Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ihm am 10. Juli 1970 überwiesene Vorlage hat der federführende Finanzausschuß noch am gleichen Tage abschließend beraten. Die mitberatenden Ausschüsse, Wirtschaftsausschuß und Haushaltsausschuß, haben die Vorlage ebenfalls noch am 10. Juli 1970 behandelt. Sie haben der Vorlage der Koalitionsfraktionen mehrheitlich unverändert zugestimmt. Der Finanzausschuß dagegen hat einige Änderungen, wie sich aus Drucksache VI/ 1029 ergibt, beschlossen, die noch erläutert werden.
In Anbetracht der Tatsache, daß die grundsätzlichen Fragen in der Plenarsitzung, in der die erste Lesung erfolgte, behandelt worden waren, verzichtete der Finanzausschuß auf die sonst übliche allgemeine Aussprache. Er trat in die Einzelberatung ein und erörterte zunächst den Antrag der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, den der Berichterstatter namens der Mitglieder der CDU/CSU-Bundestags-
fraktion im Ausschuß begründete. Der Antrag strebte zweierlei an. Erstens sollte der rückzahlbare Konjunkturzuschlag verzinslich gemacht werden. Zweitens wurde begehrt, den Rückzahlungstermin auf den 30. Juni 1972 vorzulegen.
Der Aufruf dieses Antrags löste eine grundsätzliche Debatte über den Charakter des Konjunkturzuschlags und die Gesetzgebungskompetenz aus. Das Ergebnis dieser Debatte läßt sich in Kürze wie folgt zusammenfassen.
Erstens. Der Konjunkturzuschlag ist keine Steuer im Sinne des Art. 106 des Grundgesetzes und des § 1 der Reichsabgabenordnung.
Zweitens. Die Bezugsgröße für seine Bemessung sind die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer.
Drittens. Er ist etwas Ähnliches wie eine Zwangsanleihe, aber doch keine solche.
Viertens. Er hat keinen enteignungsähnlichen Charakter.
Fünftens. Er ist vielmehr ein Rechtsinstitut besonderer Art.
Sechstens. Seiner Rechtsnatur nach gehört er zu den Maßnahmen, für die der Bundesgesetzgeber im Rahmen des Währungswesens eine Kompetenz besitzt.
Siebtens. Die Rechtsgrundlage bildet daher nicht Art. 105, sondern Art. 74 des Grundgesetzes.
Ökonomisch gesehen ist der Konjunkturzuschlag eine Art Steuervorauszahlung. Um als Steuervorauszahlung klassifiziert zu werden, fehlt es jedoch an zwei Voraussetzungen: a) Die Zahlung erfolgt innerhalb zweier Veranlagungsjahre. b) Eine Steuervorauszahlung setzt eine vermutliche Steuerschuld in Höhe der Vorauszahlung voraus. Davon geht der Konjunkturzuschlag nicht aus.
Meine Damen und Herren, eine scherzhafte Bemerkung: Wie breit die Spanne der Diskussion war, ergibt sich daraus, daß einer der Kollegen den Konjunkturzuschlag als eine Mißgeburt bezeichnete, ein anderer als eine säkulare Maßnahme.
Die Erörterung der Einführung einer Verzinsung, wie sie der CDU/CSU-Antrag begehrte, stieß auf Ablehnung sowohl bei den Regierungsvertretern als auch bei den Koalitionsfraktionen. Der Konjunkturzuschlag wird sozusagen auf Konten der Länder bei der Deutschen Bundesbank stillgelegt. Er stellt also kein arbeitendes Geld dar und bringt daher keine Zinsen. Ein ähnliches Institut seien die von den Geschäftsbanken unterhaltenen Mindestreserven bei der Bundesbank. Auch diese müßten zinslos eingelegt werden.
Ökonomisch spreche gegen eine Verzinsung die Tatsache, daß der Kaufkraftentziehungseffekt noch geringer werde, wenn Zinsen gegeben würden. Da der Sparzinssatz zum Teil noch geringer sei als der von den Antragstellern vorgeschlagene Jahreszinssatz von 6 %, lohne es sich, wenn eine Verzinsung stattfinde, Sparguthaben zur Entrichtung des Konjunkturzuschlags zu verwenden.
Die Antragsteller hielten dem u. a. entgegen, daß der vorübergehende Kaufkraftentzug honoriert werden sollte, um wenigstens solche Verluste auszugleichen, die durch die Kaufkraftverringerung für die Dauer der Festlegung entstehen würden. Schließlich wurde die Verzinsung auch gefordert, um den Konjunkturzuschlag als solchen rechtlich unangreifbar zu machen. Hierbei wurde auf das sogenannte Investitionshilfegesetzurteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen.
Der Antrag wurde schließlich mit 16 gegen 16 Stimmen, d. h. bei Stimmengleichheit, gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Die Frage nach der Höhe des Zinsaufwandes wurde zwar gestellt, von den Regierungsvertretern aber nicht beantwortet.
Für die weitere Beratung hatte der Bundesminister der Finanzen einige Änderungswünsche, die vom Sprecher der SPD im Finanzausschuß zum Antrag erhoben wurden. Diese Änderungen dienen im wesentlichen der Klarheit und der Konkretisierung. Sie bezogen sich auf den § 1 Abs. 2 Nr. 1, auf den § 3 Abs. 2 und auf den § 3 Abs. 4 des Entwurfs. Der Ausschuß stimmte ihnen zu.
Im Rahmen des § 1 wurde auch die Frage einer Übergangsregelung angeschnitten, jedoch nicht vertieft.
Die Beratung des § 2 löste eine Debatte über Schwierigkeiten bei der Berechnung und bei mechanisierten Gehalts- und Lohnabrechnungen, insbesondere aber über den Inhalt der Bescheinigung über den entrichteten Konjunkturzuschlag aus. Letzteres führte zu einer unter allgemeiner Zustimmung beschlossenen Neufassung des § 2 Abs. 3, die eine Vereinfachung darstellt.
Der Vertreter des Bundesfinanzministeriums gab vor dem Ausschuß die Erklärung zu Protokoll, Schwierigkeiten bei der praktischen Durchführung würden im Erlaßwege behoben, wenn dies nach Anhörung der Verbände sich als notwendig erweisen sollte.
Zu § 3 Abs. 1 wurde eine Neufassung vorgeschlagen, die vorsieht, daß es, wenn der Konjunkturzuschlag bis zur vorgesehenen Frist nicht vorzeitig zur Rückzahlung freigegeben wird, bei Fristablauf keiner Rechtsverordnung mehr bedarf, sondern die Rückzahlung auf Grund des Gesetzes sozusagen automatisch erfolgt.
Der Antrag der CDU/CSU, den äußersten Rückzahlungstermin vom 31. März 1973 auf den 30. Juni 1972 vorzuverlegen, verfiel der Ablehnung mit 17 Nein-Stimmen bei 15 Ja-Stimmen.
Ein Antrag des Abgeordneten Ott, den Konjunkturzuschlag bei Tod oder Erwerbsunfähigkeit sofort freizugeben, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Bei Erörterung des Abs. 2 des § 3 wurde klargestellt, daß die Fassung in Verbindung mit Abs. 1 ausreicht, um auch eine Teilfreigabe vor Ablauf der gesetzten Frist zu ermöglichen. Die Änderung des Abs. 2 stellt klar, daß die Forderung auf Rückzahlung sich gegen das Guthaben der Länder bei der Deutschen Bundesbank richtet. Dies ergibt sich im übrigen auch indirekt aus § 4, in dem bestimmt ist, daß die Vorschriften der Reichsabgabenordnung gelten.
Auf Satz 2 des Abs. 2 konnte verzichtet werden, da die allgemeinen Aufrechnungsvorschriften sowieso gelten.
Der Wunsch des Bundesfinanzministeriums, in § 4 Abs. 1 zu bestimmen, daß der Anspruch auf Rückzahlung des Konjunkturzuschlages, wenn er zu einem Betriebsvermögen gehört, mit seinem Nennwert auszuweisen ist, wurde nicht aufgegriffen. Mit dieser Ergänzung sollte eine Abzinsung am Bilanzstichtag, d. h. eine niedrigere Bewertung des Konjunkturzuschlages, ausgeschlossen werden.
Vor der Schlußabstimmung begründete der Berichterstatter für die CDU/CSU, warum sie der Vorlage nicht zustimmen könne, sich vielmehr der Stimme enthalten werde. Die Gründe hierfür brauchen nicht dargelegt zu werden, da sie sich aus der grundsätzlichen Einlassung des Sprechers der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs ergeben.
Der Finanzausschuß beschloß mit 17 Ja-Stimmen gegen 1 Nein-Stimme bei 14 Stimmenthaltungen, dem Hohen Hause die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung der Ausschußbeschlüsse Drucksache VI/ 1029 zu empfehlen.
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Präsident von Hassel: Die zweite Berichterstattung - über den Punkt 3 der Tagesordnung wird gleich angeschlossen. Bitte, Herr Abgeordneter Krammig!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Berichterstattung wird wesentlich kürzer sein als die soeben vorgetragene.
Der federführende Finanzausschuß hat die ihm am 10. Juli 1970 vom Plenum zugewiesene Vorlage noch am gleichen Tage abschließend beraten. Die mitberatenden Ausschüsse - Wirtschaftsausschuß und Haushaltsausschuß - haben ihre Voten ebenfalls am gleichen Tage abgegeben und der Vorlage mehrheitlich unverändert ihre Zustimmung gegeben.
Der Finanzausschuß erörterte im wesentlichen drei Fragen. Erstens: Welche Auswirkungen hat die Aussetzung der degressiven Abschreibung im Hinblick auf die Nachfrage? Zweitens: Warum wurde der Bundestag in die Verabschiedung der Verordnung eingeschaltet? Drittens: Ist die Krisenlage gegeben, die nach dem Bericht zum Stabilitätsgesetz
Voraussetzung für die Aussetzung der degressiven Abschreibung sein solle?
Zur ersten Frage. Auf die Frage des Berichterstatters konnten die Regierungsvertreter konkrete, auf Unterlagen basierende Zahlen hinsichtlich der Auswirkungen nicht nennen. Die Regierung ist auf Schätzungen angewiesen. Danach wird angenommen, daß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 des Verordnungsentwurfs ein Investitionsvolumen von je 10 Milliarden DM, zusammen also 20 Milliarden DM, betreffen. Davon würden voraussichtlich 3 bis 4 Milliarden DM nicht ausgeschöpft, sondern zurückgestellt werden.
Zur zweiten Frage. Der Bundestag hat. das Recht, die Verordnung innerhalb von vier Wochen zu kassieren. Um die durch diese Frist eintretende Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen zu beseitigen, hielt es die Regierung für angezeigt, das Votum des Bundestages noch vor Erlaß der Verordnung herbeizuführen.
Zur dritten Frage. Abgeordneter Dr. Becker stellte die Frage, ob die Bundesregierung im Hinblick auf die Erwartung des Ausschusses, niedergelegt im Schriftlichen Bericht zum Stabilitätsgesetz, wonach die Bundesregierung hinsichtlich einer Aussetzung der degressiven Abschreibung für die Wirtschaft nur in wirklichen Krisensituationen von der Ermächtigung in § 51 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes Gebrauch machen solle, die Krisenlage als vorliegend ansehe. Das wurde vom Vertreter der Bundesregierung bejaht.
Der Finanzausschuß hat der Vorlage unverändert bei 13 Enthaltungen und 2 Nein-Stimmen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit 17 Ja-Stimmen der Koalitionsparteien zugestimmt. Namens des Finanzausschusses empfehle ich dem Hohen Hause Zustimmung zur Rechtsverordnung auf Drucksache VI/1013.
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Präsident von Hassel: Ich danke dem Herrn Berichterstatter des Finanzausschusses, dem Abgeordneten Krammig.
Wir kommen zur mündlichen Berichterstattung des Haushaltsausschusses.
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- Ist es nicht nötig? - Keine mündliche Ergänzung
des Berichts.
Darf ich fragen, ob der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung noch Berichterstattung wünscht. Ich glaube, das ist in die Berichterstattung der anderen Ausschüsse eingegangen.
Die Berichterstattung ist erfolgt. Wir treten in die zweite Beratung des Gesetzes über die Erhebung eines rückzahlbaren Konjunkturzuschlags zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer ein. Ich eröffne die Aussprache. Es liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 73 *) vor. Zur Begründung dieses Antrags hat der Abgeordnete Dr. Althammer das Wort.
*) Siehe Anlage 2
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie mir gesagt worden ist, wird gewünscht, daß ich mit der Begründung dieses Antrages die Begründung des Antrages zum Tagesordnungspunkt 4 verbinde.
Präsident von Hassel: Keine Bedenken; bitte schön!
Ich darf also zunächst den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 73 begründen. Er hat zwei Punkte zum Inhalt.
Einmal ist die Fraktion der CDU/CSU der Meinung, daß, wenn die Regierung schon nicht von der ihr im Stabilitätsgesetz gegebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, ohne Mitwirkung des Deutschen Bundestages einen Zuschlag zur Einkommensteuer zu beschließen, sondern in Abweichung davon nur eine Vorauszahlung beschlossen hat, es innerlich logisch wäre, eine solche Steuervorauszahlung, die zurückzugewähren ist, auch zu verzinsen.
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Es ist dagegen eingewendet worden, daß dieses Geld ja stillgelegt werden solle und von daher eine Verzinsungspflicht nicht begründet sei. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind bei unserer Betrachtung der Dinge von der Situation des Steuerpflichtigen ausgegangen. Ihm wird gesagt: Du mußt eine Vorauszahlung leisten, die du zurückbekommst. In der Sache wird ihm also ein Zwangssparen auf Zeit zugemutet. Aus dieser Situation des Belasteten, des Steuerzahlers heraus ist unser Antrag, eine solche befristete Vorauszahlung mit Rückzahlungsverpflichtung auch zu verzinsen, durchaus begründet. Es besteht sogar ein Anspruch darauf.
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Es kommt ein Weiteres hinzu. Nicht ohne Grund wird bei allen Arten von Steuerzuschlägen, auch von Steuervorauszahlungen, immer das Mißtrauen und der Verdacht laut, daß in dem Zeitpunkt, wo über eine Aufhebung der Steuer oder über eine Rückzahlung zu entscheiden wäre, unter Umständen die fiskalische Neigung vorhanden ist, doch von einer Aufhebung oder Zurückzahlung abzusehen. Wir sind der Auffassung, daß auch die Verpflichtung und der Zwang zur möglichst raschen Rückgewähr dieser zeitweiligen Belastung dadurch, daß eine Verzinsungspflicht besteht, wesentlich verstärkt wird.
Es ist bei uns auch die Frage überlegt worden, wie es sich mit der technischen Durchführbarkeit verhält. Ich glaube, es ist nicht von der Hand zu weisen, daß auch hier bei dem heutigen Stand der Steuerverwaltung keinerlei ernsthafte Schwierigkeit besteht, im Zeitpunkt der Zurückzahlung auch den Verzinsungszuschlag zu bezahlen.
Der zweite Punkt des Änderungsantrages ist ebenfalls in der ersten Lesung schon angesprochen worden. Das ist die Frage, wann die Rückzahlung erfolgen soll. Es war und ist der Verdacht einfach nicht von der Hand zu weisen, daß, wenn knapp vor dem Zeitpunkt der nächsten Bundestagswahlen, im Jahre dieser Wahlen, eine solche Zurückzahlung vorgesehen ist, doch der Zusammenhang mit dem Bemühen, gewisse Wohltaten zu vergeben, um vielleicht manches vergessen zu lassen, was in dieser Zeit geschehen ist,
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der Hintergrund einer solchen Zeitbestimmung sein könnte.
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Darum erscheint es durchaus notwendig, den Zeitpunkt der Zurückzahlung wesentlich zeitnäher zu bestimmen, das heißt, um rund ein Jahr vorzuverlegen und eine Rückzahlungsverpflichtung zum 30. Juni 1972 zu begründen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf namens der Fraktion der CDU/CSU dieses Hohen Hauses bitten, den beiden Änderungsanträgen zuzustimmen.
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Ich möchte nun zu Punkt 4 der Tagesordnung den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend konjunkturpolitische Dämpfungsmaßnahmen gleichzeitig mit begründen. Auch dieser Antrag ist bereits in der ersten Lesung behandelt und inzwischen auch durch die Presse und durch andere Publikationen der Öffentlichkeit bekanntgeworden. Der Antrag geht von dem Gedanken aus, daß, wenn es notwendig ist, aus konjunkturpolitischen Gründen unserer Bevölkerung Opfer aufzuerlegen, der Staat die Verpflichtung hat, hier mit gutem Beispiel voranzugehen.
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Es ist auch nicht so, als ob dieser Gedanke etwa von der CDU/CSU jetzt in diesen Tagen schnell erfunden worden wäre, sondern ich darf daran erinnern, daß seit Beginn der Diskussion über solche Dämpfungsmaßnahmen immer die Forderung erhoben war, ein Bündel von Maßnahmen zu ergreifen, um auf der einen Seite Kaufkraft abzuschöpfen, auf der anderen Seite die Investitionen zu bremsen und - das war der entscheidende Punkt - gleichzeitig die öffentliche Hand zu veranlassen, ihrerseits den Nachfragesog entscheidend zu dämpfen. Diese nachdrückliche Forderung war auch in dem Paket enthalten, das die Deutsche Bundesbank der Bundesregierung schon im Februar und März dieses Jahres vorgetragen hat.
Unser Antrag umfaßt vier konkrete Einzelpunkte. Der erste Punkt befaßt sich mit der Frage, was noch im Ablauf des Haushaltsjahres 1970 geschehen kann. Die CDU/CSU-Fraktion beruft sich dabei auf den § 6 des Stabilitätsgesetzes, in dem es heißt:
Bei der Ausführung des Bundeshaushaltsplanes kann im Falle einer die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigenden Nachfrageausweitung die Bundesregierung den Bundesminister der Finanzen ermächtigen ...
Dann kommen diese Maßnahmen. Wir stellen hier die Frage, ob nicht jetzt, wo die Bundesregierung selber diese Anträge stellt, insgesamt davon gesproDr. Althammer
chen werden muß, daß eine Situation vorliegt, in
der die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigende Nachfrageausweitungen vorhanden sind.
Wir haben mit großer Bestürzung und großer Sorge gesehen, daß der Herr Bundesfinanzminister von sich aus eine solche Ermächtigung auch gestern wieder im Haushaltsausschuß abgelehnt hat. Ich meine, wenn es einen Zeitpunkt gegeben hat, wo der Bundesfinanzminister, gestützt durch den Bundeskanzler, von den Möglichkeiten und Rechten, die ihm in der Verfassung und in den Gesetzen gegeben sind, Gebrauch machen muß, dann ist dieser Zeitpunkt jetzt gegeben.
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Wenn das nicht geschieht, dann stellt sich die Frage, ob die Energie des Herrn Bundesfinanzministers sich mit einem einzigen Kraftakt, nämlich der Entlassung einiger hochverdienter Beamter, bereits erschöpft hat.
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Wir haben den Sachantrag, um den es hier geht, bereits in der zweiten und dritten Lesung des Haushalts 1970 gestellt. Wir haben damals mit 80 Änderungsanträgen und im Plenum ebenfalls mit einer Reihe von Änderungsanträgen den Weg aufgewiesen, wie solche zusätzlichen Einsparungen zu erzielen sind. Uns ist entgegengehalten worden, daß ja das Parlament bereits einen wesentlichen Schritt getan habe, indem es Sperrungen in Kürzungen einvernehmlich umgewandelt habe. Ich darf darauf hinweisen, daß die Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt erklärt hat, sie selbst werde diese Sperren nicht aufheben, so daß man ohnehin davon ausgehen mußte, daß diese Mittel nicht zur Verfügung stehen. Darum sind wir der Auffassung, daß es darüber hinaus einfach notwendig ist, weitere Kürzungsmaßnahmen beim Bund zu ergreifen. Ich möchte mit aller Deutlichkeit sagen, daß dafür auch alle Einzelpositionen durchzuprüfen sind - nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, die ja bekanntlich eine altpreußische Tugend gewesen sein soll. Und das beginnt nicht nur bei den großen Positionen, etwa bei den 300 Millionen, die wir in den Verstärkungsmitteln für die Personalausgaben gesehen haben, sondern das beginnt auch bei den kleinen Positionen, etwa den um 18 %, also doppelt so hoch wie die allgemeinen Ausgaben, erhöhten Propagandatiteln, die hier beschlossen worden sind, zusätzlich der 25 % Verstärkungsmittel. Wenn das nicht geschieht, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie das ablehnen, dann stellt sich die Frage, ob die Mittel für die Propaganda der Regierung im gleichen Verhältnis wie die Unfähigkeit und die Unwirksamkeit ihrer Handlungsweise wachsen.
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In Ziffer II unseres Antrags wird zum bekanntgewordenen Entwurf des Bundeshaushaltsplanes für das Jahr 1971 Stellung genommen. Ich muß sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren bestürzt darüber, daß diese Bundesregierung am
Tage nach dem Beschluß dieser Dämpfungsmaßnahmen einen Haushalt mit einer Steigerungsrate von 12 %, mit Erhöhungen von 11 Milliarden DM, vorlegt.
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Wenn das in dieser Form geschieht, kann man den Entwurf des Haushalts 1971 nicht anders bezeichnen als einen Inflationshaushalt.
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Wir haben die Regierung immer wieder darauf hingewiesen, daß auf jeden Fall, wenn schon nichts anderes, nichts Besseres erfolgen könne, wenigstens ein Eventualhaushalt erforderlich sei. Daher, glaube ich, ist es logisch, wenn wir in unserem Antrag die Bundesregierung auffordern, diesen Entwurf zurückzuziehen und unter diesen Gesichtspunkten einen neuen Entwurf vorzulegen. Ich betone noch einmal, wenn der Bund nicht bereit ist, hier mit gutem Beispiel für die Jahre 1970 und 1971 voranzugehen, werden andere Bemühungen und andere Maßnahmen keinen Erfolg haben.
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Darauf zielt auch Ziffer III unseres Antrags, wo wir fordern, daß auch Länder und Gemeinden in ähnlicher Weise zu restriktiver Haushaltsführung angehalten werden, sowohl für das Haushaltsjahr 1970 wie für das Haushaltsjahr 1971. Aber natürlich gilt auch dort das Prinzip: Wenn der Bund für sich in Anspruch nimmt, um 12 % auszuweiten, dann kann man an kein Land und an keine Gemeinde mit guten Gründen das Ansinnen stellen, ihre Ausgaben nicht in gleicher Weise auszuweiten.
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Zwischen all diesen Dingen besteht ein innnerer Zusammenhang.
Der letzte Punkt, der gestern auch schon kurz angesprochen wurde, ist der Versuch, auch die Sozialversicherungsträger hier die Rentenversicherungen - mit in diese Bemühungen um Stabilisierung einzubeziehen. Es war ganz interessant zu hören, daß auf Regierungsseite einerseits gesagt wurde, wenn die Versicherungsträger bereit wären, freiwillig etwa 800 Millionen DM stillzulegen, dann würde das begrüßt, daß auf der anderen Seite aber die Aufforderung, das zu tun, mit dem Argument beantwortet wurde, dies sei schädlich. Wenn schon eine freiwillige Rücklage konjunkturpolitisch richtig ist und in die Landschaft paßt, dann kann wohl die Aufforderung, eine Milliarde stillzulegen, auch von der Sache her nicht falsch und undurchführbar sein.
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ausschüsse haben mit Mehrheit diesen Antrag der CDU/CSU abgelehnt.
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- Ich würde hier nicht „Bravo" schreien; denn es
kann sehr bald im Herbst dieses Jahres der Zeitpunkt kommen, wo Sie in dieser oder in abgewandelter Form wieder auf diese Anträge zurückkommen müssen.
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Dieses Hohe Haus hat die Möglichkeit, vom Votum der Ausschüsse abzugehen und das Prinzip durchzusetzen, daß, wenn schon Opfer gefordert werden, wenn die Konjunktur schon gedämpft werden muß, der Staat, der Bund und die Bundesregierung in erster Linie verpflichtet sind, mit gutem Beispiel voranzugehen.
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Ich beantrage deshalb, unseren Antrag anzunehmen.
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Präsident von Hassel: Das Wort hat die Abgeordnete Frau Funcke, FDP.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Der Finanzausschuß hat sich gestern in seiner Sitzung über den Charakter der Steuervorauszahlungen unterhalten. Seitens der Kollegen der CDU/CSU wurde nachdrücklich bestritten, daß es sich um „Steuervorauszahlungen" handele. So bin ich froh, daß Herr Althammer sich heute im Gegensatz dazu klar für den Charakter einer Steuervorauszahlung ausgesprochen hat. Unter diesem Gesichtspunkt aber, Herr Kollege Althammer, ist es allerdings etwas abwegig, seitens der CDU/CSU eine Verzinsung zu fordern, denn bisher hat die CDU/CSU es immer noch abgelehnt, Steuerrückstände und Steuerrückzahlungen verzinslich zu machen. Wenn Sie diese Haltung jetzt ändern wollen, so wird der Herr Finanzminister das sicherlich mit großem Interesse zur Kenntnis nehmen und möglicherweise die Anträge, die die SPD früher gestellt hat, reaktivieren. Er muß dann bei diesem Antrag mit Ihrer Zustimmung rechnen können.
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Man kann sich in der Tat darüber streiten und auch philosophische, juristische und rechtspolitische Erwägungen darüber anstellen, welchen Charakter diese Vorauszahlungen haben. Meine Herren und Damen, die Koalitionsparteien sind davon ausgegangen - und sie glaubten eigentlich, die Zustimmung der Opposition dazu zu haben -, daß man etwas tun sollte, was wirksam und zugleich auch einfach und übersichtlich ist. Eine Verzinsung entspricht allerdings diesen Forderungen nicht; sie würde eine erhebliche Komplizierung mit sich bringen.
Meine Herren und Damen von der Opposition, wir haben seit Monaten von Ihnen den Vorwurf gehört, daß wir, die Regierung und die Koalitionsparteien, das Stabilitätsgesetz nicht anwendeten. Das konnte aber doch - auch wenn Sie es nie ausgesprochen haben, weil Sie meinten, das wolle der Wähler nicht gern hören
({1})
nur bedeuten: entweder die Aussetzung der degressiven Abschreibung oder Steuerzuschläge, d. h. echte Steuererhöhungen, oder beides. Etwas anderes hat das Stabilitätsgesetz außerhalb der von der Regierung bezüglich des Haushalts ja bereits ergriffenen Maßnahmen nicht zu bieten.
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- Doch? Dann haben Sie das aber sorgfältig verschwiegen. Sie haben mehr als Haushaltsmaßnahmen gefordert, und damit konnten dann doch schlechterdings nur diese beiden steuerlichen Maßnahmen gemeint sein.
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Die Koalitionsfraktionen sind nun allerdings nicht so weit gegangen, dem Bürger, um den es Ihnen ja offensichtlich geht, endgültig mehr Steuern abzufordern. Sie haben sich dafür entschieden, die Steuervorauszahlungen rückzahlbar zu machen, d. h. sie haben eine mildere Form gewählt. Sie streben nun eine noch mildere Form an, indem Sie diese Vorauszahlungen auch noch verzinslich machen wollen. Meine Herren und Damen, das ist aber doch nichts anderes als die Wiederholung Ihrer ständigen un-konkreten Forderung aus der Vergangenheit nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!
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Anders können wir die unterschiedliche Argumentation der CDU/CSU gestern im Finanzausschuß nicht werten, wenn der eine sagt: Das wirkt doch alles nicht! und der andere sagt: Das darf dem Bürger aber nicht weh tun. So kann man natürlich ernstlich nicht argumentieren.
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- Sie waren in der Sitzung des Finanzausschusses nicht anwesend, Herr Stoltenberg. Einzelne aus Ihrer Fraktion haben dieses Gesetz abgelehnt, weil es, wie sie meinten, dem Bürger zu weh tut; andere wiederum haben gesagt, es reiche nicht aus. Sie müßten uns doch sagen, wie Sie mit den Maßnahmen, die Sie für sinnvoll halten, die Konjunktur wirksam dämpfen wollen, da Sie ja doch wohl dämpfen wollen.
Meine Herren und Damen, es geht auch um folgendes. Eine Verzinsung würde - die Berechnungen sind sehr schwer anzustellen - sicher eine halbe Miliarde DM kosten. Das bedeutet, daß am Tage der Freigabe zu den rund 5 Milliarden DM Vorauszahlung zusätzlich auch noch eine halbe Milliarde DM Zinsen auf den Markt geworfen würde. Das heißt, die konjunkturpolitische Schwierigkeit der Rückerstattung würden Sie noch dadurch verschärfen, daß Sie weitere 10 % verkraften müssen.
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Wir waren uns doch gestern gerade darüber einig, daß es möglich sein müßte, die Rückzahlung in Raten vorzunehmen. Wenn Sie nun aber den Termin nach vorne rücken, wie Sie beantragen, und dann noch 10 % mehr Geld auf den Markt bringen, kann ich nur fragen: Wie soll das konjunkturpolitisch denn eigentlich aussehen? Ich meine, Sie müßten sich ja gelegentlich - ({7})
- Meine Herren und Damen, wir wollen doch gerade bremsen. Sie gehen doch davon aus, daß die Regierung etwas tun soll, damit der Geldwert stabil bleibt. Ich denke, davon gehen Sie doch aus.
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Meine Herren und Damen, wer müßte denn diese Zinsen eigentlich bezahlen? Doch derselbe Steuerzahler, der das Geld als Zinsen bekommen soll?
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Das heißt doch nichts anderes, als daß jeder das Geld aus der einen Tasche in die andere steckt; denn da dieses Geld nicht rentierlich angelegt wird - darüber sind wir uns doch einig , müssen die Zinsen aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht werden, und das trifft dann entweder dieselben Leute, die das Geld als Zinsen wieder einnehmen und außerdem dann noch versteuern müssen, oder aber es müßte von den Minderbemittelten aus ihren Steuern aufgebracht werden, die wir bei dieser Vorauszahlung schonen wollen. Wenn Sie das wollen, die Steuern des kleinen Mannes auf den großen Mann umlegen, dann müssen Sie das sagen. Das ist aber nicht die Methode, die wir wollen.
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Meine Herren und Damen, haben Sie eigentlich einmal - es ist ja ganz sinnvoll, wenn man das tut durchgerechnet, was die Zinszahlung für den Steuerzahler ausmacht, für die Masse der Steuerzahler, die wenig über der Untergrenze von 100 DM Lohnsteuer im Monat liegen? Wenn Sie es einmal nachrechnen, kommen Sie auf etwa 15 bis 20 DM Zinsen in zwei bis zweineinhalb Jahren insgesamt. Dabei gehe ich schon davon aus, daß ziemlich spät zurückerstattet wird,
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15 bis 20 DM in zwei bis zweieinhalb Jahren. Das ist das Ergebnis. Dafür müssen Sie 15 Millionen Zinsstaffeln ausrechnen, und zwar muß das nicht das Finanzamt, Herr Althammer. Das wäre ja noch verhältnismäßig einfach, obwohl auch Sie als Opposition mit dafür verantwortlich sind, daß unsere Finanzämter arbeitsfähig bleiben. Aber offensichtlich haben Sie nicht bedacht, daß es nicht allein um die Arbeit der Finanzämter geht, die ja Computer haben. Es geht hier vielmehr auch um den Betrieb von Herrn Schulhoff. Er müßte nach Ihrem Vorschlag für seine 20, 40 oder 100 Leute 20-, 40-, 100mal Zinsstaffeln ausrechnen. Ich empfehle jedem von Ihnen, einmal eine solche Staffel auszurechnen, bevor Sie diesen Antrag annehmen. Dann werden Sie vielleicht etwas bedenklicher werden über das, was Sie vorschlagen. Immerhin kostet diese Zinsberechnung gut und gerne bei den heutigen Löhnen 2,50 DM pro Fall bei 15 DM Zinsen für den Arbeitnehmer, die er von seinen eigenen Steuergroschen als Zinsen wieder zurückbekommt und dann auch noch versteuern muß.
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Althammer?
Frau Funcke: ({12}): Ja, bitte sehr!
Frau Kollegin, ist Ihnen bei Ihrer Argumentation klar, daß dieselben Gründe, die Sie jetzt anführen, in gleicher Weise für die Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages gelten?
({0})
Nein, Herr Althammer, dazu weiß ich zuviel von Steuern, und die, die hier klatschen, offensichtlich nicht. Natürlich ist es etwas anderes, ob Sie eine Lohnsteuertabelle umschreiben und der Arbeitnehmer dann eben eine andere Zahl in der Rubrik findet als vorher, oder ob Sie Zinsen ausrechnen müssen. Ob Sie in der Steuertabelle nun 3,50 DM finden -oder nur 3,20 DM, das macht nicht mehr Arbeit. Wenn Sie aber eine Staffel ausrechnen müssen ({0})
bitte, machen Sie es einmal -, macht das eine ganze Menge mehr Arbeit.
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- Natürlich macht das ganze Gesetz mehr Arbeit, das wissen wir; aber was Sie machen wollen, bringt das Dreifache und Vierfache an Arbeit.
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Sicher macht das ganze Gesetz mehr Arbeit. Das ist ja der Grund, weswegen wir uns alle miteinander, und zwar einvernehmlich, gestern im Finanzausschuß um eine gewisse Erleichterung in der Schreibarbeit bemüht haben. Meine Herren und Damen, wenn sie Ihren Antrag einmal ernstlich im Sandkasten durchgespielt hätten, hätten Sie diesen Zinsvorschlag nicht machen können. Es ist Augenauswischerei gegenüber dem Steuerzahler, hat aber ernstlich keinen Sinn und keine Vernunft.
Lassen Sie mich nun noch ein Wort zu dem Termin sagen. Wir alle gehen davon aus, daß die Erstattung früher erfolgen wird als zu dem als letzten genannten Termin.
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Davon gehen wir alle aus. Und wir können davon um so eher ausgehen, als die Regierung mit diesem Geld ja nichts machen kann.
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Es besteht ja nicht die Versuchung der Regierung, dieses Geld für andere wünschenswerte Aufgaben auszugeben, da zwingend vorgeschrieben ist,
({5})
daß das Geld blockiert bleibt, d. h. unrentierlich und unausgebbar bei der Bundesbank angelegt wird. Darüber besteht kein Zweifel.
Wir alle miteinander - auch Ihre Kollegen gestern im Finanzausschuß -- haben die Sorge, daß wir mit der Freigabe der Gelder einen erheblichen Konsumstoß erleben, der unerwünscht hoch sein könnte. Wir haben uns deswegen zu dem Prinzip bekannt, die Gelder möglicherweise in Raten freizugeben. Aber nun bitte ich Sie: wir können doch nicht schon bis zum Juni 1972 Raten mit entsprechendem Abstand - das ist wichtig, weil Raten nur in Halbmonatsabständen nicht sinnvoll sind - sicherstellen. Dazu brauchen wir einen hinreichenden Zeitraum für die Verarbeitung des Konsumstoßes. Was Sie fordern, bedeutet einen einmaligen großen Konsumstoß von 5 Milliarden DM, der an einem Tag auf den Markt kommt. Das wollen Sie nicht, das wollen wir nicht. Deswegen möchten wir die Möglichkeit ,der ratenweisen Rückzahlung des Geldes in entsprechenden Abständen haben, um eine Erschütterung unserer Wirtschaft auf dem Konsumsektor - denn dort erscheint ja das meiste Geld - zu verhindern. Wir gehen davon aus, daß die Bundesregierung genau wie wir alle in diesem Hause die Steuervorauszahlungen als ein reines Konjunkturinstrument und als gar nichts anderes ansieht. Und wir haben das Vertrauen zur Regierung,
({6})
daß sie die Gelder in einer vernünftigen Verteilung in einer sich beruhigenden Konjunkturphase freigibt. Weil wir dieses Vertrauen haben, lehnen wir Ihren l Antrag ab.
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Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf, SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in der Hauptsache auf den Antrag Drucksache VI/1025 ({0}) beschränken, möchte aber zuvor noch eine Bemerkung zur Verzinsbarkeit der Steuervorauszahlungen machen, weil dieses Anliegen die Widersprüchlichkeit der Argumente der CDU aufzeigt. Ich bin ansonsten vollinhaltlich mit dem einverstanden, was Frau Kollegin Funcke zu diesem Punkt hier gesagt hat.
Herr Kollege Althammer, an dem Antrag, die Steuervorauszahlungen zu verzinsen, zeigt sich die Widersprüchlichkeit Ihrer Argumentation. Sie sagen nämlich zugleich in dem Antrag Drucksache VI/1025 ({1}) : Ihr müßt aber soundso viel global streichen. Auf der einen Seite fordern Sie Verzinsung, d. h. eine Ausgabe von ungefähr 300 bis 500 Millionen DM, auf der anderen Seite sagen Sie: Der Staat muß Opfer bringen, es müssen 2 Milliarden DM gestrichen werden. Wo ist eigentlich die Logik bei einem solchen Antrag?
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Was Sie mit dem Antrag Drucksache VI/1025 ({3}) auf den Tisch des Hauses legen, ist nicht neu, auch wenn dieser Antrag den Zusatz „neu" trägt. Vielmehr haben wir das alles schon in der zweiten und dritten Lesung des Haushalts behandelt.
Zu der Frage der Einsparungen im Bundeshaushalt 1970 und der Anwendung des § 6: Hier hat sich in der zweiten und dritten Lesung des Haushalts bereits die Gegensätzlichkeit unserer Meinungen gezeigt. Sie haben eine globale Kürzung und eine Zuführung zusätzlicher Mittel zur Konjunkturausgleichsrücklage bzw. auf ein Sonderkonto verlangt. Wir als Koalitionsparteien haben einen Antrag eingebracht, diesen Haushalt so restriktiv zu fahren wie nur irgend möglich und die dadurch ersparten Mittel dem Sonderkonto zuzuführen. Dieser Entschließungsantrag wäre auch mit Ihrer Zustimmung angenommen worden wie Sie im Ausschuß erklärt haben -, wenn nicht die Worte „wie bisher" darin-gestanden hätten. Nun gut, hier trennen sich die Meinungen. Wir sind der Auffassung, daß die Bundesregierung den Haushalt bisher restriktiv gefahren hat; Sie sind der Meinung: nicht. Aber dieser Absatz 1 Ihres Antrags auf Drucksache VI/1025 ({4}) ist mit dem Entschließungsantrag der Koalitionsparteien zur dritten Lesung des Haushalts absolut identisch und gedeckt.
Das, was Sie hier machen wollen, nämlich nun noch um 1 Milliarde DM erhöhen, halte ich für völlig ausgeschlossen. Dann müssen Sie hier Roß und Reiter nennen und sagen, wo Sie einsparen wollen. Dann frage ich Sie: Wollen Sie mehr Straßen - ja oder nein? Dann frage ich Sie: Wollen Sie die Wissenschaft und die Forschung fördern - ja oder nein? Wollen Sie die Sicherheit unseres Landes ja oder nein? - Wenn Sie das alles wollen, können Sie hier keine globalen Streichungsanträge stellen; dann müssen Sie sagen, wo Sie streichen wollen.
({5})
Hier ist von Herrn Althammer gesagt worden, der Staat müsse Opfer bringen. Was heißt das eigentlich? Wenn die Regierung den Versuch macht, die Konjunktur über die Einnahmeseite in die Hand zu bekommen, ist sie sich doch im Gegensatz zu Ihrer früheren Einstellung der Verpflichtungen bewußt, die sich daraus ergeben, daß der Staat wir alle sind und daß wir das Geld, das wir als Staat vom Steuerzahler bekommen, im Interesse dieser Bürger zu verwalten haben.
({6})
Das hat mit Opferbereitschaft überhaupt nichts zu tun.
({7})
Der Bürger stellt an diesen Staat Anforderungen, und er verlangt von ihm, daß diese und jene Gemeinschaftsaufgaben gelöst werden. Der Staat kann diese Aufgaben nur dann erfüllen, wenn der Bürger seine Pflicht tut und wenn wir unserer Pflicht zur Erfüllung dieser Gemeinschaftsaufgaben durch Beschlüsse in diesem Hohen Hause Ausdruck verleihen. Anders geht das nicht, und wir sind dazu entschlossen.
({8})
Präsident von Hassel: Gestatten Sie, Herr Abgeordneter, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Stoltenberg?
Bitte sehr!
Herr Kollege Hermsdorf, wann ist denn nach Ihrer Auffassung eigentlich die Bedingung für die Anwendung von § 6 des Stabilitätsgesetzes, d. h. einer stärkeren und restriktiveren Haushaltsführung im Zeichen der Hochkonjunktur und Überhitzung gegeben, wenn nicht jetzt, da diese Regierung denselben Bürgern aus konjunkturpolitischen Gründen Steuermehrbelastungen zumutet?
({0})
Herr Kollege Stoltenberg, im Gegensatz zu Ihnen bin ich der Auffassung - das ist ein Tatbestand , daß sich die Regierung zwar nicht auf § 6 des Stabilitätsgesetzes berufen und ihn nach dem Text angewandt hat, daß aber der Haushalt 1970 im Sinne des § 6 hier verabschiedet worden ist. Das ist gar keine Frage. Oder wollen Sie bestreiten, daß wir in diesem Haushalt 2 Milliarden DM gestrichen haben? Ja oder nein?
Oder wollen Sie bestreiten, daß der Bundesfinanzminister alle Versuche gemacht hat, diesen Haushalt im ersten halben Jahr so restriktiv wie möglich durchzuführen? Das ist die Anwendung des § 6 des Stabilitätsgesetzes, ohne nach dem wörtlichen Text zu gehen.
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Leicht?
Bitte!
Herr Kollege Hermsdorf, gerade das letzte veranlaßt mich zu der Frage: Ist Ihnen bekannt, daß entgegen den Versprechungen des Herrn Bundesfinanzministers in diesem Hohen Hause, im ersten Halbjahr eine Steigerungsrate des Bundeshaushalts von nur 4 % zuzulassen, in Wirklichkeit in den ersten fünf Monaten eine Steigerungsrate von 10,4 % festgestellt ist?
({0})
Herr Kollege Leicht, das ist mir bekannt - nur: das ändert nichts
an der Tatsache.
({0})
- Ich würde erst dann lachen, wenn man den Satz zu Ende geredet hat.
Sie wissen genau, daß eine restriktive Haushaltsführung angewandt worden ist, daß wir aber selbstverständlich bezüglich der Kostenentwicklung bei Aufträgen im Haushalt genau dieselbe Lage haben wie anderswo. Wir können nicht so tun, als sei das alles wie im vorigen Jahr geblieben.
({1})
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Leicht?
Wir können das Spiel fortsetzen, bitte!
Dann bestätigen Sie die Auffassung, die Herr Arndt gestern im Haushaltsausschuß deutlich gemacht hat, daß nämlich volkswirtschaftliche Steigerungsraten von 9 % im Haushalt - real gesehen - praktisch zu 0 % Steigerungsrate führen, weil die Preissteigerungen alles aufgefressen haben?
({0})
Ich bestätige diese Auffassung nicht voll, aber es ist gar kein Zweifel, daß sie in der Tendenz richtig ist.
Kommen wir jetzt, meine Damen und Herren, zum Haushalt 1971.
({0})
Sie sagen, es sei völlig unmöglich, daß die Bundesregierung versuche, über die Einnahmenseite die Preise in den Griff zu bekommen, aber gleichzeitig einen Haushalt mit einer Steigerungsrate von 12 % vorlege. Hier gehe ich wieder auf meine ursprünglichen Ausführungen zurück und sage: Das möchten Sie nämlich gern, daß die Regierung die Investitionen, die in diesem Staat dringend erforderlich sind, vernachlässigt, damit Sie dann die Kritik, wie sie hier von Herrn Wörner und anderen angesetzt wurde, fortführen können. Sie müssen sagen, was Sie wollen,
({1})
ob Sie die Gemeinschaftsaufgaben erfüllen wollen oder hier nur Anträge zur Streichung stellen. Das ist die Crux, in der Sie sich befinden.
({2})
Dann muß ich Ihnen weiter sagen: Was soll denn das? Die Regierung hat einen Haushalt 1971 vorgelegt. Es war der Wunsch dieses Parlaments, diesen Haushalt so früh wie möglich zu verabschieden, damit wir endlich die gesetzlichen Fristen erfüllen.
({3})
Wissen Sie genau - bei Ihnen weiß man das allerdings nie -, welche Konjunktur wir bei einem Haushalt haben, der auf das ganze Jahr 1971 geht?
({4})
Können Sie heute schon sagen, ob wir dann eine Konjunktur dieses Ausmaßes haben oder es vielleicht anders ist? Aber obwohl Sie es nicht wissen, sagen Sie trotzdem: Es ist alles viel zu viel, was die Regierung macht; und fünf Minuten später machen Sie das Gegenteil und stellen hier den Antrag auf Verzinsung.
Hermsdorf ({5})
({6})
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Nein. - Außerdem ist es so: Wann haben wir denn überhaupt in diesem Hause jemals einen Beschluß der Regierung zu einem Haushaltsgesetz, das dem Hause weder gedruckt vorliegt noch irgendeine Stelle dieses Hauses beschäftigt, zum Gegenstand der Auseinandersetzung gemacht? Wer von uns weiß denn - alle, die wir hier sind -, was der Gesamthaushalt in seinen einzelnen Positionen darstellt? Ich sage Ihnen zu Punkt II Ihres Antrags: Über den Haushalt 1971 werden wir dann reden, wenn er hier vorliegt, aber nicht heute. Das war bisher nicht üblich und wird auch in Zukunft nicht üblich sein.
({0})
Meine Damen und Herren, Sie haben sich die Sache hier wie in der zweiten und der dritten Lesung des Haushalts und auch mit Ihrem Verzinsungsantrag wieder einfach gemacht. Sie haben gesagt: Bitte, wir streichen 2 Milliarden DM global. - Sie werden Ihre Glaubhaftigkeit erst dann beweisen können, wenn Sie uns auch genau sagen, welche Prioritäten Sie haben wollen und welche Prioritäten Sie gestrichen haben wollen. Das wäre eine ehrliche Politik. Dazu haben Sie sich bisher noch nicht aufraffen können.
Wir bitten, den Antrag abzulehnen. ({1})
Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren, Wortmeldungen zur Aussprache in der zweiten Beratung liegen nicht mehr vor. Ich schließe die Aussprache in zweiter Beratung.
Ich schlage vor, wie folgt zu verfahren: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Einzelbestimmungen in der zweiten Beratung. Danach stimmen wir über den eng damit verbundenen Antrag der CDU/CSU-Fraktion - Tagesordnungspunkt 4 - ab. Dann fahren wir mit der dritten Beratung fort, die wahrscheinlich eine längere Erklärung auslösen wird. Dann kommen wir zu Punkt 3 der Tagesordnung.
Ich darf Sie bitten, den Bericht des federführenden Ausschusses, des Finanzausschusses, Drucksache VI/1029, und den Änderungsantrag der CDU/ CSU-Fraktion auf Umdruck 73 zur Hand zu nehmen.
Ich rufe zunächst einmal die Überschrift des Gesetzes auf. Durch Ziffer i des Änderungsantrags wird begehrt, sie zu ändern. Wer Ziffer 1 des Änderungsantrags seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist eindeutig die Mehrheit; der Antrag Ziffer 1 ist abgelehnt.
Ich rufe § 1 in der Ausschußfassung - rechte Spalte - auf. Dazu bitte ich zunächst den Änderungsantrag Umdruck 73 zur Hand zu nehmen. Wir müssen über den Antrag Ziffer 2 abstimmen, wonach in Abs. 2 hinter dem Wort „rückzahlbaren" das Wort „verzinslichen" eingefügt wird. Wer dem Änderungsantrag Ziffer 2 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag Ziffer 2 ist mit der gleichen Mehrheit ohne Enthaltungen abgelehnt.
Wir kommen nunmehr bei dem gleichen § 1 zu dem Änderungsantrag unter Ziffer 3, wonach ein neuer Abs. 5 a eingefügt werden soll. Wer dem Änderungsantrag Ziffer 3 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis ohne Enthaltungen abgelehnt.
Ich stelle fest, daß damit über § 1 und über § 2, zu dem kein Änderungsantrag vorliegt, in der Ausschußfassung abgestimmt werden kann. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und zahlreichen Enthaltungen sind die §§ 1 und 2 angenommen.
Ich rufe nunmehr den § 3 in der Ausschußfassung auf. Wir haben dabei zunächst über den Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion unter Ziffer 4 abzustimmen. Wer diesem Änderungsantrag unter Ziffer 4 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit dem gleichen Mehrheitsverhältnis ohne Enthaltungen abgelehnt.
Ich rufe jetzt § 3, - § 4, - § 5, - § 6, - Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung auf. Wer diesen Vorschriften seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen und noch zahlreicheren Enthaltungen sind die Vorschriften in der Einzelberatung der zweiten Lesung angenommen.
Wir gehen nunmehr zu Punkt 4 der Tagesordnung über. Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion auf Drucksache VI/1025 ({2}) ist noch einmal begründet worden. Ich bitte, die Drucksache zur Hand zu nehmen, und weise darauf hin, daß der federführende Ausschuß die Ablehnung dieses Antrags empfiehlt.
Wir stimmen über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache VI/1025 ({3}) ab. Wer diesem Antrag, dem Antrag der CDU/CSU, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das letzte war die gleiche Mehrheit wie bei den vorigen Abstimmungen. Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion Drucksache VI/1025 ({4}) ist abgelehnt. Der Tagesordnungspunkt 4 ist damit erledigt.
Ich rufe nunmehr die
dritte Lesung
des Gesetzentwurfs Drucksache VI/1017 auf. Die
CDU/CSU-Fraktion hat auf Grund des § 85 der GePräsident von Hassel
schäftsordnung eine allgemeine Aussprache beantragt.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache zur dritten Lesung hat der Abgeordnete Strauß. Es ist für ihn eine Redezeit von 45 Minuten beantragt worden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf meine Ausführungen zur dritten Lesung mit einer ganz einfachen Frage einleiten: Warum eigentlich die dramatische Aufführung einer Sondersitzung des Bundestages?
({0})
Was hat sich, seit das Parlament in Urlaub gegangen ist, an der Konjunktursituation geändert? Konnte man nicht rechtzeitig das Richtige tun, und muß man hier in dieser Weise verfahren, um eines zu beweisen, verehrter Herr Bundeskanzler: daß dieser Staat noch nie so schlecht regiert worden ist wie in den letzten acht Monaten?
({1})
Ich darf zur Debatte von gestern noch einige Anmerkungen machen. Sie haben gestern bestritten, Herr Bundeskanzler, daß man vor den Landtagswahlen vom 14. Juni Steuersenkungen versprochen habe. Sie haben eine beabsichtigte Frage des Kollegen Stücklen nicht zugelassen. Was war denn in der Regierungserklärung zu lesen? Was ist denn in den darauf folgenden Monaten laufend versprochen worden? Was ist denn im Finanzausschuß am 6. Juni passiert? Da hat der Kollege Pohle den Antrag gestellt, dieses Gesetz über die Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrages und den stufenweisen Abbau der Ergänzungsabgabe wegen seiner konjunkturpolitischen Unmöglichkeit zurückzustellen und im Herbst noch einmal darüber nachzudenken. Da sind wir doch mit 17 : 16 Stimmen niedergestimmt worden.
({2})
Mit 17 : 16 Stimmen niedergestimmt worden. Aber das waren eben acht Tage vor den Wahlen vom 14. Juni. Am 19. Juni ist dieser Gesetzentwurf doch infolge des Antrags der Bundesregierung auf die Tagesordnung gesetzt worden. Und am 19. Juni hat der dafür an sich - so darf ich sagen - nur in Mini-Kompetenz zuständige Bundeswirtschaftsminister den Antrag gestellt, diesen Gesetzentwurf aus genau den gleichen Gründen, die Pohle im Finanzausschuß genannt hat, abzusetzen und die Beratung bis zum Herbst zu verschieben.
({3})
Wie können Sie, Herr Bundeskanzler, Glaubwürdigkeit beanspruchen, wenn Sie sagen: Wir haben doch
vor den Wahlen nie Steuersenkungen versprochen!
({4})
Wir sind doch auch in diesem Wahlkampf gewesen. Wir haben doch auch die Zwischenrufe gehört. Wir haben doch auch Diskussionen bestritten, und wir haben uns vorwerfen lassen müssen, daß die Regierung dem Arbeitnehmer das berechtigte Geschenk - soziale Symmetrie - des Arbeitnehmerfreibetrags geben wolle und die böse CDU/CSU ihm das offensichtlich nicht gönne. Wochenlang ist man damit durchs Land gezogen, und wochenlang haben wir uns das anhören müssen. Kaum waren die Wahlen vorbei, haben Sie etwas getan, was für Ihr Pflichtbewußtsein spricht, nämlich ganz groben Unfug unterlassen.
({5})
Ein weiteres, Herr Bundeskanzler. Sie haben gestern davon gesprochen, daß es in der Nationalökonomie keine naturwissenschaftlichen Gesetze gebe. Die Erkenntnis ist richtig. Herr Kollege Schiller hat zwar mehrere Male ein Kolloquium - wie hieß es damals? - privatissime et gratis angeboten. Ich darf ihm heute Nachhilfeunterricht „publicissime et gratis" erteilen.
({6})
Wir haben doch nie mit der blinden Besessenheit von Promille-Gläubigen immer tierumgerechnet mit Zahl, Komma, erste Stelle hinter dem Komma, zweite Stelle auch noch sehr zuverlässig, erst mit der dritten Stelle beginnt die Kraft der Prognostik schwächer zu werden. Es hat doch nie etwas gestimmt, es war doch immer alles falsch, was gesagt worden ist. Man hat 1967 zu optimistisch geschätzt, 1968, 1969, 1970 zu pessimistisch geschätzt. Aber in einem waren wir uns immer sicherer als die Bundesregierung, nämlich im Trend. Noch in der alten Koalition hat man geglaubt, die Konjunktur sei ein schwaches Kind, das gehegt und gepflegt, gehätschelt und gepäppelt werden müßte,
({7})
in Wirklichkeit war es schon ein ganz kräftiger Bengel, der das Kinderbett allmählich zerschlagen hat.
({8})
Ich könnte darüber noch einige Aussagen machen,
({9})
aber besser nicht mehr, weil ich ja nicht politische Archäologie treiben will.
Natürlich gibt es hier keine naturwissenschaftlichen Gesetze, Herr Bundeskanzler. Aber es gibt Gesetze der wirtschaftlichen Vernunft, die von dieser Bundesregierung gröblich mißachtet worden sind.
({10})
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat uns gestern den Ernst der konjunkturellen Lage deutlich zu machen versucht. Sicher war das sehr interessant. Er hat den anhaltenden Nachfrageüberhang in der Wirtschaft, die Lohnkostensteigerungen, die von der Bundesbank als gefährliche Lohnexplosion bezeichnet worden sind, erwähnt. Er hat auch die bekannten Zahlen über die alarmierende Preisentwicklung ohne Beispiel in den letzten 20 Jahren angeführt. Haben denn wir nicht seit Monaten darauf hingewiesen?
Ich möchte es einmal sehr deutlich sagen. Die Frage, ob diese Maßnahmen richtig oder falsch sind, stellt sich deshalb nicht, weil es im wirtschaftlichen Ablauf einen Zeitpunkt gibt, bei dem jede Maßnahme richtig und falsch zugleich ist, weil sie nicht mehr greift, weil sie das Unheil nicht mehr zu ändern vermag. Wir haben einen - wenn Sie mir den Vergleich erlauben - aerodynamischen Zustand erreicht, in dem die Wirtschaft ins Trudeln geraten ist und die Betätigung der Ruder nicht mehr den Erfolg herbeiführt, der bei rechtzeitigem Eingreifen todsicher gewesen wäre.
({11})
Wir haben damals bei der Regierung keinen rechten Eindruck erweckt, als wir verlangten, zu handeln, und unsere Mithilfe - siehe die Reden des Kollegen Barzel - anboten, so frühzeitig anboten, daß es noch rechtzeitig gewesen wäre. Leider ist das nicht geschehen. Jetzt ist das Parlament in Urlaub gegangen. Nach 14 Tagen kommt die große Erleuchtung. Herr Kollege Schiller, ich möchte es humorvoll sagen - ich habe das letzte Mal die berühmte Geschichte von Ludwig Thoma zitiert -: Offensichtlich ist jetzt der Dienstmann mit der göttlichen Erleuchtung bei der Bundesregierung angekommen.
({12})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nur einmal einen Punkt herausgreifen. Be- reits im Nachtrag zum Jahreswirtschaftsbericht, der im Mai, also vor zwei Monaten, von der Bundesregierung unter Berücksichtigung eines Sondergutachtens des Sachverständigenrates beschlossen worden ist, werden für die Preisentwicklung des privaten Verbrauchs für das gesamte Jahr 1970 Preissteigerungen von rund 4 % vorausgesagt. Herr Bundeskanzler, das war doch etwa zum gleichen Zeitpunkt, wo Sie die Rede in Hannover gehalten haben. In dieser Rede in Hannover haben Sie erklärt: Wenn 4 % erreicht werden, dann wird es allerdings ernst werden.
({13})
- Wenn 4 % Preissteigerungen erreicht werden, dann wird es ernst werden. Damit es eben nicht ernst zu werden braucht, muß man doch, wenn man schon weiß, daß es 4 % werden, rechtzeitig etwas tun, damit es nicht 4 % werden.
({14})
Nicht nur in der Außenpolitik, auch in der Innenpolitik gibt es doch keine faktenersetzende Kraft des Phraseologischen.
({15})
Mit magischen Beschwörungsformeln ist doch hier nichts auszurichten.
Bis zum April betrug die durchschnittliche Steigerungsrate gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum etwa 3,5 %. Man kann aus diesem Regierungsdokument also entnehmen, daß für die restlichen Monate des Jahres eine durchschnittliche Preissteigerung von 4,3 bis 4,4 % erfolgen müsse. Die gestern von Herrn Schiller genannte Steigerungsrate der Lebenshaltungskosten von 3,8 % kann demzufolge doch für die Regierung keine Überraschung sein. Dieser Jahresvergleich ist übrigens falsch. Er bezieht nämlich die Monate ein, in denen wir noch eine relativ hohe Preisstabilität hatten. Wenn man die Entwicklung der letzten acht Monate zugrunde legt, den Zeitraum dieser Regierung, die einer inflatorischen Mentalität in der öffentlichen Finanzwirtschaft und in der privaten Wirtschaft Tür und Tor geöffnet hat,
({16})
und wenn man die Kurve, die sich hier ergibt, auf die nächsten vier Monate vorausprojiziert, dann ergibt sich der echte Jahresdurchschnitt. Der liegt über 4 °/o bei den Lebenshaltungskosten und bei den privaten Verbraucherpreisen, und er liegt erheblich über 7 °/o bei den industriellen Erzeugerpreisen. Von den Baupreisen wollen wir aus Gründen der christlichen Nächstenliebe in diesem Zusammenhang schon beinahe nicht mehr reden.
({17})
Es drängt sich mir wirklich auf: Was hat man im Jahre 1966 gegenüber der Regierung Erhard ausgeführt! Man hat gesagt, 3,7 % Preissteigerung seien unerträglich. Damals betrug die Steigerung der industriellen Erzeugerpreise 1,7 %. Industrielle Erzeugerpreise pflegen eine Leitfunktion auszuüben, und wenn ihre Steigerungsrate heute bei 7 % liegt, dann beweist das, daß die privaten Verbraucherpreise, deren Steigerungsrate um 4 % herum liegt, noch weiter steigen müssen und weiter steigen werden, weil sie nachgezogen werden. Dabei sind in diesem Jahr das kann man im Bundesbankbericht nachlesen und auch in der Rede, die Herr Klasen vor einigen Tagen in Bad Berneck gehalten hat - die Lebensmittelpreise eher geeignet, den Durchschnitt nach unten zu drücken, während damals wegen der abnorm schlechten Witterung im Jahre 1966 die Lebensmittelpreise den Durchschnitt der Verbraucherpreise nach oben gedrückt haben. Darum war es auch im Jahre 1967 dann möglich, in einer sehr jähen Wende - und Sie werden die Wende auch noch erleben, Sie werden erleben, daß die Periode der falschen Alternativen zu Ende geht - sehr schnell wieder Preisstabilität herbeizuführen.
Im Lande draußen wird damit operiert - Sie,
Herr Bundeskanzler, operieren leider auch damit -, als ob es das Problem gäbe „Wachstum oder Stabilität". Ich hoffe, daß dieses Wort: Wachstum oder Stabilität von jemandem, der ernst genommen werden will, überhaupt nicht mehr in den Mund genommen wird, weil es Unsinn ist.
({18})
Ich habe an dieser Stelle nicht selten erklärt, daß ohne ein ausreichendes Wachstum, zu dem wir uns ja aus einer ganzen Reihe von Gründen sozusagen automatisch bekannt haben, die Stabilität nicht aufrechterhalten werden kann, daß aber ohne ein ausreichendes Maß an Stabilität - in Ihrer Größenordnung, Herr Kollege Schiller, 1 % im Jahr; 1 %
war Ihre magische Rate, das wird der Traum Ihres Lebens und Alters sein ({19})
auch Wachstum auf die Dauer nicht erzielt werden kann. Es gibt nämlich, Herr Bundeskanzler, auch nicht die Alternative: Rezession oder Inflation. Man kann durch eine inflationäre Praxis, die ihrerseits wieder eine inflationäre Mentalität erzeugt, die ihrerseits wieder die inflationäre Praxis begünstigt, eines erreichen, was wir in gewissen Ländern heute erleben, nämlich Rezession und Inflation über eine ganze Wegestrecke gleichzeitig nebeneinander.
({20})
Es ist doch nicht wahr, wie man immer wieder versucht hat der Öffentlichkeit weiszumachen - und einmal kommt ja das Ende aller schöner Worte -, daß wir mit einer Politik der Konjunkturdämpfung, mit der Mahnung, etwas zu tun, dem Arbeitnehmer zu Leibe rücken und ihm die Vollbeschäftigung zerschlagen wollten. Was hier gesagt worden ist, daß drei Ziele von den vier des Magischen Vierecks erreicht seien, ist schlechterdings falsch. Wir haben nämlich keine Vollbeschäftigung; wir haben eine übertriebene Situation, die gnauso schädlich ist wie das Gegenteil dieser Situation.
({21})
Wir haben auch keine Preisstabilität. Das behauptet ja sowieso niemand mehr. Wir haben auch kein außenwirtschaftliches Gleichgewicht; denn wir haben doch in diesem Jahr nach den letzten uns zur Verfügung stehenden Zahlen denselben Exportüberschuß wie im Jahre vorher: in den ersten vier Monaten im vorigen Jahr 4,1 Milliarden DM, in diesem Jahr 4,1 Milliarden DM.
Was wir haben, ist dies: Von ,den vier Beinen halten drei überhaupt nicht und das vierte mit dem Wachstum wackelt, weil nämlich der Unterschied zwischen dem realen Zuwachs des Sozialprodukts und dem nominalen Zuwachs zu groß ist, weil hier eine Geldentwertung eingesetzt hat, die in der Geschichte der Bundesrepublik ihresgleichen sucht und die bei uns bisher unbekannt gewesen ist.
({22})
Woher kommt es denn, daß die Sparrate zurückgeht? Doch nicht deshalb, weil die Leute, die unbestreitbar mehr einnehmen als im letzten Jahr, alles für das Leben ausgeben müßten. Das behaupten wir nicht. Herr Bundeskanzler, Ihre etwas rührend einfache Argumentation, die uns früher von Ihnen um die Ohren gehauen worden wäre, hieß: was wollen Sie denn, den Leuten geht es doch gut, sie haben doch keinen Grund, sich zu beklagen! Wir behaupten gar nicht, daß die Leute Grund hätten, sich zu beklagen. Im Augenblick lebt es sich relativ gut. Aber die Entwertung oder praktisch Enteignung, geradezu Konfiskation hat den Sparer und den Bausparer in einer Weise getroffen, wie es in der Geschichte der Bundesrepublik einmalig ist und hoffentlich einmalig bleibt.
({23})
Warum wird denn bei einer Erhöhung der Einkommen, der Selbständigen sowohl als vor allem auch der Unselbständigen, um 14 bis 15 °/o und einer Kaufkraftvermehrung von rund 40 bis 45 Milliarden DM erheblich weniger gespart als im letzten Jahr? Darauf gibt es nur eine einzige Antwort, und die kann man nicht mit Zahlen und Prognosen und Statistiken und Gesetzen naturwissenschaftlicher oder nichtnaturwissenschaftlicher Art aus der Welt schaffen. Hier ist nämlich das Ende aller Zahlengläubigkeit, wenn ein Vertrauensschwund eingetreten ist; und der Vertrauensschwund ist eingetreten.
({24})
Etwas läßt sich nämlich nicht quantifizieren, und das ist der Begriff Vertrauen in der Wirtschaft. Der Begriff Vertrauen in der Wirtschaft hängt auch zusammen mit Vertrauen in die Solidität der Regierung.
({25})
Hier ist dieses Vertrauen, auch in den Reihen Ihrer eigenen Wähler, im Laufe der letzten Monate zunehmend geschwunden.
({26})
Man glaubt, daß wir jetzt auch den Weg des leichten Geldes gehen, den Weg der inflationären Mentalität, den Weg der inflationären Praxis.
Wenn wir uns schon einmal - leider - zu einer Sondersitzung hier zusammenfinden müssen - die doch wir nicht verschuldet und herbeigeführt haben -, dann muß man doch eines sagen: Herr Bundeskanzler, Sie können auf die Dauer nicht der Öffentlichkeit das moderne Deutschland der ganz großen Reformen plus Geldwertstabilität in einem versprechen. Sie werden beides nicht mehr erreichen.
({27})
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat gestern zum Ausdruck gebracht, daß diese Entwicklung - Preisauftrieb usw. - nicht weiter nur mit Nichtstun beantwortet werden darf. Genau der Meinung, Herr Kollege Schiller, waren wir auch, waren wir immer und sind wir auch heute noch. Nur sind wir heute der Meinung: zu spät und in dieser Form nicht ausreichend. Zu spät und in der Form nicht ausreichend, weil man nämlich das heiße Eisen nicht anfaßt. Herr Kollege Hermsdorf, ich habe Sie ganz genau verstanden! Das Problem ist ja auch nicht neu, daß derjenige, der zum Sparen auffordert, dann sagen soll, wo gespart werden muß. Wenn wir dann sagen, wo, gehen Sie hinaus und sagen: „Wir sparen nicht, und deshalb ersparen wir euch alle diese Opfer und Leiden und Verzichte, die euch diese Partei, die jetzt in der Opposition ist, sonst zugemutet hätte."
({28})
Wir sagen nur, daß im Vollzug des Haushalts 1969, in der Gestaltung des Haushalts 1970 und in der Ankündigung des Haushalts 1971 inflatorische Impulse stecken.
({29})
In Zeiten einer starken privatwirtschaftlichen Konjunktur muß eben eine Regierung ganz kleine Brötchen backen, darf sie nicht mit großen Versprechen und Ankündigungen für die Öffentlichkeit reden. Da liegt für Sie, Herr Bundeskanzler, der Hund begraben; genau da: daß Sie Dinge versprechen, die zusammen nicht eingehalten werden können. Das ist jetzt eingetreten, und darum sind wir hier. Wenn ich spreche, dann doch nicht, um Sie zu ärgern oder um mich zu langweilen, sondern deshalb, weil wir kein Verständnis haben für eine Politik, die Monate hindurch die Fakten ignoriert, mit schönen Beschwichtigungsformeln die Wirklichkeit ändern will, um dann dramatisch eine Sondersitzung einzuberufen, in der man - ut aliquid fieri videatur - so tut, als ob man jetzt erst Grund hätte, etwas tun zu müssen; und das ist eben falsch.
({30})
Herr Kollege Schiller, noch .am 3. Juni 1970 haben Sie - ich kann Ihnen ja wirklich nicht, gerade wegen Ihrer Bereitschaft, mir unentgeltlich Unterricht zu erteilen, mangelnde volkswirtschaftliche Kenntnisse zugute halten - doch wider besseres Wissen die von Ihnen selbst gestellte Frage beantwortet: „Reichen die Maßnahmen der Bundesregierung und der Bundesbank für die Stabilisierung des Preisniveaus aus?" So am 3. Juni; so ist die Frage von einem Mitglied, und zwar dem in diesem Falle kompetenten Mitglied, der Bundesregierung gestellt worden. Die Antwort hieß: „Ja, sie reichen aus." Am 3. Juni! Heute haben wir den 11. Juli. Was ist i in den sechs Wochen an grundlegenden Änderungen eingetreten, daß die Antwort von damals heute nicht mehr stimmt?
({31})
- Ich höre soeben, daß am 14. Juni Landtagswahlen stattgefunden haben.
({32})
Das ist allerdings eine Erklärung, die - - nun ja. Herr Kollege Schiller hat am 3. Juni 1970 noch erklärt, daß es nicht zu verantworten wäre, die schärfsten Waffen der Konjunkturdämpfung - das sind die heute von derselben Regierung beantragten Steuermaßnahmen - einzusetzen; es wäre nicht zu verantworten. Warum ist es denn heute zu verantworten? Was ist in der Zwischenzeit eingetreten, daß das, was damals unverantwortlich war, heute im pflichtbewußten Handeln für die Stabilität der Währung höchste Pflicht der Regierung ist?
({33})
Das kann doch wirklich kein Mensch mehr verstehen. Ich bemühe mich, auch eine falsche Politik zu verstehen, weil auch eine falsche Politik eine bestimmte ratio hat. Aber überhaupt keine Politik kann man nicht verstehen, weil sie eben keine ratio mehr hat. Da hört es eben auf.
({34})
Kollege Schiller hat damals noch den Eindruck zu erwecken versucht, daß Steuererhöhungen nicht in
Betracht gezogen würden, sondern - ich zitiere wörtlich - „auch die letzte Phase der konjunkturellen Anspannung mit marktwirtschaftlichen Mitteln überwunden" werde.
({35})
- Ja, er hat doch damals, hieber Kollege Apel, genau das Nein ausgesprochen. Wenn die Opposition sich heute so verhalten würde, wie Ihr eigener Wirtschaftsminister vor wenigen Wochen dringend empfohlen hat, dann müßten wir nein sagen zu diesen Maßnahmen, die „nicht verantwortbar" sind. Das ist doch der Sinn meiner Ausführungen: daß diese Maßnahmen am 3. Juni als „nicht zu verantworten" bezeichnet worden sind. Natürlich werden wir nicht nein sagen, obwahl das Nein zur Methode - zur Methode hier - in aller Deutlichkeit ausgesprochen wird.
({36})
Der Herr Bundesbankpräsident hat vor wenigen Tagen in einer öffentlich gehaltenen Rede folgendes erklärt:
Nun stellt sich die Frage: besteht eine Chance - und wir von der Notenbank glauben, das fordern zu müssen -, eine sichere Chance, daß diese Preisentwicklung sich nicht fortsetzt? Diese sichere Chance sehen wir nicht.
Das hat er erklärt. Unter dem Eindruck nachträglicher Erkenntnisse greift man jetzt sehr spät - zu spät -- zu Mitteln, die ihrerseits fragwürdig sind. Ich sage Ihnen auch, warum sie fragwürdig sind. Ich habe immer die Auffassung vertreten, daß - lassen wir mal die Frage „Aufwertung ja oder nein" beiseite - -({37})
- Oh nein, ich bin gern bereit, darauf einzugehen, Herr Kollege Rutschke; das würden Sie nicht durchstehen.
({38})
Aber lassen wir die Frage einmal beiseite. Über eines gibt es doch keinen Zweifel: daß bei einer überhitzten Binnenkonjunktur eine Aufwertung nur dann den gewünschten Effekt bringt, wenn sie von Maßnahmen begleitet wird, die sowohl die Auslandsnachfrage wie die Inlandsnachfrage auf das Güterangebot reduzieren.
({39}) Das ist eben leider nicht geschehen.
Warum hat man denn nicht vom Stabilitätsgesetz Gebrauch gemacht? Warum denn diese merkwürdige Form von Steuervorauszahlungen? Bei Steuervorauszahlungen wird erstens einmal der Steuerpflichtige den Antrag stellen können - und das wird geschehen -, die Vorauszahlungen entsprechend dem Rückgang seines Einkommens, gerade bei Selbständigen, herabzusetzen. Der Unselbständige kann ebenfalls, und mit Recht - und er wird es tun und tun müssen -, Anträge stellen. Warum denn nicht vom Stabilitätsgesetz Gebrauch machen? Sie sagen, damit wäre dann die Enteignung endgültig? Welche Lage muß eigentlich eintreten, damit der § 26 des
Stabilitätsgesetzes anwendbar ist? Welche Steigerungsraten bei Preisen und Sozialprodukt müssen vorhanden sein, damit dieses Gesetz angewandt werden kann?
Ich darf Ihnen sagen, Herr Kollege Schiller, wir haben es ja in kleinem Kreise mal vor langer Zeit besprochen: das Stabilitätsgesetz ist, da gebe ich Ihnen recht, in dieser Form schwer anwendbar. Und für eine Regierung, wie es diese ist, ist es überhaupt nicht anwendbar. Warum wenden Sie es denn nicht an, außer mit der degressiven Abschreibung über einige Monate hinweg? Dazu kann ich Ihnen einiges sagen. Und zwar deshalb: wann besteht denn die Notwendigkeit, Steuererhöhungen aus konjunkturpolitischen Gründen vorzunehmen? Es ist eine gesunde Mentalität des Staatsbürgers, daß er nicht unbedingt antizyklisch denkt; denn der Staatsbürger ist bereit, tiefer in seine Tasche zu greifen und dem Staate zu geben, was des Staates ist, wenn der Staat bei sparsamer öffentlicher Finanzwirtschaft Geld benötigt, um damit seine normalen Aufgaben zu erfüllen, individuelle Sozialleistungen zu gestatten und im übrigen die Gemeinschaftsinvestitionen zu finanzieren. Aber wann liegt denn die Notwendigkeit einer konjunkturpolitisch bedingten Steuererhöhung vor? Doch dann, wenn das Wachstum, nominell zumindest, ohnehin größer ist als geschätzt. Da 1 °/o nominales Wachstum eine Milliarde DM Steuereinnahmen ausmachen, ist es doch dem Staatsbürger fast nicht zuzumuten, wenn der Staat Milliarden mehr einnimmt, als er im Haushalt vorgesehen, in der Finanzplanung geschätzt hat, dann noch zuzätzlich Steuern zu bezahlen. Das ist doch die Problematik.
({40})
Warum haben Sie denn dann nicht eines gemacht, wofür ich hier eintrete? Überlegen Sie es; denn die Konjunkturzyklen werden bestimmt nicht durch das Gespann Möller-Schiller aus der Welt geschafft werden, sie werden weitergehen. Was wir wollen, ist nicht eine ansteigende gerade Linie, sondern möglichst geringe Ausschläge in der Amplitude und möglichst große Zeiträume in der Longitude der Zyklen bei aufsteigender Basislinie. Überlegen Sie es sich! Konjunkturpolitisch bedingte Steuererhöhungen müssen auf Grund gesetzlichen Zwangs dem Staatsbürger von einem bestimmten Zeitpunkt an in einem bestimmten Rhythmus zurückerstattet werden. Dann können Sie das Stabilitätsgesetz anwenden. So können Sie es nicht anwenden und müssen zu dieser komischen Methode der Steuervorauszahlungen greifen, deren Rückzahlung zufällig dann ein paar Wochen vor der nächsten Bundestagswahl liegt. Das ist die Problematik.
({41})
Darum haben wir hier 30. 6. 72 gesagt. Außerdem kann die Rückzahlung nur erfolgen, wenn die Konjunkturlage es gestattet. Hier haben wir nur einen festen Termin genommen, weil der Ihre zu penetrant wahlinfiziert ist. Normalerweise muß die Rückzahlung erfolgen, wenn eine Verstärkung der privaten Kaufkraft wegen Nachlassens der wirtschaftlichen Tätigkeit erwünscht ist.
({42})
Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, besteht auch im Lande draußen - und das erfinde doch ich nicht hier - der penetrante Verdacht, daß man in Verbindung mit der Steuerreform, auch mit der Änderung der Pläne zur Ergänzungsabgabe - die neuerdings sinnloserweise eine Bildungssteuer geworden ist ({43})
eines Tages unter sehr überzeugenden Begründungen die Rückzahlung nicht mehr vornimmt.
({44})
Sie haben doch selbst einen gewaltigen Finanzbedarf für die Durchführung Ihrer Versprechungen angemeldet. Wenn Sie gleichzeitig Steuersenkungen versprechen, womit wollen Sie denn das finanzieren? Die Rechnung geht doch nicht auf.
({45})
Sie geht nicht einmal auf trotz der gewaltigen Pläne, die Kreditaufnahme des Bundes von Jahr zu Jahr erheblich zu steigern. Das kommt doch auf uns zu. Wie wollen Sie das finanzieren? Dann gibt es natürlich einleuchtende Gründe, daß der Verkehrswegebau, daß das Bildungswesen, daß die Gesundheitsvorsorge - wir sagen zu allen dreien ja - einen solchen Finanzbedarf erfordern, daß diese Rückzahlungen selbstverständlich unter der Alternative stehen: Seid Ihr für Verkehrsbau oder für Rückzahlungen? Das ist genau das, was wir nicht wollen, weshalb wir es heute in aller Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen.
({46})
Herr Kollege Apel, Sie haben sich mit Recht, daß verstehe ich auch - Präsident von Hassel: Gestatten Sie, Herr Abgeordneter, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ehmke?
({47})
Herr Kollege Strauß, auf welche der zwei Unterstellungen können wir uns in Zukunft von Ihrer Seite verlassen, daß wir den Termin der Rückzahlung so angesetzt haben, um damit die nächsten Bundetagswahlen zu beeinflussen oder daß wir gar nicht zurückzahlen wollen?
({0})
Da bei dieser Regierung leider ein rationales Verhalten nicht mehr zu unterstellen ist, kann man die Frage nicht beantworten.
({0})
Aber ich sage Ihnen ja, Herr Kollege Professor Ehmke, womit man das glaubwürdig machen kann. Ich habe den Vorschlag hier heute nicht zum erstenmal gemacht, sondern in der Vergangenheit unzählige Male. Ändern Sie das Stabilitätsgesetz so, daß konjunkturpolitisch bedingte Steuererhöhungen
aus der Lohn-, Einkommen- und Körperschaftsteuer von einem bestimmten Zeitpunkt an, der konjunkturpolitisch determiniert werden muß, dem Staatsbürger zurückerstattet werden; denn diese Steuererhöhungen sind ein Stück Enteignung aus Gründen der Globalsteuerung der Wirtschaft, nicht aus Gründen der Steuergerechtigkeit. Deshalb muß diese temporäre Enteignung rückgängig gemacht werden, und deshalb fordern wir auch grundsätzlich die Verzinsung.
({1})
Ich gehe in Fragen der Verzinsung - sie steht heute hier allerdings nicht zur Entscheidung an - sogar noch einen Schritt weiter. Die Verzinsung muß in zwei Richtungen erfolgen. Der Staat muß dem Bürger gegenüber Ersatz leisten, wenn er vom Bürger einen Kredit, den er ja später zurückzahlen will, einholt, wie es hier geschieht.
({2})
- Herr Dr. Apel, der Begriff „Vorauszahlung" schließt doch ein, daß das, was jetzt im Wege der Vorauszahlung gezahlt wird, durch die spätere Steuerlast eingeholt wird, damit es dann nicht zu größeren Nachzahlungen kommen muß. Aus diesem Grunde ist das Wort „Vorauszahlung" sehr fragwürdig. Aber ich komme Ihnen ja sehr weit entgegen, wenn ich umgekehrt sage: Da meistens der Einkommensteuerpflichtige vom Staat einen Kredit erhält - das ist beim Lohnsteuerpflichtigen nicht der Fall; deshalb der Freibetrag in Höhe von 240 DM; nach Ihren Versprechungen, die Sie nicht halten können, soll er sogar 480 DM betragen -, sollte nach meiner Meinung in Zukunft auch der Staatsbürger, der Einkommensteuerpflichtige bei Nachforderungen des Staates seinerseits Zinsen bezahlen, also dann, wenn er vom Staat einen Kredit bekommen hat. Das bedeutet also eine Verzinsung nach beiden Seiten hin. Bei der Reform der Abgabenordnung wird eine Lösung dieser Art unvermeidlich sein.
Aber in diesem Falle liegen nicht Steuererhöhungen vor, die der Steuergerechtigkeit und der sozialen Pflicht entsprechen. Hier liegen Steuererhöhungen aus rein konjunkturpolitischen Gründen und nicht aus Gründen des finanzwirtschaftlichen Bedarfs vor. Wir sind daher der Meinung, daß diese Steuervorauszahlungen in anderer Form geregelt werden sollten und daß sie verzinst werden sollten. Herr Kollege Ehmke, ich empfehle Ihnen - überlegen Sie es sich als der Chefmanager dieser Regierung -, § 26 des Stabilitäsgesetzes so zu ändern, daß der Staat zur Rückzahlung gezwungen ist. Beschränken Sie sich nicht nur auf die Festlegung von Vorauszahlungen in diesem jetzt zur Entscheidung anstehenden Gesetz, das leichter als ein Stabilitäsgesetz zu ändern ist.
Sie sollten klare Fakten schaffen und hier versprechen, daß Sie bereit sind, das Stabilitätsgesetz in dem Punkte so zu ändern, wie ich es hier vorgeschlagen habe. Damit werden dann klare Verhältnisse geschaffen, weil Steuererhöhungen so und Steuererhöhungen so zwei ganz verschiedene Dinge sind. Steuererhöhungen aus konjunkturpolitischen Gründen sind ein Stück Enteignung des Bürgers, die wieder rückgängig gemacht werden muß und für die eine Vergütung erfolgen muß. Wenn wir so verfahren, haben wir eine ganz klare Bilanz. Niemand wird dieser Regierung dann vorwerfen können, daß sie etwa die Absicht hätte, diese Vorauszahlungen später propagandakräftig zum Zwecke der Finanzierung von Gemeinschaftsinvestitionen umzuwandeln. In diesem Punkte wollen wir Klarheit haben. Deshalb stellen wir hier diese Anträge.
Herr Kollege Apel, ich verstehe, daß Sie aufgeregt sind.
({3})
- Ich weiß, daß bei Ihnen viel passieren muß, bis Sie aufgeregt sind. Wenn Sie jetzt aufgeregt sind, muß viel passiert sein.
({4})
Bei den von mir vorher zitierten Äußerungen des Kollegen Schiller haben ja damals die beiden Koalitionsfraktionen begeistert applaudiert. Heute müssen sie zu genau demselben, wozu sie damals applaudiert haben, nein sagen. Das, was sie damals abgelehnt haben, müssen sie heute mit Applaus überschütten. Es ist eine ganz miese Rolle, die man Ihnen hier zuschiebt. Darüber gibt es doch gar keinen Zweifel.
({5})
Herr Kollege Professor Schachtschabel von der SPD-Fraktion - wenn meine Unterlagen noch up to date sind, wie man auf gut deutsch sagt, ist er Ordinarius für Volkswirtschaft an der Universität Mannheim ({6}) hat ebenfalls am 3. Juni erklärt:
Rigorose konjunkturpolitische Maßnahmen, wie sie vom Sachverständigenrat unter Berücksichtigung des wirtschaftspolitischen Zieles der Preisniveaustabilität vorgeschlagen werden,
- es handelte sich dabei in erster Linie um die heute zur Entscheidung stehenden Steuererhöhungen und Steuervorauszahlungen können nicht akzeptiert werden, weil sie eine Preisdämpfungspolitik unter bewußter Inkaufnahme von Beschäftigungsrückschlägen bewirken.
Das ist doch von Ihrer Fraktion gesagt worden. Was würden Sie heute sagen, wenn wir uns hinstellten und sagten: „Nein, auf Grund Ihrer eigenen Äußerungen, die wir uns als gelehrige Schüler und Zuhörer privatissime et gratis zu eigen gemacht haben, ist das, was Sie heute vorschlagen, mit einer Gefährdung der Vollbeschäftigung identisch und bringt die Gefahr der Arbeitslosigkeit mit sich."?
({7})
Der Kollege Junghans, der gestern für die SPD-Fraktion eine schwierige Funktion erfüllen mußte, hat am 4. Juni 1970 im Bundestag erklärt, daß dann, wenn entsprechend meinen hier schon öfter vorgetragenen Überlegungen im vorigen Jahr eine vorübergehende Erhöhung der Lohn- und Einkommensteuer mit der Pflicht zur Rückzahlung durchgeführt
worden wäre ich zitiere ihn wörtlich -, „Wachstum und damit die Möglichkeiten für Reformen gleich Null gewesen wären". Ich muß Sie fragen, da Sie die heute von Ihnen beabsichtigten Maßnahmen noch vor fünf Wochen als eine Politik „kontra Reformen, Wachstum Null" bezeichnet haben, ob Sie heute noch der gleichen Meinung sind. Sind Sie nicht bereit, zuzugeben, daß hier vor fünf Wochen dummes Zeug geschwätzt worden ist?
({8})
Der Kollege Hermsdorf ich habe noch einen
jüngeren Bezugspunkt - hat noch am 18. Juni 1970 - das war einen Tag, bevor die neue Erleuchtung kam; da wußte er noch nicht, was ihm bevorsteht,
({9})
er wußte nämlich nicht, daß am folgenden Tag das Steueränderungsgesetz, die Verdoppelung des Arbeitnehmerfreibetrags und der Wegfall der Ergänzungsabgabe von der Bundesregierung praktisch zurückgezogen wird - unter deutlicher Bezugnahme auf die steuerlichen Möglichkeiten des Stabilitätsgesetzes erklärt: „Wir lehnen auf jeden Fall hektische Maßnahmen ab." Gibt es eine hektischere Maßnahme, als den Bundestag nach neun Monaten konjunkturpolitischer Blindheit zu einer Sondersitzung einzuberufen und hier dieses Theater zu veranstalten?
({10})
Auch wir lehnen hektische Maßnahmen ab. Was heißt „hektisch"? Die Anwendung des Stabilitätsgesetzes ist doch keine Hektik. Das soll man zur rechten Zeit, normal, ohne allzuviel Pathos machen. Aber es muß ja immer alles mit einem riesigen Pathos gemacht werden, nur daß diesmal das Pathos sozusagen in die Hose gegangen ist.
({11})
Ich muß fragen: Was ist denn eigentlich passiert, daß das Hohe Haus zwei Wochen nach Beginn der Sommerpause in einer wirklich nicht mehr zu überbietenden Hektik zusammengerufen worden ist, um die noch bis gestern von dieser Koalition abgelehnten Maßnahmen zu beschließen? Ich kann Ihnen die Antwort gerne geben. Es sind doch nicht die alten Konjunkturdaten, es ist vielmehr einzig und allein die Analyse der von der Bundesregierung verlorenen Landtagswahlen, die zu einem Denk- und Lernprozeß - es gibt auch hier Denkpausen, Herr Bundeskanzler , zu einer Denkpause geführt hat, deren kümmerliches Ergebnis uns heute vorliegt. Das ist doch der wirkliche Grund.
({12})
Bis dahin hat man auf eine für sozialistische Regierungen sozusagen charakteristisch-typische Politik der Gefälligkeiten gesetzt und glaubte, man könne damit den Erfolg sicherstellen.
Jetzt merkt man, Herr Kollege Schiller - darf ich das sagen -, daß das Wort von der Stabilität des Geldwertes, mit dem Sie früher Ihre Oppositionsreden bestritten haben, in unserem Volke so ernst genommen wird, daß es sich gegen die Redner von früher und Sünder von heute auswirkt.
({13})
In der Regierungserklärung wurde doch jedem alles versprochen. Steuersenkungen wurden angekündigt. Die Warnungen unserer Fraktion, des Sachverständigenrates, der Bundesbank, der Mehrheit der Forschungsinstitute, sonstiger kompetenter Stellen, im Interesse der Preisstabilität etwas kürzer zu treten, den konjunkturellen Notwendigkeiten Beachtung zu schenken, wurden mit dem Stichwort „Reformen" in den Wind geschlagen. Darum zahlen wir darum nehmen wir es so ernst; es ist nicht politische Streitlust, die uns hier zum Auftritt bewegt - heute die Zeche, weil diese Politik im Fach Sozialpolitik die Note „miserabel" verdient.
({14})
Was nützen diese dramatischen Erhöhungen auf allen Gebieten, wenn damit kaum mehr das finanziert werden kann, was ohne diese Erhöhungen bei normaler Geldwertstabilität hätte finanziert werden können?
({15})
In den letzten drei Monaten sind doch die Preise im Hochbau um 15 bis 17 % gestiegen, in den letzten sechs Monaten um 20 bis 30 % regional unterschiedlich -, zum Teil sogar darüber hinaus. Was soll da der kleine Mann machen? Da geht es doch an mit der Geldwertstabilität. Wer vor einigen Jahren einen Bausparvertrag abgeschlossen hat, wer sich ausgerechnet hat, was er sich dann damit in absehbarer Zeit, wenn er fleißig weiter spart, leisten kann, kann heute nur mehr 70 % dessen finanzieren, was er damals mit der gleichen Summe hätte finanzieren können. Der geht doch jetzt in den Verbrauch hinein, weil er sagt: es hat keinen Sinn mehr; es ist besser, ich kaufe die Ware jetzt als in einem Jahr, weil sie dann 10 % mehr kostet. Dazu hat diese Politik der inflatorischen Mentalität und der inflatorischen Praxis in Wirklichkeit geführt.
({16})
Sie wissen es, aber es muß auch hier einmal ausgesprochen werden: die Tatsache, daß die Aussetzung der degressiven Abscheibung - eine Methode, die dem Stabilitätsgesetz durchaus entspricht und denkbar ist wegen des monatelangen Hickhacks bei den Großen bestimmt nichts mehr nützt.
({17})
Sie wissen doch ganz genau, daß eine Kabinettssitzung so werläuft wie eine Tagung von Marktfrauen auf dem Marktplatz in Bonn, nämlich völlig öffentlich;
({18})
das war bei uns nicht viel anders, aber jetzt ist es noch schlimmer.
({19})
Deshalb weiß man doch auch in der großen Wirtschaft seit Wochen, was mit dieser degressiven Abschreibung gespielt wird. Das weiß man doch. Man hat doch in ganzen Konzernen am letzten Wochen3488
ende Marathonsitzungen durchgeführt und hat die Bestellungen hinausgegeben. Wen es trifft, das sind die Kleinen und Mittleren, die hier zu kurz kommen.
({20})
Hätten Sie es rechtzeitig, lautlos getan und dabei ruhig riskiert, daß wir als Opposition dann gemekkert hätten, so hätte Ihnen das nicht wehgetan, aber Sie hätten recht behalten. Aber so haben Sie monatelang darüber geredet, sind hinaufgestiegen aufs Sprungbrett, haben oben Freiübungen gemacht und sind wieder heruntergestiegen,
({21})
und die Öffentlichkeit hat dann gewartet, was nunmehr geschieht. Damit ist etwas eingetreten, was man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte, nämlich ein weit und breit festzustellender Vertrauensschwund, ein Schwund des Vertrauens, der zur Folge hat, daß ein Wort der Regierung und ihrer Fraktionen einfach nicht mehr ernstgenommen wird.
({22})
Sie sagen, es sei unerhört, Ihnen zu unterstellen, Sie wollten das nicht zurückzahlen. Ich sage nur, daß Sie uns mit Ihrer Argumentation dafür geradezu die Worte liefern. Wie kann eine Regierung, die am 3. Juni und deren Sprecher noch bis Ende Juni so gesprochen hat, wie ich es zitiert habe, und die heute genau das Gegenteil sagt, die das, was sie damals als eine „Politik der gezielten Arbeitslosigkeit" angeprangert hat, heute ihrerseits tut, Vertrauen beanspruchen? Es wird eine lange Zeit vergehen, bis die Fehler und Schäden, die hier eingetreten sind, wieder aufgeholt sind.
({23})
Es wird jetzt ein Zeichen gesetzt. Wirken wird es in dem erwünschten Ausmaß und in der notwendigen Zeit nicht mehr. Und weil ein Zeichen gesetzt wird, wird sich meine Fraktion der Stimme enthalten.
({24})
- Hören Sie mich ganz genau an! Ich kneife nicht. Wir sagen, daß wir die hier angewandten Mittel
- wenn auch anders: das Stabilitätsgesetz ändern, nicht Vorauszahlungen, wie ich es vorhin erwähnt habe; aber in der Praxis würde es auf das gleiche, nur mit mehr Sicherheit und Glaubwürdigkeit, hinauslaufen - im rechten Zeitpunkt und im rechten Umfange für richtig halten, daß wir sie aber zu diesem Zeitpunkt aus den vorher genannten Gründen für nicht mehr wirksam halten, weil jetzt nichts mehr wirken kann. Es kann nur mehr wirken eine allgemeine Besinnung, sich von dem inflatorischen Taumel des Tanzes um das Goldene Kalb allmählich wieder auf den Boden solider Überlegungen zurückzuziehen.
({25})
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Kirst für die FDP-Faktion. Für ihn sind 20 Minuten angemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offenbar hat Herr Strauß weite Teile seiner Fraktion so erschöpft, daß sie jetzt - was allerdings häufig üblich ist, wenn dann Vertreter der Koalitionsparteien sprechen - den Saal räumen.
({0})
Der Kollege Strauß hat irgendwann in seiner langen Rede die Frage gestellt, warum er eigentlich rede, und dabei die Alternative verwandt, er rede nicht, um sich zu langweilen und uns zu ärgern. Ich will das nicht umdrehen. Immerhin, Herr Kollege Strauß: ich habe den Eindruck, Sie haben heute morgen die Gelegenheit genommen, eine ganze Portion innerparteilichen Ärgers, der Sie ja wohl gestern getroffen hat, abzureagieren.
({1})
- Vielleicht tröstet uns das, was wir gestern gelesen haben, Herr Leicht, dahingehend, daß wir nicht alles, was Sie hier gesagt haben, nicht jede Übersteigerung, die Sie uns hier in gewohnter Manier geboten haben, als typisch für Ihre Gesamtfraktion werten müssen.
Herr Kollege Strauß, ich will nicht auf alles eingehen, was Sie hier gesagt haben. Aber ich darf zunächst noch einmal um der historischen Wahrheit willen zu Ihrer Behauptung Stellung nehmen, es habe noch nie eine solche Preissteigerung, bezogen auf den Index der Lebenshaltungskosten, gegeben, wie wir sie heute haben.
({2})
Herr Strauß, lesen Sie die Statistiken: im ersten Vierteljahr 1965 4,3'°/o,
({3})
im zweiten Vierteljahr 4,1 °/o. Sie können die Statistiken selber überall nachlesen.
({4})
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Strauß?
Bitte!
Es tut mir leid, daß ich Ihnen diese Frage stellen muß. Sind Sie sich nicht darüber im klaren, daß Sie hier die falsche Statistik genommen haben? Denn nach demselben Schlüssel, nach dem wir heute die 3,8% berechnen, waren es 1965 3,4 5 und 1966 3.7 %. Aber Sie haben den alten Warenkorb erwischt.
({0})
Das ist seit längerer Zeit aufgegeben worden. Darum nehmen Sie zur Kenntnis, daß Sie die Statistik ändern müssen.
Herr Kollege Strauß, ich habe eben Vierteljahreszahlen und keine Ganzjahreszahlen genannt. Auf ein Jahr umgerechnet kommt man sicherlich auf Ihre Zahlen. Aber das Entscheidende ist doch, daß wir jetzt etwa bei 3,8 % liegen
({0})
und 1965/66 - auf das Jahr bezogen auch 3,6 %,
3,7 %, 3,8 %, in manchen Quartalen sogar über 4 %, gehabt haben. Darauf kommt es an.
({1})
Ich meine auch, Sie sollten nicht so leichtfertig mit den Argumenten vom sinkenden Vertrauen, abzulesen an sinkenden Sparraten, umgehen. Es gibt sehr gute und sehr genaue Untersuchungen, die zeigen, daß man diese Dinge sehr gründlich prüfen muß
({2})
und nicht aus bestimmten Statistiken falsche Schlußfolgerungen ziehen darf, da sich hier offenbar Verlagerungen in der privaten Kapitalbildung abgezeichnet haben.
({3})
Im übrigen wäre es, glaube ich, wenn man die Entwicklung der Preise in diesem Jahr und in den letzten Monaten des vergangenen Jahres politisch wirklich würdigen will - vielleicht können wir uns darin sogar einig sein -, doch zweckmäßig, daß einmal die dazu geeigneten Institute versuchen - ob es völlig gelingt, weiß ich nicht - festzustellen, inwieweit Preissteigerungen, die jetzt erst evident geworden sind, durch das Tun oder Unterlassen in vergangenen Perioden vorgeformt worden sind. Dabei denke ich nicht unbedingt nur, Herr Kollege Strauß, an die zu späte bzw. von Ihnen verhinderte Aufwertung. Als Sie kamen, hatten Sie ja darüber nicht mehr zu bestimmen.
Vielleicht wäre es in diesem Zusammenhang auch wichtig, einmal zu untersuchen, inwieweit die enorme Steigerung der Stahlpreise, die wir im vergangenen Jahr, noch zu Ihren Zeiten, erlebt haben - wobei ich Sie gar nicht dafür verantwortlich mache , die gesamte Preisentwicklung beeinflußt hat,
({4})
nicht zuletzt deshalb, weil sie, wie wir ja alle wissen, Anlaß für gewisse Bewegungen gewesen ist, die dann die spätere Lohnwelle entscheidend mitgeprägt haben.
Aber. meine Damen und Herren, lassen Sie mich weniges Grundsätzliches zu der Entscheidung sagen, zu der wir uns heute versammelt haben. Das Argument, wir hätten diese Entscheidung wegen der Landtagswahlen vom 14. Juni zurückgestellt, ist absolut unsinnig, Herr Leicht.
({5})
Denn, Herr Leicht, Sie wissen genauso gut wie wir, daß z. B. in der Zeit, in der diese Steuervorauszahlungen erhoben werden, also bis zum nächsten Sommer, fünf weitere Landtagswahlen stattfinden werden. Wir sind nun einmal ein Staat, in dem immer
gewählt wird. Insofern ist dieses Argument zunächst einmal unsinnig.
Herr Kollege Strauß hat davon gesprochen, daß die Koalitionsparteien hier in eine miese Rolle gebracht würden. Ich persönlich - ich nehme an, daß ich das in Übereinstimmung mit meinen Kollegen aus beiden Fraktionen sagen kann - sehe das nicht so und empfinde das nicht so. Herr Kollege Strauß, ich sage Ihnen auch: Ich habe kein Wort von dem zurückzunehmen, was ich hier im Februar oder im März oder im Juni bei den Haushaltsberatungen dazu gesagt habe. Denn - und das scheint mir jetzt doch der wichtige Punkt zu sein, wo wir uns unterscheiden -, meine Damen und Herren, ich habe die Haltung der Bundesregierung in diesen Fragen der Konjunkturpolitik in den letzten Monaten, die ich so vertreten, so gesehen und so verteidigt habe und die Sie, Herr Leicht, immer polemisch als Nichtstun abqualifiziert haben
({6})
- hören Sie doch einmal zu! -, so verstanden und verstehe sie noch heute so, daß sie der Ausdruck der Bereitschaft dieser Regierung war, den autonomen Kräften der Wirtschaft, die nun einmal in erster Linie dafür verantwortlich sind, die Chance zu bieten, sich aus eigener Verantwortung und aus eigener Einsicht konjunkturgerecht zu verhalten.
({7})
So habe ich die Haltung der Bundesregierung verstanden und vertreten.
Ich meine, Herr Leicht, es ist eigentlich zu vordergründig - wenn Sie in der Denkpause, die nun hoffentlich vor uns liegt, darüber nachdenken, werden Sie mir vielleicht zustimmen -, wenn die Opposition meint, sie könne nun in einen billigen Triumph ausbrechen. Wir sollten uns eher gemeinsam in Bekümmernis darüber finden,
({8})
daß eben offenbar diese autonomen Kräfte der Wirtschaft, insbesondere die Sozialpartner in den vergangenen Monaten nicht in der Lage, nicht bereit und vielleicht nicht gewillt gewesen sind, aus ihrer eigenen Verantwortung zu handeln und ihrer Verantwortung gerecht zu werden, und nun z. B. die Regierung und das Parlament zu diesen Maßnahmen zwingen. Wir sollten diesen Hintergrund sehen und ihn nicht billig zur Argumentation mißbrauchen, sondern ihn ernst nehmen. Ich als Liberaler nehme ihn jedenfalls ernst.
({9})
Meine Damen und Herren, wir sollten dabei doch nicht die Frage übersehen - und ich stelle sie bewußt -, ob dieses Beispiel nicht Schule macht. Heute ist es der Bereich der Konjunkturpolitik, ist es die Zielvorstellung der Geldwertstabilität, die dazu führt, daß man das, was eigentlich in freier Entscheidung getroffen werden müßte, über staatlichen Zwang zu erreichen versuchen muß. Morgen kann es etwas ganz anderes sein. Darüber sollten wir uns einmal klar sein.
Sowohl Herr Strauß als auch gestern Herr Stoltenberg haben zumindest unterschwellig den Versuch unternommen, hier ein Junktim im Bewußtsein unserer Bürger zwischen den Steuervorauszahlungen und den Aufgaben bzw. den Ausgaben für innere Reformen herzustellen. Ich meine, dieser Geschichtsklitterung muß im vorhinein entgegengetreten werden. Es ist doch nun einmal eindeutig klar, daß das Geld, das im Wege der Steuervorauszahlung erhoben wird, überhaupt nicht in die Verfügungsgewalt des Bundesfinanzministers bzw. dieses Parlaments kommt. Es ist eine Kaufkraftstilllegung, die, ich würde sagen, aus mehr technischen Gründen in Form einer an der Steuerschuld berechneten Größe vorgenommen wird.
Über die Verzinsung ist genug gesagt worden. Lassen Sie mich aber noch etwas zum Termin sagen, Herr Kollege Strauß. Zunächst einmal sollten wir hier deutlich feststellen: Der jetzt beschlossene Termin oder der von Ihnen vorgeschlagene Termin - welcher Termin auch immer - ist bzw. wäre immer nur ein Endtermin. Wir sind uns doch einig - es ist auch vorhin schon einmal gesagt worden -, daß die Freigabe möglichst bald zu einem konjunkturpolitisch vernünftigen Zeitpunkt erfolgen soll. Es ist vorhin von dem Herrn Ausschußberichterstatter festgestellt worden, daß durchaus auch die Möglichkeit besteht, daß die Freigabe in Etappen erfolgt.
Aber, Herr Kollege Strauß, es war doch nun wirklich der Gipfel, dieser Regierung oder dieser Mehrheit zu unterstellen, daß sie die Überlegung habe, diese Gelder nicht zurückzuzahlen. Damit unterstellen Sie dieser Regierung und dieser Mehrheit den Willen zum Gesetzesbruch. Darüber sollten Sie sich im klaren sein.
({10})
Denn wir beschließen hier ein Gesetz, das diese Rückzahlung praktisch zu einem einklagbaren Anspruch für den betroffenen Bürger macht.
Nun hat Herr Kollege Strauß in Verbindung mit der Entscheidung seiner Fraktion, diesem Gesetz ihre Zustimmung zu versagen - denn so muß man es sehen, wenn man formuliert, man wolle sich enthalten , davon gesprochen, daß die Maßnahmen der Regierung nicht ausreichend seien. Ich habe gestern im Haushaltsausschuß gesagt und ich wiederhole das hier in aller Öffentlichkeit: Dieser Antrag Drucksache VI/1025, den wir vorhin bei der zweiten Lesung abgelehnt haben, dient offenbar - und das bestätigt sich jetzt durch Ihre Ankündigung, sich zu enthalten der CDU/CSU als Alibi für diese Entscheidung, für dieses Sichdrücken um die Zustimmung zu diesen Maßnahmen.
({11})
Nun können Sie sich aussuchen, was Sie später sagen wollen.
({12})
Wenn es Erfolg hat, werden Sie sagen: Na, wir waren ja nicht dagegen.
({13})
Wenn es keinen Erfolg haben sollte oder soweit es kritisiert wird, werden Sie sagen: Wir sind nicht da- für gewesen. Wir kennen das doch. Ich meine, daß Sie diesen Verdacht, daß der Antrag Drucksache VI/1025 diese Alibifunktion gehabt hat, nur zerstreuen könnten, wenn Sie bereit wären, jetzt diesem Gesetz zuzustimmen.
Nun hat der Kollege Althammer - ich muß darauf noch kurz eingehen - im Zusammenhang mit diesen Überlegungen mindestens zwei Ausführungen gemacht, die hier nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Er hat noch einmal die Mär von den 80 Anträgen der Opposition aus dem Haushaltsausschuß vorgetragen. Ich habe schon im Juni darauf hingewiesen, daß darunter mindestens 40 Anträge waren, bei denen es darum ging, ob eine Stelle gehoben oder nicht gehoben oder ob eine Stelle mehr oder weniger bewilligt wird.
({14})
An Sachanträgen, Zahlenanträgen haben Sie 40 Anträge gestellt - also nicht 80 ({15})
mit einem Volumen von 2,15 oder - ich will großzügig aufrunden - 2,16 Milliarden DM. Davon aber entfallen allein 1,5 Milliarden DM auf globale Minderausgaben und 300 Millionen DM auf Kürzungen bei den Verstärkungsmitteln. Die übrigen 38 Anträge betrafen mit 353 Millionen DM 0,4 % des Gesamthaushalts. Außerdem haben Sie - zur Abrundung des Bildes - Ihrerseits 12 Erhöhungsanträge mit einem Volumen von 66,9 Millionen DM gestellt. Ich meine also, daß man diese Mär wirklich nicht mehr vorbringen sollte.
({16})
- Herr Kollege Leicht, wir wollen uns, glaube ich, alle bemühen, die Dinge jetzt zügig zu behandeln. Lassen Sie mich deshalb bitte meine Ausführungen jetzt, wenn es geht, so zu Ende bringen.
Herr Kollege Althammer hat dann als angebliche Möglichkeit, die Konjunktur zu dämpfen, jedenfalls im Bewußtsein der Staatsbürger wieder unterstellt, die Regierung könnte weniger, wie er sagte, für Propaganda ausgeben. Nun, Herr Kollege Althammer, ganz abgesehen davon, daß das wirtschaftlich Unfug ist, muß ich Ihnen sagen: Nicht Ihre Konsequenz ist richtig, sondern ich fürchte, daß die Ausgaben, die wir für Maßnahmen zur Unterrichtung der Bevölkerung zu bewilligen haben, proportional zum Maß der Demagogie wachsen müssen, mit der wir hier und anderswo konfrontiert werden.
({17})
Meine Damen und Herren, wir haben über die wesentlichen Punkte, die jetzt von der CDU/CSU zum Anlaß genommen werden, diesem Gesetz ihre Zustimmung zu verweigern, im Rahmen der HausKirst
haltsberatungen gesprochen. Die verstärkte Konjunkturausgleichsrücklage ist, wenn ich so sagen darf, ein um ein Drittel vergrößerter alter Hut, nicht mehr 1,5, sondern 2 Milliarden DM. Über § 6 Abs. 1 ist heute morgen schon genug gesagt worden. Die Regierung hat sich entschieden, daß sie dieses Mittel in dieser Form aus Gründen der Praktikabilität, wenn ich es richtig gesehen habe, nicht anwenden will, was nichts daran ändert, daß sie den Geist dieses Paragraphen erfüllen will. Daß Ihre Anträge hinsichtlich der Verpflichtungsermächtigungen nicht praktikabel waren, habe ich Ihnen im Juni zwei-, drei- oder viermal erzählt. Ich will das jetzt im einzelnen nicht wiederholen.
Neu war in diesem Antrag, der für Sie als Begründung zur Stimmenthaltung dient, die Situation des Haushalts 1971. Ich glaube, wir sollten zunächst einmal feststellen, daß es zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik sein wird, daß dieses Hohe Haus schon im September mit den Beratungen für einen neuen Haushalt beginnen kann. Ich glaube, das ist ein Fortschritt.
({18})
- Herr Leicht, ich weiß, es war sonst im Oktober.
({19})
- Gut, aber trotzdem ist es das erste Mal. Man hätte Gesetzesbefehle auch früher erlassen können. Das ist jedenfalls kein Argument.
({20})
Aber wir sollten uns auch als Parlament nicht in diesen Fragen präjudizieren und heute, im Juli 1970, hier über den Haushalt 1971, der uns noch gar nicht vorliegt, entscheiden. Ich bitte zu bedenken - ich habe das gestern auch im Haushaltsausschuß gesagt -: man muß diese 12% in der richtigen Relation sehen. Diese 12 % ergeben sich natürlich nur, weil wir jetzt 2 Milliarden aus dem Haushalt 1970 herausgestrichen haben. Wenn wir die dringelassen hätten, ergäbe sich die durchschnittliche Steigerungsrate von 9,5 %, wie sie für die Finanzplanungsperiode vorgesehen ist.
({21})
Im übrigen muß man - ich habe das auch gestern gesagt - einmal genau analysieren, worauf diese Steigerungen beruhen. Auf die Rentenversicherungsangelegenheit will ich jetzt nicht eingehen; das ist wohl auch schon eingehend dargelegt worden.
Meine Damen und Herren, wenn man die Qualität dieser Anträge sieht, kann man der Opposition daraus wirklich nicht das Recht zugestehen, ihre Entscheidung über die Maßnahmen der Regierung davon abhängig zu machen, wie wir uns in diesem Zeitpunkt zu den in dieser Form ungeeigneten Vorschlägen der Opposition verhalten.
({22})
Vor allen Dingen ist eines wirklich falsch, nämlich - und das ist das politisch Entscheidende - die Behauptung der CDU/CSU, ohne den Antrag Drucksache VI/1025 ({23}) wäre die Konjunkturdämpfung einseitig verteilt. Das ist genau der falsche Punkt; denn wir dürfen nicht vergessen, daß gerade durch die heute zu beschließenden bzw. zu bestätigenden Maßnahmen die Einseitigkeit, die bisher beim Bundeshaushalt gelegen hat, ausgeglichen wird. Der Bundeshaushalt - um das so kurz zu formulieren - hat durch die 2 Milliarden Kürzungen, die 500 Millionen Sperren und andere Maßnahmen vorgeleistet. Hier entsteht eine falsche Optik, wenn Sie sagen, damit das ausgeglichen werde, müßten jetzt zusätzliche fiskalische oder haushaltspolitische Maßnahmen getroffen werden. Gewiß, jede Fraktion muß sich entscheiden, wie sie es für richtig hält. Auch wenn Sie dagegen stimmten, würde dieses Gesetz, wie wir heute morgen gesehen haben, mit Sicherheit angenommen werden. Aber ich meine, die Entscheidung darüber, ob die CDU/CSU diesem Gesetzentwurf zustimmt oder nicht, ist eine Entscheidung darüber, ob ihre Rolle als stabilitätspolitischer Gralshüter glaubwürdig ist oder nicht.
({24})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Apel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Strauß, ich bin vielleicht wirklich etwas erregt, denn ich werde heute abend zu meiner Frau an den Wörther See fahren. Sie erregen mich nicht, Sie sind überhaupt nicht mein Typ.
({0})
Eine zweite Bemerkung, Herr Strauß. Wir sollten doch damit aufhören, von der Dramatik zu sprechen, die dieser Sondersitzung nach Ihrer Meinung innewohnen soll. Tatsache ist doch, daß dieses Parlament in diesem Jahr, wie es üblich ist, zwölf Wochen in Sommerferien geht und daß in diesen zwölf Wochen die Politik natürlich nicht stehenbleibt, daß das Parlament aufgefordert ist, auch in diesen zwölf Wochen seine Pflicht zu tun, das Volk zu vertreten und Entscheidungen zu fällen.
({1})
Insofern mag es in der Tat für den einen und den anderen unbequem sein, hier heute an einem Samstagvormittag präsent zu sein. Aber Dramatik, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, liegt in dieser Sitzung nicht und auch keine Hektik. Denn Sozialdemokraten wie Freie Demokraten haben seit Anfang dieser Woche hier beraten, ausführlich und gründlich, und sind dann zu einer Meinungsbildung gekommen.
({2})
Eine weitere Bemerkung zu Ihnen, Herr Strauß. Es mutet geradezu peinlich an, wenn Sie hier im Plenum von Ratio sprechen und uns vorwerfen, wir hätten keine. Wenn Sie Deutscher Meister in
Irrationalität sind, dann sollten Sie nicht anderen den Mangel an Ratio vorwerfen.
({3})
Ich meine auch, es ist peinlich, wenn Sie in diesem Parlament andauernd das Wort von der Glaubwürdigkeit in den Mund nehmen. Die CDU sollte, wenn mit dieser Vokabel geredet wird, sich einen anderen Redner suchen. Das wäre angebrachter.
({4})
Meine Damen und Herren, wenn wir uns die Konjunkturpolitik und die konjunkturelle Lage in den letzten Monaten ansehen, müssen wir feststellen, daß insbesondere bei Ihnen, bei der CDU/CSU, keineswegs, wie Sie meinen, Herr Strauß, immer die richtige Lagebeurteilung vorhanden war.
({5})
Wer hat denn nach der Aufwertung der D-Mark damals in unserem Lande ein großes Krisengerede angefangen: jetzt sei der Boom gebrochen, und wir würden alle in Schwierigkeiten kommen? Wer hat denn, Herr Strauß, obwohl die Investitionskonjunktur eindeutig das tragende Element ist,
({6})
beharrlich geschwiegen zur Aussetzung der degressiven Abschreibung? Sie haben hier über diese Frage viele Worte gemacht. Aber ich habe mir einmal die Mühe gemacht, die vielfältigen Stellungnahmen Ihrer Fraktion durchzusehen. Sie haben beharrlich zu der Notwendigkeit geschwiegen, auch die Investitionen in unserem Lande zu bremsen, obwohl Sie, Herr Strauß, wie man dem „Spiegel" entnehmen konnte, vor etwa einem Jahr im Kabinett selber einer entsprechenden Vorlage zugestimmt haben, die dann allerdings auf die Intervention des Herrn Bundeskanzlers hin doch nicht verwirklicht wurde.
({7})
Herr Kirst hat soeben sehr deutlich darauf aufmerksam gemacht, daß die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen für dieses Jahr das an antizyklischer Haushaltspolitik, was möglich ist, getan haben. Herr Hermsdorf hat die 2 Milliarden DM zitiert, die definitiv gestrichen sind. Insofern stimme ich Herrn Kirst völlig zu, wenn er sagt, jetzt müsse die Konjunktur und die Stabilisierung der Konjunktur auf breitere Schultern gelegt werden.
Herr Strauß, Sie haben ja draußen im Lande und auch hier schon oft politische Vergangenheit und Gegenwart unseres Volkes miteinander verquickt. In Ihrer Rede jetzt haben Sie auch Zukunft und Gegenwart verquickt. Denn Konjunkturstabilisierung erfolgt heute und jetzt; der Bundeshaushalt 1971 ist eine Sache der Zukunft im nächsten Jahr
({8})
und hat - da muß ich Ihnen widersprechen - heute keinen Effekt, sondern frühestens ab 1. Januar 1971 einen Eeffekt.
({9})
Damit bin ich bei der Beurteilung der konjunkturellen Entwicklung. Wir gehen davon aus, daß der Boom die Spitze überschritten hat,
({10})
daß aber keinesweg eine absteigende Phase beginnt, sondern eine langanhaltende boomartige Phase und daß wir, wenn wir nicht handeln, schon im Herbst dieses Jahres vor einer neuen Preiswelle stehen. Diese beiden Tatsachen, daß der Boom die Spitze überschritten hat, daß aber neue Preissteigerungen drohen, haben die Maßnahmen bestimmt,
({11})
die erstens schnellstens wirken und die zweitens reversibel sind, d. h. zurückgenommen werden können, wenn es notwendig ist. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, meinen, daß nicht genug geleistet worden sei, dann haben Sie die Pflicht - darauf hat ja Frau Funcke hingewiesen -, hier mehr vorzuschlagen und sich nicht der Stimme zu enthalten.
({12})
Meine Damen und Herren, ein Wort zu den inneren Reformen. Was Sie hier dargestellt haben, Herr Strauß, war wirklich nur Polemik. Denn der Boom wird jetzt abgebremst, damit in der Zukunft die inneren Reformen finanziert und durchgesetzt werden können. Das bitte ich doch sehr genau auseinanderzuhalten. Ich unterstreiche: Sie haben in Ihrer Rede Gegenwart und Zukunft, d. h. Konjunkturbremsung heute und Haushalt 1971, durcheinandergeworfen. Diese Dinge haben konjunkturell zur Zeit nichts miteinander zu tun. Wir werden darauf zurückkommen, wenn am Ende dieses Jahres der Haushalt 1971 in diesem Hause verabschiedet werden wird.
({13})
Herr Strauß, Sie haben uns gefragt: wann werdet ihr nun endlich den § 26 des Stabilitätsgesetzes anwenden? Ich glaube, es ist Ihnen entgangen, Herr Strauß, daß wir ihn anwenden: erstens durch Aussetzung der degressiven Abschreibung und zweitens durch eine 10%ge Steuervorauszahlung, die im übrigen, wenn ich einer Pressemeldung von Herrn Höcherl glauben darf, schon vor einem Jahr von Ihnen erfunden worden ist. Sie erfinden Sachen und werfen es uns anschließend vor, wenn wir sie benutzen: das ist nicht ganz logisch, Herr Strauß.
Wir wenden den § 26 also an, allerdings mit einer sehr wesentlichen Nuancierung: Wie nehmen keine Steuererhöhung vor, sondern verwenden das gleich wirksame - weil die Gelder ja stillgelegt werden - Mittel der Steuervorauszahlung, das aber sozial den großen Vorteil hat, daß wir erstens eine
soziale Untergrenze einführen können, was mit dem § 26 des Stabilitätsgesetzes nicht möglich ist, und daß wir zweitens das Geld zurückzahlen können. Und, Herr Strauß, ich muß es ganz einfach nüchtern und ruhig zurückweisen, wenn Sie uns hier unterstellen, wir hätten unter Umständen nicht vor, das Geld zurückzuzahlen. Uns derartige Dinge zu unterstellen, ist einfach unzulällig. Herr Kirst hat das Notwendige dazu gesagt.
({14})
Lassen Sie mich eine Bemerkung zum Rückzahlungstermin machen, Herr Strauß. Der normale Einkommensbezieher in unserem Lande wird in elf Monaten 110 DM, vielleicht 150 DM an Steuervorauszahlung geleistet haben - in elf Monaten! Glauben Sie wirklich, daß, selbst wenn wir bis an den letzten Termin, den 31. März 1971, warten sollten, 110 DM unseren Wähler käuflich machen? Unterstellen Sie dem deutschen Wähler, daß er so primitiv ist?
({15})
Ich muß Ihnen sagen, Herr Strauß: Unsere Wähler und unsere Anhänger, aber auch Ihre, wissen sehr genau, wenn sie sich politisch entscheiden, warum sie sich so entscheiden, und sind auf diese Weise nicht zu beeinflussen.
({16})
Ich will Ihnen sagen, warum wir diesen Termin des Jahres 1973 genommen haben.
({17}) - Herr Stücklen, nicht die Nerven verlieren!
Ich will einmal von Ihrer Analyse unserer konjunkturellen Lage ausgehen, Herr Strauß. Sie sagen doch indirekt, da Sie ja auch schon heute für 1971 eine antizyklische Haushaltspolitik wollen, dieser Boom werde noch recht lange andauern.
({18})
- Wenn das nicht so ist, dann begreife ich nicht, warum Sie uns heute schon für die Haushaltspolitik 1971 Vorschriften machen wollen.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Leicht?
Herr Apel, haben Sie nicht begriffen, daß, wenn der Haushalt 1971 hier erwähnt worden ist, er nur deshalb erwähnt worden ist, weil seine Steigerungsrate im Augenblick dieser Konjunktur doch eine gewisse Bedeutung für den weiteren Ablauf der Konjunktur hat?
Ich begreife nicht, in welchem Hause wir sitzen. Hier wird doch der Haushalt verabschiedet, und zwar Ende dieses Jahres,
({0})
und ich muß Sie nun einmal fragen, ob Sie nicht begreifen, daß Konjunkturbremsung heute und innere Reformen im nächsten Jahr auch in einem inneren politischen Zusammenhang stehen.
({1})
Wenn wir uns einen so in die Zukunft gerichteten Termin, den 31. März 1973, ausgesucht haben, dann nicht, weil damit der Wähler bestochen werden könnte
({2})
- so primitiv sind wir nicht, Herr Strauß -, sondern deswegen, weil wir eben der jeweiligen Konjunkturlage angemessene Entscheidungen fällen wollen, und da brauchen wir, da wir nicht wissen, wie lange der Boom anhält, eben Zeit.
({3})
Dazu ist im übrigen auch von den Herren Vorrednern schon einiges gesagt worden.
Herr Strauß, ich brauche auf die Frage der Verzinsung nicht einzugehen. Frau Funcke hat schon deutlich gemacht, daß die Verzinsung, wie Sie sie fordern, dem normalen Einkommensbezieher von 1500 DM im Monat bei zwei Kindern monatlich 11 DM Zinsen bringen würde, dem Großverdiener von 8000 DM aber 175 DM und mehr. Das hieße also, der kleine Mann müßte die Zinsleistungen für die Großen bezahlen. Wir können diese Art von sozialer Symmetrie nicht akzeptieren.
({4})
Letzte Bemerkung!
Herr Strauß, Sie haben mitgeteilt, daß die CDU/ CSU sich der Stimme enthalten will. Wir nehmen das zur Kenntnis; aber wir halten das für eine recht schwache Leistung. Denn die Opposition müßte in der Lage sein, nach der umfassenden Debatte in diesem Hause, die auch nicht die erste Debatte über diese Fragen ist, sich zu entscheiden, ob sie diese Maßnahmen für konjunkturgerecht oder für nicht konjunkturgerecht hält. Enthaltung ist für eine so große Fraktion eine wirklich schwache Leistung und macht deutlich, daß Sie in der Konjunkturpolitik immer noch Passen und Schweigen besser finden, als sich klar zum Ja oder Nein zu entscheiden.
({5})
Unsere Fraktion wird aus den folgenden Gründen diesen Vorlagen, diesem Paket der Bundesregierung zustimmen:
Erstens. Diese Maßnahmen sind sozial gerecht. Die Aussetzung der degressiven Abschreibung trifft die Unternehmer.
({6})
Zweitens. Die Steuervorauszahlung trifft den normalen Einkommensbezieher mit rund 1 % seines Bruttoeinkommens, den Großverdiener mit 3 bis 5 % seines Bruttoeinkommens. Hier ist also die so3494
ziale Gerechtigkeit durch diese Maßnahme voll gewahrt.
({7})
Drittens. Wir stimmen diesem Paket zu, weil das Geld zurückgezahlt wird und es dazu eine verbindliche Erklärung gibt.
Viertens stimmen wir dem Paket zu, weil diese Maßnahmen schnell und wirksam rückgängig gemacht werden können, wenn sich die konjunkturelle Lage ändern sollte.
Fünftens stimmen wir diesem Paket zu, weil es darauf ankommt, in unserem Lande die Inflationsmentalität zu brechen.
Wir stehen hinter diesen Maßnahmen und werden zustimmen.
({8})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf das Kaleidoskop der Meinungen und auf die Widersprüche in Herrn Strauß muß ich ein wenig eingehen.
Herr Strauß in seinem großen Widerspruch hat sich uns heute wieder dargestellt. Auf der einen Seite sagt er, die Wirtschaft sei ins Trudeln gekommen, wie ein Flugzeug, bei dem die Instrumente überhaupt nicht mehr helfen. Auf der anderen Seite will er, wenn wir hier Maßnahmen vorschlagen, nicht mitziehen, obgleich er zugibt: es gibt Maßnahmen. Er sagt, sie sind unzureichend. Wollen Sie an Stelle der 10 % Steuervorauszahlung - Herr Strauß, Sie müssen es sagen - 20 %, weil 10 % unzureichend sind?
({0})
Ich muß erst einmal in Ihren Darlegungen ein paar falsche Datenangaben korrigieren.
({1})
Herr Strauß, Sie sind auf den Lebenshaltungskostenindex eingegangen. Der Preisindex für die Lebenshaltung, für alle privaten Haushalte berechnet, steht in diesem Juni um 3,8 % über dem des Vorjahres. Dieser Preisindex ist vom Statistischen Bundesamt zurückgerechnet und betrug im April 1966 4,5 %. Ihre Korrektur an Herrn Kirst war falsch; Herr Kirst hatte mit seiner Angabe recht.
({2})
So die amtliche Berechnung des Statistischen Bundesamtes.
Ein Zweites. Sie müssen ein bißchen in die Statistiken, so wie sie heute geliefert werden - up to date hineingehen.
({3})
- Vor allem müssen Sie mal zuhören lernen.
({4})
Es geht hier nicht um Prognosen, sondern um die gelieferten Statistiken. Sie sprachen von unserer außenwirtschaftlichen Lage. Herr Kollege Strauß, es genügt nicht - Sie wissen es ganz genau; Sie haben es nur in der Rage vergessen -, vom Außenhandelsüberschuß zu reden. Sie müssen von der gesamten Leistungsbilanz sprechen. Der Überschuß dieser Leistungsbilanz der deutschen Wirtschaft betrug von Januar bis Mai des vorigen Jahres - also vor der Aufwertung - 3 Milliarden. Dieser Überschuß ist in diesem Jahr in den entsprechenden Monaten auf eine halbe Milliarde zurückgegangen. Das heißt: wir haben durch die Aufwertung ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht erreicht. Das ist das Ergebnis.
({5})
- Sie wissen ganz genau, daß das auf Zuflüssen beruht, die temporär gekommen sind. Sie wissen auch ganz genau, daß wir die heutigen Maßnahmen hier zur Abstimmung stellen, weil wir die Bundesbank entlasten wollen, weil wir ein besseres Gleichgewicht der Maßnahmen herstellen wollen.
({6})
- Aber selbstverständlich. Wir haben doch mit der Bundesbank in diesen Tagen verhandelt.
({7})
- Sie wissen selber ganz genau, daß die Bundesbank, daß der Zentralbankrat ein autonomes Gremium ist, das wir nicht binden können, und Sie wissen, daß dort mit Mehrheit beschlossen wird. Aber die Bundesbank hat in den letzten Wochen an den Staat Erwartungen auf Verstärkung der fiskalischen Maßnahmen gerichtet. Wir sind dem gefolgt. Wir stellen nun umgekehrt die Erwartung an die autonome Bundesbank. Das ist unsere Position. Ich glaube, wir sind berechtigt dazu.
({8})
Gestatten Sie eine
Herr Bundeswirtschaftsminister, ist Ihnen die Stellungnahme der Bundesbank oder eines maßgeblichen Repräsentanten der Bundesbank von vorgestern bekannt, in der gesagt wurde, daß die jetzt von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen die Bundesbank nicht zu einer Änderung ihrer Hochzinspolitik veranlassen könnten und daß eine Anderung nur von den internationalen Geldbewegungen ausgehen könnte?
Herr Müller-Hermann, ich kann Ihnen nur eines sagen: warten Sie ab, ob die Bundesbank nicht durch die Tat beweist, daß diese Nachricht, die da von nahestehenden Kreisen kam, nicht zu Recht besteht. Warten Sie ab!
Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten Monaten eine ganze Serie von Konjunkturprogrammen von der CDU/CSU, Herr Strauß, bekommen. Sie haben die ganze Zeit wie in einem Fortsetzungsroman konjunkturpolitische Programme entworfen. Am 20. Januar haben Sie ein SechsPunkte-Programm dargestellt. Am 9. März wird durch Herrn Stoltenberg ein Vier-Punkte-Programm zur Konjunkturpolitik verkündet. Am 8. Mai wird als Ergebnis der Sitzung des CDU-Präsidiums ein Sieben-Punkte-Programm produziert, und am 23. Juni fordert Herr Stoltenberg fünf Maßnahmen. Alle diese Programme waren weiße Salbe. Sie blieben im Allgemeinen; sie bezogen sich auf die allgemeine Haushaltspolitik. Lediglich in letzter Zeit wurde von Herrn Stoltenberg gesagt: Falls die Bundesrepublik zu schärferen Maßnahmen greifen würde, werden wir, die CDU, die Vorschläge der Bundesregierung sorgfältig prüfen. Dabei sollten solche Vorschläge zu einer Senkung des Diskontsatzes führen können, oder es sollte geklärt werden, ob diese Maßnahmen zusätzlich sind. - Nun, meine Damen und Herren von der Opposition, die Zeit der Dichtung ist vorbei. Dichtung und Wahrheit, das war ja das Gemisch Ihrer Rede. Jetzt ist die Stunde der Wahrheit gekommen.
({0})
Die Bundesregierung macht Ihnen eine Offerte mit sechs konkreten Maßnahmen.
({1})
Darunter sind drei Maßnahmen, von denen Herr Stoltenberg gestern noch gesagt hat, daß sie von Ihrem Standpunkt der CDU - aus durchaus erwägenswert seien. Warum stimmen Sie dann nicht heute zu?
({2})
Das ist meine Frage.
({3})
Herr Strauß hat gesagt, die Maßnahmen seien zum Zeitpunkt und in ihrer Einseitigkeit verfehlt. Herr Strauß, natürlich haben Sie recht: es gibt für jede wirtschaftspolitische Maßnahme optimale Zeitpunkte, und wenn man über die optimalen Zeitpunkte hinweggeht, dann wird es halt schwieriger mit der Wirksamkeit solcher Maßnahmen.
({4})
- Da kann ich Ihnen nur folgendes sagen. Der
optimale Zeitpunkt, der für die wichtigste Maßnahme für die deutsche Stabilität versäumt worden ist, das ist der 9. Mai 1969.
({5})
Herr Strauß, da wurde im Jahre 1969 der optimale
Zeitpunkt für die Aufwertung der D-Mark versäumt.
({6})
Und ein Zweites. Sie sprachen heute über die degressive Abschreibung so lässig: auch zu spät und unzureichend! Herr Strauß, Sie hätten mehr, besser und eher Gelegenheit gehabt. Hier liegt das Dokument vor mir. Am 23. Juni 1969 hat der damalige Bundeswirtschaftsminister auch dem damaligen Finanzminister ein beidhüftiges Programm der Konjunkturstabilisierung vorgeschlagen.
({7})
In diesem Programm war die zeitweilige Aussetzung der degressiven Abschreibung enthalten.
({8})
Diese Maßnahme wurde am 15. Juli in der damaligen Bundesregierung debattiert.
({9})
In der ersten Hälfte dieser Sitzung, Herr Strauß, waren Sie für die Maßnahme,
({10})
für die Aussetzung der degressiven Abschreibung. Dann machte Herr Kiesinger die Bemerkung: „Das ist eine neue Lage." Es gab, für Sie verordnet, eine Denkpause von einer Stunde, und nachdem Sie aus dieser Denkpause zurückkamen, waren Sie umgefallen.
({11})
Es ging damals so weit, daß Sie, Herr Strauß, persönlich den Antrag auf Ablehnung der Aussetzung der degressiven Abschreibung gehorsamerweise vortragen mußten. So war es in der zweiten Hälfte der Kabinettsitzung. Und dann sagen Sie, was die wirtschaftliche Situation heute betrifft: „Es gibt in der Führung eines Flugzeuges eine Situation, wo kein Mittel mehr nützt, wenn nämlich das Flugzeug ins Trudeln geraten ist." Herr Strauß, das würde doch bedeuten und das ist der Widerspruch bei Ihnen , Sie landen dann in totaler Resignation, in totalem Laissez faire, wenn Sie der Meinung sind, es ist kein Mittel mehr angebracht.
Nun gut! Sie stehen heute vor der Tatsache, daß Ihnen die Regierung sechs konkrete Punkte als ein Konjunkturprogramm vorlegt. Sie enthalten sich - ich bedaure das - Ihrer Stimme. Dabei meine ich, folgendes wäre angebracht. Ein einmütiges, deutliches und klares Wort, von diesem Parlament in diesen Tagen gesprochen. Das wäre ein besonders wichtiges und unüberhörbares Zeichen für die deutsche Bevölkerung und die deutsche Wirtschaft. Das würde die Inflationsmentalität in dieser Bevölkerung zurückdrängen, nicht Ihr Klamauk, den Sie da vorhin gemacht haben.
({12})
Die Opposition hätte sich dazu bereit erklären müssen, die Maßnahmen der Regierung aktiv zu unterstützen.
({13})
Das wäre Ihr Beitrag. Aber Sie stellen sich beiseite. Sie enthalten sich der Stimme, Herr Strauß. Ich kann nur sagen, die Opposition ist wieder einmal, wie in all ihren Konjunkturprogrammen, in all ihren Fortsetzungsromanen ins Abseits gegangen, oder nach Ihrem neuesten Bild, sie die Opposition - ist konjunkturpolitisch ins Trudeln geraten.
({14})
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Ich erteile dem Abgeordneten Müller-Hermann zu einer Erklärung zur Abstimmung das Wort.
Herr Präsident.! Meine Damen und Herren! Es wäre natürlich sehr verlockend, es Herrn Minister Schiller auf seine letzten Ausführungen noch einmal in gleicher Münze heimzuzahlen.
({0})
Es mutet fast wie ein Treppenwitz an, wenn ausgerechnet Herr Schiller dem Kollegen Strauß und den Unionsparteien Widersprüchlichkeiten in der Konjunktur- und Wirtschaftspolitik vorwirft.
({1})
Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen das Wort zur Abgabe einer Erklärung erteilt. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich bin bei der Erklärung.
Nein, Sie waren nicht bei einer Erklärung, Sie waren bei einer Polemik gegen Ihren Vorredner.
({0})
Meine Damen und Herren, vor der Schlußabstimmung erkläre ich für meine Fraktion folgendes.
({0})
Politik ist entscheidend eine Sache des Vertrauens. Das gilt insbesondere für die Wirtschaftspolitik.
({1})
Gerade hier geht es um das Vertrauen in die Klarheit und Zielstrebigkeit des wirtschaftspolitischen Kurses, aber auch um das Vertrauen in die Entschlußfreudigkeit und Glaubwürdigkeit der Persönlichkeiten, die für den wirtschaftspolitischen Kurs verantwortlich zeichnen. Seitdem im Oktober 1969 Bundeskanzler Brandt die Regierung gebildet hat,
({2})
breiten sich bei uns im Land Unsicherheit und Unbehagen aus.
({3})
Lange Zeit war die Bundesrepublik ein Hort der Stabilität.
({4})
Jetzt zeichnet sich die Bundesrepublik eher durch Labilität aus.
({5})
Daß dem ,so ist, meine Damen und Herren, ist nicht, wie der Bundeskanzler glauben machen will, die Folge einer angeblichen Verunsicherungspolitik der Opposition.
({6})
Tatsache ist, daß die amtierende Bundesregierung keine Glaubwürdigkeit besitzt und daher auch keine Autorität beanspruchen kann.
({7})
Dies und nichts anderes ist die Ursache für den um sich greifenden Vertrauensschwund.
({8})
Meine Damen und Herren, in Übereinstimmung mit der Bundesbank und anderen berufenen Instanzen haben die Unionsparteien die Bundesregierung immer wieder vor der um sich greifenden Inflationsmentalität gewarnt.
({9})
Die Untätigkeit der Bundesregierung war das auslösende Element für dieses schleichende Gift.
({10})
Seit Oktober 1969 blieb kostbare Zeit ungenutzt. Erst jetzt hat sich die Bundesregierung praktisch zu zwei Maßnahmen,
({11})
nämlich zur Aussetzung der degressiven Abschreibung und zu Steuervorauszahlungen durchgerungen.
({12})
Alle anderen Punkte des sogenannter Konjunkturprogramms der Bundesregierung sind nichts anderes als weiße Salbe. Zum gleichen Zeitpunkt aber, da die Bundesregierung angeblich Zeichen einer restriktiven Politik setzen will,
({13})
legt sie einen Bundeshaushalt für 1971 vor, der in seiner Planung und Anlage den konjunkturpolitischen Anforderungen geradezu widerspricht.
({14})
Meine Damen und Herren, ich bitte, den Redner nicht dauernd zu unterbrechen. Wenigstens der Präsident sollte verstehen können, was er sagt. Ich meine das akustisch.
({0})
Der Bundesfinanzminister hat mit dem Haushalt 1971 für die Regierung gewiß ein Eigentor geschossen. Von der Richtlinienkompetenz des Herrn Bundeskanzlers war hier nichts zu spüren.
({0})
Meine Damen und Herren, man kann nicht gleichzeitig die Bevölkerung zur Kasse bitten und bei den öffentlichen Ausgaben das Gebot der Stabilität einfach außer acht lassen.
({1})
Die Bundesregierung versucht, ihre stabilitätsfeindliche Haltung mit dem Hinweis auf die Dringlichkeit der Zukunftsinvestitionen zu rechtfertigen. Wir sind uns mit der Bundesregierung durchaus einig in der Einschätzung der Bedeutung, die den inneren Reformen, dem Ausbau der Infrastruktur und dem Umweltschutz zukommt.
({2})
Ein diametraler Unterschied besteht aber zwischen der Bundesregierung und den Unionsparteien: wir sind für Stabilität als die unverzichtbare Basis für Zukunftssicherung und Zukunftsinvestitionen,
({3})
die Bundesregierung offenbar nicht. Anders aber als über Stabilität des Geldwertes lassen sich diese wichtigen Aufgaben nicht finanzieren. Was nützen schließlich alle schönen Investitions- und Zukunftsprogramme, wenn sie durch die Inflationsrate aufgefressen werden?!
({4})
Meine Damen und Herren, gerade in einer Zeit der überquellenden Staatseinnahmen - das ist doch die Situation, in der wir uns heute befinden - geht es einfach um das Setzen der richtigen Prioritäten. Die Bundesregierung steht vor der entscheidenden Frage,
({5})
will sie vorrangig Sicherung der Zukunft
({6}) oder inflationäre Gefälligkeitspolitik.
({7})
Meine Damen und Herren, ich bitte, den Redner sprechen zu lassen. Was er jetzt sagt, ist Inhalt einer Erklärung.
({0})
Meine Damen und Herren, in Übereinstimmung mit den Mahnungen der Bundesbank, aber auch anderer maßgeblicher neutraler Instanzen haben die Unionsparteien zu den jetzigen Vorschlagen der Bundesregierung züsätzliche Maßnahmen gefordert, die insbesondere die Haushaltsgestaltung 1970 und die Haushaltsplanung 1971 betreffen. Erst zusammen mit diesen Maßnahmen hätte nach unserer Auffassung eine Chance bestanden, Konjunktur und Preise wirklich in den Griff zu bekommen und die Bundesbank in die Lage zu versetzen, von ihrer Hochzinspolitik herunterzugehen. Leider hat die Regierungskoalition keinen einzigen unserer Vorschläge übernommen. Niemand soll jedenfalls, meine Damen und Herren - das sage ich auch an die Adresse von Herrn Apel -, in Zukunft sagen können, es seien von der Opposition keine konstruktiven Ergänzungs- oder Alternativvorschläge gekommen.
({0})
Nun, gut, meine Damen und Herren, die Bundesregierung muß wissen, was sie tut. Wenn sie meint, mit ihrem Programm die die Stabilität wiederherstellen zu können, soll sie das in ihrer eigenen Verantwortlichkeit tun und versuchen.
({1})
Die Unionsparteien. wiederholen, daß die zur Dämpfung der Konjunktur gedachten Maßnahmen der Bundesregierung unausgewogen und sehr spät, ja, wahrscheinlich zu spät kommen.
Entscheidend aber für unsere Stellungnahme, eine Mitverantwortung nicht übernehmen zu können, ist der eklatante Widerspruch zwischen den Dämpfungsabsichten der Bundesregierung und ihrer eigenen Anheizpolitik in der Haushaltsplanung.
({2})
Eben dieser Widersprüchlichkeit mit den ganzen
psychologischen Wirkungen, die von ihr ausgehen,
({3})
lassen auch einen guten Ausgang des Versuchs der Bundesregierung nur als sehr unwahrscheinlich erscheinen.
({4})
Bei der jetzigen Abstimmung, meine Damen und Herren, geht es nicht allein um die zwei ausgedruckten Vorlagen, es geht um die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung als Ganzes. Gerade die gestrigen Auslassungen des Herrn Bundeskanzlers haben wiederum nur deutlich machen können, daß diese Bundesregierung
({5})
die ganze Bedeutung der Stabilität für Gegenwart und Zukunft unseres Landes einfach nicht zur Kenntnis nimmt. Die Unionsparteien haben zu diesem Bundeskanzler und zu dieser Bundesregierung kein Vertrauen.
({6})
Unser Votum der Stimmenthaltung soll die ganzen
Vorbehalte zum Ausdruck bringen, die wir nach den
Vizepräsident Dr. Schmid
bisherigen Erfahrungen gegenüber dieser Bundesregierung haben müssen.
({7})
Unter diesem Aspekt bitte ich unsere Stimmenthaltung zu werten.
({8})
Meine Damen und Herren, ich habe den Redner, Herrn Müller-Hermann, zu Beginn seiner Rede abgeklopft. Da gab er keine Erklärung ab, sondern versuchte, gegen die seines Vorredners zu polemisieren; dies gehört in die Aussprache und ist nach Schluß der Aussprache unzulässig. Nachher hielt er sich an die Geschäftsordnung, und was er sagte, war eine lange Erklärung, aber eine Erklärung nach der Geschäftsordnung.
({0})
Dazu hatte er nach seiner Wortmeldung das Recht.
Ich erteile dem Abgeordneten Hermsdorf das Wort zu einer Erklärung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokratischen Fraktion habe ich folgende Erklärung abzugeben. Wenn diese Ausführungen des Herrn Müller-Hermann eine Erklärung waren, heiße ich Müller-Hermann.
({0})
Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Hermsdorf hat zwar etwas erklärt, aber es war keine Erklärung zur Abstimmung.
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung.
Wir stimmen über den Entwurf unter Punkt 2 der Tagesordnung - Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung eines rückzahlbaren Konjunkturzuschlags zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer - ab. Da keine Anträge gestellt worden sind, wird nur einmal abgestimmt, und zwar durch Erheben von den Sitzen. Wer der Vorlage unter Punkt 2 zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Entwurf ist bei zahlreichen Enthaltungen und einer Reihe von Gegenstimmen angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Verordnung unter Punkt 3 der Tagesordnung, nämlich die Zweite Verordnung über steuerliche Konjunkturmaßnahmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Einige Gegenstimmen. Enthaltungen? - Zahlreiche Enthaltungen. Das erste war die Mehrheit; die Verordnung ist angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erledigt. Ich wünsche Ihnen einen möglichst ungestörten Ferienrest und berufe die nächste Sitzung ein auf Mittwoch, den 16. September 1970. Die Uhrzeit wird noch bekanntgegeben.
Ich schließe die Sitzung.