Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Liegen zusätzliche Erfahrungen aus Dänemark durch die
gleiche Kommission, die das Justizministerium dorthin entsandt hat, wie ich soeben hörte, vor?
Dr. Bayerl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz: Ja, dem ist so. Aus Dänemark liegt auch noch der wissenschaftliche Bericht von Berl Kutschinsky vor, der zur Zeit in unserem Hause ausgewertet und über den selbstverständlich im Sonderausschuß berichtet werden wird.
Präsident von Hassel: Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erhard.
Trifft es nach allem, was man hören kann, zu, daß die Beobachter festgestellt haben, daß eine bedenkliche Eskalation der Härte der Pornographie in diesen hier in Rede stehenden Ländern zu beobachten ist?
Dr. Bayerl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz: Nein, so trifft das nicht zu.
Präsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage. Wir sind am Ende dieses Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke für die Beantwortung.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen auf, zunächst die Frage 4 des Abgeordneten Dr. Haack:
Auf welche Weise bemüht sich die Bundesregierung, das Interesse für die Probleme des geteilten Deutschland in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland zu wecken?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Herold.
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Herr Präsident, ich darf die Frage wie folgt beantworten.
Die Bundesregierung bemüht sich in vielfältiger Weise darum, bei den Schillern das Interesse für die Probleme des geteilten Deutschlands zu wecken und die Kenntnisse darüber zu vertiefen. Für eine erfolgreiche Arbeit in diesem Bereich ist die Abstimmung mit den Lehrplänen und das Einvernehmen mit den Kultusministern der Länder notwendig. Auf der 135. Sitzung der Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland am 12. März 1970 wurden die Überlegungen und Planungen des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen ausführlich erläutert. Die Kultusminister sagten ihre Unterstützung zu.
Speziell für den Gebrauch an Schulen wurden von meinem Hause entwickelt: 1. ein Schul-Wandkalender, der 1971 zum drittenmal erscheint, und zwar in einer Auflage von 35 000, für alle allgemeinbildenden Schulen; 2. das Quartettspiel „Bilder aus Deutschland" für Schüler der 5. Klassen - davon wurden 100 000 an die 5. Klassen der allgemeinbildenden Schulen verteilt -; ein Zahlenspiegel, der noch in diesem Jahr herauskommt und der statistische Angaben aus beiden deutschen Staaten enthält - er soll in einer Auflage von 440 000 für die
Parlamentarischer Staatssekretär Herold
10. bis 13. Klassen aller allgemeinbildenden Schulen sowie für die Berufsschulen zur Verfügung gestellt werden -; ein Geschichtsfries, der in anschaulicher Weise Ursachen und Verlauf der Spaltung Deutschlands darstellt; er erscheint im Frühjahr 1971, und zwar in einer Auflage von etwa 50 000 für die allgemeinbildenden Schulen ab der 9. Klasse. Im Auftrag meines Hauses wird ein programmierter Text über die Entwicklung der Deutschlandfrage nach dem Kriege für den Geschichtsunterricht erarbeitet.
Von Bedeutung ist die Frage, welches Bild vom geteilten Deutschland die Schulbücher vermitteln. In den ersten Monaten des Jahres 1971 wird eine Analyse hierzu vorliegen, an der gegenwärtig ein Team von Erziehungswissenschaftlern arbeitet. Mein Haus bezuschußt zahlreiche Seminare und Studientagungen über die Deutschlandfrage für Schüler und Jugendgruppen sowie für Lehrer und Lehramtsanwärter. Auch die Informationsfahrten von Schülern und anderen Jugendlichen nach Berlin und an die Demarkationslinie werden von meinem Hause gefördert. Daneben stehen sämtliche Materialien und Medien der Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen selbstverständlich auch den Schulen, Lehrern und Schülern auf Anforderung zur Verfügung. Ich nenne hier nur Filme, Tondokumente, Diareihen, Ausstellungen und die Vermittlung von Referenten. Auch in diesem Jahr wurden wieder eine Reihe von Büchern und Informationsschriften an die Schulen versandt.
Das Angebot meines Hauses stößt bei den Schulen zunehmend auf Interesse und findet ein gutes Echo. Die Bundesregierung wird auch in Zukunft darum bemüht sein, den Schulen zweckentsprechendes Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Herr Abgeordnete Dr. Haack.
Herr Staatssekretär, können Sie mir konkrete Hinweise dafür geben, daß die von Ihnen soeben geschilderte Öffentlichkeitsarbeit in den Schulen auch tatsächlich bei den Schülern ankommt?
Herold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen: Ich kann das bestätigen. Wir haben vor allen Dingen in den letzten Monaten sehr viele Zuschriften bekommen, und zwar von Schulen, mit denen wir bisher nicht in Verbindung standen, worin laufend neues Material angefordert wird. Wir haben z. B. - um nur einen Einzelfall zu nennen - zu dem erwähnten Quartettspiel über 200 Briefe mit Nachforderungen und Anerkennungen - es waren auch ein paar kritische Äußerungen darunter - erhalten. Das Verhältnis der positiven zu den kritischen Äußerungen beträgt aber praktisch 200 zu 4 oder 5.
Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen.
Die Frage 5 wird auf Wunsch des Fragestellers, des Herrn Abgeordneten Walkhoff, schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts auf und darf Sie auf folgendes hinweisen. Die Fragen 6, 7, 8, 10, 11, 12, 14 und 15 werden aus den Gründen, die ich vorhin nannte, morgen beantwortet.
Das gleiche gilt für die Fragen 16, 17, 18 und 19. Auch hier haben die Fragesteller, die Herren Abgeordneten Rollmann und Dr. Jahn ({0}), um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden ebenfalls als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Hermesdorf ({1}) auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen personell so auszustatten, daß sie die bereits begonnene Erarbeitung eines Unterrichtswerkes für nicht deutschsprachige Schüler an den deutschen Schulen im Ausland schneller als bisher vorantreiben und den Auslandsschulen dieses zur Erfüllung ihres zentralen Unterrichtsauftrages wichtige Hilfsmittel möglichst bald zur Verfügung stellen kann?
Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Moersch.
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, bei der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen in Köln ist zur Zeit einer der insgesamt 12 dort tätigen Pädagogen ausschließlich mit der Schaffung eines Unterrichtswerks für nichtdeutschsprachige Schüler an Schulen im Ausland beauftragt. In den letzten Monaten ist der erste für Kindergärten deutscher Schulen bestimmte Band dieses Unterrichtswerks fertiggestellt worden; er ist bereits in Benutzung. Um die Herstellung der weiteren Bände zu beschleunigen, laufen zur Zeit Bemühungen, die Freistellung eines bewährten früheren Auslandslehrers für eine vorübergehende Mitarbeit an dem Unterrichtswerk zu erreichen. Wegen der Bedeutung der Angelegenheit wird darüber hinaus geprüft, ob zur weiteren Beschleunigung ab 1972 eine zusätzliche Planstelle für diese Aufgabe ausgeworfen werden soll.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Hermesdorf ({2}).
Herr Staatssekretär, können Sie Angaben darüber machen, wann das Unterrichtswerk fertiggestellt sein wird und den deutschen Auslandsschulen ausgehändigt werden kann?
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Nun, das Werk soll insgesamt sechs Bände umfassen, und vorgesehen ist die Fertigstellung von jährlich mindestens einem Band.
Präsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hermesdorf.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Ansicht, daß dieser Termin der Fertigstellung des Unterrichtswerkes sehr spät liegt und vorgezogen werden sollte angesichts der Tatsachen, daß dieses Hilfsmittel für die Tätigkeit der deutschen Auslandsschulen überaus wichtig ist und die Arbeit an dem Unterrichtswerk wegen der unzureichenden personellen Ausstattung der Zentralstelle bereits sehr lange läuft?
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich teile die Auffassung, daß eine kürzere Fertigstellungszeit nützlich wäre. Sie haben ja aus dem, was ich gesagt habe, auch ersehen, daß wir uns bemühen, die Arbeit zu beschleunigen. Ich habe vorhin erwähnt, daß wir nach dem jetzigen Stand der Dinge mindestens mit einem Band jährlich rechnen können. Aber ich will mich gerne noch einmal darum bemühen, daß auch diese Frist noch verkürzt wird, damit den Auslandsschulen die Materialien zur Verfügung stehen.
Präsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Raffert.
Herr Staatssekretär, kann vielleicht dadurch geholfen werden, diese Arbeit zu beschleunigen oder zu intensivieren, daß die Erfahrungen, die die Arbeitsgruppe des Goethe-Instituts bei der Vorbereitung des Unterrichtswerkes für erwachsene Ausländer, die Deutsch lernen, gesammelt hat, berücksichtigt und herangezogen werden?
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich will diese Anregung gerne aufnehmen und prüfen lassen. Ich kann aber keine definitive Antwort darauf geben, weil es sich hier, wie Sie wissen, um grundlegend verschiedene Aufgabenstellungen handelt.
Präsident von Hassel: Die Fragen 21 und 22 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe Frage 23 des Abgeordneten Matthöfer auf:
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß die griechische Regierung dem in der Bundesrepublik Deutschland lebenden griechischen Staatsangehörigen Pavlos Bakojannis, der bei einer deutschen Rundfunkanstalt als Journalist tätig ist, den Reisepaß entzogen hat?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, die Antwort lautet: Ja, dieser Sachverhalt ist der Bundesregierung mitgeteilt worden.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Matthöfer.
Darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie nicht auch mit mir der Meinung sind, daß die Bundesregierung die Verpflichtung hat, sicherzustellen, daß alle im Bereich des Grundgesetzes wohnenden und arbeitenden Personen, d. h. auch die Ausländer, in den ungeschmälerten Genuß des Grundrechts der Meinungsfreiheit kommen?
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter Matthöfer, das ist sichergestellt. Die Meinungsfreiheit im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ist gewährleistet. Die Grundrechte sind hier nicht tangiert. Die Frage der Staatsangehörigkeit wird davon nicht berührt.
Präsident von Hassel: Ich rufe Frage 24 des Herrn Abgeordneten Matthöfer auf:
Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen dieser Paßentziehung und einer neuen Gesetzes-verordnung der Athener Regierung, nach der die Verbreitung von Nachrichten und „Gerüchten", die von ihr als falsch bezeichnet werden, künftig auch dann verfolgt werden können, wenn sie von Griechen oder Ausländern im Ausland erfolgten?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort lautet: Die Bundesregierung möchte - ohne damit etwa griechische gesetzliche Vorschriften auslegen zu wollen - die Möglichkeit eines solchen Zusammenhanges, wie er hier erfragt wird, nicht schlechthin ausschließen.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Matthöfer.
Herr Staatssekretär, ich darf Sie angesichts Ihrer Antwort auf meine Zusatzfrage zu Frage 23 fragen: Müßte es die Bundesregierung dann nicht als einen unfreundlichen Akt betrachten,
({0})
wenn eine ausländische Regierung ausländische Staatsangehörige in ihrem Heimatland wegen Äußerungen, die diese in der Bundesrepublik getan haben, als sie für eine deutsche Institution arbeiteten, strafrechtlich verfolgt?
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, die rechtlichen Verhältnisse der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer im Verhältnis zu ihrem Heimatstaat richten sich im Rahmen des allgemeinen Völkerrechts grundsätzlich nach dem Recht des Heimatstaates. Ein unfreundlicher Akt gegenüber der Bundesrepublik Deutschland ist somit in derartigen, in erster Linie das innerstaatliche Recht des Heimatstaates betreffenden Angelegenheiten nicht zu sehen.
Ich brauche nicht hervorzuheben - ich habe das auch schon getan -, daß Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland alle Grundrechte genießen, soParlamentarischer Staatssekretär Moersch
weit sie nicht nach dem Grundgesetz Deutschen vorbehalten sind. Hier geht es um eine innergriechische Gesetzgebung, über deren Qualität sich ja der Europarat schon geäußert hat. Ich habe dieser Äußerung des Europarates nichts hinzuzufügen. Aber wenn diese Gesetzgebung dort in Griechenland gilt, werden Sie ihre Anwendung nicht verhindern können.
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Matthöfer.
Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Staatssekretär, daß Sie es zwar mißbilligen, aber nicht ausdrücklich dagegen protestieren würden, wenn Ausländer wegen Meinungsäußerungen, die sie in der Bundesrepublik getan haben, während sie für eine deutsche Institution arbeiteten, in ihrem Heimatland strafrechtlich verfolgt werden?
Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter Matthöfer, das ist eine sehr komplizierte Frage. Wir können deutsche Staatsangehörige im Ausland schützen, aber Ausländer, die sich nach den Gesetzen ihres Heimatlandes - wie auch immer diese Gesetze von uns bewertet werden mögen strafbar gemacht haben, in ihrem Heimatland zu schützen, ist der Bundesrepublik nicht möglich. Wir können ihnen hier bei uns Meinungsfreiheit garantieren, aber wir haben keine Jurisdiktion in ihrem Heimatland selbst. Das ist ein sicherlich in solchen Fällen komplizierter Sachverhalt, aber ich kann ihn nicht ändern. Ich kann nur darauf verweisen, wie sich der Europarat über die Qualität dieser Gesetzgebung geäußert hat.
Präsident von Hassel: Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich wiederhole, daß in der morgen mittag stattfindenden Fragestunde die restlichen Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts durch den Herrn Außenminister beantwortet werden. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Ich rufe zunächst die Frage 39 der Abgeordneten Frau Dr. Walz auf:
Welche konkreten Ziele - in Konsequenz der allgemeinen Zielsetzungen des Bildungsberichts - verfolgt die Bundesregierung im Bereich der Erwachsenenbildung?
Zur Beantwortung, Herr Bundesminister Leussink.
Frau Dr. Walz, ich unterstelle zunächst, daß nach den konkreten Zielen der Weiterbildung gefragt wird. Dem Vorschlag des Deutschen Bildungsrates folgend, faßt die Bundesregierung unter diesen Begriff alle Bildungsgänge nach Abschluß oder Unterbrechung einer ersten Bildungsphase zusammen. In Konsequenz der im Bildungsbericht als notwendig bezeichneten Systematisierung bemüht sich die Bundesregierung um eine systematische Organisation und um zentrale Angebote erwachsenengemäßer Curricula. Dies gilt für die berufliche und politische Weiterbildung ebenso wie für die sonstigen Bereiche einschließlich dessen, was man vielleicht als wissenschaftliche Weiterbildung bezeichnen könnte.
In der Praxis bedeutet das die Ausarbeitung entsprechender Vorschläge im Rahmen eines Bildungsgesamtplans innerhalb der Bund-Länder-Kommission, die Bereitstellung von Haushaltsmitteln und die Mitwirkung an Maßnahmen von zentraler Bedeutung.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Walz.
Herr Minister, sehen Sie irgendeine Möglichkeit, die Volkshochschulen als Institutionen der Weiterbildung in den Gesamthochschulbereich zu integrieren, wie dies zum Teil vom Volkshochschulverband gewünscht wird?
Ich möchte es gern in zwei Stufen sehen. Selbstverständlich sehe ich die Möglichkeit, die Volkshochschulen in den Bereich der Weiterbildung insgesamt zu integrieren. Wir haben uns ja miteinander dazu durchgerungen, nicht den gesamten tertiären Bereich etwa in den Gesamthochschulbereich hineinzudenken. Insofern kann ich diesen Teil Ihrer Frage nicht heute schon mit einem eindeutigen Ja beantworten.
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Walz.
Herr Minister, in welcher Höhe beteiligt sich im Augenblick der Bund an den finanziellen Aufwendungen im Bereich der Weiterbildung?
Ich kann Ihnen hier mit Zahlen leider nicht dienen; ich habe sie nicht zur Hand. Ich kann Ihnen aber sagen: Es ist nicht sehr viel.
Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 40 der Abgeordneten Frau Dr. Walz auf:
Wie begründet die Bundesregierung ihre Entscheidung, Tests als eine Möglichkeit der gerechteren Auswahl bei gegebenen Zulassungsbeschränkungen aus dem Referentenentwurf für ein Hochschulrahmengesetz des Bundes zu streichen, obwohl solche Tests sowohl in den 14 Thesen zum Hochschulrahmengesetz als auch im Bildungsbericht der Bundesregierung ins Auge gefaßt worden waren?
Zunächst möchte ich Ihre Frage in einem Punkt etwas richtigstellen. Im Gegensatz zu den Thesen zum Hochschulrahmengesetz ist zu keinem Zeitpunkt, auch nicht ganz zu Anfang, im Referentenentwurf, im Entwurf meines Hauses für ein Hochschulrahmengesetz, im Zusammenhang mit der Auswahl von Studienbewerbern von Tests die Rede gewesen. Die in § 30 des endgültigen Entwurfs der Bundesregierung für ein Hochschulrahmengesetz vorgesehene Regelung der Auswahl von Studienbe4692
werbern in Fachrichtungen mit Zulassungsbeschränkungen schließt die Anwendung von Testverfahren allerdings keineswegs aus.
Aber abgesehen davon, daß nach dem heute noch geltenden Recht die mit dem Abitur verliehene Berechtigung zum Besuch der Hochschule nicht wieder nachträglich durch Tests eingeschränkt werden darf, setzt die Anwendung von Testverfahren voraus, daß dafür geeignete und zuverlässige Tests zur Verfügung stehen. Wie eine kritische Prüfung der vorhandenen Materialien ergibt, ist dies - jedenfalls in der Bundesrepublik - gegenwärtig keineswegs der Fall. Wie die Bundesregierung im Bildungsbericht ausgeführt hat, wird sie Forschungsaufträge für die Entwicklung und auch für die Erprobung solcher Tests vergeben.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Walz.
Hält die Bundesregierung also tatsächlich schulische Leistungen, obwohl sich ihre Widersprüchlichkeit auch von den verschiedenen Schulen her durchaus herausgestellt hat, für wesentlich sicherer als die Einführung von Tests, die, Herr Minister, im Ausland, zum Teil gerade auch im deutschen Sprachbereich - in Osterreich -, mit so viel Erfolg durchgeführt worden sind, daß wir durchaus an eine Übernahme denken könnten?
Nein, ich glaube, das können Sie aus meinen Ausführungen keineswegs entnehmen. Wir haben noch keine endgültige Meinungsbildung über das herbeigeführt, was Sie uns subkutan anscheinend unterstellen. Wir sind dafür völlig offen. Aber Tatsache ist doch, daß wir in diesem Lande bisher noch keine Tests für die Zulassung haben. Man muß dabei auch immer zwei Dinge berücksichtigen. Das eine ist die Qualifikation der. Abiturienten auf Grund ihrer Leistungen als Schüler. Überall muß das Abitur oder etwas Adäquates dafür gültig sein; darüber gibt es, glaube ich, keinen Zweifel. Das andere ist der Zugang in den tertiären oder auch in den Hochschulbereich. Dafür haben wir in diesem Lande bisher noch keine Tests entwickelt, die man anführen könnte; das muß man feststellen. Das bedeutet aber keineswegs, daß wir der Meinung sind, daß wir so etwas nicht entwickeln könnten.
Präsident von Hassel: Zu einer Zusatzfrage Frau Dr. Walz.
Herr Minister, Sie sprachen früher von einem Testinstitut. Wieweit sind denn die Vorbereitungen für ein solches Testinstitut gegangen? Oder haben Sie bisher nur diese Forschungsaufträge vergeben?
Nein. Das Testinstitut wird mit
anderen, ähnlichen zentralen Einrichtungen in der Bund-Länder-Kommission behandelt.
Präsident von Hassel: Ich rufe die Fragen 41 und 42 des Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Absicht von Frau Staatssekretärin Dr. Hamm-Brücher, ihre Dienstaufgaben künftig im Wege der Teilzeitbeschäftigung zu erledigen?
Hat sich erst seit den letzten Wahlen zum Bayerischen Landtag und insbesondere seit dem Zeitpunkt, von dem an feststand, daß die FDP wieder in den Bayerischen Landtag einziehen wird, gezeigt, daß die Aufgaben des beamteten Staatssekretärs im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft auch im Wege der Teilzeitbeschäftigung erledigt werden können, oder war diese Möglichkeit schon früher zu erkennen?
Bitte, Herr Minister, zur Beantwortung!
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Wahrnehmung eines Landtagsmandats zwar Zeit und Arbeitskraft von Frau Staatssekretär Dr. Hamm-Brücher in noch nicht genau bekanntem Umfang in Anspruch nehmen wird, daß aber diese Verpflichtung nicht über das Maß dessen hinausgeht, was Minister, Parlamentarische Staatssekretäre und Staatssekretäre der Bundesregierung im allgemeinen an politischen Verpflichtungen unterschiedlichster Art neben ihrer Amtstätigkeit erfüllen müssen.
Die Bundesregierung sieht deshalb keinen Anlaß dafür, daß Frau Staatssekretär Dr. Hamm-Brücher ein Teilzeitarbeitsverhältnis eingeht. Im übrigen ist der Dienstherr gemäß § 89 Abs. 3 des Beamtengesetzes verpflichtet, dem Beamten zur Ausübung seines Mandats als Landtagsabgeordneter den erforderlichen Urlaub unter Belassung der Dienstbezüge zu gewährleisten.
Präsident von Hassel: Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Riedl.
Herr Bundesminister, ist Ihnen denn nicht die Äußerung von Frau Staatssekretärin Dr. Hamm-Brücher vom 30. November 1970 auf einer Pressekonferenz in München bekannt, wo sie erklärt hat, daß sie in Zukunft, nach ihrem Einzug in den bayerischen Landtag - ich zitiere wörtlich -, zeitlich weniger in Bonn zur Verfügung steht und deshalb von der Teilzeitbeschäftigung Gebrauch machen möchte? Frau Hamm-Brücher erklärte weiter, daß sich durch die Ausübung ihres Münchener Mandats die Arbeitszeit und deshalb gleichzeitig auch ihre Besoldung verringere. Das war eine klare Aussage Ihrer Staatssekretärin.
Das zeigt nur, wie Frau Dr. Hamm-Brücher dazu eingestellt ist. Wenn es möglich wäre aber inzwischen hat sich nach näherer Prüfung herausgestellt, daß es gar nicht möglich ist -, würde sie es vorziehen, durch Teilzeitbeschäftigung auch optisch deutlich zu machen, daß sie neben ihrem Staatssekretärposten noch ein Landtagsmandat innehat. Das Gesetz hat diese Dinge aber schon geregelt. Entgegen ihren Absichten ist
eine Teilzeitbeschäftigung nicht möglich. Wir werden nach Gesetz verfahren, wonach ihr unter Aufrechterhaltung ihrer Bezüge die notwendige Zeit zur Verfügung zu stellen ist.
Präsident von Hassel: Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Riedl.
Herr Bundesminister, stimmen Sie mit mir überein, daß die Äußerung von Frau Staatssekretärin Hamm-Brücher, die doch ganz offensichtlich an den Wähler und nicht an Sie als ihren Vorgesetzten gerichtet war, falsch ist?
Die Äußerung ist keinesfalls falsch, und sie war auch gar nicht an den Wähler gerichtet, sondern vorher in allen Einzelheiten mit mir abgestimmt. Ich hatte gesagt: Das müssen wir einer eingehenden rechtlichen Prüfung unterziehen. Diese hat ergeben, daß es dieses Instruments nicht bedarf, daß dieser Weg gar nicht gangbar ist.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Walz.
Herr Minister, darf ich aus Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie die Arbeit eines Landtagsabgeordneten höchstens mit der Hälfte einer Berufstätigkeit ansetzen?
Nein, das dürfen Sie keineswegs daraus entnehmen. Bisher war ja von Prozentsätzen auch nicht die Rede.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dorn.
Herr Bundesminister, wären Sie bereit, die Kollegen der CDU/CSU-Fraktion vielleicht hilfreich darauf hinzuweisen, daß der Abgeordnete Lemmer seit 1956 Bundesminister gewesen ist und gleichzeitig Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses war, daß der Präsident dieses Hauses, Herr von Hassel, im Jahre 1963 Bundesminister wurde und bis 1965 gleichzeitig Landtagsabgeordneter war und daß der Herr Bundesminister Lauritzen im Jahre 1966 Bundesminister wurde und ebenfalls bis zum Jahre 1967 Landtagsabgeordneter war?
({0})
Immerhin wurde von dieser Dame, Herr Abgeordneter Wehner, einmal ein Ausspruch getan, der nicht soweit von Ihrer Bezeichnung weg liegt.
Ich glaube, es ist nicht notwendig, extra noch darauf hinzuweisen, daß mir dies in der Tat in diesem Zusammenhang erwähnenswert erscheint. Wenn man nachforschen wollte, könnte man wohl noch einige zusätzliche Namen aus den Akten ausgraben.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Grüner.
Herr Minister, halten Sie es für denkbar, daß die Arbeit der Frau Staatssekretärin im Bayerischen Landtag dadurch erheblich erleichtert wird, daß die CSU nicht in der Lage war, einen Kultusminister ihrer Couleur zu stellen, sondern einen parteilosen Kultusminister benannt hat?
({0})
Präsident von Hassel: Ich lasse die Zusatzfrage nicht zu. Sie hat nichts mit der Grundfrage zu tun, die sich auf die Teilzeitbeschäftigung der Frau Staatssekretärin Dr. Hamm-Brücher bezieht.
Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Bundesminister, nur zur Klarstellung - Präsident von Hassel: Sie haben eine Frage zu stellen.
Zur Klarstellung eine Frage: Herr Bundesminister, die Äußerung von Frau Staatssekretär Hamm-Brücher in München, die nach einer Aussprache mit Ihnen erfolgt ist, war und ist also mit dem Gesetz nicht vereinbar?
Ja, so ist es. Das hat sich nach späterer Prüfung herausgestellt.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Jung.
Herr Minister, ist diese Äußerung von Frau Staatssekretär Hamm-Brücher in München nicht so zu verstehen gewesen, daß sie den Bund insoweit entlasten wollte, als sie diese Teilzeitbeschäftigung beantragte, im Gegensatz zu ihren früheren Kollegen, z. B. Staatssekretär Lemmer, der ja auch die Funktion des Staatssekretärs hier und die Funktion des Landtagsabgeordneten hatte?
Ja, genauso war es. Ich dachte, ich hätte dies schon deutlich gemacht. Aber wahrscheinlich war es noch nicht deutlich genug. Genau das ist das Motiv für Frau Hamm-Brücher gewesen.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Althammer.
Herr Minister, ist in Ihrem Hause schon die Frage geprüft worden, wie lange dieser Zustand dauern soll, daß Frau Dr.
Hamm-Brücher hier hauptberuflich arbeitet und gleichzeitig in München ihr Mandat wahrnehmen soll?
Nein, diese Frage ist noch nicht geprüft worden. Ich glaube, es ist zur Zeit auch nicht notwendig, in eine Prüfung einzutreten. Auf alle Fälle sind wir alle augenblicklich so voll beschäftigt, Herr Abgeordneter, daß wir es uns gar nicht erlauben können, uns auch noch solchen Gedankengängen hinzugeben. Zunächst muß einmal die Arbeit gemacht werden.
({0})
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Häfele.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß in den Bundesländern immer mehr die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat eingeführt wird, und würde es nicht dem Sinn dieser Regelung entsprechen, daß eine Bundesbeamtin nicht im Landtag sitzt?
({0})
Die Tendenz ist mir bekannt, aber mir ist nicht bekannt, ,daß sich der Bundestag - bis heute jedenfalls - positiv mit dieser Tendenz beschäftigt oder gar einen Beschluß gefaßt hat.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Griesinger.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, zuzugeben, daß Ihre Aussage von vorhin, Sie seien in Ihrem Hause so voll beschäftigt, daß Sie sich über diese Dinge nicht allzuviel Gedanken machen könnten, weil einfach die Zeit dazu nicht ausreiche, gerade ein Beweis dafür sein könnte, daß die Teilzeitbeschäftigung in diesem Hause, wo so viel Arbeit vorliegt, mit dem Amt eines beamteten Staatssekretärs nicht ganz vereinbar ist?
({0})
Nein, diese Deduktion überzeugt mich überhaupt nicht.
({0})
Präsident von Hassel: Ist damit die Frage 42 erledigt, Herr Dr. Riedl?
({1})
- Noch eine Zusatzfrage.
Ich verzichte gern auf die Antwort, hätte aber das Recht der Zusatzfrage gern ausgeschöpft.
Herr Bundesminister, sind Sie sich nicht darüber im klaren, daß insbesondere im Anschluß an die Frage des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn hier ein Vergleich mit ähnlichen Situationen in vergangenen Jahren nicht angestellt werden kann, weil Frau Hamm-Brücher von sich aus die Schwierigkeiten, die mit ihrem Einzug in den Bayerischen Landtag verbunden sind, angesprochen hat und offensichtlich die Herren, die Herr Dorn genannt hat, diese Schwierigkeiten nicht hatten? Hier besteht doch überhaupt kein Grund, Situationen von früher zum Vergleich heranzuziehen, nachdem Frau Hamm-Brücher von sich aus ihre Arbeitsschwierigkeiten in der Öffentlichkeit angesprochen hat.
Meines Erachtens besteht durchaus Grund, die Situation von heute mit früheren Situationen zu vergleichen. Die Tatsache, daß der eine oder die einen diese Frage nicht aufgeworfen haben, aber Frau Hamm-Brücher es von sich aus gebracht hat, ändert doch an der objektiven Situation gar nichts.
({0})
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Bundesminister, nach welchen gesetzlichen Bestimmungen ist die Teilzeitbeschäftigung einem beamteten Staatssekretär untersagt?
Nach meiner Kenntnis gibt es keine gesetzlichen Bestimmungen, die ihrem Wortlaut nach die Teilzeitbeschäftigung eines Beamten untersagen. Diese Teilzeitbeschäftigung bezieht sich - jedenfalls in dem Zusammenhang, wie er hier diskutiert worden ist - überhaupt nur auf Beamtinnen, die minderjährige Kinder haben.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Raffert.
Herr Minister, sind Ihnen Überlegungen oder Versuche des seinerzeitigen bayerischen Kultusministers Huber bekannt, seine Tätigkeit als Teilzeitbeschäftigung auszuüben, da er doch auch mit dem Amte des Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU belastet war?
Präsident von Hassel: Herr Abgeordneter, hier ist nach der Frau Abgeordneten Hamm-Brücher gefragt worden und nicht nach Herrn Huber.
Eine Zusatzfrage, Herr Professor Schäfer.
Herr Minister, haben Sie nicht auch so wie ich den Eindruck, daß die Kollegen von der CSU offensichtlich Sorge haben vor, der politischen Aktivität von Frau Hamm-Brücher im Bayerischen Landtag?
({0})
Nein, ich schätze die Standfestigkeit der CDU/CSU-Fraktion vielleicht etwas höher ein.
({0})
Präsident von Hassel: Ich lasse nur noch eine Zusatzfrage zu. Herr Abgeordneter Dr. Schneider!
Herr Bundesminister, wollen Sie mir zugeben, daß wir vor folgender Sachlage stehen: entweder ist die Staatssekretärin Frau Dr. Hamm-Brücher im Augenblick in Ihrem Hause unterbeschäftigt, oder es werden wesentliche Aufgabenbereiche in Ihrem Hause in Zukunft wegen ihrer Tätigkeit im Bayerischen Landtag nicht mehr ausreichend wahrgenommen?
({0})
Nein, Herr Abgeordneter, ich will Ihnen dies ausdrücklich nicht zugeben.
Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Dr. Althammer auf:
Beabsichtigt die Bundesregierung für den Fall, daß Fran Staatssekretärin Dr. Hamm-Brücher ihre Amtsgeschäfte künftig im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung auszuüben gedenkt, einen weiteren beamteten Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft zu ernennen?
Ich glaube, wir können uns darauf verständigen, daß jetzt die Zusatzfragen auf ein Minimum reduziert werden, da wir den gesamten Komplex abgehandelt haben.
Bitte, zur Beantwortung, Herr Bundesminister.
Herr Dr. Althammer, meine Antwort auf die Frage 43 heißt nein.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Althammer.
Herr Minister, ist es dann unzutreffend, was bei der Vorbesprechung Ihres Haushalts von Ihren Herren uns gegenüber behauptet wurde, nämlich daß gerade im Bereich der Bildungsplanung, dem die Frau Staatssekretärin vorsteht, ein ungeheurer Engpaß auf dem personalen Sektor herrscht, so daß man dringend auf neue Planstellen angewiesen ist?
Nein, das ist nicht zutreffend. Das hat aber, soweit ich das verstehe, mit dieser Frage nichts zu tun. In der Tat ist die Personallage auf dem Gebiet der Bildungsplanung außerordentlich prekär, und zwar ganz allgemein und auch in unserem Haushaltsbereich.
Präsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 44 des Abgeordneten Dr. Althammer auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Frage, ob auch die von beamteten Staatssekretären in anderen Bundesministerien wahrzunehmenden Dienstaufgaben im Wege der Teilzeitbeschäftigung erledigt werden können?
Die Frage ist gegenstandslos, da eine Teilzeitbeschäftigung im Beamtengesetz nur für weibliche Beamte vorgesehen ist und außer Frau Dr. Hamm-Brücher zur Zeit kein weiblicher beamteter Staatssekretär der Bundesregierung angehört.
Präsident von Hassel: Keine Zusatzfragen. Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister, für die Beantwortung.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die Frage 25 des Abgeordneten Breidbach auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Dr. Schober auf:
Auf welchen Grundsätzen beruht der Beschluß der Bundesanstalt für Arbeit, künftig Konzessionen an Bühnenvermittler nicht mehr zu vergeben, und wurde dieser Beschluß nach Anhörung der betroffenen Bühnenschauspieler und -musiker und unter Berücksichtigung ihrer Argumente getroffen?
Der Abgeordnete ist anwesend. Zur Beantwortung, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde.
Rohde Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Dr. Schober, die Bundesrepublik ist auf Grund des Übereinkommens Nr. 96 der Internationalen Arbeitsorganisation verpflichtet, die auf Gewinn gerichtete Arbeitsvermittlung abzuschaffen und durch öffentliche Vermittlungseinrichtungen zu ersetzen. Dem Ratifikationsgesetz zum Übereinkommen Nr. 96 haben seinerzeit alle Fraktionen des Hohen Hauses zugestimmt.
Entsprechend der sich aus dem Übereinkommen ergebenden Verpflichtung baut die Bundesanstalt für Arbeit ihre sogenannten „Künstlerdienste" im Einvernehmen mit den Verbänden der Arbeitnehmer und Arbeitgeber personell und organisatorisch aus. Soweit und solange die Bundesanstalt nicht in der Lage ist, die Arbeitsvermittlung für Künstler in vollem Umfang allein durchzuführen, kann sie Künstlervermittier beauftragen, ihre Tätigkeit weiterzuführen. Das ist in dem von Ihnen erwähnten Beschluß geschehen. Der Vorstand der Bundesan4696
Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
stalt hat damit entschieden, einen neuen Auftrag zur Bühnenvermittlung zu erteilen. Ferner hat er ein flexibleres Verfahren für die Vergabe von Aufträgen zur Künstlervermittlung festgelegt. Die Stellungnahmen der zuständigen Vertreter der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Agenten, der Rundfunk- und Fernsehanstalten, der Kultusministerkonferenz, der Intendanten und des Deutschen Städtetages sind dabei, wie uns jedenfalls mitgeteilt wurde, berücksichtigt worden.
Präsident von Hassel: Keine Zusatztrage. - Ich rufe die Frage 27 des Abgeordneten Müller ({0}) auf :
Hat die Bundesregierung die Absicht, nachdem sich die Haushaltslage gegenüber den Jahren 1967 und 1968 wieder wesentlich gebessert hat, dem Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die ursprüngliche Fassung des Mutterschutzgesetzes vom 24. August 1965 einschließlich der dazugehörigen Paragraphen 200 a bis 200 d RVO wiederhergestellt wird, zumal dies im Falle des ebenfalls mit dem Finanzänderungsgesetz 1967 eingeführten 2%igen Krankenversicherungsbeitrages der Rentner bereits geschehen ist?
Der Abgeordnete ist anwesend. Bitte schön, Herr Staatssekretär.
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Müller, die versicherten und nichtversicherten Arbeitnehmerinnen erhalten nach geltendem Recht materiell in gleichem Umfang Leistungen an Mutterschaftsgeld, wie sie nach den §§ 200 bis 200 c RVO in der Fassung des Gesetzes vom 24. August 1965 vorgesehen waren. Ich nehme deshalb an, Herr Kollege, daß sich Ihre Frage auf die Verteilung der Aufwendungen für das Mutterschaftsgeld zwischen den Trägern der Krankenversicherung auf der einen und dem Bund auf der anderen Seite nach § 200 d RVO bezieht. Eine Änderung dieser Verteilung im Sinne der Regelung, wie sie in § 200 d RVO in der Fassung des Gesetzes vom 24. August 1965 vorgesehen war, würde eine dauernde Erhöhung der Erstattungen des Bundes an die Krankenversicherungsträger bedeuten. Haushaltsmittel dafür sind in der derzeitigen Finanzplanung des Bundes nicht vorgesehen. Bei der im Frühjahr 1971 fälligen Anpassung und Fortschreibung der Finanzplanung bis 1975 wird geprüft werden, ob im Zeitraum der nächsten Finanzplanung Haushaltsmittel bereitgestellt werden können, die es der Bundesregierung ermöglichen, die in dem Gesetz vom 24. August 1965 vorgesehene Regelung wirksam werden zu lassen.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Müller ({1}).
Herr Staatssekretär, ist sich die Bundesregierung bewußt, daß die Änderungen des Mutterschutzgesetzes und der von Ihnen genannten RVO-Bestimmungen mit dem Finanzänderungsgesetz nur eine vorübergehende Erscheinung sein sollten, weil der Gesetzgeber mit dem Mutterschutzgesetz vom 24. August 1965 ausdrücklich einer Verpflichtung nachgekommen ist, die sich für die Bundesrepublik aus dem internationalen Übereinkommen Nr. 103 über den Mutterschutz ergeben hat?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Der von Ihnen genannte Gesichtspunkt, Herr Kollege, wird sicherlich bei der von mir erwähnten Prüfung eine Rolle spielen.
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Müller.
Bis wann, Herr Staatssekretär, kann man erfahren, daß diese Prüfung erfolgt ist und welche Schlußfolgerungen die Regierung daraus zieht?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ich habe schon darauf hingewiesen, daß das im Frühjahr 1971 geschehen soll. Sie werden verstehen, daß ich dieser Prüfung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorgreifen kann.
Präsident von Hassel: Ich rufe ,die Frage 28 des Herrn Abgeordneten Maucher auf:
Wann ist damit zu rechnen, daß die Bundesregierung entsprechend der Regierungserklärung einen Änderungsentwurf ({0}) zum Bundesversorgungsgesetz für die Kriegsopferversorgung vorlegt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn ich wegen des Sachzusammenhangs die Fragen 28 und 29 gemeinsam beantworten könnte.
Präsident von Hassel: Keine Bedenken. Ich rufe auch die Frage 29 auf:
Ist damit zu rechnen, daß die Bundesregierung entsprechend den Vorschlägen der Kriegsopferverbände ({1}) ein Sofortprogramm vorlegt, um die Nachteile, die sich auf Grund der immer schneller voranschreitenden Teuerung für die Kriegsopfer ergeben, und die Nachteile, die sich durch die zu geringe Erhöhung bei der Anpassung und die verschiedenen Auswirkungen beim Berufsschaden und Schadensausgleich ergeben, einigermaßen auszugleichen?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär!
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Wie Sie wissen, Herr Kollege Maucher, ist mit dem Ersten Anpassungsgesetz, das nicht nur eine allgemeine Erhöhung der Rentenleistungen und strukturelle Verbesserungen gebracht hat, die Dynamisierung der Leistungen nach 20jährigem Bestehen des Bundesversorgungsgesetzes erstmals gesetzlich verankert worden. Das Erste Anpassungsgesetz wurde bereits wenige Wochen nach Amtsantritt dieser Bundesregierung beschlossen. Damit hat die Bundesregierung Brandt ihr Wort gegenüber den Kriegsopfern gehalten und im übrigen erheblich mehr Mittel für die Verbesserung der Kriegsopferversorgung eingesetzt, als die frühere Bundesregierung hierfür in Aussicht genommen hatte.
Die Bundesregierung wird auch weiterhin um eine fortschrittliche Ausgestaltung des Kriegsopferrechts im Rahmen des Möglichen bemüht bleiben. So sind die von diesem Hohen Hause bei der VerabschieParlamentarischer Staatssekretär Rohde
dung des Zweiten Anpassungsgesetzes in einer Entschließung zum Ausdruck gebrachten Anliegen zur Zeit Gegenstand eingehender Prüfung.
Was Ihre Kritik an der Anpassung der Rentenleistungen angeht, so möchte ich darauf hinweisen, Herr Kollege, daß die Rentenanpassungen keine Teuerungszulagen darstellen, sondern Leistungsverbesserungen sind, die sich an der Lohn- und Gehaltsentwicklung orientieren. Das hat der Gesetzgeber sicherlich auch deshalb so geregelt, weil die Erfahrungen in der Rentenversicherung zeigen, daß sich die Orientierung an der Lohn- und Gehaltsentwicklung für die Rentner günstiger auswirkt als eine Bezugnahme auf die Preisentwicklung. Die Rentenanpassungen seit 1957 wenn Sie das rückschauend betrachten - weisen das deutlich aus.
Zum Berufsschadens- und Schadensausgleich, auf den Sie in Ihrer Frage auch eingegangen sind, dart ich darauf hinweisen, daß gerade die Empfänger dieser Leistungen infolge der Berücksichtigung neuer Durchschnittsverdienste ab 1. Januar 1971 erhebliche Verbesserungen zu erwarten haben, die nicht selten weit über 20 o liegen werden.
Eine Vorausschau auf die Entwicklung der Kriegsopferrenten im Planungszeitraum 1971 bis 1974 zeigt die Bedeutung der Dynamisierung für die Rentenleistungen in der Kriegsopferversorgung. Im Laufe dieser von mir genannten Zeitspanne werden die Renten insgesamt um mehr als 30 % steigen.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Maucher.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zunächst zugeben, daß ich nicht gefragt habe, was Sie getan haben, sondern daß ich gefragt habe, was die Regierung zu tun gedenkt? Ich frage Sie deshalb: würden Sie mir zugeben, daß z. B. im Jahre 1960 beim Ersten Neuordnungsgesetz die Grund- und Ausgleichsrenten der Schwerbeschädigten mit der allgemeinen Bemessungsgrundlage weitgehend übereinstimmten Präsident von Hassel: Verehrter Herr Kollege, Fragen und Zusatzfragen sollen kurz gefaßt werden, darf ich Sie daran erinnern.
Ich will das gern tun, Herr Präsident. Die Frage geht dahin: würden Sie mir bestätigen - ({0})
Präsident von Hassel: Das gilt auch für ihn!
Würden Sie mir bestätigen, daß der Rückstand zur allgemeinen Bemessungsgrundlage heute erheblich größer und in zehn Jahren noch erheblich größer ist? Und das ist die Frage: was werden Sie tun, um diese Schere nicht weiter auseinandergehen zu lassen, sondern die Renten anzugleichen?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, zum ersten Teil Ihrer Frage darf ich darauf hinweisen, daß Sie unter Bezug auf die Regierungserklärung um Auskunft ersucht haben, was die neue Bundesregierung auf dem Felde der Kriegsopferversorgung geleistet hat. Daraufhin habe ich hier mitteilen müssen, daß nach ihrer Amtsübernahme das Prinzip der Dynamisierung durchgesetzt worden ist, im Gegensatz zu den zwei Jahrzehnten vorher, in denen es nicht möglich war, die Bezüge der Kriegsopfer genauso zu dynamisieren und an die Lohn- und Gehaltsentwicklung anzupassen, wie das bei den Renten der Sozialversicherung der Fall war, Im übrigen, Herr Kollege, meine ich, daß wir, um die Fragestunde nicht zu überfordern, im Sozialpolitischen Ausschuß gründlich erörtern sollten, wie sich im Laufe der nächsten Jahre die Leistungen der Kriegsopferversorgung durch die jährlichen Anpassungen verändern werden.
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Maucher.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit um ganz konkret zu werden -, dafür einzutreten, daß eine echte Harmonisierung des Berufs- und Schadensausgleichs erfolgt, d. h. genauso geregelt wird wie die jährliche Dynamisierung?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ich habe schon, wenn ich mich recht erinnere, auf eine frühere Frage von Ihnen darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung zur Zeit vor allem die Möglichkeit einer jährlichen Anpassung des Berufsschadensausgleichs für Beschädigte und des Schadensausgleichs für Witwen prüft, weil sie darin einen wesentlichen Punkt einer Harmonisierung der Anpassungsvorschriften sieht. Dabei können dann auch darüber hinausgehende Vorstellungen, die Sie zu diesem Punkte haben, mit in die Erörterungen einbezogen werden.
Präsident von Hasse! : Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Maucher.
Herr Staatssekretär, sind sie darüber hinaus bereit, dafür einzutreten, daß bei den Kriegerwitwen eine Anrechnung der Erhöhung der Grundrenten auf den Schadensausgleich unterbleibt, d. h. daß bei den Kriegerwitwen prozentual dieselbe Erhöhung erfolgt wie beispielsweise bei den Renten aus der Arbeiter- und Angestelltenversicherung?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, Sie sind ein auf diesem Felde erfahrener Abgeordneter, und Sie werden mir zugeben, daß mit der von Ihnen gestellten Frage Sachverhalte verbunden sind, die einer eingehenden Prüfung auch unter finanziellen Gesichtspunkten bedürfen.
Präsident von Hassel: Letzte Zusatzfrage, der Abgeordnete Maucher.
Herr Staatssekretär, sind Sie darüber hinaus bereit, nachdem großenteils die verstorbenen Männer der Kriegerwitwen in nächster Zeit das 65. Lebensjahr vollendet hätten, dafür einzutreten, daß wir auf diesem Gebiet, um soziale Härten zu vermeiden, wenigstens den Besitzstand wahren?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ich darf Sie darauf hinweisen, daß wir in unserem Hause bereits damit beschäftigt sind, eine gründliche Untersuchung und Bestandsaufnahme der Probleme durchzuführen, die sich insonderheit aus dem zunehmenden Alter der Kriegsbeschädigten und der Kriegshinterbliebenen ergeben. Dabei haben wir sowohl soziale als auch menschliche Probleme vor uns. Wir werden in diese Bestandsaufnahme auch das Gespräch mit den Kriegsopferorganisationen selbst einbeziehen, um ihre Erfahrungen für Weiterentwicklungen auf diesem Felde zu nutzen.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Klepsch.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, mir zu sagen, wo Sie in den Fragen des Kollegen Maucher den Ausgangspunkt für die ellenlangen Ausführungen, die Sie als Leistungsbericht der Bundesregierung hier vorgetragen haben, finden?
({0})
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, wenn ich einen Leistungsbericht der Bundesregierung über die sozialpolitische Aktivität des ersten Regierungsjahres gäbe, würde der viel länger ausfallen als meine Mitteilungen zu der heutigen Frage.
({1})
Im übrigen darf ich Sie darauf hinweisen, daß Herr Kollege Maucher nach der Regierungserklärung und ihrer Verwirklichung gefragt hat. Das war eine konkrete Frage, auf die ich eine konkrete Antwort gegeben habe.
({2})
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzsatzfrage, der Abgeordnete Dr. Klepsch.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, mir einzuräumen, daß das, was Sie eben gesagt haben, von den Fragen 28 und 29 nicht gedeckt ist und daß Sie es mit mir bedauern, wenn die Fragestunde in dieser Weise zu unkonkreten Aussagen benutzt wird?
({0})
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Nein, Herr Kollege, dazu bin ich nicht bereit. Was auf Grund Ihres Interesses konkretisiert werden sollte, kann durch Zusatzfragen hier deutlich gemacht werden. Seien Sie sicher, daß ich dafür Antworten parat habe.
({1})
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, warum Sie - wenn ich das richtig sehe auf den Kern der Frage 29 des Abgeordneten Maucher nicht eingegangen sind, der die Nachteile für die Rentner durch die fortschreitende Teuerung hervorhebt. Sieht die Bundesregierung diese Nachteile nicht, oder warum haben Sie darauf nicht geantwortet?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen - das gehörte auch zum Kern der Frage -, daß wir im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung die Fragen des Kriegsopferrechts und seiner weiteren Ausgestaltung prüfen werden. Soweit es die Frage der Preisentwicklung und der Anpassungsmodalität angeht, habe ich unter Hinweis auf die Entwicklung in der Rentenversicherung, wie sie nach den bisherigen Erfahrungen zu beurteilen ist, deutlich gemacht, daß sich eine Anpassung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung für die Rentenbezieher positiv auswirkt. Herr Kollege, das darf ich zur Sache wirklich nüchtern feststellen: Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Beratung des Anpassungsgesetzes am Anfang dieses Jahres war die Erkenntnis, daß sich die Anpassung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung für die Betroffenen günstiger auswirkt als die Bezugnahme auf Preisindizes. Das habe ich hier deutlich zu machen versucht.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Josten.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Meinung der Kriegsopferverbände, daß die Erhöhungen der Renten, wie sie bis heute beschlossen wurden, infolge der allgemeinen Preissteigerungen unzureichend sind?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ich will jetzt nicht in einer buchhalterischen Art und Weise von der durchschnittlichen Preisentwicklung des Jahres 1970 ausgehen und diese zu dem darüber liegenden Anpassungssatz für das Jahr 1971 sowie zu der Leistungsverbesserung im Jahre
Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
1970 in Beziehung setzen. Ich will hier auch keine konjunkturpolitische Debatte mit dem Blick auf die konjunkturpolitischen Tendenzen im Jahre 1971 in Gang bringen. Ich habe versucht, deutlich zu machen, was das Prinzip der Dynamisierung der Kriegsopferrenten für die wirkliche Lage der Kriegsopfer bedeutet.
({0})
Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 30 des Herrn Abgeordneten Varelmann auf:
Sieht die Bundesregierung nicht eine Schädigung der Rentenversicherungsträger durch Bund, Länder und Gemeinden darin, daß die Nachentrichtung von Beiträgen für die infolge disziplinarischer Maßnahmen ausgeschiedenen Beamten erst beim Eintritt des Versicherungsfalles erfolgt?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege Varelmann, ein infolge disziplinarischer Maßnahmen ausgeschiedener Beamten wird nicht immer erst zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles nachversichert. Die Nachentrichtung der Beiträge wird lediglich in den Fällen aufgeschoben, in denen ein Unterhaltsbeitrag gewährt wird. Das erscheint auch sinnvoll, da eine Beitragsleistung zu den gesetzlichen Rentenversicherungen nur dann durchgeführt werden soll, wenn feststeht, daß die Versorgung des ehemaligen Beamten oder seiner Angehörigen auch von der Rentenversicherung übernommen werden muß.
Aus diesem Grunde wird kein Beitrag gezahlt, wenn der ehemalige Beamte vor Beendigung der Zahlung des Unterhaltsbeitrages ohne Angehörige verstorben ist und deshalb eine Übernahme der Versorgung durch die Rentenversicherung nicht in Betracht kommt.
Eine Schädigung der Rentenversicherungsträger kann darin nicht gesehen werden, weil sie in diesen Fällen zu keiner Zeit ein Risiko getragen haben und für die Zukunft zur Leistung auch nicht herangezogen werden.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Varelmann.
Herr Staatssekretär, steht die derzeitige Regelung nicht in einem gewissen Widerspruch mit dem Grundgesetz, weil eine unterschiedliche Behandlung der Versicherten vorliegt?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, ob diese Regelung in Widerspruch zum Grundgesetz steht, lasse ich einmal dahingestellt. Ich möchte Ihnen aber sagen, daß es im Zusammenhang mit der Nachversicherung auf Grund mancher Erfahrungen in den letzten Jahren Fragen gibt, die nach meiner Auffassung einer eingehender Prüfung bedürfen. Da dabei sowohl das Besoldungsals auch das Sozialrecht berührt werden, werden Sie sicherlich Verständnis dafür haben, daß ich
mich vor Abschluß einer solchen Prüfung von Möglichkeiten, die anders sind als heutige Regelungen, nicht äußern kann.
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, Herr Varelmann.
Herr Staatssekretär, welche Auswirkungen würden eintreten, wenn solche Bestimmungen für alle Versicherten der Rentenversicherung gelten würden? Würde dadurch die Rentenversicherung nicht in eine erhebliche Krise geraten?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Das ist aus dem, was ich vor allem in meiner einleitenden Antwort auf Ihre Hauptfrage gesagt habe, nicht in der Form abzuleiten, wie Sie das hier tun. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß in dem von Ihnen genannten Fall ja keine Leistungspflicht der Sozialversicherung eingetreten ist.
Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Varelmann auf:
Nachdem der Beitrag in dem vorgenannten Fall nicht gezahlt wird, wenn durch vorzeitigen Tod ein Rentenanspruch entfällt, frage ich, ob dieser Zustand nicht im krassen Gegensatz zu allen sonstigen in der Sozialversicherung geltenden Grundsätzen steht.
Ist diese Frage durch die Beantwortung Ihrer vorigen Frage erledigt?
Ja.
Präsident von Hassel: Dann rufe ich die Frage 32 der Abgeordneten Frau Lauterbach auf:
Liegt der Bundesregierung bereits ein Ergebnis der von der Sachverständigenkommission durchgeführten Untersuchung über die Sicherstellung der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung insbesondere der Landbevölkerung vor, und was haben die zum gleichen Thema geführten Gespräche mit den zuständigen Referenten der Arbeitsminister der Länder ergeben?
Bitte schön, zur Beantwortung.
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Sehr verehrte Frau Kollegin, die Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der sozialen Krankenversicherung hat nach ihrer Bildung einen Ausschuß für Fragen der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung eingesetzt. Der Ausschuß hat sich bisher in mehreren Sitzungen insbesondere mit dem von Ihnen angesprochenen Problemkreis befaßt. Die Beratungen sind noch nicht abgeschlossen, weil noch weiterführende Untersuchungen erarbeitet werden müssen. Ich rechne damit, daß mir im Frühjahr 1971 ein Zwischenergebnis vorliegen wird.
In der von Ihnen erwähnten Besprechung mit den Referenten der Arbeitsminister und Senatoren für Arbeit der Länder wurden insbesondere die Maßnahmen erörtert, die einzelne Kassenärztliche Vereinigungen, denen nach dem Gesetz die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung der Bevölkerung übertragen ist, zur Verbesserung der Situation eingeleitet oder in Aussicht genommen haben. Auch
Parlamentarischer Staatssekretär Rohde
unter den Länderreferenten, Frau Kollegin, bestand die Auffassung, daß die Beratungen der Sachverständigenkommission für die weiteren Überlegungen einen wichtigen Beitrag liefern werden und daher insbesondere die Empfehlungen der Sachverständigen abgewartet werden sollten.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Lauterbach.
Herr Staatssekretär, zu welchen Erkenntnissen und Maßnahmen sind denn die betreffenden Länderreferenten gekommen?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Ich habe in meiner Antwort darauf hingewiesen, daß die Länderreferenten die Frage im einzelnen auf der Grundlage der Möglichkeiten des heutigen Kassenarztrechtes erörtert haben. Ich möchte aber noch einmal unterstreichen, daß meines Erachtens, so wie die Dinge liegen, für die Weiterentwicklung auf diesem Felde insbesondere die Beratungen der Sachverständigenkommission ergiebig sein werden, weil dort, Frau Kollegin, sowohl die Vertreter der Krankenversicherung als auch der Ärzte und der Wissenschaft an einem Tisch sitzen, um konstruktive Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten.
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Lauterbach.
Herr Staatssekretär, in welchem Ausmaß haben die vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Rahmen der Finanziernugshilfen für freie Berufe geänderten Zinsverbilligungsrichtlinien zu einer verstärkten Gründung von ärztlichen Praxen auf dem Lande beigetragen?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, daß wir mit diesen Hilfen, die wir aus dem Bundeshaushalt über unser Haus geben, dazu beitragen wollen, den von Ihnen genannten Schwierigkeiten besser zu begegnen. Der Zeitraum ist aber so kurz, daß ich jetzt noch kein abschließendes Urteil über die praktischen Auswirkungen abgeben kann. Wir wissen aber aus Einzelfällen, daß sich diese Leistungen günstig in der von Ihnen genannten Richtung auswirken.
Präsident von Hassel: Keine Zusatzfragen.
Die Frage 33 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Wir sind damit am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen für die Beantwortung.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zunächst rufe ich die Frage 45 des Abgeordneten Müller ({0}) auf:
Welche Erfahrungen sind bis jetzt mit dem vom Deutschen Bundestag am 19. Juni 1970 beschlossenen Gesetz zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes gesammelt worden?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dorn, bitte!
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Müller, das von Ihnen zitierte Gesetz zur Änderung des Reichs-und Staatsangehörigkeitsgesetzes, das die erleichterte Einbürgerung von Ausländern, die mit einem deutschen Ehegatten verheiratet sind, regelt, ist am 1. Januar 1970 in Kraft getreten. Bereits vor seinem Inkrafttreten haben die obersten Landesbehörden im Benehmen mit meinem Hause organisatorische Vorkehrungen dafür getroffen, daß Einbürgerungsanträge, die auf dieses Gesetz gestützt werden, zügig bearbeitet werden. Die Beamten wurden dementsprechend instruiert, es wurden neue Vordrucke geschaffen, und der Arbeitsablauf wurde gegenüber Einbürgerungsfällen anderer Art erheblich vereinfacht.
Einbürgerungsanträge nach § 9 werden vorrangig bearbeitet. Soweit in Einzelfällen vermeidbare Verzögerungen eingetreten sind, wird zu bedenken sein, daß bei Gesetzesänderungen gewisse Übergangsschwierigkeiten nicht völlig ausgeschlossen werden können. Erfahrungen hinsichtlich der Anzahl der Fälle können erst mitgeteilt werden, wenn das erste Jahr seit Inkrafttreten des Gesetzes zu Ende ist und die Einbürgerungsstatistik vorliegt.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Müller ({1}).
Kann ich davon ausgehen, Herr Staatssekretär, daß Sie in Ihren Ausführungen lediglich auf die entsprechenden Maßnahmen in Ihrem Hause, im Bundesinnenministerium, Bezug genommen haben?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ja, davon können Sie ausgehen.
Präsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage, Ich rufe die Frage 46 des Abgeordneten Müller ({0}) auf:
Kann die Bundesregierung die Klagen vieler Betroffener bestätigen, daß die ausführenden Behörden im Gegensatz zu dem vom Deutschen Bundestag einstimmig verabschiedeten Entschließungsantrag in der Regel immer noch mehr als fünf Jahre Einleben in der Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung für die Einbürgerung ansehen?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Müller, in den Erörterungen meines Hauses mit den Innenministerien der Ländern ist festgelegt worden, daß in der Regel ein Inlandsaufenthalt von nicht mehr als fünf Jahren für das Einleben in Deutschland als ausreichend angesehen werden soll. Darüber hinaus soll für Einbürgerungsbewerber aus deutschsprachigen Ländern in der Regel ein Inlandsaufenthalt von zwei
Parlamentarischer Staatssekretär Dorn
Jahren genügen. Die Bundesregierung kann auf Grund ihrer Erfahrungen die von Ihnen erwähnten Klagen vieler Betroffener nicht bestätigen. Soweit im Einzelfall eine Beschwerde begründet ist, wird mein Haus darauf hinwirken, daß die ausführenden Landesbehörden nach den hier dargelegten Grundsätzen verfahren.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller ({1}).
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihren letzten Bemerkungen schließen, daß Ihr Haus bereit ist, die ausführenden Behörden, gegen die sich im wesentlichen die Kritik der Betroffenen richtet, zu bitten, gemäß der Entschließung dieses Hohen Hauses zu verfahren, um die Abkürzung des Verfahrens zu erreichen?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ja, damit können Sie rechnen. Ich bin auch gern bereit, mit dem Bundesinneninmister noch einmal darüber zu sprechen, ob nicht in der nächsten Innenministerkonferenz diese Frage noch einmal mit den Ländern erörtert werden kann.
Präsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 47 des Abgeordneten Storm auf:
Ist die Bundesregierung bereit, dem nachstehenden Vorschlag zu folgen, nämlich eine zentrale deutsche Kinemathek aufzubauen mit dem Ziel, historisches, gegenwärtiges und zukünftiges Filmmaterial zu sichern, und um der gegenwärtigen Zersplitterung im Filmarchivwesen - z. B. Bundesarchiv, Gesamtdeutsches Institut, Stadtarchiv, Privatarchiv - entgegenzuwirken und die daraus erwachsenden Nachteile für die Zukunft zu vermeiden?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Storm, der Vorschlag, eine zentrale deutsche Kinemathek aufzubauen, trifft mit Bestrebungen des Bundesministeriums des Innern zusammen, eine zentrale Archivierung von Filmmaterial zu erreichen. Gegenwärtig wird geprüft, ob der Bund eine entsprechende Kompetenz für ,die zentrale Archivierung von Filmmaterial besitzt.
In gleichem Sinne habe ich mich bereits am 11. November 1970 auf die schriftliche Frage des Herrn Kollegen Zebisch geäußert.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Storm.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß als Träger für eine derartige zentrale deutsche Kinemathek eine Stiftung zu schaffen wäre, an der Bund, Länder, Rundfunkanstalten und sonstige Institutionen beteiligt sein könnten?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Über die Frage, wer Träger einer solchen Einrichtung sein wird, Herr Kollege Storm, wenn wir erst einmal dazu kommen, die Einrichtung zu schaffen, wird man durchaus reden
können. Nur werden Sie verstehen, daß die Interessenlagen von Bund und Ländern, aber auch der Rundfunkanstalten hier zum Teil doch sehr unterschiedlich sind.
Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Storm.
Herr Staatssekretär, sind Sie auch der Meinung, daß man 'die Gelder, die man jetzt den verschiedenen Instituten zur Verfügung stellt, dann für ein Zentralinstitut zur Verfügung stellen könnte?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Es ist unsere Vorstellung, wenn ein Zentralinstitut errichtet werden kann, alle für diesen Zweck vorgesehenen Gelder dann auch für dieses Zentralinstitut mit zur Verfügung zu stellen.
Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 48 des Abgeordneten Storm auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung heute, eine systematische Erfassung der im Ausland - besonders in den USA, Frankreich, England und der UdSSR - befindlichen Filmmaterialien durchzuführen und die nach dem 2, Weltkrieg beschlagnahmten deutschen Filmdokumente in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen, um sie deutschen Stellen zugänglich zu machen?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Storm, seit dem Jahre 1968 besteht zwischen dem Bundesarchiv in Koblenz und der Library of Congress ein Vertragsverhältnis über die Rückführung von Dokumentarfilmen und Wochenschauen. Die Rückführung in diesen Bereich ist bis jetzt zu ungefähr zwei Dritteln abgeschlossen.
Am 27. Mai 1969 konnte darüber hinaus zwischen der angeführten Organisation und der FriedrichWilhelm-Murnau-Stiftung ein Vertrag über die Rückführung von deutschen Spielfilmen abgeschlossen werden. Zur Zeit laufen entsprechende Verhandlungen über die Einbeziehung des Bundes in dieses Vertragsverhältnis. Diese Verhandlungen waren mit einer Sichtung der Bestände in den USA - zirka 600 Spielfilme - verbunden.
Mit Großbritannien wurden in diesem Jahr positive Vorgespräche über die Rückführung deutscher Filmdokumente geführt. Die dort vorhandenen Filmdokumente decken sich jedoch weitgehend mit denen, die in den USA bereits vorhanden sind und in den Beständen festgestellt wurden.
Frankreich besitzt nach den Feststellungen des Bundesarchivs keine wesentlichen deutschen Filmdokumente.
Die UdSSR hat, wie eine Informationsreise von Vertretern des Bundesarchivs gezeigt hat, nur wenige deutsche Filmdokumente, die für die Bundesrepublik Deutschland von Interesse sind. Verhandlungen mit den zuständigen russischen Stellen über eine Rückführung dieser Dokumente konnten bislang nicht aufgenommen werden. Ein Weg bietet sich möglicherweise über die Fédération Internationale des Archives du Film an.
Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Storm.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob auch Verhandlungen mit der DDR geplant oder schon im Gange sind, die diesen Punkt betreffen?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Bisher nicht, Herr Kollege Storm.
Präsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage. Wir sind am Ende der Fragestunde angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 13 des Petitionsausschusses ({0}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
- Drucksache VI/1455 Der Ältestenrat hat sich dahin verständigt, daß dazu Erklärungen abgegeben werden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brandt ({1}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meistens stellt sich erst hinterher heraus. wie gut oder wie schlecht ein Gesetz ist, dann nämlich, wenn seine Auswirkungen an den konkret betroffenen Menschen geprüft werden können. Mit belastenden Auswirkungen hat es der Petitionsausschuß nicht selten zu tun. In besonders wichtigen Fällen wird der Bundesregierung eine Petition zur Berücksichtigung überwiesen in der Erwartung, daß sie dann auch Berücksichtigung findet.
Die Ihnen hier vorliegende Sammelübersicht 13 des Petitionsausschusses enthält unter einer dürren Geschäftsnummer einen solchen Fall, der es meiner Ansicht nach verdient, nicht nur im Arkanum des Ausschusses, sondern vor diesem Hause auch in der Öffentlichkeit vorgetragen zu werden, wobei wir den „Fall" wieder in das verwandeln wollen, was er ist, nämlich in ein Schicksal, in das Schicksal von Menschen, das geprägt wird von unseren Gesetzen oder, besser gesagt, von der Auswirkung, von der Anwendung eines Gesetzes, hier in diesem Fall des Ausländergesetzes.
Hier geht es um einen iranischen Staatsbürger, der 1962 in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist. Er hat hier eine kaufmännische Lehre durchlaufen und seine Kaufmannsgehilfenprüfung bestanden. Er ist heute Teppichkaufmann, u. a. Generalvertreter einer persischen Firma hier in der Bundesrepublik. 1965 hat dieser Mann eine Deutsche geheiratet. Die Eheleute haben mittlerweile eine vierjährige Tochter.
Im November vorigen Jahres hat das zuständige Kreisordnungsamt die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt und die Ausweisung angeordnet. Nur mit Mühe konnte die Vollstreckung abgewendet werden. Dabei sind allerhand Gründe vorgebracht worden. Es wurde z. B. gesagt, die Mutter der Ehefrau sei krank und bedürfe der Pflege der Tochter und das Ehepaar habe noch Verpflichtungen finanzieller Art. Beispielsweise wurde auch darauf hingewiesen, daß der Kultusminister des dortigen Landes erklärt habe, es herrsche ein erheblicher Lehrermangel; schließlich sei die Frau dieses Ausländers nun einmal Lehrerin. Aber die Wirkung dieser vorgebrachten Gründe war ungefähr der gleichzusetzen, als wollte man einem Ochsen ins Horn petzen.
Letzten Endes half die Immatrikulation an einer Textilfachschule. Man fand sich nun großzügig bereit, zu diesem Zweck die Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern. Der Betroffene soll sich noch ein bißchen weiterbilden, damit er, wie es so schön heißt, „seiner Ehefrau nach der Verlegung des ehelichen Wohnsitzes in den Heimatstaat des Antragsstellers günstigere Lebensbedingungen bieten kann". - So einfach ist das, meine Damen und Herren!
Aber darum geht es doch wohl nicht, sondern hier geht man - diese Erfahrung habe ich, seitdem ich mich mit diesem Problem beschäftige, mehrfach gemacht - weit am Kernproblem vorbei. Es ist völlig egal, ob sich jetzt noch jemand fortbildet, ob wir Lehrerinnen brauchen, ob eine Mutter gepflegt werden muß oder was auch immer; das ist accessoire, das ist nur hinzukommend, das im Einzelfall von Bedeutung sein kann, das aber für die Beurteilung des Gesamtproblems ohne jede Bedeutung ist.
Hier geht es darum, ob wir es hinnehmen wollen, daß mit dem ausländischen Ehemann auch die deutsche Ehefrau und obendrein das hier geborene, hier aufwachsende oder aufgewachsene Kind ausgewiesen werden.
Es ist, wie ich meine, keine zulässige Alternative, den deutschen Ehegatten - in der Regel ist es die Ehefrau - wählen zu lassen, entweder die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen oder aber die eheliche Lebensgemeinschaft aufzugeben, wobei sich darüber hinaus auch noch Konsequenzen für das Kind oder die Kinder ergeben, die ja nach unserem Staatsangehörigkeitsgesetz die Staatsbürgerschaft des Vaters haben. Da muß man sich doch einmal fragen: Wie halten wir es denn nun mit Art. 6 unseres Grundgesetzes, nach dem Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, wenn wir bereit zu sein scheinen, die Auflösung der Ehe behördlicherseits zu erzwingen? Oder wie halten wir es denn nun mit der Gleichberechtigung der Frau, wenn wir sie zwingen wollen, ihr Heimatland zu verlassen und dem Mann zu folgen - auch dorthin, wohin er selber gar nicht will, beispielsweise in Lebensverhältnisse, die es der Frau unmöglich machen, ihren Beruf auszuüben? Und wie halten wir es denn eigentlich mit der Frage, was dort in diesem Land geschieht? Wir haben ja gerade aus der jüngsten Vergangenheit das Beispiel, daß ein Student auch dieses Landes, als er in sein Heimatland einreiste, dort verhaftet
Brandt ({0})
worden ist. Bis zur Stunde wissen wir nicht, was mit ihm geschehen ist, und seine befreundeten Landsleute in der Bundesrepublik - in diesem Falle in der Stadt Mainz - befinden sich seit Tagen in einem Hungerstreik.
Das, meine Damen und Herren, ist so nicht in Ordnung. Gründe wie auch immer verstandener Staatsraison dürfen weder dem Buchstaben noch dem Geist unserer Verfassungsordnung zuwiderlaufen.
Wenn dabei mitunter Gesichtspunkte der Entwicklungshilfe mit ins Feld geführt werden, darf ich doch vielleicht einmal darauf hinweisen, daß es nicht in jedem Falle richtig ist, sich darauf zu verlassen. Denn es handelt sich beispielsweise in diesem Falle um einen Teppichkaufmann, und ich frage mich, ob er seinem Lande nicht besser dienen kann, wenn er die Produkte seines Landes bei uns verkauft, als wenn er versuchen soll, sie im eigenen Lande unterzubringen.
So ganz ernst scheint es die entsprechende Behörde ja auch nicht zu meinen, wenn von ihr darauf hingewiesen wird, der Mann könne ja etwa nach Kanada auswandern; da lege ihm niemand einen Stein in den Weg.
Meine Damen und Herren! Der schleswig-holsteinische Eingabenausschuß hat deshalb recht, wenn er in seiner Eingabe an uns die Bitte richtet, zu prüfen, ob diese Petition nicht Anlaß zu einer Änderung der bestehenden ausländerrechtlichen Vorschriften bietet.
({1})
Deshalb ist der Petitionsausschuß auch einmütig zu dem Ergebnis gekommen, diese Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Und wenn schon eine Änderung des Ausländergesetzes in diesem Punkte nicht vorgenommen werden soll dieser Meinung würde ich sogar beipflichten, weil ich meine, wir müssen uns dieses Ausländergesetz einmal insgesamt und nicht nur an diesem Punkt vornehmen -, dann sollte wenigstens die entsprechende Verwaltungsvorschrift dahingehend geändert werden, daß die mit einem deutschen Ehegatten verheirateten Ausländer künftig unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung einer unbeschränkten und unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis haben. Das hat insbesondere dann zu gelten, wenn ein oder mehrere Kinder vorhanden sind.
Das etwa ist der Inhalt des Ausschußbeschlusses, und ich habe diese Sache für wert gehalten, hier vorgetragen zu werden, weil wir uns in der Tat überlegen müssen, ob das, was draußen so passiert - und das ist kein Einzelfall -, wirklich richtig ist und ob wir tatsächlich die Rechte des deutschen Ehegatten noch voll im Blick haben, wenn eine Ausweisung verfügt werden soll, die diesen deutschen Ehegatten mit trifft. Hier helfen auch juristische Ausflüchte nicht, es sei ja gar nicht die Ehefrau, die hier ausgewiesen werde, sondern es sei der ausländische Ehemann, aber die Frau habe ihm dann wohl, wenn sie ihre Ehe aufrechterhalten wolle, zu folgen.
Meine Damen und Herren, das geht so nicht. Um dies darzulegen, habe ich diesen Fall hier vorgetragen, und ich bitte Sie, sich selber auch einmal darüber Gedanken zu machen.
({2})
Präsident von Hassel: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen dann zur Beschlußfassung über die Vorlage des Petitionsausschusses. Wer ihr zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ({3})
- Drucksache VI/460
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({4})
- Drucksache VI/ 1512 Berichterstatter: Abgeordneter Dürr
Abgeordneter Pohlmann
({5})
Ich danke den Herren Berichterstattern. Ich frage, ob die Berichterstatter noch das Wort wünschen. - Zur Ergänzung der Schriftlichen Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dürr das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie zunächst bitten, in der Drucksache VI/1512 einen Druckfehler zu berichtigen. Auf Seite 1 unter II muß es in der achten und neunten Zeile von unten heißen „rechtmäßige Justizakte"; in der Drucksache ist ausgedruckt „rechtskräftige Justizakte".
Der dem Hohen Hause vorliegende Gesetzentwurf behandelt eine Rechtsmaterie, die bisher im Gesetz über die Entschädigung im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochener Personen aus dem Jahre 1898 und im Gesetz über die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft von 1904 geregelt war. Danach mußte Entschädigung bisher nur dann gewährt werden, wenn das Strafverfahren die Unschuld des Angeklagten voll erwiesen oder zumindest ergeben hatte, daß kein begründeter Verdacht mehr gegen ihn vorlag. Bei Freispruch mangels Beweises gab es keine Entschädigung. Diese sogenannte Unschuldsklausel wird nun im Entschädigungsrecht genauso beseitigt wie im Kostenrecht, wo sich die Erstattung von notwendigen Auslagen des Angeklagten aus der Staatskasse bis zum Jahre 1968 nach derselben Unschuldsklausel gerichtet hatte. Das ist die wichtigste Neuerung, die dieses Gesetz bringt.
Nach diesem Gesetz werden nicht nur die Folgen einer Freiheitsentziehung entschädigungsfähig, sondern auch die Folgen einschneidender anderer
Strafverfolgungsmaßnahmen wie etwa Beschlagnahme, Durchsuchung oder vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Außerdem ist die bisher geltende Höchstgrenze für Entschädigungen beseitigt worden.
Bisher wurde bei Freiheitsentziehungen nur der materielle Schaden ersetzt. Unser bürgerliches Recht sieht für Schäden, die nicht Vermögensschäden sind, nur dann ein Schmerzensgeld vor, wenn der Schaden durch eine rechtswidrige Handlung verursacht wurde. Untersuchungs- oder Strafhaft sind aber auch dann rechtmäßige und nicht rechtswidrige Strafverfolgungsmaßnahmen, wenn sie sich nachträglich als nicht gerechtfertigt herausstellen. Das war der rechtsdogmatische Grund, weshalb das bisherige Recht eine dem Schmerzensgeld ähnliche Entschädigung nicht vorsah.
Davon weicht 'dieses Gesetz aus Gründen der Gerechtigkeit ab. Es sieht im Fall der Freiheitsentziehung für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine Pauschalentschädigung von 10 DM je Tag der Freiheitsentziehung vor. Dabei war sich der Rechtsausschuß darüber im klaren, daß eine pauschale Zahlung nie die denkbar gerechteste Lösung sein kann. Nicht gerechtfertigte Freiheitsentziehung trifft alle schwer, je nach den Umständen besonders schwer. Weil aber die Umstände des Einzelfalls gerade beim immateriellen Schaden kaum meßbar und vom Richter kaum gerecht zu entscheiden sind, hat man es beim Regierungsvorschlag mit seiner Pauschalentschädigung belassen.
Das Gesetz enthält Sachverhalte, die eine Entschädigung zur Folge haben, und solche, bei denen eine Entschädigung gewährt wird, wenn dies der Billigkeit entspricht. Entschädigung muß gewährt werden, wenn eine Verurteilung im Wiederaufnahmeverfahren wegfällt oder gemindert wird oder wenn jemand in einem Strafverfahren freigesprochen, außer Verfolgung gesetzt oder wenn das Verfahren gegen ihn eingestellt wird. Wird aber das Verfahren lediglich wegen geringer Schuld des Angeklagten eingestellt, ist eine angemessene Entschädigung nur dann zu gewähren, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe abgesehen hat oder wenn die Rechtsfolgen einer strafgerichtlichen Verurteilung geringer sind als die Strafverfolgungsmaßnahmen.
Für den letzteren Fall hatte der Regierungsentwurf eine Entschädigungspflicht vorgesehen. Daraus hat der Rechtsausschuß eine Entschädigung nach Billigkeit gemacht. Das erscheint berechtigt; denn er gibt vielerlei Fälle, in denen die Urteilsfolge geringer ist als die Strafverfolgungsmaßnahme. So ist z. B. nach unserem Recht ein Tag Untersuchungshaft schwerer als 10 000 DM Geldstrafe, auch wenn der Angeklagte das anders empfinden mag. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, daß im Falle einer Entschädigungspflicht für überschießende Strafverfolgungsmaßnahmen mancher Richter ein wenig in Versuchung geraten kann, die im Urteil auszusprechende Strafe der Strafverfolgungsmaßnahme insbesondere der Dauer der Untersuchungshaft anzugleichen. Es steht außer Zweifel, daß jedes so hingezirkelte Urteil das Vertrauen in die
Rechtspflege erschüttern kann. Hier soll die Entschädigung nach Billigkeit den Spielraum für die dem Einzelfall angemessene Entschädigungsregelung schaffen.
Die Entschädigung soll ausgeschlossen sein, wenn der Betroffene die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht hat. Das gilt für falsche Selbstbezichtigung wie für den Fall, daß sich jemand nach einem Verkehrsunfall an das Steuer eines Fahrzeugs setzt und dadurch beim Polizisten den Eindruck erweckt, er sei vor dem Unfall gefahren.
Ausdrücklich klargestellt wurde in diesem Zusammenhang, daß niemand ein Nachteil daraus entstehen darf, daß er von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daraus, daß er kein Rechtsmittel eingelegt hat.
Mit Mehrheit hat sich der Ausschuß für eine Bagatellgrenze entschieden: Entschädigung für Vermögensschäden wird nur dann gewährt, wenn der nachgewiesene Schaden den Betrag von 50 DM übersteigt. Der Ausschuß hat sich ferner dafür entschieden, daß nach Feststellung der Entschädigungspflicht der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens abtretbar sein soll.
In Petitionen ist verschiedentlich gefordert worden, der Bundestag sollte die neue Regelung rückwirkend in Kraft setzen. Dem Vorschlag ist der Ausschuß nicht gefolgt, weil man bei jedem Stichtag den Vorwurf der willkürlichen Festsetzung erheben könnte. Der Rechtsausschuß hält aber ein baldiges Inkrafttreten dieses Gesetzes für erforderlich, obwohl er sich darüber klar war, daß damit von der Justizverwaltung viel Arbeit binnen kurzer Zeit bewältigt werden muß.
Meine Damen und Herren, die Gesetze von 1898 und 1904 waren für ihre Zeit höchst fortschrittlich. Sie halten auch jetzt noch den Vergleich mit der Regelung in manchen anderen Ländern aus. Trotzdem war es dringend erforderlich, dieses Rechtsgebiet dem im freiheitlichen und sozialen Rechtsstaat geänderten Verhältnis des Staatsbürgers gegenüber der staatlichen Ordnung anzugleichen. Dabei hat der Regierungsentwurf gesetzgeberisches Neuland betreten. Die schwierige Problematik der staatlichen Entschädigung für rechtmäßige Akte der Strafjustiz wird in einer Weise gelöst, die den Postulaten der Rechtsstaatlichkeit möglichst nahekommt.
Dieses Gesetz braucht den Vergleich mit fortschrittlichen Regelungen in anderen Staaten nicht zu scheuen. Es ist erfreulich, daß die Grundentscheidungen im Ausschuß mit den Stimmen aller Fraktionen getroffen worden sind.
({0})
Präsident von Hassel: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für die Ergänzung des Berichts.
Wir treten in die allgemeine Aussprache der zweiten Beratung ein. Ich mache darauf aufmerk-
Präsident von Hassel
sam, daß die Anträge Umdrucke 93 * und 94 **) später begründet werden, und zwar dort, wo sie einzuordnen sind. - Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht; ich schließe sie.
Wir kommen zur Einzelabstimmung in zweiter Beratung. Ich bitte Sie, Drucksache VI/ 1512 zur Hand zu nehmen. Ich rufe §§ 1, 2, 3, 3 a und 4 auf. - Wer diesen Bestimmungen seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Diese Bestimmungen sind einstimmig angenommen.
Ich rufe nunmehr § 4 a auf. Dazu liegt der Antrag Umdruck 93 vor. Zur Begründung hat der Abgeordnete Dichgans das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die geltenden Vorschriften reichen nicht, das ist die übereinstimmende Meinung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses. Wir müssen uns jedoch die Frage vorlegen, ob die Ausschußfassung, die uns hier vorliegt, nicht in einigen Punkten über das Ziel hinausschießt. Gewiß, das Gesetz enthält einige Tatbestände, die die Entschädigung ausschließen, u. a. die Vorschrift des § 4 Abs. 2, daß derjenige, der die Strafverfolgung grobfahrlässig selbst veranlaßt, keine Entschädigung bekommt. Aber diese Ausschlußfälle sind rein kasuistisch geregelt. Wir stellen uns die Frage, ob diese Kasuistik den Notwendigkeiten der Praxis gerecht wird. Die CDU/CSU verneint diese Frage, ebenso wie einige der beteiligten Landesregierungen. Wir sind vielmehr der Meinung, daß eine negative Generalklausel notwendig ist, welche die Möglichkeit von Billigkeitserwägungen einführt.
Für diese Notwendigkeit möchte ich Ihnen zwei Beispiele anführen. Nehmen Sie an, ein Kraftfahrer, routinemäßig angehalten, bewirkt bei dem üblichen Blasversuch eine bedenkliche Verfärbung. Es wird eine Blutentnahme angeordnet und, da er offenbar erheblich Alkohol getrunken hat, auch der Führerschein vorläufig eingezogen. Zwei Wochen später kommt das Attest des Krankenhauses. Es ergibt sich, daß der Alkoholgehalt bei 1,2 Promille lag. Daraufhin wird das Verfahren eingestellt oder auch der Angeklagte wegen erwiesener Unschuld freigesprochen. Soll er gleichwohl eine Entschädigung erhalten? Im Rechtsausschuß haben die Experten des Justizministers, deren Rechtskenntnis ich immer wieder sehr bewundere, uns die Auskunft erteilt, daß das ein Fall des § 4 Abs. 2 sei, das grobfahrlässige Veranlassen der Strafverfolgung. Ich habe schon im Ausschuß Zweifel daran geäußert und gefragt, ob nicht ausnahmsweise diese Rechtsauskunft unzutreffend sein könnte. Ich habe mich daraufhin auch mit einer Reihe von Amtsrichtern unterhalten, die meine Zweifel teilen. 1,2 Promille bedeuten nach der gegenwärtigen Handhabung, ob sie nun richtig oder falsch ist, erwiesene Unschuld, und es ist die Frage, ob jemand, der erwiesenermaßen unschuldig ist, sich gleichwohl fahrlässig eine Strafverfolgung zugezogen haben kann. Ich glaube nicht, daß die Gerichte hier der Auffassung des Justiz-
*) Siehe Anlage 5 **) Siehe Anlage 6 ministeriums folgen werden. Ich habe zumindest Zweifel und bin der Meinung, wir sollten diesen Fall deutlicher regeln.
Der zweite Fall ist folgender. Ein Demonstrant, von Beruf Rechtsanwalt, wird in einer heißen Demonstration mit Steinen in der Tasche angetroffen. Ob er geworfen hat, läßt sich bei widersprechenden Zeugenaussagen späterhin nicht mehr feststellen. Er wird deshalb freigesprochen. Er ist aber zeitweise sistiert worden und gibt nun an, er habe auf diese Weise einen wichtigen Termin versäumen müssen und erheblichen- Vermögensschaden erlitten. Halten Sie es für vernünftig, daß in solchem Falle aus Ihren und meinen Steuermitteln eine Entschädigung gezahlt wird? Ich könnte weitere Fälle bilden, will das aber nicht tun.
Wir sind der Meinung, daß man hier eine generelle Klausel einfügen sollte, die den folgenden Wortlaut haben soll:
Die Entschädigung kann ferner versagt werden, wenn ihre Gewährung angesichts der besonderen Umstände des Falles offensichtlich unbillig ist.
Das heißt, die Entschädigung soll - ganz im Sinne des Gesetzentwurfs - die Regel bleiben, aber es soll in Sonderfällen eine Ausnahme möglich sein.
Dagen ist eingewandt worden, der Begriff „unbillig" wäre nicht justiziabel. Das verstehe ich nicht. Wir haben im Zusammenhang mit § 242 BGB, wie wir alle wissen, seit 70 Jahren eine sehr umfangreiche Rechtsprechung zum Begriff „billig". Warum sollten die Richter nicht auch bei diesem § 4 a Abs. 3 eine entsprechende Rechtsprechung entwickeln?
Für den Antrag sprechen zwei Überlegungen, eine pragmatische und eine politische. Wir dehnen die Entschädigungspflicht weit aus und halten das im Grundsatz auch alle für richtig. Aber die neue Grenzlinie, die wir juristisch ganz präzise ziehen wollen, läuft durch ein unbekanntes Land. Der Gesetzgeber überfordert sich selbst, wenn er schon in diesem Augenblick die Grenzlinie so präzise ziehen will, wie der Entwurf das tut. Wir sind der Meinung, daß man die Fixierung dieser Grenzlinie der Rechtsprechung überlassen sollte. Ich hoffe in diesem Punkt auf besondere Zustimmung der Kollegen auf der rechten und der linken Seite dieses Hauses, die sich immer wieder dagegen gewehrt haben, den Richter zu einem Rechtstechniker zu machen, die gefordert haben, der Richter müsse ein ausreichendes Recht zur Rechtsgestaltung besitzen. Ich halte das im Prinzip für richtig. Ich bin nun der Meinung, daß gerade Billigkeitserwägungen bei Entschädigungen ein legitimes Feld für eine rechtsgestaltende Tätigkeit des Richters wären, die wir in einigen Jahren in einer Novelle zu diesem Gesetz vielleicht auch in eine neue präzisere Grenzlinie umwandeln könnten.
Neben diesen pragmatischen Erwägungen noch eine politische. Das neue Gesetz, das wir hier beschließen, wird die Strafverfolgung weiter erschweren. Jeder Fall der Entschädigung wird mindestens nachrichtlich den Polizeibeamten und den Haftrichter erreichen, der die Entscheidung getroffen hat. Vielleicht wird das auch eines Tages eine eifrige
Statistik personell für jeden der Urheber festhalten. Wie wird dann die Reaktion sein? Fürchten Sie nicht, daß mancher Polizeibeamte den bequemeren Weg wählen wird? Wenn er nicht sistiert, wenn er nicht beschlagnahmt, ist er völlig sicher, daß er später keinen Ärger bekommt. Deshalb glaube ich: wenn wir dafür sorgen, daß die Entschädigungen nicht ausufern in Fällen, die vielleicht eines Tages auch die öffentliche Meinung mißbilligen wird, dienen wir damit zugleich einer wirksamen Verbrechensbekämpfung.
Erlauben Sie mir, diesen Gedanken zum Schluß noch etwas allgemeiner zu fassen. Wer für seine Person von der Polizei wirksam geschützt werden will, muß auch eine wirksame Polizei wollen. Wenn die Polizei wirksam arbeiten will, muß sie gelegentlich auch solche Verdächtigen verhaften, die sich späterhin als unschuldig erweisen. Das gehört zum Lebensrisiko einer Gesellschaft, die auf Polizeischutz angewiesen ist - nicht anders als das Lebensrisiko des Verkehrstodes in einer vollmotorisierten Gesellschaft oder auch das Lebensrisiko des Herzinfarkts in einer allzu hektischen Gesellschaft. Alle diese Lebensrisiken sind Teil eines allgemeinen Lebensrisikos, das keine, auch nicht die wohlwollendste Gesetzgebung dem Bürger voll abnehmen kann. Deshalb glaube ich, daß die Regelung der Entschädigung bei Strafverfolgungen besser eine pragmatische als eine perfektionistische sein sollte. Die Perfektion kann ohnehin nicht erreicht werden.
Ich bitte Sie, dem Änderungsantrag der CDU/CSU zuzustimmen.
({0})
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Dürr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktionen der Koalitionsparteien bitte ich, den Änderungsantrag Umdruck 93 abzulehnen.
Herr Kollege Dichgans hat schon darüber berichtet, daß es für Ausschluß und Versagung der Entschädigung in diesem Gesetzentwurf eine vielfältige kasuistische Regelung gibt. Er hat den wichtigsten Absatz davon zitiert, wo es heißt, daß die Entschädigung auch dann ausgeschlossen sei, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.
Nun gleich zum ersten Beispiel, das Herr Kollege Dichgans angeführt hat. Wenn jemand am Steuer eines Fahrzeugs angetroffen, auf Alkohol geprüft wird und wenn sich das Röhrchen dunkelgrün färbt, so hat er vorsätzlich oder grob fahrlässig veranlaßt, daß der Polizist pflichtgemäß einschreitet und eine Blutprobe entnehmen läßt, weil nämlich auch ein Polizist mit besonders guten Augen am Röhrchen nicht feststellen kann, ob die Grünfärbung auf 1,2 oder 1,4 Promille Alkoholgehalt im Blut hindeutet. Der Fall des Kollegen Dichgans ist unseres Erachtens klar und deutlich von § 4 Abs. 2 dieses Entwurfs erfaßt. Er würde nicht zur Entschädigung führen.
Gegen die Annahme des Änderungsantrags spricht noch ein zweites Argument. Der Entwurf enthält Regelungen für einige Fälle, in denen Entschädigung nur gewährt wird, wenn es der Billigkeit entspricht. Nach diesem Antrag soll es eine weitere Kategorie geben, nämlich neben der Entschädigung wegen Billigkeit die Nichtentschädigung wegen Unbilligkeit.
({0})
Das ist ein Kriterium mehr, wo man es wirklich auch einfacher machen könnte.
Das wesentlichste Argument scheint mir aber zu sein, daß diese Generalklausel - die nebenbei die Gefahr einer unterschiedlichen Rechtsprechung bei den einzelnen Amtsgerichten mit sich bringt - darauf hinausliefe, daß man die aus dem Gesetz hinausgeworfene Unschuldsklausel in etwas veränderter Form als Unbilligkeitsklausel wieder in dieses Gesetz einführt.
({1})
- Das Gesetz soll einfach und praktikabel sein, Herr Kollege Vogel.
({2})
Das letzte Argument, das Herr Kollege Dichgans brachte, betraf die von ihm befürchtete Erschwerung der Strafverfolgung durch dieses Gesetz. Meine Damen und Herren, eine solche Untertanenmentalität, wie sie Herr Kollege Dichgans befürchten zu müssen glaubt, hat unsere Polizei nicht. Es hat sich bereits sehr weit herumgesprochen, daß der Polizist, der nach bestem Wissen und Gewissen seinen Auftrag erfüllt, rechtmäßig handelt, auch wenn dann hinterher in der Hauptverhandlung ein Freispruch herauskommen sollte. Wie jeder andere Mensch ist der Polizist ebensowenig wie der Amtsrichter vor dem Irrtum gefeit, und das weiß heute auch jeder Polizist. Deshalb besteht hier keine Gefahr, daß bei Nichtannahme Ihres Antrags, Herr Kollege Dichgans, die Strafverfolgungsintensität leiden würde.
Wir bitten, diesen Antrag abzulehnen.
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert. - Er verzichtet.
Es liegen keine Wortmeldungen mehr zum Umdruck 93 vor. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 93. Sie haben die Begründung und die Antwort der SPD gehört. Wer dem Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den § 4 a in der Ausschußfassung, die §§ 5, 6, 7, 8, 9 und 9 a. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Enthaltungen? Einstimmig so beschlossen.
Zum § 10 liegt der Antrag auf Umdruck 94 vor, unterschrieben von den Herren Dr. Arndt ({3}) und Vogel. Wird der Antrag noch begründet? - Bitte schön, Herr Kollege Dr. Arndt!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Begründung des Antrags auf Umdruck 94 darf ich Ihnen folgendes sagen, Alle vergleichbaren öffentlich-rechtlichen Entschädigungsansprüche, die wir in einer ganzen Reihe von Gesetzen haben, etwa im Bundesentschädigungsgesetz, im Bundesseuchengesetz, im Bundesversorgungsgesetz usw., sind nicht übertragbar. Die aber bereits für diese Gesetze maßgebenden Gründe treffen für den Entschädigungsanspruch aus dem hier zur Beratung stehenden Gesetzentwurf in noch viel höherem Maße zu. Wird nämlich zugelassen, daß der Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens, der vor der Entscheidung eines Strafgerichts zur Debatte steht, als nur bedingter Anspruch auch übertragen werden kann, würde ein wirtschaftliches Interesse Dritter - nämlich desjenigen, an den der Anspruch unter Umständen abgetreten werden kann - am Ausgang des Strafverfahrens begründet werden. Ein solches Interesse würde sich auf die Nichtüberführung des Beschuldigten richten. Das wäre schlechthin unvereinbar mit dem objektiven Charakter, den das Strafverfahren haben muß. Denn im Strafverfahren geht es darum, die objektive Wahrheit von Amts wegen zu erforschen; das ist das Grundprinzip unseres Strafverfahrens überhaupt. Ein manipulierbares wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Strafverfahrens darf daher auf keinen Fall einem unbeteiligten Dritten dadurch eingeräumt werden, daß ihm dieser mögliche Anspruch auf Entschädigung nach dem zur Debatte stehenden Gesetzentwurf übertragen wird.
Darüber hinaus wäre es sogar denkbar, daß, wenn die Fassung, die durch den Antrag Umdruck 94 geändert werden soll, Gesetz werden würde, ein wirtschaftliches Interesse eines Mitangeklagten entstünde, dem der Anspruch abgetreten würde. Dies wäre noch verhängnisvoller. Würde nämlich eine solche Übertragbarkeit vorgesehen, könnte z. B. der Angeklagte A seinen Anspruch dem angeklagten Mittäter B abtreten und von diesem als Gegenleistung die Zusage erhalten, daß er ihn im Verlaufe des Strafverfahrens entlastet, daß er die Schuld auf sich nimmt; dafür würde er dann auf Grund des an ihn abgetretenen Anspruchs des freigesprochenen Mittäters eine Geldzahlung erhalten.
Wir meinen, daß dies ein unerträgliches Ergebnis wäre. Sie sollten deswegen dem Antrag, ,den ich zusammen mit dem Kollegen Vogel gestellt habe, folgen. Es handelt sich um eine Forderung, die insbesondere im Interesse des Beschuldigten, zu seinem Schutze, gestellt werden muß. Ich darf Sie daher bitten, dem Antrag Umdruck 94 zuzustimmen.
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Erhard ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das so wäre, was uns eben der Kollege Dr. Arndt vorgetragen hat, wäre das, was er will, im Gegensatz zu den Beschlüssen des Rechtsausschusses sicherlich uneingeschränkt richtig, und man müßte dann auch
dieser Konsequenz zustimmen. Er geht davon aus, daß der Anspruch auf Entschädigung schon bestehe, bevor ein Angeklagter freigesprochen sei. Genau das ist der große Irrtum. Wir haben in diesem Gesetzentwurf zwei Elemente für die Entschädigung unschuldig erlittener Strafverfolgungsmaßnahmen. Erstens muß der Betreffende von einem Strafgericht rechtskräftig freigesprochen worden sein. Zweitens muß in diesem Urteil oder Beschluß die Entschädigungspflicht dem Grunde nach zugesprochen und rechtskräftig festgestellt sein. Erst wenn das geschehen ist - und das ergibt sich zweifelsfrei aus § 8 -, besteht der Anspruch. Ist die Entschädigungspflicht - das sieht § 8 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs vor - der Staatskasse rechtskräftig festgestellt, so ist der Anspruch auf Entschädigung innerhalb einer weiteren Frist durch besonderen Antrag geltend zu machen. Der § 10 beschäftigt sich mit diesem Antrag, der überhaupt erst gestellt werden kann, wenn vorher die rechtskräftige Entscheidung des Strafgerichts über die Entschädigungspflicht festgestellt ist. Für diese nun noch der Höhe nach festzulegende Entschädigung ist das Zivilgericht zuständig, ein anderes Gericht also. Der Anspruch und der Antrag, wie sie in § 10 geregelt sind, setzen also - das wiederhole ich - eine vom Strafgericht rechtskräftig festgestellte Entschädigungspflicht dem Grunde nach voraus. Warum soll, wenn ein Gericht die Entschädigungspflicht für einen Vermögensschaden dem Grunde nach bereits festgestellt hat - nicht für einen immateriellen Schaden, wie er etwa dem Schmerzensgeldanspruch zugrunde liegt, sondern für die Tage unschuldig erlittener Haft -, wenn es also nur noch um die Höhe der Vermögensentschädigung geht, der Entschädigungsanspruch nicht abgetreten werden können?
Aus diesen Überlegungen hat der Rechtsausschuß - soweit ich das jetzt aus dem Gedächtnis weiß, sogar einstimmig - diese Einfügung in den § 10 beschlossen. Wir haben ferner beschlossen, den Abs. 3 des § 10 zu streichen, der grundsätzlich die Vererblichkeit des Anspruchs auf Ersatz des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, vorsah. Der Anspruch wird also, wenn er dem Grunde nach festgestellt ist, auch vererblich sein. Die Vererblichkeit und die Abtretbarkeit sind ja sehr verwandt. Wir durchbrechen hier ganz bewußt das Schadenersatzrecht bezüglich des immateriellen Schadens, das ja von der Erhebung der Klage und nicht von der rechtskräftigen Feststellung abhängig ist.
Wäre also das, was der Kollege Arndt gesagt hat, richtig, würde ich ihm zustimmen. Da es aber sachlich irrig ist, sollte die Meinung des Rechtsausschusses beibehalten und deswegen der Änderungsantrag zu dem, was der Rechtsausschuß beschlossen hat, abgelehnt werden. Ich bitte also, den Antrag abzulehnen.
({0})
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedaure persön4708
lich sehr, daß ich den Ausführungen meines Kollegen Erhard nicht folgen kann, bitte allerdings das Haus, auch meinen Ausführungen keine Aufmerksamkeit zu schenken, weil das, was ich jetzt auszuführen habe, ausschließlich für künftige Kommentatoren dieses Gesetzes von Interesse sein wird.
Der Herr Kollege Erhard hätte recht, wenn es nicht die Möglichkeit gäbe, auch künftige Ansprüche abzutreten. Wenn wir eine Einschränkung des Inhalts vorsähen, daß nach rechtskräftiger Feststellung über den Grund des Anspruchs vermögensrechtliche Ansprüche abgetreten werden könnten, könnte ich insoweit folgen. Das würde allerdings bedeuten, daß wir in § 10 Abs. 2 eine differenziertere Regelung treffen müßten. Das würde eine Rücküberweisung an den Ausschuß notwendig machen, weil das eine intensive Beratung erforderte. So wie er hier steht, betrifft er die Möglichkeit der Abtretung auch vor Feststellung des Anspruches dem Grunde nach. Hier bestehen in der Tat die vom Kollegen Dr. Arndt aufgezeigten Bedenken.
Präsident von Hassel: Wir haben keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag auf Umdruck 94. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen ist dieser Antrag angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über § 10 in der soeben geänderten Fassung. Über § 11 kann ich wohl gleichzeitig abstimmen lassen, desgleichen über die §§ 12, 13, 14, 14 a, 15, 16 und 17, Einleitung und Überschrift. Wer seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen ? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Bundesminister Jahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen werden Sie den Weg für eine wichtige rechtsstaatliche Reform frei machen. Nicht nur die aufsehenerregenden Fälle der letzten Jahre - Rohrbach, Lettenbauer, Hetzel -, in denen die Justiz irrte, haben Anlaß zur gründlichen Überlegung einer Neuordnung des Entschädigungsrechts gegeben. Es ist vielmehr der Auftrag des Grundgesetzes, den rechtsstaatlichen Schutz für jeden Bürger, der unverschuldet mit der Strafrechtspflege in Konflikt gerät, so weit wie möglich auszubauen.
Wie überall, wo Menschen am Werk sind, ist auch die Justiz nicht frei von Irrtum. Die Folgen, die den einzelnen Bürger oft hart treffen können, wenn er sich ohne nachweisbare Schuld in den Maschen des Gesetzes verfangen hat, will das neue
Gesetz mildern, soweit das mit finanziellen Mitteln überhaupt möglich ist.
Das Recht der Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft und für im Wiederaufnahmeverfahren Freigesprochene fußt auf zwei Gesetzen aus den Jahren 1898 und 1904. Unser Verständnis des Verhältnisses von Bürger und Staat hat seit dieser Zeit einschneidende Veränderungen erfahren. Das Grundgesetz hat uns neue, rechtsstaatliche Maßstäbe gesetzt. Neue Erkenntnisse auf wissenschaftlichem Gebiet haben auch das Strafverfahrensrecht nicht unberührt gelassen.
Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages hat sein jahrelanges Bemühen, das Strafverfahrensrecht den modernen Erfordernissen anzupassen, auch in diesem Fall kontinuierlich fortgesetzt, indem er die Grundüberlegungen des Regierungsentwurfs aufgegriffen und gebilligt hat. Es gehört zu den rechtsstaatlichen Eckpfeilern jedes Strafverfahrens der Grundsatz, nach dem zugunsten jedes Angeklagten vermutet werden muß, er sei unschuldig, solange seine Schuld nicht festgestellt ist. „In dubio pro reo” - auch das ist ein Kerngedanke der Bürger- und Menschenrechte, denen wir gerade in dieser Woche - am 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte - besondere Aufmerksamkeit widmen. Daß der Bundestag mit diesem Gesetz wiederum ein Stück mehr an Verwirklichung dieser die Demokratie ausmachenden Rechtsverbürgungen schaffen will, kann uns nur mit Befriedigung erfüllen. Denn das neue Gesetz versetzt uns in die Lage, den einzelnen Bürger wirksam von jedem Risiko zu befreien, das die Strafrechtspflege mit sich bringen kann.
Es war nicht einfach, diesen verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz, die Freiheit des einzelnen zu achten und zu schützen, auch im Rahmen eines angemessenen Ausgleichs für Fehlhandlungen der Dritten Gewalt im Staate in die Wirklichkeit umzusetzen. Davon zeugen die eingehenden Beratungen, die der Gesetzentwurf bis zu der Ihnen jetzt vorliegenden Fassung erfordert hat.
Ich habe namens der Bundesregierung allen Dank und Anerkennung zu sagen, die hieran mitgewirkt haben. Das gilt für die Landesjustizverwaltungen, die sehr intensiv an der Vorbereitung des Entwurfs mitgearbeitet haben. Das gilt für den Strafrechtsausschuß des Deutschen Richterbundes. Vor allem aber danke ich sehr herzlich den Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Hause, die sich im Rechtsausschuß in eingehenden und gründlichen Erörterungen um eine Lösung bemüht haben, die den Namen Reform zu Recht verdient.
Das Ergebnis der Ausschußberatungen stellt eine Verbesserung der Regierungsvorlage dar, die ich dankbar begrüße. Auch wenn es zuweilen recht hart herging, muß ich doch feststellen: Anders als im Reichstag, wo von 1882 an immerzu neue Initiativentwürfe vorgelegt wurden, sind wir doch recht bald zu einem übereinstimmenden Ergebnis gekommen, weil wir uns in den Grundüberzeugungen auf einer gemeinsamen Ebene befinden.
Ich hebe die drei wichtigsten und entscheidensten Neuerungen des Gesetzes hervor.
Nicht nur bei erwiesener Unschuld - wie bisher -, sondern in der Regel in allen Fällen unrechtmäßiger Strafverfolgung muß der Staat in Zukunft entschädigen. Damit wird auch auf diesem Gebiet bei der Kostenregelung im Strafverfahren ist das bereits geschehen - der Freispruch zweiter Klasse, wie der Volksmund es nennt, endgültig beseitigt. Konsequent führt dieses Hohe Haus damit die Bemühungen um eine durchgreifende Reform unseres Strafprozeßrechts fort. In Zukunft kann also grundsätzlich auch entschädigt werden, wenn die Schuld festgestellt worden ist; denn es kann durchaus der Billigkeit entsprechen, einen Ausgleich zu schaffen, wenn das Ergebnis des Strafverfahrens in keinem angemessenen und tragbaren Verhältnis zu den insgesamt erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen steht. In die Entschädigungspflicht werden nunmehr auch eine ganze Reihe weiterer Strafverfolgungsmaßnahmen einbezogen, die sehr einschneidend sein können: z. B. die Entziehung der Fahrerlaubnis oder Beschlagnahmen. Gerade der Führerscheinentzug kann in unserer Zeit zu erheblichen finanziellen und beruflichen Einbußen führen.
Die zweite wichtige Neuerung ist die Streichung der zur Zeit noch geltenden Höchstgrenze für Entschädigungen, nämlich 75 000 DM Kapitalentschädigung und 4 500 DM Jahresrente. In Zukunft wird es nach oben keine Begrenzungen mehr geben. Diese Entscheidung hat weittragende Bedeutung. Sie findet ihre Rechtfertigung darin, daß die Rechtsgemeinschaft voll dafür einstehen muß, wenn ein Bürger ohne Grund einen Freiheitsentzug oder andere einschneidende Einbußen erleiden mußte oder wenn sich gar ergibt, daß die Strafjustiz irrte.
Neu ist schließlich auch, daß der unverschuldet in die Mühlen der Justiz geratene Bürger neben dem Ersatz von Vermögensschaden künftig auch immateriellen Schadenersatz für eine Freiheitsentziehung verlangen kann. Er muß allerdings pauschaliert werden, um eine praktikable Regelung der Ansprüche durch die Justizverwaltung möglich zu machen. Der Barger hat also in Zukunft auch Anspruch darauf, Schmerzensgeld zu bekommen, wenn er ohne sein Zutun im Paragraphengestrüpp hängengeblieben und hinter Gitter gewandert ist.
Vor fast 70 Jahren erklärte der Vertreter der Reichsregierung im Reichstag, als es um eines der jetzt abzulösenden Gesetze ging, es sei eine dankbare Aufgabe, auf diesem Gebiet dasjenige zu tun, was in der Menschen und des Staates Kräften liege. Darum geht es auch heute. Die Forderung nach Gerechtigkeit ist gleichgeblieben.
Schließlich noch eine Feststellung, die mir wichtig ist: Ich bin mit dem Rechtsausschuß der Meinung, daß die vorgeschlagene rechtsstaatliche Lösung die Wirksamkeit der Strafverfolgung nicht beeinträchtigen darf. Die Bekämpfung der Kriminalität erfordert nach wie vor entschlußfreudige Beamte der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Daran soll und darf sich nichts ändern. Der Rechtsausschuß hat diesen Gedanken in seinen Beratungen dankenswerterweise besonders zum Ausdruck gebracht und einige Änderungen und Verbesserungen aus diesem Gesichtspunkt in das Gesetz eingefügt. Trotzdem wird sicher ein Nebeneffekt des Gesetzes die Mahnung an Justiz und Strafverfolgungsbehörden sein, künftig noch umsichtiger zu verfahren. Denn über allem steht die Freiheit unserer Bürger als unverletzliches Gut, das nur angetastet werden darf, wenn sich der einzelne etwas hat zuschulden kommen lassen.
Aus diesem Geiste hat die Bundesregierung den Entwurf eingebracht und haben sich alle drei Fraktionen dieses Hohen Hauses bei den Beratungen in dem Bemühen vereint, die für unsere Zeit beste Lösung zu finden. Die Reform ist ein weiterer Schritt zum Ausbau unserer rechtsstaatlichen Ordnung. In diesem Sinn bitte ich Sie, dem Gesetz zuzustimmen.
({0})
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Pohlmann. Für ihn hat die CDU/CSU-Fraktion 20 Minuten Redezeit beantragt. Es folgt der Abgeordnete Dürr.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Namens der CDU/CSU gebe ich in der dritten Lesung folgende Erklärung ab. Herr Justizminister Jahn, ich habe Ihren Ausführungen sehr aufmerksam zugehört. Der Grundtenor Ihrer Ausführungen - das klang ja immer wieder durch - war der, daß mit diesem Gesetz wieder ein Stück der vielzitierten inneren Reformen verwirklicht werde. Auf dem Gebiet der inneren Reformen sind wir ja im zurückliegenden Jahr von der Regierungsseite wahrlich nicht verwöhnt worden. Ich meine, daß es entscheidend darauf ankommt, welche Maßstäbe man an solche inneren Reformen anlegt. Für mich müssen innere Reformen immer etwas Neues, etwas Zukunftsweisendes beinhalten und dürfen sich nicht allein auf die Weiterentwicklung einer schon eingeschlagenen Linie beschränken. Sicherlich, darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Es kommt eben darauf an, welche Maßstäbe man sich selbst setzt. Hier scheint die Regierung erheblich bescheidener geworden zu sein.
Das gilt auch für den heute zu behandelnden Gesetzentwurf, der nach meiner Auffassung die konsequente Weiterentwicklung der bisher eingeschlagenen Linie bedeutet. Das öffentliche Entschädigungsrecht nämlich ist in den letzten Jahrzehnten durch Gesetzgebung, durch Rechtsprechung und durch Lehre sowohl rechtsdogmatisch als auch in seiner praktischen Ausgestaltung in einer Weise weiterentwickelt worden, die auch eine Änderung dieser beiden Gesetze von 1898 und 1904 zur Folge haben mußte.
Das gilt insbesondere für den Wegfall der Unschuldsklausel. Diese Regelung - da stimme ich mit dem Kollegen Dürr völlig überein - bedeutet einen echten Fortschritt. Es ist nicht Sache des Angeklagten, seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muß ihm nach unserem geltenden Recht seine Schuld nachgewiesen werden. Kann ihm aber diese Schuld nicht nachgewiesen werden, wäre es generell unbil4710
lig, ihn für Strafverfolgungsmaßnahmen, die ja außerordentlich tief in sein privates und in sein berufliches Leben eingreifen können, nicht zu entschädigen. Es kann also vom Grundsatz her nicht zweifelhaft sein, daß in einem demokratischen und freiheitlichen Rechtsstaat der Staat für einen Irrtum seiner Strafverfolgungsbehörden einstehen muß. Er hat generell das Risiko für den Fall zu tragen, daß seine Strafverfolgungsmaßnahme nicht durch ein Urteil gedeckt ist bzw. in einem Wiederaufnahmeverfahren das Urteil zugunsten des Beschuldigten aufgehoben wird.
Ich betone hier den Grundsatz, weil ich auch noch auf die Einschränkungen zu sprechen komme. Es gibt nämlich noch andere zu schützende Rechtsgüter. Hier muß einfach versucht werden, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des einzelnen und den Interessen der Allgemeinheit zu finden.
Herr Justizminister Jahn sagte zu Recht, der Freispruch zweiter Klasse sei im Bereich der Entschädigung tot. Das ist folgerichtig, zumal wir uns auch schon im letzten Bundestag zu einer ähnlichen Regelung bei der Auslagenerstattung im Strafprozeß entschieden haben.
Zu Recht ist auch der Katalog der Tatbestände, die einen Entschädigungsanspruch auslösen können, im neuen Gesetzentwurf erheblich erweitert worden. Gegen diesen Katalog werden von der Opposition keine Einwände erhoben, da all diese Maßnahmen für den einzelnen zu Unrecht Verfolgten ganz einschneidende Eingriffe in seine rechtlichen und in seine wirtschaftlichen Interessen bedeuten können.
Es ist aber das Verdienst ,des Rechtsausschusses, das Ziel der Regierung verhindert zu haben, auch dem einen obligatorischen Entschädigungsanspruch zu gewähren, der zwar schuldig gesprochen ist, bei dem aber die Strafe geringer ausgefallen ist als die erlittene Untersuchungshaft. Ich meine, daß mit dieser Vorstellung die Regierung über das Ziel hinausgeschossen ist. Wir dürfen doch nicht übersehen, daß in diesem Fall der Täter unzweifelhaft durch sein strafbares Verhalten zunächst einmal die Strafverfolgungsmaßnahme ausgelöst hat. In solchen Fällen könnte es absolut unbillig sein, ihm auch noch einen Entschädigungsanspruch zu gewähren. Das von ihm selbst ausgelöste Risiko, meine Damen und Herren, muß er zunächst einmal allein tragen. Nach unserer Auffassung - und entsprechend hat sich auch der Ausschuß entschieden - kann und darf es in diesen Fällen nicht eine Entschädigung ohne Berücksichtigung der Billigkeit geben. Nur so besteht die Gewähr, daß nur in den wirklich berechtigten Fällen eine Entschädigung gezahlt wird.
Meine Damen und Herren, als dritten Punkt lassen Sie mich noch ein paar Worte über die Höhe der Entschädigung sagen. Die bisher bestehenden Höchstgrenzen für Vermögensschäden sind abgeschafft worden; zu Recht, wie einige Fälle in der Vergangenheit bewiesen haben. Mit der Aufhebung der oberen Grenze mußte aber nach unserer Auffassung auch eine Beschränkung nach unten einhergehen, und zwar bei den sogenannten Bagatellfällen. Auch hier hatte die Regierung zunächst keine Regelung vorgesehen. Wir müssen bedenken, daß
wir den Katalog der anspruchsbegründenden Tatbestände erheblich erweitert 'haben. Es muß also in der Zukunft mit Entschädigungsanträgen weit größeren Umfangs gerechnet werden, was zu einer erheblichen Belastung des Verwaltungsapparates führt. Sicherlich bedeutet die Einführung der Bagatellklausel ein Abweichen vom lupenreinen Prinzip. Ich glaube aber, daß wir schlecht beraten wären, wenn wir nur das Prinzip und nicht die Praktikabilität bzw. die Verwaltungskosten möglicher langwieriger Verfahren sähen, die in Bagatellfällen in keinem angemessenen Verhältnis zur Entschädigung selbst stehen. Das gilt, nebenbei gesagt, auch für die immaterielle Entschädigung, wo auf Drängen der Opposition ebenfalls eine gewisse Einschränkung erfolgt ist.
Lassen Sie mich nun noch zu einem wichtigen Punkt kommen, der Frage der Ausschluß- und Versagungsgründe. Die Regierung hat uns einen enumerativen Katalog von Ausschluß- und Versagungsgründen vorgelegt. Diese Regelung ist - darüber waren wir uns alle einig - zu schematisch. Sie ist zu starr, weil sie eben keinen Spielraum läßt. Enumerationsklauseln dieser Art haben nie zu befriedigenden Ergebnissen geführt. Das gilt um so mehr, wenn man berücksichtigt, daß wir ja nicht nur die Unschuldsklausel beseitigt, sondern auch den Katalog der Entschädigungstatbestände erheblich erweitert haben.
Wir betreten mit diesem Gesetz Neuland. Gerade deswegen sollten wir nicht verkennen, daß die Allgemeinheit einen Schutz verdient, dem gegenüber die Rechte des einzelnen möglicherweise zurücktreten müssen. Vor allem gilt es aber auch das sollten wir immer sehr ernst nehmen -, die Schlagkraft der Strafverfolgungsorgane nicht allzusehr zu hemmen. Sicherlich ist mit der Hereinnahme der neuen Vorschrift in § 4, daß nämlich die Entschädigung dann ausgeschlossen ist, wenn der Beschuldigte vorsätzlich oder grob fahrlässig die Strafverfolgungsmaßnahme verursacht hat, ein Riegel vor eine uferlose Entschädigung gesetzt worden. Aber man muß sich hier wirklich ernsthaft fragen: reicht das aus? Ich meine: nein, da es im übrigen bei der enumerativen Aufzählung der Ausschluß-und Versagungsgründe bleibt.
Meine Damen und Herren, bei der Vielgestaltigkeit unseres Lebens gibt es sicherlich zahlreiche Fälle, die sich heute noch nicht vorhersehen lassen, in denen aber die Entschädigung des Betroffenen auf Kosten des Steuerzahlers als unbillig, wenn nicht geradezu als unerträglich empfunden wird. Diese Lücke wollten wir mit dem vom Herrn Kollegen Dr. Dichgans gestellten Antrag ausgefüllt wissen. Wir sollten nicht die Gefahr unterschätzen, die von einer unvollkommenen Regelung ausgehen. Ich sagte es bereits: wir betreten mit diesem Gesetz Neuland. Keiner kann heute vollends die Auswirkungen übersehen. In der Öffentlichkeit wird es sowieso schon schwierig sein und eine geraume Zeit dauern, bis sich das Verständnis für den Leitgedanken dieses Gesetzes allgemein durchsetzt, nämlich in allen Fällen denjenigen eine Entschädigung zu zahlen, deren Schuld nicht nachgewiesen
ist, also auch demjenigen, für dessen Schuld nahezu alles zu sprechen scheint und wo nur der letzte Beweis nicht geführt werden kann.
Die Chance, meine Damen und Herren, daß sich die rechtsstaatliche Gesinnung im Laufe der Zeit auch insoweit durchsetzt, hätten wir nicht dadurch in Frage stellen sollen, daß wir im Rahmen dieses Gesetzes die Möglichkeit zu unvertretbaren Entschädigungsleistungen offenlassen. Wir alle kennen die empfindliche Reaktion der Öffentlichkeit in solchen Fällen, die dann wieder mit Sicherheit ihr Mißtrauen gegenüber einer sachgerechten Strafrechtpflege in entsprechender Weise lautstark artikuliert. Ich bedaure es deshalb außerordentlich, daß die Mehrheit dieses Hohen Hauses in der zweiten Lesung den Antrag, den Herr Dr. Dichgans begründet hat, abgelehnt hat. Er hätte dem Richter die Möglichkeit gegeben, das Recht zu gestalten und ihn nicht gezwungen, unter Umständen unbillige Entscheidungen treffen zu müssen. Eine solche Generalklausel, Herr Kollege Dürr, hätte nach meiner Auffassung auch nicht die Wiedereinführung der Unschuldsklausel durch die Hintertür bedeutet.
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Der Gesetzgeber hat mit diesem Gesetz eindeutig und klar seinen Willen in einer bestimmten Richtung kundgetan, und es besteht nach meiner Auffassung kein Anlaß zu glauben, daß unsere Strafverfolgungsbehörden diesen Auftrag mißdeutet hätten. Sie wären entsprechend dem Auftrag des Gesetzgebers verfahren. Herrn Dr. Dichgans, meinen Kollegen und mir ging es nur darum, eine etwas größere Bandbreite zu schaffen, um eben in besonderen Fällen offensichtlich Unbilligkeiten zu vermeiden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich damit zum Schluß kommen. Dieses Gesetz ist im Rechtsausschuß erheblich verbessert worden; insoweit hat uns ja auch der Herr Justizminister Jahn recht gegeben. Dieses Gesetz ist im Rechtsausschuß praktikabel gemacht worden,
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und deswegen wird auch die Opposition ihm zustimmen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dürr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetz verabschiedet der Bundestag ein wichtiges Stück Justizreform. Man braucht nicht nur, wie es der Herr Bundesjustizminister getan hat, an die Fälle Rohrbach, Lettenbauer oder Hetzel zu erinnern, um zu zeigen, daß auch heute noch Fehlurteile vorkommen. Man kann auch die Verhaftungen während der „Spiegel"-Affäre erwähnen, um darzulegen, daß auch in diesem Jahrzehnt noch Unschuldige von Strafverfolgungsmaßnahmen betroffen worden sind.
Bisher mußte vor Gewährung einer Entschädigung die Frage geprüft werden: wie unschuldig ist der
Freigesprochene eigentlich? Und wenn es ihm nur zu einem „Freispruch zweiter Klasse" gereicht hat, bekam er keine Entschädigung. Diese Regelung war nicht fair; denn wenn ein Gericht zu der Ansicht kam, der Sachverhalt lasse sich nicht mehr aufklären, sprach es frei, doch konnte der Angeklagte seinerseits nicht verlangen, daß das Verfahren so lange weitergeführt werde, bis darüber hinaus auch seine Unschuld festgestellt sei. Die logische Folgerung daraus, die dieser Gesetzentwurf auch zieht, ist, daß Freispruch eben Freispruch ohne jede Klassifizierung ist. Die Unschuldsklausel ist gefallen, und wir begrüßen, daß die Mehrheit dieses Hohen Hauses dem Antrag der Opposition, statt der Unschuldsklausel eine Unbilligkeitsgeneralklausel einzuführen, nicht gefolgt ist.
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Justizirrtümer, meine Damen und Herren, gibt es nicht nur in Mordprozessen und formell richtige, aber nicht berechtigte Strafverfolgungsmaßnahmen nicht nur bei spektakulären Affären. Auch in kleinen Strafsachen stellt sich manchmal erst in der Hauptverhandlung heraus, daß man mit Kanonen auf Spatzen oder gar auf einen falschen Vogel geschossen hat.
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Nein, Herr Kollege, um Mißverständnissen vorzubeugen: mit dem „falschen Vogel" ist nicht der Vogel aus Warendorf gemeint. Der kann gar nicht abgeschossen werden, der ist immun.
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Wir begrüßen deshalb, daß dieses Gesetz eine Entschädigungsmöglichkeit auch bei Strafsachen des täglichen Lebens, also etwa auch für die Folgen einer ungerechtfertigten vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis, vorsieht.
Das Gesetz versucht, mit differenzierten Regelungen dafür zu sorgen, daß die vielerlei denkbaren Fälle möglichst gerecht geregelt werden. Herr Kollege Pohlmann hat recht: der Gesetzgeber betritt hier Neuland, und wir wissen nicht mit aller Sicherheit, ob die gefundenen Lösungen jahrzehntelang Bestand haben werden. Diese Lösungen lassen dem Richter Ermessensspielraum, im Einzelfall möglichst gerechte Regelungen zu treffen.
Der Umfang des durch eine Freiheitsentziehung verursachten immateriellen Schadens läßt sich der Höhe nach allerdings unendlich schwerer beziffern, als es bei der schon sehr schwierigen Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes bei Körperschäden der Fall ist. Hier war deshalb die Festsetzung einer Pauschalentschädigung die einzig praktikable Lösung.
Meine Damen und Herren, dieses von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz leistet einen guten Beitrag zur weiteren Humanisierung unseres staatlichen Lebens. Wir begrüßen es und stimmen ihm zu.
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Meine Damen und Herren, ich hatte bei der letzten Worterteilung ver4712
Vizepräsident Dr. Schmid
säumt, dem Abgeordneten Pohlmann zu seiner Jungfernrede zu gratulieren,
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einem immerhin recht einschneidenden Ereignis in einem Menschenleben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kleinert.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir scheint das Entscheidende an diesem Gesetz, das wir heute verabschieden, nicht zu sein, daß etwas verbessert wird, was es schon einmal gegeben hat, oder daß hier sozusagen in sozialer Hinsicht etwas für diejenigen getan wird, die zu Unrecht - davon gehe ich in jedem Falle aus mit den dienstlichen Bemühungen der Staatsanwaltschaft oder der Gerichte in Berührung gekommen sind. Das Entscheidende liegt meines Erachtens vielmehr darin, daß alle Fraktionen dieses Hauses bei den Beratungen über dieses Gesetz in der Absicht, dieses Gesetz jetzt zu verabschieden, mit einer Deutlichkeit, die in diesem Land keineswegs selbstverständlich ist, zu erkennen gegeben haben, daß es natürlich, wie der Herr Bundesjustizminister vorhin schon ausgeführt hat, bei Gericht genauso Irrtümer geben kann wie überall sonst.
Ich glaube, wir haben mit diesem Gesetz einen ganz wesentlichen Schritt für ein neues, anderes und besseres Selbstverständnis unserer Justiz getan, die sich bemüht, die besten Urteile zu finden, dabei aber gewiß ist, daß Irrtümer sich nicht ausschließen lassen. Daß daraus Konsequenzen gezogen werden müssen, ist mit diesem Gesetz in einer Form eingeräumt worden, die bis heute nicht selbstverständlich gewesen ist. Das zeigen die enormen Schwierigkeiten in den Wiederaufnahmeverfahren, bei denen doch immer wieder im Hintergrund der Gedanke zu wirken scheint: „Ein deutscher Richter sollte sich eigentlich doch nicht irren können!"
Wir haben als Basis für die Verabschiedung dieses Gesetzes ganz klar ins Auge gefaßt, daß sich selbstverständlich auch das Gericht irren kann und daß daraus Konsequenzen gezogen werden müssen. Deshalb ist es nur folgerichtig, daß auch ganz eindeutig der Unterschied zwischen dem Freispruch erster und zweiter Klasse expressis verbis ausgeräumt worden ist. Damit gerade in diesem schwierigen Übergangsstadium, Herr Dr. Dichgans, daran kein Zweifel entsteht, haben wir, obwohl wir durchaus die Gründe sehen, welche die Opposition zur Stellung des Abänderungsantrages veranlaßt haben, gemeint, diesen Abänderungsantrag gerade jetzt ablehnen zu müssen. Ich betone nochmals, daß wir das getan haben, damit nicht jetzt, im Stadium des Übergangs, Zweifel an dieser Grundrichtung auftreten.
Sollte sich herausstellen, daß die getroffene Lösung in der jetzt gefundenen Form nicht tragfähig ist, wird man einer solchen Änderung unter Umständen doch nähertreten müssen. Ich würde es aber für bedenklich halten - gerade bei der grundsätzlichen Genugtuung, die ich darüber empfinde, daß wir den Unterschied zwischen den verschiedenen Freisprüchen oder auch Einstellungsmöglichkeiten, die eine Rolle spielen können, aufgehoben haben -, gleich wieder Wasser in den Wein zu gießen und eine unter Umständen zu manchen Mißbräuchen verführende Generalregelung, eine Unbilligkeitsklausel, wieder hineinzubringen.
Wollen wir sehen, wie sich das Gesetz in der Praxis bewährt! Wenn Sie recht gehabt haben sollten, meine Damen und Herren von der Opposition, wird sicherlich niemand im Regierungslager auf ewig ein Besserwisser sein und sich einer vernünftigen Novellierung verschließen wollen.
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- Herr Vogel, es könnte sein, es könnte aber auch nicht sein. Wollen wir doch die Sache unabhängig davon betrachten.
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Entscheidend scheint mir zu sein, daß hier ein wichtiger Schritt in eine neue Richtung getan worden ist.
Damit von Anfang an Mißverständnisse vermieden werden, möchte ich gern noch ein Wort zur Entschädigung für immateriellen Schaden angesichts von unschuldig erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen sagen. Es ist gelegentlich so angeklungen, als ob es sich um etwas dem Schmerzensgeld Vergleichbares handele. Das ist rechtlich völlig unhaltbar, das ist schlechthin falsch. Der Staat meint, wenn jemand unschuldig Strafverfolgungsmaßnahmen erlitten hat, soll er nicht nur für den meßbaren Betrag seines Schadens - Verdienstausfall usw. entschädigt werden, sondern er soll auch, und zwar aus freiem Entschluß des Staates, der einsieht, daß mit seinen Verfolgungsmaßnahmen etwas Derartiges auch zu Unrecht verursacht werden kann, eine darüber hinausgehende Entschädigung erhalten. Ein Schmerzensgeld ist das auf gar keinen Fall. Ein Vergleich mit dem Schmerzensgeld könnte sehr rasch dazu führen, daß dieser Betrag, dessen Bemessung jetzt unter Berücksichtigung der verschiedensten Gesichtspunkte - u. a. leider auch der Haushaltslage des Bundes - gegriffen worden ist, in Zukunft an irgendwelchen Schmerzensgeldbeträgen gemessen wird, die die Rechtsprechung in Fällen von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung zumißt. Der Staat denkt gar nicht daran, sich hier eine unerlaubte Handlung zurechnen zu lassen - das wäre der Fall der Amtshaftung -, sondern hier wird die immaterielle Entschädigung aus einem ganz anderen, völlig eigenen Grunde gewährt. Deshalb muß man den Versuchungen, hier Vergleiche zu ziehen, von Anfang an entgegentreten.
Wir haben uns bei den Ausschußberatungen - das ist schon gesagt worden - über die Praktikabilität dieses Gesetzes Gedanken gemacht, und zwar, wie man wohl sagen kann, auch mit Erfolg. Ich möchte dafür zwei Beispiele anführen:
Das eine ist die Bagatellklausel, die wir eingeführt haben, weil es einfach unzumutbar erscheint, daß sich die Verwaltung auch bei minimalen Beträgen mit einem Anspruchsverfahren befassen muß, bei dem schließlich Beträge von 10 oder 12 DM
herauskommen. Deshalb sind diese Fälle herausgenommen worden.
Zum anderen haben wir unter diesem Gesichtspunkt heute dem Änderungsantrag zugestimmt, mit dem die Regierungsvorlage hinsichtlich der Abtretbarkeit der hier entstehenden Ansprüche wiederhergestellt worden ist. Ich möchte das ausdrücklich betonen. Nur die Idee, daß hier wegen vermutlicher, später etwa entstehender Ansprüche, die wahrscheinlich in aller Regel von Strafgefangenen gestellt würden, bei denen Gläubiger nicht wissen, wie sie ihre Forderungen realisieren sollen, eine Fülle von Verwaltungsaufwand entstehen könnte, hat dazu geführt, hier der Wiederherstellung der Regierungsvorlage zuzustimmen. Wir haben da trotz erheblicher Bedenken zugestimmt. Unsere Bedenken richten sich darauf, daß wir in einer ganzen Anzahl von Gesetzen das Verbot der Abtretung - gleichbedeutend mit dem Verbot der Pfändbarkeit - haben und damit in vielen Fällen Personen schützen, die - jedenfalls heute - keineswegs mehr so schutzwürdig sind. Schutzwürdig erscheinen uns auch hier nicht die Anspruchsberechtigten nach diesem Gesetz, sondern, wie wir das heute übersehen können, lediglich die Verwaltung, die mit einer Unzahl von Pfändungsgesuchen, die schließlich erfolglos bleiben müssen, belastet werden könnte.
Es wird aber abgewartet werden müssen, wie sich die Dinge entwickeln, in welcher Zahl und Höhe sich in der Praxis Ansprüche ergeben. Dann wird man unter Umständen auch dazu kommen müssen, daß man hier die Abtretbarkeit - sprich: die Pfändbarkeit - eben doch gewährt, weil die Gläubiger der Anspruchsberechtigten vielleicht mindestens genauso schutzwürdig sein könnten wie diese selbst. Es muß der Zukunft überlassen bleiben, diese Entscheidung dahin noch einmal zu überprüfen, ob wir hier richtig gesehen haben, ob es also tatsächlich ein übertriebener Verwaltungsaufwand sein würde, solchen Gesuchen nachzugehen.
Ich möchte es mit diesen Hinweisen bewenden lassen, nachdem meine Herren Vorredner schon in so überaus gründlicher und zutreffender Weise dieses Gesetz gewürdigt haben, und zum Schluß noch einmal betonen, daß es - neben den Wirkungen für die aus diesem Gesetz Anspruchsberechtigten - besonders wichtig erscheint, daß hier ein Schritt zu einem anderen, vernünftigeren und gesünderen Selbstverständnis unserer Justiz und ihrer Aufgaben getan worden ist.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung, und zwar gleich zur Schlußabstimmung, nachdem in dritter Beratung keine Änderungsanträge vorgelegt worden sind. Wer dem vorliegenden Gesetzentwurf mit den in der zweiten Lesung erfolgten Änderungen in dritter Beratung zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Es ist einstimmige Annahme festzustellen.
Unter Ziffer 2 beantragt der Ausschuß, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. - Kein Widerspruch; das Haus hat so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen
- Drucksache VI/947 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({0})
- Drucksache VI/1498 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Haack Abgeordneter Dr. Stark ({1}) ({2})
Ich rufe zur zweiten Beratung auf. Das Wort wird nicht gewünscht. Einer der Herren Berichterstatter bittet, folgende Korrektur vorzunehmen. Auf Umdruck 95 S) wird beantragt: In Art. 2 Abs. 2 soll jeweils das Wort „Inland" durch die Worte „Geltungsbereich dieses Gesetzes" ersetzt werden. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Umdruck 95 seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen! Sonst liegen keine Änderungsanträge vor.
Ich rufe die Art. 1 bis 5 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wir kommen gleich zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 zur Befreiung der von diplomatischen oder konsularischen Vertretern errichteten Urkunden von der Legalisation
- Drucksache VI/943 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({3})
- Drucksache VI/ 1513 Berichterstatter: Abgeordneter Bauer ({4})
Abgeordneter Alber
({5})
Wird das Wort gewünscht? - Die Herren Berichterstatter verzichten auf die mündliche Berichterstattung. - Eine Aussprache wird nicht gewünscht.
*) Siehe Anlage 7
Vizepräsident Dr. Schmid
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuß schlägt vor, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. - Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, der möge sich von seinem Sitz erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 30. Mai 1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Schadendeckung bei Verkehrsunfällen
- Drucksache VI/780 -Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({6})
- Drucksache VI/1499 Berichterstatter: Abgeordneter Gnädinger
Abgeordneter Dr. Arnold
({7})
Wünschen die Herren Berichterstatter ihren Schriftlichen Bericht zu ergänzen? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Beratung. - Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Artikeln 1, 2 und 3 sowie der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Europäischen Konvention vom 11. Dezember 1953 über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse und zum Zusatzprotokoll vom 3. Juni 1964
- Drucksache VI/1012 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft ({8})
- Drucksache VI/ 1511 Berichterstatter: Abgeordneter Kern ({9})
Der Berichterstatter verzichtet auf einen mündlichen Bericht.
Ich eröffne die zweite Beratung. - Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Artikeln 1, 2 und 3 sowie der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Punkt 8:
Zweite Beratung und Schlußabstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu dem Vierten Protokoll vom 14. November 1967, zu dem Fünften Protokoll vom 19. November 1968 und zu dem Sechsten Protokoll vom 16. Dezember
1969 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Erklärung vom 12. November 1959 über den vorläufigen Beitritt Tunesiens zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen
- Drucksache VI/1241 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({10})
- Drucksache VI/1515 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frerichs ({11})
Der Ausschuß schlägt vor, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Wer zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 9:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Straßen in den Gemeinden 1971
- Drucksache VI/937 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({12})
- Drucksache VI/1522 Berichterstatter: Abgeordneter Tobaben ({13})
Der Herr Berichterstatter verzichtet auf einen mündlichen Bericht.
Ich eröffne die zweite Beratung. - Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer den §§ 1 bis 5 sowie der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht.Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 10:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs
- Drucksache VI/1433 Vizepräsident Dr. Schmid
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({14})
- Drucksache VI/ 1508 Berichterstatter: Abgeordneter Baeuchle ({15})
Wünscht der Herr Berichterstatter seinen Schriftlichen Bericht zu ergänzen? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur zweiten Beratung. - Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich rufe Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift, auf. Wer einverstanden ist, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Die Fraktionen haben mich wissen lassen, daß Erklärungen abgegeben werden sollen. Zur Abgabe einer Erklärung, Herr Ageordneter Lemmrich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Bundestagsfraktion der CDU/CSU möchte ich zu diesem Gesetz folgendes erklären.
Das Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs wurde bis zum 31. Dezember 1970 befristet; es sollte dann durch eine wegekostenorientierte Abgabe ersetzt werden. Bereits bei der Beratung des Gesetzes im Jahre 1968 haben wir deutlich gemacht, daß die derzeitige Regelung trotz gewisser Milderungen eine Benachteiligung der peripheren Gebiete gegenüber den starken Wirtschaftsräumen bringt. Die peripheren Gebiete haben besonders lange Transportwege und sind auf den Straßengüterfernverkehr angewiesen, während die wirtschaftlichen Ballungsräume einen großen Teil im Güternahverkehr, der nicht besteuert ist, bewältigen können. Trotz dieser und manch anderer Bedenken haben wir dem damaligen Gesetzentwurf zugestimmt; er sollte eine befristete Zwischenlösung bis zur Einführung einer Wegekostenabgabe sein.
Der Herr Bundesminister für Verkehr sah diese Steuer mit etwas anderen Augen. Er wollte damit eine Umlenkung von Gütern von der Straße auf die Schiene erreichen. Diesen Zweck hat die Steuer für den gewerblichen Güterfernverkehr nicht erreicht. Der gewerbliche Güterfernverkehr nahm seit 1968 weiter stark zu, so stark, daß der Bundesminister für Verkehr 1970 die Zahl der Konzessionen um 1500 vermehrte. Aber auch der Werkfernverkehr nahm weiter zu.
Der starke Verkehrszuwachs bei der Bundesbahn hat seine Ursache in den beachtlichen Eigenanstrengungen der Deutschen Bundesbahn, deren Handeln durch kaufmännisches Denken bestimmt wird, und in der derzeitigen Überkonjunktur. Die Investitionsmaßnahmen, die aus dem 250-Millionen-DM-Fonds gespeist werden, werden bei der Bundesbahn frühestens 1971 zum Tragen kommen.
Auf eine Kleine Anfrage von mir, dem Kollegen Schmitt und anderen Kollegen meiner Fraktion, in
der wir die Bundesregierung fragten, ob sie willens und in der Lage sei, im Zuge der am 31. Dezember 1970 auslaufenden Straßengüterverkehrsteuer eine wegekostenorientierte fiskalische Belastung des Straßengüterverkehrs herbeizuführen, antwortete der Bundesminister für Verkehr am 25. Mai 1970:
Ja. Die terminliche Planung ist so gestaltet, daß dem Hohen Haus ein entsprechender Gesetzentwurf rechtzeitig genug vorgelegt werden kann, um sein Inkraftsetzen zum 1. Januar 1971 zu ermöglichen.
Heute muß ich feststellen, daß die Bundesregierung ihr Wort nicht gehalten hat. Ihre Fähigkeit, die Probleme vorausschauend zu beurteilen, ist unzureichend. Der ersatzlose Wegfall der Straßengüterverkehrsteuer würde eine beträchtliche Lücke in den Bundeshaushalt reißen. Darüber hinaus würden sich im Bereich des Werkfernverkehrs beträchtliche Unsicherheitsmomente ergeben.
In Anbetracht dieser Gesichtspunkte und in Anbetracht der nicht gehaltenen Zusage der Bundesregierung wird sich die Fraktion der CDU/CSU der Stimme enthalten. Wir erwarten jedoch von der Bundesregierung, daß sie trotz der Schwierigkeiten der Wegekostenfrage den notwendigen Gesetzentwurf zur Ablösung der Straßengüterverkehrsteuer - wie im Ausschuß in Aussicht gestellt - dem Deutschen Bundestag rechtzeitig im kommenden Jahr vorgelegt wird.
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Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dr. Apel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht als Debatteredner vorgesehen, sondern habe nur eine Erklärung meiner Fraktion vorzutragen. Deshalb beschränke ich mich auch darauf, obwohl es natürlich lohnend wäre, Herr Lemmrich, zu Ihren Ausführungen einiges zu sagen.
Im Namen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion gebe ich zur dritten Lesung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs folgende Erklärung ab.
Erstens. Eine Bilanz der Wirksamkeit der durch das Straßengüterverkehrsteuergesetz beschlossenen spezifischen Besteuerung des Straßengüterfernverkehrs zeigt, daß diese Besteuerung die in sie gesetzten Erwartungen voll erfüllt hat. Sie hat die Expansion des Werkfernverkehrs in Grenzen gehalten und eine gesunde Entwicklung des gewerblichen Güterfernverkehrs ermöglicht. Sie hat der Deutschen Bundesbahn zusätzliches Frachtaufkommen zugeleitet.
Es kann aber auch nicht übersehen werden, daß die Straßengüterverkehrsteuer wichtig war für die weitere Beibehaltung des Konzessionierungssystems im gewerblichen Güterfernverkehr. Die Einnahmen aus dieser Steuer haben zudem eine wirksame Starthilfe des Bundes zugunsten des kombinierten Verkehrs möglich gemacht. Gerade aber im kombinierten
Verkehr, in der Kooperation der Verkehrsträger miteinander, liegt die Lösung der Zukunft. Es kann schließlich nicht übersehen werden, daß die Gestaltung der Straßengüterverkehrsteuer regionalpolitisch positiv gewirkt hat und insbesondere den peripheren Gebieten und deutschen Seehäfen in ihrem Wettbewerb mit den Rheinmündungshäfen geholfen hat.
Zweitens. Die Wegekostendebatte der letzten Jahre war nicht sinnlos. Sie hat uns - wenn auch recht grobe - Aussagen über den Anteil der Abgeltung der Wegekosten durch die spezifischen Abgaben der einzelnen Verkehrsträger gebracht. Es kann aber heute nicht übersehen werden, daß die Zeit nicht im entferntesten ausgereicht hat, um eine Wegekostendebatte mit echten Ergebnissen zu führen.
Die jetzige Opposition im Deutschen Bundestag hatte uns bei der Beratung des Verkehrspolitischen Programms gezwungen, einen so frühen Zeitpunkt der Ablösung der Straßengüterverkehrsteuer durch eine Wegekostenabgabe zu setzen. Denn wie der Beschluß des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg vom 6. Oktober 1970 deutlich macht, ist von der Einführung der Mehrwertsteuer in der EWG her eine zeitliche Begrenzung der Erhebung dieser typisch verkehrslenkenden Verkehrsteuer nicht abzuleiten.
Die Wegekostendebatte hat bis heute kein ideales System der Abgeltung der Wegekosten durch die Wegenutzer gebracht. Die sichtbar gewordenen Probleme liegen unter anderem darin, daß entweder die Ausländer nicht der Wegekostenabgabe unterliegen oder die Verwaltungskosten zu groß sind, d. h. daß das Aufkommen einer Wegekostenabgabe die erwarteten Verwaltungskosten nicht rechtfertigt.
Wir sind gezwungen, im Jahre 1971 eine politische Entscheidung zu fällen. Es hat deshalb keinen Sinn, die Wegekostendebatte national neu zu entfachen. Unwahrscheinlich ist auch, daß die EWG bis Ende 1971 eine brauchbare Lösung findet, um im Rahmen des Gemeinsamen Marktes zu einer gerechten Anlastung der Wegekosten zu kommen. Es wird aber vor allem nicht möglich sein, in absehbarer Zeit bestehende Wettbewerbsverzerrungen in der EWG auf Grund unterschiedlicher Belastungen für die Kosten des Fahrweges zu beseitigen.
Drittens. Die SPD-Bundestagsfraktion stimmt der Verlängerungs des Straßengüterverkehrsteuergesetzes um ein Jahr zu. Sie macht jedoch bereits heute die Bundesregierung darauf aufmerksam, daß eine weitere Verlängerung über das Jahr 1971 hinaus nicht denkbar ist. Sie erwartet deswegen von der Bundesregierung, daß sie im Laufe des nächsten Jahres Vorschläge zur Neuordnung der spezifischen Besteuerung des Kfz-Verkehrs vorlegt und dabei auch Wegekostengesichtspunkte mit berücksichtigt.
Die SPD-Bundestagsfraktion ist daran interessiert, daß das Konzessionierungssystem im gewerblichen Güterfernverkehr auch nach 1971 beibehalten bleibt. Sie erwartet deshalb von der Bundesregierung eine
eingehende Prüfung der Konsequenzen, die sich aus dem Auslaufen des Straßengüterverkehrsteuergesetzes für das Konzessionierungssystem ergeben könnten. Die SPD-Fraktion erwartet, daß die Durchsetzung einer größeren Flexibilität im gegenwärtigen Konzessionierungssystem, die schrittweise Anpassung der Zahl der Konzessionen an das Wirtschaftswachstum und die gleichzeitige Einführung eines Lizenzierungssystems für den Werkfernverkehr sicherstellt, daß selbst nach dem Auslaufen des Straßengüterverkehrsteuergesetzes das Konzessionierungssystem für den Güterfernverkehr als stabilisierendes Element der Ordnung dieses Marktes beibehalten werden kann.
({0})
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Ollesch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Verabschiedung des Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs gebe ich für die Fraktion der Freien Demokraten folgende Erklärung ab.
Die Straßengüterverkehrsteuer war seit der Einführung umstritten. Die Freien Demokraten haben bei der Beratung des Verkehrspolitischen Programms der Bundesregierung für die Jahre 1968 bis 1972, in dessen Rahmen die Straßengüterverkehrsteuer eingeführt wurde, diese Straßengüterverkehrsteuer abgelehnt, weil sie der Auffassung waren, daß die angestrebten Ziele, die bei der damaligen Beratung vom Bundesverkehrsminister vorgetragen wurden, mit dieser Steuer nicht erreicht werden würden. Der Nachweis, ob diese Ziele erreicht wurden, ist heute nicht zu führen, da inzwischen Veränderungen der Verkehrsverhältnisse eingetreten sind, die einen solchen Nachweis erschweren.
Die Initiatoren der damaligen Gesetzgebung hatten die Geltungsdauer dieses Gesetzes bis zum 31. Dezember 1970 befristet. Zu diesem Zeitpunkt sollte diese Steuer durch eine an den Wegekosten orientierte Abgabe abgelöst werden. Es ist der Bundesregierung bis heute nicht gelungen, und es wird ihr bis zu diesem Zeitpunkt nicht gelingen, einen Ersatz dieser Steuer durch eine Abgabe zu erreichen, die den Gegebenheiten des Verkehrs in Form einer Anlastung der Wegekosten Rechnung trägt.
Die Freien Demokraten sind bereit, die Geltungsdauer dieses Gesetzes auf ein weiteres Jahr zu befristen und dieser Verlängerung zuzustimmen. Sie erwarten von der Bundesregierung, daß in diesem Zeitraum der gesamte Komplex der Sonderabgaben des Kraftverkehrs in die Behandlung des vorliegenden Themas einbezogen wird, damit es zu einer Abgabenregelung kommt, die die Lasten, die der am Verkehr Teilnehmende der Öffentlichkeit verursacht, gerecht verteilt. Wir hoffen zuversichtlich, daß es gelingen wird, hier im kommenden Jahre eine Regelung zu finden, die einerseits den Bedürfnissen gerecht wird, die andererseits verhindert, daß Lasten einseitig bestimmten Teilnehmern am Straßenverkehr auferlegt werden.
Wir stimmen der Verlängerung dieser Steuer um ein Jahr daher zu.
({0})
Keine Wortmeldungen mehr? Dann kommen wir zur Schlußabstimmung, da keine Anträge gestellt sind. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, der erhebe sich. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden ({0})
- Drucksache VI/1117 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({1})
- Drucksache VI/ 1518 -Berichterstatter:
Abgeordneter Haar ({2}) ({3})
b) Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden ({4})
- Drucksache VI/544 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({5})
- Drucksache VI/1518 - Berichterstatter:
Abgeordneter Haar ({6}) ({7})
Wird auf eine mündliche Ergänzung des Berichts verzichtet? - Das ist der Fall.
Wir kommen zur zweiten Beratung. - Keine Wortmeldungen.
Wir stimmen ab über die §§ 1 bis 17 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. Wir kommen zur
dritten Beratung.
Herr Abgeordneter Vehar!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen der CDU/ CSU-Fraktion habe ich zur dritten Lesung dieses Gesetzes folgende Erklärung abzugeben.
Die Fraktion der CDU/CSU sieht in der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden eine der vordringlichsten Aufgaben ihrer Verkehrspolitik. Im Verfolg dieser Politik hat sie bereits am 17. März dieses Jahres ihren Gesetzentwurf vorgelegt. Zusammen mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 26. August dieses Jahres war dieser Entwurf Gegenstand eingehender Beratungen in den zuständigen Ausschüssen. Im Verlauf der Beratungen des federführenden Ausschusses konnte schließlich eine weitgehende Übereinstimmung über die wichtigsten Vorschriften in beiden Gesetzentwürfen erzielt werden. Dies gilt insbesondere für das Ausmaß der finanziellen Leistungen des Bundes an die Gemeinden.
Die mit diesem Gesetz erreichte Verbesserung für unsere Gemeinden darf uns aber nicht daran hindern, uns schon jetzt mit dringlich notwendigen weiteren Verbesserungsmaßnahmen zu beschäftigen. Denn, meine Damen und Herren, dieses Gesetz schafft gewisse Verbesserungen, aber es löst noch nicht die Probleme, mit denen die Städte und Gemeinden konfrontiert sind. Darüber war sich auch die CDU/CSU-Fraktion bei der Einreichung ihres Gesetzentwurfs völlig im klaren. Diese Probleme sind zwar in unseren Großstädten anders als auf dem flachen Lande, sie sind aber hier wie dort von der gleichen Dringlichkeit.
Es ist sicher richtig, daß nicht der Bund in erster Linie für die Lösung dieser Probleme zuständig ist. Zuständig sind zweifellos in erster Linie die Länder und die Gemeinden selbst. Auf der anderen Seite aber kann sich der Bund seiner Mitverantwortung schon deshalb nicht entziehen, weil es eines seiner verkehrspolitischen Ziele ist und sein muß, ein zusammenhängendes, gut funktionierendes Gesamtverkehrsnetz zu schaffen. Dazu gehört auch ein attraktiver öffentlicher Personennahverkehr, dem neben der verkehrswirtschaftlichen Aufgabe eine bedeutende gesellschaftspolitische Aufgabe zukommt. Immer deutlicher aber wird sichtbar, daß nur eine stärkere Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs der Schlüssel zur Lösung der Verkehrsprobleme besonders im Bereich unserer Ballungszentren ist.
Aus diesem Grunde erfordert der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs ganz erhebliche Investitionen für Fahrwege und Fahrzeuge. Meine Damen und Herren, all das aber können die Städte und Gemeinden nicht allein schaffen. Hier handelt es sich wirklich um eine echte Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Nicht zuletzt deshalb haben wir die ernste Verpflichtung, dieser Aufgabe künftig noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen als bisher, weil mit der Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsverhältnisse auch eine von uns allen dringend erwünschte Hebung der Verkehrssicherheit auf den Straßen erreicht werden kann. Ich möchte in diesem Zusammenhang die den meisten Damen und Herren sicherlich bekannte Feststellung wiederholen, daß sich zirka 80 % aller Straßenverkehrsunfälle in den Städten und Gemeinden ereignen. Auch aus dieser Sicht ist die uns hier gestellte Aufgabe ernst und vordringlich.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der CDU/CSU stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf
zu. Ich bitte Sie, zugleich auch der Entschließung des Verkehrsausschusses Ihre Zustimmung zu geben, damit die 1960 von Ihnen hier in diesem Hohen Hause beschlossene Sonderzuweisung aus der Mineralölsteuer, der sogenannte Gemeindepfennig, wieder in voller Höhe den Gemeinden zufließt.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Haar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzentwurfs über Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden gebe ich für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion folgende Erklärung ab: Für uns bleibt die Aufgabe der Bewältigung der Verkehrsprobleme in den Gemeinden und vor allem auch in den großräumigen Ballungsgebieten eine politische Schwerpunktaufgabe ersten Ranges. Die Welle der individuellen Motorisierung brandet stürmisch und schnell weiter. Mit dem Bau neuer hochleistungsfähiger Verkehrsnetze wird der Versuch iunternommen, diese Welle so gut wie möglich aufzufangen. Umwälzende Strukturveränderungen durch Verlagerung der Verkehrsströme in den Großstädten bahnen sich an. Unbestreitbar kommt dabei dem öffentlichen Nahverkehr eine zentrale Bedeutung zu. Wenn wir überkommene Stadtstrukturen nicht völlig preisgeben und nicht weitere kostbare Bausubstanzen in den Ballungsgebieten opfern wollen, kann die Lösung nur in einer außerordentlichen Steigerung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verkehrsmittel liegen.
Die staatliche Sicherung des Ausbaus und der Modernisierung des innerstädtischen Verkehrs und eine sich weiter steigernde Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden gehören zu der in der Regierungsverantwortung praktizierten Grundkonzeption sozialdemokratischer Verkehrspolitik. Wir begrüßen es, daß mit dem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf über Finanzhilfen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Lösung der aktuellen Verkehrsprobleme getan wird. Dieses Gesetz soll die bisher geltenden Richtlinien, die der Bundesrat seinerzeit erlassen hat, ablösen. Diese Richtlinien haben sich auch in der Vergangenheit bewährt.
Im Rahmen der jetzt vorliegenden gesetzlichen Neuregelung war es möglich, einige wesentliche Änderungen einzuführen. Zu den wichtigen Neuerungen, die dieses Gesetz mit sich bringt, gehört 'die Senkung der sogenannten Bagatellgrenze von 500 000 DM auf 200 000 DM. Dadurch wird es möglich, künftig auch kleinere Vorhaben zu fördern und Projekte in Angriff zu nehmen, die nicht in Ballungsgebieten, sondern in kleineren Städten und in Gemeinden liegen.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ging bei ihrer Entscheidung davon aus, daß bei der Verteilung der Mittel, die sich aus dem Mehraufkommen an Mineralölsteuer ergeben, künftig 55 % für
den kommunalen Straßenbau und 45 % für den öffentlichen Personennahverkehr bereitgestellt werden. Diese Änderung der Aufteilungsquote dient der Förderung von Investitionsvorhaben im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs.
Wir konnten auch nicht den Vorstellungen der Fraktion der CDU/CSU folgen, die in ihrem Entwurf eine Neuaufteilung des Mineralölsteueraufkommens vorgeschlagen hatte.
({0})
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion erwartet, daß der Bundesminister für Verkehr dem Deutschen Bundestag Vorschläge unterbreiten wird, wonach eine weitere, verbesserte Förderung des kommunalen Verkehrswesens möglich ist. Deshalb soll an der bisherigen Verfahrensweise festgehalten werden, daß unter besonderer Berücksichtigung von Dringlichkeitsgesichtspunkten der Bundesminister für Verkehr auf Grund von Vorschlägen der Länder und im Benehmen mit ihnen auch für den öffentlichen Personennahverkehr ein einheitliches Förderungsprogramm für das ganze Bundesgebiet aufstellt.
Einem Teil der Wünsche, die im öffentlichen Anhörungsverfahren vorgetragen und begründet worden sind, ist Rechnung getragen worden. So ist die Einrichtung von besonderen Fahrspuren für Omnibusse zusätzlich in den Katalog der zu fördernden Vorhaben aufgenommen und die Möglichkeit eröffnet worden, allgemein verkehrswichtige Umsteigeanlagen des öffentlichen Personennahverkehrs zu fördern. Diese Erweiterung des Förderungskatalogs ist deshalb besonders bedeutsam, weil wir hier in einer nahtlosen Form den Autoverkehr und den öffentlichen Personennahverkehr miteinander synchronisieren können.
Außerdem wurde erwogen, ob § 5 a des Bundesfernstraßengesetzes zu streichen oder entsprechend dem Regierungsentwurf neuzufassen sei. Wir sind für eine Beibehaltung des § 5 a des Bundesfernstraßengesetzes in geänderter Fassung eingetreten und unterstützen unter Punkt 3 im Antrag des Ausschusses das Ersuchen an die Bundesregierung, jeweils im Straßenbauhaushalt für Zuwendungen im Rahmen des § 5 a des Bundesfernstraßengesetzes zu Straßenbaumaßnahmen der Gemeinden und der Landkreise Mittel vorzusehen, die dem Aufkommen aus der Mineralölsteuer in Höhe von einem Pfennig pro Liter Vergaserkraftstoff entsprechen. Wir verstehen das nach eingehender Erörterung so: Falls die Bundesregierung keine Deckungsmöglichkeit aus den allgemeinen Haushaltsmitteln sieht, müßte das innerhalb des Einzelplans 12 durch Verlagerungen aus dem Fernstraßenhaushalt erfolgen.
Die Kernfrage steht und fällt mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. Der Bundesverkehrsminister hat in seinen Ausführungen zum Verkehrsbericht 1970 bereits Alternativen aufgezeigt, die jetzt zur öffentlichen Diskussion stehen und auch dieses Haus in absehbarer Zeit erneut beschäftigen werden.
Haar ({1})
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion sieht in der Verabschiedung dieses Gesetzes einen wichtigen Schritt für die Verbesserung der Situation in den Gemeinden und geht davon aus, daß auch die Länder, die Städte und die Gemeinden weiterhin alles tun, um in gemeinsamer Anstrengung die immer komplexer werdenden Verkehrsprobleme zu bewältigen. Mit unserer Zustimmung zum Gesetzentwurf in der Fassung der Drucksache VI/1518 und dem Antrag, den Gesetzentwurf Drucksache VI/544 für erledigt zu erklären, gehen wir in die zweite Halbzeit des Verkehrspolitischen Programms der Bundesregierung in der Überzeugung, den vor drei Jahren begonnenen Weg zwar ohne Illusionen, aber mit Erfolg fortzusetzen.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ollesch.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur dritten Lesung des Gesetzentwurfs über die Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden gebe ich für die Fraktion der Freien Demokraten folgende Erklärung ab.
Die ständig zunehmende Motorisierung insbesondere des Individualverkehrs stellt die Gemeinden bei der Regelung ihrer Verkehrsprobleme vor schwere Aufgaben. Sie sind nicht in der Lage, aus eigenen Mitteln und aus den Hilfen des Landes diesen Problemen, die der Verkehr den Gemeinden bringt, allein wirksam zu begegnen. Von daher erhalten die Gemeinden Finanzhilfen des Bundes über die Mineralölsteuer. Diese Finanzhilfen, diese 3 Pf je Liter Kraftstoff, erreichen insgesamt eine Höhe von über 1 Milliarde DM, die den Gemeinden zum Verkehrswegebau und zur Förderung des Personennahverkehrs zugewiesen werden. Wir wissen, daß die Gemeinden eine Erhöhung dieser Mittel wünschen. Die Freien Demokraten waren aber bei der Beratung dieses Gesetzes nicht bereit, den Forderungen der Gemeinden nachzugeben und eine weitere Erhöhung der Mineralölsteuer ins Auge zu fassen. Sie sind der Auffassung, daß die Belastungen, die der deutsche Kraftverkehr, insbesondere der einzelne Kraftfahrer, zu tragen hat, inzwischen ein Maß erreicht haben, das kaum überschritten werden kann. Von daher gesehen müssen für die Zukunft andere Überlegungen zu einer besseren Finanzausstattung angestellt werden.
Die Freien Demokraten sind mit der Aufteilung der zur Verfügung stehenden Mittel - 55 % für den Verkehrswegebau in den Gemeinden und 45 % zur Förderung des Personennahverkehrs -, d. h. mit einer Änderung des bisher geltenden Schlüssels zugunsten der Förderung des Personennahverkehrs, einverstanden, weil sie der Auffassung sind, daß es Aufgabe einer vernünftigen Verkehrsplanung der Gemeinden sein muß, den Individualverkehr möglichst vor den Toren der Stadt aufzuhalten. Hier gilt es, attraktive Nahverkehrsmittel zu schaffen. Diesem Ziel dient die Änderung des Schlüssels.
Die Freien Demokraten stimmen auch der Entschließung des Verkehrsausschusses zu, zusätzlich als Hilfe für die Gemeinden den sogenannten Gemeindepfennig wieder in voller Höhe abzuführen, d. h. ihn nach den Richtlinien und Maßgaben des Bundesverkehrsministeriums in voller Höhe in den Verkehrswegebau der Gemeinden zu leiten.
Wir hoffen, daß, nachdem die Umwandlung der Richtlinien zum vorliegenden Gesetz erfolgt ist, der hier von Vertretern aller Fraktionen bekundete Wille, für eine Regelung der Vekehrsprobleme auf allen Ebenen zu sorgen, nicht allein darin mündet, daß man den Kraftfahrern höhere Leistungen als bisher zumutet. Es muß vielmehr nach Möglichkeiten gesucht werden, aus den Gesamthaushalten sowohl auf der Ebene des Bundes als auch der Länder und Gemeinden diejenigen Mittel bereitzustellen, die zur Bewältigung der vorhandenen und noch
auf uns zukommenden Verkehrsprobleme erforderlich sind.
({0})
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Börner.
({0})
Wollen Sie vor der Abstimmung oder ganz am Schluß über die Ausschußanträge sprechen?
({1})
- Gut, danke!
Wer dem Gesetz in dritter Lesung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.
Das Wort hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Börner.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der soeben vollzogenen Abstimmung und Zustimmung zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ist ein wichtiger Beitrag zur Lösung eines großen gesellschaftspolitischen Problems erbracht. Mit der rechtzeitigen Beschlußfassung des Hohen Hauses ist auch die Möglichkeit gegeben, einen nahtlosen Übergang zu der bisher auf Richtlinien basierenden freiwilligen Lösung zu schaffen. Dies liegt sehr im Interesse der Zuwendungsempfänger, d. h. der Gemeinden.
Ich möchte die Gelegenheit benutzen, Ihnen im Namen der Bundesregierung sehr herzlich für die zügige Behandlung dieses Gesetzentwurfs in den Ausschüssen des Hohen Hauses und hier im Plenum zu danken. Ich glaube, daß damit für die Zukunft die Basis einer guten Gemeindeverkehrspolitik in Zusammenarbeit mit den Ländern, die ja hier eine besondere Aufgabe haben, geschaffen ist. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß uns diese heute
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
diskutierte Frage auch noch in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Sie verbindet daher mit ihrem Dank an das Hohe Haus die Bitte, auch in Zukunft bei den schwierigen Entscheidungen auf diesem Gebiet die Bundesregierung zu unterstützen.
({2})
Meine Damen und Herren, wir kommen noch zu den Anträgen des Ausschusses. Unter Punkt B Ziffer 2 beantragt der Ausschuß, den Antrag, Drucksache VI/544, für erledigt zu erklären. Es handelt sich dabei um den korrespondierenden Gesetzentwurf der Opposition. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Danke schön. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Es ist nunmehr noch über Ziffer 3 zu entscheiden, mit der die Bundesregierung ersucht wird, jeweils im Straßenbauhaushalt für Zuwendungen im Rahmen des § 5 a des Fernstraßengesetzes zu Straßenbaumaßnahmen der Gemeinden und Landkreise bestimmte Mittel vorzusehen. Wir stimmen über diesen Antrag ab. Wer zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Danke schön. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Damit ist der gesamte Antrag des Ausschusses und auch Punkt 11 der heutigen Tagesordnung erledigt.
Ich rufe nunmehr Punkt 12 der heutigen Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schellenberg, Müller ({0}), Schmidt ({1}), Ruf, Liehr, Dr. Götz, Urbaniak und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ({2})
- Drucksache VI/ 1244
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({3})
- Drucksache VI/ 1520 Berichterstatter: Abgeordneter Urbaniak ({4})
Zur Erstattung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung erteile ich Herrn Kollegen Urbaniak das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von den Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ist vom Deutschen Bundestag in der 75. Sitzung am 4. November 1970 dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung und zur Mitberatung dem Wirtschaftsausschuß überwiesen worden. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat die Vorlage am 3. Dezember 1970 abschließend beraten. Der Vorschlag des mitberatenden Wirtschaftsausschusses, auch Versuchsgruben als knappschaftliche Betriebe anzusehen,
wurde übernommen. Die übrigen im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung beschlossenen Änderungen des Gesetzentwurfes verfolgen den Zweck, den Besitzstand der knappschaftlich Versicherten bei allen wirtschaftlichen Konzentrationsmaßnahmen innerhalb des Bergbaus sicherzustellen.
Dieses Gesetz erweitert die Besitzstandsregelung des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes, das im Zusammenhang mit dem Bundesknappschaft-Errichtungsgesetz vom 28. Juli 1969 vom DeutSchen Bundestag verabschiedet wurde. Art. 2 § 1 b des KnappschaftsrentenversicherungsNeuregelungsgesetzes enthält eine Regelung zugunsten knappschaftlich versicherter Arbeitnehmer. Diese Regelung gewährleistet, daß knappschaftlich versicherte Personen, die in Betrieben und Betriebsteilen tätig sind, welche ihre Eigenschaft als knappschaftlicher Betrieb verlieren, weil sie nicht in die Ruhrkohle AG eingebracht werden, weiterhin knappschaftlich versichert bleiben. Sie sollten durch die wirtschaftliche Neuorganisation des Steinkohlebergbaus keine versicherungsrechtlichen Nachteile erfahren. Angesichts der Bildung der Ruhrkohle AG war diese Regelung allein auf wirtschaftliche Zusammenschlüsse im Steinkohlebergbau abgestellt.
Nach Ansicht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung hat sich inzwischen jedoch gezeigt, daß sich auch in anderen Bergbauzweigen Unternehmen zusammenschließen, um leistungsfähig und gegenüber dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben. Der bereits vollzogene Zusammenschluß im Kalibergbau wurde daher durch die Regelung in Art. 2 § 1 b des KnappschaftsrentenversicherungsNeuregelungsgesetzes in der bisherigen Fassung nicht gedeckt. Dieses Gesetz stellt nunmehr sicher, daß knappschaftlich versicherte Arbeitnehmer in Betrieben und Betriebsteilen aller Bergbauzweige weiterhin knappschaftlich versichert bleiben, wenn ihr Betrieb nicht von dem Konzentrationsvorgang zweier oder mehrerer Unternehmen innerhalb dieses Bergbauzweiges erfaßt wird.
Der Gesetzentwurf hatte mit der Besitzstandsregelung zunächst nur gesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse erfaßt. Neben einer Verschmelzung,' Umwandlung oder Sacheinlage gegen Übernahme von Gesellschaftsanteilen kann sich eine Konzentration innerhalb des Bergbaus aber auch durch einen Kauf vollziehen. Der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat dies durch eine entsprechende Fassung des § 1 b Abs. 1 des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes klargestellt.
Während sich der Abs. 1 des § 1 b des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes auf die in den sogenannten Altgesellschaften des Bergbaus verbliebenen Arbeitnehmer bezieht, ermöglicht der neue Abs. 2 die Weiterführung des knappschaftlichen Versicherungsschutzes auch in den Fällen, in denen knappschaftlich versicherte Arbeitnehmer infolge eines Zusammenschlusses von Betrieben, an denen ein knappschaftlicher oder knappschaftlich versicherter Betrieb beteiligt ist, innerhalb von 18 Monaten in einem nicht knappschaftlichen Betrieb oder Betriebsteil tätig werden.
Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode
Der Regelung liegt die Absicht zugrunde, auch knappschaftlich versicherten Arbeitnehmern bei dem im Hüttenbereich vollzogenen Zusammenschluß zwischen der Ilseder Hütte und dem Hüttenbereich der Salzgitter AG den knappschaftlichen Versicherungsschutz zu erhalten, wenn sich der versicherungsrechtliche Charakter eines knappschaftlichen Betriebsteils, in dem sie bereits tätig waren, verändert oder wenn sie ausnahmsweise in einem in die Ilseder Hütte eingebrachten nicht knappschaftlichen Betrieb oder Betriebsteil tätig werden.
Die abstrakt gefaßte Regelung will nur Konzentrationsvorgänge grundsätzlich gesellschaftlicher Art zwischen Unternehmen erfassen, die innerbetriebliche Veränderungen mit versicherungsrechtlichen Auswirkungen für Arbeitnehmer zur Folge haben. Als sonstige Maßnahmen im Sinne dieser Vorschrift könne daher ebenso wie in Art. 2 § 1 Abs. 1 des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes nur die ihnen entsprechenden wirtschaftlichen Vorgänge zwischen Betrieben, z. B. der Kauf, verstanden werden. Die Besitzstandsregelung kann daher z. B. keine Anwendung auf Vorgänge finden, die nur einen einzelnen Betrieb betreffen, wenn also beispielsweise entlassene Arbeitnehmer oder Arbeitnehmer stillgelegter knappschaftlicher Betriebe außerhalb des Bergbaus eine nicht knappschaftlich versicherte Tätigkeit aufnehmen.
Die Weiterführung des knappschaftlichen Versicherungsschutzes ist in allen Fällen auf die einzelne bisher knappschaftlich versicherte Person bezogen. Er endet daher mit dem Ausscheiden des Versicherten aus der Altgesellschaft oder dem durch die erwähnten Maßnahmen übernommenen Betrieb oder Betriebsteil.
Die vom Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung in Ergänzung des Gesetzentwurfs beschlossene Änderung des § 2 des Reichsknappschaftsgesetzes gewährleistet, daß Arbeitnehmer in einer Versuchsgrube des Bergbaus knappschaftlich versichert werden. Die Tätigkeit der Arbeitnehmer in einer Versuchsgrube des Bergbaus dient dazu, die Sicherheit aller Bergleute zu erhöhen. Bei ihrer Arbeit unterliegen sie ebenso wie Bergleute den Gefahren einer knappschaftlichen Tätigkeit. Es ist daher gerechtfertigt, auch eine Versuchsgrube versicherungsrechtlich wie einen knappschaftlichen Betrieb zu behandeln.
({0})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.
Es liegen noch zwei Korrekturen vor. In der Überschrift „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ({0})" ist die Klammerbezeichnung zu streichen. Ferner muß es in Art. 1 des Gesetzentwurfs statt „Bundesknappschafts-Errichtungsgesetz" ,,Bundesknappschaft-Errichtungsgesetz" heißen.
Ich rufe Art. 01, 1, 2, 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Wer dem in zweiter Beratung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke schön.
Wir treten ein in die
dritte Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltung? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
ich rufe nunmehr die Punkte 13 bis 21 der heutigen Tagesordnung auf:
13. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Verwaltungszustellungsgesetzes
- Drucksache VI/1418 14. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes
- Drucksache VI/1439 15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes
- Drucksache VI/ 1440 16. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Einbeziehung von Teilen des Freihafens Hamburg in das Zollgebiet
- Drucksache VI/ 1543 17. Erste Beratung des von den Abgeordneten Porzner, Offergeld, Frau Funcke, Schmidt ({1}), Dr. Ritz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes
Drucksache VI/1424 -Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes
- Drucksache VI/1474
18. Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Elften Strafrechtsänderungsgesetzes
- Drucksache VI/ 1438 19. Erste Beratung des von den Abgeordneten Köster, Frau Schanzenbach, Krall und den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Ersten Gesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung
- Drucksache VI/ 1501 20. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 15. Oktober 1970 zur Änderung des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank
- Drucksache V1/1546 4722
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Das Wort wird nicht begehrt.
Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrats ersehen Sie aus der Tagesordnung. Jedoch sind folgende Änderungen vorgesehen: Die Vorlage Punkt 17 soll an den Finanzausschuß - federführend - sowie an den Ausschuß für Wirtschaft zur Mitberatung überwiesen werden, und an der Beratung der Vorlage Punkt 18 soll auch der Rechtsausschuß beteiligt werden. Ich nehme an, daß bezüglich dieser Änderungen Einigkeit zwischen den Fraktionen besteht. - Ich höre keinen Widerspruch; die Überweisungen zu den Punkten 13 bis 21 sind so beschlossen.
Demnach wurden die Vorlagen wie folgt überwiesen:
Zu Punkt 13: Innenausschuß - federführend - und Rechtsausschuß,
zu Punkt 14: Verteidigungsausschuß und gemäß § 96 der Geschäftsordnung Haushaltsausschuß,
zu Punkt 15: Finanzausschuß - federführend und Ausschuß für Wirtschaft,
zu Punkt 16: Finanzausschuß,
zu Punkt 17: Finanzausschuß federführend
und Ausschuß für Wirtschaft,
zu Punkt 18: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend -, Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit, Innenausschuß und Rechtsausschuß,
zu Punkt 19: Sonderausschuß für die Strafrechtsreform - federführend - und Innenausschuß,
zu Punkt 20: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit - federführend -, Finanzausschuß, Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, Ausschuß für Bildung und Wissenschaft, gemäß § 96 der Geschäftsordnung Haushaltsausschuß,
zu Punkt 21: Ausschuß für Wirtschaft - federführend - und Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Wir kommen dann zu Punkt 22 der heutigen Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Zonenrandgebietes
- Drucksache 171/ 1548 Wer wünscht das Wort? - Herr Abgeordneter Dr. Warnke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion betrachtet diesen Anlaß als ein freudiges Ereignis. Wir freuen uns, daß unser Entwurf eines Zonenrandförderungsgesetzes, den wir im Mai eingebracht hatten, heute einen Bruder bekommen hat. Wir haben allerdings bei näherer Betrachtung, Herr Minister Franke, feststellen müssen, daß er im Vergleich zu seinem älteren Bruder etwas schwächlich geraten ist. Wir müssen hier im Parlament, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der
SPD und der FDP, versuchen, ihn etwas aufzupäppeln.
Dazu einige Hinweise. Unsere Marschroute war die gesetzliche Absicherung des Bestehenden und gleichzeitig maßvolle Verbesserungen. Abgesehen von einem eng umgrenzten Bereich, der mit der Bezeichnung „sozialpolitische Verbesserungen" für unser Empfinden etwas zu anspruchsvoll benannt worden ist und übertriebene Erwartungen weckt, ergibt sich aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht die Absicht, Verbesserungen zu bringen.
Dies gilt insbesondere für die unmittelbare Arbeitnehmerförderung. Da steuerliche Erleichterungen für Arbeitnehmer im Zonenrandgebiet nach der wiederholt hier im Plenum bekräftigten Meinung dieser Bundesregierung ausscheiden, ist eine klare Präferenzierung des Arbeitnehmerwohnungsbaus - des Miet- wie des Eigenheimwohnungsbaus - im Zonenrandgebiet um so unausweichlicher geworden. Der Entwurf der CDU/CSU enthält diese Bestimmung. Er sagt klipp und klar, daß der Wohnungsbau im Zonenrandgebiet mit um ein Drittel höheren Darlehen als im Binnenland zu fördern sei. Das ist nötig, um Menschen im Zonenrandgebiet unmittelbar eine Förderung zuteil werden zu lassen. Das ist aber ebenso nötig, um den strukturpolitischen Bemühungen durch Ansiedlung neuer Industrie und durch Festigung der bestehenden Arbeitsplätze die bis jetzt noch fehlende Bedingung für einen optimalen Erfolg zu schaffen.
Im Entwurf der Bundesregierung steht, daß die oberste Landesbehörde ermächtigt wird, die Darlehenssätze unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Zonenrandgebiet so festzulegen, daß eine tragbare Miete entsteht. Das ist, meine Damen und Herren, nicht nur ein Verschiebebahnhof für die Verantwortlichkeit, sondern das ist auch ein Gummiparagraph, der, so befürchte ich, in seiner Dehnbarkeit entgegen Ihrem Willen in der Praxis geradezu zur Verhinderung der Förderung des Wohnungsbaus im Zonenrandgebiet im Gerangel der Kompetenzen zwischen Bund und Land und innerhalb der einzelnen Länder führen könnte.
Wir werden vorschlagen, im steuerlichen Bereich den kleinen, kapitalschwachen Betrieben durch Bildung einer Rücklage das Ansparen von Investitionen zu erleichtern und auch der breiten Menge der landwirtschaftlichen Betriebe bei ihren heute erheblichen Investitionen die Vergünstigungen der Sonderabschreibungen einzuräumen.
({0})
Wir bedauern,. daß bei den Sonderabschreibungen im Entwurf der Bundesregierung Verschlechterungen gegenüber der bisherigen Situation festgestellt werden müssen. So hat die Regierung die Sonderabschreibungen auf den Bereich der gewerblichen Betriebe beschränkt und damit einmal die landwirtschaftlichen Betriebe ausgeschlossen, die bis jetzt davon profitieren konnten. Sie hat zum andern auch die ärtzlichen Praxen von dieser Förderung ausgeschlossen. Meine Damen und Herren, die moderne Ausstattung ärztlicher Praxen im Zonenrandgebiet
mag man aus der Theorie der Strukturpolitik nicht für förderungswürdig halten, weil sie keine neuen Arbeitsplätze bringen. Aus der Praxis kann ich für mich und meine Kollegen aus dem Zonenrandgebiet sagen: jeden Monat haben wir einen Fall, wo wir die ausländerrechtlichen Ausnahmegenehmigungen erwirken müssen, um einen Türken, einen Kurden, einen Perser dort unterzubringen, weil kein deutscher Arzt mehr dort hingeht. Wenn wir nicht für eine moderne ärztliche Versorgung auch im Zonenrandgebiet steuerlichen Anreiz geben, dann brauchen wir die Infrastrukturförderung, die wir in unseren Entwürfen übereinstimmend so betonen und geradezu in den Mittelpunkt gerückt haben, nicht so stark herauszustellen; denn Infrastruktur bedeutet heute gesteigerten Wohnwert und ordentliche ärztliche Versorgung.
({1})
Eine andere Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand ist bei der Prosperitäts- und Verlustklausel festzustellen, nach der Sonderabschreibungen nicht mehr zur Entstehung oder Erhöhung von Verlusten führen dürfen. Im Bundesrat ist das etwas modifiziert worden, aber es ist im Grundsatz erhalten geblieben. Meine Herren von der Bundesregierung, Sie haben sich hier aus gesellschaftspolitischen Gründen gegen exzessive Abschreibungsmöglichkeiten - GmbH & Co. KG - ausgesprochen. Wir von der Fraktion der CDU/CSU können Ihnen unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nur zustimmen. Diese Art der Vermögensbildungsförderung ist auch nicht die, die wir wünschen. Aber strukturpolitisch beginnen diese Möglichkeiten in besonderen Bereichen, die seit Jahrzehnten zu unseren größten Sorgenkindern gehören - ich nenne den Bayerischen Wald, ich nenne die Oberpfalz und ich nenne die Rhön -, jetzt einen ausgesprochenen Segen zu bewirken. Sie ziehen Investitionen auf Fremdenverkehrsschwerpunkte, wie man sie dort nie gekannt hat, wie man sie dort aber dringend braucht und wie man sie dort ohne diese Möglichkeiten nicht bekommen würde. Vielleicht gelingt es, meine Damen und Herren von der SPD, eine Lösung zu finden, die das gesellschaftspolitische Ärgernis von einem bestimmten Zeitpunkt an beseitigt, aber, sagen wir, in den nächsten fünf Jahren das Erwerbsstreben hier noch in den Dienst der Strukturpolitik zu stellen uns ermöglicht.
Keiner der beiden vorliegenden Gesetzentwürfe hat es unternommen, das Verhältnis der Zonenrandförderung zur Gemeinschaftsaufgabe regionale Wirtschaftspolitik zu klären. Auch die Beratungen des Bundesrates haben keine Klärung gebracht. Wir haben es alle ausgeklammert, und wir laufen nun Gefahr, über mehr oder weniger liebevoller Ausgestaltung der Details die Angelpunkte zu vernachlässigen, in denen das Ganze ruhen soll. Es geht um folgendes. Die Zonenrandförderung muß sicherlich ihren Niederschlag in den regionalen Aktionsprogrammen finden. Wenn die Bereitstellung und Verteilung der Mittel jedoch in vollem Umfang vom Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe „regionale Wirtschaftspolitik" vorgenommen werden sollte, wo Bund und Zonenrandländer zusammen keine
Mehrheit und die Zonenrandländer für sich allein keine Sperrminorität haben, wäre das keine ausgewogene Lösung.
Die Zonenrandförderung darf nicht - darum werden wir uns in den Ausschußberatungen gemeinsam zu bemühen haben - unter die Räder eines Mehrheitsbeschlusses des Planungsausschusses der rein wirtschaftlich begründeten Gemeinschaftsaufgabe „Regionale Wirtschaftspolitik" geraten. Sie ist und muß für uns alle ein Ausgleich der Folgen der deutschen Teilung bleiben. Indem wir uns weigern, die Folgen einer Randlage für ein Gebiet zu akzeptieren, das für uns nicht am Rande, sondern in der Mitte Deutschlands liegt, leisten wir gleichzeitig einen Beitrag zur deutschen Einheit.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Höhmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geschieht das erste Mal, daß eine Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Förderung des Zonenrandgebiets vorlegt, und das Zonenrandgebiet haben wir ja nun schon eine ganze Weile. Seitdem es den Eisernen Vorhang gibt, seit 18 Jahren, haben sich die SPD-Fraktion und auch die anderen Fraktionen dieses Hauses bemüht, die Schwierigkeiten der Spaltung und alle Nachfolgewirkungen zu mildern. Über den Wert oder Unwert einer gesetzlichen Regelung herrschte allerdings bis zum Sommer dieses Jahres in diesem Hause keineswegs Einmütigkeit. Auch in den Fraktionen war zunächst keine Einmütigkeit darüber zu erzielen. Es stellte sich nämlich die Frage, ob die seitherige Regelung nicht anpassungsfähiger sei als eine strenge Gesetzesbindung. Die Änderung eines Gesetzes ist schwieriger als die Fortschreibung und Anpassung von Verordnungen.
In diese Überlegungen hinein kam das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Juli 1970. In diesem Urteil wird schlicht erklärt, daß die im Zonenrandgebiet gewährten Sonderabschreibungen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter nicht weiterhin auf Grund von Verordnungen gewährt werden dürften, die keine gesetzliche Basis hätten. Eine gesetzliche Regelung zumindest dieses Problems war also zwingend notwendig. Daraus ergab sich der Schluß, alle anderen Förderungsmaßnahmen zu überdenken und mit der gesetzlichen Regelung der Sonderabschreibungen zusammenzupacken.
Dies hat die Bundesregierung mit dem vorliegenden Entwurf getan. Die SPD-Fraktion begrüßt diesen Entwurf. Sie sieht in ihm, Herr Kollege Warnke, nicht den schwächlichen Bruder des CDU-Entwurfs. Ob er schwächlich sein wird, muß sich bei den Haushaltsberatungen erweisen. Nicht die Druckerschwärze macht es aus, sondern es kommt darauf an, daß hier Butter zu den Fischen gegeben wird. Wir werden sehen, was da bei den Haushaltsberatungen herauskommen wird. Ich komme darauf noch zu sprechen.
Wir sehen in diesem Entwurf auch einen vorläufigen Abschluß der Bemühungen der Bundestags4724
Höhmann ({0})
fraktion der SPD, die sie seit Bestehen des Eisernen Vorhangs zur Förderung des Zonenrandgebiets angestellt hat. Die SPD-Fraktion dankt dem Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen und seinem Parlamentarischen Staatssekretär für die geleistete Arbeit und für ihren Einsatz für diese gute Sache.
Diese Feststellung gibt Anlaß, darauf hinzuweisen, daß der erste Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Erleichterungen und ein Strukturprogramm für das Zonenrandgebiet schon 1958 von der SPD-Fraktion eingebracht worden ist. Dieser Entwurf wurde aber nie Gesetz, weil seinerzeit CDU/CSU und FDP ihn ablehnten.
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Die jahrelangen Bemühungen um eine wirkungsvollere Förderung blieben eigentlich bis 1964 erfolglos. Damals unternahm der Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen unter seinem damaligen Vorsitzenden Herbert Wehner jene strapaziösen Zonenrandbereisungen, die in einem Ausschußbericht ausmündeten, der zur Folge hatte, daß die Mittel enorm aufgestockt wurden. Wir waren seinerzeit mit dem Ergebnis unserer Beratungen recht zufrieden; es waren entscheidende Verbesserungen möglich.
Die Haushalte der Jahre 1967 und 1968, das Strukturprogramm für Ruhr, Saar und das Zonenrandgebiet brachten weitere Mittelerhöhungen mit sich. Im Jahre 1969 wurden die regionalen Aktionsprogramme erstellt, in denen alle Maßnahmen sinnvoll koordiniert wurden. Das System der Schwerpunkt-und Sonderförderungsorte hat sich bewährt. In jenen Gebieten, wo eine entscheidende Verbesserung durch die Schaffung von Sonderförderungsorten bisher nicht festgestellt werden kann, muß die Bundesregierung einmal überprüfen, woran es liegt, warum es im vierten Land, wie von dort berichtet wird, nicht klappt, während in drei Zonenrandländern Erfolge zu verzeichnen sind.
Was bringt nun das vorliegende Gesetz? Zunächst wird im wesentlichen festgeschrieben, was an Einzelmaßnahmen vorhanden ist. Darüber hinaus werden im Regierungsentwurf eine Reihe begleitender Maßnahmen festgelegt, die für die Strukturverbesserung des Zonenrandgebietes wesentlich sind. So wird neben den steuerlichen Vorschriften und der Wirtschaftsförderung der Verkehrserschließung und der Verkehrsbedienung besondere Aufmerksamkeit zuteil. Daneben soll die Bundesregierung der Schaffung von Verkehrsverbänden besondere Aufmerksamkeit schenken. Diese Regelung soll den Bewohnern des Zonenrandgebietes ein sinnvolles Verkehrsangebot bereitstellen.
Eine weitere die Wirtschaftsförderung begleitende Maßnahme ist die Regelung über das Wohnungswesen. Neben der Bereitstellung zweckgebundener Mittel können die obersten Landesbehörden die Förderungssätze so bemessen, daß eine tragbare Miete oder Belastung gewährleistet ist. Darüber hinaus sollen sie auch zulassen können, daß im Zonenrandgebiet die Einkommensgrenze der Arbeitnehmer für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau angemessen überschritten werden dürfen. Diese Regelung, Herr Kollege Warnke, ist wiederum kein Verschiebebahnhof. Da das Zonenrandgebiet kein einheitliches Gebiet ist, sondern höchst unterschiedlich strukturiert, werden die Länder mit besonderen Maßnahmen gerade da helfen müssen, wo Schwächen sind. Sie brauchen nicht dort besonders einzugreifen, wo die Struktur schon gut ist. Man wird also beispielsweise für den Raum Wolfsburg, für Salzgitter, Peine, Braunschweig, Kassel, Schweinfurt - ich kann sie alle so aufzählen - nicht noch einmal Sonderförderungsmaßnahmen dieser Art treffen müssen; denn dort sind die Leute genauso gestellt wie in den Ballungsgebieten überall in der Bundesrepublik. Die gleiche Überlegung ist auch anzustellen, wenn es um den Arbeitnehmerfreibetrag geht.
'Zum Wohnungsbau muß gesagt werden, daß durch die angemessene Überschreitung von Einkommensgrenzen besonders der Umsetzung von Schlüsselkräften und Fachkräften der Industrie entgegengekommen werden soll. Die Schwierigkeiten mit der Lösung des Arbeitnehmerfreibetrages liegen auch in der unterschiedlichen Strukturierung. Die Räume, die ich genannt habe, von Wolfsburg bis hinunter nach Schweinfurt, können in eine solche Regelung über den Arbeitnehmerfreibetrag nicht einbezogen werden, weil es den Leuten dort besser geht als dem Durchschnitt der Bundesbevölkerung. Dies ist einwandfrei erwiesen. Wenn dem aber so ist, ist natürlich die Schwierigkeit der Abgrenzung gegeben. Soll man das betriebsgebunden machen? Soll man es wohnortgebunden machen? Soll es diese Leute auch treffen, denen es so gut geht wie dem Durchschnitt der Bundesbevölkerung, oder soll man nur die anderen Gebiete, die schwächer strukturiert sind, hier heranziehen? Diese Überlegungen mußten angestellt werden.
Dann kommt zu der regionalen Schwierigkeit noch eine soziale Schwierigkeit. Der Arbeitnehmerfreibetrag hilft nur dem entscheidend, der unverheiratet ist und ein anständiges Einkommen hat. Derjenige, der wenig verdient und eine große Familie hat, hat vom Arbeitnehmerfreibetrag so gut wie nichts; das ist noch nicht einmal ein Päckchen Zigaretten.
Wenn dieses regionale und dieses soziale Argument richtig gewürdigt werden, kann man, wenn man den Orten direkt helfen will, tatsächlich nur in der Weise eingreifen, daß man den Versuch unternimmt, den Wohn- und Freizeitwert des Gebietes für alle zu erhöhen; das sind eben 95 % Arbeitnehmer.
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- Herr Kollege, ich gebe eine Erklärung ab und kann deshalb nicht polemisieren und kann auch keine Zwischenfragen zulassen. - Wenn dem so ist, dann muß man also den Wohn- und Freizeitwert des Gebietes angemessen erhöhen. Da geben der § 6 und der § 7 eine ganze Menge her. Die Bundesregierung will insbesondere die Schaffung von Kindergärten, Stätten der Jugend, Sportstätten, Familienferienstätten und überörtlichen Einrichtungen
Höhmann ({3})
für die ältere Generation fördern. Auch Einrichtungen - -({4})
- „Überörtliche Einrichtungen für die ältere Generation", das steht, glaube ich, so im Gesetzentwurf, Herr Kollege.
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Das können Altersheime sein, das können Pflegeheime sein, das können Altenwohnungen sein. Wenn ich dies alles expressis verbis in ein Gesetz einfügen will, bekomme ich ein dickes Buch, und das hat ja keinen Sinn, verehrter Herr Kollege.
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Diese Möglichkeiten sind also gegeben.
Die Koalitionsfraktionen sind sich darin einig, daß dies nicht nur Druckerschwärze auf Papier bleiben darf. Sie sind deshalb bereit, entsprechende neue Haushaltstitel im Verlaufe dieser Beratungen schon für das Jahr 1971 zu schaffen und vorhandene Haushaltstitel entsprechend aufzustocken. Im Verlaufe der Beratungen im Haushaltsausschuß werden die Koalitionsfraktionen diese hier von mir angesprochenen Titel um etwa - so sind wir übereingekommen - 80 Millionen DM für 1971 aufstocken. Hier ist eben der schwächliche Bruder nun doch recht stattlich geworden. Ich kann mir auch denken, daß, wenn diese Maßnahmen erst laufen, man unter Umständen darangehen muß, diese 80 Millionen einmal zu überschreiten. Ich halte dies jedenfalls für eine gute Lösung. Daß wir so weit gekommen sind - und nun mit Hilfe des Bundesfinanzministers auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung bekommen -, ist eine Sache, die sich durchaus sehen lassen kann.
In diese flankierenden Maßnahmen sind auch Förderungsmaßnahmen einbegriffen, die über das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen für den Schulbau und sonstige kulturelle Einrichtungen im Zonenrandgebiet zur Verfügung stehen.
Der Bundesrat hat eine Reihe von Ergänzungsund Verbesserungsvorschlägen gemacht, denen die Fraktion der SPD weithin zustimmen kann. Die Bundestagsfraktion der SPD vermag allerdings jenem Bundesratsvorschlag nicht zuzustimmen, der dahin geht, daß in den §§ 6 und 7 die Worte „im Benehmen mit den Ländern" durch die Worte „auf Vorschlag des Landes" ersetzt werden sollen. Wir sind der Meinung, daß der Bund sein Mitspracherecht nicht in der Weise abschwächen darf. Man sollte es eher verstärken als abschwächen.
Wir knüpfen an dieses Gesetz die Erwartung, daß die regionalen Förderungsprogramme, soweit sie das Zonenrandgebiet betreffen, sinnvoll fortgesetzt werden, und richten an die Bundesregierung die Bitte, die im Gesetz festgelegte Prosperitätsklausel, welche durch die Bundesratsvorschläge, denen wir zustimmen, eine entscheidende Verbesserung erfahren hat, durch Richtlinien so zu regeln, daß eine einheitliche und großzügige Handhabung in allen Regionen des Zonenrandgebietes gewährleistet ist.
Die SPD-Fraktion wird im Verlauf der Ausschußberatungen eine Erweiterung des § 6 anstreben: die Krankenversorgung in den ländlichen Regionen - Herr Kollege Warnke, Sie sprachen es an - sollte durch besondere Anreize .zur Ansiedlung von Ärzten entscheidend verbessert werden.
Die SPD-Bundestagsfraktion legt Wert auf eine zügige Beratung des Gesetzentwurfs, damit durch eine baldige Verabschiedung der Bevölkerung im Zonenrandgebiet weitere entscheidende Hilfen geboten werden können.
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Das Wort hat ,der Herr Abgeordnete Graaff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten begrüßt die Vorlage eines Gesetzes zur Förderung des Zonenrandgebietes. Man könnte allerdings verführt sein, anzunehmen, es wäre heute ein Anachronismus, ein solches Gesetz vorzulegen, nachdem seit mehr als zwei Jahrzehnten das Zonenrandgebiet im öffentlichen Interesse steht und auch laufend eine entsprechende Förderung gefunden hat. Ich glaube auch, daß das Argument der rechtlichen Klarstellung allein noch nicht die Basis für dieses Gesetz geben könnte. Mir scheint hinzuzukommen, daß das Zonenrandgebiet im Zuge der weiteren Vollendung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft immer weiter an den Rand dieses größeren Wirtschaftsraumes rückt und daß die Gefahr besteht, daß beim Übergang von Kompetenzen aus der deutschen nationalen Zuständigkeit auf die Behörden in Brüssel das Zonenrandgebiet nicht mehr die Beachtung finden könnte, die wir ihm zumessen und auch in der Zukunft zumessen wollen. Das ist der Grund, weshalb wir die Vorlage dieses Gesetzes begrüßen.
Wir begrüßen, daß dieses Gesetz eine Reihe von begleitenden Maßnahmen zum erstenmal fixiert, die teilweise auch schon in früheren Förderungsprogrammen eine gewisse Berücksichtigung gefunden haben. Wir freuen uns aber ganz besonders, daß die Finanzierung sozialer Maßnahmen, die sich als Folge der wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Änderungen, die wir durch die laufende Förderung erreichen, als notwendig erweisen, nunmehr gesichert werden kann. Wir möchten allerdings auch davor warnen, daß das Gesetz dazu führen könnte, daß eine gewisse großzügige Handhabung der Zonenrandförderung durch die Verwaltung, wie sie zeitweilig und teilweise bisher festzustellen war, durch das Gesetz eingeschränkt werden könnte. Wir hoffen, daß die Verwaltung dieses Gesetz mit der gleichen Flexibilität praktiziert, wie sie es bisher im Verwaltungswege schon getan hat.
Wir haben allerdings Bedenken, ,die ich jetzt schon anmelden möchte. Wir müssen bei den Ausschußberatungen noch sehr intensiv darüber nachdenken, ob nicht einige Punkte des Gesetzes einer Verbesserung bedürfen. Eine Reihe dieser Probleme ist
hier angeschnitten worden. Ich möchte sie nicht wiederholen. Wir befinden uns in Übereinstimmung mit den Vorschlägen des Bundesrates, wenn wir hier insbesondere darauf hinweisen, daß uns die Einschränkung der Sonderabschreibungen für wirtschaftliche Förderungen zu weit zu gehen scheint. Wir müßten im Ausschuß sehr genau prüfen, wie die Frage gesellschaftspolitisch unerwünschter Wirkungen, die sich aus diesem Gesetz ableiten lassen, vermieden werden, ohne das die wirtschaftspolitische Förderung, die ja für das Zonenrandgebiet notwendig ist, verhindert wird. Wir hoffen, daß uns die Ausschußberatungen hier zu einer praktikablen Lösung verhelfen werden.
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Wir stehen am Schluß der Aussprache in der ersten Lesung.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Entwurf dem Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen - federführend - sowie zur Mitberatung dem Ausschuß für Wirtschaft und dem Finanzausschuß und dem Hausahltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. - Ich höre keinen Widerspruch, es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 23 der heutigen Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die verbilligte Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von bundeseigenen Grundstücken
- Drucksache VI/ 1459 Das Wort zur Begründung hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Reischl.
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf sieht eine Ermächtigung des Bundesministers der Finanzen vor, bundeseigene Grundstücke für bestimmte Zwecke entgegen den allgemeinen haushaltsrechtlichen Vorschriften unter dem vollen Wert zu veräußern, zu vermieten oder zu verpachten. Ziel des Gesetzes ist es, stärker als bisher die Durchführung von Aufgaben zu erleichtern, die der Bundesregierung entsprechend der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers als besonders förderungswürdig erscheinen. Gedacht ist an die verbilligte Bereitstellung bundeseigener Grundstücke unter anderem für den Wohnungsbau, für Bildung und Wissenschaft, für Jugend- und Sporthilfe sowie für die Förderung wirtschaftlich schwächerer Gebiete, um nur einige wenige Beispiele zu nennen.
Der breite Katalog von Förderungsmaßnahmen, die der Entwurf enthält, macht ein besonderes Gesetz erforderlich. Das bisherige Verfahren der bloßen Haushaltsermächtigung, das sich im übrigen fast ausschließlich auf die verbilligte Veräußerung von unbebauten Grundstücken für den Wohnungsbau bezog, hat sich schon wegen der zeitlichen Beschränkung auf jeweils ein Haushaltsjahr als wenig praktikabel erwiesen.
Die besondere Bedeutung eines eigenen Gesetzes aber sieht die Bundesregierung in der signal-und beispielgebenden Wirkung auf die Bundesländer und Gemeinden. Die Bundesregierung erwartet, daß Länder und Gemeinden mit ihrem erhebliche Grundbesitz dem Beispiel des Bundes folgen und auch ihrerseits für die in dem Gesetz genannten Aufgaben Grundstücke verbilligt zur Verfügung stellen. Ein solches Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden würde nach Überzeugung der Bundesregierung entscheidend zu einer Beruhigung der Preisentwicklung auf dem Grundstücksmarkt beitragen.
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Abgeordnete Mick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur einige wenige Worte! Wir haben hier - und das ist gut so - den besser ausgestatteten Nachfolger eines Gesetzes vom 22. Februar 1961, basierend auf einer Entschließung des Deutschen Bundestages. Es ist ein besser ausgestatteter Nachfolger, weil dieses Gesetz nicht allein auf den sozialen Wohnungsbau ausgerichtet ist.
Verehrter Herr Staatssekretär, dieselbe Begründung, die Sie jetzt für diesen Gesetzentwurf gegeben haben, hat damals Staatssekretär Ernst vom Bundeswohnungsbauministerium für die gleiche Maßnahme gegeben, damals allerdings unter großer Skepsis der Opposition. Diese Skepsis der Opposition ist auch heute wieder vorhanden, und zwar aus den Erfahrungen, die wir damals gemacht haben.
Vor allem, Herr Staatssekretär - ich sage das jetzt völlig unpolemisch - kommt es entscheidend darauf an, daß die Bürokratie - auch die Ministerialbürokratie - ein solches Gesetz großzügig handhabt und sich nicht über Jahre an Grundstücken festhält, die sich für den in dem Gesetz vorgesehenen Zweck eignen.
({0})
Ich wäre dankbar, wenn die Bundesregierung, insonderheit der Bundesfinanzminister, darüber wachte, daß von der Bürokratie her großzügig und schnell verfahren wird.
Ich kenne von der ersten gesetzlichen Maßnahme her Grundstücksveräußerungen, bei denen der Grundstückpreis, hätte man die „Arbeitsleistung" der Bürokratie mitbezahlen müssen, unerschwinglich gewesen wäre. Daher also die Bitte, großzügig und schnell zu verfahren; denn allein dann kann ein solches Gesetz den gewünschten Zweck erfüllen, soweit überhaupt genügend Grundstücke vorhanden sind.
Ich möchte hoffen, daß in den letzten Jahren einiges freigesetzt worden ist, was bei der damaliMick
gen Überprüfung noch irgendwie auf bürokratische Hemmnisse stieß, weil man diese Grundstücke ja unter Umständen noch einmal brauchen könnte. Das kam mir damals so vor wie die Flicklappenkiste der Hausfrau, wo die Hausfrau jeden Lappen aufbewahrt, weil sie denkt: das könnte man noch einmal brauchen. Schlimmstenfalls aber kann man einen Flicklappen auch neu kaufen; dann ist er billiger, als wenn man ihn' jahrelang liegen läßt und nicht dem Zweck zuführt, für den er eigentlich goldrichtig wäre.
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Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Hörmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrag der Fraktion der SPD darf ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf folgende Erklärung abgeben.
Die Fraktion der SPD begrüßt die Vorlage dieses Gesetzentwurfs über die verbilligte Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von bundeseigenen Grundstücken. Der für Aufgaben des Bundes nicht benutzte Grundbesitz soll damit stärker als bisher zur Nutzung unter anderem und insbesondere für die Förderung des Wohnungsbaus, der Eigentumsbildung, von Bildung und Wissenschaft, der Jugend-und Familienhilfe, des Sports, der Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen herangezogen werden.
Der für Zwecke des Gesetzes zur Verfügung stehende Grundbesitz stammt hauptsächlich aus dem Vermögen des ehemaligen Deutschen Reiches. Es handelt sich vorwiegend um frühere militärische Liegenschaften, die nicht mehr für Aufgaben des Bundes benötigt werden. Der Umfang dieses Vermögens beläuft sich auf rund 34 000 ha. Davon entfallen auf unbebaute Grundstücke rund 16 000 ha, auf bebaute und teilbebaute Grundstücke rund 18 000 ha. Der Fächer der unbebauten Grundstücke reicht vom Sumpf- und Dünengelände über Ackerland und Forstflächen bis zum Bauerwartungsland und ausgewiesenem Wohn- und Gewerbe-Baugelände.
Unter den bebauten und teilbebauten Grundstücken befinden sich unter anderem Wohngebäude und Betriebsgrundstücke, ehemalige Kasernenanlagen, Lazarette und Verpflegungsämter, ehemalige Flugplätze, Munitionsanstalten und Schießplätze.
Es wird damit gerechnet, daß für Zwecke des Wohnungsbaus aus Bundesbesitz in den nächsten Jahren noch etwa 500 bis 1000 ha bereitgestellt werden können. Der Umfang der für gewerbliche und sonstige Zwecke einzusetzenden Grundstücke hängt neben der Beschaffenheit entscheidend von den Leitplanungen der Länder und Gemeinden und der Nachfrage von Interessenten ab. Sichere Voraussagen sind deshalb nicht möglich.
Da der Bund bei der Veräußerung, Vermietung und Verpachtung nach den Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung grundsätzlich gehalten ist, den
vollen Wert, also den Marktpreis, als Erlös oder Miete zu fordern, soll durch dieses Gesetz die Grundlage für eine Verbilligung der Grundstücke als Ausnahmeregelung bei Verwendung im oben beschriebenen Rahmen geschaffen werden. Die Preisgestaltung selbst hängt im wesentlichen von der Lage, Größe und Beschaffenheit der Grundstücke sowie dem allgemeinen Preisniveau ab. Auf den Verkehrswert, d. h. den Marktpreis der Grundstücke, wird sodann ein Preisnachlaß von bis zu 30 % bei Veräußerung und bis zu 50 % bei der Vermietung oder Verpachtung gewährt.
Bisher wurden auf Grund der jährlichen Haushaltsgesetze Ausnahmen von den Vorschriften des Haushaltsrechts gemacht, und zwar im wesentlichen für Zwecke des Wohnungsbaus. Das vorgesehene Gesetz dehnt diese Ausnahmen erheblich aus und sichert zugleich eine Dauerlösung.
Zu einzelnen Ausnahmebestimmungen merke ich folgendes an. Die Zweckbestimmung für den Wohnungsbau wurde gegenüber früher auf den gesamten steuerbegünstigten Wohnungsbau ausgedehnt. Ferner ist es jetzt möglich, auch schon vorhandene Wohnungen in die Verbilligungsaktion mit einzubeziehen.
Mit der Verbilligung bundeseigener Grundstücke für die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur in bestimmten Förderungsgebieten soll eine Ausrichtung auf die sonstigen wirtschaftsfördernden Maßnahmen des Bundes - Steuervergünstigungen oder Darlehen - erreicht werden.
Durch die Einbeziehung der Jugendförderung in das Gesetz kann eine tatkräftige Unterstützung der Arbeiten auf diesem Gebiet durch eine finanzielle Entlastung der Träger dieser Aufgaben erreicht werden. Dies gilt vor allem für eine ganze Reihe von Grundstücken im Gebiet der deutschen Nord-und Ostseeküste, die schon bisher verschiedenen Jugendwerken überlassen waren und wegen der ortsüblichen Miete einen nicht unbeträchtlichen Teil der diesen zur Verfügung stehenden, meist ohnehin aus öffentlichen Zuwendungen stammenden Mittel aufzehrten.
Die Zweckbestimmung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen wird vor allem in den Orten Bedeutung erlangen, in denen nach der Reichsgründung im Jahre 1871 Militäranlagen erstellt worden sind, die infolge der inzwischen eingetretenen Entwicklung heute störend im Weichbild der Städte liegen oder ohnehin nicht mehr für militärische Zwecke genutzt werden.
Zu § 1: Wir gehen davon aus, daß der Bund unbebaute Grundstücke vorwiegend an Gemeinden veräußert, die sie ihrerseits auch an Einzeleigentümer veräußern, verpachten oder vermieten können. Auf diese Weise ist sichergestellt, daß den Zielen der städtebaulichen Planung entsprochen wird.
Trotz dieser zu begrüßenden Maßnahme der Bundesregierung wäre es falsch anzunehmen, daß dadurch schon die Probleme von zuwenig Grund und Boden - gemessen an der Nachfrage und auch am Bedarf gelöst wären.
Hörmann ({0})
Auch kann es nicht Sinn und Zweck dieses Gesetzes sein, durch den Bund Kundigen an schönen Hanglagen in der Umgebung verbilligte Grundstücke zu beschaffen.
Eine unmittelbare Beeinflussung der Grundstückspreise durch das Gesetz wird in den Fällen möglich sein, in denen der Bund über größere und zusammenhängende Liegenschaften verfügt. Das gilt z. B. für Teile des norddeutschen Küstenbereichs und bestimmte Randgebiete der Bundesrepublik.
Im übrigen werden aber weitergehende mittelbare Auswirkungen erhofft. Vor allem wird erwartet, daß der Bund mit seinem Beispiel nicht allein bleibt, sondern daß auch die Länder und Gemeinden, die ihrerseits über einen erheblichen Grundbesitz verfügen, dem Signal des Bundes folgen.
Die Fraktion der SPD hofft auf eine zügige Beratung dieses Gesetzentwurfs in den beteiligten Ausschüssen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wurbs.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten begrüßt die Gesetzesinitiative der Bundesregierung. Bisher scheiterte eine verbilligte Abgabe von bundeseigenen Liegenschaften an den haushaltsrechtlichen Bestimmungen. Nunmehr soll der Bundesminister der Finanzen ermächtigt werden, entsprechende Liegenschaften verbilligt zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, gerade im Zusammenhang mit der sich abzeichnenden Städtesanierung und mit Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes wird es unerläßlich sein, künftighin auch auf Grundstücke des Bundes für Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen zurückzugreifen. Ich hoffe auch, daß diese Maßnahmen, wenn sie zügig praktiziert werden, den Gemeinden und den Ländern einen Anreiz geben, in entsprechender Form zu verfahren.
Ich hoffe, daß der Bund von der Möglichkeit, Liegenschaften verbilligt zur Verfügung zu stellen, auch in reichlichem Maße Gebrauch macht, damit den Anforderungen, die auf uns zukommen, Rechnung getragen wird.
({0})
Wir stehen am Ende der ersten Beratung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Haushaltsausschuß als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen zur Mitberatung zu überweisen. Andere Anträge sind nicht gestellt. - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines . . . Gesetzes
zur Änderung des Grundgesetzes ({0})
- Drucksache VI/1479 Das Wort zur Begründung hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dorn.
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist ein weiterer Schritt zur Stärkung der Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland, wenn wir hier die richtigen Konsequenzen ziehen.
Die erste Lesung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes hat gezeigt, daß in diesem Hause in der Sache Bedenken gegen eine Ausdehnung des Tätigkeitsbereichs der Verfassungsschutzbehörden auf bestimmte Bestrebungen von Ausländern nicht bestehen.
Zweifel bestehen nur, ob tatsächlich eine Grundgesetzänderung erforderlich ist.
Die Bundesregierung hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß vor Ablauf der Arbeiten der vom Bundestag eingesetzten Enquête-Kommission zur Verfassungsreform Grundgesetzänderungen allenfalls dann vorgeschlagen werden sollen, wenn sie sich auch bei Anlegung eines strengen Maßstabes als besonders vordringlich erweisen.
Es ist nicht zu verkennen, daß sich bestimmte Bestrebungen ausländischer Gruppen unter Umständen auch gegen Grundlagen unserer Verfassungsordnung wenden können und dann die gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Grundlagen ausreichen mögen. Das gilt aber nicht für alle Fälle, in denen eine Tätigkeit ,der Verfassungsschutzbehörden geboten erscheint. Verfassungsschutz bedeutet Schutz gegen Anschläge auf Grundlagen unserer rechtlichen und politischen Ordnung.
Die Aktivität der radikalen Ausländergruppen hat oft eine ganz andere Zielrichtung. Sie richtet sich gegen die Ordnung in ihrem Heimatstaat oder gegen die Sicherheit ihres Gastlandes. In beiden Fällen können Angriffsobjekt andere Rechtsgüter als unsere Verfassungsordnung sein.
Um jeden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Vorgehens der zuständigen Stellen auch in solchen Fällen auszuschließen, hat die Bundesregierung - der Empfehlung des Bundesrates folgend - eine verfassungsrechtliche Absicherung durch Ergänzung der Art. 73 Nr. 10 und 87 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes vorgeschlagen.
Mit diesem Entwurf, meine Damen und Herren, werden nicht Kompetenzen der Länder auf den Bund verlagert, sondern es wird eine Lücke unserer Rechtsordnung geschlossen, die sich aus der zunehmenden Aktivität von Ausländern in der Bundesrepublik ergeben hat. Deswegen erbittet die Bundesregierung Ihre Zustimmung.
({1})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schneider.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kaum jemand in unserem Lande, auf keinen Fall ein sachkundiges Mitglied dieses Hauses, wird behaupten, daß es im Augenblick um die Beobachtung der radikalen politischen Bestrebungen von Ausländern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufs beste bestellt sei. Es fehlt an vollständigen, qualifizierten und rechtzeitigen Informationen über extremistische und militante Ausländer. Es ist daher im Interesse der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gelegen und zwingend erforderlich, eine überregionale Behörde zu schaffen, die für die Sammlung und Auswertung einschlägiger Informationen zuständig sein sollte. Die Bestimmungen des Verfassungsschutzes müssen so eindeutig und ausreichend gefaßt werden, daß die Organe des Verfassungsschutzes ein Höchstmaß an präventivem Verfassungsschutz leisten können, und zwar im 'Interesse der deutschen Bevölkerung, aber gewiß auch im Interesse unserer ausländischen Gäste selbst.
Wir begrüßen daher den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Wir werden ihm unter dem Vorbehalt zustimmen, daß das Folgegesetz auf Grund der neuen Verfassungslage eine Fassung erhält, die mit unseren Vorstellungen übereinstimmt. Wir gehen davon aus, daß dies der Fall sein wird.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Sieglerschmidt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anläßlich der Einbringung des Entwurfs eines Änderungsgesetzes zum Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes am 14. Oktober dieses Jahres hatte ich schon Gelegenheit, den Standpunkt meiner Fraktion zu den vorgesehenen Ergänzungen dieses Gesetzes darzulegen. In diesem Zusammenhang wurde bereits die angekündigte Vorlage einer entsprechenden Grundgesetzänderung gestreift.
Wenn den Verfassungsschutzbehörden eine neue Aufgabe übertragen werden soll, wird man besonders darauf zu achten haben, daß diese Übertragung mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Andererseits werden wir angesichts des allseitigen berechtigten Unbehagens - Herr Staatssekretär Dorn hat soeben auch noch einmal davon gesprochen - gegenüber einer nicht abreißenden Kette einzelner Grundgesetzänderungen bestrebt sein müssen, jede vermeidbare Änderung des Grundgesetzes zu unterlassen.
Die Bundesregierung bezeichnet in der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs die Übertragung der nuen Aufgaben ohne Änderung des Grundgesetzes sorgfältig formuliert als „verfassungsrechtlich nicht unzweifelhaft". Der Bundesrat
hält demgegenüber eine entsprechende Ergänzung des Grundgesetzes für erforderlich. In seinen Ausschüssen und im zuständigen Unterausschuß gab es allerdings in diesem Zusammenhang unterschiedliche Meinungen. Unter diesen Umständen wird die Frage, ob die vorgesehene Ergänzung des Grundgesetzes unvermeidbar ist, in den zuständigen Ausschüssen sorgfältig geprüft werden müssen. Dabei wird u. a. in Betracht zu ziehen sein, daß die Kompetenzen der Verfassungsschutzbehörden, ihre Aufgaben, erst in § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 definiert worden sind. Der Begriff „Verfassungsschutz" wurde jedoch schon, ohne daß man ihn definiert hätte, in den einschlägigen Bestimmungen des Grundgesetzes, nämlich in Art. 73 Nr. 10 und Art, 87 Abs. 1, verwendet.
Es wird ferner zu überlegen sein, inwieweit eine Ergänzung des Grundgesetzes in diesem Zusammenhang durch eine Änderung der Vorlage des einfachen Gesetzes überflüssig werden könnte. Dabei werden die Kriterien für die Überwachung der Bestrebungen von Ausländern in dieser Hinsicht zu überprüfen sein.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Kleinert.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es bei dieser Grundgesetzänderung mit der anderen Seite einer Medaille zu tun, auf die wir in unserer Nachkriegstradition in diesem Land stolz sein können, nämlich unserer unbedingten Gastfreundschaft und unserer sehr großzügigen Auffassung vom Asylrecht, das wir einer großen Anzahl von Ausländern verschiedenster Herkunft gewährt haben. Daraus haben sich, wie allseits bekannt und hier heute auch wieder anerkannt worden ist, Probleme ergeben, die nach Auffassung unserer Fraktion an sich mit den gegebenen Möglichkeiten kontrolliert werden könnten.
Gerade auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes und der präventivpolizeilichen Tätigkeit muß unseres Erachtens auch der Anschein einer mangelnden gesetzlichen Grundlage vermieden werden. Damit letzte Klarheit geschaffen wird, sollte daher diese Grundgesetzänderung trotz all der von den Herren Vorrednern schon vorgetragenen Bedenken - insbesondere in bezug auf die Notwendigkeit einer gründlicheren und dann einmaligen Änderung des Grundgesetzes - vollzogen werden. Damit wird auch der Schein einer mangelnden Rechtsbasis für die dringend erforderlichen Aktivitäten des Verfassungsschutzes und der Kriminalpolizei auf Bundesebene vermieden. Deshalb werden wir diesem Entwurf zustimmen.
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Wir stehen am Ende der ersten Beratung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuß - federführend - und an den In4730
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
nenausschuß zur Mitberatung zu überweisen. - Es
erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Roser, Dr. Martin, Röhner, Dr. Probst, Dr. Schneider ({0}), Niegel und Genossen
betr. soziale Lage der verheirateten Studenten
- Drucksache VI/1419 Das Wort wird nicht begehrt. Der Überweisungsvorschlag des Ältestenrates liegt Ihnen vor. Der Ausschuß für Bildung und Wissenschaft soll federführend sein, der Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen, der Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit sowie der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung sollen mitberaten. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 26 der heutigen Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({1})
über den Antrag der Fraktionen der SPD, FDP betr. Hochwasserkatastrophe im Februar 1970 über den Antrag der Abgeordneten Dr. Martin, Baier, von Alten-Nordheim, Haase ({2}), Josten, Röhner, Erhard ({3}), Dr. Miltner, Hussing, Schulte ({4}), Lenzer, Susset, Dr. Lenz ({5}), Weber ({6}), Rösing, Zink, Picard, Frau Dr. Walz, Niegel und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Hochwasserschäden im Bundesgebiet
- Drucksache VI/506, VI/538, VI/ 1454 - Berichterstatter: Abgeordneter Lensing
Der Berichterstatter wünscht nicht das Wort zur Ergänzung des Mündlichen Berichts. Ich danke Ihnen, Herr Berichterstatter. Das Wort wünscht der Herr Abgeordnete Josten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Anträgen der drei Bundestagsfraktionen betr. Hochwasserkatastrophe im Bundesgebiet 1970 möchte ich einen wichtigen Hinweis geben. Wir brauchen einen Plan zur Wasserbewältigung. Das ist nicht nur der Wunsch aller bisher bei Überschwemmungen Geschädigten. Wir müssen mit Hilfe von Stau- und Rückhaltebecken den Hochwasserschutz sichern. Hierdurch könnte auch die Gewinnung von Trinkwasser für bestimmte Ballungsräume koordiniert werden. Diese Pläne müßten in Verbindung mit den Ländern für die einzelnen Flüsse ausgearbeitet werden.
Natürlich handelt es sich hier um Millionenprojekte. Doch ist dies, auf die Dauer gesehen, die beste und auch billigste Lösung. Die Schäden, die in diesem Jahr durch Hochwasser entstanden sind, gehen in die Millionen. Wir am Rhein und an seinen Nebenflüssen sagen: Das nächste Hochwasser kommt bestimmt.
In einer Fragestunde im April dieses Jahres hatte ich gefragt, wie weit die Pläne zur Verhinderung von Hochwasser des Rheins und seiner Nebenflüsse beim Bundesminister für Verkehr gediehen sind. Der hier anwesende Kollege Börner, unser Parlamentarischer Staatssekretär, hatte damals auf die Kompetenzverteilung im Grundgesetz hingewiesen jedoch die Zusammenarbeit mit den Ländern betont. Hier dürfen keine Schwierigkeiten entstehen, die nicht zu beheben wären.
Daraus ergibt sich meine Bitte an unseren Verkehrsminister und an den Finanzminister. Minister Leber soll von seinem Ministerium aus mit den jeweils zuständigen Ländern Pläne zur Wasserbewältigung ausarbeiten lassen, und Minister Dr. Möller soll bei seiner nächsten Finanzvorlage die ersten Ansätze hierfür vorsehen. Sicherlich werden wir dann den richtigen Anfang machen, um zukünftige Überschwemmungen in den möglichen Grenzen zu halten.
Meine Damen und Herren, der Ausschuß schlägt vor, die Anträge auf den Drucksachen VI/506 und VI/538 für erledigt zu erklären. Wer dem zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. - Ich danke Ihnen. Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen ({0}) über die Vorlage der Bundesregierung betr. Bericht über den Bezug von Zeitungen und Zeitschriften aus der DDR
- Drucksachen VI/641, VI/1441 - Berichterstatter:
Abgeordneter Reddemann Abgeordneter Dr. Kreutzmann
Der Herr Berichterstatter Reddemann erbittet das Wort zur Ergänzung des Berichts.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Seit dem Beschluß des Bundestages vom 29. Mai 1968 ist die Bundesregierung verpflichtet, dem Parlament in regelmäßigen Abständen einen Bericht über den Bezug von Zeitungen und Zeitschriften aus dem anderen Teil Deutschlands vorzulegen. Die Bundesregierung ist mit der Drucksache VI/641 dieser Verpflichtung nachgekommen. Die Ausschüsse für innerdeutsche Beziehungen sowie für Bildung und Wissenschaft haben das Material beraten. Der Schriftliche Bericht liegt Ihnen vor. Ich kann auf ihn verweisen, möchte aber zusätzlich noch folgende Fakten hervorheben.
Erstens. Die Hoffnungen, die in den Reden bei der zweiten und dritten Beratung des Entwurfs eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes an die Freigabe der Zeitungseinfuhr aus der DDR geknüpft wurden, haben sich nicht erfüllt. Die Ostberliner Regierung denkt bis heute nicht daran, als GegenReddemann
leistung die Einfuhr bundesdeutscher Zeitungen zu genehmigen.
Zweitens. Die Regierung in Ost-Berlin nimmt nicht einmal die gebotene Möglichkeit wahr, ihre Zeitungen in größeren Mengen in die Bundesrepublik zu liefern. Im Gegenteil: es gibt Anzeichen für eine restriktivere Haltung als vorher.
Da der Bundestag 1969 beschlossen hatte, die Anwendung von § 86 Abs. 1 des Strafgesetzbuches auf „außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes" erscheinende und innerhalb dieses Geltungsbereichs vertriebene Zeitungen und Zeitschriften nur bis zum 31. März 1971 auszusetzen, stehen wir vor der Frage, ob wir diese Aussetzung aufheben, sie befristen oder sie unbefristet verlängern sollen.
Der Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen empfiehlt Ihnen einstimmig, die Freistellungszeit unbefristet zu verlängern, und zwar aus folgenden Gründen.
Erstens. Die aus der Vergangenheit erwachsene Besorgnis, die Bevölkerung könnte durch die Lektüre verfassungsfeindlicher Publikationen in den Extremismus getrieben werden, hat sich inzwischen weitgehend als unbegründet erwiesen.
({0})
Das SED-Zentralorgan „Neues Deutschland" erregt eher Langeweile als Radikalismus. Das Kreisleitergedächtnisblatt „Nationalzeitung" überzeugt niemanden, der nicht schon vorher angebräunt war, und unsere sexualdemokratischen Magazine der sogenannten Neuen Linken erregen ihre Leser weniger auf politischem Gebiet. Mit anderen Worten: unsere politische Sorge ist auf diesem Gebiet geringer geworden.
Zweitens. Die Bürger der Bundesrepublik besitzen ein Recht darauf, sich ihre Informationen auch aus Publikationen zu beschaffen, die im anderen Teil Deutschlands gedruckt werden. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat hier in seinen Entscheidungen vom 3. Oktober und 14. Oktober 1969 eindeutige Maßstäbe gesetzt.
Drittens. Die Befürchtung aus dem Jahre 1969, das Bundesverfassungsgericht könnte die Freistellung als verfassungswidrig ansehen, ist durch die Entscheidung vom 3. Oktober 1969 aufgehoben worden. Juristische Bedenken gegen eine unbefristete Freistellung bestehen also auch nicht.
Ich darf Sie in diesem Zusammenhang noch auf eine weitere Empfehlung des Berichts aufmerksam machen. Der Bericht schlägt Ihnen eine Aufforderung an die Bundesregierung vor, bei ihren Verhandlungen mit der Regierung der DDR Voraussetzungen für einen Presseaustausch zu erörtern; denn wir können uns wohl alle eine angestrebte Normalisierung ohne einen Austausch der Meinungen und Ideen nicht vorstellen. Wir möchten außerdem durch den Hinweis an die Bundesregierung den Zusammenhang
zwischen unserem Freistellungsbeschluß und dem Zeitungsaustausch noch einmal ausdrücklich bekräftigen.
Ich bitte Sie daher, dem Bericht auf Drucksache VI/1441 Ihre Zustimmung zu geben.
({1})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Weiter wird das Wort nicht begehrt.
Ich lasse über die Ziffern 1 bis 3 des Antrags des Ausschusses insgesamt abstimmen. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.
Nunmehr rufe ich Punkt 28 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({0}) - Immunitätsangelegenheiten - betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Kaffka gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 1. Juni und 20. August 1970
- Drucksache VI/ 1503 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Stark ({1})
Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht.
Der Antrag des Ausschusses lautet: „Die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Kaffka wird nicht erteilt." Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens nicht erteilt.
Ich rufe Punkt 29 der heutigen Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({2}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft „Dönche -" in Kassel an die Stadt Kassel
- Drucksachen VI/1295, VI/ 1505 Berichterstatter: Abgeordneter Bremer
Von dem Herrn Berichterstatter wird das Wort nicht begehrt.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einmütig so beschlossen.
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Ich rufe die Punkte 30 bis 35 der heutigen Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({3}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der EG-Kommission für eine
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend Vorschriften über Meßgeräte sowie über Meß- und Prüfverfahren
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Gaszähler
Verordnung ({4}) des Rates über die Regelung für Mais mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar oder den überseeischen Ländern und Gebieten
Verordnung ({5}) des Rates über die Ausdehnung der für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar und in den überseeischen Ländern und Gebieten geltenden Regelungen auf die gleichen Erzeugnisse mit Ursprung in der Vereinigten Republik Tansania, der Republik Uganda und der Republik Kenia
Verordnung ({6}) des Rates über die im Handelsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Vereinigten Republik Tansania, der Republik Uganda und der Republik Kenia vorgesehenen Schutzmaßnahmen
Verordnung ({7}) des Rates zur Änderung der Artikel 35 und 48 der Verordnung ({8}) Nr. 542/69 über das gemeinschaftliche Versandverfahren
Verordnung ({9}) des Rates über die zeitweilige Aussetzung des Zollsatzes des Gemeinsamen Zolltarifs für Wein mit Ursprung in und Herkunft aus Algerien
Mitteilung der Kommission an den Rat über die Regelung, die bei der Einfuhr von Wein mit Herkunft aus Algerien in die Gemeinschaft anwendbar ist
Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Baumwollgarne, nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf, der Tarifnr. 55.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta
Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte synthetische und künstliche Spinnfasern der Tarifnr. 56.04 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta
Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Oberbekleidung der Tarifnr. 60.05 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta
Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Oberbekleidung für Männer und Knaben der Tarifnr. 61.01 des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Malta
- Drucksachen VI/ 1091, VI/290, VI/922, VI/1107, VI/1183, VI/ 1089, VI/1195, VI/ 1436 Berichterstatter: Abgeordneter Wolfram
31. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({10}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der EG-Kommission für eine
Verordnung ({11}) des Rates über die Einfuhr von Olivenöl aus Marokko
Verordnung ({12}) des Rates über die zeitweilige Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Balsamterpentinöl der Tarifstelle 38.07 A und für Kolophonium der Tarifstelle 38.08 A
- Drucksachen VI/ 1406, VI/ 1372, VI/ 1517 - Berichterstatter: Abgeordneter Kaffka
32. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({13}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates betreffend die Angleichung der Gesetze der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung und der Grenzkontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht
- Drucksachen VI/ 1049, VI/1516 - Berichterstatter: Abgeordneter Schollmeyer
33. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({14}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der EG-Kommission für eine
Verordnung ({15}) des Rates über die Erzeugung und das gewerbsmäßige Inverkehrbringen von Honig
Verordnung des Rates über Erzeugung von und den Verkehr mit Bruteiern und Küken von Hausgeflügel
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Richtlinie ({16}) des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Speiseeis
Richtlinie des Rates über die Verlängerung der in Artikel 19 der Richtlinie des Rates vom 6. Oktober 1969 zur Änderung der Richtlinie vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch vorgesehenen Frist
Verordnung ({17}) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 371/67/EWG des Rates zur Festsetzung der Erstattung bei der Erzeugung von Getreide- und Kartoffelstärke und Quellmehl
Richtlinie des Rates über die durch die Mitgliedstaaten durchzuführenden Erhebungen auf dem Gebiet des Produktionspotentials der Baumobstanlagen
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 23 und der Verordnung Nr. 158/66/EWG des Rates, insbesondere in bezug auf die Festsetzung und Änderung der gemeinsamen Qualitätsnormen für Obst und Gemüse
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung ({18}) Nr. 447/68 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für Interventionen durch den Kauf von Zucker
-Drucksachen VI/563, VI/660, VI/1181, VI/1201, VI/ 1247, VI/1248, VI/1257, VI/1260, VI/1472 Berichterstatter: Abgeordneter Solke
34. Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus schusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({19}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von gemeinsamen Vermarktungsnormen für einige frische und gekühlte Fische
- Drucksachen VI/ 1139, VI/ 1473 - Berichterstatter: Abgeordneter Marquardt
35. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({20}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der EG-Kommission für zwei Richtlinien zur Erfassung der Straßengütertransporte zwischen den Mitgliedstaaten und zur Erfassung der innerstaatlichen Straßengütertransporte
- Drucksache VI/ 1172, VI/ 1521 Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt ({21})
Es handelt sich um Berichte des Ausschusses für Wirtschaft, des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen über Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wünschen die Herren Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort zur Aussprache verlangt? - Auch das ist nicht der Fall.
Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen? - Ich höre auch hierzu keinen Widerspruch.
Wir kommen zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf ,den Drucksachen VI/ 1436, VI/1517, VI/ 1516, VI/1472, VI/ 1473 und VI/1521. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr Punkt 36 der heutigen Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung sozial- und beamtenrechtlicher Vorschriften über Leistungen für verheiratete Kinder
- Drucksache VI/ 1316 -
aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({22}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache VI/1556 - Berichterstatter: Abgeordneter Baier
bb) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({23})
- Drucksache VI/ 1514 Berichterstatter: Abgeordneter Berding ({24})
b) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Rollmann, Frau Jacobi ({25}), Berding, Dichgans, Frau Stommel, Katzer, Dr. Jungmann und Genossen und der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen über Leistungen für verheiratete Kinder
- Drucksache VI/ 125 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({26})
- Drucksache VI/1514 Berichterstatter: Abgeordneter Berding ({27})
Wird von den Herren Berichterstattern der Ausschüsse das Wort gewünscht? - Es wird nicht begehrt.
Dann kommen wir zur Abstimmung. Ich rufe Art. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12 sowie Einleitung
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
und Überschrift auf. - Wer dem Entwurf in zweiter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
- Das Wort wird nicht begehrt. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich danke Ihnen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest.
Wir kommen nun zu dem Antrag des Ausschusses. Der Ausschuß beantragt, den Gesetzentwurf Drucksache VI/125 sowie die Petitionen zu den Verheiratetenklauseln für erledigt zu erklären. Wer diesen Ziffern 2 und 3 des Antrags des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Angenommen.
Meine Damen und Herren, wir stehen damit am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Donnerstag, den 10. Dezember 1970, 14 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.