Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/1/1972

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Die Sitzung ist eröffnet. Am 27. Februar hat der Herr Kollege Schmidt ({0}) seinen 65. Geburtstag gefeiert. Ich spreche ihm im Namen des Hauses Glückwünsche aus. ({1}) Der von den Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages ({2}), der in der 168. Sitzung am 2. Februar 1972 an den Ältestenrat - federführend -, an den Innenausschuß und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen wurde, soll nach einer Vereinbarung im Ältestenrat dem Haushaltsausschuß auch gemäß § 96 der Geschäftsordnung zugewiesen werden. Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen hat am 24. Februar 1972 die Kleine Anfrage der Abgegeordneten Dr. Warnke, Dr. Jobst, Seiters, Dr. Fuchs, Baron von Wrangel, Niegel, Schedl, Breidbach, Dr. von Bismarck, Dr. Kempfler, Biehle, Dr. Jenninger, Schlee, Dr. Reinhard, Dr. Becker ({3}), Dr. Sprung, Dr. Ritz und Genossen betr. regionale Verteilung der Mittel der Konjunkturausgleichsrücklage - Drucksache VI/3095 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/3197 verteilt. Der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen hat am 25. Februar 1972 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schoettle, Dichgans, Kirst und Genossen betr. Umweltschutz und Wohnungsbau - Drucksache VI/3126 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache VI/3198 verteilt. Der Vorsitzende des Innenauschusses hat mit Schreiben vom 25. Februar 1972 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die Verordordnung ({4}) Nr. 2653 71 des Rates vom 11. Dezember 1971 zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten der Europäischen Gemeinschaften sowie der Dienstbezüge der sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften keine Bedenken erhoben habe. Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen: EG-Vorlagen Verordnung des Rates ({5}) zur Aufhebung der beschränkten Gültigkeitsdauer der Vorschriften der Verordnung ({6}) Nr. 823/68, die die Abschöpfungen für frische Milch betreffen - Drucksache VI/3187 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung ({7}) Nr. 2831/71 über die Erhebung einer Ausfuhrabgabe für bestimmte Waren, die unter die Verordnung ({8}) Nr. 1059/69 fallen - - Drucksache 13188 -überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung des Rates ({9}) zur Änderung der Verordnung ({10}) Nr. 823/68 zur Festlegung der Erzeugnisgruppen und der besonderen Vorschriften für die Berechnung der Abschöpfungen für Milch und Milcherzeugnisse hinsichtlich der Warenbezeichnung bestimmter Erzeugnisse Drucksache VI 3189 -überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Verordnung des Rates über Sondermaßnahmen für die Vergabe von Aufträgen zur Verarbeitung von Tomaten, die Gegenstand von Interventionsmaßnahmen waren - Drucksache VI/3190 -überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat Meine Damen und Herren, ich rufe den Punkt 2 der Gesamttagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Mitglieder und Stellvertreter des Verwaltungsrates der Filmförderungsanstalt - Drucksache VI/3201 Ich frage, ob gegen den Antrag auf Drucksache V/3201 Widerspruch erhoben wird. - Das ist nicht der Fall. Dann werden gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films vorn 22. November 1967 von der CDU/ CSU die Kollegen Dr. Wörner und Dr. Huys und als Stellvertreter die Abgeordneten Wohlrabe und Frau Geisendörfer, von der SPD der Herr Abgeordnete Kahn-Ackermann und der Herr Abgeordnete Dr. Meinecke ({11}) und als Stellvertreter die Herren Abgeordneten Lenders und Schulte ({12}) und von der Fraktion der FDP der Herr Abgeordnete Dorn und als Stellvertreter der Abgeordnete Krall in den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt entsandt. Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze - KHG -- Drucksache VI/1874 - Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen a) Bericht des Haushaltsausschusses ({13}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/3103 - Berichterstatter: Abgeordneter Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ({14}) - Drucksachen VI/3082, zu VI/3082 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Bardens, Abgeordneter Köster ({15}) Ich frage zunächst, ob jemand von der Herren Berichterstattern noch das Wort wünscht. - Herr Abgeordneter Köster.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ihnen vorliegenden Bericht möchte ich noch in einigen Punkten ergänzen bzw. berichtigen. Auf Seite 2 der Drucksache zu VI/3082 ist die Anzahl der Ausschußsitzungen um die Sitzung zu erhöhen, die am 2. Februar stattfand. Deswegen ist auch das Datum des Berichtes von „27. Januar" in „2. Februar" zu ändern. Desgleichen ist im Bericht zu § 8 Abs. 1 die Beschlußfassung des Ausschusses so zu ergänzen, wie sie sich bereits im Teil B des Antrags des Ausschusses unter § 8 Abs. 1 findet. Persönlich möchte ich dazu bemerken, daß damit die Ausschußmehrheit einen § 8 Abs. 1 beschlossen hat, der in Widerspruch zu § 6 Abs. 1 steht. Weiter möchte ich darauf hinweisen, daß auf Seite 2 des Berichtes versichert wird, daß Änderungsanträge der Fraktion der CDU/CSU, soweit sie von der Mehrheit der Fraktionen der SPD und der FDP abgelehnt wurden, bei der Erörterung der einzelnen Paragraphen wiedergegeben werden. Das ist leider in zwei wichtigen Punkten bei der Drucklegung unterblieben. Die CDU/CSU-Anträge im Ausschuß zu § 13 und zu § 17 möchte ich hiermit nachreichen. Bezüglich des § 17 ist dieser Nachtrag um so notwendiger, als auch im Ausschußprotokoll vergessen worden ist, den CDU/CSU-Antrag zu § 17 aufzuführen, so daß zur Zeit in keinem offiziellen Dokument des Ausschusses dieser wichtige Antrag der CDU/CSU zu § 17 zu finden ist. Ich reiche also hier nach: § 13, Ausgleich für Eigenmittel: ({0}) Sind in einem Krankenhaus bei Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan oder bei Beginn der Förderung nach diesem Gesetz der Abnutzung unterliegende Anlagegüter vorhanden, deren regelmäßige Nutzungsdauer zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist, so ist dem Krankenhausträger bei Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan sofort, sonst bei Beendigung der Förderung oder mit Ablauf der Nutzungsdauer der langfristigen Anlagegüter auf Antrag ein entsprechender Ausgleich aus Fördermitteln zu gewähren. ({1}) Für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs sind der Wert des Anlagegutes zum Zeitpunkt der Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan bzw. bei Beginn der Förderung und die restliche Nutzungsdauer während der Zeit der Förderung zugrunde zu legen. ({2}) Bei Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan oder bei Beendigung der Förderung ist den Krankenhäusern für Mitarbeiter oder Personengemeinschaften im Dienste von Krankenhäusern, deren Anwartschaft auf Altersversorgung in Auswirkung dieses Gesetzes betroffen ist, ein entsprechender Ausgleich aus Fördermitteln zu gewähren. § 17 ({3}) Die Pflegesätze sind für alle Benutzer ohne Rücksicht darauf, wer die Kosten des Krankenhausaufenthalts der Patienten zu tragen hat, nach einheitlichen Grundsätzen zu bemessen. Dabei sollen die unterschiedlichen Kosten verschiedener medizinischer Fachgebiete sowie die unterschiedlichen Kosten während der Krankenhausbehandlung berücksichtigt werden. ({4}) Die Pflegesätze müssen auf der Grundlage der Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden, leistungsfähigen Krankenhauses und einer Kosten- und Leistungsrechnung eine kostendeckende Betriebsführung ermöglichen und die medizinisch und wirtschaftlich rationelle Versorgung der Patienten durch die Krankenhäuser sichern. ({5}) Die Pflegesätze haben die Kosten für a) Unterkunft, Pflege und Verpflegung, b) die übrigen Leistungen des Krankenhauses im wirtschaftlichen und medizinischen Bereich und c) die Leistungen der Ärzte zu decken. ({6}) Besonders teure diagnostische und therapeutische Verfahren und besonders teure Medikamente können im Einvernehmen mit den Kostenträgern außerhalb der Pflegesätze berechnet werden. Kommt eine Eingung nicht zustande, entscheidet die zuständige Landesbehörde. ({7}) Im Pflegesatz sind Kosten für wissenschaftliche Forschung und Lehre, die über einen normalen Krankenhausbetrieb hinausgehen, und Kosten für Leistungen, die weder unmittelbar noch mittelbar der stationären Krankenhausversorgung dienen, nicht zu berücksichtigen. ({8}) Bei Krankenhäusern, die nach diesem Gesetz gefördert werden, und bei den in § 4 Abs. 3 Nr. i erster Halbsatz bezeichneten Krankenhäusern sind außer den in Absatz 5 genannten Kosten im Pflegesatz nicht zu berücksichtigen: a) Investitionskosten, ausgenommen die Kosten der Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer bis zu drei Jahren, b) Kosten des Grundstücks, des Grundstückserwerbs, der Grundstückserschließung sowie ihrer Finanzierung, c) Kosten der mit den Krankenhäusern verbundenen Einrichtungen, die nicht der stationären Versorgung dienen, d) Kosten der in § 4 Abs. 3 Nr. 9 und 10 bezeichneten Einrichtungen, e) Anlauf- und Umstellungskosten, f) Kosten, für die eine sonstige öffentliche Förderung gewährt wird. Dies gilt bei Krankenhäusern, die teilweise gefördert werden, nur hinsichtlich des geförderten Teils. ({9}) Benutzer, die Sonderausstattungen oder andere über Absatz 3 hinausgehende Leistungen des Krankenhauses in Anspruch nehmen, haben die dadurch entstehenden Mehrkosten zusätzlich zum Pflegesatz aufzubringen. ({10}) Der Pflegesatz ist um den Anteil der Arztkosten zu ermäßigen, wenn der Benutzer die Leistungen der Ärzte auf eigene Rechnung in Anspruch nimmt. Bei Inanspruchnahme von Leistungen nach Absatz 7 dürfen die Ärzte das Liquidationsrecht nur ausüben, wenn der Benutzer die ärztliche Behandlung nach Satz 1 ausdrücklich wünscht. Die Ärzte haben den Anteil der Arztkosten, um den der Pflegesatz nach Absatz 3 zu ermäßigen ist, dem Krankenhaus zu erstatten. Werden Arztkosten von Belegärzten außerhalb des Pflegesatzes gesondert berechnet, so sind diese bei der Bemessung der Pflegesätze durch Abzug der Arztkosten zu berücksichtigen. Das, meine Damen und Herren, war der Nachtrag zu den §§ 13 und 17. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, daß die im Bericht abgedruckte Anregung unserer Fraktion zu § 17, die dem federführenden Ausschuß vom mitberatenden Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung überwiesen worden ist, leicht mit dem im Ausschuß von uns gestellten Antrag verwechselt werden kann. Diesem Irrtum kann man um so leichter erliegen, als der Mitberichterstatter hauptsächlich eine Stellungnahme zu dieser Fassung des § 17 verfaßt hat, obwohl ein so lautender Antrag zu § 17 im federführenden Ausschuß von der CDU/CSU nicht gestellt worden ist. Darüber hinaus muß ich leider bemerken, daß mir der Mitberichterstatter verweigert hat, auf dem Vorblatt unter „C. Alternativen" in drei oder vier Sätzen die von den Ausschußbeschlüssen abweichenden Meinungen der CDU/CSU anzugeben, die wesentliche Änderungen in der Grundstruktur und in der politischen Zielsetzung der Ausschußvorlage zur Folge gehabt hätten. Ich ergänze hiermit wie folgt mündlich das Vorblatt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Einen Augenblick, Herr Kollege. Sie können als Mitberichterstatter schlecht das Vorblatt ergänzen. Sie können natürlich im Rahmen Ihres Berichts Ihre Auffassung darlegen. Das Vorblatt ist aber eine Ubersicht der Verwaltung, die nicht im Rahmen eines Berichts ergänzt werden kann. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie darauf achten würden.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich zu meinem Platze gehen und Ihnen die gegenteilige Mitteilung des Herrn Präsidenten von Hassel, die schriftlich vorliegt und mich auffordert, das Vorblatt mündlich zu ergänzen, vorlegen? Die Verwaltung hat mir das zugeschickt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Entschuldigen Sie, das ist mir unbekannt. Ich kann Ihnen nur sagen, das Vorblatt ist eine Ubersicht der Verwaltung über eine Drucksache und kann nicht vom Berichterstatter als Teil des Berichts ergänzt werden. Da müssen Sie sich mit der Entscheidung des amtierenden Präsidenten zufriedengeben. Sie können sie anfechten.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich wenigstens dazu sagen, Herr Präsident, daß eine anderslautende schriftliche Mitteilung des Präsidenten in meiner Hand ist. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Mitberichterstatter, Herr Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht in eine Auseinandersetzung über den Sinn des Schriftlichen Berichts eintreten. Ich glaube, dazu sind der heutige Tag und die Tagesordnung nicht da. Irgendwann müssen wir aber einmal diese grundsätzliche Einigung über den Sinn des Schriftlichen Berichts und darüber, was darin enthalten sein muß, herbeiführen. Ich möchte nur auf Wunsch der beiden Sachverständigen, die vor dem Ausschuß ausgesagt haben, eine kleine Korrektur zum Schriftlichen Bericht vortragen. Im Schriftlichen Bericht heißt es, daß Sachverständige des Deutschen Krankenhausinstituts angehört worden seien, es waren aber je ein Sachverständiger des Deutschen Krankenhausinstituts und des Instituts für Krankenhausbau an der Technischen Universität Berlin, so daß der entsprechende Passus heißen müßte: Die Anhörung ergab u. a., daß sich einige Eckdaten des Gutachtens aus dem im Zusammenhang mit der Untersuchung sich ergebenden Zahlenmaterial allein nicht begründen ließen. Die Gutachter stellten jedoch fest, daß diese Zahlen mit den umfangreichen Erfahrungen beider Institute übereinstimmen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, den man in der Tagesordnung zum letzten Hohenzollern im Hause gemacht hat, hat nicht den Wunsch, noch als Berichterstatter des Haushaltsausschusses das Wort zu ergreifen. Ich danke den Herren Berichterstattern. Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe § 1 auf. ({0}) - Bitte, Herr Kollege. Wir treten jetzt in die zweite Beratung ein. ({1}) - Bei § 2 gebe ich Ihnen dann die Möglichkeit. ({2}) - Wollen Sie die Anträge geschlossen begründen? ({3}) Meine Damen und Herren, ich nehme an, das Haus hat keine Bedenken, wenn der Kollege Burger die Anträge bei § 1 geschlossen begründet. - Auch auf den anderen Seiten des Hauses besteht Einverständnis. Bitte, Herr Kollege!

Albert Burger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000310, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir legen Ihnen heute 15 Änderungsanträge vor. Damit das Haus ein geschlossenes Bild vom Sinn und Inhalt dieser Änderungsanträge bekommt, gestatten Sie mir bitte, in fünf Minuten - -({0}) - Es sind sogar 18 geworden, Herr Professor. Vielen Dank, Sie haben sehr gut gezählt. 18 Änderungsanträge werden vorgelegt. Meine Damen und Herren, wenige Sätze zur Situation. Wenn wir heute über Krankenhäuser sprechen, sind wir alle Sachverständige, denn wohl wenige waren noch nie Patient in einem Krankenhaus. Darum ist die Sorge kranker Menschen gegenwärtig, die im Vertrauen auf die Kunst des Arztes und in der Hoffnung auf die Fürsorge der Schwestern im Krankenhaus Linderung und Heilung suchen. Doch trotz unserer Kenntnisse und Erfahrungen fällt es schwer, hinter den knappen Sätzen, Zahlen und Bestimmungen des vorliegenden Gesetzentwurfes alle seine Absichten und Ziele zu erkennen. Krankenhäuser gehören zu den differenziertesten und sensibelsten Einrichtungen, in denen Mitarbeiter unterschiedlicher Ausbildung vom Chefarzt bis zur Raumpflegerin zusammenwirken. Es gibt in Deutschland im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr Krankenhausbetten als in anderen Ländern. Aber die Einnahmen der Krankenhäuser über die Pflegesätze decken nicht ihre Unkosten. Der Ärzte- und Schwesternmangel ist empfindlich, und die innere Ordnung ist im Wandel begriffen. Die CDU/CSU sagt ja zu der Absicht dieses Gesetzes, mit einer neuen Form der Finanzierung die Krankenhäuser wirtschaftlich zu sichern. Die öffentliche Hand soll die Kosten der Bereitstellung der Krankenhausbetten übernehmen und die Patienten oder deren Krankenkassen die Benutzerkosten. Ein Drittel dieser Investitionskosten hat der Bund und zwei Drittel haben die Länder zu tragen. Hierzu sagen wir ja. Für die CDU/CSU ist diese Finanzreform aber auch Strukturreform. Beides kann man nicht trennen. Wir wollen ja nicht nur seelenlose Betonklötze oder Menschenfabriken ermöglichen, in denen der Patient eine Nummer ist, ({1}) sondern sinnvoll gegliederte Krankenhäuser, in denen Menschen gesund werden sollen. Neben diesen vorgenannten Entscheidungen gibt es für uns grundsätzliche Anliegen. Diese sind in der Vorlage der CDU/CSU-Fraktion betreffend Ausbau und Sicherung bedarfsgerecht gegliederter Krankenhäuser enthalten und werden heute in verschiedenen Änderungsanträgen vorgebracht. Die Änderungsanträge befassen sich mit vier Problemkreisen. Erstens. Wir wünschen Klarheit und Wahrheit in der Finanzierung und eine ausreichende Finanzierung. Wir wollen, daß der Bund ein echtes Drittel der Investitionskosten trägt. In den massiven Protesten der Krankenhausgesellschaft und der karitativen Krankenhausträger sowie der gemeinsamen Stellungnahme des Deutschen Städtetages, des Gemeindetages und des Landkreistages werden die Berechnungsgrundlagen der Bundesregierung übereinstimmend als falsch bezeichnet; dort ist von einer anachronistischen Basis der ermittelten Bettenwerte die Rede, und die Rechnungsgrundlagen des Gutachtens des Deutschen Krankenhausinstituts werden als antiquiert und für eine Modernisierung des Krankenhauswesens nicht geeignet bezeichnet. All dies läßt befürchten, daß das Defizit der Krankenhäuser durch das Gesetz nicht beseitigt wird und die Selbstkostengarantie mit den vorgesehenen Regelungen nicht eingehalten werden kann. Die zweite Forderung heißt: Wir fordern Gerechtigkeit für die freien Träger. Diese haben in der Vergangenheit unter größten Opfern Erstaunliches geleistet. Sie sind eine wichtige Säule unseres Krankenhaussystems. Wir wollen und können auf diese Dienste nicht verzichten. Es darf nicht dazu kommen, daß diese Krankenhausträger um ihre Selbständigkeit fürchten müssen. Drittens. Die CDU/CSU-Fraktion beantragt die Investitionsförderung von Schwesternschulen und -wohnheimen. Die Unionsparteien wollen, im Gegensatz zur Regierung, daß die Ausbildungsstätten beim Krankenhaus bleiben. Die Ausbildung muß verbessert werden, aber praxisnah bleiben. Wer dies verhindert, begünstigt den Mangel an Krankenpflegepersonal und gefährdet dadurch die Funktionsfähigkeit der Krankenhäuser. Viertens. Wir fordern eine Reform der inneren Ordnung im Sinne einer größeren Freiheit für die Sozialversicherten. Alle Patienten sollen medizinisch bestmöglich versorgt und gepflegt werden und eine angemessene Unterkunft und Verpflegung erhalten. Jeder soll gegen kostengerechte Vergütung zusätzlich entsprechende Leistungen erhalten können. Meine Damen und Herren, dies zu den vier Gruppen der Änderungsanträge. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie mir Gelegenheit gegeben haben, sie ganz allgemein zu begründen. Wir wünschen, daß dieses Gesetz keine verlorene Reform werde. Die Krankenhäuser dürfen nicht. vom Regen in die Traufe kommen, und die akuten Defizite sollen nicht zur chronischen Unterfinanzierung werden. Wir bitten Sie um Annahme unserer Anträge, die im folgenden von verschiedenen Kollegen in aller Kürze begründet werden. Diese Anträge haben zum Ziel, das Gesetz durch klare Finanzierung, Förderung der Ausbildungsstätten, innere Reformen und Hilfe für die freien Träger wesentlich zu verbessern. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Kollege Burger, das war natürlich keine Begründung der Anträge, sondern es waren Ausführungen in einer allgemeinen Aussprache zur zweiten Lesung. Der Herr Kollege Götz hat mich inzwischen gebeten, noch eine solche allgemeine Aussprache zu eröffnen. Es ist zwischen den Fraktionen inzwischen auch so besprochen worden; ich bin daher damit nachträglich einverstanden, daß wir so verfahren. Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Haushaltsausschusses, der Ihnen ausgedruckt vorliegt, stellt fest, daß dieses Gesetz mit der Haushaltslage vereinbar ist. Diese Feststellung des Haushaltsausschusses besagt aber noch lange nichts über die Qualität der Finanzierung dieses Gesetzes. Wenn im Bericht festgestellt wird, daß das Gesetz mit der Haushaltslage vereinbar ist, so deswegen, weil die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung durch den § 21 Abs. 2 auf einen bestimmten Plafond festgelegt ist. Ich fühle mich aber als Mitglied des Haushaltsausschusses verpflichtet, vor der Begründung der Einzelanträge Ihnen hier darzutun, welche finanziellen Belastungen und welche finanziellen Risiken mit diesem Gesetz verbunden sind, Risiken, die, so meine ich, mit einer soliden Finanzpolitik nichts zu tun haben. Zunächst zu der Frage der Finanzierungsart. Sie wissen, daß über den Haushaltsplan Mittel bereitgestellt werden, um Kredite auf dem Kreditmarkt aufzunehmen. Da aber diese bewegten Summen nicht im Haushaltsplan ausgewiesen werden, vermag der einzelne Abgeordnete dieses Hohen Hauses nicht zu übersehen, welche Belastungen auf die Dauer mit dieser Kreditaufnahme einerseits verbunden sind und, zum anderen, welche Mittel auf die Dauer bewegt werden. Ich meine, hier müßte noch einmal festgestellt werden, daß zwar im Jahre 1972 35 Millionen ausreichen, um einen Betrag von 700 Millionen DM für die Krankenhausfinanzierung zu mobilisieren. Aber schon in drei Jahren sieht die Rechnung etwas anders aus, weil dann bereits 255 Millionen DM Schuldendienstbeiträge notwendig sind, um einen Betrag von 772 Millionen DM als Kreditaufnahme zu ermöglichen. Wenn Sie diese Rechnung fortsetzen - nur bei einer dreiprozentigen Steigerung -, kommen Sie in einem durchaus überschaubaren Zeitraum in ein Stadium, wo die Kosten für die Schuldendienstaufnahme höher sind als die Beträge, die für die Krankenhausfinanzierung zur Verfügung gestellt werden können. In der Diskussion im Haushaltsausschuß mit dem Vertreter der Regierung, wie denn eine solche Kostenrechnung nach 1975 und 1976 aussehen könne, wurde geantwortet, daß das ein Wechsel auf die Zukunft sei. Es ist ein Wechsel auf die Zukunft, aber leider ein ungedeckter, weil die SPD und FDP bei den letzten Haushaltsdebatten abgelehnt haben, die Summen, die hier bewegt werden, in den Haushaltsplan einzustellen. Ich will hier gar nicht fordern, daß man auf eine Kreditaufnahme verzichtet und die Aufgaben des Krankenhausfinanzierungsgesetzes aus dem ordentlichen Haushalt finanziert. Aber wenn man Kredite aufnimmt, entspricht es der Haushaltswahrheit und -klarheit, diese dann auch entsprechend im Haushaltsplan auszuweisen. ({0}) Ich habe aus den Einwänden, gerade von Ihnen, Herr Kollege Nölling, wie aber auch der Frau Minister Strobel erkennen müssen, daß Sie diese unsere Forderung bisher noch nicht verstanden haben, daß Sie diese Forderung nach Haushaltswahrheit und -klarheit gleichzeitig als eine Forderung nach mehr Geld angesehen haben, - so noch in Ihren Ausführungen am 1. Dezember vorigen Jahres in diesem Hause. Die Kreditaufnahme ist kein Sonderfall. Aber der Bundesrechnungshof hat ja schon bei der Finanzierung nach der Öffa darauf hingewiesen, daß ein solches Verfahren ein Verstoß gegen den Art. 110 des Grundgesetzes ist, weil alle Ausgaben des Bundes im Haushalt einzustellen sind. Es scheint mir also System zu sein, wenn hier wegen der Finanzschwierigkeiten dieser Bundesregierung eine ganze Reihe von Ausgaben neben dem Haushalt bewegt und finanziert werden. Neben dem Krankenhausfinanzierungsgesetz muß man doch in diesem Zusammenhang auch etwa die globalen Minderausgaben im Haushaltsplan 1972 in einer Größenordnung von 1,2 Milliarden sehen, die bisher keine einzelnen Deckungs- und Kürzungsvorschläge im Haushalt gefunden haben, die ganzen Aufwendungen für den Wohnungsbau, deren Zins-Kosten lediglich im Haushaltsplan vorgesehen sind, und es ist noch gar nicht lange her, daß wir hier über Zuschüsse zur Bundesknappschaft debattiert haben, nämlich im Zusammenhang mit der Zurückzahlung der Krankenkassenbeiträge der Rentner. Auch hier ließ man bei der Angestelltenversicherung ein Darlehen aufnehmen, um diese Ausgaben von 169 Millionen DM zu finanzieren. Niemand vermag hier endgültig zu erkennen, daß die 55 Millionen DM Schuldendienst nur einen Gesamtaufwand von 169 Millionen DM mobilisieren. Niemand kann dadurch sehen, welche relativ hohen Kosten für die Kreditaufnahme entstehen. Ein solches System, meine Damen und Herren, geht bis hin zu den Schulden der Bundesbahn, die ebenfalls nicht aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Ich fasse zusammen. Diese Art der Finanzierung eröffnet einen Schattenhaushalt neben dem Haushalt. Die Staatsverschuldung ist für den Bundestag, ist für den einzelnen Abgeordneten nicht mehr übersichtlich, noch weniger für die Öffentlichkeit. Ich darf in diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, noch daran erinnern, daß wir hier doch wiederholt Diskussionen über die Frage des Schattenhaushalts geführt haben und daß die Ausgaben des Bundes neben dem Haushalt letzten Endes doch nur das Ziel haben, den Haushaltsplan zu manipulieren; herunterzumanipulieren, um die Steigerungsrate des Haushaltsplans entsprechend den Empfehlungen der Sachverständigen so gering wie möglich zu halten. Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren, ist die Größenordnung der Fördermittel, die nach diesem Gesetz vorgesehen sind. Die Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, daß 700 Millionen DM im Jahre 1972 ein echtes Drittel darstellen und daß die Länder und Kommunen in der Lage sein werden, 1,4 Milliarden DM für die Krankenhäuser zur Verfügung zu stellen. Es ist aber ebenso ein offenes Geheimnis, daß sowohl der Bundesrat als auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft wie auch zahlreiche Experten diese Schätzung der Bundesregierung nicht für richtig halten. Der Bundesrat sprach von 3,4 Milliarden DM, und die Krankenhausgesellschaft hat noch vor wenigen Tagen darauf hingewiesen, daß zwischen den Vorstellungen der Bundesregierung und denen der Krankenhausgesellschaft eine Differenz von 5 Milliarden DM bis zum Jahre 1975 klafft. Eine Frage zu diesem Thema in der Fragestunde der vorigen Woche wurde von der Bundesregierung nicht ausreichend beantwortet. Herr Staatssekretär Westphal meinte lediglich darauf hinweisen zu können, daß die Bedarfsschätzungen der Krankenhausgesellschaft nicht zutreffen. Warum sie nicht zutreffen, hat er nicht gesagt, sondern bezog sich auf Gutachten aus früheren Jahren, die außer Zweifel durch die Entwicklung überholt sind. Vorhin hat der Kollege Bardens eine Berichtigung des Schriftlichen Berichts vorgenommen. Genau das ist einer der Punkte, über den man sich unterhalten müßte, ob in der Tat die Aussagen der Sachverständigen zutreffend sind oder ob, wie im Bericht des Fachausschusses zunächst gesagt wurde, die Eckdaten aus diesem Gutachten selbst der Höhe nach nicht zu begründen waren. Wenn man die Aussagen der Bundesregierung vor dem Hintergrund der Auffassung der Krankenhausgesellschaft und des Bundesrates sieht, ({1}) dann kann man nur feststellen, daß die Daten, die die Sachverständigen bekanntgegeben haben, sich in der Tat zum Teil nicht begründen ließen. Der Fassung des Gesetzes, die Ihnen heute vorliegt, meine Damen und Herren, liegt nach wie vor die Annahme zugrunde, daß es zur Sicherung der Krankenhäuser genügt, den Ländern umfassende Verpflichtungen zur Förderung aufzuerlegen und zugleich die Bundesbeteiligung auf feste, vergleichsweise niedrige Beträge zu begrenzen. Aber zur w irtschaftlichen Sicherung eines Krankenhauses müssen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, die ausreichend sind für die Bedürfnisse der Krankenhäuser über den Zeitraum weniger Jahre hinweg. Es ist wohl kein Zufall, wenn gesagt wird, daß dieses Gesetz nur akzeptiert werden kann, wenn das Recht auf Kostendeckung eingeräumt wird. Man kann nicht die Summe der Ausgaben herabmanipulieren, die Lebensdauer der Anlagegüter der Krankenhäuser nicht herauf- und damit die Abschreibungssätze herabsetzen, um dadurch das Finanzvolumen, das notwendig ist, künstlich zu beeinflussen. Gerade im Gesundheitswesen, gerade im Krankenhauswesen kann man nicht von der höchstmöglichen Nutzungsdauer der Anlagegüter ausgehen, sondern muß im Hinblick auf die immer rasantere medizinisch-technische Entwicklung, auf die immer höheren Anforderungen durch den Patienten von der Unterbringung bis zu Einrichtungen des Krankenhauses, davon ausgehen, daß die Nutzungsdauer der einzelnen Anlagegüter kürzer sein wird, als wir es uns jetzt vielleicht noch vorstellen können. Ein anderes. Die Bundesregierung geht von einer jährlichen 3 °/oigen Steigerung der Zuschüsse des Bundes für das Krankenhausfinanzierungsgesetz aus. Sie stimmen wohl mit mir überein, daß eine 3 %ige Steigerung den Realitäten der Kostenentwicklung überhaupt nicht entspricht. Denken wir nur einmal an die Kosten der Lebenshaltung und ihre Steigerung in den letzten Jahren, denken wir an die Steigerungsraten im Hoch- oder Tiefbau von 20 % und mehr! ({2}) Daß diese Steigerungsraten auch im Bereich der medizinisch-technischen Entwicklung und der Therapie zu erwarten sind, liegt klar auf der Hand. ({3}) Die Regierung hat mit ihrer Propaganda zu diesem Gesetz in der Öffentlichkeit immer wieder den Eindruck zu erwecken versucht, als ob ein echtes Drittel der Kosten dieses Gesetzes vom Bund aufgebracht werde. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, daß das nicht der Fall ist, und habe das an einzelnen Beispielen aufgezeigt. Die Forderung nach dem echten Drittel muß aber alle Aufgaben miteinbeziehen, die den Ländern mit diesem Gesetz auferlegt werden; es sind eine ganze Reihe von Maßnahmen, deren Finanzierung einseitig den Ländern auferlegt wird. Angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit muß ich es mir versagen, hier die einzelnen Positionen aufzuzählen. Ich kann nur an einem Einzelbeispiel, nämlich dem des Landes Nordrhein-Westfalen, das ich einmal überprüft habe, deutlich machen, welche Konsequenzen das Gesetz für die Förderung der Investitionen in Krankenhäusern hat. Ein erheblicher Teil der Fördermittel wird nicht mehr für Neu-, Ersatz- und Umbauten zur Verfügung stehen. Auf gut deutsch heißt das, daß trotz des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in den nächsten Jahren weniger Krankenhäuser, weniger Neubauten und weniger neue Betten geschaffen werden können. ({4}) - Das stimmt einfach nicht, Herr Tamblé. Ich muß Ihnen sagen, daß das Land Nordrhein-Westfalen, das bisher eine vorbildliche Regelung der Krankenhausfinanzierung hatte und einen Betrag von 382 Millionen DM bereitstellte, allein 300 Millionen DM für den Ersatz der kurz- und mittelfristigen Anlagegüter nach § 10 aufwenden muß. Es muß weiterhin damit rechnen, daß die Subventionierung der Krankenkassen -- § 19 Abs. 2 - einen Betrag von 46 Millionen DM ausmacht. Es muß auf Rückflüsse in Höhe von 22 Millionen DM verzichten. Das bedeutet, daß das Land Nordrhein-Westfalen gegenüber einem bisherigen Volumen von 382 Millionen DM für Neubauten insgesamt etwa 360 Millionen DM für Zwecke dieses Gesetzes einsetzen muß, die nichts mit Neubauten und der Bereitstellung von neuen Betten zu tun haben. Das müssen Sie ganz klar sehen. Nur an solchen konkreten Beispielen können Sie sich klarmachen, welche Konsequenzen dieses Gesetz für die Länder hat. Sie können auch nicht bestreiten, daß 60 % der durch § 10 gesetzlich fixierten Ausgaben eben diese Mittel beeinflussen oder beanspruchen. Die Investitionsmittel für Neu- und Ersatzbauten reichen dann eben nicht aus. In diesem Zusammenhang muß aber auch die finanzielle Situation der Länder gesehen werden. Ich verrate hier kein Geheimnis, wenn ich daran erinnere, daß z. B. das Land Hessen allein in diesem Haushaltsjahr ein Haushaltsdefizit von 160 Millionen DM ausweist. Daraus ist zu schließen, daß die Haushaltsentwicklung der Länder infolge der Finanzierung der Aufgaben, die sich aus diesem Gesetz ergeben, nachteilig beeinflußt werden wird. Bisher war die Regierung nicht in der Lage, meine Frage zu beantworten, wie die Finanzierungslücke zwischen dem, was die Länder zur Verfügung gestellt haben, und dem, was sie nach diesem Gesetz zahlen müssen, geschlossen werden soll. Auf die Dauer bleibt doch für die Länder und für die Gemeinden nur der Weg übrig, sich auf dem Kapitalmarkt die notwendigen Mittel zu beschaffen. Wenn man aber vor dem Hintergrund des Bundeshaushalts 1972, nämlich der Notwendigkeit zusätzlicher Kreditaufnahme durch den Bund, sieht, daß der Kreditmarkt nicht nur auf Grund dieses Gesetzes, sondern auch wegen zahlreicher anderer Dinge, die die Folge der Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung sind, zusätzlich in erheblichem Umfang in Anspruch genommen werden muß, können wir daraus nur schließen, daß der Schwarze Peter mit diesem Gesetz wieder einmal den Ländern und Gemeinden zugeschoben wird. Meine Damen und Herren, ich habe hier - und ich bin mir dessen bewußt - einige negative Perspektiven im finanziellen Bereich aufgezeigt. Das bedeutet nicht, daß wir nicht anerkennen, daß vom Bund 700 Millionen DM mehr für die Krankenhausfinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Aber - und das kann man nicht mit einer Handbewegung abtun, Herr Wehner - diese 700 Millionen DM, die über den Kreditmarkt aufgenommen werden, kosten in wenigen Jahren sehr viel Geld und zwingen spätestens die nächste Bundesregierung, dieses Finanzierungssystem wieder umzustellen. Das zweite ist, daß man eben nicht mit Propaganda in der Öffentlichkeit dartun kann, daß man ein Drittel der Kosten dieses Gesetzes übernimmt, wenn man nicht zugleich auch den Nachweis erbringt, daß diese Feststellung zutrifft. ({5}) Es ist ebenso entscheidend, daß eine Reihe von Erfahrungswerten im Hinblick auf die künftige Entwicklung nicht beachtet werden und daß die Kosten dieses Gesetzes durch Manipulationen verändert worden sind. Schließlich ist mit der vorgesehenen Finanzierungsart erneut an den Grundfesten der Haushaltswahrheit und -klarheit gerüttelt worden. Ich habe dieses Haus und seine Ausschüsse in der ersten Lesung aufgefordert, die Bedenken des Bundesrates zu beachten, um zu erreichen, daß dieses Gesetz so bald wie möglich verabschiedet wird, und zu verhindern, daß es noch zu großen Diskussionen im Bundesrat führt. Ich bin erstens fest davon überzeugt, daß sich der Bundesrat noch eingehend damit auseinandersetzen wird, und ich bin zweitens davon überzeugt, daß wir über kurz oder lang gezwungen sein werden, durch eine Novellierung schon sehr bald diejenigen Vorstellungen zu verwirklichen, denen sich die knappe Mehrheit dieses Hauses bisher nicht anschließen konnte. Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Die Bundesregierung - Frau Strobel hat es einmal in einer Diskussion hier gesagt - hält dieses Gesetz für eines ihrer wichtigsten Reformvorhaben. Wenn das so ist, muß man um so mehr bedauern, daß keine finanzielle Solidität als Grundlage für ein so wichtiges Reformvorhaben besteht und auch verschiedene andere erforderliche Grundlagen nicht geschaffen worden sind. Die Öffentlichkeit hatte ein Gesetz erwartet, das der Bedeutung der Krankenhäuser in der gesundheitlichen Fürsorge für die Bevölkerung gerecht wird, ein Gesetz ohne Fragwürdigkeiten und finanzielle Risiken, das der Forderung nach wirtschaftlicher Sicherung Rechnung trägt, so daß insbesondere die gemeinnützigen Träger, aber auch die kommunalen Krankenhäuser sicher sein können, daß ihre Ansprüche auf eine kostengerechte Abgeltung ihrer Leistungen durch dieses Gesetz erfüllt werden. Das, meine Damen und Herren, ist aber bei dem vorliegenden Gesetzentwurf vor allem wegen seines finanziellen Hintergrunds leider nicht der Fall. ({6})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Nach § 47 der Geschäftsordnung hat Herr Minister Geissler als Mitglied des Bundesrates für das Land Rheinland-Pfalz das Wort. Dr. Geissler, Minister des Landes Rheinland-Pfalz: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn der allgemeinen Aussprache zur zweiten Lesung dieses Gesetzes einige zusätzliche Informationen aus der Sicht eines Landes geben, die vielleicht die eine oder andere Frage abklären können. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, daß die 1 Milliarde DM Defizit, die die Krankenhäuser pro Jahr „erwirtschaften", im Grunde - das ist der wichtigste Grund - darauf zurückzuführen ist, daß die Pflegesätze eben nicht kostendeckend sind. Diese Entwicklung hat natürlich zu einer ganz bedrohlichen Belastung der Krankenhäuser auch hinsichtlich der medizinischen und personellen Leistungsfähigkeit geführt. Daß trotz dieser Situation in den letzten Jahren zahlreiche neue Krankenhäuser in der Bundesrepublik Deutschland gebaut werden konnten, ist sicher im wesentlichen auf das finanzielle Engagement der Länder und der Gemeinden zurückzuführen. Ohne die Zuschüsse der Länder und Gemeinden hätte in den vergangenen Jahren kaum ein Träger ein neues Krankenhaus bauen können. Wir wollen das natürlich auch in der Zukunft erreichen. Deswegen legen die Länder großen Wert darauf - das ist ja auch im ersten Durchgang im Bundesrat klar gesagt worden -, möglichst bald ein Gesetz zu erhalten, das die mit dem Betrieb eines leistungsfähigen und sparsam wirtschaftenden Krankenhauses verbundenen wirtschaftlichen und finanziellen Probleme löst. Auch noch aus einem anderen Grunde legen die Länder Wert darauf. Erst dann können nämlich die genauso wichtigen strukturellen Probleme, entweder hier oder innerhalb der Gesetzgebungs- und Planungskompetenz der Länder, geregelt werden. Ich habe aber die begründete Sorge - das möchte ich hier deutlich sagen -, daß die gegenwärtige Fassung der Vorlage nicht zu dem angestrebten Ziel führen kann, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenkäusern zu gewährleisten. Ich möchte das kurz begründen. Nach meiner Meinung enthält die Vorlage vier wesentliche Mängel: 1. Die Berechnung der finanziellen Belastungen ist falsch. 2. Die Vorlage führt nicht zur echten Drittelbeteiligung des Bundes. 3. Die Bundesmittel werden nur zu 85 0/o auf die Länder nach den Einwohnerzahlen verteilt. 4. Die Frage, wie die Ausbildungsstätten, die Schulen, für das Krankenpflegepersonal in der Zukunft finanziert werden sollen, ist offengelassen bzw. diese Möglichkeit ist herausgenommen. ({0}) Die der Vorlage zugrunde liegenden Finanzschätzungen sind meiner Ansicht nach unrealistisch, erstens weil sie die Zahl der zu fördernden Betten zu gering annehmen, zweitens weil sie den vorhandenen Bettenbestand lediglich erhalten wollen, drittens weil sie den Bettenwert zu gering ansetzen und viertens weil sie die jährlichen Preissteigerungen für die nächsten Jahre unzutreffend ansetzen. Die Zahl der zu fördernden Betten ist mit 460 000 zu gering angenommen. Die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände kommt in ihrer Stellungnahme vom 7. Februar 1972 zu dem Ergebnis, daß etwa 50 000 Betten mehr zu fördern sind, als angenommen wird. Das entspricht ungefähr unseren Schätzungen. Es kommt hinzu, daß auch der Bestand an Betten in den psychiatrischen Krankenhäusern wahrscheinlich unterschätzt worden ist. Hier ist die erste Korrektur notwendig. Die Bundesregierung will weiter offenbar lediglich den vorhandenen Bettenbestand erhalten. Das ist der zweite gravierende Punkt. Dies geht nach unserer Auffassung an den krankenhauspolitischen Notwendigkeiten vorbei. ({1}) Sicher wird der Bettenbedarf nicht mehr so rasch zunehmen wie in der Vergangenheit. Das bedeutet aber nicht, daß die jetzt erreichte Zahl von Akutkrankenhausbetten eine tragfähige Basis für eine moderne, zukunftsorientierte Krankenhauspolitik bieten könnte. Sie wird auch dann nicht zu einer tragfähigen Basis, wenn man unterstellt, daß sich die durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus noch senken ließe, und zwar wegen folgender Fakten: 1. die Zunahme der Bevölkerung, 2. die Steigerung der Lebenserwartung, 3. die medizinischen Fortschritte auf diagnostischem und therapeutischem Gebiet, 4. die zunehmende Unfallgefahr, 5. die zunehmende Gesundheitsgefährdung in den Ballungszentren und 6. nicht zuletzt die Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge und -vorsorge in Verbindung mit einer besseren ärztlichen Versorgung der Bevölkerung auf dem Lande. Wenn dieses Gesetz den Bettenbestand lediglich erhält, wird es zu keinem gesundheitspolitischen Fortschritt führen. ({2}) Daß sich darüber hinaus die moderne psychiatrische Krankenhausversorgung erst im Aufbau befindet, ist unbestritten. Zur Zeit läuft ja eine vom Bundestag in Auftrag gegebene Enquete über die Situation der Psychiatrie. Das Hearing zu diesem Thema hat doch deutlich gezeigt, welche enormen Anstrengungen auf diesem Gebiet noch zu machen sind, die in der Vorlage nach unserer Auffassung unberücksichtigt geblieben sind. Schließlich müssen wir berücksichtigen, daß noch ein erheblicher Teil des vorhandenen Bettenbestandes überaltert ist. Wir können daher, wenn wir realistisch sein wollen und wenn dieses Gesetz einen Fortschritt bedeuten soll, nicht von einer rechnerischen Erneuerungsquote von lediglich 1,67 % pro Jahr ausgehen. ({3}) Der rasche Ersatz der alten Krankenhäuser, z. B. solcher mit großen Bettensälen und ähnlichem, ist doch auch die notwendige Voraussetzung für den Abbau der Privilegien in den Krankenhäusern. ({4}) Landesminister Dr. Geissler Wie sollen denn die Krankensäle alten Stils beseitigt und die Stationen und Abteilungen überschaubarer gemacht und wie sollen die Privatbetten in die allgemeinen Stationen integriert werden, wenn die dazu erforderlichen Neubauten nicht mehr errichtet werden können? ({5}) Das ist die Frage, um die es geht. Denn - um das vorwegzunehmen - die Mittel, die bisher von Ländern und Gemeinden zur Verfügung gestellt worden sind, müssen, wenn dieses Gesetz so verabschiedet wird, fast ausschließlich für die Finanzierung der laufenden Maßnahmen verwendet werden, ({6}) so daß für die Renovierung und für Neubauten kein Pfennig übrigbleibt. Das ist das eigentliche Problem, um das es geht. Auch der den Berechnungen zugrunde liegende Bettenwert ist nicht realistisch. Es mag sein, daß 100 000 DM pro Bett vor einem Jahr oder anderthalb Jahren noch richtig angesetzt waren. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Regierungsvorlage ist die Bundesregierung noch von 72 000 DM ausgegangen. Jetzt gehen wir von 100 000 DM aus. Wir müssen aber, wenn dieses Gesetz 1972 in Kraft tritt, realistische Überlegungen anstellen. Jeder, der neue Ausschreibungsergebnisse sieht, weiß, daß der augenblickliche Bettenwert mindestens 120 000 DM beträgt. Dieser Wert spielt, wie Sie wissen, auch für die Höhe der den Krankenhäusern zuzuwendenden Pauschalleistungen eine entscheidende Rolle. Es ist daher auch aus diesem Grunde notwendig, ihn richtig anzusetzen. Schließlich müssen wir auch klar sehen, daß die der Vorlage zugrunde gelegten jährlichen Preissteigerungen von nur etwa 3 O/o zumindest auf dem Bausektor, um es vorsichtig auszudrücken, und für die nächste Zeit nicht realistisch sind. Jedenfalls bedeutet eine solche Annahme -- das muß ich in aller Klarheit sagen -, daß das Preissteigerungsrisiko in der Praxis hier auf die Länder und Gemeinden abgewälzt wird. Die Vorlage räumt den Krankenhausträgern nämlich Rechtsansprüche auf finanzielle Leistungen gegenüber den Ländern ein. Praktisch sind hiervon gewiß nur die Erstinvestitionen ausgenommen. Die Länder müssen also in Zukunft die Ansprüche der Krankenhausträger voll befriedigen, ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Bund den realen Drittelanteil erhalten oder nicht. Das bedeutet in der Praxis - ich habe es schon einmal gesagt -: der größte Teil der bisherigen Mittel der Länder wird vom Gesetz an Leistungsarten gebunden, für die die Länder bisher keine Aufwendungen zu machen brauchten. Die Höhe der laufenden Pauschalzuweisungen muß auch der kostenrelevanten Tatsache gerecht werden, daß gerade die Geräte für Diagnostik und Therapie au Grund der schnellen Fortschritte im Bereich der Medizin und der Technik in immer kürzeren Zeitabständen erneuert werden müssen und selbstverständlich auch zahlenmäßig zunehmen. Ein Röntgengerät kann heute nicht mehr wie früher nach 15 Jahren, sondern muß schon nach 8 oder 7 Jahren erneuert werden. Aus alledem ergibt sich, meine Damen und Herren, daß die von der Bundesregierung errechneten Kosten von 2,1 Milliarden DM und die daraus resultierende Bundesbeteiligung von 700 Millionen DM nicht realistisch sind. Nach unseren Berechnungen, die im Ergebnis mit denen der kommunalen Spitzenverbände identisch sind, beläuft sich der Finanzbedarf der Vorlage auf 3,4 Milliarden DM. Diese Diskrepanz der Berechnung führt, am Beispiel des Landes Rheinland-Pfalz einmal ausgeführt, dazu, daß der Bundesanteil nicht wie behauptet ein Drittel, sondern lediglich ein Fünftel der aufzubringenden Leistungen für das Krankenhaus ausmachen wird. ({7}) Wenn das Gesetz für die Länder überhaupt finanzierbar werden soll, müßte als Minimum eine Regelung gefunden werden, die eine echte Drittelbeteiligung des Bundes an den entstehenden Aufwendungen vorsieht. Gelingt dies nicht, wird eine Stagnation im Krankenhausneubau unvermeidbar sein; das wäre ein gesundheitspolitischer Rückschritt ersten Ranges. Der Bundesrat hatte daher schon im ersten Durchgang eine befriedigende Regelung zu diesem Punkt einstimmig als unverzichtbar bezeichnet. Meine Damen und Herren, in einem engen Zusammenhang mit diesem Problem steht die Frage der richtigen Aufteilung der Bundesmittel an die Länder. Die Länder sollten nach unserer Meinung 95 % der Bundesmittel nach ihrer Einwohnerzahl erhalten. Es dürfte genügen, wenn die Bundesregierung 5 % der Finanzhilfen schwerpunktmäßig oder zur Durchführung von Modellmaßnahmen ausgibt; andernfalls würde der reale Bundesanteil noch weiter absinken. Schließlich betrifft unser vierter Wunsch die Ausbildungsstätten. Der pflegerische Nachwuchs für die Krankenhäuser läßt sich, wie die tägliche Praxis zeigt, nur sicherstellen, wenn Krankenhaus und Schule weitgehend integriert sind. Die Krankenpflegeschulen müssen daher in die Finanzierung dieses Gesetzes mit einbezogen werden. Die Bundesregierung bietet als Ausweg an, die laufenden ungedeckten Kosten der Ausbildungsstätten lediglich bis Ende 1974 über den Pflegesatz zu finanzieren und die Erstinvestition nicht zu berücksichtigen. Damit würden alle bisherigen Bemühungen der Krankenhausträger um die Förderung und Gewinnung des Nachwuchses zumindest stark gefährdet werden. Dieser Ausweg führt in Wirklichkeit in die Sackgasse, weil eine andere Möglichkeit bei einer realistischen Betrachtung der Haushaltslage, Ausbildungsstätten zusätzlich zu finanzieren und sie zugleich in das Krankenhaus zu integrieren, nicht zu sehen ist. Es wäre für die Krankenhausversorgung der Bevölkerung überaus gefährlich, wenn auf diesem Gebiet ein Vakuum entstünde; es geht nicht an, die Finanzierung aus dem Pflegesatz herauszunehmen und dafür in diesem Gesetz keinen Ersatz zu schaffen. ({8}) Landesminister Dr. Geissler Die modernsten Krankenhäuser nützen nichts, wenn die Stationen wegen Personalmangels nicht in Betrieb genommen werden können. Ich halte es für nicht verantwortbar, einfach darauf zu vertrauen, diese Probleme würden sich schon irgendwie in der Zukunft einmal anders regeln lassen. Wir müssen sehen, daß sich das Personaldefizit schon jetzt auf über 40 000 Fachkräfte beläuft. Dieses Defizit wird sich weiter steigern, wenn wir dem Bedürfnis nach differenzierterem Einsatz und nach Erweiterung und Vermehrung der Funktionen Rechnung tragen wollen. Meine Damen und Herren, darf ich zum Schluß anregen, daß Bund und Länder gemeinsam prüfen, ob nicht ein Krankenhausbudget erstellt werden kann. Ein solches Krankenhausbudget könnte als finanzielle Vorausschau etwa bis 1980 die finanziellen Notwendigkeiten und Möglichkeiten deutlich machen. Ich mache diesen Vorschlag auch deshalb, weil an der Finanzierung der Krankenhausleistungen neben dem Bund, den Ländern und Gemeinden auch die Krankenkassen beteiligt sind. ({9}) Alle in Frage kommenden Stellen sollten aber in der Lage sein, ihre finanziellen Planungen und Erwartungen auch hinsichtlich der sozialpolitischen Konsequenzen an den Erfordernissen der Zukunft auszurichten. ({10}) Meine Damen und Herren, ich hoffe sehr, daß aus den Beratungen dieses Hohen Hauses und des Bundesrates zusammen ein Gesetzesbeschluß entsteht, der die Krankenhausträger ihrer finanziellen Nöte enthebt und gleichzeitig auch realistisch den Finanzierungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand Rechnung trägt und uns zusätzlich die Möglichkeit gibt, die strukturpolitischen Probleme im Krankenhauswesen zu lösen. Ich darf für die Landesregierung von Rheinland-Pfalz erklären, daß wir die Absicht haben, auch in den Beratungen des Bundesrates an der Erreichung dieses Ziels konstruktiv mitzuarbeiten. - Ich darf mich herzlich bedanken. ({11})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache in der zweiten Beratung liegen nicht vor. Wir treten nunmehr in die Einzelberatung ein. Ich rufe § 1 auf. Wortmeldungen liegen hier nicht vor. Wer § 1 in der vorgelegten Fassung zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltung? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe § 2 auf. Hierzu liegt ein Antrag auf Umdruck 262 *) Ziffer 1 vor. Das Wort hat hierzu der Herr Abgeordnete Dr. Jungmann. *) Siehe Anlage 2

Dr. Gerhard Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001046, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beantragen, in § 2 Nr. 1 Satz 1 das Wörtchen „können" zu streichen. Dieses Wörtchen hat eine erhebliche Bedeutung. Es ist nicht nur eine kleine Verzierung, auch nicht nur ein belangloses Streitobjekt. In der Begründung ist ausdrücklich gesagt, daß nach Meinung der Mehrheit des Ausschusses dieses Wörtchen „können" notwendig sei, „um modernen Entwicklungen in der Krankenhausversorgung der Bevölkerung nicht im Wege zu stehen". Man könnte es auch positiv ausdrücken: Es soll damit der Weg zur Entwicklung von Krankenhausambulatorien geöffnet werden. Das ist ein offenes Geheimnis, es kommt nur in dem Bericht nicht mit der nötigen Klarheit zum Ausdruck. Im Bericht wird dagegen gesagt, daß damit nicht Ambulatorien ermöglicht werden sollen. - Ermöglicht? Zweifellos werden sie ermöglicht. Das ist jedenfalls unsere Auffassung und die Auffassung der Mehrzahl der Sachkenner. Die Abgrenzung zur ambulanten Tätigkeit - so heißt es weiter in dem Bericht der niedergelassenen Ärzte ergibt sich vielmehr aus dem Kassenarztrecht; die Vorschriften der §§ 368 ff. der Reichsversicherungsordnung werden durch die vom Ausschuß beschlossene Fassung nicht berührt. Das kann man sagen. Das kann man vielleicht auch meinen. Aus dem Gesetz ergibt sich das jedoch nicht. Meine Damen und Herren, wir kennen sehr wohl die Problematik der vor- und nachstationären Behandlung, und wir kennen insbesondere die Probleme der halbstationären Behandlung. Wir haben verschiedene Vorstöße gemacht, um diesen notwendigen Entwicklungen Raum zu geben und die Möglichkeiten dafür schaffen. Wir haben damit keine Gegenliebe gefunden. So bleibt uns nichts anderes übrig, als der Einfachheit und Klarheit wegen den Antrag zu stellen, das Wörtchen „können" zu streichen. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bay.

Hans Bay (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000117, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz sicher bedeutet das Wörtchen „können" an dieser Stelle nicht nur eine Verzierung. Es soll aber nichts anderes bedeuten, als daß moderne Entwicklungen im Krankenhaus offengehalten werden sollen. Mehr soll es nicht bedeuten. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Nach der Erklärung, die der Kollege Dr. Jungmann hier abgegeSpitzmüller ben hat, möchte ich zu diesem Antrag der CDU auch noch kurz Stellung nehmen. Herr Kollege Dr. Jungmann, ich halte es für höchst gefährlich, wenn die Opposition den Gesetzestext so interpretiert, wie Sie es hier getan haben; denn Sie laufen damit ja in eine andere Richtung als die, die Sie gemeinsam mit uns wollen. ({0}) - Mit uns und mit der SPD. Wir sind der Meinung, daß das Wörtchen „können" eben notwendig ist, um dem modernen Begriff des Krankenhauses zu entsprechen. Die Definition wurde so gewählt, daß insbesondere Tag- und Nachtkliniken, vor allem im Bereich der psychiatrischen Krankenversorgung, mit unter den Begriff des Krankenhauses gefaßt werden können. ({1}) Ausdrücklich ist jedoch festzuhalten, daß mit der neuen Definition darüber hinaus keine Ausweitung der Aufgaben des Krankenhauses im Bereich der ambulanten Versorgung der Patienten beabsichtigt ist oder eingeleitet werden kann. Insbesondere bleiben die Vorschriften des Sozialversicherungsrechts unberührt, nach denen die ambulante ärztliche Versorgung der Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung nur Aufgabe der in den kassenärztlichen Vereinigungen zusammengeschlossenen, zugelassenen und beteiligten Ärzte ist. In diesem Zusammenhang haben Sie, Herr Kollege Dr. Jungmann, mit Recht auf den Schriftlichen Bericht des Kollegen Dr. Bardens und des Kollegen Köster hingewiesen, der das ebenfalls sehr klar zum Ausdruck bringt. Durch das Wörtchen „können" wird an der Zusage der Regierungserklärung vom Oktober 1969 in gar keiner Weise gerüttelt. In dieser Regierungserklärung heißt es nämlich: Die Bundesregierung bekennt sich zum Grundsatz der freien Arztwahl und der freien Berufsausübung der Heilberufe. An diesem Grundsatz ändert sich durch das Wörtchen „können" nichts. Ich bitte daher, den Antrag der Opposition abzulehnen und es bei der vom Ausschuß vorgesehenen Fassung zu belassen. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 262 Ziffer 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über § 2. Wer dem § 2 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Ausschußfassung angenommen. Ich rufe § 3 auf. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem § 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe § 4 auf. Hierzu liegen Änderungsanträge auf den Umdrucken 262, 263 *) und 267 **) vor. Die Änderungsanträge Umdruck 262 Ziffer 3 und Umdruck 263 stimmen überein. Das Wort zur Begründung wird von dem Herrn Abgeordneten Burger begehrt.

Albert Burger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000310, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die CDU beantragt die Streichung des letzten Halbsatzes in § 4 Abs. 1. Die in letzter Stunde erfolgte Anfügung des Halbsatzes hebt praktisch das Prinzip der vollen Deckung der Kosten des Krankenhauses auf. Damit ist entgegen dem Auftrag an den Gesetzgeber der Zweck des Gesetzes, die Krankenhäuser wirtschaftlich zu sichern, nicht erreicht und die Leistungsfähigkeit zusätzlich bedroht. Wir halten uneingeschränkt daran fest, daß die Fördermittel nach diesem Gesetz und die Erlöse aus den Pflegesätzen zusammen die Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden Krankenhauses decken müssen. Wir beantragen daher die Streichung des letzten Halbsatzes in § 4 Abs. 1. Zum Antrag der SPD werden wir uns der Stimme enthalten, weil uns diese Korrektur als nicht ausreichend erscheint. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die CDU-Fraktion beantragt die Streichung des letzten Halbsatzes, der unter anderem auch auf eine Anregung des Bundesrates in die Ausschußdrucksache hineingekommen ist. Wir Freien Demokraten und Sozialdemokraten als die Koalitionsfraktionen schlagen Ihnen dagegen vor, diesen Halbsatz in der Richtung zu ändern, daß es heißt: „soweit die nachstehenden Bestimmungen dieses Gesetzes nichts anderes vorsehen". ({0}) Wir sind der Meinung, hier handelt es sich um eine eindeutige Klarstellung, daß an dem Grundsatz der Kostendeckung sowohl durch dieses Gesetz wie auch durch Rechtsverordnungen zu diesem Gesetz festgehalten wird. Damit ist auch klar, daß durch diesen Halbsatz unter keinen Umständen der Grundsatz der Kostendeckung eingeschränkt werden könnte. Es soll aber auch insoweit kein Etikettenschwindel betrieben werden, als in der Regel Grundstücke und Grundstückserschließungskosten weder gefördert noch durch den Pflegesatz abgegolten werden. In diesem Zusammenhang muß auch auf die Förderungsmöglichkeit nach § 17 Abs. 3 Nr. 5 hingewiesen werden. Durch die Worte „die nachstehenden Bestimmungen" erfolgt aber auch eine eindeutige Klarstel- *) Siehe Anlage 3 **) Siehe Anlage 4 lung, daß sich der viel diskutierte Halbsatz, den der Bundesrat wünschte, nur auf den folgenden Gesetzestext und keineswegs auf die §§ 1 bis 3 beziehen kann, was die große Sorge der Krankenhausträger gewesen ist. ({1}) Für die Koalition hat es von Anfang an keinen Zweifel darüber gegeben, daß durch das Gesetz die volle Kostendeckung erreicht werden soll. Dies hat der verantwortliche Bundesminister, Frau Strobel, mehr als einmal bestätigt. Deshalb wird auch bei den zu diesem Gesetz zu erlassenden Rechtsverordnungen dieses Prinzip maßgebend sein. Um jeglicher Mißdeutung dieser Zielsetzung zu begegnen, ist der letzte Halbsatz in die nunmehr vorliegende Fassung gebracht worden. Ich bitte um Ihre Zustimmung und um Ablehnung des Antrages der CDU/CSU.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir müssen zunächst über den Streichungsantrag der CDU/ CSU-Fraktion auf Umdruck 262 entscheiden. Wer diesem Antrag, in § 4 Abs. 1 den letzten Halbsatz zu streichen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke! Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? -- Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP auf Umdruck 267. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen und zahlreichen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag angenommen. Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zur Abstimmung über § 4 Abs. 1 in der geänderten Fassung. Wer diesem Absatz zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Zeichen. Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Abs. 1 ist bei Stimmenthaltung der Opposition angenommen. Wir kommen zu § 4 Abs. 2 - Das Wort wird nicht begehrt. Wenn ich es richtig sehe, stimmen die beiden hierzu vorliegenden Anträge - der der CDU/CSU unter Ziff. 3 auf Umdruck 262 und der der SPD und FDP auf Umdruck 263 - überein. Wer diesen Anträgen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! -Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist angenommen. Ich gehe davon aus, daß damit § 4 Abs. 2 in der so geänderten Fassung vom Hause positiv beschieden worden ist. ({0}) Dann kommen wir zu § 4 Abs. 3. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion unter Ziff. 4 auf Umdruck 262 vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Bitte, Frau Abgeordnete!

Christa Schroeder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion begründe ich unseren Antrag wie folgt. § 4 Abs. 3 enthält den Katalog der Einrichtungen, die nach diesem Gesetz nicht gefördert werden sollen. Durch die Streichung der Worte „insbesondere Ausbildungsstätten sowie die nicht für den Betrieb des Krankenhauses unerläßlichen Unterkunfts- und Aufenthaltsräume" in Nr. 8 der Ausschußfassung wollen wir deutlich zum Ausdruck bringen, daß die Ausbildungsstätten sowie die Schwesternwohnungen und -wohnheime in die Förderung hineingehören. Wir haben eben die eindrucksvollen Worte von Herrn Minister Geissler gehört: die stationäre Versorgung eines Krankenhauses ist ohne gut ausgebildete Schwestern undenkbar. Wir haben eben gehört: in der Bundesrepublik fehlen 40 000 ausgebildete Krankenschwestern, und wir haben zuwenig Ausbildungsplätze. Wir werden uns noch heute vormittag - beim nächsten Punkt der Tagesordnung - mit der Verbesserung der Ausbildung der Schwestern befassen und werden dazu eine Entschließung fassen. Es beginnt der Text auf dem Vorblatt dieses Gesetzentwurfs mit dem wunderschönen Satz: Zur Beseitigung des Mangels an Krankenpflegepersonal ... sind Maßnahmen erforderlich, den Krankenpflegeberuf anziehender zu gestalten. Es geht aber nicht an, daß man hier nur Entschließungen faßt und schöne Wort sagt. Man muß auch den Mut zu konkreten Maßnahmen der Förderung haben; sonst kommen wir hier nicht weiter. ({0}) Es könnte sich für die Krankenhäuser katastrophal auswirken, wenn beim Ausbau der Ausbildungsstätten ein Stopp einträte oder auch nur eine Unsicherheit entstünde. Es geht auch nicht an - wir haben das ja eben sehr deutlich gehört , die Kosten einfach auf die Länder abzuwälzen oder zu sagen, sie könnten durch Mittel aus dem Bildungssektor gedeckt werden. Es hat ja wohl von uns keiner mehr den Eindruck, daß der Bildungssektor an einem Überangebot an finanziellen Mitteln leiden würde. Die Gefahr, daß die Ausbildungsstätten hier in Bedrängnis geraten, ist doch wohl nicht von der Hand zu weisen. Das gleiche gilt für die Schwesternwohnungen und -wohnheime. Deren ausschließliche Förderung aus den Mitteln des Wohnungsbaues würde zu erheblichen Erhöhungen der Mieten und Unterkunftsvergütungen für die Schwestern führen. Das haben die Vertreter der Regierung im Ausschuß selbst zugegeben. Nun kann man doch nicht einerseits sagen, wir wollen den Schwesternberuf attraktiver machen, und am gleichen Tage Maßnahmen beschließen, die erhebliche Einbußen in ihrem Einkommen verursachen. ({1}) Die im Gesetz vorgesehenen Übergangsbestimmungen genügen nach unserer Meinung nicht. Sie beseitigen die Unsicherheit nicht, sie schaffen keinen Fortschritt. Wir meinen, die Einrichtungen der Ausbildungsstätten und Schwesternwohnheime gehören in die Förderung hinein, und bitten deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt ({0}).

Dr. Ferdinand Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002004, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Oppositionsantrag zu § 4 Abs. 3 Nr. 8 nehmen die Koalitionsfraktionen wie folgt Stellung: Das Finanzvolumen für die Krankenhausfinanzierung läßt nur die Förderung von Einrichtungen zu, die unmittelbar der stationären Krankenversorgung dienen. Sonst sind die Förderungsmittel im Rahmen des Wohnungsbaus in Anspruch zu nehmen. Ausbildungsstätten, sofern sie bis jetzt über die Krankenhauspflegesätze finanziert werden, sind in gleicher Weise wie andere Bildungseinrichtungen zu finanzieren. Eine Übergangsregelung bis zum 31. Dezember 1974 schafft § 27 Abs. 2 Die Ausschußmehrheit vertrat darüber hinaus die Auffassung, daß § 4 Abs. 3 Nr. 8 in beschlossener Form auch bei den Personalwohnungen, Personalwohnheimen und sonstigen sozialen Einrichtungen eine sachgemäße Abgrenzung zwischen betriebsbedingten Einrichtungen, die in die Förderung einbezogen werden können, und sonstigen Einrichtungen ermöglicht. Die Koalitionsfraktionen lehnen somit den Änderungsantrag ab. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zunächst zur Abstimmung über die Nrn. 1 bis 7 des Abs. 3. Wer diesen Nummern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. Danke. Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Bei zahlreichen Gegenstimmen und Stimmenthaltungen sind die Nrn. i bis 7 angenommen. Wir kommen zu Nr. 8. Wer hierzu dem Änderungsantrag auf Umdruck 262 Ziffer 4 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! Danke. Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über die Nr. 8. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! Danke. Stimmenthaltungen? - Nr. 8 ist angenommen gegen zahlreiche Gegenstimmen bei einer Stimmenthaltung, Herr Abgeordneter Stücklen. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über die Nrn. 9 und 10. Kann ich das mit der Abstimmung über Abs. 4 verbinden, oder muß ich Abs. 4 gesondert zur Abstimmung stellen? ({0}) - Meine Damen und Herren, wer den Nrn. 9 und 10 und Abs. 4 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei zahlreichen Stimmenthaltungen angenommen. Wir kommen nunmehr zu § 5. Hierzu liegen auf Umdruck 262 unter Ziffer 5 a und Ziffer 5 b Änderungsanträge vor. Ziffer 5 b besteht aus einem Eventualantrag zu Ziffer 5 a. Das Wort dazu hat der Abgeordnete Köster. Herr Abgeordneter, ich darf Ihnen noch sagen, daß ich mich davon überzeugt habe, daß Sie subjektiv heute morgen davon ausgehen konnten, daß Ihnen eine solche Ergänzung möglich war. - Bitte, Sie haben das Wort.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Präsident, für diese Erklärung. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion hat den Antrag gestellt, in § 5 den Satz 2 zu streichen. Die CDU CSU-Fraktion ist der Meinung, daß niemand das Recht erhalten sollte, aus irgendeinem Grunde die Auszahlung von Zuschüssen oder Pauschalen zu beenden und den Krankenhausträgern anheimzustellen, sich an Stelle der Zuschüsse selbst Finanzmittel zu besorgen, für die das Land dann den Kapitaldienst übernimmt. Der Gesetzentwurf stellt in dieser Fassung nicht einmal sicher, daß der Bundeszuschuß, den ein Land erhalten hat, auch tatsächlich an die Krankenhäuser ausgezahlt wird. Herr Präsident, darf ich gleich auch den Eventualantrag Umdruck 262 Ziffer 5 b) begründen?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Bitte, Herr Abgeordneter!

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Für den Fall, daß unser Antrag auf Streichung von Satz 2 abgelehnt werden sollte, sollten die Länder nach unserer Meinung, wenn eine Darlehnsaufnahme durch den Krankenhausträger nicht zu vermeiden ist, nur dann berechtigt sein, an Stelle von Zuschüssen den Schuldendienst von Darlehen zu gewähren, wenn es sich um eine Ersterrichtung handelt. Auch in diesem Falle darf die Beleihungsfähigkeit der Träger nicht durch eine unzumutbare dingliche Sicherung eingeengt werden. Wir halten deshalb eine Landesbürgschaft ohne dingliche Sicherung für notwendig, um die Freiheit des Trägers zu erhalten. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Koalitionsfraktionen sind der Auffassung, daß den Ländern - so wie es der Gesetzentwurf von Anfang an vorsah - die Möglichkeit erhalten bleiben muß, daß an Stelle von Zuschüssen der Schuldendienst von Darlehen übernommen werden kann. Wenn Sie die Drucksache durchsehen, stellen Sie fest, daß auch der Bundesrat keinen anderslautenden Antrag gestellt hat. Wir teilen die Bedenken der Opposition nicht, daß die Krankenhäuser durch die Vorschriften des Gesetzentwurfes zu unzumutbaren Kreditaufnahmen veranlaßt werden, da im Falle einer entsprechenden Belastung die Länder an Stelle einer sonst zu gewährenden Bezuschussung diese Lasten im Rahmen der Übernahme von Zins-, Tilgungs- und Verwaltungskosten voll übernehmen bzw. nach und nach abtragen. Im übrigen sehen wir in diesem Gesetz kein Hindernis für die Länder, dort mit Bürgschaften zu arbeiten, wo sie es selbst für sinnvoll halten. Der Bund sollte aber nicht verbindlich einen Weg vorschreiben, wenn mehrere sachdienliche Möglichkeiten ohne eine solche Vorschrift gegeben sind. Wir sind deshalb der Meinung, daß beide Anträge der CDU/CSU abgelehnt werden sollten. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 262 Ziffer 5 a). Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Umdruck 262 Ziffer 5 b). Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch der Eventualantrag abgelehnt. Meine Damen und Herren, wir kommen dann zur Abstimmung über § 5 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? § 5 ist damit in der Ausschußfassung angenommen. Ich rufe § 6 auf. Hierzu liegen Änderungsanträge auf Umdruck 262 Ziffer 6 und Umdruck 264 *) vor. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Jungmann.

Dr. Gerhard Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001046, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle Fraktionen des Bundestages waren sich darüber einig, daß in Zukunft, auch wenn das Krankenhausfinanzierungsgesetz eines Tages in Kraft getreten sein wird, Mehrleistungen im Krankenhaus angeboten werden sollen. Wir sind der Meinung, daß bei der Planung schon sicherzustellen ist, daß die Krankenhäuser Leistungen nach § 17 Abs. 7 der von uns beantragten Fassung anbieten können, im Klartext gesprochen: daß sie auch Mehrleistungen anbieten können. Nur wenn wir diese Voraussetzung schaffen, läßt sich auch der Grundsatz der einheitlichen Bemessung der Pflegesätze realisieren.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag der CDU/ CSU zu § 6 bezieht sich auf die Vorschläge der CDU/CSU zu § 17, zu denen nachher Stellung genommen werden muß. Da wir den Vorschlägen zu *) Siehe Anlage 5 § 17, die in die innere Struktur der Krankenhäuser eingreifen, nicht folgen wollen, können wir logischerweise auch diesem Änderungsantrag jetzt nicht zustimmen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 262 Ziffer 6. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen jetzt zu dem Änderungsantrag auf Umdruck 264, Antrag der Fraktionen der SPD und FDP. Bitte schön, Herr Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Formulierung in unserem Änderungsantrag bedeutet eine Präzisierung des ursprünglichen Textes, weil es auch während der Ausschußberatungen noch einmal Zweifel über den Inhalt gegeben hat. Sie bedeutet eine technische und redaktionelle Anpassung des Textes, und wir bitten zuzustimmen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich frage, ob das Wort noch begehrt wird. - Das Wort wird nicht begehrt. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Antrag. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist angenommen. Herr Abgeordneter Ruf, ich lasse über § 6 insgesamt abstimmen in der Ausschußfassung bzw. in der Fassung, die sich aus der zweiten Beratung ergeben hat. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der § 6 gebilligt. Ich rufe jetzt den § 7 auf. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem § 7 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Wir kommen zu § 8. Hierzu liegt in Ziffer 7 des Umdrucks 262 ein Änderungsantrag vor. Das Wort dazu hat der Herr Abgeordnete Köster.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag zu § 8 Abs. 2 Satz 1 hat zunächst eine fachbezogene Seite, und insoweit möchte ich ihn begründen; die rechtspolitisch wichtige wird hinterher durch den Kollegen Kunz vorgetragen. Wir haben beantragt, die 10-Jahres-Frist für die Förderung von Krankenhäusern, die nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen worden sind, auf 15 Jahre zu verlängern. Es ist heute schon abzusehen, daß die Finanzmittel der Bundesregierung für die erforderlichen Neubauten, die nicht aufgenommene Krankenhäuser ersetzen sollen, bei weitem nicht ausreichen. Im Widerspruch zu dem Bericht über die finanzielle Lage der Krankenanstalten, Drucksache V/4230 vom 19. Mai 1969, für den Frau Strobel verantwortlich zeichnet, kalkuliert das Gesetz eine sechzigjährige Nutzunsgdauer der langfristigen Anlagegüter ein, obwohl alle Gutachten eine fünfzigjährige Nutzungsdauer für richtig halten. Darüber hinaus ist in keiner Weise bei der Finanzierung und Wiederfinanzierung berücksichtigt, daß etwa 75 % der Betten in Krankenhäusern stehen, die vor 1940 gebaut worden sind, und daß somit in den nächsten zwanzig bis dreißig Jahren weitere finanzielle Mittel für Ersatzbauten benötigt werden. Diese finanziellen Mittel sind fast um das Doppelte höher als die Mittel, die von der Regierung für Neubauten bereitgestellt worden sind. Wir bitten Sie also, unserem Antrag in diesem Punkte zuzustimmen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Zum Antrag der CDU ist zunächst einmal festzuhalten, daß der federführende Ausschuß den Abs. 2 bereits entscheidend zugunsten der betroffenen Krankenhäuser verbessert hat gegenüber der Regierungsvorlage; ({0}) der Bundesrat hat dazu keine Änderungsanträge eingebracht. Aus der Bestimmung, daß zur Vermeidung von Härten eine befristete Förderung gewährt werden kann, ist die verbindliche Vorschrift gemacht worden, daß ein Ausgleich bis zur Höhe des Betrages, der einem vergleichbaren geförderten Krankenhaus gewährt wird, zu leisten ist. Die Übergangsfrist von 10 Jahren bietet ausreichende Möglichkeiten für eine Umstellung des Hauses auf eine andere Aufgabe. „15 Jahre" würde bedeuten, daß 15 Jahre unter Umständen Krankenhäuser, die nicht mehr leistungsfähig sind, mitgeschleppt werden müßten. Im übrigen ist das Problem im Schriftlichen Bericht ausführlich dargestellt. Ich bitte daher, der Ausschußvorlage zuzustimmen und den Antrag der Opposition, der auch kostenmäßig weit über das hinausgeht, was ursprünglich vorgesehen und vom Bundesrat als ausreichend betrachtet wurde, abzulehnen. Eine Annahme des CDU-Antrages würde der Zielsetzung des Gesetzes, baldmöglichst eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen Krankenhäusern herbeizuführen, geradezu entgegenwirken und eine für die Länder und den Bund unzumutbare kostenmäßige Belastung zur Folge haben. An sich hätte man erwarten können, daß sich die Opposition auch zu dem Problem der zusätzlichen Kosten und ihrer Finanzierung äußert, die ja in Verbindung mit § 13 zu sehen ist. Ich darf ein Wort des Kollegen Dr. Geissler von der Bundesratsbank aufgreifen, der sich darüber beklagte, daß wahrscheinlich der Neubau stagniert oder zumindest nicht mehr in der Form forciert werden kann, wie er in einigen Gebieten bisher forciert wurde, weil die Länder jetzt genötigt sind, auch die bestehenden Krankenhäuser zu bezuschussen und sich nicht nur für Neubauten für zuständig zu erklären. Wenn wir hier dem Antrag der CDU folgten, dann würde das, was Herr Geissler hier als beklagenswert hingestellt hat, noch beklagenswerter werden, wobei ich der Meinung bin, daß Herr Geissler hier ein bißchen überzeichnet hat. Aber diese Überzeichnung würde mit Sicherheit dann etwa den Kern treffen, wenn wir dem Antrag folgen würden.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Kunz.

Gerhard Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf unseren Antrag noch von der verfassungsrechtlichen Seite her begründen. Dieser unser Antrag ist nämlich verfassungsrechtlich geboten. Im § 8 Abs. 2 in der Fassung des Regierungsentwurfs hieß ,es, daß anderen Krankenhäusern, also solchen, die nicht öffentlich gefördert werden, die Förderung zur Vermeidung von Härten gewährt werden kann. In der Fassung, die vom federführenden Ausschuß beschlossen wurde, ist nunmehr ein Ausgleich vorgesehen. Immerhin ist auf diese Art und Weise aus einer Ermessensbestimmung eine verpflichtende, rechtlich bindende Bestimmung geworden, allerdings nur zur Vermeidung von unzumutbaren Härten in dem hierdurch gebotenen Umfang. Diese enge Begrenzung hat nicht nur eine wirtschaftlich sehr kritische Seite, auf die in anderem Zusammenhang bereits hingewiesen wurde, sondern diese enge Fassung, nämlich zur Vermeidung unzumutbarer Härten, begegnet deshalb Bedenken, weil auch die Krankenhäuser, die umgestellt oder eingestellt werden sollen, bis zu diesem Zeitpunkt an die einheitliche Pflegesatzregelung des § 17 Abs. 4, auf den noch mehrfach zu sprechen zu kommen sein wird, gebunden sind. Bestimmte Kosten dürfen danach aber nicht in Ansatz gebracht werden. Also wird insoweit eine Tendenz zum Verlust begründet. Diese Tendenz zum Verlust verträgt sich nach unserer Auffassung, die wir bereits im Rechtsausschuß vertreten haben, nicht mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Aus diesem Grunde ist hier nicht irgendeine, noch dazu sehr dürftige Billigkeitsregelung zu treffen, sondern es ist hier eine volle Förderung notwendig. Und aus diesem Grunde schlagen wir die Fassung, die wir hier vorgetragen haben, auch und gerade aus verfassungsrechtlichen Gründen vor, wobei ich auf diesen Zusammenhang in einem anderen Punktnachher noch einmal zurückkommen muß. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dem Kollegen Kunz die Glückwünsche des Hauses zu seiner ersten Rede in diesem Haus aussprechen zu können. ({0}) Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Weitere Wortmeldungen liegen zu § 8 nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Meine Damen und Herren, wer dem Änderungsantrag in der Ziffer 7 auf Umdruck 262 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Danke. Meine Damen und Herren, der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den § 8. Wer dem § 8 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Meine Damen und Herren, damit ist § 8 in der Ausschußfassung gebilligt. Wir kommen zu § 9. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 262 Ziffer 8 vor. Das Wort hat Frau Abgeordnete Stommel.

Maria Stommel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002260, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit unserem Antrag zu § 9 Abs. 1 möchten wir bewirken, daß die öffentlichen Rechtsträger nur dann ein Krankenhaus errichten oder betreiben, wenn geeignete, freie gemeinnützige Rechtsträger hierzu nicht bereit und in der Lage sind. Zur Zeit wird die überwiegende Zahl der Krankenhäuser in der Bundesrepublik von freien gemeinnützigen Rechtsträgern betrieben. Die öffentliche Hand hat in der Vergangenheit und heute auch den freien Trägern die Aufgabe der Errichtung und Verwaltung von Krankenhäusern zugewiesen. Die traditionelle Übernahme öffentlicher Aufgaben durch freie Träger ist ein wesentlicher Teil unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. ({0}) Durch das vorliegende Gesetz sollten die wertvollen Beiträge und Initiativen, die dem freien gesellschaftlichen Raum entsprungen sind, nicht eingeschränkt oder verhindert werden. Unsere Formulierung des § 9 Abs. 1 Satz 3 stellt sicher, daß nur geeignete freie Träger, aber dann bevorzugt einen Beitrag zur bedarfsgerechten Versorgung unserer Bevölkerung in Krankenhäusern zu leisten haben. Unseres Erachtens sollten öffentliche Rechtsträger Krankenhäuser nur errichten oder betreiben, wenn geeignete freigemeinnützige Rechtsträger nicht vorhanden sind bzw. ihre Kraft sowohl in finanzieller als auch in personeller Hinsicht nicht ausreicht. Die historisch gewachsene Funktion der freien Rechtsträger auf dem Gebiet des Krankenhauswesens hat sich bestens bewährt. Sie entspricht letztlich auch dem Prinzip, nach dem in unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung jene Träger eine Aufgabe vorrangig übernehmen sollen, die hierfür am ehesten geeignet sind, und nach dem der Staat nicht schon dann eintreten soll, wenn der bisherige Träger die Aufgabe zur Zufriedenheit aller bewältigen kann. Einen Vorrang für die freien Träger zu sichern, scheint uns insbesondere deshalb angebracht, weil das jetzt vorliegende Gesetz auch hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Investitionskosten und Pflegekosten einige unbefriedigende Regelungen enthält, die befürchten lassen, daß bei der Anwendung des Gesetzes die freigemeinnützigen Träger diskriminiert werden könnten. ({1}) Wir können uns eine Gesundung des Krankenhauswesens nicht vorstellen, wenn nicht die freigemeinnützigen Träger bereit und in der Lage sind, sich dieser Aufgabe ungeschmälert zu widmen. Ich bitte, unserem Antrag zuzustimmen. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schanzenbach.

Marta Schanzenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001941, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die CDU/CSU-Fraktion beantragt, an § 9 Abs. 1 folgenden Satz 3 anzufügen: Öffentliche Rechtsträger sollen ein Krankenhaus nur errichten und betreiben, wenn geeignete freigemeinnützige Rechtsträger hierzu nicht bereit oder in der Lage sind. Ich bitte, diesen Antrag abzulehnen, und gebe dazu folgende Begründung. Die Annahme dieses Antrages würde eine eindeutige Bevorzugung der freien Wohlfahrtsverbände, der Kirchen und ihr nahestehenden Rechtsträger, soweit sie Träger von Krankenhäusern sind, bedeuten. Keine Stadt, kein Kreis hätte, sofern der Satz 3 in das Gesetz aufgenommen würde, die Möglichkeit, Träger eines Krankenhauses zu werden, wenn ein freigemeinnütziger Rechtsträger bereit ist, eine solche Einrichtung zu schaffen. Das wäre nicht nur eine Einschränkung der gemeindlichen Selbstverwaltung, sondern dem einzelnen Bürger wäre dadurch seine Wahlmöglichkeit, sich das Krankenhaus auszusuchen, das ihm von der Struktur her am meisten zusagt, beschnitten. Der zur Entscheidung stehende Antrag könnte, falls er angenommen wird, bewirken, daß in Zukunft den Gemeinden und Kreisen versagt ist, Krankenhäuser zu bauen. Wir sind der Meinung, daß zwischen den öffentlichen Rechtsträgern und den freigemeinnützigen Rechtsträgern ein partnerschaftliches Verhältnis bestehen soll. Das ist kein Verkennen der Leistungen der freien Träger; die Regierung hat ihre Tätigkeit immer wieder hervorgehoben. So steht z. B. im Gesundheitsbericht vom Dezember 1970: Die Bundesregierung begrüßt und fördert die freie Initiative und das Engagement vieler Träger, Einrichtungen, Berufe und Personen im großen Aufgabengebiet des Gesundheitswesens. Sie hält die gegenwärtige Form des Wirkens und Zusammenarbeitens von freien Kräften und Staat für die unserer Geselschaft gemäße Praxis des Gesundheitswesens. Die Frage des Krankenhausträgers muß sachlich entschieden werden. Andere Gesichtspunkte würden zu schweren Unzuträglichkeiten und Belastungen führen. Im Bericht zu diesem Gesetz heißt es: Die bisherige Handhabung der Krankenhausplanung durch die Länder bietet ... keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß die Länder bei der Auswahl der Krankenhausträger andere als sachliche Gesichtspunkte zugrunde legen werden. Im Ausschuß war man mehrheitlich der Meinung, daß in diesem Krankenhausfinanzierungsgesetz weder eine Entscheidung für noch eine Entscheidung gegen eine bestimmte Krankenhausgruppe gefällt werden sollte. Ich bitte deshalb, den Antrag auf Umdruck 262 Ziffer 8 abzulehnen. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag unter Ziffer 8 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über § 9 in der Ausschußfassung. Wer der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! Danke. Stimmenthaltungen? - Damit ist § 9 in der Ausschußfassung gebilligt. Ich rufe § 10 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 262 unter Ziffer 9 vor. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Köster.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Höhe der Pauschale, an die in § 10 als Abgeltung für die medizinisch-technischen, kurzfristig nutzbaren Anlagegüter gedacht ist, stellt nur fünf Sechstel des tatsächlichen Bedarfs bereit. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Tabellen in § 10 Abs. 1 und 3 eine echte Bemessungsgrundlage für den Bedarf darstellen, ist unbestritten, daß die kurzfristig nutzbaren Anlagegüter im Durchschnitt alle zehn Jahre neu beschafft werden müssen. Die Rede von Herrn Minister Geissler hat deutlich gemacht, daß diese zehn Jahre eine eher zu hoch als zu niedrig bemessene Zeit sind. Wenn man aber in zehn Jahren über Pauschalen - das kann man mit dem kleinen Einmaleins nachweisen - die Wiederbeschaffungskosten, also 100 %, bereitstellen muß, ist es zwingend erforderlich, eine Pauschale in Höhe von 10 % festzusetzen, weil sonst in einem Zehnjahreszeitraum die vollen Kosten der Wiederbeschaffung nicht bereitgestellt werden. Zur Regelung der Anschlußfinanzierung an einen Neubau muß sichergestellt werden, daß bei Ersatzbauten die in den letzten zehn Jahren gezahlten Pauschalen von den Erstellungskosten in Abzug zu bringen sind. Mit einer solchen Regelung sind alle Krankenhäuser von langfristigen Zwischenfinanzierungen, die durch die ungerechtfertigte Streckung der Pauschalierung entstehen, befreit. Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß dieser unser Vorschlag kostenneutral ist und keine Mehrkosten verursacht. Im übrigen noch eine Bemerkung zu den Tabellen, die dieser Paragraph ausweist. Das Gutachten, das die Bundesregierung eingeholt hat, ist ihr Kronzeuge für die angebliche Richtigkeit dieser Bemessungsgrundlagen. Wenn Sie das Wortprotokoll der Anhörung zu diesem Gutachten zur Hand nehmen, werden Sie ihm entnehmen können, daß der Berichterstatter gesagt hat, die wesentlichen Aussagen, die diese Regelung der Bundesregierung initiieren bzw. begründen, seien dem Gutachten selbst nicht zu entnehmen. Weiter wurde gesagt, daß die Zahl 70 qm, wenn sie zum Nenner für sämtliche Abfindungsfaktoren gemacht wird, tatsächlich von fundamentaler Bedeutung für die Gesamtfinanzierung ist. Insofern möchte ich das berichtigen, was der Mitberichterstatter vorhin zum Bericht vorgebracht hat.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben diese Rechnung - sie ist im Ausschuß noch viel komplizierter und sehr ausführlicher vorgetragen worden schon oft gehört. Es ist exakt so, wie es der Kollege soeben sagte: seine Rechnung ist gegenüber dem Vorschlag der Regierung und gegenüber dem Beschluß des Ausschusses kostenneutral; sie hat keinen anderen Effekt als das, was bereits in der Ausschußfassung steht. Die Pauschalen, die den Krankenhäusern in Zukunft zugute kommen, sind im übrigen auch nach der Ausschußfassung wesentlich höher als die Abschreibungsbestandteile, die bisher in den Pflegesatz eingehen durften, so daß für die Krankenhäuser tatsächlich eine wesentlich bessere finanzielle Situation entstehen wird. ({0}) Wir bitten deshalb, die Ausschußfassung zu akzeptieren und den Änderungsantrag der CDU/CSU abzulehnen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag ab. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. Danke. Gegenprobe! -- Danke. Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den § 10 in der Ausschußfassung. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Gegen zahlreiche Stimmen ist die Ausschußfassung gebilligt. Ich rufe die §§ 11, 12 auf. - Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. lch rufe den § 13 auf. - Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 262 Ziffer 10 vor. Zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Fuchs das Wort.

Dr. Karl Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000613, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Änderungsantrag der CDU/ CSU-Fraktion zu § 13 möchte ich wie folgt begrün10054 den. Die CDU/CSU-Fraktion ist der Auffassung, daß Krankenhausträgern, die nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen wurden und die ihre Leistungen infolgedessen einstellen, sofort ein entsprechender, angemessener Ausgleich gewährt werden muß. Eine wirtschaftliche Schädigung freier gemeinnütziger Träger, denen eine Leistung im Krankenhauswesen auf Grund dieses Krankenhausfinanzierungsgesetzes nicht mehr möglich ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu vertreten. Herr Kollege Kunz wird zur rechtlichen Lage noch Stellung nehmen. Meine Damen und Herren, ein Gesetz, das neue Finanzierungsmöglichkeiten für die übrigen Krankenhäuser erschließt, darf nach unserer Auffassung den freien gemeinnützigen Trägern, die sich größte Verdienste um die kranken und leidenden Mitmenschen erworben haben, nicht mit Maßnahmen begegnen, die, ohne daß es vielleicht beabsichtigt ist, enteignungsähnlichen Charakter annehmen können, weil ihnen die wirtschaftliche Grundlage entzogen wird. Dem gilt es im Gesetz vorzubeugen. ({0}) Zur Begründung des Abs. 3 darf ich folgendes bemerken. Freie gemeinnützige Krankenhausträger, z. B. Ordensgemeinschaften oder die Caritas, haben die Altersversorgung ihrer Mitarbeiter oder von Personengemeinschaften auf dem weiteren Betrieb ihres Krankenhauses aufgebaut. Dieser Personenkreis konnte für die Zeit nach Erreichung der Altersgrenze fest damit rechnen, daß für seine Altersversorgung aus dem Betrieb des Krankenhauses gesorgt wird. Diese Mitarbeiter sind bei ihrer Altersversorgung also auf das Krankenhaus angewiesen. Sie haben sozusagen ihre Altersversorgung als Ausgleich für Eigenmittel investiert. Diesen Trägern, die nicht in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommen sind oder für die die Förderung beendet wird, steht also für die Altersversorgung ein angemessener Ausgleich aus Förderung zu. Der Hinweis auf § 8 Abs. 2 in der Ausschußfassung räumt die Bedenken der CDU/CSU-Fraktion nicht aus, da dort kein fest umrissener Rechtsanspruch begründet wird. Dort wird nur von unzumutbaren Härten gesprochen. Die CDU/CSU-Fraktion ist der Auffassung, daß die Frage der Altersversorgung des hier erwähnten Personenkreises so eng mit der Wirtschaftsstruktur dieser freien gemeinnützigen Krankenhäuser zusammenhängt, daß sie eindeutig in diesem Gesetz, das der Krankenhausfinanzierung dient, gelöst werden muß. Ich bitte das Hohe Haus, dem Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion die Zustimmung zu geben. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Kunz.

Gerhard Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

.Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir schlagen hier insbesondere vor, einem Krankenhaus bei Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan, also wenn es nicht gefördert wird, für Anlagegüter, deren regelmäßige Nutzungsdauer noch nicht abgelaufen ist, eine entsprechende Förderung zu gewähren. § 13 in der von uns beantragten Fassung steht in engem Zusammenhang mit § 17 Abs. 4 der Regierungsvorlage, über den hier bereits einmal gesprochen werden mußte. Wenn man einerseits § 13 nicht so faßt, wie wir ihn fassen, also nicht eine Förderung auf diese Weise gewährt, und andererseits § 17 Abs. 4 so beläßt, wie er ist, so liegt eine Verfassungswidrigkeit vor. ({0}) Dafür gibt es folgende Gründe: § 17 Abs. 4 besagt, daß von einheitlichen Pflegesatzregelungen auszugehen ist. Dies ist gleichermaßen bei Krankenhäusern, die gefördert werden, und Krankenhäusern, die nicht gefördert werden, der Fall. Darin liegt ja angeblich die besondere Bedeutung dieses Paragraphen. Wenn man nun bestimmte Unkosten bei der Pflegesatzbemessung nicht berücksichtigt, wird insoweit eine Verlusttendenz begründet. Diese ist hier besonders gravierend. Sie betrifft die Substanz des Eigentums, weshalb auch bei den sehr eingehenden einschlägigen Erörterungen im Rechtsausschuß immerhin die Hälfte der Ausschußmitglieder § 17 Abs. 4 ohne eine entsprechende Ausgleichsergänzung als verfassungswidrig ansah, - eine Auffassung, die im übrigen auch von dem Staatsrechtler Otto Bachof vertreten wird. Nun könnte man in diesem Zusammenhang vielleicht noch sagen, daß die Verfassungswidrigkeit dadurch ausgeräumt werden könnte, daß die Krankenhäuser ja keineswegs gehindert sind, von den Patienten zusätzliche Entgelte zu nehmen. Dieser Einwand greift aber nicht durch, und zwar deshalb nicht - das wird jeder wissen, der mit diesen Dingen zu tun hat -, weil in den Krankenhäusern häufig aus sozialen Gründen von Patienten ein zusätzliches Entgelt gar nicht erwartet werden kann. ({1}) Dies gilt für die Krankenhäuser in vielen Fällen, insbesondere für diejenigen Krankenhäuser, die freigemeinnütziger Art sind, und zwar aus den Gründen, aus denen die Krankenhäuser freigemeinnützige Krankenhäuser geworden sind. Aus diesen Gründen, meine Damen und Herren, ist dieser Ausgleich notwendig. Er wird herbeigeführt, indem man § 13 so faßt, daß bei Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan ein Ausgleich für langfristige Anlagegüter gewährt wird. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Bay.

Hans Bay (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000117, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in dem Neufassungsantrag der CDU/ CSU zu § 13 vorgesehenen Ausgleichszahlungen für Eigenmittel an Krankenhäuser, die nicht nach diesem Gesetz gefördert werden, halten wir in der vorhin beschlossenen Fassung des § 8 Abs. 2 für ausreichend geregelt. Für die in den Krankenhausbedarfsplan aufgenommenen Krankenhäuser aber halten wir die Ausschußfassung des § 13 für ausreichend. Die weitergehenden Forderungen des CDU/CSU-Antrags würden völlig neue und ungeklärte Finanzierungsprobleme zu Lasten des Krankenhausneubaus schaffen. Die Forderung nach einer solchen neuen Kostenausweitung steht in einem erstaunlichen Widerspruch zu der von Ihnen behaupteten Unterfinanzierung des Gesetzes. Im übrigen ist die Altersversorgung des bisher nicht sozial gesicherten Personals in Krankenhäusern von freigemeinnützigen Trägern nach unserer Meinung nicht in diesem Gesetz, sondern an anderer Stelle zu regeln. In diesem Zusammenhang fordern wir die Bundesregierung auf, sich weiterhin um die Lösung dieses Problems zu bemühen. Die Fraktionen der SPD und der FDP lehnen den Antrag der CDU/CSU zu § 13 ab. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 262, der hier begründet worden ist. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt. Wer dem § 13 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - Damit ist die Ausschußfassung gebilligt. Ich rufe § 14 auf. Hierzu liegt auf Umdruck 262 Ziffer 11 ein Änderungsantrag vor. Dazu hat sich Herr Abgeordneter Köster zu Wort gemeldet.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zusätzlich zu der vorgesehenen Möglichkeit, Auflagen zu geben, erscheint die Einführung von Bedingungen als eine unangemessene Einschränkung der Handlungsfreiheit der Krankenhäuser. Es erscheint uns unzumutbar, daß der Rechtsanspruch, Pauschalen zu erhalten, durch Bedingungen eingeschränkt werden kann, die unter Umständen wegen ihrer aufschiebenden Wirkung sogar die medizinische Versorgung gefährden können. Die Ziele des Krankenhausbedarfsplanes - das ist die Begründung für den zweiten Teil unseres Antrages - sind nach den Worten des Regierungsvertreters im Rechtsausschuß vom konkreten Bedarfsplan scharf zu unterscheiden. Wenn aber nur der Bedarfsplan veröffentlicht wird, nicht aber die Ziele, die mit seiner Durchführung und Fortschreibung erreicht werden sollen, entsteht eine Rechtsunsicherheit. Es ist in einem Rechtsstaat nicht möglich, unbekannte Ziele mit Auflagen zu verknüpfen. Wenn dagegen der Krankenhausbedarfsplan bereits alle Ziele offenlegt, braucht man auch nicht zwischen ihm selbst und seinen Zielen zu unterscheiden. Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Fiebig.

Udo Fiebig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000539, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem oberflächlichen Betrachter mag es absurd erscheinen, sich um zwei Worte zu streiten, um das Wort „Bedingungen" und das Wort „Ziele". ({0}) Aber in der Tat hängen diese beiden Worte sehr eng miteinander zusammen. Herr Kollege Köster, Sie irren sich. Wir wollen nicht die Handlungsfreiheit der freien Träger einschränken, sondern uns geht es um das wohlabgewogene Verhältnis von Einzel- und Gemeinschaftsinteressen. Das kommt in der Regierungsvorlage zum Ausdruck, wenn es da heißt: Die Bewilligung der Fördermittel kann mit Bedingungen oder Auflagen nur verbunden werden, soweit sie für die Einhaltung der Ziele des Krankenhausbedarfsplans erforderlich sind. Wir legen den Akzent auf „nur". Das ist die Einschränkung, damit die Ziele des Krankenhausbedarfsplanes erfüllt werden. Wir sind der Auffassung, wer öffentliche Mittel annimmt, um Gemeinschaftsaufgaben zu lösen, der muß es sich gefallen lassen, daß eben diese Gemeinschaft Bedingungen stellt, Auflagen macht, damit ihre Ziele berücksichtigt und erreicht werden. ({1}) Es geht um die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern; das ist das oberste Ziel. Hier müssen sich auch Krankenhausträger einpassen und es sich gefallen lassen, daß ihnen Bedingungen gestellt werden, eben um dieser Ziele willen. Von daher sind diese beiden Begriffe untrennbar miteinander verknüpft, und wir müssen darauf bestehen, daß sie im Text erhalten bleiben. Wir votieren gegen den Antrag der Opposition. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 262 Ziffer 11 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über § 14. Wer dem § 14 in der Ausschußvorlage zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - § 14 ist gebilligt. Ich rufe die §§ 15 und 16 auf. Wer den §§ 15, 16 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Wir kommen zu § 17. Hier liegen Änderungsanträge auf Umdruck 262 Ziffer 12, auf Umdruck 262 Ziffer 13 als Eventualantrag und auf Umdruck 265 *) vor. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Jungmann. *) Siehe Anlage 6

Dr. Gerhard Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001046, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter Köster hat heute morgen schon ausgeführt, daß der Wortlaut dieses Antrags in den bisherigen Materialien nicht erschienen ist, obwohl wir den Antrag schon im Ausschuß gestellt haben. Das kann ein Irrtum sein, und wir unterstellen auch gar keine Absicht. Für uns ist es aber von einschneidender Bedeutung, daß dieser Antrag im Schriftlichen Bericht falsch und im Ausschußprotokoll überhaupt nicht wiedergegeben ist. Wir halten die Formulierung des § 17 in der Ausschußfassung für unzulänglich. Das ist angesichts seiner Bedeutung für die Pflegesatzregelung ein beklagenswerter Mangel. Wenn die Koalition jetzt die von uns schon im Ausschuß für notwendig gehaltene Streichung des zweiten Satzes in Abs. 1 a der Ausschußfassung beantragen will, so zeigt allein das schon die Unhaltbarkeit der von ihr selbst hartnäckig verteidigten Fassung dieses, wie gesagt, entscheidend wichtigen Paragraphen. Wir sehen uns deshalb veranlaßt, hier erneut die Annahme der von uns vorgeschlagenen Fassung des § 17 zu beantragen, der den grundgesetzlichen Erfordernissen dieser außerordentlich wichtigen Verordnungsermächtigung entspricht. Die entscheidenden Punkte unseres Antrags sind folgende. Erstens. Die Pflegesätze sollen nicht nur für alle Benutzer nach einheitlichen Grundsätzen bemessen werden, sondern auch ohne Rücksicht darauf, wer die Kosten der Krankenhauspflege zu tragen hat. Zweitens. Es soll klargestellt werden, daß die Pflegesätze die Kosten für Unterkunft, Pflege und Verpflegung sowie die übrigen Kosten des Krankenhauses im wirtschaftlichen und medizinischen Bereich und die Leistungen der Ärzte zu decken haben. Drittens soll klargestellt werden, daß besonders teure diagnostische und therapeutische Leistungen im Einvernehmen mit den Krankenhausträgern außerhalb der Pflegesätze berechnet werden können und daß die zuständige Landesbehörde darüber bei Nichtzustandekommen einer Einigung entscheiden soll. Viertens ist festzulegen, welche Kosten, insbesondere für wissenschaftliche Forschung, bei der Bemessung der Pflegesätze nicht zu berücksichtigen sind. Fünftens sollen die Kosten der mit den Krankenhäusern verbundenen Einrichtungen, soweit sie nicht der stationären Versorgung dienen, nicht im Pflegesatz berechnet werden dürfen, weder Schwimmbäder, Tennisplätze, Cafeterias noch Kapellen, wohl aber die mit den Krankenhäusern unlösbar verbundenen Krankenpflegerschulen und Wohnheime für Schwestern und anderes Krankenhauspersonal. Darüber ist heute schon des öfteren gesprochen worden. Sechstens sollen die Kosten für Sonderausstattungen und andere über die normalen Leistungen der Krankenhäuser hinausgehende, aber vom Patienten genutzte und in Anspruch genommene Mehrleistungen zusätzlich zum Pflegesatz vom Benutzer selbst aufgebracht werden müssen. Siebtens ist der Pflegesatz um den Anteil der Arztkosten zu ermäßigen, wenn die Leistungen der Ärzte auf eigene Rechnung in Anspruch genommen werden; Ärzte dürfen das Liquidationsrecht nur ausüben, wenn der Patient es ausdrücklich wünscht; die Ärzte haben den Anteil der Arztkosten, um den der Pflegesatz demnach zu ermäßigen ist, dem Krankenhaus zu erstatten. Achtens: Wenn die Arztkosten von Belegärzten außerhalb des Pflegesatzes gesondert - mit der Krankenkasse oder mit dem Kranken selbst - abgerechnet werden, soll dies bei der Bemessung der Pflegesätze selbstverständlich durch Abzug der Arztkosten berücksichtigt werden. Meine Damen und Herren, für den Fall, daß Sie unseren Änderungsantrag zu § 17 ablehnen sollten, wie das ja leider anzunehmen ist, darf ich unseren Alternativantrag zu § 17 Abs. 1 a gleich mitbegründen. Wir beantragen in diesem Falle den zweiten Satz in der Ausschußfassung des § 17 entsprechend unserer Stellungnahme im Ausschuß ersatzlos zu streichen, weil er zu Mißverständnissen führen muß und weil er tatsächlich überflüssig ist. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Nölling.

Dr. Wilhelm Nölling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001619, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Soweit die Vorstellungen der Opposition zur Regelung der Pflegesätze von denen der Koalition abweichen, geraten sie unseres Erachtens in Widerspruch zu den eigentlich von uns allen gemeinsam getragenen Zielen des Gesetzes, die darauf hinauslaufen, daß wir eine bessere Krankenhausversorgung zu sozial tragbaren Pflegesätzen und Kosten für alle Benutzer - ich unterstreiche: für alle Benutzer - haben wollen. Wir befürchten, daß unter dem Deckmantel besonderer Fortschrittlichkeit folgende gesundheits- und sozialpolitisch unerwünschten Entwicklungen eingeleitet werden: Erstens. Durch eine gesetzlich vorgeschriebene Teilung in Regelleistungen und Zusatzleistungen würde das Klassensystem in unserem Krankenhauswesen geradezu verschärft und stärker ausgebaut. Eine für jeden Bürger gleichwertige und optimale Behandlung, Pflege und Unterbringung wird unseres Erachtens dann verhindert, wenn den Zahlungskräftigeren unter den Patienten ein Zugriffsrecht auf bevorzugte Behandlung gesetzlich zugestanden wird, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem immer noch eine beklagenswerte Knappheit an ärztlichen Leistungen in den Krankenhäusern besteht und die meisten Krankenhäuser gar nicht in der Lage sind, den in diesem Ausmaß geforderten Sonderwünschen zu entsprechen. Wir befürchten, daß der Vorschlag der Opposition, würde er realisiert, auf Jahre hinaus zu einer Verringerung der vorhandenen Bettenzahl und nicht zu der von uns angestrebten Vergrößerung führen würde. Zweitens. Der Trend zu Kostenerhöhungen für den Krankenhausbenutzer würde unseres Erachtens verschärft werden. Neben die Pflegesatzkostensteigerungen, die in einigen Bereichen auf Grund dieses Gesetzes entstehen werden, tritt die von der Opposition gewollte Ausweitung der Möglichkeiten der privaten Liquidation der Ärzte mit nicht vorhersehbaren Auswirkungen auf die Kostenstruktur der Krankenhäuser. Mehrbelastungen für den Patienten werden entstehen, weil sich Zukaufsmöglichkeiten sehr schnell als Zukaufsnotwendigkeiten herausstellen könnten. Wir meinen, daß die Opposition doch wissen müßte, daß dieser gesetzlich angestachelte Wettbewerb um bevorzugte Behandlung angesichts der noch unzureichenden Kapazitäten gerade die sozial Schwächeren in unserem System in eine Randposition drängen muß, in der sie möglicherweise in einem dritt- oder viertklassigen Krankenhaus dafür büßen müßten, daß sich relativ wenige Zugang zu sogenannten erstklassigen Krankenhäusern verschaffen könnten. Drittens. Wir befürchten darüber hinaus, daß die mit dem Zweck des Gesetzes übereinstimmende und von uns für unbedingt notwendig gehaltene Verbesserung des allgemeinen Standards der Krankenhäuser nicht nur unterbleiben würde, sondern daß wir mit partiellen Senkungen des Leistungsniveaus der Krankenhäuser rechnen müßten. Wir fragen natürlich: Wer bestimmt eigentlich, welches Mindestniveau mit dem Auftrag des Krankenhauses und dem normalen Pflegesatz gerade noch vereinbar ist und wo der gesundheitspolitisch unbedenkliche Freiheitsraum des Patienten beginnen kann?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Nölling, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Burger?

Dr. Wilhelm Nölling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001619, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön!

Albert Burger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000310, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Nölling, kennen Sie den Gesetzentwurf der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die zu § 11 - Mehrleistungen - folgendes ausführt - und das sind ja Leute von der Front, das sind Praktiker -: Da durch das Gesetz sichergestellt ist, daß alle Benutzer eines Krankenhauses Anspruch auf eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung ... haben, kann den Wünschen der Benutzer auf Mehrleistungen, die sie bezahlen wollen ..., entsprochen werden. Jeder Krankenhausbenutzer soll die von ihm gewünschten Mehrleistungen ohne Rücksicht darauf verlangen können, ob er in einem Ein-, Zwei- oder Mehrbettzimmer untergebracht ist; auch die bisher übliche Koppelung der Unterbringung mit dem Liquiditationsrecht des Chefarztes entfällt. Was sagen Sie zu dieser Meinung der Praktiker? ({0})

Dr. Wilhelm Nölling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001619, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Burger, mir ist bekannt, daß Teile meiner Argumentation, die diese Befürchtungen beinhalten, wie es sich nach Ihren Vorschlägen entwickeln könnte, gerade von dem Träger, den Sie hier zitieren, geteilt werden. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Nölling, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Jungmann?

Dr. Wilhelm Nölling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001619, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Im Moment nicht, Herr Kollege Jungmann. Ich möchte auch sehr schnell zum Schluß kommen. ({0}) - Nein, ich habe es doch begründet, Herr Kollege Jungmann, und nur die eine Frage ausdrücklich zugelassen. Meine Damen und Herren, soweit Veränderungen der inneren Struktur der Krankenhäuser sowohl mit von uns als legitim anerkannten Rechten und Kompetenzen der Länder als auch mit der Forderung nach Kostenbegrenzung und allgemeiner Effizienzsteigerung vereinbart werden können, meinen wir, daß der von uns vorgelegte Entschließungsantrag behutsam in diese Richtung einer Reform der Krankenhäuser weist. Wir müssen den Antrag der Opposition zu § 17, in dem wir einen nicht genügend durchdachten Versuch sehen, sich von dem Regierungskonzept abzuheben, deshalb ablehnen, weil wir befürchten, daß damit eine unterschiedliche medizinische Versorgung der Bevölkerung entsprechend der Größe des Geldbeutels des einzelnen gesetzlich festgelegt würde. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen zunächst über den in Ziff. 12 des Umdrucks 262 enthaltenen Änderungsantrag der CDU/ CSU-Fraktion ab. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen jetzt zum Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP zu § 17 Abs. 1 a auf Umdruck 265. Dieser Antrag entspricht im übrigen dem Eventualantrag der CDU/CSU unter Ziff. 13 a) auf Umdruck 262. Das Wort hat dazu der Herr Abgeordnete Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben in § 17 Abs. 1 a die Möglichkeit eröffnet, daß die Krankenhäuser nicht pauschalierbare Kostenbestandteile außerhalb des Pflegesatzes abrechnen. Aber es handelt sich eben um Pflegesatzelemente; das geht ganz eindeutig aus der Plazierung dieser Bestimmung in § 17 hervor. Es sind deshalb an sich auch Befürchtungen nicht gerechtfertigt gewesen, daß durch den Satz, den wir jetzt streichen werden, etwa das Privatliquidationsrecht oder der sogenannte kleine Pflegesatz bei Belegarztverfahren verhindert werden sollte. Es ist ganz klar: diese Rechte werden nicht in Pflegesatzvorschriften geregelt. ({0}) Da aber Zweifel aufgetaucht sind, Herr Kollege Jungmann, haben wir bereits zu dem Termin, an dem wir eigentlich dieses Gesetz hätten verabschieden sollen, diesen Streichungsantrag vorgelegt, und ich habe mich sehr darüber gefreut, daß die CDU/ CSU gestern abend um 18 Uhr einen wortgleichen Antrag eingebracht hat. ({1}) Es ist also für uns alle keine Schwierigkeit, dem zuzustimmen. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen auf Umdruck 265, der, wie gesagt, mit dem Antrag der CDU/CSU unter Ziff. 13 a) des Umdrucks 262 identisch ist. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe nunmehr den Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion zu § 17 Abs. 4 unter Ziff. 13 b) auf Umdruck 262 auf und gebe dem Herrn Abgeordneten Kunz das Wort.

Gerhard Kunz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001256, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich zur Begründung unseres Alternativantrages auf die Ausführungen, die ich in anderem Zusammenhang gemacht habe, beziehen. Zusätzlich darf ich sagen, daß nunmehr, nachdem Sie unseren Antrag zu § 13 abgelehnt haben, die einzige Möglichkeit, den § 17 Abs. 4 noch verfassungskonform zu gestalten, darin besteht, daß bei Krankenhäusern, die nach diesem Gesetz keinen Antrag auf Förderung gestellt oder auf Förderung verzichtet haben, die Einheitlichkeit der Pflegesatzregelung gilt, bei anderen, die nicht gefördert werden, aber nicht. Dies mag eine gewisse Relativierung mit sich bringen. Diese ist aber, nachdem die Möglichkeiten, die oben bei § 13 gegeben waren, von der Mehrheit nicht genutzt worden sind, unumgänglich. Wir bitten deshalb um die Zustimmung zu § 17 Abs. 4 in der von uns vorgeschlagenen Fassung. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Koalitionsfraktionen haben ja schon mehrfach über solche Anträge mit der Opposition diskutiert. Wir sind der Meinung, daß sich unsere Regelung, wie sie jetzt in der Ausschußfassung vorliegt, ordentlich und nahtlos in das Gesamtgefüge des Gesetzes einfügt und daß keine rechtlichen Bedenken dagegen bestehen. Wir bitten, den Antrag der Opposition abzulehnen. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU unter Ziff. 13 b) des Umdrucks 262 ab. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir stimmen jetzt über § 17 in der durch die Annahme des Änderungsantrages veränderten Fassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - Die geänderte Fassung ist gebilligt. Ich rufe § 18 auf. Hierzu liegt auf Umdruck 262 unter Ziff. 14 ein Änderungsantrag der CDU/CSU vor, zu dem der Herr Abgeordnete Dr. Jungmann das Wort gewünscht hat.

Dr. Gerhard Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001046, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ermittlung kostendeckender Pflegesätze, wie sie dieses Gesetz vorsieht, wird am ehesten durch direkte Verhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Kostenträgern, praktisch also den Sozialversicherungsträgern erreicht werden können. Das wird auch heute schon so gehandhabt, wobei diese Verhandlungen allerdings nur als Vorverhandlungen gelten, deren Ergebnisse von den Preisbehörden, die heute zuständig sind, im wesentlichen sanktioniert werden; die Sätze werden nur dann selbständig festgesetzt, wenn und soweit eine Einigung nicht zustande kommt. Die Legalisierung dieses Verfahrens: „behördliche Festsetzung nur dann, wenn und soweit eine vertragliche Einigung nicht zustande kommt", entspricht dem Willen und dem Interesse der Beteiligten. Sie vermeidet außerdem die Notwendigkeit und die Gefahr der Schaffung besonderer Behörden mit dem ganzen Behördenapparat und die Gefahr sachkundiger Behördendiktate. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, die im Gesetz vorgesehene Regelung entspricht der bisherigen Praxis. Außerdem sieht sie die Möglichkeit vorausgehender Einigungsverhandlungen über die Pflegesätze vor. Wir meinen deshalb, daß man diesen anderen Weg, den Sie vorschlagen, nicht einschlagen sollte. Wir entsprechen mit der Formulierung, die jetzt im Gesetz steht, auch den VorstellunDr. Bardens gen des Bundesrates, also der Länder, die diese Vorschriften in der Praxis auszuführen haben. Es ist nicht Bundessache, die Verhandlungen über die Pflegesätze zu führen oder diese festzusetzen, sondern es ist überwiegend Ländersache und Sache der Verbände in den Ländern. Wir bitten, bei der bisherigen Praxis, die sich bewährt hat, zu bleiben und die Formulierung in der Ausschußfassung anzunehmen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 262 unter Ziff. 14 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über § 18 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - § 18 ist damit gebilligt. Ich rufe § 19 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 262 unter Ziff. 15 vor. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Köster. ({0})

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Ausschußmehrheit ist uns in der Neuformulierung des § 19 Abs. 1 einen halben Schritt entgegengekommen. Die Formulierung der Bundesregierung hätte für die Übergangszeit das gesamte Gesetz praktisch außer Kraft gesetzt. Zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser erscheint es uns notwendig, die §§ 2 Abs. 4 und 6 Abs. 1 der zur Zeit geltenden preisrechtlichen Vorschriften außer Kraft zu setzen. Darüber hinaus vermeidet die von uns vorgelegte Formulierung die Unklarheiten des letzten Satzes von § 19 Abs. 1 in der Fassung des Ausschusses. Zu § 19 Abs. 2 sind auch wir der Meinung, daß die zusätzliche Belastung der gesetzlichen Versicherungsträger nur stufenweise erfolgen soll. Wir befürchten aber, daß der von der Regierung vorgesehene Satz von 7,5 % in seiner finanziellen Auswirkung die erforderlichen Neuinvestitionen bei Krankenhäusern zu sehr einschränkt, weil die Bundesregierung für Leistungen nach § 19 Abs. 2 keine eigenen Finanzmittel ausweist und diese allein aus den Fördermitteln der Länder abgedeckt wissen will. An dieser Stelle möchte ich Herrn Dr. Nölling darauf hinweisen, daß auch wir der Meinung sind, daß eine Vergrößerung der Bettenzahl im Gesetz vorgeschrieben werden müßte. Wir sind ebenfalls der Überzeugung, daß die Kapazitäten unzureichend sind. Ich darf zum wiederholten Male darauf hinweisen, daß dieses Gesetz nur Finanzmittel bereitstellt, die der Erhaltung des Bettenbestandes dienen. Im übrigen bleibt es sicher den Beratungen des Gesetzentwurfes im Bundesrat überlassen, den Widerspruch zwischen der Bezeichnung des § 20 Satz 2, daß Finanzhilfen des Bundes nur für nach diesem Gesetz geförderte Investitionen verwendet werden dürfen, und der Bestimmung des § 22 Abs. 3 zu klären, der auch die Leistungen nach § 19 Abs. 2 aufrechnet. Ich bitte, unserem Änderungsantrag zu § 19 Abs. 1 und 2 zuzustimmen. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wird weiter das Wort gewünscht? - Bitte schön, Herr Abgeordneter Spitzmüller!

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich habe zunächst Herrn Kollegen Köster dafür zu danken, daß er hier zugegeben hat, daß wir in den Ausschußverhandlungen um diesen Paragraphen gerungen und versucht haben, einen Kompromiß, ja, sogar eine Verständigung mit der Opposition herbeizuführen. Dies ist nicht voll gelungen. Deshalb liegt nun dieser Änderungsantrag der Opposition auf dem Tisch. Zweifellos berührt die Frage einer Übergangsregelung für die Pflegesätze insbesondere die Kommunen und die Länder. Wir sind der Meinung, daß wir mit der vorgesehenen geänderten Fassung des § 19 im Ausschuß das Notwendige getan haben. Aber ich teile Ihre Meinung, daß sich der Bundesrat sicherlich mit dieser Frage noch einmal intensiv befassen wird. Ich bin der Meinung, daß wir es bei der im Ausschuß erarbeiteten Fassung belassen können, denn der von Ihnen gemachte Vorschlag betrifft ja nicht nur Abs. 1, über den sich der Bundesrat wird Gedanken machen müssen, sondern auch Abs. 2, in dem Sie die Steigerungsrate von 7,5 %, die als zulässig und als möglich angesehen wird, auf 10 % angehoben wissen wollen. Wir sehen in einer solchen Prozentzahl ein Alarmzeichen, denn dieser Prozentsatz würde als eine Marge angesehen werden, die unter allen Umständen auszuschöpfen sei. Wir sind der Meinung, daß 7,5 % ausreichend sind, nachdem ursprünglich zwischen dem Bund und den Ländern einmal 5 % zur Diskussion standen. Eine solche Explosion von 10 % können und wollen wir nicht mitmachen. Wir bitten deshalb um Ablehnung des Antrages der Opposition. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 262 unter Ziff. 15. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir stimmen dann über § 19 in der Ausschußfassung und zugleich über die §§ 19 a und 20, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen! Vizepräsident Frau Funcke Zu § 21 liegt der Änderungsantrag Umdruck 262 Ziff. 16 vor. Das Wort hat der Abgeordnete Wawrzik.

Kurt Wawrzik (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002433, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Fraktion hat dem Prinzip der Drittelfinanzierung zugestimmt. Wir sind uns dabei der außerordentlichen Bedeutung gerade dieser Bestimmung bewußt. Wir halten es für eine Notwendigkeit, dabei von den Realitäten auszugehen. Realitäten werden aber nicht dadurch geändert, daß man einfach die Voraussetzungen anders sieht, als sie sind, um zu falschen Schlußfolgerungen kommen zu können und diese Schlußfolgerungen dann den finanziellen Möglichkeiten, die man zu schaffen bereit ist, entsprechend anzupassen. ({0}) Wir befinden uns bei der Beurteilung dieser Situation durchaus in guter Gesellschaft: die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die meisten Bundesländer, der Landkreistag, der Städtetag teilen unsere Befürchtungen, daß mit einer Limitierung der Mittel weder das Ziel der Drittelfinanzierung noch das Ziel des Gesetzes überhaupt, nämlich die finanzielle Sicherung der Krankenhäuser, erreicht wird. Ich möchte hier noch einmal unsere Bedenken vortragen. In vier Fällen wird nach unserer Meinung von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Zum einen erscheint uns die Zahl der geförderten Betten als zu gering. Wir meinen, daß der Bettenwert insgesamt zu gering angesetzt ist. Das Gesetz ist nur auf den Erhalt des gegenwärtigen Bettenstandes ausgerichtet. Die Schätzungen in bezug auf Preissteigerungen entsprechen nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre in keinem Fall den Realitäten, zumindest nicht für die nächsten zwei Jahre. ({1}) Es bleibt generell festzuhalten: Mit einer Limitierung der Mittel ist weder die Drittelfinanzierung zu sichern noch die finanzielle Sicherung der Krankenhäuser zu gewährleisten. Ich beantrage deshalb im Namen der CDU/CSU-Fraktion, § 21 Abs. 1 entsprechend unserem Vorschlag zu ändern und die Absätze 2 und 4 ersatzlos zu streichen. ({2})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Bardens, bitte schön!

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir können und sollen nicht über unsere Verhältnisse leben. ({0}) - Jawohl, ich werde Ihnen dazu noch etwas sagen. - Wir können und dürfen nicht über unsere Verhältnisse leben, sage ich nochmals. Sie beklagen bei jeder Haushaltsberatung, daß angeblich in allen möglichen Haushaltsbereichen die Kosten zu stark steigen. Andererseits fordern Sie hier bei jeder Einzelberatung eines Gesetzes, daß der Bund noch mehr und noch mehr und noch mehr leisten soll, ({1}) und nicht nur der Bund, sondern Sie müssen daran denken, ({2}) daß auch die beiden anderen Ebenen unseres Staates durch diese Freigabe der freien Bedarfserzeugung draußen gebunden werden und dann ebenfalls nicht mehr in ihrer Gestaltung frei sind. Dieser Bundestag beschließt den Haushalt Jahr für Jahr, und dieser Bundestag kann Jahr für Jahr entscheiden, ({3}) welche Mittel tatsächlich dieser Staat für die Finanzierung der Krankenhäuser freimachen kann. Dabei hat er sich an den Rahmen zu halten, der in der mittelfristigen Finanzplanung gegeben ist. ({4})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Köster.

Gottfried Köster (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001163, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht hier nicht darum, ob neue Finanzmittel für neue Aufgaben bereitgestellt werden müssen, sondern darum, daß dieses Gesetz den Krankenhäusern Einnahmen nimmt. Wir fordern nur das eine: daß den Krankenhäusern das, was ihnen genommen wird, im gleichen Umfang wiedergegeben wird. ({0}) Wer das nicht will, handelt nach unserer Meinung nicht fair gegenüber den Ländern und den Krankenhausträgern. Was die eine Hand nimmt, muß die andere Hand wiedergeben. Sie kann sich dabei nicht auf die Haushaltslage berufen, wenn sie vorher das Gesetz so gestaltet hat, daß den Krankenhäusern mehr genommen wird, als die öffentliche Hand bzw. der Bund als Drittel ihr zurückgeben kann. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Ziff. 16 auf Umdruck 262. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir müssen über § 21 in der Vorlage des Ausschusses abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe § 22 auf. Hierzu liegt der Änderungsantrag in Ziff. 17 des Umdrucks 262 vor. Zur Begründung Herr Abgeordneter Dr. Fuchs.

Dr. Karl Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000613, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Änderungsantrag Ziff. 17, betreffend die Verteilung der Finanzhilfen, darf ich für die CDU/CSU-Fraktion folgende Begründung geben. Nach der Regierungsvorlage, die von der SPD-FDP-Koalition entgegen dem Antrag der CDU/CSU im federführenden Ausschuß gebilligt wurde, werden die Finanzhilfen des Bundes nur zu 85 % den Bundesländern nach ihrer Einwohnerzahl zugewiesen. 15 %, die bei einer Kapitalsumme von 700 Millionen jährlich ca. 105 Millionen ausmachen, werden durch den Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit zur Befriedigung des überregionalen Bettenbedarfs, zur Berücksichtigung unterschiedlicher Gesundheitsverhältnisse und für Modellmaßnahmen und ähnliches verteilt. Diese 15 % sind nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion ganz entschieden zu hoch. Man bedenke, daß im Gesetz eine Drittelbeteiligung des Bundes behauptet wird, die aber nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion, wie beim vorhergehenden Änderungsantrag eindeutig bewiesen wurde, nicht gegeben ist. So greift die Tatsache, daß 15 % von der Summe abgezogen werden, in noch weit erheblicherem Umfang in die Finanzierungsmasse der Länder ein. Für die Krankenanstalten der Normversorgung ist damit wiederum ein erheblicher Abschlag gegeben. Außerdem, meine Damen und Herren, entsteht für die Bundesländer ,ein großer Unsicherheitsfaktor in ihrer Planung und in der Durchführung der geplanten Maßnahmen. Im übrigen kann ich sagen - ich glaube, daß Sie dem zustimmen , daß für überregionale Aufgaben außerdem die nicht nach diesem Gesetz, sondern als Gemeinschaftsaufgabe geförderten Universitätskliniken zur Verfügung stehen. Wir sind somit der Auffassung, daß die 5 %-Mittel für Sonderprogramme - die nach Schätzung des Bundesrates jährlich etwa 63 Millionen DM, nach Schätzung der Bundesregierung allerdings nur 30 Millionen DM ausmachen, wobei man wohl unterstellen kann, daß die Wahrheit etwa in der Mitte liegt, also etwa 45 bis 50 Millionen DM jährlich für Sondermaßnahmen zur Verfügung stehen - für den beabsichtigten Zweck tatsächlich ausreichend sind. Ich weise auch darauf hin, daß gerade der Bundesrat hier erhebliche Bedenken angemeldet hat, wie sie der Herr Minister Geissler vorhin auch vorgetragen hat. Bei 95 % wirklicher Ausschüttung an die Bundesländer würden vielleicht auch die Bedenken des Bundesrates, die er gegen das Gesetz hat, etwas zerstreut werden. Ich bitte infolgedessen, meine Damen und Herren, um Zustimmung zum Änderungsantrag der CDU/ CSU-Fraktion. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Koalitionsfraktionen teilen die Auffassung der Bundesregierung, die zu dem gleichen Änderungsantrag, der aus dem Bundesrat kam, festgestellt hat, daß nach dem Sinngehalt des Artikels 104 a Abs. 4 GG eine rein schematische Verteilung der Mittel auf die Länder ausgeschlossen ist. Die Bedingungen sind in den Ländern nicht so gleichmäßig, daß dieser Weg in dieser Weise beschritten werde könnte, wie es die CDU/ CSU hier heute fordert. Denken Sie z. B. nur an die Krankenhausaufgaben, die die Stadtstaaten Hamburg und Bremen nicht nur für ihre Einwohner, sondern für das ganze Umland im niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Raum mit wahrnehmen. ({0}) Um das Ziel einer gleichmäßigen Versorgung aller Einwohner der Bundesrepublik zu erreichen, bedarf es auf Grund der unterschiedlichen Ausgangssituation auch differenzierterer Möglichkeiten des Einsatzes der Bundesmittel. Die Förderung von Sondermaßnahmen, Herr Kollege Dr. Fuchs, die Sie soeben angesprochen haben, also von Modellvorhaben, die Sie mit Sicherheit dann mit Anträgen in diesem Bundestag immer wieder fordern werden, würde in Minimalbeträge absacken, wenn wir auf 95 % gingen und nur noch 5 % für den Ausgleich zwischen den Ländern bezüglich ihrer besonderen infrastrukturellen Benachteiligung und für die Sondermaßnahmen übrig hätten. Wir bitten deshalb, den Antrag der CDU/CSU abzulehnen. ({1})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Nr. 17 auf Umdruck 262. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -- Gegenprobe! - Enthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den § 22 in der vorliegenden Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe die §§ 23 und 24 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Zu § 25 liegt der Änderungsantrag Umdruck 262 Ziffer 18 vor. Die Begründung ist bereits erfolgt. Wünscht jemand das Wort? - Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Dr. Ferdinand Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002004, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Opposition zu § 25 wurde bereits durch die Ausschußmehrheit abgelehnt. Sie hielt es nicht für zweckmäßig, schon im Rahmen des hier vorliegenden Gesetzes im einzelnen über die Errichtung eines Instituts für Krankenhauswissenschaft zu beschließen. Die Entscheidung darüber kann nur nach gründlicher Beratung mit allen Beteiligten über die Einzelheiten der Organisation einer solchen Einrichtung und ihrer Aufgaben getroffen werden. Die Koalitionsfraktionen lehnen deshalb den Antrag ab. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich lasse über den Änderungsantrag Umdruck 262 Ziffer 18 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Wir stimmen über den § 25 in der Ausschußfassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf die §§ 26, 26 a, 26 b, 27, 28 und 29 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Jungmann.

Dr. Gerhard Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001046, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist keine angenehme Aufgabe, abschließend zu dem Krankenhausfinanzierungsgesetz Stellung zu nehmen. Die SPD hat uns die Verzögerung dieses Gesetzes anhängen wollen. Sie hat sich nicht gescheut, uns der Obstruktion zu bezichtigen. ({0}) Diese Vorwürfe waren völlig unberechtigt. ({1}) Wir haben schon zu Beginn der Beratungen verbindlich erklärt, daß wir weder das Gesetz selbst noch sein Inkrafttreten am 1. Januar 1972, also auch rückwirkend, in Frage stellen würden. Die Koalition hat uns die Erfüllung dieser Aufgabe allerdings sehr schwer gemacht. Für ein so schwerwiegendes und folgenschweres Gesetz, das nicht nur zwischen Koalition und uns, sondern auch zwischen Regierung und Bundesrat umstritten ist und von den freigemeinnützigen Krankenhausträgern ebenso wie von den kommunalen Spitzenverbänden auch heute noch scharf kritisiert wird, haben wir die notwendige gründliche Beratung gegen den, ich darf wohl sagen, passiven Widerstand der Koalition millimeterweise erzwingen müssen. ({2}) - Herr Kollege Schellenberg, Sie waren ja nicht dabei. Das war meist eine sehr einseitige Unterhaltung. Wenn die Koalition schwieg, haben wir an die Regierung solange Fragen stellen müssen, bis wir sie beantwortet bekamen. Wir konnten und können dafür um so weniger Verständnis haben, als wir unseren guten Willen, wie gesagt, schon im voraus verbindlich erklärt hatten. Dieser gute Wille ist aber in kaum erträglicher Weise belastet worden. Auch dann, wenn unsere Argumente nicht widerlegt werden konnten, fehlte jede Bereitwilligkeit, sie angemessen zu berücksichtigen, und erst recht, ihnen zuzustimmen. Was auch immer wir vorgeschlagen haben, ist meist mit 13 zu 12 Stimmen abgelehnt worden. Das gilt sogar für die ursprünglich von uns gestellten Anträge, die jetzt in der zweiten Lesung von der Koalition selbst gestellt worden sind. Die Vorredner meiner Fraktion, insbesondere mein Freund Burger, haben schon eingehend dargelegt, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen können. Über die Unseriosität der- gesamten Finanzierung hat Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein bereits eingehend gesprochen. Es ist auch nicht richtig, wie man in diesen Tagen in der Presse lesen konnte, daß die Krankenhäuser von jetzt an jährlich 1,3 Milliarden DM mehr bekommen sollen. Das ist soeben widerlegt worden. Richtig ist in der Tat, daß 700 Millionen DM vom Bund gegeben werden sollen, daß die für die Finanzierung der Krankenhausinvestitionen benötigten Mittel jedoch nicht das Drittel darstellen, das nach den großartigen Ankündigungen aus Kreisen der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen in der Öffentlichkeit erwartet worden ist. Wir können der Berechnung des Bundesdrittels ebensowenig zustimmen wie der Bundesrat, die kommunalen Spitzenverbände, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, wie praktisch alle Betroffenen. Auch darüber ist schon eingehend gesprochen worden. Der Finanzbedarf der Krankenhäuser ist mit diesem Gesetz keineswegs gesichert. Sogar Herr Nölling hat davon gesprochen, daß mehr Krankenhäuser benötigt würden und daß das eine wachsende Aufgabe sei. Darin sind wir uns alle einig. Wir haben -ich sage das auch wegen ,der Bemerkung von Herrn Dr. Bardens, daß wir nicht über unsere Verhältnisse leben sollten, was wir selbstverständlich nicht wollen - immer wieder versucht, das Beste aus der Sache zu machen. Wenn man sich von vornherein falsche Zahlen und falsche Größen vorstellt, in der Öffentlichkeit aber sagt, daß damit sehr viel mehr erreicht würde, als tatsächlich erreicht werden kann, so ist das eben das Problem, das wir hier auszutragen haben. Wir sind der Meinung - ich erinnere an die Aussagen aus dem Kreise des Bundesrates; bei der ersten Lesung hat es Herr Minister Merk gesagt, in dieser Aussprache hat es, wenn ich mich recht erinnere, Herr Minister Geissler wiederholt -, daß der Krankenhausbau, der eigentlich gefördert werden sollte, tatsächlich stagnieren wird. Die Defizite werden bleiben, und zwar trotz wachsender Belastung der Sozialversicherung. Der Zuschußbedarf der kommunalen Krankenhäuser wird ebenso bleiben wie die Defizite der freigemeinnützigen Krankenhäuser. Trotz großartiger Versprechungen bezüglich der Sanierung der Krankenhausfinanzen wird dieses Gesetz ein Fehlschlag werden. Das wird nicht lange verborgen bleiben. Schon im Bundesrat wird die Gegenrechnung aufgemacht werden. Auch ohne prophetische Gabe kann heute schon vorhergesagt werden, daß dieses Gesetz bereits vor Ende der Übergangsfrist, die diesmal sehr lang angesetzt ist, nämlich bis zum 1. Januar 1978, novelliert werden muß. Unter den Fehlern und Mängeln dieses Gesetzes werden besonders die freien gemeinnützigen Krankenhäuser zu leiden haben, die schon nachgerechnet und voller Entsetzen festgestellt haben, daß ihre Einnahmen nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht größer, sondern geringer und ihre Defizite dementsprechend noch größer sein werden, als sie es bisher schon gewesen sind. Entgegen ,der einhelligen Auffassung aller Beteiligten haben Regierung und Koalition noch in der zweiten Lesung daran festgehalten, daß die Krankenpflegeschulen und Schwesternwohnheime nicht zum Krankenhaus gehören. Wie immer die Finanzierung im einzelnen geregelt wird, an der unauflösbaren Verbindung sowohl der Krankenpflegeschulen wie der Schwesternwohnheime mit den Krankenhäusern kann nach unserer Auffassung nicht gerüttelt werden. Regierung und Koalition haben behauptet, mit diesem Gesetz nicht in die innere Struktur unserer Krankenhäuser eindringen zu wollen, aus verfassungsrechtlichen Gründen auch gar nicht eindringen zu können. Dabei ist jedoch nicht zu übersehen, daß mit der öffentlichen Finanzierung verbundene behördliche Planung ohnehin schon nicht ohne Einwirkung auf die innere Struktur unseres Krankenhauswesens bleiben kann und bleiben wird. ({3}) Die Formel von dem bedarfsgerecht gegliederten System leistungsfähiger Krankenhäuser ist viel zu glatt und unverbindlich, als daß man die damit verbundene Gefahr der dirigistischen Planung und ihrer bürokratischen Durchführung übersehen könnte. Ich sage nicht: Absicht, ich sage: Gefahr. Das ist auch gar keine neue Erkenntnis. Nach der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers im Jahre 1969 habe ich hier in diesem Hause die Befürchtung geäußert, daß aus unseren Krankenhäusern nur allzu leicht ein seelenloses und unmenschliches System ausschließlich funktionsbezogener medizinisch-technischer Institutionen werden könnte. Nach diesem Gesetz sollen künftig keine Krankenhäuser mit weniger als 100 Betten gefördert werden. Das klingt einleuchtend. Kann in solchen kleinen Krankenhäusern überhaupt noch moderne Medizin betrieben werden? Daß das angeblich nicht geht, sagt sich der Mann auf der Straße oder der gebildete Laie, und man braucht nur in die entsprechenden Illustrierten oder Tageszeitungen zu sehen, um das auch dort bestätigt zu finden. Ich will gerne zugeben, daß es auch nicht wenige Ärzte gibt, die diese Meinung vertreten. In Verwaltungskreisen herrscht die durchaus begründete Ansicht vor, daß Krankenhäuser unter 200, 300, 400, 600 Betten - die Zahlen gehen allerdings sehr auseinander - nicht wirtschaftlich seien. Es gibt aber auch Gründe, die gegen diese Auffassung sprechen. Auf jeden Fall - und darum kommen wir gar nicht herum - hat heute mehr als die Hälfte aller deutschen Krankenhäuser weniger als 100 Betten. Wir haben die Entscheidung über die Größe der Krankenhäuser den Landeskrankenhausplänen überlassen wollen, zumal die Bettenzahl 100 ja völlig willkürlich und als Maßstab für eine moderne ärztliche Versorgung der Bevölkerung nicht brauchbar ist. Wir müßten ein sehr kurzes Gedächtnis haben, meine Damen und Herren, wenn wir die Parole vom klassenlosen Krankenhaus schon vergessen hätten. ({4}) Wir wissen sehr gut, daß das Krankenhaus von progressiven Kräften zu einem bevorzugten Exerzierfeld ihrer gesellschaftsverändernden Absichten gemacht werden soll. ({5}) Wir haben auch nicht vergessen, daß der Weg in leitende Krankenhausstellen in sehr vielen Städten und Kreisen nur über das Parteibuch der SPD geht. ({6}) - Der Beweis ist leicht anzutreten. Lachen können Sie gerne. Es ist eigentlich auch zum Lachen. Wir halten diese Entwicklung jedenfalls für einen sehr unerfreulichen Mißstand. Es erscheint uns deshalb notwendig, die Vorstellungen der CDU/CSU über eine optimale Krankenhausstruktur, wie sie unserem Antrag Drucksache VI/1594 zugrunde gelegen haben, hier noch einmal kurz darzustellen. Wir wollen nicht, daß Ärzte und Krankenschwestern nur noch medizinische Spezialisten und Funktionäre ohne persönliches Engagement, ohne Hilfsbereitschaft und ohne die unentbehrliche Hingabe sind. ({7}) Die Stellung des Chefarztes als des letztlich alleinverantwortlichen Arztes, dem alle anderen Ärzte nach- und untergeordnet sind, wird mehr und mehr von einem kooperativen, kollegialen Verhältnis der am Krankenhaus tätigen Fach- und Spezialärzte abgelöst werden. Meine Damen und Herren, das ist keine politische Absichtserklärung, das ist eine schlichte Feststellung. Dieser Prozeß wird jedoch nicht nach einem bestimmten Schema und in einem bestimmten Tempo, sondern von Fach zu Fach und von Krankenhaus zu Krankenhaus verschieden verlaufen. Darin gebe ich Herrn Nölling ausdrücklich recht. Das kann man überhaupt nicht gesetzlich reglementieren. Es ist auch unsere Meinung, daß dort ein erheblicher Spielraum der Entwicklung offenbleiben muß. Aber ich darf doch feststellen, daß in allen Fachgebieten der klinischen Medizin Arbeitsteilung und Teamarbeit heute schon zwingend notwendig sind. Der in langen Jahren zum Kliniker weitergebildete Spezialist kann seine Kenntnisse und Erfahrungen heute nur noch im Krankenhaus sinnvoll verwenden. Das gilt erst recht für die neuen Spezialitäten, die sich mehr und mehr von den großen Fachgebieten abgespalten und verselbständigt haben. Nur gemeinsam können die einzelnen Fachgebiete dem Standard der modernen Medizin gerecht werden. Nur gemeinsam können sie mit den Fortschritten der wissenschaftlichen Medizin Schritt halten. Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Organisationsform unserer Krankenhäuser. Aber hier scheiden sich die Geister. Die einen wollen eine verstärkte Institutionalisierung der Medizin und damit auch der ärztlichen Dienste in den Krankenhäusern. Alle in den Krankenhäusern tätigen Ärzte sollen fest angestellt und entsprechend besoldet werden. Die Stellung der Krankenhäuser soll wie bei jeder anderen öffentlichen Institution von oben und von außen bestimmt werden. An den bisherigen Strukturen soll sich dabei aber nichts ändern. Diese Strukturen sollen im Gegenteil zementiert werden. Der so oft und mit Recht beklagte Graben zwischen klinischer und ambulanter Krankenversorgung wird damit nur noch weiter vertieft werden. Wir teilen dagegen die Ansicht derjenigen, die eine schrittweise Änderung der Krankenhausstruktur für notwendig halten. Die erfahrenen Kliniker sollen im Krankenhaus Lebensstellungen finden. Sie sollen mit gleichgestellten Klinikern gleichberechtigt zusammenwirken. Das Subordinationsverhältnis kann nur für die jüngeren, noch in der Weiterbildung befindlichen Ärzte gelten. Alles kann natürlich nicht durch Gesetze erzwungen werden, das kann sich nur aus der Sache heraus entwickeln. Diese Entwicklung darf jedoch nicht erschwert und erst recht nicht verhindert werden, sondern hier müssen die Weichen richtig gestellt werden. Das war der Sinn aller unserer Bemühungen in dieser Richtung. Die Ermächtigung zur Versorgung ambulanter Patienten auf Überweisungen durch die außerhalb des Krankenhauses tätigen Ärzte soll im Grundsatz nicht nur einzelnen, sondern allen dazu befähigten Krankenhausärzten eingeräumt werden. Dieser Weg ist einer poliklinischen Ausdehnung des Krankenhausbetriebs, also den Krankenhausambulatorien, wie sie jetzt von Regierung und Koalition angeblich nicht, aber, wie ich meine, tatsächlich doch angestrebt werden, unbedingt vorzuziehen. ({8}) Denn nur so kann die individuelle Behandlung vor und nach der stationären Krankenhausbehandlung nachhaltig sichergestellt werden. Damit würde zugleich die Frage einer besseren Ausnutzung der diagnostischen Kapazitäten der Krankenhäuser gelöst werden, von der man sich im allgemeinen mehr falsche als richtige Vorstellungen macht. Eine bessere Ausnutzung dieser hochspezialisierten und übrigens auch teuren medizinischen Einrichtungen wird nur dann und nur so weit möglich sein, wie sie von denjenigen Ärzten benutzt werden, die auf Grund ihrer klinischen Tätigkeit und Erfahrung mit ihnen umgehen können. Wir sind dafür eingetreten, daß die liquidationsberechtigten Krankenhausärzte ihre ärztlichen Mitarbeiter an den Liquidationserlösen angemessen beteiligen. Wir begrüßen, daß das in der ärztlichen Berufsordnung jetzt verankert ist, und wir hoffen, daß die da und dort auftretenden Mängel mit Mitteln der ärztlichen Berufsordnung bald beseitigt werden können. Nach unserer Meinung reicht diese Regelung allein jedoch nicht aus, um die Einkommensverhältnisse am Krankenhaus zufriedenstellend zu regeln. Wenn die Liquidationserlöse der Krankenhausärzte in einen Pool fließen sollen und daraus dann eine Verteilung nach einem mehr oder weniger sachfremden Schlüssel stattfinden soll, dann halten wir diese Regelung nicht für richtig; denn diese Art der Umverteilung führt zu einer Lähmung des Leistungsgedankens und beeinträchtigt im übrigen auch den Anspruch der Krankenhausärzte auf gerechte Besoldung. ({9}) Wir sind dagegen der Ansicht, daß alle Ärzte, die ihre Weiterbildung abgeschlossen haben und zum Stab der ständig am Krankenhaus tätigen Ärzte gehören, dem Grunde nach sowohl das Recht auf Privatliquidation wie auch das Recht zur Teilnahme an einer ambulanten Versorgung, d. h. in Form der kassenärztlichen Versorgung, haben sollen. Das alles sollte nicht durch behördlichen Zwang, nicht durch Auflagen und auch nicht durch Eingriffe in das ärztliche Berufs- und Vertragsrecht, sondern durch die Ermöglichung einer sinnvollen Weiterentwicklung eben dieser freiheitlichen Ordnung entsprechend erreicht werden. Wir wollen aber nicht nur mehr Selbständigkeit und Entscheidungsfreiheit für die Krankenhausärzte. Wir wollen auch mehr Selbständigkeit und Entscheidungsfreiheit für die Krankenhauspatienten. Der Patient soll das Recht haben, den Arzt frei zu wählen. Er soll aber auch die äußeren Bedingungen der Krankenhauspflege frei wählen können, ohne deshalb automatisch auch anderen Bedingungen unterworfen zu sein. Auch in der allgemeinen Pflegekasse soll der Krankenhauspatient Privatpatient ich meine, das Wort sollte man in Anführungsstriche setzen -eines von ihm gewählten Arztes sein können. Er sollte die persönlichen Annehmlichkeiten vom Einzelzimmer bis zum Telefon in Anspruch nehmen können, ohne deshalb auch bestimmte Ärzte gegen besondere Bezahlung in Anspruch nehmen zu müssen. Das mag vielleicht gerade aus meinem Mund erstaunlich klingen, und ich könnte mir denken, daß ich mir deswegen in der Tat, wie es schon in Zeitungen gestanden hat, einigen Ärger zuziehe. Tatsächlich ist das aber nur die logische Konsequenz aus der öffentlichen Finanzierung der Krankenhäuser und den in diesem Gesetz verankerten einheitlichen Pflegesätzen. Die SPD hat ihre Zustimmung dazu verweigert, nicht weil sie diese Überlegungen für falsch hält -denn sie hat sich das in ihrem Entschließungsantrag selbst zum Ziel gesetzt -, sondern weil sie das wohl den von der SPD geführten Landesregierungen und Krankenhausträgern überlassen will, die ihrerseits bekanntlich an der bisherigen Organisationsform für Krankenhäuser, die wir nicht für optimal halten, festhalten wollen. Wir lehnen es ab, daß vom Chefarzt bis zum jüngsten Assistenten alle Krankenhausärzte fest besolDr. Jungmann dete Angestellte und Beamte der Krankenhausträger werden sollen, streng hierarchisch von oben nach unten gegliedert, abhängig und weisungsgebunden statt frei und unabhängig, mit Subordination statt gleichberechtigter Koordination. Es geht uns nicht nur um die Freiheit und die Rechte der Krankenhausärzte. Es geht uns um die Freiheit und die Rechte der Staatsbürger, die heute oder morgen auf die Hilfe dieser Ärzte angewiesen sind. Meine Damen und Herren, das alles haben wir in den Ausschußberatungen, meist völlig vergeblich, vorgetragen. Wo es aus rechtlichen Gründen nicht möglich war, unsere Ziele im Gesetz selbst zu verwirklichen, haben wir versucht, wenigstens die Weichen der Entwicklung richtig zu stellen. Die Abstimmungsmaschinerie hat, wie gesagt, alles mit 13 zu 12 Stimmen niedergewalzt. Wir können dem Gesetzentwurf in seiner heute, jetzt nach der zweiten Lesung vorliegenden Form nicht zustimmen. Wir bleiben aber bei unserer Zusage, seine Verabschiedung nicht zu verhindern oder unangemessen zu verzögern. Wenn wir uns bei der Schlußabstimmung der Stimme enthalten, so wollen wir damit nicht nur unsere Unzufriedenheit mit dem Beratungsergebnis zum Ausdruck bringen; wir wollen vor allen Dingen nicht die Mitveranwortung dafür übernehmen, daß das Gesetz weder die Hoffnungen der Krankenhäuser noch die Versprechungen der Bundesregierung erfüllen wird. Wir legen dem Hohen Hause ebenfalls - genau wie die Ausschußmehrheit - einen Entschließungsantrag vor, in dem wir unsere Forderungen noch einmal zusammengefaßt haben. Da wir nicht annehmen, daß dieser Antrag von den Koalitionsfraktionen angenommen werden wird, wir uns aber auch nicht in der Lage sehen, Ihrem Entschließungsantrag zuzustimmen, beantrage ich namens meiner Fraktion, beide Entschließungsanträge dem Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit zu überweisen. ({10})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bardens.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir etwas leid, Herr Kollege Jungmann, nachdem wir doch im Ausschuß und bei anderen Gelegenheiten recht gut zusammenarbeiten können, daß ausgerechnet Sie das alte Märchen von der Sozialisierungstendenz, die die SPD gegenüber dem gesamten Gesundheitswesen verfolge, wenigstens am Rande wieder hervorgeholt und einmal wieder hier vorgetragen haben. Ich meine, daß wir im Zusammenhang mit der Beratung dieser Gesetze, die in den letzten zwei Jahren im Ausschuß waren, uns doch wirklich soweit gegenseitig kennengelernt haben, daß man die sozialpolitischen und gesundheitspolitischen Motive des jeweils anderen abschätzen kann. ({0}) Ich nehme an - ich bitte vielmals um Entschuldigung -, daß das so etwas wie eine Pflichtübung war. ({1}) Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz - das ist heute schon einmal gesagt worden - steht ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste gesundheitspolitische Gesetz dieser Legislaturperiode zur Verabschiedung an. Dieses Gesetz ist nicht durchgepeitscht worden. Alle in diesem Hause wissen, wie lange wir zur Beratung gebraucht haben. Wir haben es während einiger Monate in den Ausschüssen gründlich beraten, und wir haben dabei auch eine ganze Reihe von Vorschlägen und Anregungen des Bundesrates und der Krankenhausträgerverbände durch die Beschlüsse des Ausschusses in die Vorlage aufgenommen. ({2}) Zur Beratung noch eines! So manche neue Elemente, die vor allem ein Kollege in den Stil der Beratungen hineinbrachte, Elemente, die nur oder überwiegend auf Erschwerung und Behinderung der Verhandlung gerichtet waren, sollen meinetwegen vergessen sein, wenn sie nicht Schule machen. Ich würde darum bitten, den Stil etwas zu ändern, damit wir bei unserer gemeinsamen wichtigen Arbeit nicht unnötig behindert werden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Bardens, Sie meinen doch mit „Behinderung" hoffentlich nicht die Tatsache, daß dem Haushaltsausschuß wenige Stunden vor der Beratung im Haushaltsausschuß die Unterlagen Ihres Fachausschusses zugegangen sind?

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Der Fachausschuß hat erst eine Stunde vor Beginn der Sitzung des Haushaltsausschusses seine Sitzung, die allerdings durch den Kollegen, von dem ich vorhin sprach, erzwungen war, abschließen können und konnte deshalb das Beratungsergebnis nicht früher übergeben. Ich will das jetzt nicht mehr ausdehnen. Ich habe ausdrücklich gesagt, es soll vergessen sein, wenn wir uns in Zukunft bemühen, korrekter zu kooperieren. Wir Sozialdemokraten jedenfalls gingen bei unserer Arbeit von dem konkreten Verfassungsauftrag aus, der heißt: wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, und sonst zunächst nichts. Orientiert haben wir uns dabei immer an den Interessen der kranken Menschen in unserem Land. Wir meinen, daß die Menschen in unserem Land Anspruch auf eine gute Krankenhausversorgung haben. „Die Krankenhäuser in Deutschland sind krank", wird gelegentlich gesagt. Man sollte hier einmal festhalten, daß das nicht für alle Aspekte unseres Krankenhauswesens gilt. Unsere Krankenhäuser sind in wirtschaftlicher Hinsicht krank das stimmt schon -, aber die Leistungen unserer Krankenhäuser können sich bei einem internationalen Vergleich durchaus sehen lassen. ({0}) An dieser Stelle sollte man einmal all denen danken, die für diese Leistungen verantwortlich waren und die diese Leistungen unter sehr widrigen Umständen aufgebracht haben. ({1}) Das sind nicht nur die Krankenhausträger aller juristischen Formen, die gemeinnützigen und die kommunalen Krankenhausträger, das ist auch das Personal in den Krankenhäusern, das oft überlastet ist, das lange Zeit unterbesoldet war und lange Zeit sehr ungünstige, sehr schwierige Arbeitsbedingungen hatte. Durch die Leistungen all dieser Beteiligten war es möglich, unser Krankenhauswesen weiterzuentwickeln, obwohl es finanziell krank war, obwohl die Krankenhäuser jährlich Milliardendefizite erwirtschaftet haben. Eine frühere Bundesregierung - Gesundheitsminister war damals Frau Dr. Schwarzhaupt wollte dem Problem mit einer allzu simplen Patentlösung beikommen. Sie wollte nämlich einfach durch eine neue Pflegesatzverordnung die gesamten Kosten einschließlich der Investitionskosten dem Benutzer der Krankenhäuser auflasten. Wir Sozialdemokraten haben damals durch einen Antrag im Bundestag verhindern können, daß diese „Lösung" realisiert wurde. Mit dieser unserer Initiative im damaligen Bundestag haben wir zweierlei sichergestellt, nämlich erstens, daß die KrankenhausEnquete durchgeführt wurde und wir zum erstenmal Zahlen auf den Tisch bekamen, die uns wirklich einen Überblick über die Situation des Krankenhauswesens verschafften, und zweitens, daß mit der Verhinderung der Vollkostendeckung durch die Pflegesätze der Weg für das Gesetz freigemacht wurde, das dann vorgelegt worden ist und das wir jetzt verabschieden werden. Im Gegensatz zur Bundesregierung des Jahres 1966 - die CDU hat allerdings, wie wir wissen, ihre Meinung inzwischen geändert - gehen wir Sozialdemokraten schon seit jeher davon aus, daß die Finanzierung der Errichtung von Krankenhäusern eine öffentliche Aufgabe ist. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf entspricht diesem Grundsatz. Das Gesetz ermöglicht volle Kostendeckung für das sparsam wirtschaftende, aber auch leistungsfähige Krankenhaus. Die Investitionskosten werden von der öffentlichen Hand getragen, wobei der Bund ,ein Drittel der verfügbaren Investitionsmittel stellt; das ist meines Erachtens die richtige Formulierung. Die laufenden Kosten, die im Krankenhaus entstehen, trägt der Benutzer über den Pflegesatz. Durch eine Änderung des § 4 des Gesetzes während der Ausschußberatungen haben die Koalitionsparteien sichergestellt, daß der Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit eines Krankenhauses Vorrang hat gegenüber dem Gesichtspunkt der Sparsamkeit, der natürlich auch beachtet werden muß. Das ist eine ganz wesentliche Verbesserung des Gesetzes und ein notwendiges Entgegenkommen gegenüber den Krankenhausträgern. Der Kritik, die vorgesehenen Mittel reichten dafür nicht aus, muß wenigstens zweierlei entgegengehalten werden. Erstens. Ich wiederhole die Feststellung eines Sachverständigen, der im Ausschuß vorgetragen hat: Jede Gesellschaft kann sich jeweils nur den Krankenhausstandard erlauben, der ihrer wirtschaftlichen Gesamtleistungsfähigkeit entspricht. Zweitens darf doch nicht übersehen werden, daß das neue Gesetz schon im ersten Jahr durch die Zurverfügungstellung der Bundesmittel und durch die beginnende Anpassung der Pflegesätze mehr als eine Milliarde DM zusätzlich für unsere Krankenhäuser erbringt. Das ist gerade der Betrag, der vorhin von Herrn Minister Geissler als das bisherige jährliche Defizit der Krankenhäuser genannt wurde. ({2}) - Das Umgekehrte, Herr Jungmann: was vorhin vorgetragen wurde, erscheint mir noch viel mehr als Milchmädchenrechnung, wenn es auch recht kompliziert dargestellt war. Auf einen weiteren Punkt muß man aufmerksam machen. In der letzten Legislaturperiode, als bereits die notwendige Verfassungsänderung in Kraft getreten war, hat der damalige Finanzminister die Zurverfügungstellung von Bundesmitteln innerhalb der mittelfristigen Finanzplanung für die Krankenhausfinanzierung auf der Grundlage der Verfassungsvorschrift abgelehnt. Bei einer Haltung, wie sie der damalige Finanzminister eingenommen hat, wären wir heute noch nicht in der Lage, ein Krankenhausfinanzierungsgesetz mit Bundesbeteiligung vorzulegen. ({3}) Nun, ich meine, die Mittel, die jetzt durch dieses Gesetz zusätzlich mobilisiert werden, können sich sehen lassen und werden helfen. Aber an dieser Stelle muß ich noch etwas auf das eingehen, was Herr Minister Geissler vorhin vorgetragen hat. Herr Minister, Sie kommen aus einem Land, in dem es mit der Krankenhausfinanzierung in der Vergangenheit in mancher Hinsicht nicht gar so gut bestellt war. Das wird sich jetzt bessern. Ich weiß aus meiner Heimatstadt, wie das mit der Krankenhausfinanzierung ohne gesetzliche Regelung ausfallen kann. Da war bisher tatsächlich Willkür drin; darüber gibt es gar keinen Zweifel. Die Stadtgemeinde Ludwigshafen hat ein Krankenhaus mit einem Kostenvolumen von 50 Millionen DM gebaut. Die Beteiligung des Landes lag, obwohl dieses Haus notwendig war - Sie wissen es, Herr Minister -, in der Größenordnung einiger tausend D-Mark. So sah es doch bisher aus. Ich meine, daß dieses Gesetz solche Willkür in den Ländern draußen für die Zukunft wirklich verhindern wird. Selbstverständlich muß sich dieses Gesetz in der Praxis draußen auch bewähren. Es schafft ja ein völlig neues System der Finanzierung bestimmter, spezifischer öffentlicher Leistungen. Wir werden die Bundesregierung in unserem Entschließungsantrag bitten, uns nach Ablauf von zwei Jahren Bericht zu erstatten über die Auswirkungen des Gesetzes und über die Situation der Krankenhäuser. Dann werden wir natürlich die eine oder andere Bestimmung den Erfahrungen, die in diesen zwei Jahren gemacht werden, anpassen können. Aber im voraus zu unken und im voraus zu behaupten, daß das Geld, das zusätzlich kommt, zu einer Verschlechterung der finanziellen Situation der Krankenhäuser führen würde, das sollte man bleiben lassen. Man sollte jetzt wirklich einmal die Anwendung des Gesetzes in der Praxis abwarten. Der Vorschlag übrigens, ein Krankenhausbudget aufzustellen, an dessen Aufstellung Bund, Länder und Gemeinden und die Träger beteiligt wären, ist zumindest interessant. Herr Minister Geissler, ich glaube, wir werden auf diesen Vorschlag bei der weiteren Diskussion durchaus noch einmal zurückkommen können. Die Opposition - ich muß mich leider noch einmal mit der Opposition beschäftigen - wollte mit ihren Anträgen in Wirklichkeit, so meine ich, ein leeres Füllhorn über alle Betroffenen und Interessenten ausgießen. Da ist so etwas klassenloses Krankenhaus für Herrn Katzer drin, etwas - aber nur etwas - krankenhausärztliche Vereinigung für den Hartmann-Bund; ich will nachher noch einmal auf Ihre Vorstellungen davon zu sprechen kommen, wo Ihre Kollegialität im Krankenhaus endet, wo sie ihre untere Begrenzung hat. Da wird etwas Hotelkomfort für den Kranken angeboten, aber natürlich ohne Beitragserhöhungen und ohne - was das wichtigste ist - daß die Voraussetzungen dafür in den Krankenhäusern überhaupt schon vorhanden wären. In vielen Krankenhäusern zumindest sind sie nicht vorhanden. Da wird Bedarfsplanung in den Ländern als wesentlicher Grundsatz akzeptiert; aber zugleich wird die Weiterfinanzierung aller Einrichtungen, die dieser Bedarfsplanung nicht entsprechen, verlangt. Das geht einfach nicht. Wir meinen, daß etwas Schwindel darin ist, wenn man solche miteinander unvereinbaren Forderungen kombiniert in Anträgen hier vorlegt und meint, daß wir nicht darauf kämen. Wir wollen weder eine überkommene Krankenhausstruktur durch dieses Gesetz festschreiben, noch wollen wir irgendeine denkbare idealistische Struktur für die Zukunft durch dieses Gesetz vorschreiben. Zu beidem fühlen wir uns nicht befugt. Die Krankenhäuser befinden sich in einem Strukturwandel. Frau Minister Strobel hat einmal gesagt, unsere Krankenhäuser befänden sich in einer Experimentierphase, und in dieser Phase sollte der Bundesgesetzgeber keine zu weitgehenden Vorschriften machen, den Krankenhäusern kein starres Korsett anziehen. Wir haben die wirtschaftlichen Grundlagen für eine zukunftsorientierte Entwicklung auch der inneren Struktur des Krankenhauses geschaffen. Das war der Auftrag an uns als Bundesgesetzgeber. Die Krankenhausträger selbst sind nun aufgefordert, zusammen mit ihren Vertragspartnern die sozialen Nachteile, die z. B. noch vielfach die Folge der überholten Klassenstruktur mancher Krankenhäuser sind, abzubauen. Das ist Sache der Vertragspartner draußen, und sie haben sicher durch dieses Gesetz die materiellen Voraussetzungen, so etwas zu tun. Wir wünschen, daß - wo immer möglich - die hierarchische Personalstruktur im Krankenhaus abgelöst wird durch eine Struktur moderner Funktionsteams, zu denen im modernen Krankenhaus aber alle - auch die Mitarbeiter des Arztes - gehören müssen. Das kann eben nicht beim Facharzt aufhören; es können nicht alle übrigen Mitarbeiter und auch alle übrigen Arztkollegen im Krankenhaus ausgeschaltet werden. Wir meinen, daß die moderne Medizin eine solche Form der auch vertikalen Kooperation im Krankenhaus erfordert. Wir wollen genau wie Sie, daß den Kranken in Zukunft nach Möglichkeit ein differenziertes Angebot an Leistungen im Krankenhaus zur Verfügung steht, ein Angebot auch an Leistungen, die nicht im engeren Sinne medizinisch begründet sind. Dabei muß sichergestellt werden, daß durch die Inanspruchnahme solcher Leistungen der Behandlungsanspruch anderer Patienten nicht geschmälert wird. Aber all das konnte man in diesem Gesetz - auch aus verfassungspolitischen Gründen - nicht regeln. Zum Teil fehlen doch draußen in den Krankenhäusern auch schon die Voraussetzungen, z. B. hinsichtlich der Bausubstanz. Wo noch keine Einzelzimmer oder keine Zwei- und Dreibettzimmer vorhanden sind - und das ist doch häufig noch der Fall -, kann man sie einfach nicht anbieten. Und wer im Gesetz schreibt, daß jeder das Recht habe, im Krankenhaus eine solche Unterbringung zu fordern, verspricht einfach dem Bürger Leistungen, deren Voraussetzungen draußen noch nicht vorhanden sind. ({4}) Zu einer Befürchtung vor allem von Teilen der Ärzteschaft ist vorhin schon einmal Stellung genommen worden; ich will trotzdem noch etwas dazu sagen. Die Formulierung in § 2 Abs. 1 mit dem be- rühmten Wörtchen „können", die besagt, daß „die zu versorgenden Personen" im Krankenhaus auch verpflegt und untergebracht werden können, soll wirklich lediglich sicherstellen -und es ist gar keine andere Rechtsfolge aus der Formulierung ableitbar , daß sich die Krankenhäuser auch in Zukunft anpassen können. Niemand von uns weiß doch, welche Behandlungsformen in den nächsten zehn Jahren entwickelt werden und wie .die Krankenhäuser dann auf diese neuen Behandlungsformen reagieren müssen. Wir wollen, wie ich vorhin schon einmal sagte, eben wirklich kein starres Korsett, weder für die Krankenhäuser noch für die anderen Gruppen und Einrichtungen, die am Gesundheitswesen insgesamt beteiligt sind. Diese Formulierung, von der ich sprach, bedeutet keine Öffnung der ambulanten ärztlichen Versorgung für die Krankenhäuser. In diesem durch die Reichsversicherungsordnung geregelten Bereich, dem Kassenbereich, gilt eben das, was in der Reichsversicherungsordnung steht, und die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung müßte man ändern, wenn man diese rechtliche Abgrenzung beseitigen wollte. Mit diesem Gesetz geschieht das eben nicht. Wir haben durch unsere Beschlüsse die weitgehende Mitwirkung der Betroffenen auf Bundes- und Landesebene sichergestellt. In unserem Entschließungsantrag fordern wir die Länder auf, das Gesetz so unbürokratisch wie möglich anzuwenden. Ich glaube, auch das kann man nicht im Gesetz verschreiben, sondern hier muß die politische Aufforderung, muß der politische Druck wirksam werden. ({5}) Daß allerdings mit der Hergabe öffentlicher Mittel für einen gemeinnützigen Zweck gewisse Auflagen und Bedingungen verbunden sein müssen, wird doch jeder bestätigen, der dafür Verantwortung trägt, und das heißt doch im Grunde: auch jedes Mitglied in diesem Hause. Gelegentlich beklagte Willkür ich sage ausdrücklich: gelegentlich zu Recht beklagte Willkür - in der bisherigen Praxis der Vergabe von Landesmitteln wird doch gerade durch die einheitliche Regelung in diesem Gesetz in Zukunft vermieden. Wir haben einem Anliegen der Krankenhausträger noch dadurch Rechnung getragen, daß wir in § 8 ausdrücklich festgehalten haben, daß die Nichtaufnahme in einen Krankenhausbedarfsplan eines Landes den Rechtsweg eröffnet, d. h. daß der betroffene Krankenhausträger gegen diese Nichtaufnahme auf dem Verwaltungsrechtswege klagen kann. Auch diese Regelung kann Dirigismus, der in der Verwaltung immer wieder einmal möglich ist, hemmen. Wer allerdings überhaupt von Dirigismus redet, sollte sich, so meine ich, doch an die CDU/CSU wenden, die mit ihren Anträgen zu § 17 sehr stark in die innere Struktur der Krankenhäuser hineinregieren wollte. Im Rahmen einer gewissen Aktion - es war als Aktion spürbar - gegen dieses Gesetz wurden auch die angeblich enteignungsähnlichen Wirkungen, die von diesem Gesetz ausgingen, kritisiert. Dabei ist doch aber gerade die Folge dieses Gesetzes, daß die Krankenhäuser ihre Substanz durch kostendeckende Finanzierung nicht mehr aufbrauchen müssen wie bisher. Das war doch bisher ein schleichender Dauerenteignungsvorgang, weil der Staat, weil der Gesetzgeber nichts getan hat, um die Krankenhäuser vor diesem Substanzverlust zu bewahren. ({6}) Jetzt wird ja eben dafür gesorgt, daß dieser Substanzverlust in Zukunft nicht weitergeht. Im übrigen haben wir im Gesetz für die Häuser, die aus den Gründen ausscheiden werden, die im Gesetz angegeben sind, weil sie gültigen Anforderungen nicht mehr genügen, zum erstenmal überhaupt nach diesem Gesetz einen Härteausgleich gewährt, was es vorher auch nicht gab. Es gibt finanzielle Übergangshilfen, um diesen Häusern zu helfen, sich auf neue Aufgaben vorzubereiten und umzustellen. Das gab es bisher doch auch rechtlich überhaupt nicht. Es hat für diese Krankenhäuser, die auch bisher schon ausscheiden mußten, keinerlei Hilfen in diesem Sinne gegeben. Alles, etwa auch die Finanzierung inzwischen nutzlos gewordener Kapazitäten und Betriebe, kann man dem Staat und seinen Bürgern auch nicht anlasten, auch nicht zumuten. Die Möglichkeiten, die wir haben, sind schließlich begrenzt. Das Gesetz schließt Einrichtungen, die nicht unmittelbar der stationären Versorgung dienen, also vor allem Krankenpflegeschulen und -wohnheime, grundsätzlich aus der Mitfinanzierung aus. Es muß ausdrücklich gesagt werden „grundsätzlich", weil wir ja auch Ausnahmen vorgesehen haben. Wir meinen, daß die Krankenpflegeausbildung nicht vom Krankenhaus getrennt werden sollte. Das ist eine ganz andere Frage. Die Krankenpflegeausbildung sollte so schnell als möglich in das allgemeine und berufliche Bildungswesen eingegliedert werden, um endlich den richtigen Rang zu bekommen. Der Mangel an Nachwuchs in diesen Berufen hat, teilweise wenigstens, auch seine Ursachen darin, daß die Ausbildung in diesen Berufen ihrem Rang nach nicht gleichwertigen Berufen draußen in unserer Gesellschaft gleichgestellt ist. ({7}) Ausbildungsfragen sind nun einmal, auch nach unserer Verfassung, Länderfragen, und auch die Finanzierungskompetenz für diese Dinge liegt bei den Ländern. Soweit Wohnungsbau im Zusammenhang mit einem Krankenhaus betrieben wird, gehört er nach unserer Vorstellung in den Rahmen des allgemeinen Wohnungsbaus, der allgemeinen Wohnbauförderung. Allerdings haben wir im Gesetz auch vorgesehen, daß auch Personalwohnungen, wenn nur dadurch die Leistungsfähigkeit eines Krankenhauses sichergestellt werden kann, zur Verfügung gestellt werden. Das ist im einzelnen Fall nachzuweisen, aber dann kann auch der Bau solcher Personalunterkünfte und -wohnungen in die öffentliche Förderung einbezogen werden. Es ist ausdrücklich für alle diese Grenzfälle in diesem Gesetz alles vorgesehen, was man vorsehen kann. Wir meinen, daß wir die wirtschaftliche Lage aller Beteiligten in der Krankenhausversorgung durch dieses Gesetz wesentlich verbessern. Damit haben wir auch die Voraussetzung geschaffen, um jedem Krankenhausbenutzer wenigstens in der Zukunft ein besseres Angebot an Leistungen zur Verfügung zu stellen und ihn vielleicht auch in Zukunft, wenn die Entwicklung weitergegangen ist, in jedem Falle nach seinen Wünschen unterbringen zu können. Wir gehen allerdings davon aus, daß die Krankenhäuser nach einiger Zeit soweit entwickelt werden, daß wir z. B. nur noch Ein-, Zwei- und Dreibettzimmer haben werden, daß die Wünsche nach ganz besonderer Behandlung und Unterbringung ohnehin in Zukunft kaum noch Bedeutung haben werden. Wir müssen dafür sorgen, daß die Krankenhäuser tatDr. Bardens sächlich für jeden eine optimale Unterbringung ermöglichen. ({8}) Die rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, wie gesagt, für diese Entwicklung schafft unser Gesetz. Soweit die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen in den Krankenhäusern selbst bereits heute gegeben sind, sollten individuelle Wünsche berücksichtigt werden, ohne daß damit andere, vom Benutzer nicht gewünschte Leistungen im Krankenhaus zwangsweise verbunden werden. Alle Beteiligten im Krankenhaus haben jetzt die Chance, den medizinischen und sozialen Forderungen der Zukunft gerecht zu werden. 1969, noch vor der Bundestagswahl, durfte ich im Namen meiner Partei vor dem Internationalen Krankenhaustag unsere Vorstellungen über ein Krankenhausfinanzierungsgesetz vortragen. Das jetzt vorliegende Gesetz entspricht genau den Grundsätzen, die ich damals vorgetragen habe. Wir Sozialdemokraten haben wieder einmal Wort gehalten. ({9})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller. Für ihn ist eine Redezeit von 30 Minuten beantragt.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist noch gut vor Augen, wie der damalige Bundeskanzler Adenauer im Jahre 1958 auf dem Deutschen Krankenhaustag in Köln erklärte, daß den Krankenhäusern geholfen werden müßte. Allerdings ist damals seitens des Bundes sehr wenig, fast nichts geschehen, wenn man von den zinslosen Krediten an gemeinnützige Krankenhäuser in Höhe von 25 Millionen DM jährlich absieht. Die späteren Versuche, über Änderungen der Pflegesatzverordnung zu helfen, sind ebenfalls gescheitert, zugegebenermaßen durch den Willen dieses Deutschen Bundestages. Die Folge war eine ständige Unterdeckung in Höhe von 10 bis 30 % in den zurückliegenden Jahren. Das nunmehr zur Verabschiedung anstehende Gesetz erfüllt naturgemäß viele Wünsche nicht, die bis zur Stunde an uns herangetragen worden sind. Wenn wir jedoch einmal berücksichtigen, daß nicht nur widersprüchliche Wünsche aus den Krankenhäusern, aus der Ärzteschaft, von den Trägern der Versichertengemeinschaften und vom Bundesrat in ein ausgewogenes Interessenvieleck einzuordnen waren, sondern daß sich aus jedem dieser Bereiche ein Interessenmosaik entwickelte, wird deutlich, vor welcher Problematik der Gesetzgeber stand: es ging ja nicht nur um die Krankenhäuser, sondern um kommunale, freigemeinnützige, kirchliche und nichtkirchliche, private Krankenhäuser, die die Gemeinnützigkeitsordnung erfüllen, und solche, die sie nicht erfüllen, Krankenhäuser des Bundes, Krankenhäuser der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und der gesetzlichen Unfallversicherung sowie weitere Formen. Es ging ja nicht nur um die Interessen der Ärzteschaft, sondern um die Interessen der frei praktizierenden Ärzte, der Chefärzte, der leitenden Krankenhausärzte, der Oberärzte, Assistenzärzte und Belegärzte. Es waren nicht nur die Interessen der Patienten und einer Versichertengemeinschaft, sondern deren Vielzahl zu sehen. Es galt, gerade im Hinblick auf die Finanzierung auch die begrenzten Möglichkeiten des Bundes und der Länder nicht aus den Augen zu verlieren. Angesichts dieser Interessenvielfalt können wir feststellen, daß wir im federführenden Ausschuß nach sehr eingehenden Beratungen und mehrfachen Sachverständigenanhörungen eine unter den gegebenen Bedingungen optimale Lösung gefunden haben. Es ist vorher nichts Besseres angeboten worden. Es gibt bis zur Stunde keine bessere realisierbare Alternative. ({0}) Ein Blick in die Drucksache Vl/3082 zeigt, wie eingehend sich der Ausschuß mit allen Aspekten auseinandergesetzt hat und in welch vielfältiger Weise Veränderungen am ursprünglichen Text vorgenommen wurden. Wer die Schwierigkeit dieser Materie kennt, handelt nicht seriös, wenn er sich zu pauschalen Urteilen oder Verurteilungen versteigt, vor allem wenn er an den Beratungen im einzelnen gar nicht selbst teilgenommen hat, sondern ihnen ferngeblieben ist. Meine Damen und Herren, es konnte nicht Aufgabe des Bundes sein, Fragen der inneren Struktur der Krankenhäuser über die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und über die Regelung der Krankenhauspflegesätze in einer einseitigen Weise auszurichten. Selbst wenn bei einer Mehrheit dieses Hauses eine solche Absicht bestanden hätte, hätten Fragen der Kompetenz des Bundes zu solchen Regelungen zur Diskussion gestanden. Das Gesetz wäre dann vermutlich am Widerstand der Länder gescheitert. Vielfach ist die Sorge geäußert worden, daß die wirtschaftliche Selbständigkeit der Krankenhäuser durch die öffentliche Förderung bedroht werde. Ich habe diese Sorge bis zu einem gewissen Grade geteilt. Diese Sorge ist, zumindest was den Bund anbetrifft, völlig unberechtigt. Der Bund greift über die Gewährung seiner Mittel nicht in die innere Struktur der Krankenhäuser ein. Diese Mittel werden nicht als Zuwendungen im Sinne der Bundeshaushaltsordnung deklariert. Wenn die Länder sich bei der Mittelvergabe und bei der Kontrolle der sachgemäßen Verwendung ebenfalls in einer vernünftigen Weise verhalten, wird den Krankenhausträgern kein bürokratischer Übermut und kein Rechnungshof die Arbeit vergällen. Bei dem Gedanken an die vorgesehenen Krankenhausbedarfspläne der Länder ist manchem unwohl, weil ihm nicht nur die Vorstellung von einem übertriebenen Planungsperfektionismus, sondern auch die einer Fehlplanung vom grünen Tisch aus verfolgt. Deshalb haben wir im Gesetz festgelegt - und das ist fettgedruckt -, daß die Krankenhausgesellschaft und die Spitzenverbände der wesentlich Beteiligten anzuhören sind. Wir haben festgelegt, daß die Krankenhausbedarfspläne in geeigneter Form zu veröffentlichen sind. Wir haben die Zahl der dem Beirat angehörenden Vertreter der Kran10070 kenhausträger erhöht. Wir haben bestimmt, daß gegen die Feststellungen der Aufnahme oder Nichtaufnahme in den Krankenhausbedarfsplan eines Landes der Verwaltungsrechtsweg offensteht, und wir haben die hartdiskutierte 100-Betten-Klausel elastischer gestaltet. Wir haben den Pflegesatzbegriff sachgemäßer formuliert, und wir haben vor allem gemeinsam - alle drei Parteien - dafür Sorge geturagen, daß neben dem Gedanken der sparsamen Wirtschaftsführung auch der Gedanke der notwendigen Leistungsfähigkeit für die Förderungsfähigkeit des Krankenhauses im Gesetz verankert wurde und daß dieser Gedanke der Leistungsfähigkeit genauso für die Grundsätze der Pflegesatzregelung gilt. - Das sind Veränderungen und Verbesserungen, die wir tatsächlich einmal auch in das Rampenlicht der Öffentlichkeit in dieser kurzgefaßten Form stellen müssen. Mit diesen Änderungen und Regelungen sind die Grundlagen für eine praxisnahe und verwaltungstechnisch einfache öffentliche Förderung geschaffen, die ausreichenden Spielraum für eine freiheitliche Gestaltung bieten. Den Ländern kommt im Hinblick auf eine sinnvolle Nutzung dieser Möglichkeiten nun eine hohe Verantwortung zu, da sie für den Umgang mit dem Instrument der Planung zuständig sind. Die Konsequenzen, die der Einsatz öffentlicher Mittel mit sich bringt, erschienen nach wie vor vielen bei einem kostendeckenden Pflegesatz durch den Patienten oder die Krankenkassen vermeidbar. Dieser Gedanke ist, für sich betrachtet, sicherlich richtig, aber er hat weder bei einem einzelnen Land noch bei der Mehrheit der Länder noch im Bundestag Aussicht auf eine ausreichende Mehrheit gehabt. Es gibt kein einziges Bundesland, in dem alle Krankenhäuser eben einen zu 100 % kostendeckenden Pflegesatz genehmigt bekommen hätten. Auch das wollen wir doch einmal in den Raum stellen und nicht so tun, als ob durch dieses Gesetz weniger geleistet würde, als bisher war. Der Weg eines gespaltenen Pflegesatzes - in Vorhaltekosten durch die öffentliche Hand für Errichtung, Wiederbeschaffung von Anlagegütern, Instandhaltung und Instandsetzung und den Ergänzungsbedarf und in Benutzerkosten andererseits als Entgelt für stationäre und halbstationäre Leistungen des Krankenhauses - war die einzige politische Chance, zu einer Beseitigung der Defizite im Krankenhauswesen zu kommen. Daß die Selbstkosten zusammen durch die Vorhaltekosten und die Benutzerkosten dabei gedeckt sein müssen, liegt auf der Hand, wenn das Ziel einer gleichmäßigen und ausreichenden Krankenhausversorgung der Bevölkerung erreicht werden soll. Krankenhäuser, die nicht über die entsprechenden Räumlichkeiten, eine moderne instrumentale Ausstattung und ein fachlich hochqualifiziertes Personal verfügen, können dieser gesundheitlichen Zielsetzung nicht gerecht werden. Jeder Versuch einer Einflußnahme, die zu einer Unterdeckung führt, ginge letztlich, wie die Vergangenheit beweist, zu Lasten der Patienten. Gerade deshalb war der Antrag der CDU zum § 17 und in Verbindung damit zu § 6 eben einfach der Zeit vorauseilend, weil die Voraussetzungen dafür im räumlichen und im personellen Bereich noch gar nicht geschaffen sind; aber sie können durch dieses Gesetz Zug um Zug geschaffen werden. Die Rücksichtnahme auf die begrenzte finanzielle Belastbarkeit bestimmter Versichertengruppen hat letztlich zu der öffentlichen Förderung geführt, die jetzt erfolgen soll. Daß bei dem Einsatz öffentlicher Mittel auf eine gewisse Kontrolle eines wirtschaftlichen Einsatzes nicht verzichtet werden kann, liegt in der Natur der Sache. Der Ausschuß war bemüht, durch entsprechende Vorschriften diesen wirtschaftlichen Einsatz sicherzustellen. Aus diesem Modell der Teilfinanzierung durch die öffentliche Hand sollten jedoch keine falschen Rückschlüsse auf eine beliebige Wiederholung in anderen Sektoren gezogen werden, wie Idas gelegentlich schon anklingt. In diesem speziellen Fall wird nämlich deutlich, daß der Gesundheitspolitik, d. h. der Krankenhausversorgung der Bevölkerung, ein hoher Stellenwert im Katalog der öffentlichen Aufgaben beigemessen wird, daß ein Rückgriff auf Steuermittel gerechtfertigt erscheint. Es scheint mir wichtig, hierauf ausdrücklich hinzuweisen, um die Begehrlichkeit an anderen Stellen rechtzeitig in die Schranken zu verweisen. ({1}) Ich schaue möglichst geradeaus, aber da Sie im Haushaltsausschuß sind, war mir klar, daß Sie hier zustimmend nicken werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe vorhin auf die Interessenvielzahl der Ärzteschaft hingewiesen. Lassen Sie mich speziell hierzu noch folgendes ausführen. Für die niedergelassenen Ärzte bestand das Problem der Abgrenzung der ambulanten Tätigkeit von ,den Aufgaben des Krankenhauses, d. h. der Krankenhausversorgung der Bevölkerung. Diese Abgrenzung wird durch ,das Gesetz nicht aufgehoben. Im Schriftlichen Bericht zur Drucksache ist ausdrücklich festgestellt: die Abgrenzung zur ambulanten Tätigkeit ,der niedergelassenen Ärzte ergibt sich vielmehr aus dem Kassenarztrecht. Die Vorschriften der §§ 368 ff. der Reichsversicherungsordnung werden durch die vom Ausschuß beschlossene Fassung nicht berührt. Darüber hinaus habe ich bei der Behandlung dieses Paragraphen dazu ergänzende Ausführungen gemacht. Zweitens. Auch die Privatliquidation bleibt erhalten. Die FDP hätte es für falsch gehalten, wenn der Gesetzgeber hier eine bestimmte Form verbindlich vorgeschlagen hätte. Es bleibt aber die Aufgabe der Krankenhäuser, dieses Liquidationsrecht im Verhältnis zu den Chefärzten, den leitenden Ärzten, den Fachärzten wie auch im Verhältnis zu den Assistenzärzten intern zu regeln, immer neu zu überprüfen und den erforderlichen Wandlungen zu unterziehen. Sie haben dabei nicht nur die Verantwortung für entsprechende Arbeitsbedingungen ihrer Spitzenkräfte, sondern auch für eine entsprechende Attraktivität des Arbeitsplatzes der nachwachsenden Ärzteschaft, d. h. für die Assistenzärzte. In diesem Zusammenhang sei vermerkt, daß gerade von seiten der CDU eine Regelung angestrebt wurde, die das Verbleiben von hochqualifizierten Kräften in manchen Krankenhäusern in Frage gestellt hätte. ({2}) - Herr Kollege Katzer, Sie machen den Zwischenruf: Im Gegenteil! Wenn Sie im Baukastensystem vorgehen und in Ihrem Gesetzentwurf nicht klar sagen, daß die Einnahmen, die bei der Erfüllung Ihres Baukastensystems dem Krankenhaus und den liquidationsberechtigten Ärzten entgehen, in anderer Form gedeckt werden müssen, dann entsteht eben ein Vakuum der Unsicherheit, und da ich annehme, daß Sie nicht auf eine Enteignung der liquidationsberechtigten Ärzte oder der Krankenhäuser hinauswollten, hätte dies doch bedeutet, Herr Kollege Katzer, daß die Pflegekosten, die Benutzerkosten insgesamt gestiegen wären, weil Sie diese guten Kräfte am Krankenhaus doch nur dann halten können, wenn Sie ihnen eine äquivalente, wesentlich höhere monatliche gehaltliche Entlohnung sicherstellen, wenn Sie ihnen durch irgendeine andere Form das garantieren, was Sie ihnen durch Ihren Antrag in Frage stellen. Ich sage gar nicht „wegnehmen", sondern „in Frage stellen". Aus den genannten Überlegungen ist auch für die Belegärzte eine Tätigkeitsmöglichkeit im Krankenhaus bewußt erhalten worden. Wir kennen die Überlegungen und die Versuche, in einzelnen Krankenhäusern die bisherigen traditionellen Formen durch neue Wege der Zusammenarbeit innerhalb der Ärzteschaft sowie innerhalb des Krankenhauses als auch im Verhältnis zu den frei praktizierenden Ärztekollegen zu ersetzen. Ich betone noch einmal, daß es sich hier um organische Entwicklungen handeln muß und daß dieses Gesetz Ihnen dort, wo es erprobt wird, entsprechende Möglichkeiten bietet. Die CDU/CSU hat zahlreiche Änderungsanträge gestellt. Sie haben damit zweifellos den Beifall der einen oder anderen Gruppe gefunden. Sie waren jedoch in sich selbst inkonsequent und hätten den möglichen finanzierbaren Rahmen weit gesprengt. Es war hier nicht anders wie bei anderen Gesetzen im sozialen Bereich. Es werden von der Opposition ausgabewirksame Anträge gestellt, die, in ihrer Höhe aus allen Bereichen zusammengenommen, in die Milliardenkategorien gehen, aber gleichzeitig treten andere Sprecher der Opposition dessen ungeachtet in der Öffentlichkeit mit dem Vorwurf auf, die Regierung, die sozialliberale Koalition halte in der Haushaltspolitik nicht genügend Maß. Ja, Herr Strauß fordert sogar eine Kürzung des Etats, was nicht möglich wäre, schon gar nicht, wenn wir Ihren Anträgen auch nur in einem einzigen Fall zugestimmt hätten. ({3}) Tatsache ist, meine Damen und Herren, daß die Zustimmung zu den Ausgabeanträgen der Opposition das verantwortungsvolle Maß weit überschreiten würde. ({4}) Aber es ist nicht nur dies. Wer geglaubt hatte, daß eine Politik der Konfessionalisierung in der Bundesrepublik überwunden sei, sieht sich bitter getäuscht. Die CDU/CSU des Jahres 1972 scheute sich nicht, wie 1961, als sie noch im Besitz der absoluten Mehrheit war, durch Anträge eine einseitige Bevorzugung und Privilegierung kirchlicher Krankenhäuser zu verlangen. ({5}) Solche Anträge sind kein Beitrag zur inneren Toleranz. Die sozialliberale Koalition lehnt jegliche Privilegierung ({6}) nach der einen wie nach der anderen Seite ab. Das vorliegende Gesetz sieht für alle Beteiligten bei gleichen Pflichten auch gleiche Rechte vor, gleiche Rechte und gleiche Pflichten für kommunale, freigemeinnützige und private Träger. Dies wollten wir im Gesetzentwurf gesichert wissen, und deshalb haben wir Ihren entsprechenden Antrag zu § 9 abgelehnt. ({7}) Das Krankenhausfinanzierungsgesetz muß eine Interessenvielfalt in einem ausgewogenen Interessenvieleck miteinander in Einklang bringen. So groß wie diese Interessenvielfalt waren auch die Anregungen, Wünsche und Erwartungen, war auch die Kritik, zum Teil heftige Kritik, ich möchte hier sagen: eine nicht immer sachgemäße Kritik. Das Gesetz ist wie viele andere Gesetze ein Kompromiß, auch ein politischer Kompromiß zwischen den Koalitionsfraktionen, nicht zuletzt gelegentlich ein politischer Kompromiß im Ausschuß mit der Opposition. Ich möchte hier deutlich herausstellen, daß auch die Opposition am Werden dieses Gesetzes im Ausschuß erheblichen Anteil genommen hat. Sie konnte sich mit einigen Fragen ganz oder zum Teil durchsetzen, weil die sachliche Diskussion bei mancher Spannung, die auftrat, nicht zu kurz gekommen ist. Bei nüchterner Betrachtung wird es sich erweisen, daß dieses Gesetz in vielen Punkten mehr bringt, als sich die Beteiligten zunächst erhofft oder errechnet hatten. Es bietet eine Finanzierungsgrundlage, die eine optimale Krankenhausversorgung der Bevölkerung für die Zukunft Zug um Zug gewährleistet . Es wird zweitens bewußt nicht mit einer einseitigen Tendenz in die innere Struktur und die wirtschaftliche Autonomie der Krankenhäuser eingesetzt. Damit bleibt die Chance sowohl, an Bewährtem festzuhalten wie auch neuere Entwicklungen zu erproben und dort einzuleiten, wo sich bisher Mängel gezeigt haben. Drittens. Der Interessenvielfalt der beteiligten Ärzteschaft - frei praktizierende Ärzte, Chefärzte, leitende Krankenhausärzte und Assistenzärzte - ist Rechnung getragen. Dem Krankenhaus und den Krankenhausträgern obliegt es, vorhandene In10072 teressengegensätze so miteinander in Einklang zu bringen, daß sowohl für die Spitzenkräfte als auch für den Arzte-nachwuchs ein attraktives Arbeitsfeld im Krankenhaus erhalten bleibt, geboten wird und sogar ausgebaut wird. Diese Chance besteht angesichts der bisherigen Unterdeckung, die wir hatten, jetzt eher als zuvor. Viertens. Der Einsatz öffentlicher Mittel und die notwendigen Kontrollen einer wirtschaftlichen Verwendung sind vom Bund her so gestaltet, daß Fehlplanungen vom grünen Tisch und unnötige bürokratische Maßnahmen vermieden werden können. Hier liegt die große Verantwortung bei den Ländern. Sie haben darauf zu achten, daß nicht aus einem Kompetenzübermut den Beteiligten im Krankenhauswesen die Arbeit unnötig erschwert oder gar vergällt wird. Wir haben deshalb in einem Entschließungsantrag einen Bericht über die Erfahrungen mit dem Gesetz angefordert, der bis zum 30. September 1975 dem Bundestag vorgelegt werden soll. Als Freie Demokraten haben wir auf diesen Bericht deshalb gedrängt, weil wir nicht wünschen, daß der Deutsche Bundestag mit der Verabschiedung dieses Gesetzes aus der Behandlung der Materie mehr oder weniger draußenvor bleibt. Durch die Abgabe dieses Berichts wird sich der nächste Bundestag mit den Auswirkungen des Gesetzes und mit den notwendigen Ergänzungen, die vielleicht erforderlich sein werden, zwangsläufig auseinandersetzen müssen, ohne daß ein Initiativantrag einer Fraktion gestellt, ohne daß ein Novellierungsgesetz vorgelegt werden muß. Der Bundestag wird sich einfach mit dieser Materie erneut befassen müssen. Bis zur letzten Stunde waren die Koalitionsfraktionen und war insbesondere der Ausschuß bemüht, allen sachlichen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, die dem Ziel dienten, eine möglichst gute Krankenhausversorgung in der Zukunft im Interesse des Patienten zu erreichen. Die Vergangenheit hat keine guten Lösungen gebracht. Mit dem vorliegenden Gesetz werden neue Wege beschritten. Sein Erfolg wird davon abhängen, ob die gebotenen Möglichkeiten mit Vernunft wahrgenommen werden. Es gibt keine Alternativen, die von der Finanzierung oder von Mehrheiten im Parlament her realisierbar wären. Wir Freien Demokraten werden diesem Gesetz zustimmen. ({8})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, ein Wort zur Geschäftslage. Der Ältestenrat war davon ausgegangen, daß wir heute bis 13 Uhr sämtliche Punkte bis einschließlich 27 abgewickelt haben würden. Wir sind nun aber erst beim Punkt 3, und es liegen noch vier Wortmeldungen vor. So möchte ich vorschlagen, daß wir diesen Tagesordnungspunkt bis zum Beginn der Fragestunde zu Ende führen, wobei ich die noch folgenden Redner bitten möchte, sich möglichst zu beschränken. Bei diesem Verfahren bitte ich die Fragesteller um etwas Nachsicht, daß die Fragestunde etwas später als vorgesehen beginnt. Weiterhin gehe ich davon aus, daß wir die Sitzung heute nachmittag nach Schluß der Fragestunde fortsetzen. Vielleicht können die Herren Parlamentarischen Geschäftsführer noch untereinander abklären, wie es mit den einzelnen Punkten ist. Die Sitzung wird aber auf jeden Fall fortgesetzt. Deswegen bitte ich die Ausschüsse, sich entsprechend auf einen etwas späteren Beginn einzurichten. Die Sitzung wird jedoch nicht den ganzen Nachmittag dauern, so daß die Ausschüsse auf jeden Fall noch tagen können. Aber sie möchten wohl etwas später anfangen. Das Wort hat Herr Minister Geissler. Dr. Geissler, Minister des Landes Rheinland-Pfalz: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. Bardens hat mich etwas herausgefordert; deswegen in aller Kürze eine zusätzliche Information, auch für ihn selber. Ich glaube, seine negativen Ausführungen über das Land Rheinland-Pfalz sind mit den Tatsachen nur sehr schwer in Übereinstimmung zu bringen. Ein Land, das in den vergangenen zehn Jahren ca. 1/12 Milliarde DM für die Krankenhäuser finanziert hat, in dem über 50 % der Krankenhausbetten in neuen Krankenhäusern und über 70 % der Krankenhausbetten in Ein-, Zwei- und Dreibettzimmern stehen und in dem der Bettenbestand bei 73,5 je 10 000 Einwohner liegt, ein solches Land, Herr Kollege Bardens, kann schlechterdings nicht so qualifiziert werden, wie Sie es hier getan haben. ({0}) Speziell zur Stadt Ludwigshafen möchte ich sagen: Sie haben vergessen zu erwähnen - es ist gut, wenn man das am konkreten Beispiel einmal aufzeigt -, daß es in Ludwigshafen neben dem Städtischen Krankenhaus natürlich noch drei freigemeinnützige Krankenhäuser gibt. Das Land mußte den freigemeinnützigen Krankenhäusern selbstverständlich wesentlich höhere Zuschüsse geben - das Städtische Krankenhaus bekam entsprechend weniger , weil der kommunale Anteil der Stadt Ludwigshafen für sie so gering war. ({1}) daß dies nahezu einer Diskriminierung dieser Krankenhäuser gleichkam. ({2}) Daß ein Land die Aufgabe hat, einen lokalen oder regionalen Ausgleich in der Krankenhausfinanzierung zu schaffen, ist doch im Interesse der Patienten selbstverständlich. Ich glaube, das Land hat hier nur seine Pflicht erfüllt. Noch ein letztes Wort. Natürlich kann die Frage gestellt werden, warum die Mittel trotz zusätzlicher Beteiligung des Bundes gemessen am bisherigen Stand nicht ausreichen. Das hängt damit zusammen, daß die Differenz zwischen den Selbstkosten der Krankenhäuser und der Höhe der Pflegesätze nach wie vor so groß ist, daß auch die zusätzlichen Mittel zur Abdeckung des Bedarfs nicht ausreichen. Es ist klar, daß wir mit einem Krankenhausfinanzierungsgesetz, das lediglich den Bestand erhalten will, nicht Landesminister Dr. Geissler einverstanden sein können. Hinsichtlich der finanziellen Seite ist hier einfach die Frage nach der politischen Priorität zu stellen. Wir sind der Auffassung - ich glaube, das ist unsere gemeinsame Auffassung , daß der gesundheitspolitische Fortschritt nur dann sichergestellt werden kann, wenn die Finanzmasse so groß ist, daß auch in Zukunft die für Neubauten notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können. ({3})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Das Wort hat Frau Minister Strobel.

Käte Strobel (Minister:in)

Politiker ID: 11002272

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Verabschiedung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes im Deutschen Bundestag und die Auseinandersetzungen um dieses Gesetz, auch die Wünsche und Erwartungen, die an dieses Gesetz geknüpft werden, gebieten es, daß auch die Bundesregierung ihre Leitlinien zur Neuordnung der Krankenhausfinanzierung noch einmal betont. Es kommt dabei aus der Sicht des Bundes auf folgendes an. Nach 20 Jahren einer finanziellen Misere der Krankenhäuser soll dieser Gesetzentwurf die finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen, daß eine bedarfsgerechte Versorgung unserer Bürger mit Krankenhausbetten in leistungsfähigen Krankenhäusern in der Zukunft finanziell gesichert ist. Inzwischen haben auch diejenigen, die in der Vergangenheit alle Krankenhauskosten voll durch die Pflegesätze gedeckt wissen wollten, anerkannt, daß das Konzept, die Investitionskosten aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren und die Pflegesätze auf die Benutzungskosten zu beschränken, aber diese dann allerdings auch voll durch die Pflegesätze zu decken, die beste, dem sozialen Rechtsstaat unter den heutigen Voraussetzungen angemessene Lösung ist. Ich freue mich feststellen zu können, daß jetzt insoweit Übereinstimmung zwischen den Regierungsparteien und der Opposition besteht. Wenn eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausbetten überall - dieses „überall" muß man auch sehen - in der Bundesrepublik zu sozial tragbaren Pflegesätzen erreicht werden soll, muß sich der Bund finanziell an den Investitionskosten beteiligen, auch beteiligen können. Ich habe dies angestrebt, seit ich im Dezember 1966 Gesundheitsminister wurde. Diese Bundesregierung hat erstmals eine angemessene Beteiligung des Bundes an dieser großen Aufgabe mit dem im ersten Einstieg - das muß man bedenken - gewiß hohen Betrag von 700 Millionen DM, dann jährlich steigend, vorgeschlagen und will dies mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verwirklichen. Die Bundesrepublik hatte Ende 1969 auf je 1000 Einwohner 7,4 Betten in Akutkrankenhäusern und 3,6 Betten in Sonderkrankenhäusern. Inzwischen ist weiter gebaut worden. Die alten Krankenhäuser wurden nicht geschlossen, auch selten anderen Aufgaben zugeführt. Man kann daher davon ausgehen, daß die Versorgung mit Krankenhausbetten von der Zahl her bei den vergleichbaren Ländern mit an der Spitze steht. Von den psychiatrischen Krankenhäusern - das möchte ich insbesondere wegen der Ausführungen von Herrn Minister Geissler sagen - werden erstmals 50 000 Akutbetten in dieses Gesetz einbezogen, die bisher einen niedrigeren Pflegesatz als die allgemeinen Krankenhäuser haben. Das ist für die psychiatrischen Krankenhäuser ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem jetzigen Zustand, vor allem auch deshalb, weil sie die Benutzerkosten deckende Pflegesätze bekommen sollen. Bedarfsgerechte Gliederung bedeutet auch, daß durch bessere Planung der steigende Bedarf in den Ballungszentren gedeckt wird. Wir streben an, daß jeder kranke Bürger das für ihn notwendige Krankenbett in einem leistungsfähigen Krankenhaus in erreichbarer Nähe erhält. Gestatten Sie mir bitte auch noch den Hinweis: Wenn ein Tag Verweildauer eingespart wird, braucht man 20 000 Krankenhausbetten weniger. Insofern, meine ich, muß festgestellt werden, daß wir Gott sei Dank einen kontinuierlichen Rückgang der Verweildauer haben. Er wird sich, so meinen wir, nach der Verabschiedung dieses Gesetzes fortsetzen. Bisher ging man davon aus, daß die Lebensdauer eines durchschnittlichen Krankenhauses 100 Jahre betrug. Entsprechend waren auch die Abschreibungen in der Pflegesatzverordnung. Dagegen hat der Regierungsentwurf dafür 50 Jahre vorgesehen, und auf Grund der Vorschläge im Bundesrat und der Besprechungen, die mit den Ländern laufend geführt worden sind, sind wir bei den mittel- und langfristigen Investitionen auf 60 Jahre gegangen. Bei den kurzfristigen Anlagegütern, Herr Geissler, auf die Sie sich besonders bezogen haben, sind wir bei den 50 Jahren geblieben, zum Teil gegen die Vorschläge der Länder, die geringere Pauschalen wünschten. Wir haben uns an den Bettenwerten orientiert, die sowohl in dem Gutachten des Deutschen Krankenhausinstituts als auch vom Berliner Institut für Krankenhausbau als Durchschnittswerte benannt wurden. Die Bettenwerte sind für 1971 bekanntlich mit 88 000 DM angegeben. Wir liegen also in dem Gesetzentwurf mit 100 000 DM für 1972 um rund 15 % höher, als es dieses Gutachten für 1971 aussagte. Ich muß sagen, daß ich mich über den Vorschlag, der zum Krankenhausbudget gemacht wurde, sehr gefreut habe. Ich möchte aber doch zu bedenken geben, daß die Krankenhausfinanzierung keine Gemeinschaftsaufgabe ist. Die damals versäumte Gelegenheit, das Krankenhauswesen, wie von uns angeregt, als Gemeinschaftsaufgabe in der Verfassung zu verankern, kann man jetzt nicht nachholen, es sei denn, man beantragt eine Grundgesetzänderung. Zudem wollten die Länder dem unter keinen Umständen zustimmen. Die Regierungsmitglieder der Großen Koalition hatten versucht - Herr Katzer und ich haben gemeinsam dafür gefochten -, das Krankenhauswesen zur Gemeinschaftsaufgabe zu machen. Die Beratungen mit den Ländern über die Finanzreform haben auch die Realisierung des zweiten Vorschlages, das Krankenhauswesen in die konkurrierende Gesetzgebung aufzunehmen, nicht möglich gemacht. Wir haben uns heute an die damals im Kompromiß erreichte Grundgesetzänderung - wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und Regelung der Pflegesätze - zu halten. Die Länder würden die ersten sein - ich meine, sogar zu Recht -, die protestieren würden, wenn wir jetzt mehr in diese Verfassungsänderung hineinlegten, als möglich ist. In den Vorbesprechungen über den Gesetzentwurf mit den Ländern haben diese einen weitergehenden Einfluß des Bundes auf die Planung bekanntlich abgelehnt. Ich darf sagen: Kein Land ist gehindert, eine Grundgesetzänderung zu beantragen, die den Vorschlag von Herrn Minister Geissler realisierbar macht. Aber ich hoffe, wir sind uns einig: So lange, bis das durchgefochten und dann in einem Gesetzentwurf realisierbar wäre, können wir mit einer Neuordnung der Krankenhausfinanzierung nicht warten. ({0}) Ein Wort muß ich noch zu den Kosten sagen. Die Kosten würden bei Zugrundelegung der Anträge der CDU/CSU nach unseren Berechnungen insgesamt 1,5 Milliarden DM mehr ausmachen, d. h. daß bei einer Drittelung auf den Bund 500 Millionen DM mehr zukommen würden, wenn man den Berechnungen von Herrn Geissler, die er heute hier genannt hat, folgen würde.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Frau Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Botho Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001928, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Minister, wären Sie bereit, uns etwas näher zu erklären, wie sich diese 1,5 Milliarden DM zusammensetzen? Und kann ich Ihrer Berechnung insbesondere entnehmen, daß Sie selbst nicht mehr daran glauben, daß ein Drittel der notwendigen Ausgaben für dieses Gesetz 700 Millionen DM ausmacht?

Käte Strobel (Minister:in)

Politiker ID: 11002272

Herr zu Sayn-WittgensteinHohenstein, ich habe darauf hingewiesen, daß Ihre Anträge zusätzlich 1,5 Milliarden DM kosten würden. Sie haben nicht gesagt, daß der Bund das tragen sollte, und Sie haben nicht gesagt, daß die Länder und Gemeinden das tragen sollten. Sie haben auch nicht gesagt, daß die Krankenkassen das tragen sollten. Das fiel mir nämlich bei der ganzen Debatte auf, daß niemals auch nur ein bißchen gesagt wurde, wer das außer dem Bund eigentlich bezahlen sollte. ({0}) Ich habe die Berechnung hier, aus der hervorgeht, wie die 1,5 Milliarden DM zustande kommen. ({1}) - Ich gebe es Ihnen schriftlich, Herr Köster. Es würde zu sehr aufhalten, das alles auszuführen. Hier ist gesagt worden, daß die Krankenhausträger nicht weniger bekommen sollen als bisher. Nun muß man doch ehrlicherweise auch sagen, daß die Abschreibungen bisher nur einen Bruchteil der wirklichen Abwertung der Investitionen betragen haben. Zu der Frage, was vom Bund und was von den Kassen mehr aufgebracht wird, möchte ich auf folgendes hinweisen. Es ist so, daß der Bund im Jahre 1972 700 Millionen DM, im Jahre 1973 721 Millionen DM, im Jahre 1974 743 Millionen DM und im Jahre 1975 772 Millionen DM aufbringt. Zum anderen bringen die gesetzlichen Krankenkassen schon durch diesen Gesetzentwurf 1972 und 1973 350 Millionen DM auf und 100 Millionen DM die sonstigen Kassen. Ab 1974 wird die Übergangsregelung abgebaut; dann kommen auf die gesetzlichen Kassen 600 Millionen DM plus 200 Millionen DM der anderen Kassen, für alle Kassen also insgesamt 800 Millionen DM mehr zu. Das macht 1975 zusammen 1,65 Milliarden DM aus, die zusätzlich schon nach diesem Gesetzentwurf allein vom Bund und den Krankenkassen in die Krankenhausfinanzierung gehen. Wenn dann noch mehr dazu käme, müßte man sich wirklich fragen, wie das zu realisieren ist. Zur Qualität der Finanzierung will ich nur ganz kurz folgendes sagen, Herr von Wittgenstein. Die Kreditaufnahme für größere, neue auch längerfristig wirksame Aufgaben ist kein Sonderfall. Von früheren Regierungen ist dieses Instrument schon lange und mit Zustimmung des Haushaltsausschusses und des Deutschen Bundestages benutzt worden. Die Reform bringt vor allen Dingen in drei Punkten für die Krankenhausträger außerordentliche finanzielle Verbesserungen. Erstens erhalten die Krankenhausträger für die Modernisierung der vorhandenen Betten und für ihre Instandhaltung und Instandsetzung das Doppelte dessen, was ihnen heute über die Pflegesätze für Investitionskosten zufließt. In diesem Zusammenhang darf ich vielleicht zitieren, was die Geschäftsführerin der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Frau Maria Gehrt, eine gewiß unverdächtige Sachverständige, hierzu geäußert hat. Sie finden das Zitat in der Zeitschrift „Das Krankenhaus" vom Dezember 1971. Frau Gehrt sagt: Nach dem derzeitigen Stand der Dinge werden die Krankenhäuser an Pauschalbeträgen für die Ersatzbeschaffung kurzlebiger Anlagegüter und Instandhaltung fast doppelt so hohe Beträge erhalten wie zur Zeit für Abschreibungen, Instandhaltungskosten und Anpassungsrückstellungen zusammen. Sie können außerdem die kurzlebigen Anlagegüter mit einer Lebensdauer unter drei Jahren in die Pflegekalkulation mit einbeziehen. Haben Sie keine Sorge, ich zitiere auch den nächsten Satz, Herr von Wittgenstein. Sie sagt weiter: Das bedeutet gegenüber jetzt eine finanzielle Besserstellung, aber es können sich in der BeBundesminister Frau Strobel triebsführung des Krankenhauses dann erhebliche Schwierigkeiten ergeben, wenn Pauschalbeträge zweckgebunden werden. Die Nutzungsdauer für Krankenhäuser wird von bisher 100 Jahren auf 60 Jahre herabgesetzt. Für die medizinische Ausstattung der Krankenhäuser wird eine Erneuerung vorgesehen, die einer 50jährigen Nutzungsdauer des Krankenhauses entspricht. Die Krankenhäuser werden die vollen Benutzungskosten über die Pflegesätze bekommen. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß die hiernach von allen Beteiligten, auch Ländern und Gemeinden, aufzubringenden Beträge an die Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit unter den gegenwärtigen Umständen führen. Wer wesentlich darüber hinausgehende Forderungen erhebt, muß sich entgegenhalten lassen, daß er in Wirklichkeit durch das Aufstellen derzeit nicht realisierbarer Forderungen diese dringend notwendige Reform behindern würde, eine Reform, die auch immer wieder von der Öffentlichkeit und von den Krankenhausträgern gefordert worden ist und nach den heutigen Gegebenheiten als die allein mögliche Reform angesehen werden muß. Die Bundesregierung geht davon aus, daß die von ihr zugrunde gelegte Bettenzahl in Übereinstimmung mit den internationalen Erfahrungen ausreicht, um den gegenwärtigen Stand und künftigen Bedarf an hochwertigen Krankenhausbetten zu decken. Dabei muß berücksichtigt werden, daß die Krankenhäuser durch die Verwirklichung der Krankenhausbedarfsplanung und durch den Ausbau entlastender Einrichtungen in die Lage versetzt werden, sich in Zukunft ausschließlich den Aufgaben zuzuwenden, für die sie auf Grund ihres hohen medizinisch-technischen und personellen Aufwandes ihrem Wesen nach bestimmt sind. Die Bundesregierung bekräftigt ihre Auffassung, daß die innere Struktur der Krankenhäuser fortententwickelt werden muß, wenn die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung gewährleistet und allen Patienten - ich lege auf das Wort „allen" Wert - die bestmögliche Behandlung und Unterbringung gesichert werden soll, unabhängig davon, ob sie Kassen- oder Privatpatienten sind. Wir bauen allerdings darauf, daß die Krankenhausträger selbst den Willen und die Kraft haben, diese ebenso anstehenden Reformen der inneren Struktur in eigener Zuständigkeit zu vollziehen. Wir wollen vom Bund aus die Krankenhausträger weder in eine überholten Vorstellungen entsprechende Struktur zwingen noch die Förderung an vorgeschriebene Änderungen der inneren Struktur binden. Wir halten es vielmehr für richtig, daß solche inneren Strukturveränderungen nicht von oben angeordnet, sondern von den Krankenhausträgern in eigener Initiative und in der Konkurrenz der verschiedenen Modelle entwickelt werden. Wir wollen die Grundlagen für ein umfassendes und tatsächlich realisierbares Angebot von Krankenhausleistungen schaffen, indem durch die gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Gemeinden den Krankenhausträgern für Investitionen in Krankenhäusern die Mittel zur Verfügung gestellt werden, die für die Bewältigung dieser Aufgabe in der Zukunft notwendig sind. Die Notwendigkeit einer Krankenhausplanung ist inzwischen auch nicht mehr umstritten. Daß dem so ist, ist auch und vor allem ein Verdienst der in dieser Koalition verbundenen Parteien. Ich bin froh, feststellen zu können, daß das besondere Bemühen der Regierungsparteien während der Ausschußberatungen der Frage galt, auf welche Weise deutlich gemacht werden kann, daß Planung und Freiheit kein Widerspruch sind, sondern zu einem unserem Staat angemessenen Ausgleich gebracht werden können. Die Verantwortung für die Planung der bedarfsgerechten Versorgung der Bürger mit Krankenhäusern bleibt weiter wie bisher bei den Ländern. Das Krankenhauswesen ist, wie ich schon sagte, im Grundgesetz nicht als Gemeinschaftsaufgabe ausgewiesen worden, wie fälschlich angenommen wird. Trotz der Beschränkung auf die wirtschaftliche Sicherung ist die Erwartung sicher begründet, daß es auf Grund der Neuregelung zu einer noch besseren Zusammenarbeit aller Beteiligten kommt mit dem Ziel, unseren Bürgern die bestmögliche Krankenhausversorgung zu sichern. Auf Planung kann bei der Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung dier Patienten mit leistungsfähigen Krankenhäusern nicht verzichtet werden, wenn für kranke Menschen überall in der Bundesrepublik unabhängig davon, ob sie auf dem Lande oder in der Stadt leben, ob sie in einer Universitätsklinik, einem frei-gemeinnützigen Krankenhaus oder einem kommunalen Krankenhaus gepflegt werden, auch unabhängig davon, ob sie Kassen- oder Privatpatienten sind, die bestmögliche Behandlung gesichert werden soll und Fehlinvestitionen vermieden werden, was doch wohl auch dringend geboten ist. Die eingehenden Diskussionen und Beratungen haben zur Folge gehabt, daß der Regierungsentwurf zwar in seiner Grundkonzeption unverändert, aber in vielen Fragen weiter, und zwar zugunsten der Krankenhausträger, gestaltet worden ist. So ist die Beteiligung der Krankenhausträger und anderer wichtiger für die Krankenhausversorgung verantwortlicher Stellen an der Krankenhausplanung in dem nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf verankert worden. Die Mitwirkung der freien Träger im Beirat nach § 7 ist verstärkt worden. Eine Veröffentlichung der Pläne wird zwingend vorgeschrieben. Ausdrücklich steht nunmehr im Gesetz, ,daß der verwaltungsrechtliche Weg bezüglich der Feststellung der Nichtaufnahme in den Krankenhausplan eröffnet werden muß. Die Vorschriften über die Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter und über die Instandhaltung und Instandsetzung ermöglichen es jedem Krankenhaus, das unter die Förderung nach diesem Gesetz fällt, auf Heller und Pfennig vorher auszurechnen, welche öffentlichen Mittel ihm für diese Zwecke für ein Jahr zur Verfügung stehen. Die Krankenhäuser wissen dann auch, welche Beträge sie in den folgenden Jahren erhalten werden. Damit ist die finanzielle Grundlage für eine langfristige Planung auch im Krankenhaus selbst gelegt worden. Wir hoffen, daß damit auch die Sorge vieler Krankenhausträger ausgeräumt ist, ,daß sie bei der Entgegennahme dieser Förderung mit dirigistischen Eingriffen durch den Staat rechnen müßten, die ihnen nicht zugemutet werden sollten. In der Wahrung der Freiheit der Krankenhausträger und der Verwirklichung einer sachgerechten Planung sehen wir keine Gegensätze. Wir sind der festen Überzeugung, daß auch die Länder in vollem Umfang bereit sind, innerhalb der notwendigen Ordnung den Krankenhäusern und den Krankenhausträgern wie bisher größte Freiheit zu lassen. Die immer wieder an die Wand gemalte Enteignung der Krankenhäuser findet nicht statt. Es ist mir überhaupt nicht erklärlich, woraus sie abgeleitet werden sollte. Heute fördern alle Länder mehr oder weniger stark die Krankenhäuser, viele Länder haben Krankenhauspläne, und kein Land hat bisher freie gemeinnützige Träger aus der Förderung ausgeschlossen. Daran ändert doch 'dieses Gesetz nichts. Wo immer sich bei den Beratungen im Ausschuß und schon vorher zwischen dem Ministerium und den Trägern gezeigt hat, daß den Sorgen der Krankenhausträger entgegenkommen werden konnte, ist dies geschehen. So sollen Krankenhausträger, die nicht in die Planung aufgenommen werden können, in jedem Fall einen Rechtsanspruch auf öffentliche Mittel, die zur Umstellung auf andere Aufgaben oder zur Durchführung von Sozialplänen erforderlich sind, erhalten. Damit werden auch Bedenken ausgeräumt, die bisher gegen § 17 Abs. 4 erhoben worden sind. Auch bei der Neufassung dieser letzten Bestimmung wurden Einwendungen der Krankenhausträger berücksichtigt. Soweit es im Rahmen des vorliegenden Gesetzes möglich war, ist die Alterssicherung des Krankenhauspersonals durch Berücksichtigung innerhalb der alten Last mit geregelt worden. Im übrigen wird insoweit eine befriedigende Regelung im Rahmen der allgemeinen Alterssicherung getroffen werden müssen. Daß nicht alle Wünsche, die an dieses Gesetz gestellt wurden, im ersten Anlauf erfüllt werden können, ist angesichts der vielfältigen, zum Teil auch widerstreitenden Interessen - das merkte man an den hier gestellten Anträgen einfach unvermeidbar. Ebenso wie der Regierungsentwurf sieht auch die jetzt zur Verabschiedung vorliegende Fassung des Gesetzes vor, daß die Ausbildungsstätten nicht in die Förderung einbezogen werden können. Wir verstehen gewiß die Sorgen, die insoweit von vielen Krankenhausträgern an uns herangetragen worden sind. ({2}) Wir bitten aber, zu bedenken, daß die Ausbildung des Pflegepersonals auf die Stufe angehoben werden muß, die für diese hockqualifizierte und verantwortliche Tätigkeit in Zukunft gefordert werden wird, und daß die Finanzierung der Ausbildungsstätten weder auf einer Mitfinanzierung durch Bund, Länder und Gemeinden beruhen noch dem Patienten über die Pflegesätze angelastet werden kann. ({3}) - Ich habe gesagt: in diesem Gesetz, Frau Kollegin. - Ich möchte ausdrücklich die wertvolle und aufopferungsvolle Tätigkeit anerkennen, die auf diesem Gebiet bisher unter vielfach völlig unzureichenden Bedingungen geleistet worden ist. Auch für die Ausbildung des Krankenhauspersonals müssen in Zukunft die Grundzüge und die Finanzierungsgrundsätze einer modernen Berufsbildungspolitik angewandt werden. Durch eine Übergangsregelung ist sichergestellt, daß diese Überleitung ohne Unterbrechung der Ausbildung ermöglicht wird. Bei den Personalwohnungen und Personalwohnheimen sind wir der Auffassung, daß diese in den Bereich des Wohnungsbaus und damit auch in dessen Förderung einbezogen werden müssen, soweit sie nicht für den Betriebsablauf als Unterkunfts- und Bereitschaftsräume unerläßlich sind. Von seiten des Bundes sind Möglichkeiten gegeben, gleich anstelle der bisherigen Finanzierung durch eine erhöhte Förderung des Wohnungsbaus einen Ausgleich in einem der Leistungsfähigkeit des Personals angemessenem Umfang zu sichern. Wir hoffen sehr, daß die Länder diese Aufgabe ebenfalls so sehen und das zu ihrer Lösung Erforderliche mit veranlassen. Auch die Frage der Förderung von Krankenhäusern unter der 100-Betten-Größe hat in den vergangenen Diskussionen immer wieder eine Rolle gespielt. Es ist durch die Fassung des Gesetzentwurfs völlig klargestellt, daß diese 100-BettenGrenze ausschließlich für den Neubau von Krankenhäusern und nur für Allgemeinkrankenhäuser gilt. Es ist daran festgehalten worden, einen erweiterten Krankenhausbegriff zu verankern. Damit sind auch von dieser Seite her die Möglichkeiten für eine moderne Entwicklung der Krankenhäuser, die internationalen Maßstäben entspricht, eröffnet. Das Verhältnis zwischen Krankenhäusern und Kassenärzten wird nach wie vor durch das Kassenarztrecht und nicht durch dieses Gesetz geregelt. Es sind Zweifel geäußert worden, ob mit der nunmehr vorliegenden Fassung des Gesetzentwurfs nicht doch die bisherigen, einschränkenden Bestimmungen der Bundespflegesatzverordnung, die eine Kostendeckung bekanntlich verhinderten, wieder aus dem Gesetz abgeleitet werden können. Dies ist nicht der Fall, meine Damen und Herren. Das Ziel dieses Gesetzes ist es, die bisherigen Defizite der Krankenhäuser, durch die auch die Haushalte der Städte und Gebietskörperschaften so sehr belastet werden, zu beseitigen. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß sich auch aus dem letzten Halbsatz des § 4 Abs. 1, mit dem diese Zweifel in den letzten Tagen noch einmal begründet wurden, nichts anderes ergibt, zumal das jetzt auch noch besonders klargestellt worden ist. Diese Bestimmung besagt, daß als Selbstkosten des Krankenhauses in bestimmten Fällen die vom Gesetz festgelegten Kosten angesehen werden. Damit wird aber der Grundsatz der Selbstkostendeckung in keiner Weise in Frage gestellt. Insbesondere bedeutet das nicht, daß damit die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der KrankenkasBundesminister Frau Strobel sen bei der Bemessung der Pflegesätze wiederaufleben sollte, - Im übrigen handelt es sich hierbei um eine Einfügung, die ausdrücklich vom Bundesrat gefordert worden ist. Die Selbstkostendeckung soll erreicht werden einerseits durch die Übernahme der Investitionskosten für Neubau, Umbau, Erweiterungsbau und Wiederbeschaffung der Güter des zum Krankenhaus gehörenden Anlagevermögens, durch die öffentliche Hand sowie die Beteiligung des Bundes an diesen Investitionen und andererseits durch die benutzerkostendeckenden Pflegesätze, die auf der Grundlage der Selbstkosten eines sparsam wirtschaftenden, leistungsfähigen Krankenhauses zu errechnen sind. Ich möchte hierbei auch nachdrücklich die Bereitschaft der Sozialversicherungsträger hervorheben, durch die Anerkennung dieser Grundsätze die Reform zu unterstützen. Daß es dabei, meine Damen und Herren, darauf ankommt, durch die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Investitionskosten auch dazu beizutragen, daß die Pflegesätze sozial tragbar bleiben, ist im sozialen Rechtsstaat ein im Interesse der Patienten und ihrer Krankenkassen notwendiges Anliegen. Mir liegt übrigens daran, festzustellen, daß nirgends der Antrag gestellt worden ist, diesen Nachsatz zu streichen, ({4}) so daß wir uns da alle einig sind. ({5}) Ebenso entspricht es den Forderungen unseres sozialen Rechtsstaates, daß die Leistungen des Krankenhauses, soweit sie medizinisch notwendig sind, allen Patienten in gleicher Weise zur Verfügung stehen müssen. Dieser Anspruch hat Vorrang vor der Berücksichtigung individueller Wünsche. Hierfür werden auch und vor allem die Krankenhausträger Verständnis haben, die sich trotz unzureichender finanzieller Ausstattung immer wieder darum bemüht haben, den Patienten ohne Rücksicht auf seinen Geldbeutel oder auf die Unterbringung in einer bestimmten Pflegesatzklasse die medizinisch notwendigen Leistungen uneingeschränkt zukommen zu lassen. Meine Damen und Herren, ich bitte um Verständnis dafür, daß ich dies alles sagen mußte, aber wir hatten bei der ersten Lesung eigentlich kaum die Möglichkeit zu grundsätzlichen Erklärungen hierzu. - Ich möchte allen, ganz betont allen an den Beratungen des Gesetzes Beteiligten für Engagement in dieser Sache danken. Wir haben uns alle gewaltig engagiert. Es ist kein Zweifel, meine Damen und Herren: Kommunen, Krankenhausträger und die Bürger unseres Staates warten auf ein solches Gesetz. Ich bitte sehr um die heutige Verabschiedung. ({6})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, an sich sollte jetzt die Fragestunde beginnen, aber ich schlage Ihnen vor, zunächst einmal diese Beratung zu Ende zu führen. Sind Sie damit einverstanden? ({0}) - Ich sehe keinen Widerspruch. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Katzer.

Hans Katzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001073, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einige Bemerkungen zu dem, was Herr Kollege Bardens und die Frau Ministerin gesagt haben, und dann einige Ausführungen zur Frage der Finanzierung und ihres Verhältnisses zu den Strukturproblemen machen. Herr Kollege Bardens, ich glaube, Sie haben etwas zu sehr in schwarz und weiß gemalt, als Sie meinten, die Frau Kollegin Schwarzhaupt habe früher als Gesundheitsministerin versucht, alles nur über die Pflegesetzverordnung zu regeln. ({0}) Ich kann nur sagen - Frau Minister Strobel hat das vorhin dankenswerterweise hier ebenfalls gesagt , daß wir diese Problematik auch in der Großen Koalition hatten. Das liegt naturgemäß in der verschiedenen Aufgabenstellung, die der Gesundheitsminister auf der einen Seite und der Arbeitsminister mit der Verantwortung für die Krankenkassen auf der anderen Seite haben. Das ist selbstverständlich auch heute zu sehen. Die Problematik ist die geiche geblieben. Was mich, Herr Kollege Bardens, besonders beeindruckt hat, ist, daß Sie meinten, hier seien Elemente meiner Vorschläge mit enthalten gewesen. Sie schieben mir damit das klassenlose Krankenhaus unter, das Ihr Genosse Woythal doch, wenn ich das richtig gesehen habe, in die Debatte eingeführt hat und das Sie hier sang- und klanglos haben verschwinden lassen. Das ist das Ergebnis der Beratungen hier. ({1}) Frau Minister Strobel, Sie legen großen Wert darauf, zu sagen, das ist ein Erfolg, daß wir die Finanzierung erreicht haben. Das will ich Ihnen in keiner Weise bestreiten. Daß Sie als Gesundheitsministerin darauf stolz sind, ist ganz klar. Das will ich Ihnen gerne konzedieren. Ich weiß, wie schwer es im Kabinett ist, eine solche Sache zu bekommen. Zur Frage des Krankenhaus-Budgets, das der Kollege Geissler angesprochen hat, kann ich mich Ihrer Meinung nicht anschließen, daß wir jetzt noch eine Grundgesetzänderung initiieren müßten. Es ist doch ganz einfach. Wenn sich alle Beteiligten zusammensetzen und ein solches Budget erstellen, haben wir die Vorausschau für die nächsten Jahre, die wir brauchen. ({2}) - Natürlich, das geht auch ohne Grundgesetzänderung. Wenn ich Bundesminister wäre und ein Landesarbeits- oder Gesundheitsminister würde mir die10078 Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode - 174. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 1 März 1972 ses Angebot machen, würde ich schleunigst zugreifen und sagen: Setzen wir uns schon einmal zusammen, um auf diesem Wege weitergehen zu können. ({3}) Ein Drittes möchte ich bemerken. Sie mögen stolz darauf sein, Frau Kollegin Strobel, daß die Finanzierungsfrage gelöst ist. Sie ist es allerdings nicht befriedigend, wie der Kollege Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein richtig ausgeführt hat, und auch in der Form nicht ganz unumstritten. Dabei räume ich ein, daß es das auch früher schon gegeben hat. Das war auch früher schon nicht unumstritten. Ich glaube, es wäre ein Irrtum zu glauben, daß diese sehr wichtige Frage der Reform des Krankenhauses nur unter dem Gesichtspunkt der Finanzen angegangen werden kann. Nicht nur die Frage der Bundeszuschüsse für die Krankenhäuser spielt selbstverständlich eine wichtige Rolle. Die Öffentlichkeit meint ja etwas anderes. Die Öffentlichkeit will doch die bessere Behandlung der Patienten im Krankenhaus: weniger Betten in einem Raum, mehr Besuchszeiten, spätere Weckzeiten, individuelle Essensmöglichkeiten, eine bessere ärztliche und pflegerische Betreuung bei vertretbaren Preisen. Das ist doch die Vorstellung draußen. Ich habe vom erstklassigen Krankenhaus gesprochen und nicht vom klassenlosen Krankenhaus. Das kann nicht alles und nicht auf einmal erreicht werden. Wir müssen neber einer Neuordnung der Finanzierung und Planung auch die innere Struktur ins Auge fassen. Da ist doch ganz bemerkenswert, Frau Kollegin Strobel, daß Sie in der ersten Lesung, wenn man nachliest, was Sie da gesagt haben, im Grunde bestritten haben, daß der Bund überhaupt eine Möglichkeit hätte, diese Fragen aufzugreifen. Jetzt legen Sie selbst einen Entschließungsantrag vor, in dem Sie sagen: Wir möchten so etwas machen. Das ist eine Wandlung von Grund auf. ({4}) Mir liegt der Leitartikel der „Stuttgarter Zeitung" von gestern vor. Der ist lesenswert. Vielleicht ist das auch für die Regierungsbank nicht ganz uninteressant. ({5}) In diesem Leitartikel von Herrn Hans Dieter Kloss wird das Petitum der Opposition in glänzender Form zusammengefaßt. Die Überschrift lautet: „Verschenkte Reform". Ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten nur den ersten Absatz: Wenn der Bundestag in dieser Woche das Gesetz über die Finanzierung von Krankenhäusern in zweiter und dritter Lesung verabschiedet, dann hat er eine Reform, eine wichtige Reform verschenkt, und zwar nicht etwa deshalb, weil sich reaktionäre Kräfte gegen die fortschrittlichen Absichten der sozialliberalen Koalition gestellt hätten, sondern weil diese Koalition nicht den Mut hat, auch nur so weit zu gehen, wie das sogar die Unionsfraktion tun will. Das trifft in der Tat den Nagel auf den Kopf. ({6}) Wer sich gegen Verbesserungen der inneren Struktur der Krankenhäuser stemmt, wer alles beim alten belassen will, läuft Gefahr, ganz anderen Leuten in die Hand zu arbeiten, nämlich jenen, die das klassenlose Krankenhaus in der Tat nach wie vor als ihr Ziel ansehen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat mit ihrem Krankenhausstrukturkonzept einen Weg aufgezeigt, wie auf der Basis gleicher Heilungschancen für alle der persönliche Freiheitsspielraum des einzelnen Patienten erweitert werden kann. Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, haben sich nicht klar bekannt. Sie haben erst einmal unsere ganzen Anträge hierzu abgelehnt und haben dann am Schluß eine Entschließung mit dem Blick auf die Zukunft getroffen. Sie sind der Entscheidung hier und heute aber ausgewichen. Der Hinweis auf einen Streit um Kompetenzschwierigkeiten - ich sagte es vorhin schon - ist wenig überzeugend, nachdem Sie hier in dritter Lesung selbst eine Entschließung vorlegen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Kollege Katzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hans Katzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001073, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aber selbstverständlich!

Dr. Wilhelm Nölling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001619, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Katzer, Sie haben einen Autor aus der „Stuttgarter Zeitung" von gestern zitiert. Es paßt ganz gut, daß ich an Sie eine Frage richten kann, die sich auf einen Beitrag in einer anderen Tageszeitung bezieht, der sich mit Ihrem Konzept auseinandersetzt. Ich möchte Sie fragen, was Sie von dem halten, was Herr Albert Müller in der „Welt" vom 28. Februar schreibt; er schreibt, daß durch Ihre Vorschläge die Gefahr bestünde, die Kostenordnung der Krankenhäuser durcheinanderzubringen, daß die Krankenhäuser gar nicht gerüstet seien, dem Verlangen entsprechen zu können, daß es in Zukunft weniger Betten als bisher geben werde und daß Bonn die Lösung dieser Probleme, die Sie lösen wollen, zur Zeit nicht erzwingen kann.

Hans Katzer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001073, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn ich diesen Artikel richtig gelesen habe - ich habe ihn selbstverständlich aufmerksam studiert -, beginnt er mit dem Satz, daß das, was die Opposition hier vorschlägt, logisch und konsequent ist. Diesen Satz haben Sie offenbar unterschlagen, weil er nicht in die Diktion paßt, die Sie aus dem Artikel herausgezogen haben. Das halte ich für einen schlechten Stil. ({0}) Krankenhausreform - das haben wir bei der ersten Lesung gesagt, und ich wiederhole es jetzt hier und heute - muß zugleich Finanz- und Strukturreform sein. Wenn der Bund sich finanziell engagiert, muß er die Chance nutzen, auch die Strukturprobleme anzupacken. Er darf nicht darauf warten, ob dieser oder jener dieses Pflänzchen von sich aus pflegen will. ({1}) Natürlich geschieht das auch; natürlich wird das auch passieren. Herr Kollege Spitzmüller, ich war traurig, ausgerechnet aus Ihrem Munde den Begriff „konfessionelles Krankenhaus" hören zu müssen. Dieser Begriff ist nur von einem hier genannt worden, nämlich von Ihnen. ({2}) Das ist nicht unser Problem. Unser Problem ist das beste Krankenhaus. Die in diesen konfessionellen Häusern tätigen Persönlichkeiten - in diesen Häusern wird seit Jahrzehnten, ja, ein Jahrhundert lang ini Dienste der Nächstenliebe eine aufopfernde Tätigkeit geleistet kann man doch nicht so abqualifizieren und diskreditieren, wie das hier von Ihnen getan worden ist. ({3}) Wir wollen selbstverständlich Chancengleichheit für alle. Aber man muß doch anerkennen, was auf diesem Gebiete tatsächlich passiert ist. Natürlich brauchen die Krankenhäuser mehr Geld. Den Streit um die Finanzierung will ich im einzelnen gar nicht aufgreifen. Der Streit geht nur um folgendes: Sie sagen „ein Drittel", und wir sagen „ein Drittel". Aber wir meinen etwas Verschiedenes. Sie sagen: ein Drittel - das kostet 700 Millionen DM. Wir sagen: ein Drittel kann mehr kosten. Schreiben Sie also entweder „700 Millionen DM" oder „ein Drittel" in das Gesetz hinein; beides zusammen geht nicht, weil es unredlich ist. ({4}) Durch unseren Vorschlag wird nicht mehr Geld mobilisiert. Wir sagen redlicherweise nur: Wenn es ein Drittel sein soll, muß dieses Drittel auch gezahlt werden; dieses Drittel kann nicht mit einer Maximalsumme ausgewiesen werden. Meine Damen und Herren, ich sagte, die Krankenhäuser brauchen Geld. Aber dieses Geld - das ist und bleibt unsere Meinung - muß rationell genutzt werden. Kostendeckende Preise kann man doch nur zahlen, wenn man zur gleichen Zeit dafür sorgt, daß der Kostenanstieg sich wirtschaftlich in vernünftigen Grenzen hält. Es ist leicht, von kostendeckenden Preisen zu sprechen. Ich erinnere hier aber an die allseits bekannten Schwierigkeiten mit unseren Kollegen in der Landwirtschaft, die eine umfassende Strukturpolitik geradezu erzwingen, weil man das Problem hier nicht rechtzeitig gesehen und erkannt hat. Diesen Zusammenhang hat die Bundesregierung, glaube ich, völlig übersehen. Sie trägt damit die Verantwortung dafür, daß wir in Zukunft keine Garantie mehr dafür übernehmen können, daß die Krankenkassenbeiträge das soziale Maß nicht übersteigen. Es ist doch ein völlig unhaltbarer Zustand, daß im Krankenhauswesen künftig, Herr Kollege Schellenberg, zwei Partner zu Lasten eines dritten sich einigen können, wie es etwa bei den Verhandlungen über die Vergütung der im Krankenhaus Beschäftigten zwischen diesen und den Krankenhäusern der Fall ist. Die Krankenkassen müssen zahlen, obwohl ihnen keinerlei Einfluß auf die Höhe dieser Kosten eingeräumt wird. Daran muß hier und heute erinnert werden, denn die Rechnung dafür wird morgen präsentiert werden, wenn es heute nicht im Zusammenhang gesehen wird. Die Union hat vorgeschlagen, daß künftig die Pflegesätze in einer Art Tarifvereinbarung zwischen den Sozialleistungsträgern und der privaten Krankenversicherung einerseits und den Spitzenverbänden der Krankenhausträger andererseits auszuhandeln sind und daß besonders teure diagnostische und therapeutische Verfahren, besonders teure Medikamente nur im Einvernehmen mit den Kostenträgern außerhalb der Pflegesätze abgewickelt werden dürfen. Es muß auch dafür gesorgt werden, daß durch eine neue Pflegesatzregelung die im internationalen Vergleich hohe Verweildauer in den deutschen Krankenhäusern gesenkt wird. Frau Strobel hat mit Recht darauf hingewiesen. Wenn das gelingt, auch nur um einen Tag, dann könnten 20 000 Betten eingespart werden. Hier ist also auch sichtbar, was ein degressiver Pflegesatz bedeuten würde für die finanzielle Entwicklung. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Hier ist dargestellt worden, daß im Ausschuß eine Reihe unserer Gedanken Berücksichtigung gefunden haben. Das ist richtig. Trotzdem wird die Fraktion der CDU/CSU in der Schlußabstimmung diesem Gesetz nicht die Zustimmung geben können. ({5}) - nicht geben können -, weil Sie hier Finanzprobleme lösen, ohne die wesentlich wichtigeren Probleme, die Strukturprobleme, gleichzeitig anzufassen. Wir werden uns daher der Stimme enthalten. ({6})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat dei Abgeordnete Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens ,der sozialdemokratischen Fraktion gebe ich zur Schlußabstimmung folgende Erklärung ab. Erstens. Heute steht wieder der Gesetzgeber vor der Verabschiedung eines großen Reformwerkes der sozialliberalen Koalition. ({0}) Die Krankenhäuser leiden seit langem wirtschaftliche Not. Dadurch war bisher der Anspruch unserer Bürger auf eine optimale Krankenhausversorgung gefährdet. Die CDU/CSU hat in den vielen Jahren ihrer Regierungstätigkeit in diesem Bereichkeinen Wandel zustande gebracht. ({1}) Mit diesem Gesetzentwurf wird erstmals in un serem Lande die Finanzierung der Krankenhäuse auf eine einheitliche und dauerhafte Grundlage gestellt. Dieses Gesetz schafft einen gerechten Ausgleich zwischen den widerstrebenden Interessen z. B. der Beitragszahler der Krankenversicherung und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten der Krankenhäuser. Zweitens. Wieder einmal versucht die Opposition, eine Reform, die für das Lebensschicksal unserer Bürger von grundlegender Bedeutung ist, mieszumachen. ({2}) Ein Erfolg der sozialliberalen Koalition paßt natürlich nicht in das politische Konzept der CDU/CSU. Das war beim Städtebauförderungsgesetz so, das die Bodenspekulation eindämmt ({3}) und die Voraussetzungen für einen menschenwürdigen Städtebau schafft. Das war bei der Verbesserung des Mietrechts so, das den Mietern mehr Freiheitsrechte einräumt. ({4}) Das war beim Betriebsverfassungsgesetz so, das den Arbeitnehmern insbesondere durch die heute beginnenden Betriebsrätewahlen mehr Mitbestimmungsrechte sichert. ({5}) Drittens. Auch heute zeigt die CDU/CSU durch ihre schwankende Haltung, daß sie zu keiner konstruktiven gesellschaftspolitischen Leistung fähig ist. ({6}) Mit überspannten und unrealistischen Forderungen behindert die CDU/CSU ({7}) trotz der großtönenden Worte auch über die Änderung der Krankenhausstruktur den sozialen Fortschritt in unserem Lande. ({8}) Die vielfältige Kritik, die die CDU/CSU heute an diesem Gesetz geäußert hat, beweist, daß sie jedes Augenmaß für das finanzpolitisch Mögliche verloren hat. Mit diesem Gesetz übernimmt nämlich die öffentliche Hand - siehe Bericht des Haushaltsausschusses - für 1972 eine zusätzliche Finanzierung der Krankenhäuser von rund 2,2 Milliarden DM. ({9}) Und bis zum Jahre 1975 werden es einschließlich der Mehraufwendungen der Krankenversicherung weit mehr als 10 Milliarden DM sein, die unseren Krankenhäusern zugute kommen. Meine Damen und Herren, wenn auch dadurch nicht alle Wünsche der Krankenhäuser erfüllt sind, so wird doch durch dieses Gesetz den Krankenhäusern erstmals finanzielle Hilfe in einer imposanten Größenordnung gewährt. Viertens. Dieses Krankenhausfinanzierungsgesetz ist ein geschichtlicher Durchbruch in unserem Lande. Das weiß selbstverständlich auch die CDU/CSU. Und deshalb wagt sie nicht wie bei den anderen erwähnten Gesetzen, nein zu diesem Gesetz zu sagen, ({10}) sondern sie drückt sich durch Stimmenthaltung vor einer klaren politischen Entscheidung. ({11}) Meine Fraktion stimmt diesem bedeutsamen Reformgesetz zu. ({12})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Mikat.

Prof. Dr. Dr. h. c. Paul Mikat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hätte sich jetzt sicherlich nach diesem Beitrag von Herrn Kollegen Schellenberg hier nicht noch einmal zu Wort gemeldet, wenn uns nicht doch daran läge, vor diesem Hohen Hause entgegen Ihren Ausführungen, Herr Kollege Schellenberg, eines ganz deutlich klarzumachen. Nichts ist absurder, als der CDU/CSU-Fraktion den Vorwurf zu machen, sie wolle keine gesellschaftsbezogenen Reformen. ({0}) Nur müssen Sie sich daran gewöhnen, daß das, was Reform ist -das gilt jetzt für alle Seiten des Hauses -, nicht einseitig von einer Partei dieses Hohen Hauses bestimmt werden kann. ({1}) Es gibt kein Monopol auf Reformen in diesem Hause. ({2}) - Herr Kollege Bardens, selbstverständlich auch nicht bei uns. Sie können doch angesichts der Geschichte der Vorlagen sowohl des Städtebauförderungsgesetzes wie des Betriebsverfassungsgesetzes wie des heute hier zur Beratung stehenden Gesetzes nicht sagen: die CDU/CSU hat keine Alternativlösungen gebracht. ({3}) Es heißt doch einfach Wahrheit und Wirklichkeit auf den Kopf stellen, Herr Schellenberg, wenn Sie sagen: Nur weil ihr etwas anderes sagt als wir, habt ihr keinen konstruktiven Beitrag in diesem Hohen Hause geleistet. Bitte, meine Damen und Herren von der Koalition, verfälschen wir hier auch nicht den Gesichtspunkt und die Bedeutung der Enthaltung.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Prof. Dr. Dr. h. c. Paul Mikat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Selbstverständlich.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Mikat, angesichts der wachsenden Papierstärke Ihrer Fraktion ({0}) möchte ich Sie fragen, ob Sie ernsthaft behaupten wollen, daß Sie sich mit den personellen Aufwendungen, die Sie heute für ihre Änderungen eingebracht haben, um Veränderungen bemüht haben?

Prof. Dr. Dr. h. c. Paul Mikat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001507, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Na, entschuldigen Sie, so billig können Sie es sich nun mit Ihrer Frage nicht machen. Vielmehr kommt es darauf an, welches die Veränderungen sind, die wir mit unserem Entwurf und seiner Begründung gegenüber dem jetzigen Recht markiert haben. Ich habe durchaus Verständnis dafür, Herr Kollege, daß man die einzelnen Vorschläge miteinander vergleicht. Soweit Ihr Vorschlag eine Besserung gegenüber dem bisherigen Zustand bedeutet, sind wir ja auch nicht dagegen. Das markiert unsere Enthaltung. Wir glauben aber, daß die Lösung, die wir angeboten haben und die Sie verwerfen, weil sie von uns kommt, insgesamt besser ist. Wir sollten uns hier in diesem Hohen Hause nicht den Willen zur Reform absprechen, sondern jeweils sehr hart bemüht sein, nun wirklich unseren Reformstandpunkt auch sichtbar zu machen. Daß wir mit unserem Standpunkt bei Ihnen im einzelnen nicht durchkommen, ist etwas anderes; aber Sie können hier unmöglich sagen: Weil ihr Standpunkt mit unserem nicht deckungsgleich ist, haben Sie keine Alternative. ({0}) Damit verfälschen Sie Wesen und Begriff der Alternative. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Es liegen keine weiteren Anträge vor. Die Vorlage ist gegenüber der zweiten Beratung unverändert. Wir können also zur Schlußabstimmung schreiten. Wer mit dem Gesetz einverstanden ist, der möge sich erheben. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist ohne Gegenstimmen bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses unter Ziffer 2. - Wollen Sie einen Antrag stellen? ({0}) - Es ist beantragt, die Entschließungsanträge unter Ziffer 2 des Ausschußantrages den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit zu überweisen. ({1}) - Ich erteile Ihnen das Wort.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, dem Plenum des Bundestages die Annahme der in der Drucksache V1/3082 enthaltenen Entschließungsanträge vorzuschlagen. Wir bestehen darauf, daß hier über die Annahme dieser Entschließungsanträge entschieden wird.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann lasse ich darüber abstimmen. ({0}) - Sie haben Überweisung beantragt. Wer für die Überweisung der Entschließungsanträge an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit ist, den bitte um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Überweisungsantrag ist abgelehnt. Wir stimmen nunmehr über die Entschließungsanträge selbst ab. Wer ihnen zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Ich lasse nunmehr über die Ausschußanträge unter Ziffer 3 und 4 abstimmen. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Wir kommen zu dem Entschließungsantrag Umdruck 266*). Es ist Überweisung an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit beantragt. Wird dazu das Wort gewünscht? - Ich erteile Ihnen das Wort.

Dr. Hans Bardens (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000094, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Entschließungsantrag, den die CDU/CSU vorlegt, sind genau die Elemente wieder enthalten, die in der Ausschußberatung gründlich behandelt worden sind und über die wir auch jetzt durch die Annahme des Gesetzes abschließend entschieden haben. Wir werden deshalb die Überweisung des Antrags an den Ausschuß ablehnen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wer dem Antrag auf Überweisung zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Die Überweisung ist abgelehnt. Wir stimmen über den Antrag selbst ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. ') Siehe Anlage 7 Vizepräsident Dr. Schmidt Ich gebe das Wort Herrn Abgeordneten Dr. Arndt zur Abgabe einer persönlichen Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Stücklen hat mich am 23. Februar dieses Jahres - Protokoll Seite 9812 C - aus einer Zeitung „Forum" zitiert. Ich kenne weder diese Zeitung, noch habe ich darin etwas veröffentlicht. Dieses Zitat ist völlig unzutreffend.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, eine Bekanntmachung. Anschließend an die Fragestunde wird nach der Tagesordnung weiterverhandelt, und zwar heute bis einschließlich Punkt 12. Die Ausschüsse treten danach zusammen. Der Innenausschuß versammelt sich um 16 Uhr. Ich eröffne die Fragestunde - Drucksachen VI/3196, VI/3204 Wir kommen zunächst zu zwei dringlichen mündlichen Fragen auf Drucksache VI/3204. Die erste aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat der Abgeordnete Dr. Müller-Hermann gestellt: Kann die Bundesregierung die Versicherung abgeben, daß die Lufthansaflugzuge hinsichtlich der Risiken für die Passagiere und für das Gerät so versichert sind, daß Schäden abgedeckt werden, wie sie durch die kürzlich erfolgte Entführung nach Aden entstanden sind bzw. hätten entstehen können, und hat die Bundesregierung jetzt auf Grund der Entführung nach Aden gegebenenfalls Sofortmaßnahmen eingeleitet, um derartige Schäden abzudecken? Herr Staatssekretär Haar antwortet. Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Die Bundesregierung gibt die Versicherung ab, daß bei Ereignissen der vorgenannten Art eventuelle Personen- oder Sachschäden einschließlich Schäden am Fluggerät durch die Deutsche Lufthansa AG ausreichend abgedeckt sind. Sofortmaßnahmen der Bundesregierung, um derartige Schäden abzudecken, waren daher nicht erforderlich.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage!

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bedeutet Ihre Erklärung, die Risiken waren ausreichend abgedeckt, daß es sich um eine Abdeckung durch Versicherung handelt? Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Bundesregierung setzt Ihre Einsicht und Ihr Verständnis voraus, wenn sie die Auffassung vertritt, daß derartige Fragen nicht öffentlich erörtert werden sollten. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zweite Zusatzfrage!

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer zweiten Antwort die Schlußfolgerung ziehen, daß solche offenbar sehr delikaten Angelegenheiten wenigstens vertraulich mit den Fraktionen dieses Hohen Hauses und dem Haushaltsausschuß oder Teilen des Haushaltsausschusses abgestimmt worden sind? Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Ich gehe davon aus, daß die Fraktionen über bestimmte Entwicklungen, auch soweit sie international besprochen und entschieden worden sind, unterrichtet sind. Die Bundesregierung ist gern bereit, Ihnen, wenn Sie es wünschen, darüber Auskunft zu geben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Breidbach.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer zweiten Antwort auf die Frage des Kollegen Müller-Hermann entnehmen, daß die Bundesregierung nicht bereit ist, die Öffentlichkeit darüber zu informieren, ob ein ausreichender Versicherungsschutz auch für die Flugzeuge besteht? Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihnen daran liegt, Fragen der Wettbewerbsverzerrung und der Wettbewerbssituation der internationalen Fluggesellschaften hier in die Diskussion zu bringen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jenninger.

Dr. Philipp Jenninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001025, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da es sich offensichtlich um die Ausgabe von Bundesmitteln handelte, muß dafür ja ein Ansatz im Bundeshaushalt enthalten sein. Können Sie mir sagen, in welchem Kapitel oder Titel solche Mittel verankert sind? ({0}) Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, diese Fragen öffentlich zu erörtern. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Apel!

Dr. Hans Apel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß diese Art von Fragerei Flugpiraten geradezu herausfordert, in dieser Richtung weiter aktiv zu werden, weil man hier von seiten der Opposition Preise genannt haben will? ({0}) Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Die Bundesregierung war der Auffassung, daß mit der Beantwortung der gestellten Dringlichkeitsfrage auch bei den Kollegen der Opposition Klarheit über die Notwendigkeiten zur Abdeckung gewisser Risiken besteht. Das ist erfolgt. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Althammer.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mit diesen Antworten zuzugeben, daß unter Hintergehung dieses Parlaments und des Haushaltsausschusses hier Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind? ({0}) Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Die Bundesregierung weist eine derartige Form der Fragestellung zurück. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000883, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß es in der Vergangenheit, gleich in welcher Legislaturperiode, Situationen gegeben hat, wo die Regierung zur Kasse gebeten wurde und wo es sich aus der Natur der Sache gebot, daß erst nachträglich und dann auch noch in vertraulicher Sitzung informiert wurde? Haar, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Selbstverständlich, Herr Kollege. Das ist auch den Fragestellern sicher bekannt. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Zusatzfragen? - Die Frage ist beantwortet. ({0}) - Meine Damen und Herren, es wird hier so viel durcheinandergeredet, daß der Präsident nicht alles verstehen kann. Ich werde das Protokoll nachsehen. ({1}) Ich rufe die zweite Dringlichkeitsfrage des Abgeordneten Zander auf: Welche Gründe haben das Bundesministerium des Innern veranlaßt, dem belgischen Staatsangehörigen Ernest Mandel, der am Montag, dem 28. Februar 1972, mit dem Flug SABENA 721 aus Brüssel zum Weiterflug nach Berlin in Frankfurt eintraf, die Einreise zu verweigern? Herr Minister Genscher! ({2}) - Ich bitte doch, dem befragten Minister Gelegenheit zu geben, die von Ihnen geforderte Antwort auch zu erteilen.

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Kollege, der Senat von Berlin hat am 22. Februar 1972 der Berufung des belgischen Staatsangehörigen Mandel für eine ordentliche Professur für Volkswirtschaftslehre seine Zustimmung versagt. Er hat außerdem vorsorglich vorgesehen, Mandel die Aufenthaltsgenehmigung zu versagen, und er hat schließlich die Bundesregierung gebeten, Mandel in die Grenzüberwachungsliste aufzunehmen und damit seine Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zu verhindern. Ich habe die Aufnahme in die Grenzüberwachungsliste angeordnet. Daraufhin ist Mandel bei dem Versuch, über Frankfurt am Main am 27. Februar 1972 nach Berlin zu reisen, in Frankfurt am Main zurückgewiesen worden. Die Entscheidung über die Zurückweisung galt nicht dem marxistischen Wissenschaftler Mandel, sie galt vielmehr dem Revolutionär Mandel. Mandel ist führendes Mitglied der IV. Internationale. Diese erklärt als ihr Ziel - ich zitiere jetzt wörtlich -: ... den bewaffneten Kampf zum Sturz der internationalen Bourgeoisie und die Schaffung einer internationalen Räterepublik als ersten Schritt auf dem Wege zur völligen Liquidierung von Regierungsherrschaften. Mandel selbst hat es als Aufgabe der Studenten bezeichnet, „dafür zu sorgen, daß in jedem Großbetrieb genügend revolutionäre Arbeiter vorhanden sind, die bei einer nächsten Konfrontation aufstehen und gegenüber der reformistischen Strategie der Gewerkschaftsführung eine revolutionäre Strategie vorschlagen können". Er bekennt sich zur Diktatur des Proletariats und sieht in der Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates ein wünschenswertes Ziel. Daß Mandel diese revolutionären Forderungen nicht nur mit Worten vertritt, sondern sie auch in der Praxis zu verwirklichen sucht, ergibt sich daraus, daß er zum Kreis der Hintermänner der Pariser Mai-Unruhen des Jahres 1968 gehörte. Seine revolutionären Ziele verfolgt er zum Teil auch in konspirativer Weise durch die Benutzung von Decknamen. Die Tätigkeit Mandels hat auch Abwehrreaktionen anderer Demokratien ausgelöst. So ist Mandel in Ausführung eines Einreiseverbots, das er umgangen hat, am 10. Juni 1968 in Frankreich sistiert und über die französisch-belgische Grenze abgeschoben worden. Die USA verweigerten ihm Ende 1969 das Einreisevisum. Die Schweizer Behörden haben am 21. Januar 1970 ein Einreiseverbot erlassen. In jüngster Zeit deuten Hinweise auf die Absicht hin, das Büro der IV. Internationale von Brüssel in die Bundesrepublik Deutschland zu verlegen. Es bestand die Gefahr, daß Mandel die von ihm beabsichtigte Einreise auch zur Förderung dieser Bestrebungen benutzt hätte. Außerdem war zu befürchten, daß die vor Bekanntwerden seiner Zurückweisung schon einberufene Protestversammlung in West-Berlin durch seine Teilnahme zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geführt hätte. Dafür, daß Mandel seine Teilnahme an dieser Protestveranstaltung zur Vertretung seiner revolutionären Ziele gebrauchen wollte, sprechen auch Pressemeldungen, nach denen dort in seinem Auftrag eine schriftliche Erklärung verlesen wurde, in der er sich dazu bekennt, daß die IV. Internationale, der er bekanntlich in führender Funktion angehört, „für den Sturz des Kapitalismus und für eine" - wie er es nennt - „demokratische Räterepublik" kämpfe. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage!

Karl Fred Zander (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002581, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß das eine Maßnahme auf Dauer ist, oder ist das eine zeitlich befristete Maßnahme?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, es liegt an Herrn Mandel, die im Zusammenhang mit ihm entstandenen Befürchtungen dadurch auszuräumen, daß er von seinen revolutionären Zielen abrückt. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Zusatzfrage.

Karl Fred Zander (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002581, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, können Sie mir sagen, wie die Praxis in solchen Fällen ist? Recherchiert die Regierung, wenn Bundesländer die Bundesregierung um solche Maßnahmen ersuchen, selbst, oder folgt sie den Ersuchen der Bundesländer unmittelbar?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat auch eigene Feststellungen zu treffen, und sie trägt, auch wenn ein Land eine solche Anforderung gestellt hat, diese Entscheidung selbstverständlich in eigener Verantwortung; darüber besteht kein Zweifel. Ich bitte Sie aber, sich auf der anderen Seite auch vorzustellen, welcher Eindruck in der Öffentlichkeit entstehen würde, wenn die Bundesregierung einem solchen Ersuchen eines Landes nicht folgen würde. Aber ich stelle ausdrücklich fest: diese Entscheidung wird von mir voll und ganz getragen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Dr. Wichert.

Dr. Günter Wichert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002498, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, muß man Sie so verstehen, daß Sie das Bekenntnis zur Zugehörigkeit zur IV. Internationale höher bewerten als die Tatsache der belgischen Staatsangehörigkeit und daß Sie deswegen Art. 48 der EWG-Verträge so handhaben, als ob dort keine Regelung über die Freizügigkeit von Personen festgelegt wäre?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, es gibt keine Bestimmung, die einen Mitgliedstaat der EWG verpflichtet, Personen einreisen zu lassen, durch deren Einreise eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung entstehen könnte.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, können Sie mir vielleicht die Gründe darlegen, die die beiden Kollegen veranlaßt haben, diese Fragen zu unterbreiten? Und können Sie mir vielleicht in meiner Vermutung recht geben, daß hier eine gewisse geistige Verwandtschaft besteht? ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, ich lasse diese Frage nicht zu. ({0}) Eine Zusatzfrage!

Dr. Carl Ludwig Wagner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002404, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, trifft es zu, daß eine Unvereinbarkeit der von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen mit dem EWG-Vertrag schon deswegen ausgeschlossen ist, weil dieser die Verantwortung des einzelnen Mitgliedstaates für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, des „ordre public", wie es heißt, ausdrücklich stipuliert?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, das ergibt sich schon aus der vorangegangenen Antwort.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Konrad.

Klaus Konrad (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001177, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, können Sie mir darin zustimmen, daß ein unvoreingenommener Zuhörer aus dem Beifall der CDU-Kollegen eine Mißdeutung Ihrer Absichten entnehmen muß?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Auch diese Frage lasse ich nicht zu. Es ist nicht Sache der Regierung, die Handlungen von Fraktionsmitgliedern zu beurteilen. ({0}) Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Schneider.

Dr. Oscar Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002048, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, sind Sie mit mir nicht auch der Auffassung, daß Sie gegen Ihren Ministereid verstoßen hätten, nämlich Schaden vom deutschen Volk zu wenden, wenn Sie nicht so gehandelt hätten, wie Sie gehandelt haben?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, ich habe bei der Entscheidung aus meiner verfassungsmäßigen Pflicht heraus gehandelt. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Walkhoff.

Karl Heinz Walkhoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002414, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, kann ich auf Grund Ihrer Antworten davon ausgehen, daß für die Zukunft nicht beabsichtigt ist, Einreisen nur auf Grund der Tatsache zu verweigern, daß der die Einreise Beabsichtigende Mitglied einer extremen Partei ist? Das ist übrigens keine Frage der geistigen Verwandschaft, sondern eines Mindestmaßes an Toleranz und Nachdenken.

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, die Art, wie die Zurückweisungspraxis von dieser Bundesregierung und auch von vergangenen Bundesregierungen gehandhabt wurde und wird, zeigt schon, daß das nicht das Kriterium für eine Zurückweisung ist. Ich habe, glaube ich, sehr deutlich gemacht, welche ganz speziellen und begründeten Bedenken gegen die Einreise Mandels bestehen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Kliesing.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß Sie, wenn Sie anders gehandelt hätten, als Sie gehandelt haben, damit einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen hätten, der zum Mißbrauch durch andere Revolutionäre geradezu herausgefordert hätte?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, auch diesen Aspekt muß die Bundesregierung bei jeder derartigen Entscheidung in ihre Erwägungen einbeziehen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Im übrigen, Herr Kollege Kliesing, glaube ich, sollten wir nicht fragen, was geschehen wäre, wenn eine Regierung etwas nicht getan hätte, sondern man soll sie fragen, was sie getan hat und warum. Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Althammer.

Dr. Walter Althammer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000028, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß auch andere Länder in diesem vorliegenden Fall zum gleichen Ergebnis gekommen sind, daß z. B. die Schweiz die Einreise ebenfalls verweigert hat?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, ich hatte schon in meiner ersten Antwort darauf hingewiesen, daß sowohl die Vereinigten Staaten von Nordamerika wie Frankreich und die Schweiz so gehandelt haben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, wird es bei der Erteilung von Einreisegenehmigungen eine Rolle spielen, ob jemand zum gewaltsamen Kampf gegen undemokratische Ordnungen oder zum gewaltsamen Kampf gegen demokratische Ordnungen aufruft?

Hans Dietrich Genscher (Minister:in)

Politiker ID: 11000661

Herr Abgeordneter, ich muß dazu in dreifacher Hinsicht Stellung nehmen. Erstens bedarf es nicht einer Einreisegenehmigung, sondern es geht darum, ob in einem Einzelfall die Einreise verhindert wird, wie es hier geschehen ist. Es kommt unter anderem darauf an, ob die Tätigkeit des Betreffenden sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet. Ich möchte aber ganz generell sagen, daß nach Überzeugung der Bundesregierung die Anwendung von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung in jedem Fall verhindert werden sollte. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Keine Zusatzfrage mehr. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe die Frage 1 des Abgeordneten von AltenNordheim auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Vorschläge der EG-Kommission zur Anhebung der Agrarpreise für das Wirtschaftsjahr 1972/73 und 1973;74, und welche tatsächlichen Auswirkungen .haben diese Beschlüsse auf die Marktpreise für die deutsche Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1972/73? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Präsident, darf ich die Frage 1 und 2 im Zusammenhang beantworten?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Dann rufe ich auch die Frage 2 des Abgeordneten von Alten-Nordheim auf: Hält die Bundesregierung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Grünen Berichts diese preislichen Auswirkungen für die deutsche Landwirtschaft angesichts der Einkommensanhebung in allen anderen Bereichen und der starken Kostensteigerungen für ausreichend, und was gedenkt sie zur Verbesserung der Lage im Brüsseler Bereich und im nationalen Bereich zu tun? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege von Alten-Nordheim, die Kommissionsvorschläge stellen einen Ausgangspunkt für die Verhandlungen dar. Die Bundesregierung hätte es aber begrüßt, wenn die Preisvorschläge höher ausgefallen wären. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß den Franzosen und den Italienern die Preisvorschläge der Kommission zu hoch sind. Die Marktpreise liegen zur Zeit bei einigen Agrarprodukten über dem Interventionspreisniveau und bei einigen Produkten in gleicher Höhe. Entsprechend unterschiedlich werden sich die Preisbeschlüsse auf die Marktpreise auswirken. Bei den Preisen, die über dem Interventionspreisniveau liegen, werden Preiserhöhungen erst allmählich eintreten. Deshalb können exakte Zahlen über die Auswirkungen der Preisbeschlüsse auf die Einkommen der Erzeuger nicht genannt werden. Im Agrarbericht 1972 hat die Bundesregierung dargelegt, daß sich zwar im Wirtschaftsjahr 1970/71 der Einkommensabstand zwischen der Landwirtschaft und der übrigen Wirtschaft auf Grund des Zusammentreffens verschiedener ungünstiger Umstände vergrößert hat, daß sich aber die Lage der Landwirtschaft 1971/72 wieder verbessern wird. Um den Einkommensabstand zu verringern und die Einkommen weiter zu erhöhen, setzt sich die Bundesregierung in der Europäischen Gemeinschaft für gezielte Preiserhöhungen ein. Erst wenn das Ergebnis der Preisverhandlungen vorliegt, stellt sich die Frage zusätzlicher Maßnahmen im nationalen Bereich. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, Herr Kollege, ist aber laut EWG-Vertrag hierfür kaum ein Spielraum vorhanden. Ich erinnere nur an die 1971 gewährte Liquiditätshilfe. Die Kommission hält diese für vertragswidrig und hat für den Wiederholungsfall juristische Schritte beim Europäischen Gerichtshof wegen Vertragsverletzung angedroht.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage. voll Alten-Nordheim ({0}) : Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es zumindest ungewöhnlich ist- um andere Bezeichnungen zu vermeiden -, wenn durch die Bekanntgabe von Vorschlägen zu insgesamt etwa 8 % Preiserhöhungen die sich ja auf zwei Wirtschaftsjahre oder, wenn man es so ausdrücken will, auf fast drei Kalenderjahre erstrecken - in der Öffentlichkeit falsche Vorstellungen mit entsprechenden Konsequenzen über die tatsächlichen jetzt für die Landwirtschaft dringend benötigten Preisanhebungen erweckt werden? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr von Alten-Nordheim, das kann man nicht so global sehen. Auch die Bundesregierung hat sich ja von diesen 8 % insofern abgesetzt, als sie erklärt hat: wir erwarten im ersten Jahr eine Verbesserung um etwa 6,2 % und im zweiten Jahr eine solche um 7,3 %. Hier ist wirklich vieles nicht genau im voraus zu errechnen. Ich meine auch, gerade das sollte der Öffentlichkeit in aller Deutlichkeit gesagt werden. von Alten-Nordheim ({1}) : Herr Staatssekretär, ich hatte nach den voraussichtlichen Auswirkungen auf die Marktpreise 1972/73 gefragt. Sind Sie der Meinung, daß diese dann über denen des Wirtschaftsjahres 1971/72 liegen, die ihrerseits ja teilweise, besonders bei Weizen, unter denen des Wirtschaftsjahres 1970/71 liegen, und wenn ja: wie hoch in Prozenten würden Sie die tatsächliche Höhe schätzen? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Auch diese Prozentzahl kann ich Ihnen einfach nicht nennen. Denken Sie einmal an die letzten Wirtschaftsjahre zurück! Im Wirtschaftsjahr 1969/70 waren doch zweifellos die Erlöse bei Getreide für die Landwirtschaft deshalb höher, weil der Marktpreis über dem Interventionspreis lag. Im folgenden Jahr hatten wir dann eine etwas negativere Entwicklung; obwohl die Getreidepreise in Brüssel im März letzten Jahres erhöht wurden, erreichten die Marktpreise zunächst, gerade während der Ernte, nicht das Niveau des Vorjahres, weil sie sich mehr auf das Interventionspreisniveau hin entwickelt hatten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage.

Hans Jürgen Klinker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001133, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß es richtig wäre, bei der Preisfestsetzungsfrage die Währungsfrage auszuklammern, und daß es richtig ist, die Preise möglichst bald zu beschließen? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Da bin ich mit Ihnen völlig einig. Es ist auch das Bestreben meines Ministers, Preisfragen und Währungsfragen voneinander zu trennen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Isidor Früh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000609, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nach Ihren eigenen Worten läßt sich nicht recht sagen, wie sich die eventuell zu erwartenden Preiserhöhungen auswirken werden. Wie kommt dann die Bundesregierung zu dem Ergebnis, daß die Landwirtschaft im laufenden Wirtschaftsjahr mit 12 % Einkommenssteigerung rechnen könne? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege, diese Entwicklung und dieses Ergebnis, das ich Ihnen für das laufende Wirtschaftsjahr vorgetragen habe, ergeben sich ja jetzt schon aus folgenden Tatsachen. Einmal konnten wir - ich möchte sagen: Gott sei Dank - eine gute Ernte einbringen. Das hat sich auf der Einnahmenseite bei Getreide und in hohem Maße auch bei Zuckerrüben ausgewirkt. Das brauche ich eigentlich gar nicht hinzuzufügen. Wir haben zum anderen erfreulicherweise - wenn Sie vergleichen - höhere Schweinepreise als in den gleichen Monaten des Vorjahres. Wir haben gestiegene Rinderpreise. Die Rinderpreise liegen sogar um etwa 30 % über dem Vorjahrespreis. Das alles sind Entwicklungen, die wir jetzt schon sehen und die uns veranlassen zu sagen: wir kommen hier zu einem besseren Ergebnis.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine weitere Zusatzfrage.

Hans Jürgen Klinker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001133, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würde der Umstand, daß die EWG-Kommission die von Ihnen angesprochene Liquiditätshilfe als mit ihren Bestimmungen nicht konform erklärt, Auswirkungen auf die deutschen Bauern in der Form haben, daß es Rückzahlungen gäbe? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ich habe die Frage akustisch nicht ganz verstanden.

Hans Jürgen Klinker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001133, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben die Liquiditätshilfe angesprochen und dabei gesagt, daß die EWG-Kommission eventuell Einspruch erheben würde, weil das mit ihren Bestimmungen nicht konform wäre. Würde das Rückwirkungen auf die deutsche Landwirtschaft haben? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Nein, es wird keine Rückwirkungen haben. Diese Liquiditätshilfe ist ausgezahlt worden, als uns die Bedenken der Kommission deutlich gemacht wurden. Ich habe damit nur auf die Schwierigkeiten hinweisen wollen, die sich ergäben, wenn man jetzt wieder eine ähnliche Maßnahme einführte.

Hans Jürgen Klinker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001133, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin von der Verbesserung des Preisniveaus - was im Prinzip richtig ist - gesprochen. Aber Sie sind doch wahrscheinlich auch der Meinung, daß diese Erhöhung nicht ausreicht, um die Verluste des vergangenen Jahres für den Einzelbetrieb auszugleichen, und daß ganz erhebliche Preiserhöhungen in Brüssel wie auch Maßnahmen der Bundesregierung erforderlich sein werden, um zumindest den Abstand zu den vergleichbaren Einkommen nicht weiter wachsen zu lassen? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege Klinker, ich bin in diesem Punkt insofern mit Ihnen einig, als ich feststellen möchte, daß auch die jetzt erwarteten 12 % Preisverbesserung, Einkommensverbesserung die Disparität zwischen uns und anderen Bereichen nicht wesentlich verringern werden. Daher bemüht sich Bundesminister Ertl in Brüssel, auch bei den Getreidepreisen und bei anderen Preisen durch gezielte Preisvorschläge mehr herauszuholen, als die Kommission vorgeschlagen hat.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Bitte.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da Sie von einer Erhöhung sprechen, die in Brüssel geplant ist: Bestehen die Befürchtungen zu Recht, daß darin bereits die beabsichtigte Ausgleichszahlung für .eine mögliche Aufwertung enthalten sein kann? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Nein, diese Befürchtungen möchten wir nicht eintreten lassen. Diese Sorge sollen Sie nicht haben, weil wir uns bemühen, streng zu trennen zwischen Preisbeschlüssen und Beschlüssen auf Grund von Währungsveränderungen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Bittelmann.

Otto Bittelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000187, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, der heutigen Presse war zu entnehmen, daß das Grenzausgleichssystem bis auf weiteres beibehalten werden soll. Nun werden ja Grenzausgleichsabgaben bekanntlich nur für Erzeugnisse erhoben, die einer Marktordnung unterliegen. Was gedenkt die Bundesregierung für Erzeugnisse zu tun, die in die Bundesrepublik eingeführt werden, die keiner Marktordnung unterliegen und für die kein Grenzausgleich erhoben werden kann? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege Bittelmann, es ist bekannt, daß der Grenzausgleich, der zur Zeit in Kraft ist, nicht „wasserdicht" gemacht werden konnte, da unsere Vertragspartner es ablehnen, auch bei Erzeugnissen, bei denen keine Agrarmarktordnung vorliegt, entsprechende Möglichkeiten des Grenzausgleichs, vielleicht nach dem Zollwert, zur Anwendung zu bringen. Wir sehen hier kaum eine Chance, den Grenzausgleich so zu verbessern, daß bei diesen Erzeugnissen, die Sie meinen - Obst, Gemüse, Kartoffeln z. B. -, der Zollwert als Grundlage für eine Abschöpfung benutzt werden könnte. Wir bemühen uns, hier einiges zu tun. In der EWG bemühen wir uns, eine Agrarmarktordnung für Kartoffeln zu schaffen. Das ist Ihnen bekannt. Leider hat die Kommission bisher noch keinen Vorschlag gemacht und begründet das damit, daß zunächst der Beitritt der vier Länder abgewartet werden sollte. Parlamentarischer Staatssekretär Logemann Bei Obst und Gemüse haben wir versucht, national das auszugleichen, was durch den Grenzausgleich nicht erfaßt wird.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Bitte schön!

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sieht die Bundesregierung die Gefahr, daß bei einigen Produkten die geplante Erhöhung des Interventionspreisniveaus auf die derzeitigen Erzeugerpreise gar nicht durchschlägt, weil die Marktpreise bereits dieses Niveau erreicht haben? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege Kiechle, ich möchte nicht sagen, daß sie nicht durchschlägt. Zur Zeit haben Sie recht; wenn tatsächlich der Marktpreis weit über dem jetzt vorgeschlagenen Interventionspreis liegen sollte, wäre das keine Verbesserung. Aber es können auch Marktsituationen eintreten - das haben wir bei Getreide im letzten Jahr erlebt -, in denen eine Erhöhung der Brüsseler Interventionspreise für die Bauern durchaus interessant sein wird.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe die Frage 26 des Abgeordneten Kiechle auf: Trifft es zu, daß Bundesvermögen an Grund und Boden aus ehemaligem Reichsnährstandbesitz einer Gemeinde, die dieses Grundstück zu Wohnbauzwecken, Friedhofserweiterung und Sportstättenbau benötigt, erst dann verkauft wird, wenn durch Zulassung von Angeboten frei tätiger Grundstücksmakler durch die abwickelnde Behörde der vereinbarte Preis von ursprünglich 1 000 000 DM um 20 % auf I 200 000 DM in die Höhe getrieben worden ist, und hält die Bundesregierung dies angesichts der von ihr nachhaltig vertretenen Auffassung, Eigentum an Grund und Boden unterliege besonders der Sozialpflichtigkeit, für richtig? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege Kiechle, das Vermögen des ehemaligen Reichsnährstands und seiner Zusammenschlüsse ist nicht Bundesvermögen, sondern Vermögen einer selbständigen, in der Abwicklung befindlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts. Dieses Vermögen kann nicht nach Sondervorschriften, die nur für bundeseigene Grundstücke und nur für ganz spezielle Fälle geschaffen wurden, verbilligt veräußert werden. Vielmehr soll eine bestmögliche Verwertung nach § 63 der Bundeshaushaltsordnung angestrebt werden. Dabei bitte ich zu berücksichtigen, daß dem Bund und den Bundesländern die Überschüsse aus der Verwertung des Reichsnährstandsvermögen anteilig als Äquivalent für die aus dem Gesetz zu Art. 131 GG herrührenden Versorgungslasten zufließen sollen. Diese Regelung mußte getroffen werden, da das Vermögen des Reichsnährstands und seiner Zusammenschlüsse für die Erfüllung dieser Verbindlichkeiten nicht ausreichte. Sollten Sie mit Ihrer Anfrage, Herr Kollege Kiechle, einen speziellen Fall verfolgen, so bitte ich Sie, damit einverstanden zu sein, daß ich diesen Fall von meinem Hause prüfen und die Frage schriftlich beantworten lasse. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe Frage 67 des Abgeordneten Niegel auf: Billigt die Bundesregierung die Aussagen des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold, die er zur Situation der Landwirtschaft allgemein und zur Bauerndemonstration im besonderen gemacht hat? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege, die Bundesregierung billigt die Aussagen des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold, wie sie in der „Bayerischen Rundschau" aus Kulmbach vom 14. Februar 1972 wiedergegeben werden. Es entspricht den Tatsachen, daß der Abschluß des EWG-Vertrages, die Verkürzung der in diesem Vertrag vorgesehenen Übergangszeit und die Senkung der Getreidepreise im Jahre 1967 unter der Regierungsverantwortung der CDU/CSU erfolgt sind. Das gleiche gilt für die einseitig vorangetriebene Integration des Agrarbereichs und für das Zurückbleiben der Integration in den übrigen Bereichen, insbesondere bei der Wirtschafts- und Währungspolitik, worauf ,die gegenwärtigen Schwierigkeiten in unserer Landwirtschaft weitgehend zurückzuführen sind. Auf diese Schwierigkeiten hat die Bundesregierung bereits in der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 hingewiesen. Dort heißt es wörtlich: Die vorzeitige Verwirklichung des gemeinsamen Agrarmarktes hat ohne Zweifel die internen Anpassungsprobleme der deutschen Landwirtschaft wesentlich verschärft. Wir halten es deshalb für unausweichlich, der Landwirtschaft bei der Überwindung ihrer Schwierigkeiten zu helfen. Dies bedeutet, wie auch im Agrarbericht 1972 dargelegt wird, die klare Aussage, der Landwirtschaft durch weitere staatliche Maßnahmen zu helfen. Die Bundesregierung muß jedoch mit Entschiedenheit Plakate mit der Aufschrift „Die Regierung Brandt bringt Bauern um Hof und Land" zurückweisen, da sie in ihrer Aussage unverantwortlich sind und nur dazu beitragen, unsere Landwirtschaft, die sich in einer beispielhaften Weise den Bedingungen der Industriegesellschaft stellt, zu verunsichern. Plakate mit der Aufschrift „Die Regierung Brandt an die Wand", wie sie anläßlich der Bauerndemonstration ebenfalls gezeigt wurden, hält die Bundesregierung schlechthin für geschmacklos. Jede demokratische Partei sollte sich gegen derartige Plakate, die indirekt zur Gewalttätigkeit auffordern, zur Wehr setzen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie der Regierung oder der Opposition angehört.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wenn die Bundesregierung die Aussagen des Herrn Staatssekretärs Herold billigt, an welche Maßnahmen denkt sie dann unter dem Stichwort „mehr Demokratie wagen", um, wie Herr Herold angekündigt hat, gegen diese Demonstranten entsprechend vorzugehen? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Kollege Niegel, ich werte die Ausführungen des Kollegen Herold etwas anders. Sehen Sie, die Überschrift in der Zeitung hier heißt z. B.: „Die Regierung kämpft für die Bauern". Und dann heißt es: „Ärger mit Transparenten der Traktorendemonstration". Diese Transparente habe ich eben angeprangert; ich finde, zu Recht. Und dann ist Bezug genommen worden auf Überlegunwie man hier etwas tun könnte. Dies beziehe ich aber auf den örtlichen Bereich, und meine, die für die Demonstration in Kulmbach Verantwortlichen wären gut beraten gewesen, wenn sie sich selber von diesen Plakaten abgesetzt hätten und diese hätten entfernen lassen. Dann wäre dieses Problem hier gar nicht zur Sprache gekommen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine letzte Zusatzfrage.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann man folglich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sätze, die der Herr Staatssekretär Herold sagte, wie z. B. dieser: „Die SPD behält es sich vor, wegen der beiden Transparente Maßnahmen zu ergreifen", sozusagen Demonstrationsaussagen waren und daß die Bundesregierung keine Maßnahmen gegen die Träger der Transparente ergreift? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Das kann die Bundesregierung gar nicht ohne weiteres. Es müßte ja genau festgestellt werden, wer es war. Das wissen wir nicht; es ist uns nicht gemeldet worden. Im übrigen weiß auch die Bundesregierung, daß die Bauern ein Recht auf Demonstrationen haben. Es kommt aber darauf an, wie demonstriert wird, und darauf, daß Auswüchse verhindert werden. Ich möchte noch einmal betonen, daß hier wirklich die Verantwortlichen hätten dafür Sorge tragen müssen - wie es oftmals geschehen ist; ich bin ja selbst auch nicht ganz unbewandert in Demonstrationen bei anderen Anlässen, wo auch eingegriffen worden ist -, daß solche Plakate beseitigt werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter von Alten-Nordheim. von Alten-Nordheim ({0}) : Herr Präsident, ist es richtig, daß Herr Staatssekretär Logemann meine beiden Fragen zusammen beantwortet hat? Ich hatte das akustisch nicht verstanden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Die sind zusammen beantwortet worden. von Alten-Nordheim ({0}) : Dann hätte ich noch zwei Zusatzfragen, Herr Präsident. Zwei Fragen habe ich gestellt; ich hätte dann zu jeder zwei Zusatzfragen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann kann ich Ihnen zwei Zusatzfragen geben. Anspruch haben Sie nur auf je eine, aber ich gebe Ihnen noch zwei. von Alten-Nordheim ({0}) : Danke sehr! Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß im nationalen Sektor durchaus Möglichkeiten für die Bundesregierung bestehen, z. B. im steuerlichen Bereich, im Bereich der Mehrwertsteuer, der Grundsteuer und der Vermögensabgabe oder im Rahmen des Gasölverwendungsgesetzes, also praktisch der weiteren Dieselkraftstoffverbilligung, zur Anhebung des abgesunkenen Einkommens und zur Verbesserung der verschlechterten Wettbewerbsfähigkeit durch nicht von ihr verursachte Entwicklungen? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ja, ich sehe bei einigen Punkten Möglichkeiten. Bei der Mehrwertsteuer sehe ich die Möglichkeit, dadurch eine Verbesserung der Einkommenssituation zu schaffen, daß wir die jetzt entstandenen Differenzen bei der Vorsteuerpauschale beseitigen, daß also die auf Grund der Kostenentwicklung schon überfällige 1%ige Erhöhung der Mehrwertsteuer durchgeführt wird. Das wäre der eine Punkt. Punkt 2 der Mehrwertsteuer: Eine Forderung auf Erhöhung um 3 % mit bis zum Verbraucher durchschlagender Wirkung würde in der EWG nicht abgenommen werden. Darauf habe ich oft hingewiesen. Es ist vorgefühlt worden; dazu würde es Einsprüche aus der EWG geben. Bezüglich Dieselkraftstoff sind bereits Überlegungen angestellt worden, um zu einer anderen Form der Verbilligung zu kommen. Sie haben sicherlich darüber Äußerungen meines Kollegen Hermsdorf hier in der Fragestunde gelesen. Diese Überlegungen werden vom Finanzministerium vorangetrieben. Wie gesagt, wir bemühen uns, für die Landwirtschaft ein anderes System einzuführen. Weiter wäre eine Möglichkeit bei der Grundsteuer gegeben. Wir haben dazu seit längerem einen Forschungsauftrag laufen, um festzustellen, wie in den einzelnen Partnerländern die Belastungen bei der Grundsteuer sind. Hier ist also eine Möglichkeit vorhanden. Allerdings muß ich dazu sagen, daß hier immer wieder eine Erhöhung durch die Gemeinden selbst erfolgen kann, so daß entsprechende Sicherungen eingebaut werden müßten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Letzte Zusatzfrage. von Alten-Nordheim ({0}) : Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß die 1969 festgelegte Degressivität des Verlustausgleichs für die Aufwertung angesichts der Entwicklung der Jahre 1970/71 und auch 1971/72 noch berechtigt ist, und gedenkt die Bundesregierung, hier initiativ zu werden? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft Parlamentarischer Staatssekretär Logemann und Forsten: Die Bundesregierung kann hier nicht ohne weiteres initiativ werden. Hier geht es im Augenblick um ein Umpolen eines Teils dieser Mittel auf den sozialpolitischen Bereich. Im übrigen sind wir ja tätig geworden. Die Bundesregierung bemüht sich, zu einer schnellen Harmonisierung der Währungen in der EWG zu kommen. Wir bedauern, daß das bisher in einem so langsamen Tempo vor sich geht, aber Sie haben ja sicherlich von den Gesprächen auch jetzt auf höchster Ebene gehört. Wir können die Hoffnung haben, daß eine Beschleunigung erfolgt und sich damit dieses Problem der unterschiedlichen Währungskurse abflacht.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Abgeordneter Kiechle.

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Behauptung des Herrn Staatssekretärs Herold, die Lage der Landwirtschaft sei eine Folge der Verträge

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Der Punkt ist erledigt. Der Staatssekretär hat jetzt auf eine Frage des Abgeordneten von Alten-Nordheim geantwortet.

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Entschuldigen Sie, ich hatte mich zu der Frage gemeldet.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann müssen Sie das so deutlich machen, daß ich es sehen kann. Es tut mir leid, aber ich kann es nicht dem Belieben überlassen, wie hier gefragt wird.

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich kann mich nicht akustisch melden, nur per Hand.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gut, dann bitte, bringen Sie Ihre Frage an!

Ignaz Kiechle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001091, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Stellt die Feststellung des Herrn Staatssekretärs Herold, die Verträge seien an der Lage der Landwirtschaft schuld, nicht eine sehr einseitige Informationspolitik dar, wenn z. B. im Bericht der Bundesregierung steht, daß diese Lage vor allem wegen des sehr hohen Angebots an Schlachtschweinen in der EWG und wegen der durch die Aufwertung der D-Mark bedingten Preissenkungen entstanden sei? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ich glaube, hier hat der Kollege Herold doch recht. Grundsätzlich sind auch die Verträge mit die Ursachen dafür. Wir haben ja Verträge, die uns den Gemeinsamen Markt ohne Grenzen zwischen unseren Partnerländern gebracht haben. Ich sage immer wieder: wir können Marktzufuhren von Schweine z. B. aus Holland nicht als Importe bezeichnen, denn hier ist der Markt ja völlig frei. ({0}) - Doch, das ist mit eine Folge der Verträge. Die Grenzen sind abgebaut worden. Das müssen wir nun einmal feststellen. Ich meine also, daß diese Begründung hier zu Recht gegeben worden ist.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Klinker.

Hans Jürgen Klinker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001133, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin ausgeführt, daß Sie nur wenige Möglichkeiten sehen, EWG-konforme Dinge zu verwirklichen. Sind Sie nicht der Meinung, daß wir im Rahmen der Steuerreform - bei der Vermögensteuer, bei der Grundsteuer - etwas tun können, ohne gegen die EWG-Verträge zu verstoßen? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ich bin durchaus dieser Meinung. Ich kann Ihnen heute allerdings noch keine Einzelheiten nennen, aber wir bemühen uns, etwas in dieser Richtung zu tun.

Dr. Isidor Früh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000609, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, steht Ihre Aussage zu der Frage von Herrn von AltenNordheim, daß die EWG-Kommission einer Erhöhung der Mehrwertsteuer ablehnend gegenüberstehe, nicht im Widerspruch zu Veröffentlichungen in „Agrareurop", laut denen Herr Mansholt sich dazu bereit erklärt habe, eventuell eintretende Einkommensminderungen der deutschen Landwirtschaft mit Hilfe der Mehrwertsteuer auszugleichen? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ich glaube, hier müssen wir die Dinge getrennt sehen. Bei Mansholt geht es um die Vorstellung, vielleicht einen Teil des Einnahmeausfalls, der der deutschen Landwirtschaft durch Währungsveränderungen, durch Währungsangleichung entstehen könnte, auf diese Weise auszugleichen. Das wäre EWG-konform. Es wäre aber eine andere Maßnahme, wenn wir versuchten, die Mehrwertsteuer um 3 % zu erhöhen, um im nationalen Bereich eine Preisverbesserung für die Landwirtschaft zu erreichen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Bittelmann zu einer Zusatzfrage.

Otto Bittelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000187, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihnen ist bekannt, daß in den Römischen Verträgen zwingend vorgeschrieben ist, für einige Erzeugnisse, für die noch keine Marktordnungen bestehen, bis zum Ende der Übergangszeit solche Marktordnungen vorzulegen. Die Kommission schiebt die Vorlage der Marktordnungen für diese Erzeugnisse mit irgendeinem Grund immer hinaus. Welche Möglichkeiten hat die Bundesregierung, die Kommission nunmehr zu veranlassen, Marktordnungen zu schaffen, die nach den Römischen Verträgen zwingend vorgeschrieben sind? Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Die Bundesregierung kann die KomParlamentarischer Staatssekretär Logemann mission über den Ministerrat nur immer wieder auffordern, entsprechende Vorlagen zu machen. Das ist auch im Hinblick auf ein Produkt, Kartoffeln, geschehen. Ich habe das vorhin hier schon gesagt. Die Begründung der Kommission lautete: Wir werden die Marktordnung jetzt nicht vorlegen, weil wir die Erweiterung der EWG erwarten und deshalb noch nicht absehen können, wie man eine solche Vorlage gestalten muß.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen. Ich rufe die Frage 3 des Abgeordneten Dr. Schneider ({0}) auf: Trifft es zu, daß nach dem Inkrafttreten des Städtebauförderungsgesetzes erhebliche Finanzierungsschwierigkeiten, insbesondere bei Altstadtsanierungsfällen, die bisher als Studien- und Modellvorhaben gefördert wurden, deshalb aufgetreten sind, weil die Zweckbestimmung der bereitgestellten Bundesmittel nur noch auf die Förderung der Planung und Entwicklung von Sanierungsfällen beschränkt ist, und ist die Bundesregierung bereit, nach § 45 Abs. 2 des Städtebauförderungsgesetzes von der engen Zweckverbindung der Mittel dann abzuweichen, wenn anderenfalls nicht dringende Altstadtsanierungen durchgeführt werden können? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege, das Städtebauförderungsgesetz geht davon aus, daß die Wiederbebauung nach rechtlicher und tatsächlicher Neuordnung des Sanierungsgebiets unter der Finanzverantwortung der Eigentümer als Bauherren erfolgt. Die Bauherren sollen allgemeine öffentliche Finanzierungsmittel, etwa des sozialen Wohnungsbaues, erhalten. Nur in besonderen Fällen, insbesondere wenn eine begonnene Sanierung sonst nicht abgeschlossen werden könnte, können für den Neubau von Wohnungen auch Sanierungsförderungsmittel eingesetzt werden. Die Bereitstellung von Mitteln des sozialen Wohnungsbaues für den Wohnungsneubau im Rahmen der Sanierung ist damit im Grundsatz der allgemeinen Wohnungsbaupolitik zur Aufgabe gestellt. Demgemäß sind die Finanzhilfen an die Länder auf Grund des in voller Übereinstimmung mit den Ländern aufgestellten Bundesprogramms 1971 zur Deckung folgender Kosten zugeteilt worden: der Kosten für vorbereitende Untersuchungen, vorbereitenden Grundstückserwerb, Planungen und Ordnungsmaßnahmen in Sanierungsgebieten und Entwicklungsbereichen. Zu den Ordnungsmaßnahmen gehören namentlich die Bodenordnung, der Umzug von Bewohnern und Betrieben, die Beseitigung baulicher Anlagen und eine etwaige Erschließung. Die Zweckbindung der Förderungsmittel des Bundes hilft den Gemeinden, gerade die unrentierlichen Kosten abzudecken, deren Finanzierung am schwierigsten ist. Schwierigkeiten bei der Durchführung des Bundesprogramms haben sich offenbar bisher nur in Bayern hinsichtlich der Finanzierung des Wohnungsbaues in Sanierungsgebieten ergeben. Einem Antrag des Landes auf gesonderte Zuweisung von Bundesmitteln hat der Bund leider nicht entsprechen können. Es wird Aufgabe des Landes sein, die für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehenden Mittel auch in die Sanierungsgebiete zu lenken, um dort die Förderung von Neubaumaßnahmen zu ermöglichen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage.

Dr. Oscar Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002048, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung in der Lage, die Behauptung zu entkräften, daß in den hier gemeinten Fällen das Städtebauförderungsgesetz zu einer Verkürzung von Bundesmitteln für die Stadtsanierung geführt hat? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege, dieser Behauptung muß ich widersprechen. Das Land Bayern hat im vergangenen Jahr im Rahmen des Programms in 8/72 des Städtebauförderungsgesetzes 15 Millionen DM für die Sanierung von Städten und Gemeinden erhalten. Im gesamten Haushalt des Bundes haben im Vorjahr für diesen Bereich etwa 20 Millionen zur Verfügung gestanden, auf alle Länder verteilt. Daran können Sie sehen, wie hoch die Zuweisungen an Bayern gestiegen sind.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Oscar Schneider (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002048, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem vor dem Inkrafttreten des Städtebauförderungsgesetzes der Bund Mittel für Studien- und Modellvorhaben zur Entwicklung und Erneuerung von Städten und Dörfern gegeben hat, frage ich Sie: hält es die Bundesregierung für verantwortbar, daß durch die Nichtfortgewährung von Bundesmitteln bereits begonnene Sanierungsmaßnahmen nicht oder lange Zeit nicht abgeschlossen werden können? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege Schneider, die Zuführung von Wohnungsbaumitteln für die Wiederbebauung in Sanierungsgebieten ist Aufgabe der Länderbewilligungsstellen, nicht Aufgabe des Bundes. Denn der öffentlich geförderte Wohnungsbau ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern, die durch die Länder durchgeführt wird. Wenn das Land Bayern in solche Sanierungsgebiete hinein keine Wohnungsbaumittel zur Verfügung stellt, kann man dieses der Bundesregierung nicht zum Vorwurf machen. Ich gebe allerdings zu, Herr Kollege Schneider, der § 45 sagt, daß in Ausnahmefällen Mittel gegeben werden können. Das Programm 1971 ist - auch in der Zweckbindung - mit voller Zustimmung der Länder aufgestellt worden. Wir haben bisher in den Studien- und Modellvorhaben in einigen wenigen Vorhaben in der Bundesrepublik neben den Mitteln für die Ordnungsmaßnahme zusätzliche Mittel für den Aufbau an Wohnungen gegeben, weil es uns hier darum ging, am Modell besondere Schwierigkeiten der Stadtsanierung und der Stadtentwicklung zu beseitigen. Wir haben diese Studien und Modellvorhaben - wiederum im Einvernehmen mit dem Land Bayern - in das allgemeine Programm übergeführt. Es können allerdings Schwierigkeiten dadurch entstehen, daß die Zahl der neuen Maßnahmen nach dem Städtebauförderungsgesetz in Parlamentarischer Staatssekretär Ravens Bayern in einem erheblichen Umfange von der Durchschnittszahl der neuen Maßnahmen in den übrigen Ländern abweicht.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf. Frage 45, Herr Abgeordneter Haase ({0}). Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, ich möchte die Fragen 45 und 46 im Zusammenhang beantworten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann rufe ich gemeinsam auf: Warum werden immer noch zahlreiche Wehrpflichtige aus Nordrhein-Westfalen, die bereits verheiratet sind und z. T. schon Kinder haben, zur Ableistung des Grundwehrdienstes insbesondere nach Schleswig-Holstein einberufen? Ist die Bundesregierung bereit anzuordnen, daß in Zukunft solche Wehrpflichtige, wenn nicht außergewöhnliche Gründe dem entgegenstehen, grundsätzlich wohnortsnahe verwendet werden? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Wehrersatzbehörden, Herr Kollege Haase, sind schon seit Mai 1968 angewiesen, verheiratete Wehrpflichtige in die Nähe ihres Wohnorts einzuberufen. Die Bundesregierung hat deshalb von der Einberufung zahlreicher verheirateter Wehrpflichtiger, die zum Teil schon Kinder haben, aus Nordrhein-Westfalen nach Schleswig-Holstein keine Kenntnis. Wenn dies tatsächlich der Fall sein sollte, dann ist dies nur so zu erklären, daß den Kreiswehrersatzämtern die nach der Musterung vollzogene Eheschließung der Wehrpflichtigen nicht bekannt war. Eine gesetzliche Verpflichtung, die Änderung des Familienstandes den Wehrersatzbehörden zu melden, besteht nicht. Bei der Musterung werden aber alle Wehrpflichtigen ausdrücklich darüber belehrt, daß es in ihrem eigenen Interesse liegt, ihre Eheschließung sowie die Geburt von Kindern dem Kreiswehrersatzamt anzuzeigen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage.

Detlef Haase (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000763, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie bereit sein, in nachweisbaren Einzelfällen dann in Ihrem Ministerium die Angelegenheiten zu überprüfen und unter Würdigung der Tatbestände, die von den Wehrpflichtigen nicht zu vertreten sind, eine Rückversetzung während der Ableistung des Grundwehrdienstes in die Nähe des Heimatortes zu veranlassen? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Das ist schwierig. Das wissen Sie genauer als ich, Herr Kollege Haase, weil das einen Wechsel von einem Wehrbereich in einen anderen Wehrbereich bedeutet. Bei diesem Wechsel muß Ersatzgestellung vorgenommen werden. Ich muß Ihnen ganz offen sagen: wenn die Wehrpflichtigen nicht guten Willens sind und die Veränderung ihres Personenstandes nicht melden, dann müssen sie auch die Folgen tragen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe die Frage 47 des Abgeordneten Damm auf: Trifft es zu, daß die Bundesregierung dem sozialdemokratischen Bürgermeisterkandidaten in Unterhaching ({0}) eine größere Anzahl von Exemplaren des Weißbuches 1971/1972 zur Verfügung gestellt hat, damit er sie mit einem Begleitbrief an die Angehörigen der Bundeswehr in seinem Wahlbezirk versenden konnte, und wie viele Exemplare waren es gegebenenfalls? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, ich möchte die Fragen 47 und 48 ebenfalls im Zusammenhang beantworten. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe also auch die Frage 48 auf: Hat die Bundesregierung das Weißbuch 1971/1972 zum Zweck der Werbung für Parteikandidaten oder für Parteien auch in anderen Fällen zur Verfügung gestellt? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Damm, es trifft nicht zu, daß die Bundesregierung dem sozialdemokratischen Bürgermeisterkandidaten in Unterhaching zu dem in Ihrer Frage genannten Zweck eine größere Anzahl von Weißbüchern zur Verfügung gestellt hat Die Bundesregierung hat vielmehr für die Verteilung des Weißbuchs 1971/72 - ähnlich wie für die Verteilung des Weißbuchs 1970 - einen Schlüssel erarbeitet, nach dem allen im Bundestag vertretenen Parteien eine größere Anzahl von Weißbüchern zur Information und zur Verteilung nach eigenem Ermessen übersandt wurde. Auf besondere Anforderung versendet das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und das dem Bundesministerium der Verteidigung nachgeordnete Bundeswehramt das Weißbuch an interessierte Personen oder Personengruppen. Die Parteizugehörigkeit der Anforderer spielt hierbei keine Rolle.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage.

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich gehe davon aus, daß Sie verstehen, wenn ich sage, daß ich mit Befriedigung zur Kenntnis genommen haben, daß die Bundesregierung die Weißbücher nicht Kandidaten, also wie in diesem Falle Wahlbewerbern, für bestimmte Parteien zur Verfügung gestellt hat. Darf ich Sie aber fragen, ob das Verteidigungsministerium bei seiner, wie Sie es soeben dargestellt haben, Zurverfügungstellung der Weißbücher an die im Bundestag vertretenen Parteien davon ausgegangen ist, daß nun diese Weißbücher eben nicht mißbräuchlich verwendet werden? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Damm, ich habe hier darüber keine Wertung abzugeben, was die Parteien tun, sondern ich muß hier für die Bundesregierung Auskunft geben. Ich gehe davon aus, daß die Parteien im Rahmen ihrer politischen Arbeit von diesem Material Gebrauch machen. Ich gehe nicht davon aus - was ich Parlamentarischer Staatssekretär Berkhan Ihnen einmal scherzhafterweise gesagt habe -, daß das von Ihnen ja als schlecht bezeichnete Weißbuch durch Ihre Partei gleich zum Einstampfen gegeben wird.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben noch eine Zusatzfrage.

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Noch drei!

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Und die wollen Sie stellen?

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, das möchte ich, das ist meine Absicht, Herr Präsident. - Ich kann Ihnen versichern, Herr Staatssekretär, wenn ich das als eine Zwischenbemerkung einmal sagen darf, daß die bei der CDU vorhandenen oder ihr zur Verfügung gestellten Weißbücher nicht eingestampft worden sind, sondern sachgemäß zur Information über Verteidigungsfragen verwendet werden. Aber darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, daß die Nichtzurverfügungstellung des Weißbuchs für Wahlkandidaten die Verwendung des Weißbuchs als Wahlwerbung ausschließen soll? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Damm, wie soll denn eigentlich die entsprechende Stelle feststellen, wenn Herr X oder Herr Y schreibt, ob der zufällig irgendwo Kandidat als Bürgermeister oder für einen Kreistag ist? Das ist doch eine völlige Überforderung des Bundespresse- und Informationsamts bzw. des Bundeswehramts. Ich gehe jedenfalls davon aus, Herr Kollege Damm, daß man über Stilfragen hier nicht viel streiten kann. Jeder muß sich in der Öffentlichkeit so gut blamieren wie er es kann. Sie dürfen das nicht auf sich beziehen, Herr Kollege Damm, sonst hätten Sie mich völlig falsch verstanden.

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bedanke mich, Herr Staatssekretär, und frage Sie jetzt drittens, ob Sie mit mir übereinstimmen, daß es eine von Ihnen zugegebenermaßen nicht vorauszusehende mißbräuchliche Verwendung war, wenn Herr Heinz Schmude in Unterhaching am 3. Januar dieses Jahres folgenden Brief geschrieben und an eine ganze Reihe von Einwohnern seines Ortes versandt hat, nämlich an die Angehörigen der Bundeswehr: Sehr geehrte Herren! Das Bundesverteidigungsministerium hat vor vier Wochen das neue Weißbuch 1971/72 der Öffentlichkeit übergeben. In diesem Weißbuch sind die Maßnahmen zur weiteren Entwicklung der Bundeswehr beschrieben, und ich darf annehmen, daß es Ihr Interesse findet. Ich freue mich, Ihnen als ihr Bürgermeisterkandidat ein Exemplar dieses Weißbuchs überreichen zu dürfen. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ({0}) in Unterhaching hat mich für die am 11. Juni 1972 stattfindende Bürgermeisterwahl aufgestellt. Bei der gleichzeitigen Wahl der Gemeinderäte kandidieren auf der SPD-Liste auch zwei Bundeswehrangehörige, und zwar - jetzt kommen die Namen ({1}) - ja, wenn Sie sie gern hören wollen: Walter Paetzmann, Fasanenstraße 106, Tel. 61 58 25, Erwin Schewela, Fasanenstraße 98, Tel. 61 61 57. Sollten Sie an uns Fragen haben, rufen Sie uns bitte an. Mit freundlichen Grüßen Heinz Schmude Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Damm, ich möchte Sie doch bitten, einmal schnell überprüfen zu lassen, ob es in diesem Gemeinderat das Institut der Fragestunde gibt. Dann haben ihre Freunde, die sicher in dem Gemeinderat vertreten sind, Gelegenheit, direkt den Herrn zu befragen. ({2}) Ich unterstelle dabei, daß er gewählt wurde. Ich weiß das nicht genau. Aber ich muß Ihnen sagen: ich kann darüber keine Auskunft geben, und ich lehne es auch ab, hier Bewertungen über Gemeinderatskandidaten abzugeben, auch wenn sie meiner Partei angehören. ({3})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, es ist in unserem Hause üblich, daß, wenn man zitiert, man den Präsidenten fragt, ob er es gestattet.

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung, daß ich Sie vorher nicht gefragt habe.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Offenbar war es notwendig, Ihnen so etwas zu sagen. Ihre letzte Frage!

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, werden Sie versuchen, den Empfängern der Weißbücher, die Sie versenden, mitzuteilen, daß es nicht im Interesse der Bundeswehr liegen kann, wenn diese Materialien in der von mir soeben beispielhaft vorgetragenen Weise mißbraucht werden? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Damm, ich will jetzt nicht spontan antworten. Ich will darüber nachdenken. Aber wenn Sie erst einmal mit der vorläufigen Antwort auskommen könnten: Ich bin nicht der Schulmeister der Nation. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie sagten vorhin, man könne es nicht prüfen, wenn irgendwer Weißbücher bei den Institutionen des Bundes bestelle. Ich möchte Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, daß Herr Schmude nicht „irgendwer", sondern der Landesparteisekretär der SPD-Landesgeschäftsstelle ist? ({0}) Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ja. Bloß, Herr Kollege Niegel, hat der nicht die Bücher angefordert, sondern einen Brief geschrieben, wenn ich das ganze Durcheinander noch richtig in Erinnerung habe. Die Bücher sind durch einen anderen Herrn angefordert und verteilt worden, der nicht Schmude hieß, sondern - - Herr Kollege Damm, helfen Sie mir bitte auf die Sprünge. ({1}) - Herrn Schmude werde ich in drei Wochen sehen. Ich werde ihn sehr genau befragen, wie die Geschichte gewesen ist. Dann werde ich Ihnen wieder für Auskünfte zur Verfügung stehen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Arndt.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß es die Angehörigen der gegenwärtigen Opposition doch eigentlich erfreuen müßte, daß die von ihnen früher, wenn auch fälschlich, immer als wehrfeindlich dargestellte SPD jetzt auf so engen Kontakt mit unserer Bundeswehr Wert legt? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Dr. Arndt, meine Bemerkung über die Wertung bezieht sich auch auf die in diesem Hause vertretenen Parteien. Ich habe hier kein Urteil über die CDU/CSU abzugeben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Die Frage ist beantwortet. Wir kommen zu den Fragen 49 und 50 des Abgeordneten Josten: Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin - Az.: VIII C 8869 - die Kriegsdienstverweigerung betreffend? Teilt die Bundesregierung die Meinung des Gerichts, daß waffenloser Dienst in der Bundeswehr - z. B. in Bundeswehrkrankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen - den Kriegsdienstverweigerer in unzumutbarer Weise belaste? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich darf auch diese Fragen im Zusammenhang behandeln. - Danke sehr, Herr Kollege Josten. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 14. Oktober 1971 - VIII C 88.69 - zur Frage der Glaubwürdigkeit eines Kriegsdienstverweigerers festgestellt, daß die Weigerung, waffenlosen Dienst in der Bundeswehr zu leisten, für sich allein kein Grund ist, um das Vorliegen einer Gewissensentscheidung gegen die Teilnahme am Kriegsdienst mit der Waffe auszuschließen. Es hat aber auch ausgeführt, daß bei Vorliegen besonderer Umstände aus dieser Weigerung auf das Fehlen einer Gewissensentscheidung geschlossen werden könne. Damit bleibt das Gericht im Rahmen seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach es für die Glaubwürdigkeit eines Kriegsdienstverweigeres nicht entscheidend auf den Wortlaut seiner Antworten auf die ihm gestellten konkreten Fragen, sondern auf die Art und Weise der inneren Auseinandersetzung mit dem Problem der Kriegsdienstverweigerung ankommt, die das Gericht aus dem Gesamtergebnis der Verhandlung festzustellen hat. Insoweit bringt das Urteil nichts wesentlich Neues. Auch in diesem Prozeß, der zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen worden ist, hängt die Entscheidung letztlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Da das Bundesverwaltungsgericht zur verbindlichen Auslegung öffentlich-rechtlicher Gesetzesbestimmungen berufen ist, hält es die Bundesregierung im übrigen nicht für angebracht, zu seinen Entscheidungen zustimmend oder ablehnend Stellung zu nehmen. Über den Einzelfall hinausgehende praktische Auswirkungen wird die Entscheidung nicht haben, weil schon bisher anerkannte Kriegsdienstverweigerer nur auf ihren Antrag hin zum waffenlosen Dienst in der Bundeswehr herangezogen werden konnten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage!

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß viele Wehrpflichtige eine Ungerechtigkeit darin sehen, daß Wehrpflichtige unter Berufung auf Gerichtsurteile ohne sorgfältige Prüfung als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Josten, keinem Bürger unseres Staates kann verwehrt werden, sich in einem Verfahren auf Gerichtsurteile zu berufen. Das ist das Übliche, was man bei solchen Verhandlungen macht. Daraus aber zu schließen, daß Anträge auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer nicht sorgfältig geprüft würden, ist sicherlich nicht zutreffend, - Sie können diesen jungen Männern sagen, daß sie gleichbehandelt werden -. Das Gegenteil scheint mir richtig zu sein, denn die Berufung auf ein bestimmtes Urteil zwingt geradezu zu einer eingehenden Auseinandersetzung mit den aufgeworfenen Rechtsfragen.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung dafür eintreten, daß soweit wie möglich alle Kriegsdienstverweigerer zum waffenlosen Dienst für die Allgemeinheit herangezogen werden? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Josten, dem Hause und auch Ihnen ist sicherlich bekannt, daß den Ausschüssen dieses Hauses ein Artikelgesetz vorliegt, das sich zum Teil auch mit dieser Frage beschäftigt. Wir sind also dabei, eine größere Anzahl von, ich muß, glaube ich, noch sagen, Ersatzdienstplätzen - später wird es vielleicht einmal „Zivildienstplätze" heißen - zu schaffen. Was aber den waffenlosen Dienst in der Bundeswehr selbst anbetrifft, so habe ich schon bemerkt, daß er nur auf Antrag geleistet werden kann. Mir sind im Laufe der Zeit überhaupt nur fünf Fälle bekanntgeworden, in denen junge Männer einen solchen Antrag gestellt haben.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie mit dem derzeitigen Zustand bezüglich der Kriegsdienstverweigerer, die nicht eingezogen werden, auch nicht zufrieden sind? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Josten, weder die Regierung noch das Parlament, weder die Opposition noch die Regierungsmehrheit in diesem Hause können mit diesem Zustand zufrieden sein, und sie sind auch nicht damit zufrieden. Verbesserungen, wie Sie sie wünschen, lassen sich aber nur langsam erreichen und sind natürlich auch mit gewissen Ausgaben verbunden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Kliesing!

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wäre es nicht zweckmäßig, in der Diskussion über das Gesamtproblem allmählich wieder einmal daran zu erinnern, daß nach dem Grundgesetz lediglich ein Anspruch auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe aus Gewissensgründen besteht und die jetzige Regelung darauf zurückzuführen ist, daß der Gesetzgeber es seinerzeit für wenig sinnvoll gehalten hat, Staatsbürger einer Wehrpflicht und einer Ausbildung im Grundwehrdienst zu unterwerfen, wenn er davon ausgehen konnte, daß sie im Ernstfall wegen Inanspruchnahme ihres verfassungsmäßigen Rechts nicht zur Verfügung stehen würden? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Dr. Kliesing, Sie sind ein besserer Kenner der Materie, weil Sie damals dabei waren, als diese Gesetze in dem dafür zuständigen Verteidigungsausschuß beraten wurden. Nach meiner Befassung mit den Akten kann ich nur sagen: es verhält sich so, wie Sie es dargestellt haben. Die Bundesregierung hat aber - wenn Sie das Weißbuch sorgfältig lesen, werden Sie dem zustimmen; wir haben ja soeben Anlaß gehabt, darüber zu reden - das Notwendige gesagt und sagt es immer wieder. Ich bin gern bereit, Ihnen die Rede zuzustellen, die der Bundeskanzler gerade erst vor wenigen Tagen in Ulm vor Soldaten eines Korps gehalten hat. Es muß uns alle zusammen besorgt machen, wenn ein Recht, welches so geschaffen worden ist, wie Sie es hier darstellen, in einer Art und Weise - ich darf mich ganz vorsichtig ausdrücken - praktiziert wird, daß man zumindest Zweifel haben darf, ob in allen Fällen das Gewissen berührt ist.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich wollte auch nur darauf hinweisen, Herr Staatssekretär, daß es zweckmäßig wäre, in der öffentlichen Diskussion den grundgesetzlichen Tatbestand einmal wieder ins Bewußtsein zu rufen. Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Dr. Kliesing, es ist Ihnen mit Ihrer Frage gelungen, dieses Bewußtsein wiederzuerwecken.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hansen.

Karl Heinz Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die quantitative Inanspruchnahme eines Grundrechts nicht dazu führen kann, es qualitativ in Frage zu stellen? Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Hansen, ich bin mit Ihnen dieser Meinung. Im Grundgesetz ist aber auch festgelegt, daß die Regierung die Pflicht hat, Vorsorge zu treffen, daß uns nicht von außen fremder politischer Wille durch Gewalt aufgezwungen wird. Auch die Landesverteidigung ist im Grundgesetz verankert, und die Bundesregierung muß sehr ernst prüfen, ob sie dem Verfassungsauftrag in dieser Hinsicht nachkommen kann. Wenn dieser Verfassungsauftrag gefährdet ist, müssen wir alle gemeinsam - Sie sind mit aufgerufen - darüber nachdenken, wie wir den Verfassungsauftrag der Landesverteidigung ausreichend zum Tragen bringen können. ({0}) Ich muß noch einmal ganz klar sagen: ich glaube nicht, daß ein Grundrecht oder überhaupt ein Recht allein nach der quantitativen Inanspruchnahme bewertet werden darf.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Keine Zusatzfrage mehr. Die Fragestunde ist damit erledigt. Zunächst eine Mitteilung: Der Verkehrsausschuß tritt eine Viertelstunde nach Schluß des Plenums zusammen. Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 25. Oktober 1967 über die theoretische und praktische Ausbildung von Krankenschwestern und Krankenpflegern - Drucksache VI/2656 10096 Vizepräsident Dr. Schmid Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ({0}) - Drucksache VI/3159 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Schanzenbach ({1}) Ich rufe auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer zustimmen will, möge sich von seinem Sitz erheben. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Wer der Ziffer 2 des Ausschußantrags zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Krankenpflegegesetzes - Drucksache VI/1165 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ({2}) - Drucksache VI/3160 -Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Schanzenbach ({3}) Ich rufe Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift auf. - Keine Wortmeldungen. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit sind wir am Ende der zweiten Beratung. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Wir kommen zur allgemeinen Aussprache und zur Abgabe von Erklärungen. - Frau Schroeder!

Christa Schroeder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002074, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion möchte ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf und gleichzeitig zu dem Entschließungsantrag des Ausschusses Stellung nehmen. Der Gesetzentwurf, so wie er jetzt vorliegt, enthält lediglich die Verlängerung der Übergangsfrist, in der Schülerinnen mit dem Abschluß der Hauptschule ohne zusätzliche Vorbildungsnachweis der Zugang der Ausbildung in der Krankenpflege und Kinderkrankenpflege eingeräumt wird. Wir halten diese Übergangsfrist nicht für einen Idealzustand. Es besteht, glaube ich, bei allen Einigkeit darüber, daß auf die Dauer eine bessere Vorbildung Voraussetzung für den Eintritt in die Schwesternausbildung werden muß. Dies ging auch aus den Aussagen nahezu aller Sachverständigen hervor. Trotzdem erscheint es sinnvoll, jetzt keine Änderungen vorzunehmen, wenn eine umfassende Neuregelung der Krankenpflegeausbildung in absehbarer Zeit vorgesehen ist. Der Ausschuß hat den Vorschlag, das Eintrittsalter für die Schwesternausbildung von 17 auf 16 Jahre herabzusetzen, abgelehnt. Wir teilen die Auffassung, daß die Herabsetzung des Eintrittsalters das Problem des Nachwuchses für den Schwesternberuf nicht lösen würde. Eindeutig haben sich alle für die Ausbildung Verantwortlichen - Schwesternverbände und -schulen, Krankenhausträger, Ärzteschaft - gegen eine solche Herabsetzung des Eintrittsalters gewehrt, da 16jährige am Krankenbett vor allem psychisch überfordert werden können. Es besteht Einigkeit darüber, daß die dringend notwendigen Bemühungen - wir haben ja auch heute morgen davon gesprochen -, mehr Schwestern zu gewinnen und den Schwesternmangel zu beheben, nicht zu Maßnahmen führen dürfen, die jungen Menschen abträglich sein könnten, die sich diesem Beruf nun einmal zuwenden wollen, sondern daß man hier Wege finden muß, die Ausbildung möglichst anziehend zu machen. Meine Fraktion hat es deshalb begrüßt und hat auch mit dazu beigetragen, daß sich der Ausschuß mit der Ablehnung dieses Vorschlags nicht begnügt hat, sondern sich um eine tiefergreifende Neuordnung der Schwesternausbildung bemüht hat. Er hat dazu eine sehr aufschlußreiche Sachverständigenanhörung durchgeführt. Das Ergebnis ist der Ihnen jetzt vorliegende Entschließungsentwurf, dem wir zustimmen. Es ist besonders begrüßenswert, daß durch das Europäische Übereinkommen über die Ausbildung von Krankenschwestern und Krankenpflegern, das wir soeben verabschiedet haben, die Grundlage geschaffen ist, eine solche Neuregelung in Übereinstimmung mit anderen europäischen Staaten durchzuführen. Die Reform des Krankenpflegegesetzes und der Krankenpflegeausbildung sollte von der Regierung möglichst bald in Angriff genommen werden, und zwar - so würden wir es uns wünschen - in engem Kontakt mit den zuständigen Schwesternschulen, Schwesternverbänden, Krankenhausträgern und den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege; denn drei Viertel der Ausbildung trägt zur Zeit der freigemeinnützige Raum. Bei einer Neuregelung legen wir auf folgende Gesichtspunkte besonderen Wert: 1. Die Ausbildung muß in das allgemeine Bildungssystem eingefügt werden. Die Anerkennung des Abschlußexamens muß anderen Ausbildungsabschlüssen gleichgestellt und der Zugang zu weiteren Ausbildungen möglich gemacht werden. Wenn man den Beruf einer Krankenschwester attraktiver machen will, muß man ihr durch ihre Ausbildung auch die Chancen zum weiteren Aufstieg geben. Der Übergang zu anderen Schulen, höheren Fachschulen oder Fachhochschulen im sozialen oder gesundheitlichen Bereich, muß gewährleistet werden. 2. Größten Wert legen wir auf die Erhaltung des engen Zusammenhangs zwischen Theorie und Praxis. Bei aller Anerkennung der notwendigen gründFrau Schroeder ({0}) lichen Vermittlung medizinischer und technischer Kenntnisse bleibt doch der Kern des Schwesternberufs und damit auch der Schwesternausbildung der Umgang mit dem kranken Menschen. Die Fähigkeit hierzu kann nur durch praktische Einübung und Erfahrung erworben werden. Hierfür ist der ständige lebendige Kontakt mit den Patienten im Kankenhaus notwendig. Ich darf auch hier noch einmal an die Worte von Herrn Minister Geissler erinnern, der heute morgen gesagt hat: Die Krankenpflegeschulen müssen in das Krankenhaus integriert sein. Niemand wird bestreiten, daß allzu kleine und nicht leistungsfähige Schulen, die auch für die Ausbilder wenig anziehend sind, auf die Dauer nicht mehr bestehen sollten. Aber den hier und da spürbaren Trend zu zentralen, großen, vom Krankenhaus losgelösten Schulen halten wir für die Ausbildung nicht für förderlich. 3. Außerdem sollte nicht übersehen werden, daß die Schwesternschülerinnen zur Zeit während ihrer Ausbildung durch die Ausbildungshilfen, die sie für die im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung erbrachten Hilfeleistungen erhalten, in einer verhältnismäßig günstigen finanziellen Situation sind. Es besteht kein Zweifel und keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß dabei die Ausbildung immer Vorrang haben muß. Schwesternschülerinnen sollten nicht Hilfskräfte ersetzen. Trotzdem ist nicht zu verkennen, daß diese finanzielle Regelung der einzelnen Schülerin mehr Vorteile bietet, als etwa das Ausbildungsförderungsgesetz dies kann, und sich durchaus als Anreiz für den Eintritt in die Schwesternausbildung erwiesen hat. Die Sachverständigen haben zum Teil sehr davor gewarnt, hier Änderungen eintreten zu lassen, die sich nachteilig auf die Zahl der Ausbildungsanwärterinnen auswirken könnten. Die Eigenart der Krankenpflegeausbildung läßt es nicht zu, in allen Punkten schematisch mit anderen Ausbildungen gleichzuziehen. Eine gewisse Sonderlage und ein gewisser Sonderstatus ist hier für die Schwestern einfach gegeben. 4. Die Voraussetzungen für die Vorbildung müssen endgültig geregelt werden. Dabei sollte vor allem die Vorschaltung eines Berufsgrundbildungsjahres, das den Zugang zu allen sozialen und pflegerischen Berufen öffnet, ins Auge gefaßt werden. Es würde auch den nahtlosen Anschluß an die Schulabschlüsse gut gewährleisten. 5. Das Berufsbild der Krankenpflegehelferin und des Krankenpflegehelfers sollte erhalten bleiben. Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat die Hauptanliegen, die wir für eine Weiterentwicklung der Schwesternausbildung haben, im Bericht niedergelegt, und wir hoffen, daß möglichst viel davon bei einer Reform der Krankenpflegeausbildung berücksichtigt wird. Namens meiner Fraktion möchte ich auch von dieser Stelle aus ein Wort des Dankes sagen an alle Sachverständigen der Schwesternverbände, der Ärzteschaft, der Krankenhausträger, der Wohlfahrtsverbände, die uns bei den Beratungen sehr unterstützt haben. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat zur Abgabe einer Erklärung Frau Abgeordnete Schanzenbach.

Marta Schanzenbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001941, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist allgemein bekannt, daß es in allen Bereichen des Gesundheitswesens an ausgebildeten Pflegekräften fehlt. Nach den Berechnungen des Instituts für sozio-ökonomische Strukturforschung wird der Fehlbestand an Pflegekräften auf 25 000, nach den Schätzungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft sogar auf 35 000 in den Krankenhäusern und auf 50 000 in allen Teilen des Gesundheitswesens beziffert. Dieser Mangel ist, wie der Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft bei der öffentlichen Anhörung am 29. März 1971 ausführte, nicht allein darauf zurückzuführen, daß der große Nachholbedarf ausgeglichen und der inzwischen eingetretene und für die Zukunft in noch größerem Umfang zu erwartende Mehrbedarf kompensiert werden mußte. Dieser Mangel wird in einem nicht unerheblichen Maße erstens durch Fehlplanungen in der Arbeitsorganisation, zweitens durch Unterbewertung der Position des Pflegedienstes im Krankenhaus, drittens durch die zum Teil funktionsunfähigen Pflegeeinheiten und viertens durch oftmals unzureichende Führungsstrukturen, Führungssituationen und Führungsmaßnahmen mit verursacht. So leisten z. B. bis zu 40 % der ausgebildeten Kräfte nicht entsprechende Arbeit, d. h. berufsfremde Arbeit. Bei richtigem Einsatz könnten, so wurde durch ein Forschungsergebnis festgestellt, etwa 20 000 Pflegekräfte freigesetzt werden. Hinzu kämen noch pflegerisch Ausgebildete, die nach ihrer Ausbildungszeit aus Enttäuschung über das Mißverhältnis, daß sie zwischen der beruflichen Wirklichkeit und ihrem eigenen Vorstellungsvermögen sehen, den Beruf verlassen. Manchmal soll diese Ausscheidungsquote bei 80 % liegen. Von Sachverständigen wird festgestellt, daß die Krankenpflegeausbildung in der Bundesrepublik noch Mängel aufweist, die sich nachteilig auf die Nachwuchssituation auswirken. Situationsanalysen haben ergeben, daß die Ausbildungen in den pflegerischen Berufen in Anlage, Art und Inhalt nicht mehr den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechen. In der öffentlichen Anhörung wurde festgestellt, daß eine Zersplitterung der Schulen vorliege, Lehrkräfte in ausreichender Zahl und mit der erforderlichen beruflichen Qualifikation fehlen und daß zum Teil noch überalterte Berufsideale gefordert und gelehrt werden. Angesichts dieser Situation ist der vom Bundesrat eingebrachte Entwurf zur Änderung des Krankenpflegegesetzes - Drucksache VI/1165 - eigentlich unverständlich. Er verlangt, daß das Mindestalter für den Eintritt in Krankenpflegeschulen und Schulen für Krankenpflegehilfe von 17 auf 16 Jahre herabgesetzt wird. Mit dieser Gesetzesvorlage soll erreicht werden, daß möglichst viele Bewerber und Bewerberinnen unmittelbar nach Abschluß der Volksschule oder Realschule nach Ableistung der hauswirtschaftlichen Tätigkeit in eine Pflegeschule aufgenommen werden können und sich damit die Zahl der Bewerberinnen vermehrt. Bei der öffentlichen Anhörung haben sich so gut wie alle Sachverständigen dagegen ausgesprochen, bei der gegenwärtigen Ausbildung das Mindestalter für den Beginn von 17 auf 16 Jahre herabzusetzen. Auch im Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit waren sich alle Mitglieder einig, daß dieser Gesetzesvorschlag abgelehnt werden muß. Es ist für junge Menschen von 16 Jahren unzumutbar, am Krankenbett zu arbeiten. Sie sind nicht in der Lage, mit den Problemen, die ihnen stündlich begegnen, fertigzuwerden; sie werden mit Verantwortung belastet, die sie nach dem Stand ihres derzeitigen Wissens nich übernehmen können. Und es ist auch für den Patienten eigentlich unzumutbar, sich von einem so jungen Menschen pflegen zu lassen. Die SPD-Fraktion schließt sich der Meinung des Ausschusses an und lehnt diesen Punkt der eingebrachten Vorlage ab. Nach dem Krankenpflegegesetz von 1965, geändert durch das Krankenpflegegesetz von 1968, konnten Volksschüler bis zum Jahre 1970 in die Ausbildung aufgenommen werden. Von da an war die Mittlere Reife vorgesehen. Der Ausschuß hat nun die Möglichkeit geschaffen, daß bis zum 1. Oktober 1974 auch Volksschülerinnen noch Zugang zur Ausbildung haben. Man wollte hiermit insbesondere Mädchen aus ländlichen Gegenden, die nur Volksschulbildung haben, noch für diese Zeit den Zugang zur Ausbildung offenhalten. Eine künftige Verlängerung sollte aber nicht mehr zur Diskussion stehen, weil sie sich mit der Aufwertung des Krankenpflegeberufs nicht verträgt. Die Krankenpflegeausbildung muß neu durchdacht werden. Wir können es uns nicht leisten, die Ausbildungsforderungen im europäischen Übereinkommen von 1967 nicht voll zu erfüllen. In diesem Übereinkommen wird z. B. eine mindestens zehnjährige Schulausbildung gefordert. In dem Übereinkommen ist festgelegt, daß die Schülerinnen und Schüler grundsätzlich nicht vor Erreichung eines Alters, das je nach Land zwischen 17 und 19 Jahren liegt, mit Kranken und dem Krankenhausbetrieb in Berührung kommen sollen. Die Initiative des Bundesrates widerspricht diesem europäischen Übereinkommen. Sie würde aber auch in der Praxis nicht weiterhelfen; denn die bereits bestehenden Krankenpflegeschulen sind gar nicht in der Lage, die jungen Menschen aufzunehmen, die bereits heute bereit sind, in die Ausbildung zu gehen. Viele Mädchen werden in jedem Jahr abgewiesen, weil zuwenig Ausbildungsplätze vorhanden sind. ({0}) Wenn wir das Problem lösen wollen, über mehr ausgebildete Kräfte im gesamten Gesundheitswesen verfügen zu können, müssen wir andere Lösungen suchen. Daß darüber nachgedacht wird, haben die Sachverständigen bei der öffentlichen Anhörung bewiesen. Für die SPD-Fraktion ist heute wichtig, die Regierung zu bitten, baldmöglichst das Krankenpflegegesetz neu zu überarbeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften, die im europäischen Übereinkommen festgelegt sind, und es so auszubauen, daß der Krankenpflegeberuf für junge Mädchen noch interessanter wird und ihnen Aufstiegsmöglichkeiten bietet. Die SPD-Fraktion wird dem Ausschußantrag zustimmen. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Ollesch.

Alfred Ollesch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001647, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Krankenpflegegesetzes nehme ich für die Freien Demokraten wie folgt Stellung. Der Vorschlag des Bundesrates geht von der Überlegung aus, mehr Schulabgänger der Volks- bzw. Hauptschulen für Krankenpflegeberufe zu gewinnen. Dies soll durch einen kürzeren Anschluß der Ausbildungszeit an die Schulzeit durch Herabsetzung des Mindestalters von 17 auf 16 Jahre für den Eintritt in die Krankenpflegeschulen erreicht werden, weil in der gegenwärtigen Lage durch die Altersvorschriften eine Zuwendung zu anderen Berufen hin vermutet wird. Wir Freien Demokraten teilen die Bedenken, die bei der Beratung im zuständigen Ausschuß ausgesprochen wurden, daß junge Menschen bei den gegebenen Verhältnissen physisch und psychisch überfordert sind, wenn sie nach dem erwähnten Schulabschluß früher als bisher in ein entsprechendes Ausbildungsverhältnis kommen. Die Krankenpflege stellt so hohe Anforderungen, daß es nach unserer Auffassung nicht zu verantworten wäre, dem Vorschlag des Bundesrates zu folgen. Wenn es möglich wäre, eine theoretische Ausbildung der praktischen Ausbildung voranzustellen, könnte das angesprochene Thema zweifellos erneut diskutiert werden. Derzeit ist jedoch die Krankenpflegeausbildung so gestaltet, daß von Anfang an die theoretische und die praktische Ausbildung parallel verlaufen. Eine kurzfristige Umstellung erscheint hier nicht möglich. Es liegt daher im Interesse der Jugendlichen, wenn die Altersgrenze für den Beginn der Ausbildung zu Krankenpflegeberufen nicht weiter herabgesetzt wird. Es wäre auch zu befürchten, daß bei einer Überforderung in jungen Jahren eine vorzeitige Abkehr von diesem Beruf und eine Hinwendung zu einer anderen Tätigkeit erfolgt. Wir Freien Demokraten halten es daher für richtig, es beim geltenden Recht zu belassen und die Änderung auf die Fristverlängerung in § 19 Abs. 4 zu beschränken. Wir folgen also dem im Schriftlichen Bericht niedergelegten Antrag des Ausschusses und bitten um Annahme des nunmehr geänderten Gesetzes in dritter Lesung sowie der empfohlenen Entschließung. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache in der dritten Beratung. Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Wir kommen noch zur Abstimmung über die Ausschußanträge Ziffern 2 und 3. Ich glaube, ich kann gemeinsam abstimmen lassen, und bitte diejenigen, die zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einmütige Beschlußfassung fest. Ich rufe Punkt 6 der heutigen Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Februar 1971 über das Verbot der Anbringung von Kernwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen auf dem Meeresboden und im Meeresuntergrund - Drucksache VI/2761 Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({0}) - Drucksache VI/3185 Berichterstatter: Abgeordneter Flämig ({1}) Der Herr Berichterstatter hat um das Wort zu einer kurzen Ergänzung seines Berichtes gebeten.

Gerhard Flämig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000561, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Meeresbodenvertrag, wie der Vertrag vom 11. Februar 1971 über das Verbot der Anbringung von Kernwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen auf dem Meeresboden und im Meeresuntergrund häufig genannt wird, haben sich der Auswärtige Ausschuß federführend sowie der Verteidigungsausschuß und der Ausschuß für Bildung und Wissenschaft mitberatend befaßt. Alle drei Ausschüsse empfehlen dem Hohen Hause die Zustimmung. In den Beratungen des Auswärtigen Ausschusses ist zum Ausdruck gekommen, daß der vorliegende Vertrag das Ergebnis jahrelanger Bemühungen im Genfer Abrüstungsausschuß und in den Vereinten Nationen ist. Er hat das Ziel, möglichst weite Bereiche der Erdoberfläche und des sie umgebenden Raumes vom nuklearen Wettrüsten und von der dadurch verursachten Bedrohung frei zu halten. Der Meeresbodenvertrag liegt also auf der gleichen Linie wie der Atomwaffensperrvertrag, der Weltraumvertrag, der Antarktisvertrag und auch der Vertrag über die Ächtung der Atomwaffen in Lateinamerika. Im technischen Sinn ist der Meeresbodenvertrag ebenfalls kein Abrüstungsvertrag, sondern ein „Nichtrüstungsvertrag". Konventionelle Waffen wie z. B. Seeminen und Sonargeräte fallen nicht unter das Vertragsverbot. Waffen mit Massenvernichtungscharakter, die durch den Vertrag verboten werden, sind, soweit wir wissen, bisher noch von keinem Staat auf dem Meeresboden angebracht worden. Im Auswärtigen Ausschuß wurde insbesondere über einige wesentliche Einschränkungen gesprochen. So erstreckt sich z. B. das Verbot, Kernwaffen oder sonstige Arten von Massenvernichtungswaffen sowie Bauten, Abschußrampen oder ähnliche Einrichtungen für die Lagerung, Erprobung oder Verwendung solcher Waffen auf dem Meeresboden und im Meeresuntergrund einzubauen oder anzubringen, nicht auf den jeweiligen Küstenstaat innerhalb einer Zwölf-Meilen-Zone. Diskutiert wurde im Ausschuß auch über die im Vertrag vorgesehenen Kontrollen und Inspektionen. Es bleibt festzustellen, daß die Vertragsstaaten berechtigt sind, die Tätigkeiten anderer Vertragsstaaten auf dem Meeresboden außerhalb der ZwölfMeilen-Zone zu beobachten und zu überprüfen. Bei aufkommendem Zweifel ist eine Konsultation vorgeschrieben. Bleiben berechtigte Zweifel, so kann der Erkundigungen einziehende Vertragsstaat eine Inspektion vornehmen. Dabei hat er die Vertragsparteien der Region, in der diese Tätigkeiten ausgeübt werden, einschließlich der Küstenstaaten sowie jede sonstige Vertragspartei, die mitzuwirken wünscht, zur Teilnahme aufzufordern. Werden die Zweifel nicht beseitigt, so kann jeder Vertragsstaat die Angelegenheit dem UNO-Sicherheitsrat vorlegen. Dieser kann nach Maßgabe der UNO-Charta tätig werden. Im Auswärtigen Ausschuß sind nun Bedenken geäußert worden, ob dieses Verfahren eine volle Wirksamkeit des Vertrages garantiere. Mit Interesse ist vermerkt worden, daß sich die Vertragsparteien in Art. 5 verpflichten, in redlicher Absicht Verhandlungen über weitere Maßnahmen zur Verhinderung eines Wettrüstens auf dem Meeresboden und im Meeresuntergrund zu führen. Die Hauptwirkung des Vertrags ist zur Zeit weniger von praktischer Art. Angesichts der Einsatzmöglichkeiten und der relativen Unverwundbarkeit von Atom-U-Booten dürfte die Installierung von Nuklearwaffen auf dem Meeresboden beim derzeitigen Stand der Technik ohnehin zu aufwendig sein. Deswegen liegt die Bedeutung dieses Vertrags überwiegend im psychologischen und im politisch-atmosphärischen Bereich. Der Auswärtige Ausschuß hat es für bedeutsam angesehen, daß die beiden Supermächte in Ost und West trotz der großen Gegensätze in Teilbereichen zu einer Einigung kommen konnten. Der Vertrag ist bisher von 89 Staaten unterzeichnet und von 26 Staaten ratifiziert worden. Zum Schluß, meine Damen und Herren, noch ein Problem, das unsere spezielle deutsche Situation berührt: Im Auswärtigen Ausschuß ist die entsprechende Frage angeschnitten und ist dann von der Bundesregierung klargestellt worden, daß mit der Unterzeichnung des Vertrages durch die DDR und die Bundesrepublik Deutschland keine völkerrechtliche Anerkennung der DDR verbunden ist. Es entsteht dadurch auch keine völkerrechtliche Bezie10100 hung zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Entsprechende Erklärungen für ihr Verhältnis zur DDR haben die USA und Großbritannien abgegeben. Um in diesem Zusammenhang die Situation von West-Berlin deutlich herauszustellen, hat der Auswärtige Ausschuß empfohlen, den Art. 2 des Zustimmungsgesetzes abzuändern und folgendermaßen zu fassen: Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt, wobei die Rechte und Verantwortlichkeiten der Alliierten Behörden und die Befugnisse, die ihnen auf den Gebieten der Abrüstung und der Entmilitarisierung zustehen, berücksichtigt werden. Der federführende Auswärtige Ausschuß empfiehlt Ihnen, meine Damen und Herren, dem Gesetz mit diesen Änderungen zuzustimmen. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die zweite Beratung ein. Das Wort wird nicht begehrt. Ich rufe die Art. 1, 2. 3, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einmütige Beschlußfassung fest. Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1972 ({0}) - Drucksache N/2439 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({1}) - Drucksache VI/3131 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frerichs Abgeordneter Kater ({2}) in Verbindung mit Nummer 2 des Ausschußantrags Beratung des Berichts des Haushaltsausschusses ({3}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/3132 - Berichterstatter: Abgeordneter Röhner Ich frage zunächst, ob die Herren Berichterstatter zur Ergänzung ihrer Berichte das Wort wünschen. - Das ist nicht der Fall. Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich rufe die §§ 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, Einleitung und Überschrift auf. - Wer in zweiter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmige Beschlußfassung. Wir treten in die dritte Beratung ein. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gewandt.

Heinrich Gewandt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000675, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine Herren! Im Namen der CDU/CSU-Fraktion möchte ich aus Anlaß der Verabschiedung des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 1972 folgende Erklärung abgeben: 1. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt es, daß im Haushaltsjahr 1972 das zur Verteilung anstehende Volumen um etwa 7,5 % erhöht werden konnte. Diese Erhöhung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß im Jahre 1972 mit mehr Geld weniger geleistet werden kann. Durch die inflationäre Entwicklung und insbesondere durch eine in ihren Ausmaßen nie gekannte Explosion der Kosten bei Bauleistungen wird auch im Jahre 1972 mit der vorgenommenen Anpassung der Mittel nicht erreicht werden können, daß die reale Leistung aus dem ERP-Sondervermögen verbessert wird. Vielmehr wird auf Grund der gegebenen Fakten ein realer Rückgang der Förderungsmaßnahmen zu verzeichnen sein. Die Klein- und Mittelbetriebe werden hiervon in besonderer Weise negativ betroffen, da sie nach wie vor auf die Gewährung zinsgünstiger Kredite sowie auf andere Programme des ERP-Sondervermögens angewiesen sind. 2. Die große Nachfrage nach ERP-Krediten führt angesichts des beschränkten Volumens dazu, daß auch in diesem Jahre wiederum nur ein Bruchteil der Antragsteller tatsächlich zum Zuge kommen konnte. Die Kredite für die ERP-Mittelstandsprogramme sind bereits im ersten Quartal des laufenden Jahres verplant worden. Das heißt, schon vor Erscheinen der Regierungsbroschüre konnte in den meisten Fallen kein Geld mehr zur Verfügung gestellt werden. 3. Da in Verbindung mit dem ERP-Wirtschaftsplangesetz 1972 auch der Antrag der Regierungskoalition beraten wird, den sie während der Mittelstandsdebatte am 8. Dezember 1971 vorlegte, muß hierzu etwas angemerkt werden. Um die Konzeptionslosigkeit in der Mittelstandspolitik zu kaschieren, hat die Regierungskoalition bekanntlich am Vorabend dieser Debatte diesen Antrag gestellt, der in der Zwischenzeit wie eine Seifenblase geplatzt ist. Bei aller positiven Einstellung zu einem Antrag, der die Förderung der mittelständischen Unternehmen zum Ziele hat, ist folgendes festzustellen: a) Das von der Regierungskoalition seinerzeit vorgeschlagene ergänzende ERP-Investitionsprogramm soll nicht, wie häufig irrtümlicherweise publiziert wurde, 1 Milliarde, sondern lediglich bis zu i Milliarde DM vorsehen, und das für den Fall, daß ein Ergänzungshaushalt nötig wird. Während aber bei der Mittelstandsdebatte die Regierungskoalition bis zu 1 Milliarde DM für den Mittelstand angekündigt hat, lehnte sie bereits am Tage darauf im Haushaltsausschuß die Erhöhung der Gewerbeförderungsmittel um nur 10 Millionen DM ab. Dies zeigt, daß die Regierungskoalition in der Praxis nicht einmal bereit ist, 1 % ihres Antrages zu verwirklichen. b) Aus dem sogenannten ergänzenden Investitionsprogramm sollen nicht nur Förderungsmaßnahmen für mittlere Unternehmen durchgeführt werden, sondern insgesamt auch wirtschaftsschwache Regionen sowie gemeindliche Infrastrukturinvestitionen vorgenommen werden. Welchen Umfang im Rahmen des gesamten Programms dieser sicherlich wichtigen Investition zugedacht ist, wird nicht näher beziffert. Es fehlt auch an konkreten Angaben über das Programm. Wir haben bereits anläßlich der Mittelstandsdebatte davor gewarnt, daß dieser Antrag falsche Hoffnungen wecken wird, die zu erfüllen man nicht in der Lage ist. Wir hoffen, daß die Regierungskoalition ihren ergänzenden Antrag ernst meint und damit nicht nur über ihre Konzeptionslosigkeit hinwegtäuschen möchte. 4. Der Initiative der CDU/CSU-Fraktion ist es zu verdanken, daß erstmalig im Jahre 1972 ein Betrag von 20 Millionen DM zur Mitfinanzierung von Anlagen für die industrielle Abfallbeseitigung bereitgestellt wird. Diese Kredite sind deshalb vorrangig der gewerblichen Wirtschaft und den Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Verfügung zu stellen, weil für diese wichtigen Aufgaben des Umweltschutzes im Bundeshaushalt keine Finanzierung vorgesehen ist. 5. Die CDU/CSU-Fraktion begrüßt die Bereitstellung von 10 Millionen DM, die aus Anlaß der 25. Wiederkehr der Verkündung des Marshallplanes dem American Council of Europe für die Dauer von 15 Jahren - insgesamt handelt es sich also um 150 Millionen DM - als Stiftungsvermögen für gegenwarts- und zukunftsbezogene europäische Studien und Forschungsvorhaben zur Verfügung gestellt werden sollen. 6. Die CDU/CSU-Fraktion ist der Auffassung, daß im Wirtschaftsjahr 1973 die Mittel für kleinere und mittlere Unternehmen zur Förderung von Investitionen, zur grundlegenden Rationalisierung, Umstrukturierung und Innovation spürbar erhöht werden müssen, da diese Kredite tatsächlich eine Hilfe für die Erhaltung und Förderung der mittelständischen Wirtschaft darstellen und im Sinne des ERP-Gesetzes eine nachhaltige produktivitätssteigernde Wirkung haben. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil die Produktivität der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahren in erschreckendem Maße zurückgegangen ist. Eine Erhöhung der Ansätze dient natürlich nur dann der Leistungssteigerung, wenn es sich nicht nur um nominale Zusätze handelt, d. h. oberstes Gesetz muß die Wiederherstellung der Geldwertstabilität bleiben. Trotz unserer Bedenken stimmen wir dem ERP-Plan zu, zumal es sich im wesentlichen um die Weiterentwicklung von Maßnahmen handelt, die CDU/ CSU-Regierungen eingeleitet haben. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kater.

Helmut Kater (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001071, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion möchte ich folgende Erklärung zum ERP-Wirtschaftsplan 1972 abgeben. 1. Der ERP-Wirtschaftsplan mit seinen strukturpolitischen Maßnahmen und seinen Maßnahmen zugunsten Berlins und der Entwicklungsländer nimmt in der deutschen Wirtschaftspolitik einen bedeutenden Rang ein. Diese Bedeutung reicht in die frühe Nachkriegszeit zurück. Von 25 Jahren begann die Marshallplan-Hilfe der Vereinigten Staaten von Amerika und mit ihr der Wiederaufbau unserer durch den Krieg zerstörten Wirtschaft. Wenn wir uns aus Anlaß dieses Jubiläums zurückerinnern, so geschieht dies in einer Haltung des Dankes gegenüber dem Mann, der am 15. Juni 1947 den Anstoß zum Wiederaufbau Europas gab, George Marshall. Die Politik des damaligen amerikanischen Außenministers und der Vereinigten Staaten leitete vor 25 Jahren eine Epoche des freien Welthandels ein, die dann fortdauernd wirkt, wenn sich Europäer wie Amerikaner heute zu der Weitsichtigkeit und Souveränität durchringen, wie sie Marshall besaß. 2. Der ERP-Haushalt wird sich im Jahr 1972 in Einnahmen und Ausgaben auf rund 2181 Millionen DM belaufen. Er liegt damit um rund 157 Millionen DM über dem Ansatz des Vorjahres. An diesem Zuwachs partizipieren auch die für mittelstandspolitische Zwecke bereitgestellten Mittel. Die ERP-Programme für kleine und mittlere Unternehmen summieren sich mit dem ERP-Programm für Umstellungsinvestitionen der gewerblichen Wirtschaft im Jahre 1972 auf 408 Millionen DM und weisen damit gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von 30 Millionen DM auf. Mit diesem Ergebnis wird erstmals die 400-Millionen-DM-Grenze für mittelstandspolitische Zwecke überschritten. Der Wirtschaftsausschuß billigte einstimmig die Aufnahme zweier neuer Ansätze, die vorhin hier schon angesprochen wurden. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen werden in Erinnerung an George Marshall und als Dankesgeste gegenüber den Vereinigten Staaten für die Dauer von 15 Jahren jährlich 10 Millionen DM dem American Council for Europe zur Bildung eines Stiftungsvermögens zugeführt. Die amerikanische Stiftung wird Studien- und Forschungsvorhaben über Europa fördern und damit einen Beitrag zum Verständnis der Entwicklungen in Europa leisten. Auf Antrag der CDU/CSU wurde ein Betrag von 20 Millionen DM zur Förderung der Abfallbeseitigung in den Wirtschaftsplan eingestellt. Diese Mittel werden das Abfallbeseitigungsgesetz der Bundesregierung flankieren und für die Errichtung von Müllbeseitigungsanlagen zur Verfügung gestellt werden. 3. In der Öffentlichkeit ist das Gutachten der Prognos-AG, Basel, über die öffentliche Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen in der Bundesrepublik Gegenstand heftiger Erörterungen. Die Studie befaßt sich unter anderem auch mit dem Erfolg dreier ERP-Mittelstandsprogramme. Die Schlußfolgerungen der Studie über diese Programme werden teilweise etwas undifferenziert wiedergegeben. Lassen Sie mich deshalb die Ergebnisse der Studie kurz erörtern. Das Programm zur Gründung selbständiger Existenzen durch Nachwuchskräfte erfährt durch das Prognos-Gutachten eine uneingeschränkt positive Wirkung. Auch das Programm zur Errichtung von Betrieben in neuen Wohnsiedlungen, neugeordneten Stadtteilen und Gewerbegebieten wird im Grunde positiv beurteilt. Einerseits unterstütze das Programm die Anpassung an Änderungen der räumlichen Nachfragestruktur und die Auswahl günstiger Standorte, andererseits erscheine jedoch ein besonderes Programm für diese räumliche Umstrukturierung nicht nötig. Dieser Einwand wird durch die Feststellung aufgehoben, daß ein solches Programm bei Stadtsanierungen und Stadtneuordnungen von wesentlicher Bedeutung ist. Gerade auf diesem Gebiet dürfte in Zusammenhang mit dem Städtebauförderungsgesetz der künftige Hauptanwendungsbereich des Programms zu suchen sein. Die kritischste Beurteilung erfährt das Programm zur Förderung der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft in Gebieten und im Rahmen der regionalen Aktionsprogramme. Die Studie stellt einerseits fest, daß dieses Programm Fragen der Unternehmensführung und der Standortwahl nicht berücksichtige, räumt jedoch gleichzeitig ein, daß die Standortbedingungen in wirtschaftsschwachen Regionen durch eine Förderstrategie, in die mittelständische Unternehmen einbezogen werden, verbessert werden können. Wörtlich heißt es - ich zitiere -: Diese Ergebnisse lassen einen Erfolg von Förderungsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen in wirtschaftsschwachen Gebieten nur in dem Maße erwarten, als dadurch die standortgebundenen Schwierigkeiten abgebaut werden können. Es kann jedoch nicht daraus geschlossen werden, daß Förderungen zum Zwecke einer Verbesserung der regionalen Entwicklung erfolglos bleiben müßten, wenn sie auch kleinen und mittleren Unternehmen zugute kommen. Hierfür wäre die Rolle zu prüfen, die kleine und mittlere Unternehmen bei der Überwindung von Wachstumsschwierigkeiten einzelner Regionen spielen können oder müssen, - ein Problem, das außerhalb dieser Untersuchung liegt. Außerhalb der Betrachtung der Studie liegen die regionalen Aktionsprogramme, in deren breiter Entwicklungsstrategie die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen eingebunden ist. Eine isolierte Betrachtungsweise, die alle Komponenten einer Entwicklungsstrategie bewußt bis auf eine ausschaltet und Ergebnisse der regionalen Wirtschaftsförderung - beispielsweise die Verbesserungen der Standortqualitäten in Schwerpunktorten - außer acht läßt, muß zu einseitigen, falschen Schlußfolgerungen führen. Eine Überprüfung der ERP-Mittelstandsprogramme an den Überlegungen des Prognos-Gutachtens führt zu dem Ergebnis, daß sich diese durchaus bewährt haben. Dies schließt eine berechtigte Kritik im einzelnen nicht aus. Beispielsweise sollten die Größenkriterien der einzelnen Programme besser aufeinander abgestimmt sein. Wir würden es begrüßen, wenn sich die weitere Diskussion über die ERP-Mittelstandsprogramme auf der Ebene eines abgewogenen Urteils entwickeln würde. Der Sache wäre dies am dienlichsten. Selbstverständlich sollten die Überlegungen des Prognos-Gutachtens ernstgenommen werden, die auf die Bedeutung der Ausbildung, der Beratung, der Qualifikation des Unternehmers hinweisen. Die Förderung der beruflichen Bildung kann jedoch nicht Aufgabe eines Kreditmittelhaushalts sein, wie ihn der ERP-Wirtschaftsplan darstellt. Dies ist Aufgabe des Bundeshaushalts. Meine Fraktion ist der Auffassung, daß im Einzelplan des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen bald ein neuer Titel „Berufliche Bildung" geschaffen werden muß. 4. Dem Hause liegt zum Wirtschaftsplan ein Antrag des Wirtschaftsausschusses zur Beschlußfassung vor. Der von den Koalitionsfraktionen initiierte Antrag fordert die Bundesregierung auf, ein ERP-Investitionsprogramm bis zu 1 Milliarde DM vorzubereiten und dem Bundestag im Falle eines drohenden, nicht erwünschten Beschäftigungsrückgangs vorzulegen. Das Programm soll in erster Linie Mittel zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen sowie kommunaler Investitionen bereitstellen. Dies könnte in der bewährten Form eines ERP-Investitionshilfegesetzes geschehen. Die Finanzierung würde keine Schwierigkeiten bereiten. Sie könnte im Wege einer inkongruenten Finanzierung über Schuldscheindarlehen vorgenommen werden, würde also den längerfristigen Kapitalmarkt nicht belasten. Schließlich darf ich darauf hinweisen, daß die niedrige Verschuldung des ERP-Sondervermögens in Höhe von rund 1,7 Milliarden DM bei einem Gesamtvermögen von mehr als 10 Milliarden DM eine zusätzliche Verschuldung von 1 Milliarde DM durchaus gestatten würde. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem vorliegenden Entwurf des ERP-Wirtschaftsplangesetzes 1972 und dem Antrag des Wirtschaftsausschusses zuzustimmen. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die dritte Beratung. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest und bitte noch, über den Ausschußantrag Ziffer 2 auf Seite 3 der Vorlage abzustimmen. Wer dem AusVizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen schußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmige Beschlußfassung. Ich rufe nunmehr den Punkt 8 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Juli 1971 zur Verlängerung des Abkommens vom 21. Mai 1965 über den Handelsverkehr und die technische Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik anderseits - Drucksache VI/2913 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft ({0}) - Drucksache VI/3113 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Warnke ({1}) Der Herr Berichterstatter hat auf eine Ergänzung des vorliegenden Berichts verzichtet. Wortmeldungen zur zweiten Beratung liegen nicht vor. Ich rufe die Art. 1, 2, 3, 4 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmige Beschlußfassung. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben - Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle auch hier einstimmige Beschlußfassung fest. Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Juni 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Osterreich über die Gewährung von Abgabenfreiheit für Fernmeldeanlagen im Grenzgebiet - Drucksache VI/2982 Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({2}) - Drucksache VI/3109 Berichterstatter: Abgeordneter Porzner ({3}) Der Herr Berichterstatter hat auf eine Ergänzung des Berichts verzichtet. Wir treten in die zweite Beratung ein. Das Wort wird nicht begehrt. Ich rufe die Art. 1, 2, 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Wer dem Gesetz in der zweiten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmige Beschlußfassung. Bevor wir zur Schlußabstimmung kommen, frage ich, ob das Wort begehrt wird. Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist auch dieser Gesetzentwurf einstimmig angenommen. Ich rufe nun die Punkte 10, 11 und 12 auf: 10. Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. Oktober 1957 über die Beschränkung der Haftung der Eigentümer von Seeschiffen und zu den auf der IX. Diplomatischen Seerechtskonferenz in Brüssel am 10. Mai 1952 geschlossenen Übereinkommen - Drucksache VI/2224 -Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({4}) - Drucksache VI/3180 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Arndt ({5}) Abgeordneter Dr. Hauser ({6}) ({7}) 11. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren bei der Einzahlung und Verteilung der Haftungssumme zur Beschränkung der Reederhaftung ({8}) -Drucksache VI/2226 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({9}) - Drucksache VI/3181 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Arndt ({10}) Abgeordneter Dr. Hauser ({11}) ({12}) 12. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze ({13}) - Drucksache VI/2225 -Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({14}) - Drucksache VI/3182 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Arndt ({15}) Abgeordneter Dr. Hauser ({16}) ({17}) Bei dem Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung der Eigentümer von Seeschiffen gehe ich davon aus, daß Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen die Herren Berichterstatter auf eine Ergänzung des schriftlich vorliegenden Berichts verzichten. Ich rufe in zweiter Beratung die Artikel 1, 2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? -Einstimmig angenommen. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Angenommen. Wir kommen nunmehr zur Seerechtlichen Verteilungsordnung. Ich rufe in zweiter Beratung §§ 1 bis 41 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Paragraphen sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht begehrt. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Wir kommen jetzt zum Seerechtsänderungsgesetz. Ich rufe in zweiter Beratung die Artikel 1 bis 8 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Artikeln sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Wir treten in die dritte Beratung ein. Mir liegen Wortmeldungen der Herren Abgeordneten Dr. Arndt und Dr. Hauser vor. - Sie haben das Wort, Herr Dr. Arndt.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion darf ich Ihnen zu den drei seerechtlichen Gesetzen folgende Erklärung abgeben. In den Jahren 1952 und 1957 haben die IX. und X. Diplomatische Seerechtskonferenz stattgefunden, die einer Vereinheitlichung des Seerechts dienten. Auf diesen Konferenzen wurden die Ihnen heute zur Beratung vorliegenden Vereinbarungen getroffen und von der Bundesregierung unterzeichnet. Durch diese Abkommen wird u. a. der Arrest für Seeschiffe, d. h. das, was man an der Küste immer mit dem Wort „an die Kette legen" bezeichnet, geregelt. Sie enthalten ferner Schutzbestimmungen für die Freizügigkeit der Schiffahrt in fremden Häfen. Schließlich enthalten diese Abkommen Vorschriften im Falle von Schiffszusammenstößen - hierbei insbesondere die Regelung der Gerichtsstände und das auf solche Tatbestände anzuwendende Strafrecht - sowie eine Neuregelung des Haftungsrechts für die Reeder. Als Konsequenz dieser völkerrechtlichen Abkommen, denen Sie, meine Damen und Herren, soeben beim Ratifikationsgesetz zugestimmt haben, ist das deutsche Seerecht zu ändern und zu ergänzen. Das Seerecht ist in Deutschland im Handelsgesetzbuch niedergelegt. Das Handelsgesetzbuch mußte mithin neu gefaßt werden, soweit das Seerecht betroffen ist. Dabei konnte darüber hinaus eine Modernisierung dieses Gesetzes vorgenommen werden, eines Gesetzes, das zu den ältesten geltenden Gesetzen in der Bundesrepublik gehört. Es ist - das als eine aktuelle Parallele - zu einer Zeit entstanden, als zwar die deutsche Nation existierte, diese aber in zahlreiche Staaten - nicht nur in zwei, wie gegenwärtig - gegliedert war. Die Modernisierung des Handelsgesetzbuchs hinsichtlich des Seerechts hat es mit sich gebracht, daß das Institut der Bodmerei nunmehr völlig abgeschafft wird. Gleichzeitig wurden altertümliche Begriffe - der des Schiffers wurde z. B. durch „Kapitän" ersetzt , heute überholte Begriffe neu gefaßt, und es wurde auch auf die Beschreibung von Tatbeständen für „segelfertige Schiffe" und ähnliches für die Zukunft verzichtet. Was die praktische Bedeutung für das deutsche Seerecht betrifft, so ist das wichtigste wohl die Frage der Reederhaftung. Sie wurde im Ergebnis nicht unerheblich verschärft. Bisher hafteten Reeder nur mit Schiff und Ladung. Das konnte ein sehr großes Risiko sein, insbesondere dann, wenn bei einem Schiffszusammenstoß Schiff und Ladung verlorengingen. Nunmehr ist auf Grund der internationalen Abkommen ein ganz neues internationales System entwickelt worden, an das wir hiermit auch das deutsche Recht anpassen. In Zukunft nämlich wird der Reeder entweder voll haften, genauso wie jeder andere, der einen Schaden verursacht, in unserer Rechtsordnung haftet, oder aber er kann diese Haftung dadurch abwenden, daß er eine bestimmte Summe hinterlegt, die nach einem international einheitlichen Maßstab berechnet wird, dem seinerseits der sogenannte Poincaré-Franc, also eine französische Währungseinheit, die hier in Zukunft als internationaler Maßstab gelten soll, zugrunde gelegt wird. Natürlich muß es, wenn ein Schadensfall eingetreten ist und die Haftungssumme des Reeders in Anspruch genommen werden muß, eine Vorschrift geben, die etwas darüber besagt, wie diese Haftungssumme auf die einzelnen Gläubiger zu verteilen ist. Das ist die Aufgabe des dritten Gesetzes, das heute zur Beratung und Abstimmung steht, nämlich der Seerechtlichen Verteilungsordnung. Das ist ein Gesetz, das im wesentlichen der Konkursordnung nachgebildet ist, einem Gesetz, das ebenfalls zahlreiche Ansprüche an eine bestimmte Vermögensmasse regelt. Die Seerechtliche Verteilungsordnung wird also in Zukunft die Grundlage dafür sein, daß die Gläubiger eines Reeders befriedigt werden können, und zwar aus Haftungsgründen, die durch den Betrieb eines Schiffes entstanden sind. Dr. Arndt ({0}) Meine Damen und Herren, Ihnen liegt ein umfangreiches Gesetzeswerk vor, das Hunderte von Paragraphen umfaßt. Dieses Gesetzeswerk hätte nicht in relativ kurzer Zeit in diesem Hause beraten und verabschiedet werden können, wenn nicht die beteiligten Interessenten, insbesondere die beiden Gewerkschaften Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr und Deutsche Angestelltengewerkschaft auf der einen Seite und der Verband Deutscher Reeder auf der anderen Seite, den Mitgliedern dieses Hauses mit Rat und Tat zur Seite gestanden hätten. Sie haben uns in die Lage versetzt, das umfangreiche Werk der Novellierung des deutschen Seerechts in dieser kurzen Zeit zu verabschieden. Den Damen und Herren der Gewerkschaften und des Reederverbandes gilt von dieser Stelle aus unser besonderer Dank. ({1}) Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands begrüßt es, daß nunmehr auch das deutsche Seerecht auf einen modernen Stand gebracht und durch die hier zur Debatte stehenden Verträge und Gesetze dem internationalen Stand angeglichen wird. Das ist eine Voraussetzung dafür, daß auch der deutsche Seehandel in Zukunft international konkurrenz- und leistungsfähig ist. Da es sich hierbei um ein modernes Gesetz handelt, das den internationalen Handel und Verkehr mit Seeschiffen fördert, werden wir allen drei Vorlagen zustimmen. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hauser ({0}).

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die Ratifizierung von vier internationalen Übereinkommen über Seerecht und die Verabschiedung eines Gesetzes, das unser geltendes Seehandelsrecht den Grundsätzen anpaßt, wie sie in diesen internationalen Abmachungen niedergelegt sind, samt der dazu gehörigen Verteilungsordnung, über die schon Herr Kollege Arndt vorausgehend gesprochen hat, verdient zumindest eine kurze Würdigung, die ich im Auftrag meiner Fraktion abgeben darf. Der Weltverkehr zur See hat heute schon weithin eine Internationalität verwirklicht und eine Integration bewirkt, die auch im rechtlichen Bereich immer stärker ihren Niederschlag findet. Die besonderen technischen und ökonomischen Erfordernisse der Seefahrt wie insbesondere auch die Gefahren auf den Weltmeeren haben stets die Eigenart des Seerechts bestimmt. Ich brauche nur an die umfassende Befehlsgewalt des Kapitäns außerhalb des Heimathafens oder an die Gefahrengemeinschaft aller Beteiligten bei der großen Havarie zu erinnern. Alle diese seerechtlichen Fragen stellten sich in gleicher Eindringlichkeit in sämtlichen Staaten, die Schiffahrt auf den Meeren betrieben. Kein Wunder ist es daher, daß es bereits vor mehr als 60 Jahren zu ersten internationalen Übereinkünften gekommen ist. Die Erkenntnis, bestehende Barrieren einzelstaatlicher Normen, die den. internationalen Verkehrsfluß beengen, abbauen zu müssen, wuchs in den folgenden Jahren immer mehr. Der Strukturwandel im Seeverkehr zwingt obendrein einfach dazu, sich auch im rechtlichen Bereich noch nachhaltiger zu akkordieren. Ich denke etwa an die Haftung für Reaktorhandelsschiffe, wie unsere „Otto Hahn". Diese Frage machte bis dahin jeweils bilaterale Vereinbarungen für das Anlaufen fremder Häfen durch die „Otto Hahn" erforderlich, wie etwa das von drei bis vier Tagen im II. Teil des Bundesgesetzblattes verkündete Ratifizierungsgesetz zur Benutzung portugiesischer Gewässer durch die „Otto Hahn" beweist. Ich denke dabei aber auch an ein Übereinkommen bezüglich der Haftung für Tankerunfälle, das zweifellos eng verbunden sein muß mit der Frage der Errichtung eines internationalen Haftungsfonds für Ölschäden. Ich denke nicht zuletzt an die überaus schnelle Entwicklung des Containerverkehrs über die Meere, die etwa die Schaffung von besonderen Konnossementen notwendig macht, die neben einer Seestrecke auch andere Transportstrecken einschließen. So bleibt die Fortentwicklung des Seehandelsrechtes aufs engste verbunden mit der internationalen Rechtsvereinheitlichung. Ja, ohne Berücksichtigung der internationalen Rechtsentwicklung ist eine Weiterbildung unseres Seehandelsrechts in seinen Grundzügen gar nicht mehr denkbar. Dabei bedarf - hierauf hat dankenswerterweise Herr Kollege Arndt schon hingewiesen - das Vierte Buch unseres Handelsgesetzbuchs, die Grundlage unseres deutschen Seehandelsrechtes, einer gründlichen Überholung. Geht dieses Recht in seiner Anlage doch immer noch entscheidend von einer Seeschiffahrt aus, der unsere moderne Nachrichtenübermittlung noch völlig fremd war! Infolgedessen sprach man - um nur ein Beispiel herauszugreifen - dem Kapitän als dem Vertreter des Reeders recht weitgehende Vollmachten zu, die er damals einfach brauchte, als er einst völlig isoliert auf der See fuhr und ganz auf sich allein gestellt keine Möglichkeit hatte, entsprechende Weisungen einzuholen. Daß diese so stark mit Vollmachten und Rechten ausgestattete Position des Kapitäns längst überholt ist, wo dieser heute in den meisten Fällen auf schnellstem Wege per Funk oder Telegraphie die Entscheidung seines Reeders einholen kann, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die Vorlagen, die das Hohe Haus heute zu verabschieden hat, stellen somit ein weiteres Stück der großen Bemühungen um eine Rechtsvereinheitlichung auf internationalem Feld dar. Was hier von den Beamten Ihres Hauses, Herr Staatssekretär, an Vorarbeiten insbesondere bei der Übernahme der internationalen Übereinkommen in das innerstaatliche Recht geleistet wurde, verdient in der Tat das uneingeschränkte Lob und die volle Anerkennung I des Parlaments. ({0}) Eine saubere und ausgewogene Regierungsvorlage wurde hier in den Gesetzgebungsgang eingeführt, Dr. Hauser ({1}) die in der Abrundung der aufgegriffenen Fragen von so manchen anderen Gesetzesvorlagen und Reformvorschlägen angenehm absticht, denen man trotz des nunmehr installierten Kabinettsreferats auf der Rosenburg die Hektik anmerkt, mit der sie fabriziert wurden. Aber eine solch solide Arbeit, wie wir sie heute zur Beurteilung und zur Verabschiedung vor uns haben, braucht selbstverständlich ihre Zeit. Sie läßt es auch hinnehmen, daß die internationalen Abmachungen, die ja schon aus den Jahren 1952 und 1957 stammen, diesem Hause nicht früher vorgelegt wurden. Bei der Vorbereitung der gesamten Vorlagen, wie sie heute zum Abschluß kommen, wurde klugerweise auch der sachverständige Rat derjenigen Männer und Frauen eingeholt, die im grauen Alltag mit diesen Problemen dauernd konfrontiert sind. Aber nicht allein der Deutsche Verein für internationales Seerecht, unsere Sektion im Comité Maritime International, wirkte bei der Vorbereitung der internationalen Abkommen maßgeblich mit, sondern bei der Transformation der in diesen Vereinbarungen festgelegten Grundsätze in das innerstaatliche Recht berief bereits der frühere Bundesjustizminister Schäffer anno 1959 ein Sachverständigengremium, das dann seine weitreichenden Erfahrungen in das Gesetzgebungswerk einbrachte und so ein in sich geschlossenes Ganzes mitgeschaffen hat, das bestimmt so schnell keine Korrektur erforderlich machen wird. Wir können nur empfehlen, bei der notwendigen weiteren Überarbeitung des Seehandelsrechts in gleicher Weise das fachkundige Wissen der Leute, die sich in einer an Erfahrung reichen Tradition ihr gesundes Urteil und ihren weiten Blick bewahrt haben, wiederum zu nutzen. Allein das Gesetzgebungswerk, Herr Staatssekretär, profitiert hiervon. Wenn nunmehr die Reederhaftung im internationalen Bereich vereinheitlicht wird und für uns Deutsche eine Umstellung von der beschränkt dinglichen Haftung auf ein Summenhaftungssystem stattfindet, wenn damit auch eine Vereinheitlichung der Schiffsgläubigerrechte, Veränderungen im Recht der großen Havarie sowie dem der Bergung und Hilfeleistung verbunden sind, wenn darüber hinaus das Verklarungssystem modernisiert wird und in den weiteren drei Übereinkommen den deutschen Schiffen im Ausland ein verstärkter Schutz vor Arresten und den deutschen Reedern mit den klar begrenzten Gerichtsständen eine größere Sicherheit vor Klagen im Ausland gegeben wird, so ist damit dieses Recht, das wie kein anderes von dem internationalen Zusammenwirken bestimmt ist, in seiner nüchternen Gestaltung entschieden überschaubarer geworden. Dies veranlaßt meine Fraktion und mich in der Tat, den Vorlagen insgesamt uneingeschränkt unsere Zustimmung zu geben. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung in der dritten Beratung. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben. - Ich danke Ihnen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Meine Damen und Herren, die Punkte 13 und 14 werden in der morgigen Plenarsitzung aufgerufen. Ich rufe nunmehr die Punkte 15 bis 19 der Tagesordnung auf: 15. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung - Drucksache VI/3117 16. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen - Drucksache VI/3194 -17. Erste Beratung des von den Abgeordneten Leicht, Bremm, Dr. Wagner ({0}), Dr. Gölter, Dr. Hauser ({1}), Josten, Richarts, Dr. Schulze-Vorberg, Susset, Pieroth, Dr. Jungmann und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes - Drucksache VI/3130 18. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung futtermittelrechtlicher Vorschriften - Drucksache VI/3143 -19. Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern ({2}) - Drucksache VI/3169 Es handelt sich um von Mitgliedern des Hauses und von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwürfe. - Das Wort wird nicht gewünscht. - Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates ersehen Sie aus der Tagesordnung. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch, so daß das Haus mit den vorgeschlagenen Überweisungen einverstanden ist, nämlich den Tagesordnungspunkt 15 an den Ausschuß für Wirtschaft - federführend - und an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung, den Tagesordnungspunkt 16 an den Ausschuß für Wirtschaft, den Tagesordnungspunkt 17 an den Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Tagesordnungspunkt 18 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Tagesordnungspunkt 19 an den Innenausschuß und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 20 der heutigen Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({3}) über den BeVizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen richt des Bundesministers der Finanzen betr. Ergebnisse der Entbehrlichkeitsprüfung und der Veräußerung von Bundesgelände zu Zwecken des Wohnungsbaues und der Eigentumsbildung - Drucksachen VI/1851, VI/3087 Berichterstatter: Abgeordneter Bremer Der Herr Berichterstatter verzichtet auf eine mündliche Ergänzung des Schriftlichen Berichts. Ich darf auf den Bericht im einzelnen mit dem Antrag Bezug nehmen. Das Wort wird nicht begehrt. - Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmige Beschlußfassung. Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen betr. Veräußerung des bundeseigenen Restgeländes der ehemaligen Königin-Olga-Kaserne in Ludwigsburg an die Stadt Ludwigsburg hier: Erteilung der Einwilligung gemäß § 64 Abs. 2 BHO - Drucksache VI/3106 Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Vorlage an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Das Wort wird nicht begehrt. - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Finanzausschusses ({4}) über den Entschließungantrag der Fraktion der CDU/CSU zum Gesetz über die weitere Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden und des Bundesfernstraßenbaus ({5}) - Umdruck 246, Drucksache VI/3110 Berichterstatter: Abgeordneter Meinike ({6}) Der Berichterstatter verzichtet auf einen mündlichen Bericht. Der Antrag des Ausschusses liegt Ihnen vor. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! -- Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 23 der heutigen Tagesordnung auf: Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({7}) über die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({8}) Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs ({9}) - Drucksachen VI/3002, VI/3003, VI/3116 - Berichterstatter: Abgeordneter Kaffka Der Herr Berichterstatter verzichtet auf eine mündliche Ergänzung. Im Namen des Ausschusses für Wirtschaft wird vom Berichterstatter darum gebeten, daß das Hohe Haus von seinem .Aufhebungsrecht keinen Gebrauch macht. Ein Antrag auf Aufhebung ist hier nicht gestellt. Dieser Punkt ist damit erledigt. Ich rufe die Punkte 24 und 25 der Tagesordnung auf: Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({10}) - Drucksache VI/3142 Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({11}) - Drucksache VI/3173 Das Wort wird nicht begehrt. - Die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates ersehen Sie aus der Tagesordnung, nämlich die Tagesordnungspunkte 24 und 25 an den Ausschuß für Wirtschaft zu überweisen. Ist das Haus mit der vorgeschlagenen Überweisung einverstanden? - Ich sehe und höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Ich ruf die Punkte 26 und 27 der Tagesordnung auf: 26. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft ({12}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Durchführung koordinierter, jährlicher Erhebungen über die Tätigkeit der Industrie Richtlinie ({13}) des Rates zur Änderung von Artikel 31 der Richtlinie des Rates vom 4. März 1969 zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über den aktiven Veredelungsverkehr ({14}) Richtlinie ({15}) des Rates über die Einzelheiten und Bedingungen für die Veröffentlichung der Bekanntmachungen von Bauaufträgen und Konzessionen für Bauarbeiten im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - Drucksachen VI/2085, VI/2571, VI/2958, VI/3125 Berichterstatter: Abgeordneter Kater 27. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({16}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der EG-Kommission für eine Verordnung ({17}) des Rates zur Festsetzung des Schwellenpreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1971/72 Verordnung ({18}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({19}) Nr. 2049/69 über die Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen Grundregeln für die Denaturierung von Zucker für Futterzwecke Verordnung ({20}) des Rates zur Verlängerung der Anwendbarkeit der zusätzlichen Güteklassen für bestimmte Obst- und Gemüsearten Verordnung ({21}) des Rates über die Regelung für bestimmte frische Früchte und Gemüse mit Ursprung in der Vereinigten Republik Tansania, der Republik Uganda und der Republik Kenia Verordnung ({22}) des Rates über die Regelung für bestimmte frische Früchte und Gemüse mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar und den überseeischen Ländern und Gebieten Verordnung ({23}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({24}) Nr. 2180/70 hinsichtlich der Maßnahmen, die im Falle von Versorgungsschwierigkeiten auf dem Sektor Milch und Milcherzeugnisse ergriffen werden können Verordnung ({25}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({26}) Nr. 786'69 über die Finanzierung von Interventionen auf dem Binnenmarkt für Fette Richtlinie ({27}) des Rates über Ersatzverfahren zur Kühlung von Geflügelfleisch Richtlinie ({28}) des Rates zur Verlängerung der in Artikel 7 Absatz 1 C) der Richtlinie des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen vorgesehenen Frist - Drucksachen V1/2732, V1/2837, VI/2840, VI/2848, V1/2849, V1/2850, VI/2872, VI/2906, VI/2957, V1/3168 Berichterstatter: Abgeordneter Sander Von den Herren Berichterstattern wird das Wort nicht gewünscht. Das Wort wird auch nicht zur Aussprache verlangt. - Ich darf davon ausgehen, daß das Haus damit einversanden ist, daß wir gemeinsam abstimmen. - Ich sehe und höre keinen Widerspruch. Wir kommen zur Abstimmmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen VI/3125 und V1/3168. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? -- Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der heutigen Beratung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Donnerstag, den 2. März 1972, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.