Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 11/11/1971

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Bundesminister des Innern hat am 3. November 1971 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schober, Dr. Martin und der Fraktion der CDU/CSU betr. Nachwuchssituation der deutschen Kulturorchester - Drucksache VI/2479 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/2810 verteilt. Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des langfristigen Wohnungsbauprogramms ({0}) - Drucksachen VI/2117, zu VI/2117, Nachtrag zu VI/2117 - aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/2811 Berichterstatter: Abgeordneter Müller ({2}) bb) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen ({3}) - Drucksache VI/2782 -Berichterstatter: Abgeordneter Orgaß ({4}) b) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Dr. Czaja, Erpenbeck, Mick, Ott und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - Drucksache VI/142 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen ({5}) - Drucksache VI/2782 Berichterstatter: Abgeordneter Orgaß ({6}) Ich frage zunächst, ob einer der Herren Berichterstatter noch zusätzlich das Wort wünscht. ({7}) - Das ist nicht der Fall. Wir treten in die zweite Beratung ein. Hierzu liegen auf den Umdrucken 239 und 240 Anträge vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe Art. I Nrn. 1, 2, 3, 4, 5 auf. - Wer den aufgerufenen Nummern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Ich danke Ihnen. - Gegenprobe! -Stimmenthaltungen? - Angenommen. Auf Umdruck 239 *) liegt ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU vor, in Art. I nach Nr. 5 eine Nr. 5 a einzufügen. Ich frage, ob der Antrag begründet werden soll. - Herr Abgeordneter Erpenbeck!

Ferdinand Erpenbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000492, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/CSU hat Ihnen auf Umdruck 239 einen Änderungsantrag vorgelegt, der die Änderung des § 20 in der Weise zum Inhalt hat, daß die Rückflüsse aus den Rückzahlungen der Darlehenssummen, die für den sozialen Wohnungsbau gegeben worden sind, laufend zur Förderung von Maßnahmen zugunsten des sozialen Wohnungsbaus und zugunsten von städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, soweit sie der Verbesserung der Wohnungsverhältnisse dienen, zu verwenden sind. Meine Damen und Herren, die Rückflüsse werden schon bisher für Aufgaben des Wohnungsbaus verwandt. Uns kommt es darauf an, daß diese Rückflüsse auch für den Wohnungsbau im Rahmen städtebaulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen zur Verbesserung der Wohnungssituation gerade in den Sanierungs- und Entwicklungsgebieten verwandt werden können. Zum zweiten möchten wir mit unserem Antrag erreichen, daß diese Rückflüsse zu einem erheblichen Teil zur Förderung des Wohnungsbaus für Personen mit geringem Einkommen eingesetzt werden. Wir glauben, daß es gerade bei der Änderung der Einkommensgrenzen notwendig ist, den Wohnungsbedarf der Personengruppe mit geringem Einkommen sicherzustellen. Es besteht die große Gefahr, daß bei der Erweiterung der Einkommens- *) Siehe Anlage 2 grenzen gerade dieser Personenkreis zu kurz kommt, um nicht zu sagen, unter die Räder kommt. Um das auszuschließen, soll ein erheblicher Teil der Rückflüsse, und zwar zwei Fünftel zur zusätzlichen Förderung des Wohnungsbaus für diesen Personenkreis mit geringem Einkommen zur Verfügung gestellt werden. Hinzu kommt, daß wir ein Fünftel der Rückflüsse zur Bildung von Einzeleigentum im Sinne des § i Abs. 2 und ein Fünftel für die in Abs. 1 genannten städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen verwendet sehen möchten. Wenn die Rückflüsse aus dem sozialen Wohnungsbau, die dem Bund zufließen, laut Haushaltsplan des Bundes im Jahre 1971 etwa 341 Millionen DM ausmachen, dann ist es nur recht und billig, daß sich der Bundestag Gedanken über ihre Verwendung macht. Wir glauben, daß die Rückflüsse so, wie wir es vorgeschlagen haben, am besten verwendet würden. Sie sollten vor allen Dingen auch zum Wohle derer verwendet werden, die wegen ihres geringen Einkommens auch in Zukunft auf eine Wohnung des sozialen Wohnungsbaus angewiesen sind. Aufgabe des Staates ist es sicherlich, gerade diesem Personenkreis zu helfen. Das sollte mit unserem Änderungsantrag erreicht werden. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Wiefel.

Bruno Wiefel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002505, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 239 darf ich im Auftrag meiner Fraktion folgendes erklären. In Abs. 1 wird vorgeschlagen, die bisher schon geltende Zweckbindung der Rückflüsse von Wohnungsbaumaßnahmen im Rahmen der Sanierung auszudehnen. Diese Erweiterung hält die SPD-Fraktion gegenwärtig für nicht nötig, da dies bereits in § 74 Abs. 2 des Städtebauförderungsgesetzes geregelt ist. Auf den ersten Blick wirkt ein solcher Antrag zwar bestechend; er geht jedoch an der von der Regierung erarbeiteten Konzeption vorbei, insbesondere schon deshalb, weil die Verzahnung der Wohnungsbauförderung mit dem Städtebauförderungsgesetz bei der weiteren Novellierung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vorgesehen ist. Es steht natürlich der Opposition frei, hier eigene Auffassungen zu entwickeln; das ist ihr unangefochtenes Recht. Aber wir vermögen diesen Auffassungen nicht zu folgen. Die in Abs. 6, meine Damen und Herren von der Opposition, vorgeschlagene quotale Bindung der Rückflüsse - zwei Fünftel für Wohnungsuchende mit geringem Einkommen, ein Fünftel zur Bildung von Einzeleigentum, ein Fünftel für städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen usw. - sehen wir als zu starr an. Wir halten eine solche Lösung für eine unnötige, um nicht zu sagen, schädliche Einengung der Rückflüsse, weil wir es für wichtig erachten, daß Rückflüsse wie bisher schon immer wieder für Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus im weitesten Sinne zweckgebunden sind. Die Entscheidung über den Einsatz im einzelnen muß sich je nach den Bedürfnissen richten. Schließlich ist es Ihr früherer Finanzminister, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Herr Dr. Strauß, gewesen, der seinerzeit die Regelung eingeführt hat, die Sie jetzt abzuändern gedenken. Im übrigen bin ich der Meinung, daß sich Ihr Antrag auch gegen das Recht des Parlaments richtet, den Haushalt, gestützt durch die mittelfristige Finanzplanung, jeweils nach den Erfordernissen neu festzusetzen. Die Entscheidung über den Einsatz der Mittel im einzelnen muß sich, wie gesagt, nach den Bedürfnissen richten.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Wiefel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Erpenbeck?

Bruno Wiefel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002505, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, Herr Präsident, ich gestatte keine Zwischenfragen, weil ich in der Debatte der ersten Lesung so nette Zwischenrufe bekommen habe. Ich denke z. B. an Sie, Herr Kollege Baier, von wegen „Blech reden" usw. Wer hier Blech fabriziert hat, danach mögen Sie die Bevölkerung draußen fragen, die die heutige Situation und den Stand auf dem Wohnungsmarkt sieht. ({0}) Ein erheblicher Teil der Rückflüsse ist ohnedies auf Grund eingegangener Verpflichtungen gebunden. Hierzu zählen im wesentlichen die Folgeraten für die zugesagten Bewilligungen. Die Höhe der jährlichen Rückflüsse aus Wohnungsbaumitteln im Jahre 1971 beläuft sich auf eine Summe von nahezu 300 Millionen DM. Daraus werden u. a. folgende Förderungsmaßnahmen bedient: Wohnungsbauvorhaben für alte Menschen, Maßnahmen für große Familien, Schwesternheime, Siedlungen, besondere Notstände, ferner Studien- und Modellbauvorhaben, Versuchs- und Demonstrativbauvorhaben, überdies Zuschüsse für Baulandbeschaffung sowie Bedienung bisher bewilligter Zins- und Annuitätszuschüsse. Die in dem CDU/CSU-Antrag aufgeführte starre Aufschlüsselung würde die von der Bundesregierung aufgezeigte und nach unserer Meinung bessere Konzeption, wie ich schon sagte, verdrängen. Hier besteht zwischen der Opposition und der Regierungskoalition zugegebenermaßen ein echter Zielkonflikt, über den dieses Haus entscheiden muß. Wir können mit den zur Verfügung stehenden Mitteln im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus entweder mehr Wohnungen bauen oder zu Lasten dieser Entwicklung weniger besonders preisgünstige Wohnungen erstellen. Uns scheint es wesentlich zu sein, zu einer höheren Leistung im sozialen Wohnungsbau überhaupt zu kommen. Das ist unser erklärtes Ziel. Hierdurch können die Schwierigkeiten auf dem Wohnungs- und Mietenmarkt nur dann entschärft werden, wenn keine unnötigen Verzettelungen eintreten, die durch solche Anträge zweifellos entstehen. Wir möchten nicht, daß uns der Vorwurf erwächst, daß unter einer von SPD und FDP gebildeten Regierung durch ein nicht einzusehendes Splitting eine konzeptionslose Entwicklung eintritt. Schließlich ist zu vermerken, daß die Leistungen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau erheblich höher sind als die eingehenden Rückflüsse. Aus diesen Gründen wird die SPD-Fraktion den auf Umdruck 239 vorliegenden Antrag der CDU/ CSU-Fraktion ablehnen. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erpenbeck.

Ferdinand Erpenbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000492, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da Herr Kollege Wiefel auf eine Zwischenfrage zu antworten nicht bereit war, möchte ich von hier aus meine Frage stellen und gleichzeitig eine Erwiderung auf seine Einlassung geben. Zunächst einmal, Herr Kollege Wiefel, werden die Rückflüsse nicht restlos gebunden, sondern es werden vier Fünftel der Rückflüsse gebunden. Nach der Rechnung 1971 sind 341 Millionen DM Rückflüsse beim Bund zu erwarten bzw. eingegangen. Das würde bedeuten, daß 70 Millionen DM völlig freibleiben zur Verfügung der Regierung, die damit durchaus die Aufgaben erfüllen kann, die sie unbedingt erfüllen zu müssen glaubt. Auf der anderen Seite kommt es darauf an, neue Prioritäten zu setzen. Für uns ist die erste Priorität die Sicherstellung des Wohnungsbedarfs für Personenkreise mit geringem Einkommen; denn es ist Sache des Staates, hier einzugreifen und denen zu helfen, denen geholfen werden muß. ({0}) Die zweite Priorität messen wir der Verbesserung der städtebaulichen Situation, der Verbesserung gerade in den Problemgebieten in unseren Städten und Gemeinden zu. Nach meiner Meinung muß der Gesetzgeber auch hier ganz klar zum Ausdruck bringen, daß er diese Aufgabe sieht und daß er nicht nur große Gesetze schafft wie das Städtebauförderungsgesetz und nachher die Wohnungssituation in diesen Gebieten doch nicht verbessern kann, weil die notwendige Finanzierung fehlt. Hier sollte man ganz klar sagen, wie die Mittel des Bundes, die für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden, verwendet werden sollen. ({1}) Die dritte Priorität ist die Bildung von Einzeleigentum; denn immer noch gilt, daß die Bildung von Eigentum im Wohnungsbau eine ausgezeichnete Basis für die Verbreiterung und Verbesserung persönlicher Entfaltungsmöglichkeiten ist. Wir wollen, daß möglichst weite Kreise unserer Bevölkerung Eigentümer werden, auch Eigentümer an Haus und Boden. Ich möchte Sie herzlich bitten, meine Damen und Herren, dem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. ({2})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat Frau Meermann.

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Erpenbeck, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist mit Ihnen der Auffassung, daß denen geholfen werden soll, denen geholfen werden muß. Das haben wir gestern getan. ({0}) Wir sind der Auffassung, daß es bei der Vergabe von Mitteln für den öffentlich geförderten Wohnungsbau nicht auf eine Aufzwieselung im Gesetz ankommt, sondern darauf, was die Bundesregierung und dieses Haus an Beträgen in den Haushaltsplan einzustellen bereit sind. Wenn Sie sich ansehen, was in den Haushaltsplänen 1970 und 1971 stand, dann fällt es wohl nicht schwer, zu sagen, wo die SPD- und die FDP-Bundestagsfraktion das haushaltspolitische Schwergewicht sehen. Was nun die Hilfe für die besonders Bedürftigen anlangt, so möchte ich auf das Intensivprogramm der Bundesregierung hinweisen. Darin werden ja gerade die Gruppen gefördert, die Sie besonders im Auge haben: die kinderreichen Familien, die alten Menschen, die jungen Familien, die Alleinstehenden und die Schwerbeschädigten. Für dieses Programm hat die Bundesregierung 250 Millionen DM im Haushalt vorgesehen. Wir legen hier nicht die Mietobergrenzen fest. Diese werden vielmehr in den Ländern festgelegt. Aber mit den 250 Millionen DM legen wir die Grundlage dafür, daß die Menschen, die es nötig haben, auch preiswerte Wohnungen erhalten können. Das ist es, worauf es uns allen ankommen muß, nicht darauf, daß Mittelverzettelungen in Gesetzen vorgenommen werden. Entscheidend ist der Wille dieses Hauses, ausreichende Mittel zu bewilligen und sie nach Bedarf richtig zu lenken. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 239, eine Nr. 5 a einzufügen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - Meine Damen und Herren, ich bitte, die Abstimmung durch Aufstehen zu wiederholen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe die Nrn. 6 und 7 auf. Wer diesen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Ich rufe jetzt den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 240 auf, eine Nr. 7 a einzufügen. Das Wort hat der Abgeordnete Mick.

Josef Mick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001504, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht erst seit heute kann man überall Beifall finden, wenn man von der Fehlbelegung im sozialen Wohnungsbau spricht und dann pathetisch betont, daß hier etwas geschehen müsse. Geschehen ist bisher nichts. Das sage ich ohne jeden Vorwurf; denn dieses Problem ist so alt wie der soziale Wohnungsbau selbst und damit nicht an eine Regierung gebunden. Vielleicht liegt das auch daran, daß wir in dieser Frage allzuviel negativ statt konstruktiv nach vorn gedacht und diskutiert haben. Es war für mich und meine Freunde nach der nicht von uns hervorgerufenen Konfrontation im Maßnahmengesetz ein Gefühl der Erleichterung, daß im Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen wieder sachlich miteinander geredet und auch das Thema „Die richtigen Leute in die richtigen Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus!" erörtert werden konnte. Zumindest in der Neubesetzung von Sozialwohnungen, die bis zum 31. Dezember 1963 gefördert wurden und die, was ihre Mieten angeht, für Personen mit geringem Einkommen besonders geeignet sind, sind wir ein gutes Stück weitergekommen. Weitergekommen sind wir leider nicht bei der logischen Fortsetzung dieses Gedankens in bezug auf neugebaute Sozialwohnungen. Hier setzt unser Antrag ein. Wir verlangen im Rahmen dieses Antrags keinen Pfennig mehr Geld. Was wir aber sicherstellen wollen, ist, daß das vorhandene Geld an der richtigen Stelle für die richtigen Leute eingesetzt wird, ({0}) nämlich für Personen mit geringem Einkommen, d. h. für solche, die 20 % und mehr unter dem Limit des sozialen Wohnungsbaus liegen. Wir fordern in unserem Antrag - siehe Umdruck 240*)-, daß diese Personen besonders bedacht werden, d. h. daß für sie ein wesentlicher Teil der Mittel eingesetzt wird, die zur Verfügung stehen. Bei den Beratungen im Ausschuß hatte ich den Eindruck, daß bei der Zurückweisung dieses Antrages weniger rationale als, wenn Sie so wollen, irrationale politische Gründe maßgebend waren. Einer dieser politischen Gründe dürfte darin bestanden haben, daß natürlich bei einer höheren Förderung einer bestimmten Kategorie von Sozialwohnungen insgesamt weniger Sozialwohnungen gebaut werden können und daß dies dann der Regierung als Manko angekreidet werden könnte. Lassen Sie mich hier für meine Fraktion mit aller Deutlichkeit erklären, daß wir im Falle der Annahme dieses unseres Antrags einen solchen Vorwurf nie erheben werden. Denn Sie und die Regierung werden doch auf Heller und Pfennig nachweisen können, wieviel Geld für den Personenkreis mit geringem Einkommen eingesetzt wurde, wieviel Wohnungen damit gebaut worden sind und wieviel Wohnungen bei einer normalen Finanzierung hätten gebaut werden können. Sie werden den Einwand machen können, daß eine Finanzierung für diesen Personenkreis des- *) Siehe Anlage 3 halb nicht notwendig sei, weil das Wohngeld für diesen Personenkreis zur Verfügung stehe. Das ist, vordergründig gesehen, richtig. Allein die Entwicklung beim Wohngeld muß nicht nur der Bundesfinanzminister mit Sorge betrachten, sind wir doch vom Rechnungsjahr 1969 mit insgesamt 960 Millionen DM im Rechnungsjahr 1972 bei einem Betrag von 1550 Millionen DM für Bund und Länder angelangt. Gewiß liegen in diesen Zahlen für 1972 vor allem die Verbesserungen der Wohngeldnovelle und die Hereinnahme der Sozialhilfeempfänger in in das Wohngeldgesetz. Doch dies allein macht die gewaltige Steigerung nicht aus. Was bei der Verabschiedung des ersten Wohngeldgesetzes als Hilfe für nicht normale Situationen gedacht war, entwickelt sich mehr und mehr zu einem Regelfall, zumal das Ansteigen der Preise, vor allem aber der Wohnungsmieten und hier wiederum der Mieten in Neubauten, mit der Einkommensentwicklung besonders der hier angesprochenen Schichten nicht Schritt hält. Ich denke vorrangig an die Frühinvaliden, an die Rentner aller Kategorien, aber auch an kinderreiche Familien. Wir wissen alle, daß ohne Mitfinanzierung der Gemeinden im sozialen Wohnungsbau dieser Personenkreis schon lange unter den Schlitten geraten wäre. Nach der Hereinnahme der Sozialhilfeempfänger in das Wohngeldgesetz dürfte das Interesse der Gemeinden zwangsläufig nachlassen, besser gesagt: es muß nachlassen, weil die Gemeinden einfach nicht mehr in der Lage sind, zusätzliche Mittel für den Wohnungsbau aufzubringen. Wir haben in dieser bzw. in der vergangenen Woche über die finanzielle Lage der Gemeinden hier sehr ausgiebig diskutiert. Wir müssen aber auch verhindern, daß für diesen Personenkreis, um zu erschwingbaren Mieten zu kommen, primitiv gebaut und damit die Gefahr gesellschaftlicher Diskriminierung geschaffen wird. Ich habe aus der Stuttgarter Tagung des Wohnungsbauausschusses noch das Wort vom „Gschmäckle" in den Ohren, von jenem „Gschmäckle", meine sehr verehrten Damen und Herren, welches einen Personenkreis, der sowieso schon nicht auf der Sonnenseite des Lebens steht, hier noch besonders belastet. Lassen Sie mich das an einem Beispiel deutlich machen. In einem neu erbauten Kölner Stadtviertel wurde die Auflage gemacht, daß für Personen mit geringem Einkommen besondere Wohnungen zu bauen seien, die nur ofenbeheizt sein durften, damit sie preisgünstiger waren. Aus den Schornsteinen dieser Wohnungen steigt dieses „Gschmäckle" auf, und anständige Leute, die da wohnen, sind in diesem neuen Wohnviertel bereits gesellschaftlich deklassiert. Es ist also keineswegs so, daß wir mit unseren Maßnahmen Kategorien schaffen wollten, die unter dem Strich liegen; vielmehr wollen wir im Zusammenhang mit dem bereits vorliegenden Gesetzentwurf und mit unserem Änderungsantrag das Entstehen solcher Deklassierungen verhindern. Bitte, teilen Sie mit uns dieses Begehren und stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu! ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wiefel.

Bruno Wiefel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002505, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der CDU/CSU auf Umdruck 240 sieht die Wiedereinführung einer gespaltenen Einkommensgrenze für die Wohnungsbauförderung vor, wie sie früher in § 27 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes enthalten war. § 27 des in Rede stehenden Gesetzes wurde durch das Wohnungsbauänderungsgesetz 1965 aufgehoben, das seinerzeit durch die CDU-Regierung, nämlich durch Herrn Minister Lücke, eingebracht wurde. Es ist interessant, zu vermerken, daß darin die Aufhebung des genannten Paragraphen im Zusammenhang mit einer Erhöhung der Einkommensgrenze in etwa damit begründet wurde, daß die Regelung der Zweigleisigkeit der Förderung sowohl durch die Einkommensentwicklung als auch dadurch überholt sei, daß inzwischen das Wohngeld zum Ausgleich von individuell nicht tragbaren Miethöhen eingeführt worden sei. Außerdem wurde argumentiert, daß die zweigleisige Förderung auch in der Praxis der Länder wegen der Mittelaufsplitterung nicht mehr angewandt werde. Die unterschiedlichen Förderungssätze in § 25 Abs. 4 der Vorlage der CDU/CSU sind meines Erachtens auch deshalb nicht sinnvoll, weil sie zu weiteren Mietunterschieden im sozialen Wohnungsbau führen. Ich möchte einmal wissen, meine Damen und Herren, wie sich die Länder angesichts eines solchen Vorschlags verhalten sollen. Entscheidend ist doch wohl, daß die vorhandenen billigen Sozialwohnungen bei einer Neubelegung den geringer Verdienenden vorbehalten werden. Deshalb reicht nach Meinung der SPD-Fraktion die im Wohnungsbindungsgesetz 1965 jetzt vorgesehene Neuregelung, die im Ausschuß einmütig beschlossen wurde, voll aus. Auch hier sei gesagt, daß nur bei einheitlicher Förderung ein höheres Bauvolumen erzielt werden kann und ein größeres Maß an Gerechtigkeit Platz greift. Die erhebliche Verbesserung des Wohngeldes, die Erhöhung der Einkommensgrenze und der Beschluß, billige Sozialwohnungen, die vor dem 31. Dezember 1963 - Herr Kollege Mick hat das hier schon erwähnt - mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden, Bürgern mit niedrigem Einkommen vorzubehalten, nämlich jenen, die etwa 2013/o unter der vorgesehenen neuen Anspruchsgrenze in diesem Wohnungsbauänderungsgesetz liegen, bahnen doch eine Entwicklung an - das muß doch ein jeder erkennen -, die den Antrag der CDU auf Umdruck 240 gegenstandslos macht. Wir haben natürlich auch hier und da Sorgen hinsichtlich dieser Entwicklung. Darum hat ja die Regierung das Intensivprogramm vorgelegt, und der Bund stellt doch mehr Geld für dieses Programm zur Verfügung, als über den üblichen sozialen Wohnungsbau hinausgeht. Es bleibt ja den Ländern vorbehalten, meine Damen und Herren von der Opposition, die Mietobergrenzen festzusetzen. Das ist ja nichts, was in diesem Hause zu entscheiden ist. Aber folgendes will ich hier noch einmal wiederholen. Wenn Sie glauben, sich auf diese Weise zum Anwalt der Geplagten machen zu müssen, so hätten Sie bei der gestrigen Abstimmung Gelegenheit gehabt, Ihr Herz für die sozial Schwachen zu entdecken. ({0}) Die SPD- und FDP-Fraktion werden den Abänderungsantrag auf Umdruck 240 zugunsten der besseren Konzeption in der Regierungsvorlage ablehnen. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU auf Umdruck 240, eine Nr. 7 a nach der Nummer 7 einzufügen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt die Ziffern 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15 auf, - Wer den aufgerufenen Ziffern zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Ich rufe Art. II auf. Änderungsanträge liegen nicht vor, so daß ich über den Artikel insgesamt abstimmen lassen kann. Wer dem Art. II in der vorgeschlagenen Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle einstimmige Beschlußfassung fest. Ich rufe Art. III auf und schlage vor, daß wir zunächst über den Änderungsantrag abstimmen und dann über den Art. III insgesamt. Ich rufe den Änderungsantrag Nr. 243 der Abgeordneten Niegel, Erpenbeck, Baier, Schedl, Höcherl, Dr. Wittmann ({0}), Dr. Czaja, Kiechle, Biehle und Genossen *) auf und erteile dem Abgeordneten Niegel das Wort.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei diesem Änderungsantrag geht es um die Regelung der Bindung nach Ablösung des öffentlichen Darlehens im sozialen Wohnungsbau. Nach der Ausschußvorlage wird generell bei der Ablösung des öffentlichen Darlehens die Bindung auf zehn Jahre erweitert. Bisher bestand die Bindung auf fünf Jahre; nunmehr soll sie auf zehn Jahre verlängert werden. Davon werden sowohl Häuser betroffen, die nur für Mietwohnungen gebaut sind, als auch Eigenheime. Unser Antrag zielt darauf ab, die Eigenheime von der Bindung auf zehn Jahre auszunehmen. Wir verfolgen mit diesem Antrag zwei Ziele. Wer sein Darlehen vorzeitig ablöst, erhält einen Zinsbonus, also eine Vergünstigung für die Ablösung. Für den, der diesen Ablösungsbonus in Anspruch *) Siehe Anlage 4 nimmt, soll die Bindung nach wie vor fünf Jahre, aber nicht zehn Jahre bestehen. Wer sein Darlehen vorzeitig zurückzahlt, aber auf den Ablösungsbonus verzichtet, soll mit Ablauf des Jahres, in dem er das Darlehen zurückzahlt, von der Bindung freigestellt werden. Ich darf zur Begründung auf folgendes hinweisen. Die Förderung von Eigenheimen muß von der Förderung von Mietwohnungen unterschieden werden. Bei der Förderung von Eigenheimen standen a) die Schaffung von Wohnraum, b) aber auch die Förderung der Initiative zur Eigentumsbildung im Vordergrund. Unausgesprochen war bei allen Beratungen und Beschlüssen das Ziel, daß es sich hier um eine einmalige Förderung handeln solle. Gerade bei Eigenheimen sind die Darlehen aus öffentlicher Hand im Verhältnis zu den Baukosten im Gegensatz zu den Sozialwohnungen sehr gering. Man kann etwa davon ausgehen, daß in den letzten Jahren nur 10 bis 15% der Kosten durch die öffentlichen Darlehen gedeckt waren. Zum andern: Wenn heute einer ein öffentlich gefördertes Darlehen nehmen wir an, für ein Eigenheim mit etwa 140 oder 150 Quadratmetern - ablösen will, so hat er z. B. ein öffentliches Darlehen von rund 25 000 DM bekommen, das sich aus etwa 10 000 DM zinsbegünstigten Kapitalmarktmitteln der jeweiligen Landesbank und etwa 10 000 oder 15 000 DM öffentlichen Mitteln zusammensetzt. Nur diese 15 000 DM unterliegen der Ablösung. Das ist im Verhältnis zu den Gesamtkosten ein minimaler Betrag. Nun eine andere Frage: Hat die Bindung überhaupt einen praktischen Wert? Wenn man sich mit den obersten Landesbehörden unterhält - ich habe das zur Vorbereitung dieses Antrags getan -, so sagen sie: Es steht in keinem Verhältnis zu dem Verwaltungsaufwand, der hier entsteht. ({0}) Außerdem - auch das möchte ich ganz klarstellen -: Wenn jemand das Anwesen verkaufen will - man könnte von der anderen Seite dieses Hohen Hauses einwenden, man würde hier die Spekulation fördern -, so hat er die Möglichkeit, ohne Preisauflage zu verkaufen. Allerdings findet er keinen Käufer in dem begünstigten Kreis, der in der Lage ist, das Anwesen zu erwerben.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Herr Abgeordneter Niegel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Meermann?

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Niegel, würden Sie mir freundlicherweise erklären, wieso ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand dann entsteht, wenn eine Bindung, die sowieso vorhanden ist, fünf Jahre weiterläuft? Entsteht nicht der zusätzliche Verwaltungsaufwand dann, wenn abgelöst und von der Bindung befreit wird? ({0})

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Meermann, wenn ich fünf Jahre weniger binden muß - das ist doch ganz klar -, ist das ein geringerer Aufwand. Das ist doch eine logische Angelegenheit. ({0}) Wenn ich ohne Inanspruchnahme des Bonus ablöse, wird doch die Akte abgelöst, braucht zehn Jahre nicht ständig vorgelegt zu werden und es entsteht überhaupt kein Verwaltungsaufwand mehr. Ich will auf das Argument zurückkommen, man würde hier die Spekulation fördern. Dieses Argument sticht also keineswegs. Auch die Frage der Vermietung ist zu prüfen. Wenn jemand sein Haus vermieten will oder muß, sei es, daß er Beamter ist oder sonst der beruflichen Mobilität ausgesetzt ist, dann findet er in dem Kreis der Einkommensbegünstigten in der Regel, weil die Kosten für sein Eigenheim wesentlich höher liegen als die für eine Mietwohnung, auch keine Mieter, so daß er sowohl bei Verkauf wie auch bei Vermietung eine Ausnahmegenehmigung bekommen muß. Es wurde uns bei einer Vorbesprechung im Ausschuß von Herrn Staatssekretär Ravens zugesichert, daß hier die Ausnahmegenehmigungen großzügig erteilt werden sollen. Warum soll man dann nicht gleich diese Eigenheimbesitzer und Eigentumswohnungsbesitzer noch zusätzlich mit der Bindung auf 10 Jahre belasten, wenn sie bereit sind, die erhaltenen Gelder vorzeitig zurückzuzahlen. Zum anderen - und das ist ein entscheidender Punkt - wird mit der Verlängerung auf zehn Jahre in die Vertragsverhältnisse eingegriffen. Jeder, der ein Darlehen aufnahm, hat nur die Bindung auf fünf Jahre im Vertrag stehen. Unter dieser Voraussetzung nahm er das Darlehen auf. Wenn nun der Bundestag beschließt, daß die Bindung nicht mehr fünf Jahre, sondern 10 Jahre besteht, so könnte er sagen, dieser Beschluß verstößt gegen die guten Sitten, und ihn möglicherweise auch anfechten. Man kann hier nicht einfach sagen: Vor einigen Jahren hat man von zwei Jahren auf fünf Jahre erweitert. Das war immerhin nur eine Differenz von drei Jahren, und insgesamt belief sich die Bindungszeit auf fünf Jahre. Jetzt beträgt die Bindungsfrist zehn Jahre. Das ist immerhin ein anderes Verhältnis. Und nun noch etwas. Die meisten Anträge, die hier gestellt werden, kosten Geld. Dieser Antrag bringt Geld, weil wir nämlich damit die Rückflüsse fördern können. Es heißt sowieso, es stehen nicht genügend Mittel für den Wohnungsbau zur Verfügung. Hier könnten wir den Ablösungswilligen fördernd unter die Arme greifen, die bereit sind, ihr Anwesen schuldenfrei zu machen und die Mittel vorzeitig zurückzuzahlen. Damit können neue Wohnungen gefördert werden. Sie sagen nun vielleicht, daß man vor zwei oder drei Jahren weniger aufwenden mußte als heute. Gewiß, aber das liegt nicht in unserer Wirtschaftspolitik begründet. Immerhin wird man heute weniger mit Staatsdarlehen fördern, sondern mehr durch Zinszuschüsse, so daß man mit dem zurückgeflossenen Geld entsprechend den Wohnungsbau forcieren kann. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie unseren Antrag annehmen könnten. Ich darf noch darauf hinweisen, daß großes Interesse bei vielen Ländern besteht, bei der Beratung dieses Gesetzes im Bundesrat entsprechende Anträge zu stellen. Vielleicht berücksichtigen Sie auch dieses Argument. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Henke.

Erich Henke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000866, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir waren etwas überrascht, diesen Antrag hier heute vorzufinden, denn im Ausschuß war die uneingeschränkte Verlängerung der Bindungsfrist einstimmig beschlossen worden. Das Ziel der Verlängerung der Bindungsfrist ist es zu verhindern, daß die Substanz des sozialen Wohnungsbaus ausgehöhlt wird. Ich darf, Herr Kollege Mick, ebenfalls ein Beispiel aus Köln bringen: Im Jahre 1970 wurden in Köln nahezu ebenso viele Sozialwohnungen abgelöst, wie neu erstellt wurden. Dem galt es einen Riegel vorzuschieben, und deshalb die Auffassung des Ausschusses, die Bindungsfrist von fünf auf zehn Jahre zu verlängern. Was die Ausnahmeregelung für Eigenheime und Kleinsiedlungen angeht, die hier vom Kollegen Niegel vorgetragen wurden, so darf ich dazu folgendes ausführen. Eine begründete Ausnahmeregelung wäre es sicher, wenn man berechtigten Eigenbedarf eines Eigenheimbesitzers auf die Einliegerwohnung in seinem Hause durchsetzbar machen würde. Dies aber, meine Kolleginnen und Kollegen, war schon nach geltendem Recht möglich. Bisher konnte der Eigentümer, der eine Einliegerwohnung in seinem Eigenheim hat, immer dann, wenn er Eigenbedarf nachweisen konnte, ohne Rücksicht auf seine Einkommensentwicklung die Einliegerwohnung für sich in Anspruch nehmen. Im Wohnungsbindungsgesetz gibt es für diesen Zweck Ausnahmeregelungen. Zu den rechtlichen Bedenken des Kollegen Niegel, daß die Verlängerung der Bindungsfrist möglicherweise ein Verstoß gegen die guten Sitten bedeuten könne, kann ich nur sagen: Wenn dem so wäre, träfe dies natürlich auch den Mietwohnungsbau. Der Inhaber einer Eigentumswohnung im Mietwohnungsbau ist ebenso von dieser Neuregelung betroffen wie der Eigenheimbewohner, und daher scheint mir hier ein Verstoß gegen die Logik vorzuliegen. Um was geht es denn überhaupt? Wenn der Bewohner eines Eigenheimes aus persönlichen Notwendigkeiten sein Eigenheim verkauft. z. B. weil er den Arbeitsplatz wechselt - solche Fälle gibt es ja-, dann läßt es die bisherige Verwaltungspraxis zu, daß in solchen Fällen ohne Rücksicht auf jede Bindungsfrist eine Freigabe aus allen Bindungen der Wohnraumbewirtschaftung ausgesprochen wird. Dieses Ausnahmerecht ist bei den obersten Landesbehörden verankert. Im Ausschuß wurde uns vorn CDU-Kollegen Dr. Böhme, der selbst aus der Wohnungswirtschaft kommt und insbesondere Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen hat, ausdrücklich bestätigt, daß dies in hervorragender Weise funktioniert und daß überhaupt kein Anlaß besteht, dieses System zu verändern. Wenn aber jemand sein Eigenheim aus spekulativen Erwägungen veräußern will - und nur darum geht es doch -, weil er auf Grund des Wertzuwachses, der in den letzten Jahren auf diesem Markt zu verzeichnen ist, ein gutes Geschäft machen will, dann vermag ich nicht einzusehen, daß man eine solche Spekulation durch diese Abänderung nun auch noch begünstigen soll. ({0}) Was Ihren Hinweis auf den Verzicht auf den Bonus angeht, Herr Kollege Niegel auch darüber sind wir uns doch im klaren -, so ist der Spekulationsgewinn um vieles höher, als der Verlust des Bonus ausmacht, so daß hier überhaupt keine Sperre besteht. Aber immerhin, ich meine, es kann nicht schaden, wenn wir Herrn Minister Lauritzen auffordern, noch einmal an seine Länderkollegen zu appellieren, daß überall dort, wo aus berechtigten Gründen eine Ausnahmeregelung beantragt wird - beispielsweise wegen Arbeitsplatzwechsels, um das wieder zu erwähnen- , einheitlich und großzügig verfahren wird. Ich weiß, daß das in Nordrhein-Westfalen und in vielen Ländern der Fall ist. Aber vielleicht ist das bundeseinheitlich nicht so. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie das noch einmal vertiefen könnten. Aus den dargelegten Gründen bedaure ich, den Änderungsantrag der Union namens der Koalitionsparteien ablehnen zu müssen. ({1})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 243 der Abgeordneten Niegel, Erpenbeck und Genossen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?- Bei wenigen Stimmenthaltungen ist der Antrag abgelehnt. Meine Damen und Herren, wir stimmen über Art. III ab. Wer dem Art. III in der nunmehr vorgeschlagenen Fassung zuzustimmen wünscht, bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen gebilligt. Ich rufe Art. IV, Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Art. IV, Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, bitte ich um das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle - bei einer Stimmenthaltung - einmütige Beschlußfassung fest. Meine Damen und Herren, wir treten in die dritte Beratung ein. Das Wort hat der Herr Bundeswohnungsbauminister.

Dr. Lauritz Lauritzen (Minister:in)

Politiker ID: 11001295

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einzelheiten des Gesetzentwurfs zur Durchführung des langfristigen Wohnungsbauprogramms sind in den Ausschüssen und im Plenum eingehend beraten worden. Ich darf mich daher auf einige grundsätzliche Bemerkungen beschränken. Ich möchte aber zuvor Gelegenheit nehmen, allen Kolleginnen und Kollegen herzlich zu danken, die sich für das Zustandekommen des Gesetzes eingesetzt haben. Das gilt besonders für die Mitglieder des federführenden Ausschusses, aber ebenso für die Mitglieder des mitberatenden Haushaltsausschusses, die trotz der mit der Beratung mancher Gesetzentwürfe aus dem Bereich des Wohnungswesens und Städtebaus verbundenen Arbeitsbelastung durch eine intensive Beratung dieses Gesetz verabschiedungsreif gemacht haben. Dafür, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen allen meinen ganz besonderen Dank sagen. Wann immer wir in den letzten Wochen und Monaten - das geschah ja zuletzt am vergangenen Donnerstag in diesem Hohen Hause über Fragen der Wohnungspolitik und des Wohnungsbaus beraten und diskutiert haben, ist eines immer wieder deutlich geworden: Wer die angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt beseitigen will, muß mehr Wohnungen bauen. ({0}) Das ist nicht nur meine persönliche Überzeugung; ({1}) das ist das Ziel der Politik der Bundesregierung, das sie mit ihrem langfristigen Wohnungsbauprogramm erreichen will. Dem dient auch das Gesetz, das wir jetzt verabschieden wollen. Diese Bundesregierung, das darf ohne Übertreibung gesagt werden, mißt dem Wohnungsbau den Stellenwert bei, der ihm als Teil - ({2}) - Ich komme gleich dazu, Herr Baier. Ich weiß nicht, warum Sie immer so nervös sind, wenn ich hier stehe. Wahrscheinlich sind das die Erfahrungen des gestrigen Tages, die bei Ihnen heute noch nachwirken. ({3}) Diese Bundesregierung, das darf ich trotz Ihres Einwurfes noch einmal wiederholen, darf ohne Übertreibung für sich in Anspruch nehmen, daß sie dem Wohnungsbau den besonderen Stellenwert beimißt, der ihm als Teil einer aktiven Gesellschaftspolitik zukommt. Aber, meine Damen und Herren, mehr Wohnungen erfordern größere finanzielle Anstrengungen. Gerade darum hat sich die Bundesregierung in der Vergangenheit bemüht, und sie wird es ebenso in der Zukunft tun. Das langfristige Wohnungsbauprogramm, für das dieses Gesetz jetzt verabschiedet werden soll, sieht jährlich 160 Millionen DM für die Grundförderung des sozialen Wohnungsbaus vor; darüber hinaus aber bereits ab 1971 zusätzlich jährlich 250 Millionen DM für das Intensivprogramm, bei dem es vor allem um die Wohnversorgung kinderreicher Familien, junger Familien, alter Menschen und Alleinstehender geht, und weiterhin bereits ab 1971 zusätzlich die Mittel für das Regionalprogramm, die der Bund allein aufzubringen hat. Mit diesem Regionalprogramm sollen jährlich 50 000 Wohnungen in Entwicklungsschwerpunkten wirtschaftlich schwacher Gebiete und vor allen Dingen auch in den Brennpunkten des Wohnungsbedarfs gefördert werden. Alle diese Mittel, die ich eben genannt habe, sind bereits im Bundeshaushalt 1971 veranschlagt. Sie sind darüber hinaus im Haushaltsentwurf 1972 vorgesehen und in der mittelfristigen Finanzplanung abgesichert. Diese neue Wohnungspolitik läßt bereits jetzt Erfolge sichtbar werden, an denen auch das langfristige Wohnungsbauprogramm seinen Anteil hat. Meine Damen und Herren, so weist die amtliche Statistik für die ersten acht Monate dieses Jahres - von Januar bis August 1971 - aus, daß die Zahl der fertiggestellten Wohnungen 195 400 erreicht hat. Das bedeutet gegenüber dem Jahre 1970 eine Steigerung von 23 %. Die Zahl der Baugenehmigungen ist auf über 456 000 angewachsen. Das ist eine Steigerung um 14,1 % gegenüber 1970. Die Zahl der Bewilligungen im sozialen Wohnungsbau ist um über 13 % gesteigert worden. Meine Damen und Herren, diese Indikatoren, die ja nicht Ziele anzeigen, sondern Ergebnisse nachweisen, lassen die Erwartung zu, daß wir im Jahre 1971 mit einem Gesamtfertigstellungsergebnis von mindestens 520 000, wenn nicht noch mehr, Wohnungen rechnen können. Mit dem Wohnungsbauänderungsgesetz, das jetzt zur dritten Lesung ansteht, wollen und müssen wir nun die Vorschriften des Zweiten Wohnungsbaugesetzes an die Zielrichtung des langfristigen Wohnungsbauprogramms anpassen. Wir haben es hier also noch nicht mit einer umfassenden Reform dieses Gesetzes zu tun. Eine solche umfassende Reform, die nach meiner Meinung notwendig ist, muß einer zukünftigen Initiative überlassen bleiben. Meine Damen und Herren, heute geht es darum, einige wesentliche Punkte des Zweiten Wohnungsbaugesetzes so zu ändern, daß die Durchführung des langfristigen Wohnungsbauprogramms seiner Zielsetzung entsprechend möglich ist. Dabei scheinen mir folgende Punkte besonders wesentlich zu sein. Erstens. Durch die Erhöhung der Einkommensgrenzen wird der Einkommensentwicklung der letzten Jahre Rechnung getragen. Zweitens. Mit der Aufspaltung der Einkommensgrenzen und mit der speziellen Förderungsmethode der degressiven Aufwendungsdarlehen im Regionalprogramm wirken wir einer Fehlbelegung oder Fehlsubventionierung der Sozialwohnungen weiter entgegen. Drittens. Mit der Verlängerung der gesetzlichen Bindungsdauer bei vorzeitiger Rückzahlung der öffentlichen Mittel von fünf auf zehn Jahre wird der zunehmenden Tendenz privater Bauherren entgegengewirkt, sich durch vorzeitige Rückzahlungen von den Belegungs- und Mietpreisbindungen zu befreien. Meine Damen und Herren, das Entscheidende scheint mir zu sein, daß mit diesem Gesetz ein weiterer Baustein in das Gesamtkonzept der Wohnungspolitik der Bundesregierung und der sie tragenden Koalition eingefügt wird. Dieses Konzept - ich will es einmal kurz darstellen - umfaßt folgendes. Erstens: das langfristige Wohnungsbauprogramm, das bereits in diesem Haushaltsjahr angelaufen ist. Zweitens: das Zweite Wohngeldgesetz, das am 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist und eine bessere wirtschaftliche Sicherung für Mieter mit geringem Einkommen bedeutet. Drittens: das Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs, das am 10. November dieses Jahres in Kraft getreten ist. Viertens: das Gesetz über den Kündigungsschutz für Mietverhältnisse über Wohnraum, das gestern von dem Hohen Hause endgültig verabschiedet worden ist und nun in Kraft treten kann. Leider sind diese beiden Gesetze durch die Opposition verzögert worden, sehr zum Nachteil von Millionen von Mietern, die seit langem darauf warten. Diese beiden Gesetze bringen für den Mieter eine entscheidende Verbesserung seiner rechtlichen Position. Bei der Beratung dieser beiden Gesetze ist aber zweierlei sehr deutlich geworden: auf der einen Seite klare Mehrheiten für die Koalition und auf der anderen Seite die Grenze für eine Taktik, die sich darum bemüht, diese Mehrheiten zu überspielen. Zum Konzept unserer Wohnungspolitik gehört schließlich das Wohnungsbauänderungsgesetz, das jetzt verabschiedet werden soll. Daß in diesen Zusammenhang auch das Städtebauförderungsgesetz gehört, das am 1. August 1971 in Kraft getreten ist, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung. Meine Damen und Herren, damit wird die Konzeption einer neuen Wohnungspolitik erkennbar, die die Aufgaben und Ziele aus anderer Sicht sieht und getragen ist von hoher sozialer Verantwortung für die Bürger unseres Staates, die immer noch darunter leiden müssen, daß wir keinen ausgeglichenen Wohnungsmarkt haben. Aber ebenso kann doch nicht mehr darüber hinweggesehen werden - lassen Sie mich das zum Schluß klar und deutlich sagen -, daß wir hier nicht nur von Plänen und Zielen sprechen, sondern daß es sich eindeutig um Leistungen und Ergebnisse unserer bisherigen Politik handelt. ({4}) Um den erwähnten Baustein in dieses Konzept einfügen zu können, darf ich das Hohe Haus bitten, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen. ({5})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat der Abgeordnete Orgaß.

Gerhard Orgaß (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001654, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine verehrten Damen, meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Ministers für Städtebau und Wohnungswesen, Dr. Lauritzen, der bei der Verabschiedung des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1971 offenbar die Materie und damit auch den Ort verwechselt hat, ({0}) könnten zu einer grundsätzlichen Generaldebatte über seine Wohnungsbaupolitik Anlaß geben. Wir wollen das aber heute nicht aufgreifen. Erstens drängen die Geschäftsführer, weil wir noch andere Punkte auf der Tagesordnung haben. Zweitens sind wohl die Haushaltsberatungen der Ort für eine solche Generaldebatte. Drittens hat der Minister im Ausschuß verbindlich erklärt, daß dieses Wohnungsbauänderungsgesetz nur einen Teilkomplex vorwegnehmen soll und bis zum März 1972 eine umfassende Novellierung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vorgelegt werden soll. Ich bin erstaunt, daß der Minister, der sonst alle möglichen Punkte hier vor dem Parlament glaubte ausbreiten zu müssen, diese seine Ankündigung nicht wiederholt hat. Wir meinen aber, daß es protokollarisch festgehalten werden sollte. Das Gesetz hat als wesentliche Konsequenz die Erhöhung der Einkommensgrenzen für den sozialen Wohnungsbau zum Inhalt. Damit folgt dieser Gesetzentwurf dem Antrag der Opposition Drucksache VI/142, den wir schon im Herbst 1969 gestellt haben. Das Gesetz kommt reichlich spät, weil wir in der Zwischenzeit bei der Wohnungsvergabe in erhebliche Zeitnot geraten sind. Mit der Erhöhung der Einkommensgrenzen wird nur der inzwischen beim Wohnungsbau eingetretenen Kosteninflation in etwa Rechnung getragen. Wenn die wirtschaftliche Entwicklung so weitergeht, werden wir uns bei der Novellierung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes erneut mit höheren Einkommensgrenzen für den sozialen Wohnungsbau befassen müssen. Hier sieht man so deutlich wie an keiner anderen Stelle, wie gefährlich es ist, keine Preisstabilität und Preisdisziplin zu halten. Der Wohnungsbau wird durch diese Maßnahmen nicht nur kurzfristig, sondern auf viele Jahrzehnte hin betroffen. Das sind Einbuchtungen, die nie und von keiner Regierung wiedergutgemacht werden können. Meine Damen und Herren, wir sind sehr dankbar, daß die sozialdemokratische Fraktion im Ausschuß trotz Gegensteuern der Regierungsvertreter wenigstens unserem Antrag gefolgt ist, die älteren Sozialwohnungen den Kreisen vorzubehalten, die besonders betroffen sind, die nämlich um 20 % und mehr unter der Einkommensgrenze liegen. Ich bin insbesondere Ihnen, Frau Meermann, sehr dankbar, daß Sie sich trotz des Widerstandes der Regierung mit Ihren Freunden darüber hinweggesetzt haben und den Betroffenen geholfen haben, statt in diesem Falle der Regierung zu folgen. In der Frage des Regionalprogramms sehen wir eine Möglichkeit, um denen zu helfen, die bis zu 40 % über den jetzt genannten Einkommensgrenzen liegen. Wir haben aber bereits erfahren müssen, daß auf Grund des Finanzierungssystems, durch das die Kostenmiete durch eine sogenannte Finanzierungsmiete über einen Zeitverlauf von 12 Jahren heruntermanipuliert wird, wobei dann aber, da es nur Aufwendungskredite sind, die Differenz später wieder dazukommt, diese Art von Mieten nach 12 Jahren höher sein werden als bei den jetzt im steuerbegünstigten Wohnungsbau erstellten Wohnungen. Das hat eine Reihe von Wohnungsunternehmen veranlaßt, von dieser Möglichkeit der Finanzierung ihrer Wohnungen keinen Gebrauch zu machen. Der Regierungsvertreter hat erklärt, daß diese Maßnahme des Regionalprogramms geradezu geeignet sei, insbesondere Wohnungseigentum zu schaffen. So sehr wir als Christliche Demokraten auf Maßnahmen zur breiten Streuung von Eigentum bedacht sind, möchten wir dennoch warnen. Es darf nicht dahin kommen, daß diese Mittel, weil sie sonst kaum genommen werden, in die Appartementhäuser an der Nord- und Ostsee fließen, wie es schon bekanntgeworden ist. Es kann nicht Sinn der Maßnahmen sein, solche Mittel dafür zu verwenden. Zum Intensivprogramm können wir auch nur sagen: Das ist alter Wein in neuen Schläuchen. Wir haben das schon gehabt, und wir begrüßen es. Wir stellen fest, daß der Minister seine großen Ankündigungen in der Realität einfach nicht erfüllen kann. Für das Jahr 1971 hat er 50 000 Wohneinheiten im Rahmen des Intensivprogramms zugesagt. Wir haben im Ausschuß erfahren, daß bestenfalls 21 000 gefördert werden können. Für das Jahr 1972 werden diese großkotzigen Maßnahmen bereits durch die Maßnahmen der Länder halbiert. Die Kritik hieran richtet sich insbesondere darauf, daß die Bundesregierung neue Programme schafft, deren Finanzierung aber weitgehend den Ländern überläßt und sich nur mit einem Bruchteil an dieser Finanzierung beteiligt. Das bedeutet, daß die Länder, die ohnehin zu geringe Mittel haben, um ihren Aufgaben im sozialen Wohnungsbau nachkommen zu können, das aus den Mitteln der allgemeinen Grundförderung herausziehen müssen, um diese Intensivförderung betreiben zu können. Wir können damit feststellen, daß diese Regierung zwar mehr Programme hat, aber nicht eine einzige Wohnung mehr baut. ({1}) Das ist das Ergebnis. Ob wesentlich weniger, werden wir ja am Ende sehen, ({2}) wenn die Zahlen statistisch zu Buch schlagen. Wir meinen also, man sollte hier sehen, daß wir nicht in eine falsche Richtung kommen. Enttäuscht sind wir auch, daß der Bundesminister das Thema der Fehlbelegung einfach beiseite geschoben hat, weil er jetzt nicht den politischen Mut zu einer solchen Maßnahme hat. Die Bund-LänderKommission hat einen beachtenswerten Vorschlag gemacht, nämlich die Berechtigungsscheine für den sozialen Wohnungsbau nicht für ewig und drei Tage auszugeben, sondern zunächst für fünf Jahre und dann für drei Jahre, wobei diejenigen, die eine Verlängerung haben wollen, das dann prüfen lassen müssen. Der Minister hat, ohne den Beweis anzutreten, einfach erklärt, das mache zuviel Verwaltungsaufwand, das sei nicht durchführbar. Denn wir sollten uns darüber im klaren sein, meine Damen und Herren, daß das Problem der Gerechtigkeit keineswegs nur im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter liegt. Es liegt vielmehr auch im Verhältnis der Mieter zueinander. Wir müssen doch sehen, daß in der heutigen Gesellschaft, die wir als eine Leistungsgesellschaft bezeichnen, der soziale Status einer Familie weitgehend nicht mehr von ihrem Leistungsvermögen, sondern von ihrer Wohnung abhängt, die sie zufälligerweise hat. Dadurch können sich Differenzen bezüglich des verfügbaren Einkommens von mehreren hundert Mark ergeben. Wir meinen, hier hätte der Minister mehr politischen Mut beweisen müssen. Wir wären jedenfalls bereit gewesen, ihm in diesem Punkt zu folgen. Wir sind auch ungehalten darüber, daß man dem Vorschlag des Bundesrates, auf dem Wege zu mehr Gerechtigkeit einen Schritt voranzugehen und die sogenannte Unternehmensmiete auch für diejenigen Objekte einzuführen, die innerhalb von fünf Jahren wertgleich von einem Unternehmen gebaut werden, nicht gefolgt ist. Das Unternehmen könnte dann eine Durchschnittsmiete verlangen. Es ist weder sachlich noch soziologisch noch sonstwie zu begründen, sondern einfach ungerecht, daß bei in jeder Hinsicht völlig gleichen Objekten dennoch eine völlig unterschiedliche Miete festgesetzt werden kann, die der einzelne zu tragen hat. Niemand sieht dies ein, und das ist auch nicht nötig. Wir bedauern, daß der Staatssekretär auf unsere Fragen nur sehr ausweichende Antworten gegeben und lediglich von großen Schwierigkeiten gesprochen hat. Er hat aber erklärt - das möchte ich hier festgehalten wissen -, daß er bei der Novellierung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes auch diese Frage ansprechen werde. Wenn er es nicht tut, werden wir Anträge stellen, damit dieses Problem aus der Welt geschafft wird. Meine Damen und Herren, das waren in aller Eile ein paar Takte der Begleitmusik, die wir dem Wohnungsbauänderungsgesetz 1971 mit auf den Weg geben mußten. Für uns sind nicht die angekündigten Programme, sondern für uns ist das Ergebnis entscheidend. An euren Früchten werdet ihr gemessen. Wir werden diesem Gesetz dennoch unsere Zustimmung geben und werden alles dafür tun, daß die Versprechungen, soweit es an uns liegt, auch eingehalten werden können. Wir bezweifeln aber, ob dies ohne eine allgemeine Preisstabilität und ohne daß die Regierung die Preise wieder in den Griff bekommt möglich sein wird. ({3})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002033

Das Wort hat Frau Abgeordnete Meermann.

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Wohnungsbauänderungsgesetz 1971, das der Bundestag heute verabschiedet, ist das in der Regierungserklärung für diese Legislaturperiode verkündete wohnungspolitische Programm der Bundesregierung erfüllt. Insofern, Herr Orgaß, war es nicht nur richtig, sondern notwendig, daß der Minister darauf hingewiesen hat. ({0}) Das Städtebauförderungsgesetz ist verabschiedet, das Zweite Wohngeldgesetz ist in Kraft, das langfristige Wohnungsbauprogramm ist aufgestellt und mit besonderer Priorität im Haushalt abgesichert. Heute werden die gesetzlichen Grundlagen für die Durchführung dieses Programms geschaffen. Gestern haben wir darüber hinaus grundlegende Verbesserungen cies Mietrechts beschlossen. Der vertragstreue Mieter kann sich seit gestern in der ganzen Bundesrepublik im Besitz seines Heimes sicher fühlen. Keine Wohnung darf mehr ohne berechtigtes Interesse des Vermieters gekündigt werden. Dem Mietanstieg ist eine Grenze gesetzt, und gleichzeitig ist gesichert, daß der Vermieter die ortsübliche Miete erhält. An dieser Entscheidung, meine Damen und Herren von der Opposition, haben Sie keinen Anteil. ({1}) Dies vorausgeschickt, lassen Sie mich folgendes feststellen. Die Beratungen des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1971, Herr Orgaß, fanden in einer Zeit statt, in der Regierungs- und Oppositionsparteien wegen des Mietrechts in harter Konfrontation standen. Trotzdem war das Zusammenwirken der beiden Teile dieses Hauses im Ausschuß in jeder Phase der Beratungen sachlich. Sie stimmen sicherlich mit mir überein, wenn ich hier sage: es kommt nicht darauf an, ob hier oben jemand steht, der mit einer großen Rede zum inneren Frieden am anderen Tag Schlagzeilen macht, sondern es kommt darauf an, wie die Vertreter des Volkes bei der Arbeit, für die sie gewählt sind, nämlich bei der Gesetzgebung, miteinander umgehen, ob sie redlich um die beste Lösung ringen und ob sie diese Lösung dann miteinander zu tragen bereit sind. ({2}) Da s Wohnungsbauänderungsgesetz 1971 hat keine vollständige Novellierung des Bundeswohnungsbaugesetzes zum Ziel - das wurde bereits gesagt -, sondern es regelt aktuelle Fragen, die sich aus Anlaß des neuen Förderungsprogramms ergeben. Da es sich aber um ein langfristiges Programm handelt, möchte ich für die SPD-Bundestagsfraktion erklären, daß wir auch im Wohnungsbauänderungsgesetz 1971 einen Ausdruck unserer wohnungspolitischen Grundkonzeption sehen, nach der die Sorge um die Wohnung des Bürgers zu den fortlaufenden Aufgaben des Staates gehören muß. In dieser Gesamtkonzeption haben wir den mit. öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungsbau immer aufgefaßt als einen Wohnungsbau für die breiten Schichten unseres Volkes, einen Wohnungsbau, der im weitesten Sinne des Wortes sozial ist und der daher Gettobildungen von vornherein ausschließen muß. Daraus folgt, meine Damen und Herren Kollegen, daß die Einkommensgrenzen, die für den Bezug einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung gesetzt sind, nicht zu eng sein dürfen. Die bisher geltende Einkommensgrenze von 750 DM monatlich für den Haushaltsvorstand ist seit 1957 unverändert geblieben. Sie wurde nur für die Familienmitglieder im Jahre 1965 von 150 auf 200 DM monatlich erhöht. Zwar haben die Länder diese Grenzen mit einiger Großzügigkeit gehandhabt, es liegt aber auf der Hand, daß sie weder den heutigen Einkommensverhältnissen noch den neueren Mieten im sozialen Mietwohnungsbau entsprechen, die ja, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht nur durch erhöhte Baukosten gestiegen sind, sondern auch weil die Wohnungen dem heutigen Standard entsprechend größer und besser ausgestattet sind. Sehen Sie sich einmal die Durchschnittswohnungsgrößen im sozialen Wohnungsbau an: 1951 51,7 qm, 1960 65,6 qm, 1970 75,5 qm. Die Einkommensgrenzen hätten also schon vor einigen Jahren geändert werden müssen. Wir Sozialdemokraten waren aber der Auffassung, daß es mit einer Anhebung der Zahl der Anspruchsberechtigten allein nicht getan ist, sondern daß gleichzeitig im Bundeshaushalt mehr Mittel für cien Wohnungsbau eingestellt werden müssen. Ihr früherer Finanzminister Franz Josef Strauß hatte dafür wenig Verständnis. ({3}) Erst unter den sozialdemokratischen Finanzministern Alex Möller und Karl Schiller wurde dem Wohnungsbau eine hohe Priorität gegeben. ({4}) Bitte sehr!

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Verehrte Frau Kollegin, würden Sie, damit nicht Illusionen in der Öffentlichkeit entstehen, einmal klarstellen, daß von dem höheren Ansatz im Haushalt 1972 für Wohnungsbau der überwiegende Teil für Bausparprämien und für Wohngeld bereitsteht und nur ein geringer Teil tatsächlich für Wohnungsbauförderung? ({0})

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, es stimmt, daß diese beiden Posten seit Jahren im Haushalt des Bundeswohnungsbauministers einen großen Platz einnehmen. Es stimmt, daß bei diesen beiden Posten die wesentlichen Steigerungen liegen. Es stimmt aber auch, daß der Anteil des Bundes an der Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus von 1966 bis heute von 8 auf 40 % gestiegen ist. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Geisenhofer?

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, nicht ununterbrochen! Gleich mal wieder!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wollen Sie dem Abgeordneten Geisenhofer jetzt keine Zwischenfrage gestatten?

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nun bitte! Aber das ist dann die letzte!

Franz Xaver Geisenhofer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000653, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Kollegin Meermann, Sie sprachen erst davon, daß es nicht darauf ankommt, wie man hier am Rednerpult redet, sondern darauf, wie man sich ehrlich und redlich bemüht, hier zu handeln. Ich darf Sie fragen: Sprechen Sie es uns ab, daß es mit zum ehrlichen Bemühen gehört, wenn wir von der CDU/CSU-Fraktion die ehrliche und redliche Meinung vertreten, daß die ortsübliche Vergleichsmiete, die gestern beschlossen wurde, einen Mietanstieg verursacht und daß dieses Gesetz mieterfeindlich ist und nicht eine Begrenzung des Mietanstiegs bringt? ({0})

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Herr Kollege Geisenhofer, wir können hier heute natürlich über sämtliche Gesetze reden, die wir irgendwann einmal verabschiedet haben. Wir reden heute über das Wohnungsbauänderungsgesetz 1971. Aber ich will trotzdem auf Ihre Frage antworten. Das muß mir noch klargemacht werden, daß die Mieten nicht steigen, wenn überhaupt keine Begrenzung da ist, ({0}) und daß sie plötzlich steigen sollen, wenn es eine Begrenzung gibt. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, die Rednerin doch fortfahren zu lassen.

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich komme zurück auf den Haushalt und die Mittel, die wir zur Verfügung gestellt haben. ({0}) - Nein. Entschuldigung, das nehme ich wirklich zurück. Mittel, die die Bundesregierung vorgesehen hat und die dieses Hohe Haus - damit rechne ich ganz sicher - zur Verfügung stellen wird. Der Zuwachs liegt - wir haben es eben festgestellt - erheblich über den Preissteigerungen. Es können tatsächlich mehr Wohnungen gebaut werden. Voraussetzung ist natürlich, daß Länder und Gemeinden im Rahmen der Mitfinanzierungskompetenz ihren Teil zu diesen gemeinsamen Aufgaben beitragen. Aber der Bund macht es ihnen durch eine wesentliche Erhöhung seines Anteils ja auch leichter. Nun lassen Sie mich noch etwas sagen, von dem ich weiß, daß Sie es nicht gern hören, was aber an dieser Stelle gesagt werden muß. Mit diesem Haushalt ist nämlich die Politik des Abbaus der öffentlichen Mittel für den sozialen Wohnungsbau, den frühere Bundesregierungen gegen den Willen der Sozialdemokraten durchgesetzt haben, endgültig liquidiert. ({1}) Wir Sozialdemokraten halten den Zeitpunkt für die Erhöhung der Einkommensgrenzen für richtig gewählt und die Erhöhung selbst für angemessen. Die neue Einkommensgrenze liegt bei 1000 DM monatlich für den Familienvorstand, bei 250 DM für jedes weitere Familienmitglied, wobei noch das Kindergeld, die allgemeine Werbungskostenpauschale nach dem Steuerrecht und die Arbeitnehmerfreibeträge hinzugerechnet werden können. Für mitarbeitende Ehegatten wurde der anrechnungsfreie Betrag auf Antrag der Koalitionsfraktionen auf 750 DM erhöht. So können auch Familien, in denen die Ehefrau berufstätig ist, leichter in den Genuß einer Sozialwohnung kommen. Für die übrigen mitverdienenden Familienmitglieder wurde eine geringere Anhebung des anrechnungsfreien Betrags auf 500 DM vorgenommen. Erhöhte Einkommensgrenzen bringen die Gefahr mit sich, daß einkommenschwächere Familien im Wettbewerb um die Sozialwohnungen zu kurz kommen. Wir haben deshalb in der SPD-Bundestagsfraktion lange überlegt, ob nicht den Gemeinden ein generelles Vorschlagsrecht für alle freiwerdenden und neu zu belegenden und neu gebauten Sozialwohnungen eingeräumt werden sollte, ähnlich wie es zur Zeit noch in München, Hamburg und Berlin besteht und dort mit gutem Erfolg ausgeübt wird. Wir haben schließlich davon abgesehen, weil die Verwaltungsarbeit zu groß wäre. Wir haben dann in der Tat in gemeinsamer Überlegung mit Ihnen wobei ich Ihnen gern konzedieren will, Herr Kollege Orgaß, daß der Anstoß von Ihnen gekommen ist eine Regelung gefunden, nach der auch die Familien mit geringem Einkommen bei den für sie besondes interessanten älteren Sozialwohnungen besser zum Zuge kommen. In freiwerdende Sozialwohnungen, für die die öffentlichen Mittel bis zum 31. Dezember 1963 bewilligt wurden - das entspricht in etwa dem Fertigstellungsjahr 1965 -, ({2}) dürfen, von Ausnahmen abgesehen, nur solche Familien einziehen, deren Einkommen um 20 % unter der jetzt neu festgesetzten Einkommensgrenze liegt. Das ist immer noch etwas höher als die bisher geltende Einkommensgrenze. Mir scheint das deswegen wichtig, damit dem Vermieter keine Kumulation von Mietausfallwagnissen entsteht. Natürlich ist es auch für diese Familien nach wie vor möglich, in eine neue öffentlich geförderte Wohnung zu ziehen. Aber da auch bei Gewährung von Wohngeld der eigene Mietanteil bei teuren Wohnungen höher ist, sollen sie ein Vorrecht bei der Belegung der preisgünstigeren Wohnungen haben. Die Gefahr, daß es dadurch zu einer Ghettobildung kommt, ist gering. Denn der Wechsel im sozialen Mietwohnungsbau beträgt nach Auskunft der Länder nur zwischen 3 und 5 % jährlich. Für diesen begrenzten Teil aber ist die neue Regelung ein echter Beitrag zur Lösung des Fehlsubventionierungsproblems. Herr Orgaß, Sie haben bedauert, daß der Bundesregierung und damit diesem Hause eine generelle Lösung nicht möglich ist. Ich will Ihnen ganz offen sagen: ich habe mich sehr gefreut, daß Sie immerhin in diesem Punkt Herrn Minister Lauritzen mehr zutrauen als Herrn Lücke, der sich ja auch sehr lange um eine Lösung dieses Problems bemüht hat, ohne aber eine Lösung zu finden. ({3}) -- Ich möchte in aller Bescheidenheit darauf aufmerksam machen, Herr Orgaß, daß es ja auch in Ihrer Fraktion unterschiedliche Meinungen gibt. Ich erinnere mich gern daran, daß unser Ausschußvorsitzender, der verehrte Herr Kollege Mick, dem Minister in einer Sitzung ausdrücklich dazu gratuliert hat, daß er diesen alten Hut nun endlich begraben hat. So können die Meinungen differieren. Bitte, vergessen Sie auch nicht, daß bei der Ankündigung, das Problem durch eine Fehlbelegungsabgabe zu lösen, sofort zwei CDU-regierte Länder mit Verfassungsklage gedroht haben. Da hat also offenbar das Zusammenspiel zwischen Ihrer Fraktion und den CDU-regierten Ländern nicht so gut geklappt wie beim Mietrecht. Als eine wichtige Neuerung in dem Gesetz möchte ich hervorheben, daß kinderreiche Familien zum erstenmal auch Darlehen für den Kauf von bestehenden Wohnungen erhalten können. Dadurch wird man ihrer Lage oft besser gerecht als durch den Bau von neuen Wohnungen. Die Sorge um den einkommensschwächeren Teil der Bevölkerung schließt nicht aus, daß die staatliche Wohnungsförderung sich in besonderen Fällen auch solchen Familien zuwenden muß, deren Einkommen über der Grenze liegt, die zum Bezug einer öffentlich geförderten Wohnung berechtigt. Das gilt insbesondere dann, wenn diese Familie eine öffentlich geförderte Wohnung frei macht oder wenn sie eine Wohnung im Regionalprogramm bezieht. Hier ist eine Einkommensgrenze vorgesehen, die bis zu 40 % über der neuen Grenze liegt. Da es sich aber um Familien mit höherem Einkommen handelt, wird ihnen auch ein wesentlich höherer und mit den Jahren durch die Art der Finanzierung steigender Eigenbeitrag zu ihrer Wohnungsversorgung zugemutet. Ich darf Ihnen auch noch folgendes sagen, Herr Orgaß. Sie bezweifelten die Effektivität dieses Programms. Nur, die Länder haben doppelt so viel Wohnungen aus dem Regionalprogramm angefordert, als der Bund zu finanzieren in der Lage ist. Ich meine, wir müssen auch bei der Wohnungsversorgung an diejenigen denken, die angeblich zu reich für eine Sozialwohnung sind, aber entschieden zu arm, um die Mieten im freifinanzierten Wohnungsbau zahlen zu können. Als letzten Punkt möchte ich einige Anmerkungen zu der Frage der Verlängerung der Bindungen machen. Da die gesetzlichen Grundlagen für ein langfristiges Wohnungsbauprogramm gelegt wurden, mußte auch eine Frage neu beantwortet werden, die frühere Mehrheiten in diesem Hause entgegen dem Willen der Sozialdemokraten entschieden haben, nämlich die Frage: was geschieht langfristig mit den öffentlich geförderten Wohnungen, in denen Steuermittel aller Bürger stecken? Ist es vertretbar, daß Sozialwohnungen nicht Sozialwohnungen bleiben? Ist es vertretbar, daß, zumal in einer Zeit, in der das Bauen preisgünstiger Wohnungen schwieriger ist, Jahr für Jahr eine ständig wachsende Zahl von Sozialwohnungen aus der Preisbindung und aus der Bindung an Mieter innerhalb bestimmter Einkommensgruppen herausfällt? Ist es vertretbar, daß sich die Mieten dann schlagartig erhöhen? Können wir es uns leisten, Steuergelder in ein Faß ohne Boden zu stecken? In Köln sind z. B. im Jahre 1970 genauso viele Sozialwohnungen aus der Bindung herausgefallen, wie neue gebaut wurden. Dabei ist zu bemerken, daß sich darunter keine einzige Wohnung der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften befand, weil diese zur Einhaltung der Bindungen auf Dauer verpflichtet sind. Wir Sozialdemokraten sind immer dafür eingetreten, daß derjenige, der öffentliche Mittel zur Bildung von Privateigentum erhält, zumindest langfristige Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft auf sich nehmen muß. Wir freuen uns darüber, daß wir jetzt auch bei der Opposition Verständnis dafür gefunden haben. Im Wohnungsbauänderungsgesetz 1971 wird die Bindungsfrist nach Ablösung der öffentlichen Mittel von 5 auf 10 Jahre verlängert, und zwar für den Wohnungsbestand ebenso wie für den Wohnungsbau.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Erpenbeck?

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich wollte gerade meinen letzten Satz sprechen. - Entschuldigung, Herr Kollege, ich möchte zu Ende kommen. Mit der Verabschiedung des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1971 ist ein wichtiger Abschnitt unserer Wohnungs- und Städtebaupolitik in der geschlossenen Konzeption von Städtebauförderungsgesetz, Wohngeldgesetz, langfristigem Wohnungsbauprogramm und Mietrecht verwirklicht worden. In diesen ersten zwei Jahren der SPD/FDP-Regierung haben die Wohnungspolitik und die Städtebaupolitik im Zentrum unserer Reformbestrebungen gestanden. Wir machen weiter. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Wurbs.

Richard Wurbs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002576, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Einbringung des Wohnungsbauänderungsgesetzes 1971 am 5. Mai dieses Jahres habe ich bereits die Vorstellungen meiner Fraktion zu diesem Gesetzentwurf dargelegt, so daß ich mich heute ursprünglich kurz fassen und nur zu einigen Punkten Stellung nehmen wollte, die sich auf Grund der Ausschußberatungen ergeben haben, zumal auch vorgesehen ist, im Jahre 1972 eine umfangreichere Novellierung des Zweiten Wohnungsbauänderungsgesetzes durchzuführen. Aber nach den Ausführungen des Kollegen Orgaß fühle ich mich doch verpflichtet, zu ein paar Punkten noch Stellung zu nehmen. Es geht einfach nicht an, daß hier immer wieder behauptet wird, die Bundesregierung unternehme nichts, um der schwierigen Wohnungssituation Herr zu werden. Allein mit Kritik ist es nicht getan, und Sie dürfen nicht immer so tun, als ob die Bundesregierung bisher überhaupt nichts unternommen hätte. Ich darf nur an das Städtebauförderungsgesetz erinnern, an das Wohngeldgesetz, an das Gesetz zur Verbesserung des Mietrechts und nicht zuletzt an den Gesetzentwurf, den wir heute vor uns liegen haben. Es ist nicht zu leugnen, daß wir vor einer nicht leichten Aufgabe stehen, der Aufgabe, den Wohnungsmarkt wieder in den Griff zu bekommen. Aber das langfristige Wohnungsbauprogramm, das die Bundesregierung vorgelegt hat, soll ja dazu dienen, die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu lindern. Ich glaube, daß wir gemeinsam an diesem Ziel arbeiten sollten. Ich bin dem Herrn Kollegen Mick sehr dankbar, daß er hier ausdrücklich die sachliche Zusammenarbeit bei der Ausschußberatung hervorgehoben hat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf soll die gesetzliche Grundlage bilden, die zur Durchführung des von der Bundesregierung beschlossenen langfristigen Wohnungsbauprogramms notwendig ist. Das langfristige Wohnungsbauprogramm der Bundesregierung sieht den jährlichen Bau von mindestens 200 000 bis 250 000 Wohnungen vor. Dieses Ziel soll einmal durch eine allgemeine Grundförderung, durch Mittelbereitstellung seitens des Bundes in einer Größenordnung von jährlich 150 Millionen DM, die den Ländern zur Verfügung gestellt werden, angestrebt werden. Des weiteren ist ein Programm zur Wohnungsversorgung besonderer Personenkreise, wie kinderreiche Familien, alte Menschen, junge Familien und Schwerbeschädigte mit einem Volumen von jährlich etwa 250 Millionen DM vorgesehen. Diese beiden Maßnahmen werden noch durch die jährliche Modernisierung von etwa 50 000 Wohnungen ergänzt. Die im Regionalprogramm geförderten Wohnungen sollen für Entwicklungsschwerpunkte in wirtschaftlich schwachen Gebieten, d. h. für Gebiete, -({0}) - Sie müssen mir doch überlassen, was ich hier ausführe. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Erpenbeck.

Ferdinand Erpenbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000492, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wurbs, glauben Sie - auch nach den Erläuterungen, die der Herr Parlamentarische Staatssekretär im Ausschuß gegeben hat , daß die 100 000 Wohnungen mehr, also Ihre 200 000 bis 250 000 Sozialwohnungen nun auf Grund der Festlegungen im Haushaltsplan bei der inzwischen eingetretenen 30 bis 40%igen Baukostenerhöhung tatsächlich erreicht werden können?

Richard Wurbs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002576, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Erpenbeck, ich glaube, es kann nicht so genau festgelegt werden, wieviel Wohnungen wir erstellen können. ({0}) - Entschuldigen Sie einmal, ich habe die Ausführungen des Staatssekretärs auch gehört. Sie haben hier in den Überlegungen doch wohl feststellen können, daß über die Aufwendungszuschüsse erheblich mehr Wohnungen gefördert werden können als über den Weg der Darlehensvergabe. Sie können doch den Betrag, der normalerweise für Darlehen gegeben wird, dort vervielfältigen.

Ferdinand Erpenbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000492, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich darf dann doch noch fragen, Herr Kollege Wurbs, ob Sie bestätigen können, daß im Regionalprogramm tatsächlich nur die Hälfte von dem gebaut werden kann, was angekündigt worden ist.

Richard Wurbs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002576, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Das wird zum Teil zutreffen. Doch wollen wir erst einmal abwarten. Wir müssen erst einmal die Komplementärmittel der Länder mitberücksichtigen. Ich werde mich doch hier nicht auf die Hälfte oder auf dreiviertel des Volumens festlegen lassen. Das werden wir noch feststellen. Das ist von dieser Stelle nicht zu sagen. ({0}) Ich habe bei der Einbringung dieses Gesetzes für die Freien Demokraten seinerzeit gewisse Bedenken gegen die Finanzierung durch Aufwendungsdarlehen angemeldet, da während der Laufzeit der Aufwendungsdarlehen einmal stufenweise nicht unerhebliche Mietsteigerungen eintreten und zum anderen im Zeitpunkt der Bewilligung der AufWurbs wendungszuschüsse nicht abzusehen ist, ob der endgültige Mietpreis nach Ablauf von 15 Jahren tatsächlich erzielt werden kann. Da aber im Gesetz - das wurde im Ausschuß ausdrücklich bestätigt - festgelegt ist, daß eine Verzinsung nur bis zu 6 % möglich ist, und dies nur unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, daß keine Gefährdung des betreffenden Mietobjektes eintreten darf, sind, glaube ich, auch diese Bedenken weitgehend ausgeräumt. Im Gesetz ist ferner die Änderung der Einkommensgrenze nach § 25 vorgesehen. Ich möchte es mir ersparen, die einzelnen Daten hier noch einmal aufzuzeigen. Bei der Bewilligung der Aufwendungszuschüsse und Aufwendungsdarlehen sollen Wohnungen in der Regel nur Personen zukommen, die entweder eine öffentlich geförderte Wohnung freimachen oder deren Jahreseinkommen die nach § 25 festgelegte Einkommensgrenze nicht mehr als um 40 % übersteigt. In diesem Zusammenhang sollen auch Änderungen des Wohnungsbindungsgesetzes erfolgen. Mit der Änderung des Bindungsgesetzes sollen vor allem Wohnungssuchende mit geringem Einkommen berücksichtigt werden. Die bis zum 31. Dezember 1963 geförderten billigeren Wohnungen sollen deshalb diesem Personenkreis vorbehalten bleiben. In der auszustellenden Berechtigungsbescheinigung soll für diesen Personenkreis ein zusätzlicher Vermerk gemacht werden. Aber unabhängig davon stehen selbstverständlich auch diesem Personenkreis die Wohnungen zur Verfügung, die nach 1963 gebaut worden sind. Der Ausschuß hat sich eingehend mit der Frage befaßt, ob die Bindungsfrist für Sozialwohnungen von bisher fünf Jahren nach Rückzahlung der Darlehensmittel entsprechend verlängert werden sollte. Nach der bisherigen Regelung war es möglich, bei vorzeitiger Rückzahlung der Darlehen nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren frei über den Wohnraum zu verfügen. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaues soll aber langfristig der Versorgung gewisser Personenkreise mit Wohnraum dienen. Dieses Ziel wurde vor allem in den Ballungsräumen in der letzten Zeit dadurch zunichte gemacht, daß vorzeitige Rückzahlungen erfolgten. Wir sind der Auffassung, daß sich ein Bauherr bei Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln auch gewissen Auflagen unterwerfen muß. Daher soll die bisherige Bindungsdauer von fünf Jahren nach Rückzahlung der öffentlichen Mittel auf zehn Jahre verlängert werden. Die Regierungsvorlage trägt damit auch im wesentlichen den Wünschen der Länder Rechnung. Im Gesetz sind ausdrücklich Ausnahmen vorgesehen, die der Zustimmung der zuständigen Stellen bedürfen. Dies trifft vor allem bei Wohnungswechsel zu, insbesondere wenn ein Eigenheim verkauft werden muß, damit an einem anderen Ort wieder ein solches erworben werden kann. Abschließend sei noch nachgetragen, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch Förderungsmittel zum Erwerb vorhandener Wohnungen eingesetzt werden können, z. B. für kinderreiche Familien, die ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung erwerben wollen, was bisher nach der Definition des Begriffs „öffentliche Mittel" nicht möglich war. Meine Damen und Herren, namens meiner Fraktion erkläre ich die Zustimmung zu diesem Gesetz. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Eine Einzelberatung findet nicht statt. Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen. Es liegen noch zwei Ausschußanträge vor. Der erste ist der Antrag, den Initiativantrag der Fraktion der CDU/CSU für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Einstimmig beschlossen. Ferner beantragt der Ausschuß, die zum Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, ich komme damit zu Punkt 5 der Tagesordnung: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes - Drucksachen VI/2643, zu VI/2643 - aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/2812 - Berichterstatter: Abgeordneter Baier bb) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ({1}) - Drucksache VI/2784 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Stommel ({2}) b) Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes - Drucksache VI/2267 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit ({3}) - Drucksache VI/2784 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Stommel ({4}) Ich danke der Berichterstatterin, der Abgeordneten Frau Stommel, für ihren Schriftlichen Bericht. Wird seitens der Berichterstatter das Wort gewünscht? - Das ist offensichtlich nicht der Fall. Vizepräsident Dr. Jaeger Ich komme zur zweiten Beratung und rufe auf Artikel 1, Umdruck 241 *), Änderungsantrag der Fraktion der CDU CSU, und erteile das Wort dem Abgeordneten Baier.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf den Änderungsantrag Umdruck 241 der CDU/CSU-Fraktion begründen. Am 23. September hat Frau Stommel den CDU/ CSU-Antrag zur Änderung des Kindergeldgesetzes begründet und darauf hingewiesen, daß das gegenwärtige Bundeskindergeld unter keinem Aspekt ausreichend sei, insbesondere nicht für die Familien mit mehreren Kindern. Diese Feststellung ist nicht neu. Vielleicht, ja mit Sicherheit werden Sie, meine Damen und Herren von der SPD und FDP, sich wieder darauf berufen, daß diese seit 1964 nicht erhöhten Kindergeldleistungen für Mehrkinderfamilien auch in der Regierungszeit der CDU/CSU nicht verbessert wurden. Meine Damen und Herren, es ist billig, daß die gegenwärtige Bundesregierung, wenn sie sich mit uns über Familienpolitik auseinandersetzt, nur auf familienpolitische Versäumnisse in den Zeiten verweisen will, in denen wir führend für die Sozialpolitik verantwortlich waren. Ich habe hier bereits vor einiger Zeit erklärt, daß dies, auch wenn dem so sei, kein Alibi dafür ist, daß Sie seit Ihrer Regierungsübernahme vor zwei Jahren nichts für die kinderreichen Familien getan haben. Es wird aber niemand ernsthaft bestreiten - und das soll dabei gesagt werden , daß die Leistungsverbesserungen in der Kindergeldgesetzgebung in den Jahren 1964 und 1965 erheblich waren und daß diese Leistungsverbesserungen auch noch für die unmittelbar darauf folgenden Jahre in ausreichender Weise tragfähig waren. Die wirklich schwerwiegenden wirtschaftlichen Probleme für Familien mit mehreren Kindern sind erst ab 1969, schwergewichtig in den Jahren 1970 und 1971, eingetreten, bedingt durch das starke Ansteigen der Lebenshaltungskosten. Diese Feststellung, meine Damen und Herren, möchte ich doch mit einigen Fakten belegen. Der Preisindex für die einfache Lebenshaltung eines Kindes ist von 1966 bis 1967 nur um 0,7 Punkte gestiegen, von 1967 auf 1968 um 1,4 Punkte, und zwar auf der Grundlage eines Preisindexes von 1962 = 100. Von 1968 bis 1969 stieg der Preisindex um 4,8 Punkte, zwischen 1969 und 1970 um 3,9 Punkte. Aber von Bedeutung ist - und das ist wichtig für unsere Entscheidung , daß der Preisindex für die einfache Lebenshaltung eines Kindes zwischen September 1970 und September 1971 von 122,3 Punkte auf 130,8 Punkte angestiegen ist, also um 8,4 Punkte. Damit haben sich allein innerhalb eines Jahres die Lebenshaltungskosten für die einfache Lebenshaltung eines Kindes um etwa zehn Mark monatlich erhöht. Deshalb, meine Damen und Herren, wurde von der CDU/CSU initiiert und von der großen Koalition, von ') Siehe Anlage 5 der CDU CSU und SPD, im März 1969 einstimmig in einem Entschließungsantrag gefordert, daß die Bundesregierung alsbald eine Anpassung der Leistungen für kinderreiche Familien an die wirtschaftliche Entwicklung vornehmen solle. Offensichtlich wollen Sie sich, meine Damen und Herren von der SPD, an das, was Sie einstimmig beschlossen haben, jetzt nicht mehr erinnern. Deshalb hat die CDU/CSU im Herbst 1969, als die SPD/FDP-Bundesregierung untätig blieb, einen Antrag auf Verbesserung des Kindergeldes vorgelegt und als solide Deckung die Finanzmasse in Höhe von 1,5 Milliarden DM vorgeschlagen, die von der SPD/FDP-Regierung als Steuersenkung versprochen war. Nachdem lediglich Verbesserungen für die Zweitkinder durchgesetzt wurden, hat die CDU/CSU im Juni dieses Jahres einen neuen Antrag eingebracht, um im Interesse der sozialen Gerechtigkeit auch den Familien mit mehr als drei Kindern eine Erhöhung um 10 Mark zukommen zu lassen. Inzwischen ist der materielle Lebensstandard der Mehrkinderfamilien immer unerträglicher geworden. Während die Einkommen in der Bundesrepublik seit 1964, als die letzte Anhebung erfolgte, um 70 % gestiegen sind, sind gleichzeitig, aber insbesondere eben in den letzten beiden Jahren, durch die Inflationsrate und die damit verbundenen Kostensteigerungen für die Lebenshaltung viele Mehrkinderfamilien unter das Existenzminimum geraten. Jedermann, der sich umsieht, wird feststellen, daß die derzeitige familienpolitische Abstinenz zu einer erheblichen politischen Unruhe in den Familien führt. Die Inflationspolitik wird in erster Linie auf dem Rücken der Sparer, der Rentner und der kinderreichen Familien ausgetragen. ({0}) Wenn die Bundesregierung angesichts dieses Tatbestandes noch hergeht und in der mittelfristigen Finanzplanung die Kindergeldansätze im Jahre 1972 um 100 Millionen DM, 1973 um 150 Millionen DM und 1974 um 220 Millionen DM kürzt, so muß mit aller Entschiedenheit festgestellt werden, daß es den Hauptleidtragenden dieser Inflationspolitik nicht zuzumuten ist, für die Stabilität noch ein zusätzliches Sonderopfer zu bringen. ({1}) Frau Minister Strobel, es zeugt offensichtlich von dem dürftigen Stellenwert, den Sie der Familienpolitik einräumen, wenn Sie angesichts dieser wirtschaftlichen Situation der Familien die Finanzplanung reduzieren. Oder aber muß man sich die Frage stellen, ob Ihr Durchsetzungsvermögen im Kabinett nicht ausreicht, um diese Fakten dort darzulegen und einen Beschluß der Bundesregierung herbeizuführen, damit wenigstens der Status quo in der Zukunft beibehalten wird. Wir legen Ihnen heute einen Änderungsantrag vor, der vorsieht, das Kindergeld für das vierte Kind um 10 DM auf 70 DM anzuheben. Lassen Sie mich dazu feststellen, daß der Antrag auch nach unserer Auffassung den Ansprüchen der kinderreichen Familien bei weitem nicht gerecht wird. Hierfür müßte wesentlich mehr geschehen. Wir sind aber der Auffassung, daß für die Familien jetzt wenigstens das getan werden sollte, was den heutigen finanziellen Möglichkeiten entspricht. Lassen Sie mich deshalb zur finanziellen Deckung des Antrages etwas sagen, weil ich mit Sicherheit weiß, daß Sie nachher darauf zurückkommen werden. Die Kosten für die Erhöhung des Kindergeldes für das vierte Kind betragen höchstens 84 Millionen DM im Jahr. Der Haushaltsansatz für 1972 wird trotz der vorgenommenen Kürzung wiederum 3290 Millionen DM betragen. Nachdem nach unseren sehr sorgfältigen Berechnungen und den Ist-Zahlen für das Kindergeld per 31. Oktober 1971 auch in diesem Jahr ein Betrag von 40 Millionen DM wahrscheinlich nicht ausgeschöpft wird und im Laufe des Haushaltsjahres 1971 50 Millionen DM für außerordentliche Leistungen im Rahmen der Kindergeldzahlungen ausgeben werden, kann davon ausgegangen werden, daß bei gleichem Stand im Jahre 1972 bereits ein finanzieller Spielraum von 90 Millionen DM beim Ansatz für Kindergeld vorhanden ist. Ich weise auch darauf hin, daß in den verflossenen Jahren trotz aller gegenteiligen Beteuerungen jedesmal Reste zwischen 75 und 130 Millionen DM bei diesem Etatposten vorhanden waren. Bei dieser Berechnung der Deckungsmöglichkeit habe ich nicht berücksichtigt, daß wir - leider! -weiterhin sinkende Geburtenraten haben und daß im kommenden Jahr voraussichtlich auch ein Rückgang der Kindergeldzahlungen an ausländische Gastarbeiter zu erwarten ist. So gesehen, werden die Ansätze im Haushaltsplan 1972 und in der mittelfristigen Finanzplanung für 1973 ausreichen, um diese geringfügige Verbesserung des Kindergeldes für Viertkinder vorzunehmen. Ich weise weiter darauf hin - dieser Hinweis sollte es auch Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, leichtmachen, diesem Antrag zuzustimmen -, daß diese Anhebung des Kindergeldes für das vierte Kind auf 70 DM noch um 20 DM unter dem Betrag liegt, der als Eckwert im Rahmen der Steuerreform von der Regierung vorgeschlagen wurde. Heute steht hier nur ein Antrag auf eine begrenzte Verbesserung des Kindergeldes zur Entscheidung an. Heute ist also noch nicht der Zeitpunkt, sich grundsätzlich in einer Debatte über die Reform des Familienlastenausgleichs zu unterhalten. Meine Damen und Herren, es kann und darf jedoch angesichts der Notlage der Mehrkinderfamilien in dieser Frage keinen Parteienstreit geben. Ich bin überzeugt, daß auch Sie von den Regierungsparteien erkennen und die Auffassung vertreten, daß Verbesserungen des Kindergeldes für die Mehrkinderfamilien sofort notwendig und erforderlich sind. Wir schlagen Ihnen heute eine Mindestverbesserung ab 1. Januar 1972 vor. Sie liegt im Rahmen der geplanten Reform des Familienlastenausgleichs, und die geschätzten Kosten von höchstens 84 Millionen DM sind für die Jahre 1972 und 1973 gedeckt. Wir alle hoffen, daß ab 1974 endlich ein gerechter Familienlastenausgleich Platz greifen wird. Wir bitten Sie, die Mehrkinderfamilien jedoch nicht weitere Jahre warten zu lassen und deshalb unserem Antrag heute zuzustimmen. Meine Damen und Herren von der SPD und FDP, sollten Sie dies in der bevorstehenden Entscheidung, für die ich namentliche Abstimmung beantrage, nicht tun und alle sachlichen Argumente vom Tisch fegen, dann können sich die Familien Ihr Verhalten nur noch mit ideologischen Gründen erklären. ({2}) Ein solches Verhalten wäre in der Tat, wie ein großer Familienverband bereits schrieb, eine schreiende Ungerechtigkeit, ja, eine Desavouierung der kinderreichen Familien. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat Frau Abgeordnete Eilers.

Elfriede Eilers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Rahmen der Stellungnahme zum Änderungsantrag Umdruck 241 der CDU/CSU möchte ich für meine Fraktion einige grundsätzliche Ausführungen zur Familienpolitik machen. Die CDU/CSU will die Bundesregierung in cien Leistungen für die Familie wieder einmal übertreffen. Das war bereits in der Novelle zur Kindergeldgesetzgebung am 4. November 1970 versucht worden. Die Opposition hatte einen Gesetzentwurf vorgelegt, der einen Mehrbedarf von 1,6 Milliarden DM erfordert hätte. ({0}) Auch bei der Verabschiedung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes war das so. Hier legte die Opposition in der zweiten Lesung Änderungsanträge mit einem zusätzlichen Finanzvolumen von 1,1 Milliarden DM vor. So ist es auch heute. Der von der CDU/CSU vorgelegte Gesetzentwurf bedingt einen Mehrbedarf von mindestens 150 Millionen DM. ({1}) - Herr Kollege, im Hinblick auf die vorgeschrittene Zeit möchte ich keine Fragen zulassen. ({2}) - Ich kann Ihnen die alten Protokolle und Anträge vorlegen. Der nun in der zweiten Lesung des Regierungs-entwurfs vorgelegte Änderungsantrag der Opposition ist zwar entschieden bescheidener, erfordert aber immerhin noch ein zusätzliches Finanzvolumen - Sie sagen von 84 Millionen DM, mir sind Berechnungen von 86 Millionen DM bekannt; aber die 2 Millionen DM dürften nichts zur Sache tun. ({3}) Es ist das Recht der Opposition, eigene Anträge vorzulegen. Es ist aber nach meiner Meinung auch die Pflicht der Opposition, finanzielle Deckungsvorschläge für den Mehrbedarf zu machen. ({4}) - Bitte lassen Sie mich ausreden, Herr Kollege; ich möchte darauf eingehen. ({5}) Meine Fraktion bedauert, daß Sie zwar etwas vorlegen, aber bis jetzt auf Deckungsvorschläge verzichtet haben. Die finanzielle Deckung Ihres 1,6Milliarden-Antrages zur Kindergeldgesetznovelle lag völlig im Nebel. So war es auch mit den 1,1 Milliarden DM zum Bundesausbildungsförderungsgesetz. Dasselbe gilt für den heutigen Antrag. Der Vertreter des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit hat in der Ausschußberatung eindeutig erklärt, daß die von der Opposition behauptete finanzielle Reserve im Kindergeldetat zur Finanzierung solcher zusätzlichen Aufwendungen nicht vorhanden ist, auch wenn von der Opposition aus wohlerwogenen Gründen das Gegenteil behauptet wird. Wir sehen uns daher gezwungen, den vorliegenden Antrag der CDU/CSU abzulehnen. Das taktische Spiel der Opposition ist offenkundig. Die CDU/CSU will - wie das z. B. auch in Ihrer Rede deutlich wurde, Herr Kollege Baier - mit solchen propagandistischen Anträgen ({6}) von ihrer eigenen unrühmlichen Rolle in der Familienpolitik der Vergangenheit ablenken. ({7}) - Natürlich ist das die alte Platte. Aber, Herr Kollege, wir können es Ihnen nicht ersparen, auf die Dinge hinzuweisen, die hier in diesem Hause geschehen sind. Daran kommen wir doch nicht vorbei. Für Sie mag das so sein, für uns aber sind das Fakten, die noch im Raum stehen. ({8}) Wie sah es denn aus, bevor diese Koalition die Regierungsverantwortung übernommen hat? Sie selbst haben gesagt: Das Kindergeld ist seit 1964 nicht mehr erhöht worden. Die Einkommensgrenzen für das Zweitkind betrugen seit 1965 unverändert 650 DM. In dieser Zeit waren Herr Wuermeling, Herr Heck und Frau Brauksiepe Familienminister. ({9}) - Das tut weh, aber ich kann es nicht ändern. Die CDU/CSU hat sich über viele Jahre gegen eine bundeseinheitliche Ausbildungsförderung gewehrt. Ich denke nur daran, daß auch Herr Strauß in der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahre 1972 für familienpolitische Leistungen kein Geld vorgesehen hatte. Wir denken nicht daran, Gesetze vorzulegen, die so unseriös sind, wie wir es z. B. im Jahre 1965/66 erlebt haben. Da mußten dann durch Haushaltssicherstellungsgesetze maßgebliche Entscheidungen wieder zurückgenommen werden. Sie haben vorhin mit einem Zitat eines Familienverbandes geschlossen. Ich darf Ihnen sagen, wie Ihre Familienpolitik von Familienverbänden beurteilt wird. Sie selbst kennen das Zitat: Wir müssen zugeben, daß wir bisher mit der familienpolitischen Rolle der Opposition - zumal in den letzten Jahren - nicht zufrieden sein konnten, - diese Opposition ist in dem Fall die CDU/CSU hat sie doch, solange sie noch in der Regierung war, und zwar schon nach 1964, die Familien und die Familienpolitik kläglich vernachlässigt. Die Nachwirkungen dieses Versagens machen bisher ihre Kritik an der Regierung zu einem hohlen Donnergetöse. Das ist die „Stimme der Familie" aus dem Juli 1970. Ich glaube, diese Aussage spricht für sich. ({10})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

Elfriede Eilers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die CDU/CSU will durch solche Propagandaanträge, wie Sie sie heute wieder vorlegt, die echte Leistung der sozial-liberalen Koalition herunterspielen, die sie in zwei Jahren auf familienpolitischem Gebiet erbracht hat und die mehr Reformen bedeutet, als Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, zugeben wollen. ({0}) Es ist sträflich, Herr Kollege Baier, wenn Sie sagen, auf diesem Sektor sei nichts geschehen. Was hat die sozial-liberale Koalition in diesen zwei Jahren für die Familien geleistet? ({1}) Ich will hier gar nicht die Verbesserungen beim Wohngeld heranziehen. Ich will nicht auf die Vorsorgeuntersuchungen in weitem Maße eingehen, die in dem zweiten Krankenversicherungsneuregelungsgesetz für Kleinkinder vorgesehen sind. Ich will auch nur kurz auf die Abschaffung der Verheiratetenklausel im Sozialrecht hinweisen, die vielen Millionen Familien Hilfe brachte. Ich möchte aber drei Dinge besonders erwähnen: Erstens. Mit der Novelle zum Kindergeldgesetz vom 4. November 1970 hat die sozial-liberale Koalition die Einkommensgrenze für das Zweitkindergeld von 650 DM auf 1100 DM monatlich erhöht. Damit hat sie 670 000 Familien mit zwei Kindern neuen Anspruch auf Kindergeld verschafft. Außerdem wurde das Kindergeld für das dritte Kind von 50 auf 60 DM monatlich erhöht. Diese Leistungsverbesserung ist 1,8 Millionen Familien zugute gekommen. Für diese Leistungsverbesserungen stellt die sozial-liberale Koalition rund 400 Millionen DM zur Verfügung, während in der mittelfristigen Finanzplanung der letzten Bundesregierung erst ab 1972 Verbesserungen des Kindergeldes vorgesehen waren, und zwar lediglich in Höhe von 200 Millionen DM jährlich. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich darf Sie noch einmal bitten, den Geräuschpegel etwas zu senken.

Elfriede Eilers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Mit dem seinerzeit beschlossenen Gesetz wurde das Kindergeld also nicht nur zwei Jahre früher erhöht, als von der CDU/CSU geplant, sondern es wurden auch doppelt soviel Mittel dafür bereitgestellt. Das war eine beachtliche Leistung dieser Koalition im ersten Jahr ihrer Regierung. Zweitens. Seit dem 1. April 1971 sind 10,5 Millionen Kinder in Kindergärten und Schulen sowie die Studenten in den Universitäten in die gesetzliche Unfallversicherung einbezogen. Jeder, der die Geschichte unserer sozialen Sicherung kennt, weiß, daß damit ein bedeutender Fortschritt für die Familien in unserem Lande errungen worden ist. ({0}) Drittens. Seit dem 1. Oktober 1971 ist die Ausbildungsförderung auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt. Die finanzielle Belastung, die dabei auf den Bund entfällt, ist von - Herr Präsident, es fällt mir schrecklich schwer, bei dem Geräuschpegel zu sprechen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich darf Sie noch einmal, zum drittenmal, darum bitten, etwas Ruhe walten zu lassen, damit die Rednerin ungestört sprechen kann und damit die Verhandlungen auch vorangehen.

Elfriede Eilers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die finanzielle Belastung, die beim Ausbildungsförderungsgesetz allein auf den Bund entfällt, steigt von 700 Millionen DM im Jahre 1972 auf 1 Milliarde DM im Jahre 1975. Die Familienpolitik, die in der Vergangenheit von der CDU/CSU vernachlässigt wurde, ist in dieser Regierung, so darf ich wohl an Hand dieser kurzen Bilanz feststellen, stark aktiviert worden. Das heute von der Bundesregierung zur Verabschiedung vorgelegte Gesetz, das die Grenze für das Zweitkindergeld von 1100 DM auf 1250 DM anhebt, bringt bei steigenden Löhnen eine Besitzstandswahrung für die Familien, die einen Anspruch auf das Zweitkindergeld haben, und bezieht weitere Gruppen ein. Der sozialdemokratischen Fraktion ist durchaus die Situation der Mehrkindfamilien bewußt. Nicht leichten Herzens müssen wir anstehende Wünsche der Familien auf Erhöhung des Kindergeldes zu diesem Zeitpunkt zurückstellen, um eine solide finanzielle Sicherung des Haushalts zu gewährleisten. Ich möchte aber doch in dieser Situation, wie es auch Herr Kollege Baier schon getan hat, in diesen Beitrag die mittelfristige Finanzplanung mit einbeziehen, die für unsere Familien ab 1974 eine erhebliche Veränderung und Verbesserung dadurch bringen wird, daß jedes Kind ein Anrecht auf Kindergeld bekommt, und zwar nach den beschlossenen Eckwerten in Höhe von 50 DM für das erste Kind, ({0}) von 70 DM für das zweite Kind und von 90 DM für jedes weitere Kind. Ihnen wie uns ist bekannt, daß das 3,9 Millionen DM mehr an familienbezogenen Leistungen ausmachen wird, als bisher vom Bund geleistet werden. ({1}) - Ich finde das sehr bedauerlich, und es fällt uns schwer, die Familien warten zu lassen. Aber hätten Sie sich die gleichen Gedanken von 1964 bis 1969 gemacht, wäre der Rückstand nicht so groß, wie er sich heute darstellt. ({2}) Die Reform, die sich in der Steuergesetzgebung anbahnt und die beschlossen ist, wird endlich eine Weichenstellung für einen gerechten Familienlastenausgleich bringen und die Familien, die seit Jahren darauf warten, in eine bessere finanzielle Situation versetzen. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird der Maßstab sein, den die Familien an die Familienpolitik dieser Koalition zu legen haben. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wieder einmal stehen wir vor einer namentlichen Abstimmung. Das bedeutet, daß derjenige, der ans Rednerpodium tritt, versuchen muß, mit sehr viel Unruhe zurechtzukommen. Ich glaube, der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU bedarf tatsächlich einer eingehenden Würdigung. Wir müssen aber folgendes feststellen. 20 Jahre Familienpolitik in diesem Hause sind für diejenigen, die sich darum gekümmert haben, kein Ruhmesblatt; denn sie konnten sich in diesen 20 Jahren mit vielen Ideen nicht nur nicht durchsetzen, sondern wurden oft auch wieder zurückgeworfen. ({0}) - Das ging querbeet durch alle Regierungskoalitionen und durch die Regierungen, die mit absoluter Mehrheit gebildet wurden. ({1}) - Wir waren nicht immer mit in der Regierung. Aber, Herr Kollege Baier, Sie werden zugeben müssen, daß ich immer zu denen gehört habe, ({2}) die für die Anliegen der Familie, und zwar der Mehrkinderfamilie Verständnis hatten. Hier steht jedoch noch ein Wort von Herrn Wuermeling im Raum, der im Jahre 1969 erklärt hat, daß keine Regierung so wenig für die Familien getan habe wie die damalige. Auch das muß man vor dem Hintergrund dieses CDU-Antrags sehen. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Ihr jetziger Antrag beschränkt sich gegenüber dem ursprünglichen Antrag darauf, eine Zulage nur für die Viertkinder und nicht auch für die fünften und weiteren Kinder zu fordern. Damit entsprechen die rund 84 Millionen DM, von denen Herr Baier gesprochen hat, etwa dem Betrag, den diese Änderung für das Jahr 1972 tatsächlich ausmachen würde. Ich bin kein Mitglied des Haushaltsausschusses, Herr Kollege Baier; insofern ziert Sie der bessere Sachverstand. Aber auch als Nichtmitglied des Haushaltsausschusses muß ich erhebliche Zweifel an Ihren Berechnungen anmelden. Sie gehen von einem Rest von 40 Millionen DM aus dem Jahre 1971 aus. Dieser Rest müßte ja, wenn ich es recht sehe, zunächst für das Jahr 1972 übertragbar gemacht werden, damit er dann auch zur Verfügung steht. ({3}) - Ja, natürlich! Aber einen Rest aus dem Jahre 1971 können Sie auf das Jahr 1972 doch nur dann übertragen, wenn Sie ihn nicht verfallen lassen. ({4}) Außerdem sprachen Sie davon, daß im Jahre 1972 ein Rückgang bei der Kindergeldzahlung an Ausländer eintreten werde. Ich bin mit Ihnen der Meinung, daß die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte, die zu uns kommen werden, im Jahre 1972 nicht im gleichen Maße steigen wird, wie es in den Jahren 1970 und 1971 der Fall war. Aber ich weiß nicht, ob ich Ihrer Darstellung folgen kann, wonach ausländische Arbeitskräfte abwandern würden. Davon bin ich nicht überzeugt, und deshalb kann ich diese Ihre Rechnung nicht billigen. Ich glaube zwar, daß es keinen Zugang geben wird. Aber daß ausgerechnet eine Rückwanderung derjenigen, die Kinder oder viele Kinder haben, stattfinden wird, bezweifle ich. Denn, Herr Kollege Baier, für diejenigen Ausländer, die hier beschäftigt sind und Kinder haben, ist der Arbeitsplatz natürlich attraktiv. Hier müssen ja auch bei Kündigungen die besonderen sozialen Situationen dieser ausländischen Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Von daher habe ich erhebliche Bedenken gegen die Deckungsvorschläge, die Sie gemacht haben. Wir können dem Antrag aus den Gründen, die Frau Kollegin Eilers schon dargelegt hat, nicht zustimmen. Aber ich möchte noch einmal betonen, daß diese Regierung unverzüglich im Sinne der Familien tätig geworden ist - im Gegensatz zu vielen vorangegangenen Regierungen, an denen auch wir beteiligt waren; das verschweigen wir gar nicht. Diese Regierung hat bereits im ersten Jahr ihrer Tätigkeit durch die Novelle 1970 etwas für die Familien getan, und sie tut nun durch den von ihr vorgelegten Gesetzentwurf ein Weiteres für die Familien. Sie verhindert nämlich das, was 1964 bis 1970 eingetreten ist: daß eine Reihe von Familien, die Zweitkindergeld beziehen, aus diesem Bezugsrecht herauswachsen. Man kann sagen: Die Zweitkinderfamilien sind ja nicht problematisch; Zweitkinder kann man noch durchbringen. Aber Zweitkindergeld, meine Damen und Herren, bedeutet auch, daß Familien, die fünf Kinder haben, von denen zwei oder drei aber bereits im Erwerbsleben stehen, im Sinne dieses Gesetzes nur noch zwei Kinder haben und damit auf dieses Zweitkindergeld mit der Einkommensgrenze angewiesen sind. Wir wollen sie deshalb nicht herauswachsen lassen. Dagegen sind auch Sie nicht, meine Damen und Herren. Ich möchte nur sagen, daß die Regierung im Gegensatz zu anderen Regierungen hier zum zweitenmal von sich aus etwas für die Familien tut. ({5})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren, im Hinblick auf das Ausbildungsförderungsgesetz, den Wegfall der Verheiratetenklausel, den Unfallversicherungsschutz für Schulkinder und den erhöhten Mietzuschuß ist auch für Familien und gerade für kinderreiche Familien etwas Zusätzliches getan worden. Auch wenn wir diesen Antrag der CDU im Hinblick auf die haushaltsrechtliche Situation ablehnen müssen, werden wir doch in den kommenden Monaten prüfen müssen, ob wir mit dem Lastenausgleich für die Mehrkinderfamilien, der in der Steuerreform und in den Eckwerten vorgesehen ist, tatsächlich bis zum Jahre 1974 warten können. ({0}) Diese Frage werden wir deshalb einmal in aller Ruhe prüfen müssen, weil wir nicht übersehen dürfen, daß auf dem Gebiet des Bundessozialhilfegesetzes von 1964 bis 1971 erhebliche Verbesserungen beim Kindergeld, das auf Grund des BSHG zu gewähren ist, eingetreten sind. Von daher stellt sich die Frage, ob man das Jahr 1973 wirklich noch völlig unberührt ins Land gehen lassen kann, ohne auf diesem Sektor etwas zu tun, ob man wirklich erst im Jahre 1974 mit dem gerechteren Lastenausgleich für die Familien beginnen kann. Aber hier und heute sehen wir keine Möglichkeit, Ihrem Antrag zu entsprechen, auch wenn er nur die Hälfte dessen beinhaltet, was Sie ursprünglich mit dem Antrag auf Drucksache VI/2267 vorgebracht haben. Wir müssen zu dem Antrag nein sagen; denn wenn wir alles Wünschenswerte oder nur die Hälfte des Wünschenswerten auf allen Gebieten erfüllen wollten, würde genau das eintreten, was wir alle nicht wünschen: eine Überforderung unseres Haushalts oder eine Überforderung unserer Wirtschaft und der in unserer Wirtschaft Tätigen mit Abgaben. Das, glaube ich, will auch die CDU/ CSU nicht. Weil wir nicht wünschen, daß dieser unerfreuliche Effekt eintritt, müssen wir Ihren Antrag ablehnen. Wir wollen nicht, daß wir noch einmal ein Haushaltungssicherungsgesetz beschließen müssen. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Baier. ({0}) - Meine Damen und Herren, ich darf Sie um Ruhe bitten.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren! Ich hätte es mir gern erspart, darauf zu antworten. Aber wenn beide Redner der Regierungsparteien hier solche Behauptungen in die Welt setzen, muß eine Richtigstellung erfolgen. Herr Kollege Spitzmüller, als erstes möchte ich Ihnen sagen: Stellen Sie die Anhebung der Einkommensgrenze für das Zweitkindergeld nicht so hin, als wäre dies eine zusätzliche familienpolitische Leistung! Sie tun nichts anderes, als eine Anpassung an die gestiegenen Löhne und Gehälter vorzunehmen, die uns im Bundeshaushalt keinen Pfennig mehr als bisher kosten. Frau Eilers, ich darf noch kurz auf Ihre Ausführungen eingehen. Wir müssen endlich mit jener Legendenbildung aufräumen, daß wir in diesem gesellschaftspolitischen Bereich etwa unsolide Anträge ohne Deckung gestellt hätten. Sehr verehrte Frau Kollegin Eilers, Sie haben von einem Antrag zum Ausbildungsförderungsgesetz in einer Größenordnung von 1,1 Milliarde DM gesprochen. Dieser Antrag lag diesem Parlament niemals zur Entscheidung vor. Ich bitte Sie, dies endlich zur Kenntnis zu nehmen und es nicht ständig wider besseres Wissen zu behaupten. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Eilers?

Elfriede Eilers (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Baier, die Anträge, nach denen ich Sie noch einmal fragen darf, haben hier im Haus vorgelegen. Sie sind, soweit ich weiß -- bitte, bestätigen Sie es -, hier nicht verabschiedet worden, weil sie zurückgezogen wurden. Vorgelegen haben sie diesem Haus. Ist es so, ja oder nein?

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe eben gesagt: Dieser Antrag lag nicht zur Entscheidung vor. ({0}) Ja, natürlich! Wenn er nicht zur Entscheidung vorliegt, können Sie nicht davon sprechen, daß der Antrag von uns hier als Fraktion gewollt war. Ich meine, das sollten Sie, wenn Sie hier korrekt denken, zur Kenntnis nehmen und nicht das Gegenteil behaupten. Zum zweiten. Unser Antrag von 1969 zur Verbesserung des Kindergeldes in einer Größenordnung von 1,4 Milliarden DM war durch den Wegfall der von Ihrer Regierung versprochenen Steuersenkung gedeckt. Wir sagten: Wir verwenden dieses Geld für die Familien, statt jetzt die Steuern zu senken. ({1}) Ebenso sind unser Antrag vom Juni dieses Jahres und der heutige Antrag solide gedeckt. Dies können wir auf Grund der Kenntnis dieses Haushaltstitels und der Erfahrung mit ihm sagen. Ich habe schon erwähnt, daß wir in jedem der verflossenen Jahre einen Haushaltsrest zwischen 75 und 130 Millionen DM hatten. Frau Minister Strobel, ich möchte Sie daran erinnern, daß wir bei einem Antrag zur Verbesserung des Kindergeldes im vergangenen Jahr ebenfalls auf diese Haushaltsreste hinwiesen. Sie haben hier erklärt, es gäbe keine Reste. Aber zwei Wochen später haben Sie dem Haushaltsausschuß aus dem gleichen Titel einen Betrag von 100 Millionen DM zur Deckung einer anderen Maßnahme vorgeschlagen. Am Ende des Jahres war in diesem Titel ein Betrag von 104 Millionen DM nicht ausgegeben. Auf Grund dieser Unterlagen und Erfahrungen haben wir errechnet, daß der in diesem Gesamtkomplex geringe Betrag von 84 Millionen DM solide gedeckt ist, und festgestellt, daß es keine Gründe der fehlenden Deckung gibt, die dem widersprechen. Frau Kollegin Eilers, auch ein Wort des Dankes dafür, daß Sie Leistungen auf dem Gebiet der Familienpolitik aufzeigten, die überwiegend auf Initiativen der CDU/CSU zurückgingen. ({2}) Wenn Sie in diesem Zusammenhang auf die Verbesserung des Zweitkindergeldes hinweisen, so sind wir einig; wir haben dem zugestimmt. Aber - meine Damen und Herren, lassen Sie mich das zum Schluß sagen - es ist angesichts dieser Kostensteigerungen, da allein in diesem Jahr, wie ich ausführte, für das Kind 10 DM mehr ausgegeben werden müssen, nicht vertretbar, daß die Familien mit mehreren Kindern noch weitere Jahre auf die Finanzreform vertröstet werden. Das ist unzumutbar, und dafür gibt es - ich wiederhole es - keine sachlichen Gründe. Sie können unseren Antrag bestenfalls unter ideologischen Gesichtspunkten ablehnen. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, nach dem, was Sie gesagt haben, daß Sie nämlich diesen Antrag der CDU/CSU ablehnen wollen, kann ich nur ein Fazit ziehen: daß die gegenwärtige Regierung sich weiterhin entschuldigt mit der Vergangenheit, vertröstet auf die Zukunft und versagt in der Gegenwart! ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird zu dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Um8712 Vizepräsident Dr. Jaeger druck 241. Es ist der Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt. Wird er unterstützt? - Ich bitte um das Handzeichen. - Das sind mehr als die erforderliche Anzahl von Abgeordneten. Dann eröffne ich die namentliche Abstimmung. Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 241 bekannt. Von den uneingeschränkt stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses haben 220 mit Ja gestimmt, 241 mit Nein, keine Enthaltung und keine ungültige Stimme. Von den Berliner Abgeordneten haben 9 mit Ja gestimmt, 12 mit Nein, keine Enthaltung und keine ungültige Stimme. Ergebnis: Abgegebene Stimmen 461 und 21 Berliner Abgeordnete. Davon Ja: 220 und 9 Berliner Abgeordnete Nein: 241 und 12 Berliner Abgeordnete Ja CDU/CSU Dr. Abelein Adorno Dr. Aigner Alber von Alten-Nordheim Dr. Althammer Dr. Arnold Dr. Artzinger Dr. Bach Balkenhol Dr. Becher ({0}) Dr. Becker ({1}) Becker ({2}) Berberich Berding Berger Bewerunge Biechele Biehle Dr. von Bismarck Bittelmann Blank Blumenfeld von Bockelberg Dr. Böhme Frau Brauksiepe Breidbach Bremer Bremm Brück ({3}) Dr. Burgbacher Burger Dr. Czaja Damm van Delden Dichgans Draeger Ehnes Engelsberger Dr. Erhard Ernesti Erpenbeck Dr. Evers Dr. Eyrich von Fircks Franke ({4}) Dr. Franz Dr. Freiwald Dr. Frerichs Dr. Früh Dr. Fuchs Dr. Furler Dr. Gatzen Frau Geisendörfer Geisenhofer Gerlach ({5}) Gewandt Gierenstein Dr. Gleissner Glüsing ({6}) Dr. Gölter Dr. Götz Gottesleben Frau Griesinger Dr. Gruhl Haase ({7}) Dr. Häfele Härzschel Häussler Dr. Hallstein Hanz von Hassel Hauser ({8}) Dr. Hauser ({9}) Dr. Heck Dr. Hellige Frau Dr. Henze Dr. Hermesdorf ({10}) Hösl Horstmeier Horten Dr. Hubrig Hussing Dr. Huys Dr. Jaeger Dr. Jahn ({11}) Dr. Jenninger Dr. Jobst Josten Dr. Jungmann Frau Kalinke Dr. Kempfler Kiechle Kiep Dr. h. c. Kiesinger Frau Klee Dr. Klepsch Dr. Kley Dr. Kliesing ({12}) Klinker Köster Krammig Krampe Dr. Kraske Dr. Kreile Frau Dr. Kuchtner Lampersbach Leicht Lemmrich Lensing Dr. Lenz ({13}) Lenze ({14}) Lenzer Link Looft Dr. Luda Majonica Dr. Martin Dr. Marx ({15}) Maucher Meister Memmel Dr. Mende Mick Dr. Mikat Dr. Miltner Müller ({16}) Müller ({17}) Dr. Müller-Hermann Mursch ({18}) Niegel Dr. von Nordenskjöld Petersen Pfeifer Picard Pieroth Dr. Pinger Pohlmann Dr. Preiß Dr. Probst Rainer Rawe Reddemann Dr. Reinhard Richarts Riedel ({19}) Dr. Riedl ({20}) Dr. Rinsche Dr. Ritgen Dr. Ritz Rock Röhner Rösing Rollmann Rommerskirchen Roser Ruf Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein Schlee Schedl Dr. Schmid-Burgk Dr. Schmidt ({21}) Schmitt ({22}) Dr. h. c. Schmücker Schneider ({23}) Dr. Schneider ({24}) Dr. Schober Frau Schroeder ({25}) Dr. Schröder ({26}) Schröder ({27}) Schröder ({28}) Schulte ({29}) Dr. Schulze-Vorberg Seiters Dr. Siemer Solke Spilker Springorum Dr. Sprung Stahlberg Dr. Stark ({30}) Stein ({31}) Steiner Frau Stommel Storm Struve Stücklen Susset von Thadden Tobaben Frau Tübler Dr. Unland Varelmann Vehar Vogel Vogt Volmer Wagner ({32}) Dr. Wagner ({33}) Frau Dr. Walz Dr. Warnke Wawrzik Weber ({34}) Weigl Dr. Freiherr von Weizsäcker Wendelborn Werner Windelen Winkelheide Wissebach Dr. Wittmann ({35}) Dr. Wörner Frau Dr. Wolf Dr. Wulff Ziegler Zink Zoglmann Berliner Abgeordnete Amrehn Benda Frau Berger Dr. Gradl Dr. Kotowski Müller ({36}) Frau Pieser Dr. Schulz ({37}) Wohlrabe Nein SPD Dr. Ahrens Anbuhl Dr. Apel Arendt ({38}) Dr. Arndt ({39}) Baack Baeuchle Bäuerle Bals Barche Dr. Bardens Batz Bauer ({40}) Bay Dr. Bayerl Dr. Bechert ({41}) Becker ({42}) Bergmann Berkhan Berlin Biermann Böhm Börner Frau von Bothmer Brandt Brandt ({43}) Bredl Brück ({44}) Vizepräsident Dr. Jaeger Brünen Buchstaller Büchner Dr. von Bülow Buschfort Dr. Bußmann Collet Corterier Cramer Dr. von Dohnanyi Dürr Eckerland Dr. Enders Engholm Dr. Eppler Esters Faller Dr. Farthmann Fellermaier Fiebig Dr. Fischer Flämig Frau Dr. Focke Folger Franke ({45}) Frehsee Frau Freyh Fritsch Geiger Gerlach ({46}) Gertzen Dr. Geßner Glombig Gnädinger Grobecker Dr. Haack Haar ({47}) Haase ({48}) Haehser Halfmeier Hansen Hansing Hauck Dr. Hauff Henke Frau Herklotz Hermsdorf ({49}) Herold Höhmann ({50}) Hörmann ({51}) Hofmann Horn Frau Huber Dr. Hupka Jahn ({52}) Jaschke Junghans Junker Kaffka Kahn-Ackermann Kater Kern Killat-von Coreth Dr. Koch Koenig Kohlberger Konrad Dr. Kreutzmann Krockert Kulawig Lange Langebeck Dr. Lauritzen Lautenschlager Frau Lauterbach Lemp Lemper Lenders Liedtke Löbbert Dr. Lohmar Maibaum Marquardt Marx ({53}) Matthes Matthöfer Frau Meermann Dr. Meinecke ({54}) Meinicke ({55}) Metzger Möhring Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Müller ({56}) Dr. Müller ({57}) Müller ({58}) Dr. Müller-Emmert Dr. Müthling Neemann Neumann Dr. Nölling Dr. Oetting Offergeld Frau Dr. Orth Frhr. Ostman von der Leye Pawelczyk Peiter Pensky Peters ({59}) Pöhler Porzner Raffert Ravens Dr. Reischl Frau Renger Richter Dr. Rinderspacher Rohde Rosenthal Roß Säckl Sander Saxowski Dr. Schachtschabel Dr. Schäfer ({60}) Frau Schanzenbach Scheu Schiller ({61}) Frau Schimschok Schirmer Schlaga Dr. Schmid ({62}) Schmidt ({63}) Dr. Schmidt ({64}) Schmidt ({65}) Dr. Schmidt ({66}) Schmidt ({67}) Schmidt ({68}) Schmidt ({69}) Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude Schoettle Schollmeyer Schonhofen Schulte ({70}) Schwabe Seefeld Seibert Seidel Frau Seppi Simon Dr. Slotta Dr. Sperling Spillecke Staak ({71}) Frau Strobel Strohmayr Suck Tallert Dr. Tamblé Frau Dr. Timm Tönjes Urbaniak Vit Walkhoff Dr. Weber ({72}) Wehner Welslau Wende Wendt Westphal Dr. Wichert Wiefel Wienand Wilhelm Wischnewski Dr. de With Wittmann ({73}) Wolf Wolfram Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch Berliner Abgeordnete Dr. Arndt ({74}) Bühling Dr. Dübber Heyen Frau Krappe Löffler Mattick Dr. Schellenberg Frau Schlei Dr. Seume Sieglerschmidt FDP Dr. Achenbach Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn Ertl Gallus Geldner Genscher Graaff Grüner Helms Jung Kienbaum Kirst Kleinert Krall Logemann Mertes Mischnick Moersch Ollesch Peters ({75}) Scheel Schmidt ({76}) Wurbs Berliner Abgeordnete Borm Der Antrag ist abgelehnt. Ich lasse nunmehr über Art. 1 in der Ausschußfassung abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen. Ich rufe Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen. Meine Damen und Herren, ich komme zur dritten Beratung. Ich eröffne die allgemeine Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Fuchs.

Dr. Karl Fuchs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000613, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Für die Fraktion der CDU/CSU gebe ich zur Schlußabstimmung über das Dritte Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes folgende Erklärung ab. Die CDU/ CSU-Fraktion ist tief enttäuscht, daß die Koalitionsfraktionen im federführenden Ausschuß den Gesetzentwurf der CDU/CSU auf Drucksache VI/2267 auf Erhöhung des Kindergeldes für das vierte und die weiteren Kinder um je 10 DM abgelehnt haben. Die Enttäuschung wurde noch größer, als auch der hilfsweise gestellte Antrag, wenigstens das Kindergeld für die vierten Kinder um 10 DM zu erhöhen, in den Ausschüssen und eben in zweiter Lesung im Plenum der Ablehnung durch die SPD-FDP-Koalition verfiel. Obwohl für die Erhöhung von 10 DM von Herrn Kollegen Baier eine solide Deckungsbasis aufgezeigt wurde, konnten die Koalitionsfraktionen offensichtlich nicht über ihren Schatten springen, um den Familien, die von der Steigerung der Lebenshaltungskosten am fühlbarsten und schmerzlichsten betroffen sind, wenigstens durch das Gesetz zu zeigen, daß sie nicht vergessen sind und daß sie Hilfe vom Bundestag erwarten können. Die Erhöhung wäre ohnehin nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber von dieser Erhöhung könnte eine Signalwirkung dafür ausgehen, daß nun endlich auch für die Mehrkinderfamilie finanzielle Verbesserungen bevorstehen. ({0}) Meine Damen und Herren, das Verhalten der Fraktionen der SPD und FDP steht in einem schreienden Widerspruch zu dem von der Bundesregierung und Ihnen selbst so laut verkündeten und häufig beschworenen Grundsatz der Chancengleichheit und zu dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit und sozialen Symmetrie. Es muß noch einmal mit Nachdruck betont werden wie es Herr Kollege Baier schon getan hat , daß dieses Verhalten auch in absolutem Widerspruch zu dem einstimmig angenommenen Entschließungsantrag vom 26. März 1969 steht. Dort heißt es: Der Bundestag hält die alsbaldige Anpassung der Leistungen für kinderreiche Familien an die wirtschaftliche Entwicklung für dringend erforderlich. Seither sind mehr als zweieinhalb Jahre ins Land gezogen und für die Familien mit vier und mehr Kindern ist nichts geschehen. Nur die Lebenshaltungskosten sind in einem Ausmaß gestiegen, I) wie es die Bundesrepublik noch nicht erlebt hat. Die Dringlichkeit des Anliegens, das dem Bundestag damals am Herzen lag, hat sich enorm verstärkt. Die Steigerung der Lebenshaltungskosten, die zur Zeit 6 0/0 beträgt, trifft die Familien und insbesondere die kinderreichen Familien mit besonderer Wucht. Wenn man einen sozialkulturellen Mindestbedarf von 140 DM pro Kind zugrunde legt - dieser Satz ist unbestritten und liegt mit Sicherheit an der untersten Grenze, mit hoher Wahrscheinlichkeit liegen wir heute bereits wesentlich darüber -, ergibt sich seit März 1969 ein Kaufkraftverlust pro Kind von mindestens 16 DM, also für eine Familie mit vier Kindern 64 DM. Lediglich 10 DM erhält eine Vierkinderfamilie nach dem Zweiten Bundeskindergeldgesetz mehr. Ich glaube, so schwierig wie heute war die Lage noch nie. Herr Kollege Baier hat darauf hingewiesen, daß das Kindergeld kein unmittelbares Instrument der Bevölkerungspolitik sein kann, aber wir machen doch noch einmal darauf aufmerksam, daß die Geburtenrate bereits unter das Regenerationsniveau abgesunken ist. Ich muß darauf hinweisen, daß dabei der Rückgang der Zahl der Kinder aus Familien mit vier und drei Kindern nachgewiesenermaßen besonders zu Gewicht schlägt. Ich glaube, der Deutsche Bundestag kann die Augen vor diesen Tatsachen nicht länger verschließen. Man sollte den Familien wenigstens die Freiheit ermöglichen, sich auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis für vier, fünf oder mehr Kinder zu entscheiden. Zur Zeit steht die Mehrkinderfamilie ausgesprochen im Schatten der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung; ich möchte sagen, sie ist ein Stiefkind der Bundesregierung. ({1}) Als Begründung wurde angegeben, daß die Haushaltmittel nicht ausreichen. Der Herr Kollege Baier hat überzeugend dargelegt, daß dem so nicht ist. Wir meinen aber, daß hinter der konstaten Ablehnung der Erhöhung des Kindergelds für das vierte Kind und für weitere Kinder der politische Wille der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen steckt, bei der Reform des Familienlastenausgleichs die Staffelung des Kindergelds beim dritten Kind enden zu lassen. Dem können wir aber nicht folgen. Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit, Frau Minister Käte Strobel, hatte ursprünglich ein einheitliches Kindergeld für einen Durchbruch zu einer echten und gerechten Reform im Bereich des Familienlastenausgleichs gehalten. Sie forderte im „Vorwärts" am 5. August 1970 eine Förderung unabhängig von der Zahl der Geschwister. Sie hat dabei offensichtlich die Begriffe „gleich" und „gerecht" verwechselt. Denn es gibt keinen Zweifel, meine Damen und Herren, daß die Belastung der Familien, die mehr Kinder haben, sehr rasch anwächst und daß die Leistungsfähigkeit selbst bei einem mittleren und auch bei einem darüber liegenden Einkommen eindeutig unter dem Sozialhilfeniveau liegt. Diese Tatsache dürfen wir bei unserer Entscheidung nicht übersehen. Die Frau Bundesminister hat inzwischen offensichtlich einen gewissen Lernprozeß durchgemacht, da auch bei den neuen Eckwerten der Bundesregierung eine Staffelung bis zum dritten Kind vorgesehen ist. Nach Auffassung der CDU/CSU-Fraktion muß aber die Staffelung deutlich und spürbar über das dritte Kind hinausgeführt werden, wenn man einem Gebot der Gerechtigkeit folgen will. Ein Kindergeld in Höhe des sozialkulturellen Mindestbedarfs, der 1974 sicher bei 180 DM liegen dürfte, das eine Staffelung überflüssig machen könnte, ist angesichts der finanziellen Möglichkeiten des Bundeshaushalts für lange Zeit reine Utopie. Ihr nachzulaufen bedeutet, den gangbaren und den sinnvollen Weg mit Sicherheit verfehlen. Auf dem richtigen Weg liegt sicher die Anhebung der Einkommensgrenze für das Kindergeld für das zweite Kind. Wir haben diesem Anliegen Rechnung getragen und haben zugestimmt. Freilich müssen wir betonen, daß damit lediglich der Besitzstand erhalten bleibt. Wir haben selber in einer harten Prioritätsentscheidung voriges Jahr dafür plädiert, die Einkommensgrenze ganz wegfallen zu lassen, und waren bereit, dafür auch eine entsprechende Deckung zu bringen und auf die Erhöhung des Arbeitnehmerfreibetrages zu verzichten. Zusammenfassend kann ich feststellen, daß in der Frage der Förderung der Mehrkinderfamilie diese Bundesregierung und die sie tragende Koalition entweder nicht den politischen Willen besitzt oder daß es ihr an politischer Kraft fehlt. Dieses Anliegen gehört offensichtlich nicht in ihren Prioritätenkatalog und schon gar nicht auf die ersten Seiten, wie es der Sache nach gerechtfertigt wäre. Da im Gegensatz dazu die CDU/CSU-Fraktion eine gerechte Berücksichtigung der Mehrkinderfamilien für vordringlich hält, behält sie sich vor, unter genauer Beobachtung der Ausgabenentwicklung nach dem Bundeskindergeldgesetz erneut auf ihren Gesetzentwurf zurückzukommen. ({2}) Abschließend, meine Damen und Herren, darf ich noch ein Wort des Herrn Kollegen Hauck zitieren, mit dem er als Sprecher der SPD-Fraktion seine Ausführungen zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der CDU/CSU-Fraktion schloß. Der Herr Kollege Hauck sagte damals: Ich hoffe, wir werden zu einer Beschlußfassung kommen, die als Übergangslösung bis zum Inkrafttreten des Familienlastenausgleichs - gemeint war wohl die neue Regelung bei der Steuerreform - vertretbar ist. Meine Damen und Herren, ich stelle fest: diese Hoffnung hat getäuscht. Die CDU/CSU-Fraktion hält die von den Koalitionsfraktionen SPD und FDP durchgesetzte Lösung nicht für vertretbar, sondern sie hält sie aus den dargelegten Gründen für völlig ungenügend. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Hauck.

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Hause ist es leider so, daß wir über Familienpolitik immer nur im Zusammenhang mit der Änderung des Kindergeldgesetzes diskutieren. Dadurch entsteht der Eindruck, daß allein Kindergeldgesetzgebung Familienpolitik wäre. Dem ist aber nicht so. Familienpolitik ist ein wichtiger Bestandteil der Gesamtpolitik, und daß wir in diesem Gesamtrahmen für die Familien etwas getan haben, das können Sie nicht leugnen. Sie haben es jetzt nur eingeschränkt, und gesagt, da wären Anträge von Ihnen mit dabei gewesen. ({0}) Wenn es so schlecht um die Familienpolitik insgesamt steht, dann sollten wir doch einmal in diesem Hause beim Sozialbericht oder bei anderen Gelegenheiten diskutieren. Das haben Sie bisher noch nie getan, diese Chance haben Sie bisher nicht genutzt. Also nehmen wir an, daß es gar nicht so schlecht bestellt sein kann. ({1}) - Das sage ich, selbstverständlich. ({2}) - Wir sprechen auch mit den Familien, genauso wie Sie, und wir versuchen, unsere Vorstellungen zu entwickeln, und finden auch Verständnis dafür. ({3}) Wir wissen auch, Herr Kollege Baier, daß in dieser konjunktur- und preispolitischen Landschaft die Kinderreichen, Rentner und in Ausbildung Befindlichen besonders schwer betroffen sind. Das wissen wir, und das ist gesagt worden. Aber um mehr Stabilität zu erreichen, wird ja gerade von Ihnen und allgemein immer wieder die Reduzierung der Staatsausgaben gefordert. ({4}) Hier sind wir nun beim Kernproblem angelangt. Und Sie sehen, das ist keine ideologische Frage, die Sie daraus machen wollen, sondern das ist allein eine Frage des Haushalts und der Finanzen. ({5}) In dieser Haushaltssituation will diese Regierung ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen und geht nur zögernd an die Übernahme neuer Verpflichtungen heran, um die Stabilität zu wahren. Das ist dasselbe Dilemma, wie wir es in den Kommunal- und Landeshaushalten auch haben. Die gesetzlichen Verpflichtungen nehmen so überhand, daß ein wirklicher Spielraum für politische Entscheidungen kaum bleibt. Wenn der nicht vorhanden ist, dann sagen Sie, wir könnten unsere Reformen nicht finanzieren. Das ist dann immer Ihr Vorwurf. Also muß man doch versuchen, die gesetzlichen Leistungen zu erfüllen, und immer überprüfen, welche zusätzlichen Verpflichtungen man übernimmt. Auch im Haushaltsplan 15 - das wissen Sie, Herr Kollege Baier - ist der frei verfügbare Spielraum auf wenige hundert Millionen zusammengeschmolzen. Das sollte man doch erkennen. Zur Lösung dieses Dilemmas bieten sich zwei Möglichkeiten an. Entweder beschließt man neue gesetzliche Leistungen, ohne die Folgen zu bedenken oder sie abschätzen zu können, und läuft dabei Gefahr, beschlossene Leistungen später wieder zurücknehmen zu müssen, oder man verfolgt eine klare, konsequente Linie mit der Zielrichtung, in einem überschaubaren Zeitraum zu einer grundlegenden Reform im jeweiligen Bereich zu kommen. Für beide Möglichkeiten gibt es historische, zeitgeschichtliche Beispiele. Vor der Bundestagswahl 1965 wurde im Rahmen der Kindergeldgesetzgebung die sogenannte Ausbildungszulage beschlossen, ({6}) um sie dann nach der Bundestagswahl im Haushaltssicherungsgesetz um 25 °o zu kürzen und ein Jahr später diese Leistungen vollkommen zu streichen. ({7}) Das ist die erste Möglichkeit. Das hat damals alle sehr schwer getroffen, und wir haben den Betroffenen in Aussicht gestellt, daß wir in zwei Jahren eine bessere und gerechtere Lösung anbieten wollen. Das gesamte Haus hat dieses Versprechen erfüllt, und wir haben dann beim Ausbildungsförderungsgesetz, das auch fortenwickelt worden ist, unser Versprechen eingelöst. Heute haben wir eine fast vergleichbare Situation, aber mit einem fundamentalen Unterschied, Herr Kollege Baier. Wir kürzen nicht in einer schwierigen Finanzsituation die Kindergeldleistungen, sondern verbessern punktuell bei der Einkommensgrenze die Situation im Zweitkinderbereich, sagen aber gleichzeitig, daß wir zum 1. Januar 1974 den Familienlastenausgleich reformieren und auf eine gerechtere Basis stellen werden. Die Eckwerte, die in der letzten Diskussion noch im Streit waren, sind in der Zwischenzeit vom Kabinett geändert worden und belaufen sich auf 50 DM für das erste, 70 DM für das zweite und 90 DM für jedes weitere Kind. Sie wissen auch - das hat der Kollege Fuchs angesprochen -, auf dem Parteitag der Sozialdemokraten in der nächsten Woche wird noch über weitergehende Leistungen diskutiert werden, so daß ich persönlich davon ausgehe, daß die Zahlen, die jetzt im Kabinett beschlossen sind, die Minimalbasis für den Familienlastenausgleich darstellen. Vor diesem Hintergrund müssen Sie die Haltung der Sozialdemokraten sehen, nämlich vor dem finanziellen und nicht vor dem weltanschaulichen Hintergrund.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Baier?

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hauck, würden Sie mir einmal sagen, wie es zu erklären ist, daß Sie im März 1969 einstimmig einem Entschließungsantrag zustimmten, nach dem alsbald die wirtschaftliche Lage der kinderreichen Familien verbessert werden sollte, und daß Ihre Bundesregierung Ende 1971 hergeht und die mittelfristige Finanzplanung auf dem Sektor Bundeskindergeld kürzt? ({0})

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Erstens möchte ich Ihnen sagen, daß wir trotzdem etwas verbessert haben. Das haben Sie in Ihren Ausführungen unterschlagen. Wir haben in unserem damaligen Entwurf 10 DM mehr für das dritte Kind aufgenommen. Das ist in der Zwischenzeit Gesetz geworden. Zweitens. Wenn man die mittelfristige Finanzplanung nicht ändern könnte, hätten wir überhaupt keine Mittel für das Kindergeld; denn die Planungen - Frau Eilers hat das schon gesagt -, die Herr Strauß vorgelegt hat, waren überhaupt nicht darauf abgestellt, eine höhere Steigerung zuzulassen. Man muß einfach davon ausgehen, daß die mittelfristige Finanzplanung fortgeschrieben werden kann. Wenn sie sich im Rahmen der gesetzlichen Leistungen hält, dann kann dieser Betrag auch anderweitig verwendet werden. ({0}) - Herr Kollege Baier, ich möchte wegen der fortgeschrittenen Zeit wirklich keine Zwischenfragen mehr beantworten. ({1}) - Bitte schön, wenn Sie so sehr darauf drängen.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hauck, würden Sie zur Kenntnis nehmen, daß in der mittelfristigen Finanzplanung unter dem Bundesfinanzminister, der der CDU/CSU angehörte, für das Jahr 1972 ein Betrag von 3,4 Milliarden DM für Kindergeld vorgesehen war und daß unter Ihrer Regierung für das Jahr 1972 lediglich ein Betrag von 3,29 Milliarden DM vorgesehen ist, also weniger, als unter unserer Regierung und unter Bundesfinanzminister Strauß für 1972 vorgesehen war? ({0})

Rudolf Hauck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000827, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Baier, ich habe das zur Kenntnis genommen. Das wollten Sie ja unbedingt noch loswerden. Nun zu dem, was ich gesagt habe. 86 Millionen DM zusätzlich im Haushaltsplan 1972 sind von uns nicht zu verkraften. Sie rufen jetzt mit Recht nach Prioritäten und sagen: dann hat das einen ganz niedrigen Stellenwert. Aber mit Prioritäten sieht es immer sehr schlecht aus; denn Sie selbst haben ja nicht den Mut, sich auch zu einer Priorität zu bekennen. ({0}) Sie haben dem Regierungsentwurf doch zugestimmt, weil Sie wissen, wie es im Zweitkinderbereich aussieht, und haben die 50 Millionen DM zur Deckung für Ihren weitergehenden Vorschlag nicht herangezogen. Sie sehen also, Herr Kollege Baier, wie schwierig das ist. ({1}) - Ich sage es doch, Herr Kollege Burger; hier kann man sprechen wie im Ausschuß auch. Sicher, ich habe das zur Kenntnis genommen. Nun kommt es: Wo blieb aber Ihre Konsequenz, einen richtigen Deckungsvorschlag zu unterbreiten? ({2}) - Sie sagen, das Geld wird eingespart. Das stimmt aber doch nicht. Sie können uns am Schluß darauf hinweisen - wie das der Kollege Fuchs sagte -, daß das und das geschehen ist. Sie weisen immer wieder mit Nachdruck darauf hin, daß Haushaltsreste vorhanden waren. Wie ist es aber dazu gekommen, Herr Kollege Baier? 1966 mußten über 150 Millionen DM nachbewilligt werden. Daraufhin haben alle gesagt, wir müssen so kalkulieren, daß wir nicht immer noch einen Nachtragshaushalt einbringen müssen. So ist es zu den Einschätzungen gekommen, die Ihr damaliger Familienminister Heck genauso verteidigt hat, und er ist erst durch Herrn Kollegen Wuermeling dazu getrieben worden, anzuerkennen, daß es eventuell doch noch Polster gibt und eine Kürzung des Kindergeldes nicht notwendig ist. So war doch die Situation 1967/68. Ich sage zum Abschluß: Wir erkennen die besondere Belastung der Mehrkinderfamilien an, können uns aber nicht bereit erklären, die gesetzlichen Verpflichtungen weiter auszudehnen. Wir erfüllen, was jetzt im Gesetz steht, und wir stellen in Aussicht - dazu steht die Regierungskoalition -, daß wir den Familienlastenausgleich im Rahmen der Steuerreform gerechter und besser als bisher lösen werden. Sie mögen mit dem heutigen Ergebnis draußen noch so viel Propaganda gegen uns machen. Wir werden konsequent eine familienfreundliche Gesamtpolitik betreiben, und wir werden mit dem Familienlastenausgleich das wichtigste Reformwerk für die Familien in diesem Lande verabschieden. ({3}) Ich bin davon überzeugt, daß die Mehrzahl der Familien für unsere Haltung Verständnis haben wird und daß sie weiß, daß sie sich in den größeren Zusammenhängen der Familienpolitik auf uns verlassen kann. ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat Frau Bundesminister Strobel. Frau Strobel, Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Hauck hat das Wichtigste und Wesentliche zu dem Gesetzentwurf bereits gesagt. Ich möchte es nicht wiederholen. Ich möchte mich dafür bedanken, daß ohne Zweifel vom ganzen Haus der Vorrang der Erhöhung der Einkommensgrenze für Familien mit zwei Kindern betont worden ist. Dadurch kann verhindert werden, daß Familien mit zwei Kindern, die jetzt Kindergeld erhalten, ab 1972 aus dem Kreis der Berechtigten wieder herausfallen. Dies würde bedeuten, daß man mit der einen Hand nimmt, was man mit der anderen gibt. ({0}) - Entschuldigung, lassen Sie mich das zu Ende führen. Sonst ist bei der Abstimmung überhaupt niemand mehr da. ({1}) Bezüglich der Finanzierung weitergehender Anträge möchte ich darauf aufmerksam machen, daß wir uns an die Prognosen der Bundesanstalt zu halten haben. Herr Baier, wir alle wissen aus Erfahrung, daß früher in den Haushaltsansätzen mehr Luft war als heute bei einem Stabilitätshaushalt. Die Kalkulation ist heute sehr knapp. Insofern stimmt es eben leider nicht, daß sich die Finanzierungsmöglichkeiten eröffnen, von denen Sie sprachen. ({2}) Wir müssen wissen, daß die berühmten 45 Millionen DM aus Nachzahlungen für 1970, mit denen wir es im Jahre 1971 zu tun haben, im Jahre 1972 als Mehr zur Verfügung stehen. Wir wissen aber auch, daß bereits 1971 die Zahl der Kinder ausländischer Arbeiter, die Kindergeld bekommen, wesentlich gestiegen ist, daß in den Monaten November und Dezember erhebliche Nachzahlungen fällig werden und daß diese 45 Millionen DM im Jahre 1972 -so die Prognosen der Bundesanstalt -- für die größeren Kinderzahlen der ausländischen Arbeiter gebraucht werden. Wir das Kabinett, der Finanzminister genauso wie ich - müssen uns an diese Prognosen halten. Ich will nur noch ein Wort zu der generellen Auseinandersetzung sagen. Ich meine mit meiner Kollegin Eilers und den heiden Koalitionsfraktionen, daß der hohe Stellenwert, den diese Bundesregierung und die Koalition der Familienpolitik zuschreibt, sich eben nicht allein im Kindergeld, sondern in allen Bereichen der Politik ausdrückt. Heute sind dafür genug Beispiele angeführt worden. Zu den materiellen Leistungen kommen auch noch immaterielle Leistungen. Ich erinnere nur - auch meine Kollegin Eilers hat bereits darauf hingewiesen - an die Einführung der Vorsorgeuntersuchungen usw. Auch all das will ich nicht wiederholen. Ich will nur darauf aufmerksam machen, daß Ihre dauernden ideologischen Unterstellungen auch dadurch nicht wahrer werden, daß sie ständig wiederholt werden. ({3}) Wir reden heute noch nicht über die Reform des Familienlastenausgleichs. Ich möchte aber doch an zwei Beispielen deutlich machen, wie sie sich auswirken wird. In erster Linie kommt es ja dadurch, daß ein einheitliches Kindergeld an die Stelle des jetzigen Systems „Kindergeld plus Steuererleichterung" tritt, zu Einkommensverlagerungen von höheren Einkommen zu niedrigeren Einkommen. Dies drückt sich bei Familien mit einem Einkommen von 1000 DM im Monat so aus, daß die Leistungen insgesamt steigen werden für ein Kind um 31 DM im Monat, für zwei Kinder um 49,50 DM im Monat, für drei Kinder um 51 DM im Monat, für vier Kinder um 53 DM im Monat, für fünf Kinder um 65 DM, für sechs Kinder um 86 DM, für sieben Kinder um 106 DM und für acht Kinder um 126 DM. Das sind Beispiele für Familien mit einem Einkommen von 1000 DM, für die diese Verbesserung dringend nötig ist. Ich könnte Ihnen ähnliche Beispiele für Familien mit einem Einkommen von 1500 DM oder von 2000 DM nennen. Auf diese Verbesserung kommt es unserer Meinung nach entscheidend an Hier sehen wir tatsächlich den Durchbruch zu einer gerechteren und sinnvolleren Gestaltung des Familienlastenausgleichs. Dabei gibt es gar keinen Streit darüber, daß es zwar wunderschön wäre, aber eben geradezu illusorisch ist, wenn man die gesamten Ausgaben, die ein Kind verursacht, berücksichtigen könnte. Aber das streben auch die Familienverbände nicht an, und das wäre auch nicht zu bezahlen. Man muß jedoch wissen, daß mit dem 1. Januar 1974 einerseits 4 Milliarden DM mehr - leider kann man diese 4 Milliarden DM mehr ohne die Steuerreform nicht aufbringen - in den Familienlastenausgleich fließen und andererseits zusätzlich Geld von höheren Ein8718 Bundesminister Frau Strobel kommen auf Familien mit niedrigeren Einkommen verlagert wird. Darin sehen wir die echte Reform, dazu bekenne ich mich nach wie vor, und dazu müssen alle Anstrengungen gemacht werden. ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird dazu weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen ? - Keine Enthaltungen. Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Der Ausschuß beantragt, den Gesetzentwurf Drucksache VI/2267 und den Entschließungsantrag Umdruck 158 durch die Beschlußfassung, die wir soeben vorgenommen haben, für erledigt zu erklären. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundespolizeibeamtengesetzes - Drucksache VI/2180 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/2813 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Riedl ({1}) b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses ({2}) - Drucksache VI/2770 Berichterstatter: Abgeordneter Berger Abgeordneter Pensky ({3}) Ich danke den Herren Berger und Pensky für ihren Schriftlichen Bericht. Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1 bis 6 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht. Wer in der Schlußabstimmung dem Gesetz zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes - Drucksache VI/2223 Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses ({4}) - Drucksache VI/2783 Berichterstatter: Abgeordneter Neumann ({5}) Ich danke dem Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht. Ich rufe in zweiter Beratung die Art. 1, 2 und 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. -- Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen sowie der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen. Ich ruf Punkt 9 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kaffeesteuergesetzes - Drucksache VI/2665 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({6}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache VI/2815 - Berichterstatter: Abgeordneter Grobecker b) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({7}) - Drucksache VI/2791 Berichterstatter: Abgeordneter Krammig ({8}) Ich danke dem Herrn Abgeordneten Krammig für seinen Schriftlichen Bericht. Ich rufe in zweiter Beratung auf: Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Ich komme zur dritten Beratung. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Vizepräsident Dr. Jaeger Meine Damen und Herren, ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen. ({9})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({0}) - Immunitätsangelegenheiten betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Peters ({1}) gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 17. August 1971 - Drucksache VI/2794 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Warnke Ich bitte um Beschlußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Punkt 12 der Tagesordnung: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 11. September 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Rentenversicherung gewisser Arbeitnehmer der Landstreitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika -Drucksache VI/2778 Wir das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung vor. Wer einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Punkt 13 der Tagesordnung: Beratung des Berichts der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik - Drucksache VI/2724 Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft. Wer einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Damit sind wir für heute am Ende der Sachberatungen. Wir kommen zur Fragestunde - Drucksache VI/2792 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung steht Herr Staatssekretär Ahlers zur Verfügung. Frage 83 des Herrn Abgeordneten Reddemann. Stimmt die Bundesregierung der in der sozialdemokratischen Wochenzeitung „Vorwärts" ({2}) geäußerten Ansicht zu, der Bundeskanzler habe mit der abwertenden Bemerkung „Schreibtischtäter" u. a. die Publizisten Peter Boenisch, Klaus Blume, Dieter Cycon, Hans Habe, Herbert Kremp und Dietrich Meyer-Ranke gemeint?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Präsidentin, ich möchte die Frage des Herrn Abgeordneten wie folgt beantworten: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung bleibt bei ihrer Auffassung, daß es nicht im Interesse guter Beziehungen zwischen ihr und der Presse liegt, wenn sie in diesem Zusammenhang einzelne Zeitungstitel oder Autorennamen nennen würde. Die Dokumentation des „Vorwärts" zeigt gleichwohl, welchen Tiefstand die publizistische Polemik in unserem Lande erreichen kann.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann.

Dr. h. c. Gerhard Reddemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001790, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich die publizistische Polemik, die Sie hier eben erwähnten, auf den Vorspruch des „Vorwärts" anwenden, oder was meinten Sie damit?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich will keinen Zusammenhang zwischen dem Vorspruch und den in der Dokumentation abgedruckten Artikeln herstellen, erlaube mir aber gleichwohl, hier eine Charakterisierung der abgedruckten Artikel vorzunehmen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Reddemann.

Dr. h. c. Gerhard Reddemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001790, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem sich die Bundesregierung weigert, zu diesem Wort von den „Schreibtischtätern" Namen zu nennen: Halten Sie es jetzt nicht für bedenklich, nachdem Zeitungen, die dieser Bundesregierung oder dem Bundeskanzler in dessen Eigenschaft als Parteivorsitzender nahestehen, Namen bringen, daß man überhaupt mit diesem mysteriösen Wort „Schreibtischtäter" weiter arbeitet, und wäre es nicht besser, wenn sich der Bundeskanzler nach dieser Veröffentlichung davon distanzieren würde?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, Herr Abgeordneter, die Kausalität geht sozusagen genau anders herum: weil wir dauernd befragt werden, nicht nur hier in diesem Hohen Hause, sondern auch draußen, was denn eigentlich gemeint sei, ist es unvermeidlich gewesen, daß nun auch einmal von der anderen Seite her, in diesem Falle vom „Vorwärts" her, die ganze Angelegenheit beleuchtet wurde.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage. - Vielen Dank, Herr Staatssekretär Ahlers. Vizepräsident Frau Funcke Damit ist die Frage aus Ihrem Geschäftsbereich beantwortet. Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Börner zur Verfügung. Die Fragen 57 his 64 sollen auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet werden. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Meister auf. - Herr Kollege Meister ist nicht im Saal. Die Frage wird ebenso wie seine Frage 66 schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich rufe die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Wende auf: Trifft es zu, daß Fernmeldeämter wegen eines zeitraubenden Überweisungssystems von Banken und Sparkassen von Fernsprechanschlußinhabern Mahngebühren fordern müssen, obwohl die Gebühren fristgerecht angewiesen wurden? Bitte schön, Herr Staatssekretär! Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, Fernsprechgebühren sind Bringschulden. Für die fristgerechte Zahlung kommt es also nicht auf die Anweisung der Zahlung an, sondern auf ihren Eingang bei der Deutschen Bundespost. Wenn der Fernsprechteilnehmer sein Geldinstitut rechtzeitig beauftragt, die Fernmelderechnung zu zahlen, und dabei die bei der Überweisung übliche Bearbeitungszeit mit einkalkuliert, werden keine Mahngebühren fällig.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Manfred Wende (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002475, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da Sie den Vorgang im Grundsatz bestätigen, können Sie Angaben darüber machen, ob es sich dabei um einen Einzelfall gehandelt hat oder ob solche Fälle häufiger auftreten? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, ich würde diese Frage gern im Zusammenhang mit der Frage 68 beantworten. Darf ich die Antwort darauf vorziehen?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ja, der Fragesteller ist damit einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 68 des Abgeordneten Wende auf: Kann die Bundesregierung darüber Auskunft geben, wie groß der Anteil derjenigen Fernsprechkunden der Deutschen Bundespost ist, die sich, nicht zuletzt um die in der vorgenannten Frage geschilderten Ärgernisse zu vermeiden, des Abbuchungsverfahrens bedienen? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Danke schön! Herr Kollege, zur Zeit lassen 44 v. H. der Fernsprechteilnehmer den Rechnungsbetrag von ihrem Konto abbuchen. Bei diesem Verfahren ist die fristgerechte Bezahlung der Rechnung sichergestellt, ohne daß der Teilnehmer die Zahlfrist zu überwachen braucht. Ich kann mir nur vorstellen - das möchte ich ergänzend hinzufügen -, daß Ihr Informand mit seinem Bankinstitut noch nicht über die notwendige Bearbeitungszeit gesprochen hat und daß es deshalb zu dieser bedauerlichen Erhebung von Mahngebühren gekommen ist.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage?

Manfred Wende (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002475, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Läge es im Interesse der Deutschen Bundespost, wenn die Zahl von 44 %, die Sie nannten, erhöht würde? Glauben Sie, daß damit auch eine im Interesse der Deutschen Bundespost liegende Verwaltungsvereinfachung verbunden wäre? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Zweifellos ist es eine Verwaltungsvereinfachung. Wir weisen im Rahmen des Kundendienstes darauf hin, daß sowohl die Bank-und Sparkassendienste als auch das Postscheckamt bereit sind, die Abbuchung zu übernehmen, und daß man damit die Gefahr, Mahngebühren zahlen zu müssen, ausschalten kann.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Die Fragen 69 und 70 des Abgeordneten Kater werden auf Bitten des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Dr. Jobst auf: Ist die Meldung der „Welt" vom 3. November 1971 zutreffend, daß die Bundesregierung auf den Hinweis des Senders Freies Berlin, die Stadt als Nachrichtenbrücke für den Austausch von Farbfernsehprogrammen zwischen der „DDR" und der Bundesrepublik Deutschland zu benutzen, wobei auf die bereits bestehenden technischen Einrichtungen, die leicht zu vervollständigen seien, verwiesen wurde, keine Antwort gegeben habe, und wie rechtfertigt bejahendenfalls die Bundesregierung den zusätzlichen Aufwand, der durch einen entsprechenden Neubau in Celle verursacht wird? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Deutsche Bundespost konnte die Möglichkeit, den Austausch von Fernsehprogrammen zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland über Berlin vorzunehmen, aus technischen Gründen nicht in Erwägung ziehen. Zwischen Berlin und der Bundesrepublik ist für diesen Programmaustausch keine sogenannte farbtaugliche Verbindung mehr frei. Die vorhandenen Verbindungen werden für das ARD-Programm benötigt. Es müßte also mit erheblichem finanziellen und technischen Aufwand erst eine neue Verbindung zwischen Berlin und der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet werden. Demgegenüber ist die bereits 1969 von der Deutschen Bundespost vorgeschlagene Verbindung zwischen Gartow in der Bundesrepublik und Dequede in der DDR, die praktisch nur die Elbe zu überbrücken hat, die technisch Parlamentarischer Staatssekretär Börner sinnvollere Lösung. Sie soll auch als Ersatz für die im Harz bestehende nicht farbtaugliche Verbindung Torfhaus-Brocken dienen. Für diese neue Verbindung sind in der bestehenden Funkübertragungsstelle Gartow - nicht in Celle, wonach Sie fragen - einige funktechnische Einrichtungen aufzubauen. Ein Neubau ist nicht erforderlich.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, daß die bestehende Verbindung nicht ausreiche, daß also investiert werden müsse. Wäre es nicht zweckmäßiger und billiger, die erforderlichen Investitionen in Berlin durchzuführen, da es in Berlin, wie der Intendant des dortigen Senders dargetan hat, bereits Anlagen gibt, die besonders günstig liegen und bei denen der finanzielle Aufwand am geringsten ist? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich kann mir nur vorstellen, daß Herrn Barsig bestimmte technische Fragen, auf die Sie sich hier beziehen, nicht bekannt waren. Ich muß noch einmal nachdrücklich bestätigen, daß die von der Post gewählte Verbindung zweckmäßiger und kostengünstiger als alle anderen Lösungen ist, über die diskutiert wird.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir darin zustimmen, daß die Entscheidung der Bundesregierung, die Richtfunk- und Sendeempfangsanlage für den Austausch von Farbfernsehprogrammen - darum geht es ja - zwischen der Bundesrepublik und der DDR nicht in Berlin zu errichten, obwohl dort bereits, wie ich ausgeführt habe, eine Anlage für den Austausch von Schwarzweißprogrammen besteht, eine Konzession gegenüber Ost-Berlin ist, die den Bindungen Berlins an den Bund nicht förderlich ist? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Nein, Herr Kollege, dem muß ich nachdrücklich widersprechen. Es geht hierbei nicht um die Nutzung vorhandener Anlagen, sondern es geht um den Aufbau einer sehr aufwendigen neuen Richtfunkstrecke für Farbübertragungen oder die Übernahme eines ähnlichen Objekts, wie es jetzt in der Verbindung Torfhaus-Brocken besteht, mit Farbtauglichkeit. Das ist sehr genau geprüft worden. Ich bin gern bereit, Ihnen im Ausschuß noch weitere Argumente in diesem Zusammenhang mitzuteilen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) auf: Ist die Bundesregierung bereit, die betreffenden Dienststellen zu veranlassen, Altersheimen, Altentagesstätten und ähnlichen Einrichtungen bei Antrag auf Einrichtung von öffentlichen Münzfernsprechern den Vorrang zu geben? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Deutsche Bundespost nimmt bei der Einrichtung von öffentlichen Münzfernsprechern auf das Sprechbedürfnis der Bewohner von Altersheimen und ähnlichen Einrichtungen bevorzugt Rücksicht. Sie muß jedoch auch die hohen Investitionskosten für einen solchen Sprechapparat berücksichtigen und verlangt deshalb von dem Inhaber des öffentlichen Fernsprechers die Garantie einer Mindestgebühreneinnahme.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Walter Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002020, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß dort, wo diese Voraussetzungen von den Antragstellern erfüllt werden, diese Anträge bevorzugt berücksichtigt werden? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Ja, das ist richtig, Herr Kollege. Altersheime und ähnliche Einrichtungen werden bevorzugt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Damit sind Sie am Ende, Herr Staatssekretär. Vielen Dank! Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Finanzen, zunächst Abteilung Wirtschaft. Anwesend ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rosenthal. Die Fragen 15 und 16 des Herrn Abgeordneten Kaffka sind zurückgezogen worden. Ich rufe die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Meinike auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Ankündigung der Ruhrkohle-A. G. ({0}), durch organisatorische Änderungen den Konzern neu zu gliedern? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Meinike, sind Sie einverstanden, daß ich Ihre beiden Fragen zusammen beantworte?

Erich Meinike (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe also auch die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Meinike auf: Hält die Bundesregierung die angekündigten Maßnahmen für besonders geeignet, Rationalisierungswirkungen im Bereich der Ruhrkohle zu erzielen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Meinike, die Bundesregierung begrüßt jede Maßnahme, die zu einer Steigerung der Wirtschaft8722 Parlamentarischer Staatssekretär Rosenthal lichkeit der Ruhrkohle AG führt. Zweifellos führt dazu auch eine Rationalisierung der Verwaltung, eine Straffung des leitenden Apparates und auch eine Verminderung der Zahl der zuständigen Vorstandsmitglieder.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Erich Meinike (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß durch die von mir genannten Maßnahmen keine Einsparungen bei den Vorständen der Betriebsführungsgesellschaften vorgenommen werden, sondern daß im Gegenteil durch die Schaffung von Bereichsleitern hier zusätzliche Kosten entstehen werden? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Meinike, wir müssen den Apparat der leitenden Herren bei der Ruhrkohle insgesamt sehen. Soviel ich weiß, tritt gegenüber dem derzeitigen Zustand eine Verminderung der Vorstandsposten um sieben Stellen ein, da auch eine Betriebsführungsgesellschaft ausfällt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Frage.

Erich Meinike (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Sie in diesem Zusammenhang fragen, Herr Staatssekretär, welchen Einfluß die Bundesregierung bei diesen Entscheidungen ausüben kann? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, Sie wissen, daß gleichzeitig auch die IG Bergbau einen Vorschlag zur Straffung gemacht hat, der etwas anders lautet, und zwar sechs Betriebsführungsgesellschaften mit je drei Vorstandsmitgliedern. Die Bundesregierung hält es nicht für richtig, hier einzugreifen und ebenfalls eine Meinung zu äußern.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Bitte schön, Herr Meinike!

Erich Meinike (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001457, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Halten Sie diese Tatsache für ausreichend, vor allem im Hinblick auf die doch erheblichen öffentlichen Aufwendungen, die für die Ruhrkohle AG getätigt werden? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Meinike, Ihre Frage hing lediglich mit der Organisation der Vorstände der Ruhrkohle AG und der Untergesellschaften zusammen. Da kann ich nur wiederholen: eine Straffung ist in diesem Vorschlag unbedingt enthalten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wolfram.

Erich Wolfram (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002558, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, befürchtet die Bundesregierung nicht, daß die jetzt getroffenen Maßnahmen eher zusätzliche Unruhe und Unsicherheit als Kostensenkungen schaffen, und kann man nicht auch befürchten, daß die Einsetzung der genannten Bereichsleiter etwa auch als eine gewisse Aushöhlung der Montanmitbestimmung gewertet werden kann? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich glaube, eine Aushöhlung der Montanmitbestimmung kann gar nicht erfolgen. Aber ich wiederhole noch einmal, Herr Wolfram: die Bundesregierung gedenkt nicht, durch eine Meinungsäußerung in diese Differenz zwischen den verschiedenen Mitgliedern des Aufsichtsrates der Ruhrkohle AG einzugreifen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 19 des Herrn Abgeordneten Franke auf: Hat die Bundesregierung die Absicht, besondere Strukturförderungsprogramme auch für monostrukturierte Räume, wie z. B. Georgsmarienhütte, Landkreis Osnabrück, in der infolge der Situation in der Stahlindustrie 1000 bis 1500 Arbeitsplätze gefährdet sind, auszuarbeiten, um in diesen Gebieten bessere Chancen bei der Neuschaffung von Arbeitsplätzen und bei Erhaltung ihrer Wirtschaftskraft zu ermöglichen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Franke, bereits am 4. November 1971 habe ich eine ähnliche Frage Ihres Kollegen Reddemann betreffend Hagen beantwortet. Auf diese Antwort darf ich verweisen, um jetzt nicht zu lange Ausführungen machen zu müssen. Das gleiche ist hier der Fall. Notwendig wäre zunächst ein Antrag an den Planungsausschuß zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Dies kann nur durch das Land - in diesem Fall Niedersachsen - erfolgen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Heinrich Franke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000571, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich hatte damals, weil es der Präsident nicht zuließ, keine Chance, eine Zusatzfrage zu stellen; sonst würde ich Ihnen jetzt nicht diese Frage stellen. Halten Sie die Kriterien für richtig, die heute aufgestellt worden sind, um ein Gebiet förderungswürdig zu machen? Wenn ich mich richtig erinnere,, sind das die Kriterien Arbeitslosenquote, Bruttoinlandsprodukt usw. Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Franke, ich glaube, alle, die sich damit beschäftigen, teilen die Ansicht, daß einfach kein Kriterium alle Fälle einbeziehen kann. Diese Kriterien sind nach langen und eingehenden Rücksprachen nicht nur im Kreise des Parlaments und der Landesregierungen, sondern auch der Verbände aufgestellt worden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Heinrich Franke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000571, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bei den dort zuständigen kommunalen und auch Arbeitsverwaltungsstellen besteht die einhellige Meinung, daß sich ein solches Gebiet in der Tendenz befindet, an diese Schwellenwerte heranzukommen. Sollte man sich nicht die Mühe machen, in dem Staatssekretärsausschuß für wirtschaftliche Notstandsgebiete - ich glaube, so ähnlich heißt dieser Ausschuß - zu beraten, wie man solchen Gebieten, die an diese Schwellenwerte in der Tendenz herankommen, d. h. also mit sinkender Beschäftigten-, Arbeitlosen- und Bruttoinlandsquote, jetzt etwas weniger aufwendig helfen könnte als künftig, wo man, falls man es überhaupt vorhat, neu investieren muß, um neue Arbeitsplätze zu schaffen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Darauf muß ich zwei Antworten geben, Herr Kollege Franke. Zunächst einmal: Der Schwellenwert bei dem von Ihnen genannten Bruttoinlandsprodukt ist 5 800 DM. In dem von Ihnen genannten Fall Osnabrück beträgt das Bruttoinlandsprodukt in der Stadt 7 270 DM und auf dem Land 6 540 DM, liegt also noch erheblich über dem Schwellenwert. Die zweite Teilantwort: Man kann natürlich erwägen, wie im Fall der Max-Hütte auch einmal abseits der Fördergebiete insgesamt eine betriebsbezogene Förderung zu machen. Aber dann müßte das Land Niedersachsen nach meiner Ansicht einen Austausch vornehmen, nämlich ein Gebiet aus dem Förderungsprogramm herausnehmen, bei dem die von Ihnen genannten Werte inzwischen besser liegen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zu einer Zusatzsatzfrage Herr Abgeordneter Breidbach.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer letzten Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung durchaus bereit wäre, eine punktuelle betriebsbezogene Förderung für monostrukturierte Bereiche -- etwa für Osnabrück, Duisburg und den Oberhausener Raum, der von der Stahlabsatzkrise schwer betroffen ist - vorzunehmen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Breidbach, ich kann Ihre Frage so generell nicht beantworten. Ich habe gesagt, daß in einem Fall, wo ein Land einen Antrag stellt - das muß ja auch bezahlt werden; wir müsen mit Präzedenzfällen rechnen - und bereit ist, dafür andere Gebiete aus der Förderung herauszunehmen - in diesem Fall könnte man z. B. an Stade denken, wo durch die Investitionen von Dow Chemical und der Vereinigten Aluminium eine wesentliche Verbesserung mit einem Aufwand von über 1 Milliarde DM geschaffen worden ist -, die Bundesregierung, wie ich glaube, ihrerseits gern bereit wäre, den Austausch zugunsten eines benachteiligten Gebiets, wie hier genannt, mitzumachen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage. Die Frage 20 des Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) wird schriftlich beantwortet, da der Fragesteller nicht im Saal ist. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 21 des Abgeordneten Dr. Meinecke ({1}) auf: Sind der Bundesregierung die merkwürdigen Werbemethoden mehrerer sogenannter Freizeitbibliotheken bekannt, die unter dem Stichwort „Sweepstake" angebliche Gewinnlosnummern versenden, damit gleichzeitig den Teilnehmer zu für ihn kaum übersehbaren Buchbestellungen animieren, ohne jedoch bereit zu sein, die Gewinnverteilungspraxis zu offenbaren ({2})? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Dr. Meinecke, die Werbemethoden, die Sie nennen - aus der Zeitschrift „Test" -, sind der Bundesregierung bekannt. Der Verbraucherschutzverein und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gehen bereits gegen die von Ihnen genannte irreführende Werbung vor und führen einen Musterprozeß in einer ähnlichen Sache.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß die Darstellung in der Zeitschrift „Test" über die Geschäftspraktiken von sogenannten Freizeitbibliotheken, wenn sie richtig wäre, zumindest den Eindruck hinterläßt, daß es sich um grobe Bauern- und Dummenfängerei handelt? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich würde Ihnen darin zustimmen, daß diese Art Werbemethoden für eine große Zahl von denen, die davon erfaßt werden, nicht übersichtlich sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, zu prüfen, ob es rechtlich überhaupt die Möglichkeit gibt, relativ öffentlich Preisausschreiben auszusetzen und nachher allen denjenigen, die sich daran beteiligt haben, die Preisgabe der Namen der Gewinner, sei es auch über einen Rechtsanwalt oder einen Notar, zu verweigern? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Meinecke, ich möchte den Teil Ihrer Frage, der Ihre zweite Frage betrifft, jetzt nicht beantworten. Die andere Frage, ob es möglich ist, eine Veröffentlichung der Preise anzustreben, muß ich prüfen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Dr. Meinecke ({0}) auf: Wird die Bundesregierung die Frage prüfen, ob im Rahmen der Verwirklichung der Zielsetzungen der Verbraucherpolitik ({1}) durch Gesetzesoder Verfahrensänderungen derartige irreführende Werbemaßnahmen strafrechtlich wirkungsvoller als bisher verfolgt werden kennen? Bitte schön, Herr Staatssekretär. Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ja, die Bundesregierung wird dies prüfen. Denn es ist so, daß die derzeitigen Strafbestimmungen der strafrechtlichen Entwicklung nicht mehr folgen. Insbesondere handelt es sich da um den § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und die derzeitige Fassung der §§ 3 und 4. Im Rahmen des von Ihnen angesprochenen Berichts über die Verbraucher ist das eine Detaillierung. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen noch Details, oder ich bin bereit, sie Ihnen schriftlich oder mündlich nachzureichen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, im Hinblick auf die ausreichende oder nicht ausreichende - und dann zu revidierende - Rechtsprechung das Urteil des Landgerichts Bremen in dem Rechtsstreit zwischen der Freizeitbibliothek GmbH Frankfurt/ Main und Herrn Joachim Mulitza, ergangen am 15. Januar 1969, zu prüfen und daraus eventuell Konsequenzen zu ziehen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Meinecke, ich kenne dieses Urteil nicht. Aber wenn Sie es mir zuschicken, bin ich gerne bereit, es zu prüfen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich darf aus diesem kurzen Dialog also schließen, daß auch die Bundesregierung die Auffassung vertritt, daß die mit solcher Werbung - wie hier dargelegt - verbundenen Geschäftsbedingungen der gerichtlichen Nachprüfung dahin gehend unterliegen müssen, ob ihr Inhalt bei Abwägung der Interessen der an solchen Geschäften beteiligten Kreise, also insbesondere der Verbraucher, mit dem Grundsatz von Treu und Glauben in Einklang stehen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege, die Antwort ist Ja. Die Bundesregierung ist sich darüber im klaren, daß hier Mißstände bestehen. Ich will nicht zu einzelnen Mißständen sprechen. Aber darin, daß hier Lücken im Gesetz bestehen, insbesondere daß die von mir genannten §§ 3 und 4 eine „Absicht" verlangen, die schwer nachweisbar ist, stimme ich durchaus mit Ihnen überein.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung unter Umständen auch bereit, zu prüfen, ob in dem hier zur Debatte stehenden Sachverhalt der zivilrechtliche Schutz der Verbraucher durch eine Novellierung der Vorschrift über die Auslobung im Bürgerlichen Gesetzbuch verbessert werden könnte? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Dr. Arndt, ich will dies gerne prüfen lassen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Es tut mir leid; ich kann keine weitere Zusatzfrage zulassen. Aber Sie kommen ja sowieso gleich dran. - Herr Staatssekretär Rosenthal, damit sind die Fragen aus Ihrem Bereich beantwortet. Vielen Dank. Jetzt kommen wir zur Abteilung Finanzen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf. Zunächst die Frage 23 des Abgeordneten Dr. Arndt ({0}) : Aus welchen Gründen konnte bisher kein Ergebnis der von der Bundesregierung in ihrer in der Fragestunde am 2. Dezember 1970 erteilten Antwort zugesagten Prüfung erzielt werden, ob ausländische Jugendgruppen, die mit Omnibussen in das Bundesgebiet einreisen, von der Umsatzsteuer befreit werden können? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Frau Präsidentin, darf ich um die Einwilligung bitten, beide Fragen zusammen beantworten zu dürfen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Einverstanden? - Ich rufe dann noch die Frage 24 des Abgeordneten Dr. Arndt ({0}) auf: Ist die Bundesregierung bereit, dem Deutschen Bundestag eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes vorzuschlagen, wenn die Befreiung von der Umsatzsteuer bei förderungswürdigen internationalen Jugendbegegnungen am Widerstand der diese Steuer verwaltenden Länder scheitern sollte? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Dr. Arndt, in der Fragestunde am 2. Dezember 1970 hat die Bundesregierung nicht nur die Prüfung der von Ihnen angesprochenen Frage zugesagt, sondern auch die Prüfung der Frage, ob unter dem Gesichtspunkt der Jugendförderung die Umsatzsteuer aus Haushaltsmitteln abgegolten werden könne. Wie Ihnen bereits mitgeteilt worden ist, hat die Prüfung der haushaltsmäßigen Seite folgendes ergeben. Aus Mitteln des Bundesjugendplans werden in großem Umfang internationale Jugendbegegnungen gefördert. Ausländische Jugendgruppen, die sich mit deutschen Jugendgruppen zu einer intensiven Begegnung in der Bundesrepublik treffen, erhalten eine Förderung pro Tag und Teilnehmer von 10 bis 14 DM. Diese Förderung wird allerdings nicht für jugendtouristische Veranstaltungen und für MaßParlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf nahmen der Jugenderholung gewährt. Die Förderung ist vielmehr bewußt auf die Bereiche beschränkt, bei denen es zu einer echten Begegnung zwischen deutschen und ausländischen Jugendlichen kommt. Durch diese Förderung muß auch die Umsatzsteuer, mit der die ausländischen Jugendgruppen während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik belastet werden, als abgegolten angesehen werden. Unter diesen Umständen erscheint die Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel für den speziellen Zweck der Abgeltung von Umsatzsteuer weder aus sachlichen noch aus verwaltungstechnischen Gründen gerechtfertigt. Bei der Prüfung der weiteren Frage, ob ausländische Jugendgruppen, die mit Omnibussen in das Bundesgebiet einreisen, mit ihren Beförderungsleistungen zusätzlich von der Umsatzsteuer befreit werden können, sind die für die Verwaltung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzministerien der Länder eingeschaltet worden. Hierbei hat sich ergeben, daß bei den Ländern sehr unterschiedliche Auffassungen zur Auslegung der geltenden Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 des Umsatzsteuergesetzes bestehen. Dabei ist vor allem die Frage streitig, ob die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 nur für inländische oder auch für ausländische Träger und Einrichtungen der Jugendhilfe gilt. Daneben sind Bedenken geäußert worden, ob die Vorschrift bei Anwendung auf ausländische Träger und Einrichtungen der Jugendhilfe praktisch durchführbar ist. Es ist deshalb erforderlich, die Angelegenheit erneut mit den Finanzministerien der Länder zu beraten. Dies soll sobald wie möglich geschehen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt läßt sich Ihre Frage noch nicht abschließend beantworten. Zu berücksichtigen ist insbesondere, daß Jugendbegegnungen bereits aus Haushaltsmitteln gefördert werden. Eine darüber hinausgehende Förderung ausländischer Jugendtouristik und Jugenderholung durch steuerliche Maßnahmen erscheint mehr als fragwürdig, zumal für derartige Zwecke Haushaltsmittel nicht bereitgestellt werden. Im übrigen könnte die Steuerbefreiung nur solchen ausländischen Trägern und Einrichtungen der Jugendhilfe gewährt werden, die förderungswürdig sind. Die Prüfung der Förderungswürdigkeit würde jedoch erhebliche praktische Schwierigkeiten mit sich bringen. Schließlich wäre zu prüfen, ob die Steuerbefreiung von der Voraussetzung der Gegenseitigkeit abhängig zu machen wäre. Ich halte es für erforderlich, auch die Frage einer Steuerbefreiung, insbesondere wegen ihrer Auswirkungen für die Praxis, mit den Finanzministern der Länder eingehend zu erörtern.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung Verständnis dafür, daß im Ausland, insbesondere in Großbritannien, große Unruhe darüber herrscht, daß es in ganz Europa nur ein einziges Land gibt, das beim Grenzübertritt eine derartige zusätzliche Steuer für solche Jugendreisenden erhebt? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Dr. Arndt, die Bundesregierung hat zweifellos Verständnis für die Beunruhigung oder Aufregung, die insbesondere in Großbritannien herrscht. Aber ich muß dem entgegenhalten, daß ich außer der Bundesrepublik kein Land in Europa kenne, das in einer solchen Weise die Förderung von Jugendbegegnungen aus Haushaltsmitteln betreibt. In den meisten anderen Ländern - ich nehme die Franzosen aus - beruhen derartige Maßnahmen auf freiwilligen Leistungen. Wir sind mit dem Bundesjugendplan in Europa ziemlich einmalig. Ich würde deshalb eine Aufregung, die wegen der Umsatzsteuer entsteht, nicht zum Anlaß einer Überprüfung dieses Komplexes machen. Die Förderung durch den Bundesjugendplan erfolgt in einer solchen Weise, daß ich der Meinung bin, man sollte die Frage der Umsatzsteuer nicht zu einem Kernpunkt dieser Auseinandersetzung machen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, fürchten Sie nicht, daß die Behandlung dieses Problems, das nunmehr, wie in Großbritannien bekannt ist, seit einem Jahr Gegenstand von Fragen in diesem Hause ist, ein schlechtes Licht auf die Möglichkeit, in Deutschland zu regieren, wirft, wenn es in mehr als einem Jahr zwischen dem Bund den Ländern nicht geklärt werden kann? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Nein, Herr Kollege Dr. Arndt, das fürchte ich nicht. Ich verstehe von wenigen Dingen etwas. Aber von diesen Dingen verstehe ich zufälligerweise einiges. Ich muß Ihnen sagen, daß ich bei dem Abschluß von Verträgen mit englischen Jugendorganisationen, den ich in ganz anderer Eigenschaft durchgeführt habe, immer auf volles Verständnis, teilweise sogar auf Erstaunen hinsichtlich der Förderung unserer Jugendgruppen und ausländischer Jugendgruppen von seiten des Staates gestoßen bin. Ich halte die Frage der Umsatzsteuer nicht für so prekär, daß es hier zu einer Auseinandersetzung kommen müßte.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß ein Mitglied des Unterhauses, das sehr enge Beziehungen zu der zentralen Reiseorganisation der britischen Schulen hat, die Absicht hat, dieses Problem wegen der langen Dauer der Beratung hier in diesem Land im Unterhaus zur Sprache zu bringen? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Parlamentarischer Staatssekretär Hermsdorf Ich kann ein Mitglied des Unterhauses nicht daran hindern, diese Frage im Unterhaus zur Sprache zu bringen. Aber ich muß Ihnen ganz offen sagen, daß die deutsche Bundesregierung früher und jetzt so hervorragend viel für unsere Jugend getan hat, daß ich keine Korrektur für möglich halte.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Vierte Zusatzfrage.

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, hier mitzuteilen, welches Bundesland bei den Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern zur Ausführung des § 4 Nr. 25 des Umsatzsteuergesetzes die Schwierigkeiten verursacht hat, die zu dieser Verzögerung geführt haben? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich bin gern bereit, das zu klären. Ich habe es im Augenblick nicht parat. Aber ich will dieser Geschichte gern nachgehen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie mir bestätigen, daß die Frage der Umsatzsteuer, die von Kollegen Arndt hier angesprochen worden ist, innerhalb der Jugendverbände, die die Förderungsmaßnahmen, die dieses Haus beschließt, sehr begrüßen, noch nicht zu einem Problem geworden ist? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Dies kann ich Ihnen bestätigen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Dr. Hammans.

Dr. Hugo Hammans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000794, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie uns bestätigen, daß die Bundesrepublik auch im Europarat einer der führenden Staaten ist, die sich ganz besonders für ein Europäisches Jugendwerk einsetzen? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich sehe keinen Anlaß, es nicht zu bestätigen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Die Fragen 25, 26 und 27 werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Frage 28 des Herrn Abgeordneten Spilleke. - Herr Kollege Spilleke ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt, ebenfalls die Antwort auf die Frage 29 von Herrn Spilleke. Frage 30 des Herrn Abgeordneten Dr. Aigner. - Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet, ebenso die Frage 31. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten Storm auf: Treffen Darstellungen in den „Lübecker Nachrichten", Ausgabe Ostholstein-Nord, vom 12. September 1971 zu, wonach aus zollrechtlichen Gründen eine Einfuhr von bestimmten Erzeugnissen aus Dänemark in die Bundesrepublik Deutschland erheblich billiger sei, wenn diese Erzeugnisse zunächst nach Holland exportiert und dann von dort in die Bundesrepublik Deutschland importiert werden, als wenn sie direkt von Dänemark in die Bundesrepublik Deutschland importiert werden würden? Bitte schön, Herr Staatssekretär! Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Frau Präsidentin, darf ich bitten, auf beide Fragen im Zusammenhang antworten zu dürfen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Bitte. Ich rufe also auch die Frage 33 des Herrn Abgeordneten Storm auf: Falls diese Darstellung zutrifft, kann die Bundesregierung dann sagen, was sie unternommen hat, um eine einheitliche zollmäßige Behandlung durch EWG-Mitgliedstaaten herbeizuführen? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Danke schön. Zu Frage 1. Es ist ein Fall bekannt, daß Waren einer Firma in Dänemark nach Gründung einer Vertriebsgesellschaft für die Gemeinschaft in den Niederlanden zunächst aus Dänemark an diese Vertriebsgesellschaft geliefert, in den Niederlanden verzollt und dann von dort aus an die 5 Vertriebsgesellschaften für diese Waren in der EWG geliefert werden. Die Waren wurden in den Niederlanden wegen der Einschaltung der Vertriebsgesellschaft für die Gemeinschaft um etwa 25 % günstiger bewertet als vorher in den einzelnen Mitgliedstaaten. Zu Frage 2. Nachdem der Fall in unserem Haus bekannt wurde, hat unser Haus veranlaßt, sofort die Kommission einzuschalten, da eine unrichtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts über den Zollwert der Waren durch die niederländische Zollverwaltung vermutet wurde. Die Ermittlungen in den Mitgliedstaaten haben die Vermutung bestätigt. Der für diese Frage zuständige Zollwertausschuß hat sich vor kurzem auf einheitliche Zollwerte für die von der dänischen Firma gelieferten Waren geeinigt. Sobald die Kommission diese Werte allen Mitgliedstaaten offiziell bekanntgegeben hat, werden sie in der EWG einheitlich angewendet werden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Friedrich Karl Storm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002265, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß bei der Direkteinfuhr in die Bundesrepublik 10 % auf den Preis aufgeschlagen wurden und bei der Einfuhr auf dem Umweg über Holland dort 20 % abgezogen wurden, so daß ein Unterschied von 30% zustande kam und die Frachtumwege gar keine Rolle spielten? Ist das richtig? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich würde fast sagen, daß das, wenn es sich auf den gleichen Fall bezieht - ich vermute, es ist der gleiche Fall -, richtig ist. Die Bundesregierung hat das einzige getan, was notwendig war, nämlich sich einzuschalten, um derartige Dinge in Zukunft zu verhindern.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 34 des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) auf: Hat die Bundesregierung Anhaltspunkte dafür, daß ausländische Arbeitskräfte in der Bundesrepublik Deutschland mit der Lohnsteuerrückzahlung schlechter zurecht kommen als ihre deutschen Kollegen und prozentual weniger Anträge stellen als diese? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Frau Präsidentin, der Abgeordnete Schmidt ({1}) ist nicht hier. Er hatte mich gebeten, die Frage schriftlich zu beantworten. ({2}) - Verzeihung, das habe ich verwechselt. Darf ich auch hier beide Fragen zusammen beantworten?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Ja. Dann rufe ich auch die Frage 35 auf: Ist die Bundesregierung bereit, um den ausländischen Arbeitskräften die Antragstellung zu erleichtern, darauf hinzuwirken, daß Antragsformulare zur Verfügung stehen, in denen der deutsche Text auch in der Sprache der wichtigsten Herkunftsländer wiederholt wird? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Die bisherigen Erfahrungen geben keinen Anlaß zu der Vermutung, daß ausländische Arbeitnehmer im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern im Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren benachteiligt sind. Vielmehr darf ich auf die insbesondere auf steuerlichem Gebiet gute Betreuung der ausländischen Arbeitnehmer durch die maßgeblichen Institutionen - diplomatische Vertretungen, Konsulate, Betreuungsorganisationen hinweisen. Zu der zweiten Frage: Eine Drucklegung mehrsprachiger Antragsvordrucke auf Lohnsteuer-Jahresausgleich ist allgemein auf Grund der Erfahrungen der Länderfinanzbehörden nicht mehr vorgenommen worden, weil die Nachfrage nach diesen Antragsvordrucken nur noch gering war. Aus diesen Gründen besteht kein Bedürfnis für eine erneute Drucklegung mehrsprachiger Antragsvordrucke. Darüber hinaus würde nicht nur die Praktikabilität des Vordrucks für die ausländischen Arbeitnehmer erschwert, sondern auch eine automationsgerechte Gestaltung des Vordrucks nahezu unmöglich gemacht, weil bei einer mehrsprachigen Abfassung die Seitenzahl des Vordrucks fast verdoppelt werden müßte.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß es solche mehrsprachigen Vordrucke gab und die Erfahrungen damit sehr schlecht waren? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Genau das ist der Punkt. Frau Präsidentin, darf ich mich noch entschuldigen. Es war der Abgeordnete Aigner der mich um schriftliche Antwort gebeten hatte. Ich habe das verwechselt.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Bitte, bitte! Das läßt sich reparieren. Bitte, Kollege Hansen!

Karl Heinz Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie zusätzlich fragen, ob es fremdsprachige Merkblätter über das Verfahren der Lohnsteuerrückzahlung gibt. So etwas war, glaube ich, in einer Fragestunde des Bundestages von seiten der Regierung angekündigt worden. Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich bitte um Entschuldigung, aber im Augenblick bin ich überfragt. Ich werde das nachprüfen lassen und Ihre Frage schriftlich beantworten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weiteren Fragen. Ich rufe auf die Frage 36 des Abgeordneten Dr. Hammans. Trifft es zu, daß auf Verfügung des Finanzministeriums an der deutsch-niederländischen Grenze im Raum der Kreise Kleve, Geldern und Kempen-Krefeld sieben Zollämter für die Abfertigung von Gütern geschlossen werden, so daß dann für die gewerbliche Wirtschaft des Raumes erhebliche Nachteile entstehen? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Die Frage kann ich eindeutig mit Nein beantworten. Es gibt weder eine Verfügung des Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen noch eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf, nach der Zollämter an der deutsch-niederländischen Grenze für den Güterverkehr geschlossen werden sollen. Die Zollverwaltung ist im Gegenteil bestrebt, das Abfertigungsverfahren weiter zu vereinfachen, um den grenzüberschreitenden Güterverkehr weiter zu erleichtern. Importeure, die ihre Waren zu den vereinfachten Verfahren abfertigen lassen oder zu Binnenzollstellen weiterbefördern, werden die bisherigen Grenzübergänge künftig auch in der Zeit benutzen können, in der die Zollstellen sonst nur für den Reiseverkehr geöffnet sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hammans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000794, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, halten Sie es für möglich, daß diese Gerüchte, die seit Monaten in den zitierten Kreisen kursieren, darauf zurückzuführen sind, daß nach Einrichtung neuer Straßenübergänge die alten Übergänge naturgemäß geschlossen werden? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Das halte ich für möglich, aber ich kann Ihre Frage nur noch einmal eindeutig mit Nein beantworten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 37 des Abgeordneten Dr. Jobst auf: Trifft es zu, daß die Bundesregierung Überlegungen anstellt, die Sonderabschreibung bei Investitionen in Berlin und im Zonenrandgebiet abzuschaffen? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich beantworte diese Frage mit einem eindeutigen und klaren Nein.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Schönen Dank für diese Antwort, aber trotzdem eine Zusatzfrage, Herr Staatssekretär. Treffen die Meldungen zu, daß ein Staatssekretär-Ausschuß der Bundesregierung die Streichung der Sonderabschreibungen für Berlin und für das Zonenrandgebiet vorgeschlagen hat? ) Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Nein.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich dann aus dieser Antwort folgern, daß die Bundesregierung die Sonderabschreibungen für das Zonenrandgebiet und für Berlin als einen entscheidenden Faktor für die Hebung der Wirtschaftskraft in diesen Räumen betrachtet und daß deshalb an dieser Präferenz nicht gerüttelt werden kann, und daß Forderungen auf Abschaffung, wie sie jetzt beim SPD-Parteitag von einem SPD-Bezirk erhoben werden, von der Bundesregierung nicht akzeptiert wurden? Hermsdorf, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ich kann mich hier nicht zu SPD-Parteitagen äußern, aber ich kann nur sagen, Ihre Schlußfolgerungen aus der Haltung der Regierung sind absolut logisch, und ich freue mich darüber.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weiteren Zusatzfragen. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Städtebau und Wohnungswesen. Zur Beantwortung steht Herr Parlamentarischer Staatssekretär Ravens zur Verfügung. Die Frage 73 ist bereits vom Herrn Vertreter des Justizministeriums beantwortet worden. Ich rufe auf die Frage 74 des Abgeordneten Dr. Althammer. - Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 75 des Abgeordneten Dr. Hauser ({0}) auf. Ist der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen bereit, entsprechend der Initiative des Landes Baden-Württemberg alle besser verdienenden Bundesbediensteten, die eine besonders preisgünstige Bundesbedienstetenwohnung innehaben, aufzufordern, diese für einkommensschwächere Bundesbedienstete freizumachen, wenn ihnen dafür eine ihren Einkommensverhältnissen entsprechende Bundesbedienstetenwohnung angeboten wird? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege! Der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen fordert bereits seit 1963 die Bundesbediensteten, die eine besonders preisgünstige, ihren Einkommensverhältnissen nicht mehr entsprechende Wohnung innehaben auf, die Wohnungen freiwillig zugunsten einkommensschwächerer Bediensteten freizumachen. Als Anreiz wird neben einer moderneren, aber auch teureren Wohnung die Übernahme eines Umzugkostenbeitrags angeboten. Wegen der in den verschiedensten Ursachen begründeten Abneigung gegen ein Verlassen der gewohnten Umgebung ist von dieser Möglichkeit gleichwohl nicht im erwarteten Umfang Gebrauch gemacht worden. Freiwerdende billigere Wohnungen werden grundsätzlich nur an einkommensschwache Bedienstete vergeben.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Staatssekretär, daß Sie seit 1963 schon ähnliche Anregungen an Bundesbedienstete weitergeben? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Ja, seit 1963.

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich fragen, ob das auch gegenüber Staatssekretären geschehen ist. Hat man auch sie aufgefordert, mit gutem Beispiel voranzugehen und sich um eine entsprechende andere Wohnung zu bemühen, um als exponierte Repräsentanten der Bundesrepublik diesen Mißstand der Fehlbelegung ihrerseits zu beheben, zumal ihr Einkommen doch weit über der 3000-Mark-Grenze liegt, ab der in Baden-Württemberg Inhaber von Sozialwohnungen zum Wohnungswechsel angehalten werden? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege, zunächst einmal muß ich Sie darauf hinweisen, daß Bundesbedienstete nicht in Sozialwohnungen, sondern in Bundesdienstwohnungen wohnen. Sie erhalten solche Wohnungen, weil verlangt wird, daß ihr Wohnort ihr Dienstort ist. Hier Parlamentarischer Staatssekretär Ravens ist also ein Unterschied zu machen. Man muß hier, wie ich glaube, zwischen der Maßnahme in Baden-Württemberg ,und der Maßnahme, die die Bundesregierung seit 1963 ergriffen hat, unterscheiden. Zu dem ersten Teil Ihrer Frage kann ich sagen, die Bundesregierung macht bei der Aufforderung, eine billige Dienstwohnung zu räumen, keine Ausnahmen nach Diensträngen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine zweite Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, geht der Bund in seiner Dienstherrenfürsorge nicht etwas zu weit, wenn er zuläßt, daß - wie es im Herbst 1969 passierte - sich ein frischgebackener Staatssekretär bevorzugt eine Bundesbedienstetenwohnung mit vier Zimmern zuweisen läßt, während zum gleichen Zeitpunkt noch 300 andere Anwärter auf eine gleichgroße Wohnung gewartet haben? ({0}) Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege Hauser, es geht bei der Vergabe von Dienstwohnungen nach nach Gunst und Gabe, sondern nach einem ganz normalen Vergabeverfahren, in das jedes einzelne Ministerium und der dortige Personalrat eingeschaltet sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Breidbach.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß es den von dem Kollegen Hauser hier gerade dargestellten Fall - es ging um die Zuweisung einer Bundesbedienstetenwohnung an einen Staatssekretär im Jahre 1969 - nicht gab? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege Breidbach, ich werde diesen Fall gerne überprüfen. Ich habe vorn Verfahren gesprochen und gesagt, daß dieses Verfahren so gestaltet ist, daß jeweils nach den in den einzelnen Ministerien ausliegenden Listen im Zusammenwirken mit den Personalräten entschieden wird. Aber, wie gesagt, ich werde diesen Fall überprüfen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erpenbeck.

Ferdinand Erpenbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000492, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie es sich, daß die Bundesregierung mit ihrem Verfahren mehr negative Erfahrungen gemacht hat, während man in Baden-Württemberg mit der dort getroffenen Maßnahme positive Erfahrungen gemacht hat? In Baden-Württemberg war nämlich ein Drittel der Angesprochenen bereit, die billigen Wohnungen zu räumen, und ein weiteres Drittel hat sich bereit erklärt, die höhere Miete zu zahlen. Weshalb ist das bei den Bundesbediensteten nicht auch der Fall? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß es hier eine ganze Reihe von Faktoren gibt. Für viele Bundesbedienstete spielt sicherlich auch die Überlegung eine Rolle, in einem verkehrsmäßig so schwierigen Raum wie Bonn möglichst nahe dem Ministerium, in dem sie tätig sind, zu wohnen und nicht in eine andere Wohnsiedlung - meinetwegen auf den Lynsberg oder wohin sonst - zu ziehen. Es gibt hier, wie gesagt, eine Reihe von Faktoren. Ich muß darauf verweisen, daß die Bundesregierung nach dem Gesetz und nach den Verordnungen über cien Bundesbedienstetenwohnungsbau nur darauf drängen kann, daß die Wohnungsinhaber die Wohnungen freiwillig räumen. Jeder einzelne Wohnungsinhaber kann sich dann selbst entscheiden. Ich kann ihn nicht zwingen, eine Wohnung zu verlassen. Das widerspräche den rechtlichen Grundlagen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage 76 des Herrn Abgeordneten Dr. Hauser auf: Wenn dies der Fall sein sollte, ist der Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen bereit, eventuelle positive Erfahrungen aus einer solchen Aktion zur Grundlage gleichartiger oder ähnlicher Bemühungen zur Lösung des Fehl- und Unterbelegungsproblems der öffentlich geförderten Sozialwohnungen zu machen, das der Minister nach übereinstimmenden Presseberichten „begraben" hat? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege Dr. Hauser, es ist nicht beabsichtigt, das sogenannte Fehlbelegungsproblem im sozialen Wohnungsbau zu begraben. Ich glaube jedoch, daß man den in letzter Zeit diskutierten Lösungsvorschlag, aufwendige Einkommensüberprüfungen bei allen Inhabern von Sozialwohnungen vorzunehmen und eine besondere Ausgleichsabgabe zu erheben, wegen des Verwaltungsaufwandes, der in keinem Verhältnis zum möglichen Erfolg stünde, nicht weiter verfolgen sollte. Wir haben diese Frage im übrigen auf der letzten Länderministerkonferenz besprochen. Die Mehrzahl der Länderminister teilt diese Auffassung. Alle anderen Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation und zur Vermeidung künftiger Fehlsubventionierungen werden selbstverständlich ausgeschöpft. So wird bei den in den letzten Jahren geförderten Sozialwohnungen und den künftigen Neubauten durch den zunehmenden Einsatz von zeitlich befristeten und degressiv ausgestalteten Aufwendungsbeihilfen der künftigen Einkommensentwicklung Rechnung getragen und damit eine Fehlsubventionierung bereits weitgehend ausgeschlossen. Auch das Wohnungsbauänderungsgesetz 1971, das heute morgen von dem Hohen Hause verabschiedet wurde, zielt mit einer wesentlichen Neuerung in diese Richtung: Die älteren und mietbilligeren So8730 Parlamentarischer Staatssekretär Ravens zialwohnungen werden künftig grundsätzlich den Wohnungssuchenden mit niedrigeren Einkommen vorbehalten. Damit wird eine sozial gerechtere Belegung der öffentlich geförderten Wohnungen eingeleitet. Im übrigen ist durch weitere Vorschriften dieses Gesetzes dafür Sorge getragen, daß der vorhandene Sozialwohnungsbestand nicht durch vorzeitige Beendigung der gesetzlichen Bindung in unerwünschtem Ausmaß verringert wird.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

War es nicht der Herr Bundeswohnungsbauminister, der erst Ende Oktober im Westdeutschen Rundfunk - ich habe es so in Erinnerung - davon gesprochen hat, daß mit der Realisierung der Vorschläge, die bis dahin zur Behebung der Fehlbelegung oder Fehlbesetzung von Sozialwohnungen gemacht worden seien, allzu viele Komplikationen verbunden seien, und könnte man nicht etwa daran denken, Herr Staatssekretär, ähnlich zu verfahren wie bei den Einkommensteuererklärungen, wo sich bekanntlich der Staat zumeist auch mit den eigenen Angaben der Pflichtigen begnügt und nur dort strafend eingreift, wo der Pflichtige durch unwahre Angaben Steuern zu hinterziehen versucht? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege, wir haben dieses Problem sorgfältig geprüft, und ich sage Ihnen hier: ich selber habe alle Möglichkeiten geprüft, um eine Regelung zu finden, weil ich selber das Problem der Fehlsubventionierung als ein Ärgernis betrachte. Wir haben dann gemeinsam mit den Ländern sehr sorgfältige Untersuchungen über diesen Problemkreis angestellt. Wir haben einen gemeinsamen Ausschuß Bund-Länder gehabt. Er hat uns eine generelle Einkommensüberprüfung aller in Sozialwohnungen lebenden Menschen in bestimmten Zeiträumen und eine dann festgelegte Zusatzabgabe pro qm Wohnfläche vorgeschlagen. Nach ,den Ergebnissen der ersten Länderministerbesprechung über dieses Thema haben wir noch einmal in den Ländern geprüft, wie hoch denn eigentlich die Quote der Fehlsubventionierung ist. Nur um die kann es gehen. Man muß diese Begriffe auseinanderhalten. „Fehlbelegt" ist auch eine größere Wohnung, in der das ältere Ehepaar allein zurückgeblieben ist. Ich weiß nicht, ob Sie verlangen wollen, daß man dann dieses Ehepaar aus seiner Wohnung und damit aus seinem Bekanntenverband, in dem es lebt, herausschmeißt. Das Problem der Fehlsubventionierung stellt sich jetzt nach den neuen Förderbedingungen, die die Länder mehr und mehr eingeführt haben, in einem Prozentsatz dar, der zwischen 3 und 5 °/o liegt. Für 3 bis 5% fehlsubventionierte Wohnungen müßten aber die Bewohner von öffentlich geförderten Wohnungen zu 100 °/o in bestimmten Zeiträumen zu einer Einkommenserklärung herangezogen werden. Der sich daraus ergebende Verwaltungsaufwand steht in keinem Verhältnis zu dem möglichen Erfolg, den wir dort erzielen könnten. Aber ich sage noch einmal: schon die Länder haben ja gerade mit der Einführung neuer Fördermethoden, z. B. mit degresiven Aufwendungsbeihilfen oder mit zeitlich befristeten Aufwendungsbeihilfen, versucht, das Problem künftiger Fehlsubventionierung nach Möglichkeit zu vermeiden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage, aber, wenn es geht, bitte nur eine.

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja. Herr Staatssekretär, Sie reden nur von 3 bis 5 % Fehlbelegung der echten Sozialwohnungen. Ich zweifle diese Zahlen doch einigermaßen an. Das Problem würde sonst sicher nicht so deutlich zur Diskussion stehen. Aber gehört die Einführung einer Selbstanzeigepflicht für die Mieter von Sozialwohnungen, die auf eine soziale Bevorzugung keinen Anspruch mehr haben, nicht einfach auch zum wirklichen sozialen Rechtsstaat? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege, es steht Ihnen frei, die Zahl anzuzweifeln. Ich kann Ihnen nur die Zahl wiedergeben, die aus den gemeinsamen Untersuchungen der Länder entstanden ist, und ich gehe davon aus, daß unsere Länderverwaltungen sehr sorgfältig vorgegangen sind. Zur Frage der Selbstanzeige des Einkommens. Nach dem Wohnungsbaugesetz - auch nach dem, das heute morgen beschlossen worden ist hat ein Bürger der Bundesrepublik Deutschland das Recht, eine öffentlich geförderte Wohnung zu beziehen, soweit sich sein Einkommen zu diesem Zeitpunkt im Rahmen des Gesetzes bewegt. Er bekommt dann eine Genehmigung. So ist der gesetzliche Zustand. Es gibt keinen anderen, der es zulassen würde, jetzt jemanden im nachhinein herauszunehmen. Dies ginge nur mit einer gesetzlichen Regelung. Eine solche gesetzliche Regelung wäre nicht möglich über Selbstanzeige und über die damit zusammenhängende, dann unter Umständen zu gewärtigende Bestrafung. Eine Selbstanzeige würde auch eine jeweilige Überprüfung voraussetzen. Man müßte nämlich dann feststellen, inwieweit der einzelne sich unter Umständen nicht selbst angezeigt hat. Sie brauchen also wiederum den gesamten Prüfungsapparat, und das ist das Problem, mit dem wir nicht fertig werden.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Erpenbeck.

Ferdinand Erpenbeck (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000492, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben auf die besondere Fürsorge für die gering verdienenden Mieter hingewiesen. Heute morgen haben wir im Wohnungsbauänderungsgesetz eine entsprechende Bestimmung beschlossen. Darf ich Sie fragen, ob bei der Mitfinanzierung von Bundesbedienstetenwohnungen ein Unterschied hinsichtlich der besser verdienenden und der gering verdienenden Mieter gemacht wird? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege Erpenbeck, ich habe in meiner Antwort darauf hingewiesen, daß die Bundesregierung freiwerdende, billigere Bundesbedienstetenwohnungen grundsätzlich den unteren Einkommensbeziehern und den unteren Berechtigten in diesem Bereich vorbehält. Ich darf noch auf eines hinweisen: die Frage der unterschiedlichen Miethöhen und Belegungen, vor der wir heute im Bundesbedienstetenwohnungsbau stehen, ist das Ergebnis von etwa 20 Jahren Bundesbedienstetenwohnungsbau. Hier haben die Bauherren Verträge erhalten, die ich heute nicht ändern kann, sondern die ich akzeptieren muß. Daraus ergeben sich eine Reihe von Schwierigkeiten. Mir wäre es sehr lieb, wenn es in der Vergangenheit eine Regelung gegeben hätte, nach der der Bund Eigentümer oder aber Hauptmieter von Bundesbedienstetenwohnungen gewesen wäre. Der Bund hätte dann von seinen Bediensteten eine einkommensbezogene Miete erheben können. Da aber die Vertragsgestaltung aus der Vergangenheit solche Veränderungen heute leider nicht mehr zuläßt, stehe ich hier heute mit gebundenen Händen und muß vertreten, was ich nicht veranlaßt habe.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans.

Dr. Hugo Hammans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000794, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Ravens, sind die Verträge, die abgeschlossen worden sind, seitdem vor sechs Jahren Herr Bundesminister Lauritzen in dieses Ministerium einzog, geändert worden? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege Hammans, Sie unterliegen dem gleichen Irrtum wie viele in diesem Lande. Alle glauben, die Sozialdemokraten regierten schon viel länger. Herr Kollege Lauritzen ist seit vier Jahren Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen und nicht seit sechs Jahren. ({0}) - Entschuldigung, ja; aber jedenfalls nicht sechs! Sie legen also auch schon Zeiten zu. Wir machen im Augenblick - das haben Sie im Weißbuch gesehen einen Versuch: der Bund als Generalanmieter von Bundesdienstwohnungen im Zusammenhang mit Bundeswehrdienstwohnungen. Diese Versuche sollen an sechs Standorten anlaufen, und wir werden dort Erfahrungen sammeln, wieweit es möglich ist, Veränderungen herbeizuführen.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hansen.

Karl Heinz Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wenn ich davon ausgehe, daß die Mehrheit der Bundesbediensteten, insbesondere auch der Höherverdienenden, der CDU angehören und eben der Hinweis auf das Land Baden-Württemberg und die Freiwilligkeit gemacht worden ist, würden Sie dann meine Meinung teilen, daß die Fragesteller der CDU besser daran täten, über ihre Partei die höherverdienenden Bundesbediensteten aufzufordern, hier auch mehr Freiwilligkeit zu zeigen? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Herr Kollege, die Aufgabe, für mehr Gerechtigkeit auf diesem Gebiet zu sorgen, obliegt sicherlich der Bundesregierung.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Meine Damen und Herren, die letzte Frage hätte ich schon nicht zulassen dürfen. Ich bitte, wenn Zusatzfragen kommen, sich an die Richtlinien zu halten. In dieser Frage ist schon nicht mehr von Bundesbediensteten die Rede. Bitte, Herr Kollege Breidbach!

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie die Aussage des Kollegen Hansen bestätigen, daß überwiegend CDU-Mitglieder in Bundesdienstwohnungen wohnen?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Nein, Herr Kollege, die Frage kann nicht beantwortet werden, sie steht in keinem Zusammenhang mit der Frage und enthält Wertungen, die wir hier nicht festzustellen haben. Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schmidt ({0}).

Manfred Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002011, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß das Problem der Fehlsubventionierung in der Öffentlichkeit häufig in der Diskussion zu sehr hochgespielt wird, weil der eine oder andere einen krassen Fall im Auge hat, daß aber insgesamt die Fehlsubventionen nicht das Ausmaß haben, daß sie den Aufwand, der hier gefordert wird, rechtfertigen würden? Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Städtebau und Wohnungswesen: Ich kann das bestätigen. Erhebungen der Länder haben gezeigt, daß es 3 bis 5 % fehlsubventionierte Wohnungen gibt. Es ist aber sicherlich so, Herr Kollege Schmidt, daß wir in solchen Siedlungen immer ein oder zwei oder auch drei Leute kennen, bei denen es Ärgernis erregt, und daß sich an solchem Ärgernis dann eine, wenn Sie so wollen, allgemeine Welle entzündet. Ich verstehe all jene, die mit geringem Einkommen heute auf eine öffentlich geförderte Wohnung warten und die sehen, daß dort eine öffentlich geförderte Wohnung nicht richtig belegt ist.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage. Vielen Dank, Herr Staatssekretär Ravens! Wir kommen zum letzten Geschäftsbereich, dem Geschäftsbereich des Herrn Bundesministers für Vizepräsident Frau Funcke wirtschaftliche Zusammenarbeit. Zur Beantwortung steht Herr Bundesminister Eppler zur Verfügung. Ich rufe die Frage 77 des Herrn Abgeordneten Breidbach auf: Trifft die Meldung des „Handelsblatts" vom 26. Oktober 1971 zu, nach der die Bundesregierung beabsichtigt, die im Gegensatz zu ihren wiederholt gemachten Ankündigungen rückläufigen Entwicklungshilfeleistungen zu verschleiern, indem sie sich im Rahmen des Development Assistance Committee ({0}) dafür einsetzt, daß in Zukunft Verwaltungs- und Personalkosten als öffentliche Entwicklungshilfe in der Statistik ausgewiesen werden?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege Breidbach, die Bundesregierung hat sich nicht für die Einbeziehung der Verwaltungskosten in die Statistik der öffentlichen Leistungen eingesetzt. Auf die Initiative eines anderen Industrielandes hin hat das DAC-Sekretariat, also das Sekretariat des Development Assistance Committee im August 1970 alle 16 Industrieländer der OECD gebeten, die Verwaltungsaufgaben, und zwar die Personal- und Sachkosten, seitens der für die Entwicklungshilfe zuständigen Regierungsorgane zu erfassen und mitzuteilen. Jedes Land nennt in seiner Leistungsstatistik „nachrichtlich" die bei der Durchführung der Entwicklungshilfe entstandenen Verwaltungsausgaben. Die Bundesregierung hat die Verwaltungsausgaben der Kapitel 01 und 03 des Einzelplans 23 im Jahre 1970 mit einem Ist-Betrag von 19,4 Millionen DM angegeben. Diese Beträge wurden indessen niemals zur Hilfe hinzugerechnet. I

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, wären Sie dann bereit, nachdem Sie insbesondere in einer mir vorliegenden Rede im Jahre 1969 erklärt haben, wir brauchten eine ehrlichere Statistik, die beim Namen nenne, was wir tun, sich im Interesse dieser Aussage in Paris bei DAC einzusetzen, um das rückgängig zu machen, was Sie im vorigen Jahr oder vor zwei Jahren mit beschlossen haben, nämlich die Einsetzung der Personalausgaben, wenn auch nachrichtlich, in den Gesamtansatz?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege Breidbach, ich weiß nicht, ob Sie meine Antwort ganz zur Kenntnis genommen haben. Wir setzen ja die Verwaltungskosten gerade nicht in die Leistungsstatistik ein, und daß das hier nachrichtlich ausgewiesen wird, ist doch höchstens für den interessant, der es liest, aber es verfälscht die Statistik in keiner Weise.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage!

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie mir denn zugestehen, daß bei Addition der Leistungsstatistik und der Verwaltungsausgaben am Ende eben doch etwas anderes herauskommt - was in der Tat der Fall ist -, nämlich das Zusammenzählen der Verwaltungsausgaben?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Das ist schon deshalb nicht sinnvoll, weil diese Verwaltungsausgaben, wenn Sie sie auf das Bruttosozialprodukt beziehen, 0,003 % betragen, also für die Statistik völlig uninteressant sind.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Frage des Herrn Abgeordneten Sperling.

Dr. Dietrich Sperling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002196, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sehen Sie überhaupt eine Möglichkeit, Leute daran zu hindern, Äpfel und Birnen zu addieren?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Das ist grundsätzlich nicht verboten. ({0})

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn.

Dr. Hans Edgar Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001014, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, Sie haben soeben das prozentuale Verhältnis von Verwaltungs- und Personalkosten mit 0,003 % beziffert. Könnten Sie das einmal zahlenmäßig in ein Verhältnis zur Gesamtentwicklungshilfe bringen und auch speziell auf die einzelnen Gebiete - Technische Hilfe usw. - aufteilen?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege, wenn Sie von einem Etat von etwas über 2,5 Milliarden DM, wie er jetzt von der Bundesregierung für das nächste Jahr vorgelegt ist, ausgehen und damit 19,4 oder 20 Millionen DM in Zusammenhang bringen, dann kommen Sie auf einen sehr niedrigen Prozentsatz.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weitere Zusatzfrage? - Dann rufe ich die Frage 78 des Herrn Abgeordneten Breidbach auf: Wie vertritt die Bundesregierung die Tatsache, daß die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich mit anderen DAC-Ländern weniger öffentliche Entwicklungshilfe mit mehr Verwaltungskosten leistet, wie aus der DAC-Statistik hervorgeht, nach der die Bundesrepublik Deutschland mit ihren Entwicklungshilfeleistungen an achter Stelle rangiert, bei den Verwaltungskosten dagegen an vierter?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege Breidbach, pauschale Vergleiche des Anteils der Verwaltungskosten an der von den einzelnen Industrieländern gewährten Hilfe berücksichtigen nicht die in der Regel sehr unterschiedliche Struktur der Hilfeprogramme. Das ist auch ein Teil der Antwort auf Ihre Zusatzfrage, Herr Kollege Jahn. So ist z. B. die Technische Hilfe wesentlich personalintensiver und damit auch in der Verwaltung kostspieliger als die Kapitalhilfe oder Leistungen an multilaterale Stellen. Die Qualitätsverbesserung der Hilfe im allgemeinen und der steigende Anteil der Technischen Hilfe im besonderen in diesem Zusammenhang ist auch die Errichtung der Bundesstelle für Entwicklungshilfe während der Großen Koalition zu sehen - führen naturgemäß zu höheren Verwaltungskosten. Die Ausgaben für die Administration der Entwicklungshilfe in den einzelnen Geberländern wurden in einem Bericht des DAC-Sekretariats vom 4. Januar 1971 veröffentlicht und den Bruttoleistungen für Entwicklungshilfe gegenübergestellt. Die hierin für die Bundesrepublik genannten Verwaltungskosten umfassen auch geschätzte anteilige Ausgaben anderer mit Entwicklungshilfe befaßter Ressorts und öffentlicher Stellen. Hierbei wie bei den Angaben von elf weiteren Ländern - handelt es sich um eine erste rohe Schätzung. Vergleiche zwischen den einzelnen Industrieländern und Wertungen auf Grund dieser Übersicht lassen sich daraus nicht herleiten.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zusatzfrage!

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, bezogen auf die Bundesrepublik möchte ich Sie fragen: Wie erklären Sie sich die Tatsache - hier war Ihre Antwort für mich nicht ausreichend -, daß wir von 1969 bis heute eine Steigerung der Personalkosten - die BfE eingeschlossen -, das gestehe ich zu - von etwa 150%, nämlich konkret von 8,7 auf 22 Millionen DM im Haushaltsansatz 1972, zu verzeichnen haben, insbesondere wenn man berücksichtigt, daß die Personalausgaben der Bundesverwaltung insgesamt im Schnitt nur um etwa 25 bis 27 % gestiegen sind und darüber hinaus die Steigerungsrate bei den Verpflichtungsermächtigungen und bei der Kapitalhilfe unter Berücksichtigung der Effizienz und der höheren Qualität, von der Sie gesprochen haben, im Schnitt nur 11 % be- trägt?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege Breidbach, die Zahlen, die Sie genannt haben, sind nicht dieselben, die ich hier vor mir habe. Der Sprung von 1969 auf 1970 kommt daher, daß die Abteilung IV des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft, aus der die Bundesstelle für Entwicklungshilfe entstanden ist, 1969 nicht in den Personalkosten enthalten war - das ist eine rein statistische Frage -, seither aber darin enthalten ist.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Zweite Zusatzfrage.

Ferdinand Breidbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000258, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, wären Sie bereit, mir zuzugeben, daß die Aufnahme der BfE in den Einzelplan 23, bezogen auf den Zahlenvergleich 8,7 zu 22 Millionen DM, nur eine zusätzliche Belastung von maximal 5 Millionen DM gebracht hat?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Wenn Sie den Betrag für die auf die BfE entfallenden Personalkosten abziehen, ergibt sich, verglichen mit den anderen Ressorts, eine ziemlich normale Steigerungsrate, die fast ausschließlich aus der Erhöhung der Gehälter entsteht.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000620

Keine weiteren Zusatzfragen? Die Fragen 79 bis 82 sind von den Fragestellern zurückgezogen worden. Damit, Herr Bundesminister, sind wir auch mit Ihrem Geschäftsbereich fertig. Ich danke Ihnen. Zugleich sind wir am Ende der Fragestunde und am Ende unserer heutigen Sitzung angelangt. Ich berufe das Hohe Haus auf Freitag, den 12. November, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.