Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Berlinförderungsgesetzes und des Einkommensteuergesetzes - Drucksache 7/4194 - dem Haushaltsausschuß nachträglich und auch gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. - Das Haus ist damit einverstanden. Es ist so beschlossen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird Punkt 4 der Tagesordnung - Entwurf eines Gesetzes über die Regelung der Landeszugehörigkeit des Verwaltungsbezirks Oldenburg und des Landkreises Schaumburg-Lippe - für diese Woche abgesetzt. Er soll für die Tagesordnung der nächsten Woche vorgesehen werden.
Es liegt Ihnen folgende Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden:
Betr.: Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 3. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1975
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO - Drucksache 7/4321 -zuständig: Haushaltsausschuß
Betr.: Üpl. Ausgabe bei Kap. 10 02 Tit. 656 55 im Haushaltsjahr 1975
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO - Drucksache 7/4358 - zuständig: Haushaltsausschuß
Erhebt sich gegen die vorgeschlagenen Überweisungen Widerspruch? - Ich stelle fest, daß dies nicht der Fall ist. Dann ist es so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 28. November 1975 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zur Änderung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes und des Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres
Gesetz zu dem Abkommen vom 6. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen über den Luftverkehr
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 2. Dezember 1972 über sichere Container
Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung beschlossen, hinsichtlich der folgenden Gesetze zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird:
Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften
Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsgesetz ({0})
Seine Schreiben werden als Drucksachen 7/4369 und 7/4378 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat mit Schreiben vom 26. November 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Waffenschmidt, Braun, Dr. Häfele, Hauser ({1}), Dr. Schneider, Dr. Jahn ({2}), Dr. Zeitel, Schmöle, Dr. Warnke, Sick, Tillmann, Bremm, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Jobst, Schmidthuber, Dr. Schulte ({3}), Hauser ({4}), Schmitz ({5}), Dr. Dollinger, Frau Pieser, Maucher und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Finanzsituation der Städte, Gemeinden und Kreise - Drucksache 7/4202 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 7/4373 verteilt.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie hat mit Schreiben vom 27. November 1975 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lenzer, Pfeffermann, Benz, Engelsberger, Dr. Franz, Roser, Dr. Freiherr Spies von Büllesheim, Dr. Stavenhagen, Frau Dr. Walz und der Fraktion der CDU/CSU betr. Überprüfung bewilligter Forschungszuwendungen durch das Bundesministerium für Forschung und Technologie, Bereich: Energieforschung - Drucksache 7/4226 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/4367 verteilt.
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 27. November 1975 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Nachtrag zum Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1975 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Nachtrag liegt im Archiv zur Einsicht aus.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache 7/4364 Der Ältestenrat hat vorgeschlagen, daß wir auch in dieser Woche zwei Fragestunden - abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde - mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten durchführen. Gemäß § 127 unserer Geschäftsordnung muß diese Abweichung von der Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. - Widerspruch erfolgt nicht. Die Zweidrittelmehrheit ist hergestellt. Dann ist es so beschlossen.
Wir treten nunmehr in die Fragestunde ein. Wir kommen zuerst zu einer Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Schmidt steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Lattmann auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß entgegen den Bestimmungen, die Schulen des Bundes und öffentliche Dienststellen zu parteipolitischer Neutralität verpflichten, das Organ der CSU, der „Bayernkurier", z. B. an folgenden Stellen regelmäßig aufliegt: in der Truppenbücherei der Technischen Schule der Luftwaffe in Kaufbeuren, ferner im Postverteiler des 7. Fernmelde14192 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode Vizepräsident Dr. Jaeger
Lehr-Versuchsregiments 61, Kaufbeuren, und falls ja, wird die Bundesregierung bei Dienststellen, die ihr unterstellt sind, für Abstellung dieser einseitigen Unterrichtung sorgen?
Verehrter Herr Kollege, der Bunresregierung ist nicht bekannt, in welchen Kasernen oder Dienststellen der Bundeswehr welche Tages- oder Wochenzeitungen ausliegen. Es ist auch nicht beabsichtigt, zentral zu erfassen, welche Zeitungen die Einheiten, Verbände oder Dienststellen aus den ihnen zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln beschaffen.
Die Bundesregierung ist aber auch nicht der Auffassung - Herr Kollege Lattmann, lassen Sie mich das hier ausdrücklich feststellen -, daß das Auslegen von parteipolitisch ausgerichteten Zeitungen oder Zeitschriften gegen die Verpflichtung zur parteipolitischen Neutralität verstößt. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang hinzufügen, daß es nach meiner Meinung heute nur noch wenige Tages- oder Wochenzeitungen gibt, deren parteipolitischer Hintergrund nicht mehr oder weniger deutlich festliegt.
Die Verbreitung von allgemein zugänglichen Zeitungen wird auch im Bereich der Bundeswehr durch Art. 5 des Grundgesetzes grundsätzlich gewährleistet. Zwar dürfen Zeitungen, die für die Soldaten beschafft, also von der Bundeswehr bezahlt werden, nicht nach einseitigen parteipolitischen oder religiösen Gesichtspunkten ausgewählt werden; dies bedeutet aber nicht, daß Zeitungen, die auf eine bestimmte politische Richtung festgelegt sind, nicht beschafft werden dürfen. Gemeint ist vielmehr, daß die Auswahl der Zeitungen so zu erfolgen hat, daß dabei das Spektrum der politischen Meinungen weitmöglichst abgedeckt und nicht eine bestimmte politische Richtung bevorzugt wird.
Bitte sehr, Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, können Sie definieren, wie weit das Spektrum reichen darf?
Das Spektrum reicht mindestens so weit, wie demokratische Parteien in diesem Hause vertreten sind und wie auch die Meinungen der Zeitungen mehr oder weniger in dieser Richtung festgelegt sind.
Eine Zusatzfrage des Herr Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß ein von der Bundesregierung herausgegebenes Bundeswehrinformationsblatt bei Aktivitäten von Abgeordneten der Koalition diese in der Regel namentlich erwähnt, bei Aktivitäten von Abgeordneten der Opposition diese jedoch namentlich nicht erwähnt?
Die Frage steht zwar nicht im Zusammenhang mit der Ausgangsfrage, ich bin aber gerne bereit, darauf zu anworten.
Genau das wollte ich sagen. Diese Frage steht nicht im Zusammenhang mit der Ausgangsfrage. Sie brauchen sie nicht zu beantworten.
Ich bin gerne bereit, sie zu beantworten.
Herr Ey, das ist mir nicht bekannt. Ich lese „bundeswehr aktuell" aus gegebenem Anlaß jeden Tag und finde darin sehr oft auch die Namen von Oppositionsabgeordneten. Ich wäre auch böse, wenn das nicht so wäre, denn in „bundeswehr aktuell" soll berichtet, nicht aber Meinung gemacht werden.
Herr Abgeordneter Damm!
Herr Staatssekretär, würden Sie sich in der Lage fühlen, dem Kollegen Lattmann, der ja die Frage gestellt hat, zu bestätigen, daß ich für diesen hier in dieser Frage genannten speziellen Fall, nämlich hinsichtlich der 7. Staffel des Fernmelde-Lehr-Versuchsregiments 61 in Kaufbeuren, wo ich über mehrere Jahre viele Wochen lang Wehrübungen gemacht habe - ich persönlich , mitteilen kann, daß dort an den genannten Stellen jede Woche alle relevanten Wochenzeitungen ausliegen, so daß die von Ihnen in Ihrer generellen Antwort genannte Voraussetzung, nämlich die der völligen Neutralität, gewährleistet ist?
Aus unserer nun schon viele Jahre dauernden Bekanntschaft heraus, Herr Damm, würde ich hier dies als gegeben ansehen und auch dem Kollegen Lattmann weitergeben.
Herr Abgeordneter Engholm!
Herr Staatssekretär, würde nach Ihrer persönlichen politischen Einschätzung auch das „Deutschland-Magazin" in das von Ihnen genannte Spektrum hineinpassen?
Punkt 1. Zunächst einmal ist mir nicht bekannt, daß das „DeutschlandMagazin", etwa bezahlt von der Bundeswehr - ich halte das für ausgeschlossen -, irgendwo ausliegt.
Punkt 2. Ich persönlich - jetzt sage ich meine persönliche Meinung - würde diese Zeitung nicht in dieses Spektrum hineinnehmen.
({0})
Keine Zusatzfrage mehr? - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.
Ich rufe die Fragen 2 und 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Waigel auf. - Der Herr Abgeordnete Dr. Waigel ist nicht im Saal. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. - Da keine weiteren Fragen aus diesem Geschäftsbereich eingebracht worden sind, brauche ich Sie, Herr Staatssekretär, gar nicht mehr zu bemühen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung der Fragen steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Logemann zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans auf:
Treffen die Mitteilungen von Professor Leyhausen auf einer öffentlichen Veranstaltung des Bundes gegen den Mißbrauch der Tiere e.V. vorn 25. November 1975 in Bonn-Bad Godesberg zu, nach denen in Großbritannien Käfige für Legehennen entwickelt worden sind, die sowohl den Tierschutz als auch volkswirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigen, und sind damit die in Auftrag gegebenen Forschungsaufträge über Verhaltensnormen von Geflügel bei der Käfighaltung überflüssig?
Herr Kollege Hammans, nach den Informationen, die der Bundesregierung über den Verlauf der herangezogenen Veranstaltung vorliegen, hat Professor Dr. Leyhausen dort zum Problem der Legehennen-Käfighaltung u. a. ausgeführt, daß nach jüngsten Forschungsberichten aus Großbritannien die Käfighaltung von Legehennen „nicht mehr up to date" sei, da dort ein neues Haltungssystem erarbeitet wurde, das sowohl den Forderungen des Tierschutzes gerecht wird als auch Wirtschaftlichkeitsberechnungen standhält. Entsprechende Ankündigungen oder Veröffentlichungen in britischen wissenschaftlichen bzw. fachtechnischen Zeitschriften sind jedoch der Bundesregierung bisher nicht bekanntgeworden.
Da Professor Dr. Leyhausen seit Februar dieses Jahres Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Tierschutzgerechte Nutztierhaltung" beim Senat der Bundesforschungsanstalten des BML ist, glaubt die Bundesregierung davon ausgehen zu können, daß Professor Dr. Leyhausen bei sicherer Kenntnis eines erfolgreichen Abschlusses entsprechender britischer Arbeiten das Präsidium des Senats dieser Bundesforschungsanstalten sowie die anderen Wissenschaftler der oben genannten Arbeitsgruppe unverzüglich unterrichtet hätte.
Der wissenschaftliche, personelle sowie materielle Ansatz des gesamten deutscherseits hierzu vorbereiteten Forschungsvorhabens wird von der genannten Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Professor Dr. Leyhausen am 5. Dezember dieses Jahres in Bonn beraten werden. Die Darlegungen Professor Dr. Leyhausens werden bei den Entscheidungen dieser Arbeitsgruppe ganz sicher Berücksichtigungen finden.
Da Aufträge aus diesem Forschungsrahmen bisher noch nicht vergeben worden sind, trifft es nicht zu,
daß überflüssige Forschungsansätze veranlaßt oder Haushaltsmittel unnötig ausgegeben worden sind.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär Logemann, kann man davon ausgehen, daß diese Käfige, von denen Professor Leyhausen bei seiner Sachkenntnis ja sicher nicht ohne Grund gesprochen hat, in die Untersuchungen dieses Ausschusses mit einbezogen werden und, wenn sie tauglich sind, vor allen Dingen auch der gesamten EG empfohlen werden?
Herr Kollege Hammans, davon bin ich fest überzeugt. Uns liegt ja besonders daran, doch eine Haltungsform zu finden, die nun allen Anforderungen gerecht wird. Ich bin fest davon überzeugt, daß Herr Professor Leyhausen auch bei der für den 5. Dezember geplanten Zusammenkunft seine Überlegungen selbst beitragen wird.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um dafür Sorge zu tragen, daß dieses Problem der Käfighaltung so gelöst wird, daß nicht eines Tages zwar die deutschen Bauern gezwungen sein werden, entsprechende Käfige zu benutzen, nicht aber die Bauern in den anderen EG-Ländern, d. h. - man kann die Frage auch so stellen -, daß der deutsche Verbraucher dann eines Tages vielleicht Eier essen muß, die nicht von glücklichen Hühnern stammen?
Herr Kollege Hammans, darin liegt natürlich ein besonderes Problem. Wir müssen uns bemühen, die Frage der Käfighaltung so zu regeln, daß innerhalb der EG bezüglich der Produktion von Eiern keine Wettbewerbsverzerrungen oder Benachteiligungen der Verbraucher entstehen. Das wird ein sehr schwieriges Unterfangen sein, aber wir sind gehalten, eine Harmonisierung herbeizuführen.
Es ist sehr schön, wenn sich ein Abgeordneter nicht nur des Glücks seiner Wähler, sondern auch des Glücks seiner Hühner annimmt.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich komme zur Frage 5 des Abgeordneten Eigen:
Aus welchem Grund hat sich der Bundesernährungsminister schon Monate vor den Preisverhandlungen der EG in Brüssel für differenzierte Preise und damit für eine Senkung des Grenzausgleichs ausgesprochen, und in welcher Weise soll diese Handlungsweise den Interessen der deutschen Landwirtschaft dienen?
Herr Kollege Eigen, Bundesminister Ertl hat sich nicht für differenzierte Preisanhebungsraten bei den kommenden Preisverhandlungen der EG ausgesprochen, sondern mehrmals betont, daß auf Grund der sehr
unterschiedlichen Kostenentwicklungen in den Mitgliedstaaten differenzierte Preisanhebungen vermutlich - wie beim letzten Preisbeschluß - unvermeidbar sein werden. Bundesminister Ertl hat aber darauf hingewiesen, daß dabei ein einheitlicher Maßstab in Form objektiver Kriterien angewandt werden muß und daß Preisdifferenzierungen, die über die unterschiedlichen Kostenentwicklungen hinausgehen, nicht erfolgen dürfen. Bei den objektiven Kriterien muß auch der Abbau des Aufwertungsausgleichs über die Mehrwertsteuer berücksichtigt werden.
Unterschiedliche Preisanhebungsraten führen
dazu, daß der währungsbedingte relative Preisabstand zwischen den Partnerländern, der durch den Grenzausgleich überbrückt wird, kleiner wird. Das hat zwangsläufig eine Verringerung des relativen Währungsausgleichs zur Folge. Die absoluten Ausgleichsbeträge werden durch den Preisbeschluß für 1975/76 nicht nennenswert verändert.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Eigen.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß Bundesminister Ertl seine Verhandlungsposition in Brüssel schwächt, wenn er von sich aus schon vorher zugibt, daß differenzierte Preisanhebungen gerechtfertigt wären?
Ich habe hier nicht behauptet, daß Minister Ertl mit seinen Äußerungen von vornherein ein Verhandlungsziel herausgestellt hat. Er hat lediglich auf Tatsachen hingewiesen. Sie wissen, Herr Kollege Eigen, daß sich gerade im Laufe des letzten Jahres einige Änderungen vollzogen haben. Wir haben innerhalb der Gemeinschaft unterschiedliche Preisentwicklungsraten von zwischen 6 und mehr als 20 %.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen.
Wie verträgt sich mit diesen Ihren Äußerungen, Herr Staatssekretär, der Sie ja selber erkannt haben, daß differenzierte Preise und Grenzausgleich in einem direkten Zusammenhang miteinander stehen, die Zusage von Bundesminister Ertl an verschiedene Berufsverbände, wenn er aus übergeordneten Gründen schon in bezug auf den Aufwertungsausgleich etwas tun müsse, wolle er dafür aber beim Grenzausgleich hart bleiben?
Ich habe soeben ausdrücklich darauf hingewiesen, welche Tatsachen im März dieses Jahres zu unterschiedlichen Preisanhebungen geführt haben. Wir haben diese Preisdifferenzen keineswegs irgendwie mit dem Grenzausgleich in Zusammenhang gebracht; vielmehr sind immer wieder deutliche Aussagen zur Beibehaltung des Grenzausgleichs gemacht worden. Bei dieser Haltung werden wir auch bei den folgenden Verhandlungen bleiben.
Aber ein Letztes, Herr Kollege Eigen: Wir erwarten, daß mit dem Abbau des D-Mark-Aufwertungsausgleichs in den von der Bundesregierung vorgesehenen Raten auch ein gewisser Abbau von Wettbewerbsvorteilen erfolgt, die der D-Mark-Aufwertungsausgleich bisher mit sich gebracht hat, und daß wir damit eine bessere Chance haben, weniger Preisdifferenzierungen hinnehmen zu müssen.
Ich darf leider keine Frage mehr stellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiechle.
Herr Staatssekretär, da aus Ihren Ausführungen hervorgeht, daß die Bundesregierung bereits beinahe beschlossen hat, nicht nur am Aufwertungsausgleich, sondern auch am Grenzausgleich rütteln zu lassen - aus Ihren Ausführungen geht ja hervor, daß die inflationsbedingten Unterschiede zwischen 6 und 25 % liegen und daß man dem Rechnung tragen müsse , frage ich Sie: Müssen die deutschen Landwirte damit rechnen, daß im kommenden Jahr beides reduziert wird?
Nein, das will ich damit überhaupt nicht gesagt haben. Wir haben hier lediglich durch die Preisdifferenzierung einen gewissen Ausgleich für die Vorteile hinnehmen müssen, die wir als Landwirte in der Bundesrepublik durch einen geringeren Preisanstieg als andere Länder haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, sind die unterschiedlichen agrarpolitischen Maßnahmen in der Europäischen Gemeinschaft nicht als Auflösungserscheinungen der Europäischen Gemeinschaft zu deuten, besonders in der letzten Zeit?
Ich würde sie nicht in Richtung Auflösungserscheinung deuten; ich würde nur feststellen, daß die Integration der Gemeinschaft im Agrarbereich dadurch sicherlich schwieriger geworden ist.
Ich komme zur Frage 6 des Abgeordneten Eigen:
In welcher Weise würde sich nach Meinung der Bundesregierung die Vereinheitlichung der Interventionspreise für alle Getreidesorten auf einen korrigierten Gerstenpreis auf den Getreidemarkt getrennt nach Getreidesorten und Erzeugergebieten auswirken?
Logemann, Pari. Staatssekretär: Die Auswirkungen einer Nivellierung der Interventionspreise für die Hauptgetreidearten auf einem einheitlichen Niveau sind schwer zu beurteilen, da die Getreidemärkte gleichzeitig einer Vielzahl von Einflüssen unterliegen. Sie hätte voraussichtlich zur Folge, daß die Stützung des Getreidemarktes von der im Futterwert geringsten Getreideart, also der Gerste, ausParl. Staatssekretär Logemann
ginge. Gersteninterventionen in möglicherweise nicht unerheblichem Umfange wären dann nicht auszuschließen, weil an Futtergerste teilweise schon strukturelle Überschüsse in der Gemeinschaft vorhanden sind.
Aus Brüssel werden Überlegungen in dieser Richtung bekannt, um Futterweizen konkurrenzfähiger gegenüber Mais zu machen. Die Bundesregierung verfolgt diese Überlegungen mit großer Aufmerksamkeit. Da ein Vorschlag der EG-Kommission noch nicht vorliegt, kann eine abschließende Stellungnahme dazu nicht abgegeben werden. Die Bundesregierung wird jedenfalls entsprechende Kommissionsvorschläge sowohl unter dem Gesichtspunkt der Marktverbesserung als auch der Erlössicherung für die getreidebauende Landwirtschaft prüfen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß Sie eigentlich sehr sorgfältige Untersuchungen durchführen müßten, die genau für jeden Interventionsort in der Bundesrepublik Deutschland angepeilt werden, damit Sie in den Verhandlungen auch tatsächlich über Sachwissen verfügen?
Das wird mit Sicherheit erfolgen. Auch wir sind ja daran interessiert, daß hier Benachteiligungen gerade marktferner Gebiete nicht eintreten.
Eine zweite Zusatzfrage.
Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es, wenn die Kommission schon solche Äußerungen macht, dringend geboten ist, daß die Bundesregierung über ganz genaue Fakten der Auswirkung einer solchen Veränderung des Marktes verfügt?
Ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, daß wir alle Überlegungen der Kommission in dieser Hinsicht genauestens prüfen und hier durchaus die Entwicklung verfolgen.
Noch eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Frage 7 des Abgeordneten Röhner:
Treffen Mitteilungen zu, daß die Auszahlung der EG-Erzeugerprämie Schlachtrinder über das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft in Frankfurt im Vergleich zu einer Auszahlung über die Landwirtschaftsverwaltungen der Länder zu erheblichen Mehrkosten des Bundes und der Länder führt, die z. B. im Bereich des Freistaats Bayern im Zeitraum vom Mai 1975 bis März 1976 weit über 400 000 DM betragen sollen?
Herr Kollege Röhner, ob und in welchem Umfang auf Grund der Auszahlung der Erzeugerprämie Schlachtrinder über das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft Mehrkosten bei den Ländern entstehen, läßt sich von hier aus nicht im einzelnen beantworten. Dies hängt insbesondere von der Art und Weise der Aufbereitung der für die Auszahlung erforderlichen Angaben und deren Übermittlung an das Bundesamt ab. Wenn Mehrkosten überhaupt entstehen sollten, dürften sie sich allerdings in engen Grenzen halten
Bei dem Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft entstehen hingegen durch das geltende Auszahlungsverfahren geringe Mehrkosten. Diese Mehrkosten sind dadurch gerechtfertigt, daß durch eine zentrale Auszahlung der Prämie die sich aus dem EG-Mittelzuweisungsverfahren für die Bundesrepublik Deutschland ergebenden Verpflichtungen - Bedarfsmeldungen, Rechnungslegung, Rechnungsprüfung - am besten erfüllt werden können.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Röhner.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, die von Ihnen als „geringe Mehrkosten" bezeichnete Summe näher zu quantifizieren?
Das kann ich leider nicht, Herr Kollege Röhner. Ich habe versucht, hier genaue Zahlen zu bekommen, aber das ist sehr schwierig, weil es sich um ein sehr kompliziertes Verfahren handelt.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Röhner.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie unier Bezugnahme auf jenen Antwortteil, daß nicht genau feststeht, inwieweit Mehr- bzw. Minderkosten eintreten, fragen, ob darüber eine sachliche Prüfung zwischen Bund und Ländern stattgefunden hat?
Wir haben gerade über dieses Problem sehr viele Gespräche mit den Ländern geführt. Wir haben auch Gespräche mit dem Bundesfinanzminister zu führen gehabt. Aber ich kann Ihnen trotz alledem hier nicht konkrete Einzelheiten nennen. Wenn Sie etwas mehr zu diesem Problem zu erfahren wünschen, bitte ich mir zu gestatten, daß ich ihnen dann eine schriftliche Antwort übermittle.
Wir kommen zur Frage 8 des Abgeordneten Röhner:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß sich durch die Abwicklung der EG-Erzeugerprämie über das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft im Vergleich zu einer Abwicklung über die Landwirtschaftsverwaltungen der Länder die Auszahlung der Prämie an die Erzeuger zum Teil erheblich verzögert?
Durch die Auszahlung der Prämie über das Bundesamt treten normalerweise keine Verzögerungen ein. Die Auszahlung erfolgt in aller Regel ein bis zwei Wochen nach Eingang der für die Auszahlung erforderlichen Angaben. Allerdings konnten auf Grund verwaltungsmäßiger und technischer Schwierigkeiten seit August 1975 etwa 100 000 Anträge bayerischer Erzeuger nicht ausgezahlt werden. Diese Schwierigkeiten sind jedoch inzwischen behoben. Die Auszahlung dieser Prämie wird in Kürze abgewickelt werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß erstens in Anbetracht der immerhin umstrittenen Mehrkostenfrage, zweitens in Anbetracht der von Ihnen soeben eingeräumten Verzögerungsmöglichkeiten und drittens auch wegen der unverändert bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Art der Abwicklung noch einmal überprüft werden müßte, ob hier die Länderlandwirtschaftsverwaltungen nicht doch stärker einzuschalten sind - das könnte durch eine Änderung der Rechtsverordnung geschehen -, als es bisher der Fall ist?
Wir stehen laufend in der Prüfung. Wir werden das vor allen Dingen dann prüfen müssen - das werde ich aber auch noch in der Antwort auf eine weitere Frage sagen -, wenn es zu einer Verlängerung dieser Prämie über den Februar 1976 hinaus kommen sollte. Aber wir bemühen uns durchaus um Abstimmung mit den Ländern. Auch wir wünschen ein beschleunigtes Verfahren der Auszahlung.
Keine Zusatzfrage mehr.
Wir kommen zur Frage 9 des Abgeordneten Kiechle:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob seit Wochen beim Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft in Frankfurt über 100 000 Schlachtkarten aus Bayern unerledigt liegen?
Herr Kollege Kiechle, auf Grund verwaltungsmäßiger und technischer Schwierigkeiten konnten seit August 1975, wie soeben schon ausgeführt, etwa 100 000 Prämienanträge bayerischer Erzeuger nicht zur Auszahlung gebracht werden. Die Schwierigkeiten sind inzwischen behoben. Die Auszahlung der Prämien wird in Kürze abgewickelt werden.
Eine Zusatzfrage? - Bitte!
Herr Staatssekretär, aus welchen Gründen traten plötzlich seit August solche Schwierigkeiten auf, und was waren das für Schwierigkeiten?
Verschiedenste Gründe haben zu diesen Schwierigkeiten geführt. Aber ich kann und möchte auch Ihnen heute mündlich keine konkreten Angaben machen. Ich bin gern bereit, Sie schriftlich darüber zu informieren.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, sind auch in anderen Ländern der Bundesrepublik ähnliche Schwierigkeiten aufgetreten?
Herr Kollege Ey, es geht eigentlich nur um Bayern und Schleswig-Holstein. Hier hat es Schwierigkeiten gegeben. In anderen Ländern laufen die Auszahlungen erfreulicherweise flüssig.
Wir kommen zur Frage 10 des Abgeordneten Kiechle:
Ist die Bundesregierung bereit, im Interesse einer Verbilligung und Beschleunigung eine Überprüfung des bisherigen Verfahrens umgehend vorzunehmen?
Da die Erzeugerprämie Schlachtrinder nach der jetzigen Regelung nur bis zum 29. Februar 1976 gewährt wird, halte ich eine Überprüfung der geltenden Durchführungsbestimmungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht für angebracht. Falls die Maßnahme jedoch über den 29. Februar 1976 hinaus verlängert werden sollte, wird die nationale Durchführung einer eingehenden Prüfung unterzogen werden. Dabei wird es insbesondere darauf ankommen, einen vernünftigen Ausgleich zwischen den Interessen der Länder an einer weiteren Vereinfachung des Verfahrens und dem Interesse des Bundes an einer zentralen Bewirtschaftung der EG-Mittel zu finden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kiechle.
Herr Staatssekretär, da offensichtlich feststeht, daß die Erzeuger eine monatelange Verzögerung der Auszahlung dieser Prämie nicht zu verantworten haben, gibt es hier jemanden, der darüber nachdenkt, wie z. B. der entstandene Zinsverlust ersetzt werden könnte? Oder sind hier die Verantwortlichkeiten der Behörden in allen Fällen geschützt?
Ich glaube, in diesem Fall ist ein größerer Kreis verantwortlich. Über Zinsansprüche haben wir dabei wirklich noch nicht nachgedacht.
Keine weitere Zusatzfrage.
Wir kommen zur Frage 11 des Abgeordneten Horstmeier:
Welche Gründe sprechen dafür, Bundesleistungen der sozialen Sicherung im Einzelplan 10 ({0}) zu führen anstatt im Einzelplan 11 ({1}), und sind Änderungen vorgesehen?
Bundeszuschüsse für die landwirtschaftliche Sozialpolitik sind erstmals im Jahre 1959 zur Verfügung gestellt worden. Damals waren die Zuschüsse für die Altershilfe für Landwirte im Einzelplan 10 unter dem Titel „Besondere agrarstrukturelle Maßnahmen" veranschlagt. Damit wurde die besondere strukturverbessernde Wirkung dieser Sozialmaßnahme zum Ausdruck gebracht. Auch heute noch hält die Bundesregierung unverändert an der Auffassung fest, daß die landwirtschaftliche Sozialpolitik ein wesentlicher Bestandteil der Landwirtschaftspolitik ist und die
Bundeshaushaltsmittel hierfür folgerichtig im Einzelplan 10 zu veranschlagen sind. Hierdurch wird auch den besonderen Belangen der Landwirtschaft am besten Rechnung getragen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Horstmeier.
Herr Staatssekretär, gibt es vergleichbare Sozialleistungen des Bundes, die ebenfalls in Einzelplänen der jeweiligen Fachministerien untergebracht sind?
Ich kann Ihnen keine genaue Antwort geben. Es wird aber wahrscheinlich auch in anderen Etats Mittel geben, die den Sozialleistungen zugute kommen. Aber besonders ausgeprägt ist das im Einzelplan 10 der Landwirtschaft.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Horstmeier.
Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, ob die anderen Länder in der Europäischen Gemeinschaft ebenfalls ihre agrarsozialen Leistungen von den Landwirtschaftsministern mit verwalten lassen?
Das ist sicherlich in den Nachbarländern bisher ebenfalls unterschiedlich gehandhabt worden. Wir müßten dazu eine Umfrage machen. Sie könnten dann schriftlich eine Antwort darauf bekommen.
Keine Zusatzfrage mehr. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Buschfort steht zur Verfügung.
Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Werner auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß erst die Unterzeichnung der jüngst getroffenen „Vereinbarung über die pauschale Abgeltung von Rentenansprüchen" zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen eine rechtliche Grundlage für die pauschale wechselseitige Abgeltung von Ansprüchen geschaffen hat, und, falls nein, welche rechtlichen Grundlagen liegen dann der Vereinbarung zugrunde?
Herr Kollege, die Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Volksrepublik Polen ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Er bedarf auf deutscher Seite der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften. Nach seinem Inkrafttreten bildet er die Rechtsgrundlage für die pauschale Abgeltung aller Ansprüche auf dem Gebiet der Renten- und Unfallversicherung.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Werner.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie demzufolge meiner Auffassung zu, daß vor der Unterzeichnung dieser Vereinbarung polnischerseits keinerlei Forderung im Hinblick auf Abgeltungen im Rentenbereich erhoben werden konnte, die im Einklang mit dem Völkerrecht gestanden hätte?
Herr Kollege, ob eine solche Forderung völkerrechtlich begründet werden kann, vermag ich im Moment nicht zu beantworten. Daß hier allerdings im Gesamtzusammenhang auch moralische Verpflichtungen zu sehen sind, darüber gibt es keinen Zweifel. Darüber hinaus ist aber auch zu sagen, daß es bisher schon gegenseitige ,Anrechnungsformen gegeben hat. Beispielsweise haben wir für heimatlose Ausländer und für Deutsche in der Bundesrepublik nach dem Fremdrentengesetz das Eingliederungsprinzip angewandt. Auf der anderen Seite hat auch Polen in der Vergangenheit in seinen Gebieten Leistungen an vom Abkommen betroffene Personen erbracht, so daß auch schon bisher gewisse Gegenseitigkeiten bestanden haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß umfangreiche Ansprüche sowohl deutscher Staatsangehöriger in Polen als auch sonstiger Personen nicht deutscher Staatsangehörigkeit sowohl gegenüber der deutschen Rentenversicherung als auch gegenüber polnischen Versicherungsträgern bestanden, die Grundlage dieses Abkommens sein müssen?
Ja. Es ist bekannt, daß eine ganze Anzahl von Sozialgerichtsprozessen bereits in erster und zweiter Instanz entschieden worden sind. Die Entscheidungen der dritten Instanz stehen noch aus. Allerdings wird jetzt - das ist das Erfreuliche - mit diesem Vertrag eine Grundlage geschaffen, so daß alle Fälle im übrigen nach einem einheitlichen Recht beurteilt werden können.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stahl.
Herr Staatssekretär, ist es denn nicht unabhängig von dem Abkommen mit Polen so, daß zwischen den Staaten derartige Verträge abgeschlossen werden, um die Versicherten selbst in den Genuß der jeweiligen Leistung zu bringen, die sie in dem einen oder anderen Land erbracht haben?
Herr Kollege, es gibt unterschiedliche Formen bei Vertragsgestaltungen. Wir haben Verträge mit individuellen Regelungen geschaffen; wir haben in der Vergangenheit aber auch pauschale Regelungen vereinbart, und zwar, wenn ich die Staaten richtig in Erinnerung habe, mit den Niederlanden, mit Luxemburg, mit Jugoslawien und jetzt auch mit Polen. Darüber hin14198
aus gibt es noch eine ganze Zahl von Ländern, mit denen wir andere Regelungen getroffen haben.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, darf man nach der Beantwortung der Frage des Kollegen Arndt schließen, daß nunmehr die Deutschen jenseits von Oder und Neiße doch um ihren Anspruch gebracht werden, den sie immer noch einklagen, denn das Urteil ist ja noch nicht gefällt?
Herr Kollege Hupka, da es sich eben hier um ein schwebendes Verfahren handelt, verbietet es sich, daß die Bundesregierung jetzt zum Ausgang des Prozesses Stellung bezieht.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Freiherr von Fircks.
Herr Staatssekretär, ist es nicht richtig, daß gerade durch dieses Abkommen im Gegensatz zu der Auffassung, die der Kollege Stahl in seiner Frage vertrat, die Betreffenden nicht in den Genuß der sozialen Sicherungen kommen, für die sie eingezahlt haben, sondern, da dieses Abkommen nach dem Exportprinzip abgeschlossen ist, die Leistung des Landes bekommen, in dem sie jetzt leben?
Herr Kollege, es ist richtig, es wird nach dem Vertrag in jedem Land die jeweils gültige Rentenversicherungsregelung angewendet.
Keine weitere Zusatzfrage? - Dann komme ich zur Frage 13 des Abgeordneten Freiherr von Fircks:
Wie groß ist nach den Schätzungen der Bundesregierung die Zahl derjenigen Fälle zu veranschlagen, in denen durch das deutsch-polnische Rentenabkommen im Bundesgebiet lebende Personen nichtdeutscher Volkszugehörigkeit einen Rentenanspruch auf Grund von Versicherungs- und Beschäftigungszeiten in Polen oder in den derzeit unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten gegenüber Versicherungsträgern in der Bundesrepublik Deutschland geltend machen können, und welche finanzielle und arbeitsmäßige Belastung wird sich hieraus für die deutschen Versicherungsanstalten ergeben?
Herr Kollege, die Anzahl der Personen, auf die Ihre Frage abzielt, ist nicht bekannt. Ein Teil dieser Personen wird bereits einen Rentenanspruch als heimatlose Ausländer nach dem Fremdrentenrecht haben. Insgesamt dürften sich aus der verbleibenden Zahl der von Ihnen angesprochenen Personen, also der Nichtdeutschen und der heimatlosen Ausländer, nach dem derzeitigen Erkenntnisstand keine nennenswerten finanziellen und arbeitsmäßigen Belastungen für die deutschen Versicherungsträger ergeben.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, beziehen sich die durch Mitglieder der Bundesregierung und auch durch Mitglieder der Regierungsfraktionen mehrfach geäußerten Hinweise, daß durch das Rentenabkommen mit Polen auch Verbesserungen zugunsten von Personen im Bundesgebiet eintreten werden, ausschließlich auf diesen Personenkreis, also ehemalige oder heutige polnische Staatsangehörige?
Nein.
({0})
- Nein. Herr Kollege, ich darf Ihnen hierfür ein Beispiel geben. Es hat nicht wenige gegeben, die nach dem Krieg in die Volksrepublik Polen gegangen und zurückgekehrt sind, ohne daß sie vertrieben wurden, ohne daß sie ausgewiesen wurden. Diese Personen haben heute keinen Rechtsanspruch auf Leistungen der deutschen Rentenversicherung für die Zeit, in der sie in Polen beschäftigt waren. Mit diesem Vertrag erwerben sie nunmehr Rechtsansprüche, und von daher gibt es persönliche, individuelle Verbesserungen.
Eine Zusatzfrage? - Nein. - Dann Herr Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Verbesserungen für alle Personen eintreten, die jemals zur polnischen Sozialversicherung Beiträge geleistet haben, die hierherkommen und nicht im Besitze des Ausweises A nach dem Bundesvertriebenengesetz sind?
Ja, das gilt für alle diese Personen, die bisher durch das Fremdrentengesetz nicht erfaßt wurden. Sie erhalten jetzt einen gesetzlichen Anspruch.
Herr Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, Sie haben hier individuelle Fälle genannt. Sind es so wenige, die dann in den Genuß einer Rente kämen, daß man sie gar nicht feststellen kann?
Herr Kollege, das ist nicht genau überschaubar. Bisher konnten solche Rentenansprüche nicht registriert und nicht angenommen werden, weil keine gesetzliche Grundlage bestand. Wir werden jetzt nach Inkrafttreten der neuen Regelung feststellen, wie viele Anspruchsberechtigte sich melden. Derzeit ist aber keine Zahl bekannt. Ich wäre hier also überfragt, wenn ich darauf antworten sollte. Ich kann das in der Tat nicht.
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Dann komme ich zur Frage 14 des Abgeordneten Freiherr von Fircks:
Welche Änderungen und Ergänzungen der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auch des Fremdrentenrechts, werden nach Auffassung der Bundesregierung notwendig sein, um den,
Vizepräsident Dr. Jaeger
Erfordernissen des deutsch-polnischen Rentenabkommens insoweit und darüber hinausgehend in bezug auf die Rentenansprüche von Deutschen mit ständigem Aufenthalt in Polen oder in den derzeit polnisch verwalteten deutschen Ostgebieten Rechnung zu tragen?
({0})
- Nein, nicht mehr, vorbei; Sie haben sich gesetzt. Bitte sehr, wir kommen zur Beantwortung.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich folgendes bemerken, Herr Kollege:
Das deutsch-polnische Abkommen über Renten- und Unfallversicherung erfordert lediglich die im Vertragsgesetz zu diesem Abkommen vorgesehenen Änderungen und Ergänzungen des innerstaatlichen Sozialversicherungsrechts. Es ist nicht vorgesehen, in bezug auf die Rentenansprüche von Deutschen, die in den von Ihnen genannten Gebieten wohnen, weitere Sondervorschriften zu schaffen. Da das Vertragsgesetz für den davon berührten Personenkreis eine Sonderregelung gegenüber dem geltenden innerstaatlichen Recht darstellt und diesem insoweit vorgeht, war eine Änderung oder Ergänzung der einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht notwendig.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, welche Maßnahmen wird die Bundesregierung treffen, um den in der Bundesrepublik betroffenen Personenkreis darüber zu informieren, daß er jetzt seine durch dieses Abkommen neu gewonnenen Ansprüche anmelden kann?
Herr Kollege, wir können die Personen nicht im einzelnen benachrichtigen, da uns weder Namen noch Adressen bekannt sind. Ich gehe davon aus, daß die Debatten, beispielsweise die Bundestagsdebatten, sowie die Darstellungen in Presse, Rundfunk und Fernsehen dazu führen werden, daß sich nun jeder einzelne selber an die jeweiligen Versicherungsträger wendet mit der Frage, ob auch er seine Zeiten aus Polen jetzt noch zur Anrechnung bringen kann, und eine Überprüfung vornehmen läßt.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, besteht nicht die Möglichkeit, diesen von Ihnen vorhin umschriebenen Personenkreis über das Bundesausgleichsamt, die Landesausgleichsämter und die Kreisflüchtlingsämter jeweils am Ort durch geeignete Publikationen - das wird unterschiedlich sein - zu informieren? Denn dieser Personenkreis verfolgt, sofern er nicht schon längere Zeit hier in der Bundesrepublik Deutschland lebt, diese spezialpolitischen Debatten im Bundestag sicher noch am wenigstens.
Herr Kollege, zunächst einmal dürften für diese Aufgabe die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und die Landesversicherungsanstalten zuständig sein. Da es sich zufällig ergibt, daß wir in dieser Woche mit diesen Trägern ein Gespräch führen, will ich gern darauf hinweisen und die Bitte vortragen, daß man sich der von Ihnen gestellten Frage annimmt. Ob darüber hinaus die Einrichtungen, die Sie vorhin nannten, mit der Informationsaufgabe betraut werden können, vermag ich im Moment nicht zu übersehen. Ich will aber gern veranlassen, daß man sich dieser Frage im Hause noch einmal annimmt.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, betrifft das Rentenabkommen auch die Ansprüche von Deutschen mit heutigem Wohnsitz in Gebieten außerhalb der Reichsgrenzen vom 31. Dezember 1937, die bisher einen Anspruch gegen deutsche Rentenversicherungsträger haben und diesen auch erfüllt bekommen können?
Ich kann diese Frage im Augenblick nicht mit der notwendigen Sicherheit beantworten. Ich werde das schriftlich nachholen.
Keine Zusatzfrage mehr.
Dann rufe ich die Fragen 15 und 16 des Abgeordneten Ey auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Ausmaß die deutsche Landwirtschaft mit zusätzlichen Kosten belastet wird durch die beabsichtigte uneingeschränkte Einbeziehung der Landmaschinen und Ackerschlepper in die DIN 31001, Blatt 1, Verzeichnis A?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß von Fachinstitutionen der Sidierheitsgewinn durch die Einführung der DIN 31001 als „nicht nennenswert" beurteilt wird, und wie begründet die Bundesregierung die Ablehnung der Erstellung von Fachbereichsnormen?
Herr Kollege, die von Ihnen genannte DIN-Norm ist eine grundsätzliche Sicherheitsnorm, die sich insbesondere auf Sicherheitsabstände bezieht. Sie richtet sich an alle Hersteller von technischen Einrichtungen.
Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ist die Norm nach Anhörung der beteiligten Kreise und der obersten Arbeitsbehörden der Länder vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Verzeichnis A zum Maschinenschutzgesetz bezeichnet worden. Danach haben nunmehr die Überwachungsorgane bei der sicherheitstechnischen Beurteilung von Einrichtungen von dieser Norm auszugehen. Um aber den besonderen Belangen einzelner Branchen Rechnung zu tragen, sollen ergänzend zu den Grundsatznormen sogenannte Fachbereichsnormen erstellt werden. Für die landwirtschaftlichen Maschinen werden solche Fachbereichsnormen zur Zeit vorbereitet. Bis zu deren Inkrafttreten sind die bisherigen speziellen sicherheitstechnischen Regeln weiter anzuwenden. Das gilt auch in dem von Ihnen genannten Bereich der landwirtschaftlichen Maschinen.
Wegen des Weitergeltens der bisher gültig gewesenen Regeln neben den Grundsicherheitsnormen entstehen durch deren Bezeichnung keine zusätzlichen Kosten bei der Produktion landwirtschaftlicher Maschinen.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich bemerken: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß Fachinstitutionen DIN 31 001 Blatt 1 ablehnen. Die Erstellung besonderer Fachbereichsnormen wird von der Bundesregierung unterstützt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die Bezeichnung von neuen sicherheitstechnischen Normen in der Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über technische Arbeitsmittel - wenn nicht de jure, so doch de facto - neue Handelshemmnisse entstehen?
Herr Kollege, zunächst einmal gelten noch die alten Bestimmungen weiter. Die Übergangsfrist beträgt 18 Monate. Außerdem ist, wie ich bereits vorhin ausführte, beabsichtigt, für den Landmaschinenbereich noch spezielle Regelungen zu treffen. Ich will nicht verkennen, daß allgemein durch Sicherheitsnormen auch einmal Kosten entstehen können. Wenn dadurch aber die Zahl der Unfälle im landwirtschaftlichen Bereich vermindert wird, sollte uns der Preis recht sein.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ey.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, diese möglichen Handelshemmnisse im Interesse der deutschen Landwirtschaft und der Landmaschinenindustrie durch harmonisierte Regelwerke in der Europäischen Gemeinschaft zu verhindern oder zu beseitigen?
Herr Kollege, unser Ziel muß es, glaube ich, nicht sein, solche Vorschriften zu verhindern, sondern wir müssen uns dafür einsetzen, daß einheitliche Regelungen im europäischen Bereich Gültigkeit finden. Ich hoffe, daß uns das auch gelingen wird.
Es stehen Ihnen vier Zusatzfragen zu; Sie haben also noch eine Frage, die dritte.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die DIN 31 001 Blatt 1 in vielen Fällen bereits heute ein Schutzniveau gefordert wird, das erheblich über dem derzeitigen Erfahrungsstand der zuständigen Fachberufsgenossenschaften liegt und demzufolge unnötige Kosten verursacht?
Herr Kollege, die alten Regelungen gelten ja derzeit weiter. Wir werden natürlich die neuen Regelungen für den landwirtschaftlichen Bereich nur nach eingehender Beratung mit den zuständigen Gremien einführen, so daß sich derzeit von der Kostenseite her gar nichts verändert. Wenn ich das richtig sehe, ist man hier insbesondere seitens des Ministeriums auch bemüht, eine Abstimmung mit den jeweiligen Vertretern der Interessen des Landmaschinenbaus herbeizuführen.
Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ey.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung auch bekannt, daß durch die vorbehaltlose Anwendung der jetzigen DIN 31 001 technologische Entwicklungsrichtungen in erheblichem Umfang abgeblockt werden?
Herr Kollege, möglicherweise geraten technische Entwicklungen und Unfallverhütungsvorschriften gelegentlich in Widerspruch zueinander. Ich habe aber aus eigener Erfahrung eigentlich nur folgenden Schluß zu ziehen: Es ist denkbar, daß unsere Produkte insbesondere im Ausland auch deshalb gekauft werden, weil der Käufer weiß, daß man hier eine unfallsichere Anlage kauft, eine gute Maschine, die alle Bereiche der Unfallverhütung abdeckt und international einen besonderen Standard hat.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Grützmann.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung dafür sorgen, daß die Betroffenen von dieser Ihrer Antwort auch Kenntnis erlangen?
Frau Kollegin, den Vertretern der Landmaschinen- und Ackerschleppervereinigung hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung in einem Gespräch am 2. Dezember, also gestern, zugesagt, an die mit der Durchführung des Maschinenschutzgesetzes befaßten Stellen ein klärendes Rundschreiben zu richten. Damit dürften auch einige der Sorgen behoben werden, die der Herr Kollege Ey vorhin geäußert hat.
Keine Zusatzfrage mehr.
Die Frage 17 des Abgeordneten Gallus wird schriftlich beantwortet, da der Herr Abgeordnete nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich komme zur Frage 18 des Abgeordneten Engholm:
Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen kassenärztliche Vereinigungen die Errichtung eines Ärztezentrums davon abhängig gemacht haben, daß ihnen gemeindeeigene Grundstücke weit unter dem amtlich festgestellten Verkehrswert verkauft würden, und wie gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, daß die ärztliche Versorgung insbesondere der Bevölkerung in ländlichen Räumen in jedem Fall gewährleistet wird und nicht von der Finanzkraft einer Kommune abhängig gemacht werden kann?
Herr Kollege Engholm, Fälle der von Ihnen beschriebenen Art sind mir nicht bekanntgeworden.
Ich darf dazu anmerken, daß die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung Aufgabe der kassenärztlichen Vereinigungen in den Ländern ist. Sie unterstehen der Rechtsaufsicht der zuständigen Arbeitsminister der Länder oder Senatoren für Arbeit. Sofern Sie bei Ihrer Frage von einem besonderen Fall ausgehen, bin ich auch gern bereit, den Sachverhalt der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Kenntnis zu geben, wenn Sie mir die entsprechenden Einzelheiten mitteilen.
Im übrigen darf ich zum zweiten Teil Ihrer Frage noch bemerken, daß für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auch in den ländlichen Gebieten die Bedarfssituation der versicherten Bevölkerung maßgeblich ist. Die Bundesregierung hat in dem dem Deutschen Bundestag vorliegenden Entwurf eines Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetzes im kassenarztrechtlichen Teil auch Vorschläge unterbreitet, welche dazu beitragen sollen, daß die kassenärztliche Versorgung insbesondere auch in den ländlichen Gebieten langfristig sichergestellt werden kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Engholm.
Darf ich Sie dann auf das Beispiel Trittau in Schleswig-Holstein hinweisen, Herr Staatssekretär, wo die Kassenärztliche Vereinigung 10 DM je Quadratmeter bei einem tatsächlichen, auch von der Kommunalaufsicht attestierten Wert von 100 DM je Quadratmeter geboten und bei Nichtrealisierung des Grundstücksverkaufes von dem Bau eines Ärztezentrums abgesehen hat, und würden Sie mir in diesem Falle zustimmen, daß das ein Beispiel eines eklatanten Mißverhältnisses der Macht Kassenärztlicher Vereinigungen gegenüber den geringen Einflußmöglichkeiten der Gemeinden ist?
Herr Kollege, ich höre das mit Interesse und werde veranlassen, daß sich unser Haus dieses Vorganges annimmt.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Wieviel Kindergeldfälle, bei denen die nach dem Bundeskindergeldgesetz notwendigen Beweismittel bislang nicht vorlagen, müssen im Zusammenhang mit der Neuordnung des Familienlastenausgleichs von der Arbeitsverwaltung überprüft werden?
Herr Kollege Wernitz, bei der Bundesanstalt für Arbeit wurden bis Ende Oktober 1975 rund 6,15 Millionen Kindergeldanträge nach dem neuen Recht gestellt. Unabhängig von der Auszahlung des Kindergeldes sind bei rund 2,65 Millionen dieser Anträge noch die entsprechenden Nachweise über die Kinder zu führen.
Eine Zusatzfrage, bitte sehr.
Herr Staatssekretär, bis wann rechnen Sie mit der Abwicklung dieser Überprüfung?
Buschfort, Par]. Staatssekretär: Herr Präsident, Herr Kollege Wernitz, wenn Sie gestatten, möchte ich jetzt gern Ihre zweite Frage beantworten, weil sich daraus schon einiges ergibt.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Wernitz auf:
Nach welchem Verfahren wird der Abgleich der Angaben auf den Kindergeldanträgen mit den Bestandsangaben im Einwohnermeldewesen durchgeführt?
Die Bundesanstalt hat zwei neue Nachweisverfahren entwickelt, die eine Mitwirkung der Kindergeldberechtigten bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr erfordern. Den Antragstellern wird damit der Weg zu den Meldebehörden erspart und der Arbeitsanfall der Einwohnermeldebehörden erheblich vermindert.
Im Rahmen des ersten Nachweisverfahrens erhalten die Einwohnermeldeämter künftig unmittelbar vom Arbeitsamt maschinell vorbereitete und nach Einwohnermeldeämtern sowie alphabetisch geordnete Familienstandsbescheinigungen. Diese lassen sich schnell, rationell und ohne Schwierigkeiten mit den Unterlagen der Einwohnermeldebehörden vergleichen.
Soweit die Gemeinden bereits jetzt an einem Datenträgeraustausch teilnehmen können, kann in einem zweiten Nachweisverfahren dieser Abgleich der Daten der Kindergeldanträge mit den Bestandsangaben bei den Einwohnermeldeämtern ab Januar 1976 unmittelbar zwischen Arbeitsämtern und Einwohnermeldeämtern durchgeführt werden. Die Bundesanstalt prüft zur Zeit mit den zuständigen Behörden der Länder noch ausstehende Einzelfragen dieses Datenabgleiches.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär: eine Zusatzfrage habe ich bereits gestellt; ich darf an diese noch einmal erinnern. Im übrigen möchte ich Sie in dem Zusammenhang fragen, ob ich Sie richtig verstanden habe bezüglich der beiden Verfahren, auf die Sie hinweisen: daß a) ein differenzierter Einsatz der automatisierten Datenverarbeitung dort möglich ist, wo die Voraussetzungen gegeben sind, und daß b) dort, wo eben nur die manuellen Abgleichmöglichkeiten bestehen, das konventionelle Verfahren zum Tragen kommt?
Ja. Es ist unser Ziel, die Datenverarbeitung einzusetzen, soweit wir das können; einmal aus Kostenersparnisgründen und aus personellen Gründen sowie auch wegen der Beschleunigung des Verfahrens. Bei den anderen Meldebehörden wird es nach wie vor notwendig sein, das manuelle Verfahren anzuwenden. Ich bin mir auch darüber im klaren, daß dann immer noch ein Restposten von Beanstandungen übrigbleiben wird, insbesondere bei unseren ausländischen Arbeitnehmern, weil dort doch gelegentlich große Schwierigkeiten auftreten. Die Problematik ist jedem Abgeordneten mehr oder weniger bekannt.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, das heißt also, daß die zu diesem Zweck eingesetzte Arbeitsgruppe zu einem positiven Ergebnis gekommen ist?
Buschfort, Pari. Staatssekretär: Mein Eindruck ist - ich habe mich noch einmal vergewissert -, daß man zuversichtlich ist, die Datenverarbeitung einsetzen zu können und damit eine beachtliche Beschleunigung des Verfahrens zu erzielen. Allerdings sind noch abschließende Gespräche über Details notwendig.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 21 des Abgeordneten Ziegler wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 22 des Abgeordneten Dr. Götz wird ebenfalls schriftlich beantwortet, da der Abgeordnete nicht im Saale ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wie ich höre, ist der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Glotz durch eine Sitzung des Vermittlungsausschusses aufgehalten. Demgemäß kommen wir zuerst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Baum steht zur Verfügung. Wir kommen zu Frage 29 des Abgeordneten Möllemann:
Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, inwieweit in einzelnen Bundesländern bei Einstellung von Lehrern Bewerber aus anderen Bundesländern benachteiligt oder gar grundsätzlich abgelehnt werden, und wie beurteilt die Bundesregierung derartige Praktiken, insbesondere im Hinblick auf Artikel 33 des Grundgesetzes und entsprechender bundesrechtlicher Rahmenvorschriften, und sieht sie Möglichkeiten, durch weitere gesetzgeberische Maßnahmen oder durch Verhandlungen mit den Ländern die Praktizierung derartiger „Landeskinderklauseln" zu unterbinden?
Herr Kollege Möllemann, der Bundesregierung liegen bisher keine Erkenntnisse darüber vor, daß einzelne Bundesländer bei der Einstellung von Lehrern Bewerber aus anderen Bundesländern benachteiligen oder grundsätzlich ablehnen. Eine rechtliche Beurteilung, nach der Sie fragen, würde ohne die Kenntnis der näheren konkreten Einzelheiten Gefahr laufen, von falschen Voraussetzungen auszugehen. Dieser Gefahr möchte sich die Bundesregierung um so weniger aussetzen, als die von Ihnen angesprochenen Vorgänge, wenn sie sich tatsächlich zugetragen haben, in erster Linie in den Verantwortungsbereich der betreffenden Länder fallen.
Ich kann hier nur zur Rechtslage allgemein darauf hinweisen, daß nach Art. 33 Abs. 2 GG der Zugang zu den Beamtenlaufbahnen nur von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung abhängig gemacht werden darf. § 7 des Beamtenrechtsrahmengesetzes schreibt bindend vor, daß Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Herkunft oder Beziehungen vorzunehmen sind.
Die Bundesregierung sieht nach alledem, Herr Kollege, keine Veranlassung, gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen oder in Verhandlungen mit den Ländern einzutreten.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, was wird die Bundesregierung tun, wenn man ihr belegt - und dies ist möglich -, daß das Land Niedersachsen in einer Verfügung vorschreibt, daß bei der Einstellung in den Schuldienst zunächst die Landeskinder heranzuziehen sind?
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, Herr Kollege, wenn Sie mir Beispiele nennen könnten. Ich werde dann der Sache nachgehen und Ihnen Auskunft geben, wenn ich den konkreten Einzelfall kenne.
Keine Zusatzfrage. - Dann komme ich zu Frage 30 des Abgeordneten Pensky.
Inwieweit - und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis - ist die Bundesregierung den in der Presse erhobenen Vorwürfen nachgegangen, wonach das bei den Polizeien des Bundes und der Länder eingeführte Sprühmittel „chemical mace" erheblich gesundheitsgefährdend sowohl für die das Mittel anwendenden Polizeibeamten wie auch für Personen, gegen die das Mittel angewendet wird, ist?
Herr Kollege Pensky, bei Anwendung von Zwang durch staatliche Organe ist stets der rechtsstaatliche Grundsatz zu beachten, daß nur das mildeste, geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Mittel einzusetzen ist. Bund und Länder sind daher seit Jahren bemüht, die Auswahl technischer Zwangsmittel mit abgestufter Wirkung zu vergrößern, damit die Vollzugsbeamten diesem Grundsatz im Einsatz entsprechen können. Reizstoffe gehören seit Jahrzehnten zu den technischen Zwangsmitteln der Polizei. Das Reizstoffsprühgerät „Chemical Mace MK V" wird in anderen Ländern seit Jahren von der Polizei eingesetzt; in den USA seit etwa zehn Jahren. Dieses Einsatzmittel macht den Gebrauch anderer Zwangsmittel wie etwa des Schlagstocks und der Schußwaffe in vielen Fällen überflüssig.
Auf Grund der im Ausland gemachten positiven Erfahrungen hat der Arbeitskreis II der Arbeitsgemeinschaft der Innenministerien der Länder der Einführung dieses Geräts im Jahre 1974 zugestimmt. Zuvor waren ärztliche Gutachten hinsichtlich der Unschädlichkeit eingeholt worden. Der AK II beschloß auch eine detaillierte Bedienungsanleitung. Nachdem es sich im Einsatz der Polizeibehörden mehrerer Länder bewährt hatte, wurden im Jahre 1975 auch der Bundesgrenzschutz und die Bereitschaftspolizeien der Länder in die Beschaffung einbezogen.
Die in Publikationsorganen wiederholt erhobenen Vorwürfe, daß der Reizstoff CM zu erheblichen Gesundheitsschäden führen und sogar tödlich wirken könne, wurden von den Innenministerien überprüft. Die Vorwürfe hielten einer fachlichen Nachprüfung nicht stand. Spätfolgen wurden im ZusamParl. Staatssekretär Baum
menhang mit der Verwendung des Reizstoffsprühgerätes Chemical Mace MK V bisher nicht bekannt.
In der Justizvollzugsanstalt Kassel konnte am 11. August dieses Jahres ein Geiselnehmer mit Hilfe dieses Reizstoffsprühgerätes überwältigt werden. Obwohl der Reizstoff in einem geschlossenen Raum unmittelbar gegen ihn eingesetzt wurde, traten bis auf geringe Rötungen im Augenweiß bei ihm keine Folgen ein.
In jüngster Zeit, Herr Kollege, ist die Vermutung des Washingtoner Polizeiarztes veröffentlicht worden, daß Polizeibeamte einem erhöhten Risiko der Hautkrebserkrankung ausgesetzt sein könnten, wenn sie über längere Zeit häufig mit dem Reizstoff in Berührung kommen. Daraufhin haben verschiedene Behörden der Polizei im Auftrag der Innenminister des Bundes und der Länder unverzüglich Eilanfragen an die zuständigen Polizeibehörden und Forschungsstellen in den USA und in Großbritannien gerichtet, um Aufschlüsse über tatsächliche Anhaltspunkte für diese Vermutungen zu erhalten. Die Ergebnisse der Anfragen liegen im Augenblick noch nicht vor, obwohl wir gedrängt haben, Herr Kollege. Die Bundesregierung wird dem Bundestag unverzüglich berichten, nämlich erstens über den Inhalt der Antworten und zweitens ob auf Grund der Antworten Maßnahmen zu treffen sind und gegebenenfalls welche Maßnahmen getroffen werden.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist die Problematik auch daraufhin überprüft worden, ob es den Tatsachen entspricht, daß der Wirkstoff der „chemischen Keule", wie „Chemical Mace" auch genannt wird, zu den Weißkreuzkampfstoffen gehört, deren militärische Anwendung durch internationale Übereinkünfte weltweit geächtet ist?
Herr Kollege, ich kenne die Angaben in dem Zeitungsartikel, auf den Sie sich offenbar beziehen. Wir sind dabei, das zu prüfen. Es wird bisher nicht angenommen, daß dieser Stoff zu den international geächteten Kampfstoffen gehört.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß Sie bereit wären, wenn sich die Bedenken und Vorwürfe, die teilweise erhoben worden sind, bestätigen sollten, unverzüglich die weitere Belieferung der Polizeien einzustellen und die bereits ausgelieferten Instrumente wieder einzuziehen?
Herr Kollege, ich bin selbstverständlich gern bereit, dann mit den Innenministerien der Länder, die im wesentlichen für den Einsatz verantwortlich sind, in Verhandlungen einzutreten, wenn sich etwa herausstellen sollte, daß die Vermutungen, die der Washingtoner Polizeiarzt geäußert hat, berechtigt sind.
Im übrigen bitte ich, immer zu bedenken, daß dieser Wirkstoff - so unangenehm er auch sein mag - den Einsatz anderer Mittel überflüssig macht. Eben wurde der Zuruf gemacht: „Dann wird wieder geschossen!" Ich möchte das nicht so allgemein sagen, aber die Alternative wäre in vielen Fällen, so auch in dem von mir erwähnten Fall in Kassel, immer wieder der Schuß.
Meine Damen und Herren, auf der Diplomatentribüne haben Teilnehmerinnen eines internationalen Expertentreffens der UNESCO zur Planung eines Austauschprojekts für Frauen zur Verbesserung des Status der Frauen in der Gesellschaft Platz genommen. Ich darf die Damen im Jahr der Frau besonders herzlich begrüßen.
({0})
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Pensky auf:
Wie steht die Bundesregierung dazu, daß „chemical mace" oder ähnliche Mittel im freien Handel feilgeboten werden?
Geräte der Firma Chemical Mace und ähnliche Geräte bzw. Mittel werden zum Zwecke der Selbstverteidigung auch im zivilen Bereich verwendet. Der entscheidende Unterschied zwischen der Verwendung im polizeilichen Einsatz und der zivilen Verwendung besteht jedoch darin, daß ihre Anwendung im ersteren Fall nur nach gründlicher Schulung der die Geräte einsetzenden Beamten zulässig ist, während im privaten Bereich im allgemeinen eben nicht sachkundige Personen die Geräte anwenden.
Deshalb unterliegen Geräte mit einer größeren Reichweite und Gefährlichkeit einer waffenrechtlichen Kontrolle. Nach § 4 Abs. 1 der Ersten Verordnung zum Waffengesetz sind die für Selbstladewaffen geltenden Vorschriften des Waffengesetzes auch auf tragbare Geräte anzuwenden, die, ohne Schußwaffen zu sein, zum Angriff oder zur Verteidigung bestimmt sind und bei denen durch ein gezieltes Versprühen von Reiz- oder anderen Wirkstoffen in einer Entfernung von mehr als zwei Metern auf Menschen eingewirkt werden kann. Geräte, bei denen diese Voraussetzungen gegeben sind, dürfen nur gegen Vorlage einer behördlichen Erlaubnis - Waffenbesitzkarte - vertrieben und anderen überlassen werden. Ferner müssen die Geräte und die aus ihnen versprühten Reizstoffe den in Abschnitt I der Zweiten Verordnung zum Waffengesetz festgelegten Anforderungen an ihre Beschaffenheit, Zusammensetzung und höchstzulässige Menge entsprechen.
Außerdem ist anläßlich einer Neufassung der Ersten Verordnung zum Waffengesetz vorgesehen, die Hersteller und Händler allgemein zu verpflichten, jedem derartigen Gerät eine Bedienungsanleitung beizugeben.
Mir sind Fälle des Mißbrauchs bekanntgeworden, des Verstoßes gegen diese Vorschrift. Herr Kollege, wir haben bei den betreffenden Landesministern sofort veranlaßt, daß der freie Verkauf dort, wo er entgegen der Vorschriften erfolgte, unterbunden wurde.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pensky.
Herr Staatssekretär, ich kann also davon ausgehen, daß Sie auch diese sogenannte „chemische Keule", die im freien Handel vertrieben und beispielsweise in Boulevardblättern angeboten wird, als eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung in unserem Staate ansehen und daß Sie diesen neuerlichen Veröffentlichungen nachgehen, die in einem Boulevardblatt erschienen sind?
Es sind hier strenge Vorschriften zu beachten. Für die wirklich gefährliche Anwendung, also diejenige, die über den von mir genannten Entfernungsbereich hinausgeht, ist eine Waffenbesitzkarte erforderlich. Wir sind bisher allen Fällen nachgegangen, in denen gegen diese Vorschrift gehandelt wurde, und werden dies auch künftig tun.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 32 der Frau Abgeordneten Dr. Däubler-Gmelin auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Raumpflegerinnen, die regelmäßig Möbel und Böden in staatlichen Forstämtern pflegen, Gewähr für das jederzeitige Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung bieten müssen, und sieht die Bundesregierung Unterschiede, wenn diese Putzfrauen nicht direkt als Arbeitnehmerinnen bei staatlichen Forstämtern angestellt sind, sondern dieselbe Tätigkeit als Angestellte einer privaten Reinigungsfirma ausüben?
Frau Kollegin, in Ihrer Frage sprechen Sie Arbeitnehmer im Landesdienst an. Ohne in die Zuständigkeit der Länder eingreifen zu wollen, darf ich mir den Hinweis erlauben, daß die darin aufgeworfene Frage der Abgrenzung zwischen dem öffentlichen Dienst einerseits und Arbeitsverhältnissen in der Privatwirtschaft andererseits unter dem Aspekt der Treuepflicht bereits Gegenstand der Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Sperling am 5. November gewesen ist. Auf diese Antwort der Bundesregierung möchte ich daher zunächst Bezug nehmen. In ihr wird unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Mai dieses Jahres sowie die beamtengesetzlichen und tarifrechtlichen Rechtsgrundlagen ausgeführt, daß die in Rede stehende besondere Loyalität nur von den Angehörigen des öffentlichen Dienstes, nicht aber von Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft gefordert wird. Dies gilt auch dann, wenn ein privates Unternehmen für Tätigkeiten herangezogen wird, die anderwärts von Angehörigen des öffentlichen Dienstes selbst wahrgenommen werden.
Die Verantwortung des Staates für die ordnungsgemäße Erfüllung der öffentlichen Aufgaben wird davon nicht berührt. Ihr ist erforderlichenfalls durch andere geeignete Maßnahmen Rechnung zu tragen. Einer Übertragung spezifischer Grundsätze des öffentlichen Dienstes auf Arbeitsverhältnisse außerhalb des öffentlichen Dienstes bedarf es dazu nicht. Eine solche Übertragung wäre auch nicht sachgerecht, denn die den Rechtsverhältnissen des öffentlichen Dienstes eigentümliche Loyalitätspflicht kann
nicht isoliert gesehen werden. Sie hat ihren Platz vielmehr im Gesamtrahmen der auf die Bedürfnisse des öffentlichen Dienstes ausgerichteten Vorschriften.
Herr Staatssekretär, wären Sie so freundlich, mir die politische Beurteilung dieses Sachverhalts durch die Bundesregierung kurz mitzuteilen?
Frau Kollegin, wir sind in unserer Beurteilung an den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts gebunden, den ich eben zitiert habe. In diesem Beschluß wird - jedenfalls für den Beamtenbereich ganz deutlich ausgeführt, daß eine Differenzierung nach Tätigkeiten, nach Funktionen nicht möglich ist. Wir haben außerdem zur Kenntnis nehmen müssen, daß - was die Angestellten angeht - eine ähnliche Loyalitätspflicht gefordert wird. Wir prüfen noch, inwieweit dies auch auf die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, um die es hier ja geht, anwendbar ist, wobei wir berücksichtigen müssen, daß es zu diesem Punkt auch Tarifverträge - nämlich Manteltarifverträge - gibt, die wiederum einen anderen Wortlaut im Hinblick auf Verfassungstreue haben.
Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Däubler-Gmelin.
Herr Staatssekretär, ich kenne natürlich den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts und weiß auch, daß diese verschiedenen Formen der Ausübung gleicher Tätigkeiten in der Praxis tatsächlich vorkommen. Dennoch ist mir der Sinn - weniger die juristische Zwangsläufigkeit - einer solchen Regelung bisher verschlossen geblieben. Vielleicht können Sie mir da etwas helfen.
Frau Kollegin, auch ich habe den Beschluß sehr eingehend studiert und versucht, ihm einen Sinn gerade in diesem Punkte abzugewinnen. Es gibt natürlich Erklärungen dafür. Eine hat der Kollege Schmude in der letzten Fragestunde hier dargestellt; diese Erklärung steht mit dem Funktionieren der gesamten öffentlichen Verwaltung im Zusammenhang. Aber sicherlich wird man diese Frage noch vertiefen müssen. Wir sind hier aber nicht allein nach unserer politischen Beurteilung gefragt, sondern gehalten, den Beschluß des Verfassungsgerichtes zu interpretieren.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gansel.
Herr Staatssekretär, ist es dann so, daß bei der von der Opposition angestrebten Privatisierung kommunaler Dienste oder auch der Bundesbahn oder der Bundespost sogenannte Verfassungsfeinde ihre bisherige Tätigkeit fortsetzen könnten?
Das wird man so allgemein nicht sagen können. Auch dann wird sichergestellt werden müssen, daß öffentliche Aufgaben ungefährdet erfüllt werden. Es ist aber in der Tat so, daß für diese privatrechtlichen Arbeitsverhältnisse diese Anforderungen grundsätzlich nicht gelten. Möglicherweise ist das ein Anreiz für weitere Privatisierungsinitiativen in diesem Lande.
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Herr Abgeordneter Dr. Sperling!
Herr Staatssekretär, da Rechtssätze und Gerichtsurteile doch einen Sinn enthalten müssen: Ist es der Bundesregierung nicht möglich, zu erklären, warum die Treuepflicht der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sich ungeachtet des Inhalts ihrer Tätigkeit, also unabhängig davon, ob jemand Kinder erzieht oder Möbel putzt, gleichbehandelt sehen muß?
Herr Kollege, die Problematik liegt ja auf der Hand. Das Gericht verbietet diese Differenzierung und gibt dafür die Erklärung, die Herr Kollege Schmude hier in der letzten Fragestunde zitiert hat. Ich möchte es mir ersparen, das hier zu wiederholen. Dies ist die Ausgangslage, und daran sind wir zunächst einmal gebunden. Das Gericht hat dies im Blick auf die Beamten dezidiert so gesagt. Es wird also kein Unterschied nach der Art der Tätigkeit gemacht. Es wird vielmehr auf die Art des Dienstverhältnisses, auf die Art der Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgestellt.
Noch eine Zusatzfrage? - Nicht mehr.
Dann komme ich zur Frage 33 des Herrn Abgeordneten Milz. - Er ist nicht im Saale. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich komme zur Frage 34 des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka:
Ist der Bundesregierung das Erscheinen eines Raubdrucks aus der Dokumentation über die Kriegsgefangenenlager bekannt, und ist bejahendenfalls darauf zurückzuführen, daß nunmehr dem deutschen Verleger die Veröffentlichung der Dokumentation im Buchhandel von der Bundesregierung freigegeben worden ist?
Herr Kollege Dr. Hupka, der Bundesregierung ist das Erscheinen einer Veröffentlichung über das Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkriegs in Osteuropa, bei der die Dokumentation der wissenschaftlichen Kommission zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen verwendet worden ist, bekannt. Diese Veröffentlichung war auf der Frankfurter Buchmesse dieses Jahres angekündigt, sie ist seit kurzer Zeit im Handel. Ob es sich bei dieser Veröffentlichung um einen Raubdruck oder um eine selbständige Arbeit mit erlaubten Zitaten handelt,
wird zur Zeit noch geprüft. Jedenfalls ist diese Veröffentlichung keine vom Herausgeber oder von der wissenschaftlichen Kommission autorisierte Kurzfassung.
Der Vertrieb der von dieser Veröffentlichung streng zu unterscheidenden, von Professor Dr. Maschke herausgegebenen, von einer fachkundigen wissenschaftlichen Kommission erstellten Dokumentation zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges war - wie in diesem Hause wiederholt dargelegt - von Anfang an vorgesehen. Jedoch sollte eine Entscheidung erst nach Vorliegen der gesamten Dokumentationsreihe getroffen werden. Diese Voraussetzung ist erst vor kurzem eingetreten. Eines Anstoßes durch die von Ihnen genannte Veröffentlichung, sei sie ein Raubdruck oder nicht, bedurfte es dazu nicht.
Die Auflagenhöhe, die Sie, Herr Kollege Hupka, in der Fragestunde der vergangenen Woche angesprochen haben, ist bei den einzelnen Bänden unterschiedlich. Ich habe hier eine Liste bei mir, die ich Ihnen übergeben kann, der Sie entnehmen können, welche Stückzahl zur Verfügung steht. Ich gehe im übrigen davon aus, daß der Verlag schon aus seinem verlegerischen Interesse heraus eine ausreichende Auflage bereitstellen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, Sie haben in der Antwort soeben ausgeführt, daß die Dokumentation erst vor kurzem abgeschlossen worden sei. Dieser Ausdruck „vor kurzem" erscheint mir nicht angebracht, da der Abschluß der Dokumentation wohl schon, glaube ich, ein Jahr zurückliegt. Der Verlag hat sehr lange darauf gewartet, daß er vom Innenministerium endlich „grünes Licht" erhält.
Nach meinen Informationen, Herr Kollege, ist die Reihe, die aus 22 Bänden besteht, erst in diesem Jahre abgeschlossen worden. Der letzte Band wurde erst in diesem Jahre vorgelegt.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Sie haben, Herr Staatssekretär, in der vorigen Woche in Beantwortung meiner Frage gesagt, laut Auskunft des Verlages würden diese Bände jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Aber der Verlag hatte bis dahin von Ihnen überhaupt noch nichts erfahren, so daß er also auch keine Auskunft erteilen konnte. Ist das nun inzwischen geklärt: daß Sie das Werk freigegeben haben und der Verlag nunmehr mit den Bänden auf den Markt kommen kann?
Ich habe Ihnen schon in der letzten Woche erklärt, Herr Kollege, daß die Bände auf den Markt kommen und daß dies eine
Entscheidung ist, die von Anfang an, nämlich, wenn ich mich nicht täusche, vom Jahre 1963 an, vorgesehen war. Eine Veröffentlichung war immer vorgesehen.
Im übrigen ist es ja so, daß sich bereits eine große Anzahl der Bände in zahlreichen öffentlichen Bibliotheken befindet. Nun sind sie auch zu kaufen. Über die Auflagenhöhe und die Preise kann ich Sie gerne informieren.
Keine Zusatzfrage? Der Herr Kollege Schröder ({0}) hat um schriftliche Beantwortung der von ihm eingebrachten Fragen 35 und 36 gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich komme zur Frage 37 des Herrn Abgeordneten Dr. Jens:
Wird die Bundesregierung auf Grund des Unfalls im Kernkraftwerk Gundremmingen Sicherheitsbestimmungen schärfer formulieren und ihre Vorausschätzungen für die Verwendung von Atomenergie im Energieprogramm überarbeiten?
Herr Kollege Dr. Jens, zum ersten Teil Ihrer Frage verweise ich auf meine Antwort zur Frage des Kollegen Dr. Wernitz nach den aus dem Unfall zu ziehenden Konsequenzen, die ich in der Fragestunde der letzten Woche erteilt habe, und auf den Bericht, den Herr Staatssekretär Dr. Hartkopf am 26. November dem Innenausschuß des Deutschen Bundestages gegeben hat.
Zusammenfassend stelle ich noch einmal fest:
Erstens. Es handelt sich bei dem Betriebsunfall im Kernkraftwerk Gundremmingen nicht um einen reaktortypischen Störfall, sondern um einen Unfall, wie er im konventionellen Bereich der Technik mit einer Häufigkeit der Größenordnung einmal pro Jahr vorkommt.
Zweitens. Dennoch hat der Bundesminister des Innern im Hinblick auf das besondere Gefährdungspotential eines Kernkraftwerkes den Unfall zum Anlaß genommen, die einschlägigen Regelungen und Vorschriften zur Verhütung von Unfällen einer gezielten Überprüfung bezüglich ihrer Anwendung bei Kernkraftwerken zuzuführen.
Drittens. Er hat deshalb die Länder angewiesen, diese Überprüfung für in Betrieb oder Inbetriebnahme befindliche Kernkraftwerke durchzuführen und binnen 60 Tagen über das Ergebnis zu berichten.
Ferner hat er vorbehaltlich einer endgültigen Beurteilung die Länder angewiesen, dafür zu sorgen, daß bis auf weiteres derartige Wartungs- und Reparaturarbeiten in Kernkraftwerken nur nach Begutachtung und Freigabe durch einen unabhängigen Sachverständigen ausgeführt werden.
Zum zweiten Teil der Frage, ob nämlich die Bundesregierung auf Grund des Unfalls ihre Vorausschätzungen für die Verwendung der Kernenergie im Energieprogramm überarbeiten wird, möchte ich erklären, daß dieser Unfall aus der Sicht des Bundesministers des Innern kein Anlaß zu einer Überarbeitung dieses Teils des Energieprogramms ist. Allerdings müssen zur Erreichung des gesteckten Zieles - das möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen - die in der ersten Fortschreibung des Energieprogramms unter Punkt 63 genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehört insbesondere die Fortschreibung der Sicherheitstechnik. Bezüglich des Aspekts Wartungs- und Reparaturfreundlichkeit von Kernkraftwerken geht der Bundesminister des Innern insbesondere davon aus, daß diesem Gesichtspunkt bereits bei der Planung der Kernkraftwerke in einer Weise Rechnung getragen wird, daß die Sicherheitserfordernisse mit Vorrang erfüllt werden.
Im übrigen möchte ich Sie auf die bevorstehende Debatte zur Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Koalitionsfraktionen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie hinweisen, die ja in Kürze in diesem Hause stattfinden wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jens.
Herr Staatssekretär, wird nicht unter Umständen doch die Sicherheit der Versorgung mit Atomstrom durch die Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu hoch eingeschätzt?
Herr Kollege, es besteht gerade unter dem von mir genannten Gesichtspunkt einer Fortschreibung der Sicherheitsanforderungen und angesichts der Sorgfalt, mit der das jetzt geschieht, eigentlich kein Anlaß, hier auf ein Versorgungsrisiko hinzuweisen. Eine andere Frage ist, wie das Problem aus der Sicht der Energiewirtschaft beurteilt werden muß. Aber das ist nicht meine Kompetenz.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Jens.
Herr Staatssekretär, zieht die Bundesregierung unter Umständen Konsequenzen aus der Verunsicherung der Bevölkerung, die nach diesem Unfall in Gundremmingen durch Veröffentlichungen der zuständigen bayerischen Behörden entstanden ist?
Die Bundesregierung hat schon in der letzten Woche gesagt, daß restlose Aufklärung und Offenheit erforderlich sind, daß in jedem Stadium der Stand der Untersuchung offengelegt werden muß und daß, wenn es notwendig erscheint, auch weitere Konsequenzen gezogen werden müssen. Ich gebe zu, daß nach diesem Prinzip in diesem Fall nicht voll gehandelt worden ist, aber der Bayerischen Staatsregierung ist kein Vorwurf zu machen, sondern in diesem konkreten Fall einer anderen Stelle.
Die Fragen 38 und 39 des Herrn Abgeordneten Spranger werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die
Vizepräsident Dr. Jaeger
Antworten werden als Anlagen abgedruckt. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Meine Damen und Herren, es ist mir mitgeteilt worden, daß sich die Fragesteller mit dem zuständigen Ministerium dahin gehend geeinigt haben, daß die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft erst in der morgigen Fragestunde aufgerufen werden.
Ich komme damit zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung. Zunächst die Frage 40 des Abgeordneten Dr. Schöfberger:
Ist die Bundesregierung schon entschlossen, dem Bundestag die Aufhebung der Untersuchungsverschonung gegen Kaution vorzuschlagen, und bis wann ist gegebenenfalls mit einem Gesetzentwurf zu rechnen?
Herr Kollege, die Bundesregierung beabsichtigt zur Zeit nicht, eine Änderung des § 116 Abs. 1 Nr. 4 StPO vorzuschlagen, der die Aussetzung des Vollzugs eines Haftbefehls gegen Leistung einer angemessenen Sicherheit zuläßt. Sie hält an der schon in der Fragestunde am 12. Juni 1974 erklärten Auffassung fest, daß Untersuchungshaft nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann angeordnet werden darf, wenn alle anderen in Betracht kommenden, weniger einschneidenden Maßnahmen die Flucht-, Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr nicht abwenden können. Sie hält ferner daran fest, daß auch die Leistung einer angemessenen Sicherheit eine solche weniger einschneidende Maßnahme sein kann. Das spricht dafür, die Sicherheitsleistung als gesetzliche Möglichkeit, Haftverschonung zu gewähren, beizubehalten. Dabei muß jedoch alles getan werden, um die größtmögliche Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten und jede Ungleichbehandlung zwischen vermögenden und weniger vermögenden Beschuldigten zu vermeiden. Die Überarbeitung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren wird voraussichtlich bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein. Hierbei wird, wie ich bereits in der Fragestunde vom 12. Juni 1974 zugesagt habe, auch die Frage geprüft, ob weitere Hinweise in den Richtlinien geeignet sein können, das Ziel größtmöglicher Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schöfberger.
Herr Staatssekretär, sind Sie nach dieser Antwort mit mir der Meinung, daß die Untersuchungshaftverschonung gegen Kaution damit nach wie vor ein Begütertenprivileg bleibt und daß die Einzelfallgerechtigkeit nicht hergestellt werden kann, wenn man Verschonungssummen, Kautionssummen in Höhe von meheren hunderttausend Mark verlangt, die der Nichtbegüterte schlechthin nicht aufbringen kann?
Nach dein Sinn des Gesetzes nicht. Haftverschonung kann auch ein weniger begüterter oder armer Mann unter den entsprechenden Umständen erhalten. Es kommt darauf an, was ihn als Kaution binden kann. Die Frage, die hier im Raum steht, ist die, was getan werden kann, um sicherzustellen, daß bei den Prinzipien, die ich hier genannt habe, in jedem Fall Gerechtigkeit gegenüber jedermann gewährleistet ist.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schöfberger.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen aus den Beratungen mit den Landesjustizverwaltungen bisher schon Fälle aus der Praxis bekanntgeworden, bei denen weniger Begüterte gegen geringere Summen - etwa 500 oder 1 000 DM - auf freien Fuß gesetzt worden wären?
Nach meiner Erinnerung - ich bin gerne bereit, dies schriftlich genau zu bestätigen - gibt es Fälle, wo gegen geringe Summen Haftverschonung gewährt wurde. Wir sind dabei, statistische Erfassungen voranzutreiben, um einen Überblick zu bekommen. Bisher jedoch gibt es erst wenige Anzeichen, die in etwa eine Beurteilung zuließen. Ich gehe davon aus, daß wir mehr wissen, wenn es an die Prüfung der Richtlinien für das Strafverfahren, wovon ich bereits gesprochen habe, herangeht.
Ich komme zur Frage 41 des Abgeordneten Reuschenbach:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Tageszeitung Die Welt" im Zusammenhang mit dem Merex-Strafverfahren in ihren Ausgaben vom 11./12. Oktober 1975 und vom 25. November 1975 über geheime Teile des Verfahrens berichtet hat und hält die Bundesregierung angesichts dieses Sachverhalts die bestehenden strafrechtlichen Vorschriften des Bundes für ausreichend?
Herr Kollege, es trifft zu, daß in dem in der „Welt" vom 11./12. Oktober 1975 erschienenen Artikel „Waffenhändler und die illegalen Staatsaufträge" aus Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bonn teilweise wörtlich zitiert wird, die unter Verschlußsachenschutz stehen und teilweise mit dem Verschlußsachengrad „Streng geheim" eingestuft sind. Wegen dieses Sachverhalts ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft in Dortmund.
Den Artikel in der „Welt" vom 25. November 1975 - „MERTINS - Auch die SPD wußte vom BND-Waffenhandel" - überprüft zur Zeit die Staatsanwaltschaft in Bonn auf einen eventuellen strafrechtlichen Gehalt.
Die Bundesregierung hält die in Betracht kommenden strafrechtlichen Vorschriften für ausreichend.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, wie beurteilt die Bundesregierung politisch den Vorgang, daß die Tageszeitung „Die Welt" über diesen Prozeß mit der Tendenz - wörtliches Zitat - „mit Merex
steht der Staat vor Gericht" berichtet und dabei jetzt das zweite Mal in Kauf genommen hat, daß Strafverfahren gegen sie eingeleitet werden?
Ich kann abstrakt sagen, daß es Teil unserer Demokratie ist, daß die Öffentlichkeit die erforderlichen Informationen erhält. Zur Politik gehört bekanntlich - nach einem Wort von Lord Acton - mindestens 500/0 Wissen.
Eine andere Frage ist es, wie der Fall beurteilt wird, daß aus Akten wörtlich zitiert wird, die unter der Rubrik „Streng geheim" stehen. Nachdem ich davon ausgehe, daß von dieser Rubrizierung nur in den notwendigen Fällen Gebrauch gemacht wird, muß generell gesagt werden, daß solche Zitate negativ beurteilt werden müssen. Es kommt aber jeweils auf den Einzelfall an. Es gilt auch hier grundsätzlich: Recht geht vor Gesetz.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, ob „Die Welt" diese Veröffentlichungen unter Geheimnisbruch vorgenommen hat, weil sie glaubt, die früheren Regierungsmitglieder - unter anderem auch Herr Carstens - seinen selbst an dem Geheimnisschutz nicht mehr interessiert, oder ob „Die Welt" als israelfreundliche Zeitung geglaubt hat, sie müsse die gegen die Interessen Israels gerichteten Waffengeschäfte von damals endlich ans Tageslicht bringen?
Die Motivationen dieser Zeitung sind der Bundesregierung nicht bekannt.
Ich komme zur Frage 42 des Abgeordneten Reuschenbach:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß nach Veröffentlichung der öffentlichen Urteilsbegründung im Merex-Strafverfahren eine weitere Geheimhaltung ihrer Aktenvorgänge nicht mehr erforderlich ist, sondern vielmehr eine weitere Aufklärung der Offentlichkeit und welche Initiative wird sie gegebenenfalls ergreifen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht.
Das Strafverfahren gegen Mertins u. a. schwebt noch. In ihm ist das Urteil erster Instanz in öffentlicher Sitzung mündlich begründet worden. Schriftlich liegt es noch nicht vor. Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Es ist danach noch nicht rechtskräftig.
Die Tatsache einer Urteilsverkündung und -begründung in öffentlicher Verhandlung hat keinen Einfluß darauf, ob und in welchem Umfang Vorgänge der Bundesregierung weiterhin geheimgehalten werden müssen. Die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der Unterrichtung der Öffentlichkeit über derartige Vorgänge ist von der Bundesregierung im konkreten Falle unter Abwägung der die Geheimhaltung erfordernden Umstände einerseits und des Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit andererseits zu prüfen. Ob und inwieweit die Offentlichkeit unterrichtet werden soll, wird sich erst nach Abschluß der laufenden gerichtlichen Prüfung absehen lassen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reuschenbach.
Herr Staatssekretär, teilen Sie bzw. teilt die Bundesregierung die Auffassung des Gerichts - in der mündlichen Urteilsbegründung wiedergegeben -, wonach eine Staatsgefährdung keinesfalls mit der Gefährdung des Wohlbefindens etwa betroffener Staatsdiener oder Politiker begründet werden darf?
Dies ergibt sich indirekt eigentlich schon aus der Antwort, die ich Herrn Kollegen Gansel gegeben habe. Ich teile die Auffassung, die Sie hier genannt haben.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reuschenbach.
Herr Staatssekretär, würden Sie bzw. würde die Bundesregierung es denn für richtig halten, daß mindestens nach vollständigem Abschluß des Verfahrens die Staatsanwaltschaft ermächtigt wird - und dabei entsprechende Unterstützung erhält -, alle strafbaren Handlungen im Zusammenhang mit den damaligen Waffenlieferungen ohne Ansehen der damals beteiligten Personen aufzuklären und zu verfolgen?
Ich gehe davon aus, daß das selbstverständliche Pflicht der Staatsanwaltschaft ist, weil bei uns nicht das Opportunitätsprinzip gilt, sondern jenes Prinzip, nach dem grundsätzlich alle strafbaren Handlungen zu verfolgen sind - ohne Ansehen der Person. Auch dieses ist in unserem Staat erforderlich.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Ist es richtig, daß die Bundesregierung mindestens zu einer teilweisen Geheimhaltung dieses Vorganges gezwungen ist, weil ein Teil der Unterlagen 1969 bei einem Brand in einer Archivbaracke des Bundeswirtschaftsministeriums vernichtet wurde?
Ich kann Ihnen hierauf weder mit Ja noch mit Nein antworten. Die Frage bezog sich nach meinem Verständnis auf das Ermittlungsverfahren und nicht auf irgendwelche andere Unterlagen und Akten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Sperling.
Ist die Bundesregierung bereit, eigene Ermittlungen darüber anzustellen, ob dieses Verbrennen der Akten nicht ein gezielter Vernichtungsvorgang unter Tarnschutz der Feuerwehr war?
Unterstellt, dies trifft zu, so wird wie in einem jeden solchen Fall selbstverständlich auch diesem Vorgang nachgegangen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Däubler-Gmelin.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß sich die Pflicht zu einer rückhaltlosen Information der Öffentlichkeit aus dem Kriegswaffenkontrollgesetz ergibt, das ja auf Art. 26 des Grundgesetzes aufbaut und mit Sicherheit verhindern will, daß solche Fälle unter dem Deckmantel des Geheimnisschutzes abgewickelt werden?
Ich denke, ich habe dies schon mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Eine Demokratie lebt davon, daß in ihr ausreichende Informationen gegeben werden.
Im übrigen darf ich ergänzend darauf verweisen, daß nach den mir bekannten Ausführungen in der mündlichen Begründung des Urteils der Vorwurf des Verstoßes gegen ein anderes Gesetz, nämlich die Außenwirtschaftsverordnung, mit eine Rolle gespielt hat.
Keine Zusatzfrage. Dann komme ich zur Frage 56 des Abgeordneten Gansel:
Welche Personen hatten unter der Regierung Erhard Ministeroder Staatssekretärfunktion in jenen Ministerien inne, die nach den Feststellungen des Merex-Strafverfahrens Waffengeschäfte in Spannungsgebiete eingeleitet, gesteuert und gebilligt hatten, und welche Konsequenzen wird die Bundesregierung aus dem Verhalten dieser Personen ziehen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, die Frage geht von den Feststellungen des Strafverfahrens aus. Solche Feststellungen liegen der Bundesregierung noch nicht vor. Das Urteil ist noch nicht schriftlich abgefaßt und im übrigen noch nicht rechtskräftig. Aus der der Bundesregierung bekanntgewordenen mündlichen Urteilsbegründung lassen sich die in Ihrer Frage vorausgesetzten Feststellungen nicht entnehmen. Die Bundesregierung ist daher zur Zeit nicht in der Lage, zu der Frage Stellung zu nehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel.
Herr Staatssekretär, da eine Bundesregierung über Innenvorgänge im allgemeinen
nicht erst durch ein Strafverfahren informiert werden muß, sondern sie diese auf Grund ihrer Verwaltungsvorgänge überprüfen kann, und meine Frage nicht so verstanden werden kann, daß sie sich nur an das Justizministerium gerichtet hätte, bitte ich Sie um Verständnis, daß ich folgende Frage an Sie richten muß: Ist Ihnen bekannt, ob es seinerzeit in der Bundesregierung einen Kabinettsbeschluß zur Durchführung der in Frage stehenden Waffengeschäfte gegeben hat oder welche Person bzw. welche Stelle koordinierend und mit letztlicher Entscheidungsbefugnis tätig war?
Herr Kollege Gansel, ich möchte darauf hinweisen, daß Ihre ursprüngliche Frage diesen Themenbereich nicht klar umfaßt. Sie haben ausdrücklich gefragt, ob es Ministerien betreffe, „die nach den Feststellungen des Merex-Strafverfahrens Waffengeschäfte in Spannungsgebiete eingeleitet . . ." hatten. Darauf bin ich präpariert. Dies gehört in meinen Bereich. Ich bitte dies zu verstehen.
Sie haben eine zweite Zusatzfrage.
Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung, daß ich hier etwas erklären muß. Das liegt daran, daß meine Frage beim Justizministerium gelandet ist. Ich möchte meine zweite Frage an das Justizministerium als Verfassungsministerium stellen. Darauf bezieht sich der zweite Teil meiner Frage 56. Erkennt das Verfassungsministerium die große Gefahr, die für die parlamentarische Demokratie und die Kontrollierbarkeit der Verwaltung durch das Parlament darin liegt, daß ein Gericht in der Bundesrepublik feststellt, die Verwaltung sei berechtigt, Verwaltungsakte zu tarnen, d. h. sie anders zu meinen, als sie abgefaßt sind?
Zunächst ist uns nur bekannt, was in der mündlichen Urteilsbegründung gesagt wurde. Die Urteilsgründe liegen nicht schriftlich vor. Sicher ist aber, daß es hier um sehr heikle Probleme geht, die uns die Prüfung auferlegen, ob genügend Möglichkeiten vorhanden sind, die Kontrolle für die Parlamentarier gegenüber der Exekutive zu gewährleisten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling.
Herr Staatssekretär, da nach der mündlichen Urteilsbegründung feststeht, daß sich Regierungsmitglieder an den inkriminierten Waffengeschäften in irgendeiner Form beteiligt haben, und die Bundesregierung heute nicht weiß, wie diese früheren Regierungsmitglieder heißen, möchte ich gern wissen, ob sie unabhängig von Kenntnis der Personen der Auffassung ist, daß Regierungsmitglieder, die Rechtsbruch und Gesetzesumgehung begehen, ständig die Gewähr bieten, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten.
Zunächst muß ich noch einmal, damit kein Irrtum entsteht, festhalten, was die mündliche Urteilsbegründung sinngemäß sagt. Eine schriftliche Urteilsbegründung liegt uns ja noch nicht vor. In dieser mündlichen Urteilsbegründung wird nach unserer Kenntnis davon ausgegangen, daß die Behauptungen der Angeklagten zum Teil bestätigt und zum Teil nicht widerlegt worden sind. Es wird nicht gesagt, inwieweit sie bestätigt und inwieweit sie nicht widerlegt sind. Möglicherweise ergibt sich dies aus der schriftlichen Urteilsbegründung. Deswegen kann zu Ihrer Frage von mir nicht konkret und bestimmt Stellung genommen werden. Aber ich darf allgemein noch einmal wiederholen - das wurde bereits vorhin von mir ausgeführt -, daß sichergestellt werden muß, daß Verstöße gegen die in Rede stehenden Gesetze nicht hingenommen werden dürfen. Ich gehe davon aus, daß sie, wie es sich gehört, von der Staatsanwaltschaft auch verfolgt werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reuschenbach.
Herr Staatssekretär, da aber auch in den mündlichen Begründungen nicht nur vage, sondern ganz konkrete Aussagen seitens des Gerichts gemacht worden sind, glaube ich, ist es doch berechtigt, folgende Frage an Sie zu stellen: Kann die Bundesregierung mitteilen, welches deutsche Staatsoberhaupt in einem Fall von Waffenlieferungen, wie das Gericht mündlich ausgeführt hat, dieses Geschäft mit einem ausländischen Staatsoberhaupt erörtert hat und wie die damalige Regierungsdelegation zusammengesetzt war, die, wie das Gericht ebenfalls positiv ausgeführt hat, in demselben Fall Vertragseinzelheiten ausgehandelt und einen nahezu unterschriftsreifen Vertragsentwurf mitgebracht habe, der nur noch der Unterzeichnung durch die Merex-AG als Lieferantin und den ausländischen Käufer bedurft habe? Ich habe fast wörtlich zitiert, auf daß Sie wissen, daß hier nicht eine Vermutung von mir ausgesprochen wurde.
Herr Kollege, ich darf erneut darauf verweisen, daß sich die an die Bundesregierung gerichtete Frage ausdrücklich an die Feststellungen des Merex-Strafverfahrens bindet. Insoweit sind wir auf die bereits mehrfach erwähnten mündlichen Begründungen angewiesen.
({0})
Diese mündlichen Begründungen nennen keine Namen; außerdem ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Deswegen sehe ich mich nicht befugt, aus diesem Fragenbereich heraus irgendwelche Versuche zu unternehmen, hier eine konkrete Antwort zu geben.
Damit ist auch diese Frage erledigt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich komme noch zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Offergeld steht zur
Beantwortung zur Verfügung. Die Frage 43 der Abgeordneten Frau Funcke wird auf Wunsch der Fragestellerin schriftlich beantwortet, desgleichen werden die Fragen 44 und 45 des Abgeordneten Dr. Lenz ({0}) auf dessen Wunsch schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich komme zu den Fragen 46 und 47 der Abgeordneten Frau Dr. Lepsius:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß auf Grund einer Initiative der Länder Überlegungen angestellt werden, die Spendenabzugsfähigkeit beim Erwerb von UNICEF Gruß- und Weihnachtskarten aus steuersystematischen und wettbewerbsrechtlichen Gründen abzuschaffen, und durch den eventuellen Wegfall der Steuerfreiheit die humanitäre Tätigkeit des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen und des Deutschen Komitees von UNICEF betroffen wäre?
Welche Überlegungen hat die Bundesregierung angestellt, um die humanitäre Arbeit des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen in der Bundesrepublik Deutschland durch den Verkauf von Grußkarten mit einem derzeitigen jährlichen Spendenaufkommen von rund 9 Millionen DM in einem Zeitpunkt sicherzustellen, in dem die Not von Millionen von Kindern und Müttern durch die Auswirkung einer weltweiten Rezession besonders dramatisch ist?
Frau Kollegin, die steuerliche Behandlung der Abgabe von UNICEF-Gruß- und Weihnachtskarten wird von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zur Zeit untersucht. Die Prüfung der schwierigen Sach- und Rechtsfragen konnte noch nicht abgeschlossen werden.
Eine Zusatzfrage? -Bitte sehr!
Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung jedenfalls bestätigen, daß alle anderen europäischen Länder die UNICEF-Kartenaktion steuerlich so begünstigen, daß keine Minderung des Spendenaufkommens für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen eintritt?
Das kann ich nicht bestätigen, Frau Kollegin, und zwar ganz einfach deshalb nicht, weil wir diese Frage nicht untersucht haben. Selbst wenn es so wäre, müßten wir natürlich nach unseren gesetzlichen Vorschriften verfahren.
Eine zweite Zusatzfrage.
Wird sich die Bundesregierung bei den Untersuchungen, die sie derzeit anstellt, von den Überlegungen leiten lassen, daß eine Besteuerung der Karten von UNICEF gerade auch jetzt kurz vor der Weihnachtszeit, aber an sich grundsätzlich in der Offentlichkeit auf keinerlei Verständnis stoßen würde, und sich unter Umständen bewegen lassen, die generelle Förderung des Kinderhilfswerks gegebenenfalls durch andere geeignete Mittel sicherzustellen?
Frau Kollegin, zunächst einmal ist es keine Entscheidung der Bundesregierung oder des Bundesfinanzministers. Wir könParl. Staatssekretär Offergeld
nen nur in Abstimmung mit den Ländern, die für die Steuerverwaltung zuständig sind, eine Regelung treffen. Dabei ist sich die Bundesregierung durchaus klar über die Bedeutung dieses UNICEF-Hilfswerks. Sie muß aber auch noch andere Gesichtspunkte, z. B. Wettbewerbsgesichtspunkte, berücksichtigen. Insgesamt kommt es darauf an, aus der gegebenen Rechtslage die richtigen Konsequenzen zu ziehen, wobei zunächst einmal schwierige Sachfragen im einzelnen zu klären sind.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 4. Dezember 1975, 13 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.