Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/21/1972

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Die Sitzung ist eröffnet. Seinen 60. Geburtstag feiert heute der Abgeordnete Suck. Ich spreche ihm den Glückwunsch des Hauses aus. ({0}) Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat wird die heutige Tagesordnung um die in der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen erweitert: Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({1}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Entwurf für eine Verordnung ({2}) Nr. .../72 des Rates vom . . . zur Änderung der Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/Euratom über die Regelung der Amtsbezüge für den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler des Gerichtshofs Drucksachen V1/3686, V1/3795 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schäfer ({3}) Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses ({4}) über Anträge zu Petitionen Drucksache V1/3805 Beratung der Sammelübersicht 44 des Petitionsausschusses ({5}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache VI/3809 Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist so beschlossen. Vorsorglich soll nach einer interfraktionellen Vereinbarung auch die Erste, zweite und dritte Beratung eines Gruppenantrages über ein Entwicklungshilfesteuergesetz auf die Tagesordnung gesetzt werden. - Das Haus ist auch damit einverstanden. Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Parlamentarische Staatssekretär heim Bundesminister der Verteidigung hat mit Schreiben vom 19. September 1972 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Buchstaller, Jung und Genossen betr. amtliche Verteilung eines CSU-Olympia-Kalenders im Standort München an Soldaten der Bundeswehr - Drucksache VI/3746 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/3796 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mit Schreiben vorn 19. September 1972 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die bereits verkündete Verordnung ({6}) Nr. 1725/72 des Rates vom 1. August 1972 zur Angleichung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienstbezüge der in der Schweiz beschäftigten Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften anwendbar ist keine Bedenken erhoben habe. Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehende Vorlage überwiesen: EG-Vorlage Richtlinie des Rates Tiber die Harmonisierung der Rechtsvorschriften betreffend die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Anhänger - Drucksache VI/3766 Überwiesen an den Ausschuß für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen mit der Bitte urn Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Wir kommen nunmehr zur Fragestunde Drucksache VI/3783 und beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung ist Herr Bundesminister Professor Ehmke anwesend. Ich rufe die Frage 1 des Herrn Abgeordneten Wagner ({7}) auf: Treffen Pressemeldungen zu, nach denen der Bundesnachrichtendienst Verbindungsleute beauftragt hat, Informationen über Presseorgane und andere Privatunternehmen im Bundesgebiet zu beschaffen?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Frau Präsidentin, wenn der Abgeordnete Wagner einverstanden ist, würde ich die Fragen 1 und 2 gerne im Zusammenhang beantworten.

Dr. h. c. Leo Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002409, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Einverstanden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Dann rufe ich auch die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Wagner ({0}) auf: Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß der Bundesnachrichtendienst zusätzlich zu der ihm bisher obliegenden Aufgabe der Auslandsaufklärung auch zu nachrichtendienstlicher Tätigkeit im Inland befugt ist, die mit der Auslandsaufklärung nicht im Zusammenhang steht?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Abgeordneter, der Bundesnachrichtendienst betreibt keine Inlandsaufklärung, auch nicht gegen Presseorgane. Vielmehr hat eine Mitarbeiterin des Fressereferats des Bundesnachrichtendienstes. einen freien Mitarbeiter des Dienstes, der von Beruf Journalist ist, um bestimmte Auskünfte zur Ver11638 vollständigung der Journalisten- und Medienkartei des Pressereferates gebeten. Diese Auskunft wurde ohne Abstimmung und ohne Auftrag der zuständigen Vorgesetzten oder gar der Leitung des Dienstes eingeholt. Die Formulierung des Auskunftersuchens kann auch ich nicht als glücklich bezeichnen. Andererseits halte ich es für ebenso absurd wie bösartig, aus dieser Tatsache eine „Inlandsaufklärung" des Dienstes konstruieren zu wollen. Ein Pressereferat, das pflichtgemäß die seiner Arbeit dienlichen Tatsachen sammelt, betreibt ebensowenig Inlandsaufklärung wie etwa eine Verwaltung, auch die Verwaltung des BND, die sich pflichtgemäß aller Aspekte einer von ihr benötigten technischen Ausstattung vergewissert. Diese Bundesregierung, Herr Abgeordneter, vertritt mit Nachdruck die Auffassung, daß Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes allein die Auslandsaufklärung ist, der BND also zu nachrichtendienstlicher Tätigkeit im Inland nicht befugt ist. Dieser Auffassung ist sie um so entschiedener, als unter der Verantwortung früherer Regierungen in der Bindung des Dienstes an seinen Auftrag vieles versäumt worden ist. Obwohl die jetzige Leitung des Dienstes und ich. selbst als für diesen politisch verantwortlicher Minister seit Jahren aus Ihren Reihen und von bestimmten Presseorganen in teilweise skrupelloser Weise angegriffen werden, habe ich hierzu bisher nie öffentlich Stellung genommen. Denn ich wollte meinerseits nicht den Schaden vermehren, der dadurch entstanden ist, daß Mitglieder der Opposition meines Erachtens auf dem Rücken des Dienstes und damit auf Kosten der Staatssicherheit parteipolitische Polemik treiben. ({0}) Auch heute möchte ich nicht polemisieren, sondern vielmehr an die gemeinsame Verantwortung für den Dienst und für die Staatssicherheit erinnern, indem ich folgendes festhalte: Als diese Bundesregierung ihr Amt übernahm, befand sich der Bundesnachrichtendienst in einem bedrückenden Zustand. Es ist ein Verdienst meines Amtsvorgängers Carstens gewesen, zur Zeit der Großen Koalition zur Untersuchung der Situation im BND eine Kommission eingesetzt zu haben. Diese Kommission, nach ihrem Leiter, dem früheren Staatssekretär Dr. Mercker, benannt, hat die Ergebnisse ihrer einjährigen Untersuchung in einem Bericht dargestellt und hat auf Veränderungen personeller und organisatorischer Art im Dienst gedrängt. Ihre Vorschläge zu verwirklichen wurde Aufgabe des neuen Präsidenten des BND, Wessel, der kurz vor der Einsetzung der Kommission Herrn Gehlen abgelöst hatte. Die jetzige Bundesregierung, Herr Abgeordneter, hat ihre Aufgabe aber nicht nur darin gesehen, Präsident Wessel bei seiner mühevollen Arbeit zu unterstützen. Sie hat vielmehr in engem Kontakt mit der Leitung des Dienstes diese Ansätze zu einer Neuorganisation des Dienstes ausgebaut. Das Ziel dieser Bemühungen war zweifach: einerseits mußte der BND wieder auf seinen Auftrag, die Auslandsaufklärung, zurückgeführt werden, andererseits mußten seine Leistungen in diesem Bereich optimal gesteigert werden. Denn Sie, meine Damen und Herren von den Unionsparteien, haben in den Jahren, in denen Sie politische Verantwortung für den Dienst getragen haben, offenbar wenig Mühe darauf verwandt, seine Tätigkeit auf seinen Auftrag zu beschränken, ({1}) in diesem Bereich für größte Leistungsfähigkeit zu sorgen. ({2}) - Frau Präsidentin, habe ich noch das Wort? ({3}) Unmittelbar nach meinem Amtsantritt habe ich mich von Präsident Wessel über die Dossiers unterrichten lassen, die über bundesdeutsche Politiker im Dienst angelegt worden waren. Herr Präsident Wessel hatte diese Unterlagen bereits an sich gezogen und unter Kontrolle genommen. Nach einer Stichprobe habe ich die Weisung gegeben, diese Unterlagen zu vernichten. Ich habe ferner - all dies gehört zum Thema - den Dienst meinerseits ausdrücklich angewiesen, jede Inlandsaufklärung zu unterlassen.. Da sich, Herr Abgeordneter, im Dienst zum Teil Praktiken entwickelt hatten, die sich der Kontrolle der Zentrale entzogen, war die Durchsetzung dieser Richtlinien kein automatischer Vorgang. Wir haben z. B. noch im vergangenen Jahr in einer Außenstelle des Dienstes entdeckt, daß nach wie vor Informationen über die SPD gesammelt, jedoch nicht an die Zentrale, sondern offenbar an Außenstehende weitergegeben wurden. ({4}) Wir haben sofort die notwendigen personellen Konsequenzen gezogen und, wie ich hoffe, auch die Kollegen von der Opposition im Vertrauensmännergremium von der Richtigkeit und Notwendigkeit unserer Maßnahmen überzeugen können. Eine weitere Aufgabe im Rahmen der Neuorganisation des Dienstes war die Trennung der Nachrichtenbeschaffung von der Pressearbeit, denn diese war seltsamerweise früher nicht getrennt. Vor etwa zwei Jahren wurde die Pressearbeit aus der Beschaffungsabteilung herausgelöst, die Pressestelle auf ihre eigentlichen Aufgaben beschränkt und der Amtsleitung zugeordnet, der sie ja ihrem Wesen nach zu dienen hat. Gleichzeitig wurde damit begonnen, überflüssige Pressekontakte abzubauen und sich von Mitarbeitern zu trennen, die für die eigentliche Aufgabe des Dienstes nicht geeignet waren. Diese Maßnahmen haben mit zu den Angriffen auf die Leitung des Dienstes und auf mich selbst beigetragen. Mitglieder der Opposition haben offenbar nur allzu bereitwillig Behauptungen aus dem Dienst entfernter Mitarbeiter Glauben geschenkt. ({5}) Nur so ist ja wohl auch der Fall zu verstehen, der zu Ihren Fragen Anlaß gegeben hat; denn Adressat des Schreibens aus dem jetzigen Pressereferat, das, wie gesagt, in manchen Punkten sicher nicht glücklich formuliert ist, ist ein freier Mitarbeiter von dem sich der Dienst nach jahrelangen Bemühungen erst kürzlich trennen konnte. Ich komme zum Schluß. Wenn Sie dieses alles berücksichtigen, insbesondere auch was die Unionsparteien an früheren Versäumnissen am Dienst zu verantworten haben, dann sollten Sie den Bemühungen der neuen Leitung des Dienstes eigentlich mit etwas mehr Objektivität gegenüberstehen können. ({6}) Ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn dieser kurze geschichtliche Aufriß mit dazu beitrüge, den Bundesnachrichtendienst, seine Tätigkeit und ganz besonders die täglich ihre Pflicht erfüllenden Mitarbeiter des Dienstes aus dem bevorstehenden Wahlkampf herauszulassen. ({7})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wagner.

Dr. h. c. Leo Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002409, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, sind in gleicher Weise ähnliche Aufträge des BND oder seines Pressereferats auch gezielt auf andere, der Regierung nicht kritisch gegenüberstehende Presseverlage erteilt worden?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Nein, Herr Abgeordneter; es ist ja auch in diesem Fall kein Auftrag erteilt worden, sondern das Pressereferat hat von sich aus versucht, in Ergänzung der in zahlreichen Publikationen behandelten Fragen - Verlagsbeteiligungen usw. - bei einem journalistischen Mitarbeiter zusätzliche Auskünfte zu erhalten. Daß diese Ersuchen nicht glücklich formuliert sind, ist richtig; aber das hat wirklich nichts mit Inlandsaufklärung zu tun. Es handelt sich ausschließlich um bekannte Tatsachen. Hier ging es nicht um einen Auftrag, sondern um die sicher gutgemeinte Eigeninitiative von Mitarbeitern des Pressereferats.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. h. c. Leo Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002409, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, wie beurteilen Sie die Tatsache, daß hier mit nachrichtendienstlichen Mitteln Auskünfte eingeholt wurden, die man ohnehin, wie Sie selbst sagen, Fachpublikationen hätte entnehmen können?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ich muß zunächst der Meinung widersprechen, hier wären nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt worden. Die Befragung durch einen freien Mitarbeiter, der Journalist ist und große Erfahrungen im Verlags- und Pressebereich hat, ist doch kein nachrichtendienstliches Mittel. Vielmehr wollte man sich hier noch einmal vergewissern. ({0}) Herr Abgeordneter, mir liegt wirklich sehr daran, auch für künftige Zeiten hier klare Verhältnisse zu schaffen und nicht unnötige Verdächtigungen gegenüber dem Dienst, der in unser aller Interesse arbeitet, entstehen zu lassen. Ich möchte eine Parallele bilden: Wenn der Dienst z. B. Computer kaufen muß, muß sich die Verwaltung natürlich alle Mühe geben, die besten Auskünfte über Computerfirmen, Cornputereinsatzmöglichkeiten, Preise und technische Leistungsfähigkeit zu erhalten. Das ist zwar der Versuch, im Inland Informationen zu erhalten, die man braucht, um eine verantwortungsbewußte Entscheidung treffen zu können. Aber Sie werden mir zustimmen: das ist keine Inlandsaufklärung. Genauso ist es, wenn sich das Pressereferat bemüht, die Daten zu bekommen, die es für seine Arbeit - Beratung der Zentrale, der Leitung, in der Offentlichkeitsarbeit - braucht. Auch das ist ganz sicher keine Inlandsaufklärung. Ich wäre dankbar, wenn wir uns darüber verständigen könnten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wagner ({0}).

Dr. h. c. Leo Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002409, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, Sie haben erklärt, daß der BND auf innenpolitischem Gebiet nicht tätig sein kann; hier ist er aber zweifellos tätig geworden. Welche Konsequenzen wurden aus dieser Tatsache gezogen?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ich darf noch einmal sagen: der Dienst ist nicht nachrichtendienstlich tätig geworden. Sonst müßte ich jede Auskunft, die die Verwaltung oder das Pressereferat im Inland einholt und täglich einholen muß, zum „Nachrichtendienst" erklären. Ich glaube, diese Verwischung konnte nur dadurch entstehen, daß einigen Leuten in diesem Lande eine Zeitlang nicht ganz klar war, was zur handwerklichen Präzision von nachrichtendienstlicher Arbeit gehört. Dies hat mit nachrichtendienstlicher Arbeit nichts zu tun. Der Präsident hat aber, weil hier zumindest kurz vor dem Wahlkampf durch eine unglückliche Formulierung der Eindruck entstanden ist, es sei Inlandsaufklärung betrieben worden, eine Versetzung der Betreffenden angeordnet. Zu Disziplinarmaßnahmen besteht nach Meinung des Präsidenten, die ich teile, kein Grund.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. h. c. Leo Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002409, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, könnten Sie näher präzisieren, wen Sie mit der soeben gebrauchten Formulierung „gewisse Leute" meinen?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ich bin der Meinung, daß im Dienst, in der früheren Leitung des Dienstes und auch bei denjenigen, die den Dienst früher überwacht haben, leider zugelassen wurde, daß sich die Grenzen zwischen Pressearbeit und nachrichtendienstlicher Arbeit arg verwischt haben, was schon darin zum Ausdruck kommt, daß das Pressereferat - ein sehr großes Pressereferat - lange Jahre Teil der Beschaffungsabteilung war.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.

Anton Ott (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001664, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, da Sie sich vorher selbst von der Tätigkeit dieser Angestellten distanziert haben und jetzt bestätigen, daß hier eine Versetzung stattgefunden hat: welche Garantie besteht in der Zukunft, daß unsere Organe im BND nicht weiterhin wie bisher auf eigene Faust Dinge unternehmen, die weder Ihre Billigung noch unsere Zustimmung finden können? Haben Sie Verständnis dafür, daß, wenn Sie selbst schon von diesen Maßnahmen und Methoden abrücken müssen, von uns aus eine echte Sorge über die Gefahr, die sich hier entwickeln kann, berechtigt ist?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Kollege Ott, nein. Das könnte man vielleicht auf den ersten Blick haben, wenn man etwas davon hört, ohne die Briefe zu kennen. Daß jemand, der die Briefe gelesen hat - ich habe sie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt , aus den Briefen den Schluß zieht, hier sei jemand nachrichtendienstlich tätig geworden, vermag ich nicht zu verstehen. Im übrigen muß ich Ihnen folgendes sagen. Ich habe nicht die Methoden und daß das überhaupt gemacht worden ist, kritisiert. Das, was dort gemacht worden ist, macht jedes Pressereferat in diesem Lande, und ich habe da gar nichts zu beanstanden. Ich sage nur, daß manche Formulierungen, so ungeschickt sind, daß man den Eindruck gewinnen kann, wenn man will, das sei nicht ganz in Ordnung. Nur darum ist es in der Kritik gegangen. Im übrigen darf ich für meine Person hinzufügen: wenn in meinem Amtsbereich, für den ich politische Verantwortung trage, etwas passiert, von dem ich selbst sage, das war nicht ganz in Ordnung, so habe ich deswegen doch keine Neigung, diese Panne auf dem Rücken von Untergebenen auszutragen. Hier bin ich auch sicher, daß diejenigen, die die Sache veranlaßt haben, guten Willens und voll Diensteifer waren, es nur sehr ungeschickt gemacht haben. Da will ich mich nicht härter ausdrücken, als es meiner Beurteilung entspricht.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten van Delden. van Delden ({0}) : Herr Bundesminister, wie kommen Sie dazu, nach der Entdeckung dieses von Ihnen so bezeichneten Abgeordnetendossiers Stichproben davon zu nehmen, anstatt es sofort zu vernichten, und wer hat außer Ihnen diese Stichproben noch eingesehen? ({1})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Abgeordneter, das ist wohl sehr leicht zu erklären. Sie würden sicher nicht verantwortlich die Vernichtung von etwas anordnen können, was Sie gar nicht kennen. Ich habe mich zunächst einmal vergewissert, ob es sich um irgendwelche nachrichtendienstliche Erkenntnisse handelt. Es waren aber keine, und dann habe ich, nachdem ich einige Stichproben gemacht hatte, dem Präsidenten die Weisung gegeben, dies alles zu vernichten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haase.

Lothar Haase (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000765, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister Ehmke, darf ich noch einmal auf die Frage, die der Kollege Ott gestellt hat, zurückkommen. Ich glaube, Ihre Antwort ist noch nicht ganz befriedigend, denn das ist für uns vielleicht sogar das Schlüsselproblem der ganzen Angelegenheit. Ich bin bestürzt, daß es doch anscheinend möglich ist, daß nicht kompetente, ganz untergeordnete Kräfte des deutschen Nachrichtendienstes in der Lage sind, Agenten des Dienstes zu beauftragen und ihnen Weisungen zu erteilen. Ich meine, das ist doch eine Sache, die uns alle bestürzt machen muß.

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Abgeordneter Haase, ich wäre Ihnen wirklich im gemeinsamen Interesse dankbar, wenn Sie doch einmal von dem ausgingen, was ich gesagt habe, was nach den Briefen feststeht, auch nach den Erläuterungen des Präsidenten vor dem Presserat. Hier ist ein Journalist, der für das Pressereferat gearbeitet hat, der mit journalistischer Tätigkeit betraut war, gefragt worden. Das war weder ein Auftrag, noch ist dieser Mann ein V-Mann oder ein Agent. Er ist auf Grund seiner Fachkenntnis gefragt worden. Gerade derjenige, der die drei Briefe liest, stellt nämlich folgendes fest, was ich Ihnen vielleicht haben Sie die Briefe nicht gelesen - einmal vorlesen darf. Ich habe ja, um die Sache aus der Welt zu schaffen, die Briefe sofort auf den Tisch gelegt. In dem Brief vom 6. März wird z. B. dem Mitarbeiter geschrieben: Bitte, machen Sie sich mit Dingen, die außerhalb der Thematik Presse- und Wirtschaftsdienste liegen, keine Mühe für uns. Das heißt, er wird vom Pressereferat ausdrücklich angewiesen: Wir wollen nur wissen, was zur Presse gehört; wenn man Ihnen noch etwas anderes berichtet - Gedanken zur Brandt-Reise nach Teheran -: bitte, keine Mühe, uns interessieren für unsere Arbeit nur diese Pressedinge. Sie haben selbst diesen Brief. In einem weiteren Brief kommt eine ähnliche Stelle vor. Ich darf einmal auf das Pressereferat eingehen. Wenn Sie Präsident des Dienstes oder irgendeiner anderen Behörde wären, ergibt sich doch bei den Kontakten, die man mit der Presse hat, folgendes. Da kommen Leute, die wollen Artikel schreiben, Leute, die wollen Auskünfte haben, Leute, die Sicherheitsprobleme aufwerfen, weil sie etwas gehört haben. Sie alle kommen auf den Dienst zu. Das erste, was Sie und ich machen würden und was der Präsident dort natürlich auch macht, ist, daß man fragt: Mit wem habe ich es zu tun? Das heißt, das Pressereferat muß, wenn eine Anfrage kommt, sei sie pressemäßiger oder sonstiger Art, relativ schnell sagen können: Das ist ein Mann, der hat da und da gearbeitet, der tut das und das, in dem Verlag, und wenn geschrieben wird, dann ungefähr in dieser Richtung. Das würden wir für selbstverständlich halten, weil wir in einem Gespräch oder auch bei der Frage, welche Auskunft wir geben, wissen müssen, mit wem wir es zu tun haben. Nur dies ist passiert. Ich sage noch einmal, es gab keinen Auftrag des Dienstes. Es war eine Initiative des Pressereferats, das seit unserer Zeit mit der Beschaffungsabteilung nichts mehr zu tun hat. Der Brief ging nicht an einen Agenten, sondern ging mit freier Post. ({0}) - Ja. Es sind alles offene Briefe. Sie haben keinen VS-Vermerk, nichts. Ich habe das sofort auf den Tisch gelegt. Es ist ein normaler Briefverkehr der Pressestelle mit einem journalistischen Mitarbeiter, von dem wir uns trennen wollten. Wenn ich dazu etwas sagen darf, so bitte ich auch für Folgendes um Verständnis: es ist unter deutschen Rechtsverhältnissen, gerade weil wir in der arbeitsrechtlichen Sicherung so fortgeschritten sind, nicht sehr leicht - das kennen Sie auch aus den Ministerien -, sich von Mitarbeitern zu trennen, für die man keinen rechten Gebrauch mehr hat. ({1}) Dieses Problem stellt sich in einem Nachrichtendienst nachdrücklicher als in anderen Verwaltungen. Darum dauert das so lange. Ich versichere Ihnen noch einmal, es war kein Auftrag, es handelt sich nicht um einen V-Mann, sondern es handelt sich um eine, wie ich zugebe, in zwei oder drei Punkten ungeschickt formulierte Anfrage des Pressereferats bei einem freien Mitarbeiter.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Abgeordneten Zoglmann.

Siegfried Zoglmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002605, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, würden Sie mir beipflichten, wenn ich sage, daß Ihre Aussage, es handle sich nicht um eine nachrichtendienstliche Information, in einen merkwürdigen Bereich der Glaubwürdigkeit gerät auf dem Hintergrund der Aussagen und des Verhaltens des Herrn Wessel vor dem Deutschen Presserat in Düsseldorf, wo er sich eindeutig von diesen Methoden distanziert und seinerseits entsprechende Maßnahmen verfügt hat, damit sich das nicht wiederholt?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Nein, Herr Kollege Zoglmann, dem kann ich nicht zustimmen. Erstens ist es so, daß die Meldung über das, was Herr Präsident Wessel vor dem Presserat gesagt hat, in mehreren Punkten nicht korrekt ist. Im übrigen ist sie aber darin richtig, daß auch er betont hat, daß hier keine nachrichtendienstliche Tätigkeit vorlag. Er hat nur die Mängel des Schreibens etwas heftiger kritisiert als ich, was ich ihm nachfühlen kann, weil er nun seinen Leuten seit Jahren immer wieder sagt: Es darf nicht nur keine Inlandaufklärung, sondern im Interesse des Dienstes und seiner ruhigen Arbeit auch nichts geben, was diesen Anschein erweckt. Darum ist er, wenn Sie so wollen, ärgerlicher und betroffener davon, daß dieser Anscheint hier doch erweckt wurde. Aber zwischen dem Präsidenten und seinen Aussagen vor dem Presserat und meinen früheren und jetzigen Aussagen besteht kein Widerspruch. Der Präsident hat ebenso wie ich erklärt, es handle sich nicht um einen nachrichtendienstlichen Auftrag; es handle sich um einen normalen offenen Briefverkehr zwischen dem Pressereferat und einem Mitarbeiter.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Vogel, bitte schön!

Friedrich Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß es einer sachgemäßen Aufklärung des Tatbestandes, der heute Gegenstand der Fragestunde ist, wenig dienlich ist, wenn Sie, statt die an Sie gerichteten Fragen zu beantworten, die Fragestunde dazu mißbrauchen, zehn Minuten über die Vergangenheit zu polemisieren ({0}) und unbestimmte Angriffe gegen eine unbestimmte Zahl von Kollegen in diesem Hause zu richten?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Kollege Vogel, -

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, würden Sie hier freundlicherweise eine Sachfrage stellen! ({0}) Es geht hier nicht darum, Kritik zu üben.

Friedrich Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002378, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Frage war genauso sachlich wie die Antworten des Herrn Bundesministers.

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Abgeordneter, ich wäre gern bereit, Ihre Frage dahin zu verstehen, daß von Ihnen gewünscht wird, daß ich das, was ich in sehr vorsichtiger Weise ausgeführt habe, hier noch konkretisiere. Ich bin, wenn das Ihr ausdrücklicher Wunsch ist, gern dazu bereit. Ich dachte allerdings, es läge im Interesse des Dienstes, davon Abstand zu nehmen. 11682 Deutscher Bundestag 6. Wahlperiode Bundesminister Dr. Ehmke Warum ich es gesagt habe, Herr Vogel, wissen Sie besser als ich: weil ich es für nicht akzeptabel halte, daß diese Angriffe fortgesetzt werden. Ich darf hier noch einmal sagen, das fing an mit Vorwürfen des Kollegen Strauß, die Ostaufklärungstätigkeit des Dienstes sei eingestellt worden und ich hätte mir die Quellen offenlegen lassen. Es gab dafür nie den Schatten eines Beweises; es war eine Verleumdung. Sie wissen auf Grund wochenlanger Arbeit im Vertrauensmännergremium: nichts war daran wahr; aber Herr Strauß hat dann noch nicht einmal den Mut gefunden, sich wenigstens für diese ehrenrührige und völlig falsche Behauptung bei mir zu entschuldigen. ({0}) Ich muß sagen, da kommt auch für jemanden, der das in Ruhe hingenommen hat, um die Auseinandersetzung über den Dienst - ich sage noch einmal, im Interesses des Dienstes, im Interesse der Staatssicherheit - nicht zu verschärfen, der Punkt, wo er Sie daran erinnern muß, daß die Probleme, mit denen er zu tun hat, nicht von ihm selbst, sondern unter Ihrer Verantwortung in früheren Jahren geschaffen worden sind. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Baier.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, darf ich fragen, ob Sie der Aussage zustimmen könnten, daß auf Grund dieser Diskussion in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen muß, daß die Vorwürfe und Attacken über Fehler der Vergangenheit - die Sie überall global erheben, aber noch nirgends, auch nicht im Vertrauensmännergremium, jemals konkretisiert haben -, ({0}) selbst wenn sie tatsächlich zuträfen, eine billige Entschuldigung für das wären, was hier an Inlandsaufklärung durch den Bundesnachrichtendienst geschehen ist, durch ein Pressereferat, von dem Sie sagen, daß es der Amtsleitung zugeordnet wurde, wobei von Ihnen um so mehr die Konsequenzen aus der Vergangenheit hätten gezogen und um so mehr hätte aufgepaßt werden müssen, daß dieser ungeheuerliche Vorfall nicht passiert. ({1})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Kollege Baier, Sie unterstellen ja wieder, es wäre nachrichtendienstliche Tätigkeit geübt worden. Ich habe Ihnen doch gerade an drei Beispielen - Vernichtung der Dossiers, Einstellung von Inlandstätigkeit, Trennung des Pressereferats und Beschränkung auf seine eigentliche Aufgabe - zeigen wollen, daß in den letzten zwei Jahren genau das Gegenteil getan worden ist. Im übrigen muß ich, Herr Kollege Baier, da Sie mich hier - wie so oft leider auch in der Öffentlichkeit - angreifen, sagen: ich habe es nie verstanden, daß Ihrer Fraktion Sie im Vertrauensmännergremium belassen hat. Das war eine Belastung für unser Verhältnis, nachdem Sie sich erst gegen meinen Rat um eine Wehrübung im Bundesnachrichtendienst bemüht und sich dann - ich muß sagen, zum Entsetzen der dort Tätigen, vor allem der Soldaten, der Offiziere -- unerlaubt von der Truppe entfernt haben. ({0}) Auch das spielt in dem Vertrauens- oder - leider - Mißtrauensverhältnis zwischen mir und Ihnen eine große Rolle. Das wissen Sie genausogut wie ich. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Herren und Damen, ich möchte Sie dringend bitten, sich an die Geschäftsordnung zu halten. Fragen sollen zur Sache gestellt werden, ({0}) aber nicht zur Person. ({1}) Dies gilt für die Fragenden ebenso wie für die Antwortenden. - Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmude. ({2})

Dr. Jürgen Schmude (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002038, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, verstehe ich Ihre Schilderung des Vorgangs richtig als Bestätigung von Presseberichten, die, kurz zusammengefaßt, dartun, daß hier durch Ungeschicklichkeit in einem Bereich eine Tätigkeit entfaltet worden ist, in dem früher unter CDU-Bundeskanzlern Routinearbeit geleistet wurde? ({0})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Nein, dies wäre eine übertriebene Darstellung. Ich darf auf das verweisen, was ich hier in aller Ruhe zu sagen versucht habe, und zwar - ich sage es noch einmal - mit dem Appell, sich der gemeinsamen Verantwortung für dieses empfindliche Sicherheitsinstrument bewußt zu sein und darauf zu verzichten, auf Kosten des Dienstes und auf seinem Rücken parteipolitische Polemik zu treiben. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Miltner.

Dr. Karl Miltner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, darf ich davon ausgehen, daß das Einsetzen dieses PresseDr. Miltner mannes durch den BND eine offene Sache war, daß also die Person und der Name dieses Pressemannes praktisch hat öffentlich genannt werden können, daß es kein geheimer Mitarbeiter gewesen ist? Wenn es ein geheimer Mitarbeiter des BND war, dessen Name der Öffentlichkeit nicht bekannt gewesen, wäre, dann wäre es doch - vielleicht auch nach Ihrer Definition - eine geheimdienstliche Tätigkeit gewesen.

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Sie wäre es auch dann nicht gewesen. Aber wie Sie sehen, ist der offene Name, der auf den Briefen stand, sorgfältig gestrichen worden, um ihn nicht weiter in die Öffentlichkeit zu bringen; leider ist es dann doch geschehen.

Dr. Karl Miltner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001510, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, war es ein geheimer Mitarbeiter?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Nein, es war ein freier Mitarbeiter, schon seit Jahren. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, können Sie bei Ihrer Darstellung bleiben, wenn in den Briefen, die Sie soeben selbst zitiert haben, unter anderem Wörtlich folgendes steht: Des weiteren interessieren uns folgende Punkte: - Dann kommt zunächst der Bauer-Verlag -Übersicht über alle Bauer-Publikationen; prozentuale Beteiligung an anderen Unternehmen; Zukunftspläne; genaue Übersicht über die Geschäftsleitung des Verlages - eventuell deren Parteizugehörigkeit ({0}) und frühere Tätigkeit; Beteiligung anderer Unternehmen am Bauer-Verlag . . . In dem Brief vom 4. Mai heißt es: Die Bauer-Ausarbeitung gibt schon einen guten Überblick. An weiteren Einzelheiten, soweit sie bei Ihnen anfallen, sind wir interessiert. Insbesondere hoffen wir, über die versteckten Beteiligungen noch etwas von Ihnen zu erfahren. Bleiben Sie trotz dieser Briefe noch bei Ihrer Darstellung?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Aber selbstverständlich, Herr Schulze-Vorberg. Denn da Sie Journalist sind, wissen Sie, daß es über alle diese Dinge eine umfangreiche Publizistik gibt. Wenn ich vielleicht einmal den nächsten Satz zitieren darf, dann heißt es in dem Brief 'vom 4. Mai: Studio Hamburg wollen wir zurückstellen. Denn das „Handbuch für Rundfunk und TV" brachte jetzt Näheres darüber. Das ist doch eine ganz legitime Sache. Es gibt Handbücher über die Presse der Welt, so dick, ({0}) in denen Verlage, Beteiligungen von Verlagen, Richtungen von Verlagen - in Amerika Eintreten bei den Wahlkämpfen - dargestellt werden. Was ich hier an der Formulierung beanstande, ist, daß durch den Eifer, nun möglichst alles zu wissen, der Eindruck entstehen kann - wenn man diese Passagen allein, nicht, wenn man die ganzen Briefe nimmt -: hier wird wirklich irgendwie etwas ausgespäht. Aber Sie, Herr Schulze-Vorberg, sollten als Journalist wissen: alle diese Fragen wie Beteiligung, Richtung und Auflagen gehören zum täglichen Geschäft von Leuten, die sich mit Presse beschäftigen. Meine Einschränkung ist die - ich sage es noch einmal -, daß ich der Meinung bin: das Pressereferat eines Nachrichtendienstes muß auch nur den bösen Anschein vermeiden, daß es etwas anderes tue als das, was zu den Aufgaben eines Pressereferates gehört. Weiter aber kann ich meinen Vorwurf nicht ausdehnen. Ich sage es noch einmal: alles dieses wird in Dutzenden von Pressediensten behandelt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Zimmermann.

Dr. Friedrich Zimmermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002597, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, wenn die Angelegenheit wirklich so bedeutungslos ist, wie Sie sie hier darzustellen versuchen, warum hat dann der Herr Präsident Wessel vor dem Presserat Ausdrücke gebraucht wie „Dilettantismus" und „blödsinnige Panne"? Oder sollte auch hier, wie Sie vorhin anzudeuten versuchten, der Presserat falsch zitiert worden sein?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

In den Ausdrücken ja. Ich glaube, es ist auch gesagt worden „Infantilität" usf. Der Präsident hat mir den Text seiner Ausführungen vor dem Presserat heute geschickt. Dieser Ausdruck kommt darin gar nicht vor. Er ist vielleicht von anderer Seite gefallen. Trotzdem würde ich glauben, daß z. B. der Begriff „Panne" oder „saublöde Panne" völlig korrekt ist, denn es liegt natürlich im Interesse des Präsidenten und des Dienstes ({0}) - nein -, auch den bösen Anschein zu vermeiden. Herr Kollege Zimmermann, Sie können das so machen. Ich sage nur: Für Verantwortung gegenüber dem Dienst spricht es nicht, wenn hier versucht wird, einen solchen Vorgang, um dessen Aufklärung ich mich sofort bemüht habe, polemisch auszuschlachten. Diesen Vorwurf müssen Sie von mir dann auch hinnehmen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, treffen die bisher nicht widerlegten Presseberichte zu, nach denen Herr Wessel mitgeteilt hat, daß bei der Pressestelle, die ja letzten Endes auch Ihren Weisungen untersteht, Karteikarten über Mitglieder des Presserates geführt werden mit genauen Angaben über den Lebenslauf der Betroffenen und auch mit politischen Angaben, und was hat dies alles mit der Auslandsaufklärung zu tun?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Kollege Czaja, vielleicht darf ich es für Sie noch einmal wiederholen, obgleich ich alle diese Fragen ja schon mehrfach beantwortet habe. ({0}) Zunächst werden Sie vielleicht verstehen können, daß das Pressereferat natürlich nicht dem Chef des Kanzleramtes untersteht. Und im übrigen ist es so, daß sich ja aus den Briefen selbst ergibt, daß diese Informationen zusätzlich zu denen, die man kaufen oder umsonst schriftlich beziehen kann, gebraucht werden für die Anlage einer Presse- und Medienkartei, in der das neue Pressereferat systematisch erfaßt, was es an Presse in Deutschland gibt. Es tut das wie jedes gute Pressereferat. Das geht ja aus den Berichten selbst hervor. Wenn diese Arbeit nachrichtendienstliche Tätigkeit wäre, dann würden Hunderte von Pressereferaten in Bund, Ländern und Gemeinden nachrichtendienstliche Tätigkeit leisten. Das aber würden selbst Sie sicher nicht behaupten wollen. ({1}) - Nichts. Das sage ich ja die ganze Zeit. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Professor Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, wir dürfen wohl alle davon ausgehen, daß es gemeinsame Sorge des Parlaments und der Regierung ist, darüber zu wachen, daß der Bundesnachrichtendienst seine Aufgabe so erfüllt, wie sie ihm gestellt ist. Nachdem nun unbestritten ist, daß der Bundesnachrichtendienst in früheren Jahren andere Aufgaben erfüllt hat, ({0}) frage ich Sie: Was haben Sie und der Präsident des Bundesnachrichtendienstes getan und veranlaßt, um die Abkehr von der früheren, zu verurteilenden Methode sicherzustellen, und was haben Sie veranlaßt, damit in Zukunft keine solchen Vorkommnisse mehr auftreten, wie sie für uns heute der Anlaß sind, diese Aussprache zu führen? ({1})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Kollege Schäfer, ich habe schon in meiner ersten Antwort versucht, beispielhaft darzulegen, wie wir versucht haben, mit den Dingen fertig zu werden. Eine weitere Beantwortung der Frage würde mich zu grundsätzlichen Fragen der Neuorganisation führen, die wir durchgeführt haben, und Sie werden verstehen, daß ich das lieber vor dem Vertrauensmännergremium oder vor dem Ständigen Ausschuß tun würde als hier in dieser großen Runde.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege Bach, wollten Sie noch eine Frage stellen? Ich darf aber daran erinnern, daß wir noch mehr Fragen haben.

Dr. - Ing. Franz Josef Bach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000070, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, darf ich an Sie die Frage richten, ob Sie es als einen guten Stil betrachten, wenn Sie in Ihren Sachausführungen den Kollegen Strauß als einen Verleumder bezeichnen und den Kollegen Baier persönlich angreifen. ({0})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ich bin der Meinung, daß derjenige, der zwei Jahre lang mit viel Geduld solche Vorwürfe im Interesse des Dienstes hingenommen hat, um zu erleben, daß die Kollegen, nachdem die haarsträubenden Behauptungen widerlegt worden waren, noch nicht einmal den Mut haben, zu sagen: „Entschuldigen Sie, wir wollten das wissen, aber wir haben Sie zu Unrecht angegriffen", ich glaube, daß er berechtigt ist, nun einmal zu sagen, wie die Dinge wirklich sind, statt pausenlos hier einzustecken, weil Sie meinen, Sie brauchten auf die Aufgabe des Dienstes keine Rücksicht zu nehmen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Die letzte Zusatzfrage stellt der Herr Abgeordnete Becher.

Dr. Walter Becher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000122, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, haben Sie nicht den Eindruck, daß die besondere Sorge um die Vorgänge im Bundesnachrichtendienst und um die Atmosphäre in Pullach davon herrührt, daß ein Großteil der Öffentlichkeit nicht den Eindruck hat, daß Sie sich selbst hinsichtlich des Risikos, das Sie ausgelöst haben, an die Richtlinien halten, an die sich Ihre Untergebenen halten müssen? ({0})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ich hoffe nicht, daß es der Opposition schon gelungen ist, in der Öffentlichkeit bei der Mehrheit diesen Eindruck zu verbreiten; er wäre grundfalsch.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf: Welche Zwecke erfüllt die Journalisten- und Massenmedienkartei, die der Bundesnachrichtendienst nach der gestrigen Mitteilung von Bundesminister Ehmke an den Deutschen Presserat derzeit einrichtet - und welche Angaben enthält sie, die nicht allgemein zugänglichen Nachschlagewerken ({0}) oder dem Impressum der betroffenen Zeitungen und Zeitschriften zu entnehmen wären? Bitte schön!

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Kollege, die Journalisten- und Medienkartei des Pressereferats des Bundesnachrichtendienstes enthält Angaben über einzelne Publikationsorgane und Hinweise auf Veröffentlichungen. Diese Kartei wird nicht erst jetzt eingerichtet; ihre Einrichtung und Vervollständigung läuft schon seit mehr als einem Jahr, und zwar im Rahmen der Umorganisation des Referats. Sie dienst der Arbeitserleichterung des Referats selbst und als Unterlage für die Leitung des Dienstes bei der Öffentlichkeitsarbeit. Ich möchte die Frage 4 gern gleich anschließend beantworten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Dann rufe ich jetzt die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf: In welchen Verlagen, Redaktionen und Funkhäusern und gegen welche Journalisten hat der BND in der Amtszeit von Bundesminister Ehmke in seinem Auftrag oder nach seinem Wissen ermittelt?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

In keinen Verlagen, Redaktionen oder Funkhäusern betreibt der Bundesnachrichtendienst Inlandsaufklärung. Ich habe ja schon in meiner Antwort auf die Frage des Kollegen Wagner dargetan, daß gerade diese Regierung all ihre politische Energie dafür eingesetzt hat und auch die Maßnahmen im Dienst darauf ausgerichtet hat, den Dienst einer seit auf seine Aufgabe zu beschränken und ihn andererseits in den Stand zu versetzen, diese Aufgabe optimal zu erfüllen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist es richtig, Herr Bundesminister, daß die Einrichtung dieser Kartei in die Amtszeit eines hohen Mitarbeiters fällt, dessen parteipolitische Zugehörigkeit zu Ihrer Partei hier in diesem Hause besprochen worden ist, daß also die Leitung des Bundesnachrichtendienstes in Ihrer Amtszeit zum erstenmal parteipolitisch ausgerichtet wurde? ({0})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Dies ist eine sehr böse Unterstellung. Ich bin erstaunt, daß Sie als Journalist nicht bereit sind, zuzugeben, daß es im Interesse der Pressefreiheit sehr vernünftig war, die Arbeit der Beschaffungsabteilung endgültig von der Pressearbeit zu trennen, das Pressereferat auf die Pressearbeit zu beschränken und der Leitung des Dienstes zu unterstellen, und zwar nicht nur dem Vizepräsidenten, sondern auch dem Präsidenten des Dienstes. Das Pressereferat untersteht der Leitung des Dienstes, weil ja doch die Spitze des Hauses beraten werden muß. Ich glaube, dies war gerade eine Maßnahme, die in ihrer Wirkung darauf abzielte, Nachrichtendienst und Öffentlichkeitsarbeit/Pressearbeit völlig voneinander zu trennen und die Pressestelle auf das zu beschränken, was halt Aufgabe einer Pressestelle ist.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, Sie haben wiederum eine Frage nicht beantwortet. Ich hatte nach der Leitung des Hauses, die in Ihrer Amtszeit zum erstenmal parteipolitisch ausgerichtet worden ist, gefragt.

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Herr Kollege Schulze-Vorberg, wir könnten die Frage der parteipolitischen Besetzung des Dienstes natürlich auch erörtern. Ich könnte auch die Geschichte darstellen. Ich bin der Meinung, wir sollten das heutige Thema nicht dahin ausweiten. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zufrage,

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gibt es eine Dienstanweisung für dieses Pressereferat?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ja.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, welche Öffentlichkeitsarbeit hat der Dienst bei uns überhaupt zu leisten? Welche Aufgaben fallen dieser Öffentlichkeitsarbeit zu? Sollte man nicht vielleicht der Meinung sein, daß gerade dieser Dienst bei uns in der Öffentlichkeit sehr geräuschlos arbeiten sollte, weil sein Arbeitsbereich praktisch das Ausland ist?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Nein, Herr Kollege Niegel. Sie haben die Diskussion über den Nachrichtendienst in den letzten Jahren offenbar nicht verfolgt. Es ist meine Meinung diese Meinung wird aber auch von denjenigen, die sich damit beschäftigen, weitgehend geteilt -, daß es falsch war, den Bundesnachrichtendienst in früheren Zeit ganz unter der Glocke der Geheimhaltung zu halten, statt offen zu erklären, daß der Staat eine solche Institution braucht, weil nämlich die Offenheit man brauche eine solche Institution, dies und dies sei ihr Auftrag, dies und dies sei die Kontrolle Vorausetzung dafür ist, den qualifizierten Nachwuchs für die Institution zu gewinnen, den sie dringend nötig hat. Ich darf Ihre Frage weiter beantworten und dabei auch noch einmal auf die Frage des Kollegen Schulze-Vorberg eingehen. Der Pressestelle sind folgende Aufgaben zugewiesen worden - ich zitiere jetzt den Präsidenten in seinen Ausführungen vor dem Presserat -: Wahrnehmung der Verbindung zu Publikationsorganen, Erteilen von Auskünften an Publikationsorgane, Erfassen aller Kontakte von Bediensteten des BND zu Publikationsorganen oder deren Vertretern, um sicherzustellen, daß eben nur die Leitung des Hauses Erklärungen abgibt, Anfertigen einer täglichen Ubersicht über in der Presse enthaltene Hinweise auf nachrichtendienstliche Vorkommnisse und Themen, Anfertigen zusammenfassender Berichte über Reaktionen der Presse auf bestimmte nachrichtendienstliche Veröffentlichungen oder Vorkommnisse, Sichten der wichtigsten Presse nach aktuellen Themen zur täglichen Unterrichtung der Leitung des BND, Anfertigen einer Vorschau über Rundfunk- und Fernsehsendungen innerhalb der Bundesrepublik über die Beschaffung oder die Auswertung vermutlich interessierende Themen, Führen einet Journalisten- und Massenmedienkartei, um für die Leitung des Dienstes die für die Öffentlichkeitsarbeit und Pressekontakte wünschenswerten Unterlagen verfügbar zu haben. Dann hat der Präsident noch einmal die Aufgaben dieser Kartei erklärt. Das sind also die Aufgaben der Pressestelle.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herr Abgeordneten Bach.

Dr. - Ing. Franz Josef Bach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000070, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, Sie haben soeben erklärt, daß das Pressereferat unmittelbar dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes unterstellt warden ist.

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Der Leitung des Hauses, ja.

Dr. - Ing. Franz Josef Bach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000070, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Also dem Präsidenten. Nach unserer Dienstauffassung ist doch der Leiter dann unmittelbar verantwortlich für das, was das Pressereferat tut, ebenfalls die Aufsichtsgremien. Welche Konsequenzen werden die Leitung dieses Hauses und die Aufsichtsgremien aus diesem Vorfall ziehen? ({0})

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Zunächst einmal ist natürlich der Pressereferent zuständig. Für den Pressereferenten ist dann die Leitung des Dienstes zuständig, und politisch trage ich die Verantwortung. ({0}) - Aber sicher, ganz egal, wie es organisiert wird. Herr Czaja, Sie werden es nicht erleben, daß ich mich hinter dem Rücken von Untergebenen verstecke. Nur besteht hier gar kein Grund etwa für den Präsidenten, Konsequenzen zu ziehen oder von mir ziehen zu lassen. Ich habe gerade dargelegt, daß in den letzten zwei Jahren entscheidende Anstrengungen gemacht worden sind, das so zu ordnen, daß auf der einen Seite der Dienst wirklich qualitativ arbeitet und auf der anderen Seite nur das an Pressearbeit gemacht wird, was an Pressearbeit gemacht werden muß. Und das sollten wir doch alle zusammen eigentlich begrüßen können, auch kurz vor einem Wahlkampf.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Professor Schäfer. Dr. Schäfer ({0}) : Herr Bundesminister, sind Sie mit mir der Auffassung, daß die Frage des Herrn Kollegen Bach eine Frage nach der Durchführung der Dienstaufsicht ist und daß wir darüber im Vertrauensmännergremium ausführlich und befriedigend die notwendigen Unterhaltungen geführt haben?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Das trifft zu; aber das konnte der Herr Kollege Bach ja nicht wissen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Berger.

Lieselotte Berger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, darf ich noch einmal die Frage wiederholen, die jetzt wiederholt gestellt, aber von Ihnen bisher nicht beantwortet worden ist. Sind in gleicher Weise ähnliche Aufträge des Bundesnachrichtendienstes, auch gezielt, auf andere, der Regierung nicht kritisch gegenüberstehende Presseverlage, wie z. B. „Frankfurter Rundschau", „Vorwärts", „Stern", „Spiegel", erteilt worden?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, welche Auskünfte die Pressestelle über sonstige Presseorgane eingeholt hat. Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen; denn ich kann nicht den Briefverkehr der Pressestelle kennen. Aber weder in anderen Fällen noch in diesem Fall sind nachrichtendienstliche Aufträge, wie sie sagen, gezielt erteilt worden. Was nun von der Pressestelle selbst an Informationen benutzt worden ist - ich habe gelesen, daß KressReport, Schweizerdienst und wie sie alle heißen, ausgewertet werden, ebenfalls Handbücher -, kann ich Ihnen nicht sagen. Da wäre ich überfordert. Ich müßte Ihnen dann über den Briefwechsel der Pressestelle in den letzten drei Jahren Auskunft geben können. Das kann ich selbstverständlich nicht. Aber unsere Nachprüfung hat ergeben, daß in keinem Fall im Pressebereich nachrichtendienstlich gearbeitet worden ist, seitdem die klare Trennung eingeführt worden ist, von der ich gesprochen habe und die ich für notwendig halte.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, wie erklären Sie, daß im Gegensatz zu Ihrer Darstellung nach der langen Unterrichtung des Deutschen Presserats durch den Präsidenten des BND der Deutsche Presserat zu der Auffassung kam, eine parlamentarische Untersuchung dieser Vorfälle sei notwendig?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Da müßte ich mich ja in die Köpfe der Herren, die im Presserat gesessen haben, hineinversetzen können. Es gibt keine offizielle Stellungnahme des Presserats. ({0}) - Nein, es gibt keine. Es ist leider keine gemeinsame Erklärung abgegeben worden. Es gibt die Erklärung eines Sprechers, die, wie gesagt, in einigen Punkten nicht mit den schriftlich vorliegenden Äußerungen des Präsidenten übereinstimmt. Da ich, wie Sie wissen, ein großer Anhänger der Pressefreiheit bin und es die Aufgabe des Presserates ist, die Pressefreiheit zu wahren, verstehe ich schon, daß man hier, nachdem die Sache in dieser Form hochgebracht worden ist, natürlich möglichst bis zum letzten aufklären will. Gerade weil ich das völlig verstehe, habe ich sofort gesagt: die ganzen Briefe auf den Tisch; ich habe den Präsidenten von seiner Schweigepflicht entbunden und sogar die Mitarbeiter in den Presserat geschickt, um klarzumachen, was hier wirklich vorgekommen ist, nämlich ein Fehler im Bereich der Pressearbeit, aber nicht Inlandsaufklärung.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Wienand.

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, im Lichte dieser Fragestunde auch den Angehörigen des Presserates und allen anderen, die die vergangene Praxis kennen und die neue Praxis der Regierung noch nicht gewürdigt haben, in einer Form klarzumachen, die für die Zukunft Mißverständnisse ausräumt, daß jetzt unter der neuen Regierung der Bundesnachrichtendienst im Inland nicht mehr tätig wird?

Dr. Horst Ehmke (Minister:in)

Politiker ID: 11000440

Ich hoffe, daß die heutige Diskussion mit dazu beigetragen hat, in unser aller Interesse diese Kenntnis zu verbreiten. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage. - Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister Ehmke. Die nächsten Fragen beantwortet Herr Staatssekretär Ahlers. Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Niegel auf: Was hat den Sprecher der Bundesregierung, Staatssekretär Conrad Ahlers, veranlaßt, am 5. September 1972, 24 Uhr, im ZDF folgendes zu erklären: „Es war eine genau geplante, wenn Sie wollen militärische Aktion und Operation. Und ich bin sehr froh, daß sie mit den Grenzen, die wir heute erkennen, die wir jetzt erkennen können, - d. h. es hat ja auch wohl Verletzte auf unserer Seite und auf der Seite der Israelis gegeben -, aber daß man wohl sagen kann, diese Operation ist glücklich und gut verlaufen"? Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Ahlers.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Präsidentin, mit Zustimmung des Herrn Abgeordneten möchte ich die beiden Fragen gern gemeinsam beantworten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Frage 6 des Herrn Abgeordneten Niegel: Von wem stammte und wie lautete die angebliche Falschmeldung der Polizei, die Grundlage dieser Erklärung gewesen sein soll, im genauen Wortlaut?

Not found (Staatssekretär:in)

Der bedauerliche Irrtum geht auf eine Mitteilung zurück, die ich vor der Sendung telefonisch von dem Herrn Bundeskanzler erhalten habe. Die Nachricht selber stammte von einem Beamten der bayerischen Polizei. Sie entsprach dem damaligen Erkenntnisstand über den Ablauf der Aktion und hatte ihren Niederschlag bereits in der Meldung einer Nachrichtenagentur gefunden. Sie lautete dem Sinne nach, daß die Geiseln in Sicherheit und die Entführer unschädlich gemacht worden seien. Auch hier lag, wie bei anderen Vorgängen dieses Abends, eine Verkettung unglücklicher Umstände vor. Wenn ich mir eine persönliche Bemerkung erlauben darf: Es tut mir leid, daß mein möglicherweise letzter Auftritt vor diesem Hohen Hause ein derart tragisches Thema behandelt. Gleichwohl möchte ich mich bei allen Abgeordneten und bei Ihnen, Herr Abgeordneter, für die Geduld bedanken, die Sie mir gegenüber immer bewiesen haben. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage, bitte schön, Herr Abgeordneter.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gestatten Sie, Herr Staatssekretär, daß ich auf Ihren letzten Satz Bezug nehme und mich - sozusagen in Frageform - ebenfalls bedanke.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Vielen Dank. - Ebenfalls vielen Dank, Herr Staatssekretär. Damit sind die Fragen aus diesem Geschäftsbereich beantwortet. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen auf. Zur Beantwortung 1 1688 Vizepräsident Frau Funcke ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Offergeld anwesend. Ich rufe die Frage 43 des Herrn Abgeordneten Dr. Fuchs auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Absatzlage der ostbayerischen Granitindustrie, und welche Maßnahmen beabsichtigt sie zu ergreifen, um die Gefahr der Entlassung von Arbeitnehmern und die Schließung von Betrieben abzuwenden? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Absatzlage der ostbayerischen Granitindustrie schwierig ist. Die Situation ist im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß Bord- und Pflastersteine mehr und mehr durch preisgünstigere Betonsteine ersetzt werden und kostensparende technische Methoden im Straßenbau entwickelt wurden, für die Bord- und Pflastersteine nicht erforderlich sind. Um der Granitindustrie die Anpassung an die veränderte Marktstruktur zu erleichtern, hatte das Bundesministerium für Wirtschaft im Jahre 1968 eine Branchenuntersuchung vornehmen lassen. In dem Gutachten wurde der Granitindustrie eine Reihe von Empfehlungen unterbreitet, die zum Teil bisher noch nicht verwirklicht worden sind. Dazu gehört vor allem die Empfehlung, stärker zu kooperieren. Darüber hinaus ist auch der vom Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen grundsätzlich positiv beurteilte Antrag auf Zustimmung zur Bildung eines Rationalisierungskartells noch nicht gestellt worden. Ich möchte deshalb noch einmal auf diese Möglichkeiten hinweisen. Dem Vernehmen nach finden in diesen Tagen Gespräche über die Lage der Granitindustrie mit der bayerischen Staatsregierung statt, die im übrigen für Fragen der bayerischen Bord- und Pflastersteinindustrie primär zuständig ist. Für die Bundesregierung darf ich erklären, daß dabei entwickelte Vorschläge, die auch den Bund berühren, wohlwollend und schnell geprüft werden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Karl Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000613, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da nach dem amtlichen Bericht des Arbeitsamtes Passau dann, wenn sich die Situation in den nächsten Wochen nicht ändert, in der Granitindustrie mit verstärkten Entlassungen von Arbeitskräften zu rechnen ist, frage ich Sie: wäre die Bundesregierung unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes nicht bereit, die für Bundesbauten, Bundesautobahnen, Bundesstraßen und Bundeshochbauten vorgesehenen Granitleistungen vorgezogen auszuschreiben, damit möglichst der Anschluß an das nächste Jahr erreicht wird? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, soweit ich es übersehe, berührt diese Frage nicht speziell mein Ressort. Ich kann Ihnen aber in Aussicht stellen, daß wir die Frage im Einvernehmen mit anderen Ressorts prüfen werden und Ihnen dann eine Antwort zukommen lassen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Karl Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000613, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, daß bei Ausschreibungen durch den Bund - ebenso natürlich durch die Bundesländer bzw. die Kommunen, wofür Sie ja nicht verantwortlich sind - die Verwendung von heimischem Granit in etwas stärkerem Maße als bisher berücksichtigt werden könnte? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, das ist im wesentlichen noch einmal dieselbe Frage. Wir werden sie prüfen. Ich kann Ihnen im Augenblick keine andere Antwort darauf geben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 44 des Herrn Abgeordneten Dr. Unland auf: Wieviel Preisprüfungsverfahren sind vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft gemäß Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 42/70 bei welchen Artikeln durchgeführt worden bzw. noch in Durchführung begriffen? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, seit Einführung des Runderlasses Außenwirtschaft Nr. 42/70 im Oktober 1970 sind beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft insgesamt 45 Preisprüfungsverfahren eingeleitet worden. Hiervon konnten bisher 38 abgeschlossen werden. 7 Fälle befinden sich in der Sachverhaltsermittlung. Die genannten 38 abgeschlossenen Verfahren betrafen Erzeugnisse folgender Industriezweige: Textil und Bekleidung, Stahlverarbeitung, Chemie, Eisen-, Blech- und Metallverarbeitung, Ziehereien und Kaltwalzwerke, Glas, Keramik, Pappe- und Kunststoffverarbeitung, Optik, Schuhe, Schiffbau, NE-Metallerzeugung. Die 7 noch nicht abgeschlossenen Fälle betreffen Kalkstickstoff, Harnstoff, Baumwollnähgarn, gewirkte Oberhemden aus Synthetik, Schilfrohrmatten und Schilfrohrbauplatten, Stiftdraht, Glasfaserprodukte.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hermann Josef Unland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002357, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie Angaben darüber machen, wie lange die Durchführung dieser Verfahren im allgemeinen gedauert hat? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Die Bearbeitung war unterschiedlich. Ich kann Ihnen jetzt aber nicht Auskunft darüber geben, wie lange die Einzelverfahren jeweils gedauert haben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Hermann Josef Unland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002357, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie denn darüber informiert, ob die ausreichende oder nicht ausreichende personelle Ausstattung des Bundesamtes Einfluß auf die Länge der Verfahren gehabt hat? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Das ist mir nicht bekannt. Ich habe auch keine Klagen über mangelnde Besetzung gehört.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Dr. Unland auf: Was hat die Bundesregierung bei Vorliegen entsprechender Ergebnisse mit welchem Erfolg unternommen? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, um das berechtigte Schutzbedürfnis der deutschen Hersteller zu wahren, hat die Bundesregierung in neun Fällen mit den Lieferländern die den Handelsabkommen vorgesehenen Konsultationen geführt. Dabei konnten folgende Ergebnisse erzielt werden: In sieben Fällen wurde eine Begrenzung der Einfuhrmöglichkeiten vereinbart, und in zwei Fällen wurden zufriedenstellende Zusicherungen der Lieferländer hinsichtlich der Preisgestaltung erreicht. In dem weit überwiegenden Teil der übrigen Fälle, bei denen die Voraussetzungen für weitergehende Maßnahmen nicht gegeben waren, wurde die Einfuhr der betreffenden Ware einer besonderen Beobachtung durch das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft unterstellt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hermann Josef Unland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002357, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie Angaben darüber machen, welche Zeit zwischen der Intervention der Bundesregierung bei den Partnerländern und der entsprechenden, von Ihnen eben genannten Reaktion verging? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Nein, ich kann Ihnen im Augenblick keine Angaben dazu machen. Ich bin aber gern bereit, Ihnen das schriftlich nachzureichen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Lampersbach.

Egon Lampersbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001276, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, diese Fragen waren vor etwa zwei Jahren schon einmal Gegenstand der Fragestunde. Ihr Vorgänger, Herr Staatssekretär Arndt, hatte seinerzeit zugesagt, diese Fälle intensiver beobachten zu lassen. Wir müssen jetzt, nach Ablauf von zwei Jahren, feststellen, daß diese Zusage nicht eingehalten worden ist. Welche Erklärung können Sie dazu geben? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Es ist so, daß wir nach wie vor sorgfältig darauf achten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage mehr. Die Fragen 46 und 47 des Herrn Abgeordneten Dr. Jenninger sowie die Frage 48 des Herrn Abgeordneten Werner werden schriftlich beantwortet, da die Fragesteller nicht im Saal sind. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Der Herr Abgeordnete Schlaga hat um schriftliche Beantwortung seiner Fragen 49 und 50 gebeten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 51 ,des Herrn Abgeordneten Dr. Apel auf: Welche Schritte hat die Bundesregierung eingeleitet, um dem Flaggenprotektionismus Argentiniens gegenüber den deutschen Reedereien entgegenzutreten? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Frau Präsidentin, Herr Kollege, gestatten Sie, daß ich die Fragen 51 und 52 gemeinsam beantworte?

Dr. Hans Apel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin, eigentlich sind es zwei getrennte Fragen. Aber wenn der Herr Staatssekretär es möchte, bin ich natürlich einverstanden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Dann rufe ich auch Frage 52 auf: Was hat die Bundesregierung unternommen, um bei bevorstehenden EWG-Handelsvertragsverhandlungen mit Argentinien auf die Einhaltung der im November 1971 abgegebenen argentinischen Erklärung, in der die Verschiffungsfragen geregelt werden, hinzuwirken und damit zu einer geschlossenen Abwehrhaltung der EWG-Partner gegenüber dem Flaggenprotektionismus lateinamerikanischer Länder beizutragen? Bitte schön, Herr Staatssekretär! Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Die Bundesregierung hat sich bemüht, sowohl auf dem direkten diplomatischen Wege als auch durch ein gemeinsames Vorgehen der EG-Partner auf diplomatischer Ebene einen Abbau des Schiffahrtsprotektionismus zu erreichen. Da diese Aktionen nicht den gewünschten Erfolg hatten, hatte die Bundesregierung gefordert, die Schiffahrtsfrage in die Handelsverhandlungen der EG mit Argentinien einzubeziehen. Die Aufnahme einer Nichtdiskriminierungsklausel für die Schiffahrt in den Handelsvertrag war allerdings bisher nicht durchsetzbar. Die Bemühungen der Bundesregierung haben jedoch dazu geführt, daß Argentinien eine Erklärung abgegeben hat, an einer zufriedenstellenden Lösung der Schiffahrtsfragen mitwirken zu wollen. Außerdem hat die Bundesregierung erreicht, daß der gemeinsame Wirtschaftsausschuß der EG und Argentiniens sich auch mit Schiffahrtsfragen befaßt. Die Bundesregierung sieht hierin eine geeignete Möglichkeit, auf die Einhaltung der argentinischen Erklärung hinzuwirken.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage. Dr. Apel ({0}) : Herr Staatssekretär, stimmt es, daß die argentinische Regierung seit mehreren Monaten systematisch den Versuchen der deutschen Reedereien ausweicht - d. h. im Endeffekt auf Zeitgewinn taktiert -, um einem bilateralen, d. h. zweiseitigen Abkommen zwischen den deutschen Reedern und der argentinischen Staatsreederei über einen fairen Ladungsanteil für die deutsche Flagge auszuweichen, und sehen Sie die Möglichkeit, daß unsere diplomatische Vertretung im Lande selbst, d. h. in Argentinien, mit Nachdruck unsere deutsche Position unterstreicht? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, es ist sehr schwierig, mit Argentinien über diese Fragen zu einer Einigung zu kommen. Ich habe Ihnen dargelegt, daß wir alle Möglichkeiten, die wir sehen, ausnutzen, um in Ihrem Sinne tätig zu werden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Hans Apel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht in der Gefahr - Sie wie auch ich -, die Erklärung der argentinischen Regierung im Zusammenhang mit dem Abschluß des Handelsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Argentinien überzubewerten, insbesondere angesichts der Tatsache, daß die Argentinier gerade dort Flaggenprotektionismus betreiben, wo sie Fertig- und Halbfertigprodukte aus Argentinien in die Gemeinschaft verschiffen und wo sie darauf bestehen, daß das auf ihren eigenen Schiffen geschieht, obwohl sie Zollvorteile der Gemeinschaft bekommen? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, es ist außerordentlich schwierig, mit Argentinien zu Rande zu kommen. Aber wir werden versuchen, aus diesen Erklärungen, die die argentinische Regierung abgegeben hat, auch Folgerungen abzuleiten und uns bemühen, mit der argentinischen Regierung zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen.

Dr. Hans Apel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, dann darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie bei den nächsten in Brüssel anstehenden Verhandlungen stärker als bisher von den Argentiniern faire Gegenleistungen auch im Bereich des Schiffahrtsverkehrs für die deutsche Seite verlangen werden, als das bisher nicht zuletzt auf Grund des Widerstandes anderer Mitgliedsländer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erreichbar war? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Wir werden versuchen, das zu erreichen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe die Frage 53 des Herrn Abgeordneten Ott auf: Welche Stellung nimmt die Bundesregierung dazu ein, daß laut Pressemeldungen die Preissteigerungsrate im Juli 5,7 % betrug, Bundeskanzler Brandt jedoch vor langer Zeit schon erklärte, daß es bei einer Teuerung von 4 % ernst werde? Bitte schön, Herr Staatssekretär! Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Ott, die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, daß sie die Preisentwicklung mit großer Sorge betrachtet. Sie hat eine große Zahl von Maßnehmen nach dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz ergriffen, die auf eine Dämpfung des Preisauftriebs gerichtet sind. Es hat sich jedoch mehr und mehr gezeigt, daß Einflüsse aus dem Ausland, insbesondere die hohen Geldzuflüsse, immer stärkere Auswirkungen auf unsere Preisstabilität erlangt haben. Angesichts der starken Verflechtung unserer Volkswirtschaft mit dem Ausland ist eine Stabilitätspolitik im Alleingang nicht mehr möglich. Die Wirtschafts- und Finanzminister der erweiterten Gemeinschaft haben sich daher auf der Ministerratstagung in Rom vor wenigen Tagen geeinigt, anläßlich einer Tagung des erweiterten Rates am 30. und 31. Oktober 1972 Maßnahmen zu beschließen, die sich für eine kurzfristig wirksame und realistische Aktion gegen die Inflation eignen. Darüber hinaus wird der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen in der nächsten Konzertierten Aktion am 5. Oktober dieses Jahres eine Reihe spezieller Maßnahmen zur Diskussion stellen, durch die die allgemeine Wettbewerbspolitik und die Globalsteuerung mit dem Ziele der Begrenzung des Preisauftriebs unterstützt werden sollen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.

Anton Ott (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001664, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, muß ich aus Ihren soeben gemachten Ausführungen entnehmen, daß sich der Herr Bundeskanzler bei der damaligen Äußerung, daß es bei einer Teuerung von 4 % ernst werde, des Inhalts und des Wertes seiner Erklärung nicht bewußt gewesen ist? Dann die weitere Frage: Sind Ihnen die Erklärungen der Bundesbank und des Bundesbankpräsidenten Dr. Klasen unbekannt, nach denen ein großer Teil dieser Inflation hausgemacht ist und nicht auf Einflüsse aus dem Ausland zurückzuführen ist? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Ott, ich habe ausgeführt, daß wir bei der Konzertierten Aktion Maßnahmen zur Debatte stellen werden, um die Wettbewerbspolitik und die Globalsteuerung mit dem Ziel der Begrenzung des Preisauftriebs zu aktivieren. Das sind Binnenmarktmaßnahmen. Sie haben aus dem ersten Teil meiner Antwort auch entnehmen können, daß _der Bundeskanzler die Sorge teilt, daß der Preisauftrieb in unserem Lande zu hoch ist. Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Anton Ott (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001664, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihren Ausführungen die Bestätigung entnehmen, daß der Bundeskanzler zu der Zeit, als er davon sprach, daß die Teuerung bei 4 % ernst werde, keinerlei Maßnahmen getroffen hat, weil Sie sich darauf berufen, daß die Maßnahmen erst jetzt in Bearbeitung genommen werden sollen? Offergeld, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Ott, Sie wissen ganz genau, daß wir eine ganze Reihe von stabilitätspolitischen Maßnahmen getroffen haben. Es wäre alles erheblich einfacher gewesen, wenn wir auch nur einmal die Zustimmung der Opposition dazu erreicht hätten. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Damit ist die Fragestunde für heute beendet. Ich danke Ihnen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Offergeld. Im Anschluß an die Fragestunde gebe ich das Wort zu einer persönlichen Erklärung dem Herrn Abgeordneten Baier.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu den schweren Vorwürfen, die Bundesminister Ehmke in der heutigen Fragestunde gegen mich gerichtet hat, darf ich folgendes erklären. Ich habe am 8. Juli 1971 eine Wehrübung in Pullach begonnen und am Montag, dem 12. Juli 1971, beendet, da mir bei der zugewiesenen militärischen Dienststelle des BND keine ausreichende Tätigkeit geboten wurde. Nach Feststellung des Sachverhalts habe ich dort den diensttuenden Offizier informiert, der mich wiederum entpflichtet hat, und anschließend das Bundesministerium der Verteidigung informiert. Gleichzeitig habe ich schriftlich dem Präsidenten des BND, General a. D. Wessel, dies mitgeteilt, da er zu dieser Stunde nicht persönlich erreichbar war. Der Vorgang vollzog sich ordnungsgemäß. Nicht in Ordnung, meine Damen und Herren, war hingegen, daß mir offensichtlich auf Weisung von Bundesminister Ehmke für die Wehrübung beim BND keine ausreichende Tätigkeit geboten werden konnte. ({0}) Der Grund kann nur darin gesucht werden, daß Bundesminister Professor Ehmke befürchten mußte, daß mir seine inkorrekten Einflußnahmen auf den BND bekannt würden. ({1}) Ich habe bisher gegenüber allen Beschuldigungen keinerlei Stellungnahme abgegeben. ({2}) Dies geschah im Interesse des Bundesnachrichtendienstes, da jede Äußerung über die tatsächlichen Gründe der Beendigung meiner Wehrübung den Bundesnachrichtendienst erneut ins Zwielicht gebracht hätte. Bundesminister Ehmke hat mich heute durch seine diffamierenden Vorwürfe zu dieser Richtigstellung gezwungen. ({3})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes - Drucksache VI/3389 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Arndt ({1}) Ich bitte den Berichterstatter, das Wort zu nehmen.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Auftrag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat, Ihnen Bericht zu erstatten zum Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes. Der Vermittlungsausschuß hat in seiner Sitzung am 18. September 1972 vorgeschlagen, das vom Deutschen Bundestag in seiner 191. Sitzung am 14. Juni 1972 beschlossene Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes in drei Punkten abzuändern. Diese drei Punkte sind folgende: Erstens. In § 26 Abs. 6 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes soll der Begriff des Buchsachverständigen durch das Wort „Buchprüfer" ersetzt werden. Der Bundestag hatte in Anlehnung an § 87 c Abs. 4 des Handelsgesetzbuches noch die ursprüngliche Bezeichnung „Buchsachverständiger" gewählt, obwohl nach Verabschiedung der Wirtschaftsprüferordnung der Begriff „vereidigter Buchsachverständiger" inzwischen nicht mehr existiert und es nur noch „Buchprüfer" gibt. Wir sollten nicht ein Gesetz verabschieden, das einen zwischenzeitlich abgeschafften Begriff enthält. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen daher vor, in Art. 1 Nr. 1 des Änderungsgesetzes. d. h. also in § 26 Abs. 6 Satz 1 des Urheberrechtsgesetzes, das Wort „Buchsachverständigen" durch das Wort „Buchprüfer" zu ersetzen. Zweitens. Zu Art. 4 Abs. 1 schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß vor, die Fassung zu wählen, die Sie auf der Rückseite der Drucksache VI/3789 unter Nummer 2 finden. Trotz nicht unerheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken, die während der Beratungen des Vermittlungsausschusses geäußert wurden, schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß vor, das Inkrafttreten derjenigen Vorschrift, die Dr. Arndt ({0}) auch Äußerungen von Autoren, die in Schulbüchern verwendet werden, der Zahlungspflicht unterwirft, erst vom 11. Oktober 1971 an gelten zu lassen, d. h. von jenem Zeitpunkt, zu dem das Bundesverfassungsgericht durch Urteil festgestellt hat, daß der Ausschluß von Schulbuchautoren von urheberrechtlichen Gebührenzahlungen verfassungswidrig ist. Im Vermittlungsausschuß gab es hiergegen, wie gesagt, erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, weil das Bundesverfassungsgericht festgestellt hatte, daß der Ausschluß solcher Urheberrechtsgebühren bereits seit 1966 verfassungswidrig war. Die Bedenken haben sich aber nicht durchsetzen können. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen daher die vorliegende Fassung vor. Drittens. In Art. 4 Abs. 2 soll das Datum des Inkrafttretens der Gesamtnovelle, nämlich 1. Juli 1972, durch das Datum „1. Januar 1973" ersetzt werden. Das ist deswegen dringend erforderlich, weil das Urheberrechtsgesetz in einer Reihe von Fällen, insbesondere in seinem § 27, neue Zahlungsverpflichtungen eröffnet. Solche Zahlungsverpflichtungen dürfen aber nach unserem Verfassungsrecht nicht rückwirkend bestimmt werden. Deswegen wäre ein rückwirkendes Inkrafttreten der Gesamtnovelle unzulässig. Die Situation ist durch das Vermittlungsverfahren eingetreten. Der Bundestag konnte, als er dieses Gesetz verabschiedete, nicht übersehen, daß es nicht am 1. Juli 1972 würde in Kraft treten können. Durch das Vermittlungsverfahren war das nicht mehr möglich. Deswegen müssen wir das korrigieren und die Gesamtnovelle erst am 1. Januar 1973 in Kraft treten lassen. Diese drei Änderungen schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß vor. Frau Präsidentin, ich bitte um die Erlaubnis zu einem Stilbruch. Da ich gerade das Wort habe, darf ich, und zwar nicht als Berichterstatter, sondern für die sozialdemokratische Fraktion, erklären, daß wir den Änderungsvorschlägen des Vermittlungsausschusses zustimmen. Ich bitte um Ihre gütige Nachsicht, daß ich des Zeitdrucks wegen diesen Stilbruch vornehme. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich danke dem Berichterstatter. Wird zu Erklärungen der Fraktionen das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlungen des Vermittlungsausschusses. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz über Bausparkassen Drucksache VI/3790 Berichterstatter: Abgeordneter Höcherl Das Wort hat der Berichterstatter.

Hermann Höcherl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000912, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem vom Bundestag am 21. Juni 1972 verabschiedeten Gesetz über Bausparkassen hat der Bundesrat am 7. Juli dieses Jahres den Vermittlungsausschuß in sechs Punkten angerufen. Der Vermittlungsausschuß hat sich am 18. September 1972 mit dem Anrufungsbegehren des Bundesrates befaßt. Das Ergebnis seiner Beratungen liegt Ihnen in der Drucksache VI/3790 vor. Ich darf mit Ihrer Zustimmung noch einige Bemerkungen anfügen. Die Punkte, in denen der Bundesrat eine Änderung des Gesetzes wünschte, liefen auf eine weitgehende Freistellung der öffentlich-rechtlichen Bausparkassen von den wirtschaftspolitischen Ordnungsvorschriften des Gesetzes hinaus. Eines der Hauptanliegen des Gesetzes sollte es aber gerade sein, die privaten und die öffentlich-rechtlichen Bausparkassen künftig einander gleichzustellen, um so zwischen ihnen gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Der Vermittlungsausschuß konnte daher den Änderungswünschen des Bundesrates nicht in allen Punkten folgen. Wie Sie aus dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses unter den Ziffern 1 und 2 ersehen, hat dieser dem Bundesrat insoweit Rechnung getragen, als es den Ländern nach wie vor möglich sein soll, den öffentlich-rechtlichen Bausparkassen besondere Aufgaben für den Wohnungsbau oder sonstige öffentliche Aufgaben zu übertragen. Ferner soll die Bestimmung der Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Bausparkassen den Ländern überlassen bleiben, während der Bundestagsbeschluß insoweit bestimmen wollte, daß diese Bausparkassen künftig die Form einer juristischen Person des öffentlichen Rechts haben müssen, d. h. danach wäre die Neuerrichtung von rechtlich unselbständigen öffentlichen Bausparkassen künftig nicht mehr zulässig gewesen. Während also in diesen beiden Punkten der Vermittlungsausschuß dem Bundesrat zugestimmt hat, sah er sich nicht in der Lage, dem Vorschlag auf Neufassung des § 17 zu folgen, durch den die öffentlichen Bausparkassen in ganz erheblichem Umfang von Bindungen freigestellt worden wären, die das Gesetz im Interesse der Bausparer, aber auch unter dem Gesichtspunkt des Spezialitätenprinzips im Realkredit, für alle Bausparkassen gleichermaßen vorsieht. Durch die vorgeschlagene Fassung des § 17 wäre es nach Auffassung des Vermittlungsausschusses zu einer Wettbewerbsungleichheit und Verzerrung zwischen privaten und öffentlichen Bausparkassen gekommen und das Gesetz in einem wesentlichen Punkt um seine eigentliche Zielsetzung gebracht worden. Auf die weiteren Punkte des Anrufungsbegehrens bzw. des Vermittlungsvorschlags brauche ich im einzelnen wohl nicht einzugehen. Soweit sie vom Ausschuß angenommen oder abgelehnt worden sind, steht das in sachlichem Zusammenhang mit den erwähnten Grundsatzentscheidungen des Ausschusses, oder ist von untergeordneter Bedeutung. Abschließend darf ich noch bemerken, daß der Vorschlag des Vermittlungsausschusses einen wohlhöcherl abgewogenen Kompromiß darstellt, der einerseits weitgehend den Vorstellungen des Bundesrates entgegenkommt, andererseits aber auch die Grundkonzeption des Gesetzes unberührt läßt. Im Namen des Vermittlungsausschusses darf ich das Hohe Haus bitten, diesem Vorschlag zuzustimmen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wir danken dem Herrn Berichterstatter. Wünscht eine der Fraktionen das Wort zu einer Erklärung? Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung 'des Vermittlungsausschusses. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Dritten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst - Drucksache VI/3791 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schäfer ({1}) Das Wort hat der Herr Berichterstatter.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundestag hat am 21. Juni 1972 das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst beschlossen. Der Bundesrat hat am 7. Juli den Vermittlungsausschuß angerufen, der sich am 18. September mit diesem Gesetz beschäftigt hat und der dem Hohen Hause mit der Drucksache VI/3791 seine Empfehlung vorlegt. Die Empfehlung konzentriert sich auf eine politische Frage, nämlich in § 1 auf die Umschreibung der Aufgabe des Zivildienstes. Während nach der Beschlußfassung des Bundestages im Abs. 1 gesagt ist: Im Zivildienst erfüllen anerkannte Kriegsdienstverweigerer Aufgaben im sozialen Bereich, und im Abs. 2 gesagt ist, daß darüber hinaus Aufgaben zugewiesen werden können, die dem Allgemeinwohl dienen, hatte der Bundesrat vorgeschlagen, die Frage des sozialen Bereiches ganz wegzulassen und zu sagen: Im Zivildienst erfüllen anerkannte Kriegsdienstverweigerer Aufgaben, die dem Allgemeinwohl dienen. Im Vermittlungsausschuß wurde dann folgende, ich möchte sagen, Gesamtregelung vorgeschlagen: Im Zivildienst erfüllen anerkannte Kriegsdienstverweigerer Aufgaben, die dem Allgemeinwohl dienen, vorrangig im sozialen Bereich. Damit ist Abs. 2 des Gesetzentwurfes entbehrlich. Die Legaldefinition, die in Abs. 2 enthalten ist, wird dann in Abs. 2 a nachgeholt. Ich darf namens des Vermittlungsausschusses bitten, dem Antrag auf Drucksache VI/3791 zuzustimmen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wir danken dem Berichterstatter. Das Wort zu einer Erklärung der Fraktion der CDU/CSU hat Herr Abgeordneter Klepsch.

Dr. Egon Alfred Klepsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001127, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion kann dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses nicht zustimmen. Die neue Fassung, die uns hier vorgeschlagen wird, hat eigentlich dieselben Mängel, die wir bereits in der eben zitierten Sitzung des Bundestages beanstandet haben. Auch damals war es eine Mehrheitsentscheidung des Hauses, die auf unsere Kritik gestoßen ist. Wir glauben, daß die neue Fassung unverändert die Problemstellung enthält, gegen die wir bereits damals Bedenken geltend machten. Wir sind der Auffassung, daß unter diesen Umständen dem Antrag des Vermittlungsausschusses nicht gefolgt werden kann. Wir werden uns bemühen, die Gesetzesmaterie so bald wie möglich zur Verabschiedung zu bringen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Biermann.

Günter Biermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000180, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verstehe eigentlich nicht, nachdem sich der Vermittlungsausschuß schon auf einen Kompromiß einigen konnte und nachdem die Mehrheit des Bundesrates vorher die Forderungen der CDU/CSU erfüllt sehen wollte, daß man heute diesem Vorschlag nicht folgen will. Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn wir dieses Gesetz heute ablehnen, müssen wir damit rechnen, daß sich die Verabschiedung noch weiter in die Ferne zieht und auf lange Sicht kein Gebrauch davon gemacht werden kann. Das heißt auf gut deutsch, daß im Endeffekt die Fragen der Wehrgerechtigkeit - in diesem Zusammenhang im Zivildienst - noch in die Ferne geschleppt werden, ohne daß eine effektive Regelung durchgeführt werden kann. Aus diesen Gründen und wegen der Zeit, die wir durch die Anrufung des Vermittlungsausschusses verloren haben, wird uns eine nicht unbeträchtliche Zahl von Plätzen verlorengehen, die an sich in diesem Jahr schon mit anerkannten Kriegsdienstverweigerern hätten besetzt werden können. Ich möchte Sie dringend bitten, diesem Vermittlungsvorschlag zuzustimmen, damit das Gesetz endlich in Kraft tritt und damit im Bereich der anerkannten Kriegsdienstverweigerer im Interesse der Gerechtigkeit beim Dienst für die Gesellschaft neue Plätze geschaffen werden können. Ich bitte, diesem Vermittlungsvorschlag zuzustimmen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort kann hierzu nicht mehr erteilt werden. Zu Beschlüssen des Vermittlungsausschusses gibt es keine Debatte. ({0}) - Zu einem Antrag, bitte sehr, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer!

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich beantrage namens der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Es ist von einer Fraktion der Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt. Meine Damen und Herren, ich bitte mit der namentlichen Abstimmung zu beginnen. Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Es haben 491 vollstimmberechtigte und 22 Berliner Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 244 uneingeschränkt stimmberechtigte und 12 Berliner Abgeordnete, mit Nein 247 uneingeschränkt stimmberechtigte und 10 Berliner Abgeordnete gestimmt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen 492 und 22 Berliner Abgeordnete. Davon Ja: 244 und 12 Berliner Abgeordnete Nein: 248 und 10 Berliner Abgeordnete Ja SPD Adams Dr. Ahrens Anbuhl Dr. Apel Arendt ({0}) Dr. Arndt ({1}) Baack Baeuchle Bäuerle Bals Barche Dr. Bardens Batz Bauer ({2}) Bay Dr. Bayerl Dr. Bechert ({3}) Becker ({4}) Dr. Beermann Behrendt Bergmann Berkhan Berlin Biermann Böhm Börner Frau von Bothmer Brandt Brandt ({5}) Bredl Brück ({6}) Brünen Buchstaller Büchler ({7}) Büchner ({8}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Corterier Cramer Dr. von Dohnanyi Dürr Eckerland Dr. Ehmke Frau Eilers Dr. Enders Engholm Dr. Eppler Esters Faller Dr. Farthmann Fellermaier Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau, Dr. Focke Folger Franke ({9}) Frehsee Frau Freyh Fritsch Geiger Gerlach ({10}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gnädinger Grobecker Dr. Haack Haar ({11}) Haase ({12}) Haehser Halfmeier Hansen Hansing Hauck Dr. Hauff Henke Frau Herklotz Hermsdorf ({13}) Herold Höhmann ({14}) Hörmann ({15}) Hofmann Horn Frau Huber Jahn ({16}) Jaschke Junghans Junker Kaffka Kahn-Ackermann Kater Kern Killat von Coreth Dr. Koch Koenig Kohlberger Konrad Dr. Kreutzmann Kriedemann Krockert Kulawig Lange Langebeck Dr. Lauritzen Lautenschlager Frau Lauterbach Leber Lemp Lemper Lenders Liedtke Löbbert Dr. Lohmar Maibaum Marquardt Marx ({17}) Matthes Matthöfer Frau Meermann Dr. Meinecke ({18}) Meinike ({19}) Metzger Michels Möhring Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Wilk Müller ({20}) Müller ({21}) Dr. Müller-Emmert Dr. Müthling Neemann Neumann Dr. Oetting Offergeld Frau Dr. Orth Frhr. Ostman von der Leye Pawelczyk Peiter Pensky Peters ({22}) Pöhler Porzner Raffert Ravens Dr. Reischl Frau Renger Richter Dr. Rinderspacher Rohde Rosenthal Roß Säckl Sander Saxowski Dr. Schachtschabel Dr. Schäfer ({23}) Frau Schanzenbach Scheu Schiller ({24}) Frau Schimschok Schirmer Schlaga Dr. Schmid ({25}) Schmidt ({26}) Dr. Schmidt ({27}) Schmidt ({28}) Dr. Schmidt ({29}) Schmidt ({30}) Schmidt ({31}) Schmidt ({32}) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude Schollmeyer Schonhofen Schulte ({33}) Schwabe Seefeld Seibert Seidel Frau Seppi Simon Dr. Slotta Dr. Sperling Spillecke Staak ({34}) Frau Strobel Strohmayr Suck Tallert Dr. Tamblé Frau Dr. Timm Tönjes Urbaniak Vit Walkhoff Dr. Weber ({35}) Wehner Welslau Wende Wendt Westphal Dr. Wichert Wiefel Wienand Wilhelm Wischnewski Dr. de With Wittmann ({36}) Wolf Wolfram Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Berliner Abgeordnete Dr. Arndt ({37}) Bartsch Bühling Dr. Dübber Heyen Frau Krappe Löffler Mattick Dr. Schellenberg Frau Schlei Sieglerschmidt FDP Dr. Achenbach Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn Gallus Geldner Graaff Grüner Jung Kirst Kleinert Krall Logemann Dr. h. c. Menne ({38}) Mertes Mischnick Moersch Ollesch Opitz Peters ({39}) Scheel Schmidt ({40}) Spitzmüller Wurbs Berliner Abgeordnete Borm Nein CDU/CSU Dr. Abelein Dr. Aigner Alber von Alten-Nordheim Dr. Althammer Dr. Arnold Dr. Artzinger Dr. Bach Baier Balkenhol Dr. Barzel Dr. Becher ({41}) Dr. Becker ({42}) Becker ({43}) Berberich Berding Berger Bewerunge Biechele Biehle Dr. Birrenbach Dr. von Bismarck Bittelmann Blumenfeld von Bockelberg Dr. Böhme Frau Brauksiepe Breidbach Bremer Bremm Brück ({44}) Dr. Burgbacher Burger Cantzler Damm van Delden Dichgans Dr. Dittrich Dr. Dollinger Draeger von Eckardt Engelsberger Dr. Erhard Erhard ({45}) Ernesti Erpenbeck Dr. Evers Dr. Eyrich von Fircks Franke ({46}) Dr. Franz Dr. Freiwald Dr. Frerichs Dr. Früh Dr. Fuchs Dr. Furler Dr. Gatzen Frau Geisendörfer Geisenhofer Gerlach ({47}) Gewandt Gierenstein Dr. Giulini Dr. Gleissner Glüsing ({48}) Dr. Gölter Dr. Götz Gottesleben Dr. Gruhl Haase ({49}) Dr. Häfele Härzschel Häussler Dr. Hammans Hanz Hartnack von Hassel Hauser ({50}) Dr. Hauser ({51}) Dr. Heck Dr. Hellige Helms ({52}) Dr. Hermesdorf ({53}) Höcherl Hösl Horstmeier Horten Dr. Hubrig Dr. Hupka Hussing Dr. Huys Frau Jacobi ({54}) Dr. Jaeger Dr. Jahn ({55}) Dr. Jenninger Dr. Jobst Josten Dr. Jungmann Frau Kalinke Dr. Kempfler Kiechle Kiep Dr. h. c. Kiesinger Frau Klee Dr. Klepsch Dr. Kley Dr. Kliesing ({56}) Klinker Köster Krammig Krampe Dr. Kraske Dr. Kreile Frau Dr. Kuchtner Lampersbach Leicht Lemmrich Lensing Dr. Lenz ({57}) Lenze ({58}) Lenzer Link Löher ({59}) Dr. Löhr Looft Dr. Luda Lücke ({60}) Lücker ({61}) Dr. Majonica Dr. Martin Dr. Marx ({62}) Maucher Meister Memmel Dr. Mende Menth ({63}) Mick Dr. Mikat Dr. Miltner Dr. Müller ({64}) Dr. Müller ({65}) Müller ({66}) Müller ({67}) Dr. Müller-Hermann Mursch ({68}) Niegel Dr. von Nordenskjöld Orgaß Petersen Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Dr. Prassler Dr. Preiß Dr. Probst Prochazka Rainer Rawe Reddemann Dr. Reinhard Richarts Riedel ({69}) Dr. Riedl ({70}) Dr. Rinsche Dr. Ritgen Dr. Ritz Rock Röhner Rösing Rollmann Rommerskirchen Roser Russe Sauter Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Schedl Schlee Schlichting-von Rönn Dr. Schmid-Burgk Dr. Schmidt ({71}) Schmitt ({72}) Dr. h. c. Schmücker Schneider ({73}) Dr. Schneider ({74}) Dr. Schober Frau Schroeder ({75}) Dr. Schröder ({76}) Schröder ({77}) Schulhoff Schulte ({78}) Dr. Schulze-Vorberg Dr. Schwörer Seiters Dr. Siemer Solke Spilker Springorum Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({79}) Dr. Starke ({80}) Stehle Stein ({81}) Steiner Frau Stommel Storm Strauß Struve Stücklen Susset von Thadden Tobaben Frau Tübler Varelmann Vehar Vogel Vogt Volmer Wagner ({82}) Dr. Wagner ({83}) Frau Dr. Walz Dr. Warnke Wawrzik Weber ({84}) Weigl Dr. Freiherr von Weizsäcker Wendelborn Werner Windelen Winkelheide Wissebach Dr. Wittmann ({85}) Dr. Wörner Frau Dr. Wolf Baron von Wrangel Dr. Wulff Ziegler Zink Zoglmann ({86}) Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger Dr. Gradl Dr. Kotowski Kunz Müller ({87}) Frau Pieser Dr. Schulz ({88}) Dr. Seume ({89}) Wohlrabe Damit ist der Antrag des Vermittlungsausschusses abgelehnt. Ich rufe jetzt den Tagesordnungpunkt 9 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Vizepräsident Frau Funcke Ländern ({90}) - Drucksache VI/3169 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({91}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/3810 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl ({92}) b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses ({93}) - Drucksache VI/3794 -Berichterstatter: Abgeordneter Berger Abgeordneter Liedtke ({94}) Zur Berichterstattung Herr Abgeordneter Berger.

Lieselotte Berger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000149, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir als Berichterstatter einige knappe Ergänzungen des notwendigerweise kurzen Schriftlichen Berichts des Innenausschusses, die ich mit Zustimmung des Mitberichterstatters, Herrn Kollegen Liedtke, vortragen möchte. Der für ein Besoldungserhöhungsgesetz ungewöhnlich lange Zeitraum zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung am 21. Februar 1972 und seiner Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag heute bedarf einer Erklärung. Bei der Verabschiedung des Ersten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern am 3. März 1971 hatte der Bundestag einstimmig eine Reihe von Entschließungen angenommen, die der Fortentwicklung des Besoldungsrechts galten. Damals bekräftigte der Bundestag seine Auffassung, daß das Erste Besoldungsvereinheitlichungs- und -neuregelungsgesetz Teil eines Gesamtkonzepts zur Vereinheitlichung und Neuregelung der Besoldung in Bund und Ländern sei und zur Fortführung der Reform von der Bundesregierung die rechtzeitige Vorlage der erforderlichen Gesetzentwürfe erwartet werde, damit folgende Maßnahmen durchgeführt werden könnten: zum 1. Juli 1972: die Höherstufung der Eingangsämter unter Wegfall der Regelbeförderung, zum 1. Juli 1972: die Umwandlung der Unterhaltszuschüsse für Beamtenanwärter in Anwärterbezüge, zum 1. Januar 1973: die Erstellung einer neuen Grundgehaltstabelle unter Einbeziehung der allgemeinen Zulagen, zum 1. Januar 1973: die Neuordnung der Besoldungsordnung B ({0}). Der von der Bundesregierung Anfang dieses Jahres vorgelegte Gesetzentwurf sah keine Bestimmungen vor, die diesen Beschlüssen des Bundestages entsprochen hätten. Vielmehr beschränkte er sich auf die lineare Erhöhung der Bezüge um 4 v. H. und die Gewährung eines einheitlichen Sockelbetrages von 30 DM. Der Innenausschuß setzte eine interfraktionelle Arbeitsgruppe ein, die den Auftrag hatte, zu prüfen, inwieweit die Anregungen und Beschlüsse des Deutschen Bundestages und des Innenausschusses bei der Beratung des Ersten Besoldungsvereinheitlichungs- und -neuregelungsgesetzes in den Entwurf übernommen werden könnten. Hierbei gingen alle Fraktionen davon aus, daß es nicht möglich sein würde, neben dem Ersten Bundesbesoldungserhöhungsgesetz noch rechtzeitig vor der Sommerpause und dem Termin des 1. Juli 1972 ein Zweites Besoldungsvereinheitlichungs- und -neuregelungsgesetz zu verabschieden. Deshalb bemühten sich die Fraktionen in der Arbeitsgruppe zunächst darum, den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf so zu gestalten, daß er als Zweites Besoldungsvereinheitlichungs- und -neuregelungsgesetz hätte verabschiedet werden können. Die Fraktion der CDU/CSU beantragte zunächst, den Ortszuschlag zusätzlich um 30 DM zu erhöhen, wenn er für drei und mehr kinderzuschlagsberechtigte Kinder zustand. Darüber hinaus beantragte die CDU/CSU, die den Beamten gewährten vermögenswirksamen Leistungen von 13 auf 26 DM zu verdoppeln. In der Arbeitsgruppe wurden weiterhin die Möglichkeiten erörtert, ein Abschmelzen der Polizei- und Technikerzulagen zum 1. Juli 1972 zu vermeiden, das inzwischen dadurch eingetreten ist, daß von diesem Tage an die allgemein gewährten Zulagen für die Besoldungsgruppen A 1 bis A 13 in voller Höhe gewährt werden. Darüber hinaus ging es u. a. um die Frage einer Erhöhung der Stellenplananpassungszuschläge für Versorgungsempfänger, die Verbesserung des Ruhegehaltes bei Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und weitere Änderungen des Gesetzes, die hier aufzuzählen zu weit führen würde. Die Beauftragten der Bundesregierung erklärten in der Sitzung der Arbeitsgruppe, daß über die im Gesetzentwurf vorgesehene Verbesserungen hinaus Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stünden. Daraufhin wurde in internen Beratungen versucht, Möglichkeiten zu finden, um wenigstens einige der von allen Fraktionen für notwendig gehaltenen Verbesserungen doch noch zu erreichen. ({1}) In der letzten Sitzung des Innenausschusses vor der Sommerpause am 20. Juni 1972 machten die Koalitionsfraktionen den Vorschlag, das Besoldungserhöhungsgesetz noch zu verabschieden und es lediglich um eine Bestimmung zu erweitern, durch die das Abschmelzen der Zulage für die Polizeibeamten vermieden worden wäre. Sie alle kennen die Arbeitsbelastung des Deutschen Bundestages in seiner letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause - es ging um die Verabschiedung der Gesetzentwürfe zur inneren Sicherheit -, und ich brauche daher nicht ausdrücklich zu begründen, warum dieser Vorschlag nicht verwirklicht werden konnte. Da nunmehr die Auflösung des Deutschen Bundestages unmittelbar bevorsteht und an die Besoldungs- und Versorgungsempfänger die nach dem Gesetzentwurf vorgesehenen höheren Bezüge bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1972 gezahlt werden, halte ich es in Übereinstimmung mit Herrn Kollegen Liedtke und dem gesamten Innenausschuß für notwendig, das Gesetz zu verabschieden, damit die Rechtsunsicherheit für die Betroffenen beendet wird und verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt werden, die u. a. vom Präsidenten des Bundesrechnungshofes geäußert worden sind. Ich möchte aber nicht verhehlen - und auch dies kann ich in Übereinstimmung mit Herrn Kollegen Liedtke als Mitberichterstatter sagen -, daß der Innenausschuß weiß, daß die Besoldungsvereinheitlichung in Bund und Ländern noch längst nicht abgeschlossen ist. Wir hoffen daher, daß sich die nächste Bundesregierung der Entschließung des Deutschen Bundestages anläßlich des Ersten Besoldungsvereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetzes erinnert und den Entwurf eines Zweiten Besoldungsvereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetzes baldmöglichst vorlegt. ({2}) Präsident von Hassel: Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache in zweiter Beratung. Wird das Wort begehrt? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe den § 1 auf. Da gibt es eine Änderung. Eingefügt werden müssen die Worte „zuletzt geändert... vom ... 1972 ({3})" Ich rufe den § 2 auf, in dem in Abs. 1 die Nr. 3 geändert worden ist und dem ein neuer Abs. 5 angefügt worden ist. Ich hoffe, daß die Sachkundigen sämtliche Unterlagen zur Hand haben. Ich rufe die §§ 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 sowie die Einleitung und die Überschrift auf. Können wir zusammen abstimmen? - Ich sehe keinen Widerspruch. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung. Ich eröffne die Aussprache in der dritten Beratung. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung in der dritten Beratung. Wer zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Beratung einstimmig angenommen. Wir müssen dann noch über die Nr. 2 des Ausschußantrags abstimmen. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - So beschlossen. Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern - Drucksachen VI/3295, zu VI/3295 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({4}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/3782 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Tamblé b) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({5}) - Drucksache VI/3547 Berichterstatter: Abgeordneter Porzner ({6}) Ich danke den Berichterstattern. Erbitten die Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache in zweiter Beratung. Wird das Wort verlangt? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die zweite Beratung. Wir kommen zur Einzelabstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe auf Art. 1, Art. 2, Art. 3, Einleitung und Überschrift. Wer den Bestimmungen zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich eröffne die dritte Beratung. Das Wort wird nicht begehrt. Wir kommen zur Abstimmung in dritter Beratung. Wer in der Schlußabstimmung dem Gesetze zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe den Punkt 3 a) der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts im Land Berlin - Drucksachen VI/3598, VI/3801 - Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Erbittet er das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe auf Art. 1, Art. 2, Art. 3, Art. 4, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung, ansonsten einstimmig angenommen. Ich rufe zur dritten Beratung auf. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz in dritter Beratung zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Ansonsten einstimmig so beschlossen. Präsident von Hassel Ich rufe Punkt 3 b) der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Staak ({7}), Schmidt ({8}), Dr. Apel, Hansing, Grobecker, Batz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung mietpreisrechtlicher Vorschriften in der kreisfreien Stadt München und im Landkreis München sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg - Drucksachen VI/3208, VI/3786, VI/3802 Ich danke dem Berichterstatter. Erbittet er das Wort zu einer Ergänzung? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache der zweiten Lesung. -Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1, 2, 3, 4 sowie Einleitung und 'Überschrift. Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Wir kommen zur dritten Beratung. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen. Wer dem Gesetz in dritter Beratung zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP und einigen Enthaltungen ist das Gesetz in dritter Lesung angenommen. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({9}) betr. Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages - Drucksache VI/3807 Berichterstatter: Abgeordneter Schoettle Ich danke dem Herrn Berichterstatter - es ist der Vorsitzende des Ausschusses - und erteile ihm das Wort.

Erwin Schoettle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002061, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte mir als Mitglied dieses Hauses seit 1949 einen besseren Anlaß für meine letzte parlamentarische Arbeit gewünscht als den, über den ich heute Bericht zu erstatten haben. Es war der Wunsch des Geschäftsordnungsausschusses, daß sein Vorsitzender zu den Ihnen vorgelegten Verhaltensregeln die Berichterstattung übernimmt. Gestatten Sie mir zu den Ergebnissen der gestrigen Beratung des Geschäftsordnungsausschusses einige Anmerkungen. § 22 der geltenden Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages lautet: „Der Bundestag kann sich eine Ehrenordnung geben." Diese Formulierung sollte dem Bundestag lediglich die Möglichkeit eröffnen, sich eine Ehrenordnung zu geben. Diese Fassung wurde gewählt, da man sich bereits 1951 im zuständigen Ausschuß nicht darüber einigen konnte, welche konkreten Bestimmungen eine solche Ordnung enthalten sollte. Bereits während der Weimarer Zeit hatte der Reichstag mehrfach Ansätze unternommen, um den Gefahren einer gewinnsüchtigen Ausweitung des Abgeordnetenmandats vorzubeugen. Das Problem ist also im wahrsten Wortsinn uralt. Auch während der vorangegangenen Wahlperiode wurde bei der Erörterung der Frage, wie Interessenverbände einer Registrierungspflicht unterworfen werden könnten, die Diskussion um die Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages wiederaufgenommen. Auf Grund bestimmter Vorgänge während dieser Wahlperiode sah sich das Präsidium veranlaßt, im Jahre 1970 Formulierungsvorschläge auszuarbeiten, die am 12. Februar 1971 vom Präsidenten des Deutschen Bundestages den Fraktionsvorsitzenden mit der Bitte übersandt wurden, sich zu den Problemen eine Meinung zu bilden und eventuell Ergänzungsvorschläge zu machen. Am 22. Juni 1971 kam das Präsidium überein, den Entwurf von Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages dem Geschäftsordnungsausschuß zu übersenden. Der Geschäftsordnungsausschuß behandelte den Entwurf in seiner Sitzung am 28. September 1971 und beschloß, die Vorlage den Fraktionen mit der Bitte zu übersenden, bis Ende Februar 1972 eine Stellungnahme abzugeben. Während dieser Zeit wurde auch in der interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft, der Mitglieder dieses Hauses und der Länderparlamente angehören, über die Frage von Verhaltensregeln für Mitglieder parlamentarischer Körperschaften beraten. Dabei wurde davon ausgegangen, daß Verhaltensregeln nicht nur für Mitglieder des Bundestages, sondern auch für die Mitglieder der Länderparlamente aufgestellt werden sollten. Der Geschäftsordnungsausschuß mußte die den Fraktionen eingeräumte Frist mehrfach verlängern, da die erbetenen Stellungnahmen nicht eingegangen waren. Auf Grund von bekannten Vorgängen aus jüngster Zeit hat sich das Präsidium erneut mit seinem Entwurf befaßt und zu einer Besprechung am 19. September 1972 auch die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Fraktionen hinzugezogen. In dieser Besprechung wurden einige Änderungsvorschläge zum ursprünglichen Entwurf gemacht. Der Geschäftsordnungsausschuß befaßte sich in seiner gestrigen Sitzung abschließend mit dieser Vorlage und empfiehlt Ihnen heute einstimmig die Annahme der Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages in der vorliegenden Fassung. Wer das Echo der Bemühungen des Parlaments um diese Verhaltensregeln in der Öffentlichkeit kennt, findet darin sowohl anerkennende, aber auch zurückhaltende, wenn nicht gar skeptische Stimmen. Man kann in der Tat die Frage stellen, ob es möglich ist, durch derartige Verhaltensregeln ohne entsprechende Sanktionen das gesetzte Ziel zu erreichen. Man muß aber auch die Frage stellen, ob es nicht primär Aufgabe der politischen Parteien ist, nur solche Kandidaten zu präsentieren, die ein Höchstmaß an Gewähr dafür bieten, daß sie ihr Mandat nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden und die Ehre und das Ansehen der Volksvertretung verletzenden Weise ausnutzen. ({0}) Damit ist keine Qualifizierung einzelner Vorgänge der vergangenen Zeit gemeint. Man braucht sich nicht auf Churchill zu berufen, um festzustellen, daß ein Parlament nun einmal keine Versammlung von lauter Engeln sein kann. Der Geschäftsordnungsausschuß stimmt mit dem Präsidium des Hohen Hauses darin überein, daß es auch Aufgabe des Parlaments ist, für eine Selbstreinigung im parlamentarischen Bereich zu sorgen. Die Ihnen vorgelegten Verhaltensregeln können nicht nur auf Grund des Zeitdrucks, unter dem der Geschäftsordnungsausschuß die Beratung durchführen mußte, ein Anfang sein. Man wird sicher zunächst Erfahrungen sammeln müssen, um zu prüfen, ob die jetzt vorgesehene Regelung die Erwartungen erfüllen wird. Lassen Sie mich auf einige Punkte der Vorlage noch besonders eingehen. Der Antrag des Ausschusses gliedert sich in die Anlagen 1 und 1 a, Anlagen zur Geschäftsordnung dieses Hauses. Die Anlage 1 enthält den Vorschlag für Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages. Anlage 1 a bringt eine Vorschrift über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern. Der Ausschuß geht davon aus, daß diese Regelung demnächst in die Geschäftsordnung des Bundestages Eingang finden muß. Zu den Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages möchte ich auf einige Punkte bsonders hinweisen. In Teil I Nr. 1 Abs. 3 wird vorgeschrieben, daß Angehörige beratender Berufe die Art der Beratung anzugeben haben. Der Ausschuß versteht unter „beratende Berufe" insbesondere Ärzte, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte. Es ist selbstverständlich, daß unter „der Art der Beratung" nicht die ganze Klientel angegeben werden muß. Bei Nr. 5 hat der Ausschuß geprüft, ob es sinnvoll wäre, auch die Kandidaten für eine Bundestagswahl aufzunehmen. Er kam einmütig zu dem Ergebnis, hier nur die erfolgreichen Kandidaten zu erfassen, die abschließende Regelung jedoch einer Änderung des Parteiengesetzes zu überlassen. Zu Nr. 6 vertrat der Ausschuß die Auffassung, daß in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit bezüglich des Auftretens von Mitgliedern des Bundestages in Rechtsstreitigkeiten für oder gegen die Bundesrepublik keine abschließende Regelung getroffen werden könne. Dieses Problem soll vielmehr wegen der Schwierigkeit der Materie zu einem späteren Zeitpunkt eingehend erörtert werden. Nr. 7 legt fest, daß Hinweise auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag in beruflichen und geschäftlichen Angelegenheiten zu unterlassen sind. Eine weitere Konkretisierung hielt der Ausschuß für nicht angebracht. Er geht vielmehr davon aus, daß Geschmacks- und Taktfragen sich weitgehend einer Regelung entziehen. Der Teil II der Anlage 1 enthält im wesentlichen eine Verfahrensregel. Durch sie wird jedoch auch klargestellt, daß ein Mitglied des Bundestages, gegen das in der Öffentlichkeit Vorwürfe wegen eines Verstoßes gegen diese Verhaltensregeln erhoben werden, sich an das Präsidium wenden kann, um eine Überprüfung der Angelegenheit zu erreichen. Von entscheidender Bedeutung ist, daß lediglich einstimmig getroffene Feststellungen des Präsidiums veröffentlicht werden können. Damit soll verhindert werden, daß das Präsidium zu einem politischen Tribunal wird. Zur Registrierung von Verbänden und deren Vertretern, wie sie die Anlage 1 a vorsieht, sei darauf hingewiesen, daß die Bemühungen um eine entsprechende Regelung ebenfalls bereits auf den 5. Deutschen Bundestag zurückgehen. Wegen der Komplexität dieses Problems hat der Geschäftsordnungsausschuß damals davon abgesehen, dem Plenum eine Empfehlung zu unterbreiten. Wenn er Ihnen heute eine Regelung vorschlägt, so ist er sich darüber im klaren, daß auch diese sich zunächst in der Praxis bewähren muß, bevor sie in die Geschäftsordnung selbst übernommen werden kann. Abschließend möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß der Ausschuß einstimmig beschlossen hat, Ihnen diese Anlagen zur Annahme zu empfehlen. Bei aller Vorläufigkeit und möglicherweise Lückenhaftigkeit dieser Regelungen glaubt der Ausschuß dennoch, hiermit einen Anfang gesetzt zu haben, weshalb ich das Hohe Haus bitten möchte, dem Antrag zuzustimmen. ({1}) Präsident von Hassel: Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache über diesen Tagesordnungspunkt. Wird das Wort verlangt? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Sie haben ihn gelesen; er lautet: Der Bundestag wolle beschließen: 1. Als Anlage 1 und 1 a der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages werden die anliegenden Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages ({2}) sowie die Vorschriften über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern ({3}) angenommen. 2. Die in Anlage 1 und 1 a vorgesehenen Regelungen treten am 1. November 1972 in Kraft. 3. Die bisherigen Anlagen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages werden neu durchnumeriert. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ohne Gegenstimmen angenommen. Präsident von Hassel Ich darf bei der Gelegenheit dem Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses unseren besonderen Dank für die Arbeit, die er gestern mit seinem Ausschuß geleistet hat, aussprechen. ({4}) Wir fahren fort in der Tagesordnung. Ich rufe den Punkt 12 der Tagesordnung auf: a) Beratung der Sammelübersicht 41 des Petitionsausschusses ({5}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache VI/3730 - b) Beratung der Sammelübersicht 42 des Petitionsausschusses ({6}) über Anträge zu Petitionen und systematische Ubersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 20. Oktober 1969 bis 31. August 1972 eingegangenen Petitionen - Drucksache VI/3360 - c) Beratung der Sammelübersicht 43 des Petitionsausschusses ({7}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache VI/3805 - d) Beratung der Sammelübersicht 44 des Petitionsausschusses ({8}) über Anträge zu Petitionen - Drucksache VI/3809 Ich darf den Berichterstattern danken. - Ich frage, ob das Wort dazu begehrt wird. - Das ist nicht der Fall. Wer diesen Sammelübersichten 41 bis 44 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen betr. Veräußerung einer 1,9 ha großen Teilfläche der Kasernenanlage in Kassel an der Frankfurter Straße an das Land Hessen - Drucksache VI/3754 Das Wort dazu wird nicht begehrt. - Wer dem Vorschlag auf Überweisung an den Haushaltsausschuß zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 14, 15 und 16 sowie den das gleiche Gebiet betreffenden Zusatzpunkt auf: 14. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({9}) über den von der Bundesregierung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Entscheidung ({10}) des Rates über die statistische Erfassung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs mit Kraftomnibussen im Gelegenheitsverkehr - Drucksachen VI/3322, VI/3601 - Berichterstatter: Abgeordneter Seefeld 15. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen ({11}) über den von der Bundesregierung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie des Rates zur Gestaltung des Innenraums von Kraftfahrzeugen betreffend die im Fahrgastraum befindlichen inneren Teile außer dem ({12}) Innenrückspiegel({13}), die Anordnung der Betätigungsteile, das Dach oder das Schiebedach, die Sitzteile und den rückseitigen Teil des Sitzes - Drucksachen VI/3037, VI/3597 - Berichterstatter: Abgeordneter Ollesch 16. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({14}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der EG-Kommission für eine Verordnung ({15}) des Rates über die Finanzierung von Umstellungsmaßnahmen auf dem Sektor Kabeljaufischerei durch den EAGFL, Abteilung Ausrichtung Verordnung ({16}) des Rates zur Änderung der Verordnungen über die Finanzierung von Interventionsausgaben auf dem Binnenmarkt für Agrarerzeugnisse Richtlinie ({17}) des Rates zur Änderung der Richtlinie vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Betarübensaatgut, über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut, über den Verkehr mit Getreidesaatgut, über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln, der Richtlinie vom 30. Juni 1969 über den Verkehr mit Saatgut von Öl- und Faserpflanzen und der Richtlinien vom 29. September 1970 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut und über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten Verordnung ({18}) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 175/67/EWG über die Grundregeln für die Vorausfestsetzung der Erstattungen bei der Ausfuhr auf dem Eiersektor Verordnung ({19}) des Rates zur Ergänzung der Verordnung Nr. 123/67/EWG bezüglich der Vorausfestsetzung der Erstattungen bei der Ausfuhr auf dem Geflügelfleischsektor Verordnung ({20}) des Rates zur Ergänzung der Verordnung Nr. 176/67/EWG über die Grundregeln für die Vorausfestsetzung der Erstattungen bei der Ausfuhr auf dem Sektor Geflügelfleisch - Drucksachen VI/3119, VI/3319, VI/3320, VI/3398, VI/3399, VI/3743, VI/3402, VI/3405, VI/3415 Berichterstatter: Abgeordneter Peters ({21}) Präsident von Hassel Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({22}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Entwurf für eine Verordnung ({23}) Nr. ...172 des Rates vom ... zur Änderung der Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/Euratom über die Regelung der Amtsbezüge für den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler des Gerichtshofs - Drucksachen VI/3686, VI/3795 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schäfer ({24}) Sind Sie damit einverstanden, daß wir das zusammen behandeln? - Ich höre keinen Widerspruch. Es handelt sich um die Berichte der Ausschüsse über Vorlagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? Das ist nicht der Fall. Ich danke den Herren Berichterstattern. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber darüber zusammen abstimmen? - Ich sehe keinen Widerspruch. Wir kommen zur Abstimmung über die Anträge aus folgenden Drucksachen: VI/3601, VI/3597, VI/3743 und VI/3795. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Wir kehren damit zurück zu Punkt 5 der Tagesordnung: Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und über die Fünfzehnte Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ({25}) - Drucksachen VI/2153, VI/2584, VI/2916, VI/3325, VI/2585, VI/3214, VI/3448 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({26}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/3781 - Berichterstatter: Abgeordneter Krampe b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ({27}) - Drucksachen VI/3767, zu VI/3767 Berichterstatter: Abgeordneter Müller ({28}) Abgeordneter Killat-von Coreth Abgeordneter Schmidt ({29}) ({30}) Die Zusammenstellung der Beschlüsse liegt Ihnen in Drucksache VI/3806 vor. Wir treten in die dritte Beratung ein. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Herr Arendt.

Walter Arendt (Minister:in)

Politiker ID: 11000044

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Bundesregierung, für die Koalition und auch für mich ist das Ziel erreicht, in dieser Legislaturperiode ein Gesetz über die Rentenreform zu verabschieden. ({0}) Neben dem Betriebsverfassungsgesetz, das wir gegen die Stimmen der Opposition in diesem Hause durchgesetzt haben, ({1}) stellt das Rentenreformgesetz den zweiten großen Schwerpunkt unserer Arbeit dar. Hinter uns liegen drei Jahre aktive und fortschrittliche Sozialpolitik der Bundesregierung. ({2}) Ich erwähne davon in der Krankenversicherung die Leistungsverbesserungen auf dem Gebiet der Gesundheitssicherung und die weitere Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten, in der Unfallversicherung deren Einführung für Schüler und Studenten, in der Rentenversicherung selbst die Aufhebung der Rentenkürzung von 2 Prozent, für die Landwirte eine geschlossene soziale Sicherung von der Krankenversicherung bis zur Altershilfe und in der Kriegsopferversorgung die Dynamisierung der Kriegsopferrenten. Wir haben, meine Damen und Herren, mehr soziale Gerechtigkeit geschaffen. ({3}) Zu diesen Reformen, die schon für eine dreijährige Regierungstätigkeit mehr als ausreichen würden, tritt nunmehr die Reform der Rentenversicherung, die mit der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers im Oktober 1969 eingeleitet wurde. Sie enthielt die Aufgabenstellung, die Rentenversicherung zu öffnen, die flexible Altersgrenze einzuführen und diejenigen, die sozial besonders benachteiligt sind, in das Sozialleistungssystem besser einzubeziehen. Das Rentenreformgesetz ist das größte sozialpolitische Gesetzesvorhaben seit der Neuregelung der Rentenversicherung aus dem Jahre 1957. Viele Millionen Menschen in diesem Lande - Arbeitnehmer und Rentner, Hausfrauen und Selbständige - warten auf diese Reform. Diese Menschen sollen nicht enttäuscht werden. Es ist daher die Aufgabe dieses Hohen Hauses, das Reformwerk heute zu verabschieden. ({4}) Die Bundesregierung hat trotz gegenteiliger Vermutungen der Opposition mit der Vorlage des Rentenreformgesetzes bewiesen, daß sie in der Lage war, Lösungen für die anstehenden Strukturprobleme in der sozialen Rentenversicherung 7u finden. Ohne die sozialliberale Bundesregierung wären diese Reformvorhaben nicht eingeleitet worden. ({5}) Die Verabschiedung des Rentenreformgesetzes ist ein Schritt nach vorn, der auch für die Zukunft erwarten läßt, daß wir in demselben Geiste weiterarbeiten werden. Das Rentenreformgesetz ist ein Ausdruck der wirtschaftlichen Kraft unseres Staates, die es ermöglicht, dieses Gesetz mit seinen sozialen Leistungen zu verwirklichen. Die Bundesregierung hat Ihnen den Entwurf eines Rentenreformgesetzes nach zweijähriger Tätigkeit vorgelegt. Im Vergleich zu dem Zeitraum, der den früheren Bundesregierungen zur Verfügung stand, war dies eine kurze Zeitspanne. Sie einzuhalten und nicht zu überschreiten war nur deswegen möglich, weil nicht wie bei früheren Bundesregierungen die erste Zeit jeder Legislaturperiode mit nutzlosem Streit darüber verbracht wurde, was zu geschehen habe, ({6}) sondern von vornherein die Regierungserklärung von 1969 einen klaren Weg wies. ({7}) In allen früheren Bundestagsperioden seit 1957 haben sich Teile der jeweiligen Bundesregierung und der sie tragenden CDU/CSU darum bemüht, das Rad der sozialpolitischen Entwicklung zurückzudrehen; ich erwähne hier nur den Vorschlag der Beteiligung der Versicherten und Rentner an den Kosten der Krankenversicherung durch den damaligen Bundesarbeitsminister Blank. Auch der Ausfall der Rentenanpassung 1958 zeigt deutlich, was von Ihnen zu erwarten ist, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie nach dieser Rentenreform in der nächsten Bundestagswahl die Mehrheit erringen würden. ({8}) Diese damals ausgefallene Rentenanpassung haben Sie zwölf Jahre lang mitgeschleppt, und sie wird erst durch diese Rentenreform zur Hälfte aufgehoben. ({9}) Ich kann die Opposition verstehen, daß sie sich mit ihren Reden im Deutschen Bundestag von einem von ihr selbst herbeigeführten Unrecht zu distanzieren versucht. Ich sage das, um damit deutlich zu machen, daß diese Bundesregierung auf dem Gebiete der Sozial- und Gesellschaftspolitik von vornherein neue Akzente gesetzt hat. Ich kann daher heute darauf hinweisen, daß das Programm der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 erfüllt ist. ({10}) Es gibt keine Reformruinen! ({11}) Die flexible Altersgrenze, die Öffnung der Rentenversicherung für weitere Gesellschaftsgruppen, die Datenverarbeitung in der Rentenversicherung und die Weiterentwicklung des Rentenrechts überhaupt, diese Programmpunkte werden mit dem heutigen Rentenreformgesetz erfüllt. ({12}) Die Opposition konnte sich diesem Regierungsprogramm nicht entziehen. ({13}) Sie ist von der anfänglichen Ablehnung der Altersgrenze über ein Zögern, von dem Liebäugeln mit Abschlägen zu einer Bejahung der flexiblen Altersgrenze gekommen. ({14}) Und wenn hier in diesen Tagen die Rede war von einem Kontrastprogramm, so gilt das, wie wir es gestern noch gesehen haben, für viele Einzelheiten, aber nicht für das Programm als solches. Hier hat es eine Anpassung der Opposition an das Regierungsprogramm gegeben. ({15}) Das gilt noch in weiterer Hinsicht. Wenn in diesen Stunden die Opposition den Verdienst für sich in Anspruch nimmt, für die Rentner besonders gesorgt zu haben, so muß ich immer wieder darauf hinweisen, daß sie für die vorgezogene Rentenanpassung seit 1958 Zeit hatte - zwölf Jahre Zeit. ({16}) Solange Sie die Bundesregierung stellten oder an ihr beteiligt waren, haben Sie regelmäßig eine Nachholung abgelehnt. ({17}) Erst jetzt, als das soziale Klima durch die neue sozialliberale Koalition verbessert worden ist, ({18}) hat sich die Opposition nach fast vierzehn Jahren dieser Frage angenommen. Erst diese Klimaänderung, meine Damen und Herren, hat Ihre Anträge nahegelegt. ({19}) Die soziale Einstellung ist in Ihrer Fraktion nur vor Bundestagswahlen und in der Opposition sehr gefragt. ({20}) Noch gestern haben Sie demonstriert, wie sehr bei Ihnen Behauptung und Praxis voneinander abweichen. Das Rentenreformprogramm der Bundesregierung enthält vier wesentliche Schritte für die soziale Sicherung der Frau: ({21}) Öffnung der Rentenversicherung für Hausfrauen, die Rente nach Mindesteinkommen, die Neuregelung der Geschiedenen-Witwenrenten und das BabyJahr. ({22}) Ich bin froh, daß in der heutigen Sitzung des Bundestages eine Teillösung für den Bereich der Renten an geschiedene Frauen noch ermöglicht werden kann. ({23}) Ich bin aber sehr betrübt darüber, daß gestern das sogenannte Baby-Jahr, also das zusätzliche Versicherungsjahr für die Geburt eines jeden Kindes, auf Grund Ihrer Abstimmung gefallen ist. Sie haben damit wieder einmal deutlich gemacht, daß eine eigenständige Sicherung der Frau Ihnen zu allerletzt am Herzen liegt und daß die Frauen für Sie nur ein Anhängsel der Sozialpolitik sind. ({24}) Präsident von Hassel: Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Walter Arendt (Minister:in)

Politiker ID: 11000044

Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu. Nur so wird auch verständlich, warum Sie gestern bei der Durchsetzung Ihrer Vorschläge zur Öffnung der Rentenversicherung für die Frauen eine Rente minderen Rechts geschaffen haben. ({0}) Bei der flexiblen Altersgrenze darf ich feststellen: Wir haben grundsätzlich die flexible Altersgrenze durchgesetzt. ({1}) Dafür gab es keine Vorarbeiten früherer Bundesregierungen. Durch die Initiative dieser Bundesregierung wird künftig jeder Versicherte mit einem erfüllten Arbeitsleben seine Altersgrenze selbst bestimmen können. ({2}) Schwerbeschädtigte sowie Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrentner werden auf Vorschlag der Koalitionsfraktionen dieses Recht bereits mit der Vollendung des 62. Lebensjahres erhalten. ({3}) Im Interesse der Sache, meine Damen und Herren, bedaure ich es jedoch, daß - und das möchte ich hier noch einmal wiederholen - die Opposition sich mit ihrem Vorschlag zur Weiterarbeit durchgesetzt hat. Da sage ich, daß unsere Vorlage besser und gerechter war. ({4}) Wenn sich die Opposition bei den Abstimmungen des gestrigen Tages in einigen Detailfragen durchsetzen konnte ({5}) - ja, mit einer Stimme Mehrheit -, so liegt das nur daran, daß Abgeordnete der Regierungskoalition mit ihrem Mandat zur Opposition gewechselt sind. ({6}) Meine Damen und Herren, ich danke an dieser Stelle nochmals dem Sozialpolitischen Ausschuß dieses Hohen Hauses für seine in den letzten Wochen geleistete Arbeit. Sie hat es ermöglicht, daß das Reformgesetz heute noch - kurz vor Ende der Legislaturperiode - verabschiedet werden kann. ({7}) Die sozialliberale Bundesregierung ({8}) hat die Initialzündung für das vorliegende Rentenreformprogramm gegeben. Ohne diese sozialliberale Regierung wäre das Mehr an sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit niemals erreicht worden. ({9}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Katzer. ({10})

Hans Katzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001073, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war die erstaunlichste Rede, die ich seit 15 Jahren im Deutschen Bundestag gehört habe. ({0}) Lassen Sie mich zuerst eine Bemerkung zu dem machen, was Herr Arendt über diejenigen gesagt hat, die die Partei gewechselt haben. Herr Bundeskanzler, ich habe Ihre gestrige Reaktion auf das, was der Kollege Barzel dazu gesagt hat, mit sehr großem Kummer beobachtet. ({1}) Ich kann nur sagen: Sie tun sich einen schlechten Dienst. Kollegen, die 40 Jahre in einer Partei waren und dann aus Gewissensnot die Partei wechseln, sollte man doch nicht so nachrufen, wie Sie es getan haben. Das ist ein mieser Stil; daß muß ich Ihnen sagen. ({2}) Es ist traurig, wohin Sie es gebracht haben. Herr Arendt, ich sagte es schon, das war eine erstaunliche Rede. Warum haben wir eigentlich gestern den ganzen Tag kontrovers diskutiert? Etwa wegen Kleinigkeiten, wie Sie es nennen? Warum haben wir denn eigentlich gestern vier Abstimmungen gehabt, die Sie alle miteinander verloren haben? Etwa, damit wir jetzt Ihre Regierungsvorlage wiederherstellen? Das Gegenteil ist wahr und richtig. Hier und heute wird über die Vorschläge der CDU/CSU-Bundestagsfraktion abgestimmt, die wir eingebracht haben. ({3}) So leichtfertig sollte man mit der Wahrheit nicht umgehen, Herr Arendt! ({4}) Ich zitiere, damit Sie sich beruhigen können, aus der „Süddeutschen Zeitung" vom 14. Juni 1971. Dort wird über die Rede von Bundesarbeitsminister Arendt vor einer Arbeitnehmerkonfernz in Bochum ausgeführt: Bundesarbeitsminister Arendt hat sich am Wochenende gegen Vorschläge der CDU/CSU- Bundestagsfraktion gewandt, die Überschüsse der Rentenversicherung für ein höheres Rentenniveau oder eine Mindestrente zu verwenden. ({5}) Nach Auffassung des Ministers sollten die Überschüsse vielmehr gezielt für die flexible Altersgrenze eingesetzt werden. ({6}) Dieser Mann stellt sich hier hin und sucht den Eindruck zu erwecken, als hätten die Rentner ihm zu verdanken, was nur der stetigen Haltung der Fraktion der CDU/CSU hier im Deutschen Bundestag zu verdanken ist. Ich werde das noch erläutern. ({7}) Meine Damen und Herren, 10 Millionen Rentner täuscht man nicht! ({8}) Wir haben das sehr genau verfolgt, und zwar nicht erst seit gestern, sondern bereits seit anderthalb Jahren, als Sie, die Sie jetzt den Mut haben, zu klatschen, in namentlicher Abstimmung genau das abgelehnt haben, was Herr Arendt jetzt für die Rentner erreicht haben will. ({9}) - Ich bin froh, daß Sie wenigstens jetzt nicht reagieren. ({10}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in wenigen Sätzen ({11}) - das kann ich mir aus Ihrer Ecke gut vorstellen -noch einmal die Grundprinzipien hervorheben, die die Haltung der Fraktion der CDU/CSU seit anderthalb Jahren bestimmt haben. Erstens. Die Kernfrage lautete: Soll am Prinzip der leistungsbezogenen Alterssicherung festgehalten werden oder nicht? Die Union tritt dafür ein, unser leistungsbezogenes Alterssicherungssystem zu erhalten. Dies soll durch das Rentenniveausicherungsgesetz garantiert werden. Zweitens. Soll das Prinzip der leistungsbezogenen Alterssicherung durch gezielte Verbesserungen für benachteiligte Kleinstrentner endgültig von unten her abgesichert werden? Die Union tritt dafür ein, durch großzügige Rentenaufbesserungen den Kleinstrentnern eine Rente über dem Sozialhilfeniveau zu sichern, die trotz eines erfüllten Arbeitslebens sowie langjähriger einkommensgerechter Beiträge eine zu niedrigere Rente erhalten haben. Drittens. Soll die Altersgrenze herabgesetzt werden, oder soll sie flexibel gestaltet werden? Um der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer Rechnung zu tragen, muß nach unserer Auffassung die Altersgrenze flexibel werden. Ein Beschäftigungsverbot - und wir haben uns ja durchgesetzt; das nennt Herr Arendt eine Kleinigkeit, mit der wir uns da gestern durchgesetzt haben - lehnen wir als inhuman ab. ({12}) Viertens. Sollen den Selbständigen in der Rentenversicherung gleiche Rechte und Pflichten angeboten werden oder nicht? Die CDU/CSU-Fraktion tritt dafür ein, daß die Selbständigen gleichberechtigte Mitglieder in der Rentenversicherung werden können, zu gleichen Rechten und Pflichten wie die Arbeitnehmer auch. Fünftens. Soll sich die Verbesserung der sozialen Sicherung der Frau am Leitbild der erwerbstätigen Frau oder daran orientieren, daß die Stellung der Hausfrau und Mutter derjenigen der berufstätigen Frau in jeder Hinsicht gleichwertig ist? Die Union tritt dafür ein, solche Voraussetzungen zu schaffen, daß die Frauen frei entscheiden können, ob sie berufstätig oder im Haushalt tätig sein wollen. ({13}) Sechstens. Sollen Beitragssteigerungen über 18 % hinaus vorprogrammiert werden oder nicht? Die Union hält am Beitragssatz von 18% fest. Wir sind deshalb bereit, auch populären Versprechungen hier eine Absage zu erteilen. Was das Baby-Jahr betrifft: Nachdem alle unsere Vorstellungen, von denen Sie, Herr Kollege Arendt, gestern behauptet haben, daß das finanziell eine große Belastung wäre, heute Gesetz werden, setzen Sie hier 18 Milliarden DM bis 1986 dazu! Wenn Sie dies durchgesetzt hätten, dann hätten wir die Inflation von übermorgen schon vorprogrammiert mit den Beschlüssen, die Sie hier fassen wollten. ({14}) Präsident von Hassel: Wir fahren in der allgemeinen Aussprache fort. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ruf.

Thomas Ruf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001901, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der Christlich-Demokratischen Union und der Christlich-Sozialen Union zum Abschluß der dritten Lesung des Gesetzes zur weiteren Reform der gesetzlichen Rentenversicherung folgende Erklärung abzugeben. Ein großes Reformwerk steht kurz vor seiner Verwirklichung. Nachdem von den Unionsparteien im Jahre 1957 die bruttolohnbezogene dynamische Rente geschaffen wurde, ist es wiederum die CDU/CSU, die einen konsequenten und fortschrittlichen Ausbau der Alterssicherung unseres Volkes verwirklicht. ({0}) Ich freue mich darüber um so mehr, als zum erstenmal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein solches Gesetz von einer Partei konzipiert und erarbeitet wurde, die in der Opposition steht. ({1}) Das vorliegende Gesetzeswerk, das zur Verabschiedung ansteht, entspricht in allen wesentlichen Fragen nicht mehr dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf. Es trägt für jedermann deutlich sichtbar den Stempel der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. ({2}) Wir stellen dies ohne jede Überheblichkeit und ohne jeden Übermut als Tatsache fest. ({3}) Damit haben wir wieder einmal bewiesen, daß, wenn es um wirkliche Reformen geht, um in die Zukunft weisende und solide Reformen, die CDU es ist, die in der Lage ist, solche Reformen zu konzipieren und auch durchzusetzen und zu verwirklichen. ({4}) Das war 1957 bei der großen Rentenreform so, das hat sich heute wieder erwiesen. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Was hier an Arbeit von den Mitgliedern der CDU/CSU und ihrem kleinen Fraktionsstab geleistet wurde, erfüllt uns alle mit Stolz. Allen, die daran mitgewirkt haben, möchte ich von dieser Stelle aus noch einmal den herzlichen Dank der CDU/CSU- Bundestagsfraktion aussprechen. ({5}) Als besonders wichtigen Erfolg für die Rentner sieht die CDU/CSU-Bundestagsfraktion an, daß sie das Vorziehen der Rentenanpassung auf den 1. Juli 1972 durchgesetzt und damit den Rentnern geholfen hat. Die Rentennachzahlung wird immerhin 57 % der Dezemberrente betragen. Durch das Rentenniveausicherungsgesetz, das gestern angenommen wurde, garantieren wir die bruttolohnbezogene dynamische Rente und damit die Teilnahme der Rentner am Wachstum der Volkswirtschaft auch für die Zukunft. Alle Versuche, dieses System durch Inflationszuschläge auszuhöhlen - und nichts anderes, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, war doch der von Ihnen vorgeschlagene Grundbetrag -, sind an der Beharrlichkeit der CDU/CSU gescheitert. ({6}) Einen weiteren Erfolg der stetigen Politik der CDU/CSU sehen wir darin, daß nunmehr durch großzügige Rentenaufbesserungen den Kleinrentnern eine Rente über dem Sozialhilfeniveau gesichert wird, die bisher trotz eines erfüllten Arbeitslebens sowie einkommensgerechter Beiträge eine zu niedrige Rente haben. Der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer wird durch eine wirklich flexible - wirklich flexible! - Altersgrenze Rechnung getragen. Was die Bundesregierung seinerzeit vorgeschlagen hatte, verdient den Namen flexible Altersgrenze nicht. ({7}) Jedes kleinliche Nachspionieren, was der ältere Mensch in seiner Freizeit tut, wird verhindert, und wer die Rente nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Anspruch nimmt, hat dadurch keinen Nachteil. Eine besondere Freude ist es mir auch, daß nunmehr die Selbständigen mit gleichen Rechten und Pflichten Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung werden können. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich nicht gescheut, populären Versprechungen dort, wo sie im Interesse der finanziellen Glaubwürdigkeit nicht mehr verantwortet werden konnten, eine Absage zu erteilen. Das gilt z. B. für das Baby-Jahr. Das Rentenkonzept der CDU/CSU, das gestern beschlossen worden ist, ist finanziell solide. Es wurden keine Beitragssatzsteigerungen über 18 % hinaus vorprogrammiert. Wir wissen darum, daß viele Probleme - so die soziale Sicherung der Frau - noch nicht gelöst sind. Das wird die große Aufgabe einer CDU/CSU- geführten Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode sein. Und so, wie wir dieses Reformwerk konsequent Schritt für Schritt entwickelt haben und uns durch alle Angriffe nicht haben beirren lassen, wird eine von der Union geführte Regierung auch diese Reform verwirklichen. ({8}) Die Fraktion der CDU/CSU steht geschlossen zur Verabschiedung dieses Gesetzes zur weiteren Reform der gesetzlichen Rentenversicherung. Wir schaffen damit weiteren sozialen Fortschritt für alle Schichten unseres Volkes. ({9}) Präsident von Hassel: Wir fahren in der allgemeinen Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur dritten Lesung gebe ich namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion folgende Erklärung ab. Nach Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion ist es ein Ergebnis von historischer Bedeutung, daß wir heute nach langem, hartem politischen Ringen eine weitere große Reform der sozialliberalen Koalition verabschieden können. ({0}) Der politische Erfolg der sozialliberalen Koalition wird auch dadurch nicht gemindert, daß die Opposition bei der zweiten Lesung Änderungen erreicht hat. Wenn die CDU/CSU die Regierungsverantwortung getragen hätte, dann wäre in dieser Legislaturperiode bestimmt keine Rentenreform verabschiedet worden. ({1}) Deshalb ist und bleibt dies eine Rentenreform der sozialliberalen Koalition. ({2}) Mit ihr wird die soziale Sicherung in fünf Schwerpunkten auf eine neue, gerechtere Grundlage gestellt. Erster Schwerpunkt. Die Rentenreform verwirklicht eine flexible Altersgrenze. Damit wird dem Lebensschicksal der älteren Arbeitnehmer in unserem Land besser Rechnung getragen. Was bis heute vielen älteren Arbeitnehmern in der betrieblichen Praxis an menschlicher Belastung und gesundheitlicher Belastung und gesundheitlicher Überforderung zugemutet wurde, ist unwürdig. Deshalb ist es ein bedeutsamer Fortschritt, daß vom 1. Januar an jeder Arbeiter und Angestellte nach einem langen Arbeitsleben das Recht erhält, zwei Jahre - der Schwerbeschädigte sogar drei Jahre - früher als bisher aus seiner Erwerbstätigkeit auszuscheiden. ({3}) Das bedeutet mehr Freiheit und mehr Humanität. Meine Fraktion bedauert es aber, daß durch die Anträge der CDU/CSU Anreize zur Weiterarbeit beschlossen wurden, die den gesellschaftspolitischen Fortschritt der flexiblen Altersgrenze beeinträchtigen können. ({4}) Zweiter Schwerpunkt. Die Rentenreform bringt Leistungsverbesserungen für alle Rentner. Die sozialliberale Koalition hat einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, daß es zu einer gemeinsamen Auffassung aller Fraktionen über die vorgezogene halbjährliche Anpassung gekommen ist. ({5}) - Nein, Herr Katzer, weil wir erst einmal die soliden finanziellen Grundlagen für eine umfassende Reform schaffen mußten, ({6}) für eine Reform, bei der nicht die Rentner gegen die Arbeitnehmer ausgespielt werden. ({7}) Die 10 Millionen Rentner werden nach der bereits im April erfolgten Rückzahlung des Rentnerkrankenversicherungsbeitrags auf Initiative der Koalition noch im November eine Nachzahlung für das zweite Halbjahr erhalten, und zwar eine Sonderzahlung in Höhe von 57 % ihrer Monatsrente. ({8}) Dann werden vom 1. Januar an zusätzlich 9,5 % laufend monatlich gezahlt. Es folgt dann im Juli die nächste Rentenanpassung. In diesem Jahre 1972 werden die Rentner eine Anhebung ihrer Renten um fast 15 % erhalten. ({9}) Insgesamt wurden während des Wirkens der sozialliberalen Koalition die Renten für jeden Rentner um über 33 % erhöht. Selbst in Anbetracht der Preissteigerungen sind die Renten mehr als doppelt so stark gestiegen als die Preise. Unsere Rentner haben deshalb am wirtschaftlichen Aufschwung voll teilgenommen. ({10}) Dritter Schwerpunkt! Die Rentenreform führt erstmals eine Mindestrente ein. Damit werden soziale Ungerechtigkeiten für diejenigen beseitigt, die ein Leben lang gearbeitet haben, aber trotzdem nur eine Rente beziehen, die zum Leben nicht reicht. Mit der Mindestrente, von uns konzipiert, wird mehr soziale Gerechtigkeit verwirklicht und wird der Sozialcharakter unserer Rentenversicherung ausgebaut. Leider müssen wir heute der Öffentlichkeit sagen: die Kleinrentner werden jahrelang auf die neue Mindestrente warten müssen, ({11}) weil die Opposition gestern gegen alle Erkenntnisse eine verwaltungsmäßig äußerst komplizierte Regelung durchgesetzt hat. Das wußten Sie, meine Damen und Herren der CDU/CSU. Das hatten Ihnen die Dienststellen gesagt. Dennoch haben Sie das gestern mit einer Stimme Mehrheit durchgesetzt. ({12}) Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann?

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein! - Meine Fraktion bedauert diese Verzögerung für die Kleinrentner, denen wir in einem bereits mit der Bundespost besprochenen vereinfachten Verfahren schnell helfen wollten; ({0}) das haben Sie leider unmöglich gemacht. ({1}) Vierter Schwerpunkt! Die Rentenreform wird für alle Selbständigen und Freiberuflichen den Zugang zur sozialen Sicherung öffnen. Das hat die CDU/ CSU seit 1956 verhindert. Durch die Öffnung der Rentenversicherung erhalten alle Selbständigen jetzt das Recht, sich eine eigene soziale Sicherung für den Fall der Berufsunfähigkeit, für das Alter aufzubauen. Sie können einen Anspruch auf beitragsfreie Krankenversicherung als Rentner erwerben und die Versorgung ihrer Hinterbliebenen gewährleisten. Durch das Recht auf Nachversicherung, konzipiert von der sozialliberalen Koalition, wird auch den älteren Selbständigen die Möglichkeit geboten, noch an der sozialen Sicherung teilzuhaben. Dies ist ein wichtiger Schritt zu unserem politischen Ziel einer Volksversicherung. Fünfter Schwerpunkt. Diese Reform schafft die Möglichkeit einer sozialen Sicherung für Hausfrauen. Es ist ein großer Fortschritt, konzipiert von der sozialliberalen Koalition, daß nunmehr die Rentenversicherung auch für alle Hausfrauen geöffnet wird und daß ihnen die Möglichkeit zu einer Nachversicherung rückwirkend bis 1956 eröffnet wird. Das kann zu einem Wendepunkt in der Geschichte der sozialen Sicherung für die Frauen in unserem Lande werden. Meine Fraktion bedauert aber sehr, daß durch den Mehrheitsbeschluß von gestern den Hausfrauen keine Mutterschafts-, Krankheits- und Ausbildungszeiten angerechnet werden. ({2}) Die Rentenreform sollte nach dem Willen der sozialliberalen Koalition für die Mütter, die durch Erziehung von Kindern hinsichtlich ihrer Rentenansprüche erheblich benachteiligt werden, größere soziale Gerechtigkeit verwirklichen. Die Koalitionsparteien hatten beantragt, allen versicherten Frauen für jedes Kind ein zusätzliches Versicherungsjahr, das sogenannte Baby-Jahr, zu gewähren. Sie von der CDU/CSU haben das mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt. Die CDU/CSU hat damit eine schwere politische Schuld gegenüber den Müttern auf sich geladen. ({3}) Meine Damen und Herren, ungeachtet der bedauerlichen Fehlentscheidungen, die die Mehrheit beschlossen hat, bekennt sich die sozialliberale Koalition zu der Rentenreform. Die Rentenreform ist und bleibt ihr Werk, von der Koalition versprochen ({4}) und in jahrelangem politischem Ringen erkämpft. ({5}) Die sozialliberale Koalition ist stolz darauf, daß es gelungen ist, diese Rentenreform, die Ausdruck der Wirtschafts- und Finanzkraft unseres Landes ist, noch vor Auflösung des Bundestages zu verabschieden. Aber wir müssen hinzufügen: Grundlage für die Solidität dieser Rentenreform ist die weitere Vollbeschäftigungspolitik der sozialliberalen Koalition. ({6}) Im Namen meiner Fraktion danke ich dem Vater der Rentenreform, meinem Freunde Walter Arendt. ({7}) Präsident von Hassel: Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Schmidt ({8}). Die Fraktion der FDP hat eine Redezeit von 20 Minuten beantragt. ({9})

Hansheinrich Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002006, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der freien demokratischen Fraktion darf ich zur dritten Beratung des Rentenreformgesetzes folgende Erklärung abgeben. Wir Freien Demokraten begrüßen es, daß das Rentenreformprogramm der Regierung und von FDP und SPD in weiten Bereichen eine breite Mehrheit und Zustimmung im ganzen Haus gefunden hat. Wir bedauern es, daß es der CDU/CSU in anderen Punkten nur noch um die Demonstration einer erschlichenen Mehrheit von einer Stimme ging, ({0}) gegen den besseren Sachverstand und gegen die besseren Vorschläge. ({1}) Dabei wurde einmal mehr klar: erstens die ablehnende Haltung der CDU/CSU gegenüber den Selbständigen, insbesondere dem Mittelstand, bei Ablehnung der freiwilligen Selbstversicherung im echten Sinne der Freiwilligkeit, ({2}) zweitens die ablehnende Haltung der CDU/CSU gegenüber den Frauen und Müttern bei der Ablehnung des Baby-Jahres, ({3}) drittens die vordergründige Wahltaktik der CDU/ CSU ohne die gebotene Rücksicht und Verantwortung für die finanzielle Solidität der gesetzlichen Rentenversicherung. ({4}) Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Kalinke?

Hansheinrich Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002006, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident, ich habe eingangs gesagt, daß ich eine Erklärung abgebe. Ich bin sonst immer dazu bereit, Frau Kollegin Kalinke; das wissen Sie. Aber da ich eine Erklärung für meine Fraktion abgebe, darf ich darum bitten, von Zwischenfragen abzusehen. Sicherlich wird sich noch einmal eine Gelegenheit dazu ergeben. ({0}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung in der nunmehr vorgesehenen Fassung werden jedoch unabhängig davon entscheidende Fehler und Mängel der Rentenreform von 1957 korrigiert. Es hat allerdings nahezu 15 Jahre gedauert, bis die CDU/CSU ihre damaligen Fehlentscheidungen eingesehen hat, ({1}) und es bedurfte der heilsamen Rolle der Opposition, ({2}) bis sie bereit war, auch einzugestehen, daß hier Fehler gemacht wurden, ({3}) und selbst Änderungen und Maßnahmen mitzumachen oder Anträge vorzulegen, die sie in der Vergangenheit - siehe Öffnung, siehe Anhebung und Aufbesserung von Kleinstrenten - teilweise grundsätzlich abgelehnt hat. Ich denke dabei als erstes an die Öffnung der gesetzlichen Rentenversicherung für die Selbständigen und die Hausfrauen. Die CDU/CSU hat 1957 in totaler Verkennung der gesellschaftlichen Situation und Entwicklung den Selbständigen und Hausfrauen durch Gebrauch ihrer absoluten Mehrheit das Recht zur Vorsorge für das Alter in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Selbstversicherung genommen. Die CDU/CSU hat, solange sie in der Regierungsverantwortung war, alle Anträge von FDP und SPD zur Beseitigung dieser Diskriminierung abgelehnt. Die sozialliberale Koalition dagegen hat vereinbart, die Öffnung vorzunehmen, wie bereits in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 festgelegt wurde. Erst diese Ankündigung und die anderen Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag haben in der CDU/CSU einen Umdenkungsprozeß bewirkt. Aber die Opposition war auch dabei - das hat sich wieder einmal gezeigt - nicht konsequent; wie so häufig ist sie auf halbem Wege bei der Öffnung stehengeblieben. Ihr Vorschlag schloß zunächst die Hausfrauen aus und bot den Selbständigen nur eine Versicherungspflicht auf Antrag, d. h. Versicherungszwang auf Antrag. Er nahm keine Rücksicht auf die andere Einkommenssituation bei Selbständigen und war daher nicht sachgemäß, weder im Hinblick auf die Beitragsentrichtung noch die Höhe und Dauer der Beitragsleistung. Der Vorschlag von FDP und SPD war nicht nur wesentlich liberaler in seiner ganzen Konzeption, sondern er hat auch den Erfordernissen der Altersvorsorge der Selbständigen wesentlich besser gedient. Die Bestätigung hierfür, daß die Vorschläge von FDP und SPD, die Vorschläge der Bundesregierung die besseren sind, haben wir von den Betroffenen selbst, Sie alle, beispielsweise im Hearing in sehr vielen Gesprächen mit den Verbänden, immer wieder erhalten. Wenn man in diesem Zusammenhang bedenkt, daß von fachkundiger Seite, auch von der Versicherungsmathematik her, keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Öffnung nach unseren Vorschlägen eine einseitige Belastung der übrigen Versicherten darstellen würde, wird die Haltung der CDU/CSU noch unverständlicher. ({4}) Es bleibt nur der Schluß, daß es der CDU/CSU nur noch um eine Demonstration der Macht, nur noch um eine Rechthaberei ging, die sie mit einer zugelaufenen Mehrheit von einer Stimme demonstrieren wollte. ({5}) Diese Entscheidung weckt aber in makabrer Weise die Erinnerung an eine politische Maxime, von der sich CDU .und CSU, seinerzeit im Besitz der absoluten Mehrheit, in der Vergangenheit haben leiten lassen. Ich zitiere: Wir lassen uns auch nicht durch größeren Fachverstand von unserer politischen Richtung abbringen. ({6}) So heißt es auf Seite 2342 der 48. Sitzung vom 14. Oktober 1954. So hat man es in diesem Hause bei Ihnen damals vernommen, und so wurde es gestern erneut praktiziert. Nicht der Sachverstand, sondern die eine Stimme Mehrheit hat hier die Dinge entschieden. ({7}) Aber weiter ist noch deutlich geworden, daß sich in der CDU/CSU an der feindlichen Haltung gegenüber den Selbständigen nichts geändert hat. ({8}) Die CDU/CSU-Mittelständler haben sich in ihrer Fraktion wieder einmal mehr mit dem sachlich Richtigen nicht durchsetzen können und sich wider besseres Wissen fügen müssen. ({9}) - Herr Kollege Ruf, das ist nicht neu, das ist das alte Lied. Das war bei der Änderung der Steuertarife im Jahre 1958 so, bei der seinerzeitigen Entstehung des Mittelstandsbauches, genauso wie beim Kindergeld, der Lohnfortzahlung und dem sogenannten Burgbacher-Plan. Die Selbständigen haben in der CDU/CSU und deren Mittelstandskreis keinen Anwalt, der ihre berechtigten Interessen wirklich vertritt. Die sozialliberale Koalition hat den Selbständigen mehr Liberalität und eine sachgerechtere Möglichkeit zur Altersversicherung geboten. Daran kommt niemand vorbei, der die VorSchmidt ({10}) Schläge aus Kenntnis der Sache nüchtern und sachlich prüft. ({11}) Wir Freien Demokraten sind unserem Koalitionspartner, der SPD, dafür dankbar, daß sie bereit war, mehr in diese Richtung mitzugehen, als es die CDU/CSU je getan hat, allein oder in der Koalition mit der FDP. ({12}) Wenn wir hier die Elemente der Freiheit der Entscheidung und die Elemente des Zwangs vergleichen, steht die CDU/CSU eindeutig in der Ecke des Zwanges. ({13}) Als Weiteres ist gestern in unübersehbarer Weise die ablehnende Haltung der CDU/CSU gegenüber den Müttern deutlich geworden, die im Erwerbsleben stehen oder einmal gestanden haben. Die Koalitionsfraktionen hatten vorgeschlagen, den Müttern in Anerkennung für ihre Doppelfunktion in Familie und Beruf für jedes lebend geborene Kind ein Versicherungsjahr bei der Rentenberechnung zusätzlich zu gewähren. Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, haben dies abgelehnt. Damit ist deutlich geworden, wie sehr bei Ihnen noch Vorstellungen des vorigen Jahrhunderts vorliegen. ({14}) Es handelt sich jedoch nicht um Fragen der Rentensystematik, sondern um die Unfähigkeit, die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung, d. h. die heutige Rolle der Frau in der Familie und im Beruf in adäquater Weise zur Kenntnis zu nehmen. ({15}) Mit der gestern getroffenen Entscheidung treffen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, besonders die Kriegerwitwen, die geschiedenen Frauen und die alleinstehenden Mütter mit Kindern, die bedrückt sind im Hinblick auf die Situation ihrer Altersversorgung. ({16}) - Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie werden mich nicht provozieren, ich gebe eine Erklärung ab. Ich habe gestern genügend Gelegenheit zur Zwiesprache gegeben. ({17}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird doch niemand behaupten wollen, daß der vorliegende Entschließungsantrag auf Umdruck 312 auch nur in etwa eine brauchbare Alternative darstellen würde. Wenn es wirklich um die bessere soziale Sicherung der Frau, und zwar um einen eigenen Anspruch geht, wie Sie sagen, dann hätten Sie, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, zumal Sie selbst von Stufen sprechen, gestern die ersten Stufen auf diesem von uns vorgeschlagenen Wege mit erklimmen können. Selbstverständlich ist es ein wünschenswertes Ziel, daß sich die Frauen stärker, als heute in vielen Fällen möglich ist, den Kindern und der Erziehung widmen können, und zwar auch durch eine zeitweise Aufgabe der Berufstätigkeit. Nur muß man sich fragen, ob es den Frauen erleichtert wird, wenn sie später hierdurch keine Nachteile erleiden oder wenn es ihnen erschwert wird, wie es nun einmal nach der gestrigen Entscheidung der Fall ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, in keinem Punkt sonst wie bei der sogenannten Rente nach Mindesteinkommen wird so deutlich, daß das Rentensystem von 1957 versagt hat. Damals wurde nicht nur den Beitragszahlern einiges vorgemacht, sondern es wurde auch gegenüber den Rentnern behauptet, daß bei einer entsprechenden, Versicherungsdauer Renten in einer Höhe zustande kämen, die für den Lebensunterhalt ausreichen. Die damals vorhandenen Grundbeträge, die jeder unabhängig von den Ansprüchen aus Beiträgen erhielt, die eine echte soziale Komponente darstellten, wurden abgeschafft. Ähnlich wurde von Beitragsgerechtigkeit, Einkommensgerechtigkeit, Lohngerechtigkeit geredet, und vieles ist seitdem - das wissen Sie selbst - anders geworden. Die gestrige Debatte hat gezeigt, daß die CDU/ CSU heute nicht mehr wahrhaben will, was sie früher vertreten hat. Was die Beitragsgerechtigkeit anbetrifft, verbrennen Sie heute, was Sie früher angebetet haben. Wenn nunmehr, meine sehr geehrten Damen und Herren, aus sozialen Gründen, was wir Freie Demokraten bejahen, nach einer bestimmten Versicherungsdauer die Renten auf einen Mindestbetrag angehoben werden sollen, wenn die Ansprüche aus den Beiträgen darunter liegen, so handelt es sich um nichts anderes als um eine Art Mindestrente, die seinerzeit 1957 abgeschafft wurde, und das begrüßen wir. ({18}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Kernstück der strukturellen Verbesserung ist neben der Öffnung für Selbständige und Hausfrauen die flexible Altersgrenze. FDP und SPD hatten sie in ihr Reformprogramm aufgenommen, weil die starre Altersgrenze von 65 Jahren der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen im Alter einfach nicht gerecht wird. Der Grundgedanke war nicht - ich stelle dies ausdrücklich noch einmal fest - eine generelle Herabsetzung der Altersgrenze, sondern es sollte aus gesundheitlichen Gründen demjenigen, der es wünscht, ein früheres teilweises oder volles Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ermöglicht werden. Der unterschiedliche Grad der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit verlangt bei vielen zumindest einen schrittweisen Übergang. Deshalb haben wir bei vorzeitigem Rentenbeginn eine gleichzeitige Möglichkeit für eine Nebenerwerbstätigkeit oder eine zeitlich befristete volle Berufstätigkeit mit eingeplant. Was die CDU/CSU nunmehr durchgesetzt hat, hat mit diesen gesundheitlichen Überlegungen leider Schmidt ({19}) nicht mehr sehr viel zu tun. Es wird praktisch dazu führen - das habe ich gestern schon einmal ausgeführt -, daß die Altersgrenze von 65 auf 63 Jahre sinkt. ({20}) Wir werden die Erfahrungen prüfen. ({21}) Die Opposition, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollte von Anfang an von den notwendigen Verbesserungen des Rentensystems nicht viel wissen. Sie hat tröpfchenweise einzelne Gesetzentwürfe eingebracht und zwischendurch allgemeine Rentenerhöhungsanträge gestellt. ({22}) Ein in sich ausgewogenes Reformprogramm, wie es die Bundesregierung vorgelegt hat, war bei der Opposition von Anfang an nicht sichtbar. ({23}) Es ist es auch heute nicht. Wir haben zunächst Fehlentscheidungen aus der Zeit der Großen Koalition - wie die Rentenkürzungen unter Arbeitsminister Hans Katzer - korrigieren müssen und haben in diesem Jahr die einbehaltenen Beiträge aus den Jahren 1968 und 1969 auch wieder zurückgezahlt. Daraus ist auch ersichtlich, daß den Rentnern das in der jeweils gegebenen finanziellen Situation Mögliche von dieser sozialliberalen Koalition gegeben wurde. Wir Freien Demokraten haben auch nie ein Hehl daraus gemacht, daß die Verantwortung für zwei Seiten gesehen werden muß, auf der einen Seite für die 10 Millionen Rentner, auf der anderen Seite ebenso für die 23 Millionen Beitragszahler, die nicht nur die heutigen Renten finanzieren, sondern auch darauf bauen müssen, daß sie im Alter entsprechende Renten erhalten werden. Der Kernpunkt liegt daher bei der finanziellen Solidität der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Bundestag und wir alle können an keine Seite etwas verschenken. Jede Mark, die auf Grund von Gesetzen geleistet wird, muß vorher verdient und erwirtschaftet werden. Die heutige arbeitende Generation bringt für die alten Menschen dankenswerterweise absolut und prozentual mehr auf, als das in der Vergangenheit der Fall war; die Beitragsentwicklungen sind gestern von uns angesprochen worden. Wir Freien Demokraten halten es daher für gerechtfertigt, daß die Verbesserungen des Rentensystems wie auch die Rentenerhöhungen - so, wie es die Ergebnisse Gott sei Dank noch in einem gewissen Maße bringen - den heutigen Rentnern genauso zugute kommen wie den heutigen Beitragszahlern, die die Rentner von morgen sind. Wir halten jedoch eine Beitragsleistung von 18% für eine Grenze, die nicht durch jetzige Ausgabenbeschlüsse überschritten werden darf. Je mehr wir über die prozentuale Steigerung der Sozialabgaben in die Bruttoeinkommen der Erwerbsbevölkerung eingreifen, um so mehr engen wir den Spielraum für die private Daseinsvorsorge und die Vermögensbildung in der Phase des Erwerbslebens ein. Bei solch einer Entwicklung, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte sich niemand darüber wundern, wenn die persönliche Bereitschaft, für sich und im öffentlichen Leben Veantwortung zu übernehmen, mehr und mehr zurückgeht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Vorschläge der Koalitionsfraktionen haben sich insgesamt in einem Rahmen gehalten, der uns nach Prüfung aller Aspekte finanziell vertretbar erschien. ({24}) Wir sind im Interesse der Rentner und ihrer Teilhabe an der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung bis an den Rand des finanziell Vertretbaren gegangen. ({25}) Das Reformkonzept der sozialliberalen Koalition ist in seiner Struktur in dem vorliegenden Gesetz vorhanden. ({26}) Die vier Grundlagen des Reformprogramms sind zwar variiert, aber sie haben den Ausgangspunkt des Regierungsentwurfs nicht verlassen. Die CDU/CSU-Fraktion hat mit einer Stimme Mehrheit die Ausgestaltung in den einzelnen Bereichen - flexible Altersgrenze, Öffnung für Selbständige und Hausfrauen, Rente nach Mindesteinkommen - in einer Weise beeinflußt, die wir in ihrem sozialen Effekt für nicht besser halten als das, was wir im Ausschuß mit den Stimmen von SPD und FDP - teilweise auch zusammen mit Ihnen von der CDU/CSU - beschlossen haben. ({27}) - Mit einer Stimme Mehrheit, und gestern auch mit einer Stimme; das ist legitim. Ob gestern mehr Sachverstand dabei war, bezweifle ich. Wir Freien Demokraten haben nicht den Ehrgeiz gehabt, das teuerste Programm, sondern das sozial und sachlich richtigste anzubieten und das Mögliche zu tun. Wir waren uns mit der SPD darin einig. Die Oppositionsparteien, CDU und CSU, behaupteten ihre Vorschläge brächten den Rentnern mehr und seien um zig Milliarden billiger als die Vorschläge von FDP und SPD. ({28}) Soviel Unlogik muß auch den stutzig machen, der von dem komplizierten Rentenrecht und dem Zahlenspiel nicht allzuviel versteht. ({29}) Wir Freien Demokraten wollen, daß die Reformen, die wir in der Koalition vereinbart haben, jetzt auch Wirklichkeit werden. Wir werden nach dem Inkrafttreten die Änderungen, die die Opposition gestern mit einer Stimme Mehrheit durchgesetzt hat, im Auge behalten und in Zukunft, wenn sich die Befürchtungen in finanzieller und sozialer Hinsicht Schmidt ({30}) bewahrheiten sollten, für entsprechende Korrekturen eintreten. ({31}) Wir bedauern es, daß die Opposition die Beratung eines so wichtigen Reformwerkes nicht zu einer Demonstration harter und fairer Auseinandersetzungen in der Sache, sondern vorwiegend zu einer Demonstration der politischen Macht gemacht hat. ({32}) Trotz dieser Bedenken und im Hinblick auf die Möglichkeiten, die der Entschließungsantrag bietet, nach einem Jahr zu überprüfen, ({33}) wo der bessere Sachverstand lag, stimmen wir dem Gesetz zu. ({34}) Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der allgemeinen Aussprache zur dritten Lesung angelangt. Wir kommen zur Einzelberatung des Umdrucks 315 *), den ich zur Hand zu nehmen bitte. Zur Begründung dieses interfraktionellen Antrags hat der Herr Abgeordnete Professor Schellenberg das Wort.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für alle Fraktionen begründe ich kurz den Änderungsantrag auf Umdruck 315. Erstens. Dieser Antrag enthält redaktionelle Änderungen, wobei ich darum bitten darf, Ziffer 18 b zu streichen, weil es in dieser Hinsicht bei der Fassung der zweiten Beratung bleiben kann. Zweitens. Neuformulierung des Überbrückungsgeldes für Seeleute. Wir hatten gestern hier erklärt, daß wir in den Fraktionen darüber sprechen und eine neue Formulierung vorschlagen wollten; Sie finden sie in diesem Antrag. Drittens. Verbesserung der Geschiedenen-Witwenrente. Die Fraktionen sind gemeinsam der Auffassung, daß nach geltendem Recht in der Praxis Härten bei der Gewährung von Renten an geschiedene Ehefrauen auftreten, die noch vor der Eherechtsreform so weit wie möglich ausgeräumt werden sollten. Die Fraktionen schlagen deshalb dem Hause die auf Umdruck 315 ersichtlichen Änderungen vor. Sie tragen diesem gemeinsamen Anliegen Rechnung. Hierdurch wird geschiedenen Frauen in einer Reihe von Fällen besonderer sozialer Härte geholfen werden können. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag auf Umdruck 315. Da ich das Wort habe, möchte ich noch namens der Koalitionsfraktionen für die dritte Lesung namentliche Abstimmung beantragen. ({0}) *) Siehe Anlage 2 Präsident von Hassel: Wir sind am Ende der Aussprache zu der dritten Lesung angelangt. Es ist beantragt worden, die Schlußabstimmung in namentlicher Abstimmung durchzuführen. Zunächst bitte ich aber über den Umdruck 315 abzustimmen - ein interfraktioneller Antrag. Wer diesem Antrag auf Umdruck 315 mit der von Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Schellenberg vorgetragenen Änderung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Der Antrag auf Umdruck 315 ist einstimmig angenommen. Ich möchte vor der Schlußabstimmung noch folgendes bekannntgeben. Der federführende Ausschuß hat heute morgen einstimmig beschlossen, zu empfehlen, in Anlehnung an den Beschluß des 3. Bundestages vom 11. November 1959 bei der Verabschiedung der Verwaltungsgerichtsordnung den Präsidenten zu ermächtigen, hinsichtlich des in dritter Lesung beschlossenen Gesetzentwurfs redaktionelle Anpassungen und Korrekturen vorzunehmen. - Sie sind damit einverstanden, daß das dann geschieht! Bevor wir in die namentliche Abstimmung in dritter Lesung eintreten, möchte ich noch ein paar Punkte zur Geschäftslage bekanntgeben. Nach der namentlichen Abstimmung - dann kommen noch die Entschließungen; dazu liegen Wortmeldungen vor - werden wir heute noch die Vorlage Entwicklungshilfe-Steuergesetz in erster, zweiter und dritter Lesung behandeln. Weiterhin gebe ich bekannt, daß morgen früh die Sitzung mit der Fragestunde beginnt. Wir treten in die Abstimmung ein. Ich möchte Sie bitten, sich bei der namentlichen Abstimmung die Karten, die Sie in die Urnen werfen, genau anzuschauen. Wir haben mehrere Beispiele, daß doppelte Karten gefunden wurden, andere dafür gar nicht, weil man sich offenbar in der Namenskarte vergriffen hat. Ich darf Sie also bitten, sich die Karten besonders sorgfältig anzusehen. Ich eröffne die Abstimmung. Ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Es sind in dritter Lesung des Gesetzentwurfs von uneingeschränkt stimmberechtigten Abgeordneten 493 Ja-Stimmen, keine NeinStimme und eine Enthaltung abgegeben worden. Die 22 Berliner Abgeordneten haben mit Ja gestimmt. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen 494 und 22 Berliner Abgeordnete. Davon Ja: 493 und 22 Berliner Abgeordnete Enthalten: 1 Abgeordneter Ja CDU/CSU Dr. Abelein Dr. Aigner Alber von Alten-Nordheim Dr. Althammer Dr. Arnold Dr. Artzinger Dr. Bach Balkenhol Dr. Barzel Dr. Becher ({1}) Dr. Becker ({2}) Becker ({3}) Berberich Berding Bewerunge Biechele Biehle Dr. Birrenbach Dr. von Bismarck Bittelmann Blumenfeld von Bockelberg Dr. Böhme Frau Brauksiepe Breidbach Bremer Bremm Brück ({4}) Dr. Burgbacher Burger Cantzler Dr. Czaja Damm van Delden Dichgans Dr. Dittrich Dr. Dollinger Draeger von Eckardt Engelsberger Dr. Erhard Erhard ({5}) Ernesti Erpenbeck Dr. Evers Dr. Eyrich von Fircks Franke ({6}) Dr. Franz Dr. Freiwald Dr. Frerichs Dr. Früh Dr. Fuchs Dr. Furler Dr. Gatzen Frau Geisendörfer Geisenhofer Gerlach ({7}) Gewandt Gierenstein Dr. Giulini Dr. Gleissner Glüsing ({8}) Dr. Gölter Gottesleben Dr. Gruhl Haase ({9}) Dr. Häfele Härzschel Häussler Dr. Hallstein Dr. Hammans Hanz Hartnack von Hassel Hauser ({10}) Dr. Hauser ({11}) Dr. Heck Dr. Hellige Helms ({12}) Dr. Hermesdorf ({13}) Höcherl Hösl Horstmeier Horten Dr. Hubrig Dr. Hupka Hussing Dr. Huys Frau Jacobi ({14}) Dr. Jaeger Dr. Jahn ({15}) Dr. Jenninger Dr. Jobst Josten Dr. Jungmann Frau Kalinke Dr. Kempfler Kiechle Kiep Dr. h. c. Kiesinger Frau Klee Dr. Klepsch Dr. Kley Dr. Kliesing ({16}) Klinker Köster Krammig Krampe Dr. Kraske Dr. Kreile Frau Dr. Kuchtner Lampersbach Leicht Lemmrich Lensing Dr. Lenz ({17}) Lenze ({18}) Lenzer Link Löher ({19}) Dr. Löhr Looft Dr. Luda Lücke ({20}) Lücker ({21}) Majonica Dr. Martin Dr. Marx ({22}) Maucher Meister Memmel Dr. Mende Menth ({23}) Mick Dr. Mikat Dr. Miltner Dr. Müller ({24}) Dr. Müller ({25}) Müller ({26}) Müller ({27}) Dr. Müller-Hermann Mursch ({28}) Niegel Dr. von Nordenskjöld Orgaß Petersen Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Dr. Prassler Dr. Preiß Dr. Probst Prochazka Rainer Rawe Reddemann Dr. Reinhard Richarts Riedel ({29}) Dr. Riedl ({30}) Dr. Rinsche Dr. Ritgen Dr. Ritz Rock Röhner Rösing Rollmann Rommerskirchen Roser Ruf Russe Sauter Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein Schedl Schlee Schlichting-von Rönn Dr. Schmid-Burgk Dr. Schmidt ({31}) Schmitt ({32}) Dr. h. c. Schmücker Schneider ({33}) Dr. Schneider ({34}) Dr. Schober Frau Schroeder ({35}) Dr. Schröder ({36}) Schröder ({37}) Schulhoff Schulte ({38}) Dr. Schulze-Vorberg Dr. Schwörer Seiters Dr. Siemer Solke Spilker Springorum Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({39}) Dr. Starke ({40}) Stehle Stein ({41}) Steiner Frau Stommel Storm Strauß Struve Stücklen Susset von Thadden Tobaben Frau Tübler Varelmann Vehar Vogel Vogt Volmer Wagner ({42}) Dr. Wagner ({43}) Frau Dr. Walz Dr. Warnke Wawrzik Weber ({44}) Weigl Dr. Freiherr von Weizsäcker Wendelborn Werner Windelen Winkelheide Wissebach Dr. Wittmann ({45}) Dr. Wörner Frau Dr. Wolf Baron von Wrangel Dr. Wulff Ziegler Zink Zoglmann ({46}) Berliner Abgeordnete Amrehn Frau Berger Dr. Gradl Dr. Kotowski Kunz Müller ({47}) Frau Pieser Dr. Schulz ({48}) Dr. Seume ({49}) Wohlrabe SPD Adams Dr. Ahrens Anbuhl Dr. Apel Arendt ({50}) Dr. Arndt ({51}) Baack Baeuchle Bäuerle Bals Barche Dr. Bardens Batz Bauer ({52}) Bay Dr. Bayerl Dr. Bechert ({53}) Becker ({54}) Dr. Beermann Behrendt Bergmann Berkhan Berlin Biermann Böhm Börner Frau von Bothmer Brandt Brandt ({55}) Bredl Brück ({56}) Brünen Buchstaller Büchler ({57}) Büchner ({58}) Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Corterier Cramer Dr. von Dohnanyi Dürr Eckerland Frau Eilers Dr. Enders Engholm Dr. Eppler Esters Faller Dr. Farthmann Fellermaier Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Folger Franke ({59}) Frehsee Frau Freyh Fritsch Geiger Gerlach ({60}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gnädinger Grobecker Dr. Haack Haar ({61}) Haase ({62}) Haehser Halfmeier Hansen Hansing Hauck Dr. Hauff Henke Frau Herklotz Hermsdorf ({63}) Herold Höhmann ({64}) Hörmann ({65}) Hofmann Horn Frau Huber Jahn ({66}) Jaschke Junghans Junker Kaffka Kahn-Ackermann Kater Kern Killat-von Coreth Dr. Koch Koenig Kohlberger Konrad Dr. Kreutzmann Kriedemann Krockert Kulawig Lange Langebeck Dr. Lauritzen Lautenschlager Frau Lauterbach Leber Lemp Lemper Lenders Liedtke Löbbert Dr. Lohmar Maibaum Marquardt Marx ({67}) Matthes Matthöfer Frau Meermann Dr. Meinecke ({68}) Meinike ({69}) Metzger Michels Möhring Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Müller ({70}) Müller ({71}) Dr. Müller-Emmert Dr. Müthling Neemann Neumann Dr. Oetting Offergeld Frau Dr. Orth Frhr. Ostman von der Leye Pawelczyk Peiter Pensky Peters ({72}) Pöhler Porzner Raffert Ravens Dr. Reischl Frau Renger Richter Dr. Rinderspacher Rohde Rosenthal Roß Säckl Sander Saxowski Dr. Schachtschabel Dr. Schäfer ({73}) Frau Schanzenbach Scheu Schiller ({74}) Frau Schimschok Schirmer Schlaga Dr. Schmid ({75}) Schmidt ({76}) Dr. Schmidt ({77}) Schmidt ({78}) Dr. Schmidt ({79}) Schmidt ({80}) Schmidt ({81}) Schmidt ({82}) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude Schollmeyer Schonhofen Schulte ({83}) Schwabe Seefeld Seibert Seidel Frau Seppi Simon Dr. Slotta Dr. Sperling Spillecke Staak ({84}) Frau Strobel Strohmayr Suck Tallert Dr. Tamblé Frau Dr. Timm Tönjes Urbaniak Vit Walkhoff Dr. Weber ({85}) Wehner Welslau Wende Wendt Westphal Dr. Wichert Wiefel Wienand Wilhelm Wischnewski Dr. de With Wittmann ({86}) Wolf Wolfram Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Berliner Abgeordnete Dr. Arndt ({87}) Bartsch Bühling Dr. Dübber Heyen Frau Krappe Löffler Mattick Frau Schlei Sieglerschmidt FDP Dr. Achenbach Dorn Frau Funcke Gallus Geldner Genscher Graaff Grüner Jung Kirst Kleinert Krall Logemann Dr. h. c. Menne ({88}) Mertes Mischnick Moersch Ollesch Opitz Peters ({89}) Scheel Schmidt ({90}) Spitzmüller Wurbs Berliner Abgeordnete Borm Enthaltungen FDP Frau Dr. Diemer-Nicolaus Damit ist das Gesetz in dritter Lesung angenommen. ({91}) Wir kommen jetzt zur Erledigung einiger damit im Zusammenhang stehender Einzelpunkte, zunächst zu dem Antrag des Ausschusses, der von uns ein Votum zu drei Ziffern haben will. Wer diesen drei Ziffern des Antrags des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 312 *) auf. Das Wort dazu hat der Abgeordnete Dr. Götz.

Dr. Hermann Götz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000704, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, den Entschließungsantrag der CDU/CSU- Fraktion Umdruck 312 in seinen sechs Ziffern zu begründen. Ich werde es in der gebotenen Kürze tun. Aber erlauben Sie mir noch eine kurze Vorbemerkung im Rückblick auf die heute geführte Debatte in der dritten Lesung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Hohe Haus hat soeben in der dritten Lesung ein Gesetzeswerk verabschiedet, das durch die vom Hause gestern mit Mehrheit angenommenen Änderungsanträge der CDU/CSU völlig neu gestaltet und verbessert wurde. Ich will über die heutige Abstimmung und die Bedeutung dieses Ereignisses keine großen Worte machen. Sehr verehrter Herr Professor Schellenberg, von Ihrer pathetischen Feststellung, es handle sich bei der Verabschiedung dieses Gesetzeswerks um ein Ereignis von großer historischer Bedeutung, und der doch recht theatralischen Beendigung Ihrer Erklärung haben die 10 Millionen Rentner gar nichts; davon können sie sich nichts kaufen. ({0}) Wohl aber bin ich der Meinung, daß die 10 Millionen Rentner etwas von den Leistungsverbesserungen haben, die wir durch unsere Änderungsanträge in dieses Gesetzeswerk hineingebracht haben. ({1}) *) Siehe Anlage 3 Dabei, sehr verehrter Herr Professor Schellenberg, denke ich vor allem an die um sechs Monate vorgezogene Rentenanpassung, der Sie sich eineinhalb Jahre lang widersetzt haben. Herr Professor Schellenberg, dies war kein Ruhmesblatt sozialdemokratiRentenpolitik. ({2}) Sehr verehrter Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, - richtig ist, daß Sie bzw. die Regierung hier einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Rentenrechts eingebracht haben. Ebenso richtig ist, daß dem Gesetzentwurf eine Reihe von Initiativen der CDU/CSU vorausgegangen sind, die in die gleiche, Richtung der Weiterentwicklung der Rentenversiechrung zielten. Und ebenso richtig ist, daß das, was nun heute am Ende des Gesetzgebungsvorgangs steht, ein Gesetz der CDU/CSU ist. ({3}) Aber meine Damen und Herren, trotz der Verbesserung, die wir gegenüber dem geltenden Recht und der Regierungsvorlage erreicht haben, und zwar nunmehr in der dritten Lesung gemeinsam, bleiben noch viele Probleme darüber sind wir uns alle einig - offen, Probleme, die wegen ihrer finanziellen Auswirkungen oder deshalb, weil sie noch nicht entscheidungsreif waren, zunächst zurückgestellt werden mußten. Es wird Aufgabe des nächsten Bundestages sein, diese Probleme erneut aufzugreifen. Die Fraktion der CDU/CSU legt dem Hohen Hause heute einen Entschließungsantrag vor, der verdeutlichen soll, welche Probleme im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung nach unserer Auffassung mit Vorrang behandelt werden müssen. Dies ist zum ersten die Verbesserung der sozialen Sicherung der Frau. Sehr verehrter Herr Bundesarbeitsminister, Sie haben vorhin hier erklärt, die soziale Sicherung der Frau liege der CDU/CSU am wenigsten am Herzen. Dies war eine böswillige und bösartige, verzeihen Sie das harte Wort, Unterstellung. ({4}) Wie unsicher Sie sich, Herr Minister Arendt, in der Beweisführung dieser Behauptung selber fühlen, hat die Tatsache gezeigt, daß Sie nicht bereit waren, auf eine auf diese Behauptung gezielte Anfrage meines Kollegen Franke eine Antwort zu geben. ({5}) Lassen Sie mich für die CDU/CSU zu diesem Punkt folgendes feststellen. Wir wollen für alle Frauen einen eigenständigen Anspruch auf eine ausreichende soziale Sicherung schaffen und knüpfen dabei an die drei großen Lebensrisiken Invalidität, Krankheit und Alter an. Um die Frauen gegen das Risiko der Invalidität zu schützen, treten wir für die Einführung einer eigenständigen Unfallversicherung der nichterwerbstätigen Frauen, also insbesondere der Hausfrauen, bei privater Trägerschaft ein. Dies scheint uns bei jährlich 1,4 Millionen Unfällen im Haushalt, die bei 15 000 Frauen zur Dauerinvalidität führen, besonders dringlich zu sein. Die CDU/CSU-Fraktion hat dazu bereits einen Antrag eingebracht, an dem wir festhalten. Unser zweiter Punkt! Schwierige Probleme und zusätzliche Belastungen stellen sich für eine Familie im Falle der Erkrankung der Mutter oder der Erkrankung eines Kindes einer noch berufstätigen Mutter. Auch hierzu hat die CDU/CSU-Fraktion in einem Gesetzentwurf ihre Vorstellungen zur Lösung dieses Problems bereits konkretisiert und wird sie weiter verfolgen. Ein weiteres Ziel in der sozialen Sicherung der Frau besteht darin, auch im Rahmen der Rentenversicherung stufenweise eigenständige Ansprüche der Frau einzuführen, um die Versorgung der Witwe und der geschiedenen Frau zu verbessern. Ich nenne ein weiteres Problem, das wir im Rahmen des Gesetzentwurfs wegen der kritischen Lage des Haushalts nicht lösen konnten: die steuerliche Förderung der Alterssicherung der Selbständigen. Wir streben hier eine Lösung an, die die Selbständigen mit den Arbeitnehmern gleichstellt. Um älteren Selbständigen die Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erleichtern, sieht das Gesetz eine Stiftung vor. Durch den von uns vorgelegten Entschließungsantrag soll sichergestellt werden, daß im Rahmen des finanziell Möglichen für diese Stiftung Mittel des Bundes bereitgestellt werden. Die vorgezogene Rentenanpassung hat die Frage der gleichzeitigen Anpassung der Kriegsopferrenten und der Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz aufgeworfen. Eine Nachführung der versorgungsrechtlichen Leistungen an die Rentenanhebung halten wir für unumgänglich. Nach einer Bestandsaufnahme und Sanierung der Bundesfinanzen werden wir der Frage der Anpassung dieser Renten besondere Prioritäten einräumen. Mit dem soeben verabschiedeten Gesetz haben wir für die Kleinrentner eine Regelung getroffen, die zu einer wesentlichen Verbesserung ihrer Lebenslage führt. Nach Vorliegen der Erfahrungen mit der jetzt gefundenen Regelung wird zu prüfen sein, ob sich die Notwendigkeit einer weitergehenden Dauerregelung ergibt. Für vordringlich halten wir die Einführung eines gesonderten Freibetrages für Rentner in der Sozialhilfe. Leider hat der federführende Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit unseren Gesetzentwurf nicht mehr abschließend beraten. Noch immer bestehen im Rentenrecht Härten für Vertriebene, Kriegsteilnehmer, Spätheimkehrer, Verfolgte und andere Personengruppen. Eine Beseitigung dieser Härten im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten steht an und muß in der nächsten Legislaturperiode erreicht werden. Ein letzter Punkt: Ein Problem von besonderem finanziellem Rang ist die Krankenversicherung der Rentner. Dazu hat die Bundesregierung leider keinerlei Vorstellungen entwickelt. Um die Beitragsbelastung der Erwerbstätigen in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen zu halten, muß eine Neuregelung erfolgen, die eine gerechte Verteilung der Belastung zwischen Rentenversicherung und Krankenversicherung sowie zwischen den einzelnen Kassen herbeiführt. Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zu den Kosten dieser von uns in Aussicht genommenen Punkte bei einer Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung sagen. Meine Damen und Herren, wir wissen, daß die in unserer Entschließung vorgesehenen Maßnahmen Geld kosten. Wir wissen auch, daß nicht alle Maßnahmen auf einmal, sondern daß sie nur stufenweise und nicht ohne Rücksicht auf die Finanzen der Rentenversicherung und des Bundeshaushalts zu verwirklichen sind. Daher ist es für uns selbstverständlich, daß wir sie nur im Rahmen einer Prioritätenskala und der finanziellen Möglichkeiten verwirklichen können. Wir werden auch in Zukunft an dem Postulat der finanziellen Solidität festhalten. Meine Damen und Herren, wir bekräftigen mit diesem unserem Entschließungsantrag unseren Willen, auch weiterhin für den sozialen Fortschritt in diesen Lande einzutreten. Ich hoffe, daß es über die von mir genannten offenen und nach unserer Auffassung vordringlichen Punkte in diesem Hause eine Übereinstimmung in dem Sinne gibt, daß sie in der nächsten Legislaturperiode einer Lösung zuzuführen sind. ({6})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Nölling.

Dr. Wilhelm Nölling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001619, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche zu den beiden Anträgen Umdruck 3121 und Umdruck 316**). Die erst unter der Regierung Brandt/Scheel möglich gewordene und verabschiedete Rentenreform gehört auf Grund ihres bahnbrechenden sozialpolitischen Gehalts und des beträchtlichen Finanzvolumens zu den größten Reformen, die je den Bundestag passiert haben. Das Gesetzeswerk wird zu Recht die Unterschriften des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Willy Brandt und des sozialdemokratischen Arbeitsministers Walter Arendt tragen. ({0}) Vorangegangen sind drei Jahre intensiver sozialpolitischer Arbeit, die zu einer bisher unerreichten stolzen Bilanz von Reformgesetzen im Interesse aller Teile der Bevölkerung geführt hat. Meine Damen und Herren, ich verrate aber auch kein Geheimnis, wenn ich sage, daß die Freude der Sozialpolitiker nicht in demselben Maße von allen Mitgliedern dieses Hauses geteilt wird. Das sage ich ganz bewußt, trotz des so überzeugenden Ergebnisses der Abstimmung über diese Rentenreform. Daß die Fraktion der CDU/CSU rastlos und davon unbeeindruckt nun einen umfangreichen Entschließungsantrag einbringt, der damit beginnt: „Die *) Siehe Anlage 3 **) Siehe Anlage 4 Bundesregierung wird aufgefordert, die zur Verwirklichung der nachstehenden Ziele notwendigen Schritte einzuleiten", muß als überdreht und der Sache der Sozialpolitiker nicht dienlich angesehen werden. ({1}) Die Sozialpolitik - insofern stimme ich mit dem Herrn Kollegen Götz überein - wird sicherlich auch im nächsten Bundestag nicht aufhören und nicht aufhören dürfen. Aber hier und heute diesen Katalog von sehr weitgehenden sozialpolitischen Forderungen zu beschließen, halten wir für unmöglich. Wir sind auch nicht der Meinung, daß es Aufgabe des Bundestages ist, das zu beschließen, was bestenfalls in das Wahlprogramm der beantragenden Partei gehört, deren Vorsitzender nicht müde wird, immer wieder zu betonen, er wolle keine großen Versprechungen machen. Was ich meine, hat der Kollege Götz bereits im einzelnen aufgeführt; ich verweise auf das, was im Umdruck 312 steht. Gefordert werden u. a. - bemerkenswerterweise an erste Stelle, weil hier das schlechte Gewissen der Opposition zu schlagen beginnt - Verbesserungen der sozialen Sicherung der Frau. Was in dieser Hinsicht von der sozialliberalen Koalition gewollt und von der Opposition teilweise verhindert worden ist, ist dem Plenum heute noch einmal deutlich gemacht worden. Darüber hinaus beantragt die Opposition eine Verbesserung der Alterssicherung der Selbständigen, die nur im Rahmen einer Steuerreform überhaupt Gestalt annehmen kann, ferner eine Verbesserung der sozialen Sicherung der Kriegsopfer, der Vertriebenen, der Kriegsteilnehmer, der Spätheimkehrer und der Verfolgten. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß auch der Härtebericht, von dem durch unser Rentenreformprogramm mehr als die Hälfte aller Punkte verwirklicht werden konnte, ebenfalls im nächsten Bundestag wieder eine Rolle spielen soll. Ist das, Herr Kollege Götz, das Kontrastprogramm zu dem Programm, das Sie am 20. August 1969 als Wahlprogramm für diese Legislaturperiode aufgestellt haben und von dem wir gesagt und hier gezeigt haben, daß all das, was Sie im Jahre 1969 nicht für möglich gehalten haben, durch diese Bundesregierung möglich gemacht worden ist? ({2}) Wir haben gezeigt, daß man sozialpolitische Forderungen erfüllen kann. Das ist in den vergangenen drei Jahren deutlich geworden. Nun scheint es mir fast so, als ob der Kollege Dr. Götz für seine Fraktion schon jetzt eine Alibifunktion übernehmen soll, und er möchte auch noch gern, daß das vom Bundestag für richtig gehalten wird. Die Koalitionsfraktionen sind demgegenüber - deshalb haben wir Ihnen den Umdruck 316 vorgelegt - der Meinung, daß es anläßlich der Verabschiedung dieses Rentenreformprogramms gegenwärtig nur eine vordringliche Aufgabe für den noch bestehenden Bundestag geben kann, nämlich die, die Bundesregierung aufzufordern, schon bis Ende 1973 über die Auswirkungen des Rentenreformgesetzes zu berichten, und zwar besonders über die Punkte, die in ihrer finanziellen Problematik besonders umstritten geblieben sind. Unser Antrag, meine Damen und Herren, ist ein Beweis dafür, daß wir es für angemessener halten, auf die finanzielle Solidität der Rentenversicherung zu achten, anstatt weitere, unübersehbare, vielleicht ruinöse Forderungen zu stellen. Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß Forderungen der Opposition nach mehr sozialem Fortschritt schon deshalb so lange auf dem Papier stehen und stehenbleiben müssen, wie man nicht bereit ist, eine Vollbeschäftigungsgarantie für die Arbeitnehmer und die Wirtschaft zu geben. ({3})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, es liegen zwei Entschließungsanträge auf den Umdrucken 312 und 316 vor. Ich gehe davon aus, daß sie dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung überwiesen werden. - Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich rufe die Zusatzpunkte zur heutigen Tagesordnung auf, und zwar zunächst die Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Kreile, Porzner, Frau Funcke, Kiep, Brück ({0}), Opitz und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des EntwicklungshilfeSteuergesetzes - Drucksache VI/3815 Ich rufe den Gesetzentwurf in der ersten Beratung auf. Das Wort wird nicht begehrt. Ich schließe die erste Beratung. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe Art. 1 Nr. 1 und Nr. 2 auf. Es liegen keine Änderungsanträge vor. - Diese Nummern sind beschlossen. Ich rufe Nr. 3 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag des Abgeordneten Niegel vor: Der Bundestag möge beschließen: Art. 1 Nr. 3 wird ersatzlos gestrichen. Herr Abgeordneter, Sie bitten um das Wort zur Begründung? - Bitte!

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf, der uns jetzt vorgelegt wurde, enthält in Artikel 1 Nr. 3 die Bestimmung, daß außereuropäische Gebiete europäischer Länder und abhängige Gebiete nicht als Entwicklungsländer im Sinne dieses Gesetzes anerkannt werden dürfen. Es handelt sich hier um eine Lex speziell gegen das uns befreundete Land Portugal mit seinen überseeischen Provinzen Angola und Mozambique und vielleicht auch gegen Rhodesien. Die Welthetze gegen Caborra Bassa findet durch diesen Bundestag eine gesetzliche Institutionalisierung. Ich glaube, wir tun auch den dort einheimischen schwarzen Menschen keinen Gefallen, wenn wir die Möglichkeit nehmen, Investitionen dort zu fördern. Wir sollten uns nicht in die inneren Angelegenheiten dieser Länder einmischen. Ich bitte daher, diese Nr. 3 zu streichen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Wienand.

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Fraktionsführungen sind die Schwierigkeiten bekannt, die noch zu diesem Antrag und zu diesem Gesetz geführt haben. Es gibt eine alte Regelung, die genau dies nicht vorgesehen hat, was soeben begründet wurde, und wir haben als Fraktion unter der Bedingung zugestimmt, daß es bei diesem Gruppenantrag bleibt. Wir würden uns getäuscht und enttäuscht fühlen, wenn jetzt dem Antrag stattgegeben würde. Ich bitte herzlich darum, daß dieser Antrag abgelehnt wird, wie das interfraktionell vereinbart worden ist. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Krammig. ({0}) - Meine Damen und Herren, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Platz nähmen, damit die Ausführungen des Herrn Kollegen Krammig verständlich sind. Es geht ja um die Frage, ob dieses Gesetz verabschiedet werden soll.

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Drucksache VI/3626 hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Entwurf zur Änderung des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes vorgelegt. Dieser Gesetzentwurf ist von der Fraktionsführung unterzeichnet. Ihm ist eine Anlage beigefügt, in der Sie genau das wiederfinden, was hier in der soeben zitierten Nr. 3 seinen Niederschlag gefunden hat. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte also in ihrem Gesetzentwurf das vorgeschlagen, was nunmehr in den interfraktionellen Antrag Eingang gefunden hat. Daher empfehle ich Ihnen, entsprechend dem, was Herr Kollege Wienand ausgeführt hat, den Antrag, der soeben vom Kollegen Niegel gestellt worden ist, abzulehnen. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Herrn Abgeordneten Niegel. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht. den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über die Nr. 3 des Art. 1. Wer ihr in der vorgelegten Fassung zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und wenigen Stimmenthaltungen angenommen. Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Ich rufe Art. 1 Nr. 4, Art. 2, Art. 3, Einleitung und Überschrift auf. Keine Wortmeldungen. Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Stimmenthaltungen mit sehr großer Mehrheit in zweiter Beratung angenommen. Meine Damen und Herren, wir treten in die dritte Beratung ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort wünscht der Herr Abgeordnete Matthöfer.

Hans Matthöfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001439, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Ihnen vorliegenden Vorblatt heißt es, es entstünden keine zusätzlichen Haushaltsbelastungen durch die Verlängerung dieses Gesetzes. Das ist unzutreffend. Das Gesetz kostet im Jahr 200 Millionen DM. Weil ich eine sachliche Verwendung dieser Mittel durch dieses Gesetz für nicht gewährleistet halte, werde ich ihm nicht zustimmen. Eine ausführlichere Begründung meiner Entscheidung in dieser Abstimmung gebe ich zu Protokoll *).

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich danke Ihnen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Danke. Stimmenthaltungen? - Bei einer Reihe von Gegenstimmen und einer Reihe von Stimmenthaltungen ist das Gesetz mit großer Mehrheit in der dritten Beratung angenommen. Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Freitag, den 22. September 1972, 9 Uhr, ein. Wir beginnen dann mit der Fragestunde. Die Sitzung ist geschlossen.