnen!
({14})
Sie haben hier zunächst einmal nur gesagt - und
da stimmen wir ja überein -: In diesem Jahr ist
die Rentenanpassung in Ordnung, ist sie finanziert.
In der Frage der Liquiditätshilfe teile ich nicht Ihre Auffassung. Es ist nach den letzten Zahlen eindeutig klar, daß wir auf diesem Gebiet 1976 keine wesentlichen Probleme haben werden. Erfreulicherweise ist das so; vor einem halben Jahr sah es noch anders aus.
Schmidt ({15})
Aber eines ist klar: Sie haben nicht gezeigt, wo Sie denn Möglichkeiten sehen, die vor uns liegenden Probleme in Zukunft auf vernünftigem Wege zu lösen, ohne Veränderung der Dynamik, ohne Veränderung der Bruttolohnbezogenheit, ohne Rentenkürzung. Ich habe dafür Verständnis.
Ich habe im Herbst zunächst einmal angedeutet, daß in dem Fall, daß sich die Zahlen, die wir heute sehen, bewahrheiten sollten - wir wissen das heute nicht, und keiner von uns kann das wollen -, alle Dinge in die Überlegung einbezogen werden müssen, wenn wir 1977, 1978 oder 1979 vor der Frage einer Beitragserhöhung oder anderer Maßnahmen stehen.
Von allen Fraktionen in diesem Hohen Hause wurde in den letzten Jahren mehrmals klargemacht: die Belastungsgrenze unserer Arbeitnehmer, die Belastungsgrenze unserer Volkswirtschaft durch die Sozialversicherungsbeiträge ist in eine Größenordnung gekommen, bei der man sehr sorgfältig überlegen muß, ob eine weitere Aufstockung noch vertretbar ist.
({16})
- Diese Frage, Herr Kollege Carstens, ist schon im Zusammenhang mit der Krankenversicherung diskutiert worden. Wir müssen die ganze Belastungssituation sehen.
({17})
Lassen Sie mich zum Rentenbericht nur wenige Sätze sagen. Ich stelle fest, daß wir nicht die Auffassung teilen, daß der Rentenbericht eines Nachtrags bedarf. Diese Auffassung teilen wir auch schon deshalb nicht, weil uns das für die Überlegungen in bezug auf die neunzehnte Rentenanpassung gar nichts mehr brächte, da aus zeitlichen Gründen keine diesbezüglichen Möglichkeiten mehr bestehen.
Wir begrüßen ausdrücklich die Möglichkeit von Alternativrechnungen und die fünfzehn Alternativrechnungen, die man vielleicht noch ausweiten und verändern kann. Wir begrüßen das, weil sich in der Vergangenheit immer gezeigt hat, daß nur eine Vorausberechnung zuwenig Möglichkeiten zur Überlegung bietet, wie die Entwicklung gehen kann. Es nehmen zu viele Faktoren auf diese Entwicklung Einfluß.
Man sollte vielleicht überlegen, inwieweit in Zukunft der Rentenbericht auch noch mit den Entwicklungsdaten der mittelfristigen Finanzplanung der Bundesregierung stärker in Einklang gebracht werden kann. Das ist eine Frage für die Zukunft.
({18})
Wir sehen in dem Bericht aber auch - das ist das, was ich als nüchterne Analyse bezeichnen möchte - die Fakten, daß es auch 1976 ebenso wie 1975 mehr Ausgaben als Einnahmen geben wird. Zu der nüchternen Analyse gehören auch die Feststellungen, daß im Sozialbeirat im Zusammenhang mit seiner Zustimmung zur Anpassung zum erstenmal
keine Einstimmigkeit erzielt wurde, daß Bundesbankbericht, Sachverständigenratsgutachten und der Verband der Rentenversicherungsträger uns Zahlen auf den Tisch gelegt haben. Aber jede Berechnung geht von einer anderen Voraussetzung aus; von keiner Prognose kann gesagt werden, daß sie sich bewahrheiten muß. Wir alle hoffen, daß es nicht so kommt. Aber es könnte doch so sein.
({19})
1978 oder 1979 kann dieses Hohe Haus vor der Frage stehen, die Beiträge zu erhöhen oder andere Lösungswege zu finden.
({20})
- Herr Kollege Wehner, es ist aber - entschuldigen Sie, wenn ich dazu etwas sage - ein Thema, welches die Öffentlichkeit doch aus vielen Erfahrungen heraus interessiert, vor allem dann, wenn man es einmal ganz nüchtern sieht.
({21})
In diesem Zusammenhang möchte ich gleich folgendes sagen. Herr Kollege Katzer, wenn Sie geglaubt haben, vorhin in Ihrer Rede mit Hinweisen auf meine Vorstellungen über das, was möglicherweise gemacht werden könnte, eine große Übereinstimmung mit Ihren Vorstellungen andeuten zu können, kann ich nur sagen: Ich habe schlechte Erfahrungen aus der Zeit, in der ich als Sozialpolitiker unter Ihnen als Arbeitsminister tätig war; ich habe wesentlich bessere als liberaler Sozialpolitiker mit den Sozialdemokraten seit 1969, und ich beabsichtige, auch weiterhin sozialliberale Politik zu machen.
({22})
Wir sind aber auch so nüchtern, die Fakten zu sehen.
Meine Damen und Herren, die Zeit schreitet fort.
({23})
Ich möchte einiges zu der nun einmal nicht zu leugnenden Tatsache sagen, daß wir in einigen Jahren möglicherweise vor der Frage einer Beitragserhöhung oder anderer Maßnahmen stehen. Herr Kollege Ehrenberg, ich stimme Ihnen völlig zu: Die Wirtschaft wird uns kaum vor diese Frage stellen, weil sie sich wirklich so entwickelt, daß wir eine Absicherung der Rentenversicherung erreichen. Wir müssen aber auch sehen, daß die Beschäftigungszahlen selbst bei einem starken Absinken der Arbeitslosenzahlen in den nächsten Jahren und JahrzehnSchmidt ({24})
ten niedriger liegen werden als in der Vergangenheit. Auch müssen wir sehen, daß wir gerade bei einer Wirtschaftsentwicklung, wie wir sie wollen, in den nächsten Jahren nicht unbedingt sehr hohe Lohnzuwachsraten brauchen können. Vielmehr brauchen wir Lohnzuwachsraten, die in die Konjunkturentwicklung passen. Beides sind aber nun einmal Faktoren, die ich auch sehen muß, wenn ich die 15-Jahres-Bilanz der Rentenversicherung beurteilen will.
({25})
Und hier kommt nun die Frage, die ich für die Freien Demokraten, vor allen Dingen aber für mich, gestellt habe: Wieweit kann ich den Generationenvertrag - ich möchte das so nennen -, der im Jahre 1957 zwischen den Arbeitenden und den aus dem Arbeitsleben Ausgeschiedenen geschlossen wurde - mit dynamischer, bruttolohnbezogener Rente -, so sicher machen, daß der Rentner von heute weiß, daß er auch morgen noch mit einer angemessenen Entwicklung seiner Rente rechnen kann, daß der Beitragszahler von heute weiß, daß die Beiträge nicht ins Uferlose steigen und daß auch er eines Tages mit einer leistungs- und beitragsbezogenen Rente rechnen kann?
({26})
Das wollen wir.
In diesem Zusammenhang habe ich den Vorschlag gemacht, vor einer Beitragserhöhung - wenn wir vor der Notwendigkeit stehen, eine solche zu erwägen - zu überlegen, ob nicht der bisherige Modus der Anpassung im Rückgriff auf drei Jahre verändert werden sollte. Ich sage Ihnen auch, warum.
Die antizyklische Wirkung, die der Dreijahresrhythmus haben sollte, hat sich in der Vergangenheit leider nicht immer bewährt. 1972 führte er dazu, daß aus einer kurzfristigen Sicht heraus eine Verschiebung um ein halbes Jahr erfolgte. Im letzten Jahr haben wir es erlebt, daß sich die Rentner genauso verhalten wie die anderen Konsumenten und den größten Teil der Rentenerhöhungen sparen. Ich habe volles Verständnis dafür. Aber der antizyklische Effekt, der damals unterstellt wurde, ist in dieser Form nicht eingetreten.
Der Dreijahresrhythmus bringt noch ein anderes Problem mit sich. Er schafft die Situation - auch Sie werden das draußen erleben -, daß Arbeitnehmer mit einem gewissen Recht sagen: Ich soll auf Grund von konjunkturpolitischen Notwendigkeiten in diesem Jahr nur 5 bis 6 °/o brutto - davon noch die Steuern ab - mehr bekommen, mein Vater aber erhält 11 °/o mehr.
({27})
- In anderen Jahren war es umgekehrt. Das ist ein Problem, das diesen Generationenvertrag eines Tages belasten könnte. Auch kann diese Dreijahressituation - jetzt sage ich einmal ein ganz offenes Wort - die Politiker aller Fraktionen in Jahren
guter Überschüsse dazu verleiten, zuviel zu tun und nicht immer daran zu denken - Sie waren es, Herr Kollege Katzer, der im Jahre 1972 versucht hat, noch mehr zu tun -,
({28})
daß das eine Wellenlinie ist. Wäre es also im Interesse dieses Generationenvertrages nicht richtiger, diese sich ergebenden Wellenlinien, die nicht mehr antizyklisch wirken und die Probleme aufwerfen, dahin zu verändern, daß durch eine Anpassung an die Lohnentwicklung des vergangenen Jahres ein kontinuierliches Weiterwachsen, und zwar dynamisch, bruttolohnbezogen, möglich ist? Das würde bedeuten: die Rente wächst weiter dynamisch, die Bruttolohnbezogenheit bleibt. Eine Beitragserhöhung ist bis Mitte der 80er Jahre - bis dahin hoffen wir andere Impulse zu haben - nicht zu erwarten.
Natürlich hat die Sache auch einen Nachteil; ich möchte ihn offen nennen, weil ich der Meinung bin, auch das muß man sagen. Das würde bedeuten, daß 1977 und 1978 die Anpassungen, die 1977 mit 10,7 und 1978 mit 8,5 °/o zu Buche stehen, niedriger liegen und beispielsweise der Lohnquote 1976 entsprechen würden, also sagen wir einmal 6 bis 7 °/o und nicht 10,7 °/o. Dasselbe würde noch einmal 1978 geschehen.
Das, meine Damen und Herren, ist zweifellos etwas, was wir unseren Rentnern in diesem Zusammenhang sagen und auch zumuten müssen. In den Diskussionen draußen über die Diskrepanz zwischen 11 °/o bei Rente und 6 °/o bei Lohn und die Schwierigkeiten, die daraus entstehen können, habe ich aber bisher festgestellt: Man hat Verständnis dafür, daß dieser Generationenvertrag aus zwei Vertragspartnern besteht, den Zahlenden und den Empfängern, den Rentnern und den Beitragszahlern. Wenn man diesen Vertrag auf die Zukunft sicherer und, was das Anwachsen betrifft, kontinuierlicher machen will, wenn man ihn auf der Niveauhöhe von 63 °/o halten will - diese würden wir nämlich dabei auch halten, weil beides gleichzeitig wachsen würde -, wenn man also nicht wieder einen Niveauabfall, der bei den Wellenbewegungen möglich ist, einkalkulieren will, dann halte ich diese Überlegung allerdings für wichtig im Hinblick auf den Zeitpunkt, wo es darauf ankommt, den Beitrag zu erhöhen oder einen anderen Weg zu gehen. Dabei würde keine Rente gekürzt. Auch Kollegen von Ihnen haben geschrieben: Hier werden Renten gekürzt, hier werden Eingriffe durchgeführt.
({29})
- Nein, das Niveau bleibt auf der Höhe, bei der wir damit anfangen, und zwar bei 63 °/o, weil wir gleichmäßig anpassen. Das Niveau bleibt. Es gibt lediglich den Ausfall zwischen 7 °/o und 10,7 % 1977 und vielleicht noch einmal zwischen 7 % und 8,5 °/o 1978. Dann gleitet es sowieso wieder in die Kurve ein.
Ich halte das für überlegenswert, wenn wir uns der Verantwortung für die beiden Generationen, für die zukünftige Entwicklung bewußt sind.
Herr Kollege Ehrenberg!
Herr Kollege Schmidt, würden Sie zugeben, daß es bei Ihren Überlegungen einzig und allein darauf ankommt, in welchem Jahr Sie das einführen, daß es auch genau umgekehrt wirken kann und daß letzten Endes der dreijährige Durchschnitt verstetigend und nicht wellenverstärkend wirkt?
Herr Kollege Ehrenberg, ganz so sehe ich es nicht. Verstetigend wirkt er nicht, höchstens langfristig, aber mit den Kurvenentwicklungen und den Diskrepanzen, die ich vorhin dargestellt habe. Richtig ist natürlich, Herr Kollege Ehrenberg, daß das Jahr des Inkraftsetzens wichtig ist. Deshalb habe ich ja gesagt: Hier muß den Rentnern ein gewisser Verzicht zugemutet werden, wenn wir den Weg gehen wollen, den ich hier andeute. Aber er garantiert den Generationenvertrag besser.
Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wie wir in diesem Hause dastünden, wenn wir auf 19,6 oder 20 % gehen müßten. Ich kann nur von heutigen Fakten ausgehen. Ich halte es für meine Aufgabe als Sozialpolitiker, auch über den Fall nachzudenken, daß eine bestimmte Situation eintritt, und nicht in Hektik zu verfallen, wie es 1966/67 geschehen ist, als man eine ganze Reihe von Bestimmungen der Rentenreform plötzlich ändern mußte. Ich halte es für richtiger, sich Modelle zu überlegen, wie man die Rentenversicherung gesunderhalten und die Zukunft der beiden Generationspartner am besten sichern kann.
({0})
Das ist, wie gesagt, ein Gedankenmodell. Es ist nur unter der Voraussetzung notwendig, daß auf Grund der Zahlen, die wir heute haben und die wir nüchtern sehen, die Frage der Beitragserhöhung auf uns zukommen sollte. Ich glaube, über diese Situation sollte man noch nachdenken.
Meine Damen und Herren, zum Abschluß noch ein kurzes Wort zur Gesamtsituation. Ich glaube, es war gut, einmal klarzustellen, daß mein Vorschlag nichts mit sozialer Demontage oder dergleichen zu tun hat. Ich habe hier etwas ausführlicher aus der Verantwortung, wie ich sie sehe, mögliche Entwicklungen angedeutet. Ich stelle fest, daß die CDU/ CSU bisher keine Möglichkeiten aufgezeigt, sondern nur Kritik geübt hat.
({1})
Ich stelle zugleich fest, daß die Bundesregierung, daß der Bundesarbeitsminister in seinem Einführungsreferat und in Verbindung mit den Fakten, die auf dem Tisch liegen, klargestellt hat, daß die Rentenversicherung in den nächsten Jahren zu keiner Besorgnis Anlaß gibt, daß Beitragserhöhungen bis zu den Jahren 1978/79 nicht notwendig sind.
({2})
Die Rentner und die Beitragszahler können die Dinge auf Grund dieser Situation etwas ruhiger ansehen.
({3})
Sie, Herr Kollege Katzer, sollten nicht weiter versuchen, die Dinge aufzuheizen, sondern einmal konkret sagen, was Sie wollen.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Ziegler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Angesichts der in den Ausführungen der Kollegen Ehrenberg und Schmidt sichtbar gewordenen, ich möchte fast sagen, fundamentalen Unterschiede in den Auffassungen der Koalitionsfraktionen,
({0})
wäre es sehr wichtig, dazu einiges zu sagen. Wir sind aber in der ersten Beratung und werden sicherlich in den Ausschußberatungen Gelegenheit haben, uns gerade mit diesen Dingen zu befassen. Ich kann nur sagen, was Kollege Schmidt hier zu den Berechnungsgrundlagen vorgetragen hat, deckt sich weitgehend mit unseren Auffassungen. Wir werden das bei den Beratungen deutlich machen.
Ich will mich in erster Linie aus Zeitmangel nicht mit den Ausführungen des Kollegen Ehrenberg auseinandersetzen. Man muß feststellen, daß dies auch sonst nicht gerade interessant wäre. Sie haben die übliche Taktik gebraucht, daß Sie die Opposition schlechtgemacht und im übrigen festgestellt haben, auf seiten der Regierung sei alles in Ordnung. Kollege Schmidt hat auch in dieser Richtung abgestuft. Er hat wenigstens zugegeben, daß die kritischen Stimmen, die in der Öffentlichkeit zu bemerken sind, nicht in erster Linie von der Opposition kommen, sondern aus der breiten Öffentlichkeit.
Sie, Herr Kollege Ehrenberg, haben von Vorschlägen gesprochen. Ich möchte ausdrücklich bestätigen, was der Kollege Katzer hier schon angesprochen hat: Von all den Vorschlägen, die zur Zeit als mögliche Abhilfevorschläge diskutiert werden, stammt keiner von der Opposition.
({1})
Wir beteiligen uns selbstverständlich an der Diskussion, aber weder die gespaltenen Anpassungssätze - ({2})
- Herr Kollege, es hat bei der fortgeschrittenen Zeit wenig Sinn, hier noch auf Zusatzfragen einzugehen. Es ist besser, das zu unterlassen; wir wollten uns ja alle in der Redezeit einschränken.
({3})
Wir werden in der Ausschußberatung reichlich Gelegenheit zur Diskussion haben.
Es steht jedenfalls fest, keiner der Vorschläge, die jetzt diskutiert werden, stammt von uns. Sie sind
aus dem Arbeitsministerium gekommen, sie sind von der FDP gekommen, sie sind von der interessierten Öffentlichkeit und von der Fachwelt gekommen, von uns nicht.
({4})
Wir können Gott sei Dank feststellen, daß diese erste Beratung des Rentenanpassungsberichts in der Öffentlichkeit auf ein breites Interesse stößt. Seit Monaten bringt die Presse alarmierende Nachrichten. Ich möchte es mir ersparen, sie hier im einzelnen zu zitieren. Sie kennen sie alle. Es ist eine Legion. Stundenlang könnte ich hier nur Titel vorlesen, die sich sehr kritisch mit der finanziellen Situation in der Rentenversicherung auseinandersetzen. All das kommt nicht von der Opposition, kommt nicht von uns.
Man kann jedenfalls feststellen, daß die Sorgen berechtigt sind und daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen muß, daß sich auch über der Rentenversicherung düstere Wolken zusammendrängen. Das führt natürlich zu Fragen, die etwa lauten können: Müssen die Rentner um ihre Alterssicherung fürchten? Ist die dynamische Rente gefährdet? Welche Belastung kommt auf die Versicherten und die Wirtschaft noch zu? Wo liegen die Grenzen der Belastbarkeit?
Die Bundesregierung macht es sich zu leicht, wenn sie hier zu den Dingen keine Antwort gibt, sondern nur einfach und lapidar sagt, alle diese Besorgnisse seien unberechtigt und unbegründet. Ganz anders die Bundesbank. Ich möchte hier mit Genehmigung des Präsidenten aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zitieren. In der FAZ vom 16. Februar heißt es:
Zwei Sätze im neuen Monatsbericht der Bundesbank sagten mehr über die wahre Lage der Rentenversicherung aus als der ganze Rentenanpassungsbericht der Bundesregierung, mit dem nur der Eindruck erweckt werden soll, daß die Finanzierung der Renten zumindest bis 1979 gesichert sei. Die Bundesbank meint dagegen, daß die liquiden Mittel der Rentenversicherung bereits in der zweiten Jahreshälfte 1976 knapp werden können. „Dies unterstreicht die Notwendigkeit, das finanzielle Gleichgewicht bei den Rentenversicherungen mit Hilfe geeigneter Maßnahmen wiederherzustellen." Für die Renten besteht heute noch keine Gefahr. Wenn liquide Mittel fehlen, hat der Bund zu zahlen. Der Bundesregierung wird es gelingen, die Rentenversicherung heil über den Wahltag im Herbst zu bringen. Doch sie betreibt eine Politik des Durchmogelns.
Besser können wir die Situation, den Hintergrund, auf dem sich diese Beratung vollzieht, überhaupt nicht kennzeichnen.
Tatsächlich enthält der Rentenanpassungsbericht eine Fülle von Daten - ein interessantes Zahlenwerk, aber ohne jede Aussagekraft. Vor allem können die erstmals an Stelle einer einzigen Vorausberechnung präsentierten 15 Modellrechnungen keine Unterlagen für die dringend notwendigen politischen Entscheidungen sein. Das ist aber der eigentliche Sinn dieses Rentenanpassungsberichtes. Alle angebotenen Alternativrechnungen, alle 15 sogenannten Modellrechnungen liegen weitab von der Realität. Die Bundesregierung überläßt es dem Leser, welcher der angebotenen Alternativrechnungen er den Vorzug geben will. Sie selbst trifft keinerlei Entscheidung, wozu sie auf Grund ihrer Verantwortung für die Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik verpflichtet wäre.
Die Bundesregierung geht von überholten Basisdaten, nämlich von denen des Jahres 1974 aus, obwohl es durchaus möglich wäre, schon die konkret vorliegenden Ergebnisse des Jahres 1975 für die Berechnungen zugrunde zu legen. Auch daher ist unsere Forderung nach einem Nachtrag durchaus berechtigt.
Die Bundesregierung klammert dann wichtige Belastungen aus. Wir haben gestern über den Polenvertrag und die Belastungen, die auch hier auf die Rentenversicherung zukommen, diskutiert. Die Krankenversicherung der Rentner ist hier in einer Weise zugrunde gelegt, die auch weitab von der Realität ist, denn mit der Verabschiedung des Krankenversicherungsweiterentwicklungsgesetzes ist, wie Kollege Katzer schon angesprochen hat, frühestens zu einem Zeitpunkt zu rechnen, daß, wenn überhaupt, ein Inkrafttreten erst zum 1. Januar 1977 möglich sein wird. Damit ist von vornherein gegenüber den Vorausberechnungen der Bundesregierung wiederum eine Lücke aufgerissen, die allein für das Jahr 1976 bei 1,25 Milliarden DM liegt und die für das darauffolgende Jahr, wenn sie bestehenbleibt, sogar über 5 Milliarden DM ausmachen wird.
Wir werden bei den Ausschußberatungen darauf drängen, daß die aktuelle Entwicklung auf der Basis von 1975 berücksichtigt wird. Es gibt für uns jedenfalls keine vernünftige Erklärung, warum die Bundesregierung dies nicht von sich aus getan hat.
({5})
Wenn Sie den in meinem Zitat wiedergegebenen, von der „Frankfurter Allgemeinen" erhobenen Vorwurf, daß Sie eine Politik des Durchmogelns betreiben, die nur dazu dient, Ihre wahren Absichten zu verschleiern, nicht auf sich sitzen lassen wollen, dann haben Sie Gelegenheit, in den Ausschußberatungen entsprechendes Material zu liefern und vor allen Dingen das zu tun, was wir fordern: die Dinge zu aktualisieren und zu einer nüchternen Analyse beizutragen.
({6})
Wir jedenfalls sind der Meinung, daß der jetzt vorliegende Rentenanpassungsbericht die Vorwürfe nicht entkräften kann,
({7})
daß er auch die kritischen Stimmen nicht zur Ruhe bringen kann und daß die Sorgen im Gegenteil dadurch untermauert worden sind. Mit diesem Bericht - das stellen wir hier noch einmal fest - wird der gesetzliche Auftrag nicht erfüllt. Noch können Sie bei den Ausschußberatungen dafür sorgen, daß eine nüchterne, der Realität angepaßte
Analyse erfolgt. Wir, die wir uns in den weiteren Beratungen damit befassen müssen und auf der Grundlage des Zahlenmaterials, das - so hoffen wir - noch vorgelegt wird, Entscheidungen treffen müssen, die Versicherten, die Rentner und die Wirtschaft haben ein Recht darauf. Gefordert ist hier die Bundesregierung; sie ist verantwortlich für die Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik, und sie muß hier die Grundlagen für diese Entscheidungen, die zu treffen sind, liefern.
({8})
Die Grundlage der Rentenversicherung ist das unbedingte Vertrauen: Vertrauen auf die Leistungskraft unserer Wirtschaft, Vertrauen auf die Solidarität der Generationen, Vertrauen aber auch auf die Entschlossenheit der Verantwortlichen - und dies ist zunächst die Bundesregierung -, das System der sozialen Sicherung unverfälscht zu erhalten. Mit Deklamationen und Berufungen darauf, daß wir das soziale Netz sichern wollen usw., allein können Sie die Befürchtungen, die in dieser Richtung aufgetreten sind, nicht aus der Welt schaffen. Die Dinge müssen durch konkrete Maßnahmen, durch konkrete Vorschläge in Ordnung gebracht werden. Dazu wäre es vor allem notwendig, daß Sie Ihre gesamte politische Zielsetzung darauf ausrichten, daß so rasch wie möglich wieder die Grundlagen des Systems unserer Rentenversicherung - Vollbeschäftigung und stabiles Geld - wiederhergestellt werden. Hier ist angesprochen worden - Herr Kollege Ehrenberg, Sie haben das angeführt -, daß die Bundesregierung Maßnahmen eingeleitet hat, um die Konjunktur wieder zu beleben. Wir fürchten - wir würden es gerne sehen, wenn diese Befürchtung unberechtigt wäre -, daß diese Maßnahmen nicht greifen werden, zumindest nicht in dem notwendigen Umfang. Selbst der Bundeswirtschaftsminister hat sich erst vor wenigen Tagen so geäußert, er müsse leider damit rechnen, daß die Arbeitslosenzahlen sich bis in das Jahr 1979 hinein in einer Höhe von bis 600 000 bewegen.
Meine Damen und Herren, meine Redezeit ist abgelaufen. Lassen Sie mich abschließend noch ein Problem aufgreifen, das mich in besonderem Maße bewegt. Eine der wenigen Maßnahmen, die die Bundesregierung konkret angesprochen hat, ist die, daß ausgerechnet die Heilmaßnahmen reduziert werden sollen. Im Anpassungsbericht wird von der Bundesregierung vorgeschlagen, die Heilmaßnahmen der Rentenversicherungsträger um 20 °/o zu reduzieren. Ich hoffe, daß wir uns mit dieser Frage in den Ausschußberatungen noch sehr eingehend beschäftigen werden. Ich halte diese Heilmaßnahmen gerade von der Rentenversicherung her für sehr sinnvoll. Der Sinn der Rehabilitationsmaßnahmen ist doch, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederherzustellen. Eben dies muß doch gerade im Interesse den Rentenversicherung liegen. Meines Erachtens sind hier noch genaue Kosten-Nutzen-Untersuchungen notwendig. Wir werden in den Ausschußberatungen darauf drängen, daß sie durchgeführt werden.
({9})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Glombig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt die Vorlage des Neunzehnten Rentenanpassungsgesetzes.
({0})
- Sie merken auch alles, Herr Kollege Maucher. Ich merke schon den ganzen Vormittag, daß Sie alles merken.
Zurück zur Sache. Wir begrüßen die Vorlage des Gesetzentwurfes mit dem Ziel der Erhöhung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und des Altersgeldes für Landwirte um 11 °/o zum 1. Juli 1976 bzw. zum 1. Januar 1977 und der Anhebung der Unfallrenten um 7,5 °/o zum 1. Januar 1977. Wir werden dieser Regierungsvorlage unsere uneingeschränkte Zustimmung geben.
Der Anpassungssatz für die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird in diesem Jahr - das sollte man trotz aller Unkenrufe und trotz aller Schwarzmalereien hier mit aller Deutlichkeit sagen - ebenso wie im vergangenen Jahr deutlich über dem Einkommenszuwachs der Arbeitnehmer liegen. Die Rentenerhöhung zum 1. Juli 1976 bedeutet eine Kaufkraftsteigerung von fast 6 %. Wir können mit vollem Recht sagen, daß es den Rentnern in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie so gutgegangen ist wie heute. Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns dessen auch zu diesem Zeitpunkt und angesichts der hierüber geführten Diskussionen nicht schämen, sondern dies mit allem Nachdruck - auch am heutigen Vormittag an dieser Stelle - hervorheben.
({1})
Wir können mit vollem Recht nicht nur sagen, daß es den Rentnern besser geht denn je, sondern wir können auch sagen, daß dies sowohl für die absolute Höhe ihres Realeinkommens als auch für das Verhältnis der Renten zu den Nettoeinkommen der Aktiven gilt. Angesichts dieser Tatsache ist es verständlich, wenn manche Arbeitnehmer die Rentensteigerungen im Vergleich zu ihren eigenen Lohnerhöhungen als zu hoch empfinden. Dafür habe ich durchaus Verständnis. Trotzdem gibt es aber nicht den geringsten Grund - ich glaube, das müssen wir heute morgen klarmachen -, den Rentnern ihre Einkommenssteigerung zu neiden oder diese vielleicht wieder abzubauen.
({2})
- Ich sage, es gibt nicht den geringsten Grund.
({3})
Wenn jetzt die Renten den Löhnen scheinbar vorauseilen, dann ist das lediglich ein Hinterherhinken, d. h. der Ausdruck der zeitlichen Verzögerung in der Anpassung der Renten an die wirtschaftliche Entwicklung. Man darf nicht vergessen, daß die Rentenerhöhungen noch vor wenigen Jahren mehrGlombig
fach beträchtlich hinter den Lohnerhöhungen zurückgeblieben sind.
({4})
Deshalb findet auch jetzt wieder der gerechte und der von uns gewollte Ausgleich statt. Diese Rentenanpassung gleicht jetzt lediglich die hohen Lohnsteigerungen von 1972, 1973 und 1974 aus.
Man sollte sich vor Augen halten, daß aller Voraussicht nach bereits im nächsten oder spätestens im übernächsten Jahr wieder die Löhne den Renten vorauseilen werden, wie wir das schon gehabt haben. Deshalb ist es für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion selbstverständlich, daß auch in finanz- und konjunkturpolitisch schwierigen Zeiten keine unbegründeten Abstriche an der Rentendynamisierung vorgenommen werden.
({5}) Das sage ich ohne Einschränkung.
Wir wissen, es gibt genug lautstarke Stimmen, die angesichts der rezessionsbedingten Finanzierungsprobleme eine Schmälerung der Renten und ganz generell weitgehende Einschränkungen der Sozialleistungen verlangen. Herr Kollege Ziegler hat eben gesagt: Von uns kommt das alles nicht; das machen immer die anderen. Nein, das ist natürlich auch ein Ausdruck der - ich möchte fast sagen
- Feigheit - wenn das unparlamentarisch ist, nehme ich das sofort zurück - der Opposition, sich in dieser Frage zu bekennen: auf der einen Seite alles zu verteufeln und zu verunsichern und auf der anderen Seite nicht den Mut aufzubringen, einmal zu sagen, wie man das ändert. Aber ich komme darauf noch zu sprechen.
({6})
- Davon verstehen Sie nicht allzuviel; aber Sie können sich ja noch zu Wort melden. - Es wäre töricht, Herr Reddemann, dem zu folgen, ganz gleich, woher das kommt, auch wenn das aus den Versicherungsträgern kommt. Weder macht die Finanzlage der Rentenversicherung so etwas notwendig - ich glaube, das ist heute schon klargeworden - noch wäre das konjunkturpolitisch richtig noch sozialpolitisch vertretbar.
Noch in jedem Konjunkturzyklus ist eine hektische Diskussion über den angeblich zu erwartenden Zusammenbruch der Sozialversicherungsfinanzen entbrannt. Das ist ja nicht neu. Im Konjunkturaufschwung ist eine solche Diskussion dann fast ebenso schnell wieder vergessen worden. Diejenigen, die sich von der Verunsicherung der Rentner einen politischen Vorteil versprechen, und diejenigen, denen der Ausbau des Sozialstaates schon immer ein Dorn im Auge gewesen ist - die gibt es ja auch -, sind auch dieses Mal wieder die Wortführer bei der Diskussion darüber, was man hier abbauen kann. In der Öffentlichkeit finden solche modischen Kampagnen naturgemäß immer großen Widerhall. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion jedenfalls beabsichtigt nicht, sich an dieser Aufregung, die hier künstlich veranstaltet wird, zu beteiligen.
Es ist kein Wunder, daß die weltwirtschaftlich bedingte Rezession - darauf ist schon hingeweisen worden - die Finanzlage der Rentenversicherung schwieriger gestaltet hat. Aber es gibt überhaupt keinen Grund für übereilte Maßnahmen. Die Rücklagen der Rentenversicherung reichen aus, um längere Rezessionsperioden zu überbrücken.
({7})
- Ja, das haben Sie noch gar nicht gemerkt, Herr Maucher. - Außerdem: Selbst in einem wirtschaftlich so schwierigen Jahr wie 1975 brauchten die Rücklagen so gut wie nicht angegriffen zu werden. Das diese Rücklagen vorhanden sind, haben wir ganz gewiß nicht der Opposition zu verdanken, sondern ganz sicher der verantwortungsbewußten und verantwortungsvollen Sozialpolitik der sozialliberalen Koalition.
({8})
Wir haben nämlich, und das ist noch gar nicht so lange her, immer wieder die unangenehme Aufgabe zu erfüllen gehabt, meine Damen und Herren von der Opposition, die propagandistisch aufbereiteten Ausgabenforderungen der Opposition zurückzuweisen. Mindestens sage und schreibe 87 Milliarden DM stehen auf dem Wunschzettel der Opposition, wenn man die finanziellen Mehrbelastungen zusammenzählt, die sich aus den Anträgen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der CDU/CSU-Mehrheit des Bundesrates auf Leistungsverbesserungen in der Rentenversicherung bis 1989 ergeben würden. Daß die Rentenversicherung bereits heute bankrott wäre, wenn wir diesen Wünschen nachgekommen wären, dürfte wohl klar sein.
({9})
Ich könnte Ihnen das im einzelnen beweisen; meine Redezeit ist aber sehr beschränkt. Ich will hier nur an die Ausgestaltung der flexiblen Altersgrenze nach den Vorstellungen der CDU erinnern, die allein schon bis 1988 zusätzlich rund 30 Milliarden DM gekostet haben würde. Ich erinnere an das Rentenniveausicherungsgesetz; Kostenpunkt bis 1989 mindestens 2,8 Milliarden DM. Leistungsverbesserungen für Kriegsopfer und Kriegsgefangene in der Rentenversicherung nach dem CDU/CSU-Entwurf auf Drucksache 7/637; Kostenpunkt bis 1988 mit Sicherheit wesentlich mehr als 6 Milliarden DM. Dann die Änderung der Bestimmungen über Kinderzulage, Kinderzuschuß und Waisenrente in der Unfall- und Rentenversicherung; Kostenpunkt bis 1989 rund 1,5 Milliarden DM. Ich könnte diese Reihe fortsetzen,
({10})
nicht zuletzt auch mit den Dingen, die Sie selbst hier mit vorgetragen haben.
Die Renten sind gesichert, und sie werden gesichert bleiben, wenn es uns gelingt - diese Einschränkung mache ich natürlich, und die muß ich auch machen -, für die Zukunft wieder Vollbeschäf15678
tigung und ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum herbeizuführen,
({11})
woran ich nicht zweifle und wovon ich ausgehe, wovon wir gemeinsam ausgehen können. Sollte jedoch auch die weitere wirtschaftliche Entwicklung wider Erwarten ungünstig verlaufen und sollten dann Maßnahmen zur Sicherung der Renten notwendig werden, dann werden wir diese Maßnahmen selbstverständlich ergreifen. Ich finde, das sollte eine Selbstverständlichkeit nicht nur für uns, sondern für jede Bundesregierung und jede Regierungsfraktion sein. Darüber sollten wir nicht besonders reden. Ich kann die Ausführungen des Kollegen Schmidt ({12}) nur in diesem Zusammenhang verstehen, und ich bin auch überzeugt, daß sie nur in diesem Zusammenhang zu verstehen waren.
({13})
- Gut, das wird er ja vielleicht noch machen. Jedenfalls, solche Entscheidungen sollten in Ruhe und ohne Hysterie nur dann getroffen werden, lieber Kollege Maucher,
({14})
- ohne Hysterie habe ich gesagt -, wenn sie von der Sache her erforderlich sind, nicht aber dann, wenn der Opposition angesichts des nahenden Wahltermins an einer Verunsicherung der Rentner und Beitragszahler gelegen ist.
({15})
- Mein Vorredner mußte es leider auch aus Zeitgründen ablehnen, Zwischenfragen entgegenzunehmen. Es tut mir sehr, sehr leid, weil sie von Ihnen kommen und ich Ihre Zwischenfragen besonders gern habe.
({16})
Herr Abgeordneter Glombig, ich bin gern bereit, den Zeitzähler abzustellen.
Nein, lassen Sie einmal. Ich glaube, es wird diese Debatte nicht bereichern.
({0})
Herr Abgeordneter Maucher, Sie müssen schon warten, ob der Herr Redner Ihre Zwischenfrage annimmt.
Ich fühlte mich eben bedroht, aber es war wohl so nicht gemeint.
Meine Damen und Herren, für völlig überflüssig halten wir das allgemein in Mode gekommene Meditieren über Leistungseinschränkungen, sei es über das Hinausschieben der Anpassungstermine, sei es über eine sogenannte Aktualisierung des Anpassungszeitraums, sei es über die Orientierung der Rentensteigerung an der Entwicklung der Nettolöhne. Es besteht kein Anlaß zu solchen Plänen.
({0})
Es gibt auch solche Pläne nicht. Es gibt solche Pläne weder in der Bundesregierung noch in der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion. Es gibt auch zwischen den Koalitionsfraktionen keine Verabredungen oder Gespräche darüber. Wo Modelle dieser Art öffentlich erörtert werden, handelt es sich nach meiner Auffassung sehr oft um nicht mehr und nicht weniger als um Öffentlichkeitsarbeit.
({1})
Die Sozialdemokratische Bundestagsfraktion jedenfalls hält es auch nicht für hilfreich - um auch das in dem Zusammenhang zu sagen -, wenn sich die Verwaltungen der Rentenversicherungsträger bzw. die Verwaltung ihres Verbandes an dieser Verunsicherung beteiligen und wenn Herr Katzer so tut, als sei das eine Stimme, der in dieser Auseinandersetzung mehr Glauben zu schenken sei als der Stimme der Bundesregierung.
({2})
- Die Bundesregierung hat argumentiert.
({3})
Wir argumentieren hier - im Gegensatz zu Ihnen - schon den ganzen Vormittag. Ich sage Ihnen nur, das es nicht hilfreich ist, wenn sich die von mir hier soeben angesprochenen Stellen öffentlich mit Zukunftsspekulationen und unausgegorenen Änderungsvorschlägen hervortun, hinsichtlich derer ich erst einmal die Frage stellen muß: Sind sie denn wirklich von der Selbstverwaltung abgesegnet worden? Ich kann das aus meiner Kenntnis nicht bestätigen.
({4})
Ich glaube, wir sollten uns auch darauf einigen, meine Damen und Herren: Die Verwaltung hat nicht die Aufgabe, Politik zu machen, sondern gewissenhaft zu verwalten, d. h., dafür zu sorgen, daß die Leistungen korrekt festgestellt und pünktlich ausgezahlt werden.
({5})
Herr Abgeordneter Glombig, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Blüm?
Der Sachverstand der Verwaltung findet Eingang in die Anhörungen der Bundesregierung bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen und nicht zuletzt auch bei der Erstellung des Rentenanpassungsberichtes.
Herr Abgeordneter Glombig, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Blüm, oder lehnen Sie Zwischenfragen grundsätzlich ab?
Ich meine, daß es jetzt unkorrekt wäre, wenn ich, nachdem ich die Frage meines lieben Freundes Maucher nicht zugelassen habe, jetzt den Kollegen Blüm, den ich auch sehr gern mag, vorziehe.
({0})
Das würde er mir immer vorwerfen.
({1})
- Den Eindruck habe ich schon den ganzen Morgen. Das, was Sie da machen, ist wirklich unmöglich. -Im übrigen, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung mit dem Rentenanpassungsbericht 1976 alles getan, was möglich ist, um die zukünftige finanzielle Entwicklung der Rentenversicherung abschätzen zu können. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt diesen Bericht ausdrücklich,
({2})
und zwar nicht nur die Vorlage, sondern auch das, was drinsteht.
({3})
Niemand kann die Entwicklung der nächsten 15 Jahre prognostizieren, nicht einmal der frühere Bundesarbeitsminister Katzer. Er hat auch gar nicht den Versuch gemacht, sondern gesagt, das müsse die Bundesregierung, die den Bericht vorgelegt hat, jetzt machen. Möglich sind nur Modellrechnungen, die vor allem der Bundesrat und die Opposition verlangt haben, und zwar Modellrechnungen, die die ganze Bandbreite der denkbaren Entwicklung berücksichtigen. Das ist hier geschehen.
({4})
Die Bundesregierung hat solche Rechnungen vorgelegt. Ob diese Annahmen eintreffen werden, meine Damen und Herren, kann heute noch niemand wissen. Herr Katzer hat das bestätigt, und Herr Maucher weiß das natürlich überhaupt nicht. Auch die Opposition in ihrer Gesamtheit weiß es nicht.
({5})
- Es ist ein hübsches Spielchen, was sich da alle paar Minuten wiederholt.
Meine Damen und Herren, wer im Brustton der Überzeugung schlicht und einfach behauptet, diese Berechnungen seien unrealistisch, versucht, den Bürgern vorzutäuschen - diese Täuschung haben Sie heute versucht -, als sei er in der Lage, die zukünftige Entwicklung zu prophezeien. Niemand kann das.
({6})
Wer den Eindruck zu erwecken sucht, Herr Katzer, er könnte es, ist unseriös. Ich hoffe, das war nicht unparlamentarisch, sondern der Versuch, diesen Vorgang angemessen zu umschreiben.
({7})
- Ihnen auf jeden Fall. - Die gegenüber früheren Rentenanpassungsberichten neue Darstellungsweise mit 15 Alternativrechnungen trägt dieser Tatsache Rechnung und versucht von vornherein nicht den Eindruck einer Prognose zu erwecken.
({8})
- Herr Präsident, muß das eigentlich sein, daß ich hier fortwährend aus der ersten Reihe gestört werde?
({9})
Ich glaube nicht, daß das wirklich zum reibungslosen Ablauf dieser Debatte beiträgt.
Herr Abgeordneter, bei dem freundschaftlichen Verhältnis zum Kollegen Maucher, das Sie eben bekundet haben, meinte ich, das sei nicht so ernst zu nehmen. Aber wenn Sie es anders betrachten und das wünschen, dann bitte ich den Abgeordneten Maucher um mehr Zurückhaltung, nachdem der Redner offenbar Zwischenfragen ablehnt.
Mit Respekt, ich könnte fast glauben, daß das so ist.
Die SPD-Bundestagsfraktion hält diese neue Methode, von der ich eben gesprochen habe, für eine wesentliche Verbesserung. Die Bundesregierung hat in diesem Bericht nichts verschleiert und bestehende Finanzierungsrisiken in der Rentenversicherung offen ausgewiesen.
Obwohl die neue Darstellungsweise nicht zuletzt - wie gesagt - auf Anregungen der Opposition zurückgeht und obwohl früher zur Zeit der Unionsregierungen in den sogenannten versicherungstechnischen Bilanzen nach einem ganz ähnlichen Schema gerechnet worden ist, Herr Kollege Katzer, scheinen die maßgeblichen Sprecher der CDU und CSU bislang den Grundgedanken des neuen Anpassungsberichts noch nicht begriffen zu haben. Sonst würden Sie die Modellrechnungen als einen Beitrag
zur Verbesserung der Transparenz würdigen, statt von Verschleierung der Fakten daherzureden.
({0})
Völlig absurd, Herr Kollege Blüm, ist der Vorwurf, die Bundesregierung sei bei der Formulierung des Berichtes - und das ist hier von dem Kollegen Ziegler noch einmal wiederholt worden - ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Das Gesetz schreibt vor, die Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung, das Rentenniveau und das Vermögen der Rentenversicherung unter Verwendung der jüngsten verfügbaren statistischen Ermittlungen für 15 Jahre vorauszuschätzen und, wenn in bestimmten Berechnungen genau definierte Ergebnisse zustande kommen, Angaben über eventuell erforderliche Beitragserhöhungen zu machen. Dies ist alles geschehen. Wenn Sie den Anpassungsbericht aufmerksam durchgelesen haben, werden Sie das bestätigen müssen. Der Sozialbeirat hat das bestätigt.
({1})
- Das ist Ihre Behauptung, der ich ganz energisch widerspreche. Ich muß Ihnen doch das Durchlesen dieses Rentenanpassungsberichts empfehlen.
Nach Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion gibt die Finanzlage der Rentenversicherung keinen Anlaß dazu, eine Beitragserhöhung oder Leistungskürzungen in nächster Zukunft ins Auge zu fassen. Verständlicherweise hat die Opposition ein Interesse daran, einen gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Aber glaubwürdig ist das nicht. Die sogenannten Warnungen der CDU/CSU sind weniger durch die Sorge um die Finanzen der Rentenversicherung als durch die Sorge um den Ausgang der Bundestagswahl motiviert.
({2})
Die Opposition ist mit ihren düsteren Diagnosen solange unglaubwürdig, als sie sich weigert - und diese Weigerung habe ich richtig verstanden -, daraus die einzig mögliche Konsequenz zu ziehen, Gesetzesanträge zur Beitragserhöhung oder Leistungskürzung zu stellen oder die von der Bundesregierung vorgeschlagene Rentenanpassung abzulehnen.
({3})
Wenn die Opposition, Herr Kollege Katzer, wirklich der Meinung ist, daß die Lage so ernst sei, wie sie behauptet, muß sie den Bürgern klarmachen, was sie in dieser Lage tun würde, wenn sie an der Regierung wäre. Ich kann Ihnen nur dazu sagen: Sie kann es nicht, weil nämlich die Lage, die sie beschreibt, nicht besteht.
Ich glaube, wir stimmen letzten Endes doch überein, sowohl Koalition als auch Opposition, daß niemand draußen Befürchtungen haben muß, daß mit seiner Rente etwas geschieht. Diese Renten sind sicher, meine Damen und Herren, und diese Renten bleiben sicher. Wir lassen uns das auch von der Opposition nicht ausreden; denn wir haben bewiesen, daß es einen Beweis für ihre Behauptungen nicht gibt.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Als Herr Kollege Katzer hier gleich eingangs erklärte, daß die CDU an der dynamischen bruttolohnbezogenen Rente festhalte und die Anpassung 1976 begrüße, war die Welt für die CDU und für das ganze Haus noch in Ordnung.
Aber dann fing er an, seine Sorgen vorzutragen. Dafür, Herr Kollege Katzer, haben wir volles Verständnis. Gewiß, die Berechnungen des Rentenanpassungsberichts weisen eine neue Form auf. Aber Sie können schon mit zwei Stellen dieses Berichts hervorragend arbeiten; die eine ist die Seite 49 und die andere sind hinten die Seiten 118 und 119.
Wenn Sie die Seite 49 ansehen, stellen Sie fest, daß die durchschnittlichen Entgelte außer im Jahre 1967 immer höher gestiegen sind, als nach den Vorausberechnungen früherer Bundesregierungen angenommen wurde. Wenn Sie die Modellrechnungen mit der unterschiedlichen Zunahme der Durchschnittsentgelte sehen, die die Bundesregierung auf den letzten zwei Seiten angestellt hat, und wenn Sie feststellen, daß immerhin in vier Berechnungsvarianten 1978 die Drei-Monats-Rücklage tatsächlich unterschritten werden kann, dann sind wir uns doch als alte Fuhrleute auf diesem Gebiet im klaren darüber, daß die Bundesregierung hier gar nichts verschleiert, sondern daß die Bundesregierung hier deutlich macht, wie die Entwicklung sein könnte, wenn die Entgelte nur um 6 °/o steigen und man die Arbeitslosenquote berücksichtigt. Ich möchte also feststellen, daß die Bundesregierung die Zahlen so auf den Tisch gelegt hat, wie sie ein fürsorglicher Hausvater als Variationsmöglichkeiten - wenn es gut oder wenn es weniger gut geht - auf den Tisch zu legen hat.
Bei den Varianten 5 und 6 wird man im Jahre 1980 nachdenken müssen, ob man die Beiträge erhöhen oder am Rentenrecht etwas ändern muß.
Hierzu hat mein Kollege Schmidt einige Ausführungen gemacht, aber nicht in der Form, wie Sie das gemacht haben, Kollege Katzer, nämlich nicht in der Form der Übertreibungen und des Aufputschens und des Verunsicherns; er hat lediglich deutlich gemacht, daß wir uns für den Fall, daß eine der Varianten 1 bis 4 eintritt, Gedanken machen müssen, was man tun könnte, damit das nicht plötzlich in der politischen Landschaft und Auseinandersetzung steht.
({0})
- Zweifelsohne. Aber es ist doch auch, Herr Kollege Katzer - machen wir uns nichts vor! - Aufgabe der Parteien, zu denken und sich ein Bild zu machen und den Boden für das vorzubereiten, was eventuell sinnvoll und richtig wäre.
Herr Kollege Katzer, haben Sie ganz vergessen
- ich kann das gar nicht glauben, aber Sie unterschlagen das und vergessen das; es ist ja auch so schön, das zu vergessen -, daß Ihre Regierung, die Regierung der CDU/CSU, im Jahre 1976 im Besitz der absoluten Mehrheit, was auch manchmal gern verschwiegen wird,
({1})
- 1956, Entschuldigung - erklärte, daß wir mit diesem Rentenrecht maximal auf einen Beitragssatz von 16,4 % kommen würden? Sie waren dann der Arbeitsminister, der in der peinlichen Situation war, diesem Hause Beitragserhöhungen bis auf 18 % vorschlagen zu müssen.
({2})
Sie waren der Arbeitsminister, Herr Kollege Katzer
- auch das wollen wir nicht vergessen -, der in großer Verantwortung diesem Hause vorgeschlagen hat, die Renten in der Knappschaft um 20 % „abzuschmelzen", wie man das damals vornehm genannt hat; man hätte auch „kürzen" sagen können. Wir waren in der Opposition, Herr Kollege Katzer, und wir haben im Bewußtsein der Verantwortung aller Parteien dieses Hauses für die soziale Sicherheit diesen Beitragserhöhungen damals zugestimmt, und wir haben damals diese „Abschmelzungen" in der knappschaftlichen Rentenversicherung nicht nur geduldet, sondern sie auch gebilligt und haben nicht die Chance ergriffen, im Ruhrgebiet Unruhe zu schaffen, indem wir dort durch die Städte gezogen wären und gesagt hätten: Diese Regierung unter Herrn Arbeitsminister Katzer kürzt die Renten um 20 %!
Herr Kollege Katzer, wenn jetzt die Rentenversicherung infolge der weltweiten und auch der inneren, deutschen Rezession in eine Schwierigkeit geraten ist, dann sollten gerade Sie als damals amtierender Arbeitsminister sich bewußt sein, wie verantwortlich die damalige Opposition gegenüber der Regierung gehandelt hat, und sollten hier nicht zu solchen Übertreibungen neigen und nicht Schreckgespenster an die Wand malen in einer Form - ({3})
- Aber, Herr Kollege Katzer, Sie haben das so zitiert und mit einem solchen Gewicht versehen, daß man merkte, daß Sie schon daran gedacht haben, hinterher die Plakate zu kleben, mit denen Sie das an die Wand malen können, um die Rentner und Beitragszahler zu verunsichern.
({4}) Dagegen müssen wir uns einfach wehren.
Ich möchte hier an die Solidarität der Demokraten erinnern, von der wir gelegentlich immer noch sprechen. Ich spreche heute bewußt von dieser Solidarität der Demokraten, die wir gerade auf diesem Gebiet der sozialen Sicherung haben.
({5})
Über eines, Herr Kollege Katzer, sind wir uns sicher einig: Das soziale Netz in der Bundesrepublik ist von Jahr zu Jahr sicherer geknüpft worden. Dieses sichere Netz der sozialen Sicherheit hat dazu geführt, daß wir in der Bundesrepublik keine Radikalen in großem Stile haben;
({6})
es hat dazu geführt, daß radikale und extreme Parteien noch nicht einmal die Zweiprozentgrenze überschreiten können.
({7})
- Nein, Herr Kollege Kiechle; ich bin mit der Zeit furchtbar beschränkt, weil wir Vereinbarungen haben.
Daß dieses Netz der sozialen Sicherheit so dicht geworden ist, daß sich Radikalität bei uns nicht breitmachen kann, ist ein Verdienst derer, die in der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik überall die Jahre zusammengestanden sind, der eine einmal mit etwas größeren Sorgenfalten als der andere.
Was uns die Regierung, was uns der Arbeitsminister heute hier gesagt hat, können wir durchaus unterstreichen. Herr Kollege Katzer und meine Damen und Herren von der CDU/CSU, was steht denn zur Debatte? - Es geht doch um die erste Lesung von Gesetzen, die wahrscheinlich einstimmig verabschiedet werden, wenn sie zur dritten Lesung anstehen,
({8})
und die zum Inhalt haben, daß am 1. Juli 1976 die Renten um 11 °/o erhöht werden. Dasselbe gilt für die Kriegsopferversorgung. Am 1. Januar 1977 werden die Altersgelder in der Altershilfe der Landwirte um 11°/o erhöht, und die Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden um 7,5 °/o erhöht. Das sind wahrhaftig Gesetzentwürfe, von denen man sagen kann, daß sie die soziale Sicherheit garantieren und die soziale Sicherheit fester machen.
({9})
Es besteht doch kein Anlaß, so zu tun, als herrschte in bezug auf die Sozialversicherung Weltuntergangsstimmung.
({10})
- Ins Auge sehen müssen wir, Herr Kollege Katzer, den Variationen auf den letzten zwei Seiten. Die sprechen eine deutliche Sprache.
({11})
Aber wir werden im nächsten Jahr sehen, wie sich
die Entwicklung vollzogen hat. Ich erinnere an die
Rentenanpassungsberichte, die unter Ihrer Federführung, Herr Kollege Katzer, vorgelegt werden mußten. Auch da gab es von Jahr zu Jahr Veränderungen.
({12})
Meistens - mit zwei Ausnahmen - gingen die Änderungen ins Positive. Wir haben gar keine Veranlassung, am Beginn des Jahres 1976 zu meinen, daß die Veränderungen ins Negative gehen müssen. Es spricht alles dafür, daß der Rentenanpassungsbericht 1977 nicht negativere, sondern positivere Tendenzen aufweist als der Bericht 1976.
({13})
Das Wort hat der Abgeordnete Geisenhofer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da wir eine verbundene Debatte haben, nehme ich namens der CDU/CSU-Fraktion zu den Tagesordnungspunkten 26 und 27 Stellung.
Ich darf, Herr Präsident, mit dem. Tagesordnungspunkt 27 - Kriegsopferversorgung - beginnen. Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf der CDU/ CSU-Fraktion zur Änderung des § 48 des Bundesversorgungsgesetzes verfolgt das Ziel, die Härten für die Witwen und Waisen, die durch das Haushaltsstrukturgesetz in diesem Bereich entstanden sind, wieder zu beseitigen. Herr Bundesminister Arendt, nach 25 Jahren des Bestehens des Bundesversorgungsgesetzes hat die SPD/FDP-Koalition durch das Haushaltsstrukturgesetz einen traurigen Akt einer unvertretbaren Rechtsverschlechterung geschaffen.
Die CDU/CSU-Fraktion hat bei den Ausschußberatungen beim Haushaltsstrukturgesetz einige Kürzungsvorschläge nach vorheriger Verbesserung mitgetragen. Es ist für die betroffenen Kriegsopfer zweifellos eine große Härte, wenn jährlich etwa 50 Millionen DM für Vorsorgekuren entfallen; dies in einer Zeit, Herr Bundesminister, da man die Rehabilitation so groß schreibt.
Was die Erholungsfürsorge betrifft, sind die Kriegsopfer leider die erste Gruppe in unserer Gesellschaft, die nun eine Kostenbeteiligung hinnehmen muß, obwohl Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die Selbstbeteiligung bisher immer und überall abgelehnt haben.
Ich habe gesagt, wir haben da und dort Einschränkungen mitgetragen. Ich betone aber mit Nachdruck, daß wir es entschieden abgelehnt haben, in den wichtigen Bereichen der Wohnungsfürsorge und vor allem bei den Witwen- und Waisenbeihilfen eine Verschlechterung des geltenden Rechts eintreten zu lassen.
({0})
Die SPD/FDP-Koalition hat alle unsere diesbezüglichen Anträge und Einwände sowohl im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung als auch im Plenum des Deutschen Bundestages niedergestimmt. Das halten wir heute einmal fest.
Auf Antrag der Länder Baden-Württemberg und Bayern kam es durch den Bundesrat zur Anrufung des Vermittlungsausschusses. Die CDU/CSU-Fraktion war der Meinung, daß den bedrängten Witwen und Waisen durch den Bundesrat doch noch zu ihrem Recht verholfen werden könnte. Durch die Taktik der Bundesregierung wurde dieses Bemühen zunichte gemacht, was einen einmaligen Vorgang darstellt. Wie das geschah, beschreibt die Monatszeitschrift des VdK Deutschland, Landesverband Bayern, „Wille und Weg" wie folgt - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -:
Die Regierungskoalition im Bundestag hat den Bundesrat ausgetrickst. Plötzlich war der Bundesrat zu gewissen Passagen des Strukturgesetzes nicht mehr zustimmungspflichtig. In keinem anderen Land Europas hätte man trotz Inflation mit Sparmaßnahmen bei den Kriegs-und Wehrdienstopfern begonnen.
({1})
Der VdK wird alles versuchen, um die Rechtsverschlechterung wieder rückgängig zu machen. Das Thema wird beim VdK nicht mehr vom Tisch kommen, auch nicht im Wahljahr dieses Jahres.
({2})
Meine Damen und Herren - vor allem von der SPD -, ob dieses Thema Wahlkampfthema werden wird, haben allein Sie in der Hand.
({3})
Ich bitte Sie herzlich und dringend - und ich appelliere an Ihr soziales Gewissen -,
({4})
dem Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion, der die Härten, die Sie geschaffen haben, wieder beseitigen will, im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens Ihre Zustimmung nicht zu versagen.
({5})
Meine Damen und Herren, gerade Sie von der SPD haben es gegen den stärksten Widerstand der CDU/CSU-Fraktion durchgesetzt, daß die in den Jahren 1960 bis 1964 im Deutschen Bundestag einstimmig - Sie haben mitgestimmt - beschlossenen strukturellen Verbesserungen der Versorgungsleistungen für die Witwen und Waisen ab 1. Januar 1976 wieder gestrichen worden sind.
({6})
Sie haben zweierlei Recht geschaffen, weil nunmehr die Hinterbliebenen der Beschädigten, die nach dem 31. Dezember 1975 verstorben sind, wesentlich schlechter gestellt werden als die Hinterbliebenen der vorher Verstorbenen. Das müssen Sie doch einmal zur Kenntnis nehmen.
Meine Damen und Herren, Sie haben mit dieser Änderung in ein geltendes Recht eingegriffen, auf das eine Vielzahl der Beschädigten und vor allem deren Ehefrauen seit mehr als zehn Jahren vertrauten. Die von Ihnen getroffene Fehlentscheidung,
meine Herren von der SPD, hat weitreichende soziale Konsequenzen,
({7})
und zwar für die Hinterbliebenen, die heute weder durch eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung noch auf andere Weise durch Sicherungsmaßnahmen ihre Altersversorgung regeln können. Sie haben das Vertrauen der Kriegs-und Wehrdienstopfer bitter enttäuscht.
({8})
Die Darstellung, die Sie, Herr Kollege Sund, bei der Sitzung des Deutschen Bundestages am 6. November 1975 gegeben haben, daß nur solche Witwen der Beihilfe verlustig gingen, deren anzurechnendes Einkommen 1 530 DM monatlich übersteige, ist irreführend, und zwar deswegen, weil neben dieser Ausschlußgrenze noch andere verschärfte Voraussetzungsbestimmungen wirksam werden. Insgesamt werden durch diese Grenze und die andere Ausschließungsbestimmung im Jahre 1976 5 000 bis 6 000 Hinterbliebene ganz hart getroffen.
Herr Abgeordneter Geisenhofer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Geiger?
Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu,
({0})
weil auch die Kollegen von der SPD unseren Kollegen jede Zwischenfrage verwehrt haben.
({1})
- Das machen wir dann im Ausschuß; dort sprechen wir die Sachen durch.
({2})
Meine Damen und Herren, in der Sitzung des Bundestages am 10. Dezember hat Herr Glombig die gleichen Bemerkungen wiederholt. Er hat wiederum auf die Einkommensgrenze hingewiesen und die von uns aufgestellte Rechnung bestritten, daß bis 1979 49 000 Witwen betroffen sein werden. Herr Burger, Herr Maucher und Herr Müller ({3}) haben dem in der Bundestagssitzung damals widersprochen und haben das richtiggestellt. Die durch unseren Gesetzentwurf entstehenden 18 Millionen DM Mehrleistungen sollen aus den Propagandatiteln des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung und anderer Bundesministerien finanziert werden, die Sie aufgestockt haben.
Meine Damen und Herren, so, wie Sie bei den Kriegsopfern gehandelt haben, müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, daß gerade Sie, die Sie angetreten sind, den sozial Schwächsten zu helfen, die sozial Schwächsten in diesem Bereich am meisten geschädigt haben.
({4})
Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt die andere Seite um Ruhe bitten.
In Ihrer Reformeuphorie haben Sie auch Beziehern hoher Einkommen Sozialleistungen zukommen lassen, deren diese nicht bedurft haben. Jetzt, wo gesetzlich garantierte Leistungen nicht mehr gehalten werden können, haben Sie bei der Rücknahme von Sozialleistungen eine höchst unglückliche und unsoziale Hand.
({0})
- Ich werde Ihnen das beweisen, was ich sage. Es ist doch erschütternd, meine Herren von der SPD - gar mancher Kollege von der SPD wird mir hier innerlich zustimmen -, daß Sie bei den Kriegsopfern und Hinterbliebenen mit Kürzungen beginnen, also bei einem Personenkreis, der an der Front für uns alle seine Gesundheit geopfert hat.
({1})
Es ist erschütternd, daß Sie bei den Kriegsopfern weiter kürzen, obwohl die Kriegsopfer 1973 wegen der verspäteten Anpassung ihrer Renten bereits ein Stabilitätsopfer von 800 Millionen DM gebracht haben.
({2})
Es ist noch trauriger, daß Sie zu einer Zeit, in der Sie die Propagandamittel um Millionen erhöhen, die Mittel für die Kriegsopfer um 18 Millionen bei den Witwen bzw. 120 Millionen DM insgesamt gekürzt haben.
({3})
Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen, und das haben Sie auf Ihrem Gewissen.
({4})
Meine Damen und Herren, zu Ihrer Rechtfertigung - das hört man jetzt wieder, und das ist auch in den Ausführungen der Vorredner von der SPD und der FDP erneut angeklungen - stellen Sie nicht nur im Bundestag, sondern auch in Versammlungen draußen im Lande eine Erfolgsrechnung über die Anpassungssätze seit 1969 auf,
({5})
die den Eindruck erweckt, als ginge es den Rentnern und Kriegsopfern so gut, daß sie mit ihrem Wohlstand überhaupt nicht mehr fertig werden. Durch das propagandistische Aneinanderreihen von
Anpassungssätzen, ohne gleichzeitig die Inflationsrate abzuziehen und gleichzeitig zu sagen,
({6})
daß auf Grund von Anrechnungsbestimmungen in vielen Bereichen das, was die eine Hand gibt, die andere Hand wieder nimmt,
({7})
wird ein Wohlstandsbild über die Kriegsopfer gezeichnet, das nicht zutrifft und deswegen die Kriegsopfer draußen höchst verbittert.
({8})
Meine Damen und Herren von der SPD/FDP, zu Ihrem Vorwurf, die Kriegsopfer seien zu der Zeit, als die Union die Regierung stellte, immer die Bittsteller der Nation gewesen, möchte ich Ihnen folgendes sagen.
({9})
Erstens: Die Versorgungsleistung für die erwerbsunfähigen Kriegsbeschädigten hat sich während Ihrer Regierungszeit immer mehr von der allgemeinen Bemessungsgrundlage wegbewegt. Die Schere öffnet sich immer mehr zum Nachteil der Kriegsopfer.
({10})
Meine Damen und Herren, der Herr Bundesarbeitsminister hat heute gesagt,
({11})
die Dynamisierung sei das Werk der Bundesregierung. Ich sage Ihnen: alle Parteien, Herr Bundesarbeitsminister, auch die CDU/CSU, haben dem Dynamisierungsparagraphen zugestimmt. Ich mache Ihnen aber den ganz großen Vorwurf: Sie haben die Dynamisierung zu spät in Kraft gesetzt.
({12})
Ohne den Gesetzentwurf der CDU/CSU, der ein Vorziehen der Anpassung der Kriegsopferrenten zum Inhalt hatte, und ohne die Protestdemonstrationen des VdK Deutschland wäre der Stufenplan zur vorgezogenen Anpassung der Kriegsopferrenten zum 1. Oktober 1974 und zum 1. Juli 1975 nicht Gesetz geworden.
({13})
Während Ihrer Regierungszeit ist der Anteil der Kriegsopferversorgung am Sozialprodukt auf 1 °/o zurückgegangen, während er zur Unionszeit noch 2 °/o betragen hatte.
({14})
Meine Damen und Herren, die Kriegsopfer leben nicht von den Propagandaprozentsätzen der Bundesregierung,
({15})
sondern sie leben von der Kaufkraft. Zur Regierungszeit der Union war mehr Geld mehr Kaufkraft, bei Ihnen hat mehr Geld weniger Kaufkraft.
({16})
Meine Damen und Herren, es gibt kein „Rentenwunder". Herr Bundesminister Arendt, Sie haben mit Recht gesagt, die Renten seien nicht zu hoch.
({17})
Wenn man den Rentenbericht ließt, muß man feststellen, daß nach 40jähriger Arbeitszeit und Beitragsleistung die Durchschnittsrente in der Arbeiterrentenversicherung monatlich 800 DM beträgt. Es gibt also kein Rentenwunder.
({18})
Wir sind uns da ja einig, Herr Bundesarbeitsminister, aber ich mache Ihnen den Vorwurf,
({19})
daß Sie landauf, landab die Hochrechnung der Prozentsätze als Ihren Erfolg propagieren und damit den Eindruck erwecken, es gäbe ein Rentenwunder.
({20})
Nicht die Leistungen der Kriegsopferversorgung und der Rentenversicherung sind zu hoch und haben die Defizite in allen Bereichen herbeigeführt, sondern die verfehlte Wirtschafts- und Währungspolitik hat dazu geführt. Sie hat 1,3 Millionen Arbeitslose geschaffen und damit fehlende Beitragszahler in der Rentenversicherung.
({21})
Meine Damen und Herren, ich muß jetzt dem Redner einmal nach der anderen Seite etwas mehr die Möglichkeit schaffen, ungestört sprechen zu können.
({0})
- Sie haben ja die Möglichkeit, Herr Kollege Ehrenberg, hier zu reden; Sie machen ja davon auch des öfteren mit Recht Gebrauch.
Bitte sehr.
Meine Damen und Herren, ich muß meine Redezeit einhalten. Haben Sie dafür bitte Verständnis.
({0})
Wir haben auch Verständnis dafür, daß Finanzminister das Geld zusammenhalten müssen. Das
war bei Franz Josef Strauß so, das ist jetzt bei Finanzminister Dr. Apel auch so.
({1})
Meine Damen und Herren von der SPD, was uns von Ihnen im Handeln unterscheidet, ist:
({2})
Sie können das Geld nicht halten. Während die SPD nach ihrem Regierungsantritt nach dem Motto gehandelt hat: „Jetzt geben wir einmal. kräftig Geld aus",
({3})
hat Strauß von Anfang an das Geld zusammengehalten.
({4})
Herr Abgeordneter Wehner, wenn in diesem Hause nur gesagt werden dürfte, was neu ist, wären die Debatten ganz erheblich kürzer.
({0})
Zú Zeiten der Unionsregierung sind in der Fraktion der CDU/CSU Abgeordnete aufgestanden und haben Gerechtigkeit für die Kriegsopfer gefordert. Es war der damalige Arbeitsminister Hans Katzer, der 1966 beim Dritten Neuordnungsgesetz, obwohl damals bei einem Bundeshaushalt in Höhe von 81 Milliarden DM 3 Milliarden DM gekürzt werden mußten, es durchgesetzt hat, daß eine Mehrleistung von 880 Millionen DM für die Kriegsopfer zustande kam.
({0})
Wenn damals bei einem Haushalt von 81 Milliarden DM 880 Millionen DM mehr gegeben werden konnten, Herr Wehner,
({1})
müßte es bei gutem Willen doch möglich sein, daß Sie jetzt bei einem Haushalt von 161 Milliarden DM wenigstens die Wahrung des Besitzstandes ermöglichen.
({2})
Meine Damen und Herren, die damalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Mitglied der CDU/CSU-Fraktion, vor allem der CSU, wurde zur Rebellin für die Kriegsopfer in der eigenen Partei. Ich frage Sie, Herr Wehner und Herr Glombig: Wo sind die Rebellen der SPD für soziale Gerechtigkeit in dieser Stunde?
({3})
Unser Gesetzentwurf gibt Ihnen die Chance zu beweisen, ob Sie nur eine sozialistische Partei oder auch noch eine soziale Partei sind.
({4})
- Herr Wehner, von Ihnen brauche ich einen solchen Ausweis wirklich nicht.
Meine Damen und Herren, ich komme zum zweiten Teil, da ich ja zwei Gesetzentwürfe begründen muß. Ich komme nunmehr zum Tagesordnungspunkt 26. In dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf des Bundesrates - Drucksache 7/4602 - wird angestrebt, für Autoren die am 31. Dezember 1975 abgelaufene Frist zur Beitragsnachentrichtung in der Rentenversicherung um ein Jahr bis zum 31. Dezember 1976 zu verlängern. Wegen der Kürze der Zeit verweise ich im wesentlichen auf die schriftliche Begründung dieses Gesetzentwurfes. Ich möchte jedoch hervorheben, daß diese Gesetzesinitiative des Landes Baden-Württemberg eine wirksame Maßnahme zur Verbesserung der Alterssicherung für Wortautoren darstellt. Wir sollten es begrüßen, meine ich, aber nicht nur begrüßen, sondern auch mit Nachdruck unterstützen, wenn Künstler, deren Altersversorgung nicht geregelt ist - um solche handelt es sich hier -, Eigenvorsorge für ihre Alterssicherung treffen, zumal Bund und Land keine Kosten entstehen. Spätere Rentenleistungen sind durch die Nachentrichtungsbeiträge in die Rentenversicherung weitestgehend gedeckt.
Die Stellungnahme der Bundesregierung zu diesem Gesetzentwurf ist deswegen unbefriedigend, Herr Wehner, weil sie auf eine Gesamtkonzeption verweist, die immer noch nicht vorliegt und noch lange auf sich warten läßt. Es ist richtig, daß die Regelung der Alterssicherung der Künstler im Rahmen der Gesamterörterung über die wirtschaftliche und soziale Lage der Künstler erfolgen sollte. Aber mit einer Vorlage von aufeinander abgestimmten Maßnahmen ist in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu rechnen, und selbst wenn sie käme, wäre keine Zeit mehr, den Gesetzentwurf zu verabschieden.
Wann endlich, so frage ich, wird die Bundesregierung die Gesamtkonzeption vorlegen. Vier Jahre - das möchte ich mit Nachdruck sagen - hat die Bundesregierung gebraucht, den Künstlerbericht zu erstellen, der, wie viele andere Initiativen im Künstlerbereich, auf einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zurückgeht. Mit der Veröffentlichung des Künstlerberichts - das ist eine ernste Frage, die ich hier anschneide - wird endgültig deutlich, daß die wirtschaftliche und soziale Frage der Künstler in vielen Bereichen wesentlich düsterer ist, als viele angenommen haben.
({5})
Die soziale Frage der Künstler drängt zu einer Lösung. Nehmen Sie das bitte ernst. Jetzt liegt der Künstlerbericht, nachdem vier Jahre zu seiner Er15686
stellung nötig waren, bereits ein Jahr dem Bundestag vor. Geschehen ist in dieser Zeit nichts, aber auch gar nichts. Im Gegenteil, die Bundesregierung versucht, den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg, eingereicht über den Bundesrat, zu verzögern. In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, daß die Bundesregierung einen weiteren Gesetzentwurf des Landes Baden-Württemberg mit steuerrechtlichen Konsequenzen für die Künstler mit denselben Argumenten abgelehnt hat. Wir fordern die Bundesregierung auf, möglichst bald eine Gesamtkonzeption vorzulegen und, falls dies noch lange auf sich warten läßt, für eine Teillösung etwa im Sinne des vorliegenden Gesetzentwurfs des Bundesrates zu sorgen.
Was die geforderte Gesamtkonzeption für die Rentenversicherung der Künstler betrifft, wiederhole ich meine persönlichen Vorschläge, die ich am 17. Januar in München beim CDU/CSU-Künstlerhearing und wiederholt im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft gemacht habe.
1. Alle Künstler und Publizisten werden in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert, wobei Ausnahmemöglichkeiten geschaffen werden müssen.
2. Es muß eine Clearingstelle geschaffen werden, die die Arbeitgeberfunktion für die Künstler und erforderlichenfalls auch den fehlenden Arbeitgeberanteil zu übernehmen hat. Zur Finanzierung der Arbeitgeberanteile ist an eine Künstlersozialabgabe und an eine Starthilfe des Staates zu denken.
3. Es muß von der Beitragsseite her eine systemgerechte Regelung getroffen werden, die verhindert, daß trotz voll erfüllten Arbeitslebens Kleinrenten entstehen, die niedriger sind als die Sätze der Sozialhilfe.
({6})
- Ich habe auch bei Ihren Reden bemerkt, daß das Rotlicht einige Minuten übersehen worden ist.
({7})
Ein paar Sätze noch. Es wäre keine Lösung, ja, es würde zu tiefer Enttäuschung führen, wenn die mit so viel Hoffnung erwartete Rente aus einer Pflichtversicherung nach 40 Jahren Arbeits- und Beitragsleistung trotz des Zuschusses zu dem Arbeitgeberanteil, den wir fordern, niedriger oder nicht höher wäre als die Sätze der Sozialhilfe beim laufenden Lebensunterhalt, nämlich monatlich 550 DM. Die derzeitige Monatsrente bei Einkommensbeziehung unter 1 000 DM liegt unter den Sätzen der Sozialhilfe. Daher muß eine Regelung geschaffen werden, die nach 40 Jahren Beitragszeit eine Rente erbringt, die wesentlich höher ist als die Sätze der Sozialhilfe. Ich wollte hier vor der Weichenstellung meine Argumente gesagt haben, damit sie mit berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion wird sich der sozialen Frage der Künstler ernstlich weiter annehmen.
({8})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen von Herrn Geisenhofer veranlassen mich, noch einmal das Wort zu ergreifen.
Er hat nach den Rebellen in den Reihen der Koalitionsfraktion gefragt.
({0})
Erstens, Herr Geisenhofer, haben wir viel mehr Rebellen, und zweitens brauchen wir in Fragen der Kriegsopferversorgung keine Rebellen, weil diese Koalition geradezu in ihrer Gesamtheit rebellisch war
({1})
und seit 1969 eine andere Politik eingeleitet hat.
({2})
- Entschuldigen Sie! Die Ersatzhandlung, die Herr Geisenhofer hier vorgenommen hat, hängt doch mit dieser Dynamisierung der Kriegsopferrenten zusammen. Damals gab es Demonstrationen, da konnte man sich austoben; jetzt gibt es keine mehr, weil wir die Rentenleistungen dynamisiert haben; jetzt muß er hier auftreten.
({3})
Keine Bemerkung, Herr Geisenhofer, die Sie gemacht haben, hält den Tatsachen stand. Wie war denn das beim Haushaltsstrukturgesetz? Die Witwenrenten wurden überhaupt nicht angetastet.
({4})
Hier geht es um ein soziales Entschädigungsrecht. Was Sie hier vortragen, kann man auch mit anderen Worten darstellen. Da kann man auch sagen: Jemand, der nicht an den Folgen der Beschädigung verstirbt, dessen Hinterbliebene erhalten natürlich keine Entschädigungsleistung; denn das ist in der Unfallversicherung nicht anders, meine Damen und Herren.
({5})
- Das war nicht geltendes Recht, das hat sich so entwickelt; das wissen Sie ganz genau.
Wenn Sie mit den finanziellen Auswirkungen hier beginnen, dann müssen Sie auch wissen - die Zahlen sprechen für sich -, daß von 1969 bis heute unter Einschluß des Achten Anpassungsgesetzes für den Bereich der Kriegsopferversorgung 17,5 Milliarden DM mehr ausgegeben worden sind. Da können Sie doch nicht den Eindruck erwecken, als ginge es bergab! Genau das Gegenteil ist richtig.
({6})
Wenn Sie rausgehen - Sie reden ja immer davon,
daß Sie rausgehen ins Land -, dann werden Sie
von den Kriegsopfern sicher etwas anderes hören, als Sie uns hier weismachen wollen.
({7})
Meine Damen und Herren, da ich gerade das Wort habe, erlauben Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu meinem verehrten Amtsvorgänger. Ich will mich in aller Kürze mit ihm auseinandersetzen.
Da kommen Sie, Herr Katzer, gramgebeugt und sorgenbeladen an dieses Rednerpult und sagen: Wir von der CDU - CSU haben Sie weggelassen - stimmen dem Neunzehnten Rentenanpassungsgesetz zu. Dann haben Sie angefangen, die Fragwürdigkeit und die Unsolidität der Finanzgrundlagen zu schildern. Jetzt frage ich Sie einmal ernsthaft: Wenn das so wäre, wie Sie das im zweiten Teil Ihrer Darlegungen behauptet haben, dann dürften Sie doch als verantwortungsbewußter Mann nicht der Rentenerhöhung zustimmen. Aber wenn Sie der Rentenerhöhung zustimmen, dann kann das doch finanziell nicht so unsolide sein, wie Sie es eben dargestellt haben. Ich muß Ihnen also sagen: Lassen Sie das sein.
Mich erinnert dieses Vorgehen an den Leierkastenmann. Sie kennen die Geschichte sicher: Der Leierkastenmann wird gefragt, was denn das Wesen der guten Musik sei. Er sagte daraufhin: das immer gleichmäßige Drehen der Kurbel.
({8})
Sie meinen, wenn Sie immer und immer wieder die gleiche Platte auflegen, sei das eine großartige Sache.
Wenn man einmal Ihre Position - ich meine nicht Ihre persönliche Position, sondern die Position der Opposition - betrachtet, stellt man fest, daß es viele verschiedene Phasen gab. In der ersten Phase ging es um die Preise. Damals wurde draußen immer über die Preise geredet.
({9})
Die Bundesregierung hat daraufhin eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen. Wir stehen jetzt, was die Preisstabilität angeht, mit an der Spitze. Die Preise sind somit kein Thema mehr.
Dann kam das Thema der Arbeitslosigkeit an die Reihe.
({10})
- Ja, sicher; es stimmt auch jetzt noch. Sie waren nun verwundert, daß, obwohl Sie immer über das Thema der Arbeitslosigkeit sprechen, draußen im Lande gar keine große Unruhe zu verspüren ist,
({11})
weil wir - diese Regierung und die Mehrheit im
Bundestag - die Arbeitslosenbeihilfen und -gelder
so erhöht haben, daß die materielle Not gebannt ist und niemand ins Bergfreie fällt.
({12})
- In Veranstaltungen gehen Sie ja nur; die anderen tun das nicht.
({13})
Der zweite Punkt war die Kostenexplosion in der Krankenversicherung. Ich will jetzt gar nicht fragen, wie Ihr konkreter Beitrag in dieser Hinsicht aussieht. Sie haben immer nur von der Kostenexplosion gesprochen. Das sollte verunsichern. Nun gibt dieses Thema bis zum 3. Oktober aber auch nicht so viel her. Deshalb mußte ein neues Thema her - und das war das Thema der Rentenversicherung. Dieses Thema hat den Vorteil, daß sie damit gleich zwei Kategorien treffen. Die erste Gruppe, die verunsichert wird, sind die Rentner. Machen wir uns doch nichts vor: Wenn ein Rentner draußen, der sich nicht mit dem Rentenanpassungsbericht beschäftigt, hört, die Monatsrücklagen seinen von 8,3 auf 7,3 gesunken, kann es passieren, daß er meint, er bekomme nur noch sieben Monate lang Rente. Das ist doch aber gar nicht so.
({14})
- Sie haben den Rentenanpassungsbericht auch noch nicht gelesen; sonst würden Sie hier nicht solche Ausführungen machen.
({15})
Die zweite Gruppe sind die Beitragszahler. Sie verunsichern also, wenn Sie in dieser Weise über das Thema der Rentenversicherung sprechen, Rentner und Beitragszahler. Das ist der „große Vorteil" auf diesem Feld.
Und dann kommt Herr Strauß und sagt, die Grenze des Sozialstaats sei erreicht; jetzt müsse mit den Gratifikationen Schluß sein. Herr Geißler entdeckt die Armut in Deutschland neu. Herr Biedenkopf entdeckt die neue soziale Frage.
({16})
Ich will auf diese Dinge hier gar nicht im einzelnen eingehen, sondern nur noch auf einen Punkt zu sprechen kommen.
({17})
- Ich will darauf im einzelnen gar nicht eingehen, weil Sie z. B. den Zusammenhang von Mehrfachbezügen noch gar nicht erforscht haben. Wir kennen die Zusammenhänge im einzelnen übrigens auch nicht. Wir wissen allerdings, daß jeder zweite Rentenempfänger mehr als eine Rente bekommt. Lassen Sie sich nicht von den Durchschnittssätzen täuschen. Wir wissen ja im einzelnen nicht, in welch kumula15688
tiver Weise Versorgungs- und Rentenleistungen zusammentreffen.
({18})
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen. Ich will hier nicht die dpa-Meldung und § 1383 der Reichsversicherungsordnung zitieren; wenn Sie, Herr Katzer, zitieren, sollten Sie aber auch vollständig zitieren, was die Aufgabe der Bundesregierung ist. Ich sage Ihnen hier mit allem Nachdruck - und verwahre mich gleichzeitig gegen solche unterschwelligen Bemerkungen, wie Sie sie gemacht haben -: Die Bundesregierung hat ihren gesetzlichen Auftrag mit der Vorlage dieser Gesetzentwürfe erfüllt.
({19})
Herr Katzer, Sie haben dann gesagt - und dazu erlauben Sie mir noch ein paar Bemerkungen -: Heute hat Herr Arendt zum erstenmal - und das erfreut mich - gesagt, die Sozialpolitik sei in die Finanz- und Wirtschaftspolitik eingebettet. Früher hat Herr Arendt immer etwas anderes gesagt. - Ich wußte gar nicht, Herr Katzer, daß Sie so leicht zu erfreuen sind. Ich habe im übrigen nie etwas anderes gesagt. Auf Grund Ihrer Darstellung des Eingebettetseins in die Finanz- und Wirtschaftspolitik habe ich das Gefühl, sehe ich die Gefahr auf uns zukommen, daß die Sozialpolitik zu einem Wurmfortsatz der Finanz- und Wirtschaftspolitik herabgewürdigt wird. Was dies angeht, so bin ich allerdings einer anderen Meinung als Sie. Ich leugne nicht die Zusammenhänge zwischen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Für mich hat aber Sozialpolitik einen höheren Stellenwert. Für mich lebt Sozialpolitik nicht von den Brosamen, die aus anderen Bereichen gnädigst zur Verfügung gestellt werden;
({20})
denn wenn das so wäre und wenn Ihre vornehme Umschreibung richtig wäre, sage ich: Dann hätten wir kein Konkursausfallgeldgesetz in diesem Hause verabschiedet,
({21})
dann hätten wir kein Gesetz zur Sicherung der Betriebsrenten verabschiedet, dann hätten wir kein Werksärztegesetz verabschiedet oder keine Beiträge geleistet - ich will das jetzt gar nicht im einzelnen aufführen -, die die Arbeitswelt für Millionen von Menschen in unserem Lande humaner gestaltet haben.
Insofern hat die Sozialpolitik für mich sicherlich Auswirkungen auf die anderen Bereiche, und die Bereiche wirken ihrerseits auf die Sozialpolitik. Aber für mich hat der Bereich der Sozialpolitik einen höheren Stellenwert, als ihn die bloße Formel zum Ausdruck bringt: Das ist eingebettet und verankert in der Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Sehen Sie, das hat die Debatte heute auch gezeigt: Die Bundesregierung hat ihre Pflicht erfüllt und hat den Abgeordneten, ohne etwas zu beschönigen, das
vorgelegt, was in dieser Frage zu sagen war. Da stellt sich heraus, daß die Renten erhöht werden können und die finanzielle Solidität nicht angezweifelt werden kann. Darum geht es. Da Sie zustimmen, kann ich nur sagen: Ich freue mich darüber, daß den 11 Millionen Rentenbeziehern am 1. Juli dieses Jahres fühlbare Erhöhungen ihrer Rentenbezüge ermöglicht werden, um damit auch dieser Gruppe unseres Volkes einen Anteil am wirtschaftlichen Fortschritt zu garantieren und zu sichern.
({22})
Und ich freue mich, daß, wie in der letzten Zeit, diese Gesetze eine breite Zustimmung des Hauses gefunden haben.
({23})
- Was bleibt Ihnen auch anderes übrig, Herr Blüm.
({24})
Das habe ich auch nie gesagt.
({25})
- Aber Sie wissen ganz genau und können davon ausgehen, daß das Schicksal der Menschen in unserem Lande, soweit die Sozialpolitik in Frage kommt, bei dieser Bundesregierung und den sie tragenden Fraktionen gut aufgehoben ist.
({26})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Katzer.
({0})
Wie der Bundesarbeitsminister bei einer Arbeitslosenzahl von 1,3 Millionen Menschen dazu kommt zu behaupten, das Schicksal der Menschen sei bei dieser Regierung gut aufgehoben, ist mir unerfindlich. Ich muß schon sagen, wenn ich Arbeitsminister wäre, fühlte ich mich von einer solchen Zahl erdrückt und machte mir Sorgen, wie wir dieses Problem als erstes lösen könnten.
({0})
Das zweite, Herr Kollege Arendt. Ich habe dem Gesetzentwurf nicht im Namen der CDU, sondern im Namen der CDU/CSU zugestimmt und habe gesagt: Diese Finanzierung ist gesichert. Nun drücken Sie sich doch einfach um das Problem herum, und deswegen will ich das mit wenigen Sätzen noch einmal deutlich machen. Worauf es uns ankommt, ist dies: Die Regierung sagt, die nächste Anpassung sei gesichert. Dem stimmen wir zu.
({1})
Die Regierung sagt, 1978 könne es schwierig werden. Da fangen doch schon die Zweifel an. Jetzt kommt der Verband der Rentenversicherungsträger und sagt: Nein, es wird schon 1977 Schwierigkeiten geben. Die Bundesbank und andere Institutionen kommen und melden sich zu Wort.
({2})
- Entschuldigen Sie, ich habe Herrn Kollegen Arendt auch ausreden lassen. Hätten Sie einmal die Güte zuzuhören?
({3})
- Ich kann nicht gleichzeitig Sie und die Regierungsbank anschauen.
({4})
Herr Arendt, wir verlangen in dieser Stunde von der Bundesregierung nichts anderes, als daß Sie Klarheit schaffen. Sie haben ja keine einzige Frage, die ich gestellt habe, beantwortet; nicht eine einzige Frage. Ich komme nachher auf das Globale zurück. Ich bin sehr dankbar für diese Erwähnung. Dazu kann man noch einige Bemerkungen machen. Ich stelle fest: Sie haben auf keine der acht Fragen, die ich zum Bericht konkret gestellt habe, heute eine Antwort gegeben. Ich betrachte das als eine Mißachtung des Parlaments.
({5})
Wenn die Opposition fragt, hat die Regierung zu antworten.
({6})
- Ach, das ist für Sie komisch? Sehr schön.
({7})
Ich habe es bisher so verstanden: Wenn mich die Opposition fragte, dann habe ich als Arbeitsminister geantwortet. Aber das scheint hier nicht mehr Mode zu sein.
({8})
Ich stelle fest, selbst Ihr Koalitionspartner ist nicht davon überzeugt - das kam aus der Rede des Kollegen Schmidt ({9}) deutlich zum Ausdruck -, daß mittel- und langfristig die Finanzen in Ordnung sind. Ich stelle fest, bei dieser Rede kam zum Ausdruck, daß auch er der Meinung ist, wie es sich aus den Zahlen des Verbandes der Rentenversicherungsträger ergibt. Und ich sage noch einmal: Der Vorsitzende ist der Kollege Muhr, der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Was wollen Sie dem denn, bitte, dauernd unterstellen?
Ich will doch nichts anderes als dies: Sie sollen sich mit diesen Zahlen auseinandersetzen, Sie sollen sich mit uns zusammensetzen, und dann wollen wir realistisch sehen, wie es sich verhält, und zwar mit dem Wirtschaftsminister zusammen, der ja hier in der Runde fehlt. Der Wirtschaftsminister muß ja noch das in diese Berichte einbringen, was er nächste Woche in der konzertierten Aktion über die wirklichen Annahmen für die Preisentwicklung, für die Lohnentwicklung, für die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen vorlegen muß. Alle Angaben, die Sie gemacht haben, bewegen sich doch an der untersten Grenze. Sie reden dauernd von 2,5 % Arbeitslosen, aber Sie wissen, daß wir das ganze letzte Jahr hindurch im Schnitt 4,9 % Arbeitslose hatten. Das verändert doch ihre mittelfristigen Daten in
ganz erheblichem Umfang, und hier wollen wir Klarheit haben. Das ist der erste Punkt, um den es heute hier ging. Wir bedauern, daß Sie diese Klarheit heute nicht nur uns, sondern dem deutschen Volk schuldig geblieben sind.
({10})
Nächster Punkt. Sie scheinen ein merkwürdiges Oppositionsverständnis zu haben. Natürlich ist es die Rolle der Opposition, sich um aktuelle Dinge zu kümmern. Wenn es die Preise sind, dann gehen wir gegen die hohen Preise an, und wenn die Preise unter unserem Druck dann etwas heruntergehen,
({11})
dann ist uns das Volk dankbar, daß wir dies erreichen.
({12})
- Natürlich! So ist das! Mit den Arbeitslosenzahlen werden wir Sie solange quälen, bis Sie mit uns dafür sorgen, daß sie heruntergehen!
({13})
Das ist die Aufgabe, die die Opposition zu erfüllen hat.
Noch eine letzte Bemerkung zu der Philosophie des Kollegen Arendt.
({14})
Ich würde in der Tat bei meiner Formel bleiben. Ob sie Ihnen zu blaß ist, das ist Ihre Sache. Ich plädiere für das Zusammenwirken von Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Da ist Sozialpolitik kein Wurmfortsatz, Herr Kollege Arendt, sondern Wirtschafts- und Finanzpolitik haben wir immer so begriffen, daß sie im Dienst der Sozialpolitik stehen muß. Das ist die Kernaussage der Christlichen Demokraten.
({15})
Dies kann nur funktionieren, wenn wir die Rückwirkung sehen von - ({16})
- Ach Gott, Herr Kollege Wehner, mir fehlt ja etwas, wenn Sie keinen Zwischenruf machen.
({17})
- Ja, vielen Dank!
Sie haben gestern im „Express" einen Artikel geschrieben. Da steht unter der Ziffer 4: „Beitragszahler können beruhigt sein, die Beiträge werden erhöht." - Donnerwetter, denke ich, die werden erhöht? Die haben doch dauernd gesagt, sie werden nicht erhöht! Dann kam später eine Mitteilung Ihrer Fraktion: Es war ein Druckfehler; es muß heißen: sie werden nicht erhöht. - Und dann wundern Sie sich darüber, daß unser Volk beunruhigt ist, wie denn nun wirklich die Lage ist.
({18})
- Dafür sind Sie verantwortlich. Das ist Ihr Problem!
Letzter Punkt, meine Damen und Herren - ({19})
Meine Damen und Herren, ich bitte doch um etwas Ruhe für den Redner!
({0})
Ja, das habe ich von Ihnen gelernt, Herr Wehner. Da kann man viel lernen!
Meine Damen und Herren: Ich sagte, die Wirtschafts- und die Finanzpolitik hätten im Dienste der Sozialpolitik zu stehen. Lassen Sie mich ein Letztes hinzufügen. Herr Kollege Arendt, vielleicht können wir uns auch darauf verständigen. Wenn Sie davon sprechen, daß wir ein dicht geknüpftes Netz sozialer Leistungen haben, dann widerspricht dem in diesem Hause niemand. Dann würde ich nur auch der Wahrheit die Ehre geben und sagen,
({0})
daß die Grundmuster zu diesem Netz, das S i e verfeinert haben, von den Christlichen Demokraten gelegt wurden und daß wir es mit Ihnen gemeinsam verfeinert haben.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Lattmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme für die SPD-Fraktion in Kürze Stellung zu Tagesordnungspunkt 26, dem zweiten Teil der Ausführungen des Kollegen Geisenhofer. Herr Geisenhofer, es hat schon etwas Imponierendes, zu beobachten, mit welcher förmlich rasanten Geschwindigkeit Sie dem stabil unterwegs befindlichen Zug der SPD-Kultursozialpolitik nachlaufen.
({0})
- Das heißt: SPD-Kultursozialpolitik, meine Damen und Herren.
({1})
Erlauben Sie mir, diese Kultursozialpolitik hier im Vergleich zur Agrarsozialpolitik in die Debatte einzuführen. Ich komme dann auf dieses Gesetz im einzelnen noch zu sprechen.
Als die sozialliberale Koalition die Regierung in Bonn übernahm - das wissen Sie, meine Damen und Herren -, betrug die jährliche Bundesleistung für die Agrarsozialpolitik 850 Millionen DM, im letzten Jahr betrug sie 2,5 Milliarden DM. Ich will einmal kurz, weil es eben doch sehr unterschiedliche Bevorzugungen für verschiedene Bevölkerungsgruppen gibt, den Vergleich etwas weiter ausspinnen.
({2})
Natürlich werde ich es, zumal ich ja als Bildungs-und Sozialpolitiker in meinem Wahlkreis auch mit der Bildung der Sahne auf der Milch etwas zu tun habe, mir nicht etwa mit den Landwirten verderben.
({3})
Aber: Es ist doch imponierend, zu sehen, daß in der einen Kulturlandschaft, nämlich der Agrarsozialpolitik, in der man Traktoren zur Verfügung hat, um sie notfalls auch querzustellen, eine Menge geschehen ist, so viel, daß jeder es spürt, wir uns aber hier auf der anderen Seite eingestehen müssen, daß die sozialpolitische Debatte nicht übersehen kann, daß es eben unter den Rentnern in der Bundesrepublik zu wenig Künstler und Schriftsteller gibt.
Insofern, Herr Kollege Geisenhofer, begrüßt die SPD-Fraktion auch diesen Gesetzesantrag aus dem Bundesrat, der darauf abhebt, für eine - freilich kleine - bestimmte Gruppe die vorübergehende Wiederöffnung der Rentenversicherung zu ermöglichen. Aber: Ähnlich wie das Gesetz, mit dem Sie in der letzten Woche hier argumentiert haben, nämlich dem Wegfall an Vermögensteuer für Kunstbesitz, ist es gemacht, so wie man Gesetze überhaupt nur aus der Opposition heraus machen kann: mit heißer Nadel, flüchtig, ohne genaue Kenntnisse, um die es geht. Denn wenn Sie, Herr Geisenhofer, wirklich wüßten, wie das Autorenversorgungswerk funktioniert, das auf der Basis von § 27 des Urheberrechts seit dem 1. November in Gründung ist und daß sich dort inzwischen einige hundert Autoren angemeldet haben, dann würden Sie wissen, daß die Fristen zu kurz sind, daß das ganze Vorhaben überhaupt nur dann Sinn hätte, wenn man nichts Besseres machen könnte. Wir können aber etwas sehr viel Besseres machen.
({4})
Die spezielle Arbeitsgruppe, Herr Kollege Pfeifer, die die SPD unmittelbar nach Vorliegen des Künstlerberichts eingesetzt hat, arbeitet seit nunmehr zwölf Monaten. Alles, was vorliegt, auch im mitberatenden Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, oder auch das, was schon Gegenstand von Kabinettsüberlegungen am 6. November war, was in den Ressorts - federführend: BMA; mitberatend: BMF, BMI - zur Zeit diskutiert wird und im März/April Gegenstand einer weiteren ausführlichen Kabinettsberatung zu dem ganzen Bereich sein wird, ist im einzelnen von unserer, Gruppe „Kultursozialpolitik" erarbeitet. Das kann nur ein Paket sein, gebildet aus einer umfassenden Renten- und Krankenversicherung für Künstler und Autoren mit einer staatlichen Clearing-Stelle, die als Vorschaitstelle vor der Rentenversicherung geschaffen wird und aus der heraus eben das Schwierige geleistet werden muß, wofür man eine Lösung braucht, nämlich den Ersatz für nicht vorhandene Auftraggeberanteile. Dies aber werden wir an anderer Stelle zu anderer Zeit genauer diskutieren.
Meine Damen und Herren Kollegen, ich will Sie nur noch um eines bitten: Die Rentner in der Bundesrepublik gehören ganz gewiß zu den eigentlichen Gewinnern der Bundesregierung und der sie tragenden sozialliberalen Koalition, für die diese Regierung seit 1969 mit am meisten geleistet hat.
({5})
Aber im Bereich der Künstler und Autoren haben wir vieles nachzuholen. Es geht nicht an, daß sich dieser Staat immer dann, wenn es uns allen gefällt, als eine Kulturnation und ein Kulturstaat darstellt, aber im Bereich der Sozialpolitik zu lange Lücken offenläßt.
Deswegen geht die SPD-Fraktion davon aus, Herr Geisenhofer, daß - im Gegensatz zu Ihrer Äußerung - noch in diesem Frühjahr die Umrisse des kultursozialpolitischen Pakets, auch der Sozialversicherung für Künstler, deutlich werden, daß begleitende Maßnahmen im steuerlichen Bereich und in der Verbesserung der Auftragslage der Künstler erforderlich sind und daß dies alles zusammen gleich zu Beginn des 8. Deutschen Bundestages und nach Möglichkeit auch mit Unterstützung der Opposition des 7. Bundestages in der wie immer neuen Situation für uns alle so schnell wie möglich Gesetz wird.
({6})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Burger.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weder die Reden des Herrn Arbeitsministers noch die Reden der Mitglieder der Fraktionen der FDP und der SPD haben die Ungewißheiten und Unklarheiten in der weiteren Entwicklung im Bereich der Sozialpolitik aufhellen oder beseitigen können.
({0})
Ein Stück Wahrheit und Klarheit steht allerdings im Kleingedruckten des Rentenanpassungsberichtes.
({1})
Dort können Sie auf den Seiten 118 und 119 bei den fünf Modellrechnungen feststellen, daß bei allen fünf ein Minus im Ergebnis steht. Lediglich die sechste Modellrechnung mit völlig irrealen Voraussetzungen zeigt einen positiven Trend.
Professor Meinhold zieht auf Seite 117 folgenden Schluß - ich zitiere sinngemäß -: Die Grundsatzfrage, ob die Anpassungen in Zukunft durchgeführt werden können, ist offen. Dies war das Kernproblem der heutigen Debatte - über den Tellerrand der Wahlen hinaus.
({2})
Wie wird es weitergehen? Dies ist die Sorge der Bürger draußen. Auf diese Frage wollen sie wissen, wohin der Weg führt.
({3})
Meine Damen und Herren, auch Ehrenbergs Nebelwerferaktion hat die Wahrheit eher vernebelt als sie klar herausgestellt.
({4})
Ich darf noch einmal sagen: Noch niemals standen so viele ernste Probleme im gesamten Bereich der Sozialpolitik an wie heute. Meine Damen und Herren, wir werden diese Bilanz ziehen und werden sie mit der Meßlatte der Wahlversprechen und der Erklärungen beider Bundesregierungen wägen.
({5})
Noch ein letztes. Für uns - das hat Kollege Katzer. klar gesagt - stand Sozialpolitik im Vergleich zu Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht auf dem dritten Rang, sondern wir haben immer von der Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit in der Entwicklung der Wirtschaft-, Finanz- und Sozialpolitik gesprochen. Wer die nicht beachtet, hat die Folgen zu verantworten.
Nun, meine Damen und Herren, noch wenige Sätze zur Kriegsopferversorgung. Der ganze Bundestag hat im Jahre 1970 die jährliche Anpassung beschlossen. Die CDU/CSU war es, die sich vor allen Dingen für die gleichzeitige Anpassung der Renten eingesetzt hat. Beide Beschlüsse des Bundestages waren wegen der hohen Preissteigerungsrate in den 70er Jahren notwendig; denn die meisten Kriegsopferhaushalte wurden - das ergab eine Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände -, weil sie zu den Haushalten mit niedrigem Einkommen gehören, von der Entwicklung stärker betroffen als andere.
Auch diese zweite Seite der Medaille muß aufgezeigt werden. Man kann nicht nur von den Milliarden sprechen, die mehr ausgegeben werden, sondern muß auch von den vielen Milliarden sprechen, die durch die inflationäre Entwicklung verlorengegangen sind. Man muß beide Größen einander gegenüberstellen, Herr Minister Arendt.
Zu den Realitäten bei den Kriegsopfern gehört auch die Tatsache, daß die schlechte Haushaltslage keinen Spielraum für strukturelle Verbesserungen mehr läßt. Im Gegenteil, wir haben Kürzungen durchführen müssen und wir bemühen uns, mit einem besonderen Antrag wenigstens die bitterste Pille wieder zu beseitigen.
Wir werden im Ausschuß auch das Problem der Erholungsfürsorge ansprechen. Hier fühlen sich die Kriegsopfer getäuscht. Es ist hier eine generelle Kostenbeteiligung eingeführt worden; für alle Kriegsopfer werden nun für eine Erholungskur Kostenbeiträge von über 150 DM ohne Rücksicht auf ihr Einkommen verlangt. Diese Einführung einer generellen Selbstbeteiligung der Kriegsopfer bei Erholungskuren haben wir allerdings nicht gemeint.
Meine Damen und Herren, Sorge bereitet den Kriegsopfern auch der Blick über den Tellerrand der Wahlen hinaus. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß der Rentenanpassungsbericht dieses Unbehagen eher steigert. Dies ist eine Folge einer schlechten Wirtschafts- und Finanzpolitik, und dafür trägt
insbesondere die Bundesregierung die Verantwortung.
Während sich heute - das möchte ich noch sagen - die Bundesregierung und ihre Sprecher sehr sicher gaben, konnte man am 8. Januar dieses Jahres in der SPD-Zeitung „Vorwärts" einen Artikel lesen, der düstere Prophezeiungen enthält. Es heißt dort - ich zitiere - wörtlich:
Über kurz oder lang dürfte die Krise auch die Ruheständler zur Kasse bitten. Langanhaltende Nachwehen der Flaute werden die gesetzliche Rentenversicherung noch vor Ablauf der 70er Jahre in eine finanzielle Klemme führen.
({6})
Was gilt nun, so frage ich die Sozialdemokraten: das, was im Artikel des „Vorwärts" steht, oder das, was Sie heute gesagt haben?
Diesen drängenden Fragen im Sozialbereich weicht die Bundesregierung genauso aus, wie sie den rechtzeitigen Mahnungen der Opposition auf dem Gebiete der Wirtschafts- und Finanzpolitik lange Zeit kein Gehör schenkte. Eines sollte die Bundesregierung inzwischen gemerkt haben: Man kann gegen Argumente der Opposition anrennen, aber nicht gegen Adam Riese.
({7})
Denn die Rechnung muß stimmen; Klarheit und Wahrheit allein schaffen Vertrauen.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU will das Kriegsopferrecht sichern.
({8})
Sie weiß, daß soziale Sicherheit nur mit einer vernünftigen Wirtschaftspolitik und einer sozialen Finanzpolitik garantiert werden kann. Dort setzen wir den Hebel an. Es wird langer und großer Anstrengungen bedürfen, bis die Stabilität wieder gesichert wird.
({9})
Die CDU/CSU wird sich mit Verantwortung der besonderen Belange der Kriegsopfer annehmen.
({10})
Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Überweisung der unter den Tagesordnungspunkten 24 bis 28 aufgeführten Vorlagen.
Die Vorschläge des Ältestenrates lauten: Der Entwurf des Neunzehnten Rentenanpassungsgesetzes soll an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - federführend -, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung und an den Haushaltsausschuß - mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung - überwiesen werden.
Der Rentenanpassungsbericht 1976 und das Gutachten des Sozialbeirats sollen an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zur Federführung sowie an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung überWiesen werden.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeiter- und des Angestelitenversicherungs-Neuregelungsgesetzes soll an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung gehen.
Der Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes soll an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung sowie an den Haushaltsauschuß - mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung - überwiesen werden.
Schließlich ist für den Entwurf des Achten Anpassungsgesetzes zum Bundesversorgungsgesetz Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und an den Haushaltsausschuß - mitberatend und gemäß § 96 der Geschäftsordnung - vorgesehen.
Wer mit den Vorschlägen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Damit sind wir am Ende unserer Sitzung. Ich berufe das Haus für Mittwoch, dem 10. März 1976, 13 Uhr zu einer Fragestunde ein.
Die Sitzung ist geschlossen.