Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Herr Kollege Dr. Althammer, der letzte Teil Ihrer Frage veranlaßt mich, meiner Antwort eine Bemerkung voranzustellen: Sie wissen genausogut wie ich, daß die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen an arbeitslose Bürger gezahlt und
finanziert werden. Daran zu zweifeln, gibt es überhaupt keinen Anlaß. Die Besorgnis, die Sie mit Ihrer Frage vorgeben, ist also völlig ungerechtfertigt.
Nun zum anderen Teil Ihrer Frage! Ihre Frage ist auch Gegenstand der Kleinen Anfrage vom 28. Mai 1975, die Ihre Fraktion zur Haushaltsentwicklung des Bundes 1975 gestellt hat. Die Kleine Anfrage wird termingerecht beantwortet. Sie werden aus der Antwort entnehmen, daß die Überlegung besteht, den Entwurf eines Nachtragshaushalts vorzulegen, sobald der Mehrbedarf, insbesondere für weitere Liquiditätshilfen an die Bundesanstalt für Arbeit, sowie die zu erwartenden Steuermindereinnahmen sich hinreichend verfestigt haben. Bei der Vorlage des Entwurfs des Bundesnachtragshaushalts würde auf die parlamentarische Sommerpause Rücksicht genommen.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Althammer.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie wissen, daß der Kernpunkt unserer Frage das Anliegen ist, die Rechte des Parlaments zu wahren, darf ich sie fragen, ob es zutrifft, daß die Bundesregierung bereits am 7. Mai dieses Jahres eine erste überplanmäßige Zahlung - über die 3,2 Milliarden DM hinaus, die bereits an die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg überwiesen worden sind - von 217 Millionen DM geleistet hat und daß die Bundesregierung am 26. Mai weitere 670 Millionen DM geleistet hat, so daß bereits bis jetzt 887 Millionen DM überplanmäßig geleistet worden sind, ohne daß ein Anlaß gesehen wurde, hiermit das Parlament zu befassen.
Herr Kollege Althammer, Sie dürfen nicht nur fragen, ob das zutrifft, sondern Sie wissen, daß das zutrifft, und zwar aus meinem Munde. Sie wissen es auch aus Vorlagen des Bundesministeriums der Finanzen, die dem Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages zugeleitet worden sind.
Vizepräsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage hat der Abgeordnete Dr. Althammer.
Herr Staatssekretär, können Sie diesem Hohen Hause bekanntgeben, welche Summen nach Ihrem neuesten Erkenntnisstand für die kommenden Monate, also Juni, Juli, August, und für das ganze Jahr 1975 zur Zahlung an die Bundesanstalt voraussichtlich noch fällig werden?
Wenn ich das wüßte, Herr Kollege Dr. Althammer, würde ich das diesem Hohen Hause unverzüglich bekanntgeben. Aber: Die Bundesanstalt für Arbeit wird im Juli einen Nachtragshaushalt vorlegen. Erst dann wissen wir, wie die Vorstellung der Bundesanstalt für Arbeit ist. Dann werden wir den Deutschen Bundestag und die deutsche Öffentlichkeit unterrichten.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Haase ({0}).
Herr Staatssekretär, sind die heute in einigen Zeitungen erschienenen Prognosen, wonach der Bundesanstalt zur Erhaltung ihrer Liquidität im Laufe dieses Jahres insgesamt noch mindestens 6 Milliarden DM Bundeshilfen zugewiesen werden müssen, zutreffend?
Herr Kollege Haase, wenn eine solche Zahl genannt worden ist - ich habe das nicht überprüfen können, weil ich seit dem frühen Morgen im Kabinett war -, dann berücksichtigen Sie bitte, daß der Bundesanstalt 3,2 Milliarden DM überwiesen worden sind, die der Deutsche Bundestag mit dem Haushalt 1975 beschlossen hat. Berücksichtigen Sie ferner bitte, daß die vom Kollegen Dr. Althammer vorhin genannten Zahlen dem Hohen Hause durch Vorlagen des Bundesministeriums der Finanzen mitgeteilt worden sind.
Wie sich die Zahl insgesamt darstellen wird, kann aus dem vorhin genannten Grunde nicht beantwortet werden, weil, wie ich schon sagte, die Bundesanstalt für Arbeit im Juli ihren Nachtragshaushalt vorlegen wird.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Leicht.
Herr Kollege Haehser, die Bundesregierung hat doch in der Frage der durchschnittlichen Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzahl im Jahr ihre Prognose geändert. Ergibt sich daraus nicht zwingend, daß zu den genannten 3,2 Milliarden DM in diesem Jahr mindestens noch weitere 3 Milliarden DM an die Bundesanstalt gezahlt werden müssen, und hätte nicht schon deshalb das Parlament unterrichtet werden müssen?
Lieber Herr Kollege Leicht, bei dem, was die Bundesregierung bisher hat sagen können, sind wir von einer Jahresdurchschnittszahl von 730 000 Arbeitslosen ausgegangen. Nun hat der Arbeitskreis „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen" eine neue Schätzung der Arbeitslosenzahl vorgenommen, nämlich mit 4 v. H. im Jahresdurchschnitt. Die Zahl, die Sie nennen, daß wir nämlich noch 3 Milliarden DM zahlen müßten, kann ich Ihnen dennoch nicht bestätigen, und zwar aus dem nun schon zweimal genannten Grunde, daß nämlich die Bundesanstalt für Arbeit im Juli ihren eigenen Nachtragshaushalt vorlegt.
Lassen Sie mich eine weitere Bemerkung machen. Die Opposition hat vielfach einen Nachtragshaushalt gefordert. Nunmehr habe ich angekündigt, daß wir Überlegungen anstellen, im Herbst einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Nun verstehe ich unter einem Nachtragshaushalt, lieber Herr Kollege Leicht, nicht - ich hoffe, das ist auch in Ihrem Interesse, dem des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses -, daß das Parlament nur abhakt, was ohnehin gesetz12406
lieh bezahlt werden muß, sondern ich verstehe unter einem Nachtragshaushalt ein Instrument, das man - sowohl was die Zahlen als auch die Finanzierung angeht - verändern kann.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Dr. Jenninger.
Herr Staatssekretär, gehen Sie davon aus, nachdem jetzt schon überplanmäßige Ausgaben für die Bundesanstalt gezahlt werden mußten, daß auch in den kommenden Monaten, d. h. bis zur Vorlage eines solchen Nachtragshaushalts, derartige Zahlungen geleistet werden müssen, wenn ja, sehen Sie dann die Kriterien der Unvorhersehbarkeit und Unabweisbarkeit bei solchen Zahlungen gewährleistet?
Herr Kollege Jenninger, aus vielem, was ich gesagt habe, geht hervor, daß weitere Zahlungen unvermeidlich sein werden, nachdem man von einer anderen Jahresarbeitslosendurchschnittsziffer ausgeht.
Nun möchte ich jeden Drall aus den Überlegungen herausbringen, die Bundesregierung würde sich mit solchen Zahlungen etwa ungesetzlich verhalten. Denn der Art. 112 Grundgesetz ermächtigt den Bundesminister der Finanzen, in Fällen eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses über- und außerplanmäßige Ausgaben zuzulassen. Sie wissen, daß Arbeitslosenziffern nicht im Bundesministerium der Finanzen produziert werden, sondern auf dem Markt, in der Wirtschaft entstehen. Deswegen sind diese Ziffern unvorhergesehen und demzufolge auch die notwendigen Ausgaben zur Bewältigung der Arbeitslosigkeit.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Hauser ({1}) .
Herr Staatssekretär, Sie haben eben gesagt, daß Sie sich mit dem Gedanken tragen, einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Ist nicht der Umfang der jetzt voraussehbaren überplanmäßigen Ausgaben so, daß Sie aus dem Sinn des Art. 112 Grundgesetz und nach § 37 Haushaltsgesetz verpflichtet sind, unverzüglich einen Nachtragshaushalt vorzulegen?
({0})
Lieber Herr Kollege Hauser, ich habe nicht gesagt, daß wir uns mit dem Gedanken tragen, sondern ich habe gesagt, Sie werden der Beantwortung der Kleinen Anfrage entnehmen, daß bei der Bundesregierung die Überlegung besteht, den Entwurf eines Nachtragshaushalts vorzulegen.
({0})
- Ja, der Kollege Hauser hat gesagt, ich hätte gesagt, wir trügen uns mit dem Gedanken, und dann habe ich ihm gesagt, was ich wirklich gesagt habe.
({1})
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Krampe.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Bundesanstalt für Arbeit außer den Mitteln, die die Bundesregierung ihr zur Verfügung stellt, keine liquiden Mittel mehr zur Verfügung hat, und können Sie mir bestätigen, daß auch in Ihre Überlegung mit eingeschlossen wird, daß wir eine 4 %ige Arbeitslosenquote haben - rund 900 000 Arbeitslose im Jahr - und daß deshalb einiges mehr an Mitteln seitens der Bundesregierung an die Bundesanstalt fließen muß, und wie hoch werden diese Mittel im Laufe des Jahres 1975 noch sein?
Herr Kollege Krampe, ich habe vorhin gesagt, daß die Bundesregierung, nachdem der Arbeitskreis „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzungen" eine Durchschnittsarbeitslosenquote von 4 v. H. angegeben hat, davon ausgeht, daß mit den bisherigen Überweisungen das Problem nicht zu bewältigen ist, sondern daß weitere Mittel erforderlich sein werden. Nun sage ich zum vierten Mal: Wie hoch diese weiteren Überweisungen sein werden, können wir erst sagen, wenn die Bundesanstalt für Arbeit im Juli, wie sie es beabsichtigt, ihren Nachtragshaushalt vorgelegt hat.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Nordlohne.
Herr Staatssekretär, da Sie ständig auf den Nachtragshaushalt der Bundesanstalt abheben, darf ich Sie fragen: Wann hat in Ihrem Hause bzw. wann hat im Kabinett das, was hier angesprochen ist, zur Diskussion gestanden in bezug auch auf die finanzielle Ausgangslage für den Bund selbst?
Herr Kollege, das Problem der Arbeitslosigkeit steht nicht nur im Bundesfinanzministerium, sondern auch bei der Bundesregierung in ständiger Diskussion. Wir begnügen uns natürlich nicht mit Diskussionen, sondern wir tun etwas, um im Rahmen des Möglichen trotz schwierigster weltwirtschaftlicher Bedingungen die Arbeitslosigkeit abzubauen.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete, Dr. Stavenhagen.
Herr Staatssekretär, seit wann wissen Sie, daß die Bundesanstalt für Arbeit mit den 3,2 Milliarden DM nicht auskommen wird, und worauf ist es zurückzuführen, daß die seither geleisteten überplanmäßigen Zahlungen in relativ kleiner Stückelung vorgenommen wurden? Ist das auf schlechten Informationsfluß oder auf andere Ursachen zurückzuführen?
Herr Kollege, Sie wissen, daß wir unsere Zahlungen unter anderem aus einer Nettoneuverschuldung des Bundes leisten müssen. Wir müssen uns neu verschulden, wie es niemandem in diesem Hohen Hause verborgen geblieben ist, der an den Haushaltsberatungen teilgenommen hat. Nun werden Sie ja wohl nicht annehmen, daß es ein guter Rat wäre - wenn ich aus Ihrer Frage einen Rat entnehmen könnte -, daß wir immer möglichst viel Geld wegschicken, sondern geben das Geld dann in die Bundesanstalt für Arbeit, wenn die Bundesanstalt die Zahlung für notwendig hält, und zwar in der Höhe, wie die Bundesanstalt sie braucht.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, bitte schön!
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich den Widerspruch zwischen den beiden Tatsachen, daß die Bundesregierung vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, bevor die Bundesanstalt für Arbeit Zahlen bekanntgab, schon Zahlen bekanntgeben konnte über den angeblich niedrigeren Stand der Arbeitslosenzahlen und daß Sie heute erklären, wir könnten erst dann etwas tun, wenn uns die Bundesanstalt entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt habe?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen die Zahlen der Arbeitslosen angeben können, die wenige Tage später von der Bundesanstalt bestätigt worden sind.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Grobecker.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß Sie mit dem Nachtragshaushalt des Bundes deshalb erst so spät kommen und auch kommen müssen, weil die Bundesanstalt für Arbeit ihrerseits - aus welchen Gründen auch immer - ihren Nachtragshaushalt erst so spät erstellt?
Ja, ich kann das bestätigen; allerdings nicht etwa, Herr Kollege Grobecker, mit einem Vorwurf gegenüber der Bundesanstalt. Der geht es genau wie uns: Sie hat die Absicht, die Entwicklung noch abzuwarten, ehe sie uns mit Zahlenwerken konfrontiert, die sich vielleicht recht bald als nicht richtig erweisen könnten.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt? - Damit ist die Dringlichkeitsfrage beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten Würtz auf:
Wird der Bundesverteidigungsminister unzeitgemäße Bestimmungen der Zentralen Dienstvorschrift 37/10 ({1}) - so z. B. die Vorschrift zum Tragen der Uniform an Bundeswehr-Fachschulen - überprüfen?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Schmidt, bitte.
Herr Kollege Würtz, sind Sie damit einverstanden, daß ich auf Ihre beiden Fragen im Zusammenhang eingehe?
Vizepräsident von Hassel: Der Fragesteller hat keine Bedenken. Dann rufe ich auch die Frage 2 des Abgeordneten Würtz auf:
Hat der Bundesverteidigungsminister auftretende Probleme auf Grund einiger Bestimmungen der Anzugsordnung für die Bundeswehr ({0}) schon einmal im Beirat für Innere Führung zur Diskussion gestellt?
Wie ich bereits in meinen schriftlichen Antworten auf Ihre Fragen in den Fragestunden des Deutschen Bundestages am 18. April und 15. Mai 1975 ausgeführt habe, hat der Soldat nach der Zentralen Dienstvorschrift 37/10 - „Anzugsordnung für die Bundeswehr" - im Dienst grundsätzlich Uniform zu tragen. Der Bundesminister der Verteidigung betrachtet diese Bestimmung der Zentralen Dienstvorschrift nicht als unzeitgemäß, da die Verpflichtung zum Tragen der Uniform an Schuleinrichtungen der Bundeswehr im dienstlichen Charakter der Ausbildung begründet ist.
Das gilt auch für die dem Soldaten auf Zeit im Rahmen der Berufsförderung zu gewährende Ausbildung; denn der Besuch der Bundeswehr-Fachschule ist für den Soldaten Dienst. Er ist verpflichtet, am Unterricht teilzunehmen, und kann sich nicht wie z. B. der Studierende an den Bundeswehrhochschulen Vorlesungen selbst auswählen. Eine Überprüfung der ZDv 37/10 ist daher nicht beabsichtigt.
Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Kollege Würtz: Der Bundesminister der Verteidigung hat die von Ihnen gesehenen Probleme im Beirat für Fragen der Inneren Führung nicht zur Diskussion gestellt. Er ist der Ansicht, daß eine Diskussion hierüber im Beirat nicht erforderlich ist.
Ich darf auch darauf hinweisen, daß die Mitglieder des Beirates bisher nicht den Wunsch geäußert haben, in diesem Zusammenhang über die ZDv 37/10 zu diskutieren.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Würtz.
Herr Staatssekretär, da Sie sich nun schon in der dritten Fragestunde beharrlich weigern, überhaupt in eine Überprüfung dieser Frage einzutreten, muß ich Sie fragen: Wie beurteilen Sie die offensichtlich aufgetretenen Schwierigkeiten mit der ZDv 37/10?
Zunächst muß ich Ihnen sagen, daß mir generelle Schwierigkeiten nicht bekannt sind. Im übrigen sagt die ZDv 37/10 - ich habe sie natürlich mitgebracht - in Kapitel 1, „Allgemeine Bestimmungen", ganz klar:
Zivilkleidung darf außerdienstlich jederzeit, im Dienst nur mit Genehmigung des Disziplinarvorgesetzten, getragen werden.
Davon können natürlich auch Schulkommandeure Gebrauch machen.
Vizepräsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Würtz.
Herr Staatssekretär, da Ihnen nicht bekannt ist, daß es Schwierigkeiten gibt, frage ich Sie, ob Sie bereit sind, von mir eine Unterrichtung schriftlicher Art darüber entgegenzunehmen, daß es an Bundeswehr-Fachschulen, und zwar bei dienstzeitbeendendem Unterricht, gerade im Zusammenhang mit dem Tragen der Uniform doch Schwierigkeiten gibt und daß die Herren, die dort zum Tragen der Uniform verpflichtet sind, immerhin schon 30 oder 35 Jahre alt sind und irgendwann aus der Bundeswehr ausscheiden, ohne die Truppe wiederzusehen.
Ich bin gerne bereit, mit Ihnen über diese Fragen zu diskutieren und mich von Ihnen unterrichten zu lassen; ob schriftlich oder mündlich, - ich biete beides an.
Vizepräsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage? - Damit sind wir am Ende Ihres Geschäftsbereiches angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf. Die Frage 3 des Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Dr. Enders auf:
Mit welchen Maßnahmen kann die Bundesregierung die Vereinheitlichung und die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung von Erziehern und Sozialpädagogen erreichen sowie den Abbau deren Ausbildungsvoraussetzungen verhindern?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Glotz, bitte.
Herr Kollege Dr. Enders, im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Erzieher und Sozialpädagogen fördert das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft im Rahmen der mit den Ländern vereinbarten gemeinsamen Bildungsplanung Vorhaben der Länder von überregionaler Bedeutung. Es hat hierzu seit 1972 8 Millionen DM aufgewendet und damit vor allem Modellversuche nach einer Ihnen bekannten Rahmenvereinbarung sowie Forschungsvorhaben - das ist unsere zweite Finanzierungsmöglichkeit - mitfinanziert. Den Ländern wird hierbei vom Bund geholfen, sowohl personelle Engpässe zu überwinden als auch die Verbesserung der Ausbildungsgänge in Angriff zu nehmen.
Ich darf Ihnen einige Beispiele nennen. So hat der Bund dem Land Bayern erhebliche Mittel zur Finanzierung des Telekollegs II zur Verfügung gestellt, durch das für Kindergärten zusätzliches Personal ausgebildet werden konnte. Zur inhaltlichen Verbesserung und zur Vereinheitlichung der Ausbildung tragen Forschungsvorhaben - insbesondere an den Universitäten Tübingen und Marburg - bei. Dort werden Bausteine für eine speziell auf die Aufgaben im Bildungsbereich ausgerichtete Ausbildung der Sozialpädagogen und Erzieher erarbeitet. Durch die vom Bund geförderte Erprobung dieser Bausteine an unterschiedlichen Ausbildungsstätten der Länder wird darauf hingewirkt, daß die neuen, verbesserten Ausbildungsgänge über den Bereich eines einzelnen Bundeslandes hinaus Anwendung finden. Auch an der Gesamthochschule Kassel wird jetzt in einem Modellversuch die Verbesserung der Ausbildung der Sozialpädagogen unter finanzieller Beteiligung des Bundes erprobt.
Ich darf Ihnen dann einige Aktivitäten des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit nennen. Es fördert die Fortbildung von Sozialpädagogen bei einer Reihe von bundeszentralen Fortbildungsinstitutionen. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei das neuerrichtete Fortbildungswerk für sozialpädagogische Fachkräfte beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge in Frankfurt, das sich insbesondere der Fortbildung von Erziehern und Sozialpädagogen im Elementarbereich widmet.
In das Förderungsprogramm des Bundes werden Erfahrungen aus der vorschulischen Erziehung des Auslandes mit einbezogen. Hierzu wurde mit Bundeshilfe ein Medienverbundprogramm entwikkelt, dessen Erprobung mit 50 Medienpaketen in ausgewählten Ausbildungseinrichtungen in den Ländern vorgesehen ist. Ein Teil des Programms wurde als Anregung für Eltern und Erzieher dem Zweiten Deutschen Fernsehen zur Verfügung gestellt und auch bereits ausgestrahlt.
Lassen Sie mich zum letzten Teil Ihrer Frage noch sagen, daß die Ausbildungsvoraussetzungen für Kindergärtnerinnen und Sozialpädagogen von den Ländern festgelegt werden, die hierfür die Kompetenz besitzen, so daß ich Ihnen diesbezüglich eine befriedigende Antwort nicht geben kann.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Enders.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Bereitschaft der Bundesländer, auf die Modellvorhaben der Bundesregierung einzugehen oder diese gar zu erweitern?
Herr Kollege Dr. Enders, nach der Rahmenvereinbarung, die wir mit den Ländern getroffen haben, kann der Bund immer nur dort fördern, wo ein Land beantragt hat, in seinem jeweiligen Bereich ein solches Modellvorhaben anzumelden. Wir können also nicht ohne das Land fördern. Die Bereitschaft der Bundesländer, solche Anträge zu stellen, ist naturgemäß von Land zu Land unterschiedlich; eine pauschale Antwort ist hier nicht möglich.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Keine weiteren Zusatzfragen. Weitere Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich liegen nicht vor; ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen. Ich rufe Frage 5 des Herrn Abgeordneten Dr. Wittmann ({1}) auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, der mit dem Grundlagenvertrag angestrebte Zustand gebiete, daß Ost-Berlin sein auf beweislich falschen Tatbestandsannahmen gestütztes Propagandaurteil gegen Bundesminister a. D. Professor Dr. Dr. Oberländer aus der Welt schafft, und was hat die Bundesregierung dahin gehend unternommen, und was wird sie noch tun?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Herold, bitte!
Ich gehe sicher nicht fehl in der Annahme, Herr Kollege Wittmann, daß Sie Ihre Frage auf Presseveröffentlichungen über Gespräche beziehen, die der baden-württembergische Justizminister Traugott Bender und der Leiter der Ludwigsburger zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen, Oberstaatsanwalt Adalbert Rükkerl, zwischen dem 5. und dem 8. Mai in Warschau mit dem Leiter der polnischen Hauptkommission für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, Hendrik Pilichowski, führten und die nach dem Eindruck der genannten Herren das Ergebnis hatten, Polen lasse nunmehr die bislang gegen Professor Dr. Dr. Oberländer erhobenen Vorwürfe fallen.
Nach den daraufhin hier in der Bundesrepublik erfolgten Veröffentlichungen ist aus Polen erklärt worden, die gegenüber den Teilnehmern aus der Bundesrepublik gemachten Äußerungen seien von diesen mißverstanden worden. Da Oberstaatsanwalt Rückerl ein Mißverständnis ausschließt, bleibt die Angelegenheit zunächst weiterhin ungeklärt. Dies zur Erläuterung der Sachlage.
Zu Ihrer Frage selbst stelle ich fest, daß dem im Jahre 1960 in der DDR gegen Dr. Oberländer ergangenen Urteil eine Rechtsordnung zugrunde liegt, die mit unserer Rechtsordnung nicht zu vergleichen ist. Der 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR geschlossene Grundlagenvertrag hatte nicht das Ziel, die Rechtsordnungen der beiden Staaten anzugleichen oder gar die Rechtsordnung der DDR durch unsere zu ersetzen. Dies wäre wohl an den politischen Möglichkeiten vorbeigedacht gewesen. Gleichermaßen war es nicht das Ziel des Grundlagenvertrages, den Regierungen der beiden Staaten die Möglichkeit zu geben, sich in die inneren Angelegenheiten der jeweils anderen Seite einzumischen. Der Vertrag hat dies insbesondere in den Artikeln 1 und 6 ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Revision des Urteils gegen Dr. Oberländer kann daher nur im Rahmen der Rechtsordnung der DDR in Angriff genommen und von den dafür zuständigen Stellen in der DDR initiiert werden. Das heißt im Klartext, daß die Möglichkeiten der Bundesregierung, in der Sache selbst aktiv zu werden, äußerst begrenzt sind.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Wittmann ({0}).
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es zuwenig ist festzustellen, daß es sich um eine andere Rechtsordnung handle und es nicht Aufgabe der Bundesregierung sei, dort, wo auf Grund einer Unrechtsordnung Unrecht geschehen ist, den Vertragspartner unabhängig von dem bestehenden Vertrag auch darauf hinzuweisen?
Ich habe hier eine klare Antwort gegeben. Daß Ihnen das zuwenig ist, muß ich Ihnen, Herr Kollege, überlassen.
Vizepräsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Ansicht, daß es gefährlich wäre, der Auffassung, die in der Frage geäußert worden ist, zu folgen, weil die Bundesregierung dieses „Urteil" des Obersten Gerichts immer als Nichturteil, als in die Form eines Urteils gekleideten Akt politischer Natur angesehen hat und infolgedessen das Verlangen, das Urteil aus der Welt zu schaffen, begrifflich voraussetzte, anzuerkennen, daß es rechtlich überhaupt existent ist? Denn man kann ja begrifflich nur etwas beseitigen, was vorhanden ist.
Herr Kollege Arndt, ich kann Ihre Erläuterungen als Nichtjurist nur zur Kenntnis nehmen, im übrigen aber generell bestätigen, daß es sich so verhält.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Jäger ({1}) :
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht meine Auffassung, daß sich die DDR in Art. 2 des Grundlagenvertrages zur Achtung der Menschenrechte verpflichtet hat und daß die Achtung der Menschenrechte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland auch die Pflicht einschließt, Unrechtsakte wie das vom Kollegen Dr. Wittmann angesprochene Urteil jedenfalls in bezug auf ihre praktische Verwendung in jeder Form außer Kraft zu setzen?
Die Verurteilung erfolgte 1960. Der Grundlagenvertrag ist über zehn Jahre später abgeschlossen worden. Zur Frage der Achtung der Menschenrechte habe ich im Namen der Bundesregierung hier mehrmals Erklärungen abgegeben, die deren Standpunkt definieren.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, heißt es nicht die Aussage des Oberstaatsanwalts Rückerl in unverantwortlicher Weise mindern, wenn Sie sagen, der Fall sei nach wie vor ungeklärt?
Herr Kollege, Sie sehen, was aus einer Presseveröffentlichung entstehen kann, wenn sogar die an dem Gespräch Beteiligten am Ende Unklarheiten erkennen müssen und offensichtlich niemand eindeutig klären kann, was nun tatsächlich gesagt worden ist.
Vizepräsident von Hassel: Noch eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Wittmann.
Herr Staatssekretär, gehen Sie nicht davon aus, daß dem, was Oberstaatsanwalt Rückerl gesagt hat, angesichts der tatsächlichen Verhältnisse, nämlich der freiheitlichen Verhältnisse hier und der unfreiheitlichen Verhältnisse in Polen, doch etwas mehr Gewicht zukommt als einer vielleicht innerstaatlich bedingten Exkulpation eines polnischen Funktionärs?
Herr Kollege Dr. Wittmann, ich habe in meiner Antwort auf Ihre Frage auf die unterschiedlichen Rechtssysteme hingewiesen. Ich bin außerstande, mich zu dieser Sache zu äußern, zumal ich keinen der Beteiligten in der Sache persönlich gesprochen habe oder selbst Recherchen anstellen konnte.
Vizepräsident von Hassel: Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Warum verbreitet der mit Unterstützung der Bundesregierung herausgegebene „DDR-Report" gerade die grundgesetzwidrigen Ansichten eines Hamburger wissenschaftlichen Rates und Professors Sywottek vom Ende des Deutschen Reiches und der Leugnung seines Fortbestandes, obwohl nicht „einige" Juristen ({0}), sondern das Bundesverfassungsgericht in seiner schrankensetzenden und für alle Staatsorgane verbindlichen Gewalt bei der Auslegung des Grundgesetzes im Einklang mit dem Völkerrecht den Fortbestand des Deutschen Reiches festgestellt hat und obwohl „die Freiheit der Lehre von der Treue zur Verfassung nicht entbindet" ({1}) ?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Herr Präsident, ich beantworte die Frage des Herrn Kollegen Czaja wie folgt. Die Zeitschrift „DDR-Report" ist keine Publikation der Bundesregierung, sondern wird von der Gesellschaft für Politische Bildung in Würzburg herausgegeben. Die Zeitschrift enthält fast ausschließlich Zusammenfassungen von Artikeln aus Zeitschriften der DDR. Sie ist vorwiegend als Arbeitsmaterial für die politische Bildungsarbeit gedacht. In diesem Zusammenhang wird in jedem Heft ein zusätzlicher Aufsatz zur Diskussion gestellt. Wie es zum Wesen der politischen Bildungsarbeit gehört, werden dabei auch kontroverse Meinungen abgedruckt.
Wie andere Publikationen, die sich mit der Deutschlandpolitik und der DDR-Entwicklung befassen, wird auch diese Zeitschrift zur politischen Bildung durch Zuschüsse des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen gefördert. Wie in allen anderen Fällen findet auch beim „DDR-Report" keine Zensur durch die Bundesregierung, sprich, das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen statt.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.
Angesichts dessen, daß die Bundesregierung dieses Organ fördert, frage ich Sie, ob Sie es nicht mißbilligen, daß im Rahmen des „Themas des Monats" im Mai 1975 eine grundgesetzwidrige Abhandlung von einem Deutschen, einem der Bundesrepublik Deutschland verpflichteten Wissenschaftlichen Rat, der an einer Universität tätig ist, veröffentlicht wurde?
Die Bundesregierung nimmt auf die Gestaltung des Reports keinen Einfluß. Das habe ich Ihnen eindeutig erklärt. Daß dieser Artikel im Monat Mai erschienen ist, ist meines Erachtens reiner Zufall. Ich sage noch einmal: Eine Zensur durch mein Haus findet nicht statt. Kontroverse Artikel dienen gerade in der politischen Bildung zur Anregung in der Auseinandersetzung über grundsätzliche Themen.
Vizepräsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen der Wortlaut des Art. 5 des Grundgesetzes bekannt, und teilen Sie die dort getroffene Feststellung, daß die Freiheit der Lehre nicht von der Treue zur Verfassung entbindet?
Ich weiß nicht, was
diese Feststellung soll. Erstens ist mir der Artikel 5 des Grundgesetzes bekannt, und zweitens steht dessen Inhalt nicht im Gegensatz zu dem, was ich hier gesagt habe, Herr Kollege Czaja.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Professor Schweitzer.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dem Fragesteller nochmals ausdrücklich zu bestätigen, daß es in der von ihm angezogenen Frage durchaus unterschiedliche völkerrechtliche Lehrmeinungen gibt, ein Wissenschaftler daher in seiner Lehre und Forschung und in seinen Veröffentlichungen - bezogen auf Art. 5 GG, d. h. die Freiheit von Lehre und Forschung - durchaus frei ist, sich hier in der Bundesrepublik in jeder Weise zu äußern, und der andere Teil des Art. 5, der sich auf die Treue zur Verfassung bezieht, in diesem Zusammenhang überhaupt nicht tangiert wird?
Natürlich, Herr Kollege Schweitzer, ich brauche das nicht zusätzlich zu bestätigen.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß der Schreiber des Artikels im „DDR-Report" sich mit seiner Ansicht vom Ende des Deutschen Reiches nicht in Übereinstimmung mit der Meinung der Bundesregierung und dem Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland befindet?
Herr Kollege Hupka, ich kann nur wiederholen, daß die Meinung von „DDR-Report" nicht mit der Meinung der Bundesregierung übereinstimmen muß.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich als ein erbitterter Gegner der in dem Aufsatz von Herrn Professor Sywottek vertretenen Auffassung dennoch darauf hinweisen muß, daß im Rahmen von Freiheit von Forschung und Lehre Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes nur menschenrechtsfeindliche Äußerungen - etwa die des „Rasse-Günther" - verbietet,
({0})
aber nicht etwa die freie wissenschaftliche Diskussion gegensätzlicher Meinungen in diesem Lande untersagt?
({1})
- Ja, davon spreche ich.
Herr Kollege Dr. Arndt, ich wäre jetzt versucht, noch andere Artikel anzuführen, über deren Auslegung man diskutieren könnte. Ich möchte mir das aber versagen.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Ich rufe die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Böhm ({1}) auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die im „Neuen Deutschland" zum Ausdruck gekommene Feststellung der DDR-Regierung, daß Berlin seit 1949 die „Hauptstadt der DDR sei", und, falls das in Bonn noch nicht verstanden würde, die DDR bekanntlich alle Möglichkeiten besitze, der Bonner Regierung dies noch deutlicher zu machen"?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, zur Beantwortung!
Herr Präsident, ich darf die Frage des Herrn Kollegen Böhm wie folgt beantworten.
Für Berlin gilt nach wie vor die sich aus dem alliierten Abkommen von 1944 ergebende alliierte Zuständigkeit. Zu den in letzter Zeit wiederholten alten Rechtsstandpunkten der DDR haben sich die Außenminister der drei Westmächte und der Bundesminister des Auswärtigen bei ihrem traditionellen Arbeitsessen am Vorabend der NATO-Ratstagung am 28. Mai 1975 in folgender Weise eindeutig geäußert:
Die Minister haben eingehend aktuelle und langfristige Fragen bezüglich Berlins geprüft. Sie haben den Vier-Mächte-Status von Berlin bekräftigt sowie die Notwendigkeit, alle Bestimmungen des Viermächteabkommens vom 3. September 1971 strikt einzuhalten und voll anzuwenden. Sie haben die Bedeutung unterstrichen, die sie der Lebensfähigkeit und der Sicherheit von Berlin-West beimessen, die sie als essentielle Elemente der Entspannung betrachten.
Diese Formulierung ist sorgfältig und mit Bedacht
gewählt worden. Ich habe ihr nichts hinzuzufügen.
Was die Drohung der DDR betrifft, möchte ich mich mit dem Hinweis auf die klare Feststellung der Bundesregierung und ihrer Verbündeten begnügen, daß Berlin nach wie vor der Testfall der Entspannung bleibt.
Vizepräsident von Hassel: Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Böhm.
Herr Staatssekretär, entspricht die drohende Sprache der DDR der im Grundvertrag niedergelegten Verpflichtung zu guter Nachbarschaft?
Ich habe Ihnen in vielen Fragestunden und auch im Ausschuß in den letzten Monaten, ja, Jahren mehrfach und eindeutig die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage dargelegt. An dieser Haltung zu Berlin hat hat sich nichts geändert, auch wenn wir immer
wieder die Veröffentlichungen im „Neuen Deutschland" oder sonstwo zur Kenntnis zu nehmen hatten, in denen Berlin als Hauptstadt der DDR bezeichnet wird.
Vizepräsident von Hassel: Herr Abgeordneter Böhm zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, müssen nicht die Drohungen, die in der Darstellung im „Neuen Deutschland" zum Ausdruck kommen, geradezu als die Ankündigung von Vertragsbrüchen seitens der DDR in bezug auf Berlin gewertet werden?
Ich werte das nicht als Ankündigungen. Ich sage nur, daß unsere Haltung in dieser Frage eindeutig ist und daß sie am 28. Mai noch einmal durch die drei alliierten Schutzmächte angesprochen worden ist. Ich glaube, darauf sollte man sich verlassen können.
Vizepräsident von Hassel: Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Wehner.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß es ein Gebot der Klugheit ist, wenn unsererseits allen wie immer gearteten Auslegungen und Ansprüchen gegenüber festgehalten und betont wird, daß es für uns vier für die Sicherheit in Berlin und Berlins verantwortliche Signatarmächte des Viermächteabkommens über Berlin gibt?
Herr Kollege Wehner, ich darf diese Aussage voll bestätigen. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn solche Diskussionen in den Ausschüssen stattfänden, damit in der Öffentlichkeit nicht Erörterungen geführt werden, die wie auch immer eine Verunsicherung Dritter bezüglich unseres Standpunktes zur Folge haben können.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jäger ({1}).
Herr Staatssekretär, muß die drohende Sprache, die die DDR in dem Artikel des „Neuen Deutschland" gebraucht, nicht - jetzt bediene ich mich des Sprachgebrauchs der SPD - als eine schallende Ohrfeige für die Entspannungspolitik der Bundesregierung der DDR gegenüber empfunden werden, und ist es nicht eher die schwächliche Reaktion der Bundesregierung hier in der Fragestunde, die Positionen verunsichern kann?
({0})
Herr Kollege Jäger, als schallende Ohrfeige empfinde ich diese Situation
nicht. Nur möchte ich Ihnen ganz eindeutig folgendes sagen: Sie sind Mitglied des Innerdeutschen Ausschusses. Sie verlangen von Woche zu Woche zu Recht Informationen, die Sie von uns auch bekommen. Dann sollten Sie sich auch erinnern, welche Entwicklungen wir seit Abschluß des Viermächteabkommens, das in voller Verantwortung zwischen den alliierten Schutzmächten und der Regierung der UdSSR geschlossen wurde, im Interesse der Menschen verbuchen konnten, so daß ich mir Ihre Vorstellungen hier nicht erklären kann.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, halten Sie es tatsächlich für eine zutreffende Formulierung, wenn Sie vorhin bezüglich der Auffassung der DDR, daß Berlin die Hauptstadt der DDR sei, von einem „alten Rechtsstandpunkt der DDR" gesprochen haben?
Ich habe lediglich wiederholt, was seit vielen Jahren durch die DDR-Regierung immer wieder behauptet wird. Ich habe klar erklärt, daß wir diese Auffassung nicht teilen und darin auch von denen unterstützt werden, die die Verantwortung für Sicherheit und Status in Berlin tragen.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Lagershausen.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mit mir darin übereinstimmen, daß der vom Herrn Kollegen Wehner gegebene Rat langfristig dazu führen könnte, daß sich hier bei uns das Bewußtsein dahin gehend verändern könnte, wie es vielleicht die DDR anstrebt?
Nein, Herr Kollege, es wäre aber gut, wenn Sie auch einmal Dinge anerkennen könnten, die sich wirklich zum Guten entwickelt haben, und nicht nur immer gewisse Teile herausstellten, um sie wieder und wieder hier zur Diskussion zu bringen.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, bewußt den hinreichend bekannten Rat Herrn Wehners mißachtend, möchte ich Sie noch einmal fragen: Wie werten Sie denn eigentlich die Formulierung, daß die DDR alle Möglichkeiten hat, der Bonner Regierung dies noch deutlicher zu machen, wenn nicht als Drohung?
({0})
Ich möchte ganz eindeutig sagen: Sollen wir denn immer auf das eingehen, was die Herren dort drüben zu sagen haben? Unsere Rechtsposition ist so stark, daß ich es für falsch hielte, auf irgendwelche Aussagen, in denen unserer Position nicht entsprechende Auffassungen zum Ausdruck kommen, einzugehen.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Die letzte Zusatzfrage hat der Abgeordnete Werner.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie die angebliche Stärke Ihrer - unserer - Position jetzt noch einmal nachdrücklich unterstrichen haben und die Opposition nach der ganz eindeutigen Auslegung fragt, auch nach den Auslegungsmöglichkeiten von Abkommen, die von der Bundesregierung gutgeheißen werden, möchte ich Sie fragen, wieso es dann passieren konnte, daß sich die drei Westalliierten gegenüber dem Generalsekretär der Vereinten Nationen bemüßigt und veranlaßt sahen, nachdrücklich und schriftlich den Rechtsstandpunkt vor der Weltöffentlichkeit so klarzulegen, wie er im Viermächteabkommen über Berlin festgelegt ist?
Da besteht doch überhaupt kein Unterschied. Wenn die drei Alliierten das auf Grund der Note der Sowjetunion gegenüber dem Generalsekretär der Vereinten Nationen getan haben, so ist das eine zusätzliche Unterstützung unserer Rechtsposition.
Vizepräsident von Hassel: Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Roser auf:
Trifft die Meldung des „Tagesspiegels" vom 28. Mai 1915 zu, Ostberliner Behörden hätten dem Bischof von Hildesheim ohne Angabe von Gründen die Einreise verweigert, und was hat die Bundesregierung - bejahendenfalls - unternommen, um Ost-Berlin zu einer Haltung zu bewegen, die dem mit dem Grundlagenvertrag angestrebten Zustand vermehrter menschlicher und religiöser Kontakte entspricht?
Bitte schön, zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Herr Kollege Roser, der Bundesregierung liegen Meldungen aufgrund einer Verlautbarung der Pressestelle des Bistums Hildesheim vor, nach der die DDR dem Bischof von Hildesheim die Einreise in die DDR verweigert hat. Bereits bei ähnlichen Vorfällen hatte die Bundesregierung versucht, die DDR zu einer Änderung ihrer Haltung zu bewegen. Die Regierung der DDR hat diese Ansprache der Ständigen Vertretung als einen Versuch der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR gewertet, da - so die Argumentation der DDR - die Katholische Kirche der Bundesrepublik auch nach der Einsetzung bischöflicher Administratoren in der DDR für sich in Anspruch nehme, kirchliche Amtsgewalt in Gebieten auszuüben, die sich auf dem Territorium der DDR befänden.
Dies zum Hintergrund. Zur Rechtslage lassen Sie mich folgendes sagen: Die DDR hat sich im Zuge der vertraglichen Vereinbarungen und Regelungen mit der Bundesrepublik Deutschland nur verpflichtet, den Reiseverkehr von der Bundesrepublik in die DDR weitgehend zu liberalisieren. Daß dies tatsächlich geschehen ist, zeigen die Zahlen des Reiseverkehrs eindeutig, die mittlerweile ein nicht erwartetes Ausmaß erreicht haben. Die DDR hat sich aber nicht verpflichtet, jeden Antrag, der aus der Bundesrepublik kommt, zu genehmigen.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordneter Roser.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, in wieviel Fällen mußte die Bundesregierung seit Inkraftreten des Verkehrsvertrages in der von Ihnen geschilderten Weise gegenüber Behörden der DDR tätig werden, welcher Art waren diese Bemühungen, und wie beurteilen Sie die jetzt an Hand eines Falles bekanntgegebenen Gründe, die die DDR für ihre Haltung geltend macht?
Die Bundesregierung kritisiert jeden Fall der Verweigerung der Einreise in die DDR. Wenn Sie mich jetzt nach Zahlen fragen, möchte ich Sie bitten, sich diese schriftlich von mir geben zu lassen, denn ich kann die Zahlen jetzt im einzelnen nicht aus dem Handgelenk nennen.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Roser.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die von Ihnen auch heute hier vorgetragenen Gründe im Widerspruch zu dem Gehalt der Informationen zum Verkehrsvertrag wie auch zum Grundvertrag stehen?
Nein, diese Auffassung teile ich nicht.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, Sie hatten soeben die Meinung der DDR, wie sie gegenüber der Bundesregierung dargelegt worden ist, angeführt. Welche Stellung hat die Bundesregierung dazu bezogen, hat sie insbesondere auf ihre Schutzpflicht bezüglich der Grundrechte Deutscher und auf ihre vertragliche Bindung in seelsorgerischen Angelegenheiten auf Grund des Konkordats hingewiesen?
Wir haben immer wieder versucht, nicht nur die Fälle in geeigneter Form zur Sprache zu bringen, für die Sie sich jetzt
einsetzen, sondern auch jene Fälle, in denen sich andere Bürger an uns gewandt haben. Dies ist zum Teil auch von Erfolg gewesen. Daß im vorliegenden Fall spezielle Gründe gegeben sind, habe ich in meiner Antwort an Herrn Roser bereits dargelegt. Hier wird von der DDR ein Standpunkt eingenommen, der nach wie vor zur Diskussion Anlaß gibt.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, ist das von Ihnen geschilderte Verhalten der DDR-Behörden gegenüber Bischof Jansen nicht ein einseitiger Verstoß gegen den bisherigen Zustand der Verbindungen zwischen den Diözesen hier und den Anteilen der Diözesen in Mitteldeutschland?
Sie kennen den Rechtsstandpunkt, den die DDR einnimmt.
({0})
- Darf ich die Frage zu Ende beantworten? Vizepräsident von Hassel: Bitte!
Sie kennen den Standpunkt der Vertreter der DDR, und Sie wissen, daß es nach wie vor trotz Verträgen nicht möglich ist, eine Einreise für irgend jemanden zu erzwingen. Der Vertrag enthält die klare Verpflichtung, den Reiseverkehr zu liberalisieren. Das ist eindeutig erfolgt. Ich werde Ihnen bei Gelegenheit die Zahlen nennen, wie sich der Reiseverkehr in den letzten drei Jahren entwickelt hat. Die Bundesregierung hat kein Verständnis dafür, daß für einen kirchlichen Würdenträger keine Einreisegenehmigung erteilt wird.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, vermögen Sie meine Auffassung zu teilen und zu bestätigen, daß in solchen Fällen, in denen Einreise- und Besuchserlaubnisse zunächst versagt worden sind wie etwa im Falle des evangelischen Bischofs von Berlin, Scharf, und des Herrn Julius Kardinal Döpfner, diese dann aufgehoben und die Besuchserlaubnisse auf Betreiben unserer Seite erteilt worden sind?
Herr Kollege Wehner, ich kann Ihnen das bestätigen. Wir haben diese Fälle immer wieder zur Sprache gebracht, und ohne spektakuläre Veranstaltungen ist dann ein positives Ergebnis erzielt worden. Auch in den vorliegenden
Fällen wird die Bundesregierung entsprechend tätig werden.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger ({1}).
Herr Staatssekretär, wie ist die Antwort, die Sie eben dem Kollegen Wehner gegeben haben, mit dem in Einklang zu bringen, was Sie auf die zweite Zusatzfrage des Kollegen Roser gesagt haben, worin Sie die Haltung der DDR nicht als rechts- und vertragswidrig bezeichnet haben und womit sie der DDR praktisch Argumente an die Hand geben, um auch solchen späteren Bemühungen jeden Boden zu entziehen?
Herr Kollege Jäger, wir geben der DDR keine Argumente an die Hand. Das mag vielleicht von anderer Seite gemacht werden; ich möchte keine bestimmten Hinweise geben. Aber es hat sich bisher immer gelohnt, daß man diese Dinge angemessen und vor allen Dingen solide und in aller Ruhe aufgreift. Dies vor allem, weil wir der Meinung sind, daß es nicht gut ist, eine Einreisegenehmigung kirchlichen Würdenträgern - wie auch anderen Personen, versteht sich - zu verweigern.
Vizepräsident von Hassel: Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf.
Frage 9 des Abgeordneten Roser wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 10 des Abgeordneten Niegel wird ebenfalls auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf.
Frage 11 des Abgeordneten Milz:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Bericht über das Raumordnungsprogramm ({0}) auf Seite 23 die Abkürzung „BRD" verwandt wurde?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Schmude.
Herr Präsident, Herr Kollege Milz, ich wäre dankbar, wenn ich die Fragen 11 und 12 gemeinsam beantworten dürfte.
Vizepräsident von Hassel: Keine Bedenken; ich rufe auch die Frage 12 des Abgeordneten Milz auf:
Ist die Bundesregierung bereit, alle Bundesministerien und Bundesbehörden anzuweisen, die Abkürzung „BRD" nicht mehr zu verwenden?
Die zutreffende Bezeichnung unseres Staates lautet nach dem Grundgesetz „Bundesrepublik Deutschland". Die Bundesregierung ist der Meinung, daß demgemäß im amtlichen Sprachgebrauch die volle Bezeichnung „Bundesrepublik Deutschland" verwendet werden sollte. Für eine solche Praxis haben sich am 31. Mai 1974 auch die Regierungschefs des Bundes und der Länder ausgesprochen. Herr Kollege Baum hat hierauf in seiner Antwort, die als Anlage zum Stenographischen Bericht über die 165. Sitzung des Bundestages am 18. April 1975 abgedruckt ist, bereits hingewiesen. In einer weiteren Antwort - Anlage zum Stenographischen Bericht über die 171. Sitzung vom 16. Mai 1975 - hat er die Auffassung der Bundesregierung bekräftigt, daß die Bezeichnung „Bundesrepublik Deutschland" von staatlichen und öffentlichen Stellen grundsätzlich in allen in Betracht kommenden Fällen gebraucht werden sollte.
Im Hinblick auf diese wiederholten Äußerungen sehe ich keine Notwendigkeit dafür, daß die Bundesregierung die Bundesministerien und die Bundesbehörden anweist, die Abkürzung „BRD" nicht mehr zu verwenden. Ob entsprechende Anweisungen zusätzlich erlassen werden sollten, fällt in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesministerien. Für das Bundesministerium des Innern und seinen nachgeordneten Bereich sind interne Anordnungen ergangen, vom Gebrauch der Abkürzung „BRD" abzusehen. Auch eine solche Anweisung kann freilich die versehentliche Verwendung dieses Kürzels nicht verhindern. Dies zeigt die von Ihnen erwähnte Stelle in dem von Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Bundesraumordnungsprogramm. Die Abkürzung „BRD" auf Seite 23 dieses Programms ist bei dessen Abstimmung zwischen den Bundesressorts und mit den Bundesländern übersehen worden.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie, auch wenn Sie nicht bereit sind, weitere Anweisungen an Ministerien und nachgeordnete Behörden zu geben, dennoch alles tun werden, um diese Abkürzung „BRD" aus amtlichen Drucksachen und Unterlagen zukünftig und möglichst endgültig zu verbannen?
Dies geschieht in angemessener Form und wird weiterhin geschehen.
Vizepräsident von Hasse!: Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Milz.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, was Ihrer Meinung nach in diesem Zusammenhang angemessen ist?
({0})
Angemessen wäre es meines Erachtens nicht - und dies soll keine Kritik an Ihrer Fragestellung sein, Herr Kollege -, wenn die Bundesregierung einem solchen Versehen, wie es hier geschehen ist, allzuviel Gewicht beimäße.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 13 der Abgeordneten Frau Verhülsdonk auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung eine Anhebung der Grenzwerte für die gesetzlich zulässige Konzentration radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser sowie eine Änderung der Auslegungsstrahlenbelastungen für Menschen in der Umgebung von Kernkraftwerken und eine Änderung der Bestimmungen für das Abkippen schwach radioaktiven Atommülls?
Herr Präsident, ich bitte um Verständnis dafür, daß die Antwort angesichts dieser Frage etwas ausführlicher ausfallen wird.
Frau Kollegin, die Grenzwerte für die zulässige Konzentration radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser sind in der „Ersten Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Strahlen radioaktiver Stoffe" - Erste Strahlenschutzverordnung - festgelegt. Diese Werte beruhen auf den Grundnormen der Europäischen Atomgemeinschaft für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte und gehen auf Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission zurück. Die Bundesregierung beabsichtigt in der in Vorbereitung befindlichen „Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen", der sogenannten Strahlenschutzverordnung, die die Erste Strahlenschutzverordnung ersetzen wird, keineswegs eine Anhebung der Grenzwerte für die zulässigen Konzentrationen in Luft und Wasser.
Auch die in dieser neuen Verordnung festgelegten Grenzwerte beruhen auf den Euratom-Grundnormen. Anderslautende Behauptungen in der Öffentlichkeit, daß die Grenzwerte in der neuen Strahlenschutzverordnung teilweise hundert- bis zehntausendfach höher sein werden als bisher, entbehren jeder Grundlage. Die Grenzwerte für die Konzentrationen stimmen grundsätzlich mit den bisherigen Werten überein. Einzelne unwesentliche Änderungen gehen auf geänderte Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission zurück.
Hingegen wird die maximal zulässige Strahlenbelastung für Menschen in der Umgebung von Kernkraftwerken in der neuen Strahlenschutzverordnung erheblich niedriger festgelegt als in der geltenden Ersten Strahlenschutzverordnung. Die neue Regelung ist insofern strenger als die frühere Regelung. Sie wird bei der Genehmigung von Kernkraftwerken bereits seit einigen Jahren angewandt und nunmehr in der neuen Verordnung rechtlich verbindlich gemacht.
Eine Behandlung radioaktiver Abfälle - dies ist der dritte Teil Ihrer Frage, Frau Kollegin - wie
gewöhnliche Abfälle, als eine Beseitigung solcher radioaktiver Abfälle etwa auf öffentlichen Mülldeponien, ist nach der geltenden Ersten Strahlenschutzverordnung nur bei radioaktiven Abfällen niedrigster spezifischer Aktivität und mit ausdrücklicher Zustimmung der Genehmigungsbehörden zulässig. Zur Verdeutlichung weise ich darauf hin, daß z. B. die natürliche Radioaktivität mancher Baustoffe und Phosphat-Düngemittel bereits in dieser Größenordnung liegt. Nach dem Entwurf der neuen Strahlenschutzverordnung ist es ausgeschlossen, daß irgend jemand unter Inanspruchnahme von Freigrenzen ohne ausdrückliche Zulassung durch die zuständige Behörde radioaktive Abfälle - mit welch geringer spezifischer Aktivität auch immer - wie gewöhnliche Abfälle behandelt. Die vorgesehene neue Regelung bringt deshalb ein deutliches Mehr an Sicherheit für Personen und Umwelt gegenüber der geltenden Verordnung.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Verhülsdonk.
Herr Staatssekretär, wird bei der Neufestsetzung der Grenzwerte, z. B. für den radioaktiven Wasserstoff Tritium, berücksichtigt, daß es neben den bisher bekannten Strahlenschäden noch spezielle strahlenbiologische Effekte gibt, bekannt als Transmutationen - in der Wissenschaft wird öfter darauf hingewiesen -, und daß diese auch im Rahmen der bisher geltenden Grenzwerte zu Organschädigungen führen?
Als Nichtfachmann, Frau Kollegin, möchte ich vermuten, daß das berücksichtigt wird. Da Sie diese Frage hier aber stellen, bitte ich um Ihr Verständnis, wenn ich sie aufgreife und schriftlich beantworte.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 14 der Abgeordneten Frau Verhülsdonk auf:
Kann die Bundesregierung bestätigen, daß schon hei den jetzigen Grenzwerten für radioaktive Strahlung Langzeitbelastung hei Menschen in der Umgebung von Kernkraftwerken die Gefahr der Erkrankung an Leukämie oder Strahlenkrebs sowie die Erhöhung der Zahl der Mißbildungen von Säuglingen steigert ({1}) ?
Dr. Schmude, Pari. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Frau Kollegin, es liegen bisher keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, daß Langzeitbelastungen in Höhe der derzeit für die Umgebung von Kernkraftwerken geltenden Grenzwerte für radioaktive Strahlung zu den von Ihnen genannten gesundheitlichen Gefahren führen.
Es ist jedoch eine Regel des Strahlenschutzes, in den Fällen, in denen gesicherte Erfahrungswerte nicht vorliegen - und das gilt insbesondere für die Wirkung kleiner Strahlendosen -, Abschätzungen der unter pessimistischen Annahmen allenfalls zu erwartenden Wirkungen vorzunehmen. Auch bei der Festlegung der Grenzwerte für die Langzeitstrahlenbelastung in der Umgebung von Kernkraftwerken ist das geschehen. Solche Schätzungsergebnisse können aber keinesfalls als sicher zu erwartende Strahlenschäden angesehen werden.
Die Ergebnisse dieser Schätzungen haben gezeigt, daß auch die unter derart pessimistischen Annahmen zu erwartenden Strahlenwirkungen neben den in der Bundesrepublik auftretenden spontanen Krebs- und Mutationsraten keine bemerkbaren Folgen haben würden.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Verhülsdonk.
Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, daß es keine wissenschaftlichen Erörterungen dieses Themas und keine Unterlagen gibt. Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Zeitschrift „Naturwissenschaftliche Rundschau", und zwar in den Nummern 4 und 10 aus dem Jahre 1974, und in der Zeitschrift „New Scientist" in der Nr. 9/73 sehr exakte Ausführungen über die Latenzwirkungen im Hinblick auf Leukämie, auf Strahlenkrebs, auf Mißbildungen gemacht worden sind, und ist die Bundesregierung bereit, diese Untersuchungen zu überprüfen, falls sie ihr bisher nicht bekannt waren?
Die Berücksichtigung wird sicherlich erfolgen, Frau Kollegin. Nur liegt ein Mißverständnis insofern vor, als ich nicht davon gesprochen habe, daß uns die Erörterungen nicht bekannt seien. Daß es Erörterungen dieser Art gibt, ist durchaus bekannt. Nur liegen bisher keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, daß die von Ihnen geschilderten Gefahren in der von Ihnen befürchteten Weise eintreten.
Vizepräsident von Hassel: Zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Verhülsdonk!
Ab wann ist die Bundesregierung bereit, wissenschaftliche Erörterungen in ihre Überlegungen einzubeziehen und als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu betrachten?
Für die Beurteilung einer Aussage als wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis gibt es allgemeine Maßstäbe, Frau Kollegin, die jeweils im Einzelfall zu überprüfen sind. Eine bloße Erörterung, ein bloßer Diskussionsbeitrag kann diesen Rang noch nicht beanspruchen.
Vizepräsident von Hassel: Ich rufe Frage 15 des Abgeordneten Tietjen - der Fragesteller ist anwesend - auf:
Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß Delikte der „leichteren Kriminalität" ({0}), die statistisch als schwere Diebstähle erfaßt
Vizepräsident von Hassel
werden, die Kriminalstatistik sowohl bei der Straftatenerfassung als auch in der Aufklärung in unverhältnismäßig hohem Maße belasten und ein unklares Bild der Kriminalität wiedergeben, und daß bejahendenfalls eine Änderung der Richtlinien über die Führung der Kriminalstatistik dienlich wäre?
Bitte, zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Tietjen, die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, daß Delikte der leichteren Kriminalität, besonders Diebstahlsdelikte, die Kriminalstatistik unverhältnismäßig belasten und - bei Bewertung nach dem ersten Anschein - ein unklares Bild der Kriminalität entstehen lassen. Das gilt sowohl für die Zahl der erfaßten Straftaten als auch für die Aufklärungsquote.
Nach der polizeilichen Kriminalstatistik 1974 sind rund zwei Drittel aller registrierten Straftaten Diebstahlsdelikte, von denen über die Hälfte schwere Diebstähle waren. Die Gesamtaufklärungsquote betrug im Jahr 1974 45,6 %. Ohne die Diebstahlsdelikte läge sie bei 76,2 %.
Nach einem vom Bundeskriminalamt veranlaßten Forschungsprojekt wird etwa jeder dritte schwere Diebstahl angezeigt, dagegen allenfalls nur jeder fünfzehnte einfache Diebstahl. Jede polizeiliche Kriminalstatistik kann nur die jährlich bekanntgewordenen, nicht aber die tatsächlich begangenen Straftaten verzeichnen, die nach den Ergebnissen der Dunkelfeldforschung insgesamt auf das Dreifache geschätzt werden.
Eine rechnerische Steigerung der Kriminalitätsziffern, vor allem im Bereiche der Massenkriminalität, kann deshalb ebenso aus einer Steigerung der Anzeigefreudigkeit der Bevölkerung oder des Arbeitserfolges der Polizei herrühren wie von einer Steigerung der tatsächlich begangenen Straftaten.
Auszunehmen von dieser Unsicherheit der Beurteilungsgrundlage ist lediglich die Gewaltkriminalität, die der Polizei nach allgemeiner Erfahrung nahezu vollständig zur Kenntnis kommt.
Um die Aussagekraft der Statistik zu steigern, ist das Bundeskriminalamt bemüht, nach Deliktschwere gewichtete Kriminalitätsindizes zu entwickeln. Eine Änderung der Richtlinien für die polizeiliche Kriminalstatistik zieht die Bundesregierung dagegen nicht in Betracht, weil sie von dem Grundsatz der Registrierung aller bekanntgewordener Straftaten nicht abgehen kann. In ihren Verlautbarungen zur Kriminalstatistik weist die Bundesregierung aber immer wieder auf den bedingten Aussagewert bei undifferenzierter Betrachtung und pauschalierter Darstellung hin.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Tietjen.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die von Ihnen soeben gegebene Antwort, in der Öffentlichkeit wiedergegeben, der Öffentlichkeit ein anderes Bild von der Kriminalität in der Bundesrepublik Deutschland vermitteln würde?
Ich habe mit Ihnen diesen Eindruck, Herr Kollege Tietjen. Ich glaube - ohne Sie in Anspruch nehmen zu wollen - es in etwa als unsere gemeinsame Aufgabe bezeichnen zu können, entstandene Irrtümer und falsche Eindrücke richtigzustellen.
Vizepräsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe Frage 16 - des Abgeordneten Dr. Schweitzer - auf:
Welchen Beitrag kann nach Auffassung der Bundesregierung die Bundeszentrale für politische Bildung in Zukunft zur geistigen Aufbereitung der Hintergründe des politischen Terrorismus leisten?
Herr Kollege Schweitzer, die Bundesregierung und der Bundesminister des Innern im besonderen sehen in der Bundeszentrale für politische Bildung ein bedeutendes Instrument zur geistigen Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus und dessen schärfster Ausprägung, dem politischen Terrorismus. Sie hat daher im Rahmen des allgemeinen Auftrags die Funktion zur Vermittlung politischer Einsichten, die zu rationaler politischer Entscheidung und damit auch zur verständigen Bewertung terroristischer Aktivitäten befähigen. Die Bundeszentrale wirkt zusammen mit dem Bundesministerium des Innern und anderen Dienststellen des Bundes und der Länder an der Erforschung der Ursachen terroristischer Betätigung mit. Sie hat im Auftrag des Bundesministers des Innern ein Arbeitsprogramm für die künftige Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus entwickelt, das auf die sonstigen Träger der politischen Bildung ausstrahlen wird. Die vom Staat getragene Bundeszentrale für politische Bildung soll damit in politisch ausgewogener Weise die Arbeit der Parteien unterstützen und ergänzen. Den politischen Parteien obliegt aber in erster Linie die Führung des politischen Kampfes gegen den Terrorismus.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Dr. Schweitzer.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, sind an gegebenenfalls in Auftrag zu gebenden oder bereits vergebenen Untersuchungen angesichts der jedenfalls für mich unbestreitbaren - ich darf es einmal so formulieren - politpsychopathischen Aspekte des Terrorismus Psychologen beteiligt, oder ist beabsichtigt, insbesondere auch Psychologen zu beteiligen?
Herr Kollege Schweitzer, die Frage, in welcher Weise bestimmte Untersuchungen und Forschungsvorhaben ausgeführt werden, war nicht unmittelbar in der von Ihnen eingereichten Frage mit enthalten. Ich kann Ihnen daher Einzelheiten darüber, wie diese Vorhaben durchgeführt werden, hier nicht berichten.
Vizepräsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage hat der Abgeordnete Schweitzer.
Herr Staatssekretär, gehe ich in diesem Zusammenhang richtig in der Annahme, daß der Bundesregierung schon jetzt Erkenntnisse, z. B. im Hinblick auf familiäre Sozialisationsprozesse der Beteiligten, etwa dahin gehend vorliegen, daß der harte Kern der Terroristen keine Kinder aus sogenannten Arbeiterfamilien, hingegen aber durchaus aus großbürgerlichen, ja sogar auch aus bekannten CDU-Kreisen aufweist, wobei ich mit dieser Feststellung natürlich in keiner Weise Kollektivverantwortung fixieren möchte?
Herr Kollege Schweitzer, die von Ihnen angesprochenen Zusammenhänge finden seit langem die besondere Aufmerksamkeit sowohl der Bundesregierung als auch einzelner Bundesbehörden, die in besonderer Weise mit diesem Thema befaßt sind. Über die Erkenntnisse, die Sie hier im einzelnen ansprechen, kann ich Ihnen jetzt nicht in der Weise und so weitgehend Aufschluß geben, daß ich Ihnen das bestätige, was Sie hier ausgesagt haben, vielleicht mit Ausnahme des Schwergewichts der Herkunft aus bürgerlichen Familien.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, wird die Bundeszentrale für politische Bildung einen Schwerpunkt in der von Ihnen soeben skizzierten Arbeit darin sehen, jener bis hinein in die Kreise der Wissenschaft vertretenen Auffassung entgegenzuwirken, nach der zur Überwindung unserer gegenwärtigen Gesellschaftsordnung und zur Erringung neuer Ufer in diesem Bereich auch die Gewalt ein zulässiges Mittel sei?
Ganz sicher ist dies eines der vorrangigen Ziele dieser Aufklärungsarbeit.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage hat der Abgeordnete Werner.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Auffassung, daß in einen derartigen Bericht, den Sie in Aussicht stellen, ebenfalls, wie auch immer, hineingehören würde - ich ergänze jetzt das, was der Herr Kollege Professor Schweitzer vorhin anführte -, inwieweit Äußerungen aus den Reihen der Regierungskoalition in den vergangenen Jahren dazu beigetragen haben, daß in einem nicht mehr vertretbarem Maße in der Öffentlichkeit „Verständnis" dafür geweckt worden ist, gegenüber Akten, die zweifelsohne teilweise als Gewaltakte im Rahmen politischer Betätigung verstanden werden können, die Augen zu verschließen.
Herr Kollege, ich will dem Fachwissen und dem Scharfsinn der mit diesen Arbeiten beschäftigten Fachleute nicht vorgreifen. Da es solche Äußerungen, wie Sie sie hier ansprechen, aber nicht gibt, würde es mich außerordentlich wundern, Hinweise darauf zu finden.
({0})
Vizepräsident von Hassel: Eine weitere, vom Herrn Kollegen Breidbach angemeldete Zusatzfrage scheint nicht mehr zu kommen.
Ich rufe die Frage 17 des Abgeordneten Dr. Schweitzer auf:
Lassen sich nach Auffassung der Bundesregierung die seit vielen Jahren fälligen und grundsätzlich immer wieder befürworteten Anhebungen von Planstellen für einige leitende Angestellte der Bundeszentrale für politische Bildung endlich im Rahmen des Etats 1976 realisieren?
Zur Beantwortung bitte, Herr Staatssekretär!
Ihr Anliegen, Herr Kollege, die Stellen für einige leitende Bedienstete der Bundeszentrale für politische Bildung anzuheben, ist mir bekannt und wird von mir grundsätzlich unterstützt. Seit dem Jahre 1970 laufen Bemühungen, die in Betracht kommenden Stellen zu heben. Diese Frage muß aber im Zusammenhang mit der gesamten angespannten Haushaltslage gesehen werden, die eine Anhebung von Stellen nur in seltenen Fällen zuläßt. Wegen dieser haushaltsmäßigen Schwierigkeiten konnte bisher nur die Hebung einer Stelle erreicht werden. Die Bemühungen um Hebung der übrigen Stellen werden im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 1976, die zur Zeit noch im Gange sind, fortgesetzt. Ob eine Hebung von Stellen für das Jahr 1976 möglich ist, ist allerdings nicht abzusehen.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schweitzer.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, wären Sie bereit, in diesem Zusammenhang die Möglichkeit gewissermaßen eines Stellenringtausches zwischen Ihrem Hause, dem Ministerium also, und der Bundeszentrale für politische Bildung zu prüfen und wohlwollend in Erwägung zu ziehen?
Als eine theoretische Möglichkeit durchaus, Herr Kollege. Mir ist aber im Moment kein einziger konkreter Ansatzpunkt für einen solchen Ringtausch bekannt, der etwa das Bundesministerium des Innern in die Lage versetzen würde, angehobene Stellen abzugeben.
Vizepräsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schweitzer.
Darf ich schließlich noch, Herr Staatssekretär, in diesem Zusammenhang die generelle Frage stellen, ob sich nach Auffassung Ihres Hauses eigentlich bislang die Dreier-KonstrukDr. Schweitzer
tion in der Leitung des Hauses in Theorie und Praxis bewährt hat?
Herr Kollege, auch hier bitte ich um Verständnis, daß ich Ihnen zu einer Frage, die Sie in Ihrer schriftlich ausgedruckten Frage nicht einmal angedeutet haben, keine Stellungnahme des Hauses abgeben kann. Ich habe zwar eine persönliche Meinung; diese aber hier an dieser Stelle vorzutragen ist nicht meines Amtes.
Vizepräsident von Hassel: Ich rufe die Frage 18 des Abgeordneten Immer auf - der Fragesteller ist anwesend -:
Welche Vorkehrungen will die Bundesregierung treffen bzw. hat sie getroffen, damit in Zukunft nicht durch Indiskretionen Polizeiberichte oder Einsatzpläne den zu bekämpfenden Terroristengruppen bekanntwerden?
Bitte zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Immer, lassen Sie mich vorab feststellen, daß die Bundesregierung keinen Fall kennt, in dem Einsatzpläne der Polizei durch Indiskretionen an Terroristengruppen gelangt sind.
Bund und Länder haben Vorsorge dafür getroffen, daß alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes in regelmäßigen Abständen über ihre Dienstpflicht zur Wahrung von Dienstgeheimnissen belehrt werden. Die Polizeibeamten wissen zudem, daß sie inner-dienstliche Angelegenheiten, insbesondere bei Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, vertraulich zu behandeln haben, weil durch leichtfertige Preisgabe von Einsatzplänen das Leben von Kameraden gefährdet werden könnte.
Trotz aller Vorkehrungen gibt es gegen Indiskretionen einzelner Bediensteter keinen absoluten Schutz. Die Bundesregierung geht in ihrem Bereich jedem einzelnen Fall sorgfältig nach und zieht Schuldige zur Rechenschaft. Zugleich prüft sie die in jedem Einzelfall gewonnenen Erkenntnisse darauf hin, ob zusätzliche vorbeugende Maßnahmen allgemeiner Art notwendig sind. Dies ist aber kein speziell polizeiliches, sondern ein allgemeines Problem des öffentlichen Dienstes.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Immer.
Herr Kollege, inwieweit ist in Zukunft ausgeschlossen, daß wieder ein Landesinnenminister wie Herr Schwarz von Rheinland-Pfalz unmittelbar vor einer bundesweiten zentralen Fahndung geheimzuhaltendes Material an die Massenmedien gibt und so den Erfolg der Fahndung gefährdet, wie Generalbundesanwalt Buback vor dem Untersuchungsausschuß des Landtages von Rheinland-Pfalz bestätigt hat?
Herr Kollege Immer, ohne die Wertung im einzelnen zu übernehmen, die Sie hier von dem Generalbundesanwalt Buback referiert haben, weise ich darauf hin, ,daß diese Veröffentlichung Gegenstand eingehender und sehr deutlicher Aussprachen in der Innenministerkonferenz der Länder und des Bundes gewesen ist und daß auch die Bundesregierung durch den Bundesminister des Innern diese Veröffentlichung im Hinblick auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit deutlich mißbilligt hat. Ich hoffe sehr, daß nach der inzwischen eingetretenen Klärung zwischen allen Beteiligten auch weitere in Betracht kommende Personen dies berücksichtigen und von Veröffentlichungen dieser Art absehen.
Vizepräsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Immer.
Darf ich in bezug auf die vorherige Aussage, daß Sie ganz strikte Anweisungen an die öffentlichen Bediensteten herausgegeben haben, fragen, ob Sie auch meiner Meinung sind, daß in Verfolg der seinerzeitigen Schwarz-Affäre disziplinarrechtliche Schritte eingeleitet worden wären, wenn nicht ,der Minister, sondern ein Beamter die Polizeiberichte unberechtigterweise veröffentlicht und damit die Terroristenbekämpfung erheblich gefährdet hätte?
Herr Kollege Immer, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bzw. das Ergreifen disziplinarrechtlicher Schritte ist ein derartig schwerwiegender Vorgang, daß es sich verbietet, hier mit leichter Hand zu sagen, in diesem Fall hätte man das getan und in jenem nicht. Insofern bin ich nicht bereit, Ihre Frage zu beantworten.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Tietjen.
Herr Staatssekretär, können Sie meinen Eindruck bestätigen, daß es durchaus möglich sein könnte, daß die vorgenommene Veröffentlichung des Herrn Innenministers Schwarz politisch einseitig motiviert gewesen ist?
Vizepräsident von Hassel: Ich darf darauf aufmerksam machen, daß diese Zusatzfrage ganz sicher nicht im Zusammenhang mit der ursprünglich eingebrachten Frage steht, also nicht zulässig ist.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Stahl.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort auf die Frage des Kollegen Immer entnehmen, daß Sie, wenn das ein Beamter Ihres Hauses getan hätte, ein Disziplinarverfahren eingeleitet hätten, und wäre es dann nicht zweckmäßig gewesen, daß der zuständige Parteivorsitzende der CDU, Herr Kohl, seinen Innenminister - der zwar nicht Beamter, sondern Politiker ist - in aller Öffentlichkeit gerügt hätte?
Zunächst, Herr Kollege Stahl, können Sie aus meiner Aussage gegenüber dem Kollegen Immer gerade das, was Sie in Ihrer Frage unterstellen, nicht entnehmen, weil ich es ganz einfach ablehnen muß, mit leichter Hand zu erklären, in diesem Fall wäre ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden oder nicht.
Was im übrigen die Verantwortlichkeit des Vorsitzenden einer unserer großen Parteien anbelangt, so werden Sie von mir eine Bewertung oder Stellungnahme sicherlich nicht verlangen.
Vizepräsident von Hassel: Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Werner auf:
Treffen Pressemeldungen zu, daß bei einer Veranstaltung in Ulm die KPI Wahlpropaganda im Hinblick auf die italienischen Regionalwahlen am 15. Juni 1975 betrieben hat, und was ist der Bundesregierung über sonstige Aktivitäten der KPI in der Bundesrepublik Deutschland aus jüngerer Zeit bekannt?
Bitte zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Werner, über die Veranstaltung der KPI in Ulm liegen der Bundesregierung über eine Meldung der Zeitung „Die Welt" vom 5. Juni 1975 hinaus keine weiteren Informationen vor. Der Bundesregierung ist jedoch bekannt, daß die KPI in mehreren anderen Orten der Bundesrepublik Deutschland ähnliche öffentliche Versammlungen veranstaltet hat mit dem Ziel, Mitglieder und Sympathisanten zu bewegen, nach Italien zu reisen und dort bei den am 15. Juni 1975 stattfindenden Regionalwahlen ihre Stimme für die KPI abzugeben.
Zur Frage nach den sonstigen Aktivitäten der KPI ist folgendes zu bemerken. Die KPI ist in der Bundesrepublik Deutschland seit mehr als zehn Jahren tätig. Sie hat hier derzeit etwa 3 800 Mitglieder. Die KPI ist damit die stärkste Gliederung einer ausländischen orthodox-kommunistischen Partei in der Bundesrepublik. Sie gliedert sich in die Gebietskomitees Nord mit Sitz in Köln und Süd mit Sitz in Stuttgart. Dem Gebietskomitee Nord sind die Kreisorganisationen direkt unterstellt; im Bereich des Gebietskomitees Süd sind diese den Bezirkskomitees nachgeordnet.
Zur Ergänzung verweise ich auf die ausführlichen Darlegungen der Bundesregierung in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 24. Februar 1972.
In den letzten Jahren hat die KPI übrigens - abgesehen von den erwähnten Versammlungen - keine nennenswerten politischen Aktivitäten unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Italienern entfaltet.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Werner.
Herr Staatssekretär, weiche Maßnahmen hat denn die Bundesregierung in den vergangenen Jahren getroffen, um die Kontrolle über die KPI, aber auch über die Funktionäre des
Kommunistischen Jugendverbandes und auch des Kommunistischen Gewerkschaftsbundes Italiens, die sich hier ebenfalls in den Außenstellen der KPI aufhalten und von daher gezielte Kontakte zu italienischen Arbeitnehmern in der Bundesrepublik aufnehmen, aufrechtzuerhalten und durchzuführen?
Herr Kollege Werner, wenn Sie die Verfassungsschutzberichte, auch den schon veröffentlichten, bloß noch nicht in Druck gelegten Verfassungsschutzbericht 1974 einsehen, werden Sie feststellen, daß auch derartige politische Aktivitäten im Beobachtungsfeld unserer Sicherheitsbehörden liegen. Andererseits werden Sie sicherlich verstehen, daß ich hier nicht bereit bin, über Einzelheiten zu sprechen, die die Art der Beobachtung und der Feststellung solcher Vorgänge 'betreffen.
Vizepräsident von Hassel: Die zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordeten Werner.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie in diesem Zusammenhang fragen, ob Sie die Aktivitäten und Veranstaltungen der KPI in der Bundesrepublik Deutschland mit dem gleichen Augenmerk verfolgen wie die Aktivitäten rechtsextremer italienischer Organisationen und ihrer Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland?
Jeder Vorgang dieser Art wird in angemessener Weise beobachtet und verfolgt. Dabei spielen eine Reihe von Faktoren eine Rolle, u. a. die Bedeutung dieses Vorgangs.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Kunz ({0}).
Herr Staatssekretär, halten Sie die Aktivitäten der kommunistischen Funktionäre Italiens in der Bundesrepublik für Rechtens, und, wenn nein, welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung hier zu ergreifen?
Herr Kollege, der Kollege Werner hat mit seiner nächsten schriftlich ausgedruckten Frage dieses Thema speziell angesprochen. Ich darf Sie um einen kleinen Moment Geduld bitten; ich werde darauf ausführlich zurückkommen.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung Aktivitäten der italienischen kommunistischen Partei auch in den Sendungen der deutschen Rundfunkanstalten für italienische Gastarbeiter bekannt?
Ich bin nicht in der Lage, Ihnen
mitzuteilen, daß derartige Hinweise vorlägen. Ich möchte nach sorgfältiger Vorbereitung der Antworten für diese Fragestunde auch ausschließen, daß uns derartige Erkenntnisse vorliegen.
Vizepräsident von Hassel: Ich rufe Frage 20 des Herrn Abgeordneten Werner auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es unzulässig ist, innenpolitische Auseinandersetzungen aus anderen Staaten in der Bundesrepublik Deutschland auszutragen, und welche Schritte beabsichtigt der nach dem Vereinsgesetz zuständige Bundesinnenminister dagegen zu unternehmen?
Bitte zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Herr Kollege Werner, das Vereinsgesetz eröffnet in § 14 die Möglichkeit, Ausländervereine dann zu verbieten,
wenn sie durch politische Betätigung die innere oder äußere Sicherheit, die öffentliche Ordnung oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verletzen oder gefährden.
Die Bundesregierung hat bereits in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 24. Februar 1972 deutlich gemacht, daß sie erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland dann gefährdet sieht, wenn innenpolitische Streitigkeiten anderer Länder auf das Bundesgebiet übertragen und hier ausgetragen werden. Sie hält es nach diesem Grundsatz jedoch nicht für geboten, gegen jegliche politische Betätigung von Ausländern einzuschreiten. Maßgebend werden jeweils die Umstände des Einzelfalles sein, in dem es darauf ankommt, ob die Art der politischen Betätigung zu besonderen Spannungen oder Streitigkeiten führt, ob sie Zielen dient, deren Förderung wegen ihres besonderen Unwertgehaltes nicht hingenommen werden kann, oder ob sie als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik angesehen werden muß. Im übrigen werden besondere Maßstäbe dann anzulegen sein, wenn die Tätigkeit von Ausländerorganisationen der Wahrnehmung von Interessen hier lebender ausländischer Arbeitnehmer dient.
Auf der Grundlage solcher Erwägungen hat die Bundesregierung bisher Maßnahmen gegen die Betätigung der KPI im Bundesgebiet nicht ergriffen. Sie beabsichtigt das auch zur Zeit nicht. Mit dieser Haltung sieht sich die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den für die Durchführung des Ausländergesetzes zuständigen Bundesländern. Ausdrücklich hat die Innenministerkonferenz der Länder am 8. Juni angekündigt, daß die Länder eine mit unserer Rechtsordnung nicht vereinbare Betätigung von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund von § 6 des Ausländergesetzes unterbinden werden. In dieser Form gegen Funktionäre oder Mitglieder der KPI vorzugehen, haben die Bundesländer bisher jedoch keine Veranlassung gesehen.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Werner.
Herr Staatssekretär, darf ich in diesem Zusammenhang auf die Resolution der Ständigen Konferenz der Innenminister der Länder vom 25. Februar 1972 hinweisen, wo in dem diesbezüglichen Beschluß ausdrücklich darauf Bezug genommen wird, daß es nicht angehen kann, daß innenpolitische Auseinandersetzungen aus anderen Staaten durch extremistische Parteien jener Staaten hier in der Bundesrepublik ausgetragen werden, und sind Sie mit mir der Auffassung, daß wahlpropagandistische Veranstaltungen, wie sie nicht nur in Ulm, sondern auch anderswo stattgefunden haben, genau diesem Beschluß zuwiderlaufen?
Die Übereinstimmung der Bundesregierung mit dieser Entschließung der Länderinnenministerkonferenz habe ich soeben schon deutlich gemacht. Ich habe aber darüber hinaus deutlich gemacht, daß es in Verfolgung dieser Grundsätze nicht angeht, unterschiedslos gegen jegliche politische Betätigung vorzugehen, sondern daß dies - da Sie das Thema gerade angesprochen haben - u. a. oder vor allem davon abhängen wird, ob diese Auseinandersetzung in streitiger Form ausgetragen wird, so daß der innere Friede in der Bundesrepublik in irgendeiner Weise tangiert wird.
Vizepräsident von Hassel: Noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Werner.
Darf ich Sie dann fragen, welche Kriterien, abgesehen von jenen handgreiflicher Natur, die Sie gerade erwähnten, die Bundesregierung dort anlegt, wo parteipolitische Auseinandersetzungen aus dem Ausland auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland ausgetragen werden, oder sind Sie etwa der Auffassung, daß man gegen die KPI bisher nur deswegen sehr zurückhaltend und zögernd vorgegangen ist, weil sie offensichtlich vorzügliche Kontakte bis hinein in oberste Gremien bundesdeutscher Parteien unterhält?
Die Bundesregierung, Herr Kollege Werner, hatte schon 1972 Gelegenheit und Veranlassung, durch den damaligen Bundesinnenminister Genscher an dieser Stelle derartige Vermutungen nachdrücklich zurückzuweisen. Soweit dort Gespräche geführt worden sind oder Beziehungen der von Ihnen geschilderten Art bestehen, sind sie für die Haltung der Bundesregierung in keiner Weise maßgebend. Es kommt, wie ich vorhin dargelegt habe, auf den konkreten Einzelfall und dabei wiederum darauf an, ob die Art der politischen Betätigung zu besonderen Spannungen oder Streitigkeiten führt. Das muß sich nicht in handgreiflicher Form auswirken.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, müßte die Bundesregierung in ihre Überlegungen,
Jäger ({0})
wann die politische Betätigung einer extremen ausländischen Partei unterbunden werden sollte, nicht auch die Frage mit einbeziehen, ob eine solche Partei nach den Maßstäben unseres Verfassungsrechts im Hinblick auf ihre Zielsetzung, ihre Organisation und ihren Aufbau einer Partei vergleichbar ist, die nach unseren eigenen Verfassungsbestimmungen als verfassungsfeindlich anzusehen wäre?
In der Tat, Herr Kollege Jäger, bezieht die Bundesregierung in ihre Überlegungen auch diesen Gesichtspunkt ein. Ausdrücklich angesprochen wird er in § 6 Abs. 3 des Ausländergesetzes, für dessen Durchführung die Länder zuständig sind. Ich konnte Ihnen vorhin vortragen, daß auch die Länder, und zwar ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit des Regierungschefs und des Innenministers, bisher keine Veranlassung gesehen haben, konkrete Maßnahmen gegen Funktionäre oder Mitglieder der KPI zu ergreifen.
Vizepräsident von Hassel: Zu einer letzten Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. Kunz ({0}).
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung Gespräche bekannt, die zwischen Jugendfunktionären der KPI und dem Juso-Vorstand in der Bundesrepublik stattgefunden haben?
({0})
Vizepräsident von Hassel: Darf ich darauf aufmerksam machen, daß diese Frage mit der Grundfrage nicht in Übereinstimmung steht. Ich kann sie deshalb hier nicht zulassen. - Danke schön!
Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Schedl auf. - Der Fragesteller ist nicht im Saal. Sie wird schriftlich beantwortet, ebenfalls die Frage 22 des Abgeordneten Schedl. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt, Herr Staatssekretär. Ich darf Ihnen für die Beantwortung danken.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf. Die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet, ebenfalls seine Frage 24. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 25 des Abgeordneten Sauter ({1}) auf. - Der Fragesteller ist nicht anwesend. Sie wird schriftlich beantwortet, ebenfalls seine Frage 26. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Eigen auf:
In welcher Weise wird die Bundesregierung im Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften Vorschläge unterbreiten mit Bezug auf das Problem leistungsfähiger Futterweizensorten, und wie gedenkt sie, die Versorgung der Mühlen mit hervorragendem Qualitätsweizen sicherzustellen?
Der Fragesteller ist anwesend. Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär Rohr.
Herr Abgeordneter, in zunehmendem Umfang werden in der EG besonders ertragreiche Weizensorten angebaut, die schlechte Backeigenschaften haben, sich aber als Futtergetreide eignen. Da für Weizen solcher Sorten die gleichen Interventionsbedingungen gelten wie für Weizen normaler Backqualität, wird die erforderliche Marktpreisdifferenzierung behindert.
Die Bundesregierung steht im Meinungsaustausch mit der Kommission, die bereits angekündigt hat, noch vor der nächsten Sitzung des Agrarrates der Europäischen Gemeinschaften Lösungsvorschläge vorzulegen. Die Versorgung der Mühlen mit Qualitätsweizen ist nicht gefährdet.
Vizepräsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Eigen.
Herr Staatssekretär, welche Lösungsvorschläge gedenken Sie der Kommission im Hinblick auf die Interventionsmöglichkeit und damit auch die ganzen Möglichkeiten zur Förderung des Futterweizenabsatzes - ähnlich wie bei Gerste und Mais - vorzuschlagen?
Herr Abgeordneter, nach den Vorschriften der EG liegt das Initiativrecht bei der Kommission. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß diese Vorschläge der Kommission zunächst einmal abzuwarten sind.
Vizepräsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Eigen.
Herr Staatssekretär, sind Sie darüber informiert, daß Kommissar Lardinois einer Veränderung der Weizenmarktordnung in dem Sinne zuneigt, daß Futterweizen wie Hafer behandelt werden soll, d. h. nicht in die Marktordnung einbezogen werden soll? Ich hoffe, daß die Bundesregierung in dieser Hinsicht anderer Meinung ist.
Herr Abgeordneter, Vorschläge dieser Art liegen nicht vor. Es ist, glaube ich, zu früh, zu diesen Dingen jetzt Stellung zu nehmen.
Vizepräsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 28 soll auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Tietjen, schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Vizepräsident von Hassel
Wir kommen zur Frage 29 des Herrn Abgeordneten Immer ({0}). - Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Die Frage 30 ist vom Fragesteller, dem Herrn Abgeordneten Riedl ({1}), zurückgezogen worden.
Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereiches angelangt. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung der Ihnen gestellten Fragen.
Wir haben in der Fragestunde noch genau 35 Sekunden Zeit. Ich glaube, wir sollten darauf verzichten, jetzt noch einen neuen Geschäftsbereich aufzurufen.
Wir sind damit am Ende unserer Fragestunde von 90 Minuten angelangt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen, Donnerstag, den 12. Juni 1975, 9 Uhr ein und schließe die heutige Sitzung.