Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Fragestunde darf ich Ihnen mitteilen, daß für den aus dem Gemeinsamen Ausschuß gemäß Art. 53 a des Grundgesetzes ausscheidenden Abgeordneten Köpppler die Fraktion der CDU/CSU den Abgeordneten Lücke ({0}) vorschlägt. Ist das Haus einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; damit ist der Herr Kollege Lücke ({1}) als Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses bestimmt.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministers der Finanzen hat am 10. März 1970 die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. § 34 a EStG; steuerliche Begünstigung der Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit - Drucksache VI/269 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/495 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung hat am 11. März 1970 die Kleine Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. Anrechnung des als Soldat auf Zeit abgeleisteten Grundwehrdienstes von Beamten auf die Laufbahn - Drucksache VI/430 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/499 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung hat am 11. März 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kraske, Windelen, Evers, Frau Griesinger, Hussing, Dr. Riedl ({2}), Dr. Klepsch und der Fraktion der CDU/CSU betr. Sport in Bundeswehr und Bundesgrenzschutz - Drucksache VI/437 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/500 verteilt.
Wir treten nunmehr ein in die Fragestunde
- Drucksache VI/480 Ich rufe zunächst die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf. Zur Beantwortung stehen zur Verfügung für die Fragen 109 und 110 Herr Bundesminister Professor Dr. Ehmke und für die Frage 113 Herr Staatssekretär Ahlers.
Herr Präsident, wenn es mir gestattet wird, würde ich die Fragen 109 und 110 gerne im Zusammenhang beantworten.
Das hängt auch von der Zustimmung des Fragestellers ab. - Er ist einverstanden. Ich rufe also die Fragen 109 und 110 des Abgeordneten Freiherr von Fircks gemeinsam auf:
Welche der von Bundesminister Ehmke in der Debatte am 20. Februar 1970 vorgelegten Beweisstücke sind nach Auffassung der Bundesregierung - wobei ich annehme, daß die gegebenen Darstellungen jeder Prüfung standhalten - eine Rechtfertigung für das Plädoyer von Staatssekretär Ahlers am 2. Februar 1970 für die Gewalttätigkeiten der APO vor zwei Jahren?
Ist diese Rechtfertigung für die APO durch einen Staatssekretär der Regierung nicht auch in den anstehenden und zukünftigen Fällen gewalttätiger politischer Demonstrationen eine Erschwernis für die Ordnungskräfte und die Staatsanwaltschaften, gleiches wirksam zu verhindern bzw. zu verfolgen, solange die Regierung sich nicht distanziert hat?
Die Äußerungen von Staatssekretär Ahlers in seinem Interview mit Radio Bremen am 2. Februar 1970 enthalten kein Plädoyer für Gewalttätigkeiten und Straftaten. Sie können daher weder in anstehenden noch in künftigen Fällen gewalttätiger Demonstrationen das Eingreifen von Polizei und Staatsanwaltschaft erschweren, wie es in Ihrer Frage unterstellt wird.
Staatssekretär Ahlers hat in dem Interview wörtlich erklärt:
Nur, das Interessante an diesem Vorgang ist in meinen Augen, daß der studentische Protest, der sich vor zwei Jahren gegen den Springer- Konzern gerichtet hat und mit dem ich auch nicht voll einverstanden war, weil ich finde, die Formen dieses Protestes waren nicht dem Zweck angemessen, daß dieser studentische Protest heute gerechtfertigt wird durch das Verhalten des Springer-Konzerns.
Diese Erklärung unterscheidet also, Herr Abgeordneter, eindeutig zwischen dem Protest als solchem und den Formen des Protestes.
Herr Ahlers hat im übrigen in mehreren Äußerungen, so am 4. Februar im ZDF und am 5. Februar vor der Bundespressekonferenz klargestellt, daß er prinzipiell gegen jede Form von Gewalt, insbesondere bei der Ausübung des politischen Demonstrationsrechts, ist. Diese Klarstellung ist einem viel größeren Kreis bekanntgeworden als das Interview vom 2. Februar, praktisch der gesamten Öffentlichkeit, so daß sich heute niemand wirklich darauf berufen kann, er habe Herrn Ahlers mißverstanden. Die von Ihnen befürchtete Wirkung kann daher gar
nicht eintreten. Da kein Plädoyer für Gewalttätigkeiten, wie es in Ihrer Frage heißt, gehalten wurde, brauchte es auch nicht durch Beweise gerechtfertigt zu werden.
Herr Kollege, haben Sie eine Zusatzfrage? - Bitte schön!
Herr Bundesminister, warum hat die Bundesregierung eigentlich von den Möglichkeiten des Presserechts keinen Gebrauch gemacht, um angeblich unrichtige Darstellungen richtigzustellen, sondern diese Form mit solchen Formulierungen gewählt, so daß die Art des Vorgehens der APO in der Öffentlichkeit gerechtfertigt wird, eine Form, die, wenn Sie die Pressereaktion darauf verfolgen, allgemein als eine Rechtfertigung auch der Methoden der APO verstanden wurde?
Soweit ich die Presse verfolgt habe, hat sie Herrn Ahlers, teilweise allerdings mit einiger Mühe, sehr richtig verstanden. Im übrigen hat ein Gegendarstellungsrecht ja immer nur der Betroffene. In der politischen Auseinandersetzung zwischen einem Konzern und der Bundesregierung sollte man sich auf politische Mittel beschränken. Ich bin der Meinung, daß die politische Antwort die richtige war. Die gerichtliche wäre in diesem Falle nicht die richtige gewesen, wenn überhaupt rechtliche Schritte möglich gewesen wären.
Keine weiteren Zusatzfragen. Damit, Herr Bundesminister, sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich, soweit sie von Ihnen beantwortet werden, erledigt.
Ich rufe die Frage 113 des Abgeordneten Erhard ({0}) auf:
Sind Informationen der „Deutschen Tagespost" vom 25. Februar 1970 zutreffend, wonach dem heutigen Staatssekretär Ahlers als damaligem Presseberichterstatter in einem rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main vom 18. März 1963 bestätigt wurde, er ({1}) habe als Presseberichterstatter eine Nachricht einseitig, unvollständig und deshalb nicht wahrheitsgetreu verbreitet, so daß diese Pressenachricht „- mit Grund - als einseitige Falschunterrichtung der Öffentlichkeit" bezeichnet worden sei?
Herr Abgeordneter, die Meldung der „Deutschen Tagespost", auf die sich Ihre Frage stützt, ist ein typischer Fall von Nachrichtenverfälschung, noch dazu mit persönlich herabsetzender Tendenz. Ich darf das erläutern. Die Meldung beginnt damit:
Wenn Bundespressechef Konrad Ahlers pauschal die Springer- Presse der Verfälschung und Manipulation von Nachrichten bezichtigt, wirkt das ein wenig komisch, wenn man weiß, daß ausgerechnet der Regierungssprecher Ahlers im Laufe seiner vielfältigen Pressetätigkeit bereits gerichtlich bescheinigt erhalten hat, Nachrichten
verfälscht und Unwahrheiten verbreitet zu haben.
So der erste Satz der von Ihnen zitierten Meldung.
Die Meldung soll also ganz bewußt den Eindruck erwecken, als hätte ich als Journalist gegen meine Berichterstattungspflichten verstoßen und damit genau gegen jene Prinzipien, die ich in der Auseinandersetzung mit den Springer-Zeitungen als Maß- stab für eine demokratische Presse aufgestellt habe: Dieser Vorwurf ist schlechthin falsch. Ich bin noch niemals wegen einer Meldung oder eines Artikels verurteilt und auch nur einmal belangt worden, und zwar wegen der „Spiegel"-Affäre.
Der Sachverhalt ist vielmehr folgender. Am 16. November 1961 veröffentlichte die „Frankfurter Rundschau" einen kurzen Bericht über den Ausgang eines Zivilprozesses zwischen dem Vizepräsidenten des Bundestages Professor Carlo Schmid und Herrn Ziesel. Ich war weder der Verfasser dieses Berichts, noch war ich im presserechtlichen Sinne verantwortlich für seinen Abdruck, noch hatte ich den Bericht vor seiner Veröffentlichung gelesen oder gar redigiert. Ich kam in die ganze Sache nur hinein, weil ich als Vertreter des Chefredakteurs der „Frankfurter Rundschau" iden Abdruck einer von Herrn Ziesel gewünschten Gegendarstellung gegen diesen Bericht abgelehnt habe, und zwar mit der Begründung, in der gewünschten Gegendarstellung sei in einem Passus meinem Rechtsgefühl nach eine erhebliche Beleidigung des Vizepräsidenten des Bundestages enthalten. Dieser Ansicht hat sich das Gericht aus guten rechtlichen Gründen nicht angechlossen. Aber immerhin mußte der von mir beanstandete Satz -in der Gegendarstellung, die dann letztlich veröffentlicht wurde, entfallen.
Aus dem Hin und Her, das sich dann mit Herrn Ziesel - und wer ihn kennt, weiß, daß es sich hier um einen echten Prozeßhansl handelt - ergab, und im übrigen auf besonderes Drängen des Herausgebers der „Frankfurter Rundschau" - worauf ich hier hinweisen möchte, weil ich sonst in meinem ganzen Leben noch keinen Prozeß geführt habe und auch nicht die Absicht habe, Prozesse zu führen - entstand ein Beleidigungsstreit zwischen Herrn Ziesel und mir wegen bestimmter Wendungen, die Herr Ziesel in einem Brief an mich benutzt hat. Das Gericht wies die Klage ab, weil Herr Ziesel in Wahrung berechtigter Interessen gehandelt und formale Beleidigungen unterlassen habe.
In dem entsprechenden Urteil wird dann natürlich noch einmal auf den unvollständigen und einseitigen Bericht der „Frankfurter Rundschau" über den Prozeß Ziesel/Schmid hingewiesen. Hätte die „Deutsche Tagespost" statt der durch Punkte gekennzeichneten Auslassungen den Urteilstenor vollständig zitiert, so wäre der Sachverhalt völlig klar gewesen. Aber es wäre eben auch keine Meldung gegen mich zustande gekommen. Denn mit der Ursprungsmeldung hatte ich, um einen in diesem Hause, wenn auch in anderem Sinne, während der „Spiegel"-Affäre berühmten Ausspruch ides Herrn Abgeordneten Strauß zu zitieren, nichts zu tun, im wahrsten Sinne des Wortes nichts zu tun.
lm übrigen bin ich dankbar, daß mir dieses Urteil in Erinnerung gerufen wurde, denn es bestätigt meine Auffassung, daß Nachrichtenverfälschung zu beanstanden ist und daß eben auch viele Gerichte Nachrichtenverfälschungen nicht gutheißen. Hätte sich doch auch die „Deutsche Tagespost" daran gehalten!
Herr Kollege, eine Zusatzfrage.
Eine erste Frage. Herr Staatssekretär, sind Sie .zur Gegendarstellung erst im zweiten Rechtszug, wie es hier in dem Artikel dargestellt wird, gezwungen worden?
Das ist sicher richtig. Nur ist das Wort „ich" in dem Fall nicht zutreffend; denn dabei handelt es sich um die Zeitung. Während der ersten beiden Rechtszüge bin ich, wie gesagt, nur deshalb in der Sache dringewesen, weil ich den ersten Brief an Herrn Ziesel als Vertreter ,des Chefredakteurs geschrieben habe. Der Rechtsstreit selber im ersten und zweiten Instanzenzug richtete sich primär gegen die Zeitung, erstens gegen Firma, Druck- und Verlagshaus, vertreten durch Herrn Gerold, zweitens gegen Ahlers.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie in dem Prozeß, den Sie nach dieser Meldung und nach Ihren Ausführungen offenbar gegen Herrn Ziesel geführt haben, auch in der zweiten Instanz verloren, und trifft es zu, daß Ihnen auch dort gesagt worden ist, es sei durchaus nicht zu beanstanden, wenn man Ihr Rechtsgefühl als „schief" bezeichnen und die Beurteilung „doppelte Moral" daran anknüpfen würde?
Ja, das ist richtig. Nur wird es alles klar, wenn man den gesamten Text liest. Ich stelle Ihnen diesen gleich gern zur Verfügung.
({0})
- Herr Wehner?
({1})
Der Sachverhalt war ganz einfach. Herr Ziesel hat Briefe geschrieben, weil ich mich geweigert hatte, die Gegendarstellung zu bringen, weil ich, wie gesagt, der Auffassung war, daß in dieser Gegendarstellung ein Präsident Carlo Schmid beleidigender Satz enthalten sei. Dann kam es zu der Klage, die ich zwar, wie ich hier schon ausgeführt habe, formal angestrengt habe, aber auf besonderes Drängen von Karl Gerold hin. In dieser Klage, die dann abgewiesen wurde, heißt es:
Wenn der Privatbeklagte
- der Privatbeklagte Ziesel also -das Rechtsgefühl, auf das der Privatkläger Ahlers sich berief,
({2})
- Ja, mein Rechtsgefühl, .das ich in dem Brief zum Ausdruck gebracht habe als „schief" bezeichnet, so ist das für sich eine sachliche Folgerung daraus, daß er
- nämlich Ziesel den Ablehnungsgrund
- nämlich den von mir genannten als einen nur vorgeschobenen, also als „Ausrede" angesehen hat und den Pressebericht
- das ist also der der „Frankfurter Rundschau", mit dem ich nichts zu tun hatte mit Grund als eine „einseitige Falschunterrichtung der Öffentlichkeit" bezeichnete.
So der Wortlaut dieses Passus. Aber ich bin gerne bereit, Ihnen das Ganze zu geben.
({3})
Vielleicht wäre es im Hinblick auf die Abwicklung der Fragestunde gut gewesen, die Papiere schon vorher auszutauschen. Die Richtlinien der Fragestunde besagen, daß die Fragen eine kurze Beantwortung zulassen sollen.
Herr Präsident, Ihre freundliche Intervention ehrt mich ganz besonders. Ich glaube aber, daß ich auf die Antwort von Herrn Wehner, die ja eigentlich von der Regierungsbank kommen sollte, nicht angewiesen war.
Herr Abgeordneter Erhard, auch die Bemerkung, die Sie eben gemacht haben, hat den Rahmen der Fragestunde überschritten.
({0})
Wir kommen nunmehr zum Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan zur Verfügung. Ich rufe die Frage 78 des Abgeordneten Dr. Geßner auf:
Ist es dem Beitrag eines deutschen Nachrichtenmagazins zufolge richtig, daß über die in Nordholz stationierten Fernaufklärer und U-Bootjäger vom Typ Bréguet wegen vorzeitiger Abnutzungs- und Korrosionsschäden zum größten Teil Startverbot verhängt wurde?
Bitte schön, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung darf ich die beiden Fragen des Kollegen Dr. Geßner gemeinsam beantworten.
Herr Kollege Geßner ist einverstanden. Dann rufe ich auch die Frage 79 auf:
Trifft es zu, daß die Probezeit dieses Flugzeugtyps im Hinblick auf seine Bewährung in klimatisch unterschiedlichen Einsatzgebieten aus Gründen der Kostenersparnis nicht ausreichend war, und hätte die damals dafür verantwortliche Bundesregierung eine intensivere Erprobung durchsetzen können?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Zur ersten Frage gebe ich folgende Antwort. Es trifft zu, daß an den Flugzeugen vom Typ Bréguet-Atlantic Korrosionsschäden aufgetreten sind, die die Marinefliegerdivision veranlaßten, die betreffenden Flugzeuge bis zur Behebung stillzusetzen. Abnutzungsschäden sind nicht aufgetreten.
Zur zweiten Frage gebe ich folgende Antwort. Die Erprobung wurde mit vier Flugzeugen durchgeführt. Sie schloß Wintertests in Kanada und Ozeanüberflüge ein. Das Erprobungsprogramm entsprach den französischen Vorschriften und wurde von dem NATO-Direktionsausschuß akzeptiert, in dem die beteiligten Länder Frankreich, Belgien, die Niederlande, die Vereinigten Staaten von Amerika und die Bundesrepublik Deutschland. vertreten waren. Eine Beschränkung des Erprobungsprogramms aus Kostengründen wurde nicht vorgenommen.
Da damals Korrosionsschäden, wie sie jetzt nach zwei- bis dreijährigem Betrieb in der stark salzhaltigen Nordseeatmosphäre aufgetreten sind, an Wabenkonstruktionen unbekannt waren, bestand keine Veranlassung, eine intensivere Erprobung in dieser Hinsicht zu fordern. Eine solche hätte in der Erprobungszeit auch nicht zu den jetzt aufgetretenen Korrosionserscheinungen geführt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie uns sagen, wie hoch die Mittel veranschlagt werden müssen, die zur Behebung dieser Schäden notwendig sind?
Berkhan, Parlamentarischer 'Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Dr. Geßner, der Flugzeugpreis im System beträgt 23,84 Millionen DM pro Flugzeug. Die Kosten für die Beseitigung der Schäden werden auf eine Summe von 500 000 DM pro Flugzeug geschätzt, so daß sich der Systempreis auf 24,34 Millionen DM belaufen wird.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es so, daß möglicherweise mit den Flugzeugen längere Zeit geflogen worden ist, ohne daß die Mängel entdeckt worden sind?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Dr. Geßner, das ist nicht anzunehmen. Die Flugzeuge standen in einem normalen Wartungsprozeß. Bei
diesen Wartungs- und Überholungsprozessen zeigten sich die Schäden. Die Flugzeuge wurden daraufhin von den zuständigen Stellen aus dem Flugbetrieb gezogen und ins Dock genommen, um repariert werden zu können. Die Untersuchungen an den restlichen Flugzeugen zeigten dann ähnliche Schäden. Daraufhin wurde die Stillegung dieser Flugzeuge angeordnet.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, in welcher Weise werden Konsequenzen daraus gezogen? Werden die gleichen Materialien und Systeme wieder verwendet werden, oder ist beabsichtigt, eine Änderung vorzunehmen?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Es ist beabsichtigt, sowohl am Fahrwerk als auch an der Wabenkonstruktion Änderungen vorzunehmen, nicht im Sinne der Veränderung der Konstruktion, sondern im Sinne des Korrosionsschutzes. Die Ergebnisse, die mit den bereits geänderten Flugzeugen vorliegen, deuten darauf hin, daß das System dann einsatzfähig sein wird.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wann, glauben Sie, werden die Maschinen wieder voll einsatzfähig sein?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Mit einer geringfügigen Verbesserung der Einsatzfähigkeit ist bis zum Ende dieses Jahres zu rechnen. Ich schätze, daß die Flugzeuge im Jahre 1972 voll einsatzfähig sein werden. Das hängt damit zusammen, ob es uns gelingt, die Dockkapazität in Nordholz so schnell zu erweitern, wie wir uns idas vorgenommen haben.
Frage 80 des Abgeordneten Biehle. - Ist der Herr Abgeordnete im ,Saal? - Das ist nicht der Fall. Dann wird die Frage schriftlich beantwortet.
Die nächste Frage, die Frage 81, hat der Herr Abgeordnete Dr. Apel gestellt:
Halt es die Bundesregierung nicht für zweckmäßig, nach dem bereits beschlossenen Einbau von Fahrtenschreibern in die schweren Munitions- und Tanklastkraftwagen nun auch für die neue Generation der Radfahrzeuge des Gemeinschaftsbüros ({0}) der Bundeswehr den Einbau von Fahrtenschreibern von vornherein vorzusehen?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Apel, ich beantworte Ihre Frage folgendermaßen. Die Bundeswehr beabsichtigt nicht, die Fahrtenschreiber außer für Kfz, die Personen und schwere Lasten bzw. gefährliche Güter befördern, ganz allgemein einzuführen. Der Gesetzgeber hat im allgemeinen die Bundeswehr von der Verpflichtung entbunParlamentarischer Staatssekretär Berkhan
den, bundeswehreigentümliche Fahrzeuge mit einem Fahrtenschreiber auszurüsten. Der Umstand, daß die Transporte in der Regel in Kolonnen durchgeführt werden, hat zur Folge, daß die Fahrzeuge weitgehend Geschwindigkeitsbeschränkungen unterworfen sind. Der Absicht des Gesetzgebers in bezug auf größere Verkehrssicherheit durch Kontrolle der Geschwindigkeit wird somit entsprochen.
Bitte schön, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie können aber doch nicht davon ausgehen, daß die neue Generation der Fahrzeuge, die jetzt kommt, auch immer nur im Kolonnenverkehr fährt. Wäre es nicht zweckmäßig, auch im Interesse der Sicherheit der in Unfälle verwickelten Bundeswehrfahrer, Fahrtenschreiber doch vorzusehen?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Dr. Apel, erstens ist Ihnen entgangen, daß für Kfz, die Personen und schwere Lasten bzw. gefährliche Güter befördern, auch heute Fahrtenschreiber vorgesehen sind.
({0})
Ansonsten gehen wir davon aus, daß auch die Nachfolgegeneration in Kolonnen fährt.
Darüber hinaus mache ich Sie darauf aufmerksam, daß der Beifahrer bei Bundeswehrfahrzeugen jeweils Kommandant ist und er also die Kontrolle über den Fahrer ausübt. Er ist als Kommandant der Vorgesetzte des Fahrers, so daß bei uns eine wesentlich bessere Kontrolle als im zivilen Verkehr vorgesehen ist.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie Erfahrungen der US-Army bestätigen, die insbesondere deswegen Fahrtenschreiber eingebaut hat, um bei Beschädigungen von Fahrzeugen deutlich zu machen, ob das auf die Fahrweise des Soldaten oder auf Konstruktionsfehler der Hersteller der Lastkraftwagen zurückzuführen ist?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Dr. Apel, ich kann das nicht bestätigen. Ich bin aber gern bereit, der Sache nachzugehen und Ihnen dann einen Brief schreiben zu lassen.
Die nächsten Fragen, die Fragen 82 und 83, sind von dem Abgeordneten Damm gestellt:
Beabsichtigt die Bundesregierung eine Erhöhung der Fliegerzulage für Luftfahrzeugbesatzungsangehorige ({0})?
Ist an eine Ausweitung der Hauptfeldwebelstellen für Bordmechaniker und Funknavigatoren gedacht?
Herr Staatssekretär!
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich beantworte die Frage folgendermaßen. Die Fliegerzulage oder Aufwandsentschädigung für eine derartige Tätigkeit beträgt derzeit 210 DM monatlich für Besatzungsangehörige in Strahlflugzeugen und 150 DM monatlich für solche in sonstigen Luftfahrzeugen. Es ist nicht beabsichtigt, diese Sätze zu erhöhen.
Gegenwärtig wird jedoch innerhalb der Bundesregierung die Möglichkeit erörtert, für Luftfahrzeugsbesatzungsangehörige eine Stellenzulage in Anlehnung an die jetzige Stellenzulage für Strahlflugzeugführer mit entsprechend gestaffelten Sätzen einzuführen.
Keine Zusatzfrage. Die nächste Frage des Abgeordneten Damm.
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister ,der Verteidigung: Für die in den bisherigen STAN der Lufttransportverbände und -schulen für Bordmechaniker und Bordnavigationsfunkmeister vorgesehenen Hauptfeldwebeldienstposten stehen Hauptfeldwebelplanstellen in ausreichender Zahl zur Verfügung. Die Umrüstung der Verbände auf neue, technisch anspruchsvollere Flugzeuge - Boeing 707, Transall, Bell UH 1 D erfordert jedoch eine Neubewertung der Dienstposten für Bordmechaniker und Bordnavigationsfunker. Hierdurch wird der Bedarf an Hauptfeldwebelstellen für Bordmechaniker erhöht und die Bewertung der Stellen für Bordnavigationsfunker über die Hauptfeldwebelebene hinausgehoben. Vorgesehen ist, in diesen Funktionen gegebenenfalls Fachoffiziere einzusetzen.
Der genaue Umfang der Planstellenforderungen wird zur Zeit geprüft. Diese Neuforderungen und Anhebungen sollen mit ,dem nächsten Haushaltsentwurf beantragt werden. Das Verteidigungsministerium wird die Möglichkeit eines Vorgriffs hierauf mit dem Bundesfinanzministerium prüfen.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 84 des Abgeordneten Jung auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß sich nach Auskunft des Inspekteures des Heeres in der Bundesrepublik Deutschland 16 000 schutzwürdige Objekte befinden, von denen nur wenige geschützt werden können, und welche Möglichkeiten hat sie erwogen, den Schutz dieser Objekte sicherzustellen?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich beantworte Ihre Frage folgendermaßen, Herr Kollege Jung. Der Bundesregierung ist die hohe Zahl schutzbedürftiger Objekte bekannt. Sie beruht auf Erhebungen, welche von den Wehrbereichskommandos in Zusammenarbeit mit den Länderregierungen in den letzten Jahren angestellt worden sind. Die Zahl umfaßt alle Objekte, deren Schutz im Verteidigungsfall erwünscht ist. Diese Aufgabe fiel bisher der Territoria1860
Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan
len Verteidigung und den national verbleibenden Kräften der Teilstreitkräfte zu. Diese Kräfte waren unzureichend.
Das Bundesverteidigungsministerium hat nach der Fusion des Heeres mit ,der Territorialen Verteidigung im Bestreben, die Sicherung schutzbedürftiger Objekte zu gewährleisten, inzwischen stufenweise eine Verstärkung der für den Schutz empfindlicher Punkte vorgesehenen Sicherungskräfte des Territorialheeres eingeleitet. Vorgesehen ist eine Erhöhung der Sicherungskompanien und Grenadierbataillone ({0}) sowie die Neuaufstellung von sechs Heimatschutzkommandos zu je zwei Jäger-Regimentern.
Eine Zusatzfrage, Kollege Jung.
Herr Staatssekretär, sind Ihnen die Gedanken des Vorsitzenden des Reservistenverbandes, Herrn Woller, bekannt, und glauben Sie, daß die Anregungen, die hier zur Bewachung dieser Objekte gegeben sind, diskussionswürdig sind?
Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Gedanken des Präsidenten sind mir nicht bekannt, mir ist aber bekannt, daß sich der Präsident des Reservistenverbandes schriftlich und mündlich zu dieser Frage geäußert hat. Diese Äußerungen kenne ich. Ich glaube, daß in den schriftlich vorliegenden Äußerungen des Reservistenverbandes Gedanken enthalten sind, die überlegenswert und die abwägenswert sind. Ich kann hier nicht sagen, ob alle diese Vorstellungen in Bausch und Bogen zu realisieren .sind, aber diese Vorstellungen werden sicher in die Prüfung einbezogen.
Dann die Frage 34 des Abgeordneten Dr. Gleissner aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen:
Sind der Bundesregierung die Erfahrungen Englands über den dort steuerlich begünstigten Einsatz von Elektromobilen in vollem Umfang bekannt, und welche Konsequenzen werden daraus in der Bundesrepublik Deutschland künftig gezogen, nachdem Elektromobile die geringste Umweltbelästigung verursachen, überhaupt keine Abgase entwickeln und den weitaus niedrigsten Geräuschpegel aufweisen?
Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Reischl.
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Nach Abstimmung mit dem Bundesverkehrsministerium darf ich Ihre Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung kann nicht mit Sicherheit beurteilen, ob ihr die Erfahrungen, die man in Großbritannien mit dem Einsatz von Elektrofahrzeugen gemacht hat, wirklich in vollem Umfang bekannt sind. Es spricht aber alles dafür, daß diese Erfahrungen im wesentlichen und den unsrigen übereinstimmen. Auch in Großbritannien ist der Bestand an Elektrofahrzeugen, obwohl er größer ist als bei uns, im Verhältnis zum Gesamtbestand an Kraftfahrzeugen so gering, daß er praktisch ohne Bedeutung ist. Deshalb bieten die britischen Verhältnisse in bezug auf Elektrofahrzeuge keine Grundlage für künftige Entscheidungen in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Entscheidungen werden vielmehr von der weiteren technischen Entwicklung der Elektrofahrzeuge abhängig sein. Das gilt insbesondere für eine Vergünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer. Hierauf habe ich namens der Bundesregierung bereits bei der Beantwortung einer Mündlichen Frage des Herrn Kollegen Geisenhofer am 19. Februar 1970 hingewiesen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich noch ergänzend fragen, um eine Bestätigung zu erhalten: Ist die Bundesregierung also bereit, Elektromobile oder auch Obusse angesichts der bedrohlichen Luftverpestung und des wachsenden Straßenlärms zu fördern, sei es durch Erleichterungen seitens des Bundesverkehrsministeriums oder von seiten des Finanzministeriums?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, das hängt davon ab, ob es der Industrie gelingt, Elektrofahrzeuge zu entwickeln, die tatsächlich in einem ausreichenden Ausmaß an die Stelle der anderen Fahrzeuge treten können und die geeignet sind, diese anderen Fahrzeuge voll zu ersetzen.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Gleissner.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß, wenn man diese Angelegenheit der Industrie allein überläßt, wenig Aussicht besteht, daß wir auf diesem Wege vorwärtskommen, zumal der Druck der Autoindustrie, wie wir erfahrungsgemäß wissen, übergroß ist?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, Sie erkennen die Schwierigkeiten allein daran, daß die Entwicklung der Elektroomnibusse, die, wie ich neulich in der Fragestunde erklärt habe, schon befreit sind, bis jetzt auch nicht vorangekommen ist, obwohl hier seitens der Bundesregierung alle möglichen Maßnahmen ergriffen worden sind. Es scheint mir wirklich zu früh zu sein, jetzt über diese Angelegenheit zu reden, denn bis jetzt haben wir diese Fahrzeuge nicht.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Pieroth.
Herr Staatssekretär, könnten Sie eventuell befürworten, daß solche Fahrzeuge bei den oberen Bundesbehörden verwendet werden, damit man rasch Erfahrungen sammeln kann?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Bei dem jetziParlamentarischer Staatssekretär Dr. Reischl
gen Zustand hätte ich Bedenken; wir würden dann wahrscheinlich noch langsamer als bisher durch die Stadt Bonn fahren. Es bedarf hier einer weiteren industriellen Entwicklung. Diese soll gefördert werden; ich halte es für richtig und notwendig, daß das geschieht. Die Frage einer steuerlichen Begünstigung dieser Fahrzeuge stellt sich aber erst, wenn sie in einem genügenden Ausmaße vorhanden sind, vor allen Dingen, wenn sie in der Lage sind, die anderen Fahrzeuge zu ersetzen, und wenn man damit tatsächlich verkehrspolitisch etwas erreichen kann, was dann z. B. auch auf dem Gebiete der Luftreinhaltung eine Besserung bewirkt.
Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Hussing auf:
Welche Wirksamkeit wird die von der Bundesregierung in Aussicht genommene Erhöhung des Freibetrages von 240 DM auf 480 DM für Arbeiter, Angestellte und Beamte angesichts der derzeitigen Währungs- und Preisinstabilität haben?
Herr Staatssekretär!
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Angesichts der konjunkturellen Spannungen hat die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht 1970 vorgeschlagen, die zunächst ab 1. Januar 1970 vorgesehene Erhöhung des Arbeitnehmerfreibetrages um ein halbes Jahr, auf den 1. Juli 1970, zu verschieben. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß bereits jetzt gewisse Indikatoren auf für die Spätphase der Hochkonjunktur typische Abflachungstendenzen hinweisen und somit die beabsichtigte und als notwendig anzusehende Maßnahme im Sommer 1970 auch konjunkturpolitisch vertretbar erscheint.
Eine Zusatzfrage des Kollegen Hussing.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nicht der Meinung, daß auch zu diesem Zeitpunkt die Stillegung von Steuereinnahmen - bei Nichtgewährung des erhöhten Freibetrages ist ja wohl eine Steuermehreinnahme zu erwarten - sinnvoller ist, damit diese Geldbeträge nicht auf den Markt drücken und damit die Preisinstabilität weiter forcieren, die mit jetzt etwa 3,8 bis nahe 4 % einen beträchtlichen Wert erfahren hat? Ich glaube nicht daran, daß da ein Stillstand zu erwarten ist!
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die Entscheidung hängt davon ab, wie sich die Konjunkturlage bis zum 1. Juli entwickeln wird. Außerdem liegt die letzte Entscheidung bei diesem Haus.
Eine weitere Zusatzfrage.
Werden Sie die derzeitige Preisinstabilität in den Griff bekommen und mit welchen anderen Maßnahmen?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, über diese Maßnahme kann im Rahmen des Gesetzgebungsganges entschieden werden. Darüber, ob überhaupt andere Maßnahmen zu ergreifen sind, wird im Zusammenhang mit anderen Fragen zu reden sein.
Ich rufe die Frage 36 des Abgeordneten Hussing auf:
Bleibt es Absicht der Bundesregierung, zum in Aussicht genommenen Termin den Arbeitnehmerfreibetrag zu erhöhen?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Nach der von mir bei der Beantwortung der vorhergehenden Frage gegebenen Begründung besteht zur Zeit kein Anlaß, die Erhöhung des Arbeitnehmerfreibetrages über den 1. Juli 1970 hinaus zu verschieben. Ich sage aber noch einmal, daß diese Frage selbstverständlich unter Berücksichtigung der Konjunkturentwicklung überprüft werden muß und daß das letzte Wort in dieser Angelegenheit ohnehin das Hohe Haus hat.
Eine Zusatzfrage.
Sie räumen also ein, daß die Verschiebung über den 1. Juli 1970 hinaus durchaus im Bereich des Möglichen liegt?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich bin kein Prophet; darum kann ich das heute noch nicht sagen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, worin besteht, wenn eine weitere Verschiebung hier in Aussicht genommen sein könnte, dann noch der Katalog von Leistungen gegenüber Arbeitern, Angestellten und Beamten auf dem wirtschaftlichen oder sozialwirtschaftlichen Sektor?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, abgesehen davon, daß diese Frage schon sehr am Rande liegt - denn jetzt fangen Sie an, weit über dieses eine Gesetz hinauszugehen -, glaube ich, daß auf dem Gebiet eine ganze Menge geschehen ist. Ich darf nur auf die Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Dienst hinweisen.
Ich rufe die Fragen 37 und 38 des Abgeordneten Leicht auf:
Ich frage den Bundesfinanzminister, ob nach dem - im Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen, Seite 536 - veröffentlichten Termin für den Abschluß der Bücher am 5. Ja1862
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
nuar 1970 noch Buchungen für das Jahr 1969 vorgenommen worden sind, die nicht lediglich der Abrechnung anderer Kosten oder der Bereinigung von Buchungsfehlern dienten?
Wie hoch sind die Beträge, die zu dem in Frage 37 genannten Zeitpunkt noch verbucht worden sind?
Dr. ReisChl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Nach den Erfahrungen und entsprechend der Übung des vergangenen Jahres ist es stets erforderlich, zwischen dem Abschluß der Bücher der Amtskassen und dem Abschluß der Bücher der Bundeshauptkasse noch Ausgleichsbuchungen zugunsten und zu Lasten des abzuschließenden Haushalts vorzunehmen. Buchungen dieser Art wurden durch die Bundeshauptkasse auch nach dem 5. Januar 1970 für den Haushalt 1969 vorgenommen. Abschlußtag für die Bundeshauptkasse - und nur um diese geht es in diesem Zusammenhang - war der 25. Februar 1970.
Hättten Sie die Freundlichkeit, Herr Staatssekretär, dem Haushaltsausschuß dieses Hohen Hauses die in der Zwischenzeit, also vom 5. Januar bis zum 25. Februar, erfolgten Buchungen mitzuteilen?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Gerne.
Keine weiteren Zusatzfragen?
Ich rufe dann die Fragen 39 und 40 des Abgeordneten Dr. Hauser ({0}) auf:
Stellt nach Ansicht der Bundesregierung der Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 10. Juni 1969 betreffend Erlaßverfahren nach § 129 des Lastenausgleichsgesetzes eindeutig klar, daß gemeinnützige Wohnungsunternehmen, die statt einer preisrechtlich zulässigen Mietanhebung unter Berufung auf § 13 der Durchführungsverordnung zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz eine niedriger kalkulierte, aber kostendeckende Miete erhoben haben, diese auch tatsächlich als Mieterträge im Erlaßverfahren anerkannt bekommen und nicht gewärtigen müssen, daß ihnen in der Ertragsberechnung eine erhöhte Miete von Amts wegen zugrunde gelegt wird?
Wird die Bundesregierung veranlassen, daß Dienstanweisungen der Oberfinanzdirektionen berichtigt werden, die anordnen, daß alle preisrechtlich zulässigen Mieterhöhungen bei Erlaßverfahren nach § 129 des Lastenausgleichsgesetzes angerechnet werden müssen, obwohl gemeinnützige Wohnungsunternehmen nach den zwingenden Bestimmungen des Wohnungsgemeinnutzigkeitsrechtes verpflichtet sind, nur kostendeckende Mieten zu erheben?
Herr Staatssekretär, werden Sie die Fragen einzeln beantworten?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister, der Finanzen: Ich würde wegen des Zusammenhangs bitten, die Fragen gemeinsam beantworten zu dürfen.
Herr Kollege, Sie sind damit einverstanden? - Bitte schön!
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Im Erlaßverfahren bei der Hypothekengewinnabgabe wegen Ertragsschwäche des Grundstücks nach § 129 des Lastenausgleichsgesetzes sind die Grundstückserträge in der Höhe anzusetzen, wie sie bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erzielbar sind. Demgemäß ist in dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 10. Juni 1969 darauf hingewiesen worden, daß bei der Bearbeitung der Erlaßanträge sorgfältig zu prüfen ist, ob von gesetzlich zulässigen Mieterhöhungen Gebrauch gemacht worden ist.
Diese Ausführungsbestimmungen sind in der Besprechung mit den Lastenausgleichsreferenten der Finanzministerien der Länder im November 1969 dahin erläutert worden, daß bei gemeinnützigen Wohnungsunternehmen neben den sonstigen wohnungsrechtlichen Vorschriften das spezielle Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht zu beachten sei. Soweit gemeinnützige Wohnungsunternehmen nach § 13 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit des Wohnungswesens verpflichtet seien, nur die kostendeckende Miete zu erheben, sei diese auch für das Erlaßverfahren maßgebend, selbst wenn sie unter der preisrechtlich zulässigen Miete liege.
Die Ländervertreter wurden gebeten, diese Sonderregelung bei gemeinnützigen Wohnungsunternehmen zu beachten und etwaige entgegenstehende Dienstanweisungen von Oberfinanzdirektionen aufheben zu lassen. In dem einzigen mir bekannten Fall einer solchen entgegenstehenden Dienstanweisung ist eine Berichtigung inzwischen erfolgt.
Keine Zusatzfragen?
Ich rufe die Fragen 41 und 42 des Abgeordneten Dr. Schneider ({0}) auf:
Hält die Bundesregierung die Steuermehreinnahmen der Gemeinden im Haushaltsjahr 1970 für so erheblich, daß sie angesichts des hohen Personalaufwandes und zusätzlicher Belastungen auf dem Sektor der Investitionen im Bereich des öffentlichen Gemeinbedarfs und Gemeingebrauchs die Auffassung zu vertreten bereit ist, die Gemeinden könnten ihre Steuermehreinnahmen zur Verminderung ihres Nettokreditbedarfs oder zur verstärkten Bildung allgemeiner Ausgleichsrücklagen verwenden?
Haben Gemeinden sich bisher bereit und imstande gezeigt, einen Beitrag zur antizyklischen Haushaltswirtschaft der Gebietskorperschaften zu leisten, und welche Ausgaben der Gemeindehaushalte, beziffert nach den Haushaltsansätzen, können nach Ansicht der Bundesregierung als konjunkturrelevant bezeichnet werden?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich wäre auch hier dankbar, wenn ich die beiden Fragen im Zusammenhang behandeln dürfte.
Herr Kollege sind Sie einverstanden? - Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Auf Grund der Finanzreform können die Gemeinden nach der jüngsten Steuerschätzung vom 20. Januar 1970 mit um rund 1,8 Milliarden DM höheren Steuereinnahmen rechnen. Hinzu kommt die allgemeine günstige Entwicklung ,der Steuereinnahmen. Weiter werden die Gemeinden für die Förderung des Verkehrsausbaus wie bereits seit 1967 Mittel aus der Mineralölsteuer erhalten, und zwar im Jahre 1970 rund 900 Millionen DM. Den Gemeinden werden somit als Folge
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Reischl
der Finanzreform im Jahre 1970 insgesamt rund 2,7 Milliarden DM mehr als nach der Rechtslage vor Einführung der Finanzreform zur Verfügung stehen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß sich die Gemeinden und Gemeindeverbände dadurch aktiv an der antizyklischen Finanzpolitik von Bund und Ländern beteiligen können und sollen. Eine entsprechende Empfehlung hat der Finanzplanungsrat mit ausdrücklicher Zustimmung der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände in seiner letzten Sitzung am 28. Januar 1970 gegeben. Die Empfehlung hat - soweit sie die Gemeinden betrifft - folgenden Wortlaut:
Die Gemeinden ({0}) sollen 1970 ihre Steuermehreinnahmen zur Verminderung ihres Nettokreditbedarfs oder zur verstärkten Bildung allgemeiner Ausgleichsrücklagen verwenden.
An anderer Stelle heißt es:
Die Gemeinden ({1}) sollen ebenfalls Ausgaben sperren.
Die Frage, ob die Gemeinden und Gemeindeverbände überhaupt imstande sind, einen Beitrag zur antizyklischen Finanzpolitik zu leisten, ist somit zu bejahen. Bereits im Rezessionsjahr 1966/67 haben die Gemeinden und Gemeindeverbände bewiesen, daß sie antizyklische Haushaltspolitik betreiben können. Daher kann auch in der gegenwärtigen Konjunkturphase von ihnen ein Beitrag hierzu erwartet werden.
Ich darf Ihre Frage nach konjunkturrelevanten Haushaltsansätzen der Gemeinden und Gemeindeverbände dahin beantworten, daß rund zwei Drittel aller öffentlichen Sachinvestitionen von den Gemeinden durchgeführt werden. Hierin sieht die Bundesregierung erhebliche Einflußmöglichkeiten der Gemeinden und Gemeindeverbände auf die Konjunkturentwicklung.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, in welcher Höhe sehen die Gemeindehaushalte die Aufnahme von Kapitalmarktkrediten zur Finanzierung des außerordentlichen Haushalts vor, und in welcher Höhe beziehen sich diese Ausgaben auf Vorhaben des sozialen und kulturellen Gemeinbedarfs, und ist der Bundesregierung bekannt, daß vor allem die Kämmerer der Großstädte der Bundesrepublik unisono mit großer Heftigkeit erklärt haben, sie sähen sich außerstande, einen konjunkturrelevanten Beitrag zu leisten, weil es eben gerade in diesem Bereich keine konjunkturrelevanten Objekte gibt?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die von Ihnen gewünschten Zahlen habe ich hier nicht zur Verfügung. Ich bin aber bereit, sie Ihnen schriftlich zu übermitteln, soweit sie uns überhaupt vorliegen; dessen bin ich mir nicht ganz sicher. Denn die Zahlen liegen in der Regel bei den Finanzministerien der Länder und dringen erst nach geraumer Zeit im Rahmen der üblichen Statistik bis zu uns durch.
Es trifft zu, daß sich einige Stadtkämmerer großer Städte dagegen wehren, Gelder stillzulegen. Von ihrem Standpunkt aus ist das sicher nicht unverständlich. Aber auf der anderen Seite muß zugegeben werden, daß die Gemeinden bisher in dei Lage waren und jetzt erst recht in der Lage sein müßten, ihren Beitrag zur Dämpfung der Konjunktur zu leisten. Er kommt ja letzten Endes wegen des großen Anteils der investiven Ausgaben an ihren Haushalten gerade den Gemeinden und Gemeindeverbänden zugute.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für dringend geboten, daß sich die Bundesregierung über die hier angeschnittenen Fragen und Zahlen einen zuverlässigen und möglichst rechtzeitigen Überblick verschafft, damit ihre konjunkturpolitischen Entscheidungen, sofern sie die Gemeindehaushalte einbeziehen - was ja geschehen ist - auch als realistisch gelten können?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Das ist seit Jahren versucht worden. Ich kann nur sagen, daß wir das selbstverständlich weitermachen werden. Sie wissen aber ganz genau, an welchen Schwierigkeiten es hängt, die Statistiken, die ja erst einmal über die Länder laufen müssen, hier so rechtzeitig zu bekommen, daß man politische Entscheidungen - die ja eigentlich auf den allerneuesten Zahlen beruhen müßten - danach richten kann. Deswegen ist ja der Konjunkturrat geschaffen worden, deswegen haben die Vertreter der Gemeindeverbände, die es immerhin fast besser als wir wissen müßten, dieser Maßnahme zugestimmt. Daß dabei die eine oder andere Stadt einen größeren Beitrag leisten wird als vielleicht die nächstgelegene, ist selbstverständlich. Es soll ja nur im Schnitt, im ganzen ein Beitrag auch seitens der Gemeinden und Gemeindeverbände geleistet werden. Das ist - um das ganz klar zu sagen - von den Kommunalverbänden nicht abgelehnt worden, sondern die haben das befürwortet.
Frage 43 des Kollegen Zebisch:
Stimmen in der Presse wiedergegebene Äußerungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, daß die Banken und Sparkassen den Bundesschatzbrief vernachlässigen, und was wird die Bundesregierung unternehmen, um die Sparer besser von den Vorzügen des Bundesschatzbriefes gegenüber dem normalen Kontensparen zu unterrichten?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Es trifft zu, daß eine Reihe von Kreditinstituten den Verkauf des
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Reischl Bundesschatzbriefs vernachlässigen und die nach Bundesschatzbriefen fragenden Sparer insbesondere auf ihr eigenes Angebot an Anlagemöglichkeiten verweisen. Die guten Absatzzahlen des Bundesschatzbriefs in den letzten Monaten lassen aber den Schluß zu, daß ein großer Teil des Kreditgewerbes zumindest heute dem Bundesschatzbrief aufgeschlossener gegenübersteht. Die Bundesregierung ist in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank ständig bemüht, die Sparer durch gezielte Werbung und Öffentlichkeitsarbeit über die Vorteile des Bundesschatzbriefs zu informieren.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Meinung der Arbeitsgemeinschaft .der Verbraucherverbände, daß ein Teil der Banken kein Interesse am Bundesschatzbrief hat, weil sie den Kleinsparer lieber beim herkömmlichen Kontensparen halten möchten, id. h. also, daß dieser Kleinsparer sein Geld zu einem wesentlich geringeren Zinssatz zur Verfügung stellt? Meinen Sie, daß das der Grund sein könnte?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich habe schon gesagt, daß nach den Feststellungen, welche die Bundesregierung aus den hier vorliegenden Meldungen und Beschwerden treffen kann, der Anschein besteht, daß ein Teil der Kreditinstitute den Bundesschatzbrief zunächst vernachlässigt hat. Ich möchte aber nach den neueren Zahlen annehmen, daß dort die Einsicht gewachsen ist.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnte die Bundesregierung bei der Öffentlichkeitsarbeit die Menschen nicht nur durch die großen Zeitungen, sondern auch durch die Provinzzeitungen aufklären?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich werde Ihre Anregung gern an die dafür Zuständigen weitergeben.
Ich rufe dann die Frage 44 des Abgeordneten Müller ({0}) auf:
Hat die Bundesregierung die Absicht, die Mehraufwendungen alleinstehender älterer Arbeitnehmer zur Erhaltung ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit und für den eigenen Hausstand, den sie erfahrungsgemäß haben, dadurch anzuerkennen, daß sie schon vom 40. und nicht wie jetzt vom 50. Lebensjahr in die Steuerklasse II eingestuft werden?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die Besteuerung nach der Steuerklasse II für alleinstehende Lohnsteuerpflichtige, ¡die vier Monate vor dem. Beginn des Kalenderjahres das 49. Lebensjahr vollendet haben, also sich im 50. Lebensjahr befinden, entspricht
dem Abzug des Sonderfreibetrags von 840 DM nach § 32 Abs. 3 Ziff. 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes bei der Einkommensteuerveranlagung.
Dieser Sonderfreibetrag soll der Tatsache Rechnung tragen, daß bei alleinstehenden Personen, die ein bestimmtes Lebensalter erreicht haben, eine Verteuerung der Lebenshaltung eintritt, die die steuerliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Die dafür maßgebliche Altersgrenze ist bei der Verabschiedung des Steueränderungsgesetzes 1958 vom 55. auf das 50. Lebensjahr herabgesetzt worden.
Die Bundesregierung neigt zu der Auffassung, daß diese Altersgrenze auch den heutigen Verhältnissen gerecht wird. Gleichwohl wird im Rahmen der eingeleiteten Steuerreform auch diese Frage geprüft werden.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe dann die Frage 45 des Abgeordneten Müller ({0}) auf:
Kann die Bundesregierung sagen, in welchem Umfang in etwa Lohnsteuerpflichtige nicht von den Möglichkeiten der Eintragung eines Freibetrages zu Beginn des Kalenderjahres und des Lohnsteuerjahresausgleiches Gebrauch machen?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Nach den für 1969 durch Hochrechnung ermittelten Zahlen nehmen von den 24,6 Millionen lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmern über 20 Millionen Arbeitnehmer zusätzliche Lohnsteuerfreibeträge im Wege des Ermäßigungsverfahrens, des Lohnsteuer-Jahresausgleichs oder bei der Einkommensteuerveranlagung in Anspruch. Die verbleibenden rund 4 Millionen Arbeitnehmer machen von der Möglichkeit der Eintragung oder Geltendmachung eines Freibetrags keinen Gebrauch. Ein großer Teil dieser 4 Millionen Arbeitnehmer ist überhaupt nicht lohnsteuerbelastet, z. B. wegen ides geringen Einkommens, des Familienstandes oder nur einer kurzfristigen Beschäftigung.
Es muß davon ausgegangen werden, daß nur ein verschwindend geringer Teil keine zusätzlichen Lohnsteuerfreibeträge in Anspruch nimmt, obwohl bei ihm die Voraussetzungen gegeben wären.
Nun rufe ich die Fragen 46 und 47 ides Abgeordneten Meister auf:
Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend der immer schneller fortschreitenden technischen Entwicklung, der die fiskalische Abschreibung nicht folgt, einen steuerlichen Ausgleich zu ermöglichen, bevor technische Anlagen veralten?
Ist die Bundesregierung in der Lage, bei der in Vorbereitung befindlichen Steuerreform dieser Entwicklung steuerlich Rechnung zu tragen?
Der Fragesteller hat um schriftliche Antwort gebieten. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Reischl vom 10. März 1970 lautet:
Die Bundesregierung teilt die Auffassung, daß der immer schneller fortschreitenden technischen Entwicklung auch bei der Bemessung der steuerlichen Absetzungen für Abnutzung Rechnung zu tragen ist. Sie ist jedoch der Meinung, daß die Vorschriften des § 7 EStG, die die Bemessung der steuerlichen Absetzungen für Abnutzung regeln, diesen Gesichtspunkt bereits hinreichend berücksichtigen. Der fortschreitenden technischen
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
Entwicklung wird insbesondere durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der degressiven Absetzungsmethode Rechnung getragen, die zu einer erheblichen Vorverlagerung der steuerlichen Absetzungen führt und damit eine mögliche vorzeitige Entwertung abnutzbarer Anlagegüter durch Neuentwicklungen u. ä. berücksichtigt. Außerdem kann bei der Schätzung der voraussichtlichen Nutzungsdauer die fortschreitende technische Entwicklung berücksichtigt werden, da unter Nutzungsdauer nach Rechtsprechung und Verwaltungsübung nicht die technische Lebensdauer, sondern die Zeitdauer zu verstehen ist, während der das Wirtschaftsgut voraussichtlich seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Nach den Erfahrungen, die bei vielen Betriebsprüfungen gesammelt worden sind, reichen diese Möglichkeiten zur Berücksichtigung des technischen Fortschritts bei Bemessung der steuerlichen Absetzungen für Abnutzung in der Regel aus. Die Bundesregierung hält deshalb einen steuerlichen Ausgleich im Hinblick auf die fortschreitende Technik nicht für erforderlich.
Gleichwohl wird die Bundesregierung im Rahmen der Steuerreform, die noch in dieser Legislaturperiode verwirklicht werden soll, das Verhältnis der steuerlichen Absetzungen für Abnutzung zur technischen Entwicklung noch einmal überprüfen, da bei der Reform u. a. auch das gesamte Problem der steuerlichen Abschreibungen auf die Möglichkeit einer Verbesserung und Vereinfachung hin untersucht werden wird.
Keine Zusatzfrage. Herr Staatssekretär, damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet. Ich danke Ihnen.
Wir kommen nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi zur Verfügung. Herr Abgeordneter Mertes kommt soeben in den Saal. Ich rufe zunächst seine Frage 8 auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um wenigstens einen Teil der zahlreichen wissenschaftlichen Bundesforschungsinstitute auch für die Lehre freizugeben, um die mit dem Numerus clausus verbundenen Schwierigkeiten wenigstens teilweise zu erleichtern?
Bitte schön, Herr Staatssekretär!
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Es bestehen bereits vielfache Verbindungen zwischen Bundesforschungsanstalten und vom Bund finanzierten Instituten einerseits sowie den Universitäten andererseits. So haben zahlreiche Wissenschaftler aus den Bundesforschungsanstalten Lehrverpflichtungen an Universitäten übernommen, während andererseits in bestimmten Einzelfällen Universitäten auf Grund besonderer Abmachungen Einrichtungen von Bundesforschungsanstalten benutzen. 'Schließlich arbeiten Doktoranden, Diplomanden und Studenten höherer Semester an Instituten des Bundes, wie Sie sie in Ihrer Frage erwähnt haben, Herr Kollege.
Leider sind aber - das muß man sehen - die Möglichkeiten, mit Hilfe dieser Institute die mit dem Numerus clausus verbundenen Schwierigkeiten zu erleichtern, aus folgenden Gründen relativ gering. Viele dieser Institute sind u. a. deswegen gegründet worden, weil auf einem Spezialgebiet zwar besondere Forschungsaufgaben zu lösen, aber nur in sehr viel geringerem Umfang Lehraufgaben zu erfüllen sind.
Zweitens. Ein Teil der Institute gehört Fachrichtungen an, in denen an den Hochschulen keine oder nur in sehr geringem Umfang Zulassungsbeschränkungen bestehen.
Drittens. In anderen Fällen handelt .es sich um Institute, die weder über die personelle und räumliche noch über die sachliche Ausstattung verfügen, um Lehraufgaben übernehmen zu können.
Viertens. Ein Teil der Institute liegt außerdem weit von den Hochschulorten entfernt.
Die Bundesregierung wird aber, Herr Kollege Mertes, nicht zuletzt auf Grund der von Ihnen hier gestellten Frage noch einmal Universitäten und Forschungsanstalten bitten, ihrerseits in Zusammenhang mit den Länderkultusministerien Vorschläge für eine mögliche Verbesserung der Zusammenarbeit zu unterbreiten.
({0})
Die Bundesregierung wird dann über das Ergebnis einer solchen Aktion berichten.
Danke schön. - Keine Zusatzfragen.
Die nächsten Fragen sind von dem Abgeordneten Walkhoff gestellt. Herr Staatssekretär, wollen Sie die beiden Fragen gemeinsam beantworten?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Ich würde .das gerne tun, Herr Präsident.
Dann rufe ich, wenn der Fragesteller einverstanden ist, die Fragen 9 und 10 des Abgeordneten Walkhoff auf:
Hält es die Bundesregierung zur Förderung eines qualifizierten Hochschullehrernachwuchses für erforderlich, für Studierende, die ihr Hauptstudium abgeschlossen haben, in ausreichender Zahl an den Hochschulen Graduiertenstellen einzurichten?
Ist bejahendenfalls eine entsprechende gesetzliche Regelung im geplanten Hochschulrahmengesetz vorgesehen?
Bitte schön!
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Die Idee, die Stufe eines Graduierten zu schaffen, ist im Zusammenhang mit den Überlegungen zur Reform der Personalstruktur an den Hochschulen entwickelt worden. Um sicherzustellen, daß Studierende mit einem berufsqualifizierenden Studienabschluß, die als wissenschaftlicher Nachwuchs in Betracht kommen, sich zunächst 'einer Promotion und damit dem Erwerb weiterer Qualifikationen für den Hochschullehrerberuf widmen, werden ihnen Stellen angeboten werden müssen, deren Vergütung erheblich über den zur Zeit gewährten Promotionsstipendien liegt. Damit soll erreicht werden, daß sich die Graduierten, abgesehen von einer möglichen freiwilligen Tutorentätigkeit, ohne andere Dienstleistungsverpflichtungen ausschließlich ihrer eigenen wissenschaftlichen Arbeit widmen können. Die Bundesregierung unterstützt diese Überlegungen.
Die Bundesregierung prüft deswegen, ob gegebenenfalls und in welcher Weise dieses Thema in den Entwurf des Rahmengesetzes einbezogen werden kann. In den Thesen zum Hochschulrahmengesetz, die jetzt vorgelegt wurden, haben die Graduierten deswegen bisher keine Erwähnung gefunden, weil sich die Vorstellungen über die Ausgestaltung die1866
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi
ser Stufe und ihrer Einordnung in die übrige Personalstruktur erst in jüngster Zeit entsprechend konkretisieren ließen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Mitteilung schließen, daß Sie trotzdem mit mir darin übereinstimmen, daß die Stellung der Graduierten, die sich weiter qualifizieren wollen, bundeseinheitlich im Rahmen der geplanten Reform der Lehrkörperstruktur geregelt werden muß?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, das ist ja an sich der Gegenstand meiner Antwort gewesen. Im Prinzip sehen wir die Fragestellung; aber in welcher Weise das zu regeln sein wird - insbesondere natürlich die Frage, ob es hierbei einè bundeseinheitliche Regelung geben kann -, wird zu prüfen sein. Dazu kann ich in diesem Zeitpunkt nicht Stellung nehmen.
Wir kommen zu den Fragen des Abgeordneten Dr. Meinecke ({0}). Herr Staatssekretär, wollen Sie auch diese beiden Fragen gemeinsam beantworten?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Ich würde sie gern getrennt beantworten, Herr Präsident.
Dann rufe ich zunächst die Frage 11 des Abgeordneten Dr. Meinecke auf:
Welches Ergebnis hat der vorbereitende Ausschuß aus Vertretern der Kultusministerien, des Bundes, der Universitäten und der Rundfunkanstalten für ein „Fernstudiensystem als öffentliches Gemeinschaftswerk" auf seiner letzten Klausurtagung erzielt?
Bitte schön!
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekreär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Der Vorbereitungsausschuß „Fernstudium im Medienverbund" hat sich zunächst am 14. Januar 1970 konstituiert und am 20./21. Februar 1970 eine Klausurtagung abgehalten. Dabei wurden Funktionsmodelle und Organisationsformen für das Fernstudium im Medienverbund ausführlich erörtert, Experten für die weitere Entwicklung der technischen Medien gehört sowie das Thema der Forschungsaufträge diskutiert.
Die Teilnehmer haben sich bereits geeinigt, als Ziel des Fernstudiums die hochschuldidaktische Innovation und die Erweiterung der Kapazität der Hochschulen zu betrachten. Darüber hinaus soll von einem einzigen integrierten Studium ausgegangen werden, das personale und nichtpersonale Lehr- und Lernphasen enthält.
Die notwendigen Einzelheiten bedürfen noch der Klärung. Diese soll in drei kleineren Arbeitsgruppen bis zum nächsten Sitzungstermin, der auf Ende April 1970 festgelegt wurde, herbeigeführt werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist dabei anzunehmen, daß sich die auf Länderebene existierenden Rundfunkanstalten und das zentrale Zweite Deutsche Fernsehen gleichermaßen an diesen Projekten beteiligen, oder ist eine Arbeitsteilung dergestalt vorgesehen, daß sich die Landesanstalten mehr dem Schulfernsehen und die zentrale Anstalt mehr dem Hochschulfernsehen und damit dem Studium im Medienverbund widmen?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, bei der Fragestellung, vor der wir heute stehen, nämlich zunächst einmal das System zu entwickeln, muß sicherlich auf die Gesamtheit der vorhandenen Anstalten, also auf die über den Bund erstreckte und auf die regionalen, d. h. die Landesanstalten, Bezug genommen werden. Am Ende wird es durchaus möglich sein, daß sich hier eine gewisse Arbeitsteilung ergibt. Inwieweit das zweckmäßig sein wird, wird das Ergebnis der jetzt vor uns liegenden Studien zeigen.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist jetzt schon abzusehen, ob das Schwergewicht auf dem direkten Studium im Verbund mit einer Hochschule oder mehr auf dem Kontaktstudium verbunden mit beruflicher Weiterbildung liegen wird?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Es wird ganz sicherlich so sein, Herr Kollege, daß ein Verbund zwischen dem direkten Studium und dem Fernstudium - z. B. über das Medium Fernsehen - zu entwickeln ist. Nach Auffassung der Bundesregierung wird es angesichts des heutigen Standes der Entwicklung nicht zweckmäßig sein, das Studium über das Fernsehen oder den Rundfunk unmittelbar und allein zu einem Ausbildungsweg zu gestalten. Was wir anstreben, wird der Verbund zwischen direktem Studium und Fernstudium sein.
Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke auf:
Ist die Bundesregierung in der Lage, schon über konkrete Vorschläge und Zeitpläne zu berichten?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Ich habe bereits auf die Termine hingewiesen, Herr Kollege. Der Vorbereitungsausschuß
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi
„Fernstudium im Medienverbund" ist beauftragt, bis zum 30. Juni 1970 entscheidungsreife Vorschläge sowohl für den Aufbau und die Organisation als auch für die Arbeitsweise und die geschätzten Kosten vorzulegen.
Danke schön.
Der Herr Abgeordnete Gölter hat seine Frage zurückgezogen. Eebenso sind die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Pfeifer vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Wende auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in deutschen Schulen Kinder griechischer Gastarbeiter mittels von der Junta herausgegebener Lehrbücher - speziell in Geschichte - unterrichtet werden, welche eindeutig geschichtsverfälschenden und die Diktatur verherrlichenden Inhalt haben?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, der Bundseregierung waren die von Ihnen genannten Tatsachen nicht bekannt. Da die Zuständigkeit für die Schulen bei den Ländern liegt, hat die Bundesregierung auch kaum Möglichkeiten, solche Tatbestände, wie sie hier von Ihnen erwähnt worden sind, von sich aus in Erfahrung zu bringen. Sie kann daher auch die hier gestellte Frage nicht aus ihrer eigenen Kenntnis beantworten. Sobald das Ergebnis einer inzwischen eingeleiteten Anfrage bei den Kultusministerien der Länder vorliegt, wird die Bundesregierung die Frage ausführlich beantworten. Sie bittet Sie daher, Herr Kollege, sich in dieser Beziehung mit einer schriftlichen Antwort zufriedenzugeben.
Herr Abgeordneter Matthöfer, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung bei ihren Bemühungen um Unterrichtung auch den heute in der „Frankfurter Rundschau" erschienenen Artikel „Demokraten auf schwarzer Liste" in Betracht ziehen, in dem ausgeführt wird, daß der Erste Sekretär des griechischen Generalkonsulats in Frankfurt schwarze Listen führt, daß mißliebigen griechischen Lehrern der Paß entzogen wird und daß diese dann vor das griechische Militärsamtsgericht in Athen geladen werden?
Herr Staatssekretär, die Frage steht nicht in einem Sachzusammenhang mit der hier gestellten Frage.
({0})
- Herr Kollege Matthöfer, es bleibt Ihnen unbenommen, bei der nächsten Frage, die der Abgeordnete Wende eingebracht hat, eine entsprechende Zusatzfrage im Sachzusammenhang zu stellen.
Ich rufe die nächste Frage, also die Frage 13, .des Abgeordneten Wende auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um auf deutschem Boden die im Grundgesetz nach Artikel 18 verbürgte Lehrfreiheit gegen den Mißbrauch durch undemokratische Kräfte zu schützen?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Über Maßnahmen, Herr Kollege Wende, kann wohl erst dann entschieden werden, wenn die Bundesregierung von den Kultusministerien genaue Auskünfte über Art und Umfang eines möglichen Mißbrauchs der Lehrfreiheit hat. Ich muß Sie daher . bitten, sich auch hinsichtlich dieser zweiten Frage mit einer schriftlichen Beantwortung zufriedenzugeben, die in dem Augenblick möglich sein wird, in dem uns die entsprechenden Informationen vorliegen.
Eine Zusatzfrage des Fragestellers.
Sind Sie, Herr Staatssekretär, nicht gleichwohl meiner Meinung, daß es der Bundesregierung gut anstünde, auch andere Möglichkeiten zu finden, um zu verhindern, daß ein Bruch zwischen der Haltung der Bundesrepublik, die sich aus ihrem Antrag auf Suspendierung Griechenlands vom Europarat und Untersuchung der Zustände in Griechenland durch die Menschenrechtskommission ergibt, und der von mir in meiner Frage angeschnittenen Tatsache entsteht, daß auf deutschem Boden in griechischen Unterrichtsstunden antidemokratische Inhalte weitergegeben werden?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Wende, ich habe die Möglichkeit anderer Wege ja nicht ausgeschlossen. Ich gehe nur davon aus, daß Sie, Herr Kollege Wende, mit mir darin übereinstimmen, daß wir hier eine Antwort erst geben können, wenn der von Ihnen ja zunächst uns gegenüber behauptete Tatbestand geprüft, geklärt und mit den Ländern diskutiert worden ist. Die sich dann auftuenden Möglichkeiten, die natürlich die ganze Skala umfassen, sind, wenn der Tatbestand geprüft ist, zu nutzen.
Herr Abgeordneter, Sie haben noch eine Zusatzfrage. - Sie wollen davon keinen Gebrauch machen. Dann eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Präsident, ich wollte eigentlich eine Zusatzfrage zur ersten Frage stellen; aber meine Zusatzfrage steht auch im Zusammenhang mit beiden Fragen, und ich bitte deshalb, sie stellen zu dürfen.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß die sogenannte „Erziehungsgesellschaft König Otto" in München Lehrer beschäftigt, die für die Junta Propaganda machen, z. B. einen Gymnastiklerer, der Offizier der griechischen Armee ist, und daß sie nur Schulbücher benutzt, in denen die Diktatur verherrlicht wird, und außerdem im Büro das Emblem des griechischen Staatsstreiches aufgehängt ist und somit eindeutig diese Stelle als Zweigstelle der Junta gekennzeichnet ist?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, auch dieser Tatbestand ist mir persönlich im Moment nicht bekannt. Ich werde prüfen, inwieweit er der Bundesregierung bekannt ist. Aber selbstverständlich muß der von Ihnen geschilderte Tatbestand im Zusammenhang mit dem gesamten Komplex gesehen werden, der hier durch die Frage des Herrn Abgeordneten Wende aufgebracht worden ist.
Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.
Herr Staatssekretär, werden Sie dieses Haus darüber unterrichten, welche Möglichkeiten die griechische Militärdiktatur hat, auf die Lehrbücher, die in Deutschland verwendet. werden, Einfluß zu nehmen, und welche weitergehenden Forderungen sie bei den Verhandlungen über das deutsch-griechische Kulturabkommen gestellt hat?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Genau das, Herr Kollege Matthöfer, wird Gegenstand der Prüfung sein, die wir gegenwärtig mit den Ländern eingeleitet haben.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär; damit sind die Fragen aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen. Zur Beantwortung steht Herr Staatssekretär Storck zur Verfügung.
Die ersten beiden Fragen sind von dem Abgeordneten Maucher gestellt.
Ich möchte gern die beiden Fragen im Zusammenhang beantworten, Herr Präsident.
Der Fragesteller ist damit einverstanden. Ich rufe die Fragen 4 und 5 des Abgeordneten Maucher auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der Gewährung von Mieten- und Lastenbeihilfe, vor allem bei Kriegerwitwen und bei anderen Rentenempfängern, besondere Härten dann entstehen, wenn die Kinder sich in Ausbildung befinden und Erziehungsbeihilfe erhalten, wobei die Leistungen für Erziehungsbeihilfe teilweise als Einkommen angerechnet werden?
Ist die Bundesregierung bereit, dafür zu sorgen, daß bei der Berechnung des Wohngeldes in Zukunft Erziehungsbeihilfen oder andere Ausbildungsbeihilfen nicht als Einkommen angerechnet werden?
Die Höhe des Wohngeldes ist entscheidend von der Höhe des Familieneinkommens abhängig. Familieneinkommen im Sinne des Wohngeldgesetzes ist der Gesamtbetrag aller steuerpflichtigen und nicht steuerpflichtigen Einnahmen der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder. Bei der Ermittlung dieses Familieneinkommens bleiben jedoch bestimmte Beträge aus vorwiegend sozialen Gründen außer Ansatz. Hierzu gehören nach § 20 Nr. 5 des Wohngeldgesetzes die Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungsbeihilfen, soweit sie für die eigentliche Erziehung, Ausbildung oder Fortbildung bestimmt sind. Sie werden also insoweit nicht zum Familieneinkommen hinzugerechnet. Die vorgenannten Beihilfen können daneben jedoch auch Leistungen für den Lebensunterhalt enthalten. Die Leistungen für den Lebensunterhalt, der neben Ernährung, Kleidung, Hausrat und persönlichen Bedürfnissen auch die Unterkunft umfaßt, sind ohne Rücksicht auf ihre Quelle bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen. Insoweit können Kriegerwitwen und Rentner nicht besser und nicht anders behandelt werden als jeder andere Wohngeldempfänger.
Wie ich zu Ihrer ersten Frage schon sagte, werden die Erziehungs- und Ausbildungsbeihilfen nur mit dem Teil dem Familieneinkommen zugerechnet, der die Leistungen zum Lebensunterhalt umfaßt. Zur Zeit wird in unserem Hause der Entwurf eines Zweiten Wohngeldgesetzes vorbereitet. Ich bin bereit, in diesem Zusammenhang die Behandlung der Erziehungs-, Ausbildungs- und Fortbildungsbeihilfen im Rahmen der Einkommensermittlung zu überprüfen. Dabei wird die Überprüfung insbesondere zum Ziel haben müssen, die ungleiche Behandlung in all den Fällen zu vermeiden, in denen die Ausbildungskosten - ohne Hilfe Dritter - allein vom Auszubildenden selbst oder von der jeweiligen Familie aufgebracht werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß es ein wesentlicher Unterschied ist, ob der Erziehungsberechtigte im eigenen Haushalt wohnt oder ob er von Zuhause weg ist, einen doppelten Haushalt führen und damit erheblich mehr für die Lebenshaltungskosten aufwenden muß, als wenn er bei ,der Mutter, der Kriegerwitwe, wohnt?
Das ist sicherlich richtig, Herr Abgeordneter. Dieser Frage werden wir uns besonders zuwenden.
Ich rufe die Frage 6 des Abgeordneten Wohlrabe auf. Ist der Fragesteller im Saal? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Wohlrabe werden schriftlich beantwortet.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Fragestunde.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 13. März, 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.