Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, der Saal ist ein bißchen leer. Dennoch möchte ich hier noch nachträglich herzliche Glückwünsche aussprechen dem Kollegen Konrad, der am 22. Dezember 1974 60 Jahre alt geworden ist, und dem Kollegen Dr. Ritgen, der am 6. Januar 1975 65 Jahre alt geworden ist. Den Kollegen gilt der herzliche Glückwunsch des ganzen Hauses.
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Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 19. Dezember 1974 für den als Schriftführer zurückgetretenen Abgeordneten Kleinert den Abgeordneten Hoffie benannt. Ist das Haus damit einverstanden? - Kein Widerspruch; damit ist der Abgeordnete Hoffie als Schriftführer gewählt.
Es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen:
Betr.: Basisprogramm für die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie 1974 - 1978 ({1})
- Drucksache 7/2986 zuständig: Ausschuß für Wirtschaft ({2}), Ausschuß für Forschung und Technologie, Haushaltsausschuß
Betr.: Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats und der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. April bis 30. September 1974
- Drucksache 7/2966 zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Betr.: Über- und außerplanmäßige Ausgaben im 3. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1974
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO - Drucksache 7/2942 - zuständig: Haushaltsausschuß
Betr.: Überplanmäßige Ausgabe bei Kap. 0640 Tit. 68106 im Haushaltsjahr 1974
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO
- Drucksache 7/2996 -zuständig: Haushaltsausschuß Betr.: Haushaltsführung 1974;
hier: Zustimmung zu überplanmäßigen Haushaltsausgaben bei Kap. 1111
Tit. 681 01 - Arbeitslosenhilfe
Tit. 681 03 - Arbeitslosengeld und Berufsfürsorge für Heimkehrer
Tit. 863 03 - Darlehen für Maßnahmen zur Förderung der Arbeitsaufnahme für Heimkehrer
Bezug: § 37 Abs. 4 BHO - Drucksache 7/3049 - zuständig: Haushaltsausschuß
Betr.: Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1974 Kap.
1412 Tit. 555 01 bis 556 06 - Bauausgaben Bezug: § 37 Abs. 4 BHO - Drucksache 7/3062 - zuständig: Haushaltsausschuß
Erhebt sich Widerspruch gegen die Überweisungen? - Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung ans 19. Dezember 1974 den nachfolgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 bzw. 3 nicht gestellt:
Gesetz zur Entlastung der Landgerichte und zur Vereinfachung des gerichtlichen Protokolls
Gesetz zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes ({3})
Achtundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes ({4})
Siebentes Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften ({5})
Gesetz zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts
Gesetz zu dem Abkommen vom 26. März 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada über den Luftverkehr
Gesetz über Investitionszuschüsse für Mietwohnungen, Genossenschaftswohnungen und Wohnheime im sozialen Wohnungsbau
Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes zur Forderung sozialer Hilfsdienste
Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964
Gesetz über die Finanzierung ölpreisbedingter Zahlungsbilanzdefizite von Mitgliedstaaten im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
Einführungsgesetz zum Einkommensteuerreformgesetz
Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Aufwertungsausgleichsgesetzes
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen
Gesetz zur Änderung der Bundes-Tierärzteordnung
Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung von privaten Kapitalanlagen in Entwicklungsländern
Gesetz zur Förderung von Investitionen und Beschäftigung
Gesetz zur Sicherung der Energieversorgung bei Gefährdung oder Störung der Einfuhren von Erdöl, Erdölerzeugnissen oder Erdgas ({6})
Präsident Frau Renger
Zu den beiden letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat ferner Entschließungen gefaßt, die als Anlagen 2 und 3 diesem Protokoll beigefügt sind.
Der Bundesrat hat in der gleichen Sitzung beschlossen, hinsichtlich des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft ({7}) zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen wird. Sein Schreiben ist als Drucksache 73016 verteilt.
Zu der Vorlage über zusätzliche Bundesausgaben zur Förderung der Konjunktur nach § 6 Abs. 2 StWG - Drucksachen 7/2978, 7/3008 - hat der Bundesrat einen Beschluß gefaßt, der als Drucksache 7/3072 verteilt wird.
Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft hat mit Schreiben vom 18. Dezember 1974 im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Evers, Dr. Schäuble, Pfeifer, Frau Hürland, Tillmann, Spilker, Weber ({8}) und der Fraktion der CDU/CSU betr. Berücksichtigung des Sports bei Modellversuchen im Bildungswesen - Drucksache 7/2879 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3017 verteilt.
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 2. Januar 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Müller-Hermann, Schröder ({9}), Dreyer, Eigen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Fischwirtschaft - Drucksache 7/2922 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3059 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 7. Januar 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Benz, Dr. Evers, Dr. Hauser ({10}), Dr. Gruhl, Dr. Stavenhagen und Genossen betr. Ausbau des Oberrheins - Drucksache 7/2998 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3067 verteilt.
Der Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung hat mit Schreiben vom 7. Januar 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wohlrabe, Frau Berger ({11}), Kunz ({12}), Dr. Gradl, Straßmeir, Müller ({13}), Frau Pieser und der Fraktion der CDU/CSU betr. Darstellung der Regierungspolitik in Berlin - Drucksache 7/2889 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3068 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat mit Schreiben vom 9. Januar 1975 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Götz, Böhm ({14}), Haase ({15}), Hösl, Dr. Mende, Stahlberg, Frau Dr. Walz und Genossen betr. Bürgerinitiativen im Rahmen der geplanten Eisenbahn-Neubaustrecke Hannover-Gemünden - Drucksache 7/3001 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 7/3069 verteilt.
Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 9. Januar 1975 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Nachtrag zum Stellenplan der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1974 mit der Bitte um Kenntnis übersandt. Die Vorlage liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Uberweisung von EG-Vorlagen
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung ({16}) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 359/67/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Reis
- Drucksache 7/2940 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({17}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({18}) Nr. 1132/74 des Rates über die Erstattungen bei der Erzeugung im Getreide- und Reissektor
- Drucksache 7/2941 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({19}) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 366/67/EWG über die Grundregeln für die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Reis und über die Kriterien für die Festsetzung der Erstattungsbeträge
- Drucksache 7/2975 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({20}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({21}) Nr. 2737/73 zur Festlegung der im Falle von Störungen auf dem Reismarkt anzuwendenden Grundregeln
- Drucksache 7/2976 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Verordnung ({22}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({23}) Nr. 1107/70 über Beihilfen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr
- Drucksache 7/2977 überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat
Ich rufe nunmehr den Punkt. 1 der Tagesordnung auf:
Fragestunde
- Drucksache 7/3070 Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat vorgeschlagen, daß wir auch in dieser Woche, abweichend von den Richtlinien für die Fragestunde, zwei Fragestunden mit einer jeweiligen Dauer von 90 Minuten durchführen. Gemäß § 127 unserer Geschäftsordnung muß diese Abweichung von der Geschäftsordnung beschlossen werden. Erhebt sich Widerspruch? Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau liegt nur eine Frage vor, und zwar die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen. Sie soll schriftlich beantwortet werden. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie. Der Herr Staatssekretär steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Fragen 2 und 3 des Herrn Abgeordneten Würtz auf. - Der Fragesteller ist nicht im Raum. Die Fragen müssen schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesminister für Bildung und Wissenschaft. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Glotz steht zur Beantwortung zur Verfügung. Ich rufe die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Dr. Kraske auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den von der nordrhein-westfälischen Landesregierung zugelassenen Lesebüchern „Drucksachen" für die 9. und die 10. Klasse der Hauptschule ({24}) systematisch Zweifel an der Notwendigkeit einer aktiven Landesverteidigung geweckt werden und zwar Beiträge wie „Die Killerschule der Ledernacken" ({25}) und „Protokoll aus der Bundeswehr" ({26}), aber kein einziger objektiver Bericht über die NATO oder die Bundeswehr enthalten ist, und ist die Bundesregierung bereit, auf die nordrhein-westfälische Landesregierung dahin gehend einzuwirken, daß künftig in allen von der Landesregierung zugelassenen Schulbüchern Fragen der Landesverteidigung in sachlicher, ausgewogener und objektiver Weise dargestellt und behandelt werden?
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege! Der Bundesregierung ist das Lesebuch „Drucksachen" bekannt. Der Inhalt der Lehrmaterialien für den Schulunterricht ist bekanntlich Sache der Länder. Von den für die verschiedenen Schulformen und Klassenstufen vorliegenden insgesamt 14 Bänden des Lesebuchs „Drucksachen" sind im Lande Nordrhein-Westfalen nach Auskunft des Kultusministeriums fünf Bände nicht genehmigt worden. Weitere drei Bände wurden nur für ein Jahr, bis April/Mai 1975, genehmigt, und zwar mit der Auflage, vor neuer Antragstellung eine Reihe von Veränderungen vorzunehmen. Die beiden Bände 9 und 10 für die Hauptschule gehören, u. a. auch wegen der in der Frage zitierten Beiträge, zu den für den Gebrauch in Schulen des Landes Nordrhein-Westfalen nicht genehmigten Teilen.
Die Bundesregierung ist unbeschadet dieses Tatbestandes nicht der Auffassung, daß literarische Texte in Lesebüchern in jedem Fall die Auffassungen spiegeln müssen, die die Bundesregierung vertritt. Die freie geistige Auseinandersetzung auf dem Boden des Grundgesetzes muß gewährleistet sein.
Die Bundesregierung sieht aus diesen verschiedenen Gründen keinen Anlaß, auf die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen einzuwirken.
Präsident 'Frau Renger: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, sind Sie ganz sicher, daß gerade dieses Lesebuch nicht zugelassen ist? Das würde meinen Informationen jedenfalls genau widersprechen.
Herr Kollege Kraske, nach unseren Ermittlungen sind die beiden Beiträge, die Sie hier genannt haben, in den Bänden 9 und 10, und diese beiden Bände gehören zu den für die Schulen im Lande Nordrhein-Westfalen nicht genehmigten Teilen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, vielleicht lassen wir diese Frage offen. Sie haben sich ja auch auf die prinzipielle Seite der Angelegenheit eingelassen. Würden Sie mir zustimmen, daß natürlich in Schullesebüchern nicht literarische Texte über die Politik der jeweiligen Bundesregierung abgedruckt werden sollten, aber daß Schullesebücher in ihrer Tendenz auch nicht Grundhaltungen konterkarieren sollten - und zwar systematisch, wie es hier geschehen ist -, die der Politik aller in diesem Hause vertretenen Parteien und der Regierung entsprechen und für die wir dem deutschen Steuerzahler in diesem Jahr Ausgaben von 30 Milliarden DM zumuten?
Herr Kollege Kraske, ob im vorliegenden Fall die Tatbestände gegeben sind, die Sie hier unterstellen, dazu möchte ich hier schon aus Kompetenzgründen, aber auch aus schlichten Informations- und Sachgründen - ich hatte nicht Gelegenheit, alle zehn Bände durchzusehen - nicht Stellung nehmen. Zur prinzipiellen Frage möchte ich sagen: Selbstverständlich wird es notwendig sein, daß die Grundtendenzen von Lehrmaterialien der Grundtendenz des Grundgesetzes entsprechen und ihr nicht zuwiderlaufen. Aber ich glaube, man müßte sehr warnen vor einer ins einzelne gehenden und beckmesserischen Analyse von Lehrmaterialien und vor allem von literarischen Texten auf die Frage hin, ob sie der Auffassung der einen oder anderen Partei jeweils entsprechen. Aber, wie gesagt, in der Grundtendenz muß das, was in unseren Schulen gelehrt wird, mit den Grundwerten übereinstimmen, die das Grundgesetz vorschreibt.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rommerskirchen.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie erklärt haben, daß sich die Bundesregierung nicht einschalten wolle, darf ich Sie fragen: Ist auch nicht vorgesehen, die Kommission mit der Sache zu befassen, die damals auf Grund der Intervention des Bundeskanzlers Brandt, der inzwischen zurückgetreten ist, gebildet wurde, oder welchen Sinn soll sonst diese Kommission erfüllen?
Herr Kollege Rommerskirchen, ich glaube, ich habe in meiner Antwort klar gesagt, daß die Landesregierung selbst Beanstandungen, die gegen dieses Lesebuch erhoben werden, nachdem sie einige Teile nicht genehmigt bzw. die Genehmigung zurückgezogen hat, weiterhin von entsprechenden Fachzirkeln diskutieren läßt. Von der Landesregierung wird also alles Notwendige getan. Ich darf darauf hinweisen, daß die Bundesregierung gerade von der Opposition oft kritisiert wird, wenn sie im bildungspolitischen Bereich Äußerungen tut, die auch nur die Gefahr erkennen lassen, daß sie sich da zu Dingen äußert, die in die Kompetenz der Länder gehören. Wir müssen dann auch hier konsequent sein und erstens sachlich feststellen, daß die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hier das Notwendige veranlaßt hat, und zweitens darauf hinweisen, daß eine Kompetenz des Bundes in Bildungsfragen und gerade in diesen Fragen der Bildungsinhalte nicht vorhanden ist.
({0})
Sie haben nur eine Zusatzfrage, Herr Kollege. - Herr Kollege Gansel!
Herr Kollege, haben Sie Verständnis dafür, daß ich Sie auf Grund des Schlusses Ihrer vorletzten Antwort bitte, auch darauf hinzuweisen, daß das Lehrmaterial natürlich nicht unter dem Gebot der Verfassungskonformität stehen kann? Sonst könnte man sich nämlich im Unterricht nicht mehr z. B. mit Schillers „Die Räuber" oder mit Goethes „Faust 2. Teil" beschäftigen.
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- Sie müssen das einmal lesen; das gehört zum abendländischen Bildungsgut, Herr Kollege.
Herr Kollege Gansel, diese letzte Feststellung muß ich voll unterstreichen. Davon abgesehen habe ich aber versucht, mich vorsichtig auszudrücken. Ich habe gesagt, man dürfe nicht beckmesserisch an literarische Texte herangehen. Aber die Grundtendenz von Lehrmaterialien muß mit der Grundtendenz der im Grundgesetz verbürgten Freiheitsrechte übereinstimmen. Die Grundtendenz! Bei dieser Äußerung kann und muß ich bleiben; sie wird ganz bestimmt nicht verhindern, daß Schillers „Die Räuber" oder „Faust
2. Teil" oder auch Bert Brecht oder was auch immer an moderner Literatur im Deutschunterricht diskutiert wird.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jens.
Herr Staatssekretär, in der letzten Ausgabe der „Zeit" ist ein Artikel über den Inhalt der Lehrbücher erschienen, der meines Erachtens sehr sachlich war. Könnten Sie diesen Artikel den Herren, die nicht ganz informiert sind, vielleicht zur Lektüre empfehlen?
Herr Kollege Jens, dies kann ich gerne tun. Ich habe ihn hier vorliegen und habe die wichtigen Stellen gelb unterstrichen. Ich bin gerne bereit, diesen Artikel mit den Unterstreichungen allen interessierten Kollegen zuzuleiten.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter de Terra.
de Terra ({0}) : Herr Staatssekretär, nachdem ich höre, daß Sie nicht alle Bände durchgesehen haben, aber die, nach denen hier gefragt wird, wird Ihnen vielleicht der Satz aufgefallen sein, daß sich der „Metzgergehilfe zum Wehrminister heraufgeboxt" habe und „alle Kälber in seine Buchten holen" wolle. Ich frage Sie, ob das nach Auffassung der Bundesregierung mit dem verteidigungspolitischen Willen dieser Bundesregierung bzw. mit pädagogischen Grunderkenntnissen in Einklang gebracht werden kann.
Ich kann in Beantwortung dieser Frage nur dabei bleiben, daß ich es nicht für sinnvoll halte, beckmesserisch literarische Texte zu beurteilen und die Frage zu stellen, ob sie mit der Verteidigungspolitik, der Bildungspolitik oder der Außenpolitik der jeweiligen Bundesregierung übereinstimmen. Dies geht aus den verschiedensten Gründen nicht, wie ich vorhin schon erläutert habe.
Letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann.
Herr Staatssekretär, nachdem Sie die Absicht geäußert haben, hier einen Artikel aus der „Zeit" zu verbreiten, möchte ich Sie fragen: Haben Sie die Aufgabe, in der Fragestunde die Meinung der Bundesregierung oder die Meinung der Redaktion der „Zeit" zu vertreten?
Herr Kollege
Reddemann, darüber besteht sicher kein Zweifel. Ich habe lediglich auf die Frage, ob ich bereit sei, Abgeordneten diesen Artikel zuzuleiten, geantwortet: Jawohl, ich bin dazu bereit. Ich bin aber bereit, hinzuzufügen, daß ich das nur auf Wunsch tun werde. Ich werde Kollegen, die „Die Zeit" nicht mögen, ganz bestimmt keine Exemplare der „Zeit" übersenden.
Danke schön, Herr Staatssekretär'
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf, zunächst Frage 53 des Herrn Abgeordneten Eigen:
In welcher Weise will die Bundesregierung auf Kommission und Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft Einfluß nehmen, uni die Flut von Verwaltungsarbeit einzudämmen und die außerordentlich komplizierte Antragstellung im Bereich des „Einzelbetrieblichen Förderungsprogramms" zu vereinfachen?
Herr Kollege Eigen, zunächst muß ich zur Klarstellung darauf hinweisen, daß die Landwirte ihre Anträge auf einzelbetriebliche Investitionsförderung bei den Dienststellen der nach dem Gemeinschaftsaufgabengesetz hierfür zuständigen Bundesländer stellen müssen. Die Länder sind für diese Antragsverfahren verantwortlich. Ihre Frage, Herr Kollege Eigen, bezieht sich jedoch offensichtlich nicht auf Antragstellung der Landwirte, sondern auf die Regelung des für das Einzelbetriebliche Förderungsprogramm beschlossenen Erstattungsverfahrens aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds.
Die Europäische Gemeinschaft erstattet den Mitgliedstaaten im nachhinein einen Teil der im Rahmen der EG-Agrarstrukturrichtlinien getätigten Ausgaben. Der geförderte Landwirt wird mit diesem Problem jedoch nicht konfrontiert. Die Regelung des Erstattungsverfahrens wird nicht vom Ministerrat, sondern im sogenannten Verwaltungsausschußverfahren nach Stellungnahme der Mitgliedstaaten durch eine Entscheidung der EG-Kommission getroffen.
Nachdem die Kommissionsdienststellen für diese Erstattungsregelung bereits 1973 einen sehr weitgehenden und komplizierten Entwurf vorgelegt hatten, wurde dieser im EAGFL-Ausschuß in zahlreichen Sitzungen beraten. Unter enger Zusammenarbeit mit den Bundesländern und Abstimmung mit den betroffenen Banken haben sich die Mitarbeiter meines Hauses sowie des Bundesministeriums der Finanzen nicht ohne Erfolg für eine wesentliche Vereinfachung der Kommissionsvorschläge eingesetzt. Diese Beratungen im EAGFL-Ausschuß waren außerordentlich schwierig, weil ein Kompromiß zwischen dem Anspruch der Kommission auf optimale Kontrolle der verausgabten Mittel und dem Wunsch der Mitgliedstaaten, den Verwaltungsaufwand möglichst niedrig zu halten, gefunden werden mußte. Erschwerend kam dazu, daß die meisten Mitgliedstaaten bei der einzelbetrieblichen Investitionsförderung das Instrument der Zinsverbilligung bisher nicht beParl. Staatssekretär Logemann
nutzt haben, so daß die damit zusammenhängenden verwaltungstechnischen Probleme nicht von allen Partnern in gleicher Weise gesehen werden.
Das erzielte Ergebnis, die Kommissionsentscheidung vom 16. Oktober vergangenen Jahres, stellt notwendigerweise einen Kompromiß dar. Eventuelle Änderungen des soeben beschlossenen und noch nicht angewandten Verfahrens werden erst möglich sein, wenn praktische Erfahrungen vorliegen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Eigen.
Herr Staatssekretär, wenn Sie mit mir der Meinung sind, daß die Verwaltungskosten sehr genau beobachtet werden müssen und wir nicht zulassen dürfen, daß zusätzliche Verwaltungskosten die Personalkosten im öffentlichen Dienst noch weiter erhöhen, frage ich Sie: Warum hat der Bundesminister bei der Beschlußfassung im Ministerrat im April 1972 nicht darauf gedrungen, daß ein vereinfachtes Verfahren durchgeführt wird und nicht 31 Seiten gebraucht werden, um einen einfachen Betriebsentwicklungsplan für eine einfache Investition fördern zu können? Darüber hinaus muß es auch noch auf seine Durchführbarkeit hin kontrolliert werden.
Ich habe soeben versucht, Ihnen die Entwicklung darzustellen. Ich meine, wir können nachweisen, daß wir uns hier sehr wohl darum bemüht haben, soweit wie überhaupt möglich im Verwaltungsausschuß eine Vereinfachung zu erreichen. Ich habe hinzugefügt, daß wir jetzt praktische Erfahrungen abwarten und uns natürlich weiterhin darum bemühen werden, das Entstehen bürokratischen Ballasts soweit wie möglich zu verhindern.
Zweite Zusatzfrage!
Wie verträgt sich mit dieser Ihrer Aussage die Tatsache, daß gerade in letzter Zeit zusätzliche, neue Verwaltungsvorschriften von der Europäischen Kommission - deswegen ist sie auch in meiner Frage mitberücksichtigt worden, weil ich wußte, daß nicht nur der Ministerrat darüber entscheidet - erlassen worden sind, die die Kreislandwirtschaftsbehörden, d. h. die Außenstellen der Ämter für Land- und Wasserwirtschaft, mit zusätzlicher Arbeit belasten?
Das ist sicherlich der Fall. Aber ich habe schon vorhin darauf hingewiesen, daß hier tatsächlich auch die Situation in den einzelnen Partnerländern sehr verschieden ist. Mit Zinsverbilligungen haben andere Länder noch nicht gearbeitet. Daraus ergeben sich manchmal besondere Probleme. Ich kann nur noch einmal wiederholen, es ist unser Bestreben, alles so einfach wie möglich zu gestalten.
Präsident 'Frau Renger: Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 54 des Herrn Abgeordneten Eigen auf:
Wie steht die Bundesregierung zu Äußerungen des Bundesernährungsministers Ertl in einem Interview mit dem Wiener Nachrichtenmagazin „Profil", in dem Herr Ertl das Problem seines Verbleibens im Ministeramt mit diskriminierenden Äußerungen über Bauernführer verbindet?
Herr Kollege Eigen, im Gegensatz zu Ihnen stellt sich für die Bundesregierung das Verbleiben von Herrn Minister Ertl im Ministeramt nicht als Problem dar. Die Bundesregierung hält es - ebenfalls im Gegensatz zu Ihnen auch nicht für diskriminierend, wenn von jemandem gesagt wird, er sei Mitglied der CDU/CSU. Nein, Sie müssen, glaube ich, Herr Kollege Eigen, richtig zitieren. Herr Minister Ertl war in dem Interview, das übrigens im Sommer während der Wahlkämpfe in Bayern und Hessen gegeben worden war, auf Rücktrittsforderungen aus dem Bauernverband und aus der CDU/ CSU angesprochen worden. Seine Antwort dazu lautete wörtlich:
An meinem Ministersessel hänge ich nicht. Aber warum sollte ich den von der CDU/CSU gestellten Bauernführern einen Gefallen erweisen?
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Würden Sie es nicht als einen Unterschied ansehen gegenüber Ihrer Äußerung, Herr Staatssekretär, wenn der Minister von den „von der CDU/CSU gestellten Bauernführern" spricht, obgleich Sie doch wissen sollten als Staatssekretär und Mitglied des Deutschen Bauernverbandes, daß die Führer dieses Bauernverbandes demokratisch gewählt werden und nicht von der Partei gestellt werden können?
Aber es gibt doch CDU/CSU-Bauernpräsidenten; das ist ja wohl auch Ihnen bekannt. Eigentlich müßte Ihnen das aus nächster Nähe ganz besonders gut bekannt sein. Ich finde hier nichts Diskriminierendes und halte diese Äußerung durchaus für sachlich gerechtfertigt. Sie deckt sich im übrigen vollkommen mit dem Wortlaut des Interviews, das veröffentlicht worden ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Frage 55 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich danke Herrn Staatssekretär Logemann.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Herr ParlamentariPräsident Frau Renger
scher Staatssekretär Berkhan wird die Fragen beantworten.
Die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Biehle auf:
Welche Äußerungen, Niederschriften, Protokolle usw. liegen von wann und mit welchen Formulierungen vom Bundesrechnungshof über die Auflösung der Kreiswehrersatzämter Aschaffenburg und Gemünden im Zusammenhang mit der Schaffung von Musterungszentren bzw. über die vom Bundesverteidigungsministerium angegebenen Meinungsäußerungen von Verteidigungsausschuß und Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages vor, wonach es künftig nur noch Musterungszentren geben darf?
Frau Präsident, Herr Kollege Biehle, das Bundesministerium der Verteidigung hat sich zu keiner Zeit auf Meinungsäußerungen des Verteidigungs- oder des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages berufen, wonach es künftig n u r noch Musterungszentren geben dürfe.
Dagegen ist das Bundesministerium der Verteidigung im Hinblick auf eine Verbesserung der ärztlichen Untersuchung der Wehrpflichtigen und der Sicherstellung einer rationellen Wehrersatzorganisation bemüht, dort Musterungszentren zu errichten, wo folgende Voraussetzungen erfüllt sind: eine Million Einwohner im Amtsbereich, Auslastung von mindestens drei Musterungskommissionen, Möglichkeit der An- und Rückreise der Wehrpflichtigen zur Musterung an einem Tag.
Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages hat seit Jahren sein Interesse an der Musterungszentralisierung bekundet und auf ihre Durchführung hingewirkt.
Der Bundesrechnungshof hat auf Grund örtlicher Erhebungen bei den Kreiswehrersatzämtern im Regierungsbezirk Unterfranken mit Schreiben vom 30. September 1971 die Auflösung des Kreiswehrersatzamtes Gemünden empfohlen. Er hat im weiteren Schriftwechsel mit dem Bundesministerium der Verteidigung diese Empfehlung mehrfach nachdrücklich wiederholt und dabei darauf hingewiesen, daß sich der vom Bundesministerium der Verteidigung eingeschlagene Weg der Musterungszentralisierung als richtig erwiesen habe.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Biehle.
Herr Staatssekretär, darf ich davon ausgehen, daß Sie zustimmen, in Ihrem Schreiben vom 2. Dezember festgestellt zu haben, daß es eine nachdrückliche Forderung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages sei, Musterungszentren zu schaffen, und sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß dort der Begriff des Ballungszentrums nur deswegen Eingang gefunden hat, weil man glaubt, daß in dünn besiedelten Gebieten die bisher bewährten Einrichtungen von Kreiswehrersatzämtern beibehalten werden sollen und nicht wie im Fall Aschaffenburg und Gemünden in Würzbung mit über 100 000 DM Aufwand eine neue Einrichtung geschaffen wird, von der heute schon abzusehen ist, daß das Gebäude in zwei Jahren abgerissen werden muß, zudem Aschaffenburg nicht nach Würzburg eingegliedert werden kann und soll - berechtigterweise - und damit auch gar kein Musterungszentrum geschaffen wird?
Herr Kollege Biehle, ich beziehe mich auf Vermerke. Da gibt es einen Vermerk vom 28. November 1968 über die Beratung des Haushaltsentwurfs 1969 durch den Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages. Es gibt auch ein Schreiben des Bundesministers der Verteidigung aus dem Jahre 1969 an das Bundeswehrverwaltungsamt, in dem u. a. ausgeführt wird:
Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages hat erneut nachdrücklich gebeten, die Zentralisierung des Musterungsverfahrens voranzutreiben.
Es gibt außerdem ein Fernschreiben des Bundesministers der Verteidigung an das Bundeswehrverwaltungsamt, in dem es heißt:
Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages wünscht, unmittelbar nach Ostern dar über unterrichtet zu werden, weshalb die Zentralisierung des Musterungsverfahrens nicht mit der von ihm für notwendig erachteten Beschleunigung durchgeführt wird.
Dies gibt es seit 1969. Es gibt also Unterlagen, auf die ich mich beziehen kann.
Zu dem zweiten Teil Ihrer Frage, der ja grundsätzlich etwas anderes beinhaltet, komme ich noch einmal zu dem Ergebnis, daß unsere Untersuchungen ausweisen, daß insgesamt 1,2 Millionen Menschen - ich lasse die einzelnen Zahlen weg - bei einem Musterungsaufkommen erfaßt werden, wenn wir die drei Kreiswehrersatzämter zusammenfassen, und daß die verkehrsmäßigen Anbindungen für Würzburg besonders günstig sind. Würzburg ist Sitz der Bezirksregierung und zahlreicher Verwaltungsbehörden. Die Verkehrswege in Unterfranken sind auf Würzburg ausgerichtet. Die Stadt liegt an der Bundesbahnlinie Würzburg-Frankfurt und Würzburg-Bad Hersfeld sowie an der Bundesstraße 8, der B 13, der B 9 und an der B 27. Die Hauptbundesbahnstrecken Nord-Süd und Ost-West führen ebenfalls durch Würzburg, so daß ich davon ausgehen kann, daß die Kriterien für ein Musterungszentrum erfüllt sind. Es mag möglich sein, daß Zubauten oder Neubauten erforderlich sind. Es ist aber auch der Zweck, in einem modern ausgerüsteten Musterungszentrum die Fachärzte und die Fachberatung zur Verfügung zu haben. Es bieten sich Einsparungsmöglichkeiten an: Wir können 28 Dienstposten einsparen. Ich sehe die Zusammenlegung in Würzburg daher durchaus als vernünftig an.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Biehle.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir nicht zustimmen, daß die von Ihnen genannten Kriterien in Würzburg nicht zutreffen, weil Aschaffenburg als ein wesentlicher Teil Unterfrankens berechtigterweise nicht eingegliedert wird, und daß zudem immer nur von Ballungsgebieten, aber nicht von dünn besiedelten Gebieten gesprochen wird und daß man in Ihrem Hause entgegen der politischen Entscheidung, die dort getroffen wurde, bei den Sachbearbeitern völlig anderer Auffassung war? Sie gestatten, daß ich einen Vermerk anführe, der sich sicherlich auch in Ihren Akten befindet. Danach heißt es:
Aber ausgerechnet in einem Gebiet damit anzufangen, das weite und sehr dünn besiedelte Landgebiete umfaßt mit entsprechend schlechten Verkehrsverhältnissen, die nicht immer durch ein eigenes Auto, jedenfalls nicht in bezug auf die zeitliche Beanspruchung, ausgeglichen werden, wird nicht für praktisch gehalten. Die Durchführung der Wehrpflicht durch ein Musterungszentrum für solch ein besonders großes Gebiet erwirbt der Bundeswehr weder bei den betroffenen Wehrpflichtigen noch bei den interessierten Landes- und Kommunalbehörden Freunde.
Das ist eine Auffassung, die Ihr Haus vertreten hat.
Es ist die Auffassung eine s Mitarbeiters des Hauses. Vielleicht treten ein paar Mitarbeiter dem bei. Die grundsätzliche Auffassung des Hauses, die mehrheitlich feststeht, habe ich hier vorgetragen, Herr Kollege Biehle, ganz davon abgesehen, daß wir nach dem Wehrpflichtgesetz - ich kann im Moment den Paragraphen nicht finden - gehalten sind, unsere Verwaltungsgrenzen den örtlichen Verwaltungsgrenzen anzupassen. Wenn es richtig ist, was Sie sagen, daß Bayern noch einmal eine Änderung der Verwaltungsgrenzen vornimmt, dann werden wir eventuell eben noch einmal umorganisieren müssen, weil wir den örtlichen Verwaltungsgliederungen folgen müssen. Die machen aber nicht wir, die machen die Landesregierungen.
Präsident 'Frau Renger: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Gansel auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Wahrheitsgehalt und die außen- und innenpolitischen Auswirkungen eines Interviews, in dem im Zusammenhang mit Vorgängen aus dem Jahr 1962 „die Zielkartei bzw. Angaben über die Zielkartei für die atomaren Waffen der Bundeswehr" gesprochen wird?
Frau Präsidentin! Herr Kollege Gansel, wie Sie wissen, besitzt die Bundeswehr keine atomaren Waffen. Auch in dem von Ihnen angeführten Zeitraum ist die nukleare Zielplanung in alliierten Gremien und Stäben für das gesamte Bündnis erfolgt; eine nationale nukleare Zielplanung der Bundesrepublik Deutschland existiert demnach damals wie heute nicht. Aus diesen Gründen vermag ich weder innen- noch außenpolitische Auswirkungen zu erkennen.
Bitte, Zusatzfrage, Herr Abgeordneter!
Herr Kollege, habe ich Sie richtig verstanden, daß demnach die Äußerungen des Abgeordneten Strauß in dem Interview im Magazin „Esprit" nicht der Wahrheit entsprechen und falsch sind?
Die Bewertung, Herr Kollege, muß ich Ihnen überlassen. Ich habe ein Exemplar des „Esprit". Da heißt es - ({0})
- Nicht „zufällig". Es war ja danach gefragt, Herr Kollege. - Ich weiß gar nicht, ob ich hier berechtigt bin, auf Zwischenrufe einzugehen. Ich war ja danach gefragt. Also muß ich mich auch sachverständig machen. Wenn ich das Interview nicht gelesen hätte, hätten Sie mir den Vorwurf gemacht, daß ich mich nicht sachverständig gemacht hätte.
Darin heißt es:
Nach ihren Angaben wurden, was ich selbst nicht wußte, im Panzerschrank von Rudolf Augstein die Zielkartei bzw. Angaben über die Zielkartei für die atomaren Waffen der Bundeswehr gefunden. Ein unglaublicher Vorgang.
Ich sage hier noch einmal: es gibt keine atomaren Waffen bei der Bundeswehr, es gibt auch keine Zielkartei, und es hat damals keine atomaren Waffen und keine Zielkartei gegeben, also kann sie dort auch nicht gefunden worden sein. Was denn nun der Wahrheit entspricht, Herr Gansel, müssen Sie selbst herausfinden.
Eine zweite Zusatzfrage.
Da ich auch nach den außenpolitischen Auswirkungen gefragt habe, ergänze ich meine Frage dahin, Herr Staatssekretär: Halten Sie es in Anbetracht des Umstandes, daß sich aus dem Interview ergibt, daß es - zumindest nach Auffassung des damaligen Verteidigungsministers Strauß - eine Möglichkeit des Verteidigungsministeriums gegeben haben muß, zumindest die Zielobjekte amerikanischer Atomwaffen zu bestimmen, für abträglich für die Glaubwürdigkeit der verteidigungspolitischen und außenpolitischen Konzeption der Bundesregierung, daß im Ausland der Eindruck entstehen muß: nach Auffassung eines ehemaligen Bundesverteidigungsministers wählt das Bundesverteidigungsministerium Städte in der DDR oder in West- oder Osteuropa oder sonstwo als Ziele für Atomwaffen aus?
Bevor Sie antworten, Herr Staatssekretär: Es ist nicht üblich, daß in diesem Hause nach den Äußerungen von Abgeordneten in wertender Weise gefragt wird. Sie haben Ihre Frage in der Vorlage ohne Namensnennung gebracht; deswegen habe ich sie auch zugelassen. Es ist nicht üblich, daß hier nach den Überlegungen und Aussagen anderer Kollegen gefragt wird.
Darf ich das korrigieren?
Bitte!
Ich meine einen ehemaligen Verteidigungsminister, der sich neuerdings durch Äußerungen in einem Zeitungsinterview zum Kanzlerkandidaten der Opposition aufbauen möchte.
({0})
- Das ist korrekt.
Präsident ,FrauRenger: Herr Staatssekretär?
Frau Präsidentin, ich lasse also die Bewertung über den vormaligen Verteidigungsminister weg. Herr Kollege Gansel, ich kann Ihnen nicht ganz genau sagen, wie das im Jahre 1962 gehandhabt wurde, aber jetzt und seit mehreren Jahren wird die Planung über den Einsatz von nuklearen Waffen in der nuklearen Planungsgruppe vorgenommen. In dieser sind wir beteiligt, weil wir sowohl als Betroffene als auch als ein Gebiet, von dem aus nukleare Waffen eingesetzt werden können, ein großes Interesse an der Beteiligung haben.
({0})
Daß die Ziele, die geplanten Ziele, hier nicht genannt werden können, liegt wohl auf der Hand. Aber lieber Herr Kollege Gansel, Sie wissen, daß die atomaren Waffen der NATO wahrscheinlich nur eingesetzt werden, wenn wir atomar angegriffen werden. Die ganz großen Waffen haben nur den einzigen Zweck, dem Gegner zu sagen: Du kannst diese Waffen nicht anwenden, es sei denn um den Preis, daß vergleichbare Waffen sich gegen Dich wenden. - Das ist das ganze Geheimnis. Allerdings muß die Unkalkulierbarkeit des Risikos erhalten bleiben.
Wenn Sie genauere Auskünfte benötigen, würde ich Sie bitten, sich mit dem Fachausschuß ins Benehmen zu setzen und sich an einer Sitzung des Fachausschusses, wo über diese Dinge in geschlossener Sitzung gesprochen wird, zu beteiligen.
({1})
Hier bin ich leider nicht in der Lage, genauere Auskünfte zu geben.
Keine weiteren Zusatzfragen? - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Herold wird die Fragen beantworten.
Frage Nummer 5 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) :
Auf welche Länge und in welchen Teilen ist nach den Erkenntnissen der Bundesregierung die Zonengrenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR mit Selbstschußanlagen an den Metallgitterzäunen ausgestattet, und welche Teile mit welcher Länge sind davon nach der Unterzeichnung, welche nach dem Inkrafttreten des Grundvertrages mit Selbstschußanlagen versehen worden?
Frau Präsidentin! Herr Kollege Jäger, ich beantworte Ihre Frage wie folgt.
Die DDR hat ihr Sperrsystem seit dem Bau der Mauer und der Anlage eines Minengürtels ständig ausgebaut. Sie hat diesen Ausbau in den letzten Jahren fortgesetzt. Das Schwergewicht in der baulichen Veränderung liegt zur Zeit auf der Räumung der alten Minenfelder und doppelten Stacheldrahtzäune, an deren Stelle Metallgitterzäune errichtet werden, die teilweise mit Selbstschußanlagen versehen sind.
In dem Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Inkrafttreten des Grundlagenvertrages, also zwischen dem 21. Dezember 1972 und dem 20. Juni 1973, wurden nur in dem an das Land Schleswig-Holstein angrenzenden Grenzabschnitt auf einer Länge von insgesamt 2,5 km Selbstschußanlagen errichtet. In dem Zeitraum seit Inkrafttreten des Grundlagenvertrages bis zum 31. Dezember 1974 wurden zusätzlich zu den bisher bereits installierten Selbstschußanlagen in dem an das Land Schleswig-Holstein angrenzenden Grenzabschnitt auf einer Länge von 16,7 km, in dem an das Land Niedersachsen angrenzenden Grenzabschnitt auf einer Länge von 16,8 km und in dem an das Land Hessen angrenzenden Grenzabschnitt auf einer Länge von 20 km die Metallgitterzäune mit Selbstschußanlagen versehen.
Am 31. Dezember 1974 betrug die Gesamtlänge des Metallgitterzaunes, der mit Selbstschußanlagen versehen worden ist, 134,8 km.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Darf ich Ihrer Antwort, Herr Staatssekretär, entnehmen, daß, wenn ich das überschlägig rechne, von dieser Gesamtzahl von 134,8 km, die derzeit beobachtet und festgestellt werden können, immerhin mehr als ein Drittel in der Zeit nach dem Inkrafttreten des Grundvertrages hergestellt worden ist?
Das kann ich bestätigen. Anders gesehen sind, wenn man die Grenze von Lübeck bis nach Hof mit etwa 1 350 km Länge
nimmt, etwa 10 % der gesamten Grenze mit diesen Anlagen versehen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat die DDR - entsprechend den Konsultationsvorschriften im Grundvertrag - die Anbringung dieser Selbstschußanlagen an den Metallgitterzäunen der Bundesregierung jeweils vorher mitgeteilt und sie darüber konsultiert?
Das ist nicht mitgeteilt worden.
Keine weitere Zusatzfrage?
Ich rufe die Frage Nr. 6 des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}) auf:
Was hat die Bundesregierung bisher in Gesprächen oder Verhandlungen mit der DDR-Regierung getan, und was gedenkt sie künftig zu tun, um die gegen den Grundvertrag verstoßende Ausstattung der Zonengrenze mit Selbstschußanlagen rückgängig zu machen bzw. zu unterbinden?
Frau Präsidentin! Herr Kollege Jäger, die Tatsache, daß mitten im Frieden an der Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten auf der Seite der DDR ein Sperrsystem mit Minen und Selbstschußanlagen besteht und weiter ausgebaut wird, ist eine ernste Gefährdung des Zustandes eines gesicherten und normalen Nebeneinanders. Dieses Sperrsystem - ich betone das -steht im Widerspruch zu der mit den Verhandlungen und Verträgen zwischen beiden deutschen Staaten begonnenen Politik der Entspannung.
Die Bundesregierung wird wie bisher jede geeignete Gelegenheit nutzen, die DDR zu einer Änderung ihrer Haltung zu bewegen. Sie wird weiterhin mit Nachdruck gegen die Gefährdung von Menschen und Sachen auftreten und macht die DDR hierfür sowie für Schäden, die in der Bundesrepublik Deutschland entstehen, voll verantwortlich.
Ein Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger.
Herr Staatssekretär, da ich mit Genugtuung feststellen kann, wie die Bundesregierung diese Vorgänge beurteilt, darf ich fragen: In welchen konkreten Gesprächen und Verhandlungen, nach denen ich gefragt habe, ist diese Verschärfung der Situation an der innerdeutschen Demarkationslinie von der Bundesregierung angesprochen worden?
Das aktuellste Beispiel ist die heutige Tagung der Grenzkommission, in der diese Dinge, vor allem auf Grund der Ereignisse im Raum Lüchow-Dannenberg, angesprochen und von unserer Seite wieder auf den Tisch gelegt werden, wie das ja auch in den vergangenen Monaten und Jahren schon mehrfach geschehen ist. Wir werden uns mit den Zuständen an der Grenze nicht abfinden.
Bitte, eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann diese Ihre eben erteilte Auskunft ausreichen angesichts der Tatsache, daß die Grenzkommission, wie wir heute früh im Ausschuß gehört haben, nur für solche Schäden und Angelegenheiten zuständig ist, die sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch Maßnahmen der DDR ereignen, während die in meiner Frage angesprochenen Selbstschußanlagen in allererster Linie gegen Bürger der DDR wirken, die sich noch auf deren Gebiet befinden, aber den Versuch machen, die Grenzzäune zu überwinden?
Herr Kollege Jäger, die Bundesregierung ist nicht in der Lage, in die inneren Angelegenheiten der DDR einzugreifen. Im übrigen bestehen über die Wertung der Maßnahmen, die die DDR an der Grenze gegen ihre deutschen Bürger ergreift, wohl keine verschiedenen Auffassungen.
Eines möchte ich allerdings noch ergänzend sagen: Wir haben in den vergangenen Jahren - ob der ehemalige Bundeskanzler Brandt, ob Bundeskanzler Schmidt oder die Minister Scheel, Genscher, Franke oder Maihofer - immer wieder und in jeder Form schärfsten Protest gegen die hier in Rede stehenden Maßnahmen der DDR vorgebracht; dies auch gegenüber den maßgebenden Politikern anderer Staaten, die sich unserem Standpunkt angeschlossen haben. Ich glaube, damit ist öffentlich und in der notwendigen Form auf das Unrecht an der Grenze hingewiesen worden.
Nur bitte ich Sie, auch zu berücksichtigen, daß alle Proteste in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten leider nicht dazu geführt haben, die DDR von Errichtung und Ausbau der Sperrmaßnahmen abzubringen. Die Tausende von Minen und die Selbstschußanlagen sind ja schon vor der Großen Koalition gelegt und installiert worden; Proteste, die wir zum Teil gemeinsam vorgebracht haben, haben da nichts genutzt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pfeffermann.
Herr Staatssekretär, halten Sie auf der Basis der Ausführungen, die Sie soeben gemacht haben, Ihre Einleitung zur Antwort der Frage 6 für richtig, daß das alles mitten im Frieden geschehen ist, und sehen Sie sich vielleicht veranlaßt, dann eine Interpretation des Wortes „Frieden" zu geben, wie Sie es in diesem Zusammenhang verstanden wissen wollen?
Ich glaube, eine Interpretation dieses Begriffes ist hier nicht notwendig. Ich habe die Haltung der Bundesregierung zu den Sperrmaßnahmen - wie schon wiederholt - noch einmal deutlich gemacht.
Herr Abgeordneter Spranger, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß im Vergleich zu der Situation von vor 1969 im Verhalten der DDR keine Änderung festzustellen ist, und können Sie mir dann den Vorzug der Entspannungspolitik seit 1969 auf diesem Sektor interpretieren?
Ich kann nur feststellen, daß die Grenze auf Grund dieser Politik auf jeden Fall durchlässiger geworden ist. Die menschlichen Beziehungen konnten wieder angeknüpft, weiter ausgebaut und entwickelt werden. Die Begegnungen beweisen - ich wäre gerne bereit, jetzt erneut die entsprechenden Zahlen zu verlesen, die ich in den letzten Fragestunden und in der letzten Aktuellen Stunde geben durfte -, daß sich auf diesem Gebiet vieles zugunsten einer normalen Lage getan hat.
Auf die Abgrenzungspolitik, wie sie leider durch die Spitze der DDR betrieben wird, ist von uns aus im Augenblick nur durch Verhandlungen einzuwirken. Unser politisches Ziel bleibt nach wie vor, die Grenze durchlässiger zu machen und vor allen Dingen das Leben der Bürger drüben und bei uns erträglicher zu gestalten. Das bleibt das erklärte Ziel dieser Politik. Mit dieser Absicht haben wir diese Politik begonnen, und sie hat - wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie dies zugeben - auch bereits Erfolge gezeitigt.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kroll-Schlüter.
Wenn Proteste nicht geholfen haben, Herr Staatssekretär, und durch Verträge keine Besserstellung erreicht worden ist, ist diese Vertragspolitik der Bundesregierung dann richtig oder könnten Sie sich gegenüber der DDR einen anderen Weg vorstellen?
Sehr verehrter Herr Kollege, wir haben schon einmal einen anderen Weg gemeinsam zu gehen versucht. Wo wir gelandet sind, wissen Sie doch selbst; das brauche ich doch hier nicht zu wiederholen.
({0})
Wir haben jetzt einen gangbaren Weg begonnen, und es wird vielleicht der Geschichte überlassen bleiben, darüber zu urteilen, welcher Weg am Schluß der richtige oder der erfolgreichere gewesen ist.
({1})
Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Ich komme nunmehr zu den Fragen 7 und 8 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein. Die Fragen werden auf dessen Wunsch schriftlich beantwortet, und die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe dann Frage 9 des Herrn Abgeordneten Hösl auf:
Trifft die Meldung des „Tagesspiegels" vom 8. Januar 1975 zu, die Angehörigen des am 25. Dezember 1974 auf der Autobahn von Berlin nach Herleshausen tödlich verunglückten Reisenden hätten trotz aller Bemühungen bei „DDR"-Stellen, der Bundesregierung und dem Senat von Berlin keine weitere Aufklärung erhalten, weder über das Unfallgeschehen noch über die Bestattungsmöglichkeiten, und was hat die Bundesregierung getan, um unverzüglich zu helfen?
Frau Präsidentin! Herr Kollege Hösl, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten.
Die Darstellung des Sachverhalts in der Zeitung „Tagesspiegel" vom 8. Januar 1975 trifft nicht zu. Richtig ist vielmehr folgendes. Am 25. Dezember 1974, also am ersten Weihnachtstag, hat das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin fernmündlich mitgeteilt, eine bestimmte Person sei auf der Autobahn in der DDR tödlich verunglückt. Daraufhin hat die Ständige Vertretung, wie in solchen Fällen üblich, sofort fernschriftlich das Lagezentrum beim Bundesministerium des Innern und dieses wiederum sofort fernschriftlich den hessischen Innenminister - bei dem Verunglückten handelt es sich um einen Einwohner des Landes Hessen - unterrichtet und gebeten, die Angehörigen am letzten Wohnsitz des Verstorbenen durch die örtliche Polizei zu unterrichten. In den folgenden Tagen hat die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin Erkundigungen bei dem Ostberliner Bestattungsinstitut eingezogen; diese Erkenntnisse wurden den verschiedenen Angehörigen des Verstorbenen fernmündlich und schriftlich mitgeteilt.
Die mir zur Beantwortung einer Frage zur Verfügung stehende Zeit reicht nicht aus, um in allen Einzelheiten die Vielzahl der Telefongespräche zu schildern, die vom Bundeskanzleramt, den Bundesministerien des Innern und für innerdeutsche Beziehungen sowie von unserer Ständigen Vertretung geführt worden sind, um den verschiedenen Angehörigen des Betroffenen behilflich zu sein. Ich werde Ihnen, sehr geehrter Herr Kollege Hösl, daher im Anschluß an die Fragestunde eine schriftliche Aufzeichnung von drei Seiten zur Verfügung stellen, in der der Ablauf dieser Geschichte chronologisch verzeichnet ist. Sollten Sie es allerdings wünschen und die Frau Präsidentin es erlauben, bin ich gern bereit, den Sachstand hier vorzutragen.
({0})
Keine Zusatzfrage von Ihnen? - Dann eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt, bitte schön!
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir sagen, ob ein solches Vorgehen, wie es hier von beiden Seiten - von der Bundesrepublik und der Ständigen Vertretung einerseits, von der DDR andererseits - praktiziert worden ist, vor Abschluß der Verträge denkbar gewesen wäre?
Nein, ich muß hier bestätigen, daß das nicht möglich gewesen wäre.
Danke schön, Herr Staatssekretär. Damit sind die Fragen an Ihr Ministerium beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Brück wird die Fragen beantworten.
Ich rufe zunächst Frage 10 des Herrn Abgeordneten Schedl auf. - Der Herr Kollege ist nicht im Raum. Die Frage wird schriftlich beantwortet; die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 11 des Herrn Abgeordneten Peiter auf:
Wie stellt die Bundesregierung sicher, daß die den Entwicklungsländern für 1974 zugesagte Nahrungsmittelhilfe auch wirklich der notleidenden Bevölkerung zugute kommt?
Frau Präsidentin! Herr Kollege Peiter, die Bundesrepublik Deutschland hat Entwicklungsländern im Jahre 1974 Nahrungsmittelhilfe im Wert von 129,4 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Für die Verteilung der Nahrungsmittelhilfe sind die Regierungen der Entwicklungsländer selbst verantwortlich. Die Bundesregierung unterstützt die Entwicklungsländer hierbei in Zusammenarbeit mit Beauftragten des Welternährungsprogramms WEP, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO und der EG durch deren contrôleurs délégués sowie durch die Einschaltung deutscher Agrarexperten in den Entwicklungsländern unter Mitwirkung der deutschen Botschaften. Hierdurch wird der entwicklungspolitisch sinnvolle Einsatz der deutschen Nahrungsmittelhilfe vorbereitet.
Die Bundesregierung hat 1974 darüber hinaus eigene Beauftragte in die Länder der Sahel-Zone, nach Bangla-Desh, Pakistan, Sri Lanka und Indonesien entsandt, um zu gewährleisten, daß die deutsche Nahrungsmittelhilfe den notleidenden Bevölkerungsgruppen zugute kommt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peiter.
Herr Staatssekretär, ich setze voraus, daß Ihnen bekannt ist, daß diese Lieferungen einem ganz besonders hohen Schwund durch Korruption unterliegen. Haben Sie irgendwelche Unterlagen über die annähernde Höhe dieser Verluste?
Herr Kollege Peiter, wir haben keine Berichte über größere Verluste. Wir müssen jedoch immer mit Verlusten beim Transport rechnen, auch durch Verpackungsschäden. Es gibt da eine Faustregel von etwa 3 %. Wir haben aber keine Berichte darüber, daß die deutschen Nahrungsmittel in andere Kanäle verschwunden sind.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peiter.
Herr Staatssekretär, falls Zeitungsmeldungen zutreffen, die von einem ganz ungewöhnlich hohen Schwund in bestimmten Ländern sprechen, z. B. in Bangla-Desh: Würde die Bundesregierung diese Korruption dort, die im Grunde zu Lasten unseres Steuerzahlers geht, mißbilligen?
Herr Kollege Peiter, ich habe Ihnen eben eine Liste von Ländern genannt, in denen zusätzlich deutsche Beobachter tätig sind. Dazu zählt auch Bangla-Desh.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.
Herr Staatssekretär, haben Sie genaue Kontrollberichte dieser Beobachter darüber, ob die sehr hohen Leistungen, die für die aktuelle Hungerhilfe notwendig sind, effektiv und rechtzeitig zu den Hungernden gelangen?
Herr Kollege Dr. Czaja, auch hier müssen wir ständig damit rechnen, daß es Schwierigkeiten in der Organisation der Entwicklungsländer gibt. Sie selbst wissen Bescheid, welche Schwierigkeiten da entstehen können. Deshalb haben wir auch deutsche Experten entsandt, und deshalb hilft hier auch die FAO.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe dann die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Stahl ({0}) auf:
Welches Ausmaß hat die Technische Hilfe gegen Bezahlung im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe angenommen, und wie wird sie abgewickelt?
Herr Kollege Stahl, mit einer Reihe von devisenstarken Entwicklungsländern wird gegenwärtig über die Möglichkeit, Technische Hilfe gegen Bezahlung zu leisten, verhandelt. In Durchführung befindet sich gegenwärtig das Projekt „gewerbliches Bildungswesen" in
Saudi-Arabien, in dem zur Zeit 32 deutsche Fachkräfte tätig sind.
Verhandlungen über konkrete Projekte der Technischen Hilfe gegen Bezahlung werden geführt mit dem Iran, mit Libyen und mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ein Rahmenabkommen über Technische Hilfe gegen Entgelt wurde bisher mit Libyen abgeschlossen. Die Verhandlungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten stehen kurz vor dem Abschluß. Verhandlungen sind im Gange mit Saudi-Arabien und mit dem Irak.
Mit der Abwicklung der Technischen Hilfe gegen Bezahlung wird die „Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit" betraut, die unter Bezugnahme auf die Regierungsvereinbarung einen Durchführungsvertrag mit der projektdurchführenden Institution des Entwicklungslandes abschließt. In diesem Vertrag werden unter anderem die Einzelheiten der Maßnahmen und ihrer Durchführung sowie die Zahlungs- und Abrechnungsmodalitäten festgelegt.
Zusatzfrage, Herr Kollege Stahl.
Herr Staatssekretär, können Sie hier in diesem Hause etwas über die Größenordnung der abgeschlossenen Verträge sagen?
Herr Kollege Stahl, ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, welche Mittel von Saudi-Arabien aufgewandt werden, um die 32 deutschen Fachkräfte zu bezahlen. Ich bin aber gern bereit, Ihnen darüber schriftlich Auskunft zu geben.
Fräsident Frau Renger: Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist damit zu rechnen, daß der Anteil der Technischen Hilfe gegen Bezahlung künftig größer wird? Beabsichtigt die Bundesregierung, darüber hinaus eine Staffelung der Vergütungssätze einzuführen?
Herr Kollege Stahl, es ist denkbar, daß wir eine Mischform finden, die so aussieht, daß einige Länder, die besonders devisenstark sind und vom Ansteigen der Erdölpreise besonders profitieren, voll bezahlen, einige andere Länder, die ebenfalls ölproduzierend sind, aber selbst noch einen ungeheuren Bedarf an Entwicklung haben, ein Teil bezahlen, und wir bezahlen einen anderen Teil.
Ich darf zum ersten Teil Ihrer Frage sagen, daß wir erwarten, daß die technische Hilfe gegen Entgelt durch die Veränderung der Zahlungsbilanzsituation einiger rohstoffproduzierender Staaten ansteigen wird.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Aus welchen Motiven und Zuständigkeiten gibt das Referat für Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit eine Schrift mit Schulbuchmodellen und Sozialkundetexten für die Sekundarstufe über die Korea-Frage und den kalten Krieg heraus ({0})?
Herr Kollege Dr. Czaja, in einer Schrift mit dem Titel „Die Vereinten Nationen im Schulbuch", die als Nr. 42 in der Reihe „Schule und Dritte Welt" erschienen ist, wird auf 5 von insgesamt 92 Seiten die Rolle der Vereinten Nationen im kalten Krieg und in Korea dargestellt. Ich wäre gerne bereit, Ihnen vorzulesen, was beispielsweise über Korea geschrieben steht.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Czaja.
Herr Staatssekretär, wieso wird gerade in dieser Stelle über Korea in Abweichung von dem, was für alle Staatsorgane wohl verbindlich ist, unseren Staat mit „Bundesrepublik Deutschland" zu benennen, von „Westdeutschland" gesprochen, das hier Südkorea gleichgesetzt wird und das, wie es hier heißt, nur durch Wirtschafts-und Militärhilfe an das westliche Lager gebunden sei und dies als Grundlage des Konflikts dargestellt wird? Wieso kommt das?
Herr Kollege Czaja, ich möchte jetzt fast an die Antworten anknüpfen, die vorhin der Kollege Glotz auf eine Frage gegeben hat. Ich glaube, es kann nicht unsere Aufgabe sein, beckmesserisch jetzt jedes Wort nachzumessen, obwohl man sicherlich darüber streiten kann, ob es eine gute Formulierung ist, daß von „Westdeutschland" gesprochen wird.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja.
Wie kommt denn das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit dazu, Schulbuchmodelle und Sozialkundetexte für die Sekundarstufe über den kalten Krieg herauszugeben?
Herr Kollege Czaja, dies ist ein Buch über die Arbeit der Vereinten Nationen. Sie wissen, daß die Vereinten Nationen auch für die Entwicklungsländer eine be, stimmte Bedeutung haben, und wir glaubten, daß
auch über Entwicklungspolitik in den Schulen stärker gesprochen werden muß.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, verbietet sich nicht ein Vergleich mit der Untersuchung von Schulbüchern, die in einer vorherigen Frage angesprochen war, da es sich doch hier um eine Schrift handelt, die von Ihrem Hause herausgegeben ist und deswegen in der Öffentlichkeit ganz anders gewertet wird, nämlich als eine Aussage der Bundesregierung?
({0})
Ich glaube nicht, daß man das als eine Aussage der Bundesregierung werten kann.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stahl.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß im Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit selbst die Kollegen der Opposition sehr stark daran interessiert sind, daß in Schulbüchern und anderen Verlautbarungen über die Entwicklungshilfe besonders oft geschrieben und gesprochen wird?
Ja, es wird immer wieder betont, daß wir stärker an den Schulen und auch stärker bei Jugendorganisationen für Entwicklungshilfe werben sollen.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Pfeffermann.
Herr Staatssekretär, wenn Sie es für notwendig erachteten, vorhin einen Literaturbezug darzustellen und damit gewissermaßen eine Literaturkritik anzumelden, die nicht zulässig sei, wieso dann die Förderung eines Buches, das Sie im nachhinein sozusagen als geschichtlichen Beitrag oder Darstellung der Bundesregierung oder Sachbeitrag - wie auch immer Sie das gekennzeichnet haben wollen - interpretiert haben wollen?
Herr Kollege, dies ist der Versuch, unseren Schulen bei dem Unterricht über die Vereinten Nationen zu helfen. Wenn hier über kalten Krieg gesprochen worden ist, so gibt es keinen Zweifel, daß die Vereinten Nationen bei allen Schwächen, die immer vorhanden waren, ihren Beitrag dazu geleistet haben, diesen kalten Krieg abzubauen, und es gibt keinen Zweifel, daß wir sehr dankbar sind für das, was die Vereinten Nationen zur Friedenssicherung getan haben, und das sollten auch unsere Schulkinder wissen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hupka.
Herr Staatssekretär, es heißt im Impressum: „Herausgegeben vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Referat Öffentlichkeitsarbeit". Wie erklären Sie sich dann die nicht zutreffende Bezeichnung „Westdeutschland" statt „Bundesrepublik Deutschland"?
Herr Kollege, ich habe soeben schon gesagt, daß man über diese Formulierung streiten kann. Ich würde auch eine andere gewählt haben.
({0})
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Spranger.
Herr Staatssekretär, betrachten Sie es als hilfreich für die Schulen, wenn seitens der Bundesregierung der Begriff „Westdeutschland" als für den Unterricht verwendungsfähig behandelt wird?
Ich bin der Auffassung, daß man besser „Bundesrepublik Deutschland" geschrieben hätte.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf. Der Herr Parlamentarische Staatssekretär Baum steht zur Beantwortung zur Verfügung.
Frage 14 des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt:
Welche Angaben sollen auf Grund der Absprache zwischen der Bundesregierung und dem Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der Presse von den an der Erhebung Beteiligten gemacht werden?
Frau Präsidentin, Herr Kollege, sind Sie einverstanden, daß ich beide Fragen zusammen beantworte?
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Sieglerschmidt auf:
Beziehen sich diese Angaben auf die wirtschaftliche Lage der Verlage oder der einzelnen Verlagsobjekte, und welche Konsequenzen ergeben sich für etwaige Hilfsmaßnahmen aus der einen oder anderen Erhebungsmethode?
Die Erhebungsaktion ist von einer vom Staatssekretärausschuß zur Untersuchung der wirtschaftlichen Lage eingesetzten Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger vorbereitet worden. Es sind an alle Tageszeitungen zwei Fragebogen verschickt worden: ein Fragebogen A, mit dem die Strukturdaten erhoben werden, und ein Fragebogen B für die Angaben über die Kosten und Erlöse.
Für die vier Quartale des Jahres 1973 und die drei ersten Quartale des Jahres 1974 werden von den Tageszeitungen folgende Daten erhoben: mit dem Strukturbogen A die Auflage und der Umfang der Tageszeitung, ihre Wettbewerbsposition, das Verbreitungsgebiet der Tageszeitung, die bestehenden Kooperationen, die Anzeigen- und Vertriebspreise; mit dem Strukturbogen B die Anzeigenumfänge, die Anzeigen- und Vertriebserlöse und die Kosten nach Kostenarten.
Die Strukturbogen A sind von den Tageszeitungen unmittelbar an den Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger zurückgeschickt worden und bilden die Grundlage für das Rasterprogramm, in dem die Daten aus dem Fragebogen B über die Kosten und Erlöse sowie über die Entwicklung der Anzeigenumfänge gruppenweise zusammengefaßt werden.
Die Fragebogen B mit den Angaben über die Erlös- und Kostenstruktur der Tageszeitungen werden von den Zeitungen über einen Notar an den Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger zurückgesandt. Der dazwischengeschaltete Notar verschlüsselt die Fragebogen so, daß keine Rückschlüsse auf den Namen und die Geschäftsgeheimnisse des Absenders möglich sind.
Alle Angaben beziehen sich auf Grund einer Abstimmung zwischen den beteiligten Ressorts und dem Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger auf Zeitungsobjekte, Herr Kollege, nicht auf den Verlag. Die Erhebung folgt damit hinsichtlich der Ertrags- und Kostendaten dem Pressestatistikgesetz, das zur Zeit diesem Hohen Hause zur Beratung vorliegt.
Die objektbezogene Befragung trägt am ehesten dem Rechnung, was Ziel der Pressehilfe ist: die Meinungsvielfalt durch eine Vielzahl miteinander im wirtschaftlichen und publizistischen Wettbewerb stehender Tageszeitungen zu erhalten. Eine Erhebung, die sich auf die Verlagsseite bezogen hätte, hätte keine Aufschlüsse über die wirtschaftliche Lage der einzelnen Tageszeitungen erbracht.
Konsequenzen für etwaige Hilfsmaßnahmen, Herr Kollege, können erst nach Vorliegen der Ergebnisse gezogen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Staatssekretär, fühlt sich die Bundesregierung, wenn diese Angaben vorliegen, ausreichend ausgerüstet, um über die Maßnahmen, die ins Auge gefaßt werden, zu beschließen, oder hätte sie in Absprache mit dem Verlegerverband eigentlich die Beantwortung weiterer Fragen für notwendig gehalten, aber hat diese Fragen nicht beantwortet bekommen?
Nein, Herr Kollege, die Bundesregierung geht davon aus, daß sie nach Abschluß der Erhebungen ausgerüstet ist. Was den Umfang und die Art der Daten angeht, ist das dann sicher der Fall. Was die Repräsentativität der Erhebungen angeht, wird es darauf ankommen, ob sich genügend Befragte an der Erhebung beteiligt haben. Aber es besteht nach den bisherigen Informationen, so meine ich, kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß ein repräsentatives Bild entsteht.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung bei ihren etwaigen Förderungsmaßnahmen an objektbezogene Förderung und nicht an eine Berücksichtigung der Situation der Verlage denkt?
Davon können Sie nicht ohne weiteres ausgehen. Man wird trotz allem, was ich gesagt habe, die Situation der einzelnen Verlage nicht unberücksichtigt lassen können.
Eine weitere Zusatzfrage? - Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 16 des Abgeordneten Dr. Klein ({0}) auf:
Sind der Bundesregierung die wachsenden Schwierigkeiten von Zeitsoldaten bei der Eingliederung in das zivile Berufsleben bekannt, und was gedenkt sie dagegen zu unternehmen?
Herr Kollege, der Bundesregierung sind Schwierigkeiten bei der Eingliederung von Zeitsoldaten in das zivile Berufsleben nicht bekanntgeworden.
Nach den genauen Unterlagen des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr erstreben ungefähr 85 %der ausscheidenden Soldaten auf Zeit eine Tätigkeit in der gewerblichen Wirtschaft, nur 15 % suchen eine Verwendung im öffentlichen Dienst.
Auf die Anforderungen ihres zukünftigen Arbeitsplatzes in der gewerblichen Wirtschaft können sich die Soldaten auf Zeit über die Berufsförderung der Bundeswehr vorbereiten; sie haben auf diesem Weg die Möglichkeit, einen beruflichen und sozialen Aufstieg zu erreichen. Rund 92 % der ausgeschiedenen Zeitsoldaten haben in Umfragen angegeben, daß sie nach ihrem Wehrdienst eine verantwortungsvollere und höher dotierte Tätigkeit als vor der Wehrdienstzeit ausüben.
Die hervorragenden Eingliederungsmöglichkeiten für Zeitsoldaten sind am Verhältnis der bewilligten Fachausbildungen zum Einarbeitungszuschuß abzulesen. Seit 1960 haben Soldaten auf Zeit insgesamt rund 183 000 Anträge auf Fachausbildung gestellt.
Dem stehen im gleichen Zeitraum ganze 464 Anträge auf einen Einarbeitungszuschuß gegenüber.
Der öffentliche Dienst steht den ausscheidenden Soldaten auf Zeit wie jedem anderen, privaten Bewerber offen. Auch auf diese Verwendung können sich Zeitsoldaten mit Hilfe der Berufsförderung der Bundeswehr vorbereiten und ausbilden. Den Soldaten mit mindestens zwölfjähriger Verpflichtungszeit vermitteln Eingliederungs- und Zulassungsschein sogar einen Anspruch auf Einstellung als Beamter oder Angestellter. Insgesamt ist festzustellen, Herr Kollege, daß noch jeder Soldat auf Zeit einen seiner Ausbildung entsprechenden Arbeitsplatz in Wirtschaft oder Verwaltung gefunden hat. Die Bundesregierung wird die weitere Entwicklung sorgfältig beobachten.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, halten Sie diese Ihre Antwort für ausreichend angesichts der Frage 17, wo es sich um die angemessene Berücksichtigung der Zeitsoldaten bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst handelt?
Herr Kollege, ich halte es nicht für ausreichend, weil ich die Frage 17 noch nicht beantwortet habe.
Wenn Sie gestatten, Herr Abgeordneter Dr. Klein ({0}), kann jetzt gleich Ihre Frage 17 beantwortet werden:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Gemeinden und andere öffentliche Dienststellen trotz ihrer Verpflichtung, ein bestimmtes Kontingent an Stellen für ausscheidende Zeitsoldaten freizuhalten, die Einstellung ehemaliger Zeitsoldaten sehr restriktiv handhaben, und welche Möglichkeiten der Abhilfe sieht die Bundesregierung?
Die Einstellung der Inhaber von Eingliederungsscheinen oder Zulassungsscheinen in den öffentlichen Dienst im Anschluß an ihr Wehrdienstverhältnis hat bei den Behörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden einschließlich der Gemeindeverbände, den anderen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie bei den Trägern der Sozialversicherung bisher, Herr Kollege, zu keinen Schwierigkeiten geführt. Es wurden im Gegenteil die seit 1970 in jedem Jahr für Eingliederungs- und Zulassungsscheininhaber vorbehaltenen Stellen im öffentlichen Dienst nie im vollen Umfang benötigt. Nach den der Bundesregierung derzeit vorliegenden Zahlen ist bis Ende des Jahres 1977 nicht mit Schwierigkeiten zu rechnen. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft die Zahlen sowohl der Inhaber von Eingliederungsscheinen und Zulassungsscheinen als auch der vom Vorbehalt erfaßten Stellen ermitteln und auswerten lassen. Die Entwicklungen auf diesem Gebiet können deshalb rechtzeitig analysiert und alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden.
Die Bundesregierung hat lediglich Kenntnis davon, daß in einzelnen Ausnahmefällen die Eingliederung von Soldaten auf Zeit in den öffentlichen Dienst nicht erfolgreich durchgeführt werden konnte, wenn im Einzelfall der Bewerber für die von ihm angestrebte Laufbahn fachlich nicht geeignet war. Inhaber eines Eingliederungsscheines oder Zulassungsscheines haben sich auch verschiedentlich unmittelbar bei Einstellungsbehörden beworben, da sie eine Einstellung bei einer bestimmten Behörde anstrebten. In den letztgenannten Fällen konnte nicht immer den Wünschen der Bewerber entsprochen werden.
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß Gemeinden und andere öffentliche Dienststellen die Einstellung ehemaliger Soldaten restriktiv handhaben. Herr Kollege, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir über Fälle, die Ihnen bekanntgeworden sind, Mitteilung machen würden. Die Bundesregierung wird im übrigen die weitere Entwicklung schon deswegen sorgfältig beobachten, weil sich eine andere Situation auf dem Arbeitsmarkt ergeben hat.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Klein?- Danke. Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Engholm auf:
Ist sichergestellt, daß die vereinbarte Einschaltung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in die Erhebung über die wirtschaftliche Lage der Presse in diesem Zusammenhang die Gewinnung zuverlässiger Daten nicht erschwert?
Frau Präsident, Herr Kollege, die Bundesregierung hat auf der Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers bestanden, nachdem der Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger gewünscht hatte, die Erhebung über die wirtschaftliche Lage der Presse selbst durchzuführen. Durch die Überprüfung der von den Tageszeitungen eingesandten und durch den Bundesverband deutscher Zeitungsverleger zusammengestellten Daten durch einen vereidigten Wirtschaftsprüfer wird das Erhebungsverfahren weder erschwert noch verzögert. Die Einschaltung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat allein den Sinn, der Bundesregierung zuverlässiges Datenmaterial zur Verfügung zu stellen. Der Prüfungsauftrag und das Prüfungsverfahren sind in Bleichlautenden Verträgen, die zwischen der Bundesregierung und dem Bundesverband deutscher Zeitungsverleger einerseits und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft andererseits abgeschlossen wurden, fetgelegt worden. Danach hat der Wirtschaftsprüfer die Aufgabe, die Eingliederung der Einzeldaten in die richtigen Gruppen zu überprüfen, die rechnerische Richtigkeit der in Gruppen zusammengefaßten Daten festzustellen und in Einzelfällen Plausibilitätsprüfungen durchzuführen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Engholm!
Herr Staatssekretär, halten Sie die in diesem und in anderem Zusammenhang häufig wiederkehrende Feststellung, die Bundesregierung verzögere eine Entscheidung über wirtschaftliche Hilfen für Zeitungen in nahezu unverantwortlicher Weise, für gerechtfertigt?
Für eine solche Behauptung gibt es nicht den geringsten sachlichen Anlaß.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Engholm auf:
Wann ist etwa mit dem Vorliegen der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufbereiteten Daten zur Auswertung für die Bundesregierung zu rechnen?
Der Bundesregierung ist vom Bundesverband deutscher Zeitungsverleger zugesichert worden, die aufbereiteten Daten bis Ende Januar 1975 zur Verfügung zu stellen. Die Planungen der Bundesregierung sind auf diesen Zeitpunkt abgestellt.
Bitte, Herr Abgeordneter Engholm, eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, können Sie in etwa ein Datum fixieren, bis zu dem die Bundesregierung eine Entscheidung über wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen der Öffentlichkeit zugänglich machen wird?
Es wird notwendig sein, Herr Kollege, die eingehenden Daten auszuwerten. Eine Entscheidung wird im Frühjahr möglich sein.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 20 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Günter Nollau, möglichst umgehend von der Führung seiner Dienstgeschäfte zu beurlauben?
Herr Kollege, wenn ich beide Fragen zusammen beantworten dürfte, wäre ich dankbar.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also noch die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf:
Wann leitet die Bundesregierung gegen den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz ein Disziplinarverfahren ein, das insbesondere vom Stellvertreter des Bundeskanzlers, Bundesminister Hans-Dietrich Genscher, gegen ihn erhobene Vorwürfe klärt?
Der 2. Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages hat zwar seine Beweisaufnahme abgeschlossen, sein schriftlicher Bericht und damit die Beweiswürdigung stehen jedoch noch aus. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß über die Frage, ob in bezug auf einzelne Angehörige des öffentlichen Dienstes personalrechtliche oder personalwirtschaftliche Konsequenzen aus den Feststellungen eines Untersuchungsausschusses gezogen werden sollen, grundsätzlich erst dann entschieden werden kann, wenn der Ausschuß seine Arbeit vollständig beendet und seinen schriftlichen Bericht vorgelegt hat, womit ja in Kürze zu rechnen ist.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reddemann!
Herr Staatssekretär, darf ich daraus schließen, daß die Bundesregierung, wenn der Bericht des Unterausschusses vorliegt, gegebenenfalls disziplinarische Konsequenzen gegenüber Herrn Nollau ziehen wird?
Herr Kollege, ich glaube, ich habe diese Zusatzfrage mit meiner soeben gegebenen Antwort voll beantwortet.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich mußte diese zusätzliche Frage stellen - ich bitte, eine Erläuterung geben zu dürfen -, da Ihr Kollege im Innenministerium, der Parlamentarische Staatssekretär Schmude, am 3. Januar im SPD-Pressedienst erklärt hat:
Der Zeitpunkt seines - Nollaus Ausscheidens wird von ihm zweifellos im besten Einvernehmen mit der Bundesregierung festgelegt werden.
Darf ich aus Ihrer jetzigen Antwort schließen, daß diese Aussage des Herrn Kollegen Schmude allenfalls seine Privatmeinung ist, nicht aber die Auffassung der Bundesregierung?
Herr Kollege, ich sehe überhaupt keinen Widerspruch; denn Sie haben etwas anderes angesprochen. Sie haben in Ihrer schriftlich eingebrachten Frage danach gefragt, welche Konsequenzen möglicherweise aus dem Ergebnis der Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses gezogen werden, der von diesem Hause eingesetzt worden ist. Soeben haben Sie einen anderen Bereich angesprochen. Sie haben eine Erklärung angesprochen, die nicht die Konsequenzen aus der Arbeit dieses Untersuchungsausschusses betrifft,
Zusatzfrage? Bitte,
Herr Reddemann!
Herr Staatssekretär, darf ich dann noch einmal zitieren, daß Herr Kollege Schmude auf jeden Fall ein Ausscheiden des Herrn Nollau aus dem Dienst in zweifellos bestem Einvernehmen mit der Bundesregierung annimmt, ohne das Ergebnis der Arbeit des Untersuchungsausschusses abzuwarten, und sind Sie nicht soeben mit Ihrer Antwort in eine völlig andere Richtung gegangen?
Herr Kollege, ich versuche noch einmal darzulegen, daß ich hier nicht allgemein über ein Ausscheiden von Herrn Nollau aus dem Dienst gesprochen, sondern mich gemäß Ihrer Frage strikt auf die Schlußfolgerung bezogen habe, die Sie an einen Bericht knüpfen, der diesem Hohen Hause vorgelegt werden wird.
Ich bedaure, keine Zusatzfrage mehr zu haben.
Doch, Sie haben noch eine Frage. Sie haben erst dreimal gefragt. Da sehen Sie, wie korrekt wir sind.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin.
({0})
Bitte, Herr Kollege Reddemann, Sie haben das Wort zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, um den Fall noch einmal zu konkretisieren, darf ich Sie fragen: Wird die Bundesregierung auf jeden Fall erwägen, disziplinarische Maßnahmen dann einzuleiten, wenn der Bericht des Untersuchungsausschusses so etwas nahelegt, oder wird sie auf jeden Fall Herrn Nollau - nach der Formulierung des Herrn Schmude nur im besten Einvernehmen gehen lassen, gleichgültig was der Untersuchungsausschuß zu diesem Thema sagt?
Herr Kollege, mir ist ganz klar, worauf es Ihnen ankommt. Sie haben das jetzt mehrfach gesagt. Ich habe deshalb in Erwartung dieser Fragen ganz klar formuliert, daß die Bundesregierung der Auffassung ist, daß über diese Frage der personalrechtlichen oder personalwirtschaftlichen Konsequenzen erst nach Vorlage des Berichts entschieden werden kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Metzger.
Hat der Bundesinnenminister nach dem jetzigen Stand der Erkenntnisse irgendeine Veranlassung, ein Disziplinarverfahren gegen Herrn Nollau einzuleiten?
Herr Kollege, diese Frage habe ich beantwortet. Diese Frage wird erst nach Vorlage des Berichts zur Debatte stehen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt ({0}) .
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß es ein schwerer Verstoß gegen die Grundsätze des Berufsbeamtentums wäre, wenn sich die Bundesregierung vor Einleitung und Abschluß eines Disziplinarverfahrens anders als Herr Staatssekretär Schmude in seinem von Herrn Kollegen Reddemann zitierten Aufsatz äußerte?
({0})
Herr Kollege, ich bin Ihnen für den Hinweis dankbar; denn bekanntlich ist die Einleitung solcher Verfahren an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die nicht aufgegeben werden können. Sie beruhen auf Gesetzen, die dieses Haus beschlossen hat.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jäger ({0}) !
Herr Staatssekretär, um noch einmal auf die Frage des Kollegen Reddemann zurückzukommen: Wenn sich die Bundesregierung in Verfolg der Ergebnisse des Berichts des Untersuchungsausschusses gegebenenfalls zu einer Beurlaubung des Herrn Nollau von seinen Dienstgeschäften verpflichtet sähe, gehe ich dann recht in der Annahme, daß in diesem Fall nicht mehr von einem „einvernehmlichen Ziehenlassen" geredet werden könnte, wie es Ihr Kollege Schmude getan hat, und besteht hier insofern nicht doch ein erheblicher Widerspruch zwischen Ihren Äußerungen und denen des Herrn Schmude?
Herr Kollege, das ist Ihre Wertung. Ich habe Ihnen klipp und klar gesagt, wovon die Bundesregierung ausgeht, und habe es sogar noch einmal wiederholt. Ich gehe davon aus, daß diese Antwort so eindeutig war, daß sie keiner weiteren Erläuterung bedarf.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 95 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
Bei wieviel Mitgliedern der sowjetischen Botschaft in Bonn wurden seit 1970 Tätigkeiten festgestellt, die nicht im Einklang mit ihren diplomatischen Aufgaben standen, vielmehr auf einen Spionageauftrag hinwiesen, und wie bewertet die Bundesregierung die heutige Gefährdung der Bundesrepublik Deutschland durch als Diplomaten getarnte Agenten der Sowjetunion?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege, über die nachrichtendienstliche Tätigkeit von Mitarbeitern amtlicher oder halbamtlicher Vertretungen von kommunistischen Staaten in der Bundesrepublik enthält der Verfassungsschutzbericht 1973 eine zusammenfassende Darstellung. Weitere Einzelheiten können dazu öffentlich nicht dargelegt werden. Ich bin jedoch bereit, die gewünschten Auskünfte dem Parlamentarischen Vertrauensmännergremium zu erteilen. Ich bin auch bereit, Herr Kollege, die Einzelheiten des Verfassungsschutzberichts hier noch einmal bekanntzugeben. Aber ich nehme nicht an, daß das notwendig ist, denn er ist ja jedermann zugänglich.
Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesminister der Justiz auf. Zur Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. de With zur Verfügung. Frage 22 des Herrn Abgeordneten Nordlohne:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß es der Sprachregelung des Bundesjustizministers unter Berücksichtigung des religiösen und ethischen Empfindens der Bevölkerung entspricht, wenn dieser seinen neuen Pressesprecher in der Information Nr. 1/1975 vom 3. Januar 1975 mit dem folgenden Wortlaut vorstellt: „Seit 19. Dezember 1974 ist Robert Kuhn sicherheitsmäßig abgesegnet und seit 2. Januar 1975 kraft ministerieller Verfügung ({0}) als Leiter des Referats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bundesministerium der Justiz eingesegnet"?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Herr Kollege Nordlohne, selbstverständlich veröffentlicht das Bundesministerium der Justiz keine Presseerklärungen, die das religiöse oder ethische Sprachempfinden der Bevölkerung verletzen. Das gilt auch in vorliegendem Fall. Das beanstandete Wort „absegnen" kommt aus der Umgangssprache und bedeutet soviel wie „für unbedenklich befinden, zustimmen". Es ist, soweit ersichtlich, wohl erst in letzter Zeit in Gebrauch gekommen und ist deshalb bisher in keinem der Standardlexika, nicht einmal in Küppers „Wörterbuch der deutschen Umgangssprache" zu finden. Schon deshalb dürfte es schwerlich dem liturgischen Sprachgebrauch zuzurechnen sein. Ob neuerdings auch die Kirchen diesen Ausdruck verwenden, ist dem Bundesminister der Justiz nicht bekannt.
Das beanstandete Wort „einsegnen" kommt unstreitig aus dem religiösen Bereich, hat aber in den letzten Jahrhunderten einen Säkularisierungsprozeß erfahren. In der von Barack herausgegebenen „Zimmerischen Chronik" - 91. bis 94. Publikation des Litterarischen Vereins zu Stuttgart 1869 - findet sich beispielsweise die Wendung:
Der Narr hat geflucht und gescholten, auch die Reiter ganz hübsch eingesegnet.
„Zimmerische Chronik", Band 4, Seite 63.
(Dr. Schäfer ({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Nordlohne, bitte!
Herr Staatssekretär, wenn Sie schon der Meinung sind, daß die Öffentlichkeit an dieser Formulierung keinen Anstoß nehme, sind Sie dann bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich als Mitglied dieses Hauses in sechs Jahren vier Familienangehörige tatsächlich als Tote habe einsegnen lassen müssen?
Das muß ich zur Kenntnis nehmen. Aber ich darf bei dieser Gelegenheit bemerken, daß der Justiz üblicherweise vorgeworfen wird, sie äußere sich in zu trockenem Ton. Wenn die Justiz bei gewissen Vorstellungen einen etwas heiteren Ton zu Gehör bringt, sollte dies als willkommene Änderung gesehen und weniger ernst betrachtet werden.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Nordlohne!
Darf ich Sie fragen, nach welcher Besoldungsgruppe der Bedienstete Ihres Hauses besoldet wird, der für diese Presseformulierung verantwortlich zeichnet?
Herr Abgeordneter, dies steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit Ihrer Frage.
({0})
Wollen Sie die Frage dennoch beantworten?
Nein, ich kann Ihnen dies gern schriftlich geben. Ich weiß nicht, ob das hier vor aller Augen ausgebreitet werden soll.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 23 des Herrn Abgeordneten Spranger auf:
Aus welchen Gründen hielt es der Bundesjustizminister für erforderlich, den ehemaligen Bundespräsidenten Dr. Gustav Heinemann zu einem Schreiben an Ulrike Meinhof zu veranlassen, wie Dr. Heinemann im Deutschen Fernsehen vom 16. Dezember 1974 berichtete, und teilt die Bundesregierung die Meinung des Briefschreibers, der Hungerstreik der Häftlinge sei ein Kampf gegen tatsächlich oder vermeintliche unmenschliche Haftbedingungen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Der Bundesminister der Justiz hat Altbundespräsident Dr. Dr. Heinemann zu einem Schritt in der fraglichen Richtung angeregt. Hierfür war die Tatsache maßgebend, daß in dem Brief an Ulrike Meinhof unter anderem folgende Feststellungen getroffen werden:
Erstens. Für den Hungerstreik gibt es keinerlei vernünftigen Grund.
Zweitens. Der Hungerstreik ist ohne jede Erfolgsaussicht.
Drittens. Trotz aller medizinischer Anstrengungen kann niemand durch Zwangsernährung gegen seinen Willen auf Dauer am Leben gehalten werden.
Diese unter persönlicher Autorität des Altbundespräsidenten getragenen Feststellungen bedeuten für die Justiz eine Hilfe und eine moralische Unterstützung. Außerdem erschien der Brief geeignet, Menschen zur Besinnung zu rufen, die sich in Schuld und Haß verstrickt haben und durch ihre Handlungen den Rechtsfrieden auch noch in den Justizvollzugsanstalten schwer belasten.
Die Meinung, der Hungerstreik der Häftlinge sei ein Kampf gegen tatsächliche oder vermeintliche unmenschliche Haftbedingungen, wird in dem Brief nicht geäußert. Vielmehr ist in dem Brief davon die Rede, daß die Untersuchungsgefangenen den Hungerstreik mit Beschwerden gegen die Haftbedingungen verbunden hätten. Diese Feststellung ist ebenso zutreffend wie der weitere Hinweis, daß über derartige Beschwerden allein die Gerichte zu entscheiden haben.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spranger!
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Meinung des Briefeschreibers, die in seinem Brief vertreten wurde, daß die Baader-Meinhof-Bande Schäden unserer Gesellschaft beseitigen wolle, oder hält die Bundesregierung an der Auffassung fest, daß diese Bande den gewaltsamen Umsturz plant und durchführt und dabei vor Mord und Raub und ähnlichen Verbrechen nicht zurückschreckt?
Ich meine, Herr Kollege Spranger, daß Sie den Brief insoweit fehlinterpretiert haben. Die Bundesregierung, und dies habe ich deutlich zum Ausdruck gebracht, hat diesen Brief als hilfreich empfunden. Ich glaube, ich darf mich auf meine vorangegangenen Äußerungen beziehen. Im übrigen obliegt es mir nicht, an den Äußerungen des Altbundespräsidenten Dr. Dr. Heinemann in glossatorischer oder gar postglossatorischer Form Auslegungsversuche unternehmen zu wollen.
Zusatzfrage, Herr Kollege Spranger!
Herr Staatssekretär, wäre die Rücksichtnahme auf das Ansehen dieses Amtes nicht ein zwingender Grund gewesen, auch durch einen nicht mehr amtierenden Bundespräsidenten ein solches Vorhaben nicht durchführen zu lassen, oder beabsichtigt die Bundesregierung, die Hilfe des früheren Bundespräsidenten auch weiterhin in Angelegenheiten des Strafvollzuges oder bei Durchführung der Untersuchungshaft oder in der Auseinandersetzung mit den linksradikalen Anarchisten in Anspruch zu nehmen?
Ich muß Ihren Hinweis zurückweisen, daß die Bundesregierung etwas habe durchführen lassen. Hier handelt es sich um eine Anregung; das war alles. Im übrigen hat der Altbundespräsident selbst frei entschieden.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 24 des Herrn Abgeordneten Schlaga auf:
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Stand der Ermittlungen im Fall des Anschlags auf den Bundesschatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, am 30. November 1974 in Kronberg gewonnen, und wie beurteilt sie in der Öffentlichkeit zunehmend angestellte Vermutungen, daß der zunächst angenommene Täterkreis nicht in Frage kommt und statt dessen andere politische Kreise für den Überfall verantwortlich waren?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Wegen des Anschlages, Herr Kollege Schlaga, auf den Schatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep, ist bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen versuchten Mordes anhängig. Die insoweit zuständige Landesjustizverwaltung Hessen hat mir auf Anfrage mitgeteilt, daß Angaben über Ermittlungsergebnisse wegen der noch laufenden Ermittlungen zur Zeit nicht möglich sind. Die von Thnen angesprochene öffentliche Diskussion beruht also, wie von Ihnen bereits in Ihrer Frage artikuliert, lediglich auf Vermutungen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlaga!
Herr Staatssekretär, wenn Sie sagen, daß die Untersuchungen noch laufen und daß über 70 Hinweise eingegangen sind, wie beurteilen Sie dann die in der Presse wörtlich von Herrn Kollegen Kiep gemachte Aussage: „Ich sollte als Geisel entführt werden"?
Ich habe nicht von über 70 Hinweisen gesprochen. Ich darf darauf zurückkommen, daß eine Auskunft von seiten der Staatsanwaltschaft nicht gegeben wurde und daß es deswegen der Respekt verbietet, hierzu Äußerungen abzugeben. Es handelt sich um ein schwebendes Verfahren.
Noch eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter!
Schließen Sie denn, selbst wenn es sich um ein schwebendes Verfahren handeln sollte - das Gerichtsverfahren ist ja bekanntlich noch nicht eröffnet -, aus, daß es sich dabei auch um einen privaten kriminellen Akt gehandelt haben kann?
Her Kollege Schlaga, mir steht nicht zu, in diesem Zustand etwas auszuschließen
oder Vermutungen zu äußern. Das wäre dem Ermittlungsverfahren nicht dienlich.
({0})
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reiser!
Herr Staatssekretär, sieht trotz aller Vermutungen die Bundesregierung in den Äußerungen des Vorsitzenden einer hessischen rechtsextremen Organisation - „Aktion 76" - namens Fritsch, Kiep müsse „nun angeschossen werden", nämlich wegen seiner liberalen Haltung in der Ostpolitik, verwertbare Motive?
({0})
Das Ermittlungsverfahren wird von der Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main geführt, und dieser bleibt es überlassen, entsprechende Schlußfolgerungen zu ziehen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gansel!
Habe ich Sie - da bei einem Terroranschlag zunächst nicht feststellbar ist, ob er von anarchistischen Terroristen oder von rechtsextremistischen Gewalttätern stammt - richtig verstanden, daß auch Untersuchungen in Richtung der Leute vorgenommen werden, die in bezug auf Herrn Blüm und Herrn Katzer, die sich ja in manchen Fragen sehr in der Nähe von Herrn Kiep bewegen, gesagt haben, diese Leute sollte man am besten vergiften? Dies ist laut „Süddeutsche Zeitung" vom 17. März ein Zitat von dem CDU-Funktionär Grau.
Herr Kollege, ich muß Ihnen leider mitteilen, daß Sie mich nicht richtig verstanden haben. Ich habe darauf hingewiesen, daß die Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main laufen, daß eine Auskunft nicht erteilt wurde und daß ich mich deswegen hierzu nicht äußern kann.
({0})
Bitte keine weiteren Zusatzfragen zu diesem Thema, Herr Kollege. Ich glaube, dieses ist ausdiskutiert. - Ja, bitte schön, weil vielleicht ein Ungleichgewicht gegeben ist. Bitte, Herr Abgeordneter Pfeffermann!
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, den Herrn Kollegen darauf aufmerksam zu machen, daß sein Zitat „CDU-Funktionär Grau" der Sache, dem Inhalt, der Form nach einfach nicht zutreffend ist, weil Herr Grau nicht als CDU-Funktionär beschäftigt war und nicht in dieser Tätigkeit Äußerungen von sich gegeben hat, sondern in einer anderen Tätigkeit?
Es ist nicht meine Aufgabe, irgendein Mitglied des Hauses auf irgendwelche anderen Äußerungen aufmerksam zu machen, Herr Kollege Pfeffermann.
Keine weitere Zusatzfrage mehr zu diesem Punkt.
Ich rufe die Frage 25 des Herrn Abgeordneten Schlaga auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung, das Ergebnis der Ermittlungen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Für eine Veröffentlichung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu gegebener Zeit wäre die Justizverwaltung des Landes Hessen allein zuständig. Die Bundesregierung ist bereit, erneut Auskunft bei der Justizverwaltung Hessen einzuholen, falls dies gewünscht wird.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlaga!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt - mir ist es jedenfalls aus unmittelbarer Umgebung der Ermittlungsbehörde zugegangen , daß man beabsichtigt, in naher Zukunft die Ermittlungen einzustellen? Und sehen Sie nicht, wenn das der Fall ist und ich habe keinen Grund, an den Informationen zu zweifeln -, daß hier ein unverhältnismäßig hoher Aufwand getrieben worden ist, indem nicht nur eine Sonderkommission der hessischen Polizei, nicht nur die Sicherheitsgruppe, sondern auch das Bundeskriminalamt eingesetzt worden sind und dieser Fall in der Presse politisch - so habe ich es jedenfalls empfunden - gegen die Koalition ausgespielt worden ist? Meinen Sie nicht, daß es verfrüht ist, das Verfahren einzustellen?
({0})
Herr Abgeordneter Schlaga, das geht allerdings in der Ausführlichkeit der Darstellung weit über Ihre Frage hinaus. -Bitte, Herr Staatssekretär!
Mir ist nicht bekannt, daß die Ermittlungen vor dem Abschluß stünden oder in welche Richtung der Abschluß geführt werden würde.
Im übrigen darf ich darauf verweisen, daß es die Bundesregierung generell für erforderlich hält, daß bei Straftaten dieser Art alles getan wird, um den Täter zu finden,
({0})
und das mit allem Nachdruck Präventivmaßnahmen getroffen werden, um Weiterungen in jeder Richtung zu unterbinden.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja auf:
Wird das Bundesjustizministerium in Beachtung des Legalitätsprinzips bemüht sein, daß eine Staatsanwaltschaft mit der Prüfung des Mordverdachts an Deutschen in Lamsdorf OS. gegen die polnischen Milizangehörigen Gimborski und Fuhrmann beauftragt wird und rechtzeitig vor Eintritt der Verjährungsfrist von den zuständigen polnischen Behörden und Gerichten auf diplomatischem Wege unter Beifügung der Beweismittel die Strafverfolgung wegen Mordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des Reziprozitätsprinzips fordern, nachdem deutsche Behörden und Gerichte vergleichbare polnische Beweismittel in geordnetem Rechtsgang behandeln?
Bitte, Herr Staatssekretär!
In dem von Ihnen angesprochenen Tatkomplex „Vertreibungsverbrechen im Lager Lamsdorf" hat das Bundesministerium der Justiz keine Veranlassung, tätig zu werden; denn vom Bundesgerichtshof ist bereits das Landgericht in Hagen nach § 13 a StPO als zuständiges Gericht bestimmt worden. Zum Teil ist die Strafverfolgung bereits durch ein im Jahr 1951 vor dem Schwurgericht in Hannover durchgeführtes Verfahren erledigt. Wegen weiterer Einzelheiten darf ich an die zuständigen Landesjustizverwaltungen verweisen.
Daß ich die Übergabe von Beweismaterial über Straftaten bei der Vertreibung an die polnische Regierung nicht für sinnvoll halte, habe ich bereits in der Fragestunde vom 16. Oktober 1974 auf Fragen des Kollegen Windelen und auf eine Zusatzfrage von Ihnen, Herr Kollege Czaja, näher dargelegt.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Czaja!
Herr Staatssekretär, halten Sie es wirklich für richtig, zu sagen, Sie halten das Herantragen von solchen Tatbeständen an die zuständigen polnischen Behörden nicht für sinnvoll, nachdem das Bundesjustizministerium am 23. Mai 1973 mit Professor Pilichowski die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen den polnischen und deutschen Justizbehörden zur Aufklärung von Verbrechen vereinbart hat, nachdem das von Ihnen zitierte Schwurgericht beim Landgericht Hannover, wenn ich recht unterrichtet bin, in seinem Urteil vom 20. Dezember 1951 gegen einen Helfershelfer des Gimborski festgestellt hat, daß sich Gimborski am 10. und 11. August 1945 des Mordes an sechs bis acht Deutschen vom Wasserholkommando und des Mordes an Otto Lichter und Josef Strahler schuldig machte, und nach dem, was sich in der Dokumentation im Bundesarchiv nach einem Schreiben an die oberschlesische Landsmannschaft befindet? Dort liegen nämlich Zeugenaussagen vor über die Zutodeprügelung von Hundert gefangenen Frauen am 12. August 1945, die Ermordung von 80 Männern beim Morgenappell, die Zutodeprügelung von 18 Männern am 19. August 1945 und die eigenhändige Erschießung eines 17jährigen Gymnasiasten im Lager Lamsdorf durch Herrn Gimborski. Halten Sie es nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen nicht für eine Pflicht nach dem Legalitätsprinzip - dieses Verfahren ist im übrigen nicht mehr eingestellt, da die Staatsanwaltschaft nach der Einstellung mit Schreiben vom 23. 12. 1966 mitgeteilt hat, daß es zwar eingestellt war, aber jetzt neue Zeugenaussagen erfolgen -, dies an polnische Behörden heranzutragen?
Zunächst, Herr Kollege Czaja, darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung dem Legalitätsprinzip im Sinne der Strafprozeßordnung nicht unterliegt; dies betrifft nur die Staatsanwaltschaften. Gleichwohl wird die Bundesregierung alles tun, was in ihren Kräften steht, um Gerechtigkeit walten zu lassen. Gleichwohl muß sie, um das zu tun, zweck- und sinnvoll handeln.
Sinnvoll wäre es nicht, entsprechendes Material und Ersuchen an die polnischen Behörden zu richten, nachdem bei uns bekannt ist, daß dort die entsprechenden Behörden die Verfahren als verjährt betrachten. Deswegen gab es nur den einen Weg, und diesen hat das Bundesministerium der Justiz bereits beschritten - auf Grund eines Beschlusses der 33. Justizministerkonferenz -, nämlich die hier eingegangenen zwei Strafanzeigen, die sich auch mit den Vorfällen im Lager Lamsdorf befassen, an den Generalbundesanwalt weiterzuleiten, der einen entsprechenden Beschluß - auf den verwies ich schon - des Bundesgerichtshofes herbeigeführt hat. Deshalb ist die Zuständigkeit nun geregelt, und eine Staatsanwaltschaft in diesem Land ist für die Vorfälle zuständig. Dies wurde mit Schreiben vom 6. August 1969 dem Bundesvorstand der Landsmannschaft der Oberschlesier, dem Sie, Herr Kollege Czaja, ja angehören, mitgeteilt. Das ist das, was möglich ist.
Zusatzfrage, Herr Kollege Czaja!
Herr Staatssekretär, warum weigern Sie sich, im Sinne des Reziprozitätsverfahrens die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens den polnischen Behörden zuzuleiten, indem Sie sich hinter dem Grund verschanzen, daß diese Dinge in Polen verjährt sind? Ist Ihnen nicht bekannt, daß Polen Mitunterzeichner oder -ratifizierer der Konvention gegen Menschlichkeitsverbrechen ist, wonach diese Dinge nicht verjähren?
Weder die Bundesregierung noch ich verschanzen sich. Sie handeln, wie ich dargelegt habe, im Sinne der Gerechtigkeit und versuchen alles zu tun, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Aber dies muß zweck- und sinnvoll geschehen. Ich habe bereits dargelegt, daß es unter den gegebenen Umständen nicht sinnvoll ist, auch die Ergebnisse an die polnischen Behörden weiterzuleiten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jäger ({0}).
Herr Staatssekretär, wird nicht eine der Politik der Bundesregierung zuwiderlaufende politische Linie sichtbar, wenn durch ein derartiges Vorgehen der Bundesregierung der polnischen Regierung von vornherein unterstellt wird, sie sei nicht in der Lage, dem geltenden Recht, auf das Herr Kollege Czaja hingewiesen hat, Rechnung zu tragen und unter diesen Aspekten die Eröffnung eines Strafverfahrens nach polnischem Recht ordnungsgemäß und sachlich zu prüfen?
Ich denke, ich habe ausgeführt, daß wir davon auszugehen haben, daß dies - unser
Recht - dort geltendes Recht nicht ist. Im übrigen entspricht es einer Gepflogenheit, die auch gegenüber anderen Ländern gehandhabt wird. Es wird sinn- und zweckvoll gehandelt.
Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde angelangt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 16. Januar, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.